Traumstraße oder Transithölle?: Eine Diskursgeschichte der Brennerautobahn in Tirol und Südtirol (1950-1980) 9783839435250

Dream route or symbol of transit? Using discourse analysis, this book examines the regional change in perception of the

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German Pages 372 Year 2016

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
1. Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Fragestellung
1.3 Forschungsstand
1.4 Quellenlage
1.5 Methodische Herangehensweise
1.6 Aufbau der Arbeit
2. Kontextanalyse
3. Auswertung der Verkehrsstatistiken
4. Etablierung des Brennerautobahndiskurses
4.1 Die erste Hälfte der 1950er Jahre
4.2 Der Zeitraum von 1956 bis 1959
4.2.1 Planungen für die österreichische Brennerautobahn von 1956 bis 1959
4.2.2 Planungen für die italienische Brennerautobahn von 1956 bis 1959
4.3 Über oder unter den Brenner? Tunnelprojekte unter den Brenner als Lösung?
5. Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses
5.1 Überblick über die Planungs- und Bauarbeiten der A13 und A22
5.1.1 Verwirklichung der österreichischen Brennerautobahn von 1959 bis 1968
5.1.2 Planung und Bau der italienischen Brennerautobahn von 1959 bis 1974/1975
5.2 Themenstränge im Diskurs über die Brennerautobahn
5.2.1 Die „europäische“ Autobahn: Die Brennerautobahn als verbindende, europäische Verkehrsinfrastruktur und Identitätselement der Republik
5.2.2 Die „Gefahr der Umfahrung“ und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die „böse“ Schweiz
5.2.3 Die Autobahn als „Tiroler Projekt“: Landespolitischer und ethnischer Themenstrang rund um die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol
5.2.4 Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen: Wunsch nach bestmöglichem Anschluss für die heimische Wirtschaft und den Tourismus
5.2.5 „Traumstraße der Alpen“: Die Schönheit des Bauwerks Autobahn und die Faszination der technischen „Wunderwerke“ der Autobahn
6. Von der „Traumstraße der Alpen“ zur „Transithölle Tirol“
7. Schlussbemerkungen
8. Quellen- und Literaturverzeichnis
8.1 Archivalien
8.2 Stenographische Protokolle, Jahresberichte und graue Literatur
8.3 Verkehrsstatistiken
8.4 Internetquellen
8.5 Periodika und regionale Tageszeitungen
8.6 Literatur
9. Anhang
9.1 Tabellen zu den Verkehrsstatistiken (zu Kapitel 3)
9.2 Abkürzungsverzeichnis
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Traumstraße oder Transithölle?: Eine Diskursgeschichte der Brennerautobahn in Tirol und Südtirol (1950-1980)
 9783839435250

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Magdalena Pernold Traumstraße oder Transithölle?

Histoire | Band 92

Magdalena Pernold (PhD), geb. 1987, promovierte an der Leopold-FranzensUniversität Innsbruck im Bereich Zeitgeschichte. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Regional- und Verkehrsgeschichte.

Magdalena Pernold

Traumstraße oder Transithölle? Eine Diskursgeschichte der Brennerautobahn in Tirol und Südtirol (1950-1980)

Gefördert von der Südtiroler Landesregierung/Abteilung Deutsche Kultur und der Autonomen Region Trentino-Südtirol über den Verein »Geschichte und Region/Storia e regione« sowie von der Kulturabteilung des Landes Tirol.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2016 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Baustelle im Bereich der Autobahnausfahrt Klausen, Bildarchiv Sebastiani Armando, Klausen, 1969, © Südtiroler Landesarchiv Printed in Germany Print-ISBN 978-3-8376-3525-6 PDF-ISBN 978-3-8394-3525-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Vorwort | 7 1. Einleitung | 9

1.1 Einführung | 9 1.2 Fragestellung | 12 1.3 Forschungsstand | 16 1.4 Quellenlage | 26 1.5 Methodische Herangehensweise | 30 1.6 Aufbau der Arbeit | 35 2. Kontextanalyse | 37 3. Auswertung der Verkehrsstatistiken | 41 4. Etablierung des Brennerautobahndiskurses | 61 4.1 Die erste Hälfte der 1950er Jahre | 61 4.2 Der Zeitraum von 1956 bis 1959 | 74 4.2.1 Planungen für die österreichische Brennerautobahn von 1956 bis 1959 | 81 4.2.2 Planungen für die italienische Brennerautobahn von 1956 bis 1959 | 89 4.3 Über oder unter den Brenner? Tunnelprojekte unter den Brenner als Lösung? | 99 5. Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses | 137 5.1 Überblick über die Planungs- und Bauarbeiten der A13 und A22 | 137 5.1.1 Verwirklichung der österreichischen Brennerautobahn von 1959 bis 1968 | 137 5.1.2 Planung und Bau der italienischen Brennerautobahn von 1959 bis 1974/1975 | 146 5.2 Themenstränge im Diskurs über die Brennerautobahn | 153 5.2.1 Die „europäische“ Autobahn: Die Brennerautobahn als verbindende, europäische Verkehrsinfrastruktur und Identitätselement der Republik | 155 5.2.2 Die „Gefahr der Umfahrung“ und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die „böse“ Schweiz | 167

5.2.3 Die Autobahn als „Tiroler Projekt“: Landespolitischer und ethnischer Themenstrang rund um die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol | 208 5.2.4 Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen: Wunsch nach bestmöglichem Anschluss für die heimische Wirtschaft und den Tourismus | 225 5.2.5 „Traumstraße der Alpen“: Die Schönheit des Bauwerks Autobahn und die Faszination der technischen „Wunderwerke“ der Autobahn | 255 6. Von der „Traumstraße der Alpen“ zur „Transithölle Tirol“ | 285 7. Schlussbemerkungen | 307 8. Quellen- und Literaturverzeichnis | 313 8.1 Archivalien | 313 8.2 Stenographische Protokolle, Jahresberichte und graue Literatur | 316 8.3 Verkehrsstatistiken | 317 8.4 Internetquellen | 318 8.5 Periodika und regionale Tageszeitungen | 321 8.6 Literatur | 341 9. Anhang | 365

9.1 Tabellen zu den Verkehrsstatistiken (zu Kapitel 3) | 365 9.2 Abkürzungsverzeichnis | 368

Vorwort

Dieses meiner Familie gewidmete Buch ist die überarbeitete Fassung meiner Dissertation. Mein Dank gebührt Herrn Univ.-Doz. Dr. Hans Heiss für die Betreuung meiner Dissertation sowie Herrn Professor Dr. Helmut Alexander für die Durchsicht als Zweitbegutachter. Jenen zahlreichen Personen und Institutionen, die durch ihr Interesse und wertvolle Hinweise zu dieser Arbeit beigetrugen, möchte ich danken. Sie alle einzeln anzuführen, ginge über diesen Rahmen hinaus. Ing. Johannes M. Vilanek, der als Ingenieur an der Projektierung und Realisierung der Brennerautobahn selbst beteiligt war, gab mir in persönlichen Gesprächen wertvolle Hinweise, die für das Fortschreiten der Arbeit unerlässlich waren, sodass ich ihm zu besonderem Dank verpflichtet bin. Dr. Tarcisio Grandi, Ex-Vizepräsident der A22, öffnete mir als Vernetzer wichtige Türen. Dank gebührt auch dem Geschäftsführer der italienischen Brennerautobahngesellschaft, Dr. Walter Pardatscher. Den kooperativen Mitarbeitenden der jeweiligen von mir aufgesuchten Archive, Bibliotheken und Behörden bin ich für ihre bereitwillige Hilfe und fachkundige Unterstützung zu Dank verpflichtet. Die Vernetzung mit anderen Personen des Wissenschaftsbetriebes war für das Gelingen dieser Arbeit unerlässlich. Ich konnte sie stets ansprechen und sie bereicherten meine Arbeit durch ihr fundiertes Fachwissen.

1. Einleitung „Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns mit ihnen, einige Sachen bleiben aber unverändert, nur wir sehen sie jetzt anders. Diese alte Wahrheit trifft im vollen Umfang auf die [Europabrücke] […] zu.“1

1.1 E INFÜHRUNG Dieses Zitat aus der Tiroler Tageszeitung vom 17. November 1988 weist auf die veränderte Wahrnehmung technischer Konstruktionen wie der Brennerautobahn bei der Untersuchung größerer Zeiträume hin. Diese Beobachtung am Beginn meiner Recherchen führte maßgeblich zur Wahl des Themas der vorliegenden Arbeit. Die Benützung der Brennerautobahn ist heutzutage selbstverständlich und wird nicht hinterfragt, doch zum Zeitpunkt ihrer Planung und Erbauung erweckte sie besondere Aufmerksamkeit, sie galt als Traumstraße und spektakuläre Ingenieursleistung. Gegenwärtig stehen sowohl ökologische als auch ökonomische Aspekte der Sujets Brennerautobahn und Verkehr im Allgemeinen im Vordergrund, wobei dies jedoch lediglich in geringem Umfang wissenschaftlich hinterfragt wird. Eine historische Aufarbeitung der veränderten soziokulturellen Wirklichkeit durch den Wandel der Wahrnehmung der Brennerautobahn erscheint daher zielführend. Für die wissenschaftliche Untersuchung einer Verkehrsinfrastruktur sind eine gewisse historische Distanz sowie eine selbstreflexive Herangehensweise essenzielle Ausgangsbedingungen. Bereits seit Jahrtausenden stellte der Brenner als niedrigster Pass der Zentralalpen (mit 1372 Metern) und aufgrund seiner relativ leichten Passierbarkeit durch die natürliche Längsausrichtung der zu ihm hin- und wegführenden Täler die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen Mitteleuropa und Italien dar. Demnach kann der Brenner als eine Schlüsselstelle in verkehrsmäßiger Hinsicht bezeichnet werden – als enge

1

NN, Europas höchste Brücke feiert heute ihren 25. Geburtstag, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 17.11.1988, S. 5.

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Passage, die den Zugang zu den davor- und dahinterliegenden politischen, ökonomischen und geografischen Räumen ermöglichte.2 Dank seiner geostrategischen Lage war dieser Pass geradezu prädestiniert für den Bau der transnationalen Brennerautobahn, die sich als 36 km lange A13 von Innsbruck bis zum Brenner erstreckt und als 313 km lange A22 weiter bis nach Modena führt. In der Nachkriegszeit wurde der Ausbau des Straßennetzes dem des Eisenbahnnetzes vorgezogen, da Kraftfahrzeuge als das Verkehrsmittel der Zukunft galten, das sowohl den privaten Reisenden als auch dem Transportsektor eine größere Flexibilität ermöglichen würde. Im Zuge der beginnenden Massenmotorisierung in der BRD begann das Verkehrsaufkommen auf der Brennerstraße in den 1950er Jahren kontinuierlich zu steigen, da sich durch diesen verkehrstechnischen Demokratisierungsprozess im Zeichen wachsenden Individualverkehrs nun auch die westdeutsche Mittelschicht einen Urlaub in Italien leisten konnte.3 Die Notwendigkeit des Baues einer Autobahn über den Brenner erschien in verkehrspolitischer und ökonomischer Hinsicht so evident, dass sich die Frage gar nicht stellte, ob die Brennerautobahn gebaut, sondern lediglich zu welchem Zeitpunkt mit der Verwirklichung begonnen werden sollte. Dies unterscheidet die Geschichte der Brennerautobahn von der Genese anderer Autobahnen; so waren in ihrem Fall keine einzelnen großen Unternehmen respektive Industrien – wie im Falle der Autobahn Turin–Savona die Fiat4 – ausschlaggebende Promotoren für ihre Verwirklichung. Jede Autobahn hat ihre eigene singuläre Geschichte und kann nicht mit der Genese anderer Autobahnen gleichgesetzt werden, obwohl sie naturgemäß im allgemeinen Kontext situiert werden muss und bestimmte Abläufe bei der Realisierung von Autobahnen ähnlich ablaufen.5 Autobahnen weisen im Gesamtstraßennetz eines jeden

2

Hans-Ulrich Schiedt, Schlüsselstellen der Verkehrsgeschichte – eine Annäherung, in: Wege und Geschichte 9 (2010), Heft 2, S. 4-10, hier S. 4-6.

3

Siehe dazu: Till Manning, Die Italiengeneration. Stilbildung durch Massentourismus in den 1950er und 1960er Jahren (Göttinger Studien zur Generationsforschung 5), Göttingen 2011.

4

Michele Bonino/Massimo Moraglio, Inventare gli spostamenti. Storia della A6 dai progetti iniziali alla fine del raddoppio, in: dies. (Hg.), Inventare gli spostamenti. Storia e immagini dell’autostrada Torino–Savona/Inventing Movement. History and Images of the A6 Motorway, Turin/London/Venedig u.a. 2006, S. 19-71, hier S. 21.

5

Massimo Moraglio, Between industry and tourism. The Torino–Savona motorway, 19562001, in: The Journal of Transport History 28 (2007), Heft 1, S. 93-110, hier S. 94-95. Antoine Picon, Per una storia delle infrastrutture/Towards a history of infrastructures, in: Bonino/Moraglio (Hg.), Inventare gli spostamenti. Storia e immagini (2006), S. 7-12, hier S. 9.

E INLEITUNG

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Landes nur einen geringen Anteil auf, sind jedoch sowohl für den Personen- als auch den Güterverkehr von essenzieller Bedeutung.6 Im Zuge der konkreten Planungen des Baues der Brennerautobahn in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre bedienten sich die zuständigen österreichischen und italienischen Stellen nicht der während des Nationalsozialismus und partiell unter dem Faschismus ausgearbeiteten, jedoch niemals verwirklichten Vorstudien. Nach außen hin wurde dies damit begründet, dass die vormaligen Entwürfe auf die regionalen Verkehrsbelange wenig Rücksicht genommen und lediglich die Funktion einer Fernverbindung zwischen den Achsenmächten gehabt hätten.7 6

Reiner Ruppmann, The Development of the European Highway Network: a Literature Survey of Studies on Highway History in European Countries, in: Ralf Roth/Colin Divall (Hg.), From Rail to Road and Back Again? A Century of Transport Competition and Interdependency (Modern Economic and Social History), Farnham/Burlington 2015, S. 275313, hier S. 303.

7

Im Januar 1937 kam es zu ersten Überlegungen, eine Autobahn Rom–Berlin als Verbindungsmöglichkeit zwischen den Achsenmächten zu errichten. Ein solches Projekt wurde jedoch schlussendlich nicht ausgearbeitet. Auf italienischer Seite stieß eine derartige Autobahnverbindung beim Ministerium für öffentliche Bauten, beim Militär und letztlich auch bei Mussolini auf Ablehnung. Die Nationalsozialisten hingegen arbeiteten von 1938/1939 bis 1941 erste Vorstudien für eine Reichsautobahn von München über Kufstein und Innsbruck bis nach Matrei aus. Dort sollte die Reichsautobahn enden und als ausgebaute Straße über den Brenner führen, da es für technisch unmöglich gehalten wurde, eine vollwertige Autobahn über den Pass zu bauen. Diese Autobahn wurde jedoch aufgrund des fortschreitenden Weltkriegsgeschehens nicht verwirklicht. Siehe dazu: Lando Bortolotti, Fra politica, propaganda e affari: l’autostrada Roma–Berlino 1927-1942, in: Storia Urbana. Rivista di studi sulle trasformazioni della città e del territorio in età moderna 21 (1997), Heft 81, S. 47-79, hier S. 64-75. Massimo Moraglio, Storia delle prime autostrade italiane (1922-1943). Modernizzazione, affari e propaganda, Turin 2007, S. 185. Volker Ziegler, Il progetto autostradale tedesco fra città e territorio: 1925-1955, in: Storia urbana 92 (2002), Heft 100, S. 85-119, hier S. 88. Giuseppe Miani, L’autostrada Berlino–Roma, 1937, in: Storia urbana 92 (2002), Heft 100, S. 158-164, hier S. 158-160. Wagner, Übersicht über Planung und Ausbau, 12.2.1964, S. 1, Staatsarchiv München, Autobahndirektion Südbayern 1895. NN, 21. Österreichischer Straßentag in Innsbruck, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 23, 6.6.1959, S. 5-6. NN, Das Straßenbauwesen in Tirol. Umfangreiches Straßenbauprogramm des Bundes und Landes – Das innertirolische Straßennetz wird in den wichtigsten Durchzugsstrecken unter besonderer Berücksichtigung landwirtschaftlicher und fremdenverkehrsfördernder Interessen neuzeitlich ausgebaut – Milliardenvorhaben vor ihrer Verwirklichung, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 42, 22.10.1959, S. 3-4. NN, Die Europabrücke wird nicht aus Eitelkeit gebaut. Beachtenswerte Vorträge der Initiatoren der

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Bei genauerer Lesart fällt jedoch auf, dass bewusst ein Neuanfang in verkehrstechnischer Hinsicht angestrebt wurde und mit dem politisch belasteten Projekt aus der Zeit des Nationalsozialismus gebrochen werden sollte. Diese Zäsur war einfacher zu verwirklichen als bei anderen Autobahnprojekten, die unter den faschistischen Systemen bereits in Ansätzen begonnen worden waren. Dennoch finden sich gewisse allgemeine Kontinuitätslinien vom nationalsozialistischen und faschistischen Autobahnbau zu den mitteleuropäischen Autobahnbauten der 1950er Jahre, unter anderem in Form der Inszenierung von Eröffnungen von Teilabschnitten oder durch die Propagierung von Autobahnen als Zeichen für Fortschritt und Modernität.8

1.2 F RAGESTELLUNG Als Prämisse ist festzuhalten, dass die Brennerautobahn als technische Konstruktion vom Zeitpunkt ihrer Erbauung bis in die Gegenwart – mit kleinen Veränderungen – als solche erhalten blieb. Im Gegensatz dazu war die Sichtweise der Akteure auf diese Brennerautobahn anläßlich einer Besichtigungsfahrt der Technischen Hochschule Wien, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 136, 15.6.1961, S. 4. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau einvernehmlich mit dem Amt der Tiroler Landesregierung, Landesbaudirektion (Hg.), Brenner-Autobahn. Herausgegeben aus Anlass der Eröffnung des Teilabschnittes Innsbruck–Schönberg der Brenner-Autobahn, Innsbruck 1963, S. 15. Leo Feist, Planung und Projektierung der Brenner-Autobahn, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 115 (1970), Heft 1, S. 818, hier S. 8. Leopold Pack, Die Baudurchführung der Brenner-Autobahn, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 115 (1970), Heft 1, S. 5-8, hier S. 5. Leo Feist, Planung, Projektierung und Bau der Inntal-Autobahn, in: Bundesministerium für Bauten und Technik/Land Tirol (Hg.), InntalAutobahn, Innsbruck 1973, S. 49-184, hier S. 72. Donato Turrini, L’autostrada del Brennero nella sua storia, Trient 1984 [Beilage zu: Economia trentina 33 (1984), Heft 3], S. 9. Wolfgang Meixner, „Brücken nach dem Süden“. 50 Jahre Debatten über den Brennerverkehr, in: Klaus Brandstätter/Julia Hörmann (Hg.), Tirol–Österreich–Italien. Festschrift für Josef Riedmann zum 65. Geburtstag (Schlern-Schriften 330), Innsbruck 2005, S. 469-482, hier S. 476. Bernd Kreuzer, Der Bau der Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich, in: ASFINAG (Hg.), Das Autobahnnetz in Österreich. 30 Jahre ASFINAG, Absam 2012, S. 11-120, hier S. 89. 8

Reiner Ruppmann, Schrittmacher des Autobahnzeitalters. Frankfurt und das Rhein-MainGebiet (Schriften zur hessischen Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte 10), Darmstadt 2011, S. 161. Moraglio, Storia, S. 10. Reiner Ruppmann, Das Dritte Reich dauerhaft fest im Blick? Die Notwendigkeit einer erweiterten Perspektive in der Autobahngeschichte, in: Historische Zeitschrift 287 (2008), Heft 1, S. 91-105, hier S. 94.

E INLEITUNG

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Autobahn im Untersuchungszeitraum, also die Jahre zwischen 1950 und 1980, großen Veränderungen ausgesetzt.9 In rein technikgeschichtlichen Arbeiten nehmen Neuerungen der Verkehrsinfrastruktur wie die Verbreiterung einer Fahrbahn oder verbesserte Sicherheitsmaßnahmen breiten Raum ein, in diesem Werk liegt das Hauptaugenmerk hingegen nicht auf technischen Details. Zudem wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben und dementsprechend erfolgt keine vollständige historische Erarbeitung der Geschichte der Brennerautobahn. Die Brennerautobahn ist kein „natürlicher“ Gegenstand, über den geschrieben wird, vielmehr wird er in dem drei Jahrzehnte währenden Untersuchungszeitraum erst diskursiv hervorgebracht.10 Zwischen der zweiten Hälfte der 1950er Jahre und der ersten Hälfte der 1970er Jahre konnte der Diskurs in seiner historischen Singularität Stabilität11 erringen, indem bestimmte Sichtweisen auf die Brennerautobahn zwingend wurden, weshalb diese Zeitspanne den Kernzeitraum meiner Untersuchung darstellt. In der vorliegenden Arbeit rekonstruiere ich, unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Ausprägungen die „Brennerautobahn“ in einer historisch konkreten Situation entstand und stabilisiert wurde. Trotz der diskursiven Stabilität des Diskurses im Kernzeitraum gab es Vielschichtigkeiten und Differenzen durch verschiedene Phasen und Akteure, die ebenfalls berücksichtigt werden sollen, aber zunächst der Darstellung der allgemeinen diskursiven Formation untergeordnet sind, um anschließend die Divergenzen richtig einschätzen zu können. In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre und verstärkt in den 1980er Jahren erfolgte ein Wandel des Autobahndiskurses, im Zuge dessen sich die positive Wahrnehmung der Brennerautobahn ins Negative kippte, wodurch nicht nur eine graduelle Verschiebung, sondern eine grundlegende Diskontinuität einsetzte, die einen neuen Diskurs hervorbrachte.

9

Siehe auch: Thomas Waitz, Bilder des Verkehrs. Repräsentationspolitiken der Gegenwart, Bielefeld 2014, S. 9.

10 Siehe dazu: Anette Schlimm, Ordnungen des Verkehrs. Arbeit an der Moderne – deutsche und britische Verkehrsexpertise im 20. Jahrhundert (Histoire 26), Bielefeld 2011, S. 28. 11 Wenn ein Diskurs einen solchen Grad an Selbstverständlichkeit erreicht hat, dass er nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt wird, kann von einer Naturalisierung des Diskurses – es ist nur „natürlich“, die Dinge auf gerade diese Art und Weise zu sehen – gesprochen werden. Dies entspricht einem sogenannten Common Sense, einer von allen geteilten und nicht angezweifelten Sichtweise, die lediglich durch Grenzüberschreitungen und -verschiebungen in Frage gestellt wird. Achim Landwehr, Historische Diskursanalyse (Historische Einführungen 4), Frankfurt a.M./New York 2008, S. 127-130.

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In den 1950er und 1960er Jahren erfasste sowohl Österreich als auch Italien eine Hochstimmung im Hinblick auf den Bau von Autobahnen – dem infrastrukturell unangefochtenen Leitmedium dieser Zeit.12 Diesen Standpunkt eines notwendigen forcierten Autobahnbaus vertraten dabei auch von den übrigen mitteleuropäischen Staaten mit jeweils ähnlichen Argumenten, die im Folgenden angeführt werden: Die Verwirklichung eines nationalen Autobahnnetzes (Angebot) sollte dem in Zukunft noch weiter steigenden Verkehrsaufkommen (Nachfrage) gerecht werden. Dadurch würde die Straßenverkehrssicherheit durch die Senkung der Unfallrate und die Vermeidung von Staus erhöht werden. Zudem sollte ein weitverzweigtes Autobahnnetz eine verbesserte Versorgung der Bevölkerung und Zulieferung der Industrien gewährleisten sowie die Hauptverkehrsstraßen vom Fernverkehr entlasten, die fortan nur mehr den lokalen respektive den regionalen Verkehr bedienen sollten.13 Die west- und mitteleuropäische Autobahngeschichte bis Ende der 1980er Jahre lässt sich im Großen und Ganzen in vier größere Zeiträume unterteilen: In der Periode von 1926 bis 1939 wurde ein Fernverkehrsstraßennetz konzipiert, dessen Bau die Arbeitslosigkeit bekämpfen sollte, indem zahlreiche Menschen dabei beschäftigt wurden, wobei insbesondere die Verwirklichung eines nationalen Autobahnnetzes unter den Nationalsozialisten zu nennen ist. Die folgende Periode (1949 bis 1960) war durch die Behebung der im Zweiten Weltkrieg entstandenen Straßenschäden und ersten Schritten hin zur Verwirklichung nationaler Autobahnnetze als Antwort auf die langsam einsetzende Massenmotorisierung gekennzeichnet. Daran schloss sich die Periode (1961 bis 1975) eines massiven Autobahnbaus auf jeweiliger nationaler Ebene an, der zu Beginn durch das beträchtliche Wirtschaftswachstum ermöglicht und schließlich mit Krediten finanziert wurde. Zwischen 1976 und 1985 schließlich wurde das Autobahnnetz noch weiter verdichtet und modernen Standards angepasst.14 Auch wenn kleinere Staaten wie Österreich oder die Schweiz in absoluten Zahlen streckenmäßig weniger Kilometer an Autobahnen aufwiesen, mussten sie dennoch großen finanziellen Aufwand für die nötige Überwindung der geografischen Hindernisse betreiben und schufen dadurch Grundvoraussetzungen für die Etablierung eines effizienteren europäischen Straßennetzes.15 Die verschiedenen nationalen Autobahnprojekte standen zueinander in einem gewissen Konkurrenzverhältnis, was die jeweiligen regionalen und lokalen Akteure dazu bewog, sich für den Bau jener Autobahn einzusetzen, die ihr Gebiet betraf, da sie sich davon Vorteile erhofften. Die Brennerautobahn stellte dabei einen Sonderfall in Form eines transnationalen Verkehrsinfrastrukturprojektes dar. Auf den ersten 12 Dirk van Laak, Infra-Strukturgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), Heft 3, S. 367-393, hier S. 368. 13 Ruppmann, The Development, S. 300. 14 Ebd. 15 Ebd., S. 302.

E INLEITUNG

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Blick liegt der Gedanke nahe, dass der Bau der Brennerautobahn auf drei Ebenen stattfand, die sich mühelos voneinander unterscheiden lassen: der regionalen, nationalen und supranationalen respektive europäischen Ebene. Die Entscheidungsträger bezüglich des Baues einer Autobahn agierten dabei jeweils auf der nationalstaatlichen Ebene. Die Untersuchung der regionalen Ebene lässt jedoch erkennen, dass im Falle der Brennerautobahn das Konzept der voneinander getrennten Ebenen in Frage gestellt wurde. Mittels eines regionalgeschichtlichen Ansatzes erfolgt in der vorliegenden qualitativen empirischen Arbeit ein Perspektivenwechsel, bei dem nicht die nationale Ebene untersucht wird, sondern die regionalen respektive exemplarisch die lokalen Akteure. Die an der Brennerroute liegenden Regionen Tirol und Südtirol mit ihrer geografisch bedingten großen Verkehrsbedeutung bilden einen exemplarischen Beobachtungsraum. Sie wurden am Ende des Ersten Weltkrieges gegen den Willen der Bevölkerung durch die Errichtung einer nationalstaatlichen Grenze voneinander getrennt. Südtirol durchlebte anschließend schwierige politische und ökonomische Jahrzehnte unter dem Faschismus, aber auch in den 1950er Jahren, wobei diese Entwicklung in den sogenannten „Bombenjahren“ um 1960 kulminierte. Erst im Jahr 1972 wurden sowohl der deutsch- als auch der ladinischsprachigen Minderheit in Südtirol mit dem Zweiten Autonomiestatut weitreichende Rechte zugesprochen. Das Bundesland Tirol versuchte in diesem Zeitraum auf politischer und gesellschaftlicher Ebene, die Nachbarn südlich des Brenners nach Kräften zu unterstützen. In diese schwierige politische Lage fiel die Zeit des Baues der Brennerautobahn, wobei der Baubeginn im Jahr 1959 auf österreichischer Seite mit dem Spatenstich zur sogenannten „Europabrücke“ und die durchgehende Eröffnung für den Verkehr mit der Freigabe des letzten Teilstückes auf italienischer Seite im Bereich zwischen Klausen und Bozen Nord im Jahr 1974 erfolgte. Ich gehe dabei folgenden Leitfragestellungen nach: Welches Wissen wurde in Tirol und Südtirol zwischen 1950 und 1980 im Diskurs über die Brennerautobahn produziert, repräsentiert und welche soziokulturelle Wirklichkeit damit konstituiert? Inwieweit änderte sich die symbolische und diskursive Aufladung und Wahrnehmung der Verkehrsinfrastruktur Brennerautobahn im Untersuchungszeitraum? Welche historischen Akteure beeinflussten und gestalteten den Diskurs? Finden sich Hinweise, mittels welcher diskursiver Strategien die öffentlichen und privaten lokalen Akteure – seien es im Speziellen Vertreter der Politik sowie der Wirtschaft – auf regionaler Ebene versuchten, den Bau der Brennerautobahn auf nationaler Ebene zu legitimieren? Auf regionaler Ebene fand unter den Akteuren ein sozialer Konstruktionsprozess hinsichtlich des Aspekts der Identität(-en) im Zusammenhang mit dem Bau der Brennerautobahn statt, wobei es zwischen den lokalen/regionalen, nationalen und supranationalen Ebenen zu einem spielerischen Wechsel kam. Sollen die regionalen Akteure als Träger der Diskurse hinsichtlich des Baues der Brennerautobahn als Tiroler

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respektive Südtiroler, als Österreicher respektive Italiener oder als Europäer bezeichnet werden? Oder spielte der Gedanke einer stärkeren Interregionalität zwischen Tirol und Südtirol eine Rolle? Diese Problematik der Benennung und das Konzept der strengen Unterscheidung zwischen den einzelnen Bezeichnungen wurden durch die Brennerautobahn in Frage gestellt. Im Untersuchungszeitraum herrschte eine starke Asymmetrie hinsichtlich der Geschlechterverhältnisse, da die Akteure durchwegs männlich waren. Frauen waren in den Tiroler sowie Südtiroler Führungspositionen in Politik und Wirtschaft nicht vertreten. Der Bau einer Verkehrsinfrastruktur galt als „männliches Konzept“, bei dem nicht nur die Techniker und Ingenieure, sondern auch die Politiker und Verantwortlichen in der Wirtschaft ausnahmslos Männer waren. Der Autobahndiskurs blieb eine männliche Domäne, wobei dies in den zeitgenössischen Aussagen kaum thematisiert wurde, da es evident schien. Demgemäß werden in der vorliegenden Arbeit Begriffe wie Akteure, Politiker oder Vertreter der Wirtschaft nicht gegendert.

1.3 F ORSCHUNGSSTAND Der folgende Forschungsüberblick führt die neueste Literatur zum Bereich Autobahnen und im Speziellen zur Brennerautobahn an und gibt einen Überblick über aktuelle Tendenzen in der Verkehrsgeschichte, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Der für die vorliegende Arbeit grundlegende Terminus „Verkehrsinfrastruktur“ soll im Folgenden definiert werden: Unter Verkehr16 wird der „Austausch von Personen, Gütern und Nachrichten zwischen getrennten Standorten durch die Überwindung von räumlichen Hindernissen“17 verstanden. Die Bedeutung des Terminus „Infrastruktur“ ist hingegen in ständigem Wandel begriffen,18 wobei darunter allgemein Folgendes verstanden wird, nämlich die „Gesamtheit der sächlichen, personel-

16 Zur Unterscheidung von Verkehr, Mobilität und Transport siehe: Kurt Möser, Prinzipielles zur Transportgeschichte, in: Rolf Peter Sieferle (Hg.), Transportgeschichte (Der Europäische Sonderweg 1), Berlin 2008, S. 39-78, hier S. 39. 17 Christoph Maria Merki, Verkehrsgeschichte und Mobilität, Stuttgart 2008, S. 8. 18 Dirk van Laak, Garanten der Beständigkeit. Infrastrukturen als Integrationsmedien des Raumes und der Zeit, in: Anselm Doering-Manteuffel (Hg.), Strukturmerkmale der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 63), München 2006, S. 167-180, hier S. 169. Zur ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Infrastruktur“ siehe: Dirk van Laak, Der Begriff „Infrastruktur“ und was er vor seiner Erfindung besagte, in: Archiv für Begriffsgeschichte 41 (1999), S. 280-299.

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len und organisatorischen Vorkehrungen, die der Mobilität von Personen, dem Transport von Gütern und der Entfernungen überwindenden Kommunikation dienen“19. Verkehrsinfrastrukturen werden im Allgemeinen von der öffentlichen Hand erbaut.20 Als Urheber des im Jahr 1927 geprägten Begriffs „Autobahn“ gilt Robert Otzen, Professor für Brückenbau an der Technischen Universität Hannover und Vorsitzender des im November 1926 in Frankfurt am Main gegründeten HaFraBa-Vereins („Verein zur Vorbereitung der Autostraße Hamburg (ab 1928 Hansestädte)–Frankfurt–Basel“). Er veranschaulichte das Konzept gesonderter Automobilstraßen durch die Aussage, es handle sich dabei um „eine Art Mittelding zwischen Eisenbahn und Landstraße“21. Die Verkehrsgeschichte hat sich bisher nur vereinzelt als eigenständige universitäre Teildisziplin etabliert, gewann innerhalb der Forschungslandschaft aber an Bedeutung, was sich an einer größeren Vielfalt untersuchter Themen und ihrer insgesamt stärkeren Internationalisierung zeigt.22 Demnach ist das negative Bild des Niveaus verkehrshistorischer Forschungen, das der Schweizer Historiker Christoph 19 Ders., Garanten, S. 169. 20 Johannes Frerich/Gernot Müller, Europäische Verkehrspolitik. Von den Anfängen bis zur Osterweiterung der Europäischen Union, Bd. 2: Landverkehrspolitik, München/Wien 2004, S. V. Dirk van Laak, Infrastrukturen. Anthropologische und alltagsgeschichtliche Perspektiven, in: Gudrun M. König (Hg.), Alltagsdinge. Erkundungen der materiellen Kultur (Studien und Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen 27; Tübinger kulturwissenschaftliche Gespräche 1), Tübingen 2005, S. 81-91, hier S. 84-85. 21 2. Sitzung des Verwaltungsrates am Mittwoch, den 25. Mai 1927, im Sitzungssaal des Hotel Disch in Köln am Rhein (Die Autostraße Hansestädte–Frankfurt–Basel 8), Frankfurt a.M. 1927, S. 9. Zit. nach: Ruppmann, Schrittmacher, S. 169-170. Reiner Ruppmann, The City and the Autobahn 1926-56. How Frankfurt am Main Promoted Road Traffic and Realised an Old Dream, in: Roth/Divall (Hg.), From Rail to Road (2015), S. 373-395, hier S. 383. Ders., Das europäische Autobahnnetz: Weiterhin Hoffnungsträger oder primär Funktionsraum für die Transit-Ökonomie? (Teil 1), in: Zeitschrift für Weltgeschichte. Interdisziplinäre Perspektiven 14 (2013), Heft 2, S. 81-107, hier S. 84-85. 22 Einen Überblick über aktuelle Tendenzen der Verkehrsgeschichte bieten: Gijs Mom, The Crisis of Transport History. A Critique, and a Vista, in: Kyle Shelton/Mom/Dhan Zunino Singh et al. (Hg.), Mobility in History (T²M yearbook 2015), Bd. 6, Biggleswade 2015, S. 7-19. Peter Merriman, Mobilities, Crises, and Turns: Some Comments on Dissensus, Comparative Studies, and Spatial Histories, in: Shelton/Mom/Singh et al. (Hg.), Mobility in History (T²M yearbook 2015), S. 20-34. Ralf Roth, Introduction. From Rail to Road and Back Again? A Century of Transport Competition and Interdependency, in: ders./Divall (Hg.), From Rail to Road, S. 1-37. Gijs Mom/Peter Norton, Mobility Studies at a Crossroads, in: Peter Norton/Mom/Liz Millward et al. (Hg.), Mobility in History (T²M Yearbook 2014), Bd. 5, Biggleswade 2014, S. 1-6. Gijs Mom, „Historians Bleed Too Much“: Recent

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Maria Merki noch im Jahr 1999 zeichnete, gegenwärtig nicht mehr berechtigt. Seiner Ansicht nach war die Verkehrsgeschichte zu dieser Zeit für ihr „ziemlich unscheinbares Dasein“23 selbst mitverantwortlich, da es nur so „von nuts and bolts Geschichten, von heimatkundlichen Miszellen und Hagiographie“24 wimmle. Im Zuge der Professionalisierung verkehrsgeschichtlicher Arbeiten kam es zu einer Ausdifferenzierung des Forschungsfeldes, wodurch die bisherige Dominanz von Studien zur Eisenbahngeschichte25 gebrochen wurde. Obwohl die Untersuchung verkehrsgeschichtlicher Thematiken immer noch vorrangig auf nationaler Ebene erfolgt, zeichnen sich Tendenzen hin zu einer in zunehmendem Maße transnationalen, interdisziplinären und komparativen sowie größere Zeiträume erfassenden Verkehrsgeschichte ab.26

Trends in the State of the Art in Mobility History, in: Peter Norton/Gijs Mom/Liz Millward et al. (Hg.), Mobility in History. Reviews and reflections (T²M Yearbook 2012), Neuchâtel 2011, S. 15-30. Anette Schlimm, Verkehrseinheit und ruinöser Wettbewerb. Der „SchieneStraße-Konflikt“ in Großbritannien und Deutschland als ein Problem des Social Engineering, in: Geschichte und Gesellschaft 39 (2013), Heft 3, S. 338-368, hier S. 338. HansLiudger Dienel/Hans-Ulrich Schiedt (Hg.), Die moderne Straße. Planung, Bau und Verkehr vom 18. bis zum 20. Jahrhundert (Deutsches Museum. Beiträge zur historischen Verkehrsforschung 11), Frankfurt a.M./New York 2010. Christoph Neubert/Gabriele Schabacher, Verkehrsgeschichte an der Schnittstelle von Technik, Kultur und Medien. Einleitung, in: dies. (Hg.), Verkehrsgeschichte und Kulturwissenschaft. Analysen an der Schnittstelle von Technik, Kultur und Medien, Bielefeld 2009, S. 7-45. Gijs Mom/Colin Divall/Peter Lyth, Towards a Paradigm Shift? A Decade of Transport and Mobility History, in: Gijs Mom/Gordon Pirie/Laurent Tissot (Hg.), Mobility in History. The State of the Art in the History of Transport, Traffic and Mobility (T²M Yearbook 2010), Neuchâtel 2009, S. 1340. Christopher Kopper, „Gute Straßen bis ins letzte Dorf!“ Neue Forschungen zur Verkehrsgeschichte, in: Archiv für Sozialgeschichte 45 (2005), S. 615-624. Gijs Mom, What kind of transport history did we get? Half a century of JTH and the future of the field, in: The Journal of Transport History 24 (2003), Heft 2, S. 121-138. 23 Christoph Maria Merki, Unterwegs in unwegsamem Gelände. Historische Strassenverkehrsforschung in der Schweiz, in: Traverse. Zeitschrift für Geschichte/Revue d’histoire 6 (1999), Heft 2, S. 37-54, hier S. 37. 24 Ebd., S. 37-38. 25 Siehe exemplarisch: Ralf Roth, Das Jahrhundert der Eisenbahn. Die Herrschaft über Raum und Zeit 1800-1914, Ostfildern 2005. 26 Zu Beispielen innovativer länderübergreifender komparatistischer Studien, die langfristige Entwicklungen im Verkehrssektor im 19. und 20. Jahrhundert aufzeigen, siehe: Roth/Divall (Hg.), From Rail to Road (2015). Ruud Filarski (in Zusammenarbeit mit Gijs Mom), Shaping Transport Policy. Two Centuries of Struggle Between Public and Private Sector.

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Dementsprechend beschäftigt sich die verkehrshistorische Forschung seit annähernd einer Dekade vermehrt mit der Thematik transnationaler europäischer Infrastrukturprojekte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wobei besonders der Zusammenhang dieser Vorhaben mit der Herausbildung eines europäischen Konstrukts auf Forschungsinteresse stößt.27 Von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre kann weniger von einer gemeinsamen europäischen Verkehrspolitik als von verschiedenen

A Comparative Perspective, Den Haag 2011. Reiner Ruppmann, Das System der Autobahnen und ihre kulturellen Mythen, in: Ralf Roth/Karl Schlögel (Hg.), Neue Wege in ein neues Europa. Geschichte und Verkehr im 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M./New York 2009, S. 338-360, hier S. 339. Tom McCarthy, A Natural Intersection: A Survey of Historical Work on Mobility and the Environment, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 61-81, hier S. 75. 27 Siehe dazu unter anderem folgende Forschungen der letzten Jahre, um nur die neuesten Publikationen zu nennen: Johan W. Schot, The Mystery of the Failed European Common Transport Policy Explained, in: Transfers. Interdisciplinary Journal of Mobility Studies 2 (2012), Heft 2, S. 144-149. Frank Schipper/Johan W. Schot, Infrastructural Europeanism, or the project of building Europe on infrastructures: an introduction, in: History and Technology 27 (2011), Heft 3, S. 245-264. Johan W. Schot/Frank Schipper, Experts and European Transport Integration 1945-1958, in: Journal of European Public Policy 18 (2011), Heft 2, S. 274-293. Alexander Badenoch/Andreas Fickers, Introduction. Europe Materializing? Toward a Transnational History of European Infrastructures, in: dies. (Hg.), Materializing Europe. Transnational Infrastructures and the Project of Europe, New York 2010, S. 1-23. Johan W. Schot, Transnational Infrastructures and European Integration. A Conceptual Exploration, in: Christophe Bouneau/Antonio Varsori (Hg.), Les trajectoires de l’innovation technologique et la construction européenne. Des voies de structuration durable?/Trends in Technological Innovation and the European Construction. The Emerging of Enduring Dynamics? (Euroclio. Études et documents/Studies and Documents 56), Brüssel/Bern/Berlin u.a. 2010, S. 97-120. Dirk van Laak, Pionier des Politischen? Infrastruktur als europäisches Integrationsmedium, in: Neubert/Schabacher (Hg.), Verkehrsgeschichte und Kulturwissenschaft (2009), S. 165-188. Christian Henrich-Franke, European Mobility Policy: A Topic to be Discovered, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 221-227. Johan W. Schot, Introduction: Building Europe on Transnational Infrastructures, in: The Journal of Transport History 28 (2007), Heft 2, S. 167-171. Frank Schipper, Changing the face of Europe: European road mobility during the Marshall Plan years, in: The Journal of Transport History 28 (2007), Heft 2, S. 211-228. Erik van der Vleuten/Arne Kaijser (Hg.), Networking Europe. Transnational Infrastructures and the Shaping of Europe 1850-2000, Sagamore Beach 2006. Gijs Mom, Roads without Rails. European Highway-Network Building and the Desire for Long-Range Motorized Mobility, in: Technology and Culture 46 (2005), Heft 4, S. 745-772.

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nationalen Verkehrspolitiken gesprochen werden, da sich die einzelnen Mitgliedsstaaten nur zögernd von den bislang praktizierten Denkmustern hinsichtlich der Verkehrsinfrastrukturen lösten.28 Es ist heutzutage Forschungskonsens, dass Infrastrukturen über ein integratives Potenzial verfügen, sodass sie als grundlegendes europäisches Integrationsmedium29 und dementsprechend als „hidden integration“ für die geschichtliche Entwicklung eines Zugehörigkeitsgefühls zu Europa30 angesehen werden können. Die Verkehrs- und Infrastrukturgeschichte wurde im Vergleich zu anderen historischen Subdisziplinen mit zeitlicher Verzögerung durch den Paradigmenwechsel des sogenannten „cultural turns“31 beeinflusst. Die klassische Technikgeschichte untersucht die „Entstehung, Verbreitung und Nutzung von Technik, kurz technischen Wandel und dessen Wechselwirkung mit der Gesellschaft“32 und ist demnach für das Verständnis von Verkehrsinfrastrukturen grundlegend. Im Zuge des „cultural turns“ weitete sich das Verständnis der Verkehrsgeschichte durch die Mitberücksichtigung

28 Frerich/Müller, Europäische Verkehrspolitik, S. VI. Siehe auch: Christian Henrich-Franke, Gescheiterte Integration: Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Formulierung der gemeinsamen Verkehrspolitik (1958-1967), in: Journal of European Integration History/Revue d’Histoire de l’Intégration Européenne/Zeitschrift für Geschichte der europäischen Integration 15 (2009), Heft 2, S. 125-147. 29 Schipper/Schot, Infrastructural Europeanism, S. 248. Laak, Pionier, S. 165. 30 Thomas J. Misa/Johan W. Schot, Inventing Europe: Technology and the Hidden Integration of Europe, in: History and Technology 21 (2005), Heft 1, S. 1-19, hier S. 1. 31 Zur wissenschaftlichen Kontroverse rund um einen „cultural turn“ in der Verkehrsgeschichte siehe: Colin Divall/George Revill, Cultures of transport. Representation, practice and technology, in: The Journal of Transport History 26 (2005), Heft 1, S. 99-111. Michael Freeman, ‚Turn if you want to‘. A comment on the ‚cultural turn‘ in Divall and Revill’s ‚Cultures of transport‘, in: The Journal of Transport History 27 (2006), Heft 1, S. 138-143. Colin Divall/George Revill, No turn needed. A reply to Michael Freeman, in: The Journal of Transport History 27 (2006), Heft 1, S. 144-149. John Walton, Transport, travel, tourism, mobility: a cultural turn?, in: The Journal of Transport History 27 (2006), Heft 2, S. 129-134. Siehe auch: David Gartman, The History and Future of Automotive Fetishism, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 83-107, hier S. 8385. Neubert/Schabacher, Verkehrsgeschichte an der Schnittstelle, S. 11. Ruppmann, The Development, S. 282. 32 Martina Heßler, Kulturgeschichte der Technik (Historische Einführungen 13), Frankfurt a.M./New York 2012, S. 8. Zur Technikgeschichte siehe auch: Rolf-Jürgen Gleitsmann/Rolf-Ulrich Kunze/Günther Oetzel, Technikgeschichte, Konstanz 2009.

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damit zusammenhängender kulturgeschichtlicher Fragestellungen. Diese Ausdifferenzierung seit etwa einem Jahrzehnt zeigt sich auch in Veröffentlichungen der Fachzeitschrift Journal of Transport History.33 Im Zuge des „cultural turns“ etablierte sich auch der „spatial turn“, der eine veränderte Raumwahrnehmung generierte. Dabei wird der „Raum“ nicht als etwas an sich Gegebenes betrachtet, sondern als von Menschen immer wieder neu erschaffen untersucht, wodurch er sozial konstruiert und historisch wandelbar ist.34 Infolgedessen kam es zu einer Verlagerung der Aufmerksamkeit vom Raum zum Ort, indem durch die Betonung der „Relevanz lokaler Schauplätze und situationsabhängiger Prozesse […] das Augenmerk auf konkrete Aushandlungsgebühren“35 gelenkt wurde. So ermöglichte die Benutzung der Autobahnen durch erhöhte Fahrgeschwindigkeit eine schnellere Distanzüberwindung, wodurch eine veränderte Raumerfahrung einsetzte, im Zuge derer der „grüne Rand“ entlang der Autobahn als Raum neuen Typs entstand.36 Die Umweltgeschichte, die sich als eigenständiger Forschungszweig etablierte, erwies sich für die Autobahnforschung als fruchtbarer Ansatz, indem beispielsweise verstärkt die negativen Auswirkungen von Autobahnen auf die Umwelt wie Lärmbelästigung und Luftverschmutzung erforscht wurden. Die Umweltgeschichte untersucht die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur in der Vergangenheit und analysiert dabei insbesondere die „unbeabsichtigten und langfristigen Folgewirkungen menschlichen Handels auf die Natur“37.

33 Valentina Fava, Production versus Mobility? New Perspectives for an Old Dilemma, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 247-252, hier S. 249. 34 Ute Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel in den Diskurs? Der Kurort und der Wandel der Landschaftswahrnehmung in der Sattelzeit, in: Achim Landwehr (Hg.), Diskursiver Wandel (Interdisziplinäre Diskursforschung), Wiesbaden 2010, S. 281-308, hier S. 282283. Stefan Jordan, Theorien und Methoden der Geschichtswissenschaft (Orientierung Geschichte), Paderborn/München/Wien u.a. 2009, S. 212. 35 Neubert/Schabacher, Verkehrsgeschichte an der Schnittstelle, S. 13. 36 Waitz, Bilder, S. 142-144. 37 Wolfram Siemann/Nils Freytag, Umwelt – eine geschichtswissenschaftliche Grundkategorie, in: Wolfram Siemann (in Zusammenarbeit mit Nils Freytag) (Hg.), Umweltgeschichte. Themen und Perspektiven, München 2003, S. 7-20, hier S. 8. Siehe auch: Verena Winiwarter/Martin Knoll, Umweltgeschichte. Eine Einführung, Köln/Weimar/Wien 2007, S. 14. John R. McNeill, Environmental History in General and in Asia, in: ders./José Augusto Pádua/Mahesh Rangarajan (Hg.), Environmental history. As if Nature Existed, Oxford/New York 2010, S. 13-25, hier S. 13. Donald James Hughes, What is Environmental History?, Cambridge 2006, S. 125.

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Einzelnen Autobahnen respektive Autobahnsystemen gilt trotz des insgesamt gesteigerten Forschungsinteresses eine immer noch relativ geringe Beachtung, was angesichts der Bedeutung dieser Verkehrsinfrastruktur verwundert.38 Die europäischen Autobahnen waren zu Beginn ihrer Entstehung in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts national konzipiert, doch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fand kontinuierlich ihre Vernetzung zu einem transnationalen System statt. Die Autobahnen entgrenzten geografische Verkehrsräume und ließen die europäischen Länder durch Kommunikations-, Austausch- und Transferprozesse in weitaus stärkerem Maße sich annähern, als dies die staatlichen Eisenbahnsysteme je vermocht hatten.39 Die Verkehrsgeschichte und insbesondere die Untersuchung von Autobahnen stößt in den einzelnen europäischen Ländern – siehe hierzu exemplarisch die Forschungen in Deutschland40 und der Schweiz41 – auf unterschiedlich starkes Forschungsinteresse. In den beiden Staaten, durch die die Brennerautobahn hindurch-

38 Ruppmann, The Development. Ders., Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 82. Ders., Schrittmacher, S. 11-12. Ders., Das Dritte Reich, S. 92. Ders., Das europäische Autobahnnetz: Weiterhin Hoffnungsträger oder primär Funktionsraum für die Transit-Ökonomie? (Teil 2), in: Zeitschrift für Weltgeschichte. Interdisziplinäre Perspektiven 15 (2014), Heft 1, S. 163-180. McCarthy, A Natural Intersection, S. 70. 39 Ruppmann, Schrittmacher, S. 11. Ders., Das System, S. 338. Ders., Das Dritte Reich, S. 92-93. 40 Zum Forschungsstand in Deutschland siehe: Christopher Kopper, Mass Tourism behind the Iron Curtain. New Publications on the History of Transport, Traffic, Tourism, and Mobility in German, in: Norton/Mom/Millward et al. (Hg.), Mobility in History (2014), S. 190-196. Marcus Popplow, Contextualization and Public Impact: Converging or Conflicting Trends in Recent German Mobility History?, in: Norton/Mom/Millward et al. (Hg.), Mobility in History. Reviews (2011), S. 63-72. Christopher Kopper/Heike Wolter, Mobility History in Germany: One Field, Many Perspectives, in: Gijs Mom/Peter Norton/Georgine Clarsen et al. (Hg.), Mobility in History. Themes in Transport (T²M Yearbook 2011), Neuchâtel 2010, S. 159-173. Helmuth Trischler, Transport History in Germany: An annoted bibliographical overview of recent literature, in: Merger/Polino (Hg.), COST 340 (2004), S. 54-73. Michael Hascher/Stefan Zeilinger, Verkehrsgeschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert. Verkehr auf Straßen, Schienen und Binnenwasserstraßen. Ein Literaturüberblick über die jüngsten Forschungen, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 42 (2001), Heft 1, S. 165-183. 41 Die Schweiz verzeichnet einen großen Aufschwung der Verkehrsforschung mit einer bemerkenswerten institutionellen Verankerung der Teildisziplin. Zum Forschungsstand in der Schweiz siehe: Hans-Ulrich Schiedt, Swiss Traffic History: A Research Report, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 187-192.

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führt, wurde bislang noch weniger Augenmerk auf verkehrsgeschichtliche Untersuchungen gelegt, wie mit einem Überblick über die jüngsten Forschungen für Österreich42 und für Italien43 gezeigt werden kann.

42 In Österreich besteht trotz der enormen aktuellen Bedeutung des Verkehrswesens insgesamt wenig Interesse an verkehrshistorischen Themen mit einer weiterhin vorherrschenden Dominanz des Eisenbahnsektors. Zum Forschungsstand in Österreich siehe: Bernd Kreuzer, Still Focussing on the Railway. Transport and Mobility History in Austria, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 193-200. Bernd Kreuzer, Transport History in Austria: A Literature Survey, in: Merger/Polino (Hg.), COST 340 (2004), S. 1-13. 43 Die Verkehrsgeschichte erfährt in Italien erst seit etwa einem Jahrzehnt einen gewissen Aufschwung, das Forschungsfeld ist jedoch aufgesplittert in Veröffentlichungen zu einzelnen Verkehrsmitteln. Zum Forschungsstand in Italien siehe: Massimo Moraglio, A Field on the Move. Updating Italian Mobility Studies, in: Norton/Mom/Millward et al. (Hg.), Mobility in History (2014), S. 185-189. Federico Paolini, Greening Mobility History in Italy: Toward an Interdisciplinary Way to Environmental Mobility Studies?, in: Norton/Mom/Millward et al. (Hg.), Mobility in History. Reviews (2011), S. 145-150. Massimo Moraglio, Niche Development or Wider Renaissance? Italian Mobility History Growth in the Last Decade, in: Mom/Pirie/Tissot (Hg.), Mobility in History. The State (2009), S. 167172. Stefano Maggi, Trasporti e storia. Rassegna degli studi 2000-2006, in: Italia contemporanea (2006), Heft 244, S. 453-463. Andrea Giuntini/Claudio Pavese, Bibliography on the History of Italian Transport Systems, in: Michèle Merger/Marie-Noëlle Polino (Hg.), COST 340. Towards a European Intermodal Transport Network. Lessons from History. A Critical Bibliography, Paris 2004, S. 100-116. Zu wichtigen Überblickswerken über die Geschichte der italienischen Verkehrsinfrastrukturen respektive Automobilisierung siehe: Stefano Maggi, Storia dei trasporti in Italia (Le vie della civiltà), Bologna 22009. Federico Paolini, Storia sociale dell’automobile in Italia (Quality Paperbacks 197), Rom 2007. Claudio Pavese, The Making of the Italian Motorway Network (1924-1974), in: TST. Revista de Historia. Transportes, Servicios y Telecomunicaciones 6 (2006), Heft 10, S. 96-121. Federico Paolini, Un paese a quattro ruote. Automobili e società in Italia (Saggi), Venedig 2005. Andrea Giuntini/Claudio Pavese (Hg.), Reti, Mobilità, Trasporti. Il sistema italiano tra prospettiva storica e innovazione (Storia della società, dell’economia e delle istituzioni), Mailand 2004. Stefano Maggi, Politica ed economia dei trasporti (secoli XIX-XX). Una storia della modernizzazione italiana (Percorsi), Bologna 2001. Andrea Giuntini, Nascita, sviluppo e tracollo della rete infrastrutturale, in: Franco Amatori/Duccio Bigazzi/Renato Giannetti et al. (Hg.), Storia d’Italia. Annali 15. L’industria, Turin 1999, S. 551-616.

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Der nationalsozialistische Autobahnbau mit seiner Vorgeschichte in den 1920er Jahren44 wurde wie der faschistische Autobahnbau45 in weit stärkerem Maße erforscht als die Realisierung von Autobahnen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Ein Forschungsschwerpunkt lag dabei auf der Entstehung und Wahrnehmung sowie der Veränderung von Landschaft am Beispiel der nationalsozialistischen Autobahnen.46 Erstaunlich wenige wissenschaftliche Publikationen wurden über den italienischen47 und österreichischen48 Autobahnbau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts veröffentlicht, wobei diese Forschungen oftmals von den Autobahngesellschaften selbst initiiert wurden. Die Geschichte der Brennerautobahn wurde bislang – ungeachtet der Bedeutung dieser vielbefahrenen transnationalen Verkehrsinfrastruktur – wissenschaftlich nur ungenügend aufgearbeitet. Ein wichtiger Aufsatz zur österreichischen Geschichte der

44 Siehe dazu exemplarisch: Erhard Schütz/Eckhard Gruber, Mythos Reichsautobahn. Bau und Inszenierung der „Straßen des Führers“. 1933-1941, Augsburg 2006. Ruppmann, Schrittmacher. Bernd Kreuzer, Schnelle Straßen braucht das Land. Planung und Umsetzung der Autobahnen in Österreich seit den Zwanziger Jahren, gezeigt am Beispiel Oberösterreich, unveröffentlichte Dissertation, Wien 2007. Ders., Tempo 130. Kultur- und Planungsgeschichte der Autobahnen in Oberösterreich, Linz 2005. 45 Siehe dazu exemplarisch die folgenden Publikationen: Massimo Moraglio, Real ambition or just coincidence? The Italian fascist motorway projects in inter-war Europe, in: The Journal of Transport History 30 (2009), Heft 2, S. 163-182. Ders., Storia. 46 Siehe dazu exemplarisch: Thomas Zeller, Der verlangsamte Verkehr: Die Herstellung von Landschaft durch Straßen im 20. Jahrhundert, in: Roth/Schlögel (Hg.), Neue Wege (2009), S. 361-376. Charlotte Reitsam, Reichsautobahn-Landschaften im Spannungsfeld von Natur und Technik. Transatlantische und interdisziplinäre Verflechtungen, Saarbrücken 2009. Christof Mauch/Thomas Zeller (Hg.), The World beyond the Windshield. Roads and Landscapes in the United States and Europe, Athens/Stuttgart 2008. Thomas Zeller, Driving Germany. The Landscape of the German Autobahn, 1930-1970 (Berghahn Monographs Studies in German History 5), New York/Oxford 2007. Ders., Straße, Bahn, Panorama. Verkehrswege und Landschaftsveränderung in Deutschland von 1930 bis 1990 (Deutsches Museum. Beiträge zur historischen Verkehrsforschung 3), Frankfurt a.M./New York 2002. Massimo Moraglio, Una „forma goffa e sgraziata“. Paesaggio e autostrade in Italia nel secondo dopoguerra, in: I Frutti di Demetra. Bollettino di storia e ambiente 6 (2009), Heft 21, S. 33-46. 47 Siehe dazu exemplarisch: ders., Between industry. Bonino/Moraglio (Hg.), Inventare gli spostamenti. Storia e immagini. Zu einem tendenziell populärwissenschaftlichen Werk siehe: Enrico Menduni, L’autostrada del Sole (L’identità italiana 12), Bologna 1999. 48 Siehe dazu exemplarisch: Kreuzer, Der Bau.

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Brennerautobahn stammt vom Innsbrucker Historiker Wolfgang Meixner,49 während die in Bozen tätige Historikerin Valentina Bergonzi ansatzweise zum italienischen Teil der Brennerautobahn forschte.50 Der Modenaer Historiker Andrea Giuntini beschäftigte sich ebenfalls mit der Geschichte des italienischen Teils der Brennerautobahn, wobei er im Speziellen auf die Verhältnisse in Modena einging.51 Neben dem bereits etwas älteren Aufsatz des Salzburger Humangeografen Christoph Stadel über die Brennerautobahn52 seien noch jene wissenschaftlichen Publikationen erwähnt, die während respektive kurz nach dem Bau der Brennerautobahn zu unterschiedlichen damit zusammenhängenden Themenbereichen veröffentlicht wurden,53 heutigen wissenschaftlichen Standards jedoch nicht mehr entsprechen. Der Großteil der Publikationen über die Brennerautobahn beinhaltet technische Belange. Pensionierte Ingenieure, die am Bau dieser Verkehrsinfrastruktur maßgeblich mitgewirkt hatten, wie Hofrat Leo Feist von der Landesbaudirektion Tirol54 erforschten 49 Meixner, Brücken. Dieser Wissenschaftler beschäftigt sich zurzeit im Zuge seiner Habilitationsschrift mit den strategischen und finanziellen Aspekten der Geschichte der Autobahn in Österreich nach 1945. 50 Valentina Bergonzi, Die Verkehrsinfrastruktur zwischen Aufschwung und Widerständen, in: Andrea Leonardi (Hg.), Die Region Trentino-Südtirol im 20. Jahrhundert, Bd. 2: Wirtschaft. Die Wege der Entwicklung (Publikationen der Fondazione Museo storico del Trentino; Grenzen/Confini 5), Trient 2009, S. 253-267. 51 Andrea Giuntini, Boom e infrastrutture a Modena. La Camera di Commercio e l’autostrada del Brennero (Materiali di discussione 494), Modena/Reggio Emilia 2005, http://www. dep.unimore.it/materiali_discussione/0494.pdf vom 27.5.2016. 52 Christoph Stadel, The Brenner Freeway (Austria–Italy): Mountain Highway of Controversy, in: Mountain Research and Development 13 (1993), Heft 1, S. 1-17. 53 Siehe dazu exemplarisch: Reinhild Bolz, Die Brennerautobahn. Ihre Bedeutung für das Wirtschaftsleben Südtirols (Beiträge zur alpenländischen Wirtschafts- und Sozialforschung 29), Innsbruck 1968. Wolfgang Otte, Die Brennerautobahn. Bau und Finanzierung (Beiträge zur alpenländischen Wirtschafts- und Sozialforschung 71), Innsbruck 1969. Werner Rutz, Die Brennerverkehrswege. Straße – Schiene – Autobahn. Verlauf und Leistungsfähigkeit (Forschungen zur deutschen Landeskunde 186), Bonn/Bad Godesberg 1970. Hugo Penz, Die italienische Brennerautobahn, in: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie. Angewandte- und Sozialgeographie 23 (1979), Heft 1, S. 12-17. Ders., Die österreichische Brennerautobahn, in: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie. Angewandte- und Sozialgeographie 23 (1979), Heft 4, S. 116-123. Georg Zwanowetz, Das Straßenwesen Tirols seit der Eröffnung der Eisenbahn Innsbruck–Kufstein (1858). Dargestellt unter Berücksichtigung der regionalen Bahnbaugeschichte (Tiroler Wirtschaftsstudien 11), Innsbruck 1986. 54 Leo Feist, Vom Saumpfad zur Tiroler Autobahn, Innsbruck 1980. Feist untersuchte in seinem überaus umfangreichen Werk nicht nur die Autobahn, sondern die gesamte Tiroler Verkehrsgeschichte vom Saumpfad bis zur Autobahn.

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akribisch Themen von zumeist technikhistorischem Belang und erzielten dabei respektable Forschungsergebnisse. Die Geschichte der Brennerautobahn wurde zumeist nicht auf überregionaler, sondern auf regionaler respektive lokaler Ebene untersucht, was aufgrund des begrenzten Forschungsfeldes zu einer relativ geringen Verbreitung der Publikationen führte. Die italienischen55 und österreichischen56 Brennerautobahngesellschaften respektive die mit Planung und Bau der Autobahn betrauten Behörden veröffentlichten zahlreiche, durchwegs bebilderte Werke heterogener Qualität, die sich mitunter wie Werbeschriften für die Autobahn lesen lassen. Viele dieser Veröffentlichungen entstanden während der Bauzeit respektive aus Anlass von Jubiläen. Der Forschungsüberblick lässt demnach erkennen, dass eine fundierte wissenschaftliche Studie über die Brennerautobahn bislang ein Forschungsdesiderat war. Die vorliegende Arbeit erhebt nicht den Anspruch einer vollständigen Erarbeitung sämtlicher Themen in Bezug auf diese Verkehrsinfrastruktur, sondern behandelt einige wichtige Fragestellungen und weist auf zukünftige Forschungsmöglichkeiten zu diesem Thema hin. Besonders die nationale Ebene in Österreich und Italien bedarf noch eingehender Untersuchungen, aber auch regionale Studien über die unterschiedlichsten Aspekte des weitläufigen Themengebiets der Brennerautobahn sind unbedingt zielführend.

1.4 Q UELLENLAGE Grundlage dieser Arbeit sind heterogene Quellenbestände von unterschiedlicher Aussagekraft wie Behördenschriftgut, zeitgenössische Primärliteratur, publizistische Quellen, statistisches Datenmaterial und sogenannte graue Literatur. Eine geschlossene Überlieferung zur Brennerautobahn ist sowohl auf österreichischer als auch ita-

55 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984. Autostrada del Brennero S.p.A., Decennale dell’autostrada del Brennero. Quaderno di informazione e documentazione, Trient 1984. Gino Callin, Eine Brücke für Europa. Die Brennerautobahn, Trient 1985. Donato Turrini, L’autostrada del Brennero nella sua storia, Trient 1991. Gino Valentini, Buon compleanno, cara autostrada. Cinquant’anni ormai alle spalle della A22, in: Strenna trentina 88 (2009), S. 10-13. 56 Landesbaudirektion für Tirol, Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Brenner-Autobahn, Innsbruck 1961. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn. Brenner-Autobahn-Aktiengesellschaft (Hg.), Die Brenner-Autobahn. Die erste alpenüberquerende Vollautobahn, Innsbruck 1972. Peter Müller, Straße der Sicherheit. Die Brenner Autobahn, Innsbruck 1974. Ilka Prinzenstein (Hg.), Technik der Brennerautobahn, Vaduz [1983]. ASFINAG (Hg.), Das Autobahnnetz.

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lienischer Seite nicht vorhanden. Die Untersuchung beruht auf der Basis umfangreicher regionaler und kommunaler Aktenbestände, wobei die ungedruckten Quellenbestände im Tiroler Landesarchiv (Innsbruck), im Südtiroler Landesarchiv (Bozen), im Archiv der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen und im Archiv der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Trient substanziell sind. Zusätzlich wurden die relevanten Bestände in den Stadtarchiven von Meran, Brixen und Klausen gesichtet. Diese Materialgrundlage wurde durch die relevanten Bestände im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München sowie im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin erweitert. Archivalien im Staatsarchiv München rundeten die Arbeit ab, wobei dort noch bedeutende und gänzlich unerforschte Bestände zur Geschichte des bayerischen Teils der Inntalautobahn liegen. Die wissenschaftliche Erforschung dieser Verkehrsinfrastruktur ist vielversprechend und wird zu einer besseren Verortung der Geschichte der Brennerautobahn führen, da die bayerische und österreichische Inntalautobahn gemeinsam mit der A13 und der A22 die Hauptverkehrsader über die Alpen für den Nord-Süd-Verkehr waren. Bei einer Arbeit über die Brennerautobahn erscheint es zunächst naheliegend, die Archive der „Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft“ (ASFINAG, der Nachfolgeorganisation der österreichischen Brennerautobahngesellschaft) mit Sitz in Innsbruck und der „Autostrada del Brennero Società per azioni (S.p.A.)“ mit Sitz in Trient57 zu konsultieren. Diese Archive erwiesen sich jedoch für meine Fragestellungen als nicht sehr aufschlussreich, da es sich dabei vorwiegend um technische und rechtliche Bestandsdatenverwaltungen handelt. Für die Erfassung der regionalpolitischen Ebene wurden für den Untersuchungszeitraum die Stenographischen Protokolle des Südtiroler Landtages sowie des Tiroler Landtages und zudem die „Bollettini ufficiali“ sowie die Protokolle der Region Trentino-Tiroler Etschland respektive der Region Trentino-Südtirol ausgewertet. Weiters wurden die Jahresabschlussberichte der „Autostrada del Brennero S.p.A.“ und der „Brennerautobahn Aktiengesellschaft (A.G.)“ sowie die Jahresberichte und Protokolle der Handelskammer von Bozen und der Tiroler Handelskammer gesichtet. Im Archiv der Handelskammer Bozen kamen die aufschlussreichen Protokolle des „Komitees zur Förderung des Brennerverkehrs“ zum Vorschein, die ebenfalls für den gesamten Untersuchungszeitraum ausgewertet wurden. Statistisches Datenmaterial

57 Die „Fondazione Museo storico del Trentino“ erschloss das Archiv der Autostrada del Brennero S.p.A. von 2011 bis 2013/2014 in deren Auftrag neu. Fondazione Museo storico del Trentino, Accordo programmatico tra Autostrada del Brennero Spa e Fondazione Museo storico del Trentino, 21.6.2010, http://www.museostorico.tn.it/index.php/Chi-siamo/ Informazioni/Novita-e-avvisi/Accordo-programmatico-tra-Autostrada-del-Brennero-Spae-Fondazione-Museo-storico-del-Trentino vom 27.5.2016.

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für die Berechnung des Verkehrsaufkommens auf Brennerstraße und -autobahn beruht auf gedruckten und ungedruckten Quellen der „Azienda Nazionale Autonoma delle Strade Statali“ (ANAS, Geschäftsstelle Bozen), der Fachbibliothek der Abteilung Landesentwicklung und Zukunftsstrategie-Sachgebiet Landesstatistik in Innsbruck sowie der Autostrada del Brennero S.p.A. Die Überlieferungslage ist aufgrund von Verlusten sowie ungleichmäßigen Ablieferungen der Behörden in die jeweiligen Archive heterogen. Schriftgut zu Verkehrsthemen wurde bis vor wenigen Jahrzehnten als nicht aufbewahrungswürdig erachtet, sodass einige Unterlagen in den Archiven nicht mehr vorhanden sind. Insbesondere für den Beginn der 1950er Jahre liegen hinsichtlich der ersten Überlegungen für einen möglichen Autobahnbau wenig überlieferte Quellen vor. Die Unterlagen ab der zweiten Hälfte der 1970er Jahre erwiesen sich oftmals als noch nicht zugänglich. Zudem wurden Beiträge aus regionalen Tageszeitungen mit hohem Verbreitungsgrad aufgrund ihrer wohl beträchtlichen meinungsbildenden Wirkung herangezogen, wogegen sich dementsprechend die Untersuchung rein lokaler Zeitungen nicht anbot. Die Tiroler Medienlandschaft war bis Ende der 1980er Jahre bestimmt von der dauerhaften Monopolstellung der Tiroler Tageszeitung, die der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) nahestand und die auch gegenüber überregionalen österreichischen Blättern konkurrenzlos war. Die im Verhältnis dazu weit weniger verbreitete Tiroler Nachrichten (1973 eingestellt) fungierte als Parteiorgan der Tiroler ÖVP, während die Tiroler Bauernzeitung als Sprachrohr des Bauernbundes insbesondere auf dem Land eine weite Verbreitung fand. Die Tiroler Ausgabe der Arbeiter-Zeitung hatte nur einen geringen Leserkreis.58 Eine noch stärkere Monopolstellung als die Tiroler Tageszeitung in Tirol hatte in Südtirol das Verlagshaus Athesia mit der SVP-nahen, deutschsprachigen und katholisch-konservativen Tageszeitung Dolomiten inne, was zum beträchtlichen Teil auf den ethnisch aufgeladenen und polarisierenden Konflikt mit den Italienern zurückzuführen war.59 Aufseiten der italienischsprachigen Zeitungen in Südtirol hatte die Tageszeitung Alto Adige, die der Democrazia Cristiana (DC) nahestand und von der

58 Michael Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert. Vom Kronland zur Europaregion, Innsbruck/Wien 22009, S. 376-377. Martin Achrainer/Niko Hofinger, Politik nach „Tiroler Art – ein Dreiklang aus Fleiß, Tüchtigkeit und Zukunftsglaube“. Anmerkungen, Anekdoten und Analysen zum politischen System Tirols 1945-1999, in: Michael Gehler (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“. Zwischen Tradition und Moderne (Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945/Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek 6/3), Wien/Köln/Weimar 1999, S. 27-136, hier S. 59. 59 Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 378. Leo Hillebrand, Getrennte Wege. Die Entwicklung des ethnischen Mediensystems in Südtirol, in: Günther Pallaver (Hg.), Die ethnisch

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„Società Editrice Tipografica Altoatesina“ herausgegeben wurde, mit Abstand die größte Reichweite und dominierte den italienischen Zeitungsmarkt in Südtirol, während der l’Adige weit geringere Verbreitung aufwies. In den 1950er und 1960er Jahren vertrat der Alto Adige eine stark nationalistische Linie und fand erst ab Ende der 1960er Jahre zu einer gemäßigteren Position. Er publizierte ab 1958 täglich (abgesehen von der Montagsausgabe) eine deutschsprachige Rubrik mit der Bezeichnung „Für unsere deutschen Leser“ respektive „Deutsches Blatt“, hatte aber bereits in den Jahren zuvor immer wieder Artikel in deutscher Sprache veröffentlicht.60 Zwischen den Dolomiten und dem Alto Adige herrschte ein starkes Konkurrenzverhältnis, das in Form einer Pressefehde öffentlich ausgetragen wurde. Die beiden Tageszeitungen standen der anderen Sprachgruppe jeweils kritisch gegenüber, forderten ethnische Geschlossenheit und monierten die Haltung der jeweiligen Politiker.61 Im Rahmen der Arbeit war es mir nicht möglich, die genannten Zeitungen für den gesamten Untersuchungszeitraum systematisch zu sichten; vielmehr erwies sich ein exemplarisches Vorgehen als sinnvoll. Dafür wurde der Schlagwort-, Sach- und Ortskatalog der Bibliothek des Landesmuseums Ferdinandeum in Innsbruck, welche die regionalen Zeitungen Tirols und Südtirols systematisch verschlagwortet, ausgewertet. Ergänzt wurde das Korpus durch Presseausschnittssammlungen in Archiven sowie Querverweise und Bezugnahmen in den Quellen auf aussagekräftige Zeitungsartikel entlang repräsentativer Ereignisschichten.

halbierte Wirklichkeit. Medien, Öffentlichkeit und politische Legitimation in ethnisch fragmentierten Gesellschaften. Theoretische Überlegungen und Fallbeispiele aus Südtirol, Innsbruck/Wien/Bozen 2006, S. 41-66, hier S. 42. Karl Mittermaier, Das politische System Südtirols seit 1945, in: Anton Pelinka/Andreas Maislinger (Hg.), Handbuch zur Neueren Geschichte Tirols, Bd. 2: Zeitgeschichte. 1. Teil: Politische Geschichte, Innsbruck 1993, S. 573-624, hier S. 623-624. Helmut K. Ramminger, Dolomiten und Alto Adige. Ein Vergleich von Gestaltung und Inhalt der beiden Tageszeitungen der deutsch- und italienischsprachigen Volksgruppe in Südtirol von 1945-1972 (Studien zur politischen Wirklichkeit 1), Innsbruck 1983, S. 89. 60 Hillebrand, Getrennte Wege, S. 42-45 und 55. Mittermaier, Das politische System, S. 623624. Giorgio Delle Donne, Die Südtirolfrage 1955-1972, in: Pelinka/Maislinger (Hg.), Handbuch (1993), S. 449-466, hier S. 463. Gianni Faustini, Le vicende interne di un giornale di confine: l’„Alto Adige“. In 35 anni, dalla cooperativa sotto l’egida del Cln al gruppo Rizzoli, sette cambi di proprietà, in: Problemi dell’informazione. Trimestrale di media e comunicazione 5 (1980), Heft 4, S. 595-619. 61 Hillebrand, Getrennte Wege, S. 44-45 und 54-56. Mittermaier, Das politische System, S. 623. Ramminger, Dolomiten, S. 90.

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1.5 M ETHODISCHE H ERANGEHENSWEISE Der alltagssprachliche Gebrauch des Terminus „Diskurs“ im Sinne von „Diskussion“ oder „Debatte“ ist in der Wissenschaft unüblich und selbst je nach „scientific community“ differieren die Definitionen des Begriffs sowie die methodische Durchführung einer Diskursanalyse.62 Der Diskursbegriff geht auf den französischen Philosophen und Historiker Michel Foucault (1926-1984) zurück, der davon ausging, dass Sprache nicht Realitäten abbilde, sondern schaffe.63 In der Geschichtswissenschaft gibt es divergierende Positionen darüber, ob es sich bei der Diskursanalyse um eine „theoretische, vielleicht sogar philosophische Haltung“64 oder um ein „Forschungsprogramm respektive eine Forschungsperspektive“65 mit unterschiedlichen methodischen Vorgehensweisen handle. Die historische 62 Johannes Angermuller, Diskursforschung als Theorie und Analyse. Umrisse eines interdisziplinären und internationalen Feldes, in: ders./Martin Nonhoff/Eva Herschinger et al. (Hg.), Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch, Bd. 1: Theorien, Methodologien und Kontroversen (DiskursNetz 1), Bielefeld 2014, S. 16-36, hier S. 17-19. Johannes Angermuller, Diskurs, in: Daniel Wrana/Alexander Ziem/Martin Reisigl et al. (Hg.), DiskursNetz. Wörterbuch der interdisziplinären Diskursforschung, Berlin 2014, S. 75-78. Johannes Angermuller/Dominique Maingueneau/Ruth Wodak, The Discourse Studies Reader. An Introduction, in: dies. (Hg.), The Discourse Studies Reader. Main Currents in Theory and Analysis, Amsterdam/Philadelphia 2014, S. 1-14. Jan Standke/Johannes Angermuller, Diskurs (historisch-kulturwissenschaftlich), in: Wrana/Ziem/Reisigl et al. (Hg.), DiskursNetz (2014), S. 78-79, hier S. 78. Franz X. Eder/Oliver Kühschelm, Bilder – Geschichtswissenschaft – Diskurse, in: dies./Linsboth (Hg.), Bilder in historischen Diskursen (Interdisziplinäre Diskursforschung), Wiesbaden 2014, S. 3-44, hier S. 27. Franz X. Eder, Wohin mit dem Schnabeltier? Fragen, Probleme und Grenzen der historischen Diskursforschung, in: Österreich in Geschichte und Literatur. Mit Geographie 57 (2013), Heft 2, S. 122-131, hier S. 123. Franz X. Eder, Historische Diskurse und ihre Analyse – eine Einleitung, in: ders. (Hg.), Historische Diskursanalysen. Genealogie, Theorie, Anwendungen, Wiesbaden 2006, S. 9-23, hier S. 9 und 11. Willibald Steinmetz, Diskurs, in: Stefan Jordan (Hg.), Lexikon Geschichtswissenschaft. Hundert Grundbegriffe, Stuttgart 2002, S. 56-60, hier S. 59. Jordan, Theorien, S. 188. Reiner Keller, Wissen oder Sprache? Für eine wissensanalytische Profilierung der Diskursforschung, in: Eder (Hg.), Historische Diskursanalysen (2006), S. 51-69. Peter Kohlhaas, Diskurs und Modell. Historische und systematische Aspekte des Diskursbegriffs und ihr Verhältnis zu einer anwendungsorientierten Diskurstheorie, in: Heinz-Ulrich Nennen (Hg.), Diskurs. Begriff und Realisierung, Würzburg 2000, S. 29-56, hier S. 55. 63 Jordan, Theorien, S. 188-189. Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel, S. 285. 64 Philipp Sarasin, Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, Frankfurt a.M. 2003, S. 8. 65 Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 128. Siehe auch: Keller, Wissen, S. 55.

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Diskursanalyse66 setzt am Konstruktionscharakter soziokultureller Wirklichkeiten an und sucht hiermit zu ermitteln, wie im historischen Prozess Formen von Wissen, Wahrheit und Wirklichkeit generiert werden.67 Diskurse werden dabei als „geregelte und untrennbar mit Machtformen verknüpfte Ordnungsmuster verstanden, in denen diese Konstruktionsarbeit organisiert“68 wird. Der deutsche Historiker Achim Landwehr entwickelte für die historische Diskursanalyse eine Methodik, die auf den Arbeitsschritten Themenfindung, Korpusbildung, Kontextanalyse, Analyse der Aussagen, von Texten und abschließend jener des Diskurses selbst basiert.69 Nach Landwehr betrachtet die historische Diskursanalyse die „Geschichte des Sagbaren“ – aber auch des Denk- oder Machbaren, da Diskurse nicht nur auf sprachliche Formen reduziert werden können70 – in einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit und fragt angesichts der unendlichen Menge möglicher Aussagen nach den konkret erscheinenden Aussagen,71 die den Diskurs konstituieren. Ausschließungsmechanismen wie Verbote legen die Diskursgrenzen fest, die durch (mögliche) Grenzüberschreitungen jedoch erst konstituiert werden.72 Demzufolge müssen sowohl Diskursgrenzen mit ihrer charakteristischen (In-)Stabilität als auch das diskursive Außen (das Unsagbare und Undenkbare) untersucht werden.73 Aufgrund der Wirkmächtigkeit von Diskursen weisen die diskursiven Grenzen eine beträchtliche Persistenz auf, 66 Marian Füssel/Tim Neu, Diskursforschung in der Geschichtswissenschaft, in: Angermuller/Nonhoff/ Herschinger et al. (Hg.), Diskursforschung (2014), S. 145-161. 67 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 98. Ders., Diskursanalyse, historische, in: Wrana/Ziem/Reisigl et al. (Hg.), DiskursNetz (2014), S. 93. Ders., Diskurs und Diskursgeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010, https://docupedia.de/ zg/Diskurs_und_Diskursgeschichte?oldid=75508 vom 27.5.2016. Ders., Diskurs und Wandel. Wege der Historischen Diskursforschung, in: ders. (Hg.), Diskursiver Wandel (2010), S. 11-28, hier S. 14. 68 Ders., Diskursanalyse, historische, S. 93. Ders., Diskurs und Wandel, S. 14. Ders., Historische Diskursanalyse, S. 98. Ders., Diskurs und Diskursgeschichte (Internetquellen). 69 Ders., Historische Diskursanalyse, S. 100-131. 70 Ders., Diskursanalyse, historische, S. 93. 71 Füssel/Neu, Diskursforschung, S. 150. 72 Landwehr, Diskurs und Diskursgeschichte (Internetquellen). Ders., Historische Diskursanalyse, S. 98-99. Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel, S. 285. 73 Peter Ullrich, Diskursanalyse, Diskursforschung, Diskurstheorie. Ein- und Überblick, in: Ulrike Freikamp/Matthias Leanza/Janne Mende et al. (Hg.), Kritik mit Methode? Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik (Rosa-Luxemburg-Stiftung 42), Berlin 2008, S. 19-32, hier S. 22. Philipp Sarasin, Diskurstheorie und Geschichtswissenschaft, in: Reiner Keller/Andreas Hirseland/Werner Schneider et al. (Hg.), Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse, Bd. 1: Theorien und Methoden (Interdisziplinäre Diskursforschung), Opladen 32011, S. 61-89, hier S. 84-85.

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durch Grenzüberschreitungen werden jedoch zugleich Gewissheiten in Frage gestellt.74 Die Konzeptualisierung von Diskursgrenzen als Linien, Schwellen oder Übergangsräume hängt von der gewählten Perspektive ab. Grenzüberschreitungen und -verschiebungen sollen im Folgenden als fließende Konstrukte gedacht werden, die permanenten Aushandlungsprozessen unterliegen.75 Prinzipiell können alle Elemente soziokultureller Wirklichkeit – textliche, audiovisuelle, materielle und praktische Hervorbringungen – diskursanalytisch beleuchtet werden, in der Regel werden jedoch bei historischen Diskursanalysen angesichts der Überlieferungslage (text-)sprachliche Quellen untersucht.76 Aus arbeitsökonomischen Gründen können im Folgenden keine Bilder77 oder Filme einbezogen werden, obgleich auch sie an der Konstruktion gesellschaftlicher Realität beteiligt sind. Ein Untersuchungsgegenstand zukünftiger Forschungen zum Thema der Brennerautobahn könnte die bildliche Inszenierung der Europabrücke78 sein, die in den 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre in einer durchwegs standardisierten Form als ein Symbol der Freiheit des mobilen Menschen dargestellt wurde. Weiters könnte auch der Wandel dieses Bauwerks in den 1980er Jahren hin zu einem Symbol des immer stärker ansteigenden Transitverkehrs analysiert werden. Die historische Diskursanalyse erachtet Zeitzeugeninterviews („oral history“) als problematische Quelle, da aus Teilerinnerungen durch Lückenfüllung unbewusst Scheinerinnerungen entstehen

74 Timo Bonengel, Tagungsbericht zur Tagung „Grenzüberschreitungen und Historische Diskursanalyse“ vom 23.5.2013 bis 24.5.2013 in Erfurt, in: H-Soz-Kult, 24.8.2013, http:// hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4978 vom 27.5.2016. 75 Ebd. 76 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 98 und 102. Ders., Diskurs und Wandel, S. 1415. Ders., Diskurs und Diskursgeschichte (Internetquellen). Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 131. 77 Siehe dazu: Eder/Kühschelm/Linsboth (Hg.), Bilder. Franz X. Eder/Oliver Kühschelm, Kulturwissenschaftliche Bildtheorien. Ihre Potentiale und Grenzen für die historische Diskursanalyse, in: Zeitschrift für Diskursforschung 2 (2014), Heft 3, S. 229-249. Sabine Maasen/Torsten Mayerhauser/Cornelia Renggli, Bild-Diskurs-Analyse, in: dies. (Hg.), Bilder als Diskurse – Bilddiskurse, Weilerswist 2006, S. 7-26, siehe besonders S. 7-8 und 19. Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 131. 78 Zum Beispiel einer Bildanalyse der Europabrücke siehe: Thomas Kirchhofer, Urlaub – Kultureller und sozialer Wandel 1945 bis 1989. Reiseführer durch Österreich und Italien, in: Österreich in Geschichte und Literatur. Mit Geographie 57 (2013), Heft 2, S. 170-191, hier S. 188. Siehe auch: ders., Zum kulturellen und sozialen Wandel des Urlaubs in Österreich 1945 bis 1985 – dargestellt an Österreich- und Italien-Reiseführern, unveröffentlichte Diplomarbeit, Wien 2008, S. 147-150.

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können, weshalb der deutsche Neurobiologe Wolf Singer Erinnerungen als „datengestützte Erfindungen“79 bezeichnet. Demgemäß verzichtete ich bei der Erarbeitung auf die Durchführung von Interviews mit Zeitzeuginnen oder -zeugen, obwohl ihnen für andere Fragestellungen zumal in gedächtniskultureller Perspektive erhebliche Bedeutung zukommt. Diskursanalytische Arbeiten sehen sich oftmals dem Vorwurf der Entmächtigung der Akteurinnen und Akteure als eigenständige Agierende ausgesetzt, da vermeintlich nur noch der Diskurs handle. Die Diskursanalyse vertritt jedoch nicht die Position einer Aufhebung der Akteurinnen und Akteuren als handelnde Personen und zentrale Impulsgebende, sondern verweist lediglich auf deren Historisierung. Akteure werden in der vorliegenden Arbeit als individuell oder kollektiv Agierende verstanden, die bestimmte Ressourcen wie Macht mobilisieren, um gewisse Ziele zu erreichen, dabei jedoch weder vollkommen frei in ihrem Handeln noch sich ihrer sozialen Kräfte und Zwänge notwendig bewusst sind, die auf ihr Handeln wirken.80 Historische Akteure sind Produzenten, Distribuenten und Rezipienten von Diskursen81 und agieren demnach normalerweise innerhalb der Diskursgrenzen, auch wenn sie einen Diskurswandel anstoßen können.82 In neueren diskursgeschichtlichen Arbeiten kommt es in methodischer Hinsicht durchwegs zu einer Erweiterung des Handlungsspielraums der historischen Akteure und Akteurinnen, die „mehr sind als passive Träger von Aussagen, aber weniger als sich selbst völlig durchsichtige, rational und intentional Handelnde“83 sind, da sie letztlich von diskursiven Grenzen abhängen.84 Akteurinnen und Akteure können einen langsamen, aber auch einen deutlichen Diskurswandel anstoßen – wenn auch nicht durchsetzen –, bei dem die Grenzen des Sagbaren verschoben oder Aussagen 79 Wolf Singer, Wahrnehmen, Erinnern, Vergessen. Über Nutzen und Vorteil der Hirnforschung für die Geschichtswissenschaft. Eröffnungsvortrag des 43. Deutschen Historikertages am 26.09.2000 in Aachen, 26.9.2000, http://www.brain.mpg.de/fileadmin/user_ upload/images/Research/Emeriti/Singer/Historikertag.pdf vom 27.5.2016. 80 Johannes Angermuller, AkteurIn, in: Wrana/Ziem/Reisigl et al. (Hg.), DiskursNetz (2014), S. 25-26, hier S. 25. 81 Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 126. Siehe auch: Franz X. Eder, Editorial, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 16 (2005), Heft 4, S. 5-10, hier S. 6. 82 Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel, S. 285-287. Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 129. Jordan, Theorien, S. 210. 83 Marian Füssel/Tim Neu, Doing Discourse. Diskursiver Wandel aus praxeologischer Perspektive, in: Landwehr (Hg.), Diskursiver Wandel (2010), S. 213-235, hier S. 220. 84 Claudia Bruns, Wissen – Macht – Subjekt(e). Dimensionen historischer Diskursanalyse am Beispiel des Männerbunddiskurses im Wilhelminischen Kaiserreich, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 16 (2005), Heft 4, S. 106-122, hier S. 106-107. Siehe auch: Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel, S. 286.

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von einem Diskurs in einen anderen „transferiert“ werden. Die Frage nach der sozialen Vernetzung von in einem Diskurs-Agierenden ist dabei grundlegend.85 Die Suche nach den Motiven der einzelnen an einem Diskurs Beteiligten birgt die Gefahr in sich, ihnen nachträglich bestimmte Beweggründe zu unterstellen.86 Im Zuge des Wandels des Brennerautobahndiskurses war ab einem gewissen Zeitpunkt eine bestimmte Wahrnehmung der Autobahn nicht mehr unumstritten und dementsprechend nicht mehr „natürlich“; der Diskurs veränderte seine Struktur nachhaltig und wurde zu einem neuen Gegenstand. Diesen Wandel im Einzelnen nachzuweisen, ist methodisch problematisch, da er vielfach nicht explizit thematisiert wurde und lediglich punktuell belegt werden kann.87 Wandel kann langsam und unmerklich durch graduelle Verschiebungen im Diskurs mit vielschichtigen Vor- und Rückprojektionen sichtbar werden,88 er kann jedoch auch durch plötzliche und radikalere Veränderungen des Diskurses vonstattengehen, die mit dem Terminus „Bruch“ bezeichnet werden.89 Brüche können durch historische diskursive „Ereignisse“ wie ein Naturereignis signalisiert werden.90 In der vorliegenden Arbeit gehe ich über die Konstatierung hinaus, dass es zu einem Wandel kam, sondern suche zu beantworten, unter welchen Umständen eine neue soziokulturelle Wirklichkeit durch eine veränderte Wahrnehmung der Brennerautobahn konstituiert wurde. Die vorliegende Arbeit orientiert sich an der von Landwehr entwickelten Methode, vollzieht deren Analyseschritte jedoch aufgrund der untersuchten großen Datenmenge nicht detailgenau nach, da sie sich für dieses Forschungsvorhaben zu stark an linguistische Untersuchungsschritte anlehnt.91 Eine derartige Vorgehensweise ist in der Diskursanalyse per se zulässig, da sie ihrem Verständnis nach nicht etwas strikt Vorgegebenes und ohne Adaptierungen auf die jeweiligen Forschungen Anwendbares ist, sondern sich an den diversen Herangehensweisen sowie an Materialkorpus und Leitfragestellungen ausrichtet. Von der Gesamtheit der Äußerungen zum Brennerautobahndiskurs – dem „imaginären Korpus“ – ist lediglich ein Restbestand an Texten erhalten respektive recherchierbar und zugänglich („virtuelles Korpus“). Aus diesem wählte ich ein „konkretes

85 Ebd., S. 287 und 298. 86 Bruns, Wissen, S. 111-112. 87 Siehe dazu: Schlimm, Ordnungen, S. 272. 88 Landwehr, Diskurs und Wandel, S. 17-19. Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 129. Lotz-Heumann, Wie kommt der Wandel, S. 293. 89 Landwehr, Diskurs und Wandel, S. 18-19. 90 Ebd., S. 17-19. Eder, Wohin mit dem Schnabeltier?, S. 129. 91 Keller, Wissen, S. 54. Peter Haslinger, Diskurs, Sprache, Zeit, Identität. Plädoyer für eine erweiterte Diskursgeschichte, in: Eder (Hg.), Historische Diskursanalysen (2006), S. 2750, hier S. 30.

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Korpus“ (Materialkorpus) aus, das sich als möglichst repräsentativ für meine Leitfragestellung erweisen sollte und dessen Texte sich in Form einer hohen Häufigkeit gleichförmiger Aussagen seriell über den Untersuchungszeitraum erstrecken.92 Diese diachrone Reihung und synchrone Häufigkeit miteinander verbundener Aussagen soll die vorliegende Arbeit untersuchen und dabei eine empirisch gesättigte Erkenntnis liefern. Zu diskursiven Verdichtungen, die an besonders aussagekräftigen Texten manifestiert werden sollen, kam es bei zentralen Ereignisschichten wie beispielsweise im Zuge der Eröffnung von Streckenabschnitten. Der Quellenfundus war viel breiter, als er in Form von Zitaten tatsächlich angeführt werden konnte. Pragmatische Eingrenzungen waren erforderlich, da eine vollständige und abschließende Erarbeitung des Forschungsfeldes aus forschungsökonomischen Gründen nicht leistbar gewesen wäre. Die untersuchten Texte bleiben Einzelfälle, deren historische und diskursive Singularität mitbedacht werden muss, doch lässt sich dadurch trotz notwendiger Vereinheitlichungen der hegemoniale Diskurs in seiner Grundstruktur rekonstruieren und es kann auf Kontinuitäten, interdiskursive Verbindungen, Tendenzen, Schwerpunkte und Verschiebungen respektive Brüche hingewiesen werden.93 Bei einer diskursanalytischen Herangehensweise muss die Problematik der Eingrenzung des auszuwertenden Materials, die heterogene Datengrundlage – in der Diskursforschung werden archivalische Überlieferungen immer noch seltener analysiert als gedruckte Quellen94 – und der Schluss von Einzeldokumenten auf den Diskurs thematisiert werden. Problematisiert werden muss auch die Tatsache, dass Archive selbst Materialsammlungen sind, die ebenfalls in einem diskursiven Feld gestaltet wurden.

1.6 AUFBAU

DER

ARBEIT

Der Brennerautobahndiskurs kann weder als eine chronologische Sequenz von Texten noch mittels einer rein thematischen Gliederung untersucht werden, da dadurch weder den Kontinuitäten und Verdichtungen noch der diskursiven Dynamik Rechnung getragen werden würde. Vielmehr erscheint eine Mischung von thematischem und chronologischem Aufbau zielführend, um die Sagbarkeitsregime und deren Wirkmächtigkeit an unterschiedlichen Aspekten manifestieren zu können.95 Im zweiten Kapitel erfolgt eine Kontextanalyse der allgemeinen wirtschaftspolitischen Situation in Tirol und Südtirol für den Untersuchungszeitraum, an die das dritte Kapitel mit einer Auswertung der Verkehrsstatistiken bezüglich der Brennerstraße und -autobahn für die beiden untersuchten Regionen anschließt. Ausgehend 92 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 101-103. Siehe auch: Haslinger, Diskurs, S. 30. 93 Siehe dazu: Schlimm, Ordnungen, S. 42. 94 Füssel/Neu, Diskursforschung, S. 154. 95 Siehe dazu: Schlimm, Ordnungen, S. 38-39.

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davon wird im vierten Kapitel die Etablierung des Brennerautobahndiskurses untersucht, die sich von der ersten Hälfte der 1950er Jahre bis ungefähr zum Jahr 1959 erstreckte, dem Baubeginn der A13 mit dem Spatenstich an der Europabrücke. Die Planungsgeschichte für die österreichische und italienische Brennerautobahn wird dabei nicht in extenso behandelt, es werden jedoch die grundlegenden Aspekte der Planungs- und Projektierungsarbeiten angeführt. Des Weiteren wird auf die Problematik der Trassenführung über oder unter den Brenner – sprich die Frage einer etwaigen Untertunnelung des Passes – eingegangen. In der Phase der Etablierung des Diskurses bildete sich langsam eine bestimmte Wahrnehmung der Brennerautobahn heraus, die jedoch noch nicht unumstritten war. Hierauf aufbauend werde ich im fünften Kapitel, dem Hauptteil der vorliegenden Arbeit, beschreiben, wie sich die Brennerautobahn als stabile Formation manifestierte, im Zuge derer Aussagen affirmativ wiederholt wurden und dezidierte Abgrenzungen zu einer Positionierung außerhalb der Diskursgrenzen führten. Am Beginn dieses Kapitels steht ein Überblick über die Planungs- und Bauarbeiten sowohl auf österreichischer als auch auf italienischer Seite. Daran anschließend werden fünf vorwiegend thematisch einheitliche Themenstränge untersucht, die den Diskurs durchdrangen: die Wahrnehmung der Brennerautobahn als „europäische“, verbindende und nationale Grenzen überwindende Verkehrsinfrastruktur; der Themenstrang der sogenannten „Gefahr der Umfahrung“ mit der Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die als „böse“ wahrgenommene Schweiz; der landespolitische Themenstrang rund um die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol durch die Autobahn; der Themenstrang diverser Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen und der damit zusammenhängende Wunsch nach bestmöglichem Anschluss für die heimische Wirtschaft und den Tourismus (Modernitätsfaktor) sowie der Themenstrang „Traumstraße der Alpen“ rund um die ästhetische Schönheit der Autobahn und die technischen Innovationen. Diese Aussagefelder wiesen durch den Diskurs reglementierte Regelmäßigkeiten, semantische Verknüpfungen sowie eine Vielzahl von interdiskursiven Überschneidungen auf, die sich durch die Begrenztheit der Anzahl der Aussagen im Diskurs ergaben. Schließlich erläutert das sechste Kapitel anhand wichtiger Transformationen, wie sich der stabile Brennerautobahndiskurs hin zu einer veränderten Wahrnehmung wandelte, im Zuge dessen die euphorische Sichtweise auf die Autobahn in eine ablehnende Haltung aufgrund verstärkt ökologischer Argumentationen umschlug und die Verkehrsinfrastruktur als Ursache für die „Transithölle Tirol“ galt. Das resümierende Fazit (Kapitel 7) legt die Divergenzen und Gemeinsamkeiten zwischen den diversen Diskursphasen sowie die regionalen Spezifika zusammenfassend dar.

2. Kontextanalyse Allgemeine wirtschaftspolitische Situation in Tirol und Südtirol zwischen 1950 und 1980

Die folgende summarische historische Kontextualisierung bietet einen Überblick über die allgemeine wirtschaftspolitische Situation in Tirol und Südtirol im Zeitraum zwischen 1950 und 1980. In dieser Periode kam es im Bundesland Tirol und in Südtirol zu einem grundlegenden Wandel von einer insgesamt noch agrarisch geprägten Gesellschaft hin zu einer touristisch ausgerichteten und stärker industrialisierten Dienstleistungsgesellschaft1 und im weiteren Verlauf in Richtung einer säkularisierten Konsumgesellschaft.2 Während die ersten Nachkriegsjahre noch vom Wiederaufbau geprägt waren, kam es ab den 1950er Jahren zu einem starken ökonomischen Aufschwung, der mit einem demografischen und sozialen Wandel verbunden war. Der Tourismussektor entwickelte sich zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig, wobei für diesen Aufschwung auch der Wandel vom primären Sommertourismus zum Zweisaisonentourismus mitverantwortlich war.3 Trotz des radikalen gesellschaftlichen und sozioökonomischen Umbruchs kennzeichnete das Bundesland Tirol in politischer Hinsicht eine überaus große Stabilität. Die ÖVP hatte eine Hegemonialstellung mit einer Zweidrittelmehrheit im Tiroler Landtag inne, was mit einem Mangel an Opposition einherging. Die Oppositionsparteien legten eine hohe Konsensbereitschaft an den Tag; die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) wurde in die Tiroler Landesregierung miteingebunden und traditionell mit dem Ressort der Verkehrspolitik betraut, auch wenn die Bevölkerung diesen

1

Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 390-394. Josef Nussbaumer, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Tirols 1945-1985. Ausgewählte Aspekte (Tiroler Wirtschaftsstudien 42), Innsbruck 1992, S. 101.

2

Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 337.

3

Nussbaumer, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 135.

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Bereich im Allgemeinen mit der ÖVP assoziierte.4 Trotz der sinkenden Bedeutung des landwirtschaftlichen Sektors stellte der Tiroler Bauernbund im Untersuchungszeitraum die meisten ÖVP-Abgeordneten.5 Die Tiroler ÖVP war in der Lage, eine Identität zwischen dem Land Tirol, ihrer Partei und ihren führenden Repräsentanten zu schaffen.6 Dabei galten die Landeshauptmänner als Symbolfiguren mit einer exponierten Stellung, die im Untersuchungszeitraum gewissermaßen nicht abwählbar waren. So waren für die Ablösung der Landeshauptmänner Alois Grauß (1951-1957) und Hans Tschiggfrey (1957-1963) nichtpolitische Gründe entscheidend. Parteisiege bei Wahlen galten als persönliche Erfolge des Landeshauptmannes mit einer daraus resultierenden weiteren Festigung seiner zentralen Stellung.7 Insbesondere der Langzeitlandeshauptmann Eduard Wallnöfer (1963-1987) mit dem Nimbus eines Landesvaters vereinte als eine lagerübergreifende Integrationsfigur in seiner Position eine große Machtfülle.8 Wichtige Entscheidungen fielen elitär, sodass der Parteivorstand durchwegs nicht mehr die Rolle eines Entscheidungsgremiums spielte, Landtagssitzungen weitgehend ohne größere politische Auseinandersetzungen stattfanden und Abstimmungen oftmals einstimmig ausfielen.9 Wallnöfer war in der Lage, Konservativismus respektive Tradition mit Modernität zu verknüpfen,10 wobei er der verkehrsmäßigen und infrastrukturellen Erschließung entlegener Gebiete große Bedeutung beimaß.11 Dabei war der Ausbau der Infrastruktur in der zweiten Hälfte der 1950er und in den 1960er Jahren unumstrittenes politisches Programm aller Parteien und Regierungsmitglieder.12 Langlebige Hauptmotive in den Wahlbroschüren und -plakaten aller Tiroler Parteien waren die schöne Landschaft, Trachten, Kraftwerke und Autobahnen.13 Bei der ersten Landtagswahl nach der Ära Wallnöfer am 12. März 1989 erlebte die Tiroler ÖVP unter dem Spitzenkandidaten Alois Partl die schwerste Niederlage seit 1945 mit einem Einbruch um 16 Prozent und einem Verlust von sechs Mandaten.

4

Rainer Nick/Christian Engl, Das politische System des Bundeslandes Tirol 1945-1986, in: Pelinka/Maislinger (Hg.), Handbuch (1993), S. 509-571, hier S. 510-515. Achrainer/Hofinger, Politik, S. 59-60. Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 364.

5

Nick/Engl, Das politische System, S. 515 und 525.

6

Ebd., S. 568.

7

Ebd., S. 514-515.

8

Ebd., S. 515.

9

Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 322.

10 Ders., Einleitung, in: ders. (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“ (1999), S. 7-23, hier S. 21. Ders., Tirol im 20. Jahrhundert, S. 319-322. 11 Ebd., S. 321 und 333-334. 12 Achrainer/Hofinger, Politik, S. 81-82. 13 Ebd., S. 103. Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 364.

K ONTEXTANALYSE

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Zum ersten Mal spielte die Thematik des Transitverkehrs eine entscheidende Rolle für das Ergebnis einer Landtagswahl.14 Die Südtirolfrage war in der Tiroler Politik stark verankert, wobei auf maximale Durchlässigkeit der Brennergrenze gezielt wurde. Vonseiten Tirols gingen verschiedene Initiativen zur Bewahrung der Einheit und der Überwindung der Teilung des Landes aus.15 Südtirol durchlief aufgrund der gravierenden politischen Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine divergierende Entwicklung im Vergleich zur Situation in Tirol, es lassen sich jedoch auch gewisse Ähnlichkeiten mit dem nördlichen Landesteil feststellen. So gab es in medialer Hinsicht in beiden Regionen eine Monopolstellung einer Zeitung – in Tirol die Tiroler Tageszeitung und in Südtirol die deutschsprachige Dolomiten. Die wichtigste Zeitung für die italienischsprachige Bevölkerung Südtirols war der Alto Adige. In politischer Hinsicht waren sowohl die Dominanz der Volksparteien (die ÖVP in Tirol und die SVP in Südtirol) als auch die lange währenden Amtszeiten der Landeshauptmänner – in Südtirol namentlich Dr. Silvius Magnago (1960-1989) – signifikant.16 Die SVP verstand sich als Sammelpartei und war für viele Jahre die einzige etablierte deutschsprachige Partei – mit dem Anspruch der alleinigen politischen Vertretung der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung.17 Der demografische, ökonomische und soziokulturelle Wandel verlief im südlichen Landesteil zeitverzögert zu jenem im Bundesland Tirol. In den 1950er und 1960er Jahren war die Mehrheit der deutschsprachigen und ladinischen Bevölkerung Südtirols noch in der Landwirtschaft, aber auch im Dienstleistungssektor tätig. Der verstärkte maschinelle Einsatz führte zum Verlust von Arbeitsplätzen, sodass sich gerade junge Menschen gezwungen sahen, im Ausland Arbeit zu finden.18 Dies änderte sich erst durch die Ansiedlung von Betrieben in der Peripherie und die Entstehung von Handwerkerzonen in den 1970er Jahren. Der verstärkt ab den 1960er Jahren einsetzende ökonomische und insbesondere touristische Aufschwung führte zu einem wachsenden Wohlstand, verbunden mit der zunehmenden Bedeutung des tertiären Sektors.19 Die politischen und wirtschaftlichen Akteure erachteten dabei den

14 Ebd., S. 358-360. Achrainer/Hofinger, Politik, S. 96. 15 Michael Gehler, Selbstbestimmung – kulturelle Landeseinheit – Europaregion? Die Tiroler Südtirolpolitik 1945-1998, in: ders. (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“, S. 569-728, hier S. 667 und 696-697. 16 Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 489. 17 Mittermaier, Das politische System, S. 597. 18 Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 486. 19 Andrea Leonardi, Von der Vorherrschaft des primären zum Vormarsch des tertiären Sektors, in: ders. (Hg.), Die Region Trentino-Südtirol (2009), S. 7-56. Gehler, Tirol im 20. Jahrhundert, S. 351.

40 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Bau von Infrastrukturen, die den Erfordernissen des Tourismus entsprachen, für grundlegend.20 Die politische Situation in Südtirol unterschied sich von jener im Bundesland Tirol naturgemäß seit der Teilung des Landes. Auch nach dem Ersten Autonomiestatut aus dem Jahr 1948 litt Südtirol in den 1950er Jahren weiterhin unter dem Druck des zentralistischen italienischen Staates. Der Beginn der 1960er Jahre war geprägt von den Bombenanschlägen des sogenannten BAS (Befreiungsausschuss Südtirol) und einem sich verschlechternden politischen Klima. Das nach langwierigen politischen Verhandlungen durchgesetzte und am 20. Januar 1972 in Kraft getretene Zweite Autonomiestatut bildete schließlich die Grundlage für eine wirkliche Autonomie des Landes. Aufgrund des im Jahr 1976 eingeführten sogenannten „Proporzdekrets“ wurden Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst prozentuell entsprechend dem zahlenmäßigen Anteil der Sprachgruppen zugewiesen. Bestimmungen dieser Art ließen bei italienischsprachigen Südtirolerinnen und Südtirolern ein Gefühl der Benachteiligung entstehen, den sogenannten „disagio“21.

20 Leonardi, Von der Vorherrschaft, S. 53. 21 Zur politischen Situation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Südtirol siehe exemplarisch: Giuseppe Ferrandi/Günther Pallaver (Hg.), Die Region Trentino-Südtirol im 20. Jahrhundert, Bd. 1: Politik und Institutionen (Pubblicazioni del Museo Storico in Trento; Grenzen/Confini 5), Trient 2007. Hans Heiss, Fortschritt und Grenzen des Regionalismus. Südtirol nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Michael G. Müller/Rolf Petri (Hg.), Die Nationalisierung von Grenzen. Zur Konstruktion nationaler Identität in sprachlich gemischten Grenzregionen (Tagungen zur Ostmitteleuropa-Forschung 16), Marburg 2002, S. 199-229. Rolf Steininger, Südtirol im 20. Jahrhundert. Vom Leben und Überleben einer Minderheit, Innsbruck/Wien/München u.a. ³2004. Gottfried Solderer (Hg.), Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Bd. 3: 1940-1959. Totaler Krieg und schwerer Neubeginn, Bozen 2001. Ders. (Hg.), Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Bd. 4: 1960-1979. Autonomie und Aufbruch, Bozen 2002.

3. Auswertung der Verkehrsstatistiken SS12, B182, A22 und A13 im Zeitraum von 1955 bis 1980

Die Verkehrszunahme auf der Brennerstraße und der Brennerautobahn im Untersuchungszeitraum in Tirol und in Südtirol wurde bislang auf länderübergreifender Ebene noch nicht ausgewertet. Diese Lücke sucht dieses Kapitel durch den Vergleich der zur Verfügung stehenden Verkehrsdaten (siehe Anhang „Tabellen zu den Verkehrsstatistiken“) zu schließen. In Italien zeichnete die ANAS (Azienda Nazionale Autonoma delle Strade Statali) als dafür zuständige Straßenbau- und Straßenverwaltungsbehörde für die jeweiligen Verkehrszählungen verantwortlich, in Österreich die Oberste Bundesstraßenverwaltung sowie das Österreichische Statistische Zentralamt. Die Verkehrsdaten, welche die Grundlage meiner Analyse bilden, beziehe ich aus den Publikationen der ANAS1 sowie des Österreichischen Statistischen Zentralamtes in Zusammenarbeit mit der Obersten Bundesstraßenverwaltung.2 Um vergleichbare 1

Azienda Nazionale Autonoma delle Strade Statali (A.N.A.S.) (Hg.), Statistica della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1955, Rom [1956]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1960, [Rom] [1961]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1965, [Rom] [1966]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1970, [Rom] [1971]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1975, [Rom] [1981]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1980, Bd. 1, [Rom] [1988].

2

Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau – Oberste Bundesstraßenverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Statistischen Zentralamt (Hg.), Straßenverkehrszählung 1955 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. Durchführung und Auswertung. Zusammengestellt von Dipl.-Ing. Otto Bruckner und Dr. Josef Schmidl, Wien 1957. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums

42 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Daten für Tirol und Südtirol zu erhalten, müssen einige Aspekte berücksichtigt werden: 1) Untersuchungszeitraum In Österreich wurden nach 1945 wiederholt bundesweite Verkehrszählungen gefordert, doch infolge der mit der Besatzung verbundenen organisatorischen Schwierigkeiten war dies zunächst nicht durchführbar. Nach der Schaffung der notwendigen Voraussetzungen ordnete das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau als oberste Bundesstraßenverwaltung eine Verkehrszählung für die österreichischen Bundesstraßen für das Jahr 1955 an. Dies bot sich an, da in diesem Jahr in den der Economic Comission for Europe (ECE) angehörenden Staaten ebenfalls eine Verkehrszählung vorgesehen war.3 Die Verkehrserhebung des Jahres 1955 wurde in 16 europäischen Staaten – darunter auch Italien – durchgeführt, wobei die gesammelten Daten in allen Ländern nach denselben Normen ausgewertet wurden, um eine größtmögliche Vergleichbarkeit zu gewährleisten.4 In Italien hatte die ANAS bereits im Jahr 1950 eine Verkehrszählung durchgeführt.

für Handel und Wiederaufbau – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1960 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 79), Wien 1962. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Straßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1965 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. 1. Teil (Beiträge zur österreichischen Statistik 145), Wien 1967. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1965 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. 2. Teil (Beiträge zur österreichischen Statistik 167), Wien 1968. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1970 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 281), Wien 1972. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1975 auf Bundesstraßen im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 543), Wien 1979. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1980 auf Bundesstraßen im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 750), Wien 1985. 3

Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Straßenverkehrszählung 1955, S. 8 (Verkehrsstatistiken).

4

A.N.A.S. (Hg.), Statistica della circolazione 1955, S. III (Verkehrsstatistiken).

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

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Zur Ermöglichung einer überregionalen Vergleichbarkeit zwischen Tirol und Südtirol wird als Beginn des Untersuchungszeitraumes das Jahr 1955 und als dessen Ende das Jahr 1980 gewählt. Systematisch wurden die Verkehrszählungen in den beiden Regionen im regelmäßigen Zeitabstand von fünf Jahren durchgeführt. Erhebungen aus anderen Jahren werden für die Analyse nicht herangezogen, da sie nur jeweils eine Region betreffen und demnach keine Grundlage für eine vergleichende Auswertung liefern. Somit ergibt sich, dass die Verkehrszählungen des Zeitraums von 1955 bis 1980, die alle fünf Jahre stattfanden, die Datengrundlage bilden. Für den gesamten Untersuchungszeitraum werden die Daten der österreichischen Brennerbundesstraße (B182) sowie der italienischen Brennerstaatsstraße (SS12) erhoben. Für die österreichische Brennerautobahn A13 können die Jahre 1965 bis 1980 – wieder jeweils im Fünfjahresrhythmus – herangezogen werden. Für die Jahre 1955 und 1960 gibt es naturgemäß keine Daten, da die A13 zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand. Für die A22, die italienische Brennerautobahn, liegen erste Daten ab dem Jahr 1970 vor, sodass für diese Straße die Jahre 1970, 1975 und 1980 die Grundlage für die Erhebung des Verkehrsaufkommens bilden. Es wurden sowohl auf der A13 als auch auf der A22 Verkehrsdaten für bereits eröffnete Teilstrecken erhoben, auch wenn die Autobahn als Ganzes noch nicht eröffnet war. 2) Fahrzeugkategorien Um eine größtmögliche Vergleichbarkeit zwischen der Anzahl der Fahrzeuge auf der SS12, der B182 und der Brennerautobahn zu gewährleisten, müssen jene Fahrzeugkategorien ausgeklammert werden, die auf der Autobahn verboten sind, wie Fahrräder, landwirtschaftliche Fahrzeuge und Kleinkrafträder. Kurioserweise wurden auf Südtiroler Seite im Jahr 1955 auf der Brennerstaatsstraße auch Viehherden gezählt, die die Zählstelle passierten,5 auf österreichischer Seite wurde diese Zählweise hingegen nicht angewandt. Ich unterscheide in meiner Auswertung zwischen den Kategorien Personenverkehr (abgekürzt mit „P“) und Güterverkehr (abgekürzt mit „G“), die zusammen den Gesamtverkehr (abgekürzt mit „V“) ergeben. Der Personenverkehr setzt sich aus den Fahrzeugkategorien PKW, Autobusse und Motorräder zusammen. Der Güterverkehr besteht aus dem LKW-Aufkommen, worunter die diversen Arten von LKW inklusive Kleinlastwagen sowie Sonderfahrzeuge inkludiert sind. Die Datengrundlage meiner Analyse bilden die sogenannten Tagesdurchschnitte; dabei handelt es sich um die mittlere Anzahl der Fahrzeuge unterschieden nach Fahrzeugarten, die innerhalb eines statistisch ermittelten Durchschnittstages unabhängig von der Fahrtrichtung eine Zählstelle passierten.

5

Ebd., S. 125.

44 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

3) Zählstellen Da die federführenden Behörden sowohl auf Tiroler als auch Südtiroler Seite nicht in jedem untersuchten Jahr dieselben Zählstellen auswählten, ergibt sich dadurch eine unterschiedliche Erhebungsmethode. Um valide empirische Grundlagen zu erhalten, war in der vorliegenden Arbeit die Auswahl der Zählstellen, an denen die Verkehrszählungen durchgeführt wurden, grundlegend. Ich beschränke mich auf jene Zählstellen, die eine größtmögliche Vergleichbarkeit des Verkehrsaufkommens zwischen Brennerstraße und Brennerautobahn gewährleisten. Bezüglich der B182 verwende ich das Datenmaterial der drei Zählstellen „Innsbruck Süd“, „Matrei“ und „Brenner“, die die gesamte Strecke in charakteristischer Weise widerspiegeln und Rückschlüsse auf das Verkehrsprofil zulassen: • Innsbruck Süd: Diese Zählstelle mit der Nummer 1.182 wurde je nach untersuch-

tem Jahr unterschiedlich bezeichnet („vor Innsbruck“, „Abzweigung Autobahn“ respektive „Sonnenburgerhof“), es handelt sich dabei jedoch – mit statistisch vernachlässigbaren Abweichungen – um dieselbe Zählstelle, was aufgrund der angegebenen Kilometerzahlen verifiziert werden konnte. • Matrei: Diese Zählstelle mit der Nummer 3.182 wurde mit dem Terminus „bei Matrei“ versehen und blieb für den gesamten Untersuchungszeitraum gleich. • Brenner: Diese Zählstelle mit der Nummer 4.182 wurde unterschiedlich als „bei Gries am Brenner“ respektive als „bei Grenzstelle am Brenner“ bezeichnet. Die Unterschiede sind statistisch vernachlässigbar, da die angegebenen Kilometerzahlen nicht signifikant variieren. Aus Gründen der Vergleichbarkeit verwende ich bezüglich der A13 demgemäß das Datenmaterial von denselben drei Zählstellen: • Innsbruck Süd: Diese Zählstelle mit der Nummer 80.A respektive 2.A13 wurde

unterschiedlich bezeichnet („bei Schönberg“ respektive „Sillbrücke“), es handelt sich dabei jedoch – mit statistisch vernachlässigbaren Abweichungen – um dieselbe Zählstelle. • Matrei: Diese Zählstelle mit der Nummer 81.A respektive 4.A13 wurde unterschiedlich als „Matreiwald“ respektive als „Matrei“ bezeichnet. Auch hier sind die Unterschiede statistisch vernachlässigbar. • Brenner: Diese Zählstelle mit der Nummer 82.A respektive 4.A13 wurde als „Nösslach (Nähe Brenner)“ bezeichnet, die Werte können aber statistisch gesehen für den Brenner herangezogen werden. Für die SS12 verwende ich das Datenmaterial von vier über die untersuchte Strecke möglichst gleichmäßig verteilten Zählstellen, nämlich Sterzing, Brixen, Bozen Nord

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

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und Auer, die Rückschlüsse auf das Verkehrsprofil zulassen. Diese Zählstellen blieben für den Untersuchungszeitraum statistisch gesehen gleich: • Sterzing • Brixen • Bozen Nord: Diese Zählstelle wurde im Untersuchungszeitraum unterschiedlich

bezeichnet („nördlich von Bozen [Rentsch]“, „nördlich von Bozen [Kardaun Nord]“ respektive „Kardaun“), es handelt sich dabei jedoch – mit statistisch vernachlässigbaren Abweichungen – um dieselbe Zählstelle. • Auer: Diese Zählstelle wurde im Jahr 1980 leicht variierend als „Auer Nord“ bezeichnet. Bezüglich der Verkehrsdaten der A22 ergibt sich ein substanzielles Problem, das sich auch nach wiederholten Recherchen im Sitz der Autostrada del Brennero S.p.A. in Trient und im Sitz der ANAS in Bozen sowie Konsultationen der zeitgenössischen Publikationen nicht lösen lässt: Auf der A22 wurde im Gegensatz zu den Verkehrserhebungen auf der B182, der SS12 und der A13 eine andere Zählmethode angewandt, um die Verkehrsströme zu erheben. Weiters variierten Anfangs- oder Endpunkt der untersuchten Verkehrsströme je nach Verkehrserhebung. Die Nichtvergleichbarkeit zwischen den einzelnen Datensätzen der A22 einerseits und den Werten der B182, der SS12 und der A13 andererseits ergibt sich aus der Diskrepanz der unterschiedlichen Erhebungsmethoden. Trotz aller statistischen Vorbehalte gegenüber den von der Brennerautobahngesellschaft erhobenen Daten stellen diese die einzige zur Verfügung stehende Grundlage für die Untersuchung des Verkehrsaufkommens auf der A22 dar. Auf der italienischen Brennerautobahn wurde im Jahr 1970 im untersuchten Südtiroler Streckenabschnitt lediglich das Verkehrsaufkommen auf der Strecke Bozen–Rovereto erhoben; im Jahr 1975 jenes auf den Strecken Brenner– Brixen, Brixen–Bozen Süd sowie Bozen Süd–Trient. Im Jahr 1980 wurde das Verkehrsaufkommen auf den Strecken Brenner–Sterzing, Sterzing–Brixen, Brixen– Klausen, Klausen–Bozen Nord, Bozen Nord–Bozen Süd, Bozen Süd–Neumarkt/Auer sowie Neumarkt/Auer–San Michele erfasst. In diesem Kapitel gehe ich der folgenden Fragestellung nach: Wie entwickelte sich das Verkehrsaufkommen auf Südtiroler Seite auf der SS12 und der A22 und auf Nordtiroler Seite auf der B182 und der A13 – aufgeschlüsselt nach ausgewählten Zählstellen – im Zeitraum zwischen 1955 und 1980 1) insgesamt, und 2) aufgeschlüsselt nach Personen- und Güterverkehr?

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Im Folgenden präsentiere ich die Ergebnisse der Auswertung der Verkehrsstatistiken (zu den Daten siehe Anhang „Tabellen zu den Verkehrsstatistiken“), deren Aussagewert aufgrund des zeitgenössischen Erhebungsmodus des statistischen Datenmaterials kritisch zu hinterfragen ist. Die sich daraus ergebende Diskrepanz zwischen den Verkehrszahlen auf österreichischer und italienischer Seite ist der divergierenden Zählweise geschuldet, wodurch die SS12 zahlenmäßig eindrucksvoller erscheint.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 1: Verkehrsaufkommen 1955 (B182 und SS12)

4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0

1955 G 1955 P

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1955 und Statistica della circolazione 1955

Abbildung 1 gibt für das Jahr 1955 in Bezug auf die B182 und die SS12 eine Aufschlüsselung des Gesamtverkehrs nach Personen- und Güterverkehr für jede einzelne untersuchte Zählstelle wieder. Im Jahr 1955 überwog das Personenverkehrsaufkommen (im Diagramm abgekürzt mit „P“) im Vergleich zum Güterverkehrsaufkommen (im Diagramm abgekürzt mit „G“) sowohl auf Tiroler als auch auf Südtiroler Seite für jede Zählstelle bei weitem. In dieser Zeit wurde die erste Rezession nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges der Jahre 1952 und 1953 wieder überwunden und es setzte – in den beiden Regionen unterschiedlich stark – ein wirtschaftlicher Aufschwung ein, der mit einem Anstieg der Automobilisierung verbunden war.6 Am 6

Josef Nussbaumer, Wirtschaftlicher und sozialer Wandel in Tirol 1945-1996. Eine Skizze, in: Gehler (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“ (1999), S. 139-220, hier S. 152. Valentina Bergonzi, Le vie verso la contemporaneità, in: Rita Brugnara (Hg.), Le vie dell’uomo. strade, fiumi e ferrovie (Alto Adige), Florenz/Bozen 2007, S. 71-92, hier S. 84.

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

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größten ist die Diskrepanz zwischen Personen- und Güterverkehrsaufkommen am Brenner (Verhältnis 29 : 1) und am niedrigsten in Auer (Verhältnis 3 : 1), gefolgt von Brixen (Verhältnis 4 : 1) und Bozen Nord (Verhältnis 5 : 1). Das Verkehrsaufkommen am Brenner entsprach dem Transitverkehr, da diejenigen Fahrzeuge, die am Brenner ausfuhren, statistisch vernachlässigbar sind. Der Transit bestand 1955 beinahe ausschließlich aus Personenverkehr, was den Schluss nahelegt, dass die Brennereisenbahn im Güterverkehr zu dieser Zeit noch eine stärkere Rolle einnahm als in den darauffolgenden Jahren. Laut Josef Nussbaumer betrug das Verhältnis des über die Brennerstraße abgewickelten Güterverkehrs im Verhältnis zur Brennereisenbahn unglaublich geringe ein Prozent.7 Die Zählstelle Matrei erhob zusätzlich zum Transitverkehrsaufkommen den Regionalverkehr im Wipptal, weshalb das Gesamtverkehrsaufkommen in Matrei notwendigerweise höher war als am Brenner. Die Landeshauptstadt Innsbruck wiederum zog ein beträchtliches Verkehrsaufkommen an sich, wobei hierunter der Pendlerverkehr aus dem Wipptal enthalten ist. Das Güterverkehrsaufkommen war in Innsbruck Süd beinahe viermal so hoch wie am Brenner. In Sterzing stieg das Gesamtverkehrsaufkommen im Vergleich zum Brenner leicht an, verzeichnete aber an der Zählstelle Brixen einen massiven Anstieg. Dort war das Gesamtverkehrsaufkommen beinahe doppelt so hoch wie am Brenner, was sich unter anderem darauf zurückführen lässt, dass in Brixen die Fahrzeuge aus dem Pustertal noch hinzukommen. Ein weiterer Anstieg des Gesamtverkehrsaufkommens war in Bozen Nord zu verzeichnen, auch hier ist eine zusätzliche Sogwirkung der Landeshauptstadt anzunehmen – siehe zum Beispiel den Pendlerverkehr aus dem Eisacktal – an sich zog. In Auer wiederum fiel das Verkehrsaufkommen ab und lag unter dem Wert von Brixen. Im Jahre 1960 (nachfolgende Abbildung 2) stieg das Verkehrsaufkommen auf der Brennerstraße gegenüber dem Jahr 1955 stark an, was auf einen beginnenden demografischen, ökonomischen und sozialen Wandel in den untersuchten Regionen im Zuge einer Konjunkturphase zurückzuführen ist.8 So stieg das Gesamtverkehrsaufkommen 1960 um das 1,6fache (in Matrei und am Brenner), um das 1,7fache (in Sterzing) und um das Zweifache (in Innsbruck Süd) gegenüber dem Jahr 1955 an. Der Personenverkehr überwog auch im Jahr 1960 gegenüber dem Güterverkehr bei weitem und betrug beispielsweise am Brenner das 14fache gegenüber dem Lastverkehr. Am verhältnismäßig höchsten war der Anteil des Güterverkehrs gegenüber dem Personenverkehr in Auer (1 : 4,4). Insgesamt zeigte sich 1960 beinahe dasselbe Bild wie 1955 hinsichtlich der Zu- und Abnahmen des Verkehrs je nach Zählstellen. Ein Unterschied ergab sich darin, dass das Verkehrsaufkommen in Innsbruck Süd so stark anstieg, dass es im Jahr 1960 nun höher war als in Auer.

7

Nussbaumer, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 196.

8

Siehe exemplarisch: ders., Wirtschaftlicher und sozialer Wandel, S. 158.

48 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 2: Verkehrsaufkommen 1960 (B182 und SS12)

8000 7000 6000 5000 4000 3000

1960 G

2000

1960 P

1000 0 Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1960 und Censimento della circolazione 1960

Abbildung 3: Verkehrsaufkommen 1965 (B182 und SS12)

Anzahl der Fahrzeuge

12000 10000 8000 6000 4000

1965 G 1965 P

2000 0 Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1965 und Censimento della circolazione 1965

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 49

Im Jahr 1965 (Abbildung 3) ist wieder ein starker Anstieg des Personen- und Güterverkehrs feststellbar. Das Gesamtverkehrsaufkommen stieg in Matrei und Brixen jeweils auf das 1,9fache, in Auer auf das 1,8fache, in Innsbruck Süd und am Brenner auf das 1,6fache und in Sterzing und Bozen Nord auf das 1,3fache. In Nordtirol zeigte sich im Jahr 1965 ein ähnliches Bild wie in den beiden untersuchten Jahren zuvor, indem der Verkehr von Innsbruck Süd bis zum Brenner kontinuierlich abnahm. Auf Südtiroler Seite gab es hingegen markante Unterschiede. So sank das Gesamtverkehrsaufkommen von der Zählstelle Brenner bis nach Sterzing und war in Brixen höher als in Bozen Nord. Ein weiterer Unterschied war jener, dass das Verkehrsaufkommen in Auer höher war als in Bozen Nord. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Resultaten der beiden untersuchten Jahre zuvor. Mit der Eröffnung des ersten Streckenabschnitts der A13 zwischen Innsbruck Süd und Schönberg am 17. November 1963 veränderte sich die Verkehrslandschaft im Tiroler Wipptal dahingehend, dass insgesamt ein Anreiz geschaffen wurde, verstärkt die Brennerroute zu benutzen, da beispielsweise viele gefürchtete Kurven der alten Brennerbundesstraße vermieden werden konnten. Zudem galt die Europabrücke, das höchste Bauwerk der Brennerautobahn, als Publikumsmagnet, der zusätzlich Verkehr anzog, da viele Personen diese als Sehenswürdigkeit erachtete Konstruktion besichtigen wollten. Darauf wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 4: Verkehrsaufkommen 1965 (A13) in Innsbruck Süd

8000 7000 6000 5000 4000

1965 G

3000

1965 P

2000 1000 0 Innsbruck Süd

Matrei

Brenner

Zählstelle

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1965

50 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Abbildung 4 spiegelt das Verkehrsaufkommen an der Zählstelle Innsbruck Süd im Jahr 1965 wieder. In diesem Jahr betrug das Personenverkehrsaufkommen in Innsbruck Süd mehr als das Zehnfache des Güterverkehrsaufkommens. Das Verkehrsaufkommen auf der A13 war aber zu diesem Zeitpunkt an der Zählstelle Innsbruck Süd noch geringer als auf der B182, und zwar in Bezug sowohl auf den Gesamt-, den Personen- als auch den Güterverkehr. Die Validität des Zahlenmaterials an der Zählstelle Innsbruck Süd der A13 ist dabei für das Jahr 1965 anzuzweifeln, da eine dermaßen starke Verkehrszunahme an der Zählstelle Innsbruck Süd für die B182 und A13 einem deutlich höheren Gesamtverkehrsaufkommen in Matrei und Brenner entsprechen müsste. Dennoch können die Daten als Indiz für einen starken zahlenmäßigen Anstieg des Verkehrs im Zuge der Eröffnung des ersten Teilstücks der Brennerautobahn mit dem Anziehungspunkt Europabrücke dienen.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 5: Verkehrsaufkommen 1970 (B182 und SS12)

14000 12000 10000 8000 6000 4000

1970 G 1970 P

2000 0 Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1970 und Censimento della circolazione 1970

Im Jahr 1970 (Abbildung 5) zeigten sich beim statistischen Datenmaterial auf der B182 große Unterschiede im Vergleich zu früheren Jahren. So sank das Verkehrsaufkommen in Matrei im Vergleich zu 1965 um nahezu zwei Drittel. An der Zählstelle Innsbruck Süd wurde hingegen ein leichter Rückgang im Güterverkehr verzeichnet, während der Personenverkehr weitgehend gleich blieb. Am Brenner hingegen stieg das Verkehrsaufkommen im Vergleich zu 1965 um 20 Prozent an. Das Per-

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 51

sonenverkehrsaufkommen betrug am Brenner beinahe elfmal so viel wie das Güterverkehrsaufkommen. Im Jahr 1970 war die A13 seit zwei Jahren bis auf das 1,3 km lange Anschlussstück an die A22 komplett befahrbar. Die untersuchten Daten lassen den Schluss zu, dass die Abnahme des Verkehrsaufkommens auf der B182 in direktem Zusammenhang damit steht. Auf Südtiroler Seite nahm das Gesamtverkehrsaufkommen in Sterzing (auf das 1,7fache) und in Bozen Nord (auf das 1,5fache) weiterhin deutlich zu, wogegen in Brixen eine leichte und in Auer (um 16 %) eine starke Abnahme zu verzeichnen war. Der zuletzt genannte Wert kann nur vor dem Hintergrund der Eröffnung des ersten Teilstücks der A22 am 21. Dezember 1968 zwischen Bozen Süd und Trient Nord verstanden werden, da die Autobahn Verkehr anzog. Am 1. September 1970 wurde auch das Teilstück von Vahrn bis Klausen eröffnet, was möglicherweise bereits leichte Auswirkungen auf das Verkehrsaufkommen auf der SS12 an der Zählstelle Brixen hatte. Aufschlussreich ist dabei, dass von 1965 bis 1970 der Personenverkehr an den Zählstellen der SS12 Auer (um 22 %) und Brixen (um 15 %) abnahm, während der Güterverkehr im selben Zeitraum weiterhin zunahm (in Brixen beinahe um die Hälfte und in Auer um 12 %). Den größten Anstieg im Güterverkehrsaufkommen verzeichneten in diesen Jahren Sterzing (auf mehr als das Doppelte) und Bozen Nord (auf beinahe das Doppelte).

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 6: Verkehrsaufkommen 1970 (A13)

8000 7000 6000 5000 4000

1970 G

3000

1970 P

2000 1000 0 Innsbruck Süd

Matrei

Brenner

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1970

52 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Erstmals gibt es für 1970 für alle drei Zählstellen an der A13 Datenmaterial (Abbildung 6), da sie seit 1968 bis auf das bereits erwähnte Anschlussstück am Pass selbst komplett befahrbar war. Dabei fällt auf, dass der Personenverkehr jeweils ein Vielfaches des relativ schwachen Güterverkehrs betrug (Innsbruck Süd 16fach, Matrei elffach und Brenner zehnfach). Der Güterverkehr nahm die Autobahn in noch relativ geringem Umfang an, was der Vergleich der Daten der B182 und der A13 zeigt. So benutzten 1970 nur 39 Prozent aller LKW auf der B182 und A13 die Brennerautobahn an der Zählstelle Innsbruck Süd. Seit 1965 sank der Güterverkehr an dieser Zählstelle sogar um 31 Prozent, während der Personenverkehr dort leicht um 7 Prozent anstieg. Sowohl der Personen- als auch der Güterverkehr nahmen von Innsbruck Süd bis zum Brenner ab, da die Autobahn 1970 stärker vom regionalen als vom Transitverkehr angenommen wurde und die Landeshauptstadt viel Verkehr anzog. Im Folgenden führe ich die Ergebnisse der Untersuchung des Verkehrsaufkommens auf der A22 an, für die es zum ersten Mal im Jahr 1970 Datenmaterial (für die Strecke Bozen–Rovereto) gibt. Der Aussagewert der Statistik ist wegen der damals angewandten Methode kritisch zu hinterfragen, da es keine validen empirischen Daten für einen Vergleich mit den Zahlen der B182, SS12 und A13 gibt. So wurden lediglich Verkehrsströme erhoben, zudem variierten die jeweiligen untersuchten Abschnitte von Jahr zu Jahr. Trotz aller statistischen Vorbehalte lässt sich feststellen, dass der Verkehrsfluss auf der Strecke Bozen–Rovereto in einer ähnlichen Größenordnung liegt wie jener auf der A13 in der Umgebung von Innsbruck.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 7: Verkehrsaufkommen 1970 (A22)

9000 8000 7000 6000 5000

1970 G

4000

1970 P

3000 2000 1000 0 Bozen-Rovereto

Streckenabschnitt

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Verkehrszählung der A22 1970

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 53

Im Jahr 1970 (Abbildung 7) betrug das Personenverkehrsaufkommen im Abschnitt Bozen–Rovereto das 3,2fache des Wertes des Güterverkehrsaufkommens. Abbildung 8: Verkehrsaufkommen 1975 (B182 und SS12)

Anzahl der Fahrzeuge

14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000

1975 G 1975 P

0 Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1975 und Censimento della circolazione 1975

Abbildung 8 zeigt das Verkehrsaufkommen auf der B182 und der SS12 für das Jahr 1975. In diesem Jahr lassen sich signifikante Unterschiede zu den Jahren zuvor erkennen. Außer in Innsbruck Süd, Matrei und Auer nahm das Verkehrsaufkommen an sämtlichen Zählstellen ab (verglichen mit 1970 Abnahme am Brenner um 24 %, Sterzing um 44 %, Brixen um 9 %, Bozen Nord um 16 %). Zudem war der Anstieg in Auer (um 8 %) und Matrei (um 21 %) eher moderat. An der Zählstelle Innsbruck Süd erhöhte sich der Verkehr um 42 %. Das Güterverkehrsaufkommen betrug im Jahr 1975 nur einen Bruchteil des gesamten Verkehrsaufkommens (Innsbruck Süd: 7 %, Matrei: 8 %, Brenner: lediglich 3 %, Sterzing: 4 %, Brixen: 13 %, Bozen Nord: 11 %, Auer: immerhin 15 %). Das Gesamtverkehrsaufkommen war in Innsbruck Süd am höchsten, gefolgt von Bozen Nord, sodass die Schlussfolgerung zulässig ist, die Landeshauptstädte zogen Verkehr an. Wie der nachfolgenden Abbildung 9 zu entnehmen ist, stieg im Jahr 1975 stieg das Gesamtverkehrsaufkommen auf der A13 im Vergleich zu 1970 an (in Innsbruck Süd auf das 1,5fache, in Matrei auf das 1,6fache und am Brenner auf das 1,7fache). Bezogen auf die einzelnen Zählstellen verringerte es sich 1975 von Innsbruck Süd bis zum Brenner kontinuierlich, sodass wiederum gefolgert werden kann, dass der

54 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

regionale Verkehr gegenüber dem Transitverkehr überwog. In absoluten Zahlen war der Anstieg im Personenverkehr zwischen 1970 und 1975 stärker als im Güterverkehr, doch in Relation zum gesamten Verkehr erhöhte sich das Güterverkehrsaufkommen stärker als das im Personenverkehr (in Innsbruck Süd und Matrei auf 16 % und am Brenner auf 20 % des Gesamtverkehrsaufkommens). Auffällig ist der 1975 im Vergleich zur B182 erhöhte Anteil des Güterverkehrs auf der A13 (er lag in Innsbruck Süd doppelt, in Matrei 5,5fach und am Brenner gar 8,5fach so hoch) mit einer daraus resultierenden Entlastung der Bundesstraße.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 9: Verkehrsaufkommen 1975 (A13)

12000 10000 8000 6000

1975 G 1975 P

4000 2000 0 Innsbruck Süd

Matrei

Brenner

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1975

Die nachfolgende Abbildung 10 zeigt anhand der Verkehrsströme auf der seit 1974 durchgängig befahrbaren A22 für das Jahr 1975 (für die Streckenabschnitte Brenner– Brixen, Brixen–Bozen Süd und Bozen Süd–Trient) trotz aller statistischen Vorbehalte ablesen, dass der Gesamtverkehrsfluss südlich von Bozen im Vergleich zu 1970 deutlich anstieg. Der Anteil des Güterverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen für alle Abschnitte betrug 1975 knapp ein Drittel.

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 55

Abbildung 10: Verkehrsaufkommen 1975 (A22)

Anzahl der Fahrzeuge

16000 14000 12000 10000 8000

1975 G

6000

1975 P

4000 2000 0 BrennerBrixen

Brixen- Bozen S

Bozen STrient

StreckenAbschnitte

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Verkehrszählung der A22 1975

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 11: Verkehrsaufkommen 1980 (B182 und SS12)

16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

1980 G 1980 P

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1980 und Censimento della circolazione 1980

56 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Wie der Abbildung 11 zu entnehmen ist, verzeichneten im Jahr 1980 sämtliche Zählstellen an der B182 und der SS12 (Abbildung 11) einen Anstieg des Gesamtverkehrsaufkommens gegenüber 1975 (in Innsbruck Süd um 14 %, in Matrei um 89 %, am Brenner um 11 %, in Sterzing um 39 %, in Brixen um 20 %, in Bozen Nord um 17 % und in Auer um 30 %). In der Reihe sticht Matrei heraus, wo sich das Aufkommen von Personen- und Güterverkehr in den fünf Jahren vor 1980 beinahe verdoppelte. Der Anteil des Güterverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen betrug im Jahr 1980 in Innsbruck Süd und Matrei 5 %, am Brenner lediglich 2 %, in Sterzing 8 %, in Brixen 12 %, in Bozen Nord 14 % und in Auer 18 %. Den Brenner passierten 1980 im Durchschnitt lediglich 113 LKW pro Tag, was darauf schließen lässt, dass sich insbesondere der Transitgüterverkehr auf die Autobahn verlagert hatte. Zwischen 1975 und 1980 kam es auf der A13 (nachfolgende Abbildung 12) wiederum zu einem beträchtlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens, sei es hinsichtlich des Gesamtverkehrsaufkommens (für alle drei Zählstellen jeweils auf das 1,6fache), des Personenverkehrsaufkommens (in Innsbruck Süd und am Brenner auf das 1,7fache und in Matrei auf das 1,6fache) als auch des Güterverkehrsaufkommens. An der Zählstelle Innsbruck Süd war das Personenverkehrsaufkommen siebenmal so hoch wie das Güterverkehrsaufkommen, in Matrei sechsmal so hoch, am Brenner lediglich fünfmal so hoch. Im Jahr 1980 war die Frequenz auf der A13 deutlich höher als an allen drei Zählstellen der B182.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 12: Verkehrsaufkommen 1980 (A13)

20000 18000 16000 14000 12000 10000 8000

1980 G 1980 P

6000 4000 2000 0 Innsbruck Süd

Matrei

Brenner

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1980

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 57

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 13: Verkehrsaufkommen 1980 (A22)

20000 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

G P

StreckenAbschnitte

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Verkehrszählung der A22 1980

Die Abbildung 13 zeigt abschließend die Verkehrsströme auf der A22 für das Jahr 1980 an, erstmalig detailliert angegeben für die Streckenabschnitte Brenner–Sterzing, Sterzing–Brixen, Brixen–Klausen, Klausen–Bozen Nord, Bozen Nord–Bozen Süd, Bozen Süd–Neumarkt/Auer und Neumarkt/Auer–San Michele. Im Jahr 1980 stieg der Gesamtverkehrsfluss auf der A22 verglichen mit 1975 wieder deutlich an: Mittelt man die Verkehrsflüsse vom Brenner bis Brixen, Brixen bis Bozen Süd und Bozen Süd bis San Michele, so wird deutlich, dass der Gesamtverkehrsfluss für die Strecke Brenner–Brixen und Bozen Süd–San Michele auf das 1,4fache und für Brixen–Bozen Süd auf das 1,5fache anstieg im Vergleich zu 1975 für die Strecke Bozen Süd–Trient. Im Jahr 1980 war der Personenverkehrsfluss in den jeweiligen Abschnitten dreibis viermal so hoch wie der Güterverkehrsfluss. Der Gesamtverkehrsstrom in absoluten Zahlen steigt vom Brenner bis Bozen Nord leicht an, fällt zwischen Bozen Nord und Bozen Süd deutlich ab, bevor er zwischen Bozen Süd und Neumarkt/Auer auf ein Maximum ansteigt, um dann bis San Michele wieder leicht abzufallen. Die Landeshauptstadt zog demnach Verkehr an, da der Verkehrsfluss auf der A22 zwischen Bozen Nord und Bozen Süd im Vergleich zum südlichen und nördlichen Streckenabschnitt abfällt. Zudem kann festgestellt werden, dass der Güterverkehrsfluss vom Brenner bis Bozen Nord leicht zunimmt, um sich dann zwischen Bozen Nord und

58 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Bozen Süd auf ein Minimum zu verringern, bevor er zwischen Bozen Süd und Neumarkt/Auer auf ein absolutes Maximum ansteigt, um dann wieder ebenso deutlich zwischen Neumarkt/Auer und San Michele abzunehmen. Die Ergebnisse der B182 und SS12 können auch für jede einzelne Zählstelle chronologisch aufgeschlüsselt in einem einzigen Diagramm dargestellt werden (nachfolgende Abbildung 14). Tendenziell steigt das Verkehrsaufkommen bei den jeweiligen Zählstellen zwischen 1955 und 1980 an, es gibt jedoch – direkt respektive mit Zeitverzögerung resultierend aus der Eröffnung von Autobahnabschnitten – Einschnitte in der Höhe des Gesamtverkehrsaufkommens. Bei den Zählstellen Matrei, Brenner und Sterzing liegen die Gesamtverkehrswerte für alle untersuchten Jahre deutlich niedriger als an allen anderen Zählstellen.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 14: Verkehrsaufkommen nach Zählstellen (B182 und SS12)

16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000

1955 1960 1965 1970 1975 1980

0 Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung und Censimento della circolazione 1955, 1960, 1965, 1970, 1975 und 1980

Die Ergebnisse der B182 und SS12 können ebenso für jedes einzelne untersuchte Jahr lokal aufgeschlüsselt in einem einzigen Diagramm dargestellt werden (nachfolgende Abbildung 15). Während die Unterschiede zwischen dem Transitverkehr am Brenner und dem regionalen Verkehr an den anderen Zählstellen im Jahr 1955 noch relativ gering waren, gibt es gegen Ende des Untersuchungszeitraums diesbezüglich markante Differenzen, da Ballungsräume wie insbesondere die Städte entlang der Brennerstraße Verkehr anzogen.

A USWERTUNG

DER

V ERKEHRSSTATISTIKEN

| 59

Abbildung 15: Verkehrsaufkommen nach Jahren (B182 und SS12)

Anzahl der Fahrzeuge

16000 14000 12000

Innsbruck Süd

10000

Matrei

8000

Brenner

6000

Sterzing Brixen

4000

Bozen Nord

2000

Auer

0 1955 1960 1965 1970 1975 1980

Jahre

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung und Censimento della circolazione 1955, 1960, 1965, 1970, 1975 und 1980

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 16: Verkehrsaufkommen nach Jahren (A13)

20000 18000 16000 14000 12000 Innsbruck Süd

10000 8000

Matrei

6000

Brenner

4000 2000 0 1965

1970

1975

1980

Jahre

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1965, 1970, 1975 und 1980

60 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Für die A13 wird die zeitliche Entwicklung für jede Zählstelle in Abbildung 16 wiedergegeben, wobei die allgemein starke Zunahme deutlich hervortritt.

Anzahl der Fahrzeuge

Abbildung 17: Verkehrsaufkommen nach Zählstellen (A13)

20000 18000 16000 14000 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0

1965 1970 1975 1980

Innsbruck Süd

Matrei

Brenner

Zählstellen

Quelle: Eigene Darstellung der Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung 1965, 1970, 1975 und 1980

In Abbildung 17 wurden chronologisch aufsteigend die Verkehrsprofile für die A13 hinsichtlich der jeweiligen Zählstellen aufgeführt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Verkehrsaufkommen im Allgemeinen während des Untersuchungszeitraums kontinuierlich anstieg. Das Personenverkehrsaufkommen überwog deutlich gegenüber dem Güterverkehrsaufkommen, wobei der Lastverkehr in absoluten Zahlen im Untersuchungszeitraum zunahm. Auf der SS12 wurden signifikant höhere Werte gemessen als auf der B182, was allerdings leicht variierenden methodischen Vorgehensweisen geschuldet sein kann. Mit der Eröffnung von Teilabschnitten der Brennerautobahn verlagerte sich ein beträchtlicher Teil des Verkehrs – insbesondere der Transitverkehr – von der Brennerstraße auf die Autobahn. Auch nach deren Fertigstellung wurde die Brennerstraße insbesondere vom regionalen Verkehr weiterhin genutzt.

4. Etablierung des Brennerautobahndiskurses

Im Folgenden soll die Frage beantwortet werden, unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Ausprägungen ein Gegenstand namens „Brennerautobahn“ in einer historisch konkreten Situation, den 1950er Jahren, diskursiv hervorgebracht wurde und wie sich eine bestimmte Version von Wirklichkeit etablieren konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Etablierung des Brennerautobahndiskurses als Phase vor dessen Stabilisierung ein über Jahre andauernder Prozess war, der keinen linearen Verlauf nahm, da um die Etablierung von Wirklichkeiten – wenigstens partiell – stets gerungen wird.1 Die Entfaltung des Brennerautobahndiskurses entstand dabei nicht in einem – fiktiven – diskursiven „Nichts“, sondern schloss an andere Verkehrsdiskurse an respektive waren seine Träger bemüht, sich von diesen abzusetzen. Bestimmte Sichtweisen auf die Brennerautobahn waren in der Phase der Etablierung des Diskurses noch keineswegs zwingend.

4.1 D IE

ERSTE

H ÄLFTE

DER

1950 ER J AHRE

In der unmittelbaren Nachkriegszeit hatten in verkehrsinfrastruktureller Hinsicht die Beseitigung von Kriegsschäden am Hauptverkehrsnetz und demnach die Wiederherstellung des Vorkriegszustandes Vorrang. Im Jahr 1950 kam es zu einem Ereignis, das für den Autobahndiskurs von großer Wichtigkeit werden sollte, der sogenannten Genfer Konvention vom 16. September 1950 mit dem Postulat eines transnationalen europäischen Fernstraßennetzes. Dieses in der Folge näher beschriebene Abkommen ist im Zusammenhang mit den Entwicklungen des Kalten Krieges zu sehen, da Osteuropa im Jahr 1950 in den Planungen für ein europäisches Straßennetz nicht mehr vorkam.

1

Landwehr, Diskurs und Diskursgeschichte (Internetquellen). Haslinger, Diskurs, S. 27. Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 159.

62 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE ?

Erste Visionen für transnationale europäische Straßensysteme hatte es bereits in den 1920er und 1930er Jahren gegeben, die jedoch nicht verwirklicht worden waren. In den Entwürfen wollten Theoretiker die verantwortlichen Behörden und Akteure in Form eines Spezialdiskurses von den künftigen Vorteilen eines – meist auf Automobile beschränkten – europäischen Fernstraßennetzes überzeugen. Interessanterweise ähnelten ihre damaligen Argumente jenen der Nachkriegszeit: Autobahnen würden ökonomische Effizienz, verkehrsmäßige Schnelligkeit, Mobilität und Flexibilität der am Verkehr Teilnehmenden erhöhen, sie seien ein Beitrag zur Völkerverständigung, friedensstiftend für Europa und würden durch die Erschließung eisenbahnferner Gebiete den nationalen Wohlstand erhöhen. Die verantwortlichen staatlichen Behörden lehnten das geforderte transnationale Straßennetz jedoch ab, da sie es aufgrund der damals noch geringen Motorisierung für utopisch hielten und vielmehr nationale Programme dem Aufbau eines transnationalen Straßensystems vorzogen. Die Öffentlichkeit nahm an diesem Spezialdiskurs durchwegs nicht teil.2 Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnten die Autobahnen aufgrund der veränderten politischen Rahmenbedingungen nicht mehr als rein nationale Infrastrukturprojekte propagiert werden, sondern es bot sich die Betonung eines europäischen Moments an. Diese Transformation des Autobahndiskurses äußerte sich zunächst in einer Umdeutung der nationalsozialistischen und faschistischen Autobahnprojekte, die als moderne Verkehrsinfrastrukturen in einem friedlichen Europa etabliert wurden. Dabei wurde an die in der Bevölkerung noch tief verankerten Aussagefelder der faschistischen Regimes angeschlossen, Autobahnen als Verkörperung des Fortschritts und des Wohlstands darzustellen. Visionäre europäische Politiker und Vertreter der Straßenbaubehörden erachteten die Schaffung eines transnationalen Straßenverkehrsraums nach standardisierten Aspekten angesichts des notwendigen Wiederaufbaus nach Kriegsende und der beginnenden Massenmotorisierung als grundlegend, was letztlich in der Genfer Konvention resultierte.3 Die Voraussetzungen für eine infrastrukturelle Zusammenarbeit schuf die „Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa“ („United Nations Economic Commission for Europe“, abgekürzt UN-ECE respektive UNECE)4. Die UN-ECE wurde im Jahr 1947 als eine von fünf regionalen Kommissionen des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (ECOSOC) mit der Intention gegründet, den Mitgliedsstaaten wirtschaftliche Hilfe zukommen zu lassen. Die UN-

2

Ruppmann, Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 85-87.

3

Ebd., S. 102.

4

In manchen Fällen wird sie auch als „Economic Commission for Europe“ (abgekürzt mit ECE) bezeichnet.

E TABLIERUNG

DES

B RENNERAUTOBAHNDISKURSES

| 63

ECE mit Sitz in Genf5 verfolgte das Ziel, bereits bestehende Verkehrsinfrastrukturen zu einem funktionierenden transnationalen europäischen Verkehrsnetz auszubauen, und vertrat die Überzeugung, dass dies eine Grundvoraussetzung für dauerhaften Frieden und für wirtschaftliche Prosperität sei.6 Im Folgenden wird auf den durch die UN-ECE angeregten Autobahnausbau eingegangen.7 Ein bedeutender Impuls für die Errichtung europäischer Verkehrsnetzwerke ging von einem technischen Komitee des UN-ECE aus, dem Binnenverkehrsausschuss („Inland Transport Comittee“), der die sogenannte „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“ – im Deutschen kurz als „Genfer Konvention“ bezeichnet – ausformulierte.8 Sie wurde am 16. September 1950 in Genf anfänglich von nur fünf Staaten9 unterzeichnet, aber schon bald schlossen sich ihr viele andere europäische Länder an. Österreich beispielsweise folgte am 1. Oktober 1951, die Bundesrepublik Deutschland am 13. November 1957 und Italien am 30. März 1957.10 Die „Genfer Konvention“ war ein einfach gehaltenes Dokument, in dem von ansonsten in verschiedensten Abkommen verwendeten pathetischen Präambelphrasen möglichst kein Gebrauch gemacht wurde.11 Die Deklaration verlautbarte,12 dass die Signatarstaaten sich der Notwendigkeit einer Entwicklung des internationalen Straßenverkehrs in Europa bewusst13 seien und dass sie einen aufeinander abgestimmten Plan zum Aufbau eines für den internationalen Verkehr geeigneten Straßennetzes als 5

United Nations Economic Commission for Europe, History of the United Nations Economic Commission for Europe, o.D., http://www.unece.org/oes/history/history.html vom 27.5.2016.

6

Schot, Transnational Infrastructures, S. 98.

7

In der vorliegenden Arbeit kann nicht auf das Bestreben der UN-ECE hinsichtlich eines funktionierenden transnationalen Eisenbahnnetzes eingegangen werden.

8 9

Schot, Transnational Infrastructures, S. 98-99. Das waren Belgien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande sowie das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland.

10 United Nations Treaty Collection, Declaration on the construction of main international traffic arteries, o.D., http://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg _no=XI-B-7&chapter=11&lang=en vom 27.5.2016. 11 Frank Schipper, Driving Europe. Building Europe on roads in the twentieth century (Technology and European History Series 3), Amsterdam 2008, S. 193-194. 12 Der Volltext der „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“ wurde als Nr. 1264 veröffentlicht in: United Nations (Hg.), Treaty Series. Treaties and international agreements registered or filed and recorded with the Secretariat of the United Nations, Bd. 92, Nr. 1256-1281, Washington, D.C. 1951, S. 91-123, http://treaties.un.org/ doc/publication/UNTS/Volume%2092/v92.pdf vom 27.5.2016. 13 Im Originaltext der „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“: „conscious of the need to develop international road traffic in Europe“. Ebd., S. 92.

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grundlegend erachten würden, um engere Beziehungen zwischen den europäischen Ländern zu schaffen.14 Dieses europäische Verkehrsnetz sollte aus sogenannten Europastraßen bestehen – internationalen Hauptverkehrsrouten, die von den Signatarstaaten vorrangig zu bauen waren. Der „eigentliche Gehalt“15 der „Genfer Konvention“ lag in ihren drei Anhängen, wobei im ersten Annex die verschiedenen Europastraßen, gekennzeichent und abgekürzt mit dem Buchstaben „E“ und einer jeweiligen Nummer16 in arabischen Ziffern, und deren Routen angeführt wurden. Die niedrigen Nummern E1 bis E22 waren für die Hauptverkehrsadern reserviert, die höheren Nummern E31 bis E92 für Neben- und Zufahrtsstrecken zu den Hauptverkehrsadern.17 Der dritte Anhang enthielt die Bestimmungen hinsichtlich der Form der Schilder der Europastraßen (ein grünes rechteckiges Schild mit einem weißen „E“ und der dazugehörigen Nummer).18 Der zweite Anhang führte detailliert die Vorschriften für den Aus- und Neubau der Europastraßen an – auch hinsichtlich von Neben-(dienst-)leistungen19 längs der einzelnen Magistralen. Ziel war die Schaffung einwandfreier Verkehrsverhältnisse,

14 Im Originaltext der „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“: „considering that it is essential, in order to establish closer relations between European countries, to lay down a co-ordinated plan for the construction or reconstruction of roads suitable for international traffic“. Ebd. Siehe auch: Ruppmann, Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 102. 15 Schipper, Driving Europe, S. 193. 16 Jede Europastraße erhielt eine eigene Nummer, es kam aber öfter vor, dass ein Teil einer Europastraße zugleich ein Abschnitt einer anderen Europastraße war. Deshalb gab es verschiedentlich Straßenabschnitte, die zugleich zwei Europastraßen zugeordnet waren und deshalb zwei Nummern hatten. 17 Siehe: United Nations (Hg.), Treaty Series, S. 98-105 (Internetquellen). Siehe auch: Frank Schipper, All roads lead to Europe: The E-road network 1950-1970. Paper presented at the T²M conference in Paris, 28.9.-1.10.2006 (Working document 16), Juli 2006, http://cms. tm.tue.nl/tie/files/pdf/WD.16.Schipper.pdf vom 27.5.2016. Pär Blomkvist, Roads for Flow – Roads for Peace. Lobbying for a European Highway System, in: Vleuten/Kaijser (Hg.), Networking Europe (2006), S. 161-186, hier S. 169-170. Heinrich Hasskamp/Richard Vreden, Europastraßen – Hauptstraßen des internationalen Verkehrs. Ein Beitrag zum neuen „Europäischen Übereinkommen über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs (AGR)“, das seit dem 15. November 1975 in Genf zur Zeichnung aufliegt, in: Strasse und Autobahn 27 (1976), Heft 11, S. 419-430, hier S. 419-420. 18 Siehe: United Nations (Hg.), Treaty Series, S. 120 (Internetquellen). 19 Im Originaltext der „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“: „ancillary services“. Ebd., S. 118.

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was sich daran zeigte, dass es je nach Verkehrsdichte unterschiedliche Kategorien20 von Europastraßen gab: Straßen der Kategorie I sollten über eine 7 m breite Fahrbahn mit zwei Fahrstreifen verfügen und es galt der Grundsatz, dass Straßen dieser Klassifizierung bis zu einer Verkehrsdichte von 600 Fahrzeugen je Stunde21 akzeptabel seien. Straßen der Kategorie II sollten hingegen dann gebaut werden, wenn die Verkehrsdichte diesen Wert überschritt: Sie hatten zwei voneinander getrennte Fahrbahnen (jeweils 7 m breit) mit insgesamt vier Fahrstreifen aufzuweisen.22 Beim Bau von Europastraßen musste also jeweils eine Mindestbreite eingehalten werden. Die Straßen der zweiten Kategorie waren internationale Hauptverkehrsverbindungen (siehe die Präambel der „Genfer Konvention“), die zumeist Autobahnen entsprachen. Für Straßen der ersten Kategorie traf dies nicht zu. Demnach waren nicht alle Europastraßen Autobahnen, aber zugleich gehörten auch nicht alle Autobahnen zum Europastraßennetz.23 Europastraßen mussten möglichst frei von Kreuzungen mit anderen Verkehrsinfrastrukturen sein (insbesondere von Bahnkreuzungen).24 Siedlungsgebiete waren von Europastraßen möglichst zu umfahren, es sei denn, es handelte sich um kleine Dörfer an Straßenabschnitten mit geringem Verkehrsaufkommen oder solche Orte, wo eine vorhandene Straße den Normen einer Europastraße bereits genügte respektive problemlos den Erfordernissen entsprechend ausgebaut werden konnte. Ballungsgebieten sollte eine gute Zufahrt von der Europastraße gewährt werden.25 Auch auf den landschaftspflegerischen Aspekt des Europastraßenbaues war laut „Genfer Konvention“ Rücksicht zu nehmen, indem sich diese harmonisch in die Landschaft einpassen sollten.26

20 In der Genfer Konvention werden drei Kategorien angeführt, wobei die dritte Kategorie nur provisorisch war und deshalb an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden soll. 21 Um die Verkehrsdichte zu bestimmen, wurde die 30. Höchstverkehrsstunde genommen, also der Wert, der an mindestens 30 Stunden innerhalb eines Jahres erreicht werden musste. Die Verkehrsdichte von 600 Fahrzeugen je Stunde wurde errechnet in der Annahme, dass bei einer Geschwindigkeit von 55 km/h zur Hauptverkehrszeit (bei nicht überdurchschnittlich starkem Schwerverkehr) ein flüssiger Verkehr noch gewährleistet sei. 22 Siehe dazu: Ebd., S. 106. 23 Schipper, Driving Europe, S. 195. Ruppmann, Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 103-104. 24 Siehe dazu: United Nations (Hg.), Treaty Series, S. 112 (Internetquellen). 25 Siehe dazu: Ebd., S. 116. 26 Im Originaltext der „Declaration on the Construction of Main International Traffic Arteries“: „Due regard should be paid to the landscaping of the roads of the network so that the alignment may provide for harmony of vertical and horizontal curves.“ Ebd., S. 118.

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Eine dieser Europastraßen war die E6,27 die von Rom über Trient, Bozen, Brenner, Innsbruck, München, Berlin, Oslo und Skibotten führen sollte und einer großen „Nord-Süd-Achse Europas“28 entsprach. Ein prioritärer Abschnitt der E6 waren die Verkehrswege über den Brennerpass als niedrigstem Alpenübergang; die Tatsache, dass der Brennerroute international eine große Bedeutung beigemessen wurde, zeigte sich gerade darin, dass sie bereits 1950 als ein Teil der E6 eingestuft wurde. Zu dieser Zeit war der Verkehr über den Brenner im Vergleich zu den darauffolgenden Jahrzehnten noch gering, doch bereits damals stand die Unausweichlichkeit des Ausbaus der Brennerbundesstraße und -staatsstraße fest. Die „Genfer Konvention“ führte zwar nicht explizit den Bau der Brennerautobahn an, verfolgte aber das Ziel eines möglichst flüssigen Verkehrs. Die Signatarstaaten verpflichteten sich durch die Unterzeichnung der Deklaration, die Europastraßen in ihrem Gebiet dem Verkehrsaufkommen entsprechend auszubauen, was natürlich auch für die Brennerstraßen als Teile der E6 galt. Doch nicht alle Länder, durch die die E6 hindurchführen sollte, setzten die Bestimmungen der Genfer Konvention rasch um, was auf unzureichend vorhandene Finanzmittel, aber auch auf nationale Interessen wie den Schutz der eigenen Wirtschaft zurückzuführen war.29 Der Plan eines transnationalen europäischen Fernstraßennetzes bildete den Auftakt eines Prozesses, der von den Akteuren nicht annähernd vorausgesehen wurde: Das Straßenverkehrsaufkommen stieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dermaßen stark an, dass sämtliche Prognosen bei weitem übertroffen wurden. Dabei war es in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges keineswegs evident, dass der Ausbau des Straßennetzes dem Ausbau des Eisenbahnnetzes vorgezogen werden sollte. Dieser Entscheidungsprozess zugunsten des Primats des Straßenverkehrs dauerte auf politischer und ökonomischer Seite besonders in Italien länger an – wenigstens bis zu Beginn der 1950er Jahre.30 Innerhalb des Straßensektors wurde in Mitteleuropa ab den 1950er Jahren insbesondere der Verwirklichung eines leistungsfähigen Autobahnnetzes Bedeutung beigemessen, mit den Autobahnen als unangefochtenen infrastrukturellen Leitmedien der 1950er und 1960er Jahre. Italien legte Mitte der 1950er Jahre ein erstes nationales Programm zur Errichtung von Verkehrsinfrastrukturen mit einer klaren Privilegierung der Autobahnen vor. Dies war der sogenannte „Piano Romita“, benannt Giuseppe Romita. Der Sozialdemokrat war von 1954 bis 1957 Minister für Öffentliche Arbeiten in der Regierung 27 Diese entspricht heute in etwa der E45. 28 Wolfgang Otte, Die Finanzierungsproblematik der Brenner-Autobahn. Darstellung und Analyse der Finanzierungsmethoden unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsund Verkehrsverhältnisse des Inn- und Wipptales, unveröffentlichte Dissertation, Innsbruck 1969, S. 34. 29 Ruppmann, Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 104. 30 Giuntini, Boom, S. 8 (Internetquellen).

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Scelba und in der ersten Regierung Segni. Auf seine Initiative hin wurde dieses Gesetz vom italienischen Parlament am 21. Mai 195531 erlassen. Für den Bau und Ausbau von Autobahnen waren Investitionen von insgesamt 100 Milliarden Lire vorgesehen, verteilt auf einen Zeitraum von zehn Jahren. Der „Piano Romita“ bildete die Grundlage für die Realisierung von italienischen Autobahnen wie der Autobahn Mailand–Neapel („Autostrada del Sole“).32 Die Brennerautobahn rangierte hingegen lediglich unter den weniger vordringlichen Autobahnen und sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt verwirklicht werden.33 In Österreich wurde der Autobahnbau nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1954 mit dem Spatenstich für die Strecke Wien–Salzburg wiederaufgenommen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür regelte das Bundesgesetz vom 2. Juni 1954, betreffend die Abänderung des Bundesstraßengesetzes.34 Dabei wurde erstmals der Begriff einer Bundesstraße „A“ (Autobahn) eingeführt, wobei diese Bezeichnung für die zu bauende Strecke Wien–Salzburg galt. Mit der Vollziehung dieses Gesetzes wurde das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau betraut, de facto war jedoch die Bundesstraßenverwaltung dafür entscheidungsbefugt.35 In Tirol und Südtirol setzte in der ersten Hälfte der 1950er Jahre ein Prozess ein, bei dem einzelne regionale Akteure die Brennerautobahn zum neuen Bezugspunkt erhoben. Die Akteure aus Wirtschaft und Politik, auf die in Folge noch näher eingegangen wird, erhofften sich von einer Modernisierung der Verkehrsverbindungen über den Brenner eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit der Brennerroute. Auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene war man sich der besonderen verkehrsgeografischen Lage des Passes durchaus bewusst, sodass sich nicht die Frage stellte, ob die Brennerautobahn gebaut, sondern lediglich zu welchem Zeitpunkt mit der Verwirklichung begonnen werden sollte. Da es neben der Brennerautobahn aber eine ganze Reihe anderer Autobahnprojekte in Österreich und Italien gab, an deren Planung gearbeitet wurde, bewirkte das Konkurrenzverhältnis, in dem sich die verschiedenen 31 Siehe: Normattiva, Legge 21 maggio 1955, n. 463 „Provvedimenti per la costruzione di autostrade e strade e modifiche alle tasse automobilistiche“, 21.5.1955, http://www. normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:legge:1955-05-21;463~art18 vom 27.5.2016. 32 Menduni, L’Autostrada, S. 40. 33 Giuntini, Boom, S. 9-10 (Internetquellen). Bruno Zanon, Territorio, urbanistica, ambiente: l’organizzazione del paesaggio umano, in: Andrea Leonardi/Paolo Pombeni (Hg.), Storia del Trentino, Bd. 6: L’età contemporanea. Il Novecento, Bologna 2005, S. 601-652, hier S. 635. Moraglio, Between industry, S. 99. Giuntini, Nascita, S. 583. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 11. 34 Siehe: BGBl 1954/127. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1954/127, 2.6.1954, http://www.ris.bka. gv.at/Dokumente/BgblPdf/1954_127_0/1954_127_0.pdf vom 27.5.2016. 35 Siehe auch: Meixner, Brücken, S. 470. Kreuzer, Der Bau, S. 17-18.

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nationalen Autobahnprojekte zueinander befanden, dass Tiroler und Südtiroler Akteure versuchten, den Bau der Brennerautobahn auf nationaler Ebene zu legitimieren und dementsprechend mittels einer Art von Lobbyarbeit Unterstützung für die Verwirklichung der Brennerautobahn zu finden. Auch wenn die Verkehrssituation auf der Brennerstraße um 1950 noch längst nicht jene Ausmaße wie bereits wenige Jahre später angenommen hatte, wurde dabei das ansteigende Verkehrsaufkommen infolge einer verstärkten Motorisierung (vor allem in der BRD)36 als ein Argument für den Bau der Brennerautobahn angeführt. Auf Initiative der Handelskammern von Bozen und Trient fand am 25. Januar 1952 in Bozen eine Verkehrskonferenz mit vorwiegend italienischen Teilnehmern statt, bei der es um eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Brennerroute vor allem hinsichtlich des Eisenbahnbereichs ging. Konsens herrschte darüber, dass die Brennereisenbahn gegenüber den Schweizer Eisenbahnrouten an Bedeutung verloren habe und alles daranzusetzen sei, die Benachteiligung der Regionen längs der Brennerroute und der verkehrsmäßig auf den Brenner ausgerichteten Gebiete zu beenden oder zumindest zu lindern. Für die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Brennerroute als zweckmäßigste Verkehrsverbindung zwischen Mitteleuropa und Italien sollte ein eigenes Gremium gebildet werden, das als Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs mit Sitz bei der Handelskammer Bozen in den folgenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle spielen sollte.37 Die Mitglieder des Komitees rekrutierten sich außer aus den verantwortlichen Institutionen in Rom wie den Ministerien für Transport, Finanzen und Industrie sowie jenem für Handel vor allem aus den Behörden und Körperschaften entlang der Brennerroute wie die Region Trentino-Tiroler Etschland und die Handelskammern von Bozen, Trient, Verona, Venedig und Vicenza. Das Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs war dementsprechend kein rein regionales Gremium, sondern ein Verbund aus nationalen und regionalen Akteuren, die auf eine Potenzierung des Brennerverkehrs zielten. Die einzelnen Behörden und Körperschaften sollten bewusst nur wenige zentrale Akteure zu den Sitzungen entsenden, um die Arbeit des Komitees möglichst effizient zu gestalten.38 Von 1952 bis Februar 1957 war der aus 36 Ruppmann, Das europäische Autobahnnetz (Teil 1), S. 104. 37 NN, Internationale Tarifkonferenz in Bozen. Der Brenner soll seine alte Verkehrsbedeutung wieder erhalten. Eine Initiative unserer Region, in: Dolomiten, Nr. 21, 25.1.1952, S. 4. NN, Für Verbilligung, Verstärkung und Beschleunigung des Güterverkehrs auf der Brennerstrecke. Tarifkonferenz in der Bozner Handelskammer. Eingehende Erörterung aller einschlägigen Probleme, in: Dolomiten, Nr. 22, 26.1.1952, S. 6. 38 Zu den einzelnen Sitzungen siehe: Archiv der Handelskammer Bozen (AHBz), Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs/Comitato promotore per i traffici del Brennero – Protokolle/Verbali (1949-1959), Kategorie (Kat.) – Klasse 16.5. Enrico Vittorelli, Il Comitato promotore per i traffici del Brennero (Regione Trentino-Alto Adige, Assessorato

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Rovereto stammende Ingenieur Giuseppe Veronesi,39 Angehöriger der Abgeordnetenkammer in Rom, der Präsident des Komitees, bevor ihm am 4. Februar 1957 für viele Jahre Senator Rechtsanwalt Giuseppe Trabucchi folgte.40 Die Durchsicht der Sitzungen des Komitees lässt erkennen, dass es bis zum Jahr 1955 vorwiegend auf die Modernisierung der Brennereisenbahn – unter anderem durch die Errichtung eines Eisenbahntunnels – ausgerichtet war.41 Das Komitee kritisierte die Eisenbahnpolitik der Schweiz, die darauf ziele, das Eisenbahnverkehrsaufkommen im Speziellen über den Gotthard auf Kosten der Brennerroute steigern zu wollen. Um dem zuvorzukommen, müsse die Wettbewerbsfähigkeit der Brennerlinie erhöht werden und italienische, österreichische und deutsche Stellen sollten verstärkt zusammenarbeiten.42 Bei ersten internationalen Verkehrstagungen über die Potenzierung der Brennerverkehrswege wie jener in München am 3. Dezember 1952 wurde demnach vor allem über die Effizienzsteigerung der Brennereisenbahn diskutiert, aber auch die notwendige Verbesserung der Straßenverkehrswege über den Brenner angesprochen.43 Industria Commercio Turismo e Trasporti, Ufficio Coordinamento Statistiche e Studi 19), Trient 1955, S. 5-6 und 13. NN, Beratungen über den Brennerverkehr. Die Verkehrsinteressenten besprachen sich in Trient, in: Dolomiten, Nr. 268, 20.11.1952, S. 7. 39 Veronesi wurde am 17. April 1910 in Rovereto geboren und verstarb am 22. Februar 1985. Camera dei deputati–Portale Storico, Giuseppe Veronesi, o.D., http://storia.camera.it/ deputato/giuseppe-veronesi-19100417#nav vom 27.5.2016. 40 Trabucchi wurde am 29. Juni 1904 in Verona geboren und verstarb am 6. Dezember 1975. Er war von Juni 1953 bis Mai 1972 Senator der DC in Rom, vom 25. März 1960 bis 20. Juni 1963 Finanzminister und vom 21. Juni 1963 bis 3. Dezember 1963 Außenhandelsminister. Senato della Repubblica, Archivio Luce, Trabucchi, Giuseppe, o.D., http:// senato.archivioluce.it/senato-luce/scheda/senatore/antroponimi/0044049/16/TrabucchiGiuseppe.html?start=24&query=&jsonVal= vom 27.5.2016. 41 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 11 der Sitzung in der Handelskammer von Trient, 22.1.1955, S. 7, AHBz, Komitee (1949-1959). Darin: „Interpellati i singoli membri del Comitato, tutti si dichiarano all’unanimità favorevoli all’inclusione degli argomenti dei traffici stradali nei lavori del Comitato.“ Siehe auch: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 13 der Sitzung in der Handelskammer von Trient, 3.11.1955, S. 9, AHBz, Komitee (1949-1959). 42 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 9 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 29.12.1953, S. 3, AHBz, Komitee (1949-1959). Vittorelli, Il Comitato, S. 6-11. NN, Tagung der Brennerkommissionen in Innsbruck, in: Dolomiten, Nr. 126, 4.6.1953, S. 11. 43 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Anhang zum Sitzungsprotokoll Nr. 4 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 8.1.1953, mit Titel „Relazione sulla riunione del 3 dicembre 1952 presso la Camera dell’Industria e del Commercio di Monaco di

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Im Frühjahr 1953 wurde in Innsbruck ein analoges österreichisches „Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs“ mit Sitz bei der Tiroler Handelskammer, die ein maßgeblicher Promotor war, gegründet, das zu Beginn ebenfalls für die Belebung der Brennereisenbahn eintrat.44 Die Brennerkomitees auf italienischer und österreichischer Seite setzten sich erst ab 1955 verstärkt für die Modernisierung der Brennerstraße ein, auch wenn sie sich seit ihrer Gründung das umfassendere Ziel gesetzt hatten, vielversprechende Vorschläge einer Förderung des Verkehrs über den Brenner zu unterstützen. Ab Ende 1957 schließlich intensivierte das italienische Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs seine Aktivitäten hinsichtlich der Errichtung der Brennerautobahn.45 Durch eine Zusammenarbeit der Brennerkomitees, aber auch der Handelskammern von Bozen, Trient, Tirol und in etwas geringerem Umfang jener von München – also von direkt an gut ausgebauten Brennerverkehrswegen interessierten Gebieten – sollten die Erfolgschancen zur Potenzierung der Straßenverkehrswege über den Brenner maximiert werden.46 In Tirol setzte sich ab der ersten Hälfte der 1950er Jahre besonders die Tiroler Handelskammer (dabei insbesondere die Sektion Verkehr) für die als essenziell bezeichnete Verbesserung der Straßenwege über den Brenner ein,47 wobei Dr. Heinz Knoflach von der genannten Sektion,48 der zukünftige Präsident der österreichischen

Baviera“, S. 5, AHBz, Komitee (1949-1959). Siehe auch: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 3 der Sitzung in der Handelskammer von Trient, 18.11.1952, S. 4, AHBz, Komitee (1949-1959). 44 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 9 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 29.12.1953, S. 3, AHBz, Komitee (1949-1959). Vittorelli, Il Comitato, S. 6-11. NN, Tagung. Werner Plunger, Entwicklungsgeschichte der Wirtschaftskammer Tirol von 1950 bis 2000, Teil 1 des Kapitels von Werner Plunger/Rainer Nick, 50 Jahre Interessenpolitik im Dienst der Tiroler Wirtschaft, in: Adolf Leidlmair/Werner Plunger/Christian Smekal (Hg.), Die Tiroler Wirtschaft auf dem Weg ins 21. Jahrhundert. 150 Jahre Wirtschaftskammer Tirol (Tiroler Wirtschaftsstudien 50), Innsbruck 2001, S. 17-34, hier S. 19. 45 Siehe: AHBz, Komitee (1949-1959). 46 Albin Oberhofer, Aktennotiz betreffend Konferenz des Internationalen Brennerkomitees, 2.4.1958, Tiroler Landesarchiv (TLA), Kanzlei Landeshauptmann (LH), Sammelakten Position (Pos.) 8 (1): Autobahnen in Tirol (1959-1962). 47 Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol (KgWT), Jahresbericht 1955, Innsbruck 1956, S. 223-226. Dies., Jahresbericht 1956, Innsbruck 1957, S. 12-13 und 247-249. Dies., Jahresbericht 1957, Innsbruck 1958, S. 304-306. Dies., Jahresbericht 1958, Innsbruck 1959, S. 15 und 213-216. 48 Knoflach wurde am 3. Oktober 1901 geboren und verstarb am 7. Oktober 1972 in Innsbruck. NN, Dr. Heinz Knoflach – 40 Jahre im Dienste der Wirtschaft, in: Tiroler Nachrich-

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Brennerautobahngesellschaft, besonders aktiv war. Der Präsident der Tiroler Handelskammer, Kommerzialrat Fritz Miller,49 erklärte im Februar 1954 bei der Vollversammlung der Handelskammer, dass zu den wichtigsten Aufgaben der Verkehrssektion der Handelskammer „die Mitarbeit an der Intensivierung des Brennerverkehrs auf Schiene und Straße gehört. Es ist für Innsbruck sowohl als Kongreßstadt wie auch als Handelsplatz von allergrößter Bedeutung, daß der Nord-Süd-Verkehr ausgebaut und daß die Leistungsfähigkeit der Nord-Süd-Linie gesteigert wird, um den vergrößerten Ansprüchen gewachsen zu sein.“50

Bei der Kammervollversammlung im September 1954 erklärte Miller, dass er angesichts der Bedeutung der Aktivitäten für die Tiroler Verkehrswirtschaft „wohl in diesem Kreise nicht ausführlicher“ sprechen müsse.51 Nach Ansicht der Tiroler Handelskammer sei der Ausbau der Brennerstraße mit Ausschaltung der sogenannten Schönbergkurven – einem Abschnitt, in dem sich viele Unfälle ereignen würden – keineswegs verfrüht, sondern vordringlich für die wichtige Verkehrsverbindung.52

ten, Nr. 295, 22.12.1962, S. 12. NN, Dr. Knoflach – 40 Dienstjahre, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 295, 22.12.1962, S. 5. NN, Dr. Heinz Knoflach 70 Jahre alt, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 228, 1.10.1971, S. 5. NN, Zum Gedenken an Doktor Heinz Knoflach, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 234, 9.10.1972, S. 4. NN, Heinz Knoflach gestorben, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 235, 10.10.1972, S. 3. NN, Dr. H[einz] Knoflach zum Gedenken. Vorstandsdirektor der Brennerautobahn AG – Große Verdienste, in: Dolomiten, Nr. 230, 16.10.1972, S. 8. 49 Miller wurde am 27. Dezember 1880 in Innsbruck geboren und verstarb am 13. Juni 1973 in Innsbruck. Er war von 1945 bis 1960 Präsident der Tiroler Handelskammer. Siehe: Nick Rainer, Wirtschaftskammer Tirol: Interessenausgleich – Interessenvertretung – „Machtfaktor“ – Ideenwerkstatt, Teil 2 des Kapitels von Werner Plunger/Rainer Nick, 50 Jahre Interessenpolitik im Dienst der Tiroler Wirtschaft, in: Leidlmair/Plunger/Smekal (Hg.), Die Tiroler Wirtschaft (2001), S. 34-50, hier S. 47. 50 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 8. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 23. Februar 1954, 10 Uhr im Großen Saal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1954, S. 5. 51 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 9. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 24. September 1954, 10 Uhr im Großen Saal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1954, S. 5. 52 KgWT, Jahresbericht 1954, Innsbruck 1955, S. 186 und 191-192. NN, Die Entwicklung des Brennerverkehrs, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 4.12.1954, S. 3-7, hier S. 3-4.

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Auf den großen Einsatz der Handelskammer von Bozen für die Verbesserung der Brennerverkehrswege53 wurde bereits im Zusammenhang mit dem Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs eingegangen; in der ersten Hälfte der 1950er Jahre setzte sie sich allgemein für die Verbesserung der als unzureichend empfundenen Verkehrswege des Landes ein.54 Wichtiger Akteur der Handelskammer von Bozen war der Präsident der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer, Rechtsanwalt Dr. Walter von Walther,55 der von 1945 bis Oktober 1973 ihr Präsident war. Die Handelskammern waren untereinander gut vernetzt und hielten internationale Verkehrskonferenzen ab, die sich vorwiegend mit Brennerverkehrsfragen beschäftigten. Bei einer dieser Tagungen, am 13. März 1954 in Verona, empfahlen die Kammern von München, Innsbruck, Bozen, Trient und Verona, dass die gesamte Strecke München–Rom baldmöglichst nach den für Europastraßen geltenden Kriterien ausgebaut werden müsse.56 Ein weiterer Akteur, der zur treibenden Kraft für die Förderung des Brennerstraßenverkehrs aufrückte, war die Region Trentino-Tiroler Etschland. Der Präsident des Regionalausschusses, Rechtsanwalt Tullio Odorizzi,57 schlug im Jahr 1952 die Bildung einer Studiengruppe vor, welche die Verkehrslage der Region untersuchen 53 Andrea Bonoldi, Wirtschaft und Institutionen: eine soziale und politisch-administrative Konstruktion des Marktes?, in: Leonardi (Hg.), Die Region Trentino-Südtirol (2009), S. 59-89, hier S. 74. 54 NN, Attività della Consulta Economica Provinciale nel 1950, in: Bollettino ufficiale e notiziario economico della Camera di Commercio Industria e Agricoltura di Bolzano 4 (1951), Heft 4, S. 5-18, hier S. 17. 55 Von Walther wurde am 25. Januar 1900 in Bozen geboren und verstarb am 29. April 1984 in Bozen. Er war vom 27. Juni 1945 bis 31. Oktober 1973 Präsident der Handelskammer Bozen. NN, Schwierige Aufgaben stehen bevor. Neuer Handelskammerausschuß in Amt und Würde. Abschied von Dr. W[alter] v[on] Walther, in: Dolomiten, Nr. 289, 22./23.12.1973, S. 3. NN, Dr. Walter von Walther wurde achtzig, in: Dolomiten, Nr. 22, 26./27.1.1980, S. 8. NN, Dr. W[alter] v[on] Walther verstorben, in: Dolomiten, Nr. 102, 3.5.1984, S. 3. NN, Ein Gedenkblatt für Dr. Walter von Walther, in: Dolomiten, Nr. 113, 16.5.1984, S. 8. Eduard Widmoser, Südtirol A-Z, Bd. 4: O-Z, Innsbruck/München 1995, S. 387. 56 KgWT, Jahresbericht 1954 (Stenographische Protokolle), S. 191. NN, Die Entwicklung, S. 4. Heinrich Menardi, Die Brenner-Autobahn im Dienste der Wirtschaft, in: Brenner-Autobahn-Aktiengesellschaft (Hg.), Die Brenner-Autobahn (1972), S. 375-376, hier S. 375. 57 Odorizzi wurde am 20. Februar 1903 in Cles geboren und verstarb am 7. Juli 1991 in Trient. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane und die Regierungen. Von der I. bis zur XIV. Legislaturperiode, [Trient] 2011, S. 1347, http://www.landtag-bz.org/de/organe/organe-historischesarchiv.asp#anc2677 vom 27.5.2016.

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sollte, und beauftragte damit den Regionalassessor für Öffentliche Arbeiten, Dr. Donato Turrini,58 der in den Folgejahren zur Schlüsselfigur und von 1959 bis 1980 Präsident der italienischen Brennerautobahngesellschaft wurde, den Regionalassessor für Industrie, Handel und Fremdenverkehr, Giovanni Battista Girardi,59 und den Regionalrat conte Dr. Antonio Alberti de Poja,60 den Präsidenten des Landesfremdenverkehrsamtes von Trient. Diese sicherten sich die Unterstützung der ANAS von Bozen. Die Studiengruppe kam zu dem Schluss, dass die Brennerstraße durch das starke Verkehrsaufkommen gänzlich überlastet und dementsprechend eine radikale Verbesserung der Lage erforderlich sei.61 Der Regionalrat schloss sich 1953 deren Ansicht an, dass lediglich eine Autobahn das Verkehrsproblem lösen könne, und beauftragte Regionalassessor Turrini im März 1953 damit, in Palermo auf einem Verkehrskongress dem Minister für Öffentliche Arbeiten, Salvatore Aldisio, die Notwendigkeit und Vorteile einer Brennerautobahn darzulegen. Der Minister war jedoch davon überzeugt, dass vorerst ein Ausbau der Brennerstaatsstraße genügen würde. Trotz dieses Rückschlags kämpften Vertreter des Regionalrats, zumal Turrini, in Rom weiter für die Verwirklichung der Brennerautobahn – stets in Zusammenarbeit mit den Handelskammern von Trient und Bozen, die dieselben Ziele verfolgten und deren Präsidenten rag. Leo Detassis und Walter von Walther als überzeugte Wortführer hervortraten. Auch die Region Trentino-Tiroler Etschland stand mit den anderen Brennerautobahnakteuren im In- und Ausland in regem Kontakt, um die Erfolgschancen zu maximieren.62 Der Trentiner Ingenieur

58 Turrini wurde am 25. Februar 1909 in Campodenno geboren und verstarb am 16. April 1992. Er war Regionalratsabgeordneter (DC) vom Dezember 1948 bis Dezember 1964. In den ersten drei Legislaturperioden bekleidete er das Amt eines Regionalassessors für Öffentliche Arbeiten und war von 1956 bis 1960 zudem Vizepräsident des Regionalausschusses. Von 1961 bis 1964 war er Assessor für Landwirtschaft und Genossenschaftswesen. Von der Gründung der Brennerautobahngesellschaft am 20. Februar 1959 bis zum Jahr 1980 war er Präsident der Brennerautobahngesellschaft. Ebd., S. 1505-1506. 59 Girardi wurde am 22. Dezember 1906 in Mezzolombardo geboren und verstarb am 19. November 1984. Ebd., S. 1192. 60 De Poja wurde am 29. Januar 1913 in Innsbruck geboren und verstarb am 29. Februar 1992. Ebd., S. 958. 61 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 9. Callin, Eine Brücke, S. 29. Luigi Bonfante, Autostrada del Brennero: La porta tra nord e sud delle Alpi, in: Simonetta Pezzo (Hg.), Le autostrade del nordest, Verona 1992, S. 33-53, hier S. 36. Zanon, Territorio, S. 635. Giuntini, Boom, S. 14-15 (Internetquellen). 62 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 10. Callin, Eine Brücke, S. 29-31. Zanon, Territorio, S. 635. Giuntini, Boom, S. 15 (Internetquellen).

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Dr. Guido de Unterrichter,63 der einige Jahre später das Vorprojekt für die Brennerautobahn ausarbeitete, erstellte bereits 1952, in dieser frühen Phase der Etablierung des Diskurses, erste Skizzen für einen italienischen Teil der Brennerautobahn.64 Die erste Hälfte der 1950er Jahre bildete demnach den ersten Abschnitt der Etablierung des Brennerautobahndiskurses, in der die Akteure ihre Aussagen zu formieren begannen, es aber noch keineswegs „natürlich“ war, wie eine zukünftige Brennerautobahn zu sehen war. Weiters galt der Straßenroute nicht die alleinige Aufmerksamkeit, da auch die Modernisierung der Brennereisenbahn als förderungswürdiges Projekt erachtet wurde. Neben der Position eines sofort notwendigen Baus der Brennerautobahn gab es in dieser ersten Phase der Etablierung zudem den Standpunkt, dass vorläufig auch der Ausbau der Brennerstraße genügen würde. Im öffentlichen Diskurs hatten sich die Sprecherpositionen jener Akteure, die den Bau der Brennerautobahn unterstützten wie die Handelskammern, noch nicht durchgesetzt. So betonte in Tirol eine Sonderausstellung im Rahmen der Innsbrucker Herbstmesse im Jahr 1954 mit dem Titel „Tirol braucht keine Autobahnen, sondern Alpenstraßen“ die Notwendigkeit des Baues von Passstraßen gegenüber dem Bau von Autobahnen in Tirol. Der Vergleich mit den Südtiroler Hochgebirgsstraßen wie der Dolomitenstraße, die bereits in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg aus militärischen Gründen gebaut worden waren, zeige, dass sich diese Verkehrsinfrastrukturen in der Folge zu Tourismusmagneten entwickelt hätten.65

4.2 D ER Z EITRAUM

VON

1956

BIS

1959

Der Zeitraum von 1956 bis etwa zum Jahr 1959 war von einer weiteren Etablierung des Brennerautobahndiskurses geprägt, wobei sich gegen Ende dieser Phase hin bereits jene Aussagen zu festigen begannen, welche die Stabilitätsphase des Brennerautobahndiskurses kennzeichneten und mit denen demnach die diskursiven Denk-

63 De Unterrichter wurde am 16. Dezember 1903 in Fucine (Trient) geboren und verstarb am 11. Juni 1979 in Trient. Er war von Juni 1958 bis Juni 1968 Senator. Senato della Repubblica, Guido de Unterrichter, o.D., http://www.senato.it/leg/04/BGT/Schede/Attsen/ 00009590.htm vom 27.5.2016. 64 Werner Rutz, Zur Frage der Autobahntrassierung im unteren Eisacktal, in: Ernst Weigt (Hg.), Angewandte Geographie. Festschrift für Professor Dr. Erwin Scheu zur Vollendung des 80. Lebensjahres (Nürnberger wirtschafts- und sozialgeographische Arbeiten 5), Nürnberg 1966, S. 147-162, hier S. 148. 65 Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 9. Ders., Vom Saumpfad, S. 671. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 10. Meixner, Brücken, S. 470. Kreuzer, Der Bau, S. 89.

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und Handlungsmöglichkeiten langsam abgesteckt wurden. In Tirol und Südtirol verstärkten sich in diesem zweiten Stadium der Etablierung die Bemühungen für eine möglichst rasche Verwirklichung der Brennerautobahn mit dem allgemeinen Konsens, dass die Realisierung nicht mehr weiter aufgeschoben werden könne. Die Brennerautobahn rückte dabei zum neuen Bezugspunkt auf. Sowohl in Tirol als auch in Südtirol herrschte die einhellige Auffassung, dass das starke Verkehrsaufkommen die Bedeutung der Brennerroute zeige und deshalb die Brennerautobahn vor anderen nationalen Autobahnprojekten zu verwirklichen sei. Wichtigstes Argument für die Notwendigkeit des Baus war das seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre ständig steigende Verkehrsaufkommen auf der B182 und der SS12 – hierzu die Auswertung der Verkehrsstatistiken in Kapitel drei –, da die neue Infrastruktur die Voraussetzung dafür sei, dass die Region auch in Zukunft weiterhin attraktiv bleibe. Diese Aussage zog sich auch durch beinahe die ganze Phase der Stabilisierung hindurch, soll aber an dieser Stelle genauer ausgeführt werden. Die kontinuierliche Betonung dieses Arguments – sei es von politischer und wirtschaftlicher Seite, aber auch durch die Medien – diente zudem dazu, etwaigen Kritikern bereits im Vorfeld die Grundlage zu entziehen. Die Betonung der Notwendigkeit des Baus einer leistungsstarken Verkehrsinfrastruktur in Form der Brennerautobahn produzierte in der Folge das Wissen über den Verkehr, dass ein Land seine Verkehrsinfrastrukturen ständig weiter verbessern müsse. Auf die Nachfrage nach Autobahnen, um dem starken Verkehrsaufkommen als Folge der verstärkten Motorisierung zu begegnen, müsse notwendigerweise das Angebot einer neuen Verkehrsinfrastruktur gemacht werden. Zugleich hob man aber auch das Argument hervor, dass neue Autobahnen als Angebot an die Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer dazu dienten, der Region Vorteile durch ein gesteigertes Verkehrsaufkommen zukommen zu lassen. Dementsprechend wurde der Verkehr als positiver Aspekt für eine Region bewertet. Fahrverbote wurden im Gegensatz zu möglichst gut ausgebauten Straßenverkehrswegen nicht als Lösung der Verkehrsproblematik erachtet, da sie zu einem verringerten Verkehrsaufkommen geführt hätten, was keineswegs als wünschenswert galt.66 Diese Aussage war bereits in den 1950er Jahren eine fest etablierte Wirklichkeitskonstruktion, die nicht angezweifelt wurde. Wer ihr widersprach, befand sich damit außerhalb der Diskursgrenzen. Anhand einiger Zahlen lässt sich die wachsende Verkehrsbelastung der B182 und der SS12 insbesondere seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre verdeutlichen. Bald nach 1950 verlor die Brennereisenbahn, die seit dem 19. Jahrhundert die führende Verkehrsinfrastruktur über den Pass gewesen war, gegenüber der Brennerstraße mas-

66 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 4. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 11. Dezember 1956, 9 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1956, S. 9.

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siv an Bedeutung. So reisten 1958 1.842.590 Personen mit dem Zug über den Brenner, während im selben Jahr 3.991.795 Personen auf der Brennerstraße den Pass überquerten. Das bedeutete, dass 31,6 Prozent der Personen mit der Bahn den Brenner passierten, während 68,4 Prozent die Straße dazu benutzten.67 Im Zeitraum zwischen 1950 und 1958 stieg nach Angaben der ANAS der durchschnittliche Gesamttagesverkehr im Sommer auf der Brennerstraße von 1816 auf 7641 Fahrzeuge an, was einer Steigerung um mehr als das Vierfache entsprach. Die Zunahme erreichte zwischen 1957 und 1958 22 Prozent und stellte die höchste jährliche Steigerung seit 1950 dar.68 Auch der Güterverkehr auf der Brennerstraße nahm stark zu. So erfuhr die beförderte Gütermenge auf der Brennerstraße die beinahe unglaubliche Steigerung von 4259 Tonnen im Jahr 1950 auf 21.000 Tonnen im Jahr 1955 und schließlich auf 396.800 Tonnen im Jahr 1960. Die beförderte Gütermenge stieg demnach bereits von 1950 bis 1955 auf beinahe das Fünffache und von 1955 bis 1960 wiederum auf fast das Neunzehnfache an. Aus diesen Zahlen treten die massiven Steigerungen im Güterverkehr ab dem Jahr 1955 deutlich hervor.69 Zu Ostern, zu Pfingsten und insbesondere in der Hauptreisezeit in den Sommermonaten war das Verkehrsaufkommen auf der Brennerstraße besonders hoch. So befuhren am 3. August 1959 den Brenner bis zu 13.800 Fahrzeuge in beiden Richtungen, wobei der Monat August 1959 Tagesdurchschnitte von über 7500 Fahrzeugen

67 Siehe die Tabelle „Der Personen- und Kraftfahrzeugverkehr bei den Tiroler Grenzkontrollstellen im Jahre 1958“ in: NN, Der grenzüberschreitende Reiseverkehr im Bereiche unseres Bundeslandes, in: Tiroler Verkehr. Allgemeines Fremdenverkehrsblatt 41 (1959), Heft 5, S. 1. 68 ANAS, Bericht über die italienisch-deutschen Straßenverbindungen durch Österreich. Italienisch-österreichisch-deutsche Zusammenkunft in Mailand. Zitiert aus der Übersetzung von Dr. Kinigadner, 23./24.2.1959, Südtiroler Landesarchiv (SLA), Landesinstitut für Statistik (ASTAT) 32. 69 Zur Statistik über den „Gesamtgüterverkehr auf dem Strassenwege über den Brenner“ siehe: Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer – Bozen, Vorstudie über Standort und Anlage der „Autobahn-Grenzstation“ Sterzing–Freienfeld. Erster Teil, Bayerisches Hauptstaatsarchiv (BayHStA), Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr (MWi), Abgabe 2012, Mittelgruppe (MGr) 72, lfd. Nr. 21. H[erbert] Buzas, Baubeginn der Autobahn Kufstein–Brenner frühestens 1963. Bis zur Verwirklichung dieses Projektes örtliche Maßnahmen – Gespräch mit Landesbaudirektor Dipl.-Ing. Hofrat Stark, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 14, 18.1.1958, S. 3. Werner Engelmann, Die Bedeutung der Brenner-Autobahn für Tirol und den alpenüberquerenden Nord-Südverkehr, unveröffentlichte Diplomarbeit, Innsbruck 1962, S. 36.

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aufwies. Noch stärkere Verkehrsspitzen wurden auf dem italienischen Teil der Brennerstraße verzeichnet, wo beispielsweise bei Rentsch (in der Nähe von Bozen) Ende Juli 1959 eine Tagesspitze von 18.000 Fahrzeugen nachgewiesen wurde.70 Das hohe Verkehrsaufkommen auf der Brennerstraße spätestens ab 1955 resultierte aus der ansteigenden Motorisierung im In- und Ausland und dem zunehmenden internationalen Transitverkehr. Die Brennerstraße war insbesondere im Sommer durch die hohe Anzahl von westdeutschen Italientouristinnen und -touristen, die sich in der Folge der in der BRD einsetzenden Massenmotorisierung basierend auf dem Wohlstand breiterer Bevölkerungsschichten einen Urlaub im eigenen Auto leisten konnten, heillos überlastet.71 Der deutsche Historiker Reiner Ruppmann bezeichnete dieses Phänomen als „jährlich hereinbrechende Springflut von Autofahrern“72. Das Auto stieg ab den 1950er Jahren zu einem Kollektivsymbol der Massenkonsumgesellschaft auf, das im öffentlichen Raum als repräsentatives Statusobjekt nach außen gezeigt werden konnte. Im Gegensatz dazu blieben andere Konsumgüter wie Kühlschränke auf die Verwendung im häuslichen Innenraum beschränkt.73 Zur Grundausstattung eines „vollwertigen Gesellschaftsmitgliedes“74 gehörte nun ein Auto, diese verbreitete Auffassung begründete den Siegeszug dieses Verkehrsmittels mit. Das Auto entwickelte sich in symbolischer und ideologischer Überhöhung zum 70 NN, Alarmierende Nachrichten über Brennerverkehr, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 38, 24.9.1959, S. 3. NN, Der Brenner – ein europäisches Verkehrsproblem, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 40, 3.10.1959, S. 1-4, hier S. 2. In Tirols gewerblicher Wirtschaft werden die Verkehrsspitze abweichend mit dem 3. August 1958 und die Tagesdurchschnitte mit dem Monat August 1958 angegeben. 71 Winfried Wolf, Verkehr. Umwelt. Klima. Die Globalisierung des Tempowahns, Wien 2007, S. 171. Meixner, Brücken, S. 470-471. Zum Wirtschaftswachstum in der BRD und dem damit verbundenen Übergang von der Industrie- zur Konsumgesellschaft siehe weiterführend: Christian Pfister, Energiepreis und Umweltbelastung. Zum Stand der Diskussion über das „1950er Syndrom“, in: Siemann (Hg.), Umweltgeschichte (2003), S. 61-86. Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte, S. 236. 72 Ruppmann, Das System, S. 357. 73 Oliver Kühschelm, Motorisierung in den 1950er Jahren: Der österreichische Volkswagen, in: Reinelde Motz-Linhart (Hg.), Tagungsbericht des 25. Österreichischen Historikertages. St. Pölten, 16. bis 19. September 2008 (Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Historiker und Geschichtsvereine 34; Studien und Forschungen aus dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde, Sonderband 2010), St. Pölten/Wien 2010, S. 215226, hier S. 218. 74 Günter Burkart, Die kulturelle Durchsetzung des Automobilismus als Element der modernen Lebensweise, in: Sozialwissenschaftliche Informationen 25 (1996), Heft 4, S. 250-256, hier S. 252.

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Leitbild des sogenannten „Wirtschaftswunders“75. Die Fahrt mit einem PKW wurde in den 1950er Jahren mit einer gewissen Freiheit gleichgesetzt,76 die jedoch durch Verkehrsstockungen wie jene auf der Brennerstrecke eingeschränkt wurde. In dieser zweiten Phase der Etablierung des Diskurses mit der Unterstreichung der Notwendigkeit des Baus der Brennerautobahn durch das steigende Verkehrsaufkommen wurde wiederholt auf die Bestimmungen der Genfer Konvention verwiesen. Diese hatte festgelegt, dass Europastraßen der Kategorie I, zu denen auch die B182 und die SS12 gehörte, bis zu einer Verkehrsdichte von 600 Fahrzeugen je Stunde und über 30 Stunden im Laufe eines Jahres77 noch im Rahmen der zulässigen Norm waren. Im Falle einer Überschreitung dieser Werte müsse die Straße zu einer Autobahn (Kategorie II) mit zwei voneinander getrennten Fahrbahnen mit insgesamt vier Fahrstreifen ausgebaut werden. Da diese Norm auf der Brennerstraße seit 1955 aufgrund des hohen Personen- und Güterverkehrsaufkommens spielend überschritten wurde, wurde dies als zusätzliches Argument für eine forcierte Realisierung der Brennerautobahn herangezogen.78 So konstatierte Donato Turrini in seiner Funktion als Präsident der italienischen Brennerautobahngesellschaft im September 1959, dass im Abschnitt zwischen Bozen und Trient im Zeitraum von Juni bis September 1959 die von der Genfer Konvention festgelegte Grenze hinsichtlich der Verkehrsdichte während 1200 Stunden überschritten worden sei und demnach der Bau der Brennerautobahn zwingend und möglichst rasch erfolgen müsse.79 Weiters bemängelte man in Tirol und Südtirol einhellig den unzureichenden Ausbauzustand der B182 und der SS12, der zu einer erhöhten Unfallhäufigkeit und zu Verkehrsstaus von über 30 km Länge führen würde. Die Brennerstraße wurde ob ihrer gewundenen Linienführung zwischen Innsbruck und Bozen, die Überholmanöver erschwerte bis unmöglich machte, und wegen ihrer vielen Ortsdurchfahrten als eine

75 Thomas Kühne, Massentourismus und Verkehrspolitik im 20. Jahrhundert: Technikgeschichte als politische Sozial- und Kulturgeschichte, in: Neue Politische Literatur. Berichte über das internationale Schrifttum 41 (1996), Heft 2, S. 196-229, hier S. 217. 76 Kühschelm, Motorisierung, S. 218. 77 Zur Erläuterung dieses Werts siehe den Abschnitt 4.1 zur Genfer Konvention. 78 Guido de Unterrichter, Die Brenner-Autobahn (Comitato Piani – Vie di Comunicazione della Regione Trentino-Alto Adige), Trient o.J. [1958], S. 6. 79 Donato Turrini, Tätigkeit und Programm der Brenner-Autobahn A.G., in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung über den Brennerverkehr. Bozen, 18.-20. September 1959. Referate und Diskussionsbeiträge, Trient 1959, S. 129-134, hier S. 130-131.

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Verkehrsinfrastruktur betrachtet, die den Anforderungen an eine bedeutende europäische Transitroute nicht mehr gewachsen war.80 Allgemeiner Konsens war weiter, dass ein Ausbau der Brennerstraße das Verkehrsproblem nicht lösen könne, doch hinsichtlich einer etwas größeren Verkehrsflüssigkeit wünschte man noch vor Beginn des Autobahnbaus die gröbsten Mängel der technisch überholten Brennerstraße zu beseitigen, indem sie beispielsweise durch den Bau von Über- oder Unterführungen von den verbliebenen schienengleichen Bahnübergängen befreit werden sollte.81 Der Bau der Brennerautobahn – so die Hoff-

80 Siehe dazu exemplarisch: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 20 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 2.12.1957, S. 7-9, AHBz, Komitee (1949-1959). Protokoll der 7. Sitzung des Ausschusses der Landesstelle Tirol der Oesterreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft in Innsbruck am 20. März 1958, 20.3.1958, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 50, 23.4.1958, S. 15-17, hier S. 17. De Unterrichter, Die Brenner-Autobahn, S. 9. Guido de Unterrichter, L’Autostrada del Brennero, in: Economia trentina 7 (1958), Heft 1-2, S. 41-52, hier S. 43. NN, Costerà sessanta miliardi l’autostrada del Brennero. Le norme delle Convenzione di Ginevra impegnano lo Stato italiano a provvedere al dovuto adeguamento della Brennero–Verona – Sulla „statale“ non dovrebbero viaggiare più di 600 „veicoli-ora“ limite massimo superato invece più volte, in: Alto Adige, Nr. 21, 24.1.1959, S. 7. ANAS, Bericht über die italienisch-deutschen Straßenverbindungen durch Österreich. Italienisch-österreichisch-deutsche Zusammenkunft in Mailand. Zitiert aus der Übersetzung von Dr. Kinigadner, 23./24.2.1959, S. 2, SLA, Landesinstitut für Statistik (ASTAT) 32. Ugo Bernieri, Der Warenverkehr mit Lastkraftwagen über den Brenner, in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung (1959), S. 25-33, hier S. 30. Franz Egert, [Das Problem der Autobahn über den Brenner], in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung (1959), S. 43-53, hier S. 45. F[ranz] H[ieronymus] R[iedl], Europäische Autostraßen über und durch die Alpen. Der Ausbau der Nord-Süd-Verbindungen ist vordringlich, in: Der Volksbote. Unabhängiges österreichisches Wochenblatt, Nr. 34, 25.8.1962, S. 7. NN, Die Autobahn Innsbruck–Schönberg wird termingerecht vollendet werden, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 13 (1962), Nr. 8, S. 1-2. NN, Der Brenner – befahrenster und gefürchtetster Alpenübergang, in: Dolomiten, Nr. 165, 20.7.1963, S. 5. Guido de Unterrichter, Wirtschaftliche Bedeutung der Brenner-Autobahn und technische Charakteristiken, in: Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 25. Österreichischen Straßentag in Innsbruck/Tirol, vom 20.-22. Mai 1963, veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen mit Unterstützung des Landes Tirol, Wien 1963, S. 27-29, hier S. 27. 81 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, II. Legislatur, 33. Sitzung, 24.1.1955, S. 20-34, hier S. 21-32. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, III. Periode,

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nung – würde die Brennerstraße vom Schwerverkehr entlasten und sie wieder vermehrt ihre Funktion als Verkehrsverbindung für den Regionalverkehr und den touristischen Verkehr erfüllen lassen. So sei beispielsweise der landwirtschaftliche Verkehr auf die Benutzung der Brennerstraße angewiesen. Die Orte entlang der B182 und der SS12, die unter dem ständig weiter steigenden Verkehrsaufkommen zu leiden hatten, würden durch den Bau der Brennerautobahn wieder einen Aufschwung im Bereich des Fremdenverkehrs erleben.82 Zudem herrschte die allgemeine Meinung vor, Fremdenverkehrsregionen wie Tirol und Südtirol bedürften möglichst gut ausgebauter Straßenverkehrsverbindungen. So bemängelte die Tageszeitung Alto Adige noch im Mai 1962, dass die Brennerstaatsstraße insbesondere im Abschnitt zwischen Brenner und Mauls (südlich von Sterzing) in einem katastrophalen Zustand und aufgrund der vielen Löcher wahrlich ein „campo di patate“83 – also ein Kartoffelacker – und demnach unpassierbar sei. Ein derartiger Zustand sei aber dem Ruf des Landes als Fremdenverkehrsgebiet abträglich, sodass zu befürchten sei, dass die Touristen anderswo Urlaub machen würden.84 Auch in zeitgenössischen Zeitungsartikeln aus der Bundesrepublik wurde Unmut über den mangelhaften Ausbauzustand der Brennerstraße geäußert, die als ein „Ärgernis für die Autotouristen“85 beschrieben wurde. Wenn den deutschen Reisenden nicht angemessene Verkehrsinfrastrukturen zur Verfügung gestellt werden würden, könnten sie sich anderen europäischen Reiseländern mit gut ausgebautem Verkehrsnetz zuwenden. Somit könne es sich als eine Fehlspekulation vonseiten Italiens erweisen, dass die ausländischen Gäste ganz von selbst kommen würden, wenn nur die Sonne locke.86

31. Tagung, 4. Sitzung, 21.12.1956, S. 149-150. Carl von Braitenberg, Bedeutung des Brennerüberganges im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr, in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung (1959), S. 34-42, hier S. 40. 82 Guido de Unterrichter, Della necessità di un’autostrada attraverso il Brennero per le comunicazioni fra il Nord e il Sud delle Alpi, in: Economia trentina 6 (1957), Heft 5, S. 70-74, hier S. 72. Otte, Die Finanzierungsproblematik, S. 23-24. 83 NN, Il tratto Brennero–Mules è un campo di patate! La protesta degli albergatori, in: Alto Adige, Nr. 125, 27.5.1962, S. 13. 84 Ebd. 85 K., G., Autobahnen durch die Alpen. Neue Wege in den Süden – Der Andrang wird zu groß, in: Die Zeit, Nr. 28, 10.7.1959, S. 19. 86 Hans Schwenk, … auch nach Süden nur in der Schlange. Rom legt das Hauptgewicht auf den Ausbau der inneritalienischen Straßen – Der Brenner wird vernachlässigt, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 239, 5./6.10.1963, S. 4.

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4.2.1 Planungen für die österreichische Brennerautobahn von 1956 bis 1959 Ende 1956 unterrichtete die Tiroler Landesbaudirektion das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau darüber, dass eine Neutrassierung der gesamten Strecke von Kufstein bis zum Brenner vorerst nicht vorrangig sei. Lediglich einer Neutrassierung des Abschnitts Innsbruck–Brenner wurde in naher Zukunft primäre Relevanz aufgrund des steigenden Verkehrsaufkommens bescheinigt. Eine Neutrassierung der Brennerstraße müsse jedoch mit Studien für eine Trassierung im Unterinntal einhergehen.87 Auf diesen Bericht hin erteilte der österreichische Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, Dr. Fritz Bock,88 am 16. Dezember 1956 der Tiroler Landesbaudirektion den Auftrag, mit Planungsarbeiten in Form von Vorstudien für eine Schnellverkehrsstraße Kufstein–Innsbruck–Brenner zu beginnen. Im Speziellen sollten erste Entwürfe für die als besonders dringlich erachtete Verwirklichung der Teilstrecke Innsbruck–Brenner erarbeitet werden. Der Begriff „Schnellverkehrsstraße“ wurde aus rechtlichen Gründen verwendet, da im damaligen Bundesstraßengesetz eine Brennerautobahn nicht enthalten war. Die Vorstudien sollten die Grundlage für die Entscheidung bilden, welche der untersuchten Trassenführungen verwirklicht werden sollte.89 Die Tiroler Landesbaudirektion unter Landesbaudirektor Hofrat Dipl.-Ing. Josef Stark90 kam bei der Ausarbeitung der Vorstudie zu dem Schluss, dass eine Verbreiterung der B182 die Verkehrsprobleme nicht lösen und lediglich eine neu errichtete 87 Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 9. Ders., Die Geschichte des Brennerweges, in: Brenner-Autobahn-Aktiengesellschaft (Hg.), Die Brenner-Autobahn (1972), S. 21-44, hier S. 38. Siehe auch: ders., Vom Saumpfad, S. 671-672. Kreuzer, Der Bau, S. 89. 88 Bock wurde am 26. Februar 1911 in Wien geboren und verstarb am 12. Dezember 1993 in Wien. Er war Bundesminister für Handel und Wiederaufbau vom 19. September 1956 bis zum 19. April 1966. Siehe: Ernst Bruckmüller (Hg.), Personenlexikon Österreich, Wien 2001, S. 49-50. Isabella Ackerl/Friedrich Weissensteiner, Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien 1992, hier S. 49. Republik Österreich – Parlamentsdirektion, Dr. Fritz Bock, 19.12.1993, http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD _00138/ vom 27.5.2016. 89 Bundesminister [Fritz] Bock an Landeshauptmann von Tirol, Bundesstraßenverwaltung, 16.12.1956, TLA, Amt der Tiroler Landesregierung (ATLR) Abteilung (Abt.) VI b 97638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 2. Siehe auch: Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 9. 90 Stark wurde am 31. Mai 1896 in Lienz geboren und verstarb am 1. März 1985 in Hall in Tirol. Er war vom 1. Januar 1952 bis 31. Dezember 1961 Landesbaudirektor von Tirol.

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vierspurige (und nicht zweispurige) Autobahn in offener Trassenführung über den Brenner eine flüssige Verkehrsabwicklung gewährleisten könne.91 Die Tiroler Landesbaudirektion verglich verschiedene Linienführungen unter anderem unter finanziellen Aspekten und nach Kriterien bestmöglicher Aufnahme sowohl des regionalen Verkehrs als auch des Transits sowie Ost-West-Verkehrs. Weiteres Augenmerk galt der Rücksicht auf Siedlungsgebiete sowie landschaftliche Kulturgründe, auf geologische Verhältnisse oder Anschlussmöglichkeiten von Tourismusgebieten.92 Dabei wurden insbesondere drei Hauptvarianten untersucht: die Osttrasse (von Hall über Vill nach Ellbögen), die Mitteltrasse (Innsbruck–Amras–Schönberg) und die Westtrasse (über Natters und Mutters). Die Osttrasse wurde aus finanziellen Gründen, im Sinne der Verschonung von Kulturgründen und aufgrund der ungünstigen Lage von Anschlussstellen abgelehnt. Die Westtrasse schied wegen ihrer Länge und daraus resultierender hoher Kosten, der Zerschneidung von Siedlungsgebieten und ungünstiger geologischer Verhältnisse aus. Die Tiroler Landesbaudirektion entschied sich aus finanziellen und technischen Gründen, wegen günstiger Verkehrsanbindungen sowohl für den Ost-West-Verkehr als auch für den regionalen Verkehr und im Sinne der Schonung von Siedlungsgebieten sowie landschaftlicher Kulturgründe für die Mitteltrasse.93 Siehe: Otto Hartlieb, Der Straßenbau in Tirol, in: Landesbaudirektion Tirol (Hg.), Der Verkehr in Tirol. Eine Bestandsaufnahme zur Verkehrsentwicklung und zum Straßen- und Eisenbahnbau von 1987 bis 1984. Festdokumentation zum 51. Österreichischen Straßentag vom 9. bis 10. Mai 1994 in Mayrhofen im Zillertal, Innsbruck 1994, S. 7-22, hier S. 21. NN, Der ehemalige Baudirektor Tirols, Hofrat Josef Stark, ist gestorben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 71, 25.3.1985, S. 4. 91 Erwin Zesch, Vom Jochweg zur Brenner-Autobahn, in: Blätter für Technikgeschichte 26 (1964), S. 124-134, hier S. 132. Walter Pölt, Straßenverkehr und Autobahn in Tirol, in: Berichte zur Raumforschung und Raumplanung 9 (1965), Heft 4, S. 332-358, hier S. 340. Leo Feist, Planung und Projektierung der Brenner-Autobahn, in: Prinzenstein (Hg.), Technik (1983), S. 22-35, hier S. 26. Ders., Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 9. 92 Alois Seidl, Die Autobahnen in Österreich, in: Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 21. Österreichischen Straßentag in Innsbruck, vom 25.-28. Mai 1959. Veranstaltet von der Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen und der Baudirektion der Tiroler Landesregierung, Wien 1959, S. 13-35, hier S. 34. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 15. Siehe auch: Leo Feist, Planung und Projektierung der Brenner-Autobahn, in: Brenner-Autobahn-Aktiengesellschaft (Hg.), Die Brenner-Autobahn (1972), S. 49-88, hier S. 57. Ders., Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 9-11. Ders., Planung, in: Prinzenstein, S. 25-31. 93 Seidl, Die Autobahnen, S. 34. Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 6. Landesbaudirektion an Landeshauptmann [Hans] Tschiggfrey, 3.7.1962, TLA, Kanzlei

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Die im Frühjahr 1958 unter Zeitdruck abgeschlossenen Vorstudien bildeten die Grundlage für die sogenannte Brennerstraße-Enquete respektive Autobahn-Enquete, die am 12. April 1958 im Neuen Landhaus in Innsbruck stattfand. Dabei erteilte der Bundesminister Dr. Bock der Tiroler Landesbaudirektion den Auftrag, auf der Grundlage der Vorstudien ein generelles Projekt für den Autobahnabschnitt Innsbruck–Schönberg auszuarbeiten, damit im Jahr 1959 mit den Bauarbeiten in diesem Abschnitt bereits begonnen werden könne. Die Arbeiten an diesem Teilabschnitt galten als vordringlich, da die 84 unübersichtlichen Kurven der Brennerstraße in diesem Abschnitt regelmäßig Verkehrsstaus und Unfälle verursachten. An der Enquete nahmen Tiroler Vertreter der Politik, der Wirtschaft, der Landwirtschaft und der Presse sowie die Bürgermeister sämtlicher vom Autobahnbau in Tirol betroffenen Gemeinden teil.94 Da im damaligen Bundesstraßengesetz die Brenner- und die Inntalautobahn nicht enthalten waren, fehlte die gesetzliche Verankerung für die Brennerautobahn. Als Ausweg aus dieser Lage wurde das Bauvorhaben Innsbruck–Schönberg als „Zweibahniger Ausbau der Brenner-Bundesstraße zwischen Innsbruck und Schönberg“ bezeichnet und das Projekt mit dieser Bezeichnung ins Bauprogramm 1959 der Bundesstraßenverwaltung B (allgemeine Bundesstraßen) mit aufgenommen. Technisch

LH, 8 (1). NN, Zur Eröffnung der Autobahn: Der Weg über den Brenner, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 9/10, S. 13-24, hier S. 20. Franz Thaler, Europa fährt über den Brenner, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 19 (1963), Nr. 46, S. 16. Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 11. Ders., Vom Saumpfad, S. 675. Meixner, Brücken, S. 475. Kreuzer, Der Bau, S. 92. 94 NN, Die Brennerstraße wird ausgebaut. Wichtigstes Ergebnis der „Amtstage“ des Bundesministers für Handel und Wiederaufbau, Dr. Bock, in Tirol. Ausbau erfolgt in einem Fünfjahresplan – Kosten betragen 250 Millionen Schilling – Fernziel: die Autobahn, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 85, 14.4.1958, S. 1. Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 7. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 4. Juni 1958, 10 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck 1958, S. 5. Josef Anton Mayr, Tirol braucht die Autobahn Kufstein–Brenner!, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 217, 20.9.1958 (Sonderbeilage: 26. Innsbrucker Messe), S. 7. Leopold Feist, Notwendigkeit und Kosten der Brennerautobahn. Jeder Kilometer kostet durchschnittlich 50 Mio. Schilling – Mancher Kilometer der Autobahn Salzburg–Wien kommt erstaunlicherweise teurer, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 241, 17.10.1961, S. 2. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 16 und 26. NN, Die Eröffnung der Brenner-Autobahn zwischen Innsbruck und Schönberg mit der Europabrücke am 17. November 1963, [Innsbruck] [1963], S. [1]. Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. Ders., Die Geschichte, S. 43. Ders., Vom Saumpfad, S. 679-680. Meixner, Brücken, S. 475. Kreuzer, Der Bau, S. 91.

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wurde die Strecke Innsbruck–Schönberg jedoch von Beginn an nach Autobahnrichtlinien gebaut. Auch wenn es sich dementsprechend beim Bau der Teilstrecke Innsbruck–Schönberg in formaler Hinsicht nicht um den Bau einer Autobahn, sondern um den Ausbau der Bundesstraße handelte, wurde das Bauvorhaben in der Öffentlichkeit und von den verschiedenen Akteuren durchwegs als Bau der Brennerautobahn bezeichnet. Erst im Jahr 1964 sollte die Brennerautobahn auch gesetzlich verankert werden. Bei der Planung der Brennerautobahn und Verwirklichung ihrer ersten Teilstrecke trat demnach der Sonderfall auf, dass die endgültigen Gesetze, auf denen sowohl Planung als auch Bau hätten basieren müssen, erst Jahre später beschlossen wurden.95 Die Tiroler Landesbaudirektion war auf die Ausarbeitung der Vorstudien und des generellen Projekts in organisatorischer Hinsicht unvorbereitet, da keine eigene Projektierungsabteilung vorhanden war und Personalmangel herrschte, der durch Überstunden notdürftig kompensiert wurde.96 Zur ihrer Unterstützung betraute das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau – ohne eine Ausschreibung – das Konstruktionsbüro Isola & Lerchbaumer mit der Ausarbeitung des generellen Projekts und des Detailprojekts.97 Das Planungsbüro von Isola & Lerchbaumer war direkt angesiedelt bei der Landesbaudirektion, die für die maßgeblichen Entscheidungen bei der Projektierung verantwortlich zeichnete. Das Konstruktionsbüro Isola & Lerchbaumer wurde eingeschaltet, weil dessen Leiter, Dipl.-Ing. Dr. Walter Heide, während des Nationalsozialismus gemeinsam mit Dipl.-Ing. Ernst von Gottstein Studien für eine Reichsautobahn bis Matrei ausgearbeitet hatte, wodurch ihm Erfahrungen im Bau von Autobahnen in Tirol zugeschrieben wurden.98 Bereits im Sommer 1958 wurde das generelle Projekt für den Autobahnabschnitt Innsbruck–Schönberg Bundesminister Bock vorgelegt, der daraufhin den Auftrag für 95 Pack, Die Baudurchführung, S. 5. Feist, Die Geschichte, S. 43. Ders., Vom Saumpfad, S. 668. Ders., Planung, in: Prinzenstein, S. 24. Kreuzer, Schnelle Straßen, S. 185. Ders., Der Bau, S. 91. 96 Feist, Die Geschichte, S. 38. Meixner, Brücken, S. 472. 97 ATLR, Abt. VI b, B[un]d[e]sstrassenverwaltung – Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner; Detailprojektierung d[es] Abschnittes Innsbruck–Schönberg, [16.4.1958], TLA, ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 6. 98 Dazu erhielt ich von Ingenieur Johannes M. Vilanek am 17. Oktober 2012 in Innsbruck freundliche Auskunft. Vilanek war Angestellter des Konstruktionsbüros Isola & Lerchbaumer. Der damalige Baurat Leo Feist berief Vilanek Pfingsten 1958 von der Projektierung der Achensee-Straße in sein Team für die Projektierung der Brennerautobahn. Vilanek war vom 16. Juli 1956 bis zum 30. Juni 1974 vom Projektierungsbüro Isola & Lerchbaumer (Spittal an der Drau) der Landesbaudirektion Tirol „zur besonderen Verwendung“ zum Dienst zugeteilt. Siehe auch: Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12.

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die Ausarbeitung des Detailprojekts für diesen Autobahnabschnitt erteilte.99 Wenige Monate später, am 21. November 1958, wurde Minister Bock das ausgearbeitete Detailprojekt vorgelegt, der es auch genehmigte.100 Im Auftrag der Tiroler Landesregierung beauftragte die Tiroler Landesbaudirektion im November 1958 den renommierten deutschen Straßenverkehrsingenieur Professor Dr.-Ing. Max-Erich Feuchtinger,101 der ein eigenes renommiertes Ingenieurbüro für Straßenplanung und Straßenverkehrstechnik in Neu-Ulm hatte und an der Technischen Hochschule Stuttgart am Lehrstuhl für Straßenbau und Straßenverkehrstechnik lehrte, mit der Ausarbeitung eines für die damalige Zeit neuartigen Verkehrsgutachtens für die geplante Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner,102 um die allgemeine Verkehrsbedeutung der Brennerautobahn, deren Bauwürdigkeit und deren Linienführung im Raum Innsbruck zu klären. Bezüglich der Linienführung der Autobahn im Raum Innsbruck gab Feuchtinger in seiner Studie lediglich Empfehlungen ab, auf die im Folgenden nicht näher eingegangen wird. Die Tiroler Behörden wollten auch nach Beginn der Projektierungsarbeiten durch die Feststellung der verkehrspolitischen Notwendigkeit des Baues der vierspurigen Brennerautobahn vonseiten eines Verkehrsexperten etwaigen Autobahngegnern den Wind aus den Segeln nehmen.103 Feuchtinger erstellte die im August 1959 abgeschlossene Verkehrsstudie mithilfe seines Mitarbeiters Dipl.-Ing. Karl-Heinz Schaechterle104 in seinem Ingenieurbüro.105 99

Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 26. Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. Kreuzer, Der Bau, S. 92.

100 Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. ATLR, Abt. VI b1 an Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, 15.11.1958, TLA, ATLR Abt. VI b 97638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 53. 101 Feuchtinger wurde am 9. September 1909 in Kiel geboren und verstarb am 29. Juni 1960. Zu für das Thema relevanten biografischen Informationen siehe: Wolfgang W. Wirth, Max-Erich Feuchtinger: Mensch und Werk, in: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Hg.), Festschrift. 100 Jahre Max-Erich Feuchtinger und Bruno Wehner. Tagung der FGSV-Arbeitsgruppen Verkehrsplanung, Straßenentwurf und Verkehrsmanagement. Tagung am 9. und 10. September 2009 in Stuttgart, Köln 2009, S. 20-68, hier S. 20-21 und 25-26. 102 ATLR, Abt. VI b1 an [Max-Erich] Feuchtinger, 3.10.1958, TLA, ATLR Abt. VI b 97638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 33. 103 Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. Ders., Planung, in: Prinzenstein, S. 26 und 33. Meixner, Brücken, S. 477. 104 Schaechterle war ab 1963 Professor für Verkehrs- und Stadtplanung an der Technischen Universität München. 105 Max-Erich Feuchtinger, Verkehrsstudie über die geplante Autobahn Kufstein – Innsbruck – Brenner. Durchgeführt im Auftrage der Tiroler Landesregierung in Innsbruck,

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Nach der Fertigstellung beriefen sich die Autobahnakteure sowie die Medien bei den verschiedensten Anlässen wiederholt auf die Untersuchung und erklärten, dass in Anbetracht der damaligen und künftigen Verkehrsbelastungen die „Autobahnwürdigkeit“ unbedingt gegeben sei.106 Feuchtinger kam zum Ergebnis, dass das Einzugsgebiet einer Brennerautobahn nördlich der Alpen das gesamte Gebiet Mittel- und Osteuropas zwischen Rhein und Weichsel umfasse, wozu auch Räume mit einem hohen Verkehrsaufkommen wie die Niederlande oder die BRD gehörten, Dänemark und Schweden sowie südlich der Alpen ganz Italien mit Ausnahme des Nordwestens um Turin. Die osteuropäischen Länder seien durch den Eisernen Vorhang bislang vom Brennerverkehr ausgeschlossen, könnten jedoch bei einer Lockerung der politischen und ökonomischen Beschränkungen sowie einer stärkeren Motorisierung zu einer überdurchschnittlichen Verkehrsentwicklung – gerade im Vergleich zu den westlich gelegenen Alpenübergängen – beitragen. Nach Fertigstellung der Brennerautobahn sowohl auf österreichischer als auch italienischer Seite werde ihr aufgrund ihrer günstigen Lage und ihrer ganzjährigen Befahrbarkeit eine erstrangige Bedeutung im Europastraßennetz zukommen.107 Die Funktion von Zubringerautobahnen für die Brennerautobahn als Erweiterung deren Einzugsgebietes erfüllten auf der Alpennordseite die sich im Bau befindlichen

Bd. Text, Ulm 1959, S. 1. Max-Erich Feuchtinger/Karl-Heinz Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe für Alpenstrassen. Gezeigt am Beispiel einer Verkehrsstudie über die Brenner-Autobahn, in: Strasse und Verkehr. Schweizerische Zeitschrift für den Strassenbau, den Strassenverkehr und verwandte Gebiete 46 (1960), Heft 7, S. 330-338, hier S. 330. 106 Siehe dazu exemplarisch: Alois Seidl, Das österreichische Teilstück der Brenner-Autobahn, in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung (1959), S. 117-125, hier S. 119-123. Ders., Die Autobahnen, S. 33. NN, Brenner-Autobahn rettet vor Verkehrschaos, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 216, 19.9.1959, S. 3. NN, Der Brenner – ein europäisches Verkehrsproblem. NN, Alarmierende Nachrichten. Amt der Tiroler Landesregierung – Landesbaudirektion, Brenner Autobahn, [Innsbruck] [1962], S. [1]–[2]. Landesbaudirektion an Landeshauptmann [Hans] Tschiggfrey, 3.7.1962, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 12-15. Leo Feist, Brenner-Autobahn – Tiroler Autobahn, in: Südtirol in Wort und Bild 7 (1963), Heft 3, S. 7-13, hier S. 7. NN, Brenner-Autobahn – und Europabrücke. Eine Zusammenfassung, in: Südtirol in Wort und Bild 7 (1963), Heft 3, S. 14, hier S. 14. 107 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 4, 8-9, 14 und 29. Ders./Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 332.

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Autobahnen Salzburg–Wien, Frankfurt–Nürnberg, Oberhausen–Arnheim und Hannover–Nordheim respektive die geplante Strecke Kassel–Würzburg.108 Andere Straßenprojekte würden jedoch eine Verringerung ihres Einzugsgebiets und eine Verkehrsentlastung der Brennerautobahn verursachen, wobei in dieser Hinsicht besonders die Schweizer Alpenübergänge eine bedeutende Rolle spielen würden, deren Einzugsgebiet unter anderem der Nordwesten Italiens, Frankreichs und Teile der BRD seien. Die im Bau befindlichen Schweizer Autobahnen mit dem St.-Gotthardund den St.-Bernhardin-Tunnel würden viel Verkehr an sich ziehen und gemeinsam mit den daran angeschlossenen deutschen und italienischen Autobahnen wichtige Verbindungen zwischen diesen Ländern darstellen. Der Brennerpass und der St.Gotthard-Pass seien die wichtigsten Alpenübergänge für den Nord-Süd-Verkehr in Zentraleuropa, wobei der Brenner den Vorzug einer ganzjährigen Befahrbarkeit aufweise.109 Das nationale österreichische Einzugsgebiet des Brennerpasses umfasse vorwiegend Tirol. Der Bau der Brennerautobahn ermögliche eine Verkehrsentlastung der Brennerstraße, die dann lediglich dem Lokalverkehr dienen werde.110 Feuchtinger sah sich genötigt, das vorhandene unvollständige statistische Material für die Verkehrsstudie heranzuziehen, da umfangreiche Verkehrserhebungen kurzfristig nicht durchzuführen gewesen wären. Er gab daher zu bedenken, dass aus diesem Grund keine exakten Vorhersagen gemacht werden könnten.111 Das Verkehrsaufkommen auf der Brennerstraße wies überdurchschnittlich starke Zunahmen und saisonale Schwankungen mit Spitzenbelastungen vor allem durch den Sommerreiseverkehr in den Monaten Juli, August und September auf. Der Anteil der ausländischen Kraftfahrzeuge am Gesamtverkehr betrage nach Feuchtinger auf der Brennerstraße 75 Prozent, im Raum Innsbruck–Wörgl 50 Prozent und im Grenzbereich bei Kufstein 65 Prozent.112 Nach seiner Verkehrsprognose würde es am Brenner im Planjahr 1980 den dreifachen Verkehr von 1958 geben.113 Feuchtinger kam bei der Untersuchung der Leistungsfähigkeit der Brennerstraße zu dem Schluss, dass bereits im Untersuchungsjahr 1958 die Grenze der praktischen Leistungsfähigkeit (der Höchstzahl an Fahrzeugen, die die Brennerstraße innerhalb einer Stunde an einem Querschnitt durchfahren konnten, wobei die Verkehrsdichte nur so groß sein konnte, 108 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 3. Ders./Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 332. 109 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 3-4 und 29. Ders./Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 332-333. 110 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 4, 10 und 16. 111 Ebd., S. 1 und 15. 112 Ebd., S. 25-26 und 29-30. Feuchtinger/Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 333. 113 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 55. Ders./Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 336.

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dass Gefahren und Einschränkungen der Fahrgeschwindigkeit in erträglichen Grenzen blieben) auf der Brennerstraße überschritten sei, sodass ab diesem Zeitpunkt kein Zweifel über ihre Ausbaunotwendigkeit mehr bestehe. Bereits im Jahr 1961 sei auf der Brennerstraße mit unzumutbaren ständigen Verkehrsverstopfungen infolge des Erreichens der möglichen Leistungsgrenze zu rechnen – nämlich der Höchstzahl an Fahrzeugen, die die B182 und die SS12 innerhalb einer Stunde an einem Querschnitt durchfahren können. Ein Ausbau der Brennerstraße könne das Verkehrsproblem nicht lösen, weshalb lediglich der Neubau einer Autobahn zielführend sei. Auch die Realisierung einer zweispurigen Autobahn sei nicht zielführend, da sie die Grenze ihrer praktischen Leistungsfähigkeit bereits im Jahr 1959 erreicht hätte und sie verkehrswirtschaftlich lediglich bis 1964/1965 vertretbar sei. Schon 1972 würde die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit überschritten werden mit der unweigerlichen Folge ständiger Verkehrsstockungen. Demnach sei der Bau einer zweispurigen Autobahn weder als Projektziel noch als Vorstufe einer vierspurigen Autobahn zu empfehlen, vielmehr müsse sofort mit dem Bau einer vierspurigen Autobahn begonnen werden. Diese würde auch noch im Planjahr 1980 selbst zur Zeit der Verkehrsspitzen genügend Leistungsreserven aufweisen.114 Nach Feuchtinger hätten die Verkehrsdiagnosen nachträglich die Richtigkeit der bereits von den zuständigen österreichischen Behörden getroffenen Entscheidung, die Europabrücke sofort vierspurig zu konstruieren, bestätigt.115 Weiter wies er darauf hin, dass jede neue Straße erfahrungsgemäß über ihr eigentliches Einzugsgebiet hinaus auch „neuen“ Verkehr anziehe, was in stärkeren Verkehrszunahmen auf der Brennerautobahn als vorausgesagt resultieren könnte.116 Feuchtingers Verkehrsprognosen nahmen zwar die Trends vorweg, sie wurden durch die tatsächliche Verkehrsentwicklung aber massiv übertroffen, was damit zusammenhing, dass die Motorisierung im Einzugsgebiet der Autobahn wegen der rasanten, nur durch die Schwächephase von 1973 bis 1976 unterbrochenen Wirtschaftsentwicklung bis zum Planjahr 1980 viel stärker zunahm als vorhergesagt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass seine Prognosen zum Zeitpunkt ihrer Erstellung auf problematischer Datengrundlage beruhten und auch die anderen Autobahnakteure eine derart starke Verkehrssteigerung nicht vorhergesehen hatten.117 114 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 60-62. Ders./Schaechterle, Verkehrstechnische Bewertungsmasstäbe, S. 337. 115 Feuchtinger, Verkehrsstudie, S. 63. 116 Ebd., S. 66. 117 Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. Ders., Vom Saumpfad, S. 688-690. Ders., Planung, in: Prinzenstein, S. 34. Meixner, Brücken, S. 478. Siehe auch: Karl Rudelstorfer, Leistungsfähigkeitsuntersuchung der Brenner Autobahn. Bd. 1: Gutachten, Innsbruck 1974, S. 56, TLA, Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Rupert Zechtl, Pos. 22 (Brenner Autobahn AG: Broschüren, Fotos [I. Teil]).

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Nach Fertigstellung des generellen Projekts im Sommer 1958 wurde im Oktober 1958 ein Wettbewerb für die Sillbrücke III, der zukünftigen Europabrücke und dem technisch schwierigsten Teilstück, unter Zugrundelegung eines Amtsentwurfes zur Anbotstellung öffentlich ausgeschrieben. Zwölf in die engere Auswahl gekommene Anbote wurden am 9. Februar 1959 in Innsbruck eröffnet und dem federführenden Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zur Entscheidung vorgelegt. Das zur Ausführung kommende Siegerprojekt stammte von den Stahlbaufirmen Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke AG (VOEST) und Waagner-Biro, wobei die Vergabe der Europabrücke am 8. April 1959 stattfand.118 Am 25. April 1959 erfolgte der Spatenstich für die Europabrücke, den Bundesminister Dr. Fritz Bock und Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey119 nahe dem heutigen Patscher Widerlager gemeinsam vornahmen. Auf diesen Beginn der Bauarbeiten für den Abschnitt Innsbruck–Schönberg wird an anderer Stelle noch genauer eingegangen. 4.2.2 Planungen für die italienische Brennerautobahn von 1956 bis 1959 Nach dem für die Trentiner und Südtiroler Autobahnakteure unbefriedigenden „Piano Romita“ führten sie ihre Bemühungen hinsichtlich einer Realisierung der Brennerautobahn weiter. Im Jahr 1956 beauftragte der Regionalausschuss Dr. Lino Sartori mit der Ausarbeitung einer Studie für ein Wirtschaftsförderprogramm, die die Realisierung der Brennerautobahn vorsah. Darin wurde bemängelt, dass die Brennerautobahn im „Piano Romita“ nicht vorgesehen war, was angesichts der großen internationalen und nationalen Bedeutung dieser Straße als Verkehrsverbindung zwischen Mitteleuropa und Italien nicht verständlich sei. Die Region habe starkes Interesse an der Verwirklichung der Brennerautobahn, deren Bedeutung am hohen Personen- und Güterverkehrsaufkommen ersichtlich sei. Ausländische Reisende aus Mitteleuropa würden die völlig überlastete und sich in einem unzureichenden Ausbauzustand befindende Brennerstraße zunehmend widerwillig benutzen. Die Region Trentino-Tiroler Etschland müsse sich weiterhin durch die Behörden und politischen Vertreter 118 M[anfred] N[ayer]/G. P., Zwölf Firmen legten gestern die Pläne für die „Brennerautobahnbrücke“ über die Sill vor, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 34, 11.2.1959, S. 3-4. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 26. NN, Die Eröffnung, S. [1]. Feist, Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. Ders., Die Geschichte, S. 44. Josef Gruber, Die Brücken der Brenner-Autobahn, in: Prinzenstein (Hg.), Technik (1983), S. 36-48, hier S. 38. Meixner, Brücken, S. 477. 119 Tschiggfrey wurde am 8. März 1904 in Nauders geboren und verstarb am 30. Juni 1963 in Innsbruck. Er war von 1953 bis 1963 ÖVP-Landtagsabgeordneter, von 1949 bis 1963 Landesfinanzreferent und von 1957 bis 1963 Landeshauptmann von Tirol. Bruckmüller (Hg.), Personenlexikon, S. 502.

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für die schnellstmögliche Verwirklichung der Brennerautobahn einsetzen und erste Projektstudien erstellen lassen, auch wenn der Autobahnsektor nicht in den Zuständigkeitsbereich der Region falle. Weiters seien die Straßenbauprojekte in der Region so zu koordinieren, dass die Autobahn möglichst einfach und kostengünstig erstellt werden könne.120 Die Region Trentino-Tiroler Etschland sowie die Handelskammern von Bozen und Trient setzten sich weiter im In- und Ausland für die Verwirklichung der Brennerautobahn ein – insbesondere beim neuen Minister für Öffentliche Arbeiten, Giuseppe Togni –, sahen ihre Bemühungen jedoch von einem anderen Vorhaben, der Autobahn Venedig–Cortina–Zillertal–München (Alemagna-Autobahn), gefährdet. Es wurde als Alternative zur Brennerautobahn vom östlichen Venetien und insbesondere von Venedig stark unterstützt, das sich eine größere Wettbewerbsfähigkeit sowie eine Erweiterung des Handelsvolumens des Hafens erhoffte, und wurde auch in München gutgeheißen. In Österreich stieß das Vorhaben hingegen auf Ablehnung, da die natürliche Barriere der Zillertaler Alpen nur durch einen technisch schwierig realisierbaren langen Tunnel hätte überwunden werden können. Am 22. Dezember 1960 wurde in der Handelskammer Venedig von den Präsidenten der Handelskammern Venedig, Belluno, Treviso, Padua, Vicenza, Udine und Rovigo die „Società per lʼAutostrada di Alemagna“ („Gesellschaft für die Alemagna-Autobahn“) mit Sitz in Venedig gegründet, deren Aufgabe der Bau und der Betrieb einer Autobahn von Venedig nach München sein sollte.121 Letztlich wurde die Alemagna-Autobahn nicht verwirklicht; lediglich ein kurzes Teilstück von Mestre nach Pian di Vedoia wurde Ende der 1990er Jahre erbaut. Der Widerstand der Bevölkerung in Cortina und im Pustertal gegen die Alemagna-Autobahn war ab Ende der 1960er Jahre beträchtlich, wobei mit dem Verlust von Grund und Boden, verlassenen Berggebieten, aber auch mit ersten Formen eines pragmatischen Umweltschutzes durch die befürchtete Entwertung von Sehenswürdigkeiten der Natur argumentiert wurde.122 In Sitzungen verschiedener Gremien der Brennerautobahngesellschaft wurden zu Beginn der 1960er Jahre wiederholt die Bemühungen Venedigs für eine Verwirklichung der Alemagna-Autobahn als potenzielle Gefahr für die Brennerautobahn bezeichnet. So erklärten Turrini und der Bozner Handelskammerpräsident von Walther, dass die Bestrebungen Venedigs, aber auch anderer an der Alemagna-Autobahn interessierter Gebiete, diese Verkehrsinfrastruktur zu realisieren, und die daraus resultierende Gefahr für Südtirol und das Trentino nicht zu unterschätzen seien.123 Im 120 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 11-12. 121 Eduard Widmoser, Südtirol A-Z, Bd. 1: A-F, Innsbruck/München 1982, S. 30-31. 122 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 12-13. Giuntini, Boom, S. 16 (Internetquellen). Bergonzi, Le vie, S. 87-88. 123 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. „Autostrada del Brennero“ tenutasi a Modena, nella sede della Camera di

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März 1958 veröffentlichte die Tageszeitung Alto Adige eine Reihe von Zeitungsartikeln bezüglich der Gefahren für die Gebiete an der Brennerlinie durch die Verwirklichung der Autobahn Venedig–München. Deren Realisierung würde die Südtiroler Wirtschaft und insbesondere den Tourismus langfristig negativ schädigen. Nach Fertigstellung der Autobahn Venedig–München sei der Bau der Brennerautobahn „come chiudere una stalla dopo che i buoi sono fuggiti“124, da in diesem Falle ein großes Verkehrsaufkommen für die Brennerlinie für immer verloren sei.125 Wenige Tage später hob der Alto Adige die Dringlichkeit eines besseren verkehrsmäßigen Anschlusses der italienischen Handels- und Industriezentren an die großen europäischen Märkte hervor, da die derzeitigen Passstraßen nur unzureichend ausgebaut und besonders im Winter unpassierbar seien. Eine Verwirklichung neuer Autobahnprojekte über die Alpen wie der Strecke Venedig–München könnte die Gebiete an der Brennerlinie dauerhaft schädigen, doch auch in dieser derart kritischen Phase würden sich die regionalen politisch-administrativen und wirtschaftlichen Körperschaften weiterhin auf Diskussionen und die Erstellung eines ersten Vorprojekts beschränken, obwohl die Mobilisierung aller Kräfte der an der Brennerlinie interessierten Gebiete vonnöten wäre, um von Rom die schnellstmögliche Konzession für den Bau der Brennerautobahn zu erhalten. Nach Realisierung der Autobahn Venedig–München würden für den Bau der Brennerautobahn nur überaus schwer finanzielle Mittel aufgebracht werden können.126 Auch Ende März 1958 warnte der Alto Adige vor dem Bau der Autobahn München–Venedig und der Autobahn München–Mailand über den Splügen, woraus Trentino und Südtirol große Gefahr drohen würde. Im ungünstigsten Falle würden innerhalb weniger Jahre beide Autobahnen realisiert werden mit

Commercio, Industria e Agricoltura, 4.4.1960, S. 2, Camera di Commercio Industria Artigianato e Agricoltura di Trento (Handelskammer Trient, CCIAA), Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – convocazioni e verbali comitato direttivo/designazione rappresentanti camerali/designazione altri componenti et al. (1959-2003) Faszikel 93 (provisorische Nummer). Verbale della riunione del Comitato Direttivo della Società per Azioni „Autostrada del Brennero“, tenutasi a Trento […] presso la sede sociale […], 12.12.1963, S. 6, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. 124 Sinngemäße Übersetzung der italienischen Redewendung: „Der Bau der Brennerautobahn habe keinen Sinn mehr, da die Autobahn Venedig–München bereits alle Vorteile an sich gezogen habe.” 125 NN, Le dannose conseguenze di una „Venezia–Monaco“. Battaglia per le autostrade. Mentre gli altri lavorano nella nostra regione si dorme, in: Alto Adige, Nr. 55, 5.3.1958, S. 7. 126 Metron, La millenaria strada del Brennero minacciata nella sua funzione vitale. È proprio una cenerentola?, in: Alto Adige, Nr. 61, 12.3.1958, S. 7.

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einer daraus resultierenden Einkapselung der Brennerlinie und einer Ablenkung des Personen- und Güterverkehrs mit massiven negativen Auswirkungen.127 Trotz des Drucks durch die regionalen Autobahnakteure wurde die Verwirklichung der Brennerautobahn von den entscheidungsbefugten Behörden in Rom immer weiter verschoben. Auch in den zwei auf den „Piano Romita“ folgenden Gesetzen bezüglich der Realisierung von Autobahnen wurde anderen Vorhaben – durch das Gesetz Nr. 298 vom 21. März 1958 für die Autobahn Triest–Mestre128 und das Gesetz Nr. 904 vom 18. August 1959 für die Autobahnen Palermo–Catania sowie Catania– Messina129 – der Vorrang gegenüber der Brennerautobahn eingeräumt.130 Immerhin bereits im Jahr 1957 konkretisierten die regionalen Autobahnakteure ihre Bemühungen zur Verwirklichung der Brennerautobahn. So setzten sich auch die Repräsentanten verschiedener Rotary Clubs längs der Brennerlinie in Tagungen am 19. März 1957 in Innsbruck und am 6. Mai 1957 in Bozen für die Verwirklichung der Brennerautobahn sowie die Modernisierung der Brennereisenbahn ein.131

127 NN, La Regione rimarrà estranea alle autostrade Nord-Sud? Esaminiamo una questione della massima importanza, in: Alto Adige, Nr. 76, 29.3.1958, S. 9. 128 Siehe: Normattiva, Legge 21 marzo 1958, n. 298 „Autorizzazione della spesa di lire 45 miliardi per l’esecuzione di opere pubbliche nel territorio di Trieste, del Friuli e della Venezia Giulia“, 21.3.1958, http://www.normattiva.it/atto/caricaDettaglioAtto?atto.data PubblicazioneGazzetta=1958-04-14&atto.codiceRedazionale=058U0298¤tPage=1 vom 27.5.2016. 129 Siehe: Normattiva, Legge 13 agosto 1959, n. 904 „Sistemazione, miglioramento e adeguamento delle strade statali di primaria importanza e integrazione di fondi per l’esecuzione del programma autostradale“, 13.8.1959, http://www.normattiva.it/atto/carica DettaglioAtto?atto.dataPubblicazioneGazzetta=1959-11-02&atto.codiceRedazionale=059 U0904¤tPage=1 vom 27.5.2016. 130 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 13. Giuntini, Boom, S. 16 (Internetquellen). 131 Anselmo Guaita, Crescente importanza del traffico ferroviario e stradale attraverso il valico del Brennero e urgenza di adeguare ferrovia e strada alle nuove maggiori necessità. Relazione svolta dal Dr. Anselmo Guaita alla riunione interclub di Rotary di Monaco di Baviera, Rosenheim, Klagenfurt, Innsbruck, Bolzano, Trento, Verona e Bologna, riunitosi a Bolzano il 6 maggio 1957 (Camera di Commercio Industria e Agricoltura Verona), Verona 1957, S. 7. Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 19 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 6.7.1957, S. 5, AHBz, Komitee (1949-1959). Georg Innerebner, Pro memoria über den gegenwärtigen Stand der Bemühungen um die Verkehrsverbesserung der Brennerstrecke (Auszug aus den Berichten Conte Sardagna und Ing. de Unterrichter), 10.3.1958, BayHStA, MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 20. G[eorg] Innerebner, Die Alpenbarriere im europäischen Touristenverkehr, in: Bollettino ufficiale della Camera di commercio, industria e agricoltura di

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Der ständig weiter verschobene Bau der Brennerautobahn bewog schließlich die daran besonders interessierten Handelskammern von Trient und Bozen132 sowie die Region Trentino-Tiroler Etschland, die Initiative noch stärker als bisher selbst in die Hand zu nehmen und am 13. Juni 1957 in der Handelskammer von Trient eine Versammlung auf regionaler Ebene einzuberufen, um die weitere konkrete Vorgehensweise bezüglich der Verwirklichung der Brennerautobahn sowie der Modernisierung der Brennereisenbahn zu diskutieren. An der Versammlung nahmen unter anderem der Präsident der Handelskammer von Trient, Leo Detassis, sein Bozner Kollege von Walther, Donato Turrini als Regionalassessor für Öffentliche Arbeiten, die Ingenieure Mario De Agazio, conte Antonio Sardagna133, Guido de Unterrichter und Georg Innerebner sowie Dr. Enrico von Vittorelli teil. In der Versammlung wurde die zukünftige Gründung eines regulären „Komitees zur Verkehrsplanung der Region Trentino-Tiroler Etschland“ – das „Comitato Piani-Vie di Comuncazione della Regione Trentino-Alto Adige“ – mit Sitz und Sekretariat bei der Handelskammer von Trient beschlossen, das sich sowohl für die Brennerautobahn als auch für die Modernisierung der Brennereisenbahn einsetzen sollte. Weiters wurde vorgeschlagen, de Unterrichter mit der Ausarbeitung einer Vorstudie über die Brennerautobahn und Sardagna mit einem Pendant zur Modernisierung der Brennereisenbahn zu betrauen.134 Die auf die Sitzung am 13. Juni 1957 folgenden zwei Versammlungen hatten den Zweck, eine Vollversammlung am 9. Juli 1957 vorzubereiten, bei der über die Dringlichkeit der Lösung der Verkehrsrouten über den Brenner gesprochen werden sollte. Der Kreis der Eingeladenen wurde auf andere am Projekt interessierte Fachleute und Körperschaften aus Gebieten längs der Brennerroute erweitert, sodass Bolzano/Mitteilungen der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen 17 (1964), Heft 7, S. 28-32, hier S. 30. 132 Handelskammer Bozen, Protokolle 1955-1960, Sitzungsprotokoll Nr. 6 der Sitzung des Kammerausschusses der Handelskammer Bozen am 4.6.1957, [Bozen 1961], S. 1. 133 Sardagna wurde am 4. Februar 1892 in Trient geboren und verstarb am 2. März 1963 in Mezzolombardo. Er verfolgte maßgeblich die Modernisierung der Brennereisenbahn. Giuseppe Baron Hippoliti, Im Gedenken an Dr. Ing. Graf Antonio Sardagna. Urheber des ersten Projektes für die Modernisierung der Brennerbahn, in: Bollettino ufficiale della Camera di commercio, industria e agricoltura di Bolzano/Mitteilungen der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen 20 (1967), Heft 8, S. 41-42. Georg Innerebner, Antonio Graf Sardagna zum Gedenken, in: Dolomiten, Nr. 68, 22.3.1963, S. 10. 134 NN, Approntato un comitato tecnico per l’autostrada del Brennero. In una riunione alla C.C.I.A. Un piano completo per la grande realizzazione verrà presentato alla Giunta regionale, in: Alto Adige, Nr. 141, 14.6.1957, S. 7. Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 19 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 6.7.1957, S. 5, AHBz, Komitee (1949-1959). Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 14. Giuntini, Boom, S. 16-17 (Internetquellen).

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es sich bereits um eine überregionale Initiative handelte. In der Zwischenzeit hatten sich auch wichtige politisch-administrative und wirtschaftliche Körperschaften von Mantua, Verona, Modena und Reggio Emilia zu einem „Subkomitee für die Verwirklichung der Brennerautobahn“ zusammengeschlossen.135 Bei der rege besuchten Informationsversammlung am 9. Juli 1957 mit dem Titel „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“ in der Handelskammer Trient diskutierten die Teilnehmer aus der Provinz Bozen, Trient, Verona, Mantua, Modena, Bologna und Innsbruck über die notwendigen koordinierten Schritte zur Modernisierung der Brennereisenbahn und der Verwirklichung der Brennerautobahn.136 Konsens herrschte bei den Teilnehmern der Tagung über die notwendige Modernisierung der Brennereisenbahn und die dringliche Verwirklichung der Brennerautobahn infolge der Überlastung der Brennerstraße, wobei alle daran interessierten Gebiete längs der Brennerroute ihre Aktivitäten koordinieren und noch stärker aktiv werden müssten.137 Auf Einladung des Trientner Handelskammerpräsidenten Detassis übernahm der Präsident der Region, Tullio Odorizzi, den Vorsitz der Versammlung. Sardagna hob in seinem Vortrag über die Modernisierung der Brennereisenbahn die Bedeutung einer länderübergreifenden Zusammenarbeit in der Frage der Verkehrsverbindungen über den Brenner hervor, um auch für die Zukunft ein starkes Verkehrsaufkommen auf der Brennerroute zu gewährleisten.138 Anschließend unterstrich de Unterrichter in seinem Vortrag die Notwendigkeit der Verwirklichung der Brennerautobahn angesichts der überlasteten Brennerstraße. Die Schweiz habe ein großes Interesse daran, durch die Errichtung wintersicherer Passübergänge Verkehr an sich zu ziehen, was unbedingt vermieden werden müsse.139 Hinsichtlich der künftigen Trassierung der Brennerautobahn sprach sich de 135 NN, Approntato un comitato. Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 86, 25.2.1959, S. 35-36, hier S. 35. Turrini, Tätigkeit, S. 131. Ders., Lʼ autostrada del Brennero, 1984, S. 14. Giuntini, Boom, S. 1617 (Internetquellen). 136 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, CCIAA, Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – convegni e dimostre/relazioni (19591973) Faszikel 96 (provisorische Nummer). NN, Sei province rappresentate al convegno sulle comunicazioni del Brennero. Ieri mattina alla Camera di Commercio. L’ing. Sardagna e l’ing. de Unterrichter hanno parlato sulla ferrovia e l’autostrada – Verso unʼintesa interprovinciale, in: Alto Adige, Nr. 163, 10.7.1957, S. 7. 137 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, S. [49], CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 15. 138 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, S. [7-8], CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 139 Ebd., S. [14].

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Unterrichter für die Streckenführung durch das Eisacktal aus, um den Pustertaler Verkehr mit aufzunehmen und auch die Interessen Brixens zu berücksichtigen. Gegen die Alternative einer Trassierung durch das Passeiertal würde unter anderem der notwendige Tunnel unter den Jaufen sprechen. Mit einer Abzweigung der Autobahn von Bozen bis nach Meran ließen sich auch die Interessen der Kurstadt berücksichtigen.140 De Unterrichter hielt die Sorge für unbegründet, dass die Brennerautobahn nach ihrer Verwirklichung zu einer Durchzugsautobahn werde und weniger Touristen und Touristinnen in der Region Halt machen würden. Die Brennerautobahn vergrößere die Verkehrsradien und letztlich sei den Reisenden wie generell den Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern die Wahl ihres jeweiligen Aufenthaltsorts selbst überlassen.141 Auch Dr.-Ing. Pietro Francescatti, der Leiter der ANAS von Bozen, unterstrich die Notwendigkeit der Lösung der Probleme des Straßen- und des Eisenbahnverkehrs über den Brenner. Der Bau der Brennerautobahn sei angesichts der Schweizer Konkurrenzprojekte wie unter den S. Bernardino und den Splügen notwendig, da diese auf eine Ablenkung eines Teils des Nord-Süd-Verkehrsaufkommens abzielten.142 Auch der Bozner Handelskammerpräsident von Walther betonte die Dringlichkeit des Baus der Brennerautobahn, welche die regionalen Tourismusgebiete schneller und leichter erreichbar mache.143 Die Bedeutung der Tagung am 9. Juli 1957 wurde durch die prominente Besetzung unterstrichen: An ihr nahmen unter anderem – neben verschiedenen weiteren Persönlichkeiten aus den Gebieten längs der Brennerlinie – folgende Personen teil: Leo Detassis, Tullio Odorizzi, Antonio Sardagna, Guido de Unterrichter, Enrico von Vittorelli (Handelskammer Bozen), Pietro Francescatti (Leiter der ANAS von Bozen), Dr. Giuseppe Nicolini (Präsident der Handelskammer von Mantua), Walter von Walther, Conte Dr. Giancarlo di Maniago (Präsident der Handelskammer von Udine), Donato Turrini, Ing. Georg Innerebner144 (Präsident des Arbeitsausschusses des Komitees zur Verkehrsplanung), Dr. Anton Schatz (Landesassessor für Öffentliche Arbeiten in Bozen), comm. Lino Ziller (Bürgermeister von Bozen), Dr. Albin Oberhofer

140 Ebd., S. [19]. 141 Ebd., S. [20]. 142 Ebd., S. [36]. 143 Ebd., S. [49]. 144 Georg Innerebner wurde am 13. Februar 1893 in Bozen geboren und verstarb am 25. Mai 1974 in Bozen. Eduard Widmoser, Südtirol A-Z, Bd. 2: G-Ko, Innsbruck/München 1983, S. 281. J. R., Dr.-Ing. Georg Innerebner zum Gedenken, in: Dolomiten, Nr. 129, 8./9.6.1974, S. 6.

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(Kammeramtsdirektor der Tiroler Handelskammer), Heinz Knoflach (Tiroler Handelskammer) und Ing. Giulio Cesare Tosadori (Präsident der Handelskammer von Verona).145 Offiziell beschloss die Handelskammer von Trient mit Beschluss vom 1. Oktober 1957 die Gründung des Komitees zur Verkehrsplanung der Region Trentino-Tiroler Etschland, dem in der Folge die verschiedenen italienischen politisch-administrativen und wirtschaftlichen Körperschaften der interessierten Gebiete längs der Brennerroute beitraten.146 Zu Beginn des Jahres 1958 begann das sogenannte „Comitato Piani“ mit der Vorbereitung der Konstituierung der Brennerautobahngesellschaft. In der Sitzung des Komitees zur Verkehrsplanung am 20. Juni 1958 in der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer von Trient wurde unter dem Vorsitz von Regionalassessor Turrini der Bericht von Senator de Unterrichter über die Vorstudien für die Brennerautobahn genehmigt, weiters wurde ein Entwurf des Statuts für die Konstituierung einer Brennerautobahngesellschaft vorbereitet.147 Dieser vorbereitete Entwurf wurde in der Versammlung in Riva del Garda am 30. Juni 1958 unter Vorsitz Turrinis von den Repräsentanten der Region Trentino-Tiroler Etschland sowie den Vertretern der Landesausschüsse, Gemeinden und Handelskammern von Bozen, Trient, Mantua, Modena, Reggio Emilia, der Autobahngesellschaft Brescia–Padua und letztlich auch von den Veroneser Vertretern grundsätzlich begrüßt. Die genannten politisch-administrativen und wirtschaftlichen Körperschaften erklärten damit ihre Bereitschaft zu einem Beitritt zu einer zu gründenden Brennerautobahngesellschaft, die vom Staat die Konzession der Autobahn erhalten könne.148 In den darauffolgenden Monaten unterzeichneten die verschiedenen politisch-administrativen und wirtschaftlichen Körperschaften längs der Brennerroute ihre Beitrittserklärungen zu einer zu konstituierenden Autobahngesellschaft. So genehmigte der Regionalrat von Trentino-Tiroler Etschland in der Sitzung am 23. Juli 1958 einstimmig den Gesetzentwurf „Ermächtigung des Regionalausschusses zur Beteiligung an der Gründung einer Aktiengesellschaft für den Bau und Betrieb der Autobahn ‚Brennerpass–Modena Autostrada del Sole‘“. Der Bericht zum Gesetzentwurf wurde von Turrini erstattet, mit positiven Stellungnahmen der Regionalkommission für Öffentliche Arbeiten und der Finanzkommission vonseiten der

145 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. NN, Sei province, S. 7. 146 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 15. 147 NN, Riunione interregionale per l’autostrada del Brennero. Venerdì alla Camera di Commercio, in: Alto Adige, Nr. 148, 22.6.1958, S. 7. 148 NN, Riunione interregionale per l’autostrada del Brennero. Nel palazzo pretorio a Riva, in: Alto Adige (Trentiner Ausgabe), Nr. 155, 1.7.1958, S. 6. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 16. Giuntini, Boom, S. 17 (Internetquellen).

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jeweiligen Präsidenten Anton Schatz und Dr. Remo Segnana.149 Rechtsanwalt Bruno Kessler,150 Fraktionsvorsitzender der DC, hob die Bedeutung einer möglichst schnellen Verwirklichung der Brennerautobahn hervor, die für die Region Trentino-Tiroler Etschland von größtem Interesse sei. Dafür müsse die Brennerautobahngesellschaft schnellstmöglich konstituiert werden.151 Nach dem Rückverweisen des Gesetzentwurfs durch die italienische Regierung am 24. August 1958 stimmte der Regionalrat am 16. Oktober 1958 erneut über den Gesetzentwurf ab und genehmigte ihn wiederum einstimmig.152 Rechtlich bindend wurde dies durch das betreffende Regionalgesetz vom 20. November 1958.153 Am 19. August 1958 genehmigte der Kammerausschuss der Handelskammer Bozen die Beitrittserklärung zu der zu gründenden Brennerautobahngesellschaft und ernannte Präsident von Walther, zu ihrem Repräsentanten im Verwaltungsrat der Gesellschaft.154 Der Landesausschuss von Bozen beschloss am 5. Dezember 1958 den Beitritt für die Provinz.155 Die Gemeinde Bozen trat am 24. Oktober 1958 einstimmig der zukünftigen Brennerautobahngesellschaft bei, mit der Begründung, dass eine Verwirklichung der 149 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 67, 23.7.1958, S. 28-37. 150 Kessler wurde am 17. Februar 1924 in Cogolo di Pejo geboren und verstarb am 19. März 1991. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1223 (Internetquellen). 151 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 67, 23.7.1958, S. 28-37, hier S. 36-37. 152 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 73, 16.10.1958, S. 9-10 sowie S. 20-21. 153 Autonome Region Trentino-Tiroler Etschland, Regionalgesetz vom 20.11.1958, Nr. 25 „Ermächtigung an den Regionalausschuß zur Beteiligung an der Gründung einer Aktiengesellschaft für den Bau und den Betrieb der Autobahn ‚Brennerpaß–Modena–Autobahn der Sonne‘“, 20.11.1958, http://www.regione.taa.it/normativa/codice/LR_1958_25_st. pdf vom 27.5.2016. 154 Handelskammer Bozen, Protokolle 1955-1960, Sitzungsprotokoll Nr. 11 der Sitzung des Kammerausschusses der Handelskammer Bozen am 19.8.1958, [Bozen 1961], S. 3-4. Rocco Luigi Biamino an Regione Trentino-Alto Adige–Assessorato ai lavori pubblici, 27.8.1958, CCIAA, Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – costituzione della società/adesione al capitale sociale/sottoscrizione quote di capitale da parte della CCIAA di Trento/certificati azionari per partecipazione delle assemblee (1959-2001) Faszikel 91 (provisorische Nummer). 155 Alois Pupp an Camera di Commercio, Industria ed Agricoltura – Comitato Piani Vie di Comunicazione della Regione Trentino-Alto Adige, 28.1.1959 CCIAA, Archivio di deposito, costituzione.

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Brennerautobahn für Bozen beträchtliche Vorteile bringe. Dabei betonte Amerigo Finato,156 Gemeindeassessor für öffentliche Arbeiten (DC), die Dringlichkeit und Bedeutung einer schnellen Verwirklichung der Brennerautobahn für die Gemeinde Bozen. Gemeinderat Hans Schwienbacher (SVP) hob ebenfalls die Autobahn als eines der wichtigsten Projekte für die Talferstadt Bozen hervor und kritisierte die zuständigen italienischen Stellen für die schleppende Verwirklichung. Ing. Delfino Ardizzone (vom Movimento Sociale Italiano) äußerte sich kritisch in Bezug auf die Autobahnprojekte München–Venedig und München–Mailand, an denen reiche Städte und Regionen wie Venedig und Mailand direktes Interesse hätten. Eine Verwirklichung beider Autobahnprojekte vor dem Bau der Brennerautobahn hätte massive negative Auswirkungen auf Südtirol und das Trentino. Es drohe das „Absterben“ des Landes, da der Touristenstrom den Weg über diese Autobahnen sowie die Schweizer Routen nehmen würde. Auf regionaler Ebene müsse noch stärker für die Verwirklichung der Brennerautobahn eingetreten werden. Auch Gemeinderat Rechtsanwalt Dr. Paul Knoll (SVP) betonte die Bedeutung der Realisierung der Brennerautobahn.157 Am 20. Februar 1959 wurde bei der Handelskammer von Trient offiziell die italienische Brennerautobahn-Aktiengesellschaft (in Italienisch „Società per azioni Autostrada del Brennero“ – abgekürzt „Autostrada del Brennero S.p.A.“) mit Beurkundung des Notars Dr. Riccardo Marchesoni konstituiert. Dieser Akt wurde vom Landesgericht Trient am 29. April 1959 homologiert. Die Aktiengesellschaft mit Sitz in Trient bezweckte, die Konzession für die Erbauung und die Betriebsführung der italienischen Brennerautobahn vom Brenner bis Modena, wo sie Anschluss an die „Autostrada del Sole“ finden sollte, zu erlangen. Gesellschafter waren die Region Trentino-Tiroler Etschland, die Provinzen, Gemeinden und Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammern von Bozen, Trient, Verona, Mantua, Reggio Emilia und Modena, die Brennerautobahngesellschaft Brescia–Verona–Vicenza–Padua sowie verschiedene Bankinstitute. Die Brennerautobahngesellschaft hatte ein anfängliches Gesellschaftskapital von 120 Millionen Lire. Durch eine ausdrückliche statutarische Bestimmung waren die öffentlichen Körperschaften, die als Gesellschafter fungierten, verpflichtet, jederzeit über wenigstens 60 Prozent des Gesellschaftskapitals zu verfügen, auch wenn weitere Kapitalerhöhungen vorgenommen werden sollten. Der von der Vollversammlung der Gesellschafter gewählte Verwaltungsrat bestand aus 24 Mitgliedern und ernannte aus seiner Mitte einen Vorstand von sieben Mitgliedern,

156 Finato wurde am 4. Februar 1922 in Laghi (VI) und geboren und verstarb am 22. November 1972. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1157 (Internetquellen). 157 Comune di Bolzano, Copia di deliberazione del Consiglio Comunale, delibera Nr. 314, 24.10.1958, S. 1-4, CCIAA, Archivio di deposito, costituzione.

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einschließlich des Autobahnpräsidenten. Dr. Donato Turrini wurde zum Präsidenten der Brennerautobahngesellschaft ernannt.158

4.3 Ü BER

ODER UNTER DEN B RENNER ? T UNNELPROJEKTE UNTER DEN B RENNER ALS L ÖSUNG ?

Hinsichtlich der Verwirklichung der Brennerautobahn wurden Varianten diskutiert, die heutzutage zwar beinahe utopisch anmuten,159 aber in den zeitgenössischen Medien große Popularität genossen. Nicht nur Fachleute, sondern auch die Öffentlichkeit erörterte heftig die Frage, ob die Autobahn über oder unter den Brenner geführt werden sollte – ob sie also in freier Trasse über den Pass oder als Tunnel unter diesen zu bauen wäre. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen brachten Gegner und Befürworter einer Untertunnelung ihre Argumente in Stellung, wobei sich die Debatten keineswegs auf technische Argumentationen beschränkten. Es gab weiters Diskussionen um die Modernisierung der im Jahre 1867 eröffneten Brennereisenbahn mittels eines Eisenbahntunnels unter den Brennerpass. Diese Arbeit kann jedoch nicht detailliert auf diese Projekte eingehen, sodass an dieser Stelle nur einige der besonders wichtigen Vorhaben kurz angeführt seien. Im Jahre 1957 schlug der ehemalige Leiter der Reichsbahndirektion Innsbruck und Chef der Elektrischen Oberbetriebsleitung der Deutschen Reichsbahn, Dipl.-Ing. Franz Langenecker, in einer Denkschrift160 unter anderem einen Brennereisenbahntunnel von Stafflach bis Gossensass vor. Nach seinem Plan sollte die Verlegung der

158 Dekret des Präsidenten des Regionalausschusses Nr. 41 vom 13.3.1959 über die Genehmigung der Satzung der Aktiengesellschaft „Brenner-Autobahn“, in: Amtsblatt der Region Trentino-Tiroler Etschland, 21.4.1959, Nr. 17, S. 170-178, CCIAA, Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – statuto (1958-2004) Faszikel 92 (provisorische Nummer). Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1959. I° esercizio, [Trient 1960], CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. NN, Firmato ieri l’atto costitutivo della Società per l’autostrada del Brennero. Rappresentanti di sette città alla C.C.I.A. Eletto presidente del consiglio di amministrazione il dott. Donato Turrini, in: Alto Adige, Nr. 45, 21.2.1959, S. 5. 159 Meixner, Brücken, S. 473. 160 Diese Denkschrift wurde nach Vorprüfung vom Generaldirektor der Österreichischen Bundesbahnen dem Bundesminister für Verkehr und Energiewirtschaft, Dipl.-Ing. Karl Waldbrunner, überreicht. Ein Auszug der Denkschrift, in der Langenecker weitreichende Pläne für eine neu gestaltete Tiroler Energie- und Verkehrswirtschaft aufzeigte, wurde in drei Teilen in der Tiroler Tageszeitung veröffentlicht: Franz Langenecker, Die Verkehrsund Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Energie-, fremdenver-

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Eisenbahn eine Nutzung der aufgelassenen Zugtrasse für die Brennerautobahn ermöglichen.161 Langenecker präsentierte in diesem Zusammenhang einen Trassenvorschlag für die Brennerautobahn, die er „Südautobahn“ nannte.162 Auch der Innsbrucker Dipl.-Ing. und Hofrat der Tiroler Landesregierung, Robert Neuner,163 sprach sich für einen Brennereisenbahntunnel aus,164 zugleich befürwortete er aber eine Trassenführung der Autobahn über den Brennerpass.165 So stimmte er den Überlegungen der internationalen Brennerverkehrstagung in Bozen vom 18. bis zum 20. September 1959 zu, eine Autobahn könne „nur über [Herv. i.O.] den Brenner geführt“166 werden. Nach Ansicht Neuners löse die Autobahnführung über den Brenner das „europäische Verkehrsproblem Brenner“ auf dem Sektor Straße dauerhaft.167 Ergänzend zur Brennerautobahn sollte laut Neuner ein Flachbahn-Basistunnel für die Eisenbahn gebaut werden, der die „lebensgefährlich[e]“ Bedrohung des Brennerverkehrs durch die Konkurrenz der Schweizer Transitbahnen168 beseitigen sollte, da

kehrs- und verkehrswirtschaftliche Probleme Tirols nicht verzettelt, sondern in einer umfassenden Gesamtprojektierung lösen!, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 298, 24.12.1957, S. 11. Ders., Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Milliardenersparnisse und Gewinne im Kraftwerksbau – Innsbruck Kraftwerkszentrum Tirols – Stausee am Berg Isel – Neunfache Tauernkraft, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 300, 28.12.1957, S. 11. Ders., Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Umleitung von Inn und Sill – Autobahnkreuz Innsbruck – Versenkung für Zentralbahnhof – Schnellseilbahnnetz bis Brenner und Österreich, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 302, 31.12.1957, S. 12. 161 Siehe hierzu: ders., Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme. Energie-, fremdenverkehrsund verkehrswirtschaftliche Probleme. Siehe auch: Meixner, Brücken, S. 473-474. 162 Langenecker, Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme. Umleitung. 163 Neuner wurde im Februar 1901 in Innsbruck geboren und verstarb am 16. August 1988 in Innsbruck. NN, Hofrat Robert Neuner ist tot, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 196, 24.8.1988, S. 5. 164 NN, Nachwort zum europäischen Verkehrsproblem Brenner, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 137, 16.6.1956, S. 5. Neuner sprach sich verstärkt seit 1956 für dieses Projekt aus. 165 Robert Neuner, Hamburg–Rom: Flach durch den Brenner. Ein europäisches Verkehrsproblem, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 13 (1957), Nr. 8, S. 8. 166 Ders., Flach durch den Brenner mit Schiene und Öl. Das europäische Verkehrsproblem Brenner, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 16 (1960), Nr. 26, S. 910, hier S. 9. 167 Ebd., S. 9-10. 168 Karl Payr, Der Brennerverkehr, in: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie. Angewandteund Sozialgeographie 12 (1968), Heft 1, S. 1-8, hier S. 5.

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diese nur darauf zielten, „den Brennerweg noch weiter zu schwächen [und] sein Einzugsgebiet noch weiter empfindlich zu verkleinern“169. Ein Flachbahntunnel könne laut Neuner die Umfahrungsgefahr über die Schweiz, auf die ein späteres Kapitel der vorliegenden Arbeit näher eingeht, vorläufig bannen. Diese Flachbahn sollte eine entlastende und ergänzende Funktion zur E6170 haben und mit einer Streckengeschwindigkeit von 200 km/h dem Schnell- und Massengüterverkehr dienen. Der laut Neuner zuerst zu bauende Tunnel war jener von Innsbruck nach Sterzing mit einer Länge von 42 km, der westlich des Brenners verlaufen sollte.171 Neuner sprach sich aber dezidiert gegen einen gemeinsamen Brennertunnel zwischen Steinach und Sterzing aus, wie ihn der ehemalige österreichische Handelsminister Rechtsanwalt Dr. Guido Jakoncig172 ab Mitte der 1950er Jahre befürwortete.

169 [Robert] Neuner, Brennerflachbahn – eine europäische Notwendigkeit für die Zukunft. Der künftige Brenner-Basistunnel läge 811 Meter tiefer als der heutige Paß – 42 Kilometer langer Tunnel Innsbruck–Sterzing auch für Zivilschutz geeignet, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 292, 18.12.1965, S. 15-16, hier S. 16. 170 Ders., Europäisches Verkehrsproblem Brenner. Brenner-Flachbahn, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 15 (1959), Nr. 21, S. 12-13, hier S. 12. 171 Ders., Flach durch den Brenner, S. 9. Siehe auch: ders., Flach durch die Alpen. TN-Leser diskutieren die Nord-Süd-Verbindungen durch Tirol, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 289, 15.12.1962, S. 5. Ders., Der Schienen-Brennerweg als künftige Flachlandstrecke, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 7 (1964), Heft 11, S. 371-375. Ders., Verkehrskreuz der Alpen – Verkehrskreuz der Zukunft. Am Brenner per Traumstraße mit 100 über, per Fernschiene mit 200 km/h und mehr durch die Alpen, in: BMZ. Baumusterzentrale 2 (1968), Heft 2, S. 34-40. 172 Jakoncig wurde am 27. September 1895 Capodistria (Koper, Slowenien) geboren und verstarb am 21. Dezember 1972 in Innsbruck. Er war Heimwehrfunktionär und unter der Regierung Dollfuß I vom 20. Mai 1932 bis 10. Mai 1933 österreichischer Minister für Handel und Verkehr. Er hatte bereits im Herbst 1946 die Idee zu einer Zollfreizone für Tirol und Südtirol – einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im handelspolitischen Bereich. Demnach gilt er als „geistiger Vater“ des sogenannten „Accordino“ aus dem Jahr 1949, von dem er sich erhoffte, die politische Grenzziehung am Brenner wirtschaftlich zu überwinden. Laut ihm konnten im Falle einer ökonomischen Zusammenarbeit die politischen Verhandlungen bezüglich der Autonomie- und Optantenregelung leichter geführt werden. Die Unterzeichnung des Accordino erfolgte schlussendlich jedoch erst im Jahre 1949, also erst ein Jahr nach dem umstrittenen Ersten Autonomiestatut für Südtirol. Siehe: Michael Gehler (Hg.), Verspielte Selbstbestimmung? Die Südtirolfrage 1945/ 46 in US-Geheimdienstberichten und österreichischen Akten. Eine Dokumentation

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Die „Zusammenpferchung von Bahn und Straße“ in einen gemeinsamen Tunnel sei „mit einer ernsthaften Dauerlösung unvereinbar“ und würde einen Rückschritt um 80 Jahre bedeuten.173 Jakoncigs Projekt wird im Folgenden noch genauer erörtert. Der Trentiner Eisenbahnfachmann Dr.-Ing. Antonio Conte Sardagna entwarf ebenfalls ein Projekt für einen Brennertunnel, das in Italien große Unterstützung fand.174 Er wollte die Brennerbahn durch einen etwas über 17 km langen Tunnel von Steinach am Brenner bis nach Lurx (zwei km nördlich von Sterzing)175 modernisieren und dadurch Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h erreichen. Zugleich sollte der Tunnel die Lawinengefahr am Brenner bannen.176 Ebenso würde durch den Bau dieser Strecke die alte Eisenbahntrasse frei werden, die von der zu bauenden Autobahn

(Schlern-Schriften 302), Innsbruck 1996, S. 75-82. Bruckmüller (Hg.), Personenlexikon, S. 226. Ackerl/Weissensteiner, Österreichisches Personenlexikon, S. 200-201. 173 Neuner, Flach durch den Brenner, S. 10. 174 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, S. [5], CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Das Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs beispielsweise setzte sich seit seiner Gründung im Jahr 1952 stark für einen Ausbau der Brennereisenbahn mit Tunnel ein. Siehe dazu exemplarisch: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 3 der Sitzung in der Handelskammer von Trient, 18.11.1952, AHBz, Komitee (1949-1959). Sardagna war beim Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs der Vertreter der Handelskammer von Trient. Er bekam 1957 vom neu gegründeten Komitee zur Verkehrsplanung der Region Trentino-Tiroler Etschland („Comitato piani-vie di comunicazione“) den Auftrag, eine Vorstudie zur Modernisierung der Brennerbahn zu erstellen. Siehe dazu: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 21 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 24.2.1958, S. 15, AHBz, Komitee (1949-1959). 175 Antonio Sardagna, Lʼammodernamento ferroviario e stradale del valico del Brennero, in: Economia trentina 5 (1956), Heft 6, S. 33-38, hier S. 34. Siehe auch: NN, Sul traforo del Brennero conferenza dell’ing. Sardagna. Alla Camera di Commercio, in: Alto Adige del lunedì (Trentiner Ausgabe), Nr. 2, 14.1.1957, S. 2. Der Südtiroler Bauunternehmer und Leiter einer Arbeitsgruppe für die Verwirklichung der Brenner-Autobahn, Georg Innerebner, schrieb in der Tageszeitung Dolomiten, dass der von Sardagna geplante Tunnel 37 km lang sei und vom Berg Isel bis nach Lurx führen werde. Siehe dazu: G[eorg] Innerebner, Ausbau der Brenner-Autobahn unerläßlich. Grundzüge des Straßenprojektes Sen. Ing. de Unterrichter und des Bahnprojektes Ing. Graf Sardagna, in: Dolomiten, Nr. 152, 5.7.1958, S. 5-6, hier S. 5. In der Folge setzte sich auch der Venezianer Ferruccio Marin, stellvertretender Generaldirektor der italienischen Staatsbahn, für eine Modernisierung der Brennereisenbahn ein. 176 Sardagna, Lʼammodernamento, S. 37.

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genutzt werden könnte.177 Südlich von Sterzing sollte die Brennerautobahn nach Sardagnas Plan Projekt zum Großteil in ihrer alten Trasse bleiben.178 Im Folgenden wird auf das bereits kurz angesprochene Projekt von Jakoncig eingegangen, der ab Ende des Jahres 1955 für ein Tunnelprojekt der etwas anderen Art plädierte. Während seines langjährigen Eintretens für die Untertunnelung des Brenners hob er wiederholt hervor, dass sein Vorhaben nicht auf Druck mächtiger Interessengruppen, sondern als eine Initiative von verschiedenen technisch interessierten Einzelpersonen entstanden sei. Für die Durchsetzung seiner Idee schien ihm eine Vernetzung mit potenziellen Unterstützern von Vorteil. Die Tageszeitung Tiroler Nachrichten veröffentlichte am 22. Dezember 1955 ein von Jakoncig am 29. November 1955 verfasstes Pro memoria, in dem er die Vorteile eines Brennertunnels anführte. Der Brennerpass sei als geradlinigste Nord-Süd-Verbindung in den Alpen zwar von unschätzbarem Interesse für Tirol und ganz Österreich, aber die Schweiz stelle dessen Bedeutung durch ihre unermüdlichen Bestrebungen hinsichtlich von zum Teil bereits weit fortgeschrittenen Alpentunnelprojekten (zum Beispiel unter den Grossen St. Bernhard oder den San Bernardino) in Frage. Die Durchführung der eidgenössischen Untertunnelungspläne ermögliche einen ganzjährig reibungslosen Autoverkehr und würde dem Brennerverkehr einen „sehr schweren Schlag“ versetzen. Die Negativfolge seien eine im Umfang noch nicht absehbare „Verschiebung des Verkehrs nach Westen“ und erhebliche wirtschaftliche Schädigungen der Gebiete an der Brennerlinie. Um dieser Konkurrenz zu begegnen und im Sinne einer ganzjährigen Betriebssicherheit des Brenners, müsse dieser Pass möglichst bald in Form eines zweistöckigen Tunnels – für Eisenbahn sowie Autobahn – untertunnelt werden. Jakoncig hatte seinen Plan gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Tiroler Zollfreizone, Dr. Hermann Senkowsky, sowie dessen Sohn, Dipl.-Ing. Architekt Hermann Senkowsky junior, entwickelt. Die Eisenbahn sollte auf der Sohle des Tunnels fahren, im ersten Stock sei Platz für die Autobahn und im zweiten seien die Entlüftungsanlagen untergebracht, wobei dieses Projekt laut Jakoncig „das Problem Bahn und Straße am Brenner auf einmal“ löse. Der Tunnel sollte auf einer Länge von 23 km von Steinach bis Sterzing – anfangs war auch die Rede von einem verkürzten Tunnel bis nach Gossensass – führen. Waren- und Passkontrollen an beiden Tunneleingängen würden Stauungen vermeiden und eine Tunnelmaut könnte Einnahmen bringen. Die Ausarbeitung dieses Tunnelprojektes sollte ein Komitee mit Sitz in Innsbruck übernehmen. Deutschland, Italien und Österreich sollten sich an seiner Finanzierung beteiligen, da alle drei Länder Interesse an einem ungestörten Verkehrsfluss über den Brenner hätten. Die Chancen für den Brennertunnel stünden nicht

177 Ebd., S. 35. 178 Karl Payr, Der Brennerverkehr (2). Eine Untersuchung von Dipl.-Ing. Karl Payr, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 115, 20.5.1967, S. 9.

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schlecht, was private Fühlungnahmen Jakoncigs mit hochrangigen Vertretern aller drei Länder gezeigt hätten.179 Am 8. Juni des darauffolgenden Jahres hielt Jakoncig auf der Tagung der „Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft“, die vom 7. bis zum 10. Juni unter dem Motto „Verkehrsprobleme in den Ostalpen“ in Innsbruck stattfand, einen Vortrag mit dem Titel „Verkehrsproblem Brenner“. Wiederum sprach er von der Dringlichkeit der Untertunnelung des Brenners aufgrund der Schweizer Tunnelinitiativen. Sein Projekt habe technische Probleme wie die Entlüftung gelöst und führe zu hoher Betriebssicherheit, Verringerung der Fahrzeit und Verkehrssteigerung.180 Anstelle seines Vorschlags könne aber auch ein besseres Projekt durchgeführt werden.181 Am 27. Juli 1956 rief Jakoncig die private „Brenner-Tunnel- und Verkehrsgesellschaft m.b.H.“182 mit Sitz in Innsbruck ins Leben und wurde deren Vorsitzender. In einer außerordentlichen Generalversammlung am 29. Juli 1959 wurde die Gesell-

179 NN, Ein Tunnel durch den Brenner. Von Steinach bis Gossensaß – Min. a. D. Dr. Jakoncig schlägt zweistöckigen Tunnel zur Lösung des Brennerverkehrsproblems vor – Schweiz hat große Pläne – Deren Durchführung schaltet Tirol aus Nord-Süd-Verkehr aus, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 295, 22.12.1955, S. 3. Jakoncig informierte die zuständigen österreichischen Stellen, den italienischen Botschafter in Wien und daraufhin die zuständigen Stellen in Tirol, die Regierung in Bonn, das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr und die Münchner Handelskammer. Siehe eigene Angaben Jakoncigs: Guido Jakoncig, Warum wird das Projekt der Untertunnelung des Brennerpasses bei uns nicht öffentlich diskutiert?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 223, 26.9.1964 (Sonderbeilage zur 32. Innsbrucker Messe vom 26.IX.-4.X. mit der Fachmesse für Fremdenverkehrswirtschaft), S. 9-11. Jakoncig führte an anderer Stelle an, er habe feststellen müssen, dass man in der Münchner Handelskammer „über die Gefährdung des Brenner-Verkehrs nicht ganz im Bilde“ sei, was aber in der bayerischen Landeshauptstadt heftig dementiert wurde. Siehe dazu: Guido Jakoncig an Ministerialdirigent Nibler, 24.3.1959, S. 2, BayHStA, MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 19. In diesem Dokument war handschriftlich das Wort „nicht“ unterstrichen und damit wohl zum Ausdruck gebracht worden, dass man im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, dem Dr. Nibler zugehörte, mit den Ausführungen Jakoncigs nicht einverstanden sei. 180 Guido Jakoncig, Verkehrsproblem Brenner. Vortrag gehalten von Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Juni 1956, S. 5-8, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 181 Ebd., S. 13. 182 Der Notariatsakt der Gründung der Gesellschaft, die oftmals auch als „Brenner-TunnelVerkehrsgesellschaft“ bezeichnet wurde, sowie eine Liste der Gesellschafter und der Aufsichtsräte der Gesellschaft sind im Anhang des folgenden Dokuments zu finden: Ders. an Ministerialdirigent Nibler, 24.3.1959, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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schaft in „Brennertunnel- und Alpenstraßen-Verkehrsgesellschaft m.b.H.“ umgeändert.183 Diese Organisation befasste sich intensiv mit Brennertunnelprojekten, die auch einem noch weiter ansteigenden Verkehrsaufkommen gewachsen sein sollten, wobei zu Beginn Jakoncigs Projekt unterstützt wurde, zugleich aber auch andere Projekte geprüft wurden. Der Aufsichtsrat bestand aus italienischen, österreichischen und westdeutschen Persönlichkeiten – also aus jenen drei Ländern, die ein besonders großes Interesse an einem reibungslosen Verkehr über den Brenner hatten. Die Kosten von Jakoncigs Vorhaben beliefen sich nach dessen Berechnungen auf etwa drei Milliarden Schilling.184 Jakoncig versuchte beständig, sein mehrstöckiges Tunnelprojekt zu bewerben. So verwies er in einem Zeitungsartikel mit dem Titel „Der Brennerverkehr“ in der Alpenpost. Illustrierte Südtiroler Wochenzeitung vom 9. Februar 1957 darauf, dass im Jahr 1956 Muren, Lawinen oder Wintereinbrüche immer wieder Sperrungen der Brennerstraße und -eisenbahn verursacht hätten, was durch sein Tunnelprojekt hätte verhindert werden können.185 Jakoncigs Pläne eines mehrstöckigen Tunnels für Eisenbahn und Straßenverkehr stießen jedoch mehrheitlich auf Ablehnung. So äußerte sich das Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs wiederholt kritisch gegenüber diesem Projekt, da es 183 Vizepräsidenten waren der Innsbrucker Dr. Hermann Senkowsky und der Mailänder Rechtsanwalt Angelo Massimi. Siehe dazu: Guido Jakoncig, Übersetzung des Vortrages, gehalten auf Einladung des Präsidenten des Mailänder Presseklubs am 19. Feber 1960 im Presseklub (Circolo della stampa) in Mailand vom Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Innsbruck, 19.2.1960, S. 17, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 184 NN, Der Brennerverkehr für die Wirtschaft Tirols lebenswichtig. Neue Initiative für den Bau eines Brennertunnels für Straße und Eisenbahn – Milliardenkapital wäre nicht unerreichbar, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 173, 28.7.1956, S. 4. Jakoncig führte an, dass die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 136.000 Schilling ausgestattet war, die unter anderem von der Konstruktiva Baugesellschaft, der Tiroler Zollfreizonen Betriebsgesellschaft und verschiedenen Privatpersonen eingezahlt wurden. 185 Guido Jakoncig, Der Brennerverkehr, in: Alpenpost. Illustrierte Südtiroler Wochenzeitung, Nr. 6, 9.2.1957, S. 6-7. Als Beispiele führte er an, dass im Spätwinter 1956 die Brennerstraße auf österreichischer Seite 2,5 Monate lang für den schweren LKW-Verkehr gesperrt war, dass am 8. Juni 1956 der Verkehr auf Bahn und Straße aufgrund schweren Schneefalls beinahe unmöglich war und dass es am 22. und 23. August 1956 große Verkehrsprobleme wegen der Sperrung der Brennerstraße und -bahn infolge von Vermurungen gegeben hatte. Für den Zeitraum bis 1964 führte Jakoncig im folgenden Zeitungsartikel zahlreiche weitere Beispiele für eine nicht gewährleistete Betriebssicherheit des Brenners an: [Guido] Jakoncig, Brennertunnel weder notwendig noch sinnvoll? Opposition gegen dieses Projekt geht von den gleichen einflußreichen Stellen aus, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 269, 19.11.1964, S. 5 und Nr. 270, 20.11.1964, S. 5.

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technisch schwierig zu verwirklichen und sehr teuer sei – nach Sardagnas Angaben koste es drei Mal so viel wie ein Tunnel, der nur für die Eisenbahn gedacht sei. Das Projekt eines reinen Eisenbahntunnels von Sterzing bis Steinach hingegen unterstützte das Komitee, weil es in vier Jahren realisiert werden könne und mit 20 Milliarden Lire vergleichsweise billig sei.186 Wegen der exzessiven Kosten eines gemeinsamen Straßen- und Bahntunnels hätten sich alle Techniker gegen ein derartiges Projekt ausgesprochen.187 Pietro Francescatti, der Leiter der ANAS in Bozen, äußerte sich bei einer Sitzung des Komitees ebenfalls kritisch in Bezug auf Jakoncigs Projekt eines zweigeschossigen Bahn-Straßentunnels, da die Verdoppelung der Kosten und das Problem der Entlüftung eindeutig dagegen sprechen würden.188 Positiv nahm das Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs auf, dass Jakoncig an der Verwirklichung seines Projektes nicht strikt festhielt, sondern für die Realisierung des besten Konzeptes eintrat.189 Auch der Südtiroler Bauunternehmer Dr.-Ing. Georg Innerebner, der Leiter einer Arbeitsgruppe für die technische Durchführung der Autobahnplanung (diese Arbeitsgruppe unterstand dem von den Handelskammern Bozen und Trient initiierten Comitato Vie Comunicazioni, das sich für die Gründung einer italienischen Autobahngesellschaft einsetzte,190 worauf im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen wird), führte in seinem „Pro memoria über den gegenwärtigen Stand der Bemühungen um die Verkehrsverbesserung der Brennerstrecke“ an, dass Jakoncigs Projekt allgemein als „kaum durchführbar und utopisch angesehen“191 werde. Weiters sprach sich die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol explizit gegen einen Bahntunnel in Verbindung mit einem Straßentunnel aus.192 Ebenso waren sich die Industrie- und Handelskammer München sowie das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr darin einig, dass es finanziell nicht tragbar

186 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 18 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 4.2.1957, S. 12-13, AHBz, Komitee (1949-1959). 187 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 19 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 6.7.1957, S. 10, AHBz, Komitee (1949-1959). 188 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 14 der Sitzung in der Handelskammer von Trient, 28.7.1956, S. 5, AHBz, Komitee (1949-1959) 189 Ebd., S. 3-4. 190 Georg Innerebner, Pro memoria über den gegenwärtigen Stand der Bemühungen um die Verkehrsverbesserung der Brennerstrecke (Auszug aus den Berichten Conte Sardagna und Ing. de Unterrichter), 10.3.1958, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 191 Ebd., S. 1. 192 KgWT, Jahresbericht 1957 (Stenographische Protokolle), S. 304-305.

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sei, die ohnehin hohen Kosten einer Modernisierung der Straßenverbindung über den Brenner durch einen kombinierten Bahn-Straßentunnel zu erhöhen.193 Jakoncig schrieb in einem Artikel der Neuen Wochenpost vom 25. Mai 1957, dass er nicht verstehe, warum sich ein Bahntunnel unter den Brenner im Gegensatz zu einem Straßentunnel durchaus großer Beliebtheit erfreue, führte dies aber darauf zurück, dass das Projekt eines Straßentunnels später entstanden sei als das Bahntunnelprojekt. Weiters bemängelte er die negativen Auswirkungen des Streits hinsichtlich Tunnel versus Passstraße und betonte die Wichtigkeit einer möglichst schnellen Modernisierung sowohl von Straße als auch Bahn.194 Fachleute sollten jedes Projekt prüfen und die Idee eines Straßentunnels „nicht einfach beiseite“195 schieben. Die Ablehnung von Jakoncigs mehrstöckigem Tunnelprojekt durch offizielle Stellen Italiens, Österreichs sowie der Bundesrepublik führte zu einer Änderung der Position der Brennertunnelgesellschaft, indem das Projekt eines gemeinsamen Tunnels für Bahn sowie Straße zugunsten eines reinen Straßentunnels fallengelassen wurde.196 Im Auftrag der Brennertunnel- und Verkehrsgesellschaft und unabhängig von der Landesbaudirektion Tirol entwickelte ab Sommer 1957197 der holländische Geologe Dr. Robert Weynschenk, Schüler der Innsbrucker Professoren Bruno Sander (Mineralogie und Petrografie) und Raimund von Klebelsberg (Geologie und Paläontologie), das Projekt eines Straßentunnels unter den Brenner und ging damit im Sommer 1958 an die Öffentlichkeit. Er hatte im Jahre 1948 an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck promoviert und daraufhin mehrere ölgeologische Spezialstudien in 193 [Hans Pfülf] an Otto Schedl, 21.3.1958, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. Bei diesem Dokument war handschriftlich hinzugefügt worden, dass der bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr Otto Schedl im Wesentlichen die Auffassung der Industrieund Handelskammer München hinsichtlich einer Ablehnung eines Straßentunnels teile. 194 Guido Jakoncig, Probleme des Brennerverkehrs, in: Neue Wochenpost, Nr. 1, 25.5.1957, S. 9. Siehe auch: Guido Jakoncig an Ministerialdirigent Nibler, 24.3.1959, S. 2-3, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 195 NN, Der Brenner, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 298, 24.12.1957, S. 4. 196 Siehe dazu weiterführend auch: Angelo Massimini, Il problema del valico autostradale del Brennero, in: Federazione Italiana della strada/Amministrazione Provinciale di Verona/Camera di Commercio Industria e Agricoltura di Verona/Comune di Verona (Hg.), Atti del 2° convegno internazionale sui traffici del Brennero. Verona, 15-16 dicembre 1959. Supplemento al n. 4 (aprile 1960) del „notiziario“ della Federazione Italiana della strada, S. 36-41, hier S. 38, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 197 Nach Angaben von Dr. Robert Weynschenk begann er seine Projektierungsarbeiten im Sommer 1957. Siehe: Vortrag von R[obert] Weynschenk für das Brennerverkehrskomitee in Verona am 26.11.1962 unter Vorsitz des Präsidenten Senator [Giuseppe] Trabucchi, 27.11.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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der Schweiz sowie in den Niederlanden durchgeführt. Weynschenk arbeitete das Projekt eines Straßentunnels unter den Brenner198 inform von zwei parallelen Betonröhren – für jede Fahrtrichtung eine – aus, da dadurch das Projekt billiger werde und höhere Durchfahrtsgeschwindigkeiten ermöglicht würden. Auf einer insgesamt 26 km langen Strecke zwischen Steinach am Brenner bis Sterzing sollte es einen 15,5 km langen Tunnel von Steinach bis ins Pflerschtal geben und nach dieser kurzen Unterbrechung sollte ein weiterer Tunnel von ungefähr 7 km Länge bis nach Sterzing führen. Weynschenk arbeitete auch ein abgeändertes Projekt aus, das nur mehr die Strecke zwischen Steinach und Gossensaß betraf und demnach kürzer war.199 Er veranschlagte für den Bau des Tunnels einen Zeitraum von vier Jahren und ein weiteres Jahr für die nötigen Vermessungsarbeiten.200 Die Fahrbahnbreite sollte in jedem Tunnel 7,5 m betragen und der Belag aus Beton201 sein. Die maximale Steigung war auf 0,6 Prozent veranschlagt, mit Ausnahme eines kurzen Gefälles von 2,5 Prozent in der westlichen Röhre. Mit einem PKW könne der Tunnel in nur zwölf Minuten durchfahren werden. Entlüftungsschächte im Abstand von 2 bis 2,5 km würden die Entlüftung recht einfach ermöglichen – ganz im Gegensatz zu der schwierigen Ventilation beim projektierten Montblanctunnel.202 Die Baukosten schätzte er auf zwei Milliarden Schilling, wobei für die Finanzierung Österreich, Italien sowie Deutschland aufkommen müssten, da es sich um ein internationales Vorhaben von europäischer Bedeutung handle. Hinzu komme das Privatkapital der Brennertunnelgesellschaft und anderer Geldgeber. Für die Benutzung

198 Weynschenk wollte den Tunnel westlich des Brennerkamms bauen, da es dort seiner Ansicht nach weiche Gesteinsschichten gab. 199 H[erbert] B[uzas], Steinach–Sterzing: 12 Minuten Fahrzeit im Brennertunnel. Dr. Robert Weynschenk erläutert sein Projekt – Zwei 26 Kilometer lange Betonröhren, fast ohne Steigung und bestens entlüftet, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 175, 1.8.1958, S. 3. NN, Autostrada: sopra o sotto il Brennero. Mentre si esclude dai promotori di questo progetto una convenienza per la costruzione di un tunnel per la linea ferroviaria, si mettono in risalto i vantaggi che ne deriverebbero per una strada in galleria, in: Alto Adige, Nr. 285, 30.11.1958, S. 10. 200 B[uzas], Steinach–Sterzing. 201 Weynschenk ist der Ansicht, dass nur der Einsatz von Beton als Fahrbahndecke in Frage komme, da damit „für die nächsten 50 bis 75 Jahre kaum Unterhaltskosten zu erwarten“ seien, während eine Asphaltstraße aufgrund der hohen Frequenz auf dieser Strecke bereits nach wenigen Jahren auszubessern sei. Siehe dazu: Robert Weynschenk, Projekt Brennertunnel. Der Queralpenverkehr Deutschland–Österreich–Italien ohne Paßhöhe, in: Rheinischer Merkur, Nr. 37, 12.9.1958, S. 14. 202 B[uzas], Steinach–Sterzing.

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des Tunnels sei eine Maut vorgesehen, wobei diese Gebühr die Amortisation des Privatkapitals sowie die Instandhaltung des Tunnels gewährleiste.203 Weynschenk war überzeugt davon, dass der von Sardagna projektierte Eisenbahntunnel unter den Brenner im Gegensatz zu einem Brennerstraßentunnel viele Nachteile aufweise, da er keineswegs notwendig – so sei die Brennereisenbahn nur zu 60 Prozent ihrer Möglichkeiten ausgelastet – und völlig überteuert sei. Des Weitereren würde dieser Bau, bei dem ein viel zu hohes Gefälle vorgesehen sei, zehn Jahre dauern und entspräche keiner modernen Realisierung. Weynschenk ging sogar so weit zu sagen, der Eisenbahntunnel werde nur gebaut, damit die Eisenbahntrasse frei werde und von der projektierten Autobahn über den Pass genutzt werden könne. Mit derartigen Aussagen stand Weynschenk im Widerspruch zu den offiziellen Stellen.204 Der Brennertunnel bot laut Weynschenk eine ganze Reihe von Vorteilen: Er sei eine ganzjährig betriebssichere Verbindung – frei von Gefahren wie Vereisung, Steinschlag, Lawinen oder heftigen Unwettern –, verkürze die Strecke im Vergleich zur Variante über den Pass um 10 km, verringere die Fahrzeit und steigere das Verkehrsaufkommen. Eine Verkürzung der Bauzeit angesichts der Tatsache, dass am Tunnel auch während des Winters weitergebaut werden könne, und geringere Erhaltungskosten sprächen ebenfalls für die Variante unter den Brennerpass. Zudem seien nur mehr geringe Grundablösungen erforderlich und es entfielen die vielen Kunstbauten sowie die bei einer Trasse über den Brenner notwendigen Lawinenschutzbauten. Die Baukosten einer Trasse über den Brenner lägen nur geringfügig über denjenigen der Variante unter diesen Pass. Argumente der Gegner, dass die Tunnelbeleuchtung schwierig sei und die schöne Landschaft nicht gesehen werden könne, seien leicht zu entkräften: Die Beleuchtung des Tunnels sei problemlos machbar und eine wirtschaftliche und sichere Bauweise wichtiger, als den Vorbeifahrenden die Vorzüge der Landschaft zu zeigen. Zudem bliebe die Brennerstraße für jene Gäste nutzbar, die die Landschaft sehen wollten. Wintersportgebiete in den Alpen, aber auch die italienischen Strände seien durch den Tunnel besser erreichbar, was positive Auswirkungen auf den Tourismus habe.205 Weynschenk plante auch, im Zuge des Tunnelbaus die Thermalquellen in Brennerbad durch Rohrleitungen nach Steinach sowie nach Gossensass zu leiten, was sich

203 Ebd., S. 3. 204 NN, Autostrada: sopra. 205 B[uzas], Steinach–Sterzing. NN, Autostrada: sopra. Weynschenk, Projekt Brennertunnel.

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positiv auf den Fremdenverkehr dieser beiden Orte auswirken könne. Angesichts dieser vielen Vorteile beginne man sich in Italien, Deutschland und Österreich immer mehr für dieses Projekt zu interessieren.206 Der Geologe Weynschenk war weiter der Überzeugung, dass der Tunnel 15 km lang durch den „permo-triadischen Erzhorizont Tirols“ führe, was ihn annehmen ließ, man könne während des Tunnelbaus auch Bergbau betreiben und unter anderem Bleiglanz, Zinkblende und Silbererz gewinnen, ein in finanzieller Hinsicht interessanter Aspekt. Außerdem ließen sich mit dem Ausbruchsmaterial des Tunnels Sumpfgebiete in Italien wie in Österreich trockenlegen und somit für die Landwirtschaft nutzbar machen. Ein Elektrizitätswerk ließe sich mit der bis dato noch ungenutzten Wasserkraft betreiben und liefere Strom für die Entlüftungsanlagen und die Beleuchtung des Tunnels.207 Das Brennertunnelprojekt, das bei einer baldigen Entscheidung für dieses Konzept bereits 1963 oder 1964 und damit in etwa gleichzeitig mit der Autobahnstrecke Innsbruck–Schönberg fertiggestellt sein könnte und das endlich eine angemessene Verkehrsverbindung über den Brennerpass darstellen würde, sei problemlos sowohl in die von österreichischer wie auch italienischer Seite angedachte Autobahntrassierung integrierbar.208 Mit der schnellen Umsetzung des Tunnelprojekts werde ein Bauwerk „zum Wohle Europas im Sinne seiner fortschreitenden Integration geleistet“,209 das zugleich auch der durch die Schweizer Alpentunnelprojekte verursachten Umfahrung der Gebiete an der Brennerlinie entgegenwirke. Die Widerstände gegen das Tunnelprojekt setzten die Zukunft aufs Spiel und hätten dazu geführt, dass bis dato wertvolle Zeit verlorengegangen sei. Noch sei es nicht zu spät, aber jede weitere Verzögerung würde die Abwanderung des Verkehrs in Richtung Schweiz begünstigen und die Gebiete um die Brennerlinie benachteiligen.210 Die Straßentunnelpläne stießen bei offiziellen Stellen wie den meisten Medien durchwegs auf wenig Gegenliebe. Nach allgemeinem Grundtenor sei es vorteilhafter, eine Autobahn über den Brenner zu bauen, da dieser Pass aufgrund seiner niedrigen Höhe dafür bestens geeignet sei. In der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie (Sozialgeographie) unter Berücksichtigung der Verkehrs- und Handelsgeographie hob Hans Spanaus 1959 in einem Beitrag mit dem Titel „Brennertunnel oder Brennerautobahn“ die Nachteile des Brennertunnels in wirtschaftsgeografischer, touristischer sowie geologischer Hinsicht hervor. Da dieser Artikel detailliert Gegenargumente – 206 H[einz] C[ornel] P[feifer], Straßentunnel durch den Brenner? Wintersichere Nord-SüdVerbindung – Die Paßstraße dem Genußfahrer – der Tunnel dem Mußfahrer, in: AutoTouring. Clubmagazin des ÖAMTC, Nr. 78, 15.3.1959, S. 9. 207 B[uzas], Steinach–Sterzing. Weynschenk, Projekt Brennertunnel. 208 NN, Autostrada: sopra. B[uzas], Steinach–Sterzing. 209 Weynschenk, Projekt Brennertunnel. 210 NN, Autostrada: sopra.

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diese entsprachen den Beweisführungen der Tunnelgegner – zu Weynschenks Ausführungen anführte, soll im Folgenden genauer darauf eingegangen werden. Das Tunnelprojekt war laut Spanaus auf den ersten Blick vielleicht faszinierend, doch bei sorgfältiger Betrachtung falle auf, dass die Projektanten „von den Realitäten nichts wissen oder glauben, sich darüber hinwegsetzen zu können“211. Einig waren sich Spanaus und Weynschenk über die schnellstmögliche Lösung des Problems der überlasteten Brennerstraße. Grundlegende Unterschiede ergaben sich jedoch in der Bewertung der Betriebssicherheit des Brennerpasses. Für die Tunnelgegner war der Brennerpass aufgrund seiner niedrigen Höhe ganzjährig befahrbar und nur sehr selten von Störungen aufgrund schlechter Witterung wie Glatteis und Schneeverwehungen betroffen, wobei sich auch diese Probleme leicht bewältigen ließen. Verkehrsstockungen resultierten nach Spanaus’ Ansicht aus der schleppenden Abfertigung an der Grenzstelle gerade bei starkem Ein- und Rückreiseverkehr und nicht aus einer Sperrung der Brennerstraße infolge von Schneefällen und Naturkatastrophen. Laut den Tunnelgegnern lösten sich die angeblichen Vorteile des Tunnelprojekts (unter anderem die verkürzte Fahrzeit) bei näherem Hinsehen zumeist in Luft auf – so käme es durch die weiter bestehenden Kontrollen an den Tunneleingängen zu Verkehrsstaus – und technische Aspekte wie die Entlüftung wären technisch noch nicht realisierbar. Die Befürworter einer Trasse über den Brenner waren sich darin einig, dass das größte Problem bei einer Verwirklichung des Tunnels die hohe Finanzierungssumme von zwei Milliarden Schilling sowie die großen jährlich anfallenden Betriebskosten seien – eine effiziente Schneeräumung auf der Strecke zwischen Steinach und Sterzing sei bei weitem preiswerter. Die Tunnelkosten seien genauso hoch wie die gesamte geplante Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner. Auch in geologischer Hinsicht widerlegte Spanaus die Argumente Weynschenks und dementierte die Chancen eines Abbaus von Erzen während des Tunnelbaus. Dies sei schlichtweg unmöglich, da die Untersuchungen namhafter Geologen gezeigt hätten, dass sich auf der vorgesehenen Tunneltrasse überhaupt kein Erzhorizont finden lasse, selbst kleinste Vorkommen seien ausgeschlossen. Auch der Vorschlag Weynschenks, mittels des Tunnelaushubs versumpfte Gebiete urbar zu machen, sei „utopisch“, da das Material dafür das „denkbar ungeeignet[…]ste Mittel“ sei. Auch in verkehrsgeografischer und touristischer Hinsicht sei der Tunnelbau abzulehnen, da die Reisenden die „Großartigkeit der Landschaft“ um den Brennerpass sehen und nicht für lange Strecken in einem Tunnel fahren wollten. Weiters wären die Orte am Brennerpass vom Tourismus abgetrennt.212

211 Hans Spanaus, Brennertunnel oder Brennerautobahn, Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie (Sozialgeographie) unter Berücksichtigung der Verkehrs- und Handelsgeographie 3 (1959), Heft 8, S. 248-250, hier S. 248. 212 Ebd., S. 249-250.

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Die Hauptargumente der Tunnelgegner waren in den jahrelangen Diskussionen um eine Untertunnelung der hohe Kostenfaktor, die durch die niedrige Passhöhe gesicherte ganzjährige Befahrbarkeit, ungelöste technische Probleme, die Länge des Tunnels und Schäden für den Tourismussektor (potenzielle Gäste könnten durch einen Tunnel nicht mehr die Schönheiten der Tiroler Berglandschaft genießen, was bislang viele zum Verweilen animiert hätte).213 Auf institutioneller Ebene fanden sich die Tunnelopponenten seit Beginn der Diskussionen um einen Straßentunnel im Jahre 1957 vor allem in den Handelskammern von München, Innsbruck und Bozen sowie im Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs.214 Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr schloss

213 Eine kleine Auswahl hierzu: Mayr, Tirol, S. 7. NN, Die Brennerstrecke als Verkehrsproblem Nr. 1. Die Vorarbeiten für eine Autobahn haben begonnen, in: Alpenpost. Illustrierte Südtiroler Wochenzeitung, Nr. 45, 9.11.1957, S. 6. NN, Das Straßenbauwesen. H[erbert] Buzas, Europas höchste Brücke wird über die Sill gebaut werden. Wo verläuft die Trasse der Autobahn Innsbruck–Brenner? – Statt 84 Kurven nur noch fünf – Grundeinlösung im Herbst, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 191, 21.8.1958, S. 3-4, hier S. 4. Ders., Europas höchste Brücke in Tirol. Sie wird auf der neuen Autobahn Innsbruck–Brenner liegen – 3,5 Milliarden gegen die Umfahrung Österreichs – Von den 84 gefürchteten Kurven am Schönberg bleiben nur mehr sechs übrig, in: Dolomiten, Nr. 193, 25.8.1958, S. 3. NN, Autobahn München–Modena soll über den Brenner führen. In Südtirol projektiert – Eisenbahntunnel soll am Brenner Platz für die Fahrbahnen machen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 153, 7.7.1958, S. 3. Siehe auch: NN, Projekt Autobahn – Brenner–Ala–Modena, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 153, 7.7.1958, S. 2. Laut Jakoncig war die Behauptung, der Brenner sei absolut wintersicher, ein „Märchen“. Auch sei der Brenner auf der Strecke zwischen Steinach und Gossensaß kein landschaftlich herrliches Gebiet – so wie es vonseiten der Brennertunnelgegner dargestellt werde –, bei dem es aufgrund der Tatsache, dass der Brenner eigentlich kein Pass sei, keine überwältigenden Ausblicke nach beiden Seiten hin gebe. Die einzige Attraktion auf der Strecke zwischen Steinach und Gossensaß sei der Wochenmarkt auf dem Brenner. Jakoncig, Brennertunnel (Nr. 269 und 270). 214 NN, Der Brenner im Rahmen der Projekte für die Verbesserung der Verkehrswege durch die Alpen, in: Bollettino ufficiale e notiziario economico della Camera di Commercio Industria e Agricoltura di Bolzano 10 (1957), Heft 11, S. 4-6. KgWT, Jahresbericht 1958 (Stenographische Protokolle), S. 213. NN, Münchner Handelskammer gegen Brennertunnel, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 292, 18.12.1959, S. 6. Sardagna führte aus, dass es keine Notwendigkeit eines Straßentunnels gebe. Siehe dazu: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 19 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 6.7.1957, S. 10, AHBz, Komitee (1949-1959). Zur Haltung des Komitees für die Förderung des Brennerverkehrs siehe auch: Angelo Massimini, Il problema del valico autostradale del Brennero, in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2°

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sich der Ablehnung des Tunnels aufgrund der ganzjährigen Befahrbarkeit einer Trasse über den Brenner an.215 In Österreich war das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau die höchste Entscheidungsinstanz bei der Frage, ob ein Tunnel unter den Brenner zu bauen sei oder nicht. Dieses Ministerium vertrat eine ablehnende Haltung in dieser Angelegenheit, was sich unter anderem an Aussagen des Leiters der österreichischen Bundesstraßenverwaltung (Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau), Sektionschef Dipl.-Ing. Alois Seidl,216 zeigte. Dieser hielt ein Referat beim „21. Österreichischen Straßentag“, der vom 25. bis 28. Mai 1959 in Innsbruck unter der Trägerschaft der „Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen“ und nach Vorbereitung vonseiten der Landesbaudirektion Tirol stattfand. Dabei sprach sich der oberste Beamte der österreichischen Bundesstraßenverwaltung ausdrücklich gegen eine Untertunnelung des Brenners aus, was erkennen lässt, dass das Tunnelprojekt von den verantwortlichen österreichischen Stellen bereits 1959 abgelehnt wurde. Seidl hielt den Brenner aufgrund seiner niedrigen Höhe und der damit verbundenen ganzjährigen Betriebssicherheit geradezu prädestiniert für eine oberirdische Trasse. Die exorbitant hohen Baukosten – die Hälfte der Kosten für den Tunnel entsprächen dem Preis für die Errichtung des gesamten Autobahnabschnittes Innsbruck–Brenner – und die beträchtlichen Betriebskosten sowie potenzielle Gefahren wie giftige Auspuffgase, Verkehrsstockungen und damit verbundene Panikausbrüche oder Explosionen ließen ihm eine Untertunnelung „unvertretbar“ erscheinen.217 convegno, S. 39, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Guido Jakoncig, Strada o tunnel del Brennero? Un problema di attualità. [1. Teil], in: Alto Adige, Nr. 219, 14.9.1958, S. 9. 215 [Hans Pfülf] an Otto Schedl, 21.3.1958, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. Hans Pfülf war der Präsident der Industrie- und Handelskammer München. In diesem Dokument wurde handschriftlich notiert, dass der bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Otto Schedl, im Wesentlichen die Auffassung der Industrie- und Handelskammer München hinsichtlich der Ablehnung eines Straßentunnels teile. 216 Seidl verstarb am 4. August 1973 in Wien. NN, Sektionschef Seidl gestorben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 180, 6.8.1973, S. 2. NN, Sektionschef Seidl – Ehrenringträger der Stadt Lienz [gestorben], in: Osttiroler Bote, Nr. 32, 9.8.1973, S. 6. 217 Seidl, Die Autobahnen, S. 34-35. Siehe auch: NN, Straßentag im klassischen Paßland Tirol. Nach neunjähriger Pause ist Innsbruck wieder Tagungsort der Straßenbaufachleute – Kein Verständnis für den Brennertunnel – Filme und Lichtbilder berichten von stolzen Leistungen und Schwierigkeiten des Straßenbaus in einem „senkrechten“ Lande, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 118, 26.5.1959, S. 3-4. NN, Österreichischer Straßentag in Innsbruck, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 118, 26.5.1959, S. 6. NN, 21. Österreichischer Straßentag, S. 5-6.

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Auch auf der „Internationalen Tagung über den Brennerverkehr“, die das Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs vom 18. bis zum 20. September 1959 in Bozen veranstaltete,218 lehnte Seidl die Untertunnelung ab. Er erklärte in seinem Vortrag, dass auch die Auftragsverkehrsstudie des deutschen Verkehrsspezialisten Professor Dr.-Ing. Max-Erich Feuchtinger über die geplante Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner die „harmonisch[e]“ Einpassung dieser Infrastruktur in das europäische Verkehrskonzept beweise.219 Bei der Tagung in Bozen befürwortete die Mehrheit der Teilnehmenden aus Italien, Österreich sowie der deutschen Bundesrepublik eine Autobahn über den Brenner, so auch der Vorsitzende der Landesstelle Tirol der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, Professor Dr. Franz Egert.220 In seinem Referat sprach er sich ebenfalls gegen eine Untertunnelung aus, da sie nach Ansicht der verantwortlichen Stellen Österreichs und Italiens aufgrund der hohen Betriebssicherheit einer Straße über den Pass „nicht gerechtfertigt und überflüssig“221 wäre. Die ablehnende Haltung des österreichischen Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau zeigte sich auch beim ersten Treffen der österreichisch-italienischen Arbeitsgruppe „Straßen“, die zur Verbesserung der Straßenverbindungen zwischen Österreich und Italien im Rahmen der europäischen Verkehrsministerkonferenz im Oktober 1959 in Velden am Wörthersee gegründet worden war. Die „Europäische Konferenz der Verkehrsminister“ wird im Englischen als „European Conference of Ministers of Transport“ (abgekürzt mit ECMT) und im Französischen als

218 Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung. Siehe ergänzend auch: NN, Inaugurato il convegno internazionale sui traffici attraverso il Brennero. Alla presenza del sottosegretario ai Transporti Fanelli. Il direttore generale dell’ANAS ha annunciato per i primi mesi del 1960 l’inizio di vasti lavori di miglioria alla strada statale n. 12 – I problemi dell’autostrada e del traforo – Le relazioni del convegno, in: Alto Adige (Trentiner Ausgabe), Nr. 201, 19.9.1959, S. 4-5. 219 Seidl, Das österreichische Teilstück, S. 118. Siehe auch: NN, Oesterreich scheut keine Opfer für die Brennerautobahn: Wann wird Italien dem Beispiel folgen? Mit den Bauarbeiten an der Europabrücke ergriff Österreich die Initiative – Internationale Brennerkonferenz in Bozen voller Erfolg, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 216, 19.9.1959, S. 5. NN, Der Brenner – ein europäisches Verkehrsproblem. 220 Egert wurde am 8. August 1885 geboren und verstarb am 6. Januar 1977. NN, K[ammer]A[mts]D[irektor] Univ.-Prof. Dr. Franz Egert zum Gedenken, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 3, 15.1.1977, S. 9. 221 Egert, Das Problem, S. 46. Egert hatte sich bereits im April 1958 gegen eine Untertunnelung des Brenners ausgesprochen, da eine offene Trassenführung ohne Tunnel erstrebenswert sei. Siehe dazu: ders., Nur eine moderne Brennerstraße rettet Tirol den Reisestrom, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 84, 12.4.1958, S. 2.

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„Conférence Européenne des Ministres des Transports“ (CEMT) bezeichnet.222 Die italienische Delegation stellte beim Treffen der Arbeitsgruppe die konkrete Frage, wie Österreich zu einem Straßentunnel am Brenner stehe, worauf Sektionschef Seidl antwortete, dass Österreich eine Untertunnelung ablehne.223 Die Tiroler Landesbaudirektion, vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau mit der Erstellung von Vorstudien für den Bau der Brennerautobahn beauftragt, lehnte die Untertunnelung ebenfalls ab. So begründete Landesbaudirektor Josef Stark dies im Jahre 1959 mit der hohen Betriebssicherheit einer Trasse über den Brenner, den ungelösten technischen Schwierigkeiten und den hohen Kosten des Tunnelprojekts.224 Oberbaurat Dipl.-Ing. Leo Feist,225 Beamter der Landesbaudirektion, erklärte, dass Tirol zu Recht „beneidet“ werde, da „wir es nicht notwendig [haben], uns kilometerweit mit Tunnels in die Berge hineinzubohren, weil der Brennerpaß die ideale Stelle ist, an der die Alpen auch mit einer Autobahn, ohne Anordnung eines Scheiteltunnels, überquert werden können“226. Das von der Landesbaudirektion ausgearbeitete Projekt sah demnach keinen Tunnel vor.

222 Die europäische Verkehrsministerkonferenz trat im Jahr 1953 zum ersten Mal zusammen. 223 KgWT, Jahresbericht 1959, Innsbruck 1960, S. 231. Heinz Knoflach, [Stellungnahme], in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 41, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Siehe auch: Heinz Knoflach, Kurzbericht über den Verlauf des Brennerstraßenkongresses in Verona am 15. und 16. Dezember 1959, S. 2, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 224 Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 4. 225 Feist wurde am 1. August 1912 in Rodnaun bei Wien geboren und verstarb am 24. November 1997 in Mieders. Hartlieb, Der Straßenbau, S. 21. NN, Hofrat Dipl.-Ing. Leo Feist [Todesanzeige], in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 274, 26.11.1997, S. 27. NN, HR Leo Feist feiert 85. Geburtstag. Der Name des Baupioniers bleibt mit der Brennerautobahn untrennbar verbunden, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 173, 29.7.1997, S. 13. 226 Feists Vortrag fand am 26. Oktober 1961 vor den wirtschaftspolitischen und statistischen Referenten der österreichischen Handelskammern statt, die sich in der Tiroler Handelskammer zu einer Fachtagung versammelt hatten. Feist, Notwendigkeit. Siehe in diesem Zusammenhang auch: [Leopold Feist], Vorbemerkungen, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (7): Autobahnen in Tirol – Rechnungshofberichte (1967-1968). Beinahe der gleichen Worte bediente sich auch der Landeshauptmann von Tirol, Hans Tschiggfrey. Siehe dazu: Hans Tschiggfrey, Einleitung, in: Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 2. Zur ablehnenden Haltung Feists siehe auch: Leo Feist, Tiroler Straßenwesen einst und jetzt, in: Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 25. Österreichischen Straßentag (1963), S. 31-62, hier S. 39.

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Im Oktober 1961 erklärte Feist in einem Vortrag, die zuständigen österreichischen und italienischen Stellen hätten sich darauf geeinigt, das Projekt einer Untertunnelung vor allem aufgrund wirtschaftlicher und technischer Gründe ad acta zu legen.227 Turrini, der Präsident der italienischen Autobahngesellschaft, erklärte wenige Monate später dasselbe.228 Während sich demnach die verantwortlichen österreichischen Stellen bereits im Jahr 1959 gegen die Untertunnelung ausgesprochen hatten, dauerte es in Italien länger, bis man sich dieser Haltung anschloss. Auf beiden Seiten wusste man aber, dass die Entscheidung für oder gegen einen Tunnel nicht allein getroffen werden konnte, sondern nur in Abstimmung mit dem jeweils anderen Staat und auf der Grundlage einer gemeinsamen Position. Auf italienischer Seite hatte der Senator de Unterrichter bereits 1952 ein Projekt für die Brennerautobahn ausgearbeitet229 und sich auch in den folgenden Jahren mit der weiteren Ausarbeitung dieses Vorhabens beschäftigt. Im Jahr 1957 wurde er vom neu gegründeten Komitee zur Verkehrsplanung der Region Trentino-Tiroler Etschland– unter Vorsitz Turrinis als Regionalassessor für Öf-

227 NN, Oberbaurat Dipl.-Ing. Leo Feist: Brenner-Autobahn bleibt ohne Tunnel. Weiterer Ausbau des Tiroler Straßennetzes dürfe nicht behindert werden, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 250, 27.10.1961, S. 6. Eine verkürzte Abschrift dieses Artikels ist zu finden in: NN, Brenner-Tunnel für Brennerautobahn nicht tragbar. Es bleibt bei der bisherigen Trassierung – Tunnelbau käme auf 150 Mio S pro Kilometer, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 250, 27.10.1961, S. 4. Siehe auch: NN, Brenner-Autobahn ohne Tunnel. Autobahnbau darf Tiroler Straßennetz nicht benachteiligen – Führung im Nord-Süd-Verkehr angestrebt, in: Salzburger Nachrichten, Nr. 250, 27.10.1961, S. 4. NN, Trassierung der Brenner-Autobahn bleibt ohne Tunnel, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 43, 28.10.1961, S. 3. Siehe auch: Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 2. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 7. Juni 1961, 10 Uhr im Festsaal der Tiroler Handelskammer zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1961. NN, Erfolge und Probleme im Tiroler Straßenbau, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 23, 10.6.1961, S. 1-3. NN, Brenner-Autobahn ohne Tunnel. Einigung in Verhandlungen mit Italien, in: Dolomiten, Nr. 130, 9.6.1961, S. 8. Siehe auch: de Unterrichter, Wirtschaftliche Bedeutung, S. 29. Auf die Aussagen Feists ging Jakoncig in einem polemischen Artikel ein: Guido Jakoncig, Und wieder der Brennertunnel… Die Autobahn, in: Alto Adige, Nr. 269, 7.11.1961, S. 8. Laut Jakoncig war das Tunnelprojekt von denjenigen Stellen, die es ablehnen würden, niemals untersucht worden. Technische Probleme seien gelöst worden und es gebe auch ein erfolgversprechendes Konzept für die Finanzierung. 228 Siehe Turrinis Aussagen in: Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 75, 24.7.1962, S. 11-19, hier S. 16-17. 229 Rutz, Zur Frage, S. 148.

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fentliche Arbeiten – mit der Ausarbeitung einer Vorstudie für die Autobahn beauftragt. Sein Projekt sah keinen Brennerstraßentunnel vor, da de Unterrichter einen solchen aufgrund der niedrigen Passhöhe und hoher Kosten für unzweckmäßig hielt.230 Im Jahr 1959 beauftragte die soeben gegründete italienische Brennerautobahn AG de Unterrichter und den Trentiner Ingenieur Bruno Gentilini231 mit der Ausarbeitung eines Projektes für die Brennerautobahn, bei dem sie ebenfalls keine Untertunnelung vorsahen. Auch im Ausführungsprojekt der Ingenieure Bruno und Lino Gentilini wurde eine Trasse über den Brenner bevorzugt. Am 25. Januar 1962 genehmigte die ANAS als das dafür zuständige staatliche Straßenbauunternehmen das Projekt des Autobahnabschnitts zwischen dem Brenner und Verona, wobei darin ebenfalls keine Untertunnelung vorgesehen war. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müsste evident gewesen sein, dass das Brennertunnelprojekt keine Chance auf Verwirklichung hatte, da sich die verantwortlichen Stellen in Österreich und in Italien dagegen entschieden hatten. Doch die Diskussionen um dieses Projekt dauerten noch viel länger an, was im Folgenden gezeigt wird. Obwohl sich also bereits im Jahr 1959 zeigte, dass die federführenden österreichischen Stellen eine Untertunnelung ablehnten, entwickelte sich sowohl in Italien als auch in Österreich eine heftige Diskussion um dieses Thema, der Tiroler Journalist Heinz Cornel Pfeifer bezeichnete diese Entscheidung sogar als die „große Hamletfrage“232. Auf der Seite der Tunnelbefürworter taten sich besonders die Brennertunnelgesellschaft sowie Weynschenk hervor. Diese setzten sich einerseits direkt mit den verantwortlichen Stellen auseinander – oft genug wurden dabei Institutionen 230 NN, Die aktuelle Frage der Brenner-Autobahn, in: Dolomiten, Nr. 219, 24.9.1958, S. 10. Siehe auch: NN, In Italien besteht bereits eine Gesellschaft für den Ausbau einer zweibahnigen Autobahn Brenner–Bozen–Modena, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 220, 24.9.1958, S. 5. Siehe auch: Guido de Unterrichter, Re[alizz]azione dell’autostrada del Brennero, in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 3335, hier S. 34, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Siehe auch: de Unterrichter, Wirtschaftliche Bedeutung, S. 29. Georg Innerebner, der Leiter einer Arbeitsgruppe für die technische Durchführung der Autobahnplanung, erklärte de Unterrichters Projekt mit den Worten, der Brennerpass sei als niedrigster Alpenübergang auch ohne Untertunnelung ganzjährig wintersicher. Tunnels seien im Autobahnbau möglichst zu vermeiden und nähmen den Reisenden auch die Sicht auf die Landschaft. Siehe dazu: Innerebner, Ausbau, S. 5. Georg Innerebner, Pro memoria über den gegenwärtigen Stand der Bemühungen um die Verkehrsverbesserung der Brennerstrecke (Auszug aus den Berichten Conte Sardagna und Ing. de Unterrichter), 10.3.1958, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 231 Gentilini wurde 1926 geboren und verstarb 1988. NN, È morto Gentilini il progettista dell’Autobrennero. Stroncato da un infarto sul Garda, in: Alto Adige, Nr. 59, 15.3.1988, S. 1. 232 P[feifer], Straßentunnel, S. 9.

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kontaktiert, die keinerlei Entscheidungsfunktion innehatten – und suchten andererseits ihr Glück über die Presse. Auf die heftigen Diskussionen über das Tunnelprojekt in den Medien soll später eingegangen werden. Die Brennertunnelgesellschaft suchte Kontakt zu westdeutschen Kreisen und versuchte dabei insbesondere das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr vom Tunnelprojekt zu überzeugen und betonte, gerade Bayern habe ein besonders großes Interesse an einer durch den Tunnel gesicherten ganzjährigen Befahrbarkeit des Brenners.233 Doch das Ministerium stand dem Projekt ablehnend gegenüber und erklärte wiederholt – ganz im Einklang mit dem Bundesministerium für Verkehr der BRD234 –, dass die Entscheidung für oder gegen einen Tunnel nicht in die Zuständigkeit der westdeutschen respektive bayerischen Stellen falle, da es sich um ein ausländisches – in erster Linie Österreich und Italien betreffendes – Projekt handle. Zudem hätten die verantwortlichen österreichischen Stellen die Untertunnelung bereits abgelehnt. Obwohl Bayern zweifellos an einer ganzjährig gesicherten Befahrbarkeit der Brennerautobahn sehr interessiert sei, stelle doch ein Straßentunnel in verkehrstechnischer Hinsicht keine grundlegende Verbesserung gegenüber einer Trasse über den Pass dar und sei insbesondere aufgrund der hohen Kosten abzulehnen.235 Auch nach der Grundsteinlegung der Europabrücke setzte sich die Brennertunnelgesellschaft weiter für die Untertunnelung ein – mit der Begründung, dass 233 Siehe Jakoncigs Brief vom 24. März 1959 an Ministerialdirigent Dr. Nibler vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, in dem er noch einmal die Wichtigkeit der Brennerangelegenheit für München und den oberbayerischen Raum angesichts einer drohenden Abwanderung des Verkehrs in Richtung Schweiz betonte: Guido Jakoncig an Ministerialdirigent Nibler, 24.3.1959, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Jakoncig hoffte, die Brennertunnelgesellschaft werde zu Besprechungen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr hinzugezogen. Dabei prangerte er an, dass besonders in den Handelskammern von München, Innsbruck und Bozen Stimmung gemacht werde gegen das Tunnelprojekt. 234 Bundesministerium für Verkehr, Vermerk – Straßentunnel unter den Brenner, 24.10.1961, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (PP AA), B: Akten des Auswärtigen Amtes (B) 57, Archivaliensignatur (Bd.) 364. Vonseiten der verschiedenen deutschen Stellen wurde darauf geachtet, sich nicht in Belange wie den Brennertunnel einzumischen, die in erster Linie eine österreichische und italienische Angelegenheit waren. Siehe dazu auch: [Friedrich] Janz an L[udwig] Seiermann, 8.11.1961, PP AA, B 57, Bd. 364. [Hanns-Erich] Haack, Aufzeichnung, 12.3.1959, S. 1, PP AA, B 57, Bd. 364. 235 [Eberhard Kuchtner], Vormerkung, 15.2.1961, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Ministerialdirektor Eberhard Kuchtner erklärte darin, dass das Projekt der Untertunnelung nur eine „Eigentour“ Jakoncigs sei. Ministerialdirektor Eberhard Kuchtner an Hermann Höcherl, 17.3.1961, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Aufgrund der Bedeutung des Brennerpasses für Bayern hielt Kuchtner ein Referat bei der Internationalen Tagung über den

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sich das Projekt sehr gut in die Trasse der Europabrücke integrieren lasse und dass es ein wirksames Mittel gegen die drohende Verkehrsablenkung in Richtung Schweiz sei.236 Diese beharrliche Propagierung des Tunnelvorhabens veranlasste Ministerialdirektor Eberhard Kuchtner vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr in einer internen Notiz zu dem bissigen Kommentar, dass sich Jakoncig „in der Lage des Gerbers […] befinde[…], der seine Felle wegschwimmen sieht und nun bei Stellen außerhalb seines Heimatlandes […] den Versuch macht, seinen Ideen Geltung zu verschaffen“237. Neben Jakoncig versuchte auch der Projektant der Untertunnelung, Weynschenk, das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr über Jahre hinweg von seinem Vorhaben zu überzeugen. Weynschenk agierte dabei im viel stärkeren Maße als Jakoncig als Einzelkämpfer, der sich mit allen Mitteln für sein Ziel einsetzte und es auch noch verfolgte, als sein Projekt von den entscheidungsbefugten Behörden bereits abgelehnt worden war. Er behauptete im Jahr 1961, dass die italienische Regierung bereits zu 80 Prozent für das Brennertunnelprojekt gewonnen sei und begründete Aussicht einer baldigen Diskussion im österreichischen Parlament über die Untertunnelung bestehe. Weynschenks Angaben entsprachen aber keineswegs der Realität.238 Er warnte das Bayerische Staatministerium für Wirtschaft und Verkehr Brennerverkehr in Bozen, sprach das Brennertunnelprojekt dabei aber nicht an. Siehe auch: Eberhard Kuchtner, Die deutsche Wirtschaft und der Brennerübergang, in: Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung (1959), S. 75-88. Ministerialdirektor Eberhard Kuchtner an Hermann Höcherl, 17.3.1961, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Nibler, Vormerkung, 13.8.1962, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 236 Guido Jakoncig an Ministerialdirigent Nibler, 31.7.1959, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Jakoncig beschwerte sich in diesem Schreiben weiter, dass man sich in Österreich überhaupt nicht mit dem Brennertunnelprojekt befasst habe, aber auf europäischer Ebene steige das Interesse an einer Untertunnelung kontinuierlich an. Auch in Italien seien die zuständigen Stellen diesem Projekt gegenüber keineswegs abgeneigt. Auf die Gefahr der Umfahrung der Gebiete an der Brennerlinie durch die Schweizer Tunnelprojekte wies Jakoncig auch in seinem Vortrag über den Brennerstraßentunnel in Mailand am 19. Februar 1960 hin. Siehe: Guido Jakoncig, Übersetzung des Vortrages, gehalten auf Einladung des Präsidenten des Mailänder Presseklubs am 19. Feber 1960 im Presseklub (Circolo della stampa) in Mailand vom Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Innsbruck, 19.2.1960, S. 8, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. Seiner Ansicht nach seien sich das Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs und die Handelskammern aufgrund seines Pressefeldzugs für das Tunnelprojekt der Gefahr der Umfahrung bewusst geworden. 237 [Eberhard Kuchtner], Vormerkung, 6.7.1959, S. 2, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 238 Nibler, Vermerk über den Besuch [von Robert] Weynschenk am 28. Februar 1961, 17.3.1961, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Sektionschef Seidl erklärte, die Entscheidung sei bereits zugunsten der Trasse über den Brenner gefallen.

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vor einer Gefahr der Ablenkung des Verkehrs vom oberbayerischen Raum in Richtung Schweiz durch die Tunnelprojekte der Eidgenossen, wobei dieser Bedrohung lediglich sein Vorhaben einer Untertunnelung zuvorkommen könne.239 Neben diesem Ministerium versuchte Weynschenk noch viele andere Organe – bei weitem nicht nur die Entscheidungsträger – von seinem Projekt zu überzeugen, wobei er sich vor allem auf Österreich, Italien und die BRD konzentrierte. Als seine Bemühungen in diesen Ländern nicht fruchteten, weitete er seine Aktivitäten sogar auf Institutionen wie die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) oder auf Länder wie die Niederlande aus, obwohl diese keinerlei Entscheidungsfunktion in der Brennertunnelfrage hatten.240 In den Briefen und Gesprächen mit den verschiedensten Institutionen betonte Weynschenk immer wieder, dass noch keine Entscheidung hinsichtlich einer Untertunnelung getroffen sei und die italienischen Stellen dem Projekt positiv gegenüberstünden. Es lasse sich „mit Sicherheit“ sagen, dass Italien für das Tunnelprojekt auch unabhängig vom österreichischen Standpunkt eintrete.241 Er stellte öfters die ablehnende Haltung verschiedener Stellen in Briefen an andere Institutionen in einer positiven Art und Weise dar – auch wenn dies nicht der Wahrheit entsprach –, um mehr Unterstützung für sein Projekt zu gewinnen.242 Eine weitere Eigenheit Weynschenks war es, sich bei anderen Organen über diejenigen Institutionen zu beschweren, die sein Projekt ablehnten. So echauffierte er sich beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr über die „Un[v]erfrorenheit einiger Handelskammer[n]“ – Weynschenk spielte dabei auf jene von München, Innsbruck und Bozen an – zu behaupten, die Trasse über den Brenner sei betriebssicher.243

239 R[obert] Weynschenk an Ministerialdirigent Nibler, 28.2.1961, S. 2, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 240 Weynschenk unterbreitete sein Projekt auch Automobilklubs in verschiedenen Ländern sowie im Verkehrssektor tätigen Institutionen in Dänemark. Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 31 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 26.11.1962, S. 5-12, AHBz, Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs/Comitato promotore per i traffici del Brennero – Protokolle/Verbali (1960-1969), Kat. – Klasse 16.5. Siehe auch: Weynschenk, Projekt Brennertunnel. 241 R[obert] Weynschenk an Ministerialdirigent Nibler, 28.2.1961, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 242 So erklärte Weynschenk, dass das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr einen „sehr günstigen Eindruck“ von seinem Projekt hätte und die Planung „geradezu bestechend“ finde, was aber keineswegs der Wahrheit entsprach. R[obert] Weynschenk an [Hanns-Erich] Haack, 4.7.1960, S. 1, PP AA, B 57, Bd. 364. 243 R[obert] Weynschenk an Ministerialdirigent Nibler, 28.2.1961, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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Weynschenk informierte über Jahre hinweg Stellen, die nur marginal am Brennerverkehrsproblem interessiert waren, wie das Auswärtige Amt in Bonn, das er um eine finanzielle Unterstützung seines Projektes sowie um ein Forcieren des Brennertunnels gegenüber den österreichischen Stellen ersuchte. Auch wenn das Auswärtige Amt das Projekt strikt ablehnte, wurde es weiterhin von Weynschenk über das Tunnelprojekt informiert.244 Weiters wollte er das Bundeswirtschaftsministerium in Bonn von seinem Projekt überzeugen, wobei dieses lediglich von der Notwendigkeit des Ausbaus der Straßenverbindung über den Brenner, aufgrund der hohen Kosten nicht aber vom Tunnel überzeugt war.245 Konsul Dr. Max Zwicknagl vom Konsulat der deutschen Bundesrepublik in Innsbruck246 berichtete an das Auswärtige Amt, man sei in Tirol sehr befremdet über die Tatsache, dass offizielle Kreise in Deutschland mit der Brennertunnelgesellschaft in Verbindung getreten seien – gerade angesichts der Tatsache, dass der Autobahnbau 244 [Hanns-Erich] Haack, Aufzeichnung, 12.3.1959, S. 1, PP AA, B 57, Bd. 364. Siehe auch: [Hanns-Erich] Haack an R[obert] Weynschenk, 7.7.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. [HannsErich] Haack an Büssing Automobilwerke Aktiengesellschaft Braunschweig, 22.7.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. R[obert] Weynschenk an Ministerialdirektor Günther Harkort, 24.2.1961, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Weynschenk führte auch Unfallstatistiken der Strecke zwischen Innsbruck und dem Brennerpass im Zeitraum von 1958 bis 1960 an, die beweisen sollten, wie gefährlich eine Trassenführung gerade im Winter sei. Siehe dazu: Unfallstatistik am Brennerweg zwischen Innsbruck und Brennerpass, ca. 30 Nm., PP AA, B 57, Bd. 364. Das Auswärtige Amt war demnach von den beständigen Bemühungen Weynschenks für sein Tunnelprojekt alles andere als angetan. Laut Dr. HannsErich Haack war es zweckmäßig, – „wenn überhaupt“ – nur sehr kurz auf seine Schreiben zu antworten „da er dazu neigt, Schreiben von Behörden zu verwenden, um mit anderen Stellen diese Angelegenheit immer wieder aufzugreifen“. [Hanns-Erich] Haack, Aufzeichnung, 13.3.1961, PP AA, B 57, Bd. 364. 245 Weynschenk konnte in einer Besprechung mit dem deutschen Bundeswirtschaftsministerium am 6. September 1960 sein Projekt erläutern. [Egon] Emmel, Aufzeichnung, 8.9.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. Auch die Generaldirektion Verkehr der BRD bei den Europäischen Gemeinschaften stand dem Brennertunnelprojekt ablehnend gegenüber. Siehe: [Carl Friedrich] Ophüls an Bundesminister für Wirtschaft, 16.9.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. Dr. Ophüls war Ständiger Vertreter der BRD bei der EWG. Für die Schritte Weynschenks bei verschiedenen westdeutschen Organen siehe: [Hans Albert] Görs an Auswärtiges Amt in Bonn, 5.10.1960, S. 1, PP AA, B 57, Bd. 364. Im ganzen Dokument verwendete Görs aber eine falsche Schreibweise für Weynschenks Namen, nämlich „Weijnschenk“ und bezeichnete ihn als einen „Ingenieur“, obwohl er Geologe war. Weynschenk behauptete in der Folge, das Bundeswirtschaftsministerium sei von seinem Projekt überzeugt, was aber nicht der Wahrheit entsprach. 246 Zwicknagl bekleidete dieses Amt von 1956 bis 1962.

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in Österreich ausschließlich Bundessache sei und eine Untertunnelung abgelehnt werde. Er riet zu größter Zurückhaltung und zu einer Vermeidung persönlicher Treffen mit Weynschenk. Obwohl dieser verschiedene Behörden mit seinen Zuschriften „bombardier[e]“, würden die entscheidungsbefugten österreichischen Organe doch das Projekt ablehnen.247 Weynschenk legte bei seinen Bemühungen eine beachtliche Hartnäckigkeit an den Tag und warb immer noch für sein Projekt, als bereits längst klar war, dass es keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Tunnelgegner und Vertreter der Brennertunnelgesellschaft lieferten sich bei der „Zweiten Internationalen Tagung über den Brennerverkehr“ – die erste internationale Konferenz über den Brennerverkehr war jene in Bozen vom 18. bis zum 20. September 1959 gewesen – eine hitzige Debatte über die Frage der Untertunnelung. Die Tagung fand in Verona vom 15. bis zum 16. Dezember 1959 statt und wurde von der „Federazione Italiana della Strada“ (FIS) sowie den Behörden von Verona (Landesverwaltung, Handelskammer und Gemeinde von Verona) organisiert.248 300 italienische Delegierte aus Politik, Wirtschaft und Technik sowie Abordnungen aus Österreich und Deutschland nahmen daran teil, wobei als allgemeiner Konsens die Forderung nach einer möglichst raschen Realisierung der Brennerautobahn feststand. Die Mehrheit der Teilnehmer lehnte einen Brennertunnel ab, da er aufgrund der Betriebssicherheit des Passes überflüssig und mit hohen Kosten verbunden sei.249 Zu dieser Tagung waren vonseiten Jakoncig als Präsident der Brennertunnelgesellschaft und Advokat Angelo Massimini als deren Vizepräsident eingeladen. Letzterer hielt ein Referat über das Tunnelprojekt, was darauf hindeutete, dass die Veranstalter dem Vorhaben wenigstens eine gewisse Bedeutung einräumten. Massimini hob die Vorteile der Untertunnelung hervor – insbesondere hinsichtlich der ganzjährigen Betriebssicherheit – und erklärte, dass eine Autobahn über den Brenner bereits

247 Konsul [Max] Zwicknagl an Hanns Rode, 2.8.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. Siehe weiter: Ders. an Hanns Rode, 9.9.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. [Konsul Max Zwicknagl] an Auswärtiges Amt in Bonn, 18.11.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. Weynschenk warf in einem Schreiben an das Auswärtige Amt Zwicknagl vor, dass sich dieser aus unerklärlichen Gründen in den Medien für eine Trasse über den Brenner eingesetzt habe. R[obert] Weynschenk an Ministerialdirektor Friedrich Janz, 7.7.1960, PP AA, B 57, Bd. 364. 248 Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 249 Luigi Tocchetti, La strada del Brennero, in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 7-11, hier S. 9, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Die Position der italienischen Brennerautobahngesellschaft wurde dargelegt von Guido de Unterrichter. Siehe: Guido de Unterrichter, Re[alizz]azione dell’autostrada del Brennero, in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 33-35, hier S. 34-35, CCIAA, Archivio di deposito, convegni.

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bei ihrer Fertigstellung technisch veraltet sei. Das Brennertunnelprojekt sei problemlos in jenes der Brennerautobahngesellschaft integrierbar und eine Zusammenarbeit zwischen beiden Gesellschaften erstrebenswert.250 Auf das Plädoyer für den Brennertunnel durch Massimini entgegnete Heinz Knoflach als Vertreter der Tiroler Handelskammer, dass die österreichische Bundesstraßenverwaltung und auch das Ministerium für Handel und Wiederaufbau in Wien bereits mehrmals einen Vorstoß öffentlich abgelehnt hätten.251 Jakoncig erwiderte darauf, dass diese Haltung nicht auf alle Regierungsmitglieder in Wien zutreffe und das Brennertunnelprojekt noch einmal geprüft werden solle – gerade angesichts der drohenden Gefahr der Umfahrung. Jakoncig setzte sich für eine Kommission mit Vertretern der Brennertunnel- sowie der Brennerautobahngesellschaft ein, um die Tunnelfrage ohne Vorurteile zu prüfen.252 Diese Kommission kam dann aber schlussendlich nicht zustande, auch wenn es bei der Konferenz zunächst den Anschein hatte. Auch im Regionalrat der autonomen Region Trentino-Südtirol fand eine Untertunnelung dezidierte Fürsprecher. So erklärte der Regionalratsabgeordnete Danilo Paris253 (Partito Socialista Italiano) im Jahr 1962 in einer Wortmeldung, die Region müsse die Errichtung eines Brennertunnels in Erwägung ziehen, da eine Trasse über 250 Dieses Referat wurde aufgrund der Erkrankung Massiminis vorgelesen. Angelo Massimini, Il problema del valico autostradale del Brennero, in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 36-41, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Siehe auch: NN, Per l’autostrada. I traffici attraverso il Brennero: Battere il ferro tenacissimamente. Riaffermata a Verona da tecnici ed economisti d’Italia, Germania e Austria l’urgenza della realizzazione destinata a collegare le strade del centro Europa all’autostrada del Sole, in: Alto Adige, Nr. 297, 16.12.1959, S. 1 und 10, hier S. 10. 251 Heinz Knoflach, [Stellungnahme], in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 41, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Siehe auch: Heinz Knoflach, Kurzbericht über den Verlauf des Brennerstraßenkongresses in Verona am 15. und 16. Dezember 1959, S. 2, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). KgWT, Jahresbericht 1959 (Stenographische Protokolle), S. 233. 252 [Guido] Jakoncig, [Stellungnahme], in: Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 45-46, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. Siehe auch: NN, L’indifferibilità della costruzione. L’autostrada del Brennero. Con un ordine del giorno che riafferma il carattere europeo della realizzazione concluso il convegno internazionale di Verona, in: Alto Adige, Nr. 298, 17.12.1959, S. 4. Jakoncig führte zwei Jahre später aus, die Autobahngesellschaft habe die Unterschrift – laut Jakoncig auf „inständiges Drängen“ der Tiroler Handelskammer hin – zurückgezogen. Jakoncig, Und wieder der Brennertunnel. 253 Paris wurde am 20. Oktober 1910 in Trient geboren und verstarb am 7. Dezember 1978. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1372 (Internetquellen).

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den Pass bereits beim Bau veraltet sei und aufgrund der fehlenden Betriebssicherheit mit den Schweizer Tunnelprojekten nicht konkurrenzieren könne. Die zuständigen italienischen und österreichischen Organe lehnten eine Untertunnelung jedoch ab,254 was ihn dennoch nicht davon abhielt, noch im Jahr 1964 – also zu einer Zeit, als das Tunnelprojekt keine Chance auf Verwirklichung mehr hatte – im Regionalrat dafür einzutreten. In den letzten Jahren hätte sich seine Überzeugung noch verstärkt, da sie (wie auch in der italienischen Presse dargestellt) zukunftsweisend und unerlässlich sei. Während überall Tunnel gebaut würden, sei die projektierte Trasse ein primitives Projekt.255 Am 5. März 1962 wurde das Verhältnis Weynschenks zur „Brennertunnel- und Alpenstraßen-Verkehrsgesellschaft m.b.H.“ aufgelöst, sodass keinerlei Verbindung seines Projektes oder seiner Person zu dieser Gesellschaft mehr bestehe. Er werde aber als Besitzer des Projektes weiterhin dessen Verwirklichung verfolgen. Ab diesem Zeitpunkt bezeichnete sich Weynschenk als „Manager“ des Tunnelprojekts respektive als „Manager-Geologe“. Die Tunnelgesellschaft wollte das Projekt erst wieder unterstützen, wenn Weynschenk bislang offene Fragen dazu anhand von Expertengutachten mit positivem Ergebnis geklärt habe, was ihm aber in Folge nicht gelang.256 Bei einer Sitzung des Komitees für die Förderung des Brennerverkehrs am 26. November 1962 in der Handelskammer von Verona traten die Differenzen zwischen

254 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 60, 25.5.1962, S. 5-14, hier S. 6-7. Siehe auch die Wortmeldung von Paris über die anzustrebende Untertunnelung und die ablehnende Haltung Turrinis in: Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 75, 24.7.1962, S. 11-19, hier S. 16-17. 255 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 225, 13.10.1964, S. 32-52, hier S. 41-42. Turrini bezeichnete das Tunnelprojekt daraufhin als sinnlos und überflüssig. Siehe: Ebd., S. 51. NN, Regionalhaushalt um rund 400 Millionen Lire aufgestockt. Vor Beendigung der Legislatur. SVP stimmte dafür – Diskussion über Bürgschaftsleistung der Region zugunsten der Brennerautobahn AG, in: Dolomiten, Nr. 237, 14.10.1964, S. 5. 256 Vortrag von R[obert] Weynschenk für das Brennerverkehrskomitee in Verona am 26.11.1962 unter Vorsitz des Präsidenten Senator [Giuseppe] Trabucchi, 27.11.1962, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Siehe auch: R[obert] Weynschenk an Ministerialdirigent [Nibler], 19.3.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Zuvor war Weynschenk Aufsichtsratsmitglied der Brennertunnelgesellschaft.

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der Brennertunnelgesellschaft (repräsentiert von ihrem Vizepräsident Massimini) und Weynschenk in Bezug auf das Brennertunnelprojekt klar hervor.257 Weynschenk plädierte dafür, mit dem Bau der Brennerautobahn zwischen Gossensaß und Steinach erst dann zu beginnen, wenn die Entscheidung über das Tunnelprojekt gefallen sei. Diese Forderung war aber realitätsfern, da sich die zuständigen Organe bereits für die Trasse über den Brenner entschlossen hatten. Weynschenk kritisierte in seinem Vortrag namentlich verschiedene Personen wie Paul Helfrich und Heinz Knoflach von der Handelskammer München respektive von Innsbruck, die seit Jahren dem Brennertunnelprojekt kritisch gegenüberstünden, da bei ihnen ein „Mangel an Mitarbeit und Objektivität“258 in dieser Frage festzustellen sei. Weiters warf er den Handelskammern von München, Innsbruck und Bozen sowie den federführenden Ministerien in Wien vor, sein Projekt nicht objektiv geprüft und es bereits zu Beginn abgelehnt zu haben, obwohl es besonders von den italienischen Stellen positiv aufgenommen worden sei. In der Folge erklärte Weynschenk, dass die Handelskammern von Innsbruck und Bozen den Tiroler Nachrichten und der Tiroler Tageszeitung sowie der Südtiroler Tageszeitung Dolomiten ein – immer noch bestehendes – „Publikationsverbot“ hinsichtlich des Brennertunnelprojektes auferlegt hätten.259 Auf dieses angebliche Verbot wies Weynschenk in den folgenden Jahren wiederholt hin. So führte er in einem Brief an den Tiroler Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey an, er bemühe sich in Tirol seit Jahren vergeblich darum, dass die Presse Artikel über das Tunnelprojekt veröffentliche, was aber aufgrund des Publikationsverbots für die drei oben angeführten Zeitungen unterbleibe. Dadurch würden der Bevölkerung Nachrichten über das Brennertunnelprojekt systematisch vorenthalten und es werde versucht, dieses Vorhaben mit allen Mitteln „totzuschweigen“ – Weynschenk vermutete, dass dabei die Schweiz ihre Hand im Spiel habe –, obwohl

257 Massimini hob die Rolle der Brennertunnelgesellschaft bei der Propagierung des Projektes hervor und erklärte, dass sich die Gesellschaft nicht mehr mit Weynschenk identifiziere. Siehe: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 31 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 26.11.1962, S. 3-4 sowie S. 15, AHBz, Komitee (1960-1969). 258 Vortrag von R[obert] Weynschenk für das Brennerverkehrskomitee in Verona am 26.11.1962 unter Vorsitz des Präsidenten Senator [Giuseppe] Trabucchi, 27.11.1962, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 259 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 31 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 26.11.1962, S. 5-12, AHBz, Komitee (1960-1969). Zur deutschen Version des Vortrages von Weynschenk siehe: Vortrag von R[obert] Weynschenk für das Brennerverkehrskomitee in Verona am 26.11.1962 unter Vorsitz des Präsidenten Senator [Giuseppe] Trabucchi, 27.11.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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von der Untertunnelung die „Zukunft Tirols“ abhänge.260 Auch Jakoncig war von der Existenz eines Publikationsverbotes, das die genannten Zeitungen betreffe, überzeugt.261 Er sprach von einem „Eiserne[n] Vorhang“, der in den österreichischen Medien vor dem Brennertunnelprojekt „niedergegange[n]“ sei.262 Die Existenz eines derartigen Verbotes konnte aber nicht verifiziert werden. Die Aussagen Weynschenks wurden von den Mitgliedern des Komitees für die Förderung des Brennerverkehrs kritisch aufgenommen, was sich etwa daran zeigte, dass beispielsweise von Walther als Präsident der Handelskammer Bozen die Anschuldigungen entschieden zurückwies, seine Institution habe hinsichtlich des Brennertunnelprojektes ein Publikationsverbot ausgesprochen. Weiters kritisierte er, dass Weynschenk Anschuldigungen gegenüber Personen erhoben habe, die nicht anwesend waren und sich nicht verteidigen könnten. Auch die anderen anwesenden Mitglieder des Komitees lehnten das Tunnelprojekt vor allem aufgrund der hohen Kosten ab.263 Weynschenk ließ sich aber von der überwiegend negativen Haltung hinsichtlich der Untertunnelung von den diversen Stellen nicht beirren264 und kämpfte weiterhin 260 R[obert] Weynschenk an Landeshauptmann H[ans] Tschiggfrey, 17.11.1962, S. 1, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). In einer Stellungnahme Weynschenks zu einem Artikel des Chefredakteurs der Tiroler Tageszeitung, Dipl.-Volkswirt Dr. Manfred Nayer (das war: Nayer, M[anfred], Soll Tirol kaltgestellt werden? Uns blüht dasselbe Schicksal wie der toten Stadt Triest, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 38, 15.2.1964, S. 1), beschwerte sich Weynschenk darüber, Nayer übergehe das Brennertunnelprojekt. Da Nayer nicht an das Projekt glaube, habe er seinen Journalisten angeordnet, nicht über das Brennertunnelprojekt zu schreiben. Siehe: Robert Weynschenk, Brennerautobahn und Brennertunnelprojekt. Die EWG-Handelsinteressen mit Italien über den Brenner. Stellungnahme zum Artikel „Soll Tirol kaltgestellt werden?“ von Chefredakteur Dr. Nayer in der „Tiroler Tageszeitung“, in: Alto Adige, Nr. 66, 27.2.1964, S. 8. 261 Guido Jakoncig, Übersetzung des Vortrages, gehalten auf Einladung des Präsidenten des Mailänder Presseklubs am 19. Feber 1960 im Presseklub (Circolo della stampa) in Mailand vom Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Innsbruck, 19.2.1960, S. 11, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 262 Jakoncig, Und wieder der Brennertunnel. 263 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 31 der Sitzung in der Handelskammer von Verona, 26.11.1962, S. 13-15, AHBz, Komitee (1960-1969). Namentlich seien Gentilini, Trabucchi und de Unterrichter genannt. 264 Siehe dazu exemplarisch: NN, Erhöhtes Interesse an der Brennerautobahn. Transitverkehr würde nach EWG-Assoziierung an Bedeutung gewinnen – Tunnelprojekt, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 184, 11.8.1964, S. 2. Thomsen (Auswärtiges Amt) an Robert Weynschenk, 7.2.1964, PP AA, B 57, Bd. 364. R[obert] W[eynschenk], Brennerautobahn-Ausstellung in München. Ohne Kostenvoranschläge, in: Alto Adige, Nr. 53,

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für sein Projekt, auch wenn die Entscheidung gegen den Tunnel längst gefallen war.265 So beschwerte er sich beim Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr darüber, dass es sein Projekt nicht unterstütze266 und nicht die „wahrhafte[n] Alarmzeichen“ einer drohenden Abwanderung des Verkehrs aus dem bayerischen Gebiet aufgrund der Schweizer Tunnelprojekte sehe.267 In seiner Untertunnelungskampagne behauptete er stets, verschiedentlich Unterstützung für sein Projekt gefunden zu haben. Weynschenk sprach auch davon, eine „Transeuropäische Verkehrsund Handelsunion“ zur Propagierung des Tunnelprojektes ins Leben rufen zu wollen, an der sich alle interessierten Städte und Stellen beteiligen könnten. Einige deutsche

3.3.1964, S. 9. Robert Weynschenk an Landeshauptmann E[duard] Wallnöfer, 1.8.1964, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (2): Autobahnen in Tirol (1963-1964). R[obert] Weynschenk an Bayerische Staatskanzlei, 24.8.1965, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. NN, Prof. Weynschenk verteidigt Brennertunnelprojekt. Auf einer Pressekonferenz. Vorläufig hat das Projekt wenig Aussicht auf Verwirklichung, in: Dolomiten, Nr. 207, 10.9.1965, S. 6. Robert Weynschenk an [Heinz] Knoflach, 13.10.1965, TLA, ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn Diverses), Pos. 1. NN, Der Brennertunnel und andere Autobahnprojekte, in: Nachrichtenagentur Italia. Deutscher Sonderdienst der Bozner Redaktion 8 (14.9.1965), Nr. 34, S. 7. 265 Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 35 der Sitzung in Handelskammer Trient, 11.11.1963, S. 28, AHBz, Komitee (1960-1969). Zur negativen Haltung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr siehe: [Anmerkung], 8.2.1963, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Auch die Tiroler Landesbaudirektion lehnte weiterhin das Tunnelprojekt strikt ab und erklärte, das Projekt sei entschieden. Siehe: NN, Tiroler Straßenwesen einst und jetzt. Mautfreie Straßen in der Schweiz und eine bemautete Tiroler Autobahn birgt die Gefahr einer Verkehrsablenkung in sich, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 117, 21.5.1963, S. 6. Zur ablehnenden Haltung der Tiroler Handelskammer siehe: Präsident der KgWT und Kammeramtsdirektor der KgWT Hans Santer an ATLR–Landeswirtschaftsreferat, 8.5.1964, TLA, Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Lackner, Pos. 29: 1963-1967 (Brenner Autobahn). [Heinz] Knoflach an Robert Weynschenk, 11.11.1965, TLA, ATLR Gruppe I, Pos. 1. 266 R[obert] Weynschenk an Regierungsdirektor Grasser, 1.10.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Siehe auch: R[obert] Weynschenk an Ministerialrat Grasser, 8.11.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 267 R[obert] Weynschenk an Ministerialrat Grasser, 19.11.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Siehe auch: R[obert] Weynschenk an Ministerialrat Nibler, 20.11.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Weynschenk hatte am Ende seines Schreibens angeführt: „Mit Dank für Ihre Mitarbeit und Ihr Interesse“, woraufhin Nibler ein Fragezeichen bei „Mitarbeit“ und „Interesse“ gesetzt hatte.

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und italienische Städte hätten sich diesem Projekt gegenüber bereits aufgeschlossen gezeigt.268 Weynschenk bediente sich einer alles andere als diplomatischen Sprache, was auf Empfänger seiner Briefe und seine Gesprächspartner irritierend wirkte und oftmals einen negativen Eindruck hinterließ. So forderte er in derbem und ausfälligem Ton bei dem SVP-Kammerabgeordneten in Rom, Dr. Karl Mitterdorfer: „Also lege mal los und schmettere mal eine Rede[,] damit das Verantwortungsbewusstsein sich in einigen Flaschenköpf [sic!] was [sic!] hebt.“269 Weiters warf er Ministerialdirektor Eberhard Kuchtner vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr in einer provokativen Art und Weise vor, nichts gegen die drohende Umfahrung der Gebiete an der Brennerlinie durch die Schweizer Projekte zu unternehmen und als „Brennerriegel“ nur auf die Verhinderung des Brennertunnelprojektes abzuzielen.270 Die Angewohnheit Weynschenks, Sachverhalte verkürzt darzustellen und Aussagen anderer als nicht ganz zutreffend darzustellen,271 provozierte kritische bis bissige Bemerkungen seiner Zeitgenossen. So schrieb Dipl.-Ing. Karl Payr von der Tiroler Landesbaudirektion, wenn Weynschenk „so primitiv und unlogisch wie [in bestimmten Zeitungen] weiterzuargumentieren versuche […], werden bald nur mehr sogenannte ‚Revolverblätter‘ [wie der Alto Adige, Anmerkung Pernold] sich hergeben, 268 Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, Aktenvermerk, 17.1.1963, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Siehe auch: NN, Schädigung des internationalen Fernlastverkehrs am Brenner. Schiene und Strasse im Konkurrenzkampf. Pressekonferenz über Brennerverkehr, in: Alto Adige, Nr. 18, 22.1.1963, S. 8. Zu den von Weynschenk im Jahr 1966 vertretenen Tunnelprojekten hinsichtlich der Gründung einer internationalen Brenner-Tunnelbau-Gesellschaft siehe: NN, Dr. Robert Weynschenk gibt nicht auf. BrennerTunnelbau-Gesellschaft soll im Frühjahr gegründet werden, in: Südtiroler Wirtschaftszeitung, Nr. 50, 24.12.1965, S. 365. Weynschenk rechnete bezüglich seines Projektes unter anderem mit der Unterstützung von Brüssel, München und Bonn. Siehe dazu: R[obert] Weynschenk an Minister Otto Schedl, 4.1.1966, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. Im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr wurde dazu handschriftlich vermerkt: „Eine Antwort erscheint angesichts der bisherigen Erfahrungen mit dem Absender nicht erforderlich. Das Brenner-Tunnel-Projekt hat keine Aussicht auf Verwirklichung.“ 269 Robert Weynschenk an Karl Mitterdorfer, 23.11.1962, SLA, Handakten Sen. Dr. Karl Mitterdorfer 427. 270 Robert Weynschenk an Minister [Otto] Schedl, 6.9.1963, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 271 Siehe dazu Walter von Walthers Zurückweisung der Anschuldigungen Weynschenks (Weynschenk sei „kein Unbekannter“ und mache keine näheren Angaben zu seinen Vorwürfen), die italienische Brennerautobahngesellschaft habe die Baukosten viel zu niedrig berechnet. Walter von Walther, Kosten der Autobahn nicht zu niedrig veranschlagt. Die Nachteile des Projektes Finsterwalder – Brennerkomitee für Eisenbahntunnel. Eine Stellungnahme des Handelskammerpräsidenten, in: Dolomiten, Nr. 53, 5.3.1965, S. 6.

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Ihre Äußerungen abzudrucken, wie Sie sich ernstzunehmende Informationsblätter total verscherzen werden. Ihre Logik gleicht der Logik eines Tierpsychologen oder Tierphysiologen, welcher einem Floh mit der Pinzette alle 6 Beine ausriß und dem Floh dann sagte: ‚Hüpf!‘“272 Weynschenk und die Brennertunnelgesellschaft273 führten ausgedehnte Medienkampagnen – Jakoncig bezeichnete die Aktivität der Gesellschaft als „Pressefeldzug“274 – hinsichtlich des Straßentunnelprojekts durch, was in der Öffentlichkeit eine nicht zu unterschätzende Unterstützung der Untertunnelung zur Folge hatte. Dies hatte aber schlussendlich keine Auswirkungen auf die Entscheidungen der zuständigen italienischen und österreichischen Stellen. Insgesamt zeigten sich die Medien dem Projekt gegenüber negativ, wenngleich in diversen Zeitungen und Zeitschriften ausgedehnte, polemische Kontroversen zwischen Tunnelbefürwortern und -gegnern ausgetragen wurden. Unterstützt wurde die Untertunnelung vor allem von der Tageszeitung Alto Adige, die sich zu einer Art Sprachrohr für die Tunnelbefürworter entwickelte.275 Nach Ansicht Jakoncigs sei der Alto Adige „die einzige Zeitung, nördlich 272 Karl Payr an Robert Weynschenk, 26.7.1964, TLA, Kanzlei LH, 8 (2). 273 Siehe auch: Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 24 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 14.8.1959, S. 4, AHBz, Komitee (19491959). Guido Jakoncig, Übersetzung des Vortrages, gehalten auf Einladung des Präsidenten des Mailänder Presseklubs am 19. Feber 1960 im Presseklub (Circolo della stampa) in Mailand vom Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Innsbruck, 19.2.1960, S. 18, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 274 Ebd. 275 Zu Veröffentlichungen im Alto Adige über den Brennertunnel – und dessen Vorteile gegenüber einer Trasse über den Brenner – respektive über die Aktivitäten Weynschenks siehe exemplarisch: NN, L’allegra favola del Brennero, in: Alto Adige, Nr, 113, 13.5.1962, S. 12. Guido Jakoncig, Frane e valanghe, in: Ebd. NN, „Prognosi riservata“ per il Passo del Brennero. L’inerzia delle pubbliche iniziative per il superamento dei problemi ferroviari e stradali rischia di dirottare su altre zone europee il grande traffico, in veicoli e merci, confinando la più antica via di collegamento fra nord e sud in una posizione secondaria. L’assalto alla montagna, in: Alto Adige, Nr. 125, 27.5.1962, S. 13. NN, „Prognosi riservata“ per il Passo del Brennero. L’inerzia delle pubbliche iniziative per il superamento dei problemi ferroviari e stradali rischia di dirottare su altre zone europee il grande traffico, in veicoli e merci, confinando la più antica via di collegamento fra nord e sud in una posizione secondaria. Ci stanno segando l’erba sotto i piedi?, in: Ebd. Benno Steiner, Bremsen am Brenner. Der Brenner muss schneller werden, in: Alto Adige, Nr. 238, 21.10.1962, S. 11. NN, Tra Modena e Bologna lotta per l’autostrada. È in discussione il tracciato. L’esigenza di abbreviare il più possibile il percorso, in: Alto Adige, Nr. 249, 3.11.1962, S. 6. Benno Steiner, Das Brennertunnel-Projekt. Bremsen am Brenner. Transeuropäische Union für Verkehr und Handel, in: Alto Adige, Nr. 249, 3.11.1962, S.

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und südlich des Brenner, die ohne Sonderinteressen und Polemik unermüdlich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese unhaltbare Situation lenkt“276. Die verantwortlichen Stellen wie die Tiroler Landesbaudirektion lehnten die intensive Propagandaarbeit im Alto Adige für das Tunnelprojekt ab. Diese Dienststelle verlautbarte an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, dass Weynschenk es „anscheinend für notwendig [erachte], von Zeit zu Zeit unsachliche, gehässige und österreichfeindliche Artikel im Alto Adige zu veröffentlichen“. Das Projekt vertrete nur er allein und er ignoriere die fachlichen Urteile, die sich einstimmig gegen eine Untertunnelung ausgesprochen hätten.277 Im Alto Adige wiederum gab es Andeutungen, dass „gewisse Kreise“ weiterhin am veralteten Projekt einer Trasse über den Brenner festhalten würden,278 während sie die Gefahren der drohenden Abwanderung des Verkehrs – verursacht durch die nicht vorhandene Betriebssicherheit einer Trasse über den Brenner – ignorierten. Nur 8. Ders., Das Brennertunnel-Projekt. Bremsen am Brenner. Transeuropäische Union für Verkehr und Handel. Für und wider, in: Alto Adige, Nr. 250, 4.11.1962, S. 11. Ders., Nord-Süd-Verbindungen. Autobahnen im vereinten Europa. Umfahrung Münchens und Tirols, in: Alto Adige, Nr. 259, 15.11.1962, S. 8. Dem Brennertunnelprojekt und den damit verbundenen Diskussionen wurde im Alto Adige beträchtliche Aufmerksamkeit geschenkt. NN, 56 Tunnelprojekte in den Alpen, in: Alto Adige, Nr. 292, 27.8.1963, S. 9. NN, Bremsen am Brenner. Die Tiroler Autobahn. Behinderung des internationalen Verkehrs, in: Alto Adige, Nr. 237, 6.10.1963, S. 11. Zu einer Stellungnahme Turrinis zum Brennertunnelprojekt siehe: NN, Si ridiscute sul traforo del Brennero. L’assessore Turrini risponde sull’avv. Jakoncig, in: Alto Adige, Nr. 134, 7.6.1962, S. 6. Zu einer Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einer Untertunnelung siehe: NN, È il confronto che… convince! Traforo o strada di valico? – Pendenze o contropendenze? – Gallerie o non gallerie? – Il problema della percorrenza e dei costi effettivi – La commissione per la tutela del paesaggio ha detto di no!, in: Alto Adige, Nr. 113, 13.5.1962, S. 12. 276 Guido Jakoncig, Übersetzung des Vortrages, gehalten auf Einladung des Präsidenten des Mailänder Presseklubs am 19. Feber 1960 im Presseklub (Circolo della stampa) in Mailand vom Bundesminister a.D. Dr. Guido Jakoncig, Innsbruck, 19.2.1960, S. 11, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. 277 Landesbaudirektion an Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, 10.3.1964, TLA, Kanzlei LH, 8 (2). 278 NN, Autostrada: sopra. Zu Vorwürfen der Tunnelbefürworter gegenüber den österreichischen Stellen, die das Brennertunnelprojekt ablehnten, siehe: Observer, Brennerautobahn-Tunnel?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 193, 22.8.1964, S. 1. Hinsichtlich der Brennerautobahn werde nur entschieden, was die „Wiener Zentralbürokraten“ wollten. Die österreichische Brennerautobahn AG bestünde nur aus Bürokraten und nach dem Proporz ausgewählten Politikern und die Trassenführung sei von diesen nur „im stillen Kämmerlein“ ausgemacht worden.

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eine Untertunnelung könne das Gebiet zwischen München und Venedig respektive Bologna vor einer Abwanderung des Verkehrs (insbesondere des Schwerverkehrs) nach Westen – verursacht durch die Schweizer Tunnelprojekte – und einer damit einhergehenden wirtschaftlichen Verödung schützen.279 Im Sommer 1964 wurde das Tunnelprojekt erneut öffentlich und kontrovers diskutiert, was damit zusammenhing, dass der Mailänder Universitätsprofessor für Straßen- und Eisenbahnbau, Dr.-Ing. Francesco Aimone Jelmoni,280 – er war unter anderem als Schöpfer der „Autostrada del Sole“ von Neapel nach Mailand bekannt geworden – als Tunnelbefürworter auftrat. Er propagierte zwei hintereinander liegende, kurz unterbrochene Tunnel mit einer Länge von insgesamt 15 km zwischen Steinach und Gossensaß, da seiner Ansicht nach eine so bedeutende Hauptverkehrsader mit einem hohen Verkehrsaufkommen nicht den unberechenbaren Witterungsverhältnissen am Brenner ausgesetzt werden könne. Vorläufig genüge seiner Ansicht nach der Bau einer Tunnelröhre, wobei in Zukunft auch eine zweite Röhre gebaut werden könne, falls das Verkehrsaufkommen es erfordere. Jelmoni konnte auf Initiative der Brennertunnelgesellschaft für ein Gutachten gewonnen werden.281 Die Tunnelbefürworter begrüßten sein Urteil verständlicherweise. Jakoncig erkennte in dessen positive Haltung gegenüber der Untertunnelung endlich einen Anlass, die Diskussion über den Brennertunnel objektiv („abseits jeder Kirchturmpolitik“282) und öffentlich zu führen. Die Brennertunnelgesellschaft sei von den zuständigen Stellen bewusst von jeglicher Mitarbeit ausgeschaltet worden, da man sich bereits auf eine Trassenführung über den Brenner festgelegt hätte und nicht davon abrücken wollte.283

279 Siehe dazu: Guido Jakoncig, Strada o tunnel al valico del Brennero? 2. [Teil], in: Alto Adige, Nr. 221, 17.9.1958, S. 7. Zur Problematik der Betriebsunsicherheit am Brennerpass siehe auch: Jakoncig, Strada o tunnel [1. Teil]. 280 Jelmoni wurde am 10. September 1910 in Mailand geboren und verstarb am 24. Juli 1991 in Mailand. Giovanni Da Rios, Jelmoni, Franceso Aimone, in: Alberto M. Ghisalberti (Hg.), Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 62 [Iacobiti–Labriola], Rom 2004, http:// www.treccani.it/enciclopedia/francesco-aimone-jelmoni_%28Dizionario_Biografico% 29/ vom 27.5.2016. 281 Zum Gutachten Jelmonis siehe: Aimone Jelmoni, Welche Vorteile bietet Brennerautobahn-Tunnel? Studie des Univ.-Prof. Dr. Ing. Jelmoni, Inhaber der Lehrkanzel für Straßen- und Eisenbahnbau an der Mailänder Technischen Hochschule, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 193, 22.8.1964, S. 13-15. Siehe auch: Jakoncig, Warum wird das Projekt. Meixner, Brücken, S. 480. Observer, Brennerautobahn-Tunnel? 282 Jakoncig, Warum wird das Projekt, S. 9. 283 Ebd., S. 9-11. Laut Jakoncig wies die Brennerautobahn zwei besonders neuralgische Punkte auf: den aufgrund der Witterung nicht betriebssicheren Brennertunnel sowie die

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Jelmonis Kritik an einer Trasse über den Brenner kam zu einer Zeit, als sich die entscheidungsbefugten Stellen bereits seit langem gegen eine Untertunnelung entschieden hatten. Zusätzlich sprach sich auch die neu gegründete Brennerautobahn AG, die mit der weiteren Baudurchführung der Brennerautobahn betraut war, im September 1964 bei einer Aufsichtsratssitzung gegen eine Tunnelvariante aus.284 Weynschenks Brennertunnelkampagne artete immer mehr in Vorwürfen und Beschimpfungen der verantwortlichen Stellen aus, was sich die Verantwortlichen im Jahre 1966 nicht mehr gefallen lassen wollten. So erklärte Landesrat Rupert Zechtl bei der Aufsichtsratssitzung der österreichischen Brennerautobahn AG im Dezember 1966, man müsse sich „ernstlich den Kopf darüber zerbrechen, wie man diesen Machenschaften eines Ausländers wirksam entgegentreten könne“. Es gäbe immer wieder Leute, die „solchen Menschen“ Gehör schenken würden, weshalb man sich dieses Herrn endgültig entledigen solle. Landeshauptmann Wallnöfer ließ verlauten, man wolle rechtliche Schritte gegen Weynschenk einleiten.285 Im März 1967 erklärte Zechtl in einer weiteren Aufsichtsratssitzung, es sei „bedauerlich“, dass es „bislang nicht gelungen“ sei, Weynschenk das „Handwerk zu legen“286. Doch der Tunnelpromotor „geistert[e]“ – im Besonderen in Innsbruck und

Europabrücke (sie sei zwar ein bautechnisches Kunstwerk ersten Ranges, aber wenn sie ausfalle, werde der Verkehr auf der Autobahn zum Erliegen gebracht). 284 Protokoll der 3. Aufsichtsratssitzung der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft am 25. September 1964, S. 8-9, TLA, Aufsichtsratssitzungen Pos. 29: 1964-1966 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 1.-13.]. Meixner, Brücken, S. 481. So erklärte Landeshauptmann Wallnöfer in dieser Sitzung, die ablehnende Haltung in der Frage eines Brennerstraßentunnels werde entschieden unterstützt, da die Schönheit der Tiroler Landschaft – gerade aus fremdenverkehrspolitischen Gründen – nicht in einem Tunnel versteckt werden solle. Weiters müsse ein Straßentunnel zu höheren Mautgebühren führen, und es sei unsinnig, mit einem Tunnel einen „Flaschenhals“ zu bauen. Eine Autobahn über den Brenner sei aber konkurrenzlos gegenüber allen anderen Alpenübergängen. Siehe zusätzlich: Landesbaudirektor [Leopold] Pack an Karl Innerebner, 5.10.1964, TLA, ATLR Abt. VI b 1100-638-1967 (Brenner Autobahn allgemein) (Teil 1), O.Zl. 1. 285 Protokoll der 22. Aufsichtsratssitzung der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft am 10. Dezember 1966 in Innsbruck, S. 5, TLA, Aufsichtsratssitzungen Pos. 30: 1966 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 14.-23.]. 286 Protokoll der 26. Aufsichtsratssitzung der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft am 2. März 1967, S. 7, TLA, Aufsichtsratssitzungen Pos. 31: 1967 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 24.-33.].

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Wien – auch im Jahr 1967 weiterhin in der Absicht „herum“287, die zuständigen Stellen für sein Projekt zu interessieren,288 auch wenn seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt waren.289 Der Tiroler Landesamtsdirektor Hofrat Dr. Rudolf Kathrein hielt in einem Aktenvermerk für Landeshauptmann Wallnöfer fest, dass Hofrat Dr. Hans Psenner über Weynschenk gesagt habe, jede Dienststelle, bei der dieser auftauche, „sollte trachten, den betreffenden Herrn so rasch als möglich wieder los zu werden. Wo er auftaucht, stifte er nur Unfrieden. Übrigens sei er gar kein Österreicher, sondern ein Holländer.“ Dieselbe (leicht ausländerfeindliche) Ansicht war auch im Aufsichtsrat der Brennerautobahn AG vertreten worden.290 Auch die Medien zeigten kein Interesse am Projekt Weynschenks, bis im Jahr 1967 beinahe geschlossen die Ansicht vertreten wurde, dass dessen Bemühungen für die Untertunnelung sinnlos seien.291 Besonders anschaulich wurde diese Meinung in

287 Protokoll der 25. Aufsichtsratssitzung der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft am 10. Februar 1967, S. 8, TLA, Aufsichtsratssitzungen Pos. 31 288 Robert Weynschenk an Minister V[inzenz] Kotzina, 20.1.1967, TLA, ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn Diverses), Pos. 3. 289 [Vinzenz] Kotzina an R[obert] Weynschenk, 22.3.1967, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (5): Autobahnen in Tirol (1967). Noch im Jahr 1967 versuchte Weynschenk, verschiedenste Stellen von seinem Projekt zu überzeugen, hatte damit aber keinen Erfolg. Wallnöfer erklärte, Weynschenk kontaktiere „alle denkbaren Stellen“. Eduard Wallnöfer an Vinzenz Kotzina, 7.3.1967, TLA, Kanzlei LH, 8 (5). Siehe auch: Donato Turrini an Heinz Knoflach, 29.4.1967, TLA, ATLR Gruppe I, Pos. 3. Hierin erklärte Turrini, die italienische Brennerautobahngesellschaft habe den Bau des Brennertunnels niemals in Erwägung gezogen. Weynschenks Aussagen, die Gesellschaft stünde diesem Projekt positiv gegenüber, seien schlichtweg falsch. 290 Landesamtsdirektor [Rudolf Kathrein], Aktenvermerk für Herrn Landeshauptmann, 2.3.1967, TLA, Kanzlei LH, 8 (5). 291 Siehe dazu: NN, Die Brenner-Autobahn, in: Der Tiefbau. Fachzeitschrift für Verfahrenstechnik und Bauausführung 9 (1967), Heft 7, S. 477-490, hier S. 481. Die Entscheidung gegen einen Tunnel sei im vollkommenen Einklang mit den italienischen Projektanten getroffen worden. Karl Payr, Der Brennerverkehr (1). Eine Untersuchung von Dipl.-Ing. Karl Payr, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 110, 13.5.1967, S. 11. Payr erklärte, die „Unhaltbarkeit“ von Weynschenks Argumenten sei „allzu offenkundig“, weshalb sich eine weitere Debatte erübrigt habe. Auch wenn Weynschenk versuche, an der Tunnelfrage nicht näher interessierte Kreise wie die Städte Berlin oder Nürnberg für sein Projekt zu gewinnen, seien die zuständigen Stellen in Österreich und Italien gegen sein Projekt. Weynschenk wolle zwar noch nicht aufgeben, seine Bemühungen seien aber „ohne reale Erfolgschancen“.

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der Zeitschrift Verkehr. Internationale Fachzeitung für Verkehrswirtschaft ausgesprochen. Die erneuten Bemühungen um dieses Projekt seien die „Reaktivierung längst totgeglaubter Seeschlangen“, was „sonst normalerweise in der sogenannten Sauregurkenzeit“ geschehe. Auf die Aussagen der Tunnelbefürworter zu Beginn des Jahres 1967, der Tunnelbau hätte eine Chance, hatten die federführenden offiziellen Stellen erwidert, dass dies keineswegs der Fall sei. Somit scheiterte dieser „Wiederbelebungsversuch“292. Ab dem Jahr 1967 fehlen in den Akten und untersuchten Zeitungsartikeln weitere Hinweise, dass das Brennertunnelprojekt noch länger diskutiert wurde. Ein letztes Mal trat Weynschenk in den untersuchten Materialien im Juni 1967 in Erscheinung, als er eine Pressekonferenz in Wien abhielt, an der etwa 15 Medienvertreter teilnahmen. Weynschenk erklärte dabei, dass die Brennerautobahn für den Verkehr nicht gut gerüstet sei, da die Fahrzeuge auf der Europabrücke vom Seitenwind von der Fahrbahn geweht (besonders im Winter sei die Europabrücke „nicht gefahrlos zu passieren“293) und gegen das Geländer getragen würden, wobei Bremsspuren die kritischen Situationen belegten. Aus diesem Grund und wegen der Witterungsverhältnisse würden Fernlaster über die Bundesstraße ausweichen. Der Pressereferent der Brennerautobahn AG, Peter Müller, brachte sich daraufhin in die Pressekonferenz ein und erklärte, dass noch kein Fahrzeug von der Europabrücke gestürzt sei; die Bremsspuren stammten von Urlaubern, die das Panorama genießen wollten und verkehrsbedingt bremsen mussten. Weynschenk erklärte anschließend, dass die Maut für das Passieren des Brennertunnels gering sein würde, nannte aber keine konkreten Zahlen. Geldgeber für sein Projekt seien vorhanden, sie müssten aber anonym bleiben. Hierzu führte Müller an, dass der Brennertunnel sinnlos und unzumutbar teuer sei, es sei unsinnig, zu diesem Zeitpunkt noch für einen Brennertunnel einzutreten, da schon im nächsten Jahr die Brennerautobahn bis zur Passhöhe fertiggestellt sein sollte. Darauf erklärte Weynschenk, dass der Tunnel angesichts der Witterung am Brenner („10 Zentimeter Schnee und alles steht.“294) gebraucht werde. Müller bemerkte abschließend, er finde es befremdend, dass ein Ausländer sich zu den Behauptungen versteige, österreichische Steuergelder würden verwirtschaftet und österreichische Techniker und Ingenieure seien nicht in der Lage, eine für den LKW-

292 NN, Haben wir wirklich um 600 Millionen Schilling zuviel? Wem nutzt die Reaktivierung der totgeglaubten Seeschlange „Brennertunnel“?, in: Verkehr 23 (1967), Heft 13, S. 449-450. Als verfehltes Vorhaben mit „keinerlei Realisierungschancen“ wurde das Brennertunnelprojekt beispielsweise in den Dolomiten bezeichnet: NN, Brenner-Straßentunnel – verfehlter Plan, in: Dolomiten, Nr. 96, 26.4.1967, S. 11. 293 [Peter Müller], Nadelöhr des Kontinents, [1967], S. 3-5, hier S. 4, TLA, Kanzlei LH, 8 (5). 294 Ebd., S. 3.

E TABLIERUNG

DES

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Verkehr sichere Brücke zu bauen. In den Niederlanden würde man es auch nicht hinnehmen, wenn ein österreichischer Techniker in einer öffentlichen Pressekonferenz die holländischen Deichbauingenieure der Unfähigkeit beschuldige und zu belehren versuche.295 Weynschenk trat also noch bis zu jenem Zeitpunkt, als die Brennerautobahn beinahe fertiggestellt war, für sein Projekt ein. Wie so oft blieb er aber faktische Beweise für seine Vorwürfe schuldig. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Idee einer Untertunnelung des Brenners nicht auf Jakoncig und Weynschenk zurückging, diese arbeiteten jedoch eigene Projekte aus, die sie mit allen Mitteln durchzusetzen hofften und zur Gänze unterstützten. Die Befürworter betrachteten die Untertunnelung als technische Innovation, die im Zusammenhang mit dem Modernisierungs- und Fortschrittsparadigma der 1950er und 1960er Jahre zu sehen ist. Das Projekt blieb eine Initiative von technisch interessierten Einzelpersonen, wobei Jakoncig stärker auf eine Vernetzung mit potenziellen Gleichgesinnten setzte, während Weynschenk meist als Einzelkämpfer agierte, der mit seiner undiplomatischen Art bei den von ihm kontaktierten Behörden und Institutionen Ablehnung hervorrief. Die Thematik der Untertunnelung spielte im Zusammenhang mit dem Umfahrungsdiskurs eine besondere Rolle, da die Befürworter des Tunnelprojektes der Ansicht waren, dass dies den Verkehr auf der Brennerroute halten könne.

295 Ebd., S. 3-5. Peter Müller, Information über Pressekonferenz Weynschenk, 10.6.1967, TLA, Kanzlei LH, 8 (5).

5. Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses

Der Übergang von der Etablierung hin zur Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses erfolgte keinesfalls rasch, sondern als ein länger andauernder Prozess, in dem aufgrund bestimmter Rahmenbedingungen die diskursiven Denk- und Handlungsvarianten abgesteckt wurden und die Brennerautobahn zum neuen, allgemein anerkannten Bezugspunkt wurde. Dies zeigt sich auch bei der Analyse der einzelnen Themenstränge des Autobahndiskurses. Obwohl demnach die Konsolidierung des Diskurses nicht exakt datierbar ist, ist nach der Durchsicht des Korpus der Schluss zulässig, dass sich die diskursiven Denk- und Handlungsmöglichkeiten im Jahr 1959 stabilisierten. Bis zum Ende der Bauarbeiten auf der gesamten Strecke der Brennerautobahn im Jahr 1974 respektive 1975 blieb der Diskurs eine stabile Formation, die sich erst langsam ab 1975 und verstärkt in den 1980er Jahren änderte. Der folgende Abriss über die Entwicklung der Planungs- und Bauarbeiten im österreichischen und italienischen Teil der Brennerautobahn soll dabei behilflich sein, den Brennerautobahndiskurs zu verorten.

5.1 Ü BERBLICK ÜBER DIE P LANUNGS - UND B AUARBEITEN DER A13 UND A22 5.1.1 Verwirklichung der österreichischen Brennerautobahn von 1959 bis 1968 Am 25. April 1959 erfolgte der Spatenstich für die Sillbrücke III zwischen den Ortschaften Patsch und Schönberg, der zu diesem Anlass von Bundesminister Dr. Fritz Bock der Name „Europabrücke“ gegeben wurde. Den Spatenstich nahmen Minister

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Bock und Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey nahe dem heutigen Patscher Widerlager gemeinsam vor.1 Die Bauleitung für den Abschnitt Innsbruck–Schönberg, in dem auch die Europabrücke liegt, oblag im Auftrag des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau als oberster Bundesstraßenverwaltung der Tiroler Landesbaudirektion.2 Das Teilstück Innsbruck–Schönberg wurde am 17. November 1963 eröffnet und kostete letztendlich 620 Millionen Schilling.3 Aufgrund der prekären Finanzlage des österreichischen Bundeshaushaltes im Jahr zuvor reichte der Etat für den Weiterbau der Autobahn in Richtung Brenner nicht aus. Die Fertigstellung des bereits begonnenen Teilstücks Innsbruck–Schönberg war hingegen gesichert.4 Sämtliche Tiroler Autobahnakteure erachteten die Sicherstellung des Weiterbaus als grundlegend und beteiligten sich an den Debatten über eine Finanzierung der ausstehenden Autobahnabschnitte, die zu Beginn der sich aufzeigenden Problematik als Spezialdiskurse geführt, in der Folge dann aber auch in den Medien respektive der Öffentlichkeit diskutiert wurden. Kontroverse Ansichten gab es dabei über den Vorschlag einer Bemautung der fertiggestellten Brennerautobahn. Eine Realisierung der Brennerautobahn aus Bundesmitteln schien erst nach der für das Jahr 1968 erwarteten Fertigstellung der Autobahn Salzburg–Wien möglich, weshalb Wien eine Maut für die Benutzung der zukünftigen Brennerautobahn in Erwägung zog. Die Tiroler Landesbaudirektion, wichtige Tiroler Politiker und Wirtschaftskräfte sowie die regionalen Medien standen einer Maut zu Beginn meist kritisch gegenüber, da befürchtet wurde, dass die Autobahn nicht angenommen werden würde, andere Autobahnrouten wie jene über die Schweiz dadurch noch mehr Verkehr an sich zögen und die heimische Wirtschaft benachteiligt werde. Die „Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen“ (ÖGS) – eine 1953 mit Sitz in Wien gegründete und hochkarätig besetzte Vereinigung zur Vertiefung des Interesses an der Verbesserung und dem Ausbau der Straßen sowie Förderung des Straßenverkehrs in Österreich im Sinne der damit verbundenen ökonomischen, sozialen

1

Programm für Samstag, den 25.4.1959, TLA, ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 124. Fritz Bock an Landeshauptmann Hans Tschiggfrey, 20.3.1959, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 26.

2

Bis 1961 unterstand die Tiroler Landesbaudirektion Dipl.-Ing. Josef Stark und ab 1963 Dipl.-Ing. Leopold Pack. Für den Bereich Straßenbauplanung war Dipl.-Ing. Leo Feist zuständig und für den Bereich Brückenplanung Dipl.-Ing. Josef Gruber. Josef Gruber, Die Europabrücke, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 106 (1961), Heft 2, S. 38-44, hier S. 39. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 57.

3

Meixner, Brücken, S. 476.

4

Kreuzer, Der Bau, S. 94.

S TABILISIERUNG

DES

B RENNERAUTOBAHNDISKURSES

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und technischen Vorteile5 – arbeitete bereits zu Beginn des Jahres 1961 Vorschläge für eine mögliche Finanzierung der zukünftigen Brenner- und Inntalautobahn aus.6 Im März 1962 veröffentlichte die ÖGS unter ihrem Präsidenten Bundesminister a.D. Professor Dr. Reinhard Kamitz – einer der Vizepräsidenten war Dipl.-Ing. Alois Seidl, Sektionschef im Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau7 – ein Kurzexposé betreffend die „Errichtung einer Autobahngesellschaft Kufstein–Brenner“ auf privatrechtlicher Basis mit der Aufgabe, die „Autobahn mit Eigenmitteln und Krediten zu bauen und die für Tilgung und Amortisation sowie die Erhaltung notwendigen Mittel aus Mauteinnahmen aufzubringen“8. Neben Österreich sollten sich laut den Überlegungen der ÖGS auch die an der Brenner- und Inntalautobahn interessierten Staaten wie Deutschland und Italien durch Einbringung von Aktienkapital an der Autobahngesellschaft beteiligen.9 Dieser Vorschlag der Bemautung der gesamten Strecke von Kufstein bis zum Brenner stieß in Tirol auf Ablehnung, wobei sich diese Position exemplarisch anhand der Stellungnahmen der Tiroler Landesbaudirektion an Landeshauptmann Tschiggfrey im Mai und Juli 1962 analysieren lässt: Eine Bemautung von Kufstein bis zum Brenner würde der Tiroler Wirtschaft, zumal dem Tourismussektor, irreversible Schäden zufügen sowie durch den daraus resultierenden Rückgang der Deviseneingänge auch die österreichische Wirtschaft schädigen; die Brennerautobahn würde zu einer reinen Durchzugsautobahn degradiert werden, nicht imstande, den innertirolischen Wirtschaftsverkehr aufzunehmen. Die bisherigen Projektierungen hätten aber darauf Bedacht genommen, der Brennerautobahn durch die Trassierung und Einplanung von genügend Anschlussstellen den Charakter einer Durchzugsautobahn zu nehmen und neben dem Tiroler Wirtschaftsverkehr auch dem Transitverkehr die Möglichkeit zu bieten, an möglichst vielen Stellen von der Autobahn ins Landesinnere abzuzweigen. Auch würde eine Bemautung der Tiroler Autobahnen die durch die Schweizer Straßenbaupläne verursachte Verkehrsverlagerung nach Westen

5

Auskunft über Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen, Wien, 3.4.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

6

NN, Finanzierungsgesellschaft für Autobahnbau. Vorschläge der österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen – Mittel durch Privatkapital, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 38, 15.2.1961, S. 3.

7

Auskunft über Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen, Wien, 3.4.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

8

Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen, Kurzexposé betreffend den Bau einer Autobahn Kufstein–Brenner auf privatwirtschaftlicher Basis, März 1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

9

Herbert Prack an Staatsminister Otto Schedl, 7.6.1962, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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weiter verstärken. Eine finanzielle Beteiligung des Auslands hätte ohne Rücksicht auf Tiroler Interessen Korrekturen im Sinne einer Durchzugsautobahn zur Folge.10 Auch auf einer Enquete über den Bau und die Finanzierung der Autobahnen in Tirol im Innsbrucker Landhaus am 16. Januar 1963 wurde unter dem Vorsitz von Landeshauptmann Tschiggfrey die Bemautung der Autobahn von Kufstein bis zum Brenner abgelehnt. Die Tagung war mit führenden Tiroler Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft sowie leitenden Beamten hochkarätig besetzt. Neben Tschiggfrey nahmen mit Ausnahme des verhinderten Landesrats Eduard Wallnöfer sämtliche Mitglieder der Tiroler Landesregierung teil – die Landesräte Adolf Troppmair, Rupert Zechtl, Kommerzialrat Robert Lackner und Hofrat Dr. Herrmann Scheidle teil, weiters auch Landtagspräsident Kommerzialrat Johann Obermoser und der Innsbrucker Bürgermeister Dr. Dr. Alois Lugger sowie Bürgermeister Franz Kröll als Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes und Bürgermeister Hans Fontan. Aus dem Bereich der Wirtschaft waren der Präsident der Tiroler Handelskammer, Kommerzialrat Heinrich Menardi11, Kammerrat Dr. Josef Fink (Obmann der Sektion Fremdenverkehr in der Tiroler Handelskammer) und Heinz Knoflach (Geschäftsführer der Sektion Verkehr in der Tiroler Handelskammer) ebenso anwesend wie auch leitende Tiroler Beamte der Landesbaudirektion wie Landesbaudirektor Dipl.-Ing. Leopold Pack und Leo Feist. Zudem nahm auch Oberregierungsrat Dr. Herbert Thalhammer vom Amt für Landesplanung und Statistik teil. Überdies waren Tiroler Persönlichkeiten eingeladen, die sich beruflich oder praktisch mit dem Autobahnthema beschäftigten wie Oberbaurat Dipl.-Ing. Karl Innerebner als Senior der Tiroler Ingenieure.12 10 Landesbaudirektion an Landeshauptmann Hans Tschiggfrey, 18.5.1962, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Landesbaudirektion, Aktenvermerk für Herrn Landeshauptmann, 22.5.1962, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Landesbaudirektion an Landeshauptmann [Hans] Tschiggfrey, 3.7.1962, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 11 Menardi wurde am 22. Januar 1919 geboren und verstarb am 22. Januar 1984 in Innsbruck. Er war von 1960 bis 1984 Präsident der Tiroler Handelskammer. Eduard Widmoser, Südtirol A-Z, Bd. 3: Kr-N, Innsbruck/München 1988, S. 290. Rainer, Wirtschaftskammer Tirol, S. 47. 12 Niederschrift von der Enquete Brenner Autobahn – Finanzierung – Maut. Parissal – Altes Landhaus. Vorsitz: Landeshauptmann [Hans] Tschiggfrey, 16.1.1963, TLA, Kanzlei LH, 8 (2). ATLR, Abt. VI b1 an Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, 21.1.1963, TLA, Handakten: LR Lackner. Darin wird eine Liste der an der Enquete teilnehmenden sowie der eingeladenen, aber verhinderten Personen angeführt. ATLR, Abt. VI b1 an Landeshauptmann [Hans] Tschiggfrey, 15.1.1963, TLA, ATLR Abt. VI b 127-638-1963 (Autobahn Innsbruck–Kufstein–Brenner – Allgemeines) (Teil 6), O.Zl. 592. Landeshauptmann von Tirol [Hans Tschiggfrey] an Landesrat Robert Lackner, 18.2.1963, TLA, Handakten: LR Lackner.

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Die aus den oben angeführten Stellungnahmen der Landesbaudirektion vom Mai und Juli 1962 ersichtlichen Standpunkte entsprachen auch der Position der Teilnehmer der Enquete. Eine Pressemitteilung über die Besprechung hob die Dringlichkeit des Weiterbaus der Brennerautobahn für Europa, für Österreich und Tirol hervor und lehnte eine Bemautung von Kufstein bis zum Brenner mit der Begründung von schwerwiegenden Nachteilen für die Tiroler Wirtschaft und Bevölkerung ab. Die anderen österreichischen Autobahnen sowie jene in Deutschland und der Schweiz seien mautfrei benutzbar. Tirol benötige möglichst zahlreiche Anschlussstellen an der Brenner- und Inntalautobahn, da die Autobahn nicht nur eine internationale Durchzugsstraße, sondern auch eine Zubringerstraße für jene ausländischen Gäste sein müsse, die in Tirol Erholung finden wollten.13 Mit denselben Argumenten lehnte auch der erweiterte Vorstand des Tiroler Gemeindeverbandes in seiner Sitzung vom 15. Mai 1963 die Bemautung der Strecke Kufstein–Brenner einstimmig ab, betonte aber auch die Dringlichkeit der Verwirklichung der Autobahn.14 Auch die Bürgermeister des Wipp- und Stubaitales sprachen sich auf der Bürgermeisterkonferenz des Bezirks Innsbruck-Land am 5. Juni 1963 unter dem Vorsitz des Bezirkshauptmannes Hofrat Dr. Alfred Nöbl einstimmig gegen eine Bemautung aus.15 Eine Woche vor der Eröffnung des Teilstücks Innsbruck–Schönberg am 17. November 1963 gab Staatssekretär Dr. Vinzenz Kotzina vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau in einer Pressekonferenz bekannt, dass die Bundesregierung die Bemautung der Autobahnen in Tirol auf die Strecke Innsbruck–Brenner beschränken wolle.16 Weiters sollte es nur eine Anschlussstelle in das Stubaital bei Schönberg, hingegen keine im Wipptal geben. Diese Vorhaben stießen im Wipp- und Stubaital auf strikte Ablehnung und ließen die Akteure des Bezirks bei verschiedenen regionalen und nationalen Akteuren dagegen opponieren. So sprach sich eine Delegation bestehend aus Bürgermeistern und Obmännern der Fremdenverkehrsverbände dieser Täler gegen eine Bemautung aus und überreichte Minister Bock bei der Eröffnungsfeier des Teilstücks Innsbruck–Schönberg eine Resolution aller 16 Gemeinden und Fremdenverkehrsverbände des Bezirks mit der Bitte, im Interesse des Wipp- und Stubaitals von den Vorhaben abzusehen. Eine Maut und zu wenige Anschlussstellen würden die beiden Täler – namentlich die Wirtschaft und besonders den Tourismussektor – schädigen, sie an den positiven Aspekten der Brennerautobahn nicht 13 Pressemitteilung, [Jänner 1963], TLA, Kanzlei LH, 8 (2). Siehe auch: Franz Thaler, Unruhe im Herzen Europas, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 20 (1964), Nr. 9, S. 5. Meixner, Brücken, S. 480. 14 Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes [Bürgermeister Franz Kröll] an Landeshauptmann Hans Tschiggfrey, 16.5.1963, TLA, Kanzlei LH, 8 (2). 15 NN, Ohne Maut zum Brenner, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 6, S. 2-3. 16 Thaler, Unruhe. Meixner, Brücken, S. 480. Kreuzer, Der Bau, S. 94.

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teilhaben lassen und zu einem Transitgebiet degradieren.17 Der Protest aus dem Wipp- und dem Stubaital gegen die Maut hielt auch im weiteren Verlauf des Jahres 1963 an.18 Angesichts der angespannten österreichischen Finanzlage kristallisierte sich jedoch heraus, dass lediglich die Alternative zwischen einer Bemautung oder einem längeren Baustopp der Brennerautobahn verbleibe, was die regionalen Akteure letztlich dazu bewog, eine Bemautung der Autobahn zugunsten einer raschen Verwirklichung in Kauf zu nehmen.19 Am 18. Dezember 1963 behandelte der Ministerrat einen Gesetzesantrag, der letztlich eine Maut auf der Brennerautobahn vorsah.20 Am 3. Juni 1964 beschloss der österreichische Nationalrat schließlich das Bundesgesetz betreffend die „Abänderung des Bundesstraßengesetzes“21, wodurch die Brennerautobahn (als Autobahn Innsbruck–Brenner) und die Inntalautobahn (als Autobahn Kufstein–Innsbruck) erstmals im Bundesstraßengesetz enthalten waren. Zuvor mussten sich die Verantwortlichen mit Behelfsnamen für die Brennerautobahn begnügen. Aufgrund der prekären Finanzlage des österreichischen Bundeshaushaltes kamen die Entscheidungsträger überein, für den Bau der Brennerautobahn von der herkömmlichen Finanzierung Abstand zu nehmen und eine Sonderfinanzierung zu ermöglichen. Dazu beschloss der österreichische Nationalrat – ebenfalls am 3. Juni 1964 – das Bundesgesetz „betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck– Brenner“22 die Gründung einer Kapitalgesellschaft zur „Herstellung, Erhaltung und Finanzierung“ der Brennerautobahn. Der sogenannten „Brenner Autobahn Aktiengesellschaft“ wurde die Erhebung eines Benutzungsentgeltes (Maut) übertragen, wodurch die erste Einführung einer Autobahnmaut in Österreich ermöglicht wurde. Sie sollte als eine im Eigentum der öffentlichen Hand stehende Aktiengesellschaft zu 90 Prozent im Eigentum des Bundes und zu zehn Prozent im Eigentum des Landes

17 NN, Protest der Stubaier und Wipptaler Bürgermeister. Gegen Mauterhebung auf der Brenner-Autobahn – Schaffung von Abfahrten nicht nur in das Stubaital, sondern auch in das Wipptal, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 268, 19.11.1963, S. 2. NN, Nun also ist es soweit, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 11/12, S. 1-2 und 4-6, hier S. 4. 18 Thaler, Unruhe. Meixner, Brücken, S. 480. 19 [Eduard Wallnöfer] an Vinzenz Kotzina, 20.12.1963, TLA, Kanzlei LH, 8 (2). 20 Thaler, Unruhe. Kreuzer, Der Bau, S. 94. 21 Siehe: BGBl 1964/134. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1964/134, 3.6.1964, https://www.ris.bka. gv.at/Dokumente/BgblPdf/1964_134_0/1964_134_0.pdf vom 27.5.2016. 22 Siehe: BGBl 1964/135. Dass., Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1964/ 135, 3.6.1964, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1964_135_0/1964_135_0. pdf vom 27.5.2016.

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Tirol sein.23 Das Grundkapital der Brenner Autobahn AG betrug zehn Millionen Schilling, sodass sich das Land Tirol an der Aktiengesellschaft mit einer Million Schilling beteiligte. Das Bundesgesetz enthielt weiter eine Ermächtigung für den Bund, die Haftung als Bürge und Zahler bis zu einem Betrag von 1,5 Milliarden Schilling, aufgeteilt auf den Zeitraum von 1964 bis 1968, für Darlehen und Anleihen zu übernehmen, die die Gesellschaft für die Erbauung und den Erhalt der Autobahn aufnehmen würde. Die Rechtsform einer Aktiengesellschaft hatte den Vorteil, die erforderlichen Finanzmittel am freien Kapitalmarkt in Form von nationalen und internationalen Krediten beschaffen und demnach den Weiterbau der Brennerautobahn rasch in Angriff nehmen zu können.24 Aufgrund dieses Bundesgesetzes wurde am 24. Juni 1964 im Innsbrucker Landhaus die Brenner Autobahn Aktiengesellschaft mit Sitz in Innsbruck konstituiert und deren Organe gewählt. Zum Vorstand, der aus einem Mitglied bestehen sollte, wurde Heinz Knoflach bestellt, der Geschäftsführer der Verkehrssektion in der Tiroler Handelskammer, mithin einer Organisation, die sich seit Jahren für die Realisierung der Brennerautobahn eingesetzt hatte. Den Aufsichtsrat sollte fünf Mitglieder bilden, von denen drei vom Bund (je ein Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau und des Bundesministeriums für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft) und zwei vom Land Tirol entsandt werden sollten. Im neu gegründeten Aufsichtsrat waren für das Land Tirol Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (ÖVP) und Landesrat Rupert Zechtl (SPÖ)25 und für den Bund Sektionschef Dipl.-Ing. Alois Seidl (als Vorsitzender des Aufsichtsrates), Dipl.-Ing. Dr. Josef Dultinger (finanzieller Direktor der Österreichischen Bundesbahnen) als stellvertretender Vorsitzender sowie Ministerialrat Dr. Kurt Harrer vom Bundesministerium für Finanzen vertreten. An der Gründung der Aktiengesellschaft nahmen auch die Staatssekretäre im Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, Dr. Vinzenz Kotzina und Eduard Weikhart, teil. Auf der anschließenden Pressekonferenz hob Landeshauptmann Wallnöfer die Notwendigkeit der Realisierung der Brennerautobahn durch die überaus starke Verkehrszunahme auf der Brennerstrecke mit daraus resultierenden unhaltbaren Verkehrszuständen hervor. Die Schweiz arbeite intensiv an der Verbesserung ihrer Verkehrslinien mittels Tunnelprojekten, wodurch Tirol eine Umfahrung in absehbarer Zeit riskiere und der Brenner seine Bedeutung 23 Diese prozentuelle Aufteilung des Grundkapitals änderte sich im Jahr 1971: Das Land Tirol war nun mit 25 % und der Bund mit 75 % am Grundkapital beteiligt. Siehe: Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VII. Periode, 6. Tagung, 5.7.1971, S. 25-26. 24 Tiroler Landesregierung, Sitzungsprotokoll vom 16.6.1964, TLA, ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn AG Rechtsunterlagen), Pos. 15. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, V. Periode, 19. Tagung, 1. Sitzung, 13.7.1964, S. 1718. 25 Tiroler Landesregierung, Sitzungsprotokoll vom 2.6.1964, TLA, ATLR Gruppe I, Pos. 15.

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als traditionelle Verbindung zwischen dem Norden und dem Süden zu verlieren drohe. Weiters rechtfertigte Wallnöfer die Bemautung der Brennerautobahn, da für deren Realisierung ansonsten viele Jahre benötigt worden wären, auch wenn unbestritten sei, dass eine Maut ein Opfer darstelle.26 Aufgrund eines Übereinkommens zwischen dem Land Tirol und der Brenner Autobahn AG übernahm die Tiroler Landesbaudirektion die technischen Aufgaben des Bauvorhabens wie Planung und Projektierung, Bauüberwachung und Bauabnahme. Trotz Personalmangels unterblieb die Einstellung von zusätzlichem Personal, wobei der normale Dienstbetrieb für die allgemeine Bundes- und Landesstraßenverwaltung einschließlich der Planung und Ausführung der Inntalautobahn nicht zurückgestellt wurde.27 Die folgende Tabelle führt die Eröffnungen der Teilstrecken des 36 km langen österreichischen Teils der Brennerautobahn chronologisch an. Tabelle 1: Eröffnung der Teilstrecken der A13 DATUM 17.11.1963 3.12.1967 3.12.1967

5.9.1968

STRECKE Anschlussstelle Innsbruck Süd–Anschlussstelle Stubaital (Innsbruck–Schönberg) Anschlussstelle Stubaital–Anschlussstelle Matrei/Steinach (Schönberg–Matrei/Steinach) Knoten Innsbruck-Amras–Anschlussstelle Innsbruck Süd (Innsbruck-Ost–Innsbruck-Süd) [Auf dem Teilabschnitt des Bergiseltunnels konnte nur eine Fahrbahn genutzt werden, da lediglich die Nordröhre des Bergiseltunnels fertiggestellt wurde] Südröhre des Bergiseltunnels sowie Anschlussstelle Innsbruck Ost

KILOMETER 7,03 km 9,15 km 3,05 km

0,47 km

26 NN, Brennerautobahn-Aktiengesellschaft gegründet, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 26, 27.6.1964, S. 3. NN, Die Brennerautobahn ist 1968 vollendet, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 26, 2.7.1964, S. 3. 27 Übereinkommen zwischen dem Land Tirol und der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft wegen Übernahme und Besorgung bestimmter Tätigkeiten der AG. mit Gesetz BGBl. Nr. 135/1964, betreffend „Finanzierung der Autobahn Innsbruck–Brenner“ übertragenen Aufgaben durch das Land Tirol, 1.10.1964, TLA, ATLR Justiziariat (Präsidium IV), 197/65, Übereinkommen Land Tirol–Brenner Autobahn AG, betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck–Brenner. Tiroler Landesregierung, Sitzungsprotokoll vom 30.10.1964, TLA, ATLR Gruppe I, Pos. 15.

S TABILISIERUNG

22.12.1968 5.4.1971 26.6.1975

DES

B RENNERAUTOBAHNDISKURSES

Anschlussstelle Matrei/Steinach–Anschlussstelle Brennersee Anschlussstelle Brennersee–Staatsgrenze Brenner Knoten Innsbruck-Wilten–Knoten InnsbruckBergisel

| 145

13,97 km 1,31 km 1,51 km

Quelle:28

Die Baukosten für die A13 betrugen 2,7 Milliarden Schilling, was 75 Millionen Schilling pro realisiertem Kilometer entsprach. Der Bund kam für das 620 Millionen Schilling teure Teilstück Innsbruck–Schönberg auf, während die Brennerautobahnaktiengesellschaft rund 2,1 Milliarden Schilling für die restliche Strecke begleichen musste.29 Mit dem 1. Januar 1968 wurde mit der Bemautung an der Mautstelle Schönberg begonnen.30 Der Verwirklichung der Inntalautobahn als Zulaufstrecke zur Brennerautobahn sowie als Ost-West-Autobahnverbindung wurde im Untersuchungszeitraum ebenfalls eine große Bedeutung beigemessen. Am 18. Dezember 1965 erfolgte in Kufstein der Spatenstich31 für die Inntalautobahn (A12), deren Ostast sich auf einer Strecke von 74,8 km zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und dem Knoten InnsbruckAmras erstreckt. Das erste Teilstück Staatsgrenze Kiefersfelden–Anschlussstelle Kufstein Süd wurde am 26. Juli 1968 für den Verkehr freigegeben, während der letzte Abschnitt des Ostastes am 4. August 1972 feierlich eröffnet wurde. Die Gesamtbaukosten auf dieser Strecke betrugen 2755 Millionen Schilling mit einem mittleren Kilometerpreis von 37,6 Millionen Schilling.32 Die Inntalautobahn konnte ohne Maut benutzt werden und hatte neben dem Ost-West- auch den Nord-Süd-Verkehr aufzunehmen. In der folgenden Tabelle werden die Eröffnungen der Teilstrecken des Ostastes der Inntalautobahn chronologisch angeführt. 28 Kreuzer, Der Bau, S. 91. NN, Jungfernfahrt durch den zweiten Bergiseltunnel. Auch Autobahnanschlußstelle Innsbruck-Ost dem Verkehr übergeben – Brennerstraße entlastet – Noch heuer von Volders bis Brennersee, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 206, 6.9.1968, S. 34. 29 Josef Kantner, Die Wipptaler Landwirtschaft und die Brenner-Autobahn (Beiträge zur alpenländischen Wirtschafts- und Sozialforschung 150), Innsbruck 1972, S. 10. NN, Der Vollendung entgegen, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 20 (1969), Nr. 1, S. 2-5. 30 Rudolf Nagele, Die Straßenmaut in Österreich, in: ASFINAG (Hg.), Das Autobahnnetz (2012), S. 175-204, hier S. 179. 31 Spatenstich für die Inntal-Autobahn Kufstein–Innsbruck, 18. Dezember 1965, 11.00 Uhr. Festfolge, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (3): Autobahnen in Tirol (1965). 32 Feist, Planung, Projektierung, S. 178.

146 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

Tabelle 2: Eröffnung der Teilstrecken der A12 DATUM 26.7.1968

5.9.1968 22.12.1968 16.11.1969 18.9.1970 18.12.1970 4.8.1972

STRECKE Staatsgrenze Kiefersfelden–Anschlussstelle Kufstein Süd [zunächst nur eine Fahrbahn befahrbar, ab 24.5.1969 beide Fahrbahnen befahrbar] Anschlussstelle Innsbruck Ost–Knoten Innsbruck-Amras Volders–Anschlussstelle Innsbruck Ost Weer–Volders Halbanschlussstelle Jenbach–Weer Anschlussstelle Wiesing–Halbanschlussstelle Jenbach Anschlussstelle Kufstein Süd–Anschlussstelle Wiesing (Achensee/Zillertal)

KILOMETER 5,7 km

1,5 km 9,3 km 8,5 km 13,0 km 2,98 km 33,8 km

Quelle:33

5.1.2 Planung und Bau der italienischen Brennerautobahn von 1959 bis 1974/1975 Südlich des Brenners suchte die Brennerautobahngesellschaft am 13. Juni 1959 beim Ministerium für Öffentliche Arbeiten–Generaldirektion der ANAS um die Erteilung der Konzession für den Bau und den Betrieb der Brennerautobahn sowie um die Gewährung des höchstmöglichen staatlichen Beitrags für den Autobahnbau an. Der Minister für Öffentliche Arbeiten, Giuseppe Togni – er war von Mai 1957 bis zum Sturz der Regierung Tambroni im Juli 1960 Minister für Öffentliche Arbeiten und grundsätzlich von der Notwendigkeit der Realisierung der Brennerautobahn überzeugt –, lehnte dies jedoch am 3. Juli 1959 mit der Begründung ab, dass die finanziellen Mittel bereits für andere Autobahnprojekte gebunden seien, denen im „Piano Romita“ größere Dringlichkeit zugemessen worden war.34 Die Brennerautobahngesellschaft setzte sich daraufhin bei den zuständigen Behörden weiter für den Erhalt der Konzession ein, doch auch diese Versuche waren zunächst erfolglos, obwohl man auch in Rom der Verwirklichung der Brennerautobahn Wichtigkeit beimaß. Am 16. September 1959 beauftragte der Verwaltungsrat

33 Siehe: Ebd., S. 105. Kreuzer, Der Bau, S. 88. 34 Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1959. I° esercizio, [Trient 1960], S. [4], CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. Turrini, Tätigkeit, S. 131-132. Ders., L’autostrada del Brennero, 1984, S. 18. Giuntini, Boom, S. 18-19 (Internetquellen).

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der Brennerautobahngesellschaft Dr.-Ing. Guido de Unterrichter in Zusammenarbeit mit Dr.-Ing. Bruno Gentilini mit weiteren Vorarbeiten für ein Vorprojekt der Brennerautobahn.35 In der Sitzung am 14. Dezember 1959 erläuterte Gentilini dem Verwaltungsrat die in den Vorstudien ausgearbeitete Trassenführung, die vom Brenner über Brixen, Bozen, Trient, Verona, Mantua bis nach Modena mit dem Anschluss an die „Autostrada del Sole“ führen sollte. Der Verwaltungsrat genehmigte die Trassenführung einstimmig und autorisierte Turrini, die Vereinbarung über das Vorprojekt mit den Trientinern de Unterrichter und Gentilini als Projektanten zu treffen.36 In der Folge beauftragte Turrini in seiner Eigenschaft als Präsident der Brennerautobahngesellschaft mit Vereinbarung vom 16. Dezember 1959 die beiden Ingenieure mit der Ausarbeitung des Vorprojekts für die gesamte Strecke der Brennerautobahn.37 Innerhalb der vereinbarten Frist erstellten diese das vom 15. Juni 1960 datierte fertige Vorprojekt38 und legten es den Auftraggebern in der Sitzung des Verwaltungsrats am 26. September 1960 vor, wobei dieses Gremium das Vorprojekt einstimmig genehmigte.39 Die Verabschiedung eines neuen Autobahngesetzes, das die Brennerautobahn nicht mehr lediglich unter den nachrangig zu errichtenden Verkehrsinfrastrukturen anführte, verzögerte sich aufgrund der Regierungskrise in Rom im Jahr 1960. Die Brennerautobahngesellschaft setzte sich weiterhin bei den zuständigen Behörden für 35 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della seduta del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. Autostrada del Brennero, tenutasi a Trento presso la Sede della Giunta provinciale, 16.9.1959, S. 5, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. 36 Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1959. I° esercizio, [Trient 1960], S. [5], CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 18. 37 [Vereinbarung zwischen Autostrada del Brennero (vertreten durch Donato Turrini) und Guido de Unterrichter und Bruno Gentilini über die Ausarbeitung des Vorprojektes der Arbeiten für die Erbauung der Brennerautobahn], 16.12.1959, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV Öffentliche Arbeiten – Bauamt 652. 38 G[uido] de Unterrichter/Bruno Gentilini, Autostrada Brennero–Modena. Progetto di massima. Relazione economica, 15.6.1960, CCIAA, Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – decreto legge/lavori di costruzione/verbali comitato tecnico consultivo/convenzione con ANAS e diversi altri (1957-1997) Faszikel 95 (provisorische Nummer). 39 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. „Autostrada del Brennero“ tenutasi a Bolzano nella sede della Camera di Commercio, Industria e Agricoltura, 26.9.1960, S. 4, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1960. Approvato dall’Assemblea il 29 aprile 1961. II° esercizio, [Trient 1961], S. [6], SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV.

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eine möglichst rasche Verwirklichung der Autobahn ein. Am 12. Januar 1961 schließlich wurde dem italienischen Parlament der Gesetzentwurf Nr. 1378 mit dem Titel „Piano di nuove costruzioni stradali ed autostradali“ (Programm neuer Straßenund Autobahnbauten) vorgelegt, das einen Wendepunkt in der Geschichte der italienischen Autobahnen darstellte. Dieses Straßenbauprogramm führte neben einer Reihe anderer Autobahnprojekte auch die Brennerautobahn als eine der großen internationalen Verkehrsadern explizit an. In einem ersten Schritt sollte lediglich der Autobahnabschnitt Brenner–Verona verwirklicht werden, während die Fortsetzung von Verona bis zum Anschluss an die „Autostrada del Sole“ auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte. Die Brennerautobahngesellschaft war mit diesem Vorschlag nicht glücklich und setzte sich für die Verwirklichung auf der gesamten Strecke ein.40 Am 24. Juli 1961 wurde schließlich das Gesetz Nr. 729 „Piano di nuove costruzioni stradali ed autostradali“ verabschiedet, das den Forderungen der Brennerautobahngesellschaft nach einer Verwirklichung der Gesamtstrecke Rechnung trug.41 Nach Artikel zwei des Gesetzes konnte öffentlichen oder privaten Körperschaften die Konzession für den Bau und den Betrieb von Autobahnen gewährt werden. Weiters konnte der Staat für den Zeitraum von 30 Jahren einen jährlichen Beitrag von maximal 4,5 Prozent der Gesamtkosten einer Autobahn übertragen, die das nationale Verkehrsnetz mit dem europäischen Autobahnnetz verbinden würde. In der Folge reichte die Brennerautobahngesellschaft das Vorprojekt der Brennerautobahn, die in zwei Abschnitte (Brenner–Verona und Verona–Modena) geteilt worden war, bei der ANAS ein. Eine derartige Aufteilung hatten der Minister für Öffentliche Arbeiten, Benigno Zaccagnini (1960 bis 1962), der demenentsprechend zugleich Präsident der ANAS war, und die ANAS verlangt.42 Am 25. Januar 1962 genehmigte der Verwaltungsrat der ANAS das von de Unterrichter und Gentilini ausgearbeitete Vorprojekt für den Abschnitt Brenner–Verona, das eine Trassierung durch das Eisacktal vorsah, und schrieb lediglich kleinere Abänderungen vor, denen die Brennerautobahngesellschaft anschließend nachkam. Durch den Beschluss der ANAS war die Entscheidung für die Variante über das Eisacktal gefallen, wobei die Ablehnung der Variante über die Passerstadt Meran unter anderem mit höheren Bau- und Betriebskosten sowie einer technisch schwierigen Verwirklichung des Jaufentunnels begründet wurde. Bei der ANAS wurde am 29. November 1961 von der „Società per l’Autostrada del Brennero via Merano“ 40 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 20-24. Giuntini, Boom, S. 19-20 (Internetquellen). 41 Siehe: Normattiva, Legge 24 luglio 1961, n. 729 „Piano di nuove costruzioni stradali ed autostradali“, 24.7.1961, http://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:legge:196107-24;729~art25 vom 27.5.2016. 42 Turrini, L’autostrada del Brennero, 1984, S. 25. Giuntini, Boom, S. 20 (Internetquellen).

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(S.A.M.) ein vom Ingenieur Norbert Wackernell erstelltes Projekt eingereicht, das eine Variante der Strecke zwischen Sterzing und Bozen darstellte und die Unterquerung des Jaufens durch einen Tunnel und die Trassenführung über das Passeiertal und über Meran anstelle jener über das Eisacktal vorsah.43 Auf die Debatten Eisacktal versus Variante über Meran wird noch in einem eigenen Kapitel eingegangen. Für die Verwirklichung der Brennerautobahn beantragte die Brennerautobahngesellschaft das Höchstmaß des vom Gesetz vom 24. Juli 1961 vorgesehenen staatlichen Beitrags – 4,5 Prozent der Gesamtkosten des Bauwerks. Der Verwaltungsrat der ANAS bewilligte jedoch am 7. August 1962 angesichts der fehlenden finanziellen Mittel einen jährlichen Beitrag von 3,25 Prozent der veranschlagten Baukosten von 88,9 Milliarden Lire für den Abschnitt Brenner–Verona für die Dauer von 30 Jahren – wobei auch anderen Autobahnprojekten kein höherer Prozentsatz gewährt wurde. Für den Abschnitt von Verona bis Modena genehmigte er lediglich einen Beitrag von 0,5 Prozent der dafür veranschlagten Kosten von 20 Milliarden Lire für den Zeitraum von 30 Jahren.44 Im Sinne des Gesetzes Nr. 729 vom 24. Juli 1961 wurde am 29. Januar 1963 das Übereinkommen zwischen der ANAS und der Brennerautobahngesellschaft unterzeichnet, mit dem die Gesellschaft die Konzession für den Bau und den Betrieb der Autobahn von Brenner bis Verona erhielt.45 Nach der Genehmigung des Vorprojekts des Abschnitts Verona–Modena durch die ANAS am 20. März 196346 wurde schließlich am 15. Mai 1963 das Übereinkommen zwischen dieser und der Gesellschaft für den Bau und den Betrieb der Autobahn von Verona bis Modena unterzeichnet,47 womit die Brennerautobahngesellschaft die Konzession für die gesamte Strecke der Brennerautobahn von Brenner bis Modena erlangt hatte. 43 Consiglio di Amministrazione dell’Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.), Voto n° 335, 25.1.1962, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. 44 Autostrada del Brennero S.p.A., [Bilancio al 31 dicembre 1962. Approvato dall’Assemblea il 4 maggio 1963. IV° esercizio]. Relazione del Consiglio di Amministrazione, [Trient 1963], CCIAA, Archivio storico, Autostrada del Brennero – convocazioni assemblee, verbali, relazioni ai bilanci (1960-1980) Faszikel 2511. 45 Convenzione tra l’Azienda Nazionale Autonoma delle Strade e la „Autostrada del Brennero“ Società per azioni con sede in Trento […] per la concessione della costruzione ed esercizio della autostrada Brennero–Verona ai sensi dell’art. 2 della legge 24.7.1961 n°729, 29.1.1963, CCIAA, Archivio di deposito, decreto. 46 Autostrada del Brennero S.p.A., [Bilancio al 31 dicembre 1962. Approvato dall’Assemblea il 4 maggio 1963. IV° esercizio]. Relazione del Consiglio di Amministrazione, [Trient 1963], S. [2], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. 47 Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1963. Approvato dall’Assemblea il 4 maggio 1964. V° esercizio, [Trient] 1964, S. [7], SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV.

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Das Vorprojekt hatten aufgrund einer Vereinbarung mit der Brennerautobahngesellschaft de Unterrichter und Gentilini gemeinsam ausgearbeitet, de Unterrichter wollte jedoch aufgrund seiner Funktion als Senator mit der Ausarbeitung des Ausführungsprojekts nicht mehr betraut werden, weshalb der Verwaltungsrat der Brennerautobahngesellschaft in der Sitzung vom 17. März 1962 einstimmig beschloss, die Ausarbeitung des Ausführungsprojekts für die Brennerautobahn Bruno Gentilini allein zu übertragen.48 Dieser erstellte in der Folge gemeinsam mit seinem Bruder, dem Ingenieur Lino Gentilini, – beide waren Inhaber des Ingenieurbüros S.E.P.I. („Studi Esecuzione Progetti Ingegneria“) in Trient – das Ausführungsprojekt für die Brennerautobahn. Das Ausführungsprojekt unterteilte die Brennerautobahn in die Teilstücke Brenner–Grasstein (26,9 km), Grasstein–Klausen (26,4 km), Klausen–Bozen Nord (23,98 km), Bozen Nord–Bozen Süd (8,1 km), Bozen Süd–Trient Nord (49,6 km), Trient Nord–Rovereto (29,7 km), Rovereto–Verona Nord (58,4 km), Verona Nord–Verona Süd (5,4 km), Verona Süd–Mantua (27,5 km) und Mantua–Modena (54,9 km) sowie Modena–Anschluss an die „Autostrada del Sole“ (1,9 km).49 Die Ausführungsprojekte der beiden ersten Teilstücke Bozen Süd–Trient Nord sowie Verona Süd–Mantua wurden am 30. Juli 1963 vom Verwaltungsrat der ANAS genehmigt. Der Minister für Öffentliche Arbeiten bewilligte am 19. Februar 1964 den Abschnitt Verona Süd bis Mantua und am 20. Februar 1964 jenen von Bozen Süd bis Trient Nord).50

48 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della seduta del Consiglio di Amministrazione della Società per l’Autostrada del Brennero […] nella sede dell’Amministrazione provinciale di Verona, 17.3.1962, S. 9, CCIAA, Archivio storico, Autostrada del Brennero – convocazioni, verbali e consigli di amministrazione (1961-1967) Faszikel 2510. Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1961. III° esercizio, [Trient 1962], S. 2, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. Siehe auch: [Konvention zwischen Autostrada del Brennero S.p.A. und Bruno Gentilini], CCIAA, Archivio di deposito, decreto. 49 Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 20 aprile 1968, S. 15-17, CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Siehe darin auch die Aufteilung der Baulose in den einzelnen Teilstücken. 50 Verbale della riunione del Comitato Direttivo della Società per Azioni „Autostrada del Brennero“, tenutasi a Trento […] presso la sede sociale […], 6.8.1963, S. 2, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. Autostrada del Brennero S.p.A., Bilancio al 31 dicembre 1963. Approvato dall’Assemblea il 4 maggio 1964. V° esercizio, [Trient] 1964, S. [8], SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. Protokoll des Regionalrates TrentinoTiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 203, 17.6.1964, S. 3-10, hier S. 4-7.

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Die restlichen Ausführungsprojekte wurden in den Folgejahren bewilligt.51 Am 21. Dezember 1963 beschloss der Verwaltungsrat der Brennerautobahngesellschaft, im Sinne einer schnellstmöglichen Verwirklichung der Verkehrsinfrastruktur mit der Vorbereitung zur Auftragsvergabe von drei Brücken im Teilstück Bozen Süd–Trient Nord (zwei Brücken über die Etsch bei Pfatten und bei Zambana sowie den Viadukt über den Avisio in der Örtlichkeit Ai Vodi bei Lavis) zu beginnen, die nach der Genehmigung durch die ANAS mit dem Kapital der Brennerautobahngesellschaft erbaut werden sollten.52 Am 4. Mai 1964 begannen die Firmen, die die Ausschreibung für die genannten Bauwerke gewonnen hatten, mit den Bauarbeiten,53 dieser Termin markierte somit den Baubeginn des italienischen Teils der Brennerautobahn. Für die Finanzierung des Autobahnbaus nahm die Brennerautobahngesellschaft zwischen 1963 und 1965 Kredite auf: Im September 1963 gewährte das „Istituto di Credito Fondiario delle Venezie Pubbliche“ ein Darlehen mit einer staatlichen Deckungsgarantie für den Abschnitt Bozen–Modena – die Finanzierung war auf diesen Abschnitt beschränkt worden –, am 18. November 1964 folgte die „Europäische Investitionsbank“ in Brüssel mit einem Darlehen über 15 Milliarden Lire für den Abschnitt Brenner–Bozen, und am 19. Februar 1965 sicherte das „Kreditkonsortium für öffentliche Arbeiten“ in Rom ein Darlehen über 45 Milliarden Lire für den Abschnitt Brenner–Bozen zu.54

51 [Giacomo] Mancini, Dekret Nr. 1682, 2.9.1964, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. Regione Trentino-Alto Adige. Conferenza Regionale dei Trasporti, Comunicazione della S.p.A. Autostrada del Brennero, [Trient] [1966], S. 6-7, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 52 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della Società „Autostrada del Brennero“, tenutasi a Trento […] presso la sala verde del palazzo della Provincia […], 21.12.1963, S. 20-23, CCIAA, Archivio storico, convocazioni, verbali. 53 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della Società Autostrada del Brennero, tenutasi a Trento […] presso la sala gialla del palazzo della Provincia […], 26.3.1964, S. 15-16, CCIAA, Archivio storico, convocazioni, verbali. Turrini, L’autostrada del Brennero, 1991, S. 84. Konrad Bergmeister, A22. Autostrada del Brennero/Brenner Autobahn, Bozen 1998, S. 41. 54 Autostrada del Brennero S.p.A., [Bilancio al 31 dicembre 1964. Approvato dall’Assemblea il 24 aprile 1965. VI° esercizio]. Relazione del Consiglio di Amministrazione, [Trient 1965], S. 1-2, CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della Società Autostrada del Brennero, tenutasi a Trento […] presso la sala gialla del palazzo della Provincia […], 26.3.1964, CCIAA, Archivio storico, convocazioni, verbali. [Donato Turrini], Promemoria, 25.5.1964, CCIAA, Archivio di deposito, decreto. Turrini, L’autostrada del Brennero,

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Die Eröffnungen der Teilstrecken der 313 km langen A22, die in der folgenden Tabelle in chronologischer Reihenfolge angeführt werden, mussten oftmals verschoben werden. Tabelle 3: Eröffnung der Teilstrecken der A22 DATUM 21.12.1968 5.8.1969 1.8.1970 1.9.1970 2.9.1970 17.9.1970 17.10.1970 30.3.1971 5.4.1971 9.4.1971 8.7.1971 25.7.1971 25.7.1971 12.8.1971 20.11.1971 3.2.1971 16.12.1971 11.4.1974 Quelle:

STRECKE Bozen Süd–Trient Nord Verona–Mantua Trient Nord–Rovereto Nord Vahrn (Nähe Franzensfeste)–Klausen Rivoli (Nähe Affi)–Verona Sterzing–Grasstein Mantua–Pegognaga Pegognaga–Rolo Brenner–Brennerbad Rovereto Nord–Rovereto Süd Reggiolo (Nähe Rolo)–Carpi Grasstein–Franzensfeste Klausen–Haltestelle Klausen Rovereto Süd–Affi Carpi–Campogalliano Pontigl (Nähe Brennerbad)–Sterzing Campogalliano–Anschluss „Autostrada del Sole“ Klausen–Bozen Süd

KILOMETER 49,6 km 30,0 km 24,0 km 13,3 km 22,6 km 12,1 km 20,9 km 10,0 km 4,4 km 8,9 km 16,3 km 10,1 km 1,8 km 40,0 km 8,0 km 7,0 km 3,4 km 34,0 km

55

1984, S. 68. Giuntini, Boom, S. 21-23 (Internetquellen). Bergonzi, Die Verkehrsinfrastruktur, S. 261. 55 Siehe: Autostrada del Brennero S.p.A., [Bilancio al 31 dicembre 1968. Approvato dall’Assemblea il 30 aprile 1969]. Relazione del Consiglio di Amministrazione, [Trient 1969], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 28 aprile 1970], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 23 aprile 1971], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 17 maggio 1972. Relazione e bilancio 1971], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 1° Convocazione 29 aprile 1975. 2° Convocazione 13 maggio 1975. Relazione del Consiglio di Amministrazione. Bi-

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Am 21. Dezember 1968 wurde der Autobahnabschnitt Bozen Süd–Trient Nord als erste Teilstrecke des italienischen Teils der Brennerautobahn für den Verkehr freigegeben. Am 5. April 1971 konnte zum ersten Mal der Brennerpass auf der Autobahn überquert werden. Mit der Eröffnung der letzten Teilstücke Klausen–Bozen Nord und Bozen Nord–Bozen Süd am 11. April 1974 war die gesamte Brennerautobahn – auf österreichischer sowie italienischer Seite – durchgängig befahrbar. Lediglich ein 245 m langer Abschnitt bei Klausen war noch nicht befahrbar,56 den die ANAS schließlich am 30. August 1975 für den Verkehr freigab.57 Eine Art „Einweihungsfeier“ gab es erst zum 20-Jahr-Jubiläum am 16. Dezember 1988, bei der am Sitz der Brennerautobahngesellschaft in Trient in Festreden die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur hervorgehoben wurde.58 Die Gesamtkosten für die A22 betrugen 1974 243.721.821.000 Lire, was 780 Millionen Lire pro Kilometer Autobahn gleichkam. Für den technisch schwierigsten Abschnitt zwischen Klausen und Bozen mussten 2,3 Milliarden Lire pro Kilometer ausgegeben werden. Beim Bau der A22 starben 36 Personen.59

5.2 T HEMENSTRÄNGE IM D ISKURS ÜBER DIE B RENNERAUTOBAHN Der Brennerautobahndiskurs war als stabile Formation von verschiedenen, vorwiegend thematisch einheitlichen Themensträngen durchdrungen, die im Zuge der Sichtung des Korpus eruiert werden konnten. Diese bewegten sich im Rahmen der dis-

lancio e conto economico al 31.12.1974], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Autostrada del Brennero S.p.A., Relazione del Consiglio di Amministrazione al bilancio 1975. [1° convocazione 24 aprile 1976. 2° convocazione 30 aprile 1976], CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. Die bezüglich der Eröffnung der Teilstrecken von der Autobahngesellschaft gemachten Kilometerangaben variieren etwas je nach den Angaben im Ausführungsprojekt. 56 Autostrada del Brennero S.p.A., Assemblea ordinaria. 1° Convocazione 29 aprile 1975. 2° Convocazione 13 maggio 1975. Relazione del Consiglio di Amministrazione. Bilancio e conto economico al 31.12.1974, S. 1, CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. 57 Autostrada del Brennero S.p.A., Relazione del Consiglio di Amministrazione al bilancio 1975. [1° convocazione 24 aprile 1976. 2° convocazione 30 aprile 1976], S. 1, CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. 58 NN, Brennerautobahn: Einweihungsfeier nach 20 Jahren, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 292, 17./18.12.1988, S. 9. 59 Callin, Eine Brücke, S. 50 und 116. Bonfante, Autostrada, S. 46. Bergonzi, Die Verkehrsinfrastruktur, S. 261.

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kursiven Denk- und Handlungsmöglichkeiten und lassen sich als Aussageformationen definieren, die spezifische Wahrheiten produzierten und auf eine bestimmte Organisation hindeuteten.60 Die jeweiligen Themenstränge waren nicht strikt voneinander getrennt, sondern in verschiedenen Zusammensetzungen miteinander verknüpft, woraus eine diskursive Dynamik resultierte, da aus den Neuverknüpfungen und Querverbindungen neue Bedeutungen entstanden.61 Die einzelnen ausgewerteten Quellen durchzogen dabei durchwegs mehrere Themensträngen. Nach Foucault sind Aussagen als begrenzt auftretende, regelmäßig auftauchende und funktionstragende Bestandteile zu verstehen, die einen Diskurs formen und demnach dessen konstitutive Elemente sind.62 In den Themensträngen innerhalb des Brennerautobahndiskurses traten jeweils verschiedene Aussagen auf, wobei diese in funktioneller Hinsicht Formen von Legitimationsstrategien darstellten, mittels derer die Akteure die Verwirklichung der Brennerautobahn und in der Folge anderer Verkehrsinfrastrukturprojekte wie der Inntalautobahn zu begründen suchten. Die Ähnlichkeiten, Differenzen und Verschiebungen von Aussagen lassen Rückschlüsse auf die diskursiven Gegebenheiten zu.63 Semantische Verknüpfungen wie Verkehr und Raum,64 die in den Aussagen auftraten, sind dabei wichtige Aspekte. Aus dem konkreten Korpus sind fünf Themenstränge eruierbar, auf die nachfolgend eingegangen wird. 1) Die „europäische“ Autobahn: Die Brennerautobahn als verbindende, europäische Verkehrsinfrastruktur und Identitätselement der Republik. 2) Die „Gefahr der Umfahrung“ und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die „böse“ Schweiz. 3) Die Autobahn als „Tiroler Projekt“: Landespolitischer und ethnischer Themenstrang rund um die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol. 4) Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen: Wunsch nach bestmöglichem Anschluss für die heimische Wirtschaft und den Tourismus. 5) „Traumstraße der Alpen“: Die Schönheit des Bauwerks Autobahn und die Faszination der technischen „Wunderwerke“ der Autobahn.

60 Robert Feustel/Maximilian Schochow, Einleitung: Zwischen Sprachspiel und Methode. Perspektiven der Diskursanalyse, in: dies. (Hg.), Zwischen Sprachspiel und Methode. Perspektiven der Diskursanalyse (Sozialtheorie), Bielefeld 2010, S. 7-16, hier S. 12. 61 Christina Linsboth, Begeisterte Einkäuferinnen, Diktatoren des Wirtschaftsmarktes: BeSchreibungen der Konsumentin (1921-1938), in: Österreich in Geschichte und Literatur. Mit Geographie 57 (2013), Heft 2, S. 149-158, hier S. 151. 62 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 110-111. 63 Hannelore Bublitz, Diskurs, Bielefeld 2003, S. 6-7. 64 Schlimm, Ordnungen, S. 28-31.

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5.2.1 Die „europäische“ Autobahn: Die Brennerautobahn als verbindende, europäische Verkehrsinfrastruktur und Identitätselement der Republik Einer der Themenstränge des Brennerautobahndiskurses umfasst die Wahrnehmung der Autobahn als „europäische“ und verbindende – im realen sowie im übertragenen Sinne – Verkehrsinfrastruktur. Zweifellos hatte die Brennerautobahn als ein Teil des europäischen Fernstraßennetzes eine bessere verkehrsmäßige Erschließung von Ländern zur Folge, aber über diese verkehrspolitische Relevanz hinaus wurde sie in der Phase der Stabilisierung des Autobahndiskurses als „europäisches“ Bauvorhaben wahrgenommen, das einen bedeutenden Beitrag für eine friedvolle und prosperierende Zukunft Europas zu leisten vermochte. Sowohl im Bundesland Tirol als auch in Südtirol trat die Aussage regelmäßig auf, dass die Brennerautobahn dank ihrer Brückenfunktion einen maßgeblichen Beitrag zur Verständigung zwischen den Völkern in Europa leiste. Zudem sei die Verwirklichung der Verkehrsinfrastruktur grundlegend für die europäische Einigung und Integration. Auf Tiroler Seite wiederholte sich die Aussage, es sei die Pflicht Österreichs, Opfer – beispielsweise finanzieller Natur – durch den Bau der Brennerautobahn im Dienst an Europa zu bringen. Österreich sei sich seiner Verantwortung bewusst und erfülle seine Rolle als Bindeglied zur Errichtung eines verbundenen und geeinten Europas. Von allen Bauwerken der Brennerautobahn sowohl auf österreichischer als auch auf italienischer Seite verdeutlichte die sogenannte Europabrücke zwischen Patsch und Schönberg den europäischen Themenstrang des Brennerautobahndiskurses am besten, weshalb im Folgenden detailliert auf diese Konstruktion eingegangen werden soll. Die Namensgebung der Brücke drückte symbolisch den europäischen Geist aus, in dem die Brennerautobahn realisiert wurde, nämlich eine gegenseitige Annäherung in Europa. Der feierliche Spatenstich an der ersten Teilstrecke der Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg am 25. April 1959 durch den österreichischen Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, Dr. Fritz Bock, und den Landeshauptmann von Tirol, Dr. Hans Tschiggfrey, erfuhr eine starke mediale Beachtung. Zu Beginn hieß dieses Bauwerk sachlich „Sillbrücke III“, ihr neuer Name „Europabrücke“ wurde von Minister Bock anlässlich dieses symbolischen Aktes bekannt gegeben. Er betonte in seiner in verschiedenen Tiroler Zeitungen auszugsweise veröffentlichten Ansprache vor dem Spatenstich, Österreich werde bereits in fünf Jahren über das bestausgebaute Straßennetz Europas verfügen, was für das kleine Land mit seinen

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lediglich sieben Millionen Einwohnern eine beachtliche Leistung darstelle.65 Wörtlich erklärte Bock: „Diese Autobahn und diese Brücke ist eine Straße, die von Nord nach Süd und umgekehrt führen wird. Wir sind, in einem größeren Zusammenhang gesehen, glücklich, daß wir in diesen Tagen diesen Straßenbau in Angriff nehmen können, weil wir Österreicher sinnfällig zum Ausdruck bringen wollen, daß wir durch diesen Straßenbau beitragen wollen, im technischen Sinne die Völker einander näher zu führen und dort, wo Spannungen bestehen, auch solche zu beseitigen.“66

Weiters konstatierte er, dass in einer Zeit, in der Europa beginne, Gestalt anzunehmen, Österreich diesen Bestrebungen sinnvollen Ausdruck verleihen wolle, indem es die projektierte Brücke über das Silltal „Europa-Brücke“ nenne. Auch künftige Generationen sollten durch dieses Bauwerk an das österreichische Bekenntnis zu Freiheit und Menschenwürde sowie zu einem einigen Europa erinnert werden.67 Demnach hob Bock die Rolle Österreichs als Brückenbauervolk für Europa im übertragenen Sinne hervor. Die Brennerautobahn leiste durch ihre Nord-Süd-Ausrichtung einen wichtigen Beitrag für eine bessere europäische Integration. Auch rückblickend betrachtet wurde in Tirol bis gegen Ende der Stabilisierungsphase die Namensgebung der Europabrücke als Akzentuierung der „europäische[n] Bedeutung“68 der Brennerautobahn „in sinnfälliger Weise“69 dargestellt, wie dies beispielsweise in Publikationen der Tiroler Landesbaudirektion über die Brennerautobahn aus den Jahren 1961 und 1963 hervorgehoben wurde. Tirol sei sich der Bedeutung der historischen Brennerroute für die Integration Europas gänzlich bewusst und leiste durch die Verwirklichung der Brennerautobahn einen aktiven Beitrag zur eu-

65 H. O., Erster Spatenstich für die „Europa-Brücke“. Die Autobahnbrücke über das Silltal wird 90 Millionen Schilling kosten – 1,942 Milliarden Schilling für Autobahnbau in Österreich, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 96, 27.4.1959, S. 3. NN, Baubeginn der „EuropaBrücke“. Spatenstich für das erste Teilstück der Tiroler Autobahn, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 18/19, 2.5.1959, S. 2-4. M[anfred] N[ayer], Bau der Brennerautobahn begonnen. Am Samstag fand an der Patscher Berglehne die Spatenstichfeier für die Autobahnbrücke über die Sill statt. Bundesminister Dr. Bock nahm den Spatenstich vor – Bauzeit für die größte Brücke Europas beträgt drei Jahre, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 96, 27.4.1959, S. 1 und 10. 66 O., Erster Spatenstich. NN, Baubeginn. 67 Ebd. O., Erster Spatenstich. 68 Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 10. Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 35. 69 Ebd. Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 10.

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ropäischen Einigung. Die symbolhafte Bedeutung des Namens „Europabrücke“ betonte Karl Innerebner in einem Artikel in der Tiroler Heimat. Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde, in dem er darauf hinwies, dass die Brücke „im europäischen Geiste die Verbindung der Völker beiderseits des Brenners bilden“ und „bestehende Differenzen im europäischen Geiste überbrücken“70 solle. Oberbaurat Dipl.-Ing. Josef Gruber von der Tiroler Landesbaudirektion legte in einem Artikel über dieses Bauwerk aus dem Jahr 1969 in der renommierten Österreichischen Ingenieurzeitschrift dar, dass durch die Namensgebung für die Europabrücke zweierlei zum Ausdruck gebracht werden sollte: Einerseits sollte die „kontinentale Bedeutung der österreichischen Brenner-Autobahn als Alpenüberquerung im europäischen Fernverkehrsstraßennetz“71 betont werden und andererseits die „Größe der Aufgabe, die Österreich für dieses Europa auf sich nahm, um Brücken im übertragenen Sinne zu bauen“72, wie dies am eindrücklichsten im Bauwerk der Europabrücke verdeutlicht werde. Der Tiroler Landtagsabgeordnete Dr. Albin Oberhofer (ÖVP) brachte am 16. Dezember 1959 im Tiroler Landtag gemeinsam mit seinen Parteigenossen einen Entschließungsantrag betreffend „die Errichtung eines dem Großbauvorhaben der Europabrücke und der Brenner-Autobahn im Silltal angemessenen Kunstdenkmals“73 ein, der in der Folge dem Kunst- und Kulturausschuss sowie dem Bauausschuss zugewiesen wurde. Oberhofer war von 1945 bis 1948 geschäftsführender Landesobmann des Tiroler Wirtschaftsbundes, bis zu seinem Tod Kammeramtsdirektor der Tiroler Handelskammer, von 1945 bis 1961 Tiroler Landtagsabgeordneter und übte von 1945 bis 1947 die Funktion eines Landesrats (Gemeindereferent) aus.74 In seinem Redebeitrag bei der Landtagssitzung erklärte er, dass die Europabrücke „den Namen des Landes Tirol über die Grenzen hinaustragen“75 würde. Obgleich Österreich der kleinste Anrainerstaat sei, hätte es als erstes Land den Mut gefasst, mit der Verwirklichung der Brennerautobahn zu beginnen. Oberhofer plädierte für ein 70 Karl Innerebner, Tirol, Verbindungsland der Völker im Herzen Europas, in: Tiroler Heimat. Jahrbuch für Geschichte und Volkskunde 26 (1962), S. 124-128, hier S. 128. 71 Josef Gruber, Die Europabrücke im Zuge der Brenner-Autobahn in Tirol, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 114 (1969), Heft 8, S. 253-258, hier S. 253. 72 Ders., Die Europabrücke, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift 106, S. 253. 73 Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IV. Periode, 24. Tagung, 2. Sitzung, 16.12.1959, S. 65-66. 74 Oberhofer wurde am 19. Februar 1904 in Innsbruck geboren und verstarb am 28. September 1962 in Innsbruck.Thomas Hofbauer, Biographisches Handbuch des Tiroler Landtages und der Tiroler Landesregierung 1945-2007, Innsbruck 2007, S. 100. 75 Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IV. Periode, 24. Tagung, 2. Sitzung, 16.12.1959, S. 65-66, hier S. 65.

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von österreichischen Künstlern zu gestaltendes Denkmal bei der Europabrücke.76 Ein derartiges Bauwerk gebiete Österreich Ehre und dies in einem Gebiet, das seit Jahrtausenden aufgrund seiner Lage eine wichtige verkehrspolitische Funktion besitze.77 In der Sitzung vom 9. Februar 1960 schließlich beschloss der Tiroler Landtag einstimmig die Errichtung eines „diesem Großbauvorhaben würdigen und an geeigneter Stelle des Silltales zu errichtenden Baudenkmals“78 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau. Bei der Berichterstattung zu diesem Sitzungspunkt erklärte Oberhofer, dass es die Bestimmung der Brennerautobahn sei, „wie eh und je die angrenzenden Völker friedlich zusammen[zu]bringen und [zu] verbinden“79. Wiederum betonte er die Inangriffnahme des Baus der Brennerautobahn durch das flächenmäßig kleine Österreich, dem deshalb „Auszeichnung und Ruhm“80 zufalle. Zudem liege es im Interesse Tirols, den Strom der Durchreisenden „ein klein wenig in dieser historischen Landschaft des Silltales verweilen zu lassen, um ihm die große Vergangenheit, die in diesem Tal wiederholt durch geschichtliche Ereignisse dokumentiert wird, durch ein geeignetes, dieser Landschaft gemäßes Denkmal vor Augen zu führen“81. Weiters könnten sich die Tiroler Künstler an der Entstehung eines einmaligen Bauwerks beteiligen,82 wodurch die Leistung Österreichs gewürdigt werde. Dieses Baudenkmal wurde als sogenannte Europakapelle auf der Schönberger Seite der Europabrücke auf einem Hügel errichtet und sollte durch die Bezeichnung die intendierte Bedeutung der Brücke noch stärker betonen. So wurde die Kapelle in einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung nicht nur als eine Sehenswürdigkeit, sondern als „ein Mahnmal europäischen Formates und Ausdruck völkerverbindenden Geistes“83 gerühmt. Die Europakapelle wurde vom Innsbrucker Architekten Hubert Prachensky projektiert und im Jahr 1964 mit Fresken des Südtiroler Malers Karl Plattner ausgestattet.84 Ihre Weihe nahm Prälat Alois Stöger, der Abt von Wilten, am 76 Ebd. 77 Ebd., 66. 78 Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IV. Periode, 25. Tagung, 2. Sitzung, 9.2.1960, S. 31-32, hier S. 32. 79 Ebd., S. 31. 80 Ebd., S. 32. 81 Ebd. 82 Ebd. 83 NN, Weihe der „Europabrücke“ und „Europakapelle“. Auch das Autobahnteilstück Innsbruck–Schönberg wird seiner Bestimmung übergeben – Marksteine in der Geschichte des Straßenbaues, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 266, 16.11.1963, S. 3. 84 Karin Hösch, Schönberg im Stubaital. Pfarrkirche zum Hl. Kreuz. Filialkirche Maria Himmelfahrt in Unterberg. Europakapelle. Tirol, Bezirk Innsbruck-Land, Dekanat Matrei am Brenner – Diözese Innsbruck (Peda-Kunstführer 765), Passau 2009, S. 21.

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16. November 1963 vor. Die zwei Glocken des Baudenkmals trugen jeweils Inschriften, wobei auf der größeren, dem Heiligen Christophorus geweihten und 250 Kilogramm schweren Glocke „Tirol in Nord und Süd grüßt Europa“ eingraviert war, während die kleinere, 160 Kilogramm schwere und dem Heiligen Johannes von Nepomuk geweihte Glocke die Inschrift „Für Frieden und Einheit“ trug.85 In seiner Rede nahm Abt Stöger auf die europäische Komponente Bezug und bezeichnete „Europa“ nicht nur als Wirtschaft und Politik, sondern auch als Gesinnung. Diese europäische Geisteshaltung verdeutlichten auch die Inschriften auf den beiden Glocken, wobei diese so lange ertönen sollten, „bis die Völker und Nationen begriffen haben, daß dieses geeinte Europa geschaffen werden muß“86. Zudem wurde unterhalb der Europakapelle ein Prisma mit drei Bronzetafeln errichtet. Auf einer davon nahm folgende Inschrift Bezug auf die glückliche Zukunft Europas, welche die Europabrücke als Bindeglied zwischen Nord und Süd symbolisierte: „Seit Jahrtausenden ist der Brennerweg eine der wichtigsten Verbindungen von Nord und Süd über die Alpen. Wo in grauer Vorzeit Saumpfade gingen, führt heute eine Autobahn. In den Tagen, da die freien Völker Europas sich immer enger zusammenschließen, soll die Autobahn mit der Europabrücke nicht nur ein Mittel des Verkehrs, sondern auch das Symbol einer glücklichen Zukunft sein.“87

Bei der Eröffnung des ersten Teilstücks der Brennerautobahn einschließlich der Europabrücke am 17. November 1963 wurde der europäische Themenstrang besonders deutlich. Die Verkehrsfreigabe erfuhr in der regionalen Medienberichterstattung überaus große Beachtung mit ausführlichen Berichterstattungen und detaillierten Beschreibungen des Ablaufs der Eröffnungsfeier. In den Ansprachen der Festredner findet sich vielfach der Verweis auf den europäischen Themenstrang. So war die Rede von Abt Alois Stöger, der auch die Weihe der Europabrücke vornahm, maßgeblich auf der Europathematik aufgebaut. Er hob die Wichtigkeit der Aufgabe hervor, Europa zu bauen, wobei dies nicht nur eine politische respektive ökonomische, sondern 85 NN, Europakapelle an der Europabrücke, in: Dolomiten, Nr. 255, 7.11.1963, S. 10. NN, Am schönsten Punkt der Autobahn, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 11/12, S. 3. NN, Weihe. 86 NN, Europakapelle – Rasthaus der Seelen. Abt Stöger von Wilten weihte die neue Kapelle an der Europabrücke, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3. NN, „Rasthaus der Seele an der Europabrücke“, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3. NN, Europakapelle. Rasthaus der Seelen. Die neue Kapelle an der Europabrücke von Abt Stöger, Wilten, geweiht, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 47, 21.11.1963, S. 2. 87 NN, Europakapelle an der Europabrücke. NN, Am schönsten Punkt.

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vor allem eine geistige Aufgabe sei. Der Name der Europabrücke sei glücklich gewählt, da Tirol im Herzen Europas liege. Dabei erklärte er: „Die Europabrücke steht! Was aber ist mit Europa? […] Die einzelnen Nationen wachsen wirtschaftlich und technisch immer mehr zusammen. Aber genügt das für Europa? […] Haben sich die Nationen Europas schon zu einer einheitlichen geistigen Idee gefunden? […] Europa, das die Ideale der Freiheit hervorgebracht hat, ist die Sorge um den Menschen für die Zukunft anvertraut. […] Europa ist etwas Politisches, Wirtschaftliches, Technisches. Europa ist vor allem aber Gesinnung, Glaube und Verantwortung vor Gott! [Herv. i.O.] Eine solche europäische Gesinnung ist noch nicht wirksam. Das erleben wir in der tragischen Situation von Südtirol. Wenn die europäische Idee wirksam wäre, dann könnten diese Dinge im Herzen Europas nicht geschehen. Das Südtirolproblem kann nur in diesem europäischen Geist gelöst werden. Wenn Europa seine Aufgabe an der Menschheit erfüllen soll, dann muß jede Nation, jedes Volk in Europa radikal umdenken. Wir müssen zuerst alle europäisch denken und dann national. Europäisch denken, heißt Opfer bringen. […] Technik und Fleiß des österreichischen Volkes haben die Europabrücke geschaffen. Nun muß von einer Nation zur anderen die geistige Europabrücke gebaut werden. Alle Nationen sind gerufen. [Herv. i.O.]“88

Seine Ansprache schloss Abt Stöger mit dem Aufruf: „Daß Gott Europa und seinen Völkern den Frieden und die Einheit schenke.“89 Handelsminister Dr. Bock verwies in seiner Rede ebenfalls auf die europäische Komponente der Europabrücke, die ihre Bezeichnung aufgrund ihrer Lage im Herzen Europas und ihrer Symbolkraft für das Zusammenwachsen der Völker und Staaten in Europa erhalten hätte. Es sei eine Funktion Tirols und Österreichs, Verbindung und Brücke zu sein und über vorhandene Gegensätze hinweg zu vereinen, wobei insbesondere Straßen und Brücken eine verbindende Funktion hätten. Mit der Eröffnung der Brücke sei wieder ein Stück Eu-

88 NN, Und nun die geistige Europabrücke bauen! Abt Stöger rief auf zur christlicheuropäischen Gesinnung, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 47, 23.11.1963, S. 8. Siehe auch: NN, Europabrücke wurde gestern dem Verkehr übergeben. Feierliche Weihe durch Abt Stöger von Wilten und festliche Eröffnung durch Bundeskanzler Gorbach, in: Dolomiten, Nr. 264, 18.11.1963, S. 3. 89 NN, Und nun die geistige Europabrücke. NN, Stolz prangt das Symbol der Einheit Europas über der Sillschlucht. Die Europabrücke zwischen Patsch und Schönberg wurde am Sonntag feierlich geweiht und damit das erste Teilstück von Innsbruck bis Schönberg dem Verkehr übergeben, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 47, 21.11.1963, S. 2.

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ropa verwirklicht worden. Durch ihre Lage von Grenze zu Grenze bilde die Brennerautobahn ein äußerst wichtiges Verbindungsstück zwischen den Staaten und Völkern des neuen Europa.90 Der Landeshauptmann von Tirol, Eduard Wallnöfer, betonte in seiner Rede bei der Eröffnung der Europabrücke die glückliche gemeinsame Zukunft der europäischen Länder und führte dabei in Bezug auf diese Konstruktion Folgendes an: „Die Europabrücke steht da wie eine Einladung nach Süden und nach Norden, die uralte Verkehrsverbindung über die Alpen am Brennerpaß, mitten im Herzen Europas, den Erfordernissen der heutigen Zeit entsprechend neu zu gestalten.“91 Er schloss mit den Worten: „Auf den Glocken der Kapelle an der Europabrücke sind die Worte eingraviert: ‚Tirol in Nord und Süd grüßt Europa‘. Zum Zeugnis unseres tiefen und festen Glaubens an eine glückliche gemeinsame Zukunft der Länder des alten Kontinents wiederhole ich diese Worte: ‚Tirol in Nord und Süd grüßt Europa!‘“92 Der österreichische Bundeskanzler Dr. Alfons Gorbach betonte als weiterer Festredner, die Europabrücke sei mit dem Gedanken eines vereinigten Europa verbunden und ein Beitrag zur Völkerverständigung. Er sprach die Hoffnung aus, dass die Brücke ihrem Namen gerecht werde und zur Völkerverständigung und damit zur Sicherung des Friedens auf dem Kontinent und damit in der eigenen Heimat beitrage. Während früher Brücken Verbindungen zwischen zwei Ufern gewesen seien, so verbinde die Europabrücke weite Räume und viele Völker.93 Wörtlich äußerte er Folgendes: „Wir [Ö]sterreicher fühlten seit eh und je eine völkerverbindende Aufgabe. Es möge der Geist dieser Mission, die wir in uns fühlen, durch dieses Werk ihren symbolischen Ausdruck finden.“94 Gorbach übergab in der

90 NN, „Verbinde in Frieden und Freiheit die Völker Europas“. Bundeskanzler Dr. Alfons Gorbach eröffnete gestern die Europabrücke und gab damit den Verkehr auf dem ersten Teilstück der Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg frei, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3. NN, Ein Festtag für das ganze Land. Die Europabrücke zwischen Patsch und Schönberg wurde gestern feierlich geweiht und damit das erste Teilstück der Autobahn von Innsbruck zum Brenner dem Verkehr übergeben – Hohe Festgäste und an die 30.000 Menschen waren aus diesem Anlaß gekommen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 267, 18.11.1963, S. 1-2. NN, Europabrücke. NN, Stolz prangt das Symbol. 91 [Ansprache des Landeshauptmannes von Tirol Eduard Wallnöfer bei der Eröffnung der Europabrücke], 17.11.1963, S. 5, TLA, ATLR Praes III, Autobahn und Europabrücke Eröffnung (1963). 92 Ebd. Siehe auch: NN, Verbinde in Frieden. NN, Ein Festtag. NN, Stolz prangt das Symbol. 93 NN, Verbinde in Frieden. NN, Europabrücke. Siehe auch: NN, Ein Festtag. NN, Stolz prangt das Symbol. 94 Ebd. Siehe auch: NN, Europabrücke. NN, Verbinde in Frieden.

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Folge die Europabrücke dem Verkehr, indem er das in rot-weiß-roten-Farben gehaltene Band durchschnitt und dabei die Worte sprach: „Verbinde in Frieden und Freiheit die Völker Europas hüben und drüben!“95 Brücken galten schon seit jeher als Symbole des Dialogs und der Kooperation sowie der Völkerverständigung. Die Namensgebung der Europabrücke verknüpfte die beiden Termini „Europa“ und „Brücke“ mit einem daraus resultierenden Konnex eines geeinten und friedlichen Europas, das die kriegerischen Auseinandersetzungen endlich überwunden habe. Zudem wurde durch die Bezeichnung auch die europäische und länderverbindende Bedeutung der Brennerautobahn betont. Mit dieser Bezeichnung sollten sich nicht nur Einheimische, sondern auch Personen anderer Länder identifizieren können. Dies stellte sich für die Vermarktung der Europabrücke hilfreich dar, die als höchstes Bauwerk der gesamten Brennerautobahn als ein Zeichen des Wiederaufbaus galt und einen hohen Stellenwert im Erscheinungsbild des Landes hatte. Die Aussage der Tiroler und österreichischen Opferbereitschaft hinsichtlich der Errichtung der Brennerautobahn bekräftigen auch Äußerungen von Leo Feist. In seinem schriftlichen Vortrag mit dem Titel „Tiroler Straßenwesen einst und jetzt“ beim „25. Österreichischen Straßentag“ in Innsbruck, der von der Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen mit Unterstützung des Landes Tirol vom 20. bis 22. Mai 1963 abgehalten wurde, führte er Folgendes an: „Österreich hat durch die Fertigstellung des Teilstückes Innsbruck–Schönberg einen beachtlichen Beitrag für die Entlastung des großen europäischen Nord-Südverkehrs über den Brennerpass geleistet und ein gewaltiges Opfer für die europäische Verkehrsintegration gebracht. Es ist zu hoffen, dass Europa dies auch anerkennen wird.“96

Feist legte in diesem Zusammenhang nicht explizit dar, aus welchen Komponenten sich dieses „gewaltige Opfer“ zusammensetze, ob es etwa finanzieller Natur sei oder sich auf den Verlust von Grund und Boden beziehe. Der Grundtenor seiner Rede war, dass „Europa“ die Opferbereitschaft in einer nicht näher definierten Art und Weise honorieren solle. Mit analogem Inhalt hob Feist in einer Publikation mit dem Titel „Alpenüberquerende Autobahnen und Autostraßen Tirols“ aus dem Jahr 1970, sieben Jahre nach seiner Rede auf dem „25. Österreichischen Straßentag“, wiederum die Opferbereitschaft des Landes Tirol argumentativ hervor und betonte, dass „das Land Tirol sich der Rolle als Mittler zwischen Ost und West und Nord und Süd im europäischen Verkehrskonzept vollkommen bewußt ist und dafür auch bereit ist, entsprechende Opfer zu bringen. Die dargelegten Planungen für ein Tiroler Autobahn- und Autostraßennetz 95 Ebd. Siehe auch: NN, Ein Festtag. NN, Stolz prangt das Symbol. 96 Feist, Tiroler Straßenwesen, S. 42.

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sind sicherlich weit vorausschauend und stehen ebenfalls im Einklang mit dem Gedanken einer europäischen Verkehrsintegration.“97

Feist war gemeinsam mit anderen Akteuren der Tiroler Landesbaudirektion für viele Publikationen im gesamten Zeitraum der Stabilisierungsphase des Diskurses verantwortlich, in denen positive Aspekte der Brennerautobahn akzentuiert wurden. So betonten Feist und Hofrat Josef Gruber in ihrem Artikel über die Brennerautobahn in einer halboffiziellen Publikation der Landesbaudirektion aus dem Jahr 1971 die positiven Auswirkungen der Brennerautobahn auf die europäische Annäherung und Integration, wobei die Austauschmöglichkeiten zwischen Völkern und Ländern dank der schnelleren Erreichbarkeit infolge des Autobahnbaus vergrößert werden würden: „Die Brenner-Autobahn wird demnach viel dazu beitragen, daß die Räume in zeitlicher Beziehung näher aneinanderrücken, daß also Völker und Staaten mehr zueinander kommen, was im Zeichen einer anzustrebenden europäischen Einheit nur zu begrüßen ist.“98 Der Themenstrang der „europäischen“ Brennerautobahn tritt in verschiedenen Artikeln in Fachzeitschriften hervor, wobei hierzu exemplarisch der Beitrag von Kommerzialrat Professor Gustav O. Friedl aus dem Jahr 1965 in der in Wien erschienenen Wochenzeitschrift Verkehr. Internationale Fachzeitung für Verkehrswirtschaft99 analysiert wird. Die Bildunterschrift zu diesem Text betonte, dass in der Bezeichnung „Europabrücke“ der Geist Ausdruck finden solle, in dem der österreichische Teil der Brennerautobahn als Verbindung zwischen Italien und den nördlich von Tirol gelegenen Ländern – vornehmlich der BRD – errichtet worden sei. Friedl führte aus, dass die durch das „Bundesland Tirol voneinander getrennten EWG-(und NATO-)Staaten Deutschland und Italien“100 das „größte wirtschafts- und fremdenverkehrspolitische (sowie strategische) Interesse“101 an der Verwirklichung der Brennerautobahn hätten. Voll pathetischem Österreichpatriotismus erklärte er, die Alpenrepublik sei vielfach von verschiedenen Seiten dazu angeregt worden, „das kleine, im [Z]weiten Weltkrieg arg in Mitleidenschaft gezogene, 10 Jahre lang von alliierten Truppen besetzt gewesene und ausgepowerte Österreich 1956 [sei] darangegangen – 97

Ders., Alpenüberquerende Autobahnen und Autostraßen Tirols, Innsbruck 1970, S. 14.

98

Ders./Josef Gruber, Die Brenner-Autobahn, in: NN, Treffen der Landtage von Süd- und Nordtirol. Innsbruck, den 14. Mai 1971, Innsbruck 1971, S. 1-9, hier S. 3.

99

Gustav O. Friedl, Österreich, Italien und die Brenner-Autobahn. Eine wahrhaft europäische Großtat Österreichs im Dienste der Straßenverkehrsverbindung zwischen Deutschland und Italien. Beginn der Arbeiten am italienischen Teilstück. Werden nun endlich auch die Arbeiten an der längst offiziell genehmigten Eisacktalstraße in Angriff genommen?, in: Verkehr 21 (1965), Heft 14, S. 477-479.

100 Ebd., S. 477. 101 Ebd.

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unabhängig von früheren (1938/1939) aufgestellten Studien –[,] eine Neuprojektierung der Brenner-Autobahn vorzunehmen.“102 Nach Bezugnahme auf Feuchtingers Verkehrsprognosen bediente sich Friedl bei seinen Ausführungen über den Baubeginn der Brennerautobahn unkorrekter Jahresangaben. Österreich hätte – einerseits aus „wahrem Altruismus“103 und andererseits aus einer wenig begründeten Angst vor einer Umfahrung des Landes – im Jahr 1961 [sic!] mit dem Autobahnbau in Tirol begonnen und bereits 1964 [sic!] die erste Teilstrecke der Brennerautobahn Innsbruck–Schönberg eröffnet. Zudem hob Friedl hervor, dass die gesamten Baukosten für dieses Teilstück von Österreich allein aufgebracht werden mussten, ohne auf Finanzhilfen der am meisten an der Verwirklichung der Autobahn interessierten Länder zurückgreifen zu können, da die Bedingungen zu „kommerziell“ und vorwiegend auf die Interessen dieser Länder zugeschnitten gewesen seien.104 Italien hätte niemals an einer Maut für den italienischen Teil der Brennerautobahn gezweifelt, während „der Altruismus Österreichs so weit [ging], daß es – im Widerspruch zur Ansicht eines großen Volksteiles – erst eines Regierungsentscheides bedurfte, daß auch die österreichische Brenner-Autobahn – übrigens erstmalig in Österreich – als Mautstraße betrieben werden wird“.105 Der Hinweis auf einen „Altruismus“ Österreichs ist jedoch unter nationalistischen und patriotischen Gesichtspunkten zu verstehen. Aus den Mautgebühren für den österreichischen Teil der Brennerautobahn sollten vor allem die Instandhaltungskosten und die Zinsen für die Darlehen sowie längerfristig die Kredite selbst gedeckt werden. Friedl betonte jedoch, dass bereits jetzt von verschiedener Seite verlautbart werden würde, dass die Mautgebühr „nicht niedrig genug angesetzt“106 werden solle. Zudem schrieb er Folgendes über die von ihm bewusst als „klein“ dargestellte Alpenrepublik, die große Leistungen vollbracht habe: „Während also das kleine Österreich mit dem Ausbau des österreichischen Teilstückes der Brenner-Autobahn – man vergesse nie, zu einem guten Teil im Dienste einer raschen und bequemen Verkehrsverbindung zwischen den beiden Nachbarstaaten – eine wahrhaft europäische Tat setzt“107 und die BRD die Anschlussstrecke vom Inntaldreieck bis zur österreichischen Grenze ausbaue, sei es bis vor kurzem noch unsicher gewesen, ob die Brennerautobahn auf italienischer Seite weiter gebaut werden würde.108 Noch im Jahr 1977 betonte Landeshauptmann Wallnöfer in einem Beitrag über die Bedeutung der Brennerautobahn für Tirol in der Publikation „Brennerautobahn. 102 Ebd. 103 Ebd. 104 Ebd. 105 Ebd., S. 477-478. 106 Ebd., S. 478. 107 Ebd. 108 Ebd.

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Full-Service“ – einem Auftragswerk der österreichischen Brennerautobahngesellschaft – deren Stellenwert als Beitrag zur europäischen Einigung. Die Autobahn habe neben der verkehrsmäßigen und ökonomischen Bedeutung als Zufahrts- und Durchfahrtsmöglichkeit eine politische Relevanz. Diese bestehe einerseits aus einer landespolitischen Komponente – der „Pflege der geistig-kulturellen Landeseinheit“109 – und andererseits aus einem europäischen Themenstrang. Laut Wallnöfer leiste die Brennerautobahn „als wichtiges und wertvolles Glied der Kette europäischer Verbindungen einen großen Beitrag zur europäischen Einigung“110. Ihre Verwirklichung habe zu einer schnelleren und verbesserten Erreichbarkeit des Raums von München bis Mailand geführt, wodurch die Zusammenarbeit der Alpenländer – siehe insbesondere infolge der 1972 gegründeten „Arbeitsgemeinschaft Alpenländer“ (ARGE ALP) – stark vorangetrieben werden konnte. Südlich des Brenners unterschied sich der europäische Themenstrang oftmals von den Aussagen im Bundesland Tirol, indem verstärkt die Verwirklichung der Brennerautobahn als verkehrsmäßige Notwendigkeit für die Erfordernisse des wachsenden europäischen Verkehrs betont wurde. Zudem wurde die Brennerautobahn auch als „europäische“ und verbindende Verkehrsinfrastruktur mit einer Brückenfunktion im übertragenen Sinne dargestellt, wie es exemplarisch anhand des Vorworts des langjährigen Trentiner Autobahnpräsidenten Donato Turrini in der Publikation der Autostrada del Brennero S.p.A. mit dem Titel „Brenner-Autobahn“ aus dem Jahr 1969 analysiert werden kann. Mit der baldigen Inbetriebnahme des italienischen Teils der Brennerautobahn als Teil der E6 sei „der Tag nahe, an dem der Brennerpaß wieder voll seine Aufgabe erfüllen kann, als Brücke zwischen den Völkern zu dienen, die sich in Sprache und Sitten zwar unterscheiden, die aber jene Kultur verbindet, die allen Menschen als leuchtendes Vorbild gedient hat – eine Kultur, die ihre Aufgabe noch nicht abgeschlossen hat und die noch andere, feierlichere und größere Seiten der Geschichte wird füllen können, wenn wir das Europa verwirklichen, in dem wir uns – auf der Asche nationalistischer Denkweise – als Brüder in der Freiheit und im gemeinsamen Wunsch nach Frieden und Fortschritt erkennen können.“111

Vom 15. bis zum 16. Dezember 1959 veranstaltete die „Federazione Italiana della Strada“ in Kooperation mit der Provinzialverwaltung Verona, der Handels-, Indust-

109 Eduard Wallnöfer, Die Bedeutung der Brennerautobahn für Tirol, in: Ilka Prinzenstein (Hg.), Brennerautobahn. Full-Service, Wien [1977], S. 9. 110 Ebd. 111 Donato Turrini, [Vorwort], in: Brennerautobahn A.G. (Hg.), Brenner-Autobahn, Calliano (Trient) o.J. [1969], S. 7.

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rie- und Landwirtschaftskammer Verona und der Stadt Verona die „Zweite Internationale Brennerverkehrstagung“112 in der genannten Gemeinde, an der rund 300 Personen aus Politik, Wirtschaft und Technik von Italien und je eine Vertretung der deutschen Bundesrepublik und aus Österreich teilnahmen.113 Dieser Kongress folgte auf die (erste) „Internationale Tagung über den Brennerverkehr“114 in Bozen vom 18. bis zum 20. September 1959. Am Ende der Tagung wurde einstimmig eine Stellungnahme verabschiedet, in der die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer forcierten Realisierung der Brennerautobahn aufgrund der Überlastung der Brennerstaatsstraße hervorgehoben wurde. Dadurch könne auch ein erweiterter Wirtschaftsaustausch auf nationaler und auf EWG-Ebene ermöglicht werden.115 Diese Positionierung ist charakteristisch für viele Aussagen in Südtirol und im gesamten italienischen Raum bezüglich der Notwendigkeit der Brennerautobahn für Europa, bei denen jedoch nicht auf ein ideelles Konstrukt „Europa“ verwiesen, sondern auf pragmatisch-wirtschaftlicher Ebene die europäische Zusammenarbeit betont wurde. Im europäischen Themenstrang bezüglich der Brennerautobahn verwies man insbesondere auf Tiroler Seite auf ein nicht näher definiertes Konstrukt Europa. Bei der Beantwortung der Frage, ob man ausschließlich auf Westeuropa Bezug nahm oder auch die Warschauer-Pakt-Staaten inkludiert wurden, ist anzumerken, dass explizit nicht auf die osteuropäischen Länder verwiesen wurde. Vielmehr war der Gedanke eines vereinten Europas zwar prägend, beschränkte sich auf Tiroler Seite aber auf die angestrebte friedliche Vereinigung und Integration der westeuropäischen Staaten. Die Vermutung liegt nahe, dass sich das neutrale Österreich über die politisch unverfängliche Infrastruktur Autobahn stark an Westeuropa anlehnte und sich dementsprechend von den Warschauer-Pakt-Staaten abgrenzte. Die Verwirklichung der Brennerautobahn war „sowohl internationalen als auch regionalen Interessen verpflichtet“116 und lässt sich auch als „Konzession an die Integrationsinteressen Österreichs in Bezug auf ein vereintes Europa“117 ansehen. Die „europäische Komponente“ diente demnach ebenso als rhetorische Legitimationsstrategie und kam „auf architektonisch-künstlerische Weise“118 bei der Europabrücke und allgemein bei der Brennerautobahn zum Ausdruck. Die Verkehrsinfrastruktur wurde als „die europäische 112 Im Original „2° convegno internazionale sui traffici del Brennero“. 113 Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 114 Komitee zur Förderung des Brennerverkehrs (Hg.), Internationale Tagung. 115 Federazione Italiana della strada et al. (Hg.), Atti del 2° convegno, S. 63, CCIAA, Archivio di deposito, convegni. 116 Meixner, Brücken, S. 482. 117 Ebd. 118 Michael Gehler, Der Brenner: Vom Ort negativer Erfahrung zum historischen Gedächtnisort oder zur Entstehung und Überwindung einer Grenze in der Mitte Europas (1918-

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Mission des Landes“119 in einer Periode einsetzender europäischer Kooperation nach der Gründung der EWG gesehen, an der Österreich zwar nicht unmittelbar teilnahm, aber im Wege der Verkehrspolitik eine Annäherung vollzog. Durch die Aufladung der Brennerautobahn als Friedens- und Fortschrittssymbol kam es zu einer Umcodierung des negativ besetzten Topos „Brenner“ von der politischen Konfliktzone und symbolisch aufgeladenen Demarkationslinie120 hin zu einem Sinnbild der Versöhnung. Mit dem Abbau von Nationalismen sollte der Brenner von einem umstrittenen, meist negativ aufgeladenen Begriff zu einem Ort der Kontaktmöglichkeit und des grenzüberschreitenden Verkehrs aufrücken, wobei betont wurde, dass dadurch eine wirkliche und vollständige Vereinigung Europas vorangetrieben werde. 5.2.2 Die „Gefahr der Umfahrung“ und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die „böse“ Schweiz Ein weit verbreiteter Themenstrang in der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses war die sogenannte „Gefahr der Umfahrung“ der Gebiete an der Brennerroute und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen die als drohender Risikofaktor, ja sogar „böse“ wahrgenommene Schweiz. Dabei wurde wiederholt die Auffassung vertreten, dass die Brennerlinie als klassische Nord-Süd-Verbindung durch die Errichtung des Eisernen Vorhangs in eine verkehrsmäßige Randlage geraten sei, da sie von einem Großteil ihres natürlichen Einzugsgebietes in Mittel- und Osteuropa abgeschnitten worden sei. Als ein zentraler Aspekt der Befreiung aus dieser Randlage müsse die Realisierung der Brennerautobahn sowie der Inntalautobahn als deren Zufahrtsstrecke dienen. Die sich um 1955 in unzumutbaren Verkehrsstockungen manifestierende Überlastung der Brennerstraße veranlasse den aus dem Ausland kommenden Verkehr, auf andere alpenüberquerende Autobahnen mit daraus resultierenden wirtschaftlichen Einbußen für Tirol und Südtirol auszuweichen. Dabei würden auch Umwege in Kauf genommen werden, wenn die längere Route entsprechenden Fahrkomfort biete und ohne Verkehrsstockungen befahren werden könne. Die intensiven Bestrebungen der Schweiz, möglichst rasch neue wintersichere Verkehrswege über die Alpen wie die 1998), in: ders./Andreas Pudlat (Hg.), Grenzen in Europa (Historische Europa-Studien. Geschichte in Erfahrung, Gegenwart und Zukunft 2), Hildesheim/Zürich/New York 2009, S. 145-182, hier S. 172. 119 Achrainer/Hofinger, Politik, S. 83. 120 Hans Heiss, Reale und symbolische Grenzen. Der Brenner 1918-2010, in: Andrea Di Michele/Emanuela Renzetti/Ingo Schneider et al. (Hg.), An der Grenze. Sieben Orte des Durch- und Übergangs in Tirol, Südtirol und im Trentino aus historischer und ethnologischer Perspektive, Bozen 2012, S. 93-133, hier S. 96.

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Nationalstrassen mit Tunnelbauten durch den San Bernardino (N13), den Grossen St. Bernhard (N21) und den Gotthard (N2) zu verwirklichen, wurden in Südtirol und in Tirol als Bedrohung für das eigene Land wahrgenommen. Die Brennerstraße – so viele besorgte Beobachter – könne aufgrund ihres unzureichenden Ausbauzustands mit den Schweizer Autobahnen nicht konkurrieren, sodass der Bau der Brennerautobahn nicht weiter verzögert werden dürfe. Für die wirtschaftliche Prosperität Tirols und Südtirols sei ein hohes und bestenfalls weiter steigendes Verkehrsaufkommen essenziell, das erst die Verwirklichung der Autobahn gewährleiste. Die Schweiz ziele durch ihre Infrastrukturprojekte hingegen auf die größtmögliche Verkehrsverlagerung des Touristen- und Güterstroms mit daraus resultierenden starken negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Gebiete längs der Brennerroute, die einer ungewissen Zukunft entgegenblicken würden. Die Schweizer Bestrebungen würden dabei das wirtschaftliche Schwergewicht noch weiter in Richtung Westen verschieben. Um dieser Gefahr der Umfahrung wirkungsvoll zu begegnen, müssten die Länder längs der Brennerroute konstruktiv zusammenarbeiten und die Brennerautobahn schnellstmöglich realisieren. Dank seiner geografischen Vorzüge habe der Brenner bislang zwar einen Vorsprung im Straßenverkehr gegenüber den Schweizer Alpenpässen halten können, aber die Tunnelprojekte der Eidgenossen brächten seine Stellung in Gefahr. Der Vorsprung sei durch die Verwirklichung der Brenner- und Inntalautobahn, aber auch anderer Straßenprojekte durch das Land wie jenes unter das Stilfser Joch oder die Alemagna-Autobahn zu verteidigen. Zusätzlich zur Brennerund Inntalautobahn müsse auch das restliche Verkehrsnetz in Tirol und Südtirol ausgebaut werden, um den Verkehr bis in die einzelnen Täler bringen zu können. Das drohend ausgemalte Szenario der Umfahrung Tirols und Südtirols entstand nicht erst im 20. Jahrhundert, sondern bereits in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wie der Wirtschaftshistoriker Andrea Bonoldi nachweisen konnte. Schon zu dieser Zeit stellten die verschiedenen Hauptverkehrsrouten in der Gefürsteten Grafschaft Tirol – vornehmlich jene über den Brenner – einen bedeutenden Einkommenszweig dar. Die zentralen habsburgischen Regierungsstellen versuchten, die Zollpolitik als Mittel für eine engere wirtschaftliche Integration Tirols an Wien zu nutzen. Auf regionaler Ebene beargwöhnten die Vertreter des Handels – insbesondere der Merkantilmagistrat von Bozen (Bozner Messe) – die Wiener Zollpolitik, die als Eingriff in die bisherige Freiheit des Transitverkehrs durch Tirol erachtet wurde. Bei einer für die Gefürstete Grafschaft Tirol unvorteilhaften Zollpolitik bestünde die Gefahr einer Verkehrsablenkung über die Schweiz sowie auf andere benachbarte Gebiete121 mit daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf Tirol, wodurch „das

121 Andrea Bonoldi, La fiera e il dazio. Economia e politica commerciale nel Tirolo del secondo Settecento (Collana di monografie. Società di Studi Trentini di Scienze Storiche 61), Trient 1999, S. 158.

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Land in die ausserste armuth“122 versetzt werden würde. Der Verkehr zwischen Italien und Deutschland sei nicht notwendigerweise an die Brennerroute gebunden, sondern könne bei unvorteilhaften Bedingungen auf die Schweiz ausweichen. So wurde in Tirol die Route von Lindau am Bodensee über die Schweiz nach Chiavenna und von da weiter in Richtung Süden als potenzielle Gefahr für Tirol aufgefasst, die bei verbesserter Instandhaltung Verkehr von der Brennerroute an sich ziehen könne.123 Aussagen bezüglich einer drohenden Gefahr der Umfahrung Tirols wiederholten sich auf regionaler Ebene auch im Zusammenhang mit dem Vorhaben der Verwirklichung der letztlich im Jahr 1867 fertiggestellten Brennereisenbahn. In Gesamttirol galt bereits zu Beginn der 1840er Jahre die Auffassung, dass lediglich eine alpenüberquerende Bahnverbindung über die geografisch prädestinierte Brennerlinie den mitteleuropäischen Raum mit Italien bestmöglich verbinden könne, um Tirol wieder jene dominierende Stellung zurückzugeben, die es im europäischen Verkehr lange Zeit innegehabt hatte. Bahnbauten westlich oder östlich der Brennerroute würden die wirtschaftliche Existenz Tirols ernstlich in Frage stellen und eine drastische Abnahme des Transitverkehrs nach sich ziehen. In Tirol herrschte Beunruhigung über württembergische und piemontesische Eisenbahnprojekte, die darauf abzielen würden, den alpenüberquerenden Warenverkehr unter „absichtlicher Umgehung der österreichischen Zölle“124 auf die Schweiz abzulenken. Da Tirol auf die Gestaltung der Zollsätze keinen Einfluss habe, müsse es wenigstens auf die Schaffung eines konkurrenzfähigen Verkehrsnetzes achten.125 Ende der 1830er Jahre war es in Tirol keineswegs evident, dass der Errichtung eines Eisenbahnnetzes der Vorzug gegenüber dem Ausbau des Straßennetzes gegeben werden sollte. Je konkreter das Straßenbauprogramm wurde, desto vehementer wurde eine Eisenbahn durch Tirol mit dem Argument der Gefahr der Umfahrung gefordert. Mitte der 1840er Jahre gab es schließlich erstmals ein koordiniertes Vorgehen von Tiroler Akteuren nördlich und südlich des Brennerpasses.126 Während im 19. Jahrhundert der Bau von Eisenbahnen – das moderne Verkehrsmittel jener Zeit – als wirkungsvolle Strategie gegen eine drohende Umfahrung Tirols erachtet wurde, so galten im 20. Jahrhundert Autobahnen als Mittel gegen die Umfahrungsgefahr. Das Thema wies demnach gewisse Kontinuitätsstränge auf, die sich

122 Ebd., S. 289. 123 Ebd., S. 288-289. 124 Zwanowetz, Das Straßenwesen, S. 103. 125 Ebd., S. 102-103. Meixner, Brücken, S. 472. 126 Hubert Held, Idee und Ausführung der Schienenverkehrsachse von München über Tirol nach Venedig unter den politischen, ökonomischen und technischen Bedingungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In zwei Teilen, unveröffentlichte Dissertation, Innsbruck 2010, S. 226.

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auf eine gemeinsame Ablehnung der eigenen Akteure gegen eine Gruppe von „anderen“ Akteuren richtete, die vor allem im Ausland zu finden waren. Die Schweiz bot sich als Feindbild besonders an, da sie als westliches Nachbarland bereits in verkehrsgeografischer Hinsicht als eine Konkurrenz zu werten war und aufgrund ihrer Lage inmitten der Alpen durch die Schaffung moderner Nord-Süd-Verkehrsverbindungen eine Öffnung in Richtung des heutigen Italiens und Deutschlands forcierte. Die verschiedenen in den Alpen gelegenen Länder veranstalteten eine Art Wettlauf um den jeweiligen Anteil am innereuropäischen Verkehrsstrom und brachten dafür unterschiedliche alpenüberquerende Projekte ins Spiel, von denen letztlich jedoch einige – wie beispielsweise eine Autobahn unter den Splügen – nicht verwirklicht wurden. Die politisch-wirtschaftlichen Akteure der Gebiete längs der Brennerlinie unterstellten dabei insbesondere den Schweizer Straßenbauvorhaben die Ableitung eines Großteils des süd- und westdeutschen sowie norditalienischen Verkehrs.127 Die Routen des Schweizer Nationalstrassennetzes durch den Grossen St. Bernhard (Verkehrsfreigabe des 5,8 km langen Tunnels am 19. März 1964) sowie durch den San Bernardino (Eröffnung des 6,6 km langen Tunnels am 1. Dezember 1967) wurden dabei von Tirol und Südtirol besonders beargwöhnt. Die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Errichtung des Eisernen Vorhangs resultierenden massiven Veränderungen der Verkehrsströme in Mitteleuropa hatten zu einer – etwas generalisierend formuliert – „Achsenverschiebung von der West-OstLinie in die Nord-Süd-Richtung“128 geführt. Dadurch verschob sich der historisch gewachsene europäische Verkehrsraum,129 wovon sowohl der Eisenbahn- als auch der Straßenverkehr betroffen waren.130 5.2.2.1 Die drohende Umfahrung als Legitimation für eine rasche Realisierung der Brennerautobahn Bereits in der Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses wurde die Gefahr der Umfahrung Tirols von Akteuren wie insbesondere den Handelskammern propagiert und galt als Argument für die Dringlichkeit der Verwirklichung der Brennerautobahn. Am 30. Oktober 1954 erschien in der Zeitung Tirols gewerbliche Wirtschaft ein Artikel, in dem vor der Gefahr der Umfahrung Tirols infolge der Autobahnprojekte benachbarter Länder gewarnt wurde.131 Ein passives Verhalten im Straßenbau würde zu einer Verminderung der Verkehrsfrequenz infolge der Ableitung des Nord127 Meixner, Brücken, S. 472. 128 Helmuth Trischler, Geteilte Welt? Verkehr in Europa im Zeichen des Kalten Krieges, 1945-1990, in: Roth/Schlögel (Hg.), Neue Wege (2009), S. 156-174, hier S. 157. 129 Ebd. 130 Ebd., S. 164. 131 NN, Eine Nord-Süd-Autobahn an Tirol vorbei, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 44, 30.10.1954, S. 1-2.

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Süd-Transitverkehrs auf andere westeuropäische Alpenrouten führen. Es zeitige negative Auswirkungen insbesondere auf die Sektoren Verkehr und Tourismus, letzten Endes aber auf die gesamte Wirtschaft, da die Voraussetzung für deren Konkurrenzfähigkeit ein gut ausgebautes Verkehrsnetz sei. Zusätzlich zur Verwirklichung der Brennerautobahn sei die Modernisierung der Brennereisenbahn für Tirol von eminenter Bedeutung, deren stärkster Konkurrent die 1882 eröffnete Gotthardbahn als Verbindung zwischen der westdeutschen Schwerindustrie und Italien sei. Zudem habe die Zäsur des Jahres 1945 und die Errichtung des Eisernen Vorhangs Tirol vom mittel- und ostdeutschen Fremdenstrom abgetrennt, der zuvor eine wichtige Einnahmequelle dargestellt habe. Dadurch liege die Brennerroute nunmehr etwas abseits, während das Rheingebiet im Reiseverkehr an Bedeutung gewonnen habe. Dennoch stelle die Brennerlinie als geradlinige Nord-Süd-Verbindung immer noch eine sehr wichtige Verkehrsroute für den Personenverkehr dar. Die Schweizer Verkehrsinfrastrukturplanungen setzten alles daran, durch die Realisierung neuer alpenüberquerender Routen Tirol und damit Österreich im Verkehrssektor den Rang abzulaufen, indem sie zusätzlich zu den bereits über ihr Gebiet führenden Verkehrsströmen aus Frankreich, Italien sowie aus dem nordwestdeutschen Raum weiter Verkehr anziehen würden, was für Tirol eine gefährliche Entwicklung darstelle. Die geplanten eidgenössischen Projekte würden darauf hinzielen, den Verkehr aus dem mitteldeutschen Raum über die Ostschweiz nach Italien zu lotsen. Tirol müsse sich mit dem Bau der Brennerautobahn gegen die Schweizer Projekte wehren.132 Auch in den folgenden Jahren der Etablierung des Diskurses aktivierten die Akteure der Tiroler Handelskammer den Themenstrang der Gefahr einer Umfahrung, wie es beispielsweise aus dem Protokoll über die Kammervollversammlung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol vom 11. Dezember 1956 ersichtlich wird. Nach der Betonung der Überlastung der Brennerstraße durch den Präsidenten der Tiroler Handelskammer, Fritz Miller (ÖVP), in dessen Bericht zu Beginn der Sitzung133 ging der Obmann der Sektion Fremdenverkehr in der Tiroler Handelskammer, Nationalrat Dr. Josef Fink,134 auf die Gefahr der Umfahrung des Landes ein. Die Schweizer alpenüberquerenden Autobahnprojekte würden bei ihrer Vollendung zu einer Umfahrung Tirols führen, aber auch die gut ausgebaute Voralpenstraße gefährde die Stellung der Brennerroute. Die bislang gängige Aufteilung der österreichischen Straßengelder nach dem Kilometersatz benachteilige Tirol, da die Realisie-

132 Ebd., S. 1. 133 Protokoll 4. Kammervollversammlung (Stenographische Protokolle), S. 6. 134 Fink wurde am 13. Februar 1894 in Innsbruck geboren und verstarb am 22. Mai 1973 in Innsbruck. Republik Österreich – Parlamentsdirektion, Dr. Josef Fink, 2.1.1990, http:// www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00329/ vom 27.5.2016.

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rung von Verkehrsinfrastrukturen in einem gebirgigen Bundesland notwendigerweise teurer sei als im durchwegs flachen Osten der Republik.135 Der Obmann der Sektion Verkehr in der Tiroler Handelskammer, Heinrich Menardi, bezeichnete schließlich das Straßenwesen als Lebensader der Wirtschaft.136 Im darauffolgenden Jahr war die Gefahr der Umfahrung wiederum Thema auf der am 29. Mai 1957 stattfindenden Vollversammlung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol. Der Obmann der Sektion Fremdenverkehr in der Tiroler Handelskammer, Nationalrat Dr. Josef Fink, bemängelte den Zustand der Tiroler Straßen und die unzureichende Zuteilung finanzieller Mittel zu deren Erhaltung und Ausbau vonseiten der zuständigen Wiener Behörden. Die bisherige Stellung Tirols als Drehscheibe des europäischen Verkehrs sei durch die Ausbauprojekte der Schweiz – namentlich Gotthard und San Bernardino – gefährdet, sodass es „rettungslos umfahren“137 werde, wenn nicht schnellstmöglich mit dem Bau der Brennerautobahn begonnen werde. Für die Brennerroute sei es weiter von Nachteil, dass sich aufgrund der Teilung Deutschlands der Verkehr nach Westen hin verschoben habe und der Nord-Süd-Transitverkehr dadurch verstärkt über die Schweiz führe. Sollten die Brennerverkehrswege zu spät modernisiert werden, sei der Verkehr bereits unwiederbringlich abgelenkt. Man könne sich unter keinen Umständen auf die Initiative Wiens im Hinblick auf die Verwirklichung der Brennerautobahn verlassen, sondern müsse gemeinsam mit den anderen interessierten Ländern wie Bayern für die Realisierung der Brennerautobahn eintreten. Um das Umfahrungsrisiko zusätzlich zu verringern, müsse neben der Brennerautobahn auch die Arlbergstraße ausgebaut werden.138 Auch in Südtirol argumentierte man bereits im Jahr 1955 mit der Gefahr, das Land könne vom Verkehr ausgeschlossen werden, dafür, die Brennerautobahn in die Tat umzusetzen. Bei der Sitzung am 24. Januar 1955 über das Votum des Landtags für die Realisierung der Timmelsjochstraße139 – einer auf die Verbesserung der NordSüd-Straßenverbindungen zielenden Empfehlung an die Regierung – kamen auch die

135 Protokoll 4. Kammervollversammlung (Stenographische Protokolle), S. 8-9. 136 Ebd., S. 9. 137 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 5. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 29. Mai 1957, 10 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1957, S. 8. 138 Ebd. 139 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, II. Legislatur, 33. Sitzung, 24.1.1955, S. 20-34.

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Bestrebungen der Schweiz zum Bau neuer alpenüberquerender Verkehrsverbindungen zur Sprache. Nach Ansicht von Robert von Fioreschy,140 SVP-Assessor für Handel, Industrie, Handwerk und Fremdenverkehr, sei danach zu trachten, den über die Schweiz respektive weiter westwärts führenden Touristenstrom nach Italien „auf jeden Fall über unseren Alpenraum abzulenken“141. Der SVP-Landtagsabgeordnete Dr. Mario Günther von Unterrichter142 betonte den sich ständig weiter verschlechternden Ausbauzustand der Brennerverkehrswege, was für Südtirol angesichts der Schweizer Bestrebungen ein Alarmzeichen sein müsse. Südtirol könne bei Vollendung dieser eidgenössischen Projekte „tatsächlich vollkommen oder zum Großteil vom Nord-Süd-Verkehr ausgeschaltet werden, besonders so lange die politischen Verhältnisse in Osteuropa weiter bestehen“143. Der Bau leistungsstarker Nord-Süd-Routen durch Südtirol wie der Brennerautobahn sei demnach gerade angesichts der Konkurrenz der Schweiz grundlegend, um das Land nicht vom Tourismus auszuschließen. Der Verbesserung der Hauptverkehrsader sei der Vorzug vor anderen Projekten zu geben, Mario Günther von Unterrichter begrüßte aber zugleich auch den Ausbau des Gesamtstraßennetzes.144 Laut Anton Schatz, SVP-Assessor für Öffentliche Arbeiten, hatten sich Italienreisende aus Deutschland, Dänemark, Holland und Österreich aufgrund der häufigen Verkehrsstaus auf der überlasteten Brennerstraße dazu genötigt gesehen, auf ausländische Alpenpässe auszuweichen.145 Der Themenstrang einer drohenden Umfahrung wiederholte sich in den politischen Debatten in Südtirol respektive in der Region Trentino-Tiroler Etschland auch in den folgenden Jahren der Etablierung des Diskurses. In der Regionalratssitzung vom 25. März 1958 befürwortete der Abgeordnete Danilo Paris (Partito Socialista Democratico Italiano) für eine Realisierung der Brennerautobahn sowie eine Modernisierung der Brennerstraße ein koordiniertes Eintreten der daran interessierten Gebiete – allen voran die Region sowie die Provinzen Bozen und Trient –, um eine 140 Von Fioreschy wurde am 16. Oktober 1919 in Auer geboren und verstarb am 4. April 2003. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1158 (Internetquellen). 141 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, II. Legislatur, 33. Sitzung, 24.1.1955, S. 20-34, hier S. 23. 142 Unterrichter wurde am 23. Juni 1906 in Dobrzan (im heutigen Tschechien) geboren und verstarb am 22. Dezember 2002. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1510 (Internetquellen). 143 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, II. Legislatur, 33. Sitzung, 24.1.1955, S. 20-34, hier S. 24. 144 Ebd. 145 Ebd., S. 34.

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Ablenkung des Verkehrs zu vermeiden. Der Brenner bleibe als jahrhundertealte wichtige Nord-Süd-Verbindung zwischen Italien und Mitteleuropa fundamental für die gesamte Wirtschaft in der Region. Die geplanten Autobahnprojekte Mailand– Bergamo–Splügen bis in die BRD respektive Venedig–München als Verbindung zwischen den wichtigen oberitalienischen Wirtschaftszentren beziehungsweise dem Hafen von Venedig mit Deutschland stellten jedoch für die Gebiete längs der Brennerroute eine Gefahr dar, da dahinter finanzstarke Wirtschaftskreise stünden, welche die Brennerautobahn verhindern und Verkehr von der Brennerlinie abziehen könnten. Insbesondere die Schweiz würde alles daransetzen, möglichst viel Verkehr an sich zu ziehen, weshalb eine möglichst rasche Verwirklichung der Brennerautobahn fundamental sei. Wenn Verkehrsströme einmal abgelenkt seien, kämen sie nicht mehr zurück und die regionale Wirtschaft sei zumindest für Jahrzehnte und vielleicht für immer schwer geschädigt.146 Angesichts der Überlastung der Brennerstraße würden die ausländischen Reisenden einen Umweg beispielsweise über die gut ausgebauten Schweizer Routen in Kauf nehmen.147 Ettore Nardin (Partito Comunista Italiano)148 schloss sich den Ausführungen von Danilo Paris an und verwies überdies auf die Bestrebungen der Lombardei und Venedigs, jeweils eine Autobahn in Richtung Norden zu bauen, was sich für die Gebiete entlang der Brennerroute negativ auswirken würde.149 Der Regionalassessor für Öffentliche Arbeiten, Donato Turrini (DC), entkräftete die Befürchtungen von Paris, dass die Straßenverkehrsprojekte Venedig–München und Mailand–Splügen vor der Brennerautobahn verwirklicht werden könnten. Dies sei dem regionalen „Comitato Piani“, das sich stark für die Verwirklichung der Brennerautobahn einsetzen würde, vonseiten der Akteure der beiden Städte versichert worden.150 Auch in Publikationen des „Comitato Piani“ aus der zweiten Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses warnten Autobahnakteure wie Guido de Unterrichter vor der Gefahr der Umfahrung des Landes infolge einer nicht erfolgenden Realisierung der Brennerautobahn, da eine Umleitung des Verkehrs für Jahrzehnte nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.151 146 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 44, 25.3.1958, S. 27-33, hier S. 27. 147 Ebd., S. 28-29. 148 Nardin wurde am 25. Juni 1923 in Segonzano geboren. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1333 (Internetquellen). 149 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 44, 25.3.1958, S. 27-33, hier S. 29. 150 Ebd., S. 30-31. 151 Unterrichter, Die Brenner-Autobahn, S. 13.

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Auch in Bayern wiederholten sich Aussagen bezüglich der Gefahr der Umfahrung des Landes bereits in der Phase der Etablierung des Diskurses. Ein gemeinsames Schreiben des Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, Hans Pfülf,152 und des Syndikus dieser Körperschaft, Dr. Paul Helfrich, an das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr vom 31. August 1957, das in der Folge auch veröffentlicht wurde, betonte die Notwendigkeit eines beschleunigten Ausbaus der Schienen- und Straßenverbindungen über den Brenner.153 Für Bayern und insbesondere für München bestünde die berechtigte Sorge, dass der durch die besseren zeitlichen, technischen und zum Teil auch ökonomischen Bedingungen des Schweizer Bahnnetzes begünstigte Transitverkehr über den Gotthard einen immer größeren Anteil des Verkehrszuwachses von der Brennerlinie abziehe. Dieselben Sorgen bestünden auch für den Straßenverkehr. Die Straßentunnel durch den Mont Blanc, den Grossen St. Bernhard und den San Bernardino würden in absehbarer Zeit verwirklicht werden. Alle baureifen Planungen beträfen Straßen westlich des Brenners, während für die Alpenübergänge nahe und östlich dieses Passes einstweilen nur Projekte bestünden, die in den wenigsten Fällen zur Festlegung einer Trasse, in keinem Fall aber zu einer Bereitstellung der Mittel geführt hätten. Auch wenn der Brenner gegenüber den projektierten Routen über die Schweizer Pässe der niedrigste Nord-Süd-Übergang über die Alpen sei, könne eine ausbleibende Modernisierung der Brennerstraße eine bedenkliche Verkehrsablenkung in Richtung Westen zur Folge haben, wovon insbesondere der Kraftwagenverkehr von und durch Bayern betroffen sei.154 Demnach habe dieses Land ein „lebenswichtiges Interesse“155 am intensiver als bisher betriebenen Ausbau der Brennerstraße sowohl auf österreichischer als auch italienischer Seite, obwohl es sich um eine Straße außerhalb der BRD handle. Die IHK für München und Oberbayern sei seit Jahren im Brennerkomitee tätig, das sich hauptsächlich aus den Vertretern der Handelskammern von Bozen, Innsbruck und München zusammensetze, und habe wiederholt auf die Notwendigkeit einer Verbesserung der Schienen- und Straßenverkehrswege über den Brenner hingewiesen. Pfülf und Helfrich gingen weiter davon aus, dass das Bayerische Staatsministerium für 152 Pfülf wurde am 31. Dezember 1892 in München geboren und verstarb am 7. Dezember 1969 in München. Er war Unternehmer und von 1952 bis 1961 Präsident der Industrieund Handelskammer für München und Oberbayern. Haus der Bayerischen Geschichte, Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, Pfülf, Hans, o.D., http://www.hdbg.de/ parlament/content/persDetailPrint.php?id=3610 vom 27.5.2016. 153 Hans Pfülf und [Paul] Helfrich an Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr, 31.8.1957, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 154 Ebd., S. 1-2. 155 Ebd., S. 2.

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Wirtschaft und Verkehr ihre Auffassung von der großen Bedeutung der Brennerverkehrswege für die gesamte bayerische Wirtschaft teile. Sie setzten sich dafür ein, dass das Ministerium zusätzlich zu den Sorgen um den Erhalt und Ausbau des bayerischen Straßennetzes die für das Land negativen Auswirkungen einer nicht modernisierten Brennerroute sowie der Schweizer Initiativen für die Verwirklichung von wintersicheren Alpenverkehrswegen berücksichtige.156 Im Hinblick auf die von der IHK für München und Oberbayern vertretenen Wirtschaftskreise – vor allem derjenigen, die an der Entwicklung der Großmarkthalle München teilhaben und am weiteren Wachstum des oberbayerischen Tourismus interessiert waren – regten Pfülf und Helfrich gegenüber dem Ministerium die schnellstmögliche Einleitung von Schritten an, mit dem Ziel,157 das „lebhafte bayerische Interesse an einem baldigen Ausbau des Brennerweges“158 auch gegenüber den zuständigen österreichischen und italienischen Stellen zu bekunden und durch entsprechende Entscheidungen zu beschleunigen. Das Schreiben der IHK für München und Oberbayern fand im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr großen Anklang. So erklärte der bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. Otto Schedl159 (CSU), am 28. Oktober 1957 – wenige Tage nach seiner Ernennung zum Minister – in einem Schreiben an das Bundesministerium für Verkehr in Bonn, dass die IHK „eines der wichtigsten verkehrspolitischen Probleme in Bayern“160 angeschnitten habe, und bat das Bundesministerium, Schritte zur Verbesserung der Brennerpassstraße einzuleiten. Die Schweizer Autobahnprojekte würden durch eine drohende weitere Verlagerung des Nord-Süd-Verkehrs eine Gefahr für Bayern darstellen.161

156 Ebd., S. 2-3. 157 Ebd., S. 3. 158 Ebd. 159 Schedl wurde am 10. Dezember 1912 in Sinzing bei Regensburg geboren und verstarb am 8. Juni 1995 in München. Er war von 1950 bis 1974 bayerischer Landtagsabgeordneter. Er wurde am 16. Oktober 1957 Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr im Kabinett Seidel und hatte diese Funktion bis zum 8. Dezember 1970 inne. Von 1969 bis 1972 war er stellvertretender Bayerischer Ministerpräsident und von 1970 bis 1972 Bayerischer Staatsminister der Finanzen. Walther Killy/Rudolf Vierhaus (Hg.), Deutsche biographische Enzyklopädie (DBE), Bd. 8, Plett–Schmidseder, sv. Schedl, Otto, München 1998, S. 580. Haus der Bayerischen Geschichte, Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, Schedl, Dr. Otto, o.D., http://www.hdbg.de/parlament/ content/persDetail.php?id=4720&popH=432 vom 4.5.2014. 160 Otto Schedl an Bundesminister für Verkehr, 28.10.1957, S. 1, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19. 161 Ebd., S. 1-2.

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Die Handelskammern von Trient, Bozen, Innsbruck und München intensivierten und koordinierten in der zweiten Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses ihre Bemühungen zur Verwirklichung der Verkehrsinfrastruktur. So fand am 29. November 1957 in der Tiroler Handelskammer in Innsbruck eine internationale Brennerstraßenkonferenz der genannten Körperschaften mit Verkehrsfachleuten statt, deren Ergebnis in einer in zahlreichen regionalen Zeitungen verlautbarten Entschließung zusammengefasst wurde. Die anwesenden Verkehrsexperten hätten in völliger Übereinstimmung festgestellt, dass die Modernisierung der Brennerstraße in Form einer Autobahn aufgrund des rasant steigenden und die Straße somit überlastenden Verkehrsaufkommens unerlässlich geworden sei. Die Konferenz habe mit Besorgnis zur Kenntnis genommen, dass die Nachbarstaaten Projekte für Alpenübergänge ausarbeiteten, was die Gefahr einer Umfahrung und Verkehrsablenkung von der Brennerlinie und Bayern sowie daraus resultierenden bedeutenden wirtschaftlichen Schäden für diese Gebiete heraufbeschwöre.162 Bereits in der Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses war die Thematik medial bemerkenswert präsent. So betonte die Tiroler Tageszeitung am 28. Juli 1956, dass sich der Nord-Süd-Verkehr zwangsläufig auf die modernen Schweizer alpenüberquerenden Verkehrswege verlagern werde und der Verlust der verkehrstechnischen Mittlerrolle Tirols drohe, wenn nicht sogleich mit dem Ausbau der Brennerverkehrswege begonnen werde.163 Dr. Dr. Rolf Kinigadner, der nebenberuflich als Publizist164 arbeitete, betonte in einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 12. Juli 1957, dass der niedrige Brenner angesichts der Schweizer Großprojekte seine Vorrangstellung als wichtigster Alpenpass zu verlieren drohe. Die Schweiz habe mit der Verwirklichung verschiedener alpenüberquerender Verkehrsinfrastrukturprojekte erreicht, einen Teil des bisher über den Brenner rollenden Nord-Süd-Verkehrs auf ihre Routen umzuleiten. Die dem Brenner in Bezug auf Schnelligkeit und Sicherheit überlegenen Schweizer Straßen würden von den Reisenden als Verkehrsverbindungen von und nach Italien bevorzugt werden. Eine koordinierte länderübergreifende Planung einer Brennerautobahn sei 162 KgWT, Jahresbericht 1957 (Stenographische Protokolle), S. 305-306. Jahresbericht 1957 der Oesterreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, Landesstelle Tirol, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). NN, „Ausbau der Brennerstraße duldet keinen Aufschub mehr“. Verkehrskonferenz der Handelskammern von Trient, Bozen, Innsbruck und München, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 278, 30.11.1957, S. 2. NN, Ausbau der Brennerstraße dringend notwendig, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 7.12.1957, S. 3. NN, Verkehrskonferenz in Innsbruck für den Ausbau der Brennerstraße, in: Dolomiten, Nr. 277, 2.12.1957, S. 3. NN, Der Ausbau der Brennerstraße, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 281, 4.12.1957, S. 6. 163 NN, Der Brennerverkehr 164 Widmoser, Südtirol, Bd. 2, S. 403.

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essenziell, um ein Ausweichen des Nord-Süd-Verkehrs auf die Schweiz zu verhindern.165 Dipl.-Ing. Dr. Franz Lechner,166 Nationalrat (ÖVP) und Kammeramtsdirektor der Landeslandwirtschaftskammer für Tirol, schrieb diverse Artikel in verschiedenen Tiroler Zeitungen über die drohende Umfahrung. In einem Beitrag über Tirols Straßen im mitteleuropäischen Raum in den Tiroler Nachrichten vom 18. Januar 1958 betonte er, dass Tirol als traditionelles Passland Mitteleuropas aus seiner Rolle brutal ausgeschaltet werden könne. Die Erstellung eines regionalen Plans für die Einstufung der Verkehrsinfrastrukturprojekte gemäß ihrer Dringlichkeit sei grundlegend, um den Verkehrsprojekten – namentlich der Brenner- und der Arlberglinie – den Vorzug geben zu können. Diese Routen seien für Tirol als Einfallstraße von Norden und von Westen von primärer Bedeutung, da der Fremde zuerst in das Land müsse, bevor über seinen Weitertransport über das Land hinaus nachgedacht werden solle. Die von Bayern projektierte Route Lindau–München würde die Gefahr einer Ablenkung des großen mitteleuropäischen Verkehrs über die Schweizer Projekte unter den San Bernardino und den Gotthard ungleich vergrößern. Damit würde für Tirol der Anschluss des Außerfern an die bereits bestehende sogenannte Olympiastraße von Garmisch nach München umso wichtiger werden, um von da eine Einschleusung des Westverkehrs über Lindau und das Rheintal nach Tirol zu ermöglichen.167 Auch in einem Zeitungsartikel in der Tiroler Tageszeitung vom 4. April 1958 betonte Lechner die negativen Auswirkungen der von den Nachbarstaaten projektierten Autobahnen für Tirol. Der gesamte süd- und südwestdeutsche Verkehr solle über den projektierten Schweizer San-Bernardino-Tunnel als Teil einer bis nach Mailand führenden Straßenverkehrsroute gelenkt werden. Deren wichtigste Zubringerstrecke sei die geplante Verbindung München–Lindau, die einen großen Anteil des Verkehrs verschiedener deutscher Autobahnen anziehen werde. Neben anderen Autobahnprojekten würden die genannten Routen das traditionelle Passland Tirol von seiner bis-

165 [Rolf] Kinigadner, Schweizer Großprojekte – eine Gefahr für den Brenner. Soll der Brenner seine Vorrangstellung als wichtigster Alpenpaß verlieren? – Italienische Parallelen zu den Interessen Innsbrucks, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 159, 12.7.1957, S. 3. 166 Lechner wurde am 10. Juli 1900 in Kolsass geboren und verstarb am 11. Februar 1975 in Innsbruck. Republik Österreich – Parlamentsdirektion, Dipl.-Ing. Dr. Franz Lechner, 2.1.1990, http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00822/ vom 27.5.2016. 167 [Franz] Lechner, Tirols Straßen im mitteleuropäischen Raum, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 14, 18.1.1958, S. 13.

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herigen Bedeutung in einen Nebenrang abdrängen. Am Ende stellte Lechner die rhetorische Frage: „Soll sich Tirol wirklich seiner jahrtausendealten Stellung als mitteleuropäisches Paßland berauben lassen?“168 Am 28. und am 30. August 1958 veröffentlichte Lechner in der Tiroler Tageszeitung zwei weitere Artikel zu diesem Themenstrang. Im Artikel „Gefahr der Umfahrung wird für Tirol immer mehr akut“ vom 28. August 1958 führte Lechner an, dass auch in der Schweiz bei einzelnen kantonalen Baubehörden die Gefahr einer Umfahrung ihres Landes gefürchtet werde, was Tirol zeige, dass es immerhin noch als Konkurrenz wahrgenommen werde. Dies sei aber kein Trost angesichts der Gefährdung Tirols, im Nah- und Fernprogramm der mitteleuropäischen Straßenbauer an die Außenseite gerückt zu sein. Ein Lechner vorliegender zusammenfassender Bericht der Kommission des Eidgenössischen Departements des Innern für die Planung des Hauptstraßennetzes lote das gesamte Problem der Anpassung der Schweizer Straßen an die Anforderungen der Verkehrsentwicklung aus und unterbreite Vorschläge – insbesondere hinsichtlich der raschen Verwirklichung von Autobahnprojekten. Diese müssten Tirol und ganz Österreich aufhorchen lassen, da daraus deutlich die Gefahr einer weitgehenden Umfahrung Tirols hervorgehe. Die Ostschweiz als Hauptkonkurrent im Verkehrssektor strebe die schnellstmögliche Ableitung des gesamten südund westdeutschen sowie oberitalienischen Verkehrs an, wobei dem Projekt des SanBernardino-Tunnels eine große Bedeutung beigemessen werde. Den Schweizer Verkehrsinteressen komme auch das Projekt einer Route München–Lindau entgegen. Dem Brenner hingegen verblieb laut dem Schweizer Plan lediglich der innerösterreichische Verkehr und im Falle der Öffnung des Eisernen Vorhangs ein gewisser osteuropäischer Verkehrsstrom.169 Im zweiten Artikel vom 30. August mit dem Titel „Tirol muß die Straßenpläne der Schweiz im Auge behalten!“ betonte Lechner wiederum, dass die traditionelle Stellung Tirols als Passland Mitteleuropas nicht stark genug sei, um darauf sämtliche Zukunftshoffnungen im modernen europäischen Verkehr bauen zu können. Die natürlichen geografischen Vorteile der Brennerroute reichten nicht mehr aus, da es mit der Schweiz einen Konkurrenten gebe, der die Bestrebungen der Reisenden, Zeit und Geld durch das Befahren sicherer und moderner Routen zu sparen, für sich zu nutzen wisse. Die Pläne der Nord- und Ostschweiz brächten Tirol in die Gefahr, zusätzlich zur bereits vorhandenen Abtrennung vom osteuropäischen Verkehr infolge des Eisernen Vorhangs und der damit einhergehenden geografischen Verschiebung der 168 Ders., Der gesamte Straßenbau in Europa plant an Tirol vorbei. Da nützt es wenig, wenn Europastraße E über Innsbruck führt – Reuttener Straße nicht ausgebaut, daher kein Anschluß an Olympiastraße, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 78, 4.4.1958, S. 2. 169 Ders., Gefahr der Umfahrung wird für Tirol immer mehr akut. Brennerstraße soll nur mehr dem innerösterreichischen Verkehr dienen – Darauf zielen die großzügigen Straßenpläne in der Schweiz hin, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 197, 28.8.1958, S. 3.

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Verkehrsströme auch aus dem süd- und westdeutschen Verkehrsstrom ausgeschaltet zu werden.170 Anlässlich der am 30. April 1958 im Neuen Landhaus in Innsbruck stattfindenden Autobahn-Enquete mit Bundesminister Dr. Bock veröffentlichte die Tiroler Tageszeitung einen Aufsatz des Vorsitzenden der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft Innsbruck, Franz Egert, der die Bedeutung des Aus- beziehungsweise Neubaus der Brennerstraße als Rettung des Reisestroms für Tirol hervorhob. Ganz Österreich habe ein Interesse daran, dass die Brennerstraße an der Westgrenze des Staates die wichtige Aufgabe erfülle, den westlichen Verkehrsstrom über den Alpenhauptkamm über österreichisches Gebiet zu leiten. Der Brenner habe in topografischer und verkehrsgeografischer Hinsicht zweifellos eine sehr starke, aber keineswegs unangefochtene Position, da Nachbarländer – allen voran die Schweiz – bemüht seien, auf ihrem Gebiet gut ausgebaute und wintersichere alpenüberquerende Autobahnen zu bauen und dadurch die Gefahr der Verkehrsablenkung für die Brennerroute wesentlich verschärfen würden. So werde durch die Untertunnelung des San Bernardino eine nahe Verbindung zwischen dem Bodenseegebiet mit seinen zahlreichen Zubringerlinien und der Großstadt Mailand sowie der ligurischen Riviera hergestellt. Die Modernisierung der Straßenverbindung über den Brenner sei demnach unentbehrlich, damit diese weiterhin für die Reisenden von Interesse sei und um die Verkehrsablenkung aufzuhalten.171 Dr. Manfred Nayer, nachmalig von 1961 bis 1968 Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung,172 führte in einem Zeitungsartikel in der Tiroler Tageszeitung vom 20. September 1958 über die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Verwirklichung der Brennerautobahn unter anderem an, dass die Umfahrung des Landes unter allen Umständen verhindert werden müsse. In einer Zwischenüberschrift mit dem Titel „Wir sind es Südtirol schuldig!“ betonte Nayer, dass Tirol durch den Friedensvertrag von St. Germain als einziges österreichisches Bundesland eine totale Zerreißung erfahren habe. Das im Jahr 1949 eigens geschaffene „Accordino“ sollte bezwecken, dass die politische Trennung des Landes wenigstens wirtschaftlich in geringerem Ausmaß spürbar werden würde. Nayer stellte daraufhin folgende Frage: „Sollte da die Wiener Bundesregierung nicht erst recht verpflichtet sein, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um nicht nur die Umfahrung Nordtirols, sondern auch die Südtirols zu verhindern? Die Gefahr ist ernst genug. Und sie besteht für Südtirol nicht weniger als für Nordtirol. Unsere Sorge muß es daher sein, unseren Volksteil im Süden gegen die Ausschaltung aus dem 170 Ders., Tirol muß die Straßenpläne der Schweiz im Auge behalten! Wettrennen um den großen Verkehrsstrom fordert verdoppelte Anstrengung – Es gibt manches zu lernen beim westlichen Nachbarn, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 199, 30.8.1958, S. 5. 171 Egert, Nur eine moderne Brennerstraße. 172 Gehler (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“, S. 858.

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internationalen Reiseverkehr mitzuschützen. Wien als Vertragspartner des Pariser Abkommens trägt auch in dieser Hinsicht Verantwortung. Und wir werden nicht müde werden, es immer wieder daran zu erinnern, denn uns ist die Vertretung der Interessen Südtirols ein echtes Herzensbedürfnis.“173

Eine Woche später, am 27. September 1958, warnte Nayer in einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung unter dem Titel „Und ganz zum Schluß kommt dann die Brennerautobahn…“, dass die Schweiz aufgrund ihres mit Hochdruck betriebenen Baus an der Route unter den San Bernardino lediglich vier Jahre bis zur Umleitung des mittel- und nordeuropäischen Verkehrsstroms in Richtung Italien um Tirol herum brauchen werde. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung der genannten Schweizer Nationalstrasse werde von der gesamten Brennerautobahn jedoch lediglich das erste Teilstück Innsbruck–Schönberg im Bau sein. Dies hätte zur Folge, dass aufgrund der Umfahrung Tirols über die ausgebauten Schweizer Strecken der reiche Devisensegen des Transitverkehrs nicht mehr in Tirol, sondern in der Schweiz bleiben werde. Nayer schloss mit den Worten: „Der Kampf um den Ausbau des Straßenzuges Kufstein– Innsbruck–Brenner ist keine engstirnige Marotte von ein paar Tirolern, sondern eine weitschauende Tätigkeit, die der Sicherung der Wohlfahrt unseres Volkes gilt.“174 Bereits eine Woche zuvor betonte auch Kommerzialrat Josef Anton Mayr175 (ÖVP) in einem Artikel in derselben Zeitung die Notwendigkeit der Verwirklichung der Brennerautobahn, da die Reisenden die überlastete Brennerstraße meiden und auf die gut ausgebauten Autobahnen der Nachbarstaaten und insbesondere auf jene über die Schweiz ausweichen würden.176 In der Phase der Etablierung des Diskurses wurde das Brennerautobahnprojekt in verschiedenen weiteren Tiroler Zeitungsartikeln als Mittel gegen die Umfahrungsgefahr bezeichnet. So hoben die Tiroler Nachrichten vom 20. September 1958 angesichts der Fortschritte bei der Untertunnelung des San Bernardino den Brennerautobahnbau als das wohl wichtigste österreichische Bauvorhaben hervor. Denn eine Umfahrung würde Österreich infolge des drohenden Verlusts von Deviseneinnahmen aus 173 M[anfred] Nayer, Autobahn Kufstein–Innsbruck wird in der Talsohle geführt. Der Ausbau der Brenner-Autobahn drängt – Kein anderes Autobahnprojekt darf vorgezogen werden – Wann fällt die Entscheidung?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 217, 20.9.1958, S. 8. 174 Ders., Und ganz zum Schluß kommt dann die Brennerautobahn… Existiert ein „Zeitplan für Autobahnen“ – Bernardino wird rund ein Jahr früher fertig als Bocks 7,5 Kilometer hinter dem Berg Isel, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 223, 27.9.1958, S. 8. 175 Mayr wurde am 23. Oktober 1895 in Innsbruck geboren und verstarb am 17. April 1979. Er war von 1950 bis 1965 Vizepräsident der Tiroler Handelskammer, von 1949 bis 1957 und von 1961 bis 1965 Landtagsabgeordneter und von 1949 bis 1961 Landeshauptmannstellvertreter. Hofbauer, Biographisches Handbuch, S. 93. 176 Mayr, Tirol.

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dem Tourismus schwerstens schädigen, sodass lediglich die schnellstmögliche Verwirklichung der Brennerautobahn einer Abschnürung des Tiroler Lebensnervs wirkungsvoll begegnen könne.177 Auch auf Südtiroler Seite wiederholten sich in der Presse Aussagen hinsichtlich der Gefahr der Umfahrung des Landes. So wurde am 5. Juli 1958 in der Tageszeitung Dolomiten ein Beitrag von Georg Innerebner veröffentlicht, zu dem die Schriftleitung einleitend die Überlastung der Brennerstraße und die daraus resultierende Gefahr der Abwanderung des Verkehrs auf andere alpenüberquerende Autobahnen mit nahezu unabsehbaren wirtschaftlichen Konsequenzen für die Gebiete an der Brennerlinie betonte. Laut Innerebner hatten als alpenüberquerende Routen – abgesehen von den auf westliche Verkehrsströme zielenden Straßen über den Simplon und den Gotthard – neben der Brennerroute der Splügen, der San Bernardino, das Stilfser Joch, ein geplanter Tauerndurchstich und allenfalls die Glocknerstraße verkehrsinfrastrukturelle Bedeutung. Für die norditalienische Industriemetropole Mailand seien gut ausgebaute alpenüberquerende Routen in Richtung Bodenseegebiet und München über den San Bernardino und über den Splügen oder aber über das Stilfser Joch grundlegend. Die günstigste Verbindung in Richtung Norden für die italienische Halbinsel sei hingegen jene über den Brenner, während Venedig mit seinem Hafen an der Verwirklichung eines direkten Durchstichs des Tauernkammes (Autobahn Venedig–München) direkt interessiert sei. Im Gegensatz zum niedrigen und wintersicheren Brennerpass mit seiner natürlichen Nord-Süd-Ausrichtung und seinen sanft ansteigenden Zufahrtsrampen erforderten die anderen genannten Routen technisch aufwändige und kostspielige Tunnelprojekte. Die im Bau befindliche Autobahn von Turin über Mailand und Verona nach Venedig lasse die Brennerstrecke auch für Mailand und Venedig interessant werden.178 Schließlich betonte auch der Tiroler Journalist Herbert Buzas in einem Zeitungsartikel in den Dolomiten vom 25. August 1958 die geografisch bedingte Wintersicherheit des Brenners und seine Rolle als klassischer Alpenübergang. Das Schweizer Untertunnelungsprojekt des San Bernardino sei durch sein großes Einzugsgebiet – der Raum Stuttgart bis München und Mailand bis Genua – eine starke Konkurrenz für den Brenner, werde den Kanton Graubünden und die gesamte Ostschweiz aus ihrer isolierten Lage befreien und durch die Verminderung der Verkehrsfrequenz auf

177 NN, Die Autobahn Kufstein–Brenner – ein Lebensnerv Tirols. Das Projekt der Tiroler Landesbaudirektion ist baureif – Nur ein großzügiger Ausbau kann den kürzesten NordSüd-Weg den Anforderungen genügend gestalten – Zwischen Patsch und Schönberg wird die höchste Brücke Europas die Sillschlucht überspannen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 217, 20.9.1958, S. 3. 178 Innerebner, Ausbau, S. 5.

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der Brennerroute zur Umfahrung Tirols und Südtirols führen. Lediglich die Verwirklichung der Brennerautobahn anstelle der kurvenreichen und überlasteten Brennerstraße könne dieser Bedrohung wirkungsvoll begegnen.179 In der Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses dienten die Aussagen zur Gefahr der Umfahrung als Legitimationsstrategie für die Notwendigkeit der Verwirklichung der Brennerautobahn. Die Tiroler und Südtiroler Akteure führten das Argument der Umfahrung gegenüber den nationalstaatlichen Akteuren ins Feld, die letztlich über den Bau der Autobahn entscheiden mussten. Die bereits in diesem Zeitraum etablierten Aussagen wurden in der Phase der Stabilisierung des Diskurses noch weiter konsolidiert. Der Faktor Zeit spielte dabei eine wichtige Rolle, denn es wurde angesichts des stark ansteigenden Verkehrsaufkommens auf der Brennerstraße bereits als Rückschritt gewertet, bezüglich der Modernisierung der Brennerstrecke untätig zu bleiben. Lediglich ständige Bemühungen hinsichtlich des Ausbaus bereits bestehender und der Realisierung neuer Verkehrsinfrastrukturen könnten die historische Rolle des Brennerpasses als des wichtigsten Alpenübergangs festigen. Durch die Autobahnprojekte der Nachbarländer bestünde jedoch die akute Gefahr eines Verlustes der Vormachtstellung im Nord-Süd-Verkehr. Die Brennerstraße könne durch ihren unzureichenden Ausbauzustand, häufige Verkehrsstockungen und ihre ungenügende Sicherheit mit modernen alpenüberquerenden Autobahnen wie insbesondere jenen der Schweiz nicht konkurrieren mit der unvermeidlichen Folge der Ablenkung eines bedeutenden Teils des Verkehrsaufkommens. Die bisherige Vorrangstellung des Brenners als klassischer Alpenübergang habe aus seiner ganzjährigen Passierbarkeit aufgrund seiner geografischen Prädestinierung resultiert. Diesen entscheidenden Vorsprung könnten die neuen Projekte der Nachbarstaaten jedoch durch Tunnel kompensieren, wodurch ebenfalls eine wintersichere Befahrbarkeit gewährleistet werden würde. Die daraus resultierende Gefährdung der bislang überragenden Stellung des Brenners bedrohe die wirtschaftliche Entwicklung der Gebiete an der Brennerlinie. Die Autobahnakteure betonten, dass die Gefahr rechtzeitig erkannt worden sei, sodass sich durch eine möglichst schnelle Fertigstellung der Brennerautobahn eine prosperierende Zukunft des Landes sicherstellen lasse. Neben der Brennerautobahn sei auch die Inntalautobahn schnellstmöglich zu verwirklichen, damit die Lücke in der Europastraße 6 geschlossen und ein Anschluss an das internationale Autobahnnetz geschaffen werden könne. 5.2.2.2 Die befürchtete Verkehrsablenkung als Argumentationsstrategie in der Bauphase der Brennerautobahn Auch in der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses argumentierten die Autobahnakteure weiterhin mit der drohenden Gefahr der Umfahrung Tirols, wie

179 Buzas, Europas höchste Brücke in Tirol.

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beispielsweise aus der Festrede von Landeshauptmann Dr. Tschiggfrey bei der Spatenstichfeier der Europabrücke vom 25. April 1959 hervorgeht. Nach einem historischen Rückblick auf die Bedeutung der Brennerlinie – dem „Rückgrat Tirols“180 – bezeichnete er die Modernisierung der Brennerstrecke angesichts des ständig steigenden Verkehrsaufkommens und der vor allem vonseiten der Schweiz projektierten Nord-Süd-Verbindungen als ein dringendes Erfordernis. Er unterstellte den Eidgenossen den Einsatz bedeutender Geldmittel, „um den transalpinen Nord-Süd-Verkehr an sich zu ziehen“181. So sei die Verbindung von Süddeutschland über den San Bernardino in Richtung Mailand bereits teilweise im Bau. Um Tirol als Drehscheibe des europäischen Verkehrs nicht völlig auszuschalten, sei nunmehr rasches Handeln notwendig.182 Auch bei den Festreden der Verkehrsfreigaben verschiedener Autobahnteilstücke sowie der entsprechenden medialen Berichterstattung wurde vor der Gefahr der Umfahrung gewarnt. Exemplarisch sei hierzu die Eröffnung der Brennerautobahnteilstücke Schönberg–Matrei/Steinach sowie Innsbruck-Ost–Innsbruck-Süd am 3. Dezember 1967 angeführt, da sie lediglich zwei Tage nach der Eröffnung des San-Bernardino-Straßentunnels am 1. Dezember 1967 in der Schweiz erfolgte.183 Diese eidgenössische Verkehrsinfrastruktur bildete einen Teil einer neuen ganzjährig befahrbaren Nord-Süd-Straßenverbindung, die von den Ländern entlang der Brennerlinie als Konkurrenz wahrgenommen wurde. Bei einer feierlichen Sitzung des Aufsichtsrats der Brennerautobahngesellschaft im neuen Landhaus in Innsbruck mit führenden regionalen und nationalen Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft unmittelbar vor der Erstbefahrung der Brennerautobahnteilstrecken verwies Heinz Knoflach in seinen Ausführungen auf die Schweiz, die vor dem Bau langer Alpentunnel zur Anziehung und Erleichterung des Nord-Süd-Verkehrs über ihr Gebiet nicht zurückschrecke. Die Realisierung der Brennerautobahn werde jedoch dank der von ihr gebotenen Fahrsicherheit und großartigen landschaftlichen Eindrücke einen starken Anreiz auf den Autotourismus haben und Gäste ins Land bringen. Anschließend betonte Landeshauptmann Wallnöfer in seiner Festrede die jahrhundertelange Rolle Tirols als Durchzugsland, wobei diese führende Position durch eine Vernachlässigung der Verkehrswege – den Lebensadern des Landes – gefährdet werden könne. Die Schweizer Konkurrenzprojekte im Nord-Süd-Verkehr würden die schnellstmögliche Fertigstellung der Brennerautobahn und den Bau der Inntalautobahn, aber auch die Realisierung der Schnellstraße von Mailand durch das Stilfser Joch über den Reschenpass

180 O., Erster Spatenstich. 181 Ebd. 182 Ebd. 183 NN, Das Autobahnteilstück Schönberg–Matrei, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 18 (1967), Nr. 12, S. 1-4, hier S. 4.

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und durch das Außerfern erfordern, um der Gefahr zu begegnen, dass die Reisenden nicht mehr den Weg über Tirol, sondern über die Schweiz nehmen würden.184 Die verantwortlichen Stellen in Wien stimmten mit den Tiroler Akteuren in der Phase der Stabilisierung über die Notwendigkeit einer raschen Realisierung der Brenner- und Inntalautobahn überein. So betonte Sektionschef Alois Seidl auf dem prominent besetzten und von ungefähr 350 Vertretern aus Technik, Wirtschaft und Politik besuchten „21. Österreichischen Straßentag“ in Innsbruck, der vom 25. bis zum 28. Mai 1959 von der Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen und der Baudirektion der Tiroler Landesregierung veranstaltet wurde,185 Österreich müsse alle Anstrengungen unternehmen, „um seinen Anteil am europäischen Durchgangsverkehr zu erhalten und zu vergrößern, da andernfalls die latent bestehenden Umgehungstendenzen verstärkt wirksam werden“186 würden. Beinahe sämtliche Nachbarstaaten hätten mit dem Bau eines modernen Autobahnnetzes begonnen, wobei besonders jene neuen Straßen, die eine Umfahrung Österreichs von Deutschland über die Schweiz nach Italien ermöglichten, zu beachten seien.187 Die durch die Zweiteilung Deutschlands und den Eisernen Vorhang bewirkte Verlagerung des Nord-Süd-Verkehrs in Richtung Westen mache die in Tirol geäußerten Bedenken hinsichtlich einer Umfahrung des Landes mehr als verständlich. Das San-Bernardino-Projekt und die geplante Route München–Lindau würden zusätzlich zu den bereits bestehenden Autobahnen westwärts des Brenners das Szenario einer Umfahrung Tirols vervollständigen. Einzig der Bau der Brennerautobahn sei die Lösung dieses gravierenden Problems.188 Führende Politiker wie Landeshauptmann Wallnöfer argumentierten während der gesamten Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses mit den Aussagen über eine Gefahr der Umfahrung des Landes. Wallnöfer hob dies sowohl in den Medien und in Publikationen als auch bei offiziellen Anlässen und in internen politischen Besprechungen hervor, wie in Folge exemplarisch dargestellt wird. So erklärte er noch in seiner Funktion als Landesrat auf der Titelseite der Tiroler Tageszeitung vom 11. September 1962, im erstrangigen Fremdenverkehrsland Tirol sei der Zustand der Straßensektors derart unzureichend, dass ernstlich die Gefahr einer Umfahrung des Landes bestehe, weshalb die Durchführung des Langzeitprogramms im

184 Ebd., S. 1-4. NN, Brenner-Autobahn bis Matrei fertiggestellt, in: Tiroler Verkehr. Allgemeines Fremdenverkehrsblatt 49 (1967), Heft 12, S. 5. 185 Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 21. Österreichischen Straßentag. NN, Straßentag. 186 Seidl, Die Autobahnen, S. 13. 187 Ebd., S. 13-14. Siehe auch: NN, 21. Österreichischer Straßentag. 188 Seidl, Die Autobahnen, S. 33.

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Bundesstraßenbau wesentlich zu beschleunigen sei.189 Nunmehr als amtierender Landeshauptmann betonte Wallnöfer bei der Eröffnung der „34. Innsbrucker Messe“ des Jahres 1966 die Bedeutung des Verkehrssektors für Tirol und die negativen Auswirkungen einer drohenden Umfahrung des Landes. Das Tiroler Straßennetz sei dem steigenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen, mit der Folge langer Verkehrsstockungen und Staus, wobei dieses Problem jedoch durch die Realisierung der Brenner- und Inntalautobahn bewältigt werden könne. Tirol müsse die Lösung des Verkehrsproblems als führendes Tourismusland Österreichs ein grundlegendes Anliegen sein, weil es diese Stellung bei einem Zusammenbruch des Straßenverkehrs sicherlich verlieren werde. Die Warnungen in den Medien vor den Staus auf den Tiroler Straßen forderten nämlich gleichzeitig dazu auf, das Land zu umfahren, was Tirol unmöglich hinnehmen könne.190 Wallnöfer hob die negativen Auswirkungen der überlasteten Tiroler Durchzugsstraßen durch den unzureichenden Ausbauzustand auch gegenüber den zuständigen Wiener Stellen hervor. So führte er in einem Schreiben an den Bundesminister für Bauten und Technik, Dr. Vinzenz Kotzina, vom 25. Juli 1967 an, es müsse nicht nur im Interesse Tirols, sondern ganz Österreichs liegen, die Brenner- und Inntalautobahn als bedeutendste Nord-Süd-Verbindung mit allen verfügbaren Mitteln auszubauen. Wenn in ausländischen und heimischen Medien davor gewarnt werde, dass die Tiroler Transitrouten überlastet seien, entspräche dies leider den Tatsachen, könnte aber für Tirol geradezu tödliche wirtschaftliche Schädigungen bewirken. Einer Umfahrung des Landes mit allen damit verbundenen Folgen könne nicht tatenlos zugesehen werden.191 Am 23. September 1967 erklärte Landeshauptmann Wallnöfer in den Tiroler Nachrichten, die Brenner- und Inntalautobahn trügen viel dazu bei, Österreich aus seiner Randlage hinsichtlich des mitteleuropäischen Verkehrsgeschehens herauszuführen und es an den wirtschaftlichen Impulsen im Rahmen des europäischen NordSüd-Verkehrsgefälles teilhaben zu lassen. Die Brenner- und die Inntalautobahn würden jedoch gemeinsam mit der geplanten Schnellstraße vom Reschen über den Fernpass nach Reutte daran mitwirken, die „Gefahr einer Umfahrung Tirols für immer zu

189 Eduard Wallnöfer, Wie verhindert Tirol die Umfahrung? Langzeitprogramm für Ausbau der Bundesstraßen muß von acht auf vier Jahre zusammengedrängt werden. Land Tirol soll den Bund bevorschussen und den Zinsendienst übernehmen – Rückzahlung durch den Bund, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 209, 11.9.1962, S. 1. 190 NN, Am Straßennetz scheitert der Tourismus in Tirol. Klare Sprache des Landeshauptmannes von Tirol, Ök.-Rat Wallnöfer, anläßlich der Eröffnung der 34. Innsbrucker Messe, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 39, 29.9.1966, S. 1. 191 Eduard Wallnöfer an Vinzenz Kotzina, 25.7.1967, TLA, Kanzlei LH, 8 (5).

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beseitigen“192. In einem Zeitungsartikel über die Straßen Tirols als dessen „Schicksal“ in einer Sonderbeilage der Tiroler Nachrichten vom 2. Dezember 1967 legte Wallnöfer dar, dass die Tiroler Wirtschaft und insbesondere der Tourismus eng mit dem Straßennetz des Landes verbunden seien, weshalb dessen Ausbau vordringlich sei. Neben der Fertigstellung der Brennerautobahn sei auch die Verwirklichung der Inntalautobahn voranzutreiben, da lediglich beide Autobahnen zusammen Tirol den Anschluss an das europäische Autobahnnetz sichern würden. Eine vollkommene Abwendung der Gefahr einer Umfahrung Tirols werde jedoch erst durch den Ausbau der Vinschgauer und Reuttener Straße zu einer Schnellstraße im Zuge der geplanten Autostraße Mailand–Stilfser-Jochtunnel–Reschen–Fernpaß–Ulm erreicht.193 Am 15. November 1968 wiederholte Wallnöfer in der Tiroler Tageszeitung sein bewährtes Argument, dass das Schicksal des Landes Tirol in seiner jahrhundertealten Geschichte mit seinem Straßennetz immer auf das engste verbunden war – für die Tiroler Bevölkerung sei der Verkehr zu einem Lebensquell geworden –, da auf seinem Gebiet die beiden niedrigsten Alpenpässe Brenner – mit seiner natürlichen NordSüd-Ausrichtung der zu ihm hinführenden Täler – sowie Reschen lägen. Österreich sei im Herzen Europas zwischen den beiden politischen und wirtschaftlichen Blöcken der EWG-Länder im Westen und den Staaten des Ostblocks eingezwängt und befinde sich durch die geografische Lage des größeren Staatsgebiets im Hinblick auf das mitteleuropäische Verkehrsgeschehen in einer äußerst östlichen Randlage, die jedoch durch die zentrale Lage Tirols eine Milderung erfahre. Das Tiroler Straßennetz müsse im Interesse der europäischen Verkehrsintegration und des Anschlusses Österreichs an die bedeutenden Wirtschaftszentren der EWG-Länder imstande sein, den europäischen Nord-Süd-Verkehr durch Tirol hindurch zu bewältigen. Die Realisierung der Brennerautobahn sowie der Felbertauernstraße, aber auch der Ausbau der Schnellstraße Reschenpass–Fernpass–Reutte als ein Teilstück der geplanten Autobahn Mailand–Ulm respektive München sollten dies – zusätzlich zum weiteren Ausbau des Tiroler Straßennetzes – gewährleisten. Nur so werde es möglich sein, „der Gefahr einer Umfahrung Tirols, die durch die großzügigen und finanziell gesicherten Ausbaupläne des Schweizer Nationalstrassennetzes gegeben ist, wirksam begegnen zu können“194. Auf der Vollversammlung der Tiroler Handelskammer am 3. April 1968 führte Landeshauptmann Wallnöfer in Übereinstimmung mit den anwesenden Vertretern 192 Eduard Wallnöfer, Die Bedeutung der Tiroler Autobahn, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 221, 23.9.1967 (Sonderbeilage Tiroler Autobahn – Kufstein–Innsbruck–Brenner), S. 2. 193 Ders., Tirols Straßen – sein Schicksal. Das Straßen-Schwerpunktprogramm Tirol, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 279, 2.12.1967 (Sonderbeilage: Brennerautobahn), S. 3. 194 Ders., Tirols Straßen – sein Schicksal, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 264, 15.11.1968 (Sonderbeilage [für Tirol] zum 50. Jahrestag der Gründung der Republik Österreich), S. [3].

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der Handelskammer gegenüber dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie, Kommerzialrat Otto Mitterer, die notwendige Realisierung der Inntalautobahn zusätzlich zur Brennerautobahn aus. Die Schweizer Straßentunnelprojekte des Mont Blanc, Grossen St. Bernhard, San Bernardino und Gotthard mit ihren Anschlüssen an das deutsche und italienische Autobahnnetz seien besorgniserregend. Wenn Tirol „hier schlafe[…], dann wird man uns eines Tages mit Recht sagen, daß wir es versäumt haben, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, daß die Nord-Süd-Verbindung weiterhin durch Tirol geht. Denn das ist unsere Lebensfrage, und allen jenen, die da ständig behaupten, daß man über die Autobahn nur nach dem Süden flitzen wird, möchte ich sagen: Wenn viele durchflitzen, bleiben viele da, und wenn niemand durchflitzt, kann niemand mehr da bleiben.“195

Es sei insbesondere für Tirol als Tourismusland ein unhaltbarer Zustand, dass zur Hauptreisezeit die österreichischen und deutschen Medien ständig vor der Durchfahrung Tirols angesichts der Überlastung der Straßen warnen müssten. Die Brennerund die Inntalautobahn sowie zusätzlich die Felbertauernstraße und der Ausbau der Verbindung über den Fernpass und den Reschen müssten in absehbarer Zeit realisiert werden, um hinsichtlich des Nord-Süd-Verkehrs das Menschenmögliche getan zu haben.196 Die Tiroler Handelskammer als starke Verfechterin der Brennerautobahn warnte sowohl öffentlich als auch intern vor der Umfahrung des Landes. So erklärte Handelskammerpräsident Menardi auf der Vollversammlung der Tiroler Handelskammer am 17. Juni 1969, dass die Straßenbaupläne der Umgebung – vor allem jene in Bayern und in der Lombardei – mit großem Interesse verfolgt werden würden. Aufgrund weitreichender Pläne sowohl in Italien als auch in Westdeutschland müsse Tirol unbedingt die Hand am Puls dieses Verkehrsgeschehens haben, „wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, umfahren zu werden“197. Eine gewisse Gefahr ergebe sich schon deshalb, weil Bayern den autobahnmäßigen Ausbau der Strecke von München nach Lindau forciere und dies dazu führen könne, dass der Verkehr über diese Strecke

195 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 7. geschäftsordnungsmässige Vollversammlung der KgWT am 3. April 1968, 10 Uhr im Festsaal des Kammergebäudes zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1968, S. 10. 196 Ebd. 197 Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 9. geschäftsordnungsmässige Vollversammlung der KgWT am 17. Juni 1969, 10.30 Uhr im Festsaal der Tiroler Handelskammer zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1969, S. 6.

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nach Osten abgeleitet werde.198 Noch im Jahr 1971 betonte die Tiroler Handelskammer, dass für Tirol das Risiko der Umfahrung weiter bestehe und dass die Schweiz alle Anstrengungen unternehme, um die Verkehrsströme durch ihr Land zu lenken.199 Auf dem von der Tiroler Handelskammer in Innsbruck veranstalteten Tiroler Verkehrstag am 16. März 1967 mit über hundert Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung kam auch die Problematik der Umfahrung des Landes zu Sprache. Landeshauptmann Ökonomierat Eduard Wallnöfer betonte, dass seit jeher das Verkehrswesen die Grundlage für die gesamte Wirtschaftsentwicklung Tirols gewesen sei. Die Bemühungen der Schweiz hinsichtlich einer Verwirklichung der Tunnel durch den Mont Blanc, Grossen St. Bernhard, San Bernardino, Splügen und Gotthard würden die Gefahr einer Umfahrung Tirols offenbaren, sollten nicht rasch die Nord-Süd-Straßen durch Tirol – allen voran die Brenner- und die Inntalautobahn, aber auch die Fernstraße Mailand–Reschen–Ulm – realisiert werden. Handelskammerpräsident Menardi umriss in seinem Referat über die Tiroler Verkehrsprobleme die Funktion des Verkehrs als Auftraggeber der Volkswirtschaft und Motor ihrer Entwicklung und lenkte den Blick auf die besondere geografische Lage Tirols. Der Zustand des Straßenverkehrssektors sei angesichts des steigenden Verkehrsaufkommens besonders problematisch. Lediglich ein gefahrloses und angenehmes Fahren auf den Straßen sichere Tirols günstige Position als Tourismusland, sodass die rasche Realisierung der Brenner- und Inntalautobahn vordringlich sei. Der Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Betriebe, Dipl.-Ing. Dr. Ludwig Weiß, betonte in seinem Vortrag mit dem Titel „Tirol im Schnittpunkt europäischer Verkehrswege“ die hervorragende Stellung des Landes als Verkehrskreuz für den Nord-Süd- und Ost-West-Verkehr, wobei dem Nord-Süd-Verkehr über den Brenner als Verbindung zweier wichtiger Wirtschaftsgebiete eine besondere Bedeutung zukomme. Hinsichtlich der Gefahr der Umfahrung des Landes konstatierte er, dass die Schweiz im Nord-Süd-Verkehr Konkurrent, im Ost-West-Verkehr hingegen Verbündeter Tirols sei, da sie wie Tirol in verkehrsgeografischer Hinsicht eine deutliche Transitstellung aufweise und infolge der politischen Entwicklungen durch die Errichtung des Eisernen Vorhangs an Verkehrsbedeutung gewinnen konnte; sie habe jedoch ein Interesse am Arlbergverkehr, da sie ansonsten selbst der Gefahr einer Umfahrung auf dieser Route ausgesetzt werden würde.200

198 Ebd., S. 6. KgWT, Bericht 1969, Innsbruck [1970], S. 56. 199 Dies., Bericht 1971, Innsbruck [1972], S. 53. 200 NN, Imposanter Tiroler Verkehrstag. Aufschlußreiche Referate bei der wichtigsten Veranstaltung auf dem Verkehrssektor im heurigen Jahr – Verkehrsminister Dr. Weiß: „Globales Denken ist notwendig“ – Probleme des Straßenbaues, der Eisenbahn, der Lifte und Seilbahnen in Tirol standen im Mittelpunkt der Besprechungen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 64, 17.3.1967, S. 1-2. NN, Tirol will seine Mittlerstellung im Verkehr festigen. Tiro-

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Exponenten der Tiroler Handelskammer wie Menardi betonten in Publikationen und in den Medien während der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses die Wichtigkeit einer schnellstmöglichen Realisierung der Brenner- und Inntalautobahn, um zu verhindern, dass Tirol in eine Randlage im europäischen Verkehr gelange. In einer Veröffentlichung der Brennerautobahngesellschaft über diese Verkehrsinfrastruktur als erste alpenüberquerende Vollautobahn aus dem Jahre 1972 betonte er, ihre Verwirklichung garantiere, dass Tirol in die europäischen Verkehrsströme miteinbezogen bleibe und dadurch am Wirtschaftsaufschwung sowie an der Integration Europas teilhaben könne.201 Im Jahr 1968 führte er in der Zeitschrift BMZ. Baumusterzentrale an, dass durch die Anstrengungen der Schweiz hinsichtlich der Realisierung neuer moderner Alpenüberquerungen und der allgemeinen Modernisierung des Straßennetzes Westösterreich noch stärker von der Gefahr der Umfahrung betroffen sei, zumal es bereits bislang zu einer gewissen Verkehrsverlagerung in Richtung Westen infolge der Veränderungen der politischen Karte durch die Errichtung des Eisernen Vorhangs gekommen sei.202 Menardi führte in einem Zeitungsartikel mit dem Titel „Die Umfahrung Tirols – ein Faktum?“ in der Messebeilage der Tiroler Tageszeitung zur „36. Innsbrucker Messe“ vom 21. September 1968203 an, angesichts verschiedener alpenüberquerender Straßenbauvorhaben der Nachbarländer, insbesondere der Schweiz, seien immer wieder Befürchtungen über eine drohende Umfahrung Tirols respektive Westösterreichs geäußert worden. Tirol genieße seit Jahrhunderten eine bevorzugte Verkehrsstellung als Schnittpunkt von Nord-Süd- und Ost-West-Verkehrslinien und habe als Verbindungsglied zwischen nord- und südeuropäischen Wirtschaftszentren eine wichtige Funktion im Transitverkehr. Durch die politischen Verhältnisse der Nachkriegszeit habe Tirol einen Großteil seines natürlichen geografischen Einzugsgebietes in Osteuropa verloren. Die Verlagerung der wirtschaftlichen Schwerpunkte nach Westen in den Raum Mailand und nach Südwestdeutschland hätte die Nord-Süd-Verkehrsachse von der Brennerlinie auf die Gotthard- respektive San-Bernardino-Route verschoben. Während im Eisenbahnverkehr die Verkehrsabwanderung offen zu Tage getreten sei, seien die Auswirkungen auf den Straßenverkehr mangels wintersicherer Übergänge in der Schweiz vorerst nicht offensichtlich gewesen, da Brenner und Re-

ler Verkehrstag 1967, in: Dolomiten, Nr. 66, 20.3.1967, S. 9. NN, Sachliche Zusammenarbeit zur Förderung unserer Verkehrswirtschaft, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 13, 25.3.1967, S. 1-3. 201 Menardi, Die Brenner-Autobahn, S. 376. 202 Ders., Sorgenkind in Tirol: Verkehr. Verkehr und Fremdenverkehr – naturgegebene Wirtschaftspartner, in: BMZ. Baumusterzentrale 2 (1968), Heft 2, S. 28-29, hier S. 29. 203 Ders., Die Umfahrung Tirols – ein Faktum?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 219, 21.9.1968 (Sonderbeilage: Messebeilage zur 36. Innsbrucker Messe), S. 6-7.

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schen die einzigen auch im Winter ohne Straßentunnel passierbaren Pässe des Hauptalpenkamms seien. Die Schweiz sei sich dessen wohl bewusst und strebe nach einem Ausbau ihrer Funktion als „Drehscheibe“ des europäischen Verkehrs, wofür sie ein großzügiges Programm von Nationalstrassen und Alpenübergängen respektive -tunneln entwickelte und diese Projekte zum Teil bereits verwirklichen konnte. Die Schweiz trachte danach, einen möglichst großen Teil des Nord-Süd-Verkehrs über ihr Gebiet zu leiten. Zusätzlich zu diesem Verkehrsstrom sei auch der Ost-West-Verkehr durch Tirol aufgrund des unzureichenden Ausbaus der Verkehrsinfrastrukturen gefährdet. Die teilweise bereits fertiggestellte Schnellstraße München–Lindau als Fortsetzung der Autobahn Wien–Salzburg–München verstärke die Umfahrungstendenz, da einerseits der Ost-West-Verkehr durch Tirol beeinflusst werde und andererseits der für Tirol besonders wichtige Raum München in den Einzugsbereich der Schweizer Alpenübergänge gelange und daraus eine Verkehrsablenkung von der Brennerroute resultiere. Zusätzlich würden wichtige und gut ausgebaute Zubringerlinien zum Brenner – nämlich Ulm–Kempten–Füssen, Augsburg–Füssen und Augsburg–Garmisch – von der Schnellstraße geschnitten und dadurch Verkehrsaufkommen absorbiert werden. Diese nördlich der Alpen gelegene Ost-West-Straßenverkehrsroute werde südlich des Gebirges durch das projektierte oberitalienische Autobahnsystem ergänzt, das im Westen an die Schweizer Nationalstrassen anschließe, wodurch ein nahezu geschlossener Verkehrsring um die österreichischen Alpentäler und insbesondere um Tirol entstehe. Trotz bedeutender Investitionen entspreche das Tiroler Straßennetz nicht den Anforderungen an ein Transitland. Tirol werde seine günstige Position als Tourismusland und die daraus für Österreich resultierenden ökonomischen Vorteile jedoch nur halten können, falls es mit seinen Straßen den Reisenden schnellstmöglich gut ausgebaute Infrastrukturen biete, die ein angenehmes und gefahrloses Fahren ermöglichen würden und die dem ständig steigenden Verkehrsaufkommen gewachsen seien. Demgemäß seien die rasche Fertigstellung der Brennerautobahn und die Verwirklichung der Inntalautobahn lebenswichtig.204 Die Erhaltung des Ost-West-Verkehrs erfordere den wintersicheren Ausbau der Arlbergbundesstraße zwischen Landeck und St. Christoph sowie die Realisierung der Autobahn von Innsbruck nach Landeck einschließlich der Südtangente Innsbruck. Insgesamt gelte es, alle Straßen gut auszubauen, um beispielsweise über leistungsfähige Alpenquerstraßen und touristisch attraktive Aussichtsstraßen zu verfügen. Besonderes Augenmerk sei dem Ausbau einer Fremdenverkehrsverbindung Reutte– Imst–Landeck–Reschen als Teilstück der geplanten Schnellstraße Ulm–Mailand respektive Autobahn München–Mailand mit eventueller Untertunnelung des Stilfser Jochs zu schenken. Die Führung der Trasse auf Tiroler Boden würde für das Land nicht nur eine weitere Straßenverbindung von europäischer Bedeutung sein, sondern

204 Ebd., S. 6.

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könne auch einen Teil des sich nach Westen verlagernden Durchzugsverkehrs, insbesondere aus dem bayrisch-schwäbischen Raum, nach Oberitalien auffangen. Mit der erfolgten Verkehrsübergabe der Timmelsjochstraße auf italienischer Seite stünde dem Tourismus eine attraktive Nord-Süd-Verbindung zwischen München und Meran zur Verfügung. Zudem stehe eine Schnellstraße durch das Zillertal als Verbindung München–Venedig zur Diskussion. Ziel sei die Schaffung eines Verkehrsnetzes, das räumlich und technisch in der Lage sei, den Erfordernissen eines flüssigen und kostengünstigen Verkehrs unter Berücksichtigung des Sicherheitsbedürfnisses zu entsprechen.205 Die Tiroler Handelskammer hielt engen Kontakt zur Tiroler Landesbaudirektion, die für die Realisierung des ersten Teilstücks der österreichischen Brennerautobahn verantwortlich zeichnete. Bei einem Vortrag in der Tiroler Handelskammer am 26. Oktober 1961 vor den wirtschaftspolitischen und statistischen Referenten der österreichischen Handelskammern, die in Innsbruck zu einer Fachtagung versammelt waren, betonte Leo Feist von der Tiroler Landesbaudirektion, dass der Brenner infolge seiner niedrigen Passhöhe und der daraus resultierenden ganzjährigen Befahrbarkeit die ideale Stelle sei, per Autobahn die Alpen zu überqueren, ohne einen Scheiteltunnel bauen zu müssen. Dies stelle einen entscheidenden Vorteil für Tirol dar, da die westlichen Nachbarländer für den alpenüberquerenden Nord-Süd-Verkehr lange Tunnel realisieren müssten. Die Gefahr einer Umfahrung Tirols sei wesentlich größer als die Gefahr einer Überfahrung des Landes, zumal ein Teil des verstärkten Verkehrsstroms zum innertirolischen Zielverkehr werden würde. Die Realisierung der Brennerautobahn dürfe jedoch den weiteren Ausbau des Tiroler Straßennetzes nicht behindern, da die Weiterleitung des Verkehrsstroms in die Tourismusgebiete der einzelnen Täler essenziell für einen prosperierenden Fremdenverkehrssektor und eine daraus resultierende Existenzgrundlage für breite Bevölkerungsschichten sei.206 Die Tiroler Landesbaudirektion hob in verschiedenen Publikationen und durch mediale Präsenz die Vorteile der Brennerautobahn und deren Notwendigkeit hervor, wobei in der gesamten Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses auf die Gefahr der Umfahrung hingewiesen wurde. Die Autobahnprojekte der Nachbarländer seien geeignet, dem Verkehr „einladendere Wege zu schaffen“207, was für Tirol sehr bedenklich sei, da es einen Rückstand im Autobahnbau wettmachen müsse. Leo Feist führte in einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 17. Oktober 1961 an, dass die Unzulänglichkeit der derzeitigen Brennerbundesstraße unbestritten sei. Noch sei die Brennerroute aufgrund der geringen Höhe des Brennerpasses und seiner absoluten Wintersicherheit die wichtigste europäische Nord-Süd-Verbindung über 205 Ebd., S. 7. 206 NN, Trassierung. 207 Josef Gruber, Brücken in Tirol, in: Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 21. Österreichischen Straßentag (1959), S. 47-51, hier S. 50.

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die Alpen. Die Nachbarländer würden Tirol um den Brenner beneiden, da es keine kilometerlangen Tunnelbauten notwendig habe, sondern eine Autobahn ohne Scheiteltunnel realisieren könne. Angesichts des großzügigen Ausbaus des Schweizer Straßennetzes müsse Tirol die unzureichende Leistungsfähigkeit der Brennerstraße verbessern, um nicht Gefahr zu laufen, dass sich der große europäische Nord-Süd-Verkehr – an dem nicht nur die Tiroler Wirtschaft, sondern ganz Österreich interessiert sei – in Richtung Westen verlagere und Tirol umfahren werde. Diese Gefahr sei unbedingt höher einzuschätzen als die sogenannte „Überfahrung“ Tirols, dass also die Deutschen allenfalls noch schneller durch Tirol hindurchfahren würden als bisher.208 Auch eine Publikation der Landesbaudirektion für Tirol über die Brennerautobahn aus dem Jahr 1961 ging auf die Gefahr der Umfahrung ein. Die Bedeutung der Brennerautobahn könne aus europäischer, österreichischer und Tiroler Warte betrachtet werden.209 Vom Tiroler Standpunkt aus sei die eigene jahrhundertelange Rolle als klassisches Passland zum Wohle der Wirtschaft des gesamten Landes auch in Zukunft beizubehalten, um den Anschluss an den europäischen Nord-Süd-Verkehr nicht zu verlieren. Tirol werde jedoch diesen Anschluss unweigerlich einbüßen und seiner Wirtschaft schwersten und irreversiblen Schaden zufügen, wenn zur Verbesserung der unerträglichen Verkehrsverhältnisse über den Brennerpass nichts unternommen werde. Angesichts des schnell voranschreitenden Ausbaus des westlichen Straßennetzes könne es zu einer Verkehrsverlagerung des europäischen Nord-SüdVerkehrs in Richtung Westen kommen, was einer Umfahrung Tirols entspräche. Der Bau der Brennerautobahn werde dazu beitragen, „diese Gefahr ein für allemal zu bannen“210. In Anbetracht der Tatsache, dass im Jahresmittel der reine Durchzugsverkehr nur ein Drittel des Gesamtverkehrs ausmache, dürften die Sorgen vor einer Überfahrung Tirols durch die Verwirklichung der Brennerautobahn nicht übertrieben werden. Nach der Fertigstellung der Verkehrsinfrastruktur werde es die Aufgabe Tirols sein, die große Chance wahrzunehmen und aus dem durchfahrenden Ausländerverkehr einen möglichst großen Anteil Zielverkehr zu machen.211 Der verstärkte Verkehrsstrom werde sich sicherlich auch günstig auf die Tourismusgebiete der Seitentäler auswirken.212 Von österreichischer Warte aus müsse alles unternommen werden, um die Tiroler Fremdenverkehrswirtschaft auch weiterhin zu fördern, da die Deviseneinnahmen aus dem Tourismus die Sechs-Milliarden-Grenze überschritten hätten und Tirol daran mit über 40 Prozent beteiligt sei. Hiedurch könne das österreichische Außenhandelspassivum beinahe zur Gänze abgedeckt werden. Der große Beitrag, den die 208 Feist, Notwendigkeit. 209 Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 3. 210 Ebd. 211 Ebd., S. 3. 212 Ebd., S. 3-4.

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Tiroler Wirtschaft dafür leiste, verpflichte dazu, die Gefahr einer Umfahrung Tirols auszuschalten. Der Bau der Brennerautobahn biete hierfür die Gewähr und werde daher auch zum Nutzen ganz Österreichs sein.213 Auch im darauffolgenden Jahr, 1962, veröffentlichte die Landesbaudirektion eine Publikation über die Brennerautobahn, worin sie die – bereits historisch begründete – Bedeutung des Verkehrs für Tirol betonte. Das Land müsse an diesem großen europäischen Nord-Süd-Verkehrsstrom auch weiterhin beteiligt bleiben und es gelte als eine seiner Hauptaufgaben, „möglichst viel von diesem Verkehrsstrom in das Landesinnere abzweigen zu lassen. Nicht die ‚Überfahrung Tirols‘, sondern die ‚Umfahrung Tirols‘ bedeute angesichts der westlichen Straßenausbauten die wahre Gefahr für Tirol!“214 Dieser Gefahr wirksam zu begegnen und den Brennerweg der rapiden Aufwärtsentwicklung des motorisierten Kraftwagenverkehrs wieder anzupassen, sei die Aufgabe, die es mit der Brennerautobahn zu lösen gelte.215 Auf dem von der Österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen mit Unterstützung des Landes Tirol veranstalteten „25. Österreichischen Straßentag“ in Innsbruck vom 20. bis zum 22. Mai 1963 hielt Leo Feist einen Vortrag über das Tiroler Straßenwesen einst und jetzt: Tirol müsse seine traditionelle Funktion als wichtigste Nord-Süd-Verbindung weiter erhalten, was lediglich durch den Ausbau des Brennerverkehrsweges in großzügiger Weise gesichert werden könne. Ein gewisser Verkehrstrend in Richtung der westlichen Straßen sei jedoch erkennbar (die HAFRABA genannte Autobahn von Hamburg nach Basel), wobei dies durch den Ausbau des Schweizer Nationalstrassennetzes und durch den Bau des Mont-Blanc-Tunnels verstärkt werde.216 Leo Feist publizierte in der Folge auch weiterhin über die Brennerautobahn, so in der vierteljährlich erscheinenden Kulturzeitschrift Südtirol in Wort und Bild im Jahr 1963. Die Brennerautobahn habe die Aufgabe, eine Verbindung mit dem Europastraßennetz und insbesondere zwischen dem deutschen und dem italienischen Autobahnnetz herzustellen. Falls dies nicht gelinge, bestünde die Gefahr, dass der europäische Nord-Süd-Verkehrsstrom den Weg über die Schweiz suche, was der befürchteten 213 Ebd., S. 4. 214 Amt der Tiroler Landesregierung – Landesbaudirektion, Brenner Autobahn, S. [1]. 215 Ebd. 216 Feist, Tiroler Straßenwesen, S. 39. Siehe auch: NN, Brennerautobahn – Zentralthema des Straßentages. Bayerischer Staatsminister Schedl, italienischer Senator de Unterrichter und CEMT-Generaldirektor Mange sprechen über dieses Projekts, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 114, 17.5.1963, S. 3. NN, Brennerautobahn im Mittelpunkt der Beratungen. 25. Österreichischer Straßentag in Innsbruck. Endgültige Lösung des Brennerverkehrsproblems dringlich – Die schnellste und sicherste Verbindung zwischen Nord und Süd – Gefahr einer Umfahrung Tirols – Abschnitt Innsbruck–Schönberg im Oktober 1963 fertiggestellt, in: Dolomiten, Nr. 117, 21.5.1963, S. 5.

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Umfahrung Tirols entspreche. Die Brennerautobahn werde dazu beitragen, einen Teil des europäischen Nord-Süd-Verkehrsstroms durch Tirol hindurchzuleiten, dies bedeute aber keineswegs die Gefahr einer „Überfahrung“. Er schloss mit dem Satz: „Jedenfalls ist es besser ‚überfahren‘ zu werden als ‚umfahren‘ zu werden.“217 Auch im Jahr 1970 betonte Feist die Wichtigkeit eines starken Verkehrsaufkommens für Tirol: In einem Artikel in der Österreichischen Ingenieurzeitschrift über die Planung und Projektierung der Brennerautobahn erklärte er, dass man in Tirol auf dem Standpunkt stehe, „lieber durchfahren als umfahren zu werden“218. In einer Publikation der Tiroler Landesbaudirektion mit dem Titel „Gedanken über die Neubewertung der Bundesstraßen in Tirol“ aus dem Jahr 1968 wurde die Bedeutung der Fertigstellung der Brennerautobahn und des Baus der Inntalautobahn ersichtlich. Wenn trotz der günstigen verkehrsgeografischen Lage Tirols immer wieder von der Gefahr einer Umfahrung des Landes gesprochen werde, so sei festzustellen, dass die verkehrsgeografische Position eines Landes je nach Sachlage eine Aufoder Abwertung erfahren könne. Eine verkehrsgeografische Aufwertung Tirols trete durch den Ausbau des Straßennetzes ein, während eine Abwertung durch die Vernachlässigung des Ausbauzustandes des eigenen Straßennetzes und durch die Verbesserung des Ausbauzustandes eines benachbarten Straßennetzes erfolgen könne. Die großzügigen Ausbaupläne bezüglich des Schweizer Straßennetzes – siehe namentlich die Verbindung über den San Bernardino, den Gotthard und den Splügen – in Verbindung mit der durchgehenden Autobahn von Hamburg über Frankfurt nach Basel (HAFRABA) und der italienischen „Autostrada del Sole“ von Mailand nach Rom hätten deutlich die Gefahr einer Umfahrung Tirols aufgezeigt. Dieser Bedrohung könne im Interesse der gesamten österreichischen Wirtschaft nur durch eine Modernisierung des Tiroler Straßennetzes begegnet werden, indem die Brenner- und Inntalautobahn schnellstmöglich Realität würden.219 Eine Abwertung des Tiroler Straßennetzes stehe in direktem Zusammenhang mit der Modernisierung jenes der Nachbarländer.220 Auch Verkehrsexperten bedienten sich Aussagen bezüglich der Gefahr der Umfahrung. In einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 23. Mai 1959 betonte Franz Egert, Präsident der Landesgruppe Tirol der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft, die zentrale Lage Tirols auf einer Nord-Süd-Achse mit der daraus resultierenden großen verkehrspolitischen Bedeutung für Gesamtösterreich. Die Brennerlinie sei zwar aufgrund ihres großen Einzugsgebietes im Nord-Süd-Verkehr eine „österreichische Verteidigungslinie gegen die [Verkehrs-]Abwanderung 217 Feist, Brenner-Autobahn, S. 8. 218 Ders., Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 12. 219 Amt der Tiroler Landesregierung (Landesbaudirektion–Bundesstraßenverwaltung), Gedanken über die Neubewertung der Bundesstraßen in Tirol, Innsbruck 1968, S. 1. 220 Ebd., S. 2.

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nach dem Westen“221, die Nachbarstaaten würden jedoch alles daransetzen, um durch aufeinander abgestimmte Straßenbaupläne sowohl den Nord-Süd- als auch den OstWest-Verkehr von Tirol abzulenken. Dem Umfahrungsproblem des Landes, „dieser gefährlichen Ausklammerung Tirols aus dem internationalen Durchzugsverkehr“222, stehe man jedoch nicht passiv gegenüber, wovon der Beschluss zur Verwirklichung der Brennerautobahn zeuge. Eine zudem notwendige schnellstmögliche Realisierung der Inntalautobahn könne neben einer Nord-Süd- auch einer Ost-West-Umfahrung über das Alpenvorland vorbeugen.223 Egert trat auch in der Folgezeit stark für eine möglichst rasche Verwirklichung der Brennerautobahn ein und betonte dies in verschiedenen Referaten und schriftlichen Aufsätzen. In seinem Redebeitrag über die Problematik der Brennerautobahn auf der (ersten) „Internationalen Tagung über den Brennerverkehr“ in Bozen vom 18. bis 20. September 1959 betonte er die Bedeutung eines möglichst raschen Baubeginns auf italienischer Seite, um bis zur Vollendung der Verkehrsinfrastruktur gegenüber der tatsächlichen Verkehrsentwicklung nicht allzu sehr ins Hintertreffen zu geraten. Bei einer Verzögerung bestünde die erhöhte Gefahr einer nicht mehr gutzumachenden Verkehrsabwanderung auf andere transalpine und gut ausgebaute Routen.224 Im Jahr 1961 warnte Egert in einem Aufsatz mit dem Titel „Die Stellung Tirols im europäischen Verkehr“ in der von Franz Huter herausgegebenen Publikation „Hundert Jahre Tiroler Verkehrsentwicklung 1858-1958“ hinsichtlich sowohl des Eisenbahn- als auch des Straßenverkehrs vor der Umfahrung Tirols insbesondere über die Schweizer Routen. Die rasche Realisierung von Straßenprojekten wie jenem durch den San Bernardino sei von Tirol entsprechend zu berücksichtigen. Die SanBernardino-Straße solle nach dem Programm für das schweizerische Nationalstrassennetz als Nationalstrasse zweiter Klasse ausgebaut werden. Die von Italien und der BRD nachdrücklich unterstützte Straße stütze sich – was ihre Anziehungskraft respektive Auslastung betrifft – im Norden auf die von Basel nach Zürich führende Autobahn und auf das große Verkehrsgebiet des Bodensees, in das – durch die fortschreitende Verkehrsverlagerung in Richtung Westen gefördert – eine Reihe wichtiger Straßen aus dem Westen und Norden münden würden. Im Süden sei das Einzugsgebiet dieser Straße durch Mailand, Genua und die ligurische Riviera gekennzeichnet. Für den Brenner und den Reschen könne ihre Verwirklichung einen gefährlichen

221 Franz Egert, Tirols verkehrspolitische Randlage und Österreich, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 116, 23.5.1959, S. 7 und 14, hier S. 7. 222 Ebd., S. 14. 223 Ebd. 224 Ders., Das Problem, S. 46.

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Wettbewerb bedeuten, dem durch einen großzügigen Ausbau der bestehenden Verkehrswege – vor allem jener über den Brenner – begegnet werden müsse.225 Die Gefahr der Umfahrung des Landes war in der Stabilisierungsphase des Diskurses in den Medien stark präsent, was in der Folge exemplarisch aufgezeigt wird. So verwies Franz Hieronymus Riedl in einem Artikel im Volksboten vom 25. August 1962 auf die Vordringlichkeit des Ausbaus alpenüberquerender Nord-Süd-Verbindungen und die drohenden Auswirkungen der alpenüberquerenden Straßenprojekte zwischen der Schweiz und Italien, aber auch zwischen Frankreich und Italien auf die Brennerlinie. Bislang liege der entscheidende Vorteil des Brenners in seiner Wintersicherheit, doch die neuen Schweizer Infrastrukturvorhaben wie der Tunnel durch den San Bernardino stellten aufgrund ihrer ganzjährigen Passierbarkeit eine Konkurrenz für die Brennerlinie dar. Die Schweiz habe die Umfahrung ihres Landes jedoch selbst befürchtet und auf die Projekte der Nachbarländer mit einer umfassenden Straßenbauplanung reagieren müssen. Die Überlastung der unzulänglichen Brennerstraße sowie die Konkurrenz durch die Schweizer Projekte habe die Verwirklichung der Brenner- und Inntalautobahn unumgänglich gemacht. Nur so sei ein drohender Rückgang des Verkehrsaufkommens auf der Brennerstraße zu vermeiden.226 In einem ungezeichneten Beitrag in der Tiroler Tageszeitung vom 25. August 1965 wurden die Schweizer Straßenprojekte nicht als direkte Gefahr für eine Umfahrung Tirols bezeichnet, gleichwohl dürfe dies nicht dazu verführen, untätig zu bleiben. Da die Schweiz über keine natürlichen wintersicheren Nord-Süd-Übergänge verfüge, messe sie der Verwirklichung von Straßentunnelprojekten große Bedeutung zu. Diese könnten negative Auswirkungen für die Gebiete längs der Brennerlinie zeitigen, da der Brenner und zusätzlich dazu der Reschen ihre bislang unangefochtene Stellung als ganzjährig befahrbare Nord-Süd-Routen verlieren würden.227 In einem Zeitungsartikel in den Tiroler Nachrichten vom 17. April 1967 wurde die drohende Umfahrung Tirols oder zumindest die Minderung seiner bisherigen bevorzugten Verkehrsstellung durch die Konkurrenz der alpenüberquerenden Straßenprojekte der Nachbarländer angeführt. Für eine endgültige Beseitigung jeglicher Umfahrungsgefahr und für eine ideale Situation für den Tourismus müsse Österreich ne-

225 Ders., Die Stellung Tirols im europäischen Verkehr, in: Franz Huter (Hg.), Hundert Jahre Tiroler Verkehrsentwicklung 1858-1958. Gedenkschrift anläßlich der Säkularfeier der Eröffnung der Eisenbahn Kufstein-Innsbruck (Tiroler Wirtschaftsstudien. Schriftenreihe der Jubiläumsstiftung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol 10), Innsbruck 1961, S. 1-18, hier S. 13-15. 226 R[iedl], Europäische Autostraßen. 227 NN, 53 alpine Tunnelprojekte – Tirol muß vorbeugen – Noch keine Umfahrungsgefahr, aber Vorrang Tirols im Transitverkehr erfordert Konsequenzen – Brennerautobahn alles eher als Luxus, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 195, 25.8.1965, S. 3.

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ben der Brenner- und Inntalautobahn die Rheintalautobahn, die Stilfser-Joch-Fernpaß-Straße, die Zillertaler Straße und nach der Felbertauern- auch die Tauernschnellstraße für den Nord-Süd-Verkehr besitzen. Dafür sei eine gemeinsame Planung und Vorgehensweise der westlichen österreichischen Bundesländer sowie von Südtirol notwendig.228 Mit der Eröffnung von Schweizer Tunnelprojekten wie beispielsweise des SanBernardino-Tunnels am 1. Dezember 1967 wurde die Gefahr der Umfahrung Tirols in den Medien stärker thematisiert, da sich die Konkurrenz im Straßenverkehr zugunsten der Schweiz verstärkt habe.229 Die Eröffnung von Teilstrecken der Brennerund Inntalautobahn hingegen wurde als ein Beitrag zur Bannung der Umfahrungsgefahr gefeiert. Auch in Südtirol wurde vor der Gefahr der Umfahrung des Landes gewarnt. Exemplarisch für entsprechende politische Aussagen sei auf die Regionalratssitzung am 25. Mai 1962 eingegangen, in der der Regionalratsabgeordnete Danilo Paris (Partito Socialista Italiano) den unzulänglichen Zustand des Straßenwesens bemängelte und eine verstärkte Aktivität der Region zur Modernisierung des Verkehrssektors hinsichtlich des Aus- und Neubaus von Straßen postulierte, angesichts der Bedeutung der Brennerlinie sei das überdies eine ganz Europa interessierende Problematik. Eine Untätigkeit in der Realisierung neuer Verkehrsinfrastrukturen könne eine Verkehrsumleitung für Jahrzehnte zur Folge haben, wobei dieses Problem Jahr für Jahr dringlicher werde, da die Nachbarländer massiv an der Verbesserung ihres Verkehrsnetzes arbeiteten, während in Südtirol und im Trentino Stillstand herrsche.230 Die Tunnelprojekte der Nachbarstaaten würden die Alpen auch auf anderen Routen als am Brenner problemlos passierbar machen.231 Die Schweizer Tunnelprojekte respektive -bauten wie unter den Mont-Blanc, den Grossen St. Bernhard sowie den Gotthard und Splügen müssten die Gebiete längs der Brennerroute alarmieren, da der Verkehr unweigerlich umgeleitet werden würde, wenn die Brennerautobahn nicht verwirklicht werde. Die Straßenprojekte der Nachbarstaaten könnten nicht verhindert 228 NN, Müssen wir Angst haben vor der Umfahrung? Ein detaillierter Hinweis auf die Gefahren, die innerhalb und außerhalb Österreichs drohen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 89, 17.4.1967, S. 3. 229 NN, Droht Westösterreich die Umfahrung? Nord-Süd-Verbindung wird durch den Flaschenhals zwischen Innsbruck und Kufstein blockiert, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 184, 10.8.1967, S. 2. H. H., San-Bernardino-Tunnel – gefährliche Konkurrenz. Neue, ganzjährige Nordsüd-Alpenüberquerverbindung ein weiterer Schritt zur Umfahrung Tirols – Ausbau der Inntal-Autobahn dringend, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 299, 29.12.1967, S. 3. 230 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 4. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 60, 25.5.1962, S. 5-14, hier S. 5. 231 Ebd., S. 5-6.

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werden, aber die Region könne alles daransetzen, jene Verkehrsinfrastrukturen im eigenen Land zu verbessern, welche die Gefahr der Umfahrung wenigstens bis zu einem gewissen Ausmaß bannen würden, und damit wettbewerbsfähig zu bleiben.232 Sollte der Brenner seine historische gewachsene Bedeutung als wichtiger Alpenübergang durch die Konkurrenz der anderen Übergänge verlieren, würde dies für die regionale Wirtschaft und insbesondere den Tourismus starke negative Auswirkungen haben.233 Der Regionalratsabgeordnete Ettore Nardin (Partito Comunista Italiano) stimmte mit Paris über den unzureichenden Ausbauzustand der Brennerstraße mit negativen Auswirkungen für das Land überein,234 befand jedoch die Modernisierung der Brennerstraße als noch dringlicher als die Realisierung der Brennerautobahn.235 Die Aussagen zur Gefahr der Umfahrung des Landes waren auch in den Südtiroler Medien stark präsent. So wurde in einem Artikel über die Überlastung der Brennerstraße in der Tageszeitung Dolomiten vom 10. September 1959 betont, dass sämtliche Vorschläge wie die Untertunnelung des San Bernardino, des Splügenpasses oder des Stilfser Jochs, die letztendlich in der Umlenkung des gesamten Brennerverkehrs auf andere Straßen resultieren würden, abzulehnen seien. Der Brenner sei der klassische Alpenübergang, ergo widerspräche eine Umleitung des Verkehrs auf künstlich zu schaffende transalpine Nebenrouten der Geschichte und Geografie des europäischen Nord-Süd-Verkehrs. Südtirol erwüchse aus der Umfahrung des Landes ein beträchtlicher wirtschaftlicher Schaden, wobei dies lediglich durch die schnellstmögliche Realisierung der Brennerautobahn verhindert werden könne. Eine Autobahn würde dem weiter steigenden Verkehr Genüge leisten und die Brennerstraße entlasten. Diese würde für den Ortsverkehr und für die Reisenden, die es nicht eilig hätten und die Landschaft sehen wollten, bestehen bleiben und in Anbetracht der Autobahn an Schönheit, Sicherheit und Gemütlichkeit gewinnen.236 Die Fortschritte beim Brennerautobahnbau auf österreichischer und die diesbezügliche Stagnation auf italienischer Seite wurden in den Medien auch in den folgenden Jahren weiter thematisiert. So beschwor ein ungezeichneter Zeitungsartikel in den Dolomiten vom 29. Oktober 1963 das drohende Ende der E6 am Brenner angesichts des ausbleibenden Weiterbaus der Brennerautobahn auf italienischer Seite. Die baldige Eröffnung des ersten Teilstücks der österreichischen Brennerautobahn mit der Europabrücke am 17. November 1963 lasse die Problematik einer Weiterführung der Verkehrsinfrastruktur auf italienischer Seite noch dringlicher erscheinen. Es

232 Ebd., S. 6. 233 Ebd., S. 7. 234 Ebd., S. 8. 235 Ebd., S. 10-11. 236 A. B., Wann kommt die Brenner-Autobahn? Verkehrskongreß und Bozner Messe, in: Dolomiten, Nr. 206, 10.9.1959, S. 6-7, hier S. 7.

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stelle sich die Frage, warum Italien diese klassische und ohne Untertunnelung wintersichere Nord-Süd-Hauptverbindung vernachlässige, obgleich sie die Hauptzubringerin für viele italienische Touristengebiete sei. Die Tunnelprojekte durch den Mont Blanc für den französisch-schweizerischen Verkehr, durch den Grossen St. Bernhard für den Verkehr zwischen Piemont und Nordfrankreich sowie Nordwestdeutschland oder auch durch den San Bernardino zwischen der Lombardei und Skandinavien sowie Nord- und Südwestdeutschland könnten zu einer fühlbaren Verlagerung des alpenüberquerenden Verkehrs vom Brenner in Richtung Schweiz führen mit gravierenden Negativauswirkungen insbesondere im Tourismussektor Italiens. Lediglich die Realisierung der Brennerautobahn könne Tirol und Südtirol seine Verkehrsstellung als bedeutendes Durchzugsland weiter erhalten.237 Rund um die Eröffnung der Europabrücke verwies die Südtiroler Presse wiederholt auf die Gefahren, die damit einhergingen, dass die Realisierung der Brennerautobahn stagniere. So unterstrich Franz Hieronymus Riedl in den Dolomiten vom 16. November 1963 die Hauptaufgabe Tirols und Südtirols, die darin bestehe, den NordSüd-Verkehrsstrom möglichst flüssig zu gestalten und möglichst viel Verkehr für das eigene Land abzuzweigen. Angesichts der alpenüberquerenden Ausbauvorhaben der Nachbarländer wie die Untertunnelung des Mont Blanc, des Grossen St. Bernhards, des Gotthards und des San Bernardino bestehe weniger die Gefahr einer „Überfahrung“ Tirols infolge der Realisierung der Brennerautobahn, sondern jene einer „Umfahrung“ bei Unterlassung ihres Baus. Die Überlastung der Brennerstraße erfordere die schnellstmögliche Inangriffnahme des Autobahnprojektes, das angesichts der niedrigen Höhe des Brenners ohne Scheiteltunnel verwirklicht werden könne.238 In einem Zeitungsartikel der Dolomiten vom 24. April 1964 wurden die Unzulänglichkeit der Brennerstraße sowie die Verkehrsprojekte der Nachbarländer als Konkurrenz für den Brenner im Nord-Süd-Verkehr betont. Eine schnellstmögliche Realisierung der Brennerautobahn sei vonnöten, um der Brennerlinie ihre erstrangige Verkehrsbedeutung im transalpinen Verkehr zu sichern. Die Schweiz verwirkliche beständig neue Nord-Süd-Routen, die aufgrund der Untertunnelung von Pässen wintersicher seien. Trotz der Gefahr einer Umfahrung der Gebiete längs der Brennerlinie sei es immer noch nicht zu einer Lösung des Brennerproblems gekommen, obwohl der Verkehrsengpass bereits seit vielen Jahren akut sei. Die Überlastung der Brennerstraße stelle für Italienreisende das größte Ärgernis ihrer Urlaubsreise dar, was in

237 NN, Endet die Europastraße 6 am Brenner?, in: Dolomiten, Nr. 249, 29.10.1963, S. 10. 238 F[ranz] H[ieronymus] Riedl, Die Europabrücke – höchste Pfeilerbrücke der Welt. Name – Symbol der Bedeutung der Brennerautobahn – Hervorragende Leistung österreichischer Bautechniker, in: Dolomiten, Nr. 263, 16.11.1963, S. 3.

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einer Vermeidung der Strecke resultieren werde. Der Flaschenhals der gesamten Nord-Süd-Verbindung sei die Strecke zwischen Brenner und Bozen.239 Südtiroler Autobahnakteure wie der Handelskammerpräsident von Bozen von Walther legten in den Printmedien die Gefahr der Umfahrung als Argument für die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Realisierung der Brennerautobahn dar. Die starke Überlastung der Brennerstraße in den Sommermonaten bringe diesen Verkehrsweg in Misskredit und führe zu einer Ablenkung des internationalen Verkehrs. Zudem unternähmen Nachbarländer wie die Schweiz alle Anstrengungen zur Verwirklichung transalpiner Routen mit massiven negativen Auswirkungen für die Gebiete längs der Brennerlinie.240 Die Betonung der Wintersicherheit des Brenners als niedrigster Alpenübergang auch ohne die Errichtung eines Scheiteltunnels ging aus Georg Innerebners Bericht anlässlich der vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club e. V. organisierten Studienreise im Juni 1964 für Journalisten der BRD hervor, die in den Mitteilungen der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zum Brenner seien die Schweizer Pässe, die den Verkehr zwischen Mitteleuropa und Italien mit der Überwindung einer einzigen und dazu möglichst niedrigen Passhöhe ermöglichten – er führte unter anderem namentlich den Kleinen und den Grossen St. Bernhard, Simplon, St. Gotthard, San Bernardino, Splügen, Maloja und Bernina an –, viel höher und im Winter nicht befahrbar. Untertunnelungen der eidgenössischen Pässe könnten aus Rentabilitätsaspekten nur in relativ großer Höhe erfolgen, wodurch sie wiederum einen entscheidenden Nachteil gegenüber dem Brenner aufwiesen.241 Die Aussagen in der italienischsprachigen Tageszeitung Alto Adige stimmten mit der deutschsprachigen Presse hinsichtlich der Gefahr der Umfahrung des Landes infolge einer nicht realisierten Brennerautobahn überein. Ein solcher Gleichklang war Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre angesichts der angespannten politischen Lage aufschlussreich, da der Alto Adige und die Dolomiten insbesondere in politischen Bereichen gegensätzliche Positionen vertraten und oftmals einen medialen ethnischen Kampf austrugen.242 In einem namenlosen Zeitungsartikel des Alto Adige vom 27. Mai 1962 wurde betont, dass die Alarmglocken läuten müssten, weil 239 H. P., Trotz Ausbauarbeiten die Brennerstraße dem Verkehr nicht gewachsen. Dem NordSüd-Verkehr über dem Brenner erwächst überall Konkurrenz – Die Brennerautobahn kann frühestens in 10 Jahren eine Entlastung bringen, in: Dolomiten, Nr. 97, 24.4.1964, S. 7. 240 W[alter von] W[alther], Zur Frage der Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 19, 24.1.1961, S. 6. 241 Innerebner, Die Alpenbarriere, S. 28. 242 Siehe exemplarisch: Ramminger, Dolomiten. Delle Donne, Die Südtirolfrage. Faustini, Le vicende.

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andere Länder beim Bau von alpenüberquerenden Autobahnen schon viel weiter seien als Italien und Österreich mit der Brennerautobahn. Die Zeitung stimmte der Aussage eines nicht näher beschriebenen Verkehrsexperten zu, dass man auf die Schweizer Projekte und auf jene, die Frankreich nolens volens realisiere, achten müsse, da die Alpen von Nord-Süd-Autobahnen geradezu durchlöchert werden würden. Im Eisenbahnsektor behaupte die Schweiz bereits bisher eine überragende Stellung und wolle auch im Bereich alpenüberquerender Autobahnen eine Vorrangstellung erlangen. Größte Wachsamkeit sei angebracht, da der große Verkehrsstrom nicht mehr zurückkehre, wenn er erst einmal über die Schweiz umgeleitet worden sei.243 In einem Artikel über alpenüberquerende Nord-Süd-Verbindungen und die Umfahrung Münchens und Tirols im Alto Adige vom 15. November 1962 betonte Benno Steiner die Notwendigkeit der Brennerautobahn. Die Nachbarstaaten würden durch den Bau moderner Nord-Süd-Routen mit der zunehmenden Motorisierung, durch die der Ausbau des Straßennetzes für die Wirtschaft der Länder eine immer größere Bedeutung erlange, Schritt halten und sich Vorteile verschaffen. Falls keine radikale Modernisierung der Brennerstraße erfolge, übernähmen die Schweizer Alpenrouten die bisherige führende Rolle des Brenners und auch München könnte umfahren werden und seinen bisherigen Rang als Handelszentrum für dem Süden einbüßen.244 Werner Engelmann reichte im Jahr 1962 an der Universität Innsbruck seine Diplomarbeit über „Die Bedeutung der Brenner-Autobahn für Tirol und den alpenüberquerenden Nord-Südverkehr“245 sowie im Jahr 1966 seine Dissertation über die „Schwierigkeiten und Möglichkeiten des Südtiroler Fremdenverkehrs“246 ein, worin er auch die Gefahr einer Umfahrung des Landes thematisierte. In der Südtiroler Hochschülerzeitung der fahrende skolast veröffentlichte Engelmann den Auszug seiner Dissertation über die verkehrsmäßige Randlage Südtirols, die auf den ersten Blick angesichts der allseits beteuerten zentralen Lage des Landes am wichtigsten Alpenübergang im Herzen Europas gewiss verwunderlich erscheine. Gegen die Errichtung der Brennerautobahn trüge die einflussreiche Metropole Mailand Bedenken vor, die Ansprüche auf eine verkehrsmäßige Vorrangstellung erhebe in der Sorge, dass ein beträchtlicher Touristen- und Güterstrom nicht mehr über ihre Stadt führen werde. Mailand würde auch die Schweizer Tunnelprojekte wie den Mont-Blanc- und den Grossen-St.-Bernhard-Tunnel argwöhnisch betrachten, die ebenfalls den Verkehr an der Metropole vorbeilenken würden und wirtschaftliche Nachteile mit sich brächten. Zur Steigerung der verkehrsmäßigen Attraktivität würde Mailand eine Linienführung 243 NN, „Prognosi riservata“. Ci stanno segando. 244 S[teiner], Nord-Süd-Verbindungen. 245 Engelmann, Die Bedeutung. 246 Ders., Schwierigkeiten und Möglichkeiten des Südtiroler Fremdenverkehrs, unveröffentlichte Dissertation, Innsbruck 1966.

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der Brennerautobahn durch den Jaufen hindurch nach Meran und durch einen Tunnel unter das Stilfser Joch über Bergamo bis nach Mailand propagieren, was jedoch Engelmann aufgrund der topografischen Gegebenheiten für widersinnig hielt. Ein weiteres, von Mailand unterstütztes Projekt betraf die Untertunnelung des Splügenjochs als Verbindung von Genua über Mailand ins Rheintal, dem aber bislang die Schweiz die Zustimmung verwehrt hätte.247 In der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses wurden hinsichtlich des Themenstrangs der Gefahr der Umfahrung wiederholt beinahe identische Zeitungsartikel sowohl in Tiroler als auch in Südtiroler Zeitungen veröffentlicht. So platzierte Josef Dultinger, Präsident der Bundesbahndirektion Innsbruck, im Oktober 1962 einen Aufsatz über den Brennerverkehr als europäisches Anliegen sowohl in den Dolomiten248 als auch in den Tiroler Nachrichten.249 Angesichts des ständig steigenden Verkehrsaufkommens auf den wichtigen alpenüberquerenden Transitrouten hätten sich in den vergangenen Jahren alle Länder des Alpenraums um wirksame Verbesserungen bestehender Verkehrswege respektive die Schaffung neuer leistungsstarker Verkehrsrouten bemüht. Die Modernisierung der im alpenüberquerenden Straßenverkehr dominierenden Brennerstraße sei dabei besonders vordringlich. Während die Brennerautobahn als Teil der E6 in offener Linienführung über den Alpenhauptkamm geführt werden könne, sei die Mehrzahl der projektierten Schweizer transalpinen Fernverkehrsrouten wie jene durch den Mont Blanc, den Grossen St. Bernhard, den Gotthard und den San Bernardino auf die Errichtung von Scheiteltunnels angewiesen. Die überlastete Brennerstraße werde bereits gemieden, wobei sich diese Gefahr der Umfahrung hin zu den modernen Schweizer Nord-Süd-Routen in Zukunft noch weiter zu verstärken drohe, da die Reisenden auch Umwege in Kauf nehmen würden, wenn die Alternative ausgebaute Straßen einen dementsprechenden Fahrkomfort aufweise. Die Brennerstraße könne aber mit den modernen Routen über die Schweizer Alpen kaum konkurrieren, weshalb die Brennerautobahn möglichst rasch realisiert werden müsse, um die Gefahr der Umfahrung des Landes zu bannen und wettbewerbsfähig zu bleiben.250 Einen weiteren Beleg für die Präsenz dieses Themenstrangs lieferte Dr. Manfred Nayer, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, dessen Beitrag am 15. Februar 1964

247 Ders., Die verkehrsmäßige Randlage Südtirols, in: der fahrende skolast. Südtiroler Hochschülerzeitung 11 (1966), Nr. 7/8, S. 23. 248 Josef Dultinger, Der Brennerverkehr – ein europäisches Anliegen, in: Dolomiten, Nr. 216, 2.10.1962, S. 9. 249 Ders., Der Brennerverkehr – ein europäisches Anliegen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 229, 4.10.1962, S. 4. 250 Ders., Der Brennerverkehr, in: Dolomiten. Ders., Der Brennerverkehr, in: Tiroler Nachrichten.

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sowohl im eigenen Blatt251 als auch in der Dolomiten252 auf der jeweiligen Titelseite veröffentlicht wurde. Falls das seit geraumer Zeit bestehende Intrigenspiel hinsichtlich des Weiterbaus der Brennerautobahn nicht so schnell wie möglich beendet werde, müsse die Umfahrung als Tatsache hingenommen werden und die Wirtschaft des Landes verdorren. Bei einer Verzögerung des Weiterbaus der Brennerautobahn werde nicht nur Nordtirol als Reiseland absterben, sondern auch Südtirol, weshalb sich die Vertreter des gesamten Tirol für die unverzügliche Realisierung der Brennerautobahn einsetzen müssten. Aus diesem Grund drängten „gewisse italienische Kreise“ so sehr auf den Bau von Autobahnen, die anderswo als am Brenner die Alpen überqueren würden wie beispielsweise die Autobahn Venedig–München, wobei diese Verbindungen allesamt die historischen Wirtschafts-, Verwaltungs- und Kulturzentren Nord- und Südtirols aussparen und ausschalten würden. Seinerzeit sei so der Niedergang Aquileias verursacht worden und so würde auch Tirol in den Winkel der modernen Zeit gestellt. Ebenso gebe das Schicksal Triests zu denken, da es seit seiner Zugehörigkeit zu Italien immer mehr veröde, während Venedig auf dessen Kosten mit allen Mitteln um seine Geltung und seine Vorteile kämpfe. Gesamttirol müsse gegen eine ähnliche Tragödie ankämpfen. Die Zeit bis zur Realisierung der Brennerautobahn dränge, da die Nachbarn nicht schlafen würden und die Gefahr der Umfahrung drohe.253 In den Dolomiten254 erschien am 18. Januar 1968 ein ungezeichneter Zeitungsartikel über die alpenüberquerenden Routen des Gotthards, San Bernardinos und Brenners, der am 3. Februar 1968 auch in den Tiroler Nachrichten255 veröffentlicht wurde. Ein entscheidender Vorteil des Brenners gegenüber anderen Alpenübergängen sei seine Wintersicherheit, sodass die Brennerautobahn ohne Scheiteltunnel verwirklicht werden könne. Die Verwirklichung einer jeden Verkehrsader – vor allem jene des Auslands – müssten Tirol und Südtirol zu einer detaillierten Analyse der allenfalls negativen Auswirkungen auf die Brennerroute veranlassen. So würde die fertiggestellte San-Bernardino-Route und der Gotthardstraßentunnel viel Verkehr anziehen und eine große Konkurrenz für die Brennerlinie darstellen, sodass die Brennerautobahn als Maßnahme gegen die Gefahr einer Verkehrsablenkung in Richtung Schweiz schnellstmöglich realisiert werden müsse. Zudem sei der Ausbau der verschiedenen

251 Nayer, Soll Tirol, in: Tiroler Tageszeitung. 252 Ders., Soll Tirol kaltgestellt werden?, in: Dolomiten, Nr. 40, 15.2.1964, S. 1-2. 253 Ders., Soll Tirol, in: Tiroler Tageszeitung. Ders., Soll Tirol, in: Dolomiten. 254 NN, Gotthard-, Bernhardin- und Brennerweg. Drei Nord-Süd-Straßenverbindungen durch die Zentralalpen – Zwei Straßen zu wenig, in: Dolomiten, Nr. 14, 18.1.1968, S. 6. 255 NN, Gotthard-, Bernhardin-, Brennerweg und die Stellung Tirols. Drei Nord-Süd-Verbindungen durch die Zentralalpen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 28, 3.2.1968, S. 10.

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innertirolischen Straßen grundlegend, da die Autobahnen nicht nur dem Transitverkehr dienen sollten, sondern auch Zubringer zu den Wirtschaftszentren und Tourismusgebieten Nord-, Süd- und Osttirols sein müssten.256 In der BRD hatte vor allem Bayern, besonders aber der Raum München und Oberbayern ein Interesse an der Verwirklichung der Brennerautobahn. Infolge der Gebietsverlagerungen am Ende des Zweiten Weltkriegs und der Errichtung des Eisernen Vorhangs hatte sich das Schwergewicht von Wirtschaft und Verkehr weiter westwärts verschoben, wodurch Bayern in eine Randlage gedrängt worden sei. Für eine entsprechende Kompensation dieser Entwicklung war Bayern stark an der Realisierung der Brennerautobahn interessiert und befürchtete durch eine Verzögerung des Baus negative Auswirkungen. Dieses Interesse Bayerns zeigte sich beispielsweise an der Präsenz hochrangiger bayerischer Vertreter – insbesondere des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr – bei Brennerkonferenzen oder Eröffnungen von Teilstücken. So hielt Ministerialdirektor Dr. Eberhard Kuchtner vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr auf der „Internationalen Tagung über den Brennerverkehr“ im September 1959 in Bozen einen Vortrag, um das große bayerische Interesse an der Verwirklichung der Brennerautobahn zu bekunden. Er erklärte zu Beginn seiner Ausführungen, dass der Bayerische Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr, Dr. Otto Schedl, verhindert sei und dies außerordentlich bedauere, er werde jedoch am folgenden Tag der Bozner Messe einen Besuch abstatten, was als Zeichen für sein großes Interesse an der Realisierung der Brennerautobahn gewertet werden solle. Kuchtner betonte, das deutsch-italienische Handelsvolumen habe sich in den letzten Jahren ständig vergrößert,257 wobei München eine wichtige Rolle als Umschlagplatz für Obst-, Gemüse- und Weineinfuhren aus dem Süden Europas – vorwiegend aus Italien – spiele.258 Das Interesse der bayerischen Wirtschaft an einem raschen Ausbau der überlasteten Brennerstraße liege in der Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile, sollte die Brennerlinie nicht respektive nur verzögert modernisiert werden, da ein starkes Personen- und Güterverkehrsaufkommen an Bayern vorbei über die Schweiz nach Italien fahren werde.259 Auch in den folgenden Jahren zeigten sich bayerische Akteure aus Politik und Wirtschaft stark an der Verwirklichung der Brennerautobahn interessiert. So wies Staatsminister Dr. Otto Schedl auf dem „25. Österreichischen Straßentag“ im Jahr 1963 in Innsbruck in einer Rede darauf hin, dass das Problem der Brennerautobahn als ideale Nord-Süd-Verbindung die bayerische Wirtschafts- und Verkehrspolitik im

256 NN, Gotthard-, Bernhardin- und Brennerweg, in: Dolomiten, S. 6. NN, Gotthard-, Bernhardin-, Brennerweg, in: Tiroler Nachrichten, S. 10. 257 Kuchtner, Die deutsche Wirtschaft, S. 75. 258 Ebd., S. 77. 259 Ebd., S. 81-82.

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besonderen Maße berühre.260 Aufgrund der tiefgreifenden politischen und wirtschaftlichen Strukturveränderungen seit Kriegsende im mittel- und osteuropäischen Raum hätten sich die Verkehrsströme umorientiert. Im Zuge dessen seien die alten Handelsbeziehungen Bayerns beinahe völlig zum Erliegen gekommen, habe sich die verkehrswirtschaftliche Situation des Landes entscheidend verschlechtert und sei in einen toten Winkel geraten.261 Demgemäß sei Bayern an der Realisierung der Brennerautobahn als direkter Verbindung in Richtung Süden stark interessiert, um dadurch einer drohenden Verkehrsablenkung in Richtung Westen entgegenzutreten und da der Güter- und Personenverkehr von und nach Italien für Bayern eine große Bedeutung bekommen habe.262 Der Ausbau eines einzigen Alpenübergangs sei nicht zielführend, doch vor der Verwirklichung anderer Routen müsse die Brennerautobahn als ideale Nord-Süd-Verbindung realisiert werden.263 Schedl betonte die Notwendigkeit der raschen Verwirklichung der Brennerautobahn auch gegenüber dem deutschen Bundesminister für Verkehr, Hans-Christoph Seebohm, da ein ungenügender Anschluss an das Verkehrsnetz in Richtung Süden aufgrund einer stagnierenden Modernisierung der Brennerlinie das bereits bestehende Problem der Randlage Bayerns verschärfen würde mit kaum auszugleichenden Wettbewerbsnachteilen für die bayerische Wirtschaft.264 Nicht nur bayerische Akteure waren bei den verschiedensten Anlässen zur Frage der Autobahn in Tirol und Südtirol präsent, sondern auch Tiroler und Südtiroler Vertreter in Bayern. So hielt Franz Egert auf Einladung der Bezirksvereinigung München-Oberbayern der „Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft“ in München einen Vortrag über die bayrisch-tirolischen Verkehrsbeziehungen, dessen Rückgrat der Nord-Süd-Verkehr bilde. Im Ost-West-Verkehr würden Bayern und Tirol aufgrund der geografischen Verhältnisse hingegen insgesamt eigene Wege gehen. Beide Länder hätten die grundlegende Gemeinsamkeit der Randlage, einer zunehmend peripheren Position infolge der Entwicklungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der daraus resultierenden Verkehrsverlagerung in Richtung Westen. Für Österreich, aber auch für Bayern liege die Bedeutung des Brennerverkehrs darin, dass er eine Verteidigungslinie gegenüber der Verkehrsabwanderung nach Westen darstelle. Er sei die tragende Säule in den bayerisch-tirolischen Verkehrsbeziehungen

260 Otto Schedl, Die Brenner-Autobahn als ideale Nord-Süd-Verbindung, in: Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen (Hg.), Bericht über den 25. Österreichischen Straßentag (1963), S. 13-25, hier S. 13. 261 Ebd., S. 14. 262 Ebd., S. 17-18. 263 Ebd., S. 20-21. 264 Otto Schedl an Hans-Christoph Seebohm, 18.6.1963, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 19.

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und angesichts der schweizerischen Alpenübergänge einer starken Konkurrenz – insbesondere durch die eidgenössischen Projekte von alpenüberquerenden Nord-SüdRouten – ausgesetzt.265 Hinsichtlich des Themenstrangs der Gefahr der Umfahrung vertraten jedoch auch einige wenige Akteure Positionen außerhalb der diskursiven Grenzen. So warnte ein ungezeichneter Artikel im Volksboten vom 15. April 1961266 vor der Gefahr der Überfahrung Tirols statt vor einer Umfahrung. Eine drohende Verkehrsablenkung scheine nicht länger zeitgemäß – sie sei nach dem Zweiten Weltkrieg als Argument für die Notwendigkeit der Realisierung der Brennerautobahn vertreten worden – und werde gegenwärtig von vielen Fachleuten nicht mehr richtig ernst genommen. Die Umfahrung sei durch den Bau der Brennerautobahn verhindert worden, aber die Überfahrung sei in wirtschaftlicher Hinsicht viel gefährlicher. Tirol habe zum Vorteil von Italien und der BRD kostbaren Kulturgrund geopfert. Die Realisierung der Brennerautobahn führte dazu, dass die Fremden noch schneller durch Österreich hindurchfahren würden und nicht einmal mehr den Benzintank auffüllen bräuchten, sondern ohne Zwischenstopp Tirol durchqueren könnten.267 Tirol habe die Pflicht zur Bewahrung der schönen Alpenwelt für spätere Generationen, wobei der Erhalt möglichst vieler Erholungsstätten Vorrang vor dem Bau einer Autobahn habe, die lediglich vier Monate im Jahr wirklich ausgenutzt werde. Die Aufgabe Tirols in Europa sei es, der Alpengarten Europas zu bleiben und zu werden;268 mit diesem Plädoyer für Landschaftserhaltung und Naturschutz befand sich der Autor weitab des Mainstreams. Auch Hofrat Dipl.-Ing. Karl Payr, führender Beamter des Kulturbauamtes (Abteilung IIIg) des Amtes der Tiroler Landesregierung, lag mit der folgenden Aussage in der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie aus dem Jahr 1968 außerhalb der diskursiven Grenzen des Themenstrangs. Es sei niemals geklärt worden, weshalb und auf wen eine Umfahrungsgefahr über die Schweiz tödlich wirken solle, vielmehr sei sie schlicht als gegeben vorausgesetzt worden.

265 NN, Die bayrisch-tirolischen Verkehrsbeziehungen im Transit- und Fremdenverkehr, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 8.12.1962, S. 8-9. NN, Brennerverkehr erleichtern – hilft gegen Umfahrung. Auch die Bayern sind am Ausbau der Brennerautobahn erstrangig interessiert. Die bayrisch-tirolischen Beziehungen im Transitverkehr, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 284, 10.12.1962, S. 7. 266 NN, Die andere Seite der Brennerautobahn. Entsteht eine neue Verkehrslage? Zentralisierung des Verkehrs oder Ablenkung und Streuung durch Schaffung neuer Ventile? „Der Volksbote“ stellt eine brennende Frage zur Diskussion, in: Der Volksbote. Unabhängiges österreichisches Wochenblatt, Nr. 15, 15.4.1961, S. 8-9. 267 Ebd., S. 8. 268 Ebd., S. 9.

208 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE? „Es ist doch keine europäische Gesinnung, der Schweiz ihren Transitverkehr zu mißgönnen und ihn ihr mit allen Mitteln – koste es, was es wolle – wieder abzujagen? Europäische Gesinnung hegen, heißt, jedem nach seiner Leistungsfähigkeit Aufgaben zuzuteilen, für deren Bewältigung er schon eingerichtet ist.“269

Damit verwies er auf ein anzustrebendes europäisches verkehrspolitisches Konzept, bei dem nicht die regionalen oder nationalstaatlichen Interessen mit allen Mitteln durchzusetzen seien, sondern jede Region verkehrsmäßige Aufgaben bekommen solle. Bis etwa zur Fertigstellung der Brenner- und Inntalautobahn, dem Ende der Stabilisierungsphase des Brennerautobahndiskurses, finden sich Hinweise auf die Verwendung von Aussagen des Themenstrangs der Gefahr der Umfahrung, die offen als Legitimationsstrategie für die Notwendigkeit der Realisierung der Autobahnroute eingesetzt wurden. Mit der Generierung eines Feindbildes wurde ein Schulterschluss der Akteure entlang der Brennerroute bemüht, indem sie ein konsequentes gemeinsames Agieren gegen „die anderen“ betonten. Dabei verwendete man durchwegs einen militärischen Sprachduktus, indem vom nötigen Kampf Tirols und Südtirols gegen die Schweizer Projekte gesprochen wurde und von einer Verteidigungslinie in verkehrsmäßiger Hinsicht, die es unter allen Umständen gegen die Bestrebungen der Nachbarländer zu sichern gelte. Ein möglichst hohes Verkehrsaufkommen durch das eigene Land wurde als positiv gesehen, da es nach der Ansicht des Großteils der Akteure besser sei, „überfahren“ als „umfahren“ zu werden. 5.2.3 Die Autobahn als „Tiroler Projekt“: Landespolitischer und ethnischer Themenstrang rund um die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol Ein weiterer Themenstrang beinhaltete die Wahrnehmung der Brennerautobahn als „Tiroler Projekt“, bei dem vornehmlich politische Akteure für die Stärkung der Verbindung zwischen Tirol und Südtirol durch den Bau der Autobahn eintraten. Die regelmäßig auftretenden Aussagen nördlich und südlich des Brenners differierten dabei in hohem Maße. In Tirol erachtete man die Brennerautobahn als Bindeglied zwischen den getrennten Landesteilen, welche die Einheit des Landes wenigstens in verkehrsmäßiger Hinsicht durch die Verkürzung der Fahrzeit, aber auch unter ökonomischem Aspekt wiederherstellen könne. Zudem könne eine bessere Verkehrserschließung der Landesteile den persönlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontakt mit Südtirol in beachtlichem Umfang anregen. Die Brennerautobahn galt mithin als Symbol für eine stärkere Durchlässigkeit der Brennergrenze mit einer verbesserten An- und Verbindung zum südlichen Landesteil. In Südtirol hingegen ließ wiederholt die Aussage 269 Payr, Der Brennerverkehr, in: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie, S. 6.

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aufhorchen, dass bei der Verwirklichung der Brennerautobahn die Politik auf die Anstellung einheimischer Arbeitskräfte achten müsse, um sich einer drohenden weiteren Italianisierung entziehen zu können. Trotz Bedenken über negative Auswirkungen der Autobahn auf das Land waren sich die Südtiroler Politiker einig, dass die Modernisierung der Brennerstrecke unumgänglich sei, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Vergleich zu anderen Themensträngen war die landespolitische Propagierung der Autobahn als ein „Tiroler Projekt“ nur wenig verbreitet und blieb beinahe ausschließlich auf die Aussagen von Politikern beschränkt. Wirtschaftsvertreter hingegen führten selten ein Argument aus diesem Themenstrang an. Zudem traten entsprechende Aussagen oftmals in Verbindung mit anderen Themensträngen auf, woraus Überschneidungen und Neuverknüpfungen resultierten. Inoffizielle Überlegungen auf Tiroler Seite, die Betonung der Einheit der Landesteile durch die Namensgebung von Bauwerken zu implizieren, finden sich beispielsweise in einem knapp gehaltenen Aktenvermerk des Tiroler Landeswirtschaftsund Landesfremdenverkehrsreferenten an den damaligen Tiroler Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey vom 23. April 1959. Der Autor führte dabei nicht seine persönlichen Überzeugungen an, sondern eine Anregung von Karl Innerebner270 in dessen Vorsprache, die „neue Autobahn-Brücke nicht als Sillbrücke zu bezeichnen, sondern als Wipptaler-Brücke“. Dabei spiele auch die „Überlegung eine Rolle, dass das Wipptal über die Landesgrenzen hinaus bis Sterzing greife und eine Verbindung zu Südtirol durch den Namen gegeben wäre“271. Nach Ansicht des Landeswirtschaftsund Landesfremdenverkehrsreferenten solle diese „auf jeden Fall bemerkenswert[e]“272 Anregung von Mitgliedern des Heimatschutzes geprüft werden. Auch wenn nicht explizit angeführt wurde, welche der drei Sillbrücken in der mit inoffiziellem Sprachduktus gehaltenen Quelle intendiert war, liegt die Annahme nahe, dass damit auf die Sillbrücke III, die nachmalige Europabrücke, verwiesen wurde. Der Spatenstich für dieses technische Bauwerk erfolgte zwei Tage nach dem Aktenvermerk. Bei diesem Anlass gab – wie oben bereits erwähnt – der österreichische Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, Dr. Fritz Bock, die Entscheidung bekannt, das Bauwerk als „Europabrücke“ zu bezeichnen. Innerebners Anregung blieb demgemäß folgenlos. Das Wipptal ist eine alte Kulturlandschaft, die sich südlich und nördlich des Brenners erstreckt und durch die Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg willkürlich

270 Karl Innerebner wurde am 6. April 1870 in Bozen geboren und verstarb am 5. September 1970 in Innsbruck. Gertrud Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon. Ein Nachschlagewerk über Menschen und Orte des Bundeslandes Tirol, Innsbruck/Wien/Bozen 2005, S. 214. 271 Landeswirtschafts- und Landesfremdenverkehrsreferent, Aktenvermerk für Landeshauptmann Hans Tschiggfrey, 23.4.1959, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 272 Ebd.

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getrennt wurde, was die Bevölkerung als Unrecht auffasste.273 Mit der zur Diskussion gestellten Namensgebung des Bauwerks als „Wipptaler-Brücke“ beabsichtigte Innerebner, die Verbindung des Bundeslands Tirol zu Südtirol zum Ausdruck zu bringen, da sich auch die geografische Bezeichnung „Wipptal“ über die Grenze hinweg auf beide Regionen erstrecke. Karl Innerebner war in Tirol eine bekannte Persönlichkeit, der den Bau einer Reihe von Verkehrsinfrastrukturprojekten geleitet hatte. Er hatte seine Kindheit in Bozen verbracht und nach dem Studium in Graz und München als Staatsbeamter in Bozen und Meran den Ausbau der Stilfser-Joch-Straße geleitet, der höchsten Alpenstraße Europas. Als Chefingenieur und Teilhaber der Firma von Josef Riehl verantwortete er das Sillwerk, das zum Zeitpunkt seiner Errichtung größte Wasserkraftwerk der Monarchie. Im Jahre 1899 erbaute er die Innsbrucker Mittelgebirgsbahn und realisierte in der Folgezeit verschiedene Bahnprojekte wie beispielsweise die Rittner Bahn, den Großteil der Innsbrucker Straßenbahnen oder die Stubaital-, die Tauern- und die Karwendelbahn. Zudem zeichnete er für den Bau der Mittenwaldbahn verantwortlich, die erste elektrische Vollbahn Österreichs. Nach dem Tode Riehls übernahm er gemeinsam mit August Mayer die Firma und führte sie bis zum Jahr 1957 weiter, wobei er unter anderem das Achenseekraftwerk, die Rienzwerke und das Schnalstalwerk sowie viele Straßen verwirklichte.274 Die A13 und die A12 wurden im Bundesland Tirol während der gesamten Phase der Stabilisierung des Autobahndiskurses gemeinsam als Tiroler Autobahn bezeichnet. Straßenbaudirektor Leo Feist nannte in seinem Beitrag „Tirols Behauptung als Verkehrskreuz im zentralen Alpenraum“ im Buch „Die Behauptung Tirols“ – einer von Hubert Senn im Jahr 1973 anlässlich des 60. Geburtstags von Eduard Wallnöfer herausgegebenen Festschrift – die Verkehrsübergabe der durchgehenden Autobahn von Kufstein bis zum Brenner einen langersehnten Wunsch Tirols, der endlich in Erfüllung gegangen sei. Die Bezeichnung der A12 und A13 als „Tiroler Autobahn“ geschehe nicht zu Unrecht, „weil so in Fortsetzung mit der bereits südlich des Brennerpasses erbauten Autobahn vom Brenner über Sterzing nach Brixen und Bozen, die beiden politisch voneinander getrennten Landesteile Nord- und Südtirol wieder näher

273 Hugo Penz, Das Wipptal. Bevölkerung, Siedlung und Wirtschaft der Paßlandschaft am Brenner (Tiroler Wirtschaftsstudien 27), Innsbruck/München 1972. Ders., Das Wipptal. Die Kulturlandschaft entlang der Brennerlinie, in: Franz Fliri/Adolf Leidlmair (Hg.), Tirol. Ein geographischer Exkursionsführer (Innsbrucker Geographische Studien 2), Innsbruck 1975, S. 195-212. Hugo Penz, Das Nordtiroler und das Südtiroler Wipptal. Räumliche Differenzierungsprozesse seit der Grenzziehung nach dem Ersten Weltkrieg, in: Österreich in Geschichte und Literatur 52 (2008), Heft 5b-6, S. 346-361. 274 Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon, S. 214.

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aneinanderrücken können“275. Laut Feist öffnete die Brennerautobahn demnach die Staatsgrenze mit der Folge einer stärkeren Annäherung der getrennten Landesteile. Der landespolitische Themenstrang manifestiert sich auch in der Berichterstattung über die Eröffnungsfeierlichkeiten von Teilstrecken der Brennerautobahn. Die Gravur auf der größeren der beiden Glocken der Europakapelle „Tirol in Nord und Süd grüßt Europa“ stellte eine semantische Verknüpfung zwischen der landespolitischen Einheit und dem europäischen Gedanken dar, da sie einerseits die Verbundenheit Tirols und Südtirols verdeutlichte, andererseits aber auch die Öffnung der Regionen hin zu einem supranationalen Konstrukt namens Europa. Mit dieser Äußerung wurde eine regionalpolitische Abschottung als nicht mehr zeitgemäß begriffen und durch das Prädikat „grüßt“ eine positive Attitüde gegenüber „Europa“ an den Tag gelegt. Am Ende der Rede des Tiroler Landeshauptmanns Wallnöfer bei der Eröffnung der Europabrücke am 17. November 1963 wiederholte er die in die Glocke der Europakapelle eingravierten Worte „Tirol in Nord und Süd grüßt Europa“276. Der letzte Satz einer offiziellen Ansprache sollte sich der versammelten Menge durch eine prägnante Formulierung – oftmals in Form eines Ausrufesatzes – einprägen. Wallnöfer beschwor in der Rede nicht explizit die Einheit Tirols und Südtirols, verwies durch diesen letzten Satz jedoch auf eine fortdauernde Verbundenheit des Gebietes nördlich und südlich des Brenners. Auch die Medien schenkten der Eröffnung des ersten Teilstücks der Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg mit dem markanten Bauwerk der Europabrücke große Beachtung. In landespolitischer Hinsicht lässt sich zudem ein Passus des Artikels in der Tiroler Tageszeitung über die Eröffnungsfeierlichkeiten der Verkehrsfreigabe des Teilstücks Innsbruck–Schönberg lesen: „Zu einer spontanen Südtirolkundgebung kam es, als die Schönberger Musikkapelle unmittelbar nach der Segnung das Bozner Bergsteigerlied spielte. Die tausenden Zuschauer rundum faßten die Intonierung des Marsches in diesem feierlichen Augenblick wie selbstverständlich als einen Treuegruß Österreichs an die Südtiroler Bevölkerung auf.“277

Das von Karl Felderer im Jahr 1926 verfasste „Bozner Bergsteigerlied“, auch bekannt als „Südtiroler Heimatlied“ und verschiedentlich als Südtiroler Landeshymne aufgefasst, wurde auch in den 1960er Jahren unter deutschsprachigen Politikern als das musikalische Werk erachtet, das stellvertretend für Südtirol stand. Die Auswahl des 275 Leo Feist, Tirols Behauptung als Verkehrskreuz im zentralen Alpenraum, in: Hubert Senn (Hg.), Die Behauptung Tirols, Innsbruck/München 1973, S. 53-83, hier S. 64. 276 [Ansprache des Landeshauptmannes von Tirol Eduard Wallnöfer bei der Eröffnung der Europabrücke], 17.11.1963, S. 5, TLA, ATLR Praes III. 277 NN, Verbinde in Frieden.

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Musikstücks sowie dessen beschriebene Wirkung auf die Anwesenden deutete der Verfasser des Artikels in der Tiroler Tageszeitung als eine „spontane Südtirolkundgebung“. Offizielle Stellungnahmen für die angestrebte Einheit des Landes nördlich und südlich des Brenners fehlten bei den Eröffnungsfeierlichkeiten, wogegen es durchaus subtile Hinweise auf die als Unrecht empfundene Trennung gab. Indes sei aber stets zu berücksichtigen, dass in den Reden und Berichterstattungen anlässlich der Freigabe von Teilstücken oft andere Themenstränge im Vordergrund standen als der Betonung technischer Errungenschaften. Spätere Eröffnungen von Teilstrecken der A13 und der A12 lassen ebenfalls die Hoffnung erkennen, das Bauwerk möge sich auf die An- und Verbindung zwischen dem Bundesland Tirol und Südtirol positiv auswirken. Der Leitartikel der Tiroler Nachrichten am 4. Dezember 1967 über die Eröffnungsfeierlichkeiten der Teilstrecken Innsbruck-Ost–Innsbruck-Süd und Schönberg–Matrei/Steinach am Tag zuvor führte auf der Titelseite die Ansprache von Landeshauptmann Wallnöfer in Form einer Paraphrasierung an, in der er allen Beteiligten Dank aussprach und die Hoffnung ausdrückte, dass „diese Straße Nord- und Südtirol noch enger aneinander binden wird“278. Wallnöfer blieb in seiner Formulierung allgemein und präzisierte nicht, ob er damit auf eine Anbindung in politischer oder ökonomischer Hinsicht referierte. Auch eine Publikation der Tiroler Landesbaudirektion mit dem Titel „Gedanken über die Neubewertung der Bundesstraßen in Tirol“ führte die regionalpolitische Bedeutung von Straßenverkehrsverbindungen zwischen diesem Bundesland und Südtirol an, wobei allerdings nicht nur auf den Brenner, sondern auf sämtliche Passstraßen Bezug genommen wurde. „Nicht vergessen werden darf die landespolitische Bedeutung der nach Süden führenden Paßstraßen [zum Beispiel Reschen], denn solche Straßen sind Bindeglieder zwischen Tirol und dem abgetrennten Landesteil Südtirol.“279 Auch nach der Fertigstellung der A13 wurde mitunter bei Eröffnungen von Teilstrecken der Inntalautobahn auf die landespolitische Thematik in Bezug auf die Brennerautobahn verwiesen. So betonte der österreichische Bundesminister für Bauten und Technik, Dr. Vinzenz Kotzina, bei der Verkehrsübergabe des Teilstücks Volders–Weer am 16. November 1969 laut Berichten der beiden wichtigsten Tageszeitungen in Tirol, der Tiroler Tageszeitung und den Tiroler Nachrichten, in einem Überblick über den Autobahnbau in Tirol den Vorrang der Brennerautobahn vor al-

278 NN, Neuer Abschnitt der Brennerautobahn. In einer Ansprache drückte Landeshauptmann Wallnöfer die Hoffnung aus, daß diese Straße Nord- und Südtirol noch enger aneinanderbinden wird – Feierliche Begrüßungen der hohen Gäste in Schönberg und in Mühlbachl, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 280, 4.12.1967, S. 1. 279 Amt der Tiroler Landesregierung, Gedanken, S. 9.

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lem aus ökonomischen Gründen. Zudem sei mit der Verwirklichung der Brennerautobahn die Verbindung Tirols mit Südtirol enger gestaltet worden, was einer „echte[n] Südtirolpolitik“ gleichkomme.280 Anlässlich der Fertigstellung der Inntalautobahn am 4. August 1972 veröffentlichten die Tiroler Tageszeitung und die Tiroler Nachrichten Sonderbeilagen, in denen Landeshauptmann Wallnöfer für je einen Beitrag verantwortlich zeichnete. In der Tiroler Tageszeitung-Sonderbeilage vom 4. August 1972 betonte er, dass Autobahnen und moderne Straßen über die unmittelbare Verkehrs- und Wirtschaftsbedeutung hinaus politische Fakten seien, „die gewissermaßen unter den Konferenztischen der Politiker und Staatswissenschaftler Integration erzeugen. Nicht zuletzt deshalb wurde von den politischen Kräften Tirols seit Jahrzehnten aller Nachdruck auf den Bau von Autobahnen und grenzüberschreitenden Straßen gelegt. Sie integrieren mehr und mehr unsere als Kultur- und Wirtschaftsraum unteilbare Heimat Tirol, sie führen unser Land Tirol und Österreich nach Europa. Dies ist ihre große geschichtliche Funktion in unseren Tagen.“281

Einen Tag später äußerte Wallnöfer in der Sonderbeilage der Tiroler Nachrichten den Wunsch, dass die neue durchgehende Autobahn von Kufstein bis zum Brenner viel dazu beitragen werde, dass „infolge der besseren Verkehrsverbindung unsere Landesteile näher zueinander rücken. Dies gilt sowohl für die einzelnen Landesteile in Nordtirol, als auch für die Verbindung von der Landeshauptstadt über die Inntalautobahn und die Felbertauernstraße nach Osttirol, als aber auch für die Verbindung nach Südtirol.“282

Dem gebürtigen Südtiroler Wallnöfer war die Südtirolproblematik während seiner gesamten Regierungszeit (1963-1987) ein großes Anliegen. Auf regionalpolitischer Ebene versuchte er mit verschiedenen Initiativen wie der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE ALP) die Landeseinheit Tirols auf einer umfassenden Ebene zu

280 NN, Autobahn-Teilstück Volders–Weer nun in Betrieb. Feierliche Eröffnung durch Bautenminister Dr. Kotzina – Damit 52 km Autobahn durchgehend befahrbar – bisher 1 Mrd. S ausgegeben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 265, 17.11.1969, S. 3. NN, Autobahn Volders–Weer dem Verkehr übergeben, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 265, 17.11.1969, S. 12, hier S. 2. 281 Eduard Wallnöfer, Dank an Techniker, Unternehmer, Arbeiter, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 179, 4.8.1972 (Sonderbeilage: Inntalautobahn), S. 3. 282 Ders., Die Tiroler Autobahn. Kufstein–Innsbruck–Brenner, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 180, 5.8.1972 (Sonderbeilage), S. 1.

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fördern. Zudem erschien ihm die Verwirklichung der Brennerautobahn als eine Möglichkeit, die Einheit des Landes nördlich und südlich des Brenners lancieren zu können. In einer auf die Betonung der Verkehrssicherheit der A13 zielenden Publikation aus dem Jahr 1977 erklärte Wallnöfer, dass neben der großen verkehrsmäßigen und wirtschaftlichen Bedeutung als Zufahrts- und Durchfahrtsmöglichkeit die politische Bedeutung nicht vergessen werden könne, „die einmal darin besteht, daß das Zusammenkommen der 1918 geteilten Tiroler Bevölkerung, sohin die Pflege der geistig-kulturellen Landeseinheit, sehr erleichtert wurden, zum anderen konnte durch die schnelle Verbindung über den Brenner von München bis Mailand die Zusammenarbeit der Alpenländer sehr vorangetrieben werden […].“283

Die angeführten Quellenbeispiele zeigen, dass die Betonung der landespolitischen Einheit im Zusammenhang mit der Brennerautobahn nur bei Mitberücksichtigung des historischen Kontexts verständlich wird. Die Teilung der Region war in der politischen Agenda Tirols eines der am stärksten verankerten Themen und galt als „Herzensangelegenheit“ der Tiroler Politik.284 Im Gegensatz zur Position der landespolitischen Bedeutung der Brennerautobahn hinsichtlich einer besseren Anbindung der Landesteile und des Einheitsgedankens Gesamttirols gab es auch einen skeptischen, wenn nicht ablehnenden Standpunkt, der in der Brennerautobahn eine Gefahr hinsichtlich der Italianisierung Südtirols erkannte und sie daher kritisch bewertete. Eine derartige Position Ansicht wurde nicht nur in Südtirol vertreten sondern auch von Tiroler Politikern wie Dipl.-Ing. Dr. Franz Lechner, Nationalrat und Kammeramtsdirektor der Landeslandwirtschaftskammer für Tirol. In einem vertraulich gehaltenen Schreiben von Lechner an den damaligen Landeshauptmann von Südtirol, Dr.-Ing. Alois Pupp, vertrat er die Ansicht, dass „besonders auch die Strassen wichtige Instrumente einer Volkstums- und Wirtschaftspolitik für das Deutschtum in Südtirol sein sollen“285, weshalb er Bedenken gegen die Brennerautobahn hege. Er sprach sich dafür aus, die „allzu übereifrigen und übermässigen Planungen über die Brennerautobahn auf unserer Seite auf das nach den wirklichen Gegebenheiten angepasste, bescheidene Ausmass zurückzuführen“286. In einem Schreiben an Heinz Knoflach, Sektionsgeschäftsführer der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Innsbruck) und nachmaliger Präsident der österreichischen Brennerautobahngesellschaft, vom 7. September 1959 warnte Lechner davor, dass bei Vollendung der gesamten Brennerautobahn der erhoffte Massenstrom eintreten werde und 283 Ders., Die Bedeutung, in: Brennerautobahn, S. 9. 284 Gehler, Einleitung, S. 18. 285 Franz Lechner an Landeshauptmann Alois Pupp, 26.4.1960, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 286 Ebd.

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„dann reisst dieser Strom so viel an landschaftlichen Werten, an menschlichen Werten deutschen Volkstums im deutschen Süden mit und staut sich in Bozen mit der Folge, dass Bozen noch viel größer werden muss, aber das nur mit dem italienischen Volksteil und für den italienischen Volksteil wachsen wird. Eine weitere Folge dieser Vorrangstellung des Brenners ist aber auch, dass das Vintschgau und das Pustertal als die noch am besten gesicherten deutschen Volkstumsgebiete noch mehr an den Rand gedrängt und vernachlässigt und verarmt bleiben und die wirtschaftliche Übermacht des immer mehr italienisierten Eisacktales dieses immer härter und folgenschwerer zu tragen haben wird. Diesem Gedankengang wird auch von maßgeblichen Vertretern unseres Südtiroler Volkes beigestimmt und sollte doch bei uns ernstlich bedacht werden.“287

Lechner führte nicht an, von welchen „maßgeblichen Vertretern“ Südtirols er sprach. Aus seiner Sicht sei die Südtiroler Politik der Brennerautobahn gegenüber kritisch eingestellt, da sie eine Italianisierung infolge des Baues fürchte, wobei die Tiroler Politik dies stets im Hinterkopf behalten müsse. Anstelle einer weiteren Italianisierung aufgrund des Baus der Brennerautobahn müssten der Vinschgau und das Pustertal strukturelle Förderung erhalten, da mit wirtschaftlichen Maßnahmen die deutsche Volksgruppe unterstützt werden könne. Der landespolitische Themenstrang auf Südtiroler Seite unterschied sich von jenem im Bundesland Tirol dadurch, dass die Äußerungen noch stärker inoffiziellen Charakter hatten und der Hoffnung auf eine Anbindung der Landesteile weder medial noch in offiziellen respektive semi-offiziellen Aussagen Ausdruck verliehen wurde. Aber es fehlten auch öffentliche Diskussionen über eine womöglich drohende weitere Italianisierung Südtirols aufgrund des Baus der Brennerautobahn. Unter dem faschistischen Regime war es zu einer gesteuerten Zuwanderung von Italienerinnen und Italienern nach Südtirol gekommen, die ab 1934/1935 vor allem in der neu geschaffenen Industriezone in der Landeshauptstadt Bozen Arbeit fanden. Auch in den 1950er Jahren unterlag die deutsch- und ladinischsprachige Bevölkerung starkem Druck vonseiten Italiens und war von einer hohen Arbeitslosigkeit betroffen. Aufgrund der geringen Industrialisierung der peripheren Gebiete blieb die Landwirtschaft neben dem beginnenden Tourismus eine wichtige Einnahmequelle, konnte jedoch nicht mehr genügend Personen beschäftigen, sodass vor allem junge Südtirolerinnen und Südtiroler im Ausland einer Arbeit nachgehen mussten. Die Sicherstellung von Arbeitsplätzen für die einheimische Bevölkerung war Gegenstand von Diskussionen bei Verabschiedung des Statuts für die letztlich am 20. Februar 1959 gegründete Autobahnaktiengesellschaft mit Sitz in Trient. Diejenigen Südtiroler Körperschaften aus Politik und Wirtschaft, die Gesellschafter der Aktiengesellschaft wurden, waren neben der Autonomen Region Trentino-Tiroler Etschland

287 Franz Lechner an Heinz Knoflach, 7.9.1959, S. 3, TLA, Kanzlei LH, 8 (1).

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die Provinz Bozen, die Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen und die Gemeinde Bozen.288 Demzufolge waren Südtiroler Politiker und Vertreter der Wirtschaft Mitglieder des Verwaltungsrates und der Generalversammlung der „Autostrada del Brennero S.p.A.“, wobei diese mehrheitlich der deutschen Sprachgruppe angehörten. Am 20. Februar 1959 wurde die Satzung der Aktiengesellschaft von den Gesellschaftern angenommen. Den Südtiroler Aktionären war es nach langwierigen Debatten gelungen, eine ethnische Klausel in Artikel drei des Gründungsstatuts zu verankern, der den Zweck der Autobahngesellschaft – Erlangung der Konzession sowie Errichtung und Verwaltung der Brennerautobahn – festlegte, die wie folgt lautete: „Für den Bau und für die Verwaltung der Autobahn und der damit zusammenhängenden Bauten und Dienste muß im Rahmen des örtlichen Angebotes die Einstellung von Arbeitskräften der entsprechenden Provinz (Angestellte, Arbeiter, Geschäftsleute) gewährleistet sein, wobei außerdem für die Provinz Bozen, immer im Rahmen des örtlichen Angebotes, das Verhältnis der Volksgruppen zu berücksichtigen ist.“289

Dadurch sollte die Einstellung unqualifizierter Arbeitskräfte aus anderen Provinzen vermieden werden. Dies bezog sich auf alle Arbeiten und Betriebe, die mit dem Bau respektive dem Betrieb der Brennerautobahn zusammenhingen (beispielsweise Tankstellen oder Gaststätten entlang der Autobahn). Für die Provinz Bozen gewährleistete dieser Artikel zusätzlich die proportionale Repräsentation der Volksgruppen hinsichtlich der Einstellung von Arbeitern und Angestellten für den Bau und die Verwaltung der Brennerautobahn – aber immer mit der Einschränkung, dass auch ein entsprechendes Angebot an Arbeitskräften vorhanden war. Zwei Tage nach der Entscheidung des Verwaltungsrats der Brennerautobahngesellschaft am 16. September 1959, de Unterrichter in Zusammenarbeit mit Bruno Gentilini mit weiteren Vorarbeiten für ein Vorprojekt der Brennerautobahn zu betrauen,290 sprach sich Walter Amonn in einem Schreiben an die Leitung der SVP für die Einstellung deutschsprachiger Südtiroler Arbeitskräfte bei der Planung und Er-

288 Turrini, Tätigkeit, S. 131-132. Callin, Eine Brücke, S. 31. 289 Statuto della S.p.A. Autostrada del Brennero. Costituita con rogito 20 febbraio 1959 n. 15351 Rep. notaio Marchesoni di Trento, Trient [1959], in: Dekret des Präsidenten des Regionalausschusses Nr. 41 vom 13.3.1959 über die Genehmigung der Satzung der Aktiengesellschaft „Brenner-Autobahn“, in: Amtsblatt der Region Trentino-Tiroler Etschland, 21.4.1959, Nr. 17, S. 170-178, hier S. 171, CCIAA, Archivio di deposito, statuto. 290 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della seduta del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. Autostrada del Brennero, tenutasi a Trento presso la Sede della Giunta provinciale, 16.9.1959, S. 5, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni.

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richtung der Brennerautobahn aus. Amonn war Unternehmer, SVP-Gründungsmitglied, zwischen Mai 1945 und Ende Dezember 1946 zweiter Vizepräfekt von Bozen (des Amtes enthoben), Finanzassessor im Bozner Stadtrat von 1948 bis 1952, von 1952 bis 1956 Landtagsabgeordneter, Mitbegründer der Bozner Messe und Präsident der Kaufleutevereinigung der Provinz Bozen.291 Er monierte die Entscheidung, lediglich italienischsprachige Ingenieure mit der Ausarbeitung des Vorprojekts zu betrauen angesichts der Tatsache, dass „wir hier auf dem Straßenbaugebiete einen besonders tüchtigen Fachmann, Herrn Ing. [Georg] Innerebner, Neffe des Oberbaurates [Karl] Innerebner, der den Straßenbau in Nordtirol übernommen hat, haben und obwohl die Einstellung eines deutschen Ingenieurs auch eine gewisse Beruhigung für die Zukunft gebracht hätte.“292

Innerebner hatte sich bereits in der Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses für die Errichtung der Autobahn stark eingesetzt und war Leiter der Arbeitsgruppe für die Brennerautobahn gewesen. Amonn warnte vor den Gefahren einer weiteren Italianisierung durch deren Bau und setzte sich für die Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte bei der Realisierung des Infrastrukturprojekts ein: „Wir müssen uns auch vorstellen, so nützlich die Autobahn ist, so wird sie fast unweigerlich viele tausende von den ital[ienischen] Arbeitern ins Land bringen[,] und zwar auf mehrere Jahre. Dieses gewaltige Bauvorhaben wird gerade in unserem Gebiete vom Brenner heran die größten technischen Schwierigkeiten mit sich bringen und deshalb viele Spezialarbeiter brauchen, die begreiflicherweise auf Jahre das Land überschwemmen werden. Es wäre daher wichtig, daß gleich bei den Vorbereitungsarbeiten Hiesige beigezogen werden, da die Vorprojekte sich oft in die eigentlichen Bauarbeiten verwandeln, damit zumindestens die Hilfsarbeiter zum Bau der Straße aus unseren Tälern, wo ja bekanntlich sehr viel Unterbeschäftigung ist, genommen werden. Man könnte annehmen, daß dies vielleicht zu viel Besorgnis für die Zukunft ist, anderseits aber ist es gerade so, daß – wenn es ein politisches Problem ist[,] d.h. die Zuwanderung fördern zu können – die Möglichkeit zur Errichtung der Autostraße eher gegeben wird als umgekehrt.“293

291 Amonn wurde am 28. Juni 1898 in Bozen geboren und verstarb am 27. Jänner 1989. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 963 (Internetquellen). Gehler (Hg.), Tirol. „Land im Gebirge“, S. 851. 292 Walter Amonn an Parteileitung der Südtiroler Volkspartei, 18.9.1959, SLA, SVP Landesleitung 955. 293 Ebd.

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Amonn ersuchte die Parteileitung der SVP, diese Angelegenheit im Auge zu behalten, um „vielleicht auch schon beim Vorprojekt noch einen gewissen Einfluß nehmen zu können“294. Die von Amonn angeführte Thematik wurde bei der Sitzung der Parteileitung am 21. September 1959 besprochen und der Beschluss gefasst, sich dafür einzusetzen, Georg Innerebner stärker in die Erarbeitung des Projekts miteinzubeziehen und einen größeren Einfluss auf diesen Aspekt der Autobahn zu nehmen. Die Südtiroler Verwaltungsratsmitglieder der Autobahngesellschaft sollten dafür einvernehmlich eintreten.295 Bei der Sitzung des Verwaltungsrats der Aktiengesellschaft am 14. Dezember 1959 in Trient sprachen sich die Südtiroler Vertreter aus Politik und Wirtschaft für die Berücksichtigung lokaler Arbeitskräfte – namentlich Ingenieure und Techniker – bereits in der Phase der Planung der Brennerautobahn aus. So wünschte von Walther, der Repräsentant der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen, dass de Unterrichter und Gentilini empfohlen werde, für die Ausarbeitung des Vorprojekts auch lokale Arbeitskräfte der jeweiligen von der Autobahn durchquerten Provinzen zu berücksichtigen.296 Als anschließend der Verwaltungsrat über die Genehmigung der Vereinbarung bezüglich der Ausarbeitung des Vorprojekts durch de Unterrichter und Gentilini abstimmte, enthielten sich die deutschsprachigen Südtiroler Anton Schatz, Assessor für Öffentliche Arbeiten im Südtiroler Landtag, und Dr. Leo von Pretz der Stimme. Sie begründeten dies damit, dass die Bevölkerung des Eisacktales Befürchtungen geäußert habe, Südtiroler Techniker und Ingenieure würden bei der Ausarbeitung des Autobahnprojektes nicht einbezogen, und geargwöhnt werde, dass sich dies beispielsweise bei den Enteignungen des Grund und Bodens, der für den Autobahnbau benötigt werde, negativ auswirken werde.297 Turrini versicherte als Präsident der Autobahngesellschaft, er werde den beiden Projektanten die Zusammenarbeit mit lokalen Ingenieuren bereits in der Ausarbeitungsphase des Vorprojektes nahelegen.298 In einem Schreiben vom 18. Dezember 1959 an de Unterrichter begründete Schatz seine Stimmenthaltung. Es sei „nicht nur ausserordentlich notwendig[,] son-

294 Ebd. 295 Hans Stanek an Anton Schatz, 22.9.1959, SLA, SVP Landesleitung 955. NN an Peter Brugger, 30.11.1959, SLA, SVP Landesleitung 955. 296 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. Autostrada del Brennero, tenutasi a Trento nella Sala Verde della Giunta Provinciale, 14.12.1959, S. 2, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. 297 Ebd., S. 3. 298 Ebd.

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dern auch klug […] – besonders was die Provinz Bozen angeht – einheimische Techniker (Ingenieure, Geometer) zur Ausarbeitung [des Projekts] heranzuziehen“299, wobei dies allgemein für sämtliche Provinzen gelte, durch deren Territorium die Autobahn führe. Zu seinem Bedauern teilten viele andere italienischsprachige Mitglieder im Verwaltungsrat seine Meinung nicht. Schatz ersuchte de Unterrichter, der Empfehlung des Verwaltungsrats, einheimische Techniker zu Rate zu ziehen, Rechnung zu tragen und führte dabei namentlich Georg Innerebner, den ehemaligen Vorsitzenden des Arbeitskomitees der Brennerautobahn, an, der sich dazu bereit erklärt habe, einen solchen Auftrag zu übernehmen.300 Schatz leitete seine Stellungnahme auch den deutschsprachigen Mitgliedern des Verwaltungsrates weiter.301 Die Berücksichtigung deutschsprachiger Techniker und Ingenieure könne bei den Projektierungsarbeiten für Südtirol von größter Wichtigkeit sein. Auch die SVP schloss sich dieser Einschätzung an.302 Da die Brennerautobahngesellschaft und die Projektanten diesem Anliegen jedoch auch in den darauffolgenden Monaten nicht in erhofftem Ausmaße Folge leisteten, setzten sich die Südtiroler Mitglieder des Verwaltungsrats weiterhin für eine Einstellung einheimischer Ingenieure und Techniker ein. So forderte Walter von Walther bei der Sitzung des Verwaltungsrats der Aktiengesellschaft am 4. April 1960 die Projektanten erneut auf, auch lokale Arbeitskräfte zu beschäftigen. Daraufhin erklärte Turrini, dass die Projektanten die Einstellung einheimischen Personals für die Ausführung der Bauarbeiten garantiert hätten.303 Trotz des Engagements von Südtiroler Mitgliedern des Verwaltungsrats der Brennerautobahngesellschaft für die Beschäftigung einheimischer Arbeitskräfte bei der Planung und Durchführung des Verkehrsinfrastrukturprojekts blieb ein durchschlagender Erfolg aus. Projektant Senator de Unterrichter gab zwar Zusicherungen einer Berücksichtigung des Anliegens, betonte jedoch, dass das Prinzip einer bevorzugten Einstellung von Südtirolern bei der Projektierung und Realisierung der A22 sehr schwierig umzusetzen sei, da die deutschsprachige Bevölkerung oftmals nicht ausreichend qualifiziert seien.304 299 Anton Schatz an Guido de Unterrichter, 18.12.1959, SLA, SVP Landesleitung 955. 300 Ebd. 301 Anton Schatz an Landesleitung der Südtiroler Volkspartei, 22.1.1960, SLA, SVP Landesleitung 955. 302 Hans Stanek an Karl Tinzl und an Luis Sand, 16.2.1960, SLA, SVP Landesleitung 955. Siehe auch: [Interne Besprechung der SVP], [1960], SLA, SVP Landesleitung 955. 303 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della riunione del Consiglio di Amministrazione della S.p.A. „Autostrada del Brennero“ tenutasi a Modena, nella sede della Camera di Commercio, Industria e Agricoltura, 4.4.1960, S. 2-3, CCIAA, Archivio di deposito, convocazioni. 304 Handelskammer Bozen, Protokolle 1955-1960, Sitzungsprotokoll Nr. 7 der Sitzung des Kammerausschusses der Handelskammer Bozen am 17.5.1960, [Bozen 1961], S. 4.

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Auch in den Debatten im Regionalrat wurde auf die von den deutschsprachigen Repräsentanten durchgesetzte ethnische Klausel in Artikel drei des Gründungsstatuts der Brennerautobahngesellschaft verwiesen.305 So hob Dr. Alfons Benedikter in der Sitzung des Regionalrats am 8. April 1960 die Wichtigkeit der Einhaltung dieses Paragrafen hervor und kritisierte, dass aus anderen Provinzen qualifizierte oder spezialisierte Arbeiter angefordert worden seien, die aber keineswegs derartige Qualifikationen aufweisen könnten. Er zitierte noch einmal den Passus und kritisierte die unzureichende Berücksichtigung einheimischer Arbeitskräfte und Unternehmen sowie die unberücksichtigte proportionale Repräsentation der Volksgruppen in der Einstellungspolitik der Gesellschaft.306 In den Folgejahren wiederholten die Südtiroler Vertreter im Verwaltungsrat der Brennerautobahn dieses Anliegen. In der Sitzung vom 17. März 1962 befürwortete der Verwaltungsrat einstimmig die Berücksichtigung von Südtiroler Fachkräften bei der Ausarbeitung des Autobahnprojekts, wo es möglich sei.307 In der Sitzung des Südtiroler Landtags am 2. März 1965, in der die Bürgschaft der Provinz für die Darlehen der Autobahngesellschaft letztlich einstimmig bewilligt wurde, kam in der Generaldebatte auch die Beschäftigungspolitik der Autobahngesellschaft ausführlich zur Sprache.308 Dr. Egmont Jenny (SVP) sprach den Wunsch aus, die zuständigen Stellen sollten sich besonders im Zusammenhang mit der Übernahme von Bürgschaften bei der Autobahngesellschaft dafür einsetzen, dass beim Bau der Brennerautobahn so weit wie möglich Südtiroler beschäftigt werden würden. Dies sei angesichts der angespannten Lage auf dem Südtiroler Arbeitsmarkt von größter Wichtigkeit.309 Die SVP-Vizeassessorin für Sozialfürsorge, Waltraud Gebert, betonte, dass bei der Einstellung von Arbeitskräften für die Verwirklichung der Brennerautobahn zwischen Hilfs- und Facharbeitern unterschieden werden müsse. Um deutschsprachige 305 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 151, 16.3.1960, S. 15. 306 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland, 3. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 160, 8.4.1960, S. 6-7. 307 Autostrada del Brennero S.p.A., Verbale della seduta del Consiglio di Amministrazione della Società per l’Autostrada del Brennero […] nella sede dell’Amministrazione provinciale di Verona, 17.3.1962, S. 9, CCIAA, Archivio storico, convocazioni, verbali. 308 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, V. Legislatur, 5. Sitzung, 2.3.1965, S. 3-14. Siehe auch: NN, Debatte über die Brennerautobahn im Landtag. Das Land übernimmt die Bürgschaft für Darlehen in Höhe von 108,9 Milliarden Lire. Die Landesverwaltung befürwortet die Verwirklichung der Variante Finsterwalder, in: Dolomiten, Nr. 51, 3.3.1965, S. 6. 309 Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages, V. Legislatur, 5. Sitzung, 2.3.1965, S. 3-14, hier S. 5.

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Südtiroler nicht lediglich als Hilfsarbeiter beim Bau der Autobahn zu verwenden, erachtete sie es als wichtig, Berufsertüchtigungskurse für die notwendige Ausbildung und zur Spezialisierung als Facharbeiter beim Bau der Brennerautobahn beginnen zu lassen, damit die Südtiroler deutscher Sprachgruppe auch als Facharbeiter wie Mineure angestellt werden könnten, da dies „doch auch die besser bezahlten Stellen und unseren Familien sicher willkommener als eine Hilfsarbeiterstelle“310 seien. Der SVP-Landtagsabgeordnete Pepi Posch betonte, dass im Gründungsstatut der Autobahngesellschaft die Berücksichtigung einheimischer Arbeitskräfte und für die Provinz Bozen nach Möglichkeit der Proporzgedanke der Sprachgruppen bereits vorgesehen und dies somit zumindest theoretisch garantiert worden sei. Bei Baubeginn müssten sich die zuständigen Stellen dann für die Einhaltung dieses Passus einsetzen.311 Dr. Alfons Benedikter, SVP-Assessor für Volkswohnbau und Raumordnung, verwies auf die Entstehungsgeschichte dieser Passage im Statut, die auf Drängen der SVP-Vertreter im Regionalrat eingefügt worden sei. Artikel drei stehe im Einklang mit den Vorschriften der staatlichen Arbeitsvermittlung, die eine Bevorzugung einheimischer Arbeitskräfte vorsehe. Für die Anstellung von Facharbeitern würden jedoch andere Regeln gelten, da diese mit einer namentlichen Anforderung auch aus anderen Provinzen angeworben werden könnten. Die Gewährleistung der Einhaltung des Passus – sowohl hinsichtlich der Einstellung von Arbeitskräften als auch der Berücksichtigung einheimischer Unternehmen beispielweise für Dienstbetriebe entlang der Autobahn – hänge vor allem von den Organen der Autobahngesellschaft ab, die bei Abschluss von Verträgen mit Unternehmen darauf achten müssten. Benedikter schlug vor, diesen Artikel bekannt zu machen, damit man sich darauf berufen könne.312 Die Südtiroler Vertreter waren auch während des Baus der Autobahn mit der Einstellungspolitik nicht zufrieden, was beispielsweise aus einem Artikel in den Dolomiten vom 27. Februar 1970 ersichtlich wird, der die mangelnde Berücksichtigung einheimischer Unternehmen moniert.313 Außer über die Thematik des Einsatzes einheimischer Arbeitskräfte und Betriebe diskutierte man auf landespolitischer Ebene auch die Gefahren einer möglichen weiteren Italianisierung Südtirols, die mit dem Autobahnbau einhergehe, wobei sich dies besonders deutlich für das Jahr 1960 zeigen lässt. Derartige Äußerungen waren politisch sehr brisant und wurden lediglich in inoffiziellen Äußerungen bei Sitzungen oder in vertraulichen Briefen zum Ausdruck gebracht. Der Beginn der 1960er Jahre 310 Ebd., S. 6-7. 311 Ebd., S. 7. 312 Ebd., S. 7-8. 313 NN, Briefwechsel über Autobahn. Kriegs- und Arbeitsinvaliden unberücksichtigt – Schneeräumung, in: Dolomiten, Nr. 48, 27.2.1970, S. 5.

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war eine politisch überaus spannungsvolle Phase in Südtirol, gekennzeichnet von der Internationalisierung der Südtirolproblematik infolge der Verabschiedung der ersten von Österreich eingebrachten UN-Resolution über Südtirol am 31. Oktober 1960, erfolglos verlaufenden Außenministertreffen zwischen Österreich und Italien, Bombenanschlägen junger Südtiroler vornehmlich im Jahr 1961 sowie der Einsetzung der sogenannten „Neunzehnerkommission“, die eine Lösung auf diplomatischem Wege suchte. Am 3. Mai 1960 ersuchte Professor Dr. Franz Gschnitzer314 (ÖVP), Staatssekretär im Wiener Außenministerium, die SVP um eine Stellungnahme zum Brennerautobahnprojekt vom volkspolitischen Gesichtspunkt aus.315 Sein Anliegen entsprang der Aufforderung der Tiroler Handelskammer vom 14. April 1960 an den Tiroler Landeshauptmann, das österreichische Außenministerium zu bitten, sich bei den verantwortlichen italienischen Stellen für eine noch stärkere Propagierung der Brennerverkehrswege einzusetzen.316 Gschnitzer wollte vor einem derartigen Schritt erst die Meinung der SVP einholen, da er das Vorhaben für eine hochpolitische Angelegenheit hielt.317 Gschnitzer war seit 1928 Professor für österreichisches Privat- und Arbeitsrecht an der Universität Innsbruck und von 1946 bis 1958 Rektor dieser Hochschule. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er politisch aktiv, so saß er von 1945 bis 1962 als Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. Von 1956 bis 1961 war er Staatssekretär im Außenministerium und setzte sich dabei stark für die Südtirolproblematik ein. Von 1962 bis 1965 gehörte er dem Bundesrat an, bis er sich 1965 aus der Politik zurückzog.318 In der Sitzung der SVP-Leitung in Bozen am 20. Juni 1960 wurde die Anfrage der Tiroler Handelskammer diskutiert. Johann (Hans) Dietl schlug vor, eine allgemein gehaltene Antwort zu geben, da die SVP weder dagegen noch dafür sei.319 Silvius Magnago, Obmann der SVP und nachmaliger langjähriger Landeshauptmann von Südtirol, erklärte daraufhin, dass in Südtirol breiter Konsens über die Überlastung der Brennerstraße infolge des ständig steigenden Verkehrsaufkommens und des daraus resultierenden schlechten Zustandes der Straße herrsche. Weiters führte er Folgendes an: „Die Wirtschafts- und Fremdenverkehrskreise legen grösstes Gewicht auf den Ausbau der Autobahn und es ist wohl auch sicher, daß wir, auch wenn wir 314 Gschnitzer wurde am 19. Mai 1899 in Wien geboren und verstarb am 19. Juli 1968 in Innsbruck. Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon, S. 152. 315 KgWT an Tiroler Landesregierung z.H. v. [Hans] Tschiggfrey, 14.4.1960, SLA, SVP Landesleitung 955. Siehe Anmerkung am Ende des Dokuments. 316 Ebd. 317 Staatssekretär Franz Gschnitzer an Hans Tschiggfrey, 18.11.1960, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 318 Pfaundler-Spat, Tirol-Lexikon, S. 152. Bruckmüller, Personenlexikon, S. 168. 319 [Interne Besprechung der SVP (in Bozen)], 20.6.1960, SLA, SVP Landesleitung 955.

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wollten, uns nicht dagegen stellen könnten. Es soll daher die Inangriffnahme empfohlen werden.“320 Über ihre Haltung berichtete die SVP-Parteileitung ihren Tiroler Kollegen bei einer Besprechung über die Südtirolproblematik am 25. Juni 1960 in Innsbruck, bei der Dr. Franz Gschnitzer, Dr. Aloys Oberhammer, Dr. Silvius Magnago, Dr. Friedl Volgger, Hans Dietl, Dr. Hans Stanek, Dr. Viktoria Stadlmayr, Dr. Hubert Senn und später auch Dr. Hans Tschiggfrey teilnahmen. So erklärte Hans Stanek,321 Generalsekretär der SVP, die Landesleitung der SVP könne nicht gegen den Bau der Brennerautobahn Stellung beziehen, „trotz aller Bedenken, die aufrecht bleiben“322, da sich die Brennerstraße in einem derart schlechten Zustand befinde, dass etwas geschehen müsse. In der von Gschnitzer erbetenen schriftlichen Stellungnahme der SVP führte Stanek für die SVP-Landesleitung am 28. Juni 1960 aus, dass „die Parteileitung trotz aller gegenteiligen Bedenken den Bau der Autobahn befürworten muß, weil die heutige Brenner Strasse den Anforderungen in keiner Weise mehr entspricht und sowohl die Wirtschafts- als auch die Fremdenverkehrskreise am Bau dieser Strasse sich immer wieder interessiert zeigen. Abgesehen davon, scheint es wohl sicher zu sein, daß die Strasse gebaut wird, wenn das nötige Geld aufgetrieben werden kann. Eine Stellungnahme der S.V.P. hiezu dürfte keinen entscheidenden Einfluss haben, auch wenn derselbe negativ wäre.“323

In einem Schreiben Gschnitzers an Landeshauptmann Tschiggfrey vom 18. November 1960 über die Stellungnahme der SVP führte er auch die von der SVP thematisierten, aus der Verwirklichung der Brennerautobahn für Südtirol resultierenden Gefahren an wie „Bodenverluste; Heranziehung italienischer Arbeiter in großem Ausmaß, die während der jahrelangen Arbeit im Etsch- und Eisacktal den deutschen Charakter auch der kleinen Orte beeinträchtigen und von denen ein Teil wohl im Lande zurückbleiben wird […]. Die SVP glaubt

320 Ebd. 321 Stanek wurde am 17. Mai 1900 in Turn-Teplitz (Böhmen, im heutigen Tschechien) geboren und verstarb am 4. Juni 1982 in Brixen. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane, S. 1461 (Internetquellen). Widmoser, Südtirol, Bd. 3, S. 248. 322 [Besprechung in Innsbruck], 25.6.1960, SLA, SVP Landesleitung 955. Siehe auch: Rolf Steininger (Hg.), Akten zur Südtirol-Politik 1959-1969, Bd. 2: 1960. Vor der UNO, Innsbruck/Wien/Bozen 2006, S. 444. 323 Hans Stanek an Tiroler Landesregierung, Präsidium S., 28.6.1960, SLA, SVP Landesleitung 955.

224 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE? aber, daß man sich den Bedürfnissen des steigenden Verkehrs nicht widersetzen kann, ohne wirtschaftlich ins Hintertreffen zu geraten.“324

Aufschlussreiches Merkmal der angeführten Quellen ist die semantische Verknüpfung einer Öffnung und Modernisierung Südtirols aus ökonomischer Notwendigkeit mit einer Bewahrung von Traditionalität durch ethnische Abschottung, um die Eigenheiten des Landes bewahren zu können. Die Vertreter der Südtiroler Politik führten die Argumente der wirtschaftlich schwierigen Lage der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung als Legitimationsstrategie für eine notwendige Anstellung einheimischer Arbeitskräfte und – wenn möglich – Berücksichtigung des Proporzverhältnisses an. Die Angst vor einer denkbaren Italianisierung durch den Verbleib italienischer Arbeitskräfte in Südtirol war verbunden mit der Sorge um den Verlust des Charakters des Landes und der eigenen regionalen Identität. Die Bestandteile des Materialkorpus dieses Themenstrangs waren auf Südtiroler Seite zum Großteil für den internen Gebrauch bestimmt und wurden beispielsweise von den Medien nicht als Hauptthematik dargestellt. Eine weit weniger offen propagierte Legitimierung der Brennerautobahn zielte demnach auf eine gestärkte Verbindung zwischen Nord- und Südtirol mittels der Brennerautobahn, die als „Tiroler Projekt“ bezeichnet wurde. Die Brennerautobahn wurde einerseits nach Süden bis nach Modena gebaut, wo sie den Anschluss an das italienische Autobahnnetz fand, aber zugleich auch nach Norden, wobei dies als eine Art finaler Kompromiss gesehen wurde. Auf Tiroler und Südtiroler landespolitischer Ebene betrachtete man den Autobahnbau als Möglichkeit, um den Kontakt mit Österreich und Deutschland zu erleichtern. Südtirol war zwar mehrheitlich deutschsprachig und ladinisch, es hatte jedoch unter dem Faschismus, aber auch in den 1950er und beginnenden 1960er Jahren Unterdrückung, Entnationalisierung und zentralstaatliche Härte erlitten. Als Unterstützung für Südtirol galten die deutschen Urlaubenden, die auch dann weiterhin nach Südtirol kamen, als die italienischen Urlaubsgäste infolge der Bombenjahre ausgeblieben waren. Die Autobahn verkürzte die Raum-Zeit-Beziehungen, wodurch die Regionen für ein größeres Einzugsgebiet von potenziellen Touristinnen und Touristen erreichbar wurden. Der Tourismus aus deutschsprachigen Gebieten galt der lokalen Politik als „hidden integration“ und als Möglichkeit zum Erhalt der deutschen Sprache und Kultur. Im Speziellen wurde eine bessere verkehrstechnische Anbindung zwischen Tirol und Südtirol angestrebt, um dadurch die beiden Regionen stärker miteinander zu verbinden. Zugleich bedeutete der Bau der Brennerautobahn längerfristig aber eine stärkere Ausrichtung nach Süden.

324 Staatssekretär Franz Gschnitzer an Hans Tschiggfrey, 18.11.1960, TLA, Kanzlei LH, 8 (1).

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5.2.4 Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen: Wunsch nach bestmöglichem Anschluss für die heimische Wirtschaft und den Tourismus Auf regionaler sowie lokaler Ebene strebte man in der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses für die heimische Wirtschaft und insbesondere den Tourismus einen bestmöglichen Anschluss an die Autobahn an. Neben der evidenten Rolle der Brennerautobahn als transnationale Hauptverbindungslinie schlugen sich diese kleinräumigen Interessen in Trassenstreitigkeiten nieder, die auf Südtiroler Seite in einer erbitterten Auseinandersetzung um die Trassenführung durch das Eisacktal oder um die Alternative durch das Passeiertal und Meran kulminierten. Aus arbeitsökonomischen Gründen muss bei den Debatten um die Streckenführung eine Auswahl in zeitlicher (Ende der 1950er Jahre bis Ende der 1960er) und inhaltlicher Hinsicht erfolgen. Auf Südtiroler Seite wird insbesondere auf die Städte Brixen und Meran, auf Nordtiroler Seite kurz auf Schönberg und Steinach eingegangen. Die Tiroler und Südtiroler Autobahnakteure fürchteten in der Phase der Planung und Realisierung der Brennerautobahn eine drohende Degradierung der Region zu einem reinen Transitgebiet. Um dem entgegenzuwirken, sollte den Durchreisenden während der Fahrt auf der Brennerautobahn das Land gezeigt werden. Diese potenziellen Touristinnen und Touristen sollten zur Benutzung der gezielt errichteten Autobahnausfahrten angeregt werden, deren Aufgabe es war, die Erreichbarkeit von bereits etablierten Tourismusdestinationen zu verbessern und neue Fremdenverkehrsgebiete zu erschließen. Sowohl in Tirol als auch in Südtirol trat wiederholt die Aussage auf, dass möglichst viel Verkehr in das Landesinnere abgezweigt werden sollte, um den Gebieten längs der Autobahn wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen. Genügend Anschlussstellen galten als Gewähr für bestmögliche Erreichbarkeit, Anschluss an die Modernität sowie die Verminderung der Standortungunst peripherer Täler. Aus finanziellen und technischen Aspekten konnten nicht alle Autobahnausfahrten, die von den Orten längs der Brennerlinie gefordert wurden, errichtet werden, woraus lokale Widerstände im Hinblick auf Trassenführung und Lage der Anschlussstellen resultierten. In Folge wird auf die jahrelangen Debatten über die Streckenführung der Brennerautobahn auf Südtiroler Seite zwischen Sterzing und Bozen näher eingegangen. Dabei betonten die jeweiligen Akteure die Vorteile der von ihnen propagierten Trassenführungen, insgesamt herrschte jedoch ein Konsens über die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Realisierung der Brennerautobahn. Die Akteure beider Varianten zogen dabei unter anderem landschaftliche Argumente als Untermauerung ihrer jeweils bevorzugten Trassierung heran.325 325 Bergonzi, Le vie, S. 85.

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In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre wurde von einer Gruppe von Technikern unter der Ägide von de Unterrichter, der wenige Jahre später für die Ausarbeitung des Projektes der Brennerautobahn verantwortlich zeichnete, die Idee einer Trassenführung über Meran aus finanziellen und technischen Gründen verworfen, da die Lüftungsanlagen für den Jaufentunnel und die erforderlichen Gegensteigungen gegen diese Streckenführung sprächen. Bei der klassischen Variante über das Eisacktal könne man hingegen auf die Errichtung eines langen Tunnels verzichten und die natürliche Nord-Süd-Ausrichtung des Tals ausnutzen.326 Der Bozner Ingenieur Dr. Norbert Wackernell erstellte in Folge ein Gegenprojekt zur Trassenführung über das Eisacktal, wobei sein auf den 24. November 1960 datierter Entwurf eines Projekts eine Trassierung der Brennerautobahn über das Etschtal, Meran, das Passeiertal und einen Tunnel unter den Jaufen vorschlug. Bei Sterzing sollte demnach die Autobahn in die von der Brennerautobahngesellschaft propagierte Trasse münden. Die Streckenführung über Meran verkürzte laut Wackernell als leicht realisierbare und geradlinige Verbindung die wichtigsten internen Straßenverbindungen in Südtirol in wesentlichem Ausmaß, während die Trasse über Brixen keine einzige nennenswerte Verkürzung mit sich bringe und in landschaftlicher Hinsicht eine starke Belastung für das enge Eisacktal darstelle, das bereits durch die Brennereisenbahn und -staatsstraße, verschiedene Elektrizitätswerke, Stauseen und Leitungen beeinträchtigt sei. Die Strecke über Meran sei mit 65,5 km beträchtlich kürzer als jene über Brixen (77,1 km), zudem sei die Strecke von Bozen bis Sterzing mit etwa 30 Milliarden Lire Realisierungskosten erheblich günstiger zu verwirklichen als jene über das Eisacktal (40 Milliarden Lire). Auf der Trasse über Meran sei lediglich die Errichtung von jeweils 5 km Tunnel nötig, durch das Eisacktal hingegen 8 km Tunnel und 20 km Brücken. Bei einer Trassierung über das Passeiertal könnten 35 km der Strecke in günstigem und lediglich 30 km in ungünstigem Gelände verwirklicht werden, während über das Eisacktal 20 km durch günstiges Gelände und 57 km durch ungünstiges Gelände führten. Bei einer Trassenführung über Meran würden 18 Gemeinden mit einer Gesamteinwohnerzahl von 65.000 Personen berührt werden, während bei jener über das Eisacktal acht Gemeinden mit einer Gesamteinwohnerzahl von 30.000 Personen betroffen sein würden. Die Strecke über Meran würde über 30 km landschaftlich schön sein, während jene über das Eisacktal lediglich auf ungefähr 5 km reizvoll sei. Die von Wackernellpropagierte Trasse würde keine Ortschaften 326 Riunione informativa „Vie di comunicazione attraverso il Brennero“, 9.7.1957, hier S. [19], CCIAA, Archivio di deposito, convegni. A[ntonio] Sardagna, Zum Problem der Brenner-Autobahn, in: Bollettino ufficiale della Camera di commercio, industria e agricoltura di Bolzano/Mitteilungen der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen 14 (1961), Heft 4, S. 13-14. Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs, Sitzungsprotokoll Nr. 27 der Sitzung in der Handelskammer von Bozen, 23.1.1961, S. 18, AHBz, Komitee (1960-1969).

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und Straßen beeinträchtigen, wohingegen die Eisacktaltrasse die Orte Franzensfeste, Brixen, Klausen und Bozen sowie die Brennerstaatsstraße und -eisenbahn stören würde. Bei beiden Trassen würde es gleiche Steigungen von maximal 3,75 Prozent geben. Bei der Passeiertalvariante sei mit Schnee- und Frostgefahr im Winter auf einer Länge von 30 km zu rechnen, während das Eisacktal davon auf einer Strecke von 63 km Länge beeinträchtigt sei. Der Tunnel unter den Jaufen müsste auf einer Höhe von 1265 Metern und auf einer Länge von 4,5 km verwirklicht werden.327 Wackernells Vorschlag einer Trassenführung über die Passerstadt stieß bei verschiedenen Meraner Exponenten aus Wirtschaft und Politik auf große Zustimmung.328 Der Vorschlag der Brennerautobahngesellschaft, Meran mittels einer Autobahnzubringerstrecke an die Brennerautobahn anzuschließen, wurde hingegen als unzureichend erachtet. So sprach sich der Verwaltungsrat der Kurverwaltung Meran am 31. Januar 1961 einstimmig für die von Wackernell propagierte Trassenführung der Brennerautobahn über die Passerstadt aus, da sie überaus vorteilhaft sei.329 Am 11. Februar 1961 schließlich wurde in Meran ein „Komitee für die BrennerAutobahn über Meran“ mit dem Ziel gegründet, die Realisierung der von Wackernell vorgeschlagenen Trassenführung über die Kurstadt möglichst wirksam zu unterstützen. Dem Komitee gehörten unter anderem die Stadtgemeinde Meran – Präsident des Komitees war der Meraner Bürgermeister, Dr. Luigi Bertagnolli –, die Kurverwaltung Meran, die im Jahre 1958 gegründete Meraner Aktiengesellschaft zur Nutzung radioaktiver Gewässer „S.A.L.V.A.R.“ („Società Azionaria Lavorazione Valorizzazione Acque Radioattive“), die Kaufleutevereinigung, die Hotel- und Gasthofvereinigung, eine Vertretung der Industriellen und Ingenieur Wackernell an.330 Am 9. April 1961 versammelte sich bei der Kurverwaltung Meran unter Vorsitz von Bürgermeister Bertagnolli das Komitee für die Brenner-Autobahn über Meran, zu diesem Anlass hielten er und Wackernell jeweils einen Vortrag über organisatori-

327 Norbert Wackernell, Autobahn Bozen–Brenner Trasse: Meran–Jaufen–Sterzing – Blatt 1, 24.11.1960, Stadtarchiv Brixen (StABx), Faszikel Brennerautobahnbau (1960-1967) 10.8.1. 328 Bergonzi, Die Verkehrsinfrastruktur, S. 261. 329 NN, Sì alla variante autostradale no alla „trasformazione“ dei bagni. Varata l’attività dell’orchestra di cura e decise migliorie alla passeggiata d’inverno, in: Alto Adige, Nr. 28, 2.2.1961, S. 8. Siehe auch: Kurverwaltung Meran, Beschluss Nr. 13, 19.5.1961, Stadtarchiv Meran (SAM), Zentralarchiv Ablage 15 Kategorien (ZA15K) 1767. 330 Ebd. Norbert Wackernell an Präsident des Komitees für die Autobahn über Meran [Luigi] Bertagnolli, 16.10.1961, SAM, ZA15K 1769. Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 21, 27.2.1961, SAM, Ratsprotokolle (italienische Verwaltung) (RP ITA) 182. Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 37, 26.2.1962, S. 2-3, SAM, ZA15K 1770.

228 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

sche und technisch-finanzielle Belange in Bezug auf die Trassenführung der Brennerautobahn über die Kurstadt. Bei der Versammlung wurde die Gründung einer Aktiengesellschaft zur Propagierung der Trassenführung der Brennerautobahn über Meran beschlossen und dem Ingenieurbüro Dr.-Ing. Norbert Wackernell der Auftrag zur Erstellung eines ersten Vorprojekts für eine Trassenführung über das Passeiertal erteilt.331 Am 15. Mai 1961 votierte der Gemeinderat von Meran einstimmig für den Beitritt der Stadtgemeinde zu einer zu gründenden „Gesellschaft für die Brenner-Autobahn über Meran“, wie es vom Komitee für die Brenner-Autobahn über Meran als zweckmäßig erachtet worden war.332 In seinem Bericht führte Bürgermeister Bertagnolli an, dass die Verwirklichung der Brennerautobahn über Meran für die Stadt selbst und insbesondere für deren Wirtschaft und Tourismus „als vital bezeichnet“333 werden müsse. Um die Schlacht gegen die Gegner einer Autobahn über das Etschtal gewinnen zu können, sei es nötig, auf ein Projekt zurückgreifen zu können, das mindestens ebenso gut ausgearbeitet sei wie jenes der Brennerautobahngesellschaft.334 Am 19. Mai 1961 beschloss der Verwaltungsrat der Kurverwaltung Meran, ebenfalls der zu gründenden „Gesellschaft für die Brenner-Autobahn über Meran“ beizutreten. Da für die Variante über das Eisacktal bereits ein Projekt existiere, sei es essenziell, schnellstmöglich ein Projekt für die Trassierung über Meran auszuarbeiten, das die Vorteile einer derartigen Trasse in Form einer kürzeren Strecke, billigeren Realisierung und geringeren technischen Problemen aufzeigen könne.335 Zudem sei die Realisierung der Brennerautobahn über Meran von vitaler Bedeutung für Wirtschaft und Tourismus der Kurstadt.336 Die im Komitee für die Brenner-Autobahn über Meran zusammengeschlossenen Körperschaften gründeten somit eine „Gesellschaft für die Brenner-Autobahn über Meran“ mit Sitz in Meran mit dem Ziel, die Realisierung der Brennerautobahn über 331 Komitee der Brenner-Autobahn über Meran, Comunicato, 10.4.1961, BayHStA, MWi, lfd. Nr. 20. Siehe auch: NN, Una società a Merano per l’autostrada. Elaborerà nei particolari il progetto Wackernell onde far passare la nuova grande arteria per Merano, in: Alto Adige, Nr. 15, 10.4.1961, S. 2. 332 Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 86, 15.5.1961, SAM, RP ITA 183. Siehe auch: NN, Eine „Gesellschaft für die Autobahn Brenner über Meran“. Meraner Gemeinderat beschloß Beitritt der Stadtgemeinde, in: Dolomiten, Nr. 113, 17.5.1961, S. 6-7. NN, Eine „Gesellschaft für die Autobahn Brenner über Meran“, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 114, 18.5.1961, S. 3. 333 Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 86, 15.5.1961, S. 2, SAM, RP ITA 183. 334 Ebd., S. 4. 335 Kurverwaltung Meran, Beschluss Nr. 13, 19.5.1961, S. 1, SAM, ZA15K 1767. 336 Ebd., S. 2.

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Meran mit allen Mitteln zu unterstützen und sich dafür einzusetzen.337 Das Kapital der Gesellschaft betrug fünf Millionen Lire; zwei Millionen davon steuerte die Kurverwaltung Meran bei, je 1,5 Millionen Lire die Gemeinde Meran und die „S.A.L.V.A.R.“338. Wackernell arbeitete im Auftrag der Gesellschaft für die Brenner-Autobahn über Meran ein Vorprojekt für die Trassenführung über das Passeiertal aus, das er der Gesellschaft am 28. November 1961 überreichte.339 Diese reichte am 29. November 1961 das Projekt bei der ANAS in Rom ein – als Gegenprojekt zu der von der Brennerautobahngesellschaft propagierten Trassenführung über das Eisacktal.340 Wackernell betonte in seinem Projekt und dem dazugehörigen Bericht, dass die von der Brennerautobahngesellschaft propagierte Trassenführung über das Eisacktal in jeglicher Hinsicht ungünstiger als jene über Meran sei. Als Gründe gegen eine Trassenführung über das Eisacktal führte er die längere Streckenführung, ungünstigere Geländeverhältnisse, die bereits bestehende Überladung des Eisacktals durch die verschiedenen Verkehrsinfrastrukturen sowie Einschränkungen des Nord-SüdVerkehrs auf der Brennerstaatsstraße und -eisenbahn infolge der Bauarbeiten und weniger landschaftliche Reize an. Bei der Errichtung der Brennerautobahn gehe es nicht nur um technische und finanzielle, sondern auch um ästhetische und landschaftliche Aspekte. Die Variante über das Eisacktal sei hässlich, monoton und nichtssagend und solle dementsprechend nicht realisiert werden. Wackernell revidierte die von ihm in seinem ersten Entwurf eines Projekts mit der Trassenführung über das Passeiertal angeführten Zahlen etwas zugunsten der Variante über das Eisacktal. So führte er nun an, dass die Trassenführung über Meran 12 km kürzer sei als jene über das Eisacktal und mit 28,2 Milliarden Lire billiger als jene über Brixen sei (32,6 Milliarden Lire).341 Wackernell warb in verschiedenen Zeitungsartikeln für die Vorteile der von ihm propagierten Trassenführung. So betonte er in den Dolomiten vom 4. Februar 1961, dass die Trasse über Meran mehr als 10 km kürzer und geländemäßig günstiger sei. Zudem sei die Untertunnelung des Jaufen mit einem verhältnismäßig kurzen Tunnel 337 Atto di costituzione di Società per Azioni, 20.11.1961, S. 2-3, SAM, ZA15K 1769. 338 Ebd., S. 11. 339 Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 37, 26.2.1962, S. 5, SAM, ZA15K 1770. 340 Consiglio di Amministrazione dell’Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.), Voto n° 335, 25.1.1962, S. 5, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. 341 Norbert Wackernell, Progetto di Massima: „Autostrada del Brennero“, tracciato: Bolzano–Merano–Giovo–Vipiteno. Relazione generale. Relazione tecnica. Studi di confronto con il tracciato via Isarco, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abt. 27 – Raumordnung 159.

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von 4,5 km technisch problemlos realisierbar. Verkehrsmäßig sei sein Projekt für Südtirol von Vorteil, da dessen Straßennetz im Wesentlichen aus vier Verkehrsachsen (den vier Himmelsrichtungen) bestehe, die sich an den vier Eckpunkten eines Quadrats – Bozen, Sterzing, Brixen und Meran – treffen würden. Dieses Verkehrsquadrat sei gegenwärtig an drei Seiten geschlossen und lediglich an der vierten Seite (Meran–Sterzing) durch die unwegsame Jaufenverbindung so gut wie offen. Eine Trassenführung der Brennerautobahn über das Passeiertal würde diese Lücke schließen und eine weitere, kürzere Nord-Süd-Verbindung ergeben und zudem noch eine zweite und ebenfalls kürzere Ost-West-Verbindung schaffen. Meran, das Burggrafenamt und der Vinschgau erhielten eine lebenswichtige Nord-Süd-Verbindung, wohingegen die Brennerstaatsstraße und -eisenbahn weiterhin durch das Eisacktal führen würden. Während im engen Eisacktal neben Staatsstraße, Brennereisenbahn, Ortschaften und Elektrizitätswerken nur schwerlich eine Autobahn Platz hätte, könnten das geräumige Etschtal und das Passeiertal eine derartige Verkehrsinfrastruktur problemlos aufnehmen.342 In den Dolomiten vom 25. März 1961 veröffentlichte Wackernell wiederum einen Artikel über die Vorteile der Autobahntrasse über Meran in wirtschaftlicher, landschaftlicher und verkehrstechnischer Hinsicht: Verkürzung der wichtigsten Verkehrswege in Südtirol, Erschließung von bislang vom Nord-Süd-Verkehr abgeschlossenen westlichen Landesteilen wie Burggrafenamt, Ulten, Passeier, Vinschgau und oberes Etschtal sowie unvergleichliche landschaftliche Vorteile und eine demgemäß höhere Attraktivität für den Tourismus sowie Vermeidung von Verkehrsstörungen während der Bauzeit. Die Trasse über Meran sei 12,5 km kürzer als jene über Brixen und läge in günstigerem Gelände (auch geologisch gesehen), woraus eine Baukostenverringerung resultieren würde. Der Jaufentunnel auf 1250 Metern Meereshöhe wäre einer der niedrigsten und kürzesten Alpentunnels.343 Wackernells Projekt erfuhr in den Medien eine große Beachtung, wobei insbesondere die Tageszeitung Alto Adige das Projekt mit einer massiven Kampagne unterstützte. Ein ungezeichneter Artikel in dieser Zeitung vom 21. Januar 1961 hob die Vorteile der Variante über das Passeiertal gegenüber der Trassenführung über das Eisacktal – der Verkürzung der Strecke sowie finanzielle Einsparungen bei der Verwirklichung – hervor und führte dabei Wackernells Vergleich zwischen beiden Routen detailliert an. Diese Trassenführung sei für Meran besonders hinsichtlich des Tou-

342 N[orbert] Wackernell, Südtirol und die Autobahn. Die Verwirklichung der Nord – SüdVerbindung, in: Dolomiten, Nr. 29, 4.2.1961, S. 4. 343 Ders., Die technischen Aspekte der Meraner Autobahntrasse, in: Dolomiten, Nr. 71, 25.3.1961, S. 5.

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rismus vorteilhaft, indem es die wichtigsten internationalen Verkehrsrouten in seinem Gebiet konzentrieren könne: neben der Brennerautobahn die Timmelsjochstraße, die Straße vom Reschen her und die Gampenpassstraße.344 In der Ausgabe des Alto Adige vom 26. Februar 1961 wurde hervorgehoben, dass eine Trassierung über Meran zu einer Verkürzung der Strecke zwischen Brenner und Bozen um 12 km und zur Vermeidung des engen und steinbrüchigen Eisacktals mit daraus resultierenden Verkehrsunterbrechungen führe. Auch in touristischer Hinsicht sei eine Trassenführung über Meran erstrebenswert, da sich den Fahrerinnen und Fahrern auf der Autobahn dadurch ein herrlicher Blick auf das landschaftlich einzigartige Etschtal mit seinen vielen Burgen und Schlössern und dem herrlichen Blick auf das Dolomitenmassiv des Rosengartens öffne. Auch historisch gesehen sei eine Streckenführung über Meran von besonderem Interesse, da sie am Geburtshaus Andreas Hofers in St. Leonhard in Passeier sowie am Mausoleum Erzherzog Johanns in Schenna vorbeiführe und einen Blick auf Schloss Tirol gestatte. Zudem sei die Kurstadt ein Verkehrsknotenpunkt (Vinschgauer Straße, Stilfser Joch und bald Timmelsjochstraße).345 Der Alto Adige hob am 2. März 1961 in einem ungezeichneten Artikel ein weiteres Mal die Vorteile der Variante über Meran in technischer, verkehrstechnischer und ökonomischer Hinsicht hervor. Aufgrund der topografischen Verhältnisse sei eine kurvenarme Trasse möglich, während auf der Eisacktrasse 34 Flussüberquerungen und entsprechend viele Kurven und Tunnel notwendig seien, die ein zügiges Fahren behindern würden. Landschaftlich biete die Fahrt durch das Passeiertal unvergleichlich mehr Reize als jene durch das Eisacktal. Die bereits gegenwärtig überlastete Brennerstaatsstraße würde während der mehrjährigen Bauzeit der Autobahn über das Eisacktal durch Sprengarbeiten, Material- und Abtransport zeitweilig verstopft und die Zufahrten nach Gröden, ins Villnöss-, Tiers- und Eggental stark behindert werden, während bei der Verwirklichung des Projekts über das Passeiertal eine Verkehrsbehinderung auf dem bestehenden Straßennetz kaum eintreten werde. Zudem würden die von den Befürwortern der Eisacktaltrasse vorgebrachten Argumente schwieriger Verwirklichung des 4,5 km langen Jaufentunnels (zum Beispiel Ventilation, Anfälligkeit der Strecke durch Schneefall) beim gegenwärtigen Stand der Technik keine echten Probleme mehr bilden.346 344 NN, Accolto favorevolmente il progetto negli ambienti politici ed economici. L’autostrada del Brennero sotto il Giovo. La soluzione prospettata dall’ing. Wackernell e fatta sua con entusiasmo dal sindaco dott. Bertagnolli ha convinto anche il senatore de Unterrichter ed è già stata presentata a Roma – I vantaggi tecnici ed economici – Imminente una riunione dei sindaci dei Comuni interessati, in: Alto Adige, Nr. 18, 21.1.1961, S. 7. 345 NN, Interesse in Austria per la variante Wackernell. I problemi dell’autostrada del Brennero, in: Alto Adige, Nr. 49, 26.2.1961, S. 4. 346 NN, Die Brenner-Autobahn – eine Fernstrasse, in: Alto Adige, Nr. 32, 2.3.1961, S. 8.

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Während sich die Meraner Akteure für eine Trassenführung über ihre Stadt einsetzten, hielten die Eisacktaler Vertreter aus Politik und Wirtschaft dagegen. Am 1. Dezember 1960 bezeichnete Dr. Valerio Dejaco, Bürgermeister von Brixen, in einem Schreiben an seine Kollegen der Zone Eisacktal des Wassereinzugsgebiets die Modernisierung der Brennerstaatsstraße in Form einer Schnellstraße als vorrangig vor der Realisierung der Brennerautobahn. Dejacos Schreiben ging an die Bürgermeister der Gemeinden Brenner, Sterzing, Pfitsch, Ratschings, Freienfeld, Vahrn, NatzSchabs, Mühlbach, Franzensfeste, Lüsen, Villnöß, Klausen, Villanders, Lajen, Barbian, Waidbruck, St. Ulrich, St. Christina, Wolkenstein, Kastelruth, Tiers, Völs am Schlern, Karneid, Deutschnofen, Welschnofen, Ritten und Sarnthein. Dejaco wollte damit eine Diskussion in Gang bringen und die Koordinierung einer erstrebten gemeinsamen Vorgehensweise hinsichtlich der Brennerautobahnthematik initiieren.347 Sein Vorschlag wurde bei den anderen Eisacktaler Akteuren falsch interpretiert und stieß auf Ablehnung. In Folge stellte Dejaco seine Position öffentlich in den Dolomiten vom 28. Januar 1961 dar. Er erklärte, die Verwirklichung der Brennerautobahn durch das Eisacktal sei durchaus notwendig und dass nur bei genügend Anschlussstellen die Orte längs der Brennerautobahn von dieser Verkehrsinfrastruktur profitieren könnten, da die auf der Autobahn Durchreisenden nicht erst eine weiter entfernte Autobahnausfahrt nehmen würden, um etliche Kilometer in eine Ortschaft zurückzufahren.348 In einer in Dringlichkeit einberufenen Sitzung zur Brennerautobahnproblematik beschloss das „Verwaltungskomitee des Kur- und Fremdenverkehrsamtes“ der Stadt Brixen einstimmig die folgende Tagesordnung, die in Folge an das Ministerium für Öffentliche Arbeiten in Rom, an die zuständigen Regional- und Landesbehörden, an das Landesfremdenverkehrsamt und an die Gemeinde Brixen weitergeleitet wurde. Die von der Brennerautobahngesellschaft propagierte Trassenführung über das Eisacktal trage den Erfordernissen der Wirtschaft am besten Rechnung und stelle seit Jahrtausenden die natürliche Nord-Süd-Verbindung dar, wogegen eine Trassierung über Meran eine Gefährdung der Entwicklung des Eisacktals und der umliegenden Gebiete darstelle. Die Körperschaft ersuchte die verantwortlichen Behörden, den entstandenen Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Trassenführung ein Ende zu setzen, da dadurch lediglich die Realisierung der Brennerautobahn verzögert werde, und sich für die Streckenführung über das Eisacktal einzusetzen.349

347 Valerio Dejaco an alle Bürgermeister der Zone Eisacktal des Wassereinzugsgebietes, 1.12.1960, Stadtarchiv Klausen (StAK), Faszikel Autobahnbau 1960-1968. 348 Valerio Dejaco, Stellungnahme des Bürgermeisters von Brixen – zur geplanten Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 23, 28.1.1961, S. 7-8, hier S. 7. 349 Beilage zum Sitzungsprotokoll Nr. 2 des Kur- und Fremdenverkehrsamtes Brixen, 27.1.1961, lettera: Präsident an Ministro dei Lavori Pubblici (Rom), StABx, Faszikel

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Neben den Gemeinden des Eisacktals, die von einer Autobahn durchquert werden würden, waren auch Fremdenverkehrsgebiete wie Gröden, die Seiser Alm, aber auch das Puster- und das Gadertal an einer Verwirklichung der Trassierung der Brennerautobahn über das Eisacktal interessiert. Am 26. Januar 1961 fand im Rathaus von St. Ulrich eine Versammlung der Bürgermeister und Präsidenten der Kur- und Fremdenverkehrsämter von St. Ulrich, St. Christina, Kastelruth, Waidbruck, Barbian und Wolkenstein statt, wobei sich diese gegen die von Wackernell propagierte Trassenführung der Brennerautobahn über das Passeiertal aussprachen, da sie einen großen Nachteil für alle Gemeinden des Eisacktals und der angrenzenden Täler darstelle. Zudem sei die Autobahnausfahrt in Waidbruck – wie ursprünglich in den Planungen vorgesehen – anstelle von Klausen zu errichten, um von der dortigen Anbindung an die Grödner Straße (SS 242) und dementsprechend einer direkten Verbindung hin zu den touristisch bedeutsamen Dolomiten profitieren zu können.350 Am 27. Januar 1961 befasste sich der Verwaltungsausschuss des Kur- und Fremdenverkehrsamtes Brixen mit der Brennerautobahnthematik und nahm den vom Direktor der Körperschaft, cav. Carlo Albasini, erstatteten einschlägigen Bericht einstimmig an, der in der Folge in der Presse veröffentlicht wurde. Albasini äußerte sich darin kritisch über die Trassenführung über das Passeiertal, die angesichts der jahrtausendealten Tradition der Nord-Süd-Route über das Eisacktal aus historischer und geografischer Hinsicht widersinnig sei. Auch der mit der Projektierung der Brennerautobahn beauftragte Senator Ingenieur de Unterrichter habe sich aus ökonomischen und technischen Gründen gegen eine Streckenführung über Meran ausgesprochen. Die von Meraner Seite geäußerten Einwände bezüglich einer etwaigen Verunstaltung der Landschaft seien nicht stichhaltig, da es genügend Möglichkeiten zu deren Vermeidung gebe und zudem auch die Gefahr bestünde, dass eine Meran passierende Autobahn die Schönheit der dortigen Landschaft zerstören könne.351

Brennerautobahnbau (1960-1967) 10.8.1. Siehe auch: NN, Kurverwaltung Brixen für die Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 26, 1.2.1961, S. 8. 350 NN, Energico intervento dei sindaci per l’autostrada e le fermate dei treni. Valle Gardena. In una importante riunione ad Ortisei, in: Alto Adige, Nr. 24, 28.1.1961, S. 9. 351 [Carlo Albasini], Die Brenner-Autobahn, Brixen 4.2.1961, SLA, Abteilung VII (37) – Ente provinciale per il Turismo – Landesverkehrsämter 204. Siehe auch: Sitzungsprotokoll Nr. 3 des Verwaltungskomitees des Kur- und Fremdenverkehrsamtes Brixen, 7.2.1961, SLA, Abteilung VII (37).

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Albasini veröffentlichte vom 30. März bis zum 3. April 1961 in mehreren Teilen Ausführungen zur Brennerautobahn,352 die auch die regionalen Medien aufgriffen.353 Darin legte er dar, dass die Verkehrswege über das Eisacktal jahrtausendealt und historischer Natur seien, aber auch die natürliche und logische Nord-Süd-Verbindung über die Alpen darstellten. Die Errichtung der Brennerautobahn würde beide Talseiten des Eisacktals positiv beeinflussen, während die von Meraner Seite vorgeschlagene Trassierung lediglich einem kleinen Teil der Provinz Vorteile bringen würde. In landschaftlicher Hinsicht sei eine Trassierung durch das Eisacktal ebenso schön wie jene durch das Passeier- und Etschtal. Der Tourismus des Eisacktals und der angrenzenden, direkt an der Verwirklichung der Brennerautobahn interessierten Täler übertreffe in bedeutendem Maße die touristischen Interessen der Zone um Meran. Insbesondere der Wintertourismus sei an einer Trassierung über Brixen stark interessiert, da dadurch viele Autobahnanschlussstellen an die bedeutenden Wintersportgebiete geschaffen werden könnten. Für künftige Autobahnprojekte wie eine Autobahn über Cortina nach Venedig sei eine Trassierung über das Eisacktal vorteilhaft. Für die Reisenden sei die Durchfahrt unter den langen Jaufentunnel in psychologischer Hinsicht negativ, der bei der Variante über Meran verwirklicht werden müsse. Zudem könne zwischen Bozen und Meran problemlos ein Autobahnanschlussstück errichtet werden. Albasini betonte zusammenfassend, dass eine Trassenführung über Meran nicht zielführend sei und dass die Polemik zwischen Meran und Brixen beigelegt werden solle.354 Die Kaufleutevereinigung des Bezirks Brixen sprach sich in einem Schreiben an den Bürgermeister der Stadt einstimmig dafür aus, alles für eine Trassenführung der Brennerautobahn durch das Eisacktal zu tun, damit Meran nicht „das Rennen“ gewinne und Brixen nicht „endgültig von jeder Wirtschaft abgeschlossen“ werde. Bei einer Realisierung der von Wackernell propagierten Streckenführung erlitten nicht nur Brixen, sondern die gesamten umliegenden Gebiete einen starken Rückgang des Tourismus, und die gesamte Wirtschaft würde in verkehrsmäßiger Hinsicht gravierende Einbußen erfahren.355

352 Carlo Albasini, L’autostrada del Brennero. Riflessioni ai margini di una conferenza, April 1961, SLA, Abteilung VII (37). 353 Siehe exemplarisch: Carlo Albasini, Gedanken über die Brenner-Autobahn. Nachklang zu einer Konferenz – Stellungnahme des Direktors der Brixner Kurverwaltung, in: Dolomiten, Nr. 82, 8.4.1961, S. 6-7. Ders., Bedeutung der Brenner-Autobahn für Fremdenverkehr und Warentransport, in: Dolomiten, Nr. 84, 11.4.1961, S. 5. 354 Albasini, Carlo, L’autostrada del Brennero. Riflessioni ai margini di una conferenza, April 1961, S. [10-11], SLA, Abteilung VII (37). 355 Präsident, Vizepräsident und Ausschussmitglieder der Kaufleutevereinigung des Bezirkes Brixen an Bürgermeister der Stadtgemeinde Brixen und z[ur] K[enn]t[ni]s[nahme]

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Die Generalversammlung der Kaufleutevereinigung des Bezirks Brixen verabschiedete am 7. März 1961 einstimmig einen Antrag zu der von ihr angestrebten Trassenführung über das Eisacktal, der dem Minister für Öffentliche Arbeiten in Rom übermittelt wurde. Das einzige Projekt, das den Interessen der Bevölkerung des Eisacktals und seiner Seitentäler – des Eggen-, Gröden-, Villnöss- und des Pfitschtales, des Seiser Mittelgebirges und der Gegend von Natz-Schabs – sowie jener des Pustertals mit seinen zahlreichen Nebentälern entsprechend Rechnung trage, sei die ursprünglich vorgesehene Trassenführung durch das Eisacktal. Diese stelle als klassisches und natürliches Bindeglied zwischen Norden und Süden den idealen Zugang zu den Dolomitentälern dar. Aufgrund des unzureichenden Zustands der Brennerstaatsstraße sei die Brennerautobahn schnellstmöglich zu verwirklichen, wobei die Trassenführung durch das Eisacktal grundlegend sei, um nicht die wirtschaftliche Entwicklung eines Gebietes, in dem ungefähr ein Drittel der Bevölkerung der Provinz Bozen lebe, für immer zu schädigen.356 In einer Stellungnahme zur Variante Wackernell vom 5. März 1961 trachtete Dejaco danach, die in dessen Entwurf zu einem Projekt angeführten technischen Daten und Argumente über die Vorzüge einer Trassenführung über das Passeiertal zu widerlegen. Wackernell habe übertriebene, leicht widerlegbare Behauptungen aufgestellt. Meran sei in der Vergangenheit bei den verschiedensten Projekten kontinuierlich berücksichtigt worden, während andere Gebiete der Provinz leer ausgegangen seien. So sei das Eisacktal keineswegs ein landschaftlich reizloses Gebiet, sondern von Dichtern und Musikern bereits seit Jahrtausenden besungen worden. Mit seinen angrenzenden Wintersportgebieten sei es touristisch bedeutsam, weshalb einer Autobahn durch dieses Tal mit genügend Anschlussstellen essenzielle Bedeutung zukomme, da ansonsten starke Einbußen zu befürchten seien.357 Am 16. März 1961 sprachen sich die Eisacktaler, Pustertaler, Grödner, Gadertaler und Eggentaler Bürgermeister in einer Stellungnahme an das Ministerium für Öffentliche Arbeiten in Rom betreffend die Trassenführung der Brennerautobahn einstim-

an Assessoren Peter Wieland, Wolfgang Heiss und Rudolf Oberhuber, 16.2.1961, StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967). 356 Telegramma lettera: Präsident an Ministro dei Lavori Pubblici, [März 1961], StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967). Zur deutschen Übersetzung siehe: NN, Zum Entscheid in Sachen Autobahn. Große Befriedigung in Brixen über die Mitteilung aus Rom, in: Dolomiten, Nr. 23, 29.1.1962, S. 5. 357 Valerio Dejaco, L’autostrada del Brennero. Precisazioni e controeduzioni alla variante proposta dall’ing. N[orbert] Wackernell/Die Brenner-Autobahn. Stellungnahme und Gegenäusserung zur Variante des Ing. N[orbert] Wackernell, 5.3.1961, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). Siehe auch: Carlo Albasini, L’autostrada del Brennero [Promemoria], 3.3.1961, StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967).

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mig für die Trassenführung über das Eisacktal aus und forderten zudem die regionalen Behörden auf, sich dafür einzusetzen. Die Meraner Akteure seien letzthin in einer nicht immer objektiven Weise für die Variante über die Passerstadt eingetreten. Die Trassenführung durch das Eisacktal stelle jedoch die historische, natürliche und logische Hauptverkehrsader für den internationalen Handel und Tourismus dar und sei unerlässlich für die Stärkung des Fremdenverkehrs und Handelsaustausches des gesamten Südtiroler Dolomitengebiets. Zusätzlich zur raschen Verwirklichung der Brennerautobahn über das Eisacktal sei auch die Durchführung der Modernisierung der SS12 unaufschiebbar. Die Stellungnahme unterzeichneten die Bürgermeister von Pfitsch, Franzensfeste, Vahrn, Brixen, Lüsen, Villnöß, Klausen, Villanders, Waidbruck, Barbian, Tiers, Ritten, Feldthurns, Karneid, Natz-Schabs, Mühlbach, Rodeneck, Terenten, Percha, Rasen-Antholz, Olang, Niederdorf, Gsies, Innichen, Sexten, Vintl, Kiens, Bruneck, Sand in Taufers, Mühlwald, Prettau, Prags, Toblach, Welschnofen, Deutschnofen, Abtei, St. Vigil in Enneberg, St. Martin in Thurn, Corvara, Lajen, St. Ulrich in Gröden, St. Christina, Wolkenstein, Kastelruth und Völs.358 Der Verwaltungsrat der ANAS überprüfte am 25. Januar 1962 vergleichend die von der Brennerautobahngesellschaft propagierten Trassenführung über das Eisacktal und Wackernells Projekt und entschied sich für das Eisacktal, da er die Strecke über das Passeiertal aufgrund höherer Bau- und Erhaltungskosten und technischer Schwierigkeiten in Bezug auf die Errichtung des Jaufentunnels und aufgrund der Kosten für seine Entlüftung als weniger geeignet befand. Die Trasse über das Passeiertal kam laut dem Ergebnis der ANAS ausschließlich den Interessen Merans entgegen und lasse jene von Bozen, Brixen, Gröden, dem Pustertal und dem Gadertal außer Acht.359 Dieses Resultat stieß bei den Autobahnakteuren im Eisacktal erwartungsgemäß auf Zustimmung, in Meran hingegen auf Ablehnung. Auch wenn sich dadurch der Verwaltungsrat der ANAS offiziell für die Trassenführung über das Eisacktal entschieden hatte, setzten sich die verschiedenen an einer Trassierung der Brennerautobahn über Meran interessierten Kreise weiterhin für ihr Anliegen ein. So besprach der Gemeinderat von Meran in seiner Sitzung am 26. Februar 1962 die Problematik. Der Bürgermeister der Kurstadt, Dr. Luigi Bertagnolli, wies in seinen Ausführungen darauf hin, dass von den an der Trassierung über das Eisacktal interessierten Kreisen „halbamtliche[…] Berichte“ lanciert worden seien, die besagen würden, dass die 358 Beschluss der Bürgermeister des Eisack-, Puster-, Gröden-, Gader- und Eggentales, 16.3.1961, SLA, SVP Landesleitung 955. Siehe auch: NN, Stellungnahme der Stadtgemeinde Brixen zum Bau der Brenner-Autobahn, in: Dolomiten, Nr. 72, 27.3.1961, S. 78. NN, Approvato da 34 sindaci un o.d.g. „pro autostrada“, in: Alto Adige, Nr. 76, 30.3.1961, S. 8. 359 Consiglio di Amministrazione dell’Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.), Voto n° 335, 25.1.1962, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV.

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Trassenführung der Brennerautobahn durch das Eisacktal realisiert werde.360 Seiner Ansicht nach sei bezüglich der Trassierung noch nicht das letzte Wort gesprochen.361 Bertagnolli führte an, dass der Bau der Brennerautobahn durch das Eisacktal zu enormen Schwierigkeiten mit Verkehrsunterbrechungen führe, ebenso zu einer Verschandelung der Landschaft beispielsweise bei Bozen.362 Die Sitzung des Gemeinderates wurde angesichts der Wichtigkeit der Thematik und der fortgeschrittenen Zeit auf den 12. März 1962 verschoben. In der Zwischenzeit informierte sich Bürgermeister Bertagnolli beim Generaldirektor der ANAS in Rom über den Stand in Bezug auf die Trassenführung, erhielt von diesem jedoch eine endgültige negative Antwort, welche die Hoffnungen der Meraner Kreise zerschlug.363 Auf die Ausführungen des Bürgermeisters meldeten sich verschiedene Gemeinderäte zu Wort, so zum Beispiel Luigi Montali, der betonte, dass man das Ziel einer Trassierung über Meran aufgrund der Wichtigkeit für die Stadt und die umliegenden Gebiete nicht aufgeben dürfe, solange die Autobahn nicht gebaut sei. Eine Trassenführung über Meran sei nicht unwirtschaftlich, sondern vielmehr logisch (niedrigere Kosten, kürzere Strecke und unbehinderter Verkehrsfluss während der Bauphase), weshalb die gesamte Öffentlichkeit über die Thematik in Kenntnis gesetzt werden müsse.364 Auch die Tageszeitung Alto Adige setzte sich nach der Entscheidung in Rom für die Streckenführung über das Eisacktal weiterhin massiv für eine Trassierung über Meran ein und veröffentlichte auch in den darauffolgenden Jahren kontinuierlich Artikel über die Vorteile dieser Variante. Die Zeitung verstand sich als Sprachrohr für ihre Propagierung und wollte die Öffentlichkeit über die Thematik unterrichten. Der ungezeichnete Beitrag im Alto Adige vom 13. Mai 1962, anhand dessen sich besonders markante Merkmale in der Argumentationsstrategie herausarbeiten lassen, hob die Vorzüge der Variante über Meran hervor, die auch laut namhaften Technikern in sämtlichen Punkten die ideale Verbindung war. Demgemäß sei die Entscheidung des Verwaltungsrats der ANAS schwer nachzuvollziehen, zumal die Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der beiden Varianten auf unzulässigen Argumentationssträngen beruht habe, indem unwahre Aussagen in Umlauf gebracht worden seien. Der Artikel verwies dabei implizit auf die im Alto Adige immer wieder angeführten Vorteile einer Trassenführung über das Passeiertal hinsichtlich einer kürzeren Streckenführung, geringerer Kosten, Schönheiten durch Panoramaaussichten (ästhetische und 360 Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 37, 26.2.1962, S. 2, SAM, ZA15K 1770. 361 Ebd., S. 8. 362 Ebd., S. 9-10. 363 Gemeinde Meran, Protokoll des Gemeinderates, Nr. 38, 12.3.1962, S. 1, SAM, RP ITA 187. 364 Ebd., S. 6-7.

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landschaftliche Aspekte), Verkehrs- und Tourismusüberlegungen, aber auch technische Aspekte wie Flussüberquerungen.365 Auch auf Landesebene wurden in Südtirol die Vor- und Nachteile der beiden Trassierungen der Brennerautobahn erwogen. Im Auftrag von SVP-Politiker Dr. Alfons Benedikter (Assessorat für Raumordnung und Landesplanung) arbeitete Alwin Seifert,366 bayerischer Architekt sowie Garten- und Landschaftsarchitekt und emeritierter Professor der Technischen Hochschule München, ein am 30. November 1962 übermitteltes vergleichendes Gutachten über die beiden Varianten aus und sprach sich dabei gegen die Trassenführung über das Eisacktal und für jene über Meran aus.367 Der Bau der Brennerautobahn im engen Eisacktal, durch das bereits die Brennerstaatsstraße und -eisenbahn sowie Energieleitungen führen würden, sei nicht zu verantworten. Zudem sei es abwegig, eine Autobahn durch besiedeltes Gelände zu führen, da der nicht abreißende Lärm einer Autobahn für alle Anwohnenden kaum erträglich sei. Wer hingegen an einer Eisenbahnstrecke wohne, könne sich daran gewöhnen und wüsste immer, wie viel Uhr es sei.368 So sehr Seifert sein Leben lang von den Städten, Schlössern und Ansitzen im Eisacktal begeistert gewesen sei, so habe er der Landschaft der Brennerstraße nie viel abgewinnen können. Südtirol habe allen Grund, sich eine landschaftlich schönere Zufahrt zu schaffen. Zwischen Brixen und Bozen sei eine Autobahn technisch schwierig zu verwirklichen; es bedürfe der Errichtung vieler technischer Konstruktionen, die weder elegant noch baukünstlerisch schön ausfallen könnten. Durch die zahlreichen notwendigen Brücken, Felsanrisse und Mauern, die aus Kostengründen in schalungsrauem Beton ausgeführt werden müssten, werde das untere Eisacktal landschaftlich so gründlich zerstört, wie es mit hohem Geldaufwand nur möglich sei. Insbesondere die vielen notwendigen Tunnel seien problematisch, da sich die Fahrerinnen und Fahrer unmöglich in so kurzen Abständen von hellstem Sonnenlicht auf das schwächere Licht in den Tunneln einstellen könnten, auch wenn diese mit hohen Kosten scheinbar taghell beleuchtet würden.369 Das Argument, dass eine Entstellung des Eisacktals hingenommen werden könne, da die Reisenden auf der Autobahn nicht viel davon sähen, sei gänzlich falsch. Nach einigen Jahren werden die anspruchsvolleren und gebildeteren Urlauberinnen 365 NN, Nasce fra le contraddizioni l’autostrada del Brennero. Le vie di comunicazione nel quadro dell’economia alpina, in: Alto Adige, Nr. 113, 13.5.1962, S. 12. 366 Seifert wurde am 31. Mai 1890 in München geboren und verstarb am 27. Februar 1972 in Diessen/Ammersee. Walther Killy/Rudolf Vierhaus (Hg.), Deutsche biographische Enzyklopädie (DBE), Bd. 9, Schmidt–Theyer, sv. Seifert, Alwin, München 1998, S. 269. 367 Alwin Seifert an Assessorat für Raumordnung, 30.11.1962, S. 1-2, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abt. 27 – Raumordnung 139. 368 Ebd., S. 2. 369 Ebd., S. 3-5.

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und Urlauber – besonders diejenigen, die an Südtirol interessiert seien – von der überfüllten Autobahn wieder auf die verkehrsärmer gewordenen Straßen abwandern; von einer Brennerautobahn durch das Eisacktal werde diesen Autofahrerinnen und -fahrern Südtirol jedoch gründlich verleidet werden.370 Hauptleidtragende einer Trassenführung durch das Eisacktal werde Bozen sein, da sich der Gast aus dem Norden nach der Ausfahrt aus dem letzten Tunnel in einem Gewirr technischer Konstruktionen wie Stützmauern, Straßen und Bahn-Überführungen wiederfinde.371 Zudem seien die Erwartungen von Brixen an eine Autobahn durch das Eisacktal realitätsfern, da eine nahe daran vorbeiführende Autobahn die Stadtentwicklung und die Ruhe beeinträchtigen werde. Diese werde weit weniger Gäste nach Brixen bringen als die Brennerstaatsstraße, da jemand, der auf der Autobahn vorbeisause, kaum die Fahrt bremsen werde, wenn sie oder er an einer Stadt vorbeikomme, insofern diese nicht sein Ziel sei.372 Laut Seifert brachte die Jaufenvariante jedoch unerwartete, ja unbestreitbare Vorteile und stellte eine ideale Linienführung dar. Sie sei 12 km kürzer als die Eisacklinie und ihre Realisierung werde billiger sein als die Variante über Brixen. Die Jaufenlinie entfalte einen großen Reiz durch die unverstellte Aussicht auf eine großartige Landschaft, deren Schönheit durch keinerlei technische Konstruktionen oder gar Großbauten verunstaltet sei. Auf einer Autobahn über das Passeiertal lasse sich die gesamte, tieferliegende Stadt Meran überblicken. Lediglich eine Stadt, die die Reisenden schon von weit her und vollkommen überblickten, könne sie dazu veranlassen, hineinzufahren, auch wenn dies zunächst gar nicht geplant gewesen sei. Die Autobahn und die Autobahnaus- und einfahrt nach Meran lägen so weit von der Stadt entfernt, dass der Kurort durch keinerlei Lärm behelligt werde. Von Meran bis Bozen verlaufe die Jaufenlinie auf ebenem und unbebautem Gelände neben der Etsch zwischen Obstanlagen und abseits der Ortschaften, die nicht durch Lärm und Gestank belästigt werden würden. Bozen erreiche die Jaufenlinie in Obstgärten – die Stadt liege hinter grünen Bäumen möglichst einladend – und ohne die Notwendigkeit großer technischer Bauten. Vom Standpunkt einer Ingenieursästhetik werde die Jaufenlinie ein technisches Kunstwerk sein, wogegen die Eisacklinie es niemals in diesen Rang schaffen werde.373 Seifert betonte die Wichtigkeit einer sorgfältigen und schnellstmöglichen Begrünung aller Böschungen und Anrisse ober- und unterhalb der Autobahn. Die Brennerautobahn dürfe keineswegs nur nach den Grundsätzen einer möglichst schnellen und billigen Bauweise errichtet werden, ohne darauf zu achten, alle im Zuge der Reali-

370 Ebd., S. 5. 371 Ebd., S. 5-6. 372 Ebd., S. 6. 373 Ebd., S. 7-9.

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sierung entstandenen Landschaftswunden wieder auszuheilen. Die Jaufenlinie eröffne eine neue Nord-Süd-Route, anstatt das bereits durch Verkehrsinfrastrukturen überlastete Eisacktal noch weiter zu verstopfen. Auch gebe es keine Verkehrsunterbrechungen auf der Brennerstaatsstraße und -eisenbahn während der Bauzeit; demnach bestünde bei der Verwirklichung der Variante über Meran keine Gefahr einer Verkehrsablenkung in die Schweiz.374 Seifert betonte, dass es keinen Gesichtspunkt gebe, unter dem die Eisacklinie irgendeinen Vorteil verspreche; sie sei negativ für Landschaft, Verkehr und Wirtschaft. Eine Verwirklichung der Eisacklinie könne demnach von niemandem und vor niemandem verantwortet werden.375 Die andauernden Debatten um die Streckenführung zwischen Bozen und Sterzing veranlassten die Befürworter der Trassierung über das Eisacktal, ihre Position auch nach der Entscheidung der ANAS nach außen hin – beispielsweise auf verschiedenen Tagungen zum Thema Brennerautobahn – zu vertreten. Auf Initiative der Handelskammer von Modena fand am 19. April 1964 in Modena eine Tagung zum Thema „Prospettive economiche dell’Autostrada del Brennero“ („Wirtschaftliche Aussichten durch die Brennerautobahn“) statt, bei der zahlreiche italienische, aber auch Tiroler, Wiener und bayerische Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Technik zugegen waren. Den gleichnamigen Hauptvortrag hielt Professor Dr. Vittorio Zignoli, Ordinarius für Technik und Transportwesen am Polytechnikum in Turin – ein international bekannter Autobahnprojektant, der beispielsweise die Autobahn Turin–Piacenza projektiert hatte. Er führte dabei die wirtschaftlichen Vorteile der Brennerautobahn für das Land an, beispielsweise hinsichtlich einer zu erwartenden Steigerung des touristischen Verkehrs.376 Bei einer weiteren Tagung zur Brennerautobahn am 30. April 1965 in der Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer von Verona, veranstaltet von der „Unione delle Camere di Commercio delle Venezie“, wurde die Linienführung durch das Eisacktal als berechtigt anerkannt. Am Ende der Veranstaltung stand eine einstimmige Erklärung, dass die Brennerautobahn mit Vorrang zu verwirklichen sei. In ihrer von den zuständigen staatlichen Stellen definitiv genehmigten Trassenführung über das Eisacktal sei sie für das ganze Land die beste Variante und werde durch das Einsparen von Zeit und Transportkosten zu einer verstärkten ökonomischen und politischen Zusammenarbeit zwischen Mitteleuropa und dem Mittelmeergebiet führen.

374 Ebd., S. 10-11. 375 Ebd., S. 11-12. 376 Vittorio Zignoli, Prospettive Economiche dell’Autostrada del Brennero, in: Camera di Commercio, Industria e Agricoltura (Hg.), Prospettive economiche dell’Autostrada del Brennero. Convegno del 19 aprile 1964 – Modena, Modena 1964, S. 17-66.

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Die sowohl von der Lombardei als auch von den östlichen Provinzen Venetiens propagierten Vorschläge für Autobahnen würden daher keine Alternativen zur Verwirklichung der Brennerautobahn, sondern nur ergänzende Projekte darstellen.377 Hauptredner der Tagung in Verona war wiederum Vittorio Zignoli, der die Linienführung durch das Eisacktal – wie der Projektant der Brennerautobahngesellschaft Bruno Gentilini es ebenso forderte – als jahrtausendealte natürliche Nord-Süd-Route als vollauf berechtigt ansah. Er schloss die Trassenführung über Meran und unter den Jaufen kategorisch aus, da diese Variante vom Etschtal bis Meran zwar gleichermaßen verwirklichbar und benutzbar sei; die Passierung des Jaufens erfordere aber einen Autobahntunnel wie jenen unter den Grossen St. Bernhard, der jedoch nicht vertretbar sei, da der Verkehrsfluss stark behindert werden würde. Der Bau von Autobahntunnels dieser Art sei sinnvoll für jene Routen, bei denen es keine andere Lösung gebe; sie seien aber stets nur ein notwendiges Übel. Er würde sich im Traum nicht einfallen lassen, eine offene und freie Strecke ohne Fahrbeschränkungen gegen eine Untertunnelung mit ihren daraus resultierenden Nachteilen einzutauschen. Die Akteure aus der Gegend um Meran verteidigten die Variante über diese Stadt zwar lebhaft, aber mit mangelhaften technischen Argumenten. Die Trassenführung über Meran sei zwar kürzer, jedoch schwieriger zu verwirklichen und zu passieren. Um einen Verkehrsfluss von 2500 bis 3000 Fahrzeugen pro Stunde für jede Richtung zu gewährleisten, wie im Projekt der Brennerautobahngesellschaft vorgesehen, würden die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen auf der Meraner Variante ins Unermessliche wachsen, denn für einen solchen Tunnel seien weder ein Projekt noch Erfahrungen vorhanden. Zusätzlich sprächen gegen das Vorhaben durch das Passeiertal die höheren Kosten von mindestens 11,5 Milliarden Lire, aber auch die höhere Bevölkerungszahl und das höhere touristische Aufkommen im Eisacktal.378 Zignoli kritisierte auch die verschiedenen, von diversen lombardischen Verfechtern propagierten Trassenführungen einer neuen Nord-Süd-Verkehrsverbindung – mit Tunneln unter das Stilfer Joch, den Splügen oder den Simplon –, über diese herrsche in der Lombardei selbst Uneinigkeit über die beste Lösung. Diese Projektvorschläge konnten laut Zignoli keineswegs ein Ersatz für die problemlos passierbare Brennerautobahn sein, da diese eine internationale Verkehrsverbindung von erster Priorität mit direktem Anschluss an das österreichische und deutsche Autobahnnetz sei. Während an der Realisierung der Brennerautobahn ganz Italien interessiert sei, sei eine Verkehrsverbindung unter dem Stilfser Joch als Verbindung zwischen Mailand und Innsbruck lediglich von lokaler Bedeutung, sei doch von einer direkten Verbindung des Vinschgau sowie des lombardischen Veltlin mit den Tälern in den 377 Camera di Commercio, Industria e Agricoltura di Verona/Autostrada del Brennero S.p.A. (Hg.), Convegno sull’Autostrada del Brennero. Atti. 30 aprile 1965, Verona 1965, S. 58. 378 Vittorio Zignoli, Funzionalità economica dell’autostrada del Brennero all’avvio dei lavori di costruzione, in: Ebd., S. 12-42, hier S. 32.

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Bergamasker Alpen ein wirtschaftlicher Aufschwung nur für diese bislang benachteiligten Gebiete zu erwarten.379 Bei der Tagung in Verona hielt auch Bruno Gentilini als Projektant der Brennerautobahn einen Vortrag und kam wie Zignoli auf die Debatten über eine Verkehrsverbindung mit Untertunnelung des Stilfser Jochs zu sprechen, die schwierig zu verwirklichen und zu passieren sei. Auch Gentilini vertrat die Ansicht, dass eine Streckenführung unter dem Stilfser Joch zwar von lokaler Bedeutung für den nordöstlichen Teil der Lombardei, nicht aber für Ligurien, Mailand und den südöstlichen Teil der Lombardei sei. Diese Strecke könne keineswegs die Brennerautobahn ersetzen, auch wenn gewisse Akteure aus der Lombardei oder Meran betonten, dass eine Trassenführung der Brennerautobahn über Meran und den Jaufen sowie eine Realisierung der Untertunnelung des Stilfser Jochs die Entfernungen zwischen Mailand, Ligurien und München stark verkürzen würde.380 Während in der Folge die Vertreter der Eisacktaltrasse Zignoli mit seiner ablehnenden Position einer Variante unter den Jaufen und seiner Unterstützung für eine Trasse durch das Eisacktal als Kronzeugen zitierten, dem Glauben geschenkt werden müsse, blieben die Akteure der Trassierung der Brennerautobahn über Meran nicht untätig und konnten ebenfalls auf einen renommierten Autobahnfachmann verweisen, der ihre Position vertrat. Francesco Aimone Jelmoni, Ordinarius für Straßen, Eisenbahnen und Flughäfen am Polytechnikum in Mailand, hatte im Auftrag der Gesellschaft für die Brenner-Autobahn über Meran ein Generalprojekt für die Strecke Sterzing–Jaufen–Meran–Bozen ausgearbeitet, das er der Gesellschaft im März 1966 vorstellte. Dieses Projekt wurde in der Folge dem Minister für Öffentliche Arbeiten, Giacomo Mancini, ausgehändigt. Jelmoni war ein bedeutender Fachmann im Bereich Verkehrsinfrastrukturen; so hatte er die von Mailand über Rom nach Neapel führende „Autostrada del Sole“ (erbaut zwischen 1956 und 1964) projektiert und zeichnete für verschiedene weitere Autobahnen in Italien verantwortlich.381 Sein Generalprojekt für die Trassierung der Brennerautobahn über Meran kam zu dem Schluss, dass eine derartige Trassenführung gegenüber jener durch das Eisacktal aus landschaftlichen (beispielsweise Vermeidung der Durchquerung Bozens), verkehrsgeografischen (Schließung des Verkehrsrings um die Sarntaler Alpen) und finanziellen Gründen sowie aus Sicherheitsaspekten (Vermeidung von Verkehrsstörungen) von Vorteil sei. Jelmoni plante einen zweiröhrigen, 11 km langen Tunnel unter dem Jaufenmassiv, wobei die zweite Röhre erst ungefähr zehn Jahre nach der

379 Ebd., S. 32-34. 380 Bruno Gentilini, Come è programmata la costruzione dell’autostrada del Brennero, in: Camera di Commercio, Industria e Agricoltura di Verona/Autostrada del Brennero S.p.A. (Hg.), Convegno (1965), S. 43-48, hier S. 48. 381 Da Rios, Jelmoni.

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ersten verwirklicht werden sollte. Sein Interesse für diese Variante bestand seit geraumer Zeit; so war er bereits im Jahr 1960 gegen eine Trassenführung durch das Eisacktal eingetreten.382 Im November 1966 erschien eine im Auftrag der Gesellschaft für die BrennerAutobahn über Meran von Jelmoni im September 1966 erstellte Studie mit dem Titel „Collegamento autostradale di Genova – Torino – Milano con Monaco di Baviera attraverso lo Stelvio ed il Brennero“. In deren Vorwort bewertete der Präsident dieser Gesellschaft, Dr.-Ing. Piero Richard, die drei in Diskussion stehenden Autobahnprojekte einer Nord-Süd-Verbindung über die Zentralalpen. Das erste von ihm angegebene Projekt mit einer vorgesehenen Untertunnelung des Stilfser Jochs und des Jaufens sowie einer Weiterführung auf der Brennerlinie ab Sterzing über den Brennerpass würde zu einer direkten Verbindung von Genua und Turin über Mailand bis nach Deutschland führen und dabei durch bislang ärmliche, aber landschaftlich schöne Gebiete, die von der Realisierung der Autobahn profitieren könnten, in einer absolut sicheren Art und Weise führen. Als Zweites kam er auf das von der Brennerautobahngesellschaft ausgearbeitete Projekt der über das Eisacktal führenden Brennerautobahn zu sprechen, mit deren Bau bereits begonnen wurde. Diese Verkehrsinfrastruktur würde jedoch – so Richard – den Verkehr aus den wirtschaftlich stärksten Gebieten Italiens und von den Häfen von Savona, Genua, La Spezia und Livorno zu einem Umweg von gut 100 km zwingen, um den Brenner zu erreichen. Als drittes Projekt erwähnte er das Autobahnvorhaben einer direkten Verbindung Venedig– München (Alemagna-Autobahn), die sich jedoch abseits der wichtigen Verkehrsströme befinde. Zudem erfordere es von Österreich große finanzielle Anstrengungen, die das Land wohl nicht zu tragen bereit sei, insbesondere da die Stadt Innsbruck nicht bedient werden würde. Einstweilen genüge die Verwirklichung einer Anschlussstraße zwischen Padua und Trient über die Valsugana, um eine bequeme Verbindung zwischen dem Hafen von Venedig und Bayern zu gewährleisten. Eine über das Eisacktal führende Brennerautobahn aber sei ein kolossaler technischer Fehler, da dieses Tal wegen seiner schwierigen geologischen Verhältnisse seit jeher von durch Naturkatastrophen verursachten Verkehrsunterbrechungen mit gravierenden Folgen betroffen sei, wie es die letzten Monate wiederum gezeigt hätten. Richard hob dafür jene Vorteile der Trasse über Meran und unter den Jaufen hervor, die bereits in der Vergangenheit von den Akteuren einer Variante über die Passerstadt bemüht worden waren (kürzere Strecke, Sicherheit, geringere Kosten). Eine Trassierung über Meran ermöglichte mit einem 40 km langen Anschlussstück eine direkte 382 F. Aimone Jelmoni, Relazione sulla „variante“ di monte Giovo dell’Autostrada del Brennero, Mailand 1966, SLA, Landesverband für Heimatpflege in Südtirol 43. F. Aimone Jelmoni, La „variante“ per la Val Passiria dell’Autostrada del Brennero. Relazione sulla „variante“ di monte Giovo dell’Autostrada del Brennero. Conferenza tenuta al „Circolo della Stampa“, Mailand 1966, SLA, Landesverband für Heimatpflege in Südtirol 348.

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Verbindung zu einer Autobahn unter das Stilfser Joch bis nach Mailand und könnte mit einem Anschlussstück bis Franzensfeste das Pustertal und Brixen bedienen.383 Eine Variante über Meran könne auch die hässliche Durchquerung Bozens verhindern, die bei einer Trassenführung über das Eisacktal zwingend erforderlich wäre. Um die Vorteile der Variante der Brennerautobahn über Meran – eingebettet in das Autobahnprojekt unter das Stilfser Joch bis nach Mailand – aufzuzeigen, sei Jelmoni zu einer entsprechenden Studie angeregt worden.384 Jelmoni verglich in der Studie die verschiedenen Möglichkeiten einer Autobahnverbindung zwischen dem bedeutenden Hafenplatz Genua und dem Wirtschaftszentrum Mailand auf der einen Seite und München auf der anderen Seite der Alpen unter technischen, ökonomischen und funktionellen Aspekten.385 Er kam dabei zu dem Schluss, dass die beste Variante unter dem Stilfser Joch hindurch führe, um dann in die über Meran und unter den Jaufen führende Brennerautobahn zu münden, da die Nachteile einer Trassenführung über das Eisacktal evident seien.386 Der Alto Adige rühmte in verschiedenen Zeitungsartikeln euphorisch die Vorteile von Jelmonis Projekt einer Trassenführung unter den Jaufen, indem eine gänzliche Konzentration der Nord-Süd-Verkehrsinfrastrukturen im Eisacktal mit dessen Anfälligkeit für Unwetterkatastrophen verhindert und die hässliche Durchquerung Bozens obsolet gemacht werden könne. Der Ingenieur habe zeigen können, dass eine Untertunnelung des Jaufen angesichts der großen technischen Fortschritte im Tunnelbau der vergangenen Jahre kein Problem sei. Die Tageszeitung plädierte dafür, dass es noch nicht zu spät sei, sich für eine Trassierung der Brennerautobahn über Meran zu entscheiden.387

383 Società Autostrada Merano/Aimone Jelmoni, Collegamento autostradale di Genova – Torino – Milano con Monaco di Baviera attraverso lo Stelvio ed il Brennero, Mailand 1966, S. 4. 384 Ebd., S. 5. 385 Ebd., S. 7. 386 Ebd., S. 17-18. 387 NN, Verwirklichung der Jaufen-Variante rückt näher. Brenner-Autobahn-Trasse durch Südtirol: Einer der bekanntesten Autobahn-Fachleute Italiens hat den Auftrag zur Ausarbeitung des Projektes Sterzing–Jaufen–Meran–Bozen angenommen, in: Alto Adige, Nr. 50, 1.3.1966, S. 9. NN, Jelmoni ha firmato il progetto. Per la „variante“ dell’autostrada. Prevista una galleria di circa 11 chilometri attraverso il Giovo – Tre anni per realizzare l’intera opera – Minor costo e minor distanza rispetto all’Isarco, in: Alto Adige, Nr. 68, 22.3.1966, S. 5. NN, Projekt Jelmoni dem verantwortlichen Minister überreicht. Die Jaufentrasse der Brenner-Autobahn. In einem detaillierten Begleitbericht begründet und erläutert der Projektant die Vorteile der „Variante“, in: Alto Adige, Nr. 78, 2.4.1966, S. 10. NN, Ecco la variante. Dall’ideatore dell’autostrada del sole, il progetto per la „Vipi-

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Die Brennerautobahngesellschaft sprach sich gegen Jelmonis Variante aus, was beispielsweise in den Ausführungen Gentilinis im Alto Adige im April 1966 als Projektant der Gesellschaft ersichtlich sei. Jelmoni seien bei seiner vergleichenden Studie „derart schwere Ungenauigkeiten unterlaufen“, dass Gentilini zu dem Schluss gekommen sei, Jelmoni „habe sein Urteil abgegeben, ohne überhaupt in meine Ausführungsprojekte Einsicht genommen zu haben“. Die Eisacktaltrasse sei als natürliche Nord-Süd-Route einer Variante unter dem Jaufen vorzuziehen, würde der erforderliche lange Tunnel doch zu Verkehrsbeschränkungen führen und die Unfallgefahr erhöhen, also katastrophalen Auswirkungen von Unfällen.388 Der Alto Adige veröffentlichte eigens erstellte Publikationen, die für die Variante über Meran plädierten und davor warnten, Bozen mittels eines Autobahnviadukts zu überqueren, das über das Eisacktal hinweg führe. Das Elaborat des Alto Adige „Responsabilità dell’autostrada del Brennero. Roma non deve permettere il più grave ed irreparabile errore contro il progresso e la pacifica convivenza delle popolazioni altoatesine“ – nach Angaben des Verfassers ein „Weißbuch“ – verglich die beiden Linien Meran versus Brixen miteinander und hob die Nachteile der Eisacktaltrasse beispielsweise in technischer und politisch-ökonomischer Hinsicht hervor. Der Alto Adige habe sich bereits seit Jahren für diese Belange verantwortungsvoll eingesetzt und auch wenn es nunmehr sehr spät sei, dafür einzutreten, wolle sich die Tageszeitung nicht vorwerfen lassen, nicht alles versucht zu haben.389 Durch die vorteilhafte

teno–Bolzano“ via Merano. A distanza di sei anni dal suo primo pronunciamento in favore di un’autostrada per la Passiria, il prof. Aimone Jelmoni ha tracciato il progetto ideale dell’opera – Prevista attraverso il Giovo una galleria di undici chilometri a due vani paralleli, capace di accogliere 3.500 veicoi all’ora – Rispetto alla via Isarco: percorso più breve, tracciato più sicuro, nessuna perdita di tempo, nessuna strozzatura – Una serie di brillanti soluzioni techniche, in: Alto Adige, Nr. 79, 3.4.1966, S. 3. NN, Abbiamo servito la verità: ora aspettiamo. Autostrada. Il progetto Jelmoni per la variante Passiria è stato la più autorevole conferma alle nostre tesi – La società prosegua pure per la sua strada: si assume per intero, da sola, la responsabilità di errori (purtroppo) prevedibili, in: Alto Adige, Nr. 85, 10.4.1966, S. 1 und 16. 388 Bruno Gentilini, Per la „variante“ polemica aperta. Il dibattito si allarga sull’autostrada del Brennero. Una lettera dell’ing. Bruno Gentilini – Pareri discordi sul costo dell’opera – La galleria del Giovo e le punte massime del traffico – Alle obiezioni risponde il prof. Aimone Jelmoni, in: Alto Adige, Nr. 94, 21.4.1966, S. 15. 389 NN, Responsabilità dell’autostrada del Brennero. Roma non deve permettere il più grave ed irreparabile errore contro il progresso e la pacifica convivenza delle popolazioni altoatesine, in: Alto Adige, Nr. 246, 15.10.1967 (Supplemento speciale), S. 7-8.

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Trassenführung über Meran könne das Verkehrsquadrat in Südtirol mit den Eckpunkten Sterzing, Brixen, Bozen und Meran geschlossen werden.390 Die Überschwemmungen im Eisacktal im Herbst 1965 und im folgenden Jahr 1966 mit den daraus resultierenden Verkehrsunterbrechungen durch die zwischenzeitliche Schließung der SS12 hätten die Unzulänglichkeit einer Strecke durch das Eisacktal aufgezeigt.391 In landschaftlicher Hinsicht habe sich Seifert gegen eine Trassenführung über das Eisacktal ausgesprochen.392 Diese sei insbesondere deshalb abzulehnen, weil das damit unweigerlich verbundene Autobahnviadukt über Bozen in urbanistischer und ästhetisch-landschaftlicher Hinsicht von großem Nachteil wäre und zudem zu einem bedeutenden Luftverschmutzungsproblem führen würde.393 Die Publikation „Evitiamo l’ultimo errore“ des Alto Adige ging besonders auf die Nachteile des Autobahnviadukts über Bozen vorwiegend unter landschaftlichen Aspekten ein, was durch eine Trassenführung über Meran hätte vermieden werden können.394 Diese Nachteile kritisierte die Tageszeitung in verschiedenen Artikeln, wie in der Folge exemplarisch aufgezeigt wird. So betonte der Alto Adige am 22. Januar 1966 sowie am 8. September 1968, eine Überquerung der Talferstadt durch die Autobahn würde auf Bozen beispielsweise im Hinblick auf Landschaft und Belastung der Anrainerinnen und Anrainer starke negative Auswirkungen haben, zumal eine Teilung Bozens in zwei Bereiche drohen würde. Eine Verwirklichung der Trassierung über Meran hätte hingegen die Führung der Brennerautobahn durch das Eisacktal und die damit verbundene problematische Durchquerung der Talferstadt obsolet gemacht.395 390 Ebd., S. 16. 391 Ebd., S. 42. 392 Ebd., S. 44. 393 Ebd., S. 51-58. 394 NN, „Evitiamo l’ultimo errore“. Autostrada del Brennero. Attraversamento di Bolzano, in: Alto Adige, Nr. 194, 17.8.1968 (Supplemento speciale = Beilage), S. 11-12. 395 NN, Una sciabolata su Bolzano. … di fronte al problema di un tracciato diverso. Questo è l’effetto che produrrà l’attraversamento da parte dell’autostrada – I motivi tecnici, paesaggistici ed igienici che si oppongono alla realizzazione del progetto, destinato ad influenzare negativamente la struttura urbanistica della città per tutti gli anni a venire – La scelta degli urbanisti condizionata dalla voluta eliminazione di un’alternativa, quale la variante meranese, che troncherebbe ogni polemica ed eliminerebbe tutti i problemi connessi con il difficile attraversamento, in: Alto Adige, Nr. 18, 22.1.1966, S. 9. NN, Esigenze egoistiche frenano l’autostrada. Esaminiamo le cause che hanno provocato il notevole ritardo della realizzazione. L’azione di un gruppo di parlamentari trentini per togliere l’importante arteria dall’elenco di quelle da costruirsi dall’IRI, l’iniziativa speculativa – ora in pericolo – dell’autoporto-terminal di Trento, hanno portato pesanti perdite di tempo e alla deprecata scelta del tracciato in val d’Isarco con l’inconcepibile attraversamento di

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Im November 1967 veröffentlichte der Landesverband für Heimatpflege eine Resolution über die Brennerautobahn als dem in diesem Jahrhundert wohl bedeutendsten Bauwerk in Südtirol, das die Landschaft wesentlich beeinflussen und verändern werde. Während die Autobahn auf österreichischer Seite eine geradezu vorbildliche Linienführung und gefällige Bauwerke mit daraus resultierender Verschönerung der Landschaft aufweise, werde südlich des Brenners die Landschaft durch die Anschneidung von Hängen und die Errichtung von langen und hohen Betonstützmauern und hässlichen Kunstbauten verunstaltet. Der Autobahnführung in Südtirol fehle der geniale Grundgedanke, der ein so wichtiges Bauvorhaben in einem von Naturschönheiten geprägten Tourismusland beseelen müsse. Der negative Höhepunkt sei, dass Bozen von der Brennerautobahn durchquert und somit geteilt werde (Nachteile in optischer und verkehrstechnischer Hinsicht sowie wegen des Lärms und der Abgase), während überall sonst die Autobahndurchquerung von Städten vermieden werden würde. Die zu starre Trassenführung mit daraus resultierenden tiefen Hangeinschnitten und zahlreichen hohen Kunstbauten nehme somit zu wenig Rücksicht auf den natürlichen Geländeverlauf, zumal das angewandte System der Fertigbauweise für den Bau einer Gebirgsautobahn ungeeignet sei. Auch wenn der Autobahnbau bereits weit fortgeschritten sei, sollten sich die verantwortlichen Stellen für eine bestmögliche Einbettung der Streckenführung und der Kunstbauten in das Landschaftsbild einsetzen. Es sei unzeitgemäß, der Variante über das Passeiertal nachzutrauern – auch wenn eine derartige Trassenführung in landschaftlicher Hinsicht vorteilhaft gewesen wäre –, da die Linienführung durch das Eisacktal endgültig entschieden sei.396 Es gab jedoch auch Akteure, die sich für eine Durchquerung Bozens in Form eines Viadukts einsetzten und die Vorteile einer derartigen Autobahnführung hervorhoben. So betonte Handelskammerpräsident Walter von Walther bei einer Aussprache von Vertretern des Landesverbands für Heimatpflege und der Bozner Sektion der „Italia Nostra“ mit Vertretern der Brennerautobahngesellschaft im Februar 1968, dass diese Trassenführung einen „nicht unerheblichen propagandistischen Wert für den Fremdenverkehr“ hätte, indem die Reisenden den Talkessel von Bozen übersehen könnten.397 Die Unwetterkatastrophen im Eisacktal in den Jahren 1965 und 1966 mit der Lahmlegung der Nord-Süd-Verkehrswege gaben den Gegnern der Brennerautobahntrassierung über dieses Tal neuen Aufwind, indem sie betonten, dass bei einem Bolzano – Si è ancora in tempo per abbandonare il progetto del viadotto a vantaggio di una soluzione più sensata e razionale, in: Alto Adige, Nr. 213, 8.9.1968, S. 7. 396 NN, Autobahn: Verunstaltung der Landschaft? Stellungnahme des Landesverbandes für Heimatpflege – Kritik an Autobahn AG, in: Dolomiten, Nr. 268, 24.11.1967, S. 7. 397 J[osef] K[asebacher], Aussprache von Vertretern des Landesverbandes für Heimatpflege und der Bozner Sektion der Italia Nostra mit der Brennerautobahn-Gesellschaft in Trient, 7.2.1968, S. 2, SLA, Landesverband für Heimatpflege in Südtirol 348.

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erneuten Auftreten derartiger Katastrophen die Sicherheit einer über das Eisacktal führenden Brennerautobahn nicht gewährleistet werden könne. So hob der Bürgermeister von Meran, Ingenieur Luigi Ercole Volante, am 29. Juli 1965 im Namen der an der Trassenführung über das Passeiertal interessierten Gemeinden in einem Schreiben an die zuständigen Behörden in Rom und an verschiedene regionale Stellen erneut die Vorteile der Variante über die Kurstadt hervor. Die letzthin aufgetretenen Unwetterkatastrophen im Eisacktal hätten gezeigt, dass lediglich die Trassenführung über das Passeiertal die Gefahr von Erdrutschen bannen könne, weshalb die Bauarbeiten im Eisacktal eingestellt werden sollten.398 Im Auftrag des Landesausschusses von Bozen erstellte Seifert am 6. August 1965 – nach dem Studium der Brennerautobahnpläne und Streckenbereisungen in den Jahren zuvor – ein zweites Gutachten vom Standpunkt der Landschaftspflege und des Landschaftsschutzes über das Ausführungsprojekt der Brennerautobahngesellschaft. Er kam zu dem Schluss, dass hinsichtlich der beiden genannten Aspekte das Projekt der Brennerautobahngesellschaft unzureichend sei. Diese sei im Begriff, eine Autobahn zu bauen, die von vornherein zweitklassig und bereits vor dem Baubeginn veraltet sei. Eine solche Visitenkarte – ausgerechnet an der wichtigsten Pforte Italiens – sei nicht im Interesse dieses Landes.399 Den Reisenden werde der Unterschied in der Bau- und Landschaftskultur des Straßenbaus nördlich und südlich des Brenners nicht verborgen bleiben. Ein negativer Eindruck entstehe beispielsweise bei der Betrachtung der Brückenkonstruktion über den Stausee bei Franzensfeste, da zwischen dieser Konstruktion und den klaren Formen einer modernen weitgespannten Spannbetonbrücke ein Unterschied „wie etwa zwischen einer Notbaracke und einem wirklichen Haus“ bestehe.400 Die vielen bei der Trassenführung zwischen Klausen und Bozen notwendigen Brücken müssten notgedrungen den Eisack im spitzen Winkel schneiden oder ganz in dessen Bett stehen. Der Fluss solle nach den Plänen auf vielen hundert Metern von hohen Stahlbetonmauern eingeengt werden. Die Führung der Brennerautobahn durch die Eisackschlucht bedeute nicht nur die – in den Alpen beispiellose – Vergewaltigung des Tals, sondern seine vollkommene Vernichtung, die weder Südtirol noch Italien verantworten könnten.401 Die von Dr.-Ing. Ulrich Finsterwalder ausgearbeitete Variante der Führung der Brennerautobahn auf Spannbetonbrücken hoch über dem 398 Luigi Ercole Volante an Minister für Öffentliche Arbeiten, an Generaldirektion der A.N.A.S. (Rom), an Präsident der Regionalregierung in Trient, an Präsidenten des Landesausschusses von Bozen, an die Brennerautobahngesellschaft [und an andere Behörden], 29.7.1965, SAM, ZA15K 1770. 399 Alwin Seifert an Landesausschuß Bozen, z.H. von Silvius Magnago, 6.8.1965, S. 3-4, SLA, Präsidialakten 16. 400 Ebd., S. 5. 401 Ebd., S. 9.

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Eisack – auf dessen Vorschlag wird in der Folge noch genauer eingegangen – sei der von der Brennerautobahngesellschaft propagierten Trassierung in jeder Hinsicht (wirtschaftlich und verkehrsmäßig, aber auch landschaftlich und architektonisch) überlegen.402 Seifert betonte, dass bislang die Begrünung der Böschungen den Unternehmen überlassen worden sei, die jedoch lediglich zu ihren eigenen Gunsten gearbeitet hätten und nur unverkäuflichen Unsinn gepflanzt hätten. Im Eisacktal müsste jede vom Bau der Autobahn in Anspruch genommene oder veränderte Fläche nach der Fertigstellung der Arbeit genau so begrünt werden, wie sie vorher gewesen war.403 Zusammenfassend erklärte Seifert, dass das Projekt der Brennerautobahngesellschaft die gegenwärtig noch höchst eindrucksvolle Landschaft des Eisacktals zwischen Brenner–Gossensaß und Klausen–Bozen „vollkommen zerstören“ würde. Die geplanten Brücken seien baukünstlerisch weniger als nur wertlos und überholt. Die Autobahn müsse aus der Eisackschlucht heraus an den Berghang darüber verlegt werden.404 Der Alto Adige nahm auf die Position Seiferts in verschiedenen Zeitungsartikeln Bezug und betonte, die Ausführungen dieses Experten hätten die Unverantwortlichkeit einer Verwirklichung der Autobahntrassenführung durch das Eisacktal ein weiteres Mal aufgezeigt.405 Bezüglich einer guten Eingliederung der Brennerautobahn in die Landschaft führte insbesondere der Teilabschnitt zwischen Klausen und Bozen zu Debatten. Aufgrund des Landesgesetzes Nr. 8 vom 24. Juli 1957 hatte der Landesausschuss von Bozen die Befugnis, aus Gründen des Landschaftsschutzes die nötige Zustimmung zum Ausführungsprojekt der Brennerautobahn zu verweigern; aus wirtschaftlichen oder fremdenverkehrstechnischen Erwägungen heraus war dies jedoch nicht möglich. Für die Teilstrecken Gossensaß–Brenner und Klausen–Bozen legte der Landesausschuss ein Veto ein, wobei es besonders für die zweite Teilstrecke zu Auseinandersetzungen mit der Brennerautobahngesellschaft kam. So erhob der Landesausschuss am 20. September 1965 in seinem Veto für den Teilabschnitt Klausen–Bozen Nord gegenüber der Brennerautobahngesellschaft verschiedene Forderungen im Bereich des Landschaftsschutzes zur besseren Eingliederung in die Landschaft wie die schnellstmögliche Begrünung der durch den Autobahnbau in Mitleidenschaft gezogenen Bereiche.406 Die Brennerautobahngesellschaft reagierte darauf, indem sie den 402 Ebd., S. 9-10. 403 Ebd., S. 10-11. 404 Ebd., S. 13. 405 NN, Ein zweites Gutachten. Prof. Seifert: „Aus dem Eisackbett heraus“, in: Alto Adige, Nr. 288, 4.12.1965, S. 11. NN, „Eine Konstruktion von gestern“. Gutachter Prof. Seifert über das Projekt für die Autobahn im Eisacktal, in: Alto Adige, Nr. 289, 5.12.1965, S. 12. 406 Silvius Magnago an Autostrada del Brennero S.p.A. und an Ministerium für Öffentliche Arbeiten, 20.9.1965, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV.

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Florentiner Landschaftsexperten Professor Pietro Porcinai mit der Ausarbeitung einer Studie zur bestmöglichen Eingliederung der Autobahn in die Landschaft betraute und dessen Forderungen nachkam.407 Am 22. Oktober 1964 propagierte Ulrich Finsterwalder von der Münchener Tiefbaufirma Dyckerhoff & Widmann K.G. in einer Eingabe an den Landesausschuss von Bozen eine Variante der Gentilini-Trasse im Abschnitt zwischen Klausen und Bozen. Aus seiner Sicht solle die Trasse am westlichen Hang auf halber Bergeshöhe auf Spannbetonbrücken führen. Dadurch könnten die Nachteile von Gentilinis Trassenführung, nämlich Verkehrsbeeinträchtigungen während des Baus, die vielen Tunnels und die Anhäufung der Verkehrsinfrastrukturen in der Talsohle des Eisacktals, ausgeschaltet werden.408 Magnago setzte sich bei der Brennerautobahngesellschaft in der Folge dafür ein, den Vorschlag technisch zu prüfen, da diese Variante aus seiner Sicht vorteilhaft sei.409 Den Vorschlag Finsterwalders hatten die Bürgermeister der Gemeinden des Eisacktals zwischen Brixen und Karneid unter der Ägide von Dr. Valerio Dejaco, dem Bürgermeister von Brixen, zustimmend aufgenommen, da sie im Falle der Verwirklichung des Projekts der Brennerautobahngesellschaft starke Verkehrsbeeinträchtigungen und -umleitungen auf der Brennerstaatsstraße mit daraus resultierenden wirtschaftlichen Schäden für alle Gemeinden des Eisacktals befürchteten. Die Realisierung des neuen Entwurfs würde hingegen Verkehrsbeeinträchtigungen während der Bauzeit minimieren und zudem zu wesentlichen ästhetischen Verbesserungen führen. Am 23. Dezember 1964 fand im Rathaus von Brixen eine Versammlung statt, bei der Finsterwalder sein Projekt erklärte. Dabei richteten die versammelten Bürgermeister eine Entschließung an die Brennerautobahngesellschaft und an diverse Behörden und Körperschaften in der Provinz Bozen, in der die Vorteile des Projekts in verkehrstechnischer und ästhetischer Hinsicht betont wurden. Die Brennerautobahn würde die Eisackschlucht in Form einer Höhenstraße überbrücken, wobei die tunnelfreie Strecke die Verkehrssicherheit wesentlich verbessern könnte. Die Trasse in ihrem Verlauf am schneearmen und trockenen Sonnenhang werde panoramisch 407 Donato Turrini an Präsident des Landesausschusses von Bozen, 29.4.1966, SLA, Präsidialakten 16. Autostrada del Brennero S.p.A., [Bilancio al 31 dicembre 1966. Approvato dall’Assemblea il 22 aprile 1967. VIII° esercizio]. Relazione del Consiglio di Amministrazione, [Trient 1967], S. 1-2, CCIAA, Archivio storico, convocazioni assemblee. 408 Ulrich Finsterwalder an Silvius Magnago, 22.10.1964, SLA, Präsidialakten 16. Für die technischen Details des Projekts von Finsterwalder siehe: Dyckerhoff & Widmann, Brenner-Autobahn – Abschnitt Bozen–Klausen. Bergtrasse, 18.2.1965, SLA, Präsidialakten 16. 409 Silvius Magnago an Donato Turrini, 5.1.1965, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV.

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eine der schönsten Autobahnen der Welt sein, die den Blick auf die Dolomiten ermögliche. Alle zuständigen Behörden wurden gebeten, Finsterwalders Variante zu prüfen und sich für diese Lösung einzusetzen.410 Am 3. April 1965 lehnte jedoch das Technische Komitee der Brennerautobahngesellschaft die Variante mit der Begründung ab, dass diese sich nach eingehender Prüfung als ungünstiger als jene der Brennerautobahngesellschaft erwiesen habe. Sein Vorschlag sehe eine zu hohe Gegensteigung vor, was insbesondere für den Güterverkehr problematisch sei, die angegebenen Baukosten erschienen zu niedrig und auch die Verkehrsbehinderungen während des Baus seien gleich groß. Der Verwaltungsrat der Brennerautobahngesellschaft schloss sich am 8. August 1965 der Entscheidung des Technischen Komitees einstimmig bei nur einer Enthaltung an, Finsterwalders Variante abzulehnen und weiterhin das Projekt von Gentilini zu verfolgen.411 Am 1. Oktober 1965 forderte Magnago im Auftrag des Landesausschusses von Bozen Finsterwalder auf, im Zusammenhang mit dem von Seifert als Experten für Landschaftsschutz erstellten Gutachten ein technisches Gutachten für den Abschnitt Klausen bis Bozen zu erstellen, das die Bergtrasse mit der von der Brennerautobahngesellschaft propagierten Trassierung im Hinblick auf die technische Ausführungsmöglichkeit, Baukosten, Bauzeit und Verkehr vergleichen sollte.412 Am 19. Oktober 1965 gab Finsterwalder dieses Gutachten ab und betonte, dass die Problematik angesichts der Unwetterkatastrophen (Hochwasserschäden) im August 1965 mit der daraus hervorgehenden völligen Lahmlegung des Verkehrs auf der Strecke Klausen–Bozen erhöhte Aktualität erhalten habe. Während Gentilinis Projekt viele Tunnels und Pfeiler im Flussbett des Eisacks mit entsprechend erhöhter Gefährdung bei Hochwasser vorsehe,413 habe die Verwirklichung der Bergtrasse kühne Kunstbauten in einer einzigartigen Landschaft mit der Sicht auf die großartige Berg-

410 Bürgermeister des mittleren und unteren Eisacktales an Präsidenten der Brenner-Autobahn-Gesellschaft, 23.12.1964, StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967). Bürgermeister Valerius Dejaco an Bürgermeister der Gemeinden des Eisacktales zwischen Brixen und Karneid, 17.12.1964, StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967). NN, Variante der Brennerautobahn Klausen – Bozen, in: Dolomiten, Nr. 36, 13.2.1965, S. 18. Es unterschrieben die Bürgermeister der folgenden Gemeinden: Brixen, Vahrn, Lüsen, Feldthurns, Villnöss, Klausen, Lajen, Waidbruck, Villanders, St. Ulrich, St. Christina, Wolkenstein, Kastelruth, Völs, Ritten, Tiers und Karneid. 411 Donato Turrini an Silvius Magnago, 15.4.1965, SLA, Präsidialakten 16. Donato Turrini an Silvius Magnago, 3.8.1965, SLA, Präsidialakten 16. 412 Silvius Magnago an Ulrich Finsterwalder, 1.10.1965, SLA, Präsidialakten 16. 413 Ulrich Finsterwalder, Gutachten zur geplanten Autobahntrasse Klausen–Bozen, 19.10.1965, S. 1-2, SLA, SVP Landesleitung 955.

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welt des Landes zur Folge. Er kam zu dem Schluss, dass diese Alternative im Hinblick auf die technische Ausführungsmöglichkeit, die Kosten und den Verkehr der Taltrasse überlegen sei.414 Finsterwalder händigte seinen Vorschlag am 14. Dezember 1965 auch Turrini (in dessen Funktion als Präsident der Brennerautobahngesellschaft) aus;415 seine Bergtrasse wurde jedoch letztlich nicht verwirklicht. Der Landesausschuss von Bozen diskutierte den Vorschlag beispielsweise am 4. April 1966, wo er von verschiedenen Mitgliedern wie Präsident Magnago unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes gutgeheißen wurde, da er „den vielen Reisenden die Möglichkeit bietet, die landschaftlichen Schönheiten Südtirols zu genießen, was auch für den Fremdenverkehr sehr vorteilhaft ist“416. Bei dieser Sitzung kam auch das Elaborat vom deutschen Geowissenschaftler Dr. Werner Rutz zur Sprache, der einen Vergleich zwischen Gentilinis Taltrasse und Finsterwalders Berglinie hinsichtlich Bautechnik, Betrieb, Fahrpsychologie und Landschaftspflege ausgearbeitet hatte. Rutz plädierte für Finsterwalders Variante, unter anderem weil dadurch die Dolomiten und die dem Eisacktal vorgelagerten Hochflächen für die auf der Autobahn Fahrenden sichtbar würden, was ein wichtiger Werbefaktor für das Land sei.417 Auch wenn die Vorteile von Finsterwalders Vorschlag insgesamt überwögen, so stünden ihre Chancen auf Verwirklichung schlecht, da er erst zu einem Zeitpunkt vorgelegt worden sei, als das Genehmigungsverfahren für die Taltrasse bereits voll im Gang gewesen sei. Eine Entscheidung gegen die Taltrasse müsse den Beginn des Baus um mindestens ein Jahr verzögern. Da die verantwortlichen Instanzen bei ihrer Entscheidung für oder gegen eine Taltrasse jedoch über ein Bauwerk entscheiden würden, das für Jahrhunderte die Landschaft des unteren Eisacktals prägen werde, sei eine Bauverzögerung für die Durchsetzung des besseren Projekts zumutbar.418 Neben der landesweiten Diskussion um die Trassenführung über Meran versus über Brixen entbrannten entlang der von der Brennerautobahngesellschaft propagierten Trassierung, für die sich die entscheidungsbefugten Stellen in Rom entschieden hatten, auf lokaler Ebene Debatten über die Errichtung und Lage von Autobahnanschlüssen. Diese galten zu Beginn der 1960er Jahre als lebensnotwendig für die Prosperität der angrenzenden Gemeinden und Täler, da der direkte Anschluss an den Ver-

414 Ebd., S. 3-4. Dyckerhoff & Widmann (Kommanditgesellschaft), Brenner-Autobahn – Abschnitt Bozen–Klausen. Bergtrasse. Brenner Autobahn Südstrecke, Abschnitt Bozen– Klausen. Vorschlag einer Trassenführung entlang den nordwestlichen Talhängen des Eisacktales, 19.10.1965, S. 1-2, StABx, Brennerautobahnbau (1960-1967). 415 Ulrich Finsterwalder an Donato Turrini, 14.12.1965, SLA, Präsidialakten 16. 416 Sitzungsprotokoll des Landesausschusses Bozen, 4.4.1966, S. 1, SLA, Präsidialakten 16. 417 Rutz, Zur Frage, S. 154-158. 418 Rutz, Zur Frage, S. 161-162.

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kehrsfluss den Anschluss an die Modernität garantiere. So betonten die Bürgermeister von Klausen und der angrenzenden Gemeinden wie beispielsweise jener von Gröden 1962 und 1963 bei diversen regionalen Körperschaften und Landespolitikern, dass die Realisierung einer Autobahnein- und ausfahrt bei Klausen für den wirtschaftlichen Aufschwung essenziell sei und verstärkt Touristinnen und Touristen kommen würden.419 Dabei setzte sich Klausen für die Errichtung einer Anschlussstelle möglichst nahe an der eigenen Gemeinde ein, während die Gemeinden von Gröden eine Anschlussstelle möglichst nahe an der Straße zu ihren touristisch bedeutsamen Ortschaften forderten, damit Gäste keinen Umweg fahren müssten und dadurch vielleicht abgeschreckt werden würden, in den Tourismusgemeinden Urlaub zu machen.420 Während in Südtirol Trassenstreitigkeiten einen breiten Raum einnahmen, war dies auf Nordtiroler Seite nicht der vorherrschende Diskursstrang, weshalb dieser Aspekt im Folgenden nur exemplarisch gestreift wird. In einem Schreiben an den Landesbaudirektor von Tirol, Josef Stark, vom 29. Januar 1959 erklärte Leo Auer, der Obmann des Fremdenverkehrsverbandes Stubaital mit Sitz in Schönberg, dass am selben Tag in Neustift die Versammlung dieses – alle Tourismusgemeinden des Tales einschließenden – Verbandes einstimmig beschlossen hätten, dass „die in der Planung der Autobahn Innsbruck–Brenner projektierte Schleife in Schönberg für die weitere Fremdenverkehrsentwicklung des Stubaitales von einschneidender Bedeutung“421 sei. Aus diesem Grund werde das Landesbauamt gebeten, alle denkbaren Schritte für die Realisierung dieser Linienführung zu unternehmen.422 Diese Trassierung war von der Tiroler Landesbaudirektion unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und verkehrstechnischen Realisierung ausgearbeitet worden. Am 6. April 1959 stellte der Verkehrsverein Matrei am Brenner, Mühlbachl und Pfons in einem Schreiben an die Landesbaudirektion von Tirol fest, die Trassenführung der geplanten Brennerautobahn sei besorgniserregend, weil sie so weit oberhalb des Ortes Matrei liege, dass die Reisenden von der künftigen Autobahn nicht einmal mehr auf Matrei herabblicken könnten. Folglich würden der gesamte Verkehr auf der

419 [Josef] Prader, [Johann] Messner, Anton[] Schenk, [Hans] Winkler und Mich[ael] Gamper an Senator Guido de Unterrichter, 20.2.1962, StAK, Faszikel Autobahnbau 19601968. 420 Silvius Magnago an Donato Turrini, 29.1.1963, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. Siehe auch: Silvius Magnago an Donato Turrini, 14.5.1963, SLA, Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV. Beschlußniederschrift des Gemeinderates Nr. 77 der Gemeinde St. Ulrich, 29.7.1965, SLA, Präsidialakten 16. 421 Leo Auer an Landesbaudirektor [Josef] Stark, 29.1.1959, TLA, ATLR Abt. VI b 97-6381961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 76. 422 Ebd.

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Autobahn durchfahren, ohne den Umweg über Matrei zu nehmen, weshalb diese Gemeinde „einer völligen Verödung entgegen gehen“ würde. Die Vorteile im Bereich des Tourismus aufgrund einer Verkehrsberuhigung im Dorf könne den Verdienstausfall im Ort durch das Ausbleiben des Durchzugsverkehrs bei weitem nicht kompensieren. Eine gut ausgebaute, gut beschilderte und kurze Zufahrt von der Autobahn zum Ortskern sei unerlässlich.423 Die Gemeinden entlang der A13 begrüßten den Bau vieler und nahe an den jeweiligen Orten gelegener Autobahnein- und -ausfahrten als lebensnotwendig für ihr jeweiliges wirtschaftliche Überleben. Die Marktgemeinde Steinach echauffierte sich mit den Nachbarorten Trins und Gschnitz insbesondere im Sommer 1968 darüber, dass sie keine eigene Anschlussstelle hätte, sondern sich gemeinsam mit Matrei mit der Anschlussstelle Matrei-Steinach begnügen müsse, die jedoch wegen der Nähe zu Matrei diesen Ort stark bevorzugen würde, während Steinach mehr als 4 km von der Anschlussstelle entfernt liege. Die Benachteiligung von Steinach und der Nachbarorte Trins und Gschnitz führe zu wirtschaftlichen und touristischen Einbußen, wie es sie bereits nach dem Bau der Brennereisenbahn 1867 gegeben hatte. Wer die Autobahn benutze, müsse einen Umweg machen, um in die genannten Orte zu kommen. Eine eigene Anschlussstelle im Bereich des Wipptalerhofes sei eine „fundamentale Existenzfrage“, da ansonsten der wohlstandbringende Verkehr an diesen Dörfern vorbeiführen würde.424 Die Forderung wurde zu diesem Zeitpunkt erhoben, weil von den verantwortlichen Stellen eine andere Art von Autobahnein- und -ausfahrt in Aussicht gestellt worden war. Der Wunsch von Steinach, Trins und Gschnitz blieb letztlich jedoch unter anderem geländebedingt unerfüllt.

423 Verkehrsverein Matrei a.Br., Mühlbachl und Pfons an ATLR–Landesbaudirektion, 6.3.1959, TLA, ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck– Brenner) (Teil 1), O.Zl. 94. 424 [Bürgermeister der Marktgemeinde Steinach,] Walfried Reimeier, an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 5.8.1968, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (6): Autobahnen in Tirol (1968). Resolution [vom Sommer 1968, von 299 BürgerInnen der Gemeinde Steinach unterschrieben], TLA, Kanzlei LH, 8 (6). Resolution [der Gemeinde Gschnitz], 6.7.1968, TLA, Kanzlei LH, 8 (6). Gemeinde Trins, Brennerautobahnausfahrt für das Gschnitztal, 12.7.1968, TLA, Kanzlei LH, 8 (6). Marktgemeinde Steinach in Tirol/Fremdenverkehrs-Verband Steinach in Tirol, Memorandum über die fremdenverkehrsschädigenden Einflüsse, verursacht durch den Bau der Brenner-Autobahn in der Fremdenverkehrsgemeinde Steinach in Tirol, Sommer 1966, TLA, ATLR Gruppe I, Pos. 1. Protokoll der 44. Aufsichtsratssitzung der Brenner Autobahn Aktiengesellschaft in Innsbruck am 28. August 1968, S. 19-20, TLA, Aufsichtsratssitzungen Pos. 33: 1968-1969 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 43.-53.].

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Bei den jeweiligen regionalen und lokalen Trassenstreitigkeiten gab es unterschiedliche Akteure und divergierende Positionen, doch die Beteiligten einte die Forderung nach der Notwendigkeit und Dringlichkeit der Verwirklichung der Brennerautobahn. Je nach Trassenstreitigkeit wurde unterschiedlich argumentiert, wobei die Legitimationsstrategien verkehrstechnischer, landschaftlicher oder ökonomischer Art waren. Immer wieder entzündeten sich hitzige Auseinandersetzungen über die Vorteile der jeweils propagierten Linienführung und die Nachteile einer anderen Trassierung. Die Brennerautobahn sollte möglichst nahe entlang der verschiedenen Ortschaften geführt werden, da sich die dortigen Akteure Vorteile davon versprachen. Dieser Bau galt nämlich als Garant für Modernität und Wohlstand, weshalb auf regionaler und lokaler Ebene eine ausreichende Anzahl von Autobahnanschlüssen für unabdingbar gehalten wurde, um die Verkehrsinfrastruktur nicht zu einer „Durchzugsautobahn“ zu degradieren. Auf Südtiroler Seite kam es zu stärkeren Diskussionen um die zu wählende Trassierung der Brennerautobahn, während es auf Nordtiroler Seite gemäßigtere Positionen gab. 5.2.5 „Traumstraße der Alpen“: Die Schönheit des Bauwerks Autobahn und die Faszination der technischen „Wunderwerke“ der Autobahn Im Hinblick auf den Themenstrang der Wahrnehmung und Propagierung der Brennerautobahn als „Traumstraße der Alpen“ wurden auf regionaler Ebene die Schönheit des Gesamtbauwerks und seiner jeweiligen Konstruktionen sowie die technische Raffinesse des als „Wunderwerk“ bezeichneten Verkehrsweges hervorgehoben. Dabei trat in Tirol wie in Südtirol wiederholt die Aussage auf, dass die Brennerautobahn dank bahnbrechender technischer Innovationen eine herausragende Ingenieursleistung sowie ein technisches Glanzstück des Straßenbaus sei. Als weltweit erste Gebirgsautobahn habe es für ihre Projektierung und Realisierung keinerlei direkte Vorbilder gegeben, sodass sich die Ingenieure nicht auf Altbewährtes hätten verlassen können, sondern innovative Wege im Straßenbau beschreiten mussten. Analog zu den ersten Bergbahnen stelle der Bau der Brennerautobahn eine bautechnische Pionierleistung dar, sodass Techniker und Straßenbauer aus aller Welt zum Vorzeigeprojekt Brennerautobahn „pilgern“ würden, um ihre zukunftsweisenden technischen Merkmale vor Ort untersuchen zu können. Die eindrucksvolle Verkehrsinfrastruktur sei eine der schönsten Autobahnen weltweit und stelle zudem eine rasche, sichere und bequeme Verkehrsverbindung zwischen Italien und Mitteleuropa dar. Über beachtliche Strecken laufe die Brennerautobahn auf Tiroler wie Südtiroler Seite auf Brücken, bei deren Realisierung hinsichtlich Gelände, Untergrund und Witterungsbedingungen beachtliche Schwierigkeiten zu meistern gewesen seien. So habe die Brennerautobahn auch im Brückenbau internationale Berühmtheit erlangt,

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wobei vor allem die Europabrücke als höchste Pfeilerbrücke der Welt weltweites Aufsehen erregt habe. Daneben sollten auch die anderen Brückenbauten beachtet werden, da bereits sie eindrucksvoll genug seien. Die Brennerautobahn als Gesamtkonstruktion und insbesondere die Europabrücke sollten als Touristenattraktionen und Aushängeschilder des Landes verstärkt mit Werbekampagnen lanciert werden. Gegen eine „Verschandelung“ der Landschaft seien neuartige Begrünungsmethoden entwickelt worden, welche die aufgrund der Bauarbeiten geschlagenen Wunden der Natur schnellstmöglich heilen würden. Mit einer einmaligen Trassenführung sei die bestmögliche Einbettung in die Landschaft erreicht worden, darüber hinaus sei die Brennerautobahn selbst eine Landschaftsattraktion, die spektakuläre Panoramablicke auf die Tiroler und Südtiroler Bergwelt ermögliche. Dadurch unterstreiche sie die Schönheiten des Landes und rege die Durchfahrenden an, die nächste Autobahnausfahrt zu nehmen, um im Land zu verweilen und Urlaub zu machen. Der damit verbundene Aufschwung des Tourismus sei gemeinsam mit den sich aus der Realisierung der Brennerautobahn ergebenden Vorteilen für die heimische Wirtschaft die Grundlage für Prosperität und ein Symbol für Fortschritt und Moderne. Auf Tiroler Seite äußerte man sich zudem wiederholt voll Stolz über die Verwirklichung eines derartigen Glanzstücks durch österreichische Ingenieure und Arbeiter, denen der Status von mutigen „Helden“ zukäme. Persönlicher Einsatz und großer Wagemut hätten mittels neuer Verfahren eine weit über Europa hinaus beachtete Verkehrsinfrastruktur geschaffen, die Österreich zu Ruhm und Ehre gereiche. So habe die kleine Alpenrepublik einen bedeutenden Beitrag für den internationalen NordSüd-Güter- und Personenverkehr über die Alpen leisten und ein beeindruckendes Ingenieurskunstwerk schaffen können. Insbesondere die Europabrücke wurde gerühmt als ein technisches Wunder, als ein Symbol für den Wiederaufbau und das wirtschaftliche Wiedererstarken Österreichs. So habe die ultramoderne Form der Brücke die ein wenig veralteten Wahrzeichen der Alpenrepublik verdrängen können. Beim Blick auf die Propagierung der Schönheit der Brennerautobahn und ihrer technischen Neuerungen zeigen sich Kontinuitätslinien zur Entstehung der vom deutschen Eisenbahningenieur Carl von Etzel geplanten und im August 1867 eröffneten Brennereisenbahn – damals die höchste Gebirgsbahn Europas –, die eine Vorbildfunktion für spätere Eisenbahnbauten hatte. Beide Verkehrsinfrastrukturen über den Brennerpass weckten euphorische Erwartungshaltungen auf ein wirtschaftliches Erblühen der Gebiete längs der Brennerstrecke. Die Eisenbahn war das innovativste Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts, das als bedeutende technische Neuerung und als Vorteil für die gesamte Gesellschaft galt. Analog dazu wurde die Brennerautobahn annähernd ein Jahrhundert später mit diesen positiven Attributen versehen.425 425 Held, Idee, S. 800-802. Ingo Schneider, Der Brenner. Über die Auswirkungen der großen Politik auf ein kleines Dorf und seine Bewohner, in: Di Michele/Renzetti/Schneider et al. (Hg.), An der Grenze (2012), S. 61-92, hier S. 65-66.

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Zudem lassen sich Parallelen ziehen von der Propagierung der seit dem Jahr 1935 durchgängig befahrbaren Großglockner-Hochalpenstraße als Symbol für Aufbauwillen, technischen Fortschritt und Erfahrbarkeit landschaftlicher Vorzüge426 hin zum Themenstrang der Brennerautobahn als „Traumstraße der Alpen“. Der Historiker Georg Rigele zeigte auf, dass diese Route eine anhaltende Popularität als Nationalsymbol patriotischer Selbstfindung der jungen Republik Österreich genoss. Der Alpenstaat hatte nach dem Ersten Weltkrieg seinen bislang höchsten Berg, den Ortler, und bekannte Aussichtsstraßen wie die Stilfser-Joch-Straße abtreten müssen. Die Großglockner-Hochalpenstraße sollte dies wenigstens bis zu einem gewissten Punkt kompensieren,427 „Imageträger“428 in alle Richtungen sein429 und als landschaftlich ästhetischer Straßenbau Identifikationsmöglichkeit für einen möglichst großen Teil der Bevölkerung sein.430 Die Eröffnungsfeierlichkeiten der Großglockner-Hochalpenstraße wurden – wie Jahrzehnte später die ersten eröffneten Abschnitte der A13 – pompös inszeniert. Dabei führte man als Motive die österreichische Durchsetzungskraft gegen die Natur und das Selbstverständnis einer nach außen kolporierten (zu großen) österreichischen Bescheidenheit ein, die als Sinnbild der nationalen Selbstbehauptung vor den Wirren der Zeit verstanden wurden.431 Österreich wurde mit positiven Attributen versehen: als gastfreundliches, harmonisches Land des kulturellen Austausches infolge seiner geografischen Lage zwischen Deutschland und Italien.432 Diese verschiedenen Motive wurden Jahrzehnte später auch bei der Brennerautobahn verwendet. Allgemein maß man in den 1950er und 1960er Jahren dem Autobahnbau große Bedeutung bei und hob die jeweiligen technischen Finessen einer jeden Autobahn medial hervor. Exemplarisch dazu sei auf die Autobahn Turin–Savona – das Teilstück von Savona nach Ceva wurde am 27. Januar 1960 für den Verkehr freigegeben – verwiesen, über die zur Zeit ihrer Entstehung eine Reihe von Fachaufsätzen, aber auch Artikeln in der Tagespresse publiziert wurden. Die Stimmung war dabei durchwegs euphorisch und emotional, da die Autobahn als avantgardistisch und als ein positiver Faktor für Wirtschaft und Gemeinschaft eingestuft wurde, wobei die beinahe romantische Sichtweise vorherrschte, den Raum als gezähmte Natur aufzufassen. Die einzelnen Konstruktionen galten als grandiose Meisterwerke, die mit modernsten Arbeitsgeräten in Rekordzeit fertiggestellt worden waren. Zudem wurden 426 Georg Rigele, Die Großglockner-Hochalpenstraße. Zur Geschichte eines österreichischen Monuments, Wien 1998, S. 289. 427 Ebd., S. 11-12 und 361. 428 Ebd., S. 197. 429 Ebd., S. 181. 430 Ebd., S. 165-166. 431 Ebd., S. 185. 432 Ebd., S. 361.

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technische Details der jeweiligen Bauwerke hervorgehoben. Die vollendete Autobahn würde bei den Durchfahrenden großen Eindruck hinterlassen.433 Bei der Stilisierung der Brennerautobahn als „Traumstraße der Alpen“ wurde kontinuierlich auf den Terminus „Landschaft“ verwiesen, der in Anlehnung an den deutschen Historiker Thomas Zeller „keine absolute Größe [ist], sondern ein kulturell konnotiertes Produkt menschlichen Handelns, das von Akteuren in Politik, Wirtschaft und Verkehrsinfrastruktur je nach zeitgeistabhängigen Vorstellungen, Bedürfnissen oder Nützlichkeitserwägungen hergestellt, verändert bzw. fortentwickelt wird und darum kontinuierlich neu zu beschreiben ist“.434

So beurteilen Naturschützerinnen und Naturschützer „Landschaft“ mit eigenen, historisch variablen Normen und Wertmaßstäben.435 Der Begriff umfasst demnach deutlich mehr als eine gefällige Aussicht auf die Natur, er berührt vielmehr die Interaktion zwischen Personen und Orten, die Beziehung zwischen einer sozialen Gruppe und ihren Räumen, von denen ein Teil der Mitglieder dieser Gruppe ein Stück ihrer gemeinsamen Identität bezieht.436 Bis zur beginnenden „Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert“437 durch den Eisenbahnbau galt Landschaft als etwas gleichsam unendlich zur Verfügung Stehendes, das der Mensch für seine Zwecke umformen sollte. Gegenwärtig wird „Landschaft“ jedoch vielfach als ein bedrohtes Gut eingestuft, das für künftige Generationen bewahrt werden soll, wovon Begriffe wie Landschaftsschutz zeugen.438 Verkehrsinfrastrukturprojekte produzieren und konstruieren Landschaft, indem sie die Umwelt mit dem Bau physisch verändern. Zusätzlich konsumiert, wer die Verkehrsinfrastruktur nutzt, in visueller Hinsicht Landschaft und eignet sich diese mit unterschiedlichen Positionen an.439 Die seit der Wende zum 20. Jahrhundert und verstärkt in der Zwischenkriegszeit für den Personenverkehr errichteten Autobahnen zielten nicht vorrangig auf eine rasche, sondern auf eine aussichtsreiche Fahrt, um motorisierten Stadtbewohnerinnen 433 Moraglio, Between industry, S. 101-102. Bonino/Moraglio, Inventare gli spostamenti. Storia della A6, S. 42-44. 434 Ruppmann, Das Dritte Reich, S. 98. Siehe auch: Zeller, Der verlangsamte Verkehr. Ders., Driving Germany. Ders., Straße. Mauch/Zeller (Hg.), The World. 435 Ruppmann, Das Dritte Reich, S. 98. 436 Francesca Comisso/Nicoletta Leonardi, Verso e attraverso l’autostrada/Towards and through the motorway, in: Bonino/Moraglio (Hg.), Inventare gli spostamenti. Storia e immagini (2006), S. 105-110, hier S. 106. 437 Wolfgang Schivelbusch, Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1989. 438 Ruppmann, Das Dritte Reich, S. 98-99. 439 Ebd., S. 99.

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und -bewohnern eine Landschaft zu erschließen. Landschaft wurde dabei zum Konsumartikel und die darin errichteten Infrastrukturen und Kunstbauten zudem als Zeugnis der jeweiligen nationalen Ingenieurskunst gedeutet. Während die Eisenbahn einen in die Weite schweifenden Blick diktiert hatte, ermöglichten die frühen Autobahnen ein selbstbestimmtes und langsames Fahren, sodass infolge der Entschleunigung das Betrachten der Landschaft wieder größere Bedeutung gewann.440 In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verschob sich jedoch allgemein das Interesse weg von der im Nationalsozialismus essenziellen Rolle der Landschaftsästhetik hin zu Faktoren wie Verkehrssicherheit und Verkehrsfluss. Autobahnen sollten durch ihre Zweckrationalität hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten ermöglichen.441 Dennoch waren sich die Akteure durchwegs darüber einig, dass Autobahnen die Natur verschönern und Landschaft positiv gestalten sollten.442 In der Phase der Stabilisierung des Diskurses wurde kontinuierlich auf die „Traumstraße“ Brennerautobahn abgehoben, was in der Folge exemplarisch herausgearbeitet wird. Auf Tiroler Seite wurde betont, dass es sich bei dieser Verkehrsinfrastruktur um eine reine Gebirgsautobahn mit keinerlei Vorbildern handle, wie es beispielsweise die Tiroler Landesbaudirektion in einer Publikation über die Autobahn aus dem Jahr 1961 hervorhob.443 Auch die Tiroler Nachrichten vom 20. Juni 1962 verwiesen voll Stolz auf die Verkehrsinfrastruktur als einzigartige Gebirgsautobahn, die sowohl Einheimische als auch Personen aus dem Ausland zum Staunen über die Kühnheit des Baus veranlassen würde.444 Alois Pollini hob in einem Zeitungsartikel im Volksboten vom 7. Mai 1966 hervor, dass die Verkehrsinfrastruktur als ausgesprochene Gebirgsautobahn eine Reihe von Kunstbauten mit modernsten Baumethoden habe entstehen lassen. Neben konventionellem Erdbau würden Brücken aus Beton und Stahl in allen Querschnitten, Halb-, Pilz- und Hangbrücken sowie Tunnel errichtet werden. Jedes Bauwerk reihe sich dank des Könnens und Fleißes aller Beteiligten derart aneinander, dass sich das Resultat in seiner Gesamtheit überall in der Welt mit anderen Autobahnen werde

440 Zeller, Der verlangsamte Verkehr, S. 362-364. Reitsam, Reichsautobahn-Landschaften. Ingrid Strohkark, Die Wahrnehmung von „Landschaft“ und der Bau von Autobahnen in Deutschland, Frankreich und Italien vor 1933, Berlin 2001. 441 Zeller, Der verlangsamte Verkehr, S. 372. Ruppmann, Das Dritte Reich, S. 105. Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte, S. 239. 442 Thomas Zeller, Landschaft als Gefühl und Autobahn als Formel. Der Autobahnbau in der frühen Bundesrepublik als Abgrenzungsversuch gegen die „Straßen Adolf Hitlers“, in: WerkstattGeschichte 21 (1998), S. 29-41, hier S. 29. 443 Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 8. 444 NN, Brücke über Europa, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 140, 20.6.1962, S. 5.

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messen lassen können und eine gute Visitenkarte für Tirol darstelle.445 Pollini unterstrich in einem weiteren Beitrag über die Brennerautobahn als „Prachtstraße der Zukunft“ vom 15. Oktober 1966 im Volksboten, dass die Technik beinahe alles könne, wobei auf dem Straßenbausektor sogar diese Einschränkung gestrichen werden könne, wie die Brennerautobahn zeige. Ihre Kühnheit entspreche einer Planung für die Zukunft und infolge ihrer hervorragenden Trassierung und Verwendung verschiedenster Bauelemente werde sie herrlich und einmalig sein.446 Heinz Knoflach, Vorstand der österreichischen Brennerautobahngesellschaft, betonte auf einer Tagung des Komitees für die Förderung des Brennerverkehrs in Verona am 14. März 1966, bei Betreten der Baustellen werde dem Betrachter bewusst, dass die fertiggestellte Autobahn „eine Prachtstraße, wenn nicht ‚die Prachtstraße Europas‘“447 sein werde. Der europäische, ja sogar der überseeische Autotourismus würde den Wunsch haben, sich das grandiose Fahrerlebnis auf der einzigen Autobahn über die Alpen mit offener Trasse „nicht entgehen zu lassen und es immer wieder zu genießen“448. Diese Aussagen führte er auch in seinem Beitrag über die Brennerautobahn und ihre internationale Bedeutung in der Festschrift „100 Jahre Brennerbahn 1867-1967“ an.449 In einer von der österreichischen Brennerautobahn herausgegebenen und auf den Zeitraum von 1968 bis 1969 datierten Werbebroschüre für die Brennerautobahn wurde betont, dass es für das Bauvorhaben keinerlei Vorbilder gegeben habe und die Techniker neue Wege hätten beschreiten müssen:450 „Die 37 Kilometer lange Schnellverbindung von Innsbruck zur Paßhöhe wird dereinst ebenso in die Geschichte der Technik eingehen wie die alte Andenstraße der Inkas, die Bernsteinroute 445 Alois Pollini, Paradestück der Brennerautobahn. In dieser Gebirgsstraße ist „alles drin“ – Sillbrücke I und Bergiseltunnel verwirklichungsreif, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 19, 7.5.1966, S. 14. 446 Ders., „Prachtstraße der Zukunft“. Bericht von den Großbaustellen vom Brennerpaß bis zum Obernberger Tal, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 42, 15.10.1966, S. 14-15. 447 Heinz Knoflach, Brenner Autobahn Konferenz in Verona. Diskussionsbeitrag des Vorstandes der Österreichischen Brenner Autobahn Aktiengesellschaft Dr. Heinz Knoflach vor der Tagung des italienischen Brennerkomitees in Verona am 14. März 1966, 14.3.1966, S. 2, BayHStA, MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 16. 448 Ebd., S. 2. 449 Heinz Knoflach, Die Brenner-Autobahn und ihre internationale Bedeutung, in: Adolf Sollath/G. Stöbich/Wulf Stratowa (Hg.), 100 Jahre Brennerbahn 1867-1967. Festschrift der österreichischen Bundesbahnen, Innsbruck 1967, S. 92-93, hier S. 93. 450 Brenner Autobahn AG (Hg.), Traumstraße über die Alpen. Tiroler Autobahn, Innsbruck o.J., S. [2].

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über die Alpen oder die Ghega-Bahn über den Semmering. Ist doch die Brennerautobahn die erste und einzige ‚offene‘ Expreßstraße über den Alpenhauptkamm.“451

Vonseiten der Autobahnakteure wurde betont, dass die „Traumstraße über die Alpen“ den Tourismus beflügeln werde und eine Werbung für Österreich und Tirol sei. So erklärte Heinz Knoflach in den Tiroler Nachrichten vom 13. Juli 1968, viele Personen kämen nur deshalb ins Land, um die Autobahn zu sehen und die Eindrücke einer Fahrt in sich aufzunehmen.452 In der Messebeilage des Volksboten vom 21. September 1968 wurde die Autobahn von Innsbruck bis zum Brenner als „Traumstraße über die Alpen“ und als „Wunderwerk der Technik“ gepriesen. Die Leistung ihrer Realisierung werde die Zeiten überdauern und den Ruhm österreichischer Ingenieurskunst und Arbeitsleistung in alle Welt tragen. Dass die Brennerautobahn höchste technische Perfektion biete, werde beinahe selbstverständlich hingenommen, ungeachtet des Wissens um die ungeheuren Planungs- und Bauschwierigkeiten dieser ersten absolut wintersicheren Autobahnalpenüberquerung ohne Tunnel, um Bausuperlative und neuartige Konstruktionstechniken. Für alle würde die rasche Fahrt auf der bequemen und sicheren Brennerautobahn unvergesslich sein, bei der die Schönheit der Alpenwelt, das prachtvolle Panorama oder die überraschenden Ausblicke in die Täler genossen werden könnten.453 In der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses wurde zudem betont, dass bei der österreichischen Brennerautobahn auf die größtmögliche Einbettung der Verkehrsinfrastruktur in die Landschaft mit einer landschaftsverbundenen Baugesinnung Wert gelegt worden sei. So hob Leo Feist in einem Bericht der Stadtgemeinde Innsbruck aus dem Jahr 1967 hervor, dass die Konstruktionen bei Innsbruck wie die Bergisel- oder die Paschbergbrücke sowie der Bergiseltunnel das Antlitz der Landeshauptstadt an ihrem Südrand wesentlich verändert hätten; diese Bauten würden jedoch in der Landschaft nicht störend wirken, sondern diese im Gegenteil nur noch interessanter gestalten.454 In seinem Beitrag über die Planung und den Bau der Brennerautobahn in der oben bereits erwähnten Festschrift „100 Jahre Brennerbahn 1867-1967“ hielt Feist fest, 451 Ebd. 452 Heinz Knoflach, Finanzierung und Mautgebühren der Brennerautobahn, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 160, 13.7.1968, S. 1. 453 NN, Brennerautobahn: schnell – sicher – prachtvoll, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 38, 21.9.1968 (Messebeilage zur 36. Innsbrucker Messe mit der österreichischen Fachmesse für Tourismus und alpine Landwirtschaft), S. 32. 454 Leo Feist, Die Autobahn erweitert den Vorraum der Landeshauptstadt Innsbruck, in: Magistrat der Landeshauptstadt Innsbruck (Hg.), Bericht der Stadtgemeinde Innsbruck, Innsbruck 1967, S. [133]-[138], hier S. [133].

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dass die Verkehrsinfrastruktur dank hervorragender Trassierung und ästhetischer Bauwerke zu den schönsten Autobahnen der Welt zählen werde. Einer landschaftsverbundenen Denkweise sei beim Bau größte Bedeutung beigemessen worden. So seien hohe und lange Betonmauern, die das Landschaftsbild verunstalten könnten, vermieden und die in die Natur eingepassten Stütz- und Wandmauern mit Natursteinen verkleidet worden.455 Feist hob die landschaftsverbundene Baugesinnung bei der Planung und Projektierung der Verkehrsinfrastruktur auch in der Österreichischen Ingenieurzeitschrift aus dem Jahr 1970 hervor, die ausländische Experten positiv beurteilt hätten. Die harmonische Trassierung vermeide den Eindruck, dass die Autobahn und ihre einzelnen Bauwerke störend wirkten; vielmehr würde die Landschaft in ihrer Wuchtigkeit und Schönheit durch die Autobahn noch mehr hervorgehoben.456 In seinem Aufsatz über „Verkehrswege, Umweltschutz, Raumordnung im Alpenraum“ in der Zeitschrift Südtirol in Wort und Bild aus dem Jahr 1971 erklärte Feist, die Brennerautobahn sei der beste Beweis dafür, dass sich eine Autobahn mit großen Kronenbreiten und zügiger Trassenführung selbst im schwierigsten Gebirgsgelände harmonisch in die Landschaft einfügen könne. So werde das Grün des umliegenden Terrains unauffällig bis zur Autobahnfahrbahn herangeführt und die Stellen, wo man Dämme und Einschnitte errichtet habe, seien kaum mehr erkennbar. Die Kunstbauten würden aufgrund einer geglückten Architektur nicht als Fremdkörper in der Landschaft empfunden.457 Nach einem Beitrag von Feist und Josef Gruber über die Brennerautobahn in einer Publikation zu einem Treffen der Landtage von Südtirol und Tirol in Innsbruck im Mai 1971,458 den Feist in seinem Aufsatz über die Planung und Projektierung der Brennerautobahn in der Publikation der Autobahngesellschaft über diese erste alpenüberquerende Vollautobahn aus dem Jahr 1972459 inhaltlich übernahm, gewährte die Trassenführung der Autobahn ihre überaus harmonische Einpassung in die Landschaft, die durch innovative Begrünungsmethoden noch erhöht werde. Die dabei voll zur Entfaltung kommende Symphonie zwischen Technik und Landschaft sei durch eine gänzlich gelungene Ästhetik bei den zahlreichen Brückenbauten verstärkt worden. Pfeiler und Tragwerke sowie die jeweiligen Stützweiten stünden dank der Berücksichtigung des „Goldenen Schnitts“ in ihren Abmessungen zueinander in einem ausgeglichenen Verhältnis. Alle Brücken wirkten in ihren Konstruktionen leicht und 455 Ders., Planung und Bau der Brenner-Autobahn, in: Sollath/Stöbich/Stratowa (Hg.), 100 Jahre Brennerbahn (1967), S. 90-91, hier S. 91. 456 Ders., Planung, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift, S. 16 und 18. 457 Ders., Verkehrswege, Umweltschutz, Raumordnung im Alpenraum, in: Südtirol in Wort und Bild 15 (1971), Heft 4, S. 1-12, hier S. 2. 458 Ders./Gruber, Die Brenner-Autobahn, S. 4-5. 459 Feist, Planung, in: Die Brenner-Autobahn, S. 88.

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elegant und nicht wie Fremdkörper, sondern würden die Imposanz der Landschaft erhöhen und diese noch verschönern.460 Bei der Errichtung des österreichischen Teils der Brennerautobahn wurde betont, dass die Kahlflächen möglichst rasch begrünt wurden. Ein Artikel in der in Wien erschienenen Arbeiter-Zeitung vom 29. Juli 1960 verwies unter anderem auf die Heilung der Landschaftswunden mit Gras. Am linken Brückenende der Europabrücke versperre gegenwärtig noch der letzte Rest des Sonnenberghügels den Weg. Naturfreunde hätten die Opferung dieses durch seine Flora und Fauna bekannten Hügels bitter und sicherlich zu Recht beklagt, da derart massive Erdbewegungen ein harter Eingriff in die Landschaft seien. Nach Abschluss der Bauarbeiten werde jedoch der mit der früheren Örtlichkeit nicht ganz genau Vertraute kaum etwas in der Landschaft vermissen, da bereits gegenwärtig ein Großteil der angeschnittenen Hänge wieder mit frischem Grün bedeckt sei. Dieses Wunder ermögliche eine völlig neue Methode, bei der der Hang mit einer Lage Faulstroh, das man von Niederösterreich sehr billig beziehen könne, bedeckt werde, darauf Grassamen gestreut und diese Lage mit Bitumen zur Befestigung und – so sonderbar das auch klingen möge – zur Wachstumsbeschleunigung versetzt werde. So bilde sich in kürzester Zeit eine dichte und widerstandsfähige Grasnarbe. „So hilft die Technik die Wunden heilen, die sie vorher schlagen mußte.“461 Ein ungezeichneter Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 30. September 1961462 erinnerte daran, dass vor zwei Jahren der schönen Landschaft mit gewaltigen Baumaschinen an den Leib gerückt worden sei. Der dicht bewaldete Sonnenburghügel, ein Wahrzeichen der Umgebung Innsbrucks, sei durch das Fällen der Bäume kahlgeschoren und sodann sogar abgetragen worden, um Platz für die künftige Anschlussstelle Innsbruck-Süd zu schaffen. Ungeduldige Stimmen hätten sich wegen einer damit zusammenhängenden Verschandelung der Natur besorgt geäußert. Man habe befürchtet, die entstehenden großen Böschungsflächen in den aufgerissenen unfruchtbaren Böden könnten niemals wieder so begrünt werden, dass eine einwandfreie Vernarbung der gesamten der Natur zugefügten Wunden sichergestellt werden könne. Inzwischen seien jedoch sämtliche Einwendungen dieser Art verstummt, obwohl die Bauarbeiten noch lange nicht abgeschlossen seien. Mit neuartigen Methoden habe man die Hänge inzwischen erfolgreich begrünt, sodass die gewaltigen Erdbewegungen beinahe nicht mehr erkennbar seien. Bereits bei der Projektierung des 460 Ders./Gruber, Die Brenner-Autobahn, S. 4-5. Ders., Planung, in: Die Brenner-Autobahn, S. 88. 461 NN, Rekorde unserer Techniker. Bei Innsbruck entsteht die größte Eisenbetonbogenbrücke der Welt, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 175, 29.7.1960, S. 4. 462 NN, Auf Geröllhalden wachsen Gras und Sträucher. Die riesigen Erdbewegungen beim Bau der Brennerautobahn machten neue Methoden für die Begrünung großer Kahlflächen notwendig, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 227, 30.9.1961, S. 3-4.

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Teilstücks Innsbruck Süd–Schönberg habe man darauf Bedacht genommen, die notwendigen Eingriffe in das Landschaftsbild so schnell wie möglich wieder unsichtbar zu machen. In früheren Zeiten habe man den Böschungen durch große Wandmauern, die spottweise auch den Namen „Klagemauern“ führen, den nötigen Halt gegeben. Dies wäre bei den Dimensionen der Brennerautobahn nicht nur zu teuer gekommen, sondern dadurch wäre auch das Landschaftsbild stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Mithilfe der Grünverbauung, nämlich der Befestigung von kahlen, rutschund erosionsgefährdeten Hängen mittels lebender Pflanzen, habe man die Kahlhänge schnellstmöglich wieder mit einer geschlossenen Vegetationsdecke versehen, die dann den Boden binde und ihn gegen Wind und Wetter schützend abdecke.463 Bei den Einschnittsböschungen habe man eine ebenso rasch wirksame Berasungsmethode gefunden, die auch auf trockenen und völlig humuslosen, dem Föhnsturm ausgesetzten Schotterhängen durchgeführt werden könne. Dabei sei ein neuartiges und mustergültiges Verfahren zur Befestigung der hohen Damm- und Einschnittsböschungen mittels Grünverbauung eingesetzt worden, das mit einer Bitumen-Wasser-Emulsion arbeite und das vom Innsbrucker Ingenieurbiologen Dr.-Ing. Hugo Meinhard Schiechtl entwickelt worden sei.464 Auch die Dolomiten vom 2. Oktober 1961 gingen auf diese neuartigen Methoden zur Vermeidung von Kahlhängen bei der Realisierung des Nordtiroler Teils der Brennerautobahn ein. Als die Pläne für den Ausbau der Nordtiroler Trasse der Brennerautobahn bekannt geworden seien und man die Arbeiten praktisch in Angriff genommen habe, hätten Kreise, denen die Erhaltung des heimatlichen Landschaftsbildes besonders am Herzen liege, wiederholt die bange Befürchtung geäußert, dass die ungeheuren Materialbewegungen – die Erd- und Felsarbeiten würden allein vier Millionen Kubikmeter umfassen – zu einer Verunstaltung des Wipptales aufgrund riesiger Schotterhalden und Kahlhänge führen werde. So musste allein in der nächsten Umgebung der Landeshauptstadt der dicht bewaldete Sonnenburger Hügel gänzlich abgeforstet und daraufhin sogar abgetragen werden. Dabei sei gerade in diesem Bauabschnitt der ständige Einfluss des Föhnes bekannt, der freiliegendes Material in Staubfahnen über das gesamte Wipp- und Stubaital befördere, was jedoch neuartige Methoden und der vorbildliche Einsatz der Bauleitung verhindert hätten. Die infolge der Erdbewegungen unvermeidlichen riesigen Böschungen, die senkrechte Höhen bis zu 90 m und schräge Längen bis zu 150 m erreicht hätten, seien früher durch kostspielige und hässliche Wandmauern geschützt worden. Bei der Realisierung des österreichischen Teils der Brennerautobahn sei man jedoch der Verunstaltung des Landschaftsbildes und der Gefahr weiteren Abrutschens respektive Steinschlags entgegengetreten, indem man die modernste ingenieurbiologische Bauweise in Form von Grün-

463 Ebd., S. 3. 464 Ebd., S. 4.

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landverbauung verbaut habe. Um die Kahlhänge innerhalb kurzer Zeit trotz des gänzlichen Humusmangels mit einer geschlossenen Vegetationsdecke zu versehen, seien Buschlagen aus Astwerk, gemischt mit verschiedenen Strauchgewächsen, bereits im Laufe der Dämmung eingebaut worden, wobei die Äste mit ihrem dicken Ende mit Baumaschinen zugeschüttet und eingewalzt worden seien, sodass nur die Spitzen herausragten, ohne dass Humus aufgeschüttet werden musste. Tatsächlich hätten beispielsweise Weiden und Pappeln bereits im ersten Jahr bis zu einen Meter lange Triebe gebildet. Die Berasung der Einschnittsböschungen sei durch die Auflage von Faulstroh erfolgt, in welches Saatgut und Kunstdünger eingestreut und über das schließlich eine verdünnte Bitumen-Wasser-Emulsion versprüht worden sei. Auf diese Weise hätten bereits innerhalb von zwei Jahren 20 Hektar nackte Schotterhänge mit einer dichten grünen Rasenfläche überzogen werden können.465 Leo Feist betonte in einem Zeitungsartikel über die Notwendigkeit und die Kosten der Brennerautobahn, die umfangreichen Erdarbeiten in einem Gesamtausmaß von 4,5 Millionen Kubikmetern seien beinahe nicht mehr erkennbar, weil sich die Landesbaudirektion im Interesse eines landschaftsverbundenen Bauens bemüht habe, „die Wunden, die ein so großer Bau der Natur zufügen mußte, durch ein ganz neues Begrünungsverfahren rasch zur Vernarbung zu bringen“466. Auch die Publikation anlässlich der Eröffnung des Teilstücks zwischen Innsbruck und Schönberg mit der Europabrücke am 17. November 1963 ging auf die neuartigen Methoden zur Begrünung der Böschungen ein. So habe man bereits zu Beginn der Erdarbeiten Vorkehrungen getroffen, um die im Zuge der Arbeiten entstandenen über hundert Meter hohen Böschungsflächen möglichst bald wieder zum Schutz vor Erosion mit Rasen zu versehen. Dies sei dank eines beim Bau dieses Teilstücks der Brennerautobahn erstmals entwickelten neuen Begrünungsverfahrens zufriedenstellend gelöst worden.467 Die geplante Autobahnkehre um Schönberg würdigte die Presse bereits vor ihrer Fertigstellung als Nutzen für den Tourismus in Schönberg und im benachbarten Stubaital. So führte Herbert Buzas in der Tiroler Tageszeitung vom 20. Februar 1960468 an, dass die Autobahnkehre große wirtschaftliche Vorteile – insbesondere für den Tourismus – für die von der Autobahn erschlossenen Gebiete wie das Stubaital

465 NN, Nordtiroler Brennerautobahn ohne Kahlhänge, in: Dolomiten, Nr. 225, 2.10.1961, S. 7. 466 Feist, Notwendigkeit. 467 NN, Die Eröffnung, S. [1]. 468 H[erbert] Buzas, Europabrücke und Autobahn machen Fortschritte. Auch die Sillbrücke II wird eine technische Sensation – Riesige Erdbewegungen im Gange – Statt der Ahrnbergbrücke wird ein Damm gebaut, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 42, 20.2.1960, S. 3-4.

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bringen werde, da sie „einen großartigen Blick auf das Tal und seinen vergletscherten Hintergrund“469 eröffne. Auch Leo Feist betonte in seinem Beitrag über die Planung und den Bau der Brennerautobahn in einer Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Brennereisenbahn aus dem Jahr 1967, dass die Autobahnkehre „einen herrlichen Blick auf das Stubaital mit seiner Gletscherwelt“ eröffne, wobei die Reisenden auch von der restlichen Brennerautobahn aus einen „umfassenden Eindruck von der gewaltigen Tiroler Gebirgswelt“470 erhalten könnten. Im Jahr 1972 betonte Feist in seinem Artikel über die Planung und Projektierung der Brennerautobahn in der Publikation „Die Brenner-Autobahn. Die erste alpenüberquerende Vollautobahn“ erneut, dass der Autobahnbenutzer ohne die letztlich gewählte Autobahntrasse mit der Europabrücke und der Kehre bei Schönberg „niemals den herrlichen Blick in das Stubaital gehabt hätte, der ihm durch die jetzige Autobahnführung vermittelt“471 werde. In seinem Werk „Vom Saumpfad zur Tiroler Autobahn“ aus dem Jahr 1980 wiederholte er, dass die Anordnung der Kehre bei Schönberg grundlegend gewesen sei, um nicht „am herrlichen Stubaital vorbei[zu]fahren“, sondern einen Ausblick von einmaliger Schönheit in dieses Tal und auf die Stubaier Gletscher haben zu können.472 Insbesondere die Europabrücke galt als Symbol für technischen Fortschritt, erfolgreichen Wiederaufbau, wirtschaftliches Wiedererstarken sowie für die Leistungen der heimischen Ingenieure und Arbeiter. Sie war jenes Bauwerk, das die größte mediale Beachtung fand, und stellte in einer von den Zeitgenossen als harmonisch empfundenen Linienführung das – Faszination ausübende – Meisterwerk der gesamten österreichischen Brennerautobahn dar.473 Das höchste Bauwerk der Brennerautobahn wurde als Vorzeigeobjekt auch Staatsgästen präsentiert; so zeigte Landeshauptmann Wallnöfer Queen Elizabeth II. und deren Prinzgemahl Philipp sowie Prinzessin Anne bei ihrem Tirol-Aufenthalt am 8. Mai 1969 während ihres Staatsbesuchs die Europabrücke. Aufgrund der Wahrnehmung dieses Bauwerks als inoffizielles Wahrzeichen der Zweiten Republik und ihrer herausragenden Stellung als höchste Pfeilerbrücke der Welt wird auf sie in der Folge exemplarisch näher eingegangen. Herbert Buzas betonte in einem Artikel über die Sillbrücke III – der zukünftigen Europabrücke – in der Tiroler Tageszeitung vom 21. August 1958, man stehe mit Hochachtung vor dem Mut der Projektanten an der Stelle des zukünftigen Brückenbauwerks. Die Sillbrücke III werde der Brennerautobahn zu besonderer Berühmtheit

469 Ebd., S. 4. 470 Feist, Planung und Bau, S. 91. 471 Ders., Planung, in: Die Brenner-Autobahn, S. 69. 472 Ders., Vom Saumpfad, S. 673. 473 Kreuzer, Der Bau, S. 92-94.

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verhelfen und ein neues technisches Wahrzeichen Tirols werden; zudem manche Personen, die Tirol umfahren möchten, dazu veranlassen, dennoch in dieses Gebiet zu kommen. Unter der höchsten Brücke Europas würden der Stephansdom und sogar das Ulmer Münster Platz finden.474 Heinz Cornel Pfeifer lobte in einem Zeitungsartikel vom 11. Februar 1959 in den Tiroler Nachrichten über die Anbotseröffnung für die zukünftige Europabrücke in Innsbruck am 9. Februar 1959 die Überbrückung des Silltals als ein kühnes und aufgrund seiner Ausmaße beeindruckendes Projekt. Auf allen Plänen nehme sich die Sillbrücke III wie ein filigranes und luftiges Gebilde aus, dem der Laie kaum seinen Verwendungszweck zutrauen würde. Bei der Entscheidung über eines der Brückenprojekte seien neben dem Kostenfaktor auch Schönheit, Eleganz und Zweckmäßigkeit entscheidende Argumente gewesen. Die höchste Brücke Europas werde ein neuer Anziehungspunkt im Tiroler Tourismus sowie ein neuerliches Beispiel heimischer Ingenieur- und Baukunst sein.475 Auch Landeshauptmannstellvertreter Josef Anton Mayr (Landeswirtschafts- und Landesfremdenverkehrsreferent) betonte in einem Schreiben an den Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, Dr. Fritz Bock, vom 25. Februar 1959, beim Projekt für die zukünftige Europabrücke dürften nicht allein finanzielle, sondern auch ästhetische Aspekte ausschlaggebend sein, da es sich bei der Konstruktion um ein Bauwerk für Jahrhunderte handle. Die Brücke ziele in ihrer Achse mitten in den Stubaier Gletscherkessel mit dem Zuckerhütl, sodass in diesen herrlichen alpinen Rahmen lediglich das schönste Bauwerk positioniert werden könne.476 Ein ungezeichneter Zeitungsartikel im Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer Tirols gewerbliche Wirtschaft477 über den Spatenstich für die Europabrücke am 25. April 1959 berichtete über als wissenswert bezeichnete Details zu diesem Bauwerk. So handle es sich dabei um eine Stahlträgerkonstruktion mit Hohlkastenträgern auf Stahlbetonpfeilern, wobei die größte Spannweite im Mittelteil 200 m betragen werde. Als höchste Brücke Europas werde sie den Wiener Stephansdomturm noch um 43 m übertreffen, mehr noch: durch ihre einzigartige Lage als technisches Wunderwerk inmitten der herrlichen Landschaft ermögliche sie einen Blick in die imposante Tiefe des Silltals sowie einen Ausblick auf das herrliche Panorama der Stubaier

474 Buzas, Europas höchste Brücke wird über die Sill, S. 3. 475 H[einz] C[ornel] P[feifer], Parade der Pläne für Europas höchste Brücke. Anbotseröffnung für die Sillbrücke der Autobahn Innsbruck–Brenner – Erste Rate von 50 Mill. Schilling Bundeszuschuß gesichert, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 34, 11.2.1959, S. 3. 476 Landeshauptmannstellvertreter J[osef] A[nton] Mayr an Fritz Bock, 25.2.1959, TLA, Kanzlei LH, 8 (1). 477 NN, Baubeginn.

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Gletscher. Tirol werde mit dieser Brücke „ein besonderes Wahrzeichen erhalten, auf das es mit Recht wird stolz sein können“.478 Auch der aus Steinach am Brenner stammende Dr. Josef Windhager betonte in einem Artikel in den Dolomiten vom 27. August 1959, dass die Welt staunen solle über die kühne Planung für die Europabrücke, die zwei bisher getrennte Talseiten mit einem eleganten Spaziergang verbinde, wodurch auf dem Schönberg wieder Leben einziehen werde. Glitzernde Wagen würden „von einer Talseite zur andern filieren […] – und Halt machen vor der Pracht des sich freudig eröffnenden Tales im Stubai“479. Heinz Cornel Pfeifer erklärte in einem Zeitungsartikel in den Tiroler Nachrichten vom 9. September 1959,480 den zwei Tage darauf in beinahe derselben Form auch die Salzburger Nachrichten481 veröffentlichten, dass die Betrachterin oder den Betrachter die Kühnheit des Projektes der Europabrücke überwältige. Die Projektanten der Tiroler Landesbaudirektion hätten ein „außerordentliche[s] Maß an Ingenieurbaukunst, an Verantwortungsfreudigkeit und technischem Können“482 bewiesen. Der Verlust wertvollen Kulturgrunds und die Umformung der Landschaft seien unabänderlich, „wollen wir dem Zwang der Notwendigkeit, den heutigen Verkehrsproblemen an den Leib zu rücken, von anderen Staaten darin nicht überrundet zu werden und die Schönheiten unseres Landes für Millionen Ferienreisender aufzuschließen“483. Ein Zeitungsartikel aus dem Bezirksblatt Innsbruck Land aus dem Jahr 1959484 betonte die Ausmaße der Europabrücke. Der östliche Pfeiler werde mit 150 m Höhe beinahe dreimal höher sein als der 56 m messende Innsbrucker Stadtturm. Auf der Schönberger Seite werde ein 130 m hoher Pfeiler die Brücke tragen. Dazwischen würden mehr als 200 m Fahrbahn liegen, die den gesamten Talboden in einer Höhe von 180 m überspanne. Der Ausblick vor Ort vermittle „Respekt vor dem Wagemut

478 Ebd., S. 4. 479 J[osef] Windhager, Über den Schönberg. Eine verkehrsgeschichtliche Plauderei, in: Dolomiten, Nr. 194, 27.8.1959, S. 6. 480 H[einz] C[ornel] P[feifer], Die „Europabrücke“ schlägt Wurzeln. Aus tiefen Schächten wachsen die Pfeiler – Maschinengiganten donnern am Schönberg – Schon jetzt Trassenführung bis Steinach am Brenner – Eines der kühnsten Bauprojekte wird Wirklichkeit, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 207, 9.9.1959, S. 3 und 5. 481 Ders., Die „Europa-Brücke“ schlägt Wurzeln. Autobahn Kufstein-Brenner: Ein kühnes Bauprojekt wird verwirklicht – Ruhe südlich des Brenners, in: Salzburger Nachrichten, Nr. 210, 11.9.1959, S. 3. 482 Ders., Die „Europabrücke“, S. 3. 483 Ebd., S. 5. 484 NN, In Gottes Namen fangen wir an, in: Bezirksblatt Innsbruck Land 10 (1959), Nr. 5, S. 1-3.

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österreichischer Ingenieure und der Leistungsfähigkeit österreichischer Bauunternehmungen“485. Die Richtung der Europabrücke ziele genau in das Stubaital, sodass die erste Hälfte der Brücke eine imposante Aussicht auf die Gletscherwelt des Stubaitals und auf die Nordkette biete. Landesunkundige würden allerdings erst bei der großen Kehre hinter Schönberg merken, dass sie den Brenner in einer falschen Richtung vermutet hätten.486 Die Arbeiter-Zeitung vom 9. August 1960 würdigte die Entstehung der höchsten Brücke Europas als technische Großtat der Konstrukteure und Arbeiter und betonte, dass die staunenswerten Leistungen moderner Straßenbautechnik beim Ausbau der Brennerautobahn durch das kühne Projekt der Europabrücke noch übertroffen werden würden. Die Fahrbahn der 657 m langen Hauptbrücke werde 190 m über dem Fluss liegen. Einschließlich der 120 m langen Vorlandbrücke auf der Patscher Seite ergebe sich eine Gesamtlänge von 785 m. Es folgten weitere technische Details wie die Beschreibung der Spannweite des Mittelteils zwischen den Pfeilern II und III sowie deren Höhe. Die Europabrücke werde im sogenannten freien Vorbau ohne jegliches Gerüst von beiden Seiten her über dem Abgrund zusammengebaut. Die Dimensionen und die Wandstärken der Pfeiler verjüngten sich von unten nach oben, wobei ein solches Gerüst bereits ein Wunderwerk der Technik sei. Von unten sehe der Baukran winzig aus, der mit in die Höhe geführt werden müsse, und erst bei derartigen Vergleichen werde man sich der gigantischen Höhe des Bauwerks bewusst. Dennoch wirke die Brücke im Vergleich zu den gewaltigen Bergketten ringsum wie ein Spielzeug. „Aber gerade dieses Verschwinden des Menschenwerkes gegenüber den mächtigen Falten im Antlitz unserer Mutter Erde läßt auch erwarten, daß die Europabrücke die Landschaft nicht stören, sondern, einem zarten Band vergleichbar, in ‚anmutiger‘ Schlankheit das Tal überqueren wird.“487 Herbert Buzas lobte in der Tiroler Tageszeitung vom 28. November 1960 die Fertigstellung des mit 181 m höchsten Brückenpfeilers der Europabrücke als Vollendung eines stolzen Werkes der Technik. Beim Betrachten werde deutlich, dass sich „das Riesenhafte des neuen Bauwerkes harmonisch in die Maße der Natur einfügt und daß diesem schlanken Ausrufezeichen aus Beton sogar eine gewisse Schönheit innewohnt, die sich aus der zweckbestimmten Form herleitet“488. Der rasche Baufortschritt verdanke sich der Zusammenarbeit hervorragender Techniker mit einer bewährten Gemeinschaft von Arbeitern, die von ihrer Aufgabe durchdrungen, wenn 485 Ebd., S. 1. 486 Ebd., S. 3. 487 NN, Bei Innsbruck entsteht die höchste Brücke Europas. Eine technische Großtat der Konstrukteure und Arbeiter, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 184, 9.8.1960, S. 4. 488 H[erbert] Buzas, Heute wächst Brückenpfeiler II auf 181 Meter. Nächtlicher Endspurt an der Baustelle der „Europabrücke“ – Ein stolzes Werk der Hochbautechnik – Geburtstag mit Böllerkrachen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 276, 28.11.1960, S. 3.

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nicht gar besessen gewesen seien. So erfülle es diese Männer mit Stolz, dass die Betonierleistung 300 Kubikmeter am Tag betragen habe.489 Einen Tag darauf führte Herbert Buzas in der Tiroler Tageszeitung über die schlichte Feier auf dem fertiggestellten höchsten Pfeiler der Europabrücke an, dass die Arbeiter bei der Errichtung der Brücke an einem Ort tätig seien, dessen landschaftliche Schönheit kaum zu überbieten sei. Der Blick gleite von der Vorlandbrücke aus über das Silltal und die drei vollendeten Pfeiler der Europabrücke hinweg bis an den flimmernden Horizont der Stubaier Gletscherwelt. Die Brennerautobahn werde im Bereich der Europabrücke mit einer Kriechspur ausgestattet, „damit auch der Genießer des großartigen Rundblickes auf seine Rechnung kommt und nicht gezwungen ist, in Sekundenschnelle über das Tal hinwegzuflitzen“490. Auch eine Publikation der Landesbaudirektion über die Brennerautobahn aus dem Jahr 1961 verwies darauf, dass sich die Europabrücke „trotz ihrer einmaligen Größe unaufdringlich in die Landschaft einfügen“ werde, wobei sich die schlanken Pfeiler und das leichte Tragwerk zu einem harmonischen Ganzen vereinten.491 Ein Zeitungsartikel in der Tiroler Arbeiterzeitung vom 1. Mai 1962 ging auf technische Details im Zusammenhang mit dem Bau der Europabrücke ein. Bereits ihre Namensgebung zeuge von ihren ungewöhnlichen Größenverhältnissen und der Bedeutung des Projekts. Die Montage des stählernen Brückentragwerks werde in schwindelnder Höhe ohne freistehendes Gerüst erfolgen, indem von den Brückenrändern her in freier Ausladung bis zur Brückenmitte gebaut werde. Dafür seien exakte Messungen und genauestes Arbeiten sowie höchstes Können der Ingenieure und Monteure erforderlich. Den Auftrag für die Planung, Lieferung und Montage dieses kühnen Tragwerks hätten die bedeutendsten heimischen Stahlbauanstalten (VOEST in Linz und die Waagner-Biro AG Wien-Graz in Bietgemeinschaft) im scharfen Wettbewerb mit ausländischen Angeboten für sich entschieden, was ein erfreuliches Zeugnis für die Leistungsfähigkeit dieser beiden österreichischen Unternehmen sei. Bei der Auswahl der vorgelegten Entwürfe für den Stahlüberbau der Europabrücke seien neben technischen und ökonomischen Gesichtspunkten vor allem ästhetische Momente maßgebend gewesen. Angesichts der Größe des Bauwerkes sei seine Wirkung im Landschaftsbild vorrangig, weshalb man den ruhigen Formen des Vollwandträgers den Vorzug gegenüber den sich in der Schrägansicht überschneidenden Linien zweier hintereinander liegender Fachwerkshauptträger gegeben habe. Die vollwandige Tragkonstruktion liege gänzlich unter der Fahrbahn, sodass der

489 Ebd. 490 Ders., Rotweißrote Fahnen wehen stolz vom Pfeiler II. Die Vorlandbrücke im Bau – Gestern um 10.30 Uhr hörte der Betonriese zu wachsen auf – Schlichte Feier auf dem Pfeilerkopf, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 277, 29.11.1960, S. 3. 491 Landesbaudirektion für Tirol (Hg.), Brenner-Autobahn, S. 10.

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Ausblick der Reisenden auf das großartige Landschaftsbild der Umgebung durch nichts beeinträchtigt werde.492 In einem Zeitungsartikel über die „letzte Arbeitsschlacht“ bei der Verwirklichung der Europabrücke rückte in der Tiroler Arbeiterzeitung vom 4. August 1962 die Europabrücke als gigantisches Bauwerk mit beeindruckenden Ausmaßen in den Blick. Trotz der geologisch schwierigen Zone sei die Realisierung zügig vorangeschritten, die höchste Anforderungen an das Können der Ingenieure und der ausführenden Arbeiter gestellt habe. Modernste Technik und neuartige Arbeitsschritte seien bei ihrer Verwirklichung eingesetzt worden.493 Wörtlich wurde dabei Folgendes angeführt: „Beton- und Stahlbaukonstrukteure und Techniker haben hier mit vielfach bahnbrechenden Methoden ein Meisterwerk vollbracht, das nicht nur in der Bauzeit[,] sondern auch im fertigen Zustand eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges bilden wird. Österreichische Ingenieurkunst und österreichische Facharbeiter lösten hier ein Problem, dessen Schwierigkeitsgrad von allen versierten Fachleuten als unerhört bezeichnet wurde.“494

Auch am 25. November 1962 bezeichnete die Tiroler Arbeiterzeitung die im Bau befindliche Europabrücke bereits als Attraktion, mit der Tirol Furore mache und die ein großes Publikum anziehe. Man könne es kaum fassen, dass „Menschen – Österreicher, und darauf dürfen wir stolz sein – ein so kühnes Projekt auszuführen wagen. Diese Brücke wird noch lange Zeugnis ablegen von dem Können unsrer Ingenieure und der Kühnheit der Arbeiter, die fast 200 m über dem Abgrund in Wind und Wetter die Pfeiler vollendet haben.“495 Wenn man in einem der sich nach oben verjüngenden Pfeiler stehe und in die Höhe blicke, habe man das Gefühl, sich in einer ägyptischen Pyramide zu befinden. Dabei sei es für Laien verblüffend zu sehen, wie präzise projektiert und gearbeitet worden sei und in welcher Höhe die verwegenen Ingenieure und Arbeiter agieren

492 NN, Baustelle zwischen Himmel und Erde. Die Europabrücke ein Beispiel technischer Leistung unserer Zeit. 5000 Tonnen Stahlkonstruktionen für das Tragwerk – große Montageaufgaben – Modellversuch im Windkanal, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 100, 1.5.1962 (im Inserateteil), S. 5. 493 NN, Die letzte Arbeitsschlacht wird geschlagen. Österreich baut die Europabrücke. Techniker und Arbeiter haben alle Schwierigkeiten überwunden, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 178, 4.8.1962, S. 6. 494 Ebd. 495 NN, Ein Denkmal furchtloser Arbeiter und Techniker. Die Europabrücke, Zeugnis österreichischen Könnens – Die Sonne bewegt das kühle Bauwerk, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 273, 25.11.1962, S. 6.

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mussten.496 Für die Arbeiterzeitung fanden österreichischer Patriotismus, technische Höchstleistung und Arbeiterkühnheit zu einer idealen Verbindung. Herbert Buzas führte in einem Zeitungsartikel im Volksboten vom 18. Mai 1963 über die Europabrücke als großartiges, vor seiner Vollendung stehendes Symbol an, dass sie wie die großen Filme bereits lange vor ihrer Fertiggestellung gerühmt worden sei. Als eine Art „Starbrücke“ sei sie beinahe täglich das Ziel fachkundiger und naiver Bewunderung, autobusweise würden Interessierte zur Baustelle gebracht werden, und längst habe sie die illustrierte Presse, die Kinoleinwand und den Bildschirm erobert.497 Wörtlich führte Buzas dabei Folgendes aus: „Es gehört zur Bildung, über das neue Wunder der Brückenbautechnik wenigstens quizreifen Bescheid zu wissen. Eines Tages wird sich vielleicht ein Erzähler technischer Märchen an der Europabrücke einfinden und das atemlos lauschende Publikum das Staunen lehren. Wir Zeitgenossen, die wir das Werden der Brücke von Monat zu Monat gleichsam im Zeitlupentempo miterlebten, staunten zwar auch, aber immer nur mit geschlossenem Mund, denn uns wurde das Außergewöhnliche in kleinen Dosen bewußt. Wer aber unvorbereitet vor die nun beinahe vollendete Tatsache gestellt wird, vermag kaum zu fassen, was sich da bietet.“498

An der Stelle, wo der Abstand zwischen Brückenfahrbahn und Talsohle am größten sei, ließe sich sogar das 161 m hohe Ulmer Münster bequem unterbringen und der Stephansdom noch leichter. Das Stahltragwerk werde von beiden Brückenenden her in Richtung Brückenmitte vorangetrieben. Wer gut bei Atem sei, könne im Inneren der Pfeiler wie in einem endlosen Stiegenhaus emporsteigen. Jeder der fünf Pfeiler der Europabrücke sei ein Meisterwerk der Technik. Aber vor dem höchsten Pfeiler verschlage es sogar den Fachkundigen den Atem, da er mit einer Gesamthöhe von 184 m der höchste Betonpfeiler der Welt sei. Noch vor zwei Jahrzehnten sei es unmöglich gewesen, dreizellige Stahlbetonhochkasten in dieser Höhe aufzuführen, weil man damals Baustoffe von entsprechender Qualität nicht kannte. Das Fundament dieses Pfeilers rage als „negativer Wolkenkratzer“ 47 m in die Tiefe und habe 13.150 Kubikmeter Beton verschlungen. Sämtliche Brückenpfeiler seien für den extremsten Belastungsfall bemessen. Selbst bei einem Föhnsturm mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h und einem gleichzeitigen Erdbeben würden die Pfeiler noch mit der vorgeschriebenen Sicherheit stehen. Die Europabrücke füge sich trotz ihrer einmaligen Größe mit unaufdringlicher Eleganz in die Gebirgslandschaft ein, wobei die schlanken Pfeiler und das leichte Tragwerk einen ästhetischen Eindruck erwecken würden.

496 Ebd. 497 Herbert Buzas, Die Europabrücke – Ein großartiges Symbol vor seiner Vollendung, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 20, 18.5.1963, S. 16. 498 Ebd.

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Im Süden rage über der Brücke die Serles – der „Altar Tirols“ – in den Himmel des Stubaitals, eine Vertikale aus Fels über der Horizontalen aus Stahl.499 Bei der Feier zur Beendigung der Montage des Stahltragwerks der Europabrücke am 30. Mai 1963 bezeichnete Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey in einer Rede den Tag als einen Triumph der Technik und denkwürdigen Abschnitt für Tirol. Die Europabrücke sei eines der kühnsten Bauvorhaben der Gegenwart und bereits weit über Österreich hinaus bekannt geworden, da das geschaffene Werk und die vollbrachte Leistung nahezu einmalig seien. Bei der Realisierung des Bauwerks hätten sich das Wissen und Können der Brückenbauingenieure sowie der Mut, die Ausdauer und der Leistungswille der tüchtigen Arbeiter entfalten können.500 Die Schließung des Tragwerks der Europabrücke fand in der medialen Berichterstattung erwartungsgemäß Beachtung. So betonte die Tiroler Tageszeitung vom 31. Mai 1963, dass die Europabrücke nicht nur die höchste Brücke Europas, sondern auch die höchste Pfeilerbrücke der Welt sei. Ihre Höhe von 190 m werde lediglich von amerikanischen Hängebrücken übertroffen. Dank der umfangreichen Tests und Berechnungen der Statiker könne die Brücke auch Föhnstürme von 200 km/h und einem gleichzeitigen Erdbeben standhalten.501 Bei der Eröffnung der Europabrücke am 17. November 1963 bezeichnete Landeshauptmann Wallnöfer die Konstruktion als Glanzstück der gesamten Brennerautobahn, da sich das gewaltige Bauwerk in der Schlichtheit seiner Linienführung einmalig in die Tiroler Berglandschaft einfüge. Die Brücke sei ein großes Zeugnis österreichischer Ingenieurkunst, des Fleißes und Wagemuts der österreichischen Arbeiter sowie ein Beweis der Leistungsfähigkeit der österreichischen Industrie. Laut Wallnöfer war die Europabrücke „der in Stein und Stahl geformte Ausdruck des Selbstvertrauens und des Selbstbewußtseins unseres österreichischen Volkes“502. Ein Artikel im Bezirksblatt Innsbruck-Land aus dem Jahr 1963 kündigte an, dass die Europabrücke im Jubiläumsjahr 1963 fertiggestellt werde, dem 600. Jahr der Zugehörigkeit Tirols zu Österreich, was einem glücklichen Zufall entspreche, da die Europabrücke bereits zu einem Denkmal österreichischer Ingenieurskunst und für die Bescheidenheit und die Fähigkeiten der österreichischen Arbeiter geworden sei, obwohl sie als rein technisches Werk geplant worden sei. So sei sie mit zunehmendem

499 Ebd. 500 [Ansprache von Landeshauptmann Hans Tschiggfrey bei der Feier des Schließens des Stahltragwerkes der Europabrücke], [30.5.1963], S. 1, TLA, ATLR Praes III. 501 NN, Tragwerk der Europabrücke feierlich geschlossen. Nach dreijähriger Bauzeit fertiggestellt – Übergabe für den Verkehr erst im Herbst – Landeshauptmann Dr. Tschiggfrey hielt Festrede, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 125, 31.5.1963, S. 3. 502 [Ansprache des Landeshauptmannes von Tirol Eduard Wallnöfer bei der Eröffnung der Europabrücke], 17.11.1963, S. 1, TLA, ATLR Praes III.

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Baufortschritt „zum monumentalen Ausdruck eines nach 1945 keimenden österreichischen Selbstvertrauens und Selbstbewußtseins, Denkmal des Wagemutes (technisch und finanziell gesehen) eines zukunftsgläubigen Volkes“ und dementsprechend im Zeitalter der Technik zu einem der Symbole österreichischer Nationswerdung geworden.503 Die Tiroler Presse hob zudem hervor, dass die Europabrücke im Ausland bewundert werde. So führte die Tiroler Tageszeitung vom 26. Oktober 1964 ein fachkritisches Urteil aus den USA hinsichtlich der Ästhetik der Europabrücke an. Demnach listete der amerikanische Architekt und Universitätslehrer G. E. Kidder Smith, Mitglied des „American Institut of Architecture“ und einer der führenden Architekturkritiker der Welt, in seinem Buch „The New Architecture of Europe“ die seiner Ansicht nach künstlerisch bedeutendsten nach 1945 in Europa entstandenen Bauten an, wobei er für Österreich lediglich fünf Beispiele auswählte. Die Europabrücke sei eine technische Meisterleistung, die dank des Verzichts auf eine Bogenkonstruktion ungeachtet ihrer riesigen Ausmaße beinahe unscheinbar wirke und wie selbstverständlich in der schönen Landschaft stehe. Dabei bleibe das Flusstal bestehen und durch die Pfeiler lasse sich wie durch ein dünnes Stabwerk hindurchblicken. Was bei anderen Bauaufgaben oftmals zu einem künstlerischen Fiasko geführt hätte, habe bei der Europabrücke seine volle Berechtigung; die Beschränkung auf eine rein technische und ornamentlose Funktion habe sich als beste Lösung erwiesen, da sich die Europabrücke dadurch am besten in die Landschaft einfüge.504 Wenige Akteure vertraten kritische Positionen im Hinblick auf die Europabrücke und positionierten sich dadurch außerhalb der Diskursgrenzen. So wurde in Tirol ein Artikel von Friedrich Achleitner, einem herausragenden österreichischen Architekten, Architekturkritiker und Schriftsteller, in der Tageszeitung Die Presse vom 18. November 1963 mit Ablehnung aufgenommen. Wie Achleitner bemerkte, werde die Europabrücke zwar als neues Wahrzeichen Tirols bezeichnet und sei mit ihrer Höhe von 190 m die höchste Brücke Europas und die höchste Pfeilerbrücke der Welt überhaupt, er warnte jedoch vor Überschätzung: „Ohne die Leistungen an dem gelungenen Werk zu schmälern, sollte man aber doch von einer lokalen Überschätzung Abstand nehmen. So imposant die Ausmaße auch sind, so ist die Brücke

503 NN, Österreichs Europabrücke – Europabrücke Österreich, in: Bezirksblatt InnsbruckLand 14 (1963), Nr. 9/10, S. 1. 504 NN, Die Ästhetik der Europabrücke. Fachkritisches Urteil aus Amerika, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 248, 26.10.1964, S. 5.

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doch nur als eine relativ einfache Pfeilerbrücke, nicht jedoch als eine zukunftweisende oder gar schöpferische Ingenieurleistung im Sinne einer Pioniertat zu werten.“505

Auch Susanne Mürth äußerte sich kritisch über eine dauerhaft überragende Stellung der Europabrücke. In einem Beitrag in der Tiroler Tageszeitung vom 22. Oktober 1962 mit dem Titel „Die Europabrücke überstrahlt das Goldene Dachl. Innsbrucks Sehenswürdigkeiten im Werturteil unserer Gäste – 121.000 sahen heuer das Riesenrundgemälde – Pilgerfahrten zum Schönberg“ warnte sie davor, eine Rangliste der Innsbrucker Sehenswürdigkeiten nach künstlerischen oder anderen Aspekten aufzustellen, da dies für Einheimische aufgrund allenfalls subjektiver Standpunkte schwierig sei. Aus der Warte des Tourismus könne jedoch eine Rangliste der Sehenswürdigkeiten allein nach Popularität respektive Besucherzahl aufgestellt werden. Dabei hätten die Innsbrucker Altstadt sowie die klassischen Destinationen wie der Bergisel nichts von ihrer Beliebtheit eingebüßt. Alle Sehenswürdigkeiten seien jedoch etwas in den Hintergrund getreten gegenüber der Europabrücke, falls man wiederum von der Besucherzahl ausgehe. Für deren Schätzung sei der Strom der Autos auf der Brennerstraße ein fester Anhaltspunkt. Wenn nur jeder Hundertste stehenbleibe, werde die Zahl ungeheuerlich. Angesichts der sich bietenden großartigen technischen Leistung, die etwas Handfestes sei und mit der man mehr anfangen könne als mit alten Burgen, würden die Pfeiler mit Ferngläsern, Fotoapparaten und Filmkameras visuell eingefangen werden. Im Gegensatz zur Europabrücke würden jedoch Sehenswürdigkeiten wie Schloss Ambras „auch noch in vielen Jahren zu den eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten Innsbrucks zählen, die Europabrücke vielleicht nicht mehr“. Wenn man bedenke, dass auch die nahe Stefansbrücke (Fertigstellung 1845) einst zu den imposantesten Brückenbauten Europas gezählt habe, könne man sich ausrechnen, „wie lange die Europabrücke ‚technische Sehenswürdigkeit Nr. 1‘ bleiben wird!“506 Neben der Europabrücke fanden auch andere Brücken mit ihren technischen Details in der Presse Niederschlag. So bezeichnete Herbert Buzas die Sillbrücke II in einem Zeitungsartikel in der Tiroler Tageszeitung vom 21. März 1960507 als ein „Bau-

505 Friedrich Achleitner, Ueber Europas höchste Brücke rollt der Verkehr. Die Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg wurde Sonntag eröffnet, in: Die Presse, Nr. 4673, 18.11.1963, S. 4. 506 Susanne Mürth, Die Europabrücke überstrahlt das Goldene Dachl. Innsbrucks Sehenswürdigkeiten im Werturteil unserer Gäste – 121.000 sahen heuer das Riesenrundgemälde – Pilgerfahrten zum Schönberg, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 244, 22.10.1962, S. 3. 507 H[erbert] Buzas, Lehrgerüst für „Sillbrücke 2“ ist schon in Arbeit. Ein interessanter Bauplatz zu beiden Ufern der Sillschlucht – Wie die längste Bogenbrücke Tirols entsteht – Neue Arbeitsmethoden, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 66, 21.3.1960, S. 3-4.

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denkmal von technischer Schönheit und beachtlichen Ausmaßen“, über das ganz Österreich sprechen würde, hätte nicht die Europabrücke noch beeindruckendere technische Details aufzuweisen. So richteten sich die Augen der Welt auf den Bau der Europabrücke, während die Sillbrücke II zu Unrecht missachtet werde.508 Alois Pollini bezeichnete die 1,8 km lange Luegbrücke, die längste Brückenkonstruktion der österreichischen Brennerautobahn, im Volksboten vom 28. August 1965 als beeindruckendes Bauwerk, das noch mehr gewürdigt werden würde, wenn man nicht bereits an die Ausmaße einer Europabrücke gewöhnt sei.509 Pollini führte im Volksboten vom 30. Juli 1966 weiter an, dass auch die Gschnitztalbrücke mit einer Gesamtlänge von rund 680 m als imposantes Bauwerk Zeugnis davon geben werde, dass „hier eine Prachtstraße im Entstehen ist, die nicht nur ihresgleichen sucht, sondern auch in vielen Dingen das Beschreiten neuer Wege und Baumethoden vordemonstriert“510. Ein ungezeichneter Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 6. August 1966 über die neuartigen Pilzbrücken als Attraktion der Brennerautobahn hob hervor, dass eine derart ausgezeichnete Trassenführung auf der gesamten Brennerautobahn noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen und erst durch die revolutionären Fortschritte im Brückenbau ermöglicht worden sei. Die vielleicht interessantesten Brückensysteme seien jene der sogenannten Pilzbrücken (siehe beispielsweise die Paschbergbrücke), die durch runde Pfeiler charakterisiert seien, auf denen jeweils eine 30 m lange und 22 m breite Fahrbahnplatte ruhe. Im unmittelbaren Bereich der Säulen sei die Platte stärker als in den Feldmitten, woraus sich die signifikante Pilzkonstruktion ergebe. Ein technisch ausgeklügeltes System für die Betoniereinrichtung mit einem innovativen Brückenvorbauwagen ermögliche die Fertigstellung eines 30 m langen Brückenfeldes in zehn bis zwölf Tagen, was einer Rekordbauzeit entspreche. Die Paschbergbrücke am Südrand Innsbrucks biete den Reisenden demnächst die Möglichkeit zu einem umfassenden und herrlichen Ausblick auf die Landeshauptstadt.511 In einem Zeitungsartikel über den Baubeginn des Bergiseltunnels in Tirols gewerblicher Wirtschaft vom 17. Dezember 1966 wurde die dabei angewandte, für Österreich gänzlich neue Methode der Schildbauweise hervorgehoben. Die fertige 508 Ebd., S. 3. 509 Alois Pollini, Neue Autobahnteilstücke im Wipptal. Imposante Brücken entstehen – Maschinen und Stahlgiganten helfen den Menschen bauen, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 35, 28.8.1965, S. 13. 510 Ders., Zweitgrößte Autobahnbrücke. Höchster Pfeiler der 680 m langen Gschnitztalbrücke: 75 Meter, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 31, 30.7.1966, S. 14. 511 NN, Pilzbrücken die Attraktion der Brennerautobahn. Großes internationales Interesse für dieses neuartige Brückenbausystem – 22 Pfeiler tragen 700 Meter lange AutobahnHochstraße, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 180, 6.8.1966, S. 3.

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Paschbergbrücke bestätige, wie der Vorstand der Brennerautobahngesellschaft, Heinz Knoflach, beim Richtfest für die Paschbergbrücke betont habe, dass das Befahren der Brennerautobahn für sich allein lohnenswert sei, sei sie doch eine großartige Leistung und eine eindrucksvolle Panoramastraße. In Europa werde es kaum eine Stadt geben, die wie Innsbruck über eine Einfahrt mit einer Umrahmung von solch landschaftlicher Schönheit verfüge.512 In der Tiroler Tageszeitung vom 2. August 1967513 führte Herbert Buzas an, dass nach der Verwirklichung der Europabrücke die Durchschnittsbewundernden baulicher Leistungen die anderen Brücken der Brennerautobahn mit gebremster Anteilnahme zur Kenntnis nehmen, obwohl auf der Verkehrsinfrastruktur „die stolzesten Bauten wie an einer Kettenschnur hintereinander aufgefädelt“ seien. Sie alle hätten technische Details aufzuweisen, die auf „höchste Leistungen des Geistes, der menschlichen Arbeitskraft und einzigartiger Maschinen“514 hinweisen würden. Buzas ging genauer auf die Mietzener Brücke ein, die dem Fahrer einen großartigen Blick auf die gegenüberliegende Talseite ermögliche. Den Bewohnerinnen und Bewohnern der Häuser in Mietzens werde „in Zukunft nie mehr langweilig werden. Sie können von den Fenstern aus den Verkehr auf der neuen Brücke verfolgen, ohne vom Lärm gestört zu werden.“ Das Ortsbild von Matrei gewinne durch das elegante Bauwerk eine völlig neue Note.515 Die Brennerautobahn wurde in der Phase der Stabilisierung des Brennerautobahndiskurses als Symbol für die österreichische Leistungsfähigkeit und den Wiederaufbau der Nation verstanden. Die Tiroler Presse bezeichnete die Brennerautobahn wiederholt als stolze Leistung österreichischer Straßenbautechnik, was in der Folge exemplarisch dargestellt wird. Ein Zeitungsartikel in der in Wien erschienenen Arbeiter-Zeitung vom 29. Juli 1960 mit dem Titel „Rekorde unserer Techniker. Bei Innsbruck entsteht die größte Eisenbetonbogenbrücke der Welt“516 führte an, dass von den Brennerautobahnbaustellen mit ihren beeindruckenden Brückenbauten wie der Europabrücke oder der Sillbrücke II verhältnismäßig wenig gesprochen werde, was ein Beweis für die österreichische Bescheidenheit sei. Überall sonst würden die Propagandatrommeln kräftig gerührt werden, hätte man so imposante Leistungen – zum Beispiel in Bezug auf die Erdbewegungen – vorzuweisen.

512 NN, Bergisel-Straßentunnel bereits 1967 befahrbar, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 51, 17.12.1966, S. 5. 513 H[erbert] Buzas, Brennerautobahn: 28 Prozent sind Brückenbauten. Drei Brücken über die Sill, sieben über Seitentäler – Der Welt erste Gebirgsautobahn – Meisterwerke der Technik fertig und im Bau, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 177, 2.8.1967, S. 3-4. 514 Ebd., S. 3. 515 Ebd., S. 4. 516 NN, Rekorde.

278 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE? „Wenn die langen Kolonnen der Italienfahrer nicht täglich die riesigen erdbraunen Wunden der Landschaft sähen und nicht in nächster Nähe des allerdings ‚nur‘ 69 Meter hohen Pfeilers IV der Europabrücke vorbeiführen, wüßte man außerhalb unserer Grenzen kaum etwas von dieser Glanzleistung österreichischer Techniker.“517

Während noch in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine derart große Baustelle wie das Teilstück Innsbruck Süd–Schönberg tausende Arbeiter benötigt hätte, seien gegenwärtig lediglich knapp 600 Mann erforderlich. Dies sei dem technischen Fortschritt zu verdanken, da noch vor wenigen Jahrzehnten auf einen Arbeiter eine Pferdestärke Motorkraft gerechnet wurde, während es heute 50 PS seien. Der stärkste Caterpiller entwickle 425 PS und werde nur von einem Mann bedient. Brückenbaustellen wie die Sillbrücke II würden beim Betrachtenden Staunen verursachen. So bestehe das gesamte Lehrgerüst für ihren Stahlbetonbogen aus Brettern, die lediglich durch Pressung respektive Reibung gehalten werden und daher nach Lösen der Verspannungen wiederverwendbar seien.518 Diese Brücke sei wie die gesamte Brennerautobahn eine grandiose technische Leistung. Nach deren Fertigstellung hätten die Durchfahrenden keine Vorstellung davon, unter welchen Schwierigkeiten der Bau entstanden sei. Eigentlich sollte jeder vor der Benutzung der Verkehrsinfrastruktur einem Lichtbildervortrag über das Entstehen der Bauwerke beiwohnen, „um anschließend mit der gebührenden ‚Andacht‘ über dieses Wunderwerk fahren zu können“519. Herbert Buzas betonte in der Tiroler Tageszeitung vom 19. August 1967, dass die 1,8 km lange Luegbrücke – die längste Brücke der Brennerautobahn – wie die gesamte Verkehrsinfrastruktur großartig sei. Jedes einzelne Bauwerk der ersten Gebirgsautobahn der Welt sei ein Beweis für die Ingenieurskunst österreichischer Techniker und für den Fleiß qualifizierter Arbeiter. Die Brennerautobahn werde in ihrer Gesamtheit ein Glanzstück Europas sein.520 In Zeitungsartikeln über die Verkehrsfreigabe der Brennerautobahnteilstrecken Schönberg–Matrei/Steinach sowie Innsbruck-Ost–Innsbruck-Süd am 3. Dezember

517 Ebd. 518 Ebd. 519 Ebd. 520 H[erbert] B[uzas], Österreichs längste Brücke endet am Brennersee. Großartiges „Finale“ der Brennerautobahn: die 1800 Meter lange Luegbrücke – Sie ruht auf 43 Pfeilern – Zwei Prozent Steigung, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 191, 19.8.1967, S. 3.

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1967 – wie in Tirols gewerblicher Wirtschaft vom 3. Dezember 1967,521 in den Dolomiten vom 4. Dezember 1967522 und im Bezirksblatt Innsbruck-Land aus dem Jahr 1967523 – wurde betont, dass die Verkehrsfreigabe weiterer Kilometer der Brennerautobahn am 3. Dezember 1967 eine „stolze Leistung österreichischer Straßenbautechnik“524 und ein wesentlicher Beitrag zu technischem Fortschritt sei. Die imposante Brennerautobahn sei für das gesamte westeuropäische Verkehrswesen bedeutend. Der Vorstand der Brennerautobahngesellschaft, Heinz Knoflach, betonte in seiner Rede bei der Festsitzung des Aufsichtsrats seiner Gesellschaft anlässlich der Eröffnung der genannten Autobahnteilstücke, dass im Teilstück Innsbruck–Matrei/Steinach 8,6 Millionen Kubikmeter Abtrag und Schüttung hätten geleistet werden müssen. Der geschäftsführende Präsident der Brennerautobahn AG, Josef Dultinger, erinnerte an die glanzvollen technischen Pionierleistungen Österreichs aus der Vergangenheit wie den Bau der 1854 eröffneten Semmeringbahn, die mit den Verdiensten um die Brennerautobahn – der ersten Gebirgsautobahn der Welt – verglichen werden könnten.525 Für die zu entrichtende Maut bei der Benutzung der Autobahn würde gar einiges erbracht werden: „Reduzierung der Fahrzeit, Sicherheit im Verkehr durch eine wunderbar angelegte Trasse, landschaftliche Eindrücke besonderer Art“526. Der genannte Zeitungsartikel in Tirols gewerblicher Wirtschaft führte weiter an, dass bei den eröffneten Teilstücken 600 Arbeiter und 16 Baufirmen beschäftigt gewesen seien, die nun auf ein stolzes Werk zurückblicken könnten und deren Leistung allseits gelobt werde, zumal sie unter schwierigsten Bedingungen hätten arbeiten müssen. Bei der Fahrt der Festgäste über die neu verwirklichten Teilstücke der Brennerautobahn sei sogleich festgestellt worden, dass „die nun bedeutend höher als die alte Bundesstraße angelegte Trasse einen herrlichen Blick über die Schönheiten des Wipptales“527 ermöglichen würde. Nach dem Volksboten vom 23. Dezember 1967 bot die Brennerautobahn anstelle von Verkehrsstaus Schnelligkeit, Sicherheit und landschaftliche Schönheit. Sie sei „wahrlich eine Straße, die in die Zukunft führt, eine Meisterleistung österreichischer Ingenieurkunst und Bauausführung, die in die Geschichte der Technik eingehen 521 NN, Autobahn Innsbruck–Brenner um ein gutes Stück vorangetrieben. Eindrucksvoller Festtag für das europäische Verkehrswesen, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 50, 9.12.1967, S. 3-4. 522 NN, Autobahn Innsbruck–Steinach übergeben. Feierliche Eröffnungssitzung – Erste Fahrt der Festgäste, in: Dolomiten, Nr. 276, 4.12.1967, S. 11. 523 NN, Das Autobahnteilstück. 524 NN, Autobahn Innsbruck–Brenner, S. 3. 525 Ebd. 526 Ebd., S. 4. 527 Ebd.

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wird“528. Ihre sorgfältige Planung und Realisierung sei beispielhaft, da sie die erste gänzlich wintersichere Autobahnüberquerung der Alpen ohne Anordnung eines Scheiteltunnels sei. Die Brennerautobahn, bei deren Planung auf eine sichere Fahrt Wert gelegt worden sei, werde „ein Denkmal der Technik und des Geistes sein, für Generationen und Jahrhunderte harmonisch in die Landschaft eingebettet, zweifellos auch eine Befruchtung des Fremdenverkehrs und eine Anziehungskraft auf die Autotouristen aller Länder“529. Die Tiroler Nachrichten vom 21. Dezember 1968 über die Eröffnung des Brennerautobahnteilstücks Matrei/Steinach–Brennersee sowie des Inntalautobahnteilstücks Volders–Anschlussstelle Innsbruck Ost am darauffolgenden Tag erwähnten, dass im In- und Ausland bereits viel über die Brennerautobahn geschrieben worden sei, da sie innerhalb des internationalen Autobahnnetzes infolge ihrer technischen Besonderheiten und der landschaftlichen Vorzüge ein außergewöhnliches Bauwerk sei.530 Es sei „wohl eine der typischsten österreichischen Charaktereigenschaften, daß man stets geneigt ist, die eigenen Leistungen zu bagatellisieren. Man begeistert sich für das Fremde, das andere geschaffen haben, wird aber bescheiden, geht es um das eigene. Bescheiden wehrt man ab und ist eher bereit, Nachteile hervorzuheben, als Vorteile ins beste Licht zu rücken. Daß man als Österreicher aber stolz auf die Leistungen unserer Ingenieure und Techniker sein darf und, ohne als überheblich zu gelten, das Geschaffene als außergewöhnlich bezeichnen kann, kommt den wenigsten in den Sinn. Vielleicht ist die Eröffnung der Brennerautobahn ein Anlaß, sich zu freuen, daß wir diese großartige technische Leistung vollbracht haben und Österreich nicht nur das Volk der Dichter und Musiker ist, sondern auch auf anderen Gebieten Hervorragendes zu leisten vermag. Die Brennerautobahn, die sich wie kein anderes derartiges Projekt in vollendeter Weise zu einer harmonischen Einheit zwischen Landschaft und Technik zusammenfügt, beweist vielleicht am besten, wozu Österreicher noch fähig sind, außer zu musizieren oder zu dichten. Wir haben wirklich allen Grund, stolz auf das neue Bauwerk zu sein, und vielleicht kommt dem einen oder anderen dann doch zum Bewußtsein, daß man als Österreicher durchaus mitreden kann und genauso wie andere das Seinige leistet.“531

An einem Festtag wie der anstehenden Eröffnung der Autobahnteilstücke solle man mit Stolz auf die Leistungen der österreichischen Ingenieure und Techniker blicken,

528 NN, Die Brennerautobahn – Traumstraße der Alpen, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 52/53, 23.12.1967, S. 44. 529 Ebd. 530 NN, Autobahn Volders–Brennersee. Ab 22. Dezember 1968, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 295, 21.12.1968, S. 13. 531 Ebd.

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die eine Autobahn geschaffen hätten, die „von aller Welt als eine der großartigsten technischen Leistungen anerkannt“532 werde. Josef Dultinger, Präsident der Brennerautobahngesellschaft und stellvertretender Generaldirektor der Österreichischen Bundesbahnen, verfasste in der Fachzeitung Österreichische Ingenieurzeitschrift aus dem Jahr 1970533 einen Artikel über den Brennerpass im Nord-Süd-Verkehr. Mit dem Brennerautobahnbau sei österreichischen Technikern und Ingenieuren die ebenso interessante wie schwierige Aufgabe zugefallen, die erste alpenüberquerende Gebirgsautobahn der Welt zu planen und zu verwirklichen. Ihr Bau erinnere unwillkürlich an die Realisierung der Semmeringbahn vor über hundert Jahren, da auch dazumal österreichische Ingenieure das ehrenvolle Projekt der ersten Gebirgseisenbahn der Welt verwirklicht hätten. Mit dem Brennerautobahnbau hätten „Österreichs Techniker und Ingenieure zweifellos eine Pionierleistung im alpinen Verkehrswegebau erbracht, die ungeteilte Anerkennung verdient und der Tradition österreichischer Ingenieurkunst voll gerecht wird“534. Während auf Nordtiroler Seite der Diskursstrang der Traumstraße der Alpen unter Betonung der Schönheit und der technischen Autobahnwunderwerke einen breiten Raum einnahm, war dies auf Südtiroler Seite nur in geringem Ausmaß der Fall, wenngleich auch hier die Brennerautobahn eine „Kunst(berg)straße“535 mit imposanten Ausmaßen war. Auf Aspekte einer bestmöglichen oder angesichts der Kritiken unzureichenden Einbettung der Trassierung in die Südtiroler Landschaft wurde bereits im Kapitel über die Trassenstreitigkeiten eingegangen. Exemplarisch soll auf den Zeitungsartikel von Silvio Ducati aus dem Jahr 1967, erschienen in den Mitteilungen der Handels-, Industrie und Landwirtschaftskammer Bozen, eingegangen werden. Darin betonte er, dass die Brennerautobahn voll von „großartigen Augenweiden“ sei, die den „besten Willkommen-Gruß“ an die Gäste aus dem Norden richten würden. Besonders auf der Strecke zwischen Brenner und Bozen würde die Brennerautobahn den Fahrenden eine „naturschöne, fast unberührte Landschaft“ darbieten.536

532 Ebd. 533 Josef Dultinger, Der Brennerpaß im Nord – Süd-Verkehr, in: Österreichische Ingenieurzeitschrift. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereines 115 (1970), Heft 1, S. 1-5. 534 Ebd., S. 4-5. 535 Helmut Alexander, Glanzstücke der Straßenbaukunst/I gioielli dell’ingegneria stradale, in: Vittfrida Mitterer (Hg.), Zeitzeichen der Technik. Technische Kulturgüter Südtirols/La parabola meccanica. Beni culturali in Alto Adige, Bozen 1993, S. 35-38, hier S. 38. 536 Silvio Ducati, Die Brenner-Autobahn: Beschlüsse der Etsch-Zone, in: Bollettino ufficiale della Camera di commercio, industria e agricoltura di Bolzano/Mitteilungen der

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Die Leistungen bei der Verwirklichung der italienischen Brennerautobahn wurden auch auf österreichischer Seite gewürdigt, was anhand des in der Tiroler Tageszeitung am 25. April 1969 erschienenen Artikels „Bei Gossensaß wächst eine kleine Europabrücke“ ersichtlich wird. Die A22 strebe auf Südtiroler Seite „in harmonischer Linienführung“ der Paßhöhe entgegen und quere dabei auf „mächtigen, stahlbewehrten Betonpfeilern“ den Eisack. Der Artikel gipfelte in der Aussage: „[W]ie ein breites steinernes Band zieht sich die Autobahn zügig durch die romantische Landschaft“. Zudem sei das beeindruckende Viadukt von Gossensaß mit seiner über einen Kilometer Länge eine „kleinere“ Europabrücke.537 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Aufmerksamkeit für den landschaftspflegerischen Aspekt um 1960 keineswegs den Umwelt- und Transitdebatten der späten 1970er Jahre und verstärkt seit den 1980er Jahren gleichzusetzen ist; so war in den Jahrzehnten der Realisierung der Brennerautobahn nicht der Schutz der Anwohnenden vorherrschend, sondern die Verkehrsinfrastruktur sollte die Landschaft bestenfalls verschönern. Eine etwaige Verschandelung der Landschaft sei auf jeden Fall zu vermeiden, da dies als großer Nachteil für den Tourismus im Land galt. Zur Zeit der Realisierung der Autobahn wurde insbesondere in Nordtirol betont, dass Funktionalität, Transportkapazität und Verkehrssicherheit zwar wichtige Faktoren seien, jedoch die Eingebundenheit in die Landschaft ein ebenso wichtiges Gut sei, das mitberücksichtigt werden müsse. Eine gefällige Linienführung, Bepflanzungskonzepte und eine gute Eingliederung der einzelnen Bauwerke in die Landschaft galten als unbedingt erstrebenswert. Infolge eines Modernisierungs- und Technikparadigmas wurde die Brennerautobahn insbesondere auf österreichischer Seite als herausragende Ingenieursleistung dargestellt und die technischen Innovationen als Meisterleistung beworben. Die Brennerautobahn faszinierte die Menschen zur Zeit ihrer Realisierung, was sich am großen medialen Interesse am Bau zeigte. Zudem fehlte es an Kritik, die sich öffentlich über diese Infrastruktur echauffierte. Mittels rhetorischer Aufladungen wie der Verwendung von Superlativen bei der Beschreibung der Brennerautobahn und ihrer einzelnen Bauwerke wurde ihre Symbolkraft als Kennzeichen für Moderne und Fortschritt betont. Die Analyse der einzelnen Themenstränge zeigte die Persistenz des Brennerautobahndiskurses in der Phase seiner Stabilisierung auf, wobei sich die jeweiligen Themenstränge in Tirol und Südtirol unterschieden. Die Wahrnehmung der Brennerautobahn galt nach einer Phase der Etablierung des Diskurses nunmehr als „natürlich“ Handels-, Industrie- und Landwirtschaftskammer Bozen 20 (1967), Heft 7, S. 19-20, hier S. 19. 537 NN, Bei Gossensaß wächst eine kleine Europabrücke. Teilstück Klausen–Sterzing der italienischen Brennerautobahn noch heuer fertig – Wegen der hohen Kosten „Bergzuschlag“ zur Maut, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 95, 25.4.1969, S. 5.

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und legitim und wurde dadurch nicht mehr in Frage gestellt. Die Autobahn wurde als schnellstmöglich zu realisierende Verkehrsinfrastruktur betrachtet, die der Region zum Vorteil dienen würde. Wer sich außerhalb der Diskursgrenzen positionierte, wurde durch diesen Verstoß gegen die Normen von den verschiedenen Akteuren angefeindet. Die einzelnen Themenstränge verliefen zwar vorwiegend thematisch einheitlich, es gab jedoch auch Überschneidungen mit einer daraus resultierenden diskursiven Dynamik. Die Wahrnehmung der Brennerautobahn als „europäische“ Verkehrsinfrastruktur betonte den verbindenden Charakter der Brennerautobahn auf ideeller Ebene, indem ein Beitrag zur europäischen Einigung geleistet werden könne. Die Propagierung der Autobahn als „Traumstraße der Alpen“ hob hingegen die Schönheit des Bauwerks hervor, das international bewundert werde und vor dem sich auch nachfolgende Generationen verneigen würden. Die technischen Konstruktionen seien nicht nur funktional perfekt, es sei vielmehr auf die bestmögliche Einpassung in die Landschaft geachtet worden. Gerade auf kleinräumiger Ebene galten genügend Anschlussstellen als Voraussetzung für die Prosperität der jeweiligen Gemeinden entlang der Brennerautobahn. Die Linienführung war insbesondere in Südtirol ein Streitpunkt, da sich die lokalen Akteure durch eine Trassierung der Autobahn durch ihr Tal Vorteile erhofften. Die Abgrenzung gegenüber dem als „böse“ wahrgenommenen Nachbarland Schweiz, das mit seinen Autobahnprojekten den Argwohn der Tiroler und Südtiroler Akteure geweckt hatte, diente zum Aufbau einer Art Feindbild, mit dem eine Ausgrenzung nach außen hin propagiert und der Zusammenhalt nach innen gefestigt wurde. Diese diversen Sichtweisen hielten sich in der Phase der Stabilisierung des Diskurses bis Anfang der 1970er Jahre, worauf jedoch nach einer Phase der Konsolidierung des Diskurses ein entsprechender Wandel eintrat, auf den im folgenden Kapitel eingegangen wird.

6. Von der „Traumstraße der Alpen“ zur „Transithölle Tirol“ Die Euphorie schlägt in Ablehnung um

Der Diskurswandel hin zur veränderten Wahrnehmung der Brennerautobahn vollzog sich nicht von einem Tag auf den anderen, sondern fand über einen längeren Zeitraum statt. Er lässt sich gliedern in eine Übergangsphase mit allerersten diskursiven Verschiebungen – diese in Südtirol und in Tirol unterschiedlich lange Phase dauerte von der Fertigstellung der Brennerautobahn bis in die zweite Hälfte der 1970er Jahre – und den endgültigen Wandel des Diskurses ab Ende der 1970er Jahre und verstärkt seit 1980. Die größten diskursiven Verschiebungen fanden nach dem für die vorliegende Arbeit gewählten Untersuchungszeitraum statt, als Ende der 1980er Jahre intensive öffentliche Diskussionen um die Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene und eine Minderung des sogenannten Umwegtransits entbrannten.1 Die Ölkrise im Spätherbst 1973 mit einem Anstieg des Erdölpreises stellte dabei keinen „Bruch“ im Brennerautobahndiskurs ausgelöst durch eine plötzliche und radikale diskursive Veränderung dar. Die aufgrund der Ölkrise entstandene Kritik am Auto war nicht primär ökologisch, sondern gesellschafts- und konsumorientiert motiviert. 2 1

Helmut Lamprecht/Günther Lehar, Drehkreuz am „Dachgarten Europas“. Die Tiroler Verkehrswirtschaft im Spannungsfeld zwischen Mobilitätsgesellschaft und Ökologie, in: Leidlmair/Plunger/Smekal (Hg.), Die Tiroler Wirtschaft (2001), S. 353-392, hier S. 376. Christian Laireiter, Lkw-Transitverkehrsdiskussion im Bundesland Tirol. Ein Beispiel für den neuen Föderalismus in Österreich?, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 21 (1992), Heft 4, S. 419-431, hier S. 419.

2

Peter Staudacher, Eine Republik auf Rädern. Infrastruktur- und Verkehrspolitik in Österreich als Spannungsfeld zwischen Bund und Ländern seit 1945. [Teil 1:] 1945-1980: Not der Nachkriegsjahre, Ideal und Wirklichkeit, in: Herbert Dachs (Hg.), Der Bund und die Länder. Über Dominanz, Kooperation und Konflikte im österreichischen Bundesstaat (Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945. Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für politisch-historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg

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Themenstränge wie Technikaffinität oder Modernität infolge der Realisierung der Brennerautobahn wurden im Zuge des Diskurswandels von einer kritischeren Wahrnehmung der Verkehrsinfrastruktur abgelöst, mit einem Themenstrang im Hinblick auf den Schutz der Anwohnenden vor negativen Auswirkungen des Transitaufkommens und in der Folge auf umweltmäßige und ökologische Aspekte. Der Terminus „Transit“ selbst erfuhr eine semantische Veränderung hin zu einer negativen Konnotation3 und wurde zu einem Reizwort – siehe die Verwendung als „Transithölle Tirol“ –, wobei heutzutage zu dieser Thematik unzählige wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationen existieren. Ausdrücke wie Verkehrs- und Umweltbelastung, Blechlawine oder Lärmbelästigung wurden zum allgemein gebräuchlichen Wortschatz. Während in den 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre der Ausbau des Straßennetzes und die daraus folgende Erschließung des Landes als Voraussetzung für ökonomische Prosperität galten, setzte ab der zweiten Hälfte der 1970er und verstärkt ab den 1980er Jahren ein Paradigmenwechsel ein. Waren in den 1960er Jahren die Eröffnungen von Autobahnteilstücken in den Tageszeitungen seitenfüllend, so hatten nur ein Jahrzehnt später derartige Ereignisse eine viel geringere mediale Bedeutung.4 Wie aus dem Kapitel über die Verkehrsentwicklung auf der Brennerstraße und autobahn hervorgeht, stieg das Verkehrsaufkommen auf dieser Transitstrecke – insbesondere nach der durchgehenden Befahrbarkeit der Brenner- und Inntalautobahn – massiv an. Der Nord-Südverkehr konzentrierte sich auf wenige, gut ausgebaute Achsen.5 Infolgedessen wuchs die Sensibilisierung der Bevölkerung längs der Brennerautobahn für die sozialen und ökologischen Auswirkungen des starken Verkehrsauf-

6/10), Wien/Köln/Weimar 2003, S. 337-359, hier S. 353. Moraglio, Between industry, S. 105. Dietmar Klenke, „Freier Stau für freie Bürger“. Die Geschichte der bundesdeutschen Verkehrspolitik 1949-1994, Darmstadt 1995, S. 94 und 97. Kühne, Massentourismus, S. 217-218. 3

Kreuzer, Der Bau, S. 20. Ders., Schnelle Straßen, S. 183-184. Heinz Tiefenthaler, Verkehr ohne Grenzen – der Belastbarkeit. Die Umweltbelastungen des Alpentransits, in: Peter Cornelius Mayer-Tasch/Walter Molt/Heinz Tiefenthaler (Hg.), Transit. Das Drama der Mobilität. Wege zu einer humanen Verkehrspolitik, Zürich 1990, S. 149-161, hier S. 158.

4

Kreuzer, Der Bau, S. 23. Ders., Schnelle Straßen, S. 190. Klaus Fink, Der Verkehr in Tirol, in: Egon Pinzer (Hg.), Tirol. Ein Bundesland im Überblick, Bd. 1, Innsbruck/Bozen 2005, S. 426-429, hier S. 427.

5

Werner Bätzing, Die Alpen. Geschichte und Zukunft einer europäischen Kulturlandschaft, München 42015, S. 139.

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kommens wie Schadstoff- und Lärmbelästigung mit daraus resultierenden gesundheitlichen Schäden und einer Beeinträchtigung der Lebensqualität, aber auch touristischen Einbußen. Allgemein führte dies zu einem verstärkten Umweltbewusstsein.6 Die unmittelbar betroffene lokale Bevölkerung begann gegen die negativen Auswirkungen insbesondere des (Güter-) Transitverkehrs zu protestieren und schloss sich Ende der 1970er Jahre und verstärkt in den 1980er Jahren zu Bürgerinitiativen und Protestbewegungen zusammen.7 Während historisch gesehen die Lage Nordund Südtirols an der Brennerroute die ökonomische Entwicklung begünstigt hatte,8 wirkte sich das stark gewachsene Verkehrsaufkommen nunmehr direkt nachteilig auf die Menschen vor Ort aus. Forderungen nach Lärmschutzmaßnahmen wurden laut, die erst nach und nach an den am stärksten betroffenen Orten umgesetzt wurden. Lärmschutzwände waren jedoch nicht unumstritten: Sie galten nicht nur als kostspielig, sondern würden auch Landschaft wie Ortsbild beeinträchtigen und sich demnach nachteilig auf den Tourismus auswirken; zudem würden sie den auf der Autobahn Reisenden als eintönige Einengung und Sichtverdeckung erscheinen.9 Auf Tiroler Seite waren zu Beginn der Konsolidierungsphase Proteste gegen die Brennerautobahn wirtschaftspolitischer Natur und richteten sich gegen die Höhe der Autobahnmaut. Anwohnende sowie Vertreter der Wirtschaft im Allgemeinen monierten, eine zu hohe Maut führe zu einer unzureichenden Annahme der Autobahn, 6

Bergonzi, Die Verkehrsinfrastruktur, S. 266. Hans-Liudger Dienel/Helmuth Trischler, Geschichte der Zukunft des Verkehrs. Eine Einführung, in: Dies. (Hg.), Geschichte der Zukunft des Verkehrs. Verkehrskonzepte von der Frühen Neuzeit bis zum 21. Jahrhundert (Deutsches Museum. Beiträge zur historischen Verkehrsforschung 1), Frankfurt a.M./New York 1997, S. 11-39, hier S. 11. Stadel, The Brenner Freeway, S. 2. Kreuzer, Schnelle Straßen, S. 352-353.

7

Andreas Erhard, Transitland Tirol, in: Praxis Geographie 18 (1988), Heft 10, S. 31-39, hier S. 35. Josef Riedmann, Das Bundesland Tirol (1918 bis 1970) (Geschichte des Landes Tirol, Bd. 4/II), Bozen/Innsbruck/Wien 1988, S. 1351. Helmut Stickler, Verkehrsuntersuchung. Straßengütertransit durch Tirol. Umwegverkehr, Innsbruck [1987], S. 51. Heinz Kaupa, Umweltfragen im Autobahnbau, in: Bundesministerium für Bauten und Technik (Hg.), Österreichs Autobahnen. Herausgegeben anläßlich der Fertigstellung des 1000. Autobahnkilometers, Wien 1983, S. 171-175, S. 171.

8

Franz Rauter, Tirol den Tirolern? Bevölkerung und Wirtschaft im Raum, in: Leidlmair/Plunger/Smekal (Hg.), Die Tiroler Wirtschaft (2001), S. 503-544, hier S. 503.

9

Kaupa, Umweltfragen, S. 174. Karl Zanon, Ökologische Aspekte des Alpentransitverkehrs, in: Verkehrsannalen. Mitteilungen der Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft 33 (1987), Heft 2, S. 5-12, hier S. 9. Otto Hartlieb, Die Tiroler Autobahn, in: Landesbaudirektion Tirol (Hg.), Der Straßenbau in Tirol. Eine Bestandsaufnahme von 1972 bis 1987. Festschrift zum 45. Österreichischen Straßentag, Innsbruck 1987, S. 12-20, hier S. 19. Kreuzer, Schnelle Straßen, S. 351.

288 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

während die Brennerstraße weiterhin benutzt werde. Zudem profitierten die Gemeinden längs der Autobahn nicht von den Vorteilen dieser Verkehrsinfrastruktur, sondern litten weiterhin unter den Nachteilen des starken Transitverkehrsaufkommens auf der Brennerstraße. Diese Diskussionen über eine niedrige Maut reichten bis in die 1960er Jahre zurück. So berichteten die Tiroler Nachrichten am 19. Juni 1969 über eine Diskussion über die Mautproblematik auf der A13, die zwei Tage zuvor im Anschluss an die Rede des Tiroler Handelskammerpräsidenten Menardi auf der Vollversammlung dieser Körperschaft erfolgt war. Die anwesenden Wipptaler Vertreter aus Politik und Wirtschaft hatten moniert, dass durch die hohen Mautgebühren die Fernlaster weiterhin die Brennerbundesstraße benutzen würden – mit negativen Auswirkungen auf den Tourismus in den Orten entlang dieser Straße.10 In der Phase des beginnenden Wandels des Diskurses waren die etablierten Aussagen über die Brennerautobahn weiterhin zu vernehmen, es wurden aber auch erste veränderte Aussagen getroffen, die zu Beginn nur vereinzelt, mit der Zeit aber immer häufiger vorkamen. In einem Artikel in der Zeitschrift Tiroler Verkehr. Allgemeines Fremdenverkehrsblatt aus dem Jahr 1974, der über eine am 2. November 1974 eröffnete Ausstellung mit dem Titel „Tirol – Straßenverkehrskreuz der Alpen“ auf der Messe „Heim und Technik“ in München berichtete, wurden noch die positiven Auswirkungen der Brennerautobahn betont. Bei der Ausstellung erklärte Straßenbaudirektor Feist in einem Vortrag, der Straßenverkehr werde trotz Ölkrisen und der Erhöhung der Treibstoffpreise noch weiter zunehmen, da der Individualverkehr der einzelnen Person die Freiheit der Mobilität bringe, auf die man nicht verzichten möchte. Der liniengebundene Schienenverkehr könne den flächenmäßigen Straßenverkehr nicht ersetzen, beide müssten sich hingegen bestmöglich sinnvoll ergänzen. Laut Feist konnte lediglich der Straßenverkehr durch eine weitere Erschließung aller Landesteile eine verbesserte Lebensqualität in bislang ökonomisch benachteiligten Gebieten gewährleisten und einer weiteren Abwanderung aus entlegenen Tälern gegensteuern. Der Kampf gegen das Auto als Straßenverkehrsmittel sei hingegen realitätsfern. Die Ausstellung zeige die großartigen technischen Leistungen des Tiroler Straßen- und Brückenbaues in den letzten Jahrzehnten, insbesondere beim Bau der Brennerautobahn.11

10 NN, Verkehrsfragen im Mittelpunkt der Diskussion in der Vollversammlung der Tiroler Handelsversammlung, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 138, 19.6.1969, S. 2. Siehe auch: H[einz] C[ornel] P[feifer], Eine kritische Diskussion um die Autobahnmaut. Höhe der Gebühren, keine Ermäßigung für Einheimische und Beeinträchtigung des Fremdenverkehrs im Wipptal als Hauptangriffspunkte, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 149, 2.7.1969, S. 2. 11 NN, Ausstellung in München: „Straßenverkehrskreuz Tirol“. Hofrat Dipl.Ing. Feist, Straßenbaudirektor von Tirol, referierte über ein wichtiges Tiroler Problem, in: Tiroler Verkehr. Allgemeines Fremdenverkehrsblatt 56 (1974), Heft, S. 4-5, hier S. 4.

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Aufgrund des stark angestiegenen Verkehrsaufkommens auf der Brenner- und Inntalautobahn forderten Anfang der 1970er Jahre Tiroler Anrainerinnen und Anrainer erste Schutzmaßnahmen, insbesondere vor dem Autobahnlärm. In Südtirol wurde dies zu dieser Zeit noch nicht thematisiert. Bis zum Jahr 1975 waren Lärmschutzbauten entlang den Autobahnen in Österreich jedoch gesetzlich nicht verankert. So gab es im Bundesstraßengesetz aus dem Jahr 197112 für die Betroffenen noch keine rechtliche Handhabe, um gegen die negativen Auswirkungen des Verkehrs vorzugehen. Erst 1975 erzwangen jahrelange Anrainerproteste eine Gesetzesänderung in Form einer Novelle zum vier Jahre alten Bundesstraßengesetz,13 die gesetzliche Grundlagen für Lärmschutzmaßnahmen an Bundesstraßen festlegte, wobei diese Bestimmung jedoch lediglich für neu zu bauende Strecken galt. Für Anrainerinnen und Anrainer an bereits unter Verkehr stehenden Autobahnteilstücken änderte sich die gesetzliche Lage erst am 7. Dezember 1977, als der Nationalrat in einer Entschließung festlegte, dass die Lärmschutzmaßnahmen auch für bestehende Autobahnen gelten sollten, wenn die planmäßige Ausführung (insbesondere durch die Realisierung der endgültigen Fahrbahndecke) noch nicht abgeschlossen war.14 Dadurch konnten nun umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen an der A12 und A13 initiiert werden.15 Auch wenn es zu diesem Zeitpunkt noch keine gesetzliche Handhabe zur Verwirklichung von Lärmschutzmaßnahmen gab, forderten bereits in der ersten Hälfte der 1970er Jahre Anwohnende entlang der A13 und der A12 die Bekämpfung der 12 Siehe: BGBl 1971/286. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1971/286, 16.7.1971, https://www.ris. bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1971_286_0/1971_286_0.pdf vom 27.5.2016. 13 Siehe: BGBl 1975/239. Dass., Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1975/239, 20.3.1975, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1975_239_0/1975_ 239_0.pdf vom 27.5.2016. 14 Republik Österreich – Parlament, Stenographisches Protokoll der Nationalratssitzung, XIV. Periode, 76. Sitzung, 7.12.1977, S. 130-131, http://www.parlament.gv.at/PAKT/ VHG/XIV/NRSITZ/NRSITZ_00076/imfname_148512.pdf vom 27.5.2016. 15 Heinz Tiefenthaler, Lärmschutzmaßnahmen an der Inntal-Autobahn, in: Martin Stolz/Karl Rudelstorfer/Ruprecht Rümler et al. (Hg.), Vorträge im Rahmen der Tagung „Umweltschutz in der Straßen- und Verkehrsplanung“ am 4. und 5. März 1980 in Innsbruck (Schriftenreihe des Instituts für Straßenbau und Verkehrsplanung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck 8), Innsbruck 1980, S. 71-90, hier S. 73. Hartlieb, Die Tiroler Autobahn, S. 19. Kaupa, Umweltfragen, S. 174. Otto Hartlieb, Die Entwicklung des Lärmschutzes an Straßen in Österreich am Beispiel der A 12 Inntal Autobahn im Abschnitt Kufstein – Innsbruck/Ost, in: Peter Brunner (Hg.), Festschrift zum 60. Geburtstag von Univ.-Prof. Dipl.Ing. Dr. techn. Heinz Tiefenthaler (Schriftenreihe des Instituts für Straßenbau und Verkehrsplanung der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck 36), Innsbruck 2002, S. 69-75, hier S. 70.

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Lärmbelästigung auf der Autobahn. Dies soll in Folge exemplarisch gezeigt werden. Der Obmann des „Talverbandes Wipptal und seine Seitentäler“ mit Sitz in Steinach am Brenner führte in einem Brief an den Vorstand der österreichischen Brennerautobahngesellschaft vom 7. Februar 1974 an, im Bereich des Autobahnteilstückes Autobahnmeisterei–Nößlacher Plateau (bei Steinach) seien wegen der starken Steigung die LKW-Fahrer dazu gezwungen, zu bremsen beziehungsweise im Geländegang zu fahren. Der dadurch entstehende starke Motorenlärm verursache in den tiefer als die Autobahn liegenden Wohngebieten eine insbesondere die Nachtruhe störende Geräuschbelästigung. Eine Plastiklärmschutzwand könne diesem Zustand Abhilfe schaffen und sei demnach zu verwirklichen.16 Diesem Wunsch wurde in der Folge jedoch nicht entsprochen. Eine von den negativen Auswirkungen des Verkehrsaufkommens auf der A13 besonders betroffene Gemeinde war Schönberg, die von der Autobahnkehre mit der Hauptmautstelle „Europabrücke“ von drei Seiten umschlossen und somit besonders stark durch Lärm und Abgase belastet wurde.17 Der Bürgermeister von Schönberg verlangte im Frühjahr 1974 im Bereich der Mautstelle die Bepflanzung der Böschung mit Stauden, um einen gewissen Lärmschutz speziell gegen den Schwerlastverkehr zu erzielen.18 Die Bepflanzung wurde zwar durchgeführt, es trat jedoch keine nennenswerte Minderung des Verkehrslärms ein. Im Sommer 1979 regte sich in Schönberg Widerstand gegen die geplante Erweiterung der Hauptmautstelle von zwölf auf 22 Abfertigungsspuren, da eine weitere Zunahme der Belastungen für diese Gemeinde befürchtet wurde.19 Landeshauptmann

16 Obmann des Talverbandes Wipptal und seine Seitentäler an Vorstand der Brenner-Autobahn-A.G., 7.2.1974, TLA, Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Bassetti, Pos. 15: 1971-1986 (Brenner Autobahn). 17 Hugo Penz, Die Brennerlinie. Die zentrale Nord-Süd-Verbindung von Innsbruck nach Ala, in: Ernst Steinicke (Hg.), Geographischer Exkursionsführer. Europaregion Tirol, Südtirol, Trentino. Bd. 1: Übersichtsrouten von Kufstein bis Ala (Innsbrucker Geographische Studien 33/1), 2002, S. 103-165, hier S. 118. Hubert Sickinger/Richard Hussl, Transit-Saga. Bürgerwiderstand am „Auspuff Europas“ (Umweltforum Innsbruck 2), Thaur/Wien/München 1993, S. 75. Gerhard Dultinger/Josef Dultinger, Die Brennerbahn. Gestern – heute – morgen, Bd. 1, Thaur ²1989, S. 131. NN, Daten und Probleme zu Bau und Betrieb, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 31 (1980), Nr. 10/11, S. 21-22, hier S. 22. 18 [Landeshauptmann Eduard Wallnöfer] an Landesbaudirektion Innsbruck, 10.4.1974, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (14): Autobahnen in Tirol (1974). 19 Siehe beispielsweise: A[lbert] Eizinger, Schönberg, ein Dorf im Würgegriff der Autobahn. Lärmbelastung unerträglich geworden – Entwertung der Häuser – Gäste bleiben aus – Keine Kompromissbereitschaft der Autobahn-AG, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 149, 30.6.1979, S. 9. Ansgar Rudisch, Schönberg – ein Dorf im Würgegriff der Autobahn!, in:

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Wallnöfer wurde in einem von 315 Personen aus Schönberg unterzeichneten Schreiben im Juli 1979 gebeten, sich gegen eine Erweiterung der Hauptmautstelle und für die Realisierung des bereits seit langem versprochenen Lärm- und Abgasschutzes einzusetzen, da die gesundheitsschädigende Lärm- und Abgasbelästigung – insbesondere durch den zunehmenden Schwerverkehr – unerträglich geworden sei.20 Vonseiten der österreichischen Brennerautobahngesellschaft wurden diese Befürchtungen als unbegründet abgetan; so erklärte der Generaldirektor der Brenner Autobahn AG, Diplom-Kaufmann Karl Just, am 12. Juli 1979 in einem Schreiben an Landeshauptmann Wallnöfer, dass die geplante Erweiterung der Hauptmautstelle durch kürzere Aufenthalte der Kraftfahrzeuge für Schönberg lediglich Verbesserungen des derzeitigen Zustandes bringen könne.21 Diese Aspekte führte er auch in einem Artikel in der Tiroler Tageszeitung vom 21. Juli 1979 an.22 Am 18. September 1979 bekräftigte er in einem Schreiben an Landeshauptmann Wallnöfer, der ihm die Unterschriftensammlung aus Schönberg zuvor übermittelt hatte, seine Position, wonach die Hauptmautstelle unbedingt erweitert werden müsse und den Lärm verringern werde.23 Gemäß einer Vereinbarung mit dem Bürgermeister von Schönberg, Hans Fontan, vom 1. Juni 1979 nahm im Sommer dieses Jahres die Landesforstdirektion Erhebungen der Lärm- und Abgasbelastung im Gemeindegebiet von Schönberg vor und es wurde ein Gutachten darüber erstellt. Die Lärmbelastungssituation durch die Brennerautobahn in Schönberg sei vor allem dadurch besonders kritisch, da es sich um eine Strecke mit erheblicher Längsneigung handle, bei der LKW trotz voller Leistung nur langsam vorankommen würden. Wegen der Querneigung im Bereich der Autobahnkehre in Schönberg seien die innerhalb der Kehre liegenden Bereiche relativ stärker lärmbelastet als jene Objekte, die sich in gleicher Entfernung außerhalb der Kehre befinden würden. Die oberhalb der Autobahntrasse liegenden Hanglagen seien stark vom Lärm betroffen, in geringerem Maß die unterhalb der Trasse liegenden Bereiche. Bei der in Gebieten mit unzumutbarer Lärmbelästigung lebenden Bevölkerung – insbesondere bei Kindern, Älteren und Kranken – sei mit gesundheitlichen Tiroler Tageszeitung, Nr. 170, 25.7.1979, S. 6. Siehe auch: Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IX. Periode, 6. Tagung, 1. Sitzung, 2.7.1980, S. 11-12. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IX. Periode, 7. Tagung, 1. Sitzung, 22.10.1980, S. 5. 20 [Schönberger Gemeindebürger] an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, Juli 1979, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (20): Autobahnen in Tirol (1980). 21 Karl Just an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 12.7.1979, S. 1, TLA, Kanzlei LH, 8 (19). 22 NN, Schönberger wussten, was die Autobahn bringt. Stellungnahme der Brennerautobahn AG – Bauwerber versichern, sich der Autobahnbelastung bewußt zu sein, sie auf Dauer zu ertragen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 167, 21.7.1979, S. 8. 23 Karl Just an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 18.9.1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (20).

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Beeinträchtigungen wie Konzentrations- beziehungsweise Schlafstörungen zu rechnen. Wohn- und Schlafräume seien lediglich bei geschlossenen Fenstern benutzbar; Balkone und Gärten würden in ihrem Erholungswert gemindert bis unbrauchbar.24 Die negativen Auswirkungen des starken Verkehrsaufkommens auf der Brennerautobahn wurden auch in einem Wahlaufruf des ÖVP-Ortsobmannes von Schönberg, Willi Sprenger, am 21. September 1979 an die Wahlberechtigten seiner Gemeinde mit Blick auf die Landtagswahl am 30. September 1979 thematisiert. Er rief die Schönbergerinnen und Schönberger zu einer (Wieder-)Wahl des Landeshauptmannes Wallnöfer auf und betonte, dass sich die ÖVP-Ortsmitglieder bereits seit langem um eine Verbesserung der gesundheitsschädigenden Lärm- und Abgasbelästigung in Schönberg durch entsprechende Maßnahmen vonseiten der Brennerautobahngesellschaft bemüht hätten. Im Juli 1979 hätten über 95 Prozent der Schönberger Wahlberechtigten den Landeshauptmann gebeten, sich dafür einzusetzen, dass der Lärm- und Abgasschutz schnellstmöglich realisiert und eine Erweiterung der Hauptmautstelle mit einer daraus resultierenden weiteren Beeinträchtigung für Schönberg verhindert werde. Diese Anliegen seien Landeshauptmann Wallnöfer am 8. August 1979 vorgetragen worden. Auch der Bürgermeister und der Gemeindevorstand von Schönberg hätten in dieser Frage beim Landeshauptmann vorgesprochen, der bei der Brennerautobahngesellschaft erreicht habe, dass sich deren Generaldirektor Karl Just grundsätzlich zur Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen bereit erklärt habe. Zum Schluss führte Sprenger Folgendes an: „Weil wir wissen, daß wir unsere Anliegen immer unserem Landeshauptmann vortragen können und berechtigte Forderungen seine Unterstützung finden, bitten wir Euch[,] liebe Mitbürger, schenkt auch Ihr euer Vertrauen wie bisher unserem bewährten Landeshauptmann Eduard Wallnöfer am kommenden Wahlsonntag.“25 Die ersten massiven Proteste vonseiten der Bevölkerung des Tiroler Wipptals setzten im Jahr 1980 ein, bei denen es aber nicht so sehr um die von der Autobahn verursachte Lärmbelästigung ging, sondern um die geplante Erhöhung der Mautgebühren. In einem „Aktionskomitee Wipptal und Stubaital“ setzten sich viele in den beiden Tälern Ansässige gemeinsam mit den Lokalpolitikern und den Wirtschafts-, Tourismus- und Arbeitnehmervertretern dafür ein, von den erhöhten Mautgebühren befreit zu werden. Zudem wurde eine Verlagerung des Verkehrs von der A13 auf die Brennerbundesstraße befürchtet. Im Zuge dieser Proteste wurde zum ersten Mal die Brennerautobahn blockiert.26

24 ATLR–Gruppe III f – Umweltschutz, Gutachten über die Umweltbelastung durch die Brennerautobahn im Gemeindegebiet Schönberg, [Sommer] 1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (19). 25 Willi Sprenger, [offener Brief an Schönberger], 21.9.1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (20). 26 NN, „Wir sind nicht die Melkkühe!“ Morgen Mittwoch Blockade der Brennerautobahn – Stubaier, Wipptaler wollen Mautfreiheit, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 252, 28.10.1980, S.

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Im Jahr 1980 wurde in Tiroler verkehrsbelasteten Orten, zu denen auch Schönberg gehörte, eine Bleibelastung in der Muttermilch stillender Anrainerinnen und des angebauten Gemüses wissenschaftlich nachgewiesen sowie eine starke Verunreinigung der Quellen durch die hohe Salzkonzentration der Autobahnabwässer, wodurch sich eine Trinkwassernutzung verbot.27 In Schönberg, das aufgrund der hohen Verkehrsbelastungen den Beinamen „Lärmdorf“ erhielt, wurde 1982/83 eine Pilotstudie über die Auswirkungen des Verkehrsaufkommens auf die Gesundheit der Bevölkerung durchgeführt, die „Lärmdorf Schönberg“ genannt wurde.28 Eine Gruppe rund um den Universitätsassistenten Dr. Peter Lercher von der Abteilung Sozialmedizin am Institut für Hygiene der Universität Innsbruck fand dabei heraus, dass sich 60 Prozent der Schönberger Probanden stark oder mittelgradig durch den Straßenverkehrslärm belästigt fühlten, wobei diese Beeinträchtigungen besonders bei einem Aufenthalt im Freien oder beim Ausruhen eintraten. Von den Abgasen der Kraftfahrzeuge auf der Autobahn fühlten sich 48 Prozent der Befragten in Mitleidenschaft gezogen. Die ständige hohe mentale Belas-

3. NN, Protest gegen Mauterhöhung: Blockade der Brennerautobahn, in: Neue Tiroler Zeitung, Nr. 252, 28.10.1980, S. 7. NN, Kommt nun trotz Verhandlungen Blockade der Brenner-Autobahn?, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 262, 29.10.1980, S. 2. NN, Verhärtete Fronten bei der Blockade der Brennerautobahn, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 263, 30.10.1980, S. 2. Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 2. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 1. Dezember 1980, 10 Uhr im Festsaal des Kammergebäudes zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1980, S. 5. KgWT, Bericht 1980, Innsbruck [1981], S. 69-70. 27 Erhard, Transitland, S. 38. Stadel, The Brenner Freeway, S. 14. Peter Lercher, Straßenverkehr und Gesundheit. Das Beispiel „Lärmdorf“, in: Universität Innsbruck, Forum Österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz, Sektion Innsbruck (Hg.), 2. Umwelttag an der Universität Innsbruck 1988. Umwelt und Verkehr (Veröffentlichungen der Universität Innsbruck 166), Innsbruck 1988, S. 27-48, hier S. 33. Zum Bleigehalt in der Muttermilch stillender Tiroler Frauen – der mittlere Bleigehalt war in verkehrsbelasteten Gebieten massiv höher – siehe die folgenden Untersuchungen der 1980er Jahre: W. Lechner/H. J. Battista/Franz Dienstl, Untersuchungen zum Bleigehalt in der Muttermilch in verkehrsreichen und verkehrsarmen Gegenden Tirols, in: Gynäkologische Rundschau 20 (1980) (Supplementum 2), S. 268-270, hier S. 269. W. Lechner/F. Schinner/B. Pernfuß et al., Untersuchungen zum Bleigehalt in der Muttermilch in verkehrsreichen und verkehrsarmen Gegenden Tirols, in: Wiener klinische Wochenschrift 100 (1988), Heft 15, S. 519-522, hier S. 520. 28 Lercher, Straßenverkehr, S. 30-35.

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tung und Störung der Entspannungsfähigkeit habe auch das Erkrankungsrisiko (beispielsweise in Form von Nervositäts-, Niedergeschlagenheits- und Erschöpfungszuständen sowie Hör- und Schlafstörungen) erhöht.29 Auch im Tiroler Unterinntal setzten mit Beginn der 1970er Jahre Forderungen nach Lärmschutzmaßnahmen ein, obwohl es keine gesetzliche Grundlage für deren Verwirklichung gab, worauf in der Folge exemplarisch eingegangen wird. In diesem Tal war die Schadstoffbelastung wegen der Inversionslage insbesondere im Winter höher als im Wipptal.30 So forderten die tausend Bewohnerinnen und Bewohner der sogenannten „Pax“-Siedlung, einer gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgenossenschaft in Fiecht-Bruckfeld (Gemeinde Vomp), am 31. Oktober 1970 Lärmschutzmaßnahmen, da die bis auf 60 m an die Siedlung heranführende A12 „unzumutbaren [Herv. i.O.] Kraftfahrzeuglärm [verursache], der weder am Tage noch in der Nacht abreißt“31. Es sei medizinisch anerkannt, dass Lärm gesundheitliche Auswirkungen wie Herzklopfen oder Schweißausbrüche – insbesondere bei Kindern und älteren Menschen – habe. Zudem seien die Abgase eine große Belastung für die Betroffenen.32 Die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung forderten gemeinsam mit politischen Vertretern der Gemeinde Vomp auch in den Folgejahren die Realisierung dieser Maßnahmen. So insistierte der ÖVP-Ortsobmann von Vomp, Franz Wechselberger, im Mai 1973 auf der Verwirklichung eines bepflanzten Schüttdamms bei der Pax-Siedlung entlang der A12.33 In einem Brief an Landeshauptmann Wallnöfer vom September 1973 beklagten die Vertreter der Siedlung, es seien keinerlei Lärmschutzmaßnahmen verwirklicht worden, obgleich die unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigung im gesamten Siedlungsbereich die Gesundheit der Menschen im schwersten Maße beeinträchtige.34

29 Ebd., S. 37-42. NN, Schlafstörungen, Bluthochdruck in Schönberg, mehr Blei im Blut als alle anderen Österreicher. Sozialmediziner erhoben Wohlbefinden der neben der Autobahn lebenden Schönberger, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 156, 9.7.1986, S. 3. Erhard, Transitland, S. 38. Markus Brunner/Richard Hussl, Tirol – EG und das Transitproblem aus der Sicht der Bürgerinitiativen, in: Rainer Nick (Hg.), Tirol und die EG. Zukunftsperspektiven einer Region (Themen im Weitwinkel 3), Thaur 1989, S. 115-130, hier S. 118. 30 Penz, Die österreichische Brennerautobahn, S. 119. 31 Bewohner der „Pax-Siedlung“, Fiecht an Landeshauptmannn Eduard Wallnöfer, 31.10.1970, S. 1, TLA, Kanzlei LH, 8 (14). 32 Ebd., S. 1-2. 33 Franz Wechselberger an Landeshauptmannn Eduard Wallnöfer, 7.5.1973, TLA, Kanzlei LH, 8 (14). 34 Franz Haidacher und August Hackel an Landeshauptmannn Eduard Wallnöfer, [September 1973] , TLA, Kanzlei LH, 8 (14).

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Obwohl die Tiroler Landesbaudirektion diese Forderungen für berechtigt hielt, konnten sie aufgrund der Rechtslage nicht realisiert werden.35 In Vomp wurden im Jahr 1976 erste Lärmschutzmaßnahmen an einer Tiroler Autobahn initiiert,36 was den Betroffenen jedoch als unzureichend erschien. In einer Privatinitiative bildeten am 26. Juni 1979 je fünf Personen aus Vomp und Fiecht ein „Bürgerkomitee für verstärkte Lärmschutzmaßnahmen“ mit der Begründung, dass diese Gemeinde durch die mitten durch den Ort verlaufende A12 besonders betroffen sei.37 Das Bürgerkomitee betonte in einem Brief an die Gemeinde Vomp, dass Lärmschutz ein integrierender Bestandteil der Autobahn sei und nicht erst von der betroffenen Bevölkerung erkämpft werden müsse.38 Ein Schreiben des Komitees an Landeshauptmann Wallnöfer vom 31. Oktober 1979 verwies auf die Ergebnisse der Lärmmessungen, die eine unzumutbare Lärmbelästigung ergeben hätten, die in gesundheitlichen Gefährdungen (Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche und in späterer Folge sogar Magengeschwüre und Herzbeschwerden) resultiere. Lediglich eine Lärmschutzmauer bringe einen wirkungsvollen Schutz. Die geplante Beton- anstelle einer Asphaltfahrbahn auf der A12 lehne die Bevölkerung in Vomp energisch ab, da dies zu einer noch größeren Lärmbelästigung führen werde. Dies habe die Freigabe der ersten Betonfahrspur im Bezirk Kufstein mit daraus resultierendem unerträglichem Lärm gezeigt.39 Der Bürgermeister der Gemeinde Vomp erklärte in einem Schreiben an Landeshauptmann Wallnöfer vom 20. Oktober 1977, die Bürgerinitiative habe bereits mehr als tausend Unterschriften für die Verwirklichung eines wirkungsvollen Lärmschutzes in Vomp gesammelt, und forderte die zuständigen Stellen auf, alles für deren Realisierung zu unternehmen.40 Auch in der Gemeinde Kramsach gab es vonseiten der Betroffenen Widerstand gegen den Autobahnlärm; so wurden im Jahr 1976 in Aufrufen zu Aktionen die gesundheitsschädigende Wirkung angeprangert und Lärmschutzmaßnahmen gefordert.

35 [Leo] Feist [für Landeshauptmannn Eduard Wallnöfer] an Bundesministerium für Bauten und Technik, 20.9.1973, TLA, Kanzlei LH, 8 (14). ATLR–Landesbaudirektion-Bundesstraßenverwaltung an Landeshauptmannn [Eduard] Wallnöfer, 29.8.1974, TLA, Kanzlei LH, 8 (14). 36 Dultinger/Dultinger, Die Brennerbahn, S. 107. 37 Bürgerkomitee Vomp–Fiecht an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 31.10.1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (20). 38 Obmann des Bürgerkomitees der Gemeinde Vomp–Fiecht an Gemeinde Vomp z.H.d. Bürgermeisters Johann Aichner, 30.6.1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (20). 39 Bürgerkomitee Vomp–Fiecht an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 31.10.1979, TLA, Kanzlei LH, 8 (20). 40 Bürgermeister der Gemeinde Vomp an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 20.10.1977, TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (18): Autobahnen in Tirol (1978).

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Für die nötige Abänderung des Bundesstraßengesetzes sei das koordinierte und landesweite Vorgehen vieler Bürgerinnen und Bürger nötig.41 Auch der Bürgermeister von Kramsach forderte wiederholt die Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen und bemängelte das ständige Vertrösten der verantwortlichen Stellen, da der Großteil der Gemeinde durch den Lärm beeinträchtigt und die Lebensqualität gesunken sei. Die Wertverluste der Liegenschaften an der Autobahn und die Einbußen im Tourismus hätten von der Bevölkerung entschädigungslos hingenommen werden müssen.42 Aufgrund vielfacher Beschwerden führte die Landesforstinspektion am 20. und 21. Januar sowie am 29. März 1976 in Kramsach bei einer Reihe in Autobahnnähe stehender Wohnhäuser Lärmmessungen durch, die eine zu hohe Lärmbelästigung durch die A12 ergaben. Die Landesforstinspektion führte in einem Schreiben an die Tiroler Landesbaudirektion vom 24. Mai 1976 an, dass die starke Lärmbelästigung der angrenzenden Bevölkerung die Möglichkeit eines Nebenverdienstes durch das Vermieten von Fremdenzimmern nehme. Eine Verbesserung der Situation in Kramsach brächten Lärmschutzwände und der Einbau lärmdämmender Fenster sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Autobahn. Bei den Messungen in der Nacht vom 20. auf den 21. Januar 1976 seien in den zur Autobahn gerichteten Schlafräumen bei geschlossenen Fenstern innerhalb von vier Nachtstunden zwölf Spitzenwerte und bei geöffneten Fenstern in zwei Nachtstunden 70 Spitzenwerte gemessen worden, die mehr als 20 Dezibel über der Grenze der zumutbaren Lärmstörung lagen. Derartige Lärmspitzen hätten aufgrund ihrer Weckwirkung und der damit verbundenen Minderung der Schlafqualität eine unerträgliche Wohnsituation und negative gesundheitliche Auswirkungen zur Folge.43 Die Tiroler Landesbaudirektion erklärte nach den Messungen, dass für eine Verwirklichung von Maßnahmen eine Gesetzesänderung abgewartet werden müsse.44 Der SPÖ-Abgeordnete Johann Entholzer brachte gemeinsam mit einigen anderen Mitgliedern seiner Partei in den Tiroler Landtag eine Anfrage betreffend die Lärmbelästigung durch die A12 im Bereich von Kramsach ein, deren Beantwortung von Landeshauptmann Wallnöfer in der Landtagssitzung am 12. Dezember 1977 verlesen wurde. Er führte an, dass in dem von der Landesbaudirektion ausgearbeiteten Elaborat für den Bereich dieser Gemeinde als Lärmschutzmaßnahme die Errichtung einer 3 m hohen und 900 m langen, beiderseitigen Lärmschutzwand vorgesehen sei. Der 41 Fritz Ebenbichler, Aktion gegen den Verkehrslärm, [1976], TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (17): Autobahnen in Tirol (1977). 42 Bürgermeister der Gemeinde Kramsach an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 4.11.1977, TLA, Kanzlei LH, 8 (17). 43 Tiroler Landesregierung – Landesforstinspektion an Landesbaudirektion, 24.5.1976, TLA, Kanzlei LH, 8 (17). 44 ATLR–Landesbaudirektion–Bundesstraßenverwaltung an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 9.9.1976, TLA, Kanzlei LH, 8 (17).

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geplante Bau einer Betonfahrbahndecke würde die Lärmbelästigung praktisch nicht erhöhen, da der Unterschied zwischen einer Beton- und einer Asphaltfahrbahn kaum spürbar sei.45 Auch in der Unterinntaler Gemeinde Wattens gab es Beschwerden ob der unerträglichen Lärmbelästigung aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf der A12. Der Bürgermeister hob in einem Schreiben an den Bundesminister für Bauten und Technik, Josef Moser, vom 25. Juli 1977 hervor, dass sich die im Gemeindegebiet entlang der Autobahn Wohnenden seit etwa drei Jahren massiv über die Lärmbelästigung beschweren würden. Die verschiedenen Anträge der Gemeinde auf Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen seien letztlich stets mit der Begründung abgelehnt worden, dass es keine gesetzliche Grundlage für nachträgliche Lärmschutzmaßnahmen gebe. Falls diese weiterhin nicht verwirklicht werden würden, sei mit Protestaktionen der betroffenen Bevölkerung zu rechnen. Aufgrund einer neuerlichen Eingabe der Autobahnanrainerinnen und -anrainer von Wattens habe sich der Gemeinderat in der Sitzung vom 14. Juli 1977 mit dieser Sachlage befasst und festgestellt, dass deren Beschwerden zu Recht bestünden. Die Lärmbelästigung und die damit verbundene Gesundheits- und Vermögensschädigung seien nicht mehr hinnehmbar.46 Mit der vom Nationalrat am 7. Dezember 1977 verabschiedeten Gesetzesänderung, die Lärmschutzmaßnahmen auch für bestehende Autobahnen ermöglichte, wurden auf der Inntalautobahn ab 1978 verschiedene Lärmschutzmaßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität der AutobahnanrainerInnen unter der maßgeblichen Mitwirkung von Professor Dr.-Ing. Rudelstorfer und Univ.-Doz. Dr.-Ing. Heinz Tiefenthaler durchgeführt. So wurden bis zum Jahr 1980 erste Lärmschutzwände in stark betroffenen Gemeinden wie Vomp, Kundl, Wattens,47 Innsbruck/Ampass, Kufstein, 45 Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VIII. Periode, 18. Tagung, 1. Sitzung, 12.12.1977, S. 1. Die Diskussionen um die Verwirklichung einer Asphalt- oder Betonfahrbahn hielten auch in den Folgejahren noch an. Siehe dazu: Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IX. Periode, 8. Tagung, 25.11.1980, S. 14 und 16-17. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, IX. Periode, 10. Tagung, 1. Sitzung, 25.3.1981, S. 5-6, hier S. 5-7. 46 Bürgermeister der Gemeinde Wattens an Bundesminister Josef Moser, 25.7.1977, TLA, Kanzlei LH, 8 (18). Zu geforderten Lärmschutzmaßnahmen längs der A12 im Bereich von Wattens siehe auch die Anfrage der ÖVP-Landtagsabgeordneten Ekkehard Abendstein, Vizepräsident Adolf Troppmair, Franz Kranebitter, Josef Thoman und Johann Schweiger im Tiroler Landtag an Landeshauptmann Wallnöfer und dessen Beantwortung: Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VIII. Periode, 17. Tagung, 14.11.1977, S. 3-4. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VIII. Periode, 19. Tagung, 6.3.1978, Protokoll, S. 1-2. 47 Siehe auch: Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VIII. Periode, 23. Tagung, 16.11.1978, S. 3. Stenograph. Berichte des Tiroler Landtags, VIII. Periode, 24. Tagung, 4. Sitzung, 14.12.1978, S. 188-190, hier S. 188-189.

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Angath, Kramsach, Stans und Volders verwirklicht.48 Im Gegensatz zur A12 folgten entsprechende Schritte auf der A13 zeitlich verzögert. Ausgangspunkt für die Bildung erster Antitransitbürgerinitiativen waren Debatten um das Waldsterben, die in Deutschland49 ab 1982 nicht mehr nur in Fachkreisen, sondern von einer breiteren Öffentlichkeit geführt wurden. In Tirol dokumentierte ab 1984 der jährliche Bericht der Tiroler Landesforstdirektion mit dem Titel „Zustand der Tiroler Wälder“ die zentrale Rolle des Verkehrs am Waldsterben insbesondere entlang der Haupttransitroute der A13 und A12.50 In Südtirol gab ebenfalls ab dem Jahr 1984 das Forstwirtschaftsinspektorat Bozen eine jährliche Publikation mit dem Titel „Wie gesund sind unsere Wälder?“ heraus.51 Auf politischer Ebene wirkte sich in Tirol der Transitdiskurs im Untersuchungszeitraum bis Mitte der 1980er Jahre nicht auf die Ergebnisse der Wahlen aus. Noch bei der Tiroler Landtagswahl des Jahres 1984 konnte die SPÖ, die mit der Parole 48 Für die Erfahrung bei der Projektierung von Lärmschutzanlagen in verschiedenen Orten längs der A12 siehe: Karl Rudelstorfer/Heinz Tiefenthaler, Erfahrungen aus der Planung von Lärmschutzanlagen an der Inntal-Autobahn (Straßenforschung 152), Wien 1980, S. 910. Hartlieb, Die Tiroler Autobahn, S. 19. Ders., Die Entwicklung, S. 70-72. 49 Klenke, Freier Stau, S. 103. Zum wachsenden Umweltbewusstsein in Deutschland im Zusammenhang mit dem Straßenbau seit den 1970er Jahren siehe: Ders., Autobahnbau und Naturschutz in Deutschland. Eine Liaison von Nationalpolitik, Landschaftspflege und Motorisierungsvision bis zur ökologischen Wende der siebziger Jahre, in: Matthias Frese/Michael Prinz (Hg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert. Regionale und vergleichende Perspektiven (Forschungen zur Regionalgeschichte 18), Paderborn 1996, S. 465-498, hier S. 488. 50 Siehe beispielsweise: NN, Auch Verkehr am Waldsterben beteiligt. Der Tiroler Forstverein legt ein Paket von Forderungen vor / Appell an die Vernunft, in: Dolomiten, Nr. 47, 24.2.1984, S. 20. Amt der Tiroler Landesregierung – Landesforstdirektion, Zustand der Tiroler Wälder. Untersuchungen über die Imissionsbelastung und den Waldzustand in Tirol. Bericht für das Jahr 1987, Innsbruck 1988, S. 14. Sickinger/Hussl, Transit-Saga, S. 2022. Volkmar Lauber, Geschichte der Politik zur Umwelt in der Zweiten Republik. Vom Nachzügler zum Vorreiter – und zurück?, in: Sylvia Hahn/Reinhold Reith (Hg.), UmweltGeschichte. Arbeitsfelder – Forschungsansätze – Perspektiven (Querschnitte 8), Wien/München 2001, S. 181-203, hier S. 182-183. Hans Lindenbaum, Eine Republik auf Rädern. Infrastruktur- und Verkehrspolitik in Österreich als Spannungsfeld zwischen Bund und Ländern seit 1945. [Teil 2:] 1980-2003: Schiene statt Verkehrslawine? Umgekehrt!, in: Dachs (Hg.), Der Bund (2003), S. 359-420, hier S. 364. 51 Siehe beispielsweise: Norbert Deutsch, Schlußfolgerungen, in: Forstwirtschaftsinspektorat Bozen (Hg.), „Wie gesund sind unsere Wälder?“ 5. Bericht anläßlich der Pressekonferenz vom 1.12.1987, Bozen 1987, S. 13-15, hier S. 13. Forstwirtschaftsinspektorat Bozen, „Wie gesund sind unsere Wälder?“ 6. Bericht für das Jahr 1988, Bozen 1988, S. 34.

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„Keine zusätzliche Tonne auf Tirols Straßen!“ angetreten war, damit nur im besonders verkehrsbetroffenen Wipptal einen Stimmenzuwachs verzeichnen, musste aber in den anderen Landesteilen Stimmenverluste hinnehmen. Der Tiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, für den Verkehr „Leben“ bedeutete, errang eine Zweidrittelmehrheit und damit das beste Ergebnis seit 1949. Auch Parteien wie die „Liste für ein anderes Tirol“, politisch mit den heutigen Grünen vergleichbar, benutzten den Alpentransit nicht als ein vorrangiges Wahlkampfthema.52 Noch im Monat der Landtagswahl vom 17. Juli 1984 betonten die Bürgermeister und Gemeinderäte der ÖVP von Matrei, Mühlbachl und Pfons in einem Schreiben an Landeshauptmann Wallnöfer, dass „die Verkehrsmisere im Wipptal zum weitaus überwiegenden Teil“ für das schlechte Abschneiden der ÖVP in diesem Tal ausschlaggebend gewesen sei. Eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität im Wipptal sei wegen des hohen Verkehrsaufkommens unbedingt erforderlich, doch sei zum Leidwesen der Betroffenen eine Erweiterung der A13 auf drei Spuren beschlossen worden, wodurch noch mehr Transitverkehr angezogen werden würde. Aufgrund der hohen Autobahnmautsätze würde auf der Brennerbundesstraße wieder genauso viel Verkehr durchfahren wie vor der Eröffnung der Autobahn. Eine Senkung der Mautsätze auf der A13, die Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen längs der gesamten Autobahn und eine schnellstmögliche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bundesbahn wurden gefordert. Falls die Politiker die Schilderung dieser tristen Situation nicht glauben würden, so seien alle Abgeordneten eingeladen, in einem der Orte „probezuwohnen“. Wörtlich führten die Unterzeichneten Folgendes an: „Sie alle sind für einige Tage, auch einige Wochen bei uns herzlich willkommen. Die Aufenthaltskosten übernehmen wir gerne, wir erwarten nur eine objektive Stellungnahme bei einem Vergleich mit anderen Gebieten und eine kraftvolle Unterstützung für unser Tal, wenn wir mit unseren Sorgen und Argumenten recht haben.“53

Ab der Mitte der 1980er nahm in Tirol längs der Brenner- und Inntalautobahn der Widerstand gegen den ansteigenden Transitverkehr massiv zu; es kam vermehrt zu Protest- und Informationsveranstaltungen, wobei hierbei neugegründete Bürgerinitiativen eine maßgebliche Rolle spielten.54 Die „Arbeitsgemeinschaft Lebensraum Ti-

52 Sickinger/Hussl, Transit-Saga, S. 19 und 146. Laireiter, Lkw-Transitverkehrsdiskussion, S. 422. 53 ÖVP-Bürgermeister und -Gemeinderäte [von] Matrei, Mühlbachl und Pfons an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer und an ÖVP-Mitglieder der Tiroler Landesregierung und des Tiroler Landtages, [Juli 1984], TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (26): Autobahnen in Tirol (1985). 54 Sickinger/Hussl, Transit-Saga, S. 20.

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rol“, eine im Sommer 1985 ins Leben gerufene und im April 1986 als Verein angemeldete Initiative im gesamten Bundesland Tirol zur Verkehrsthematik,55 setzte sich wie die im Herbst 1985 konstituierte und im März 1986 offiziell angemeldete überparteiliche Bürgerinitiative „Initiative für ein lebenswertes Wipptal“ gegen die Belastungen infolge des hohen Verkehrsaufkommens auf der Autobahn ein. Bei der „Initiative für ein lebenswertes Wipptal“ engagierte sich die von den negativen Auswirkungen des Transitverkehrs betroffene Bevölkerung des Wipptals, indem sie ein LKW-Nachtfahrverbot, eine Tonnagebeschränkung, die Erhöhung der Transitgebühren, Geschwindigkeitsbeschränkungen und die Verlagerung der Gefahrenguttransporte auf die Schiene forderten.56 Im März 1988 entstand die lokal agierende Bürgerinitiative „Lebensqualität für Schönberg“, die eine Minderung der negativen Auswirkungen des Transitverkehrs und die Errichtung von Lärmschutzbauten für diesen Ort forderte. Schlussendlich wurde ab 1990 eine Lärmschutzgalerie errichtet.57 Der Bezirkshauptmann von Innsbruck-Land teilte am 2. Dezember 1985 Landeshauptmann Wallnöfer mit, dass am 1. Dezember 1985 in Matrei eine Protest- und Informationsveranstaltung mit 200 jungen Menschen gegen die von der Brennerautobahn verursachten Umweltschäden stattgefunden habe, wo Schlagwörter wie die Einführung eines Nachtfahrverbots, Reduzierung des LKW-Verkehrs durch das Wipptal und Tonnagebeschränkung nach Schweizer Vorbild gefallen seien. Zudem sei der Vorwurf erhoben worden, dass sich die Wipptaler Bürgermeister zu wenig für die Verbesserung der Situation eingesetzt hätten.58 In der 1988 von der Tiroler Landesregierung herausgegebenen Schrift „Regionales Entwicklungsprogramm für die Kleinregion 16 Wipptal“ wurde die massive Belastung des Wipptaler Haupttals durch das ständig steigende Verkehrsaufkommen auf der A13, der Brennerbundesstraße und der Brennereisenbahn betont. Der Abbau der Verkehrsbelastung sei für die im Haupttal Ansässigen vorrangig, da der Transitverkehr und im Speziellen der Gütertransitverkehr die Lebensqualität beeinträchtigen und sich negativ auf die Umwelt auswirken würden. Die Realisierung eines LKWNachtfahrverbots und die Einführung respektive verstärkte Überwachung von Geschwindigkeitsbeschränkungen könnten die Lärmbelastung verringern.59

55 Ebd., S. 23-24. 56 Initiative für ein lebenswertes Wipptal, Wer ist die „Initiative für ein lebenswertes Wipptal“ und welche Ziele werden verfolgt?, [Juni 1986], TLA, Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (27): Autobahnen in Tirol (1986). Sickinger/Hussl, Transit-Saga, S. 24. 57 Ebd., S. 29 und 35. Stadel, The Brenner Freeway, S. 14. 58 Bezirkshauptmann von Innsbruck-Land an Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, 2.12.1985, TLA, Kanzlei LH, 8 (26). 59 Tiroler Landesregierung, Regionales Entwicklungsprogramm für die Kleinregion 16 Wipptal, Innsbruck 1988, S. 3-4, 60, 66 und 79.

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In Tirol kennzeichnete ein massiver Meinungsumschwung die politische Entwicklung von den Wahlen des Jahres 1984 bis zur nächsten Tiroler Landtagswahl am 12. März 1989, bei der die ÖVP massiv verlor und von einer Zweidrittelmehrheit auf unter 50 Prozent fiel, wodurch sie die Mandatsmehrheit nur knapp halten konnte. Die Grüne Alternative Tirol zog hingegen zum ersten Mal in den Tiroler Landtag ein. Diese Wahl war begleitet von einer starken Unzufriedenheit der Bevölkerung; Transit- und Ökologiethemen spielten eine entscheidende Rolle.60 Infolge der massiven Stimmenverluste der ÖVP setzte sich nun auch diese für ein Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen sowie Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der A13 und der A12 ein, die am 2. November 1989 vom Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Dipl.-Ing. Dr. Rudolf Streicher, verordnet wurden und am 1. Dezember 1989 in Kraft traten.61 Ausgenommen waren lärmarme LKW und Fahrten mit verderblichen Lebensmitteln, periodischen Druckwerken oder unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen. Um ein Ausweichen der LKW auf die Tiroler Bundesstraßen zu verhindern, wurde für die davon betroffenen Straßen ebenfalls ein Nachtfahrverbot erlassen.62 In Südtirol entstanden Bürgerinitiativen gegen den Transitverkehr erst mit einer zeitlichen Verzögerung gegenüber jenen in Tirol, wobei auch Lärmschutzmaßnahmen später gefordert wurden.63 Am 15. April 1982 schlossen sich in Südtirol sieben Organisationen (der „Alpenverein“, die „Arbeitsgemeinschaft für Natur- und Umweltschutz Pustertal“, die „Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz in Südtirol“, der „Landesverband für Heimatpflege“, die „Lia per Natura y Usanzes“, 60 Lauber, Geschichte, S. 186-190. Laireiter, Lkw-Transitverkehrsdiskussion, S. 426. 61 Siehe: BGBl 1989/527 und BGBl 1989/528. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1989/527, 2.11. 1989, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1989_527_0/1989_527_0.pdf vom 27.5.2016. Dass., Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1989/528, 2.11. 1989, https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1989_527_0/1989_527_0.pdf vom 27.5.2016. 62 Josef Bertsch, Transitwiderstand in Tirol, in: Helmut Koch/Hans Lindenbaum (Hg.), Überrolltes Österreich. Zukunft unter dem Transitverkehr (Aufrisse-Buch 17), Wien 1991, S. 167-178, hier S. 171. Sickinger/Hussl, Transit-Saga, S. 20 und 145-147. Gert Ebner, Verkehrsbeschränkungen aus Umweltschutzgründen in Tirol, in: Waldemar Hummer (Hg.), Alpenquerender Transitverkehr aus regionaler und überregionaler Sicht. Rechtliche, technische und wirtschaftliche Problemlagen (Europarecht, Internationales Wirtschafts- und Währungsrecht, Völkerrecht 3), Wien/Köln/Weimar 1993, S. 39-45, hier S. 41. Hartlieb, Die Entwicklung, S. 74. Achrainer/Hofinger, Politik, S. 95. 63 Ursula Lüfter, Die Verkehrspolitik der Europäischen Union, Italiens und Südtirols im Hinblick auf den alpenquerenden Gütertransit insbesondere am Brenner, unveröffentlichte Diplomarbeit, Salzburg 1998, S. 19.

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der „Tierschutzverband“ und die „Umweltschutzgruppe Vinschgau“) zum „Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol“ zusammen, der in den darauffolgenden Jahren auf die negativen Auswirkungen des Transitverkehrs hinwies.64 So betonte dessen Vorsitzender Kuno Schraffl in einem Schreiben vom 30. April 1986 an Dr. Heinrich Psaier, den Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Eisacktal, dass sich Beschwerden der vom Autobahnlärm betroffenen Eisacktaler Bevölkerung häufen würden. Für die Einführung wirkungsvoller Lärmschutzmaßnahmen im Bereich von Wohngebieten sei alles zu unternehmen, wobei er die Bezirksgemeinschaft Eisacktal und die betroffenen Gemeinden aufforderte, sich bei der Brennerautobahngesellschaft, in deren Verwaltungsrat Psaier saß, und bei der Südtiroler Landesregierung für die Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen einzusetzen.65 Psaier folgte dieser Aufforderung des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz in Südtirol und betonte in einem Schreiben an den Eisacktaler SVP-Landesrat für Gebietskörperschaften, Dr. Siegfried Messner, und an den Eisacktaler SVP-Landtagsabgeordneten Dr. Luis Zingerle vom 23. Mai 1986, dass die Bezirksgemeinschaft Eisacktal die Forderungen des Dachverbands nach Lärmschutzmaßnahmen entlang der Brennerautobahn teile, um den Betroffenen ein erträgliches Wohnen zu gewährleisten.66 Nicht nur auf lokaler, sondern auch auf politischer Ebene wurde in Südtirol die Verwirklichung von Lärmschutzmaßnahmen entlang der Autobahn erst mit einer zeitlichen Verzögerung gegenüber Nordtirol gefordert. Der SVP-Abgeordnete Dr. Karl Oberhauser propagierte in der Regionalratssitzung vom 13. Dezember 1979 die Realisierung von Lärmschutzbauten nach österreichischem und deutschem Vorbild in Ortschaften an der Brennerautobahn, da die derzeitige Situation ohne Lärmschutz für die betroffene Bevölkerung eine Zumutung sei.67 Diese Forderung sollte jedoch erst ein Jahrzehnt später umgesetzt werden. In der Regionalratssitzung vom 30. Oktober 198068 wurde die Anfrage des SVPRegionalratsabgeordneten Dr. Erich Achmüller vom 20. August 1980 besprochen. 64 Karl Hinterwaldner, Tatort Umwelt. Naturschutz zwischen Verkehr und Müll, in: Gottfried Solderer (Hg.), Das 20. Jahrhundert in Südtirol, Bd. 5: 1980-2000. Zwischen Europa und Provinz, Bozen 2003, S. 150-163, hier S. 152. Lüfter, Die Verkehrspolitik, S. 312. 65 Kuno Schraffl an Heinrich Psaier, 30.4.1986, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat für Handwerk, Handel und Fremdenverkehr 57. 66 Heinrich Psaier an Siegfried Messner und Luis Zingerle sowie zur Kenntnisnahme an den Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol, 23.5.1986, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 67 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Südtirol, 8. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 22, 13.12.1979, S. 1299. 68 Stenograph. Protokolle des Regionalrats Trentino-Südtirol, 8. Legislaturperiode, Sitzung Nr. 41, 30.10.1980, S. 2725-2728.

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Darin beschrieb er die Lage des neuen Krankenhauses von Brixen in unmittelbarer Nähe der Brennerautobahn: Diese habe für die dort untergebrachten Kranken eine unzumutbare Lärmbelästigung zur Folge, die sich negativ auf deren Gesundheitszustand auswirke. Der von Betroffenen in Leserbriefen zum Ausdruck gebrachte Unmut sei daher verständlich. Während man in anderen europäischen Ländern an derartigen Bereichen die Lärmbelastung durch die Errichtung von Lärmschutzwänden auf ein Minimum reduziert habe, sei von dieser Möglichkeit in der Region TrentinoSüdtirol bislang noch kein Gebrauch gemacht worden. Achmüller stellte die Frage, welche Schritte die Region als Teilhaberin der Brennerautobahngesellschaft zu unternehmen gedenke, um die nötigen Lärmschutzmaßnahmen im Bereich des Krankenhauses Brixen und im Bereich bewohnter Ortschaften zu verwirklichen.69 Der Präsident des Regionalausschusses, comm. Enrico Pancheri, hob in seiner Antwort hervor, dass der von der Brennerautobahn verursachte Lärm im Bereich des Krankenhauses von Brixen als gering einzustufen sei, da die A22 oberhalb des Gebäudekomplexes vorbeiführe. Eine Lärmschutzgalerie für die Autobahn wie im Ausland zum Teil verwirklicht, sei aus technischen und landschaftsschutzmäßigen Gründen nicht empfehlenswert. Die von Achmüller aufgeworfene Thematik sei dem Verwaltungsrat der Brennerautobahngesellschaft noch nicht unterbreitet worden, da man bislang den durch den Autobahnverkehr verursachten Lärm nicht als derart belastend angesehen habe, dass spezielle Maßnahmen erforderlich seien.70 Im Jahr 1988 wurde im Eisacktal eine Studie über die Verkehrslärmbelästigung durchgeführt, die, von der Bezirksgemeinschaft Eisacktal in Auftrag gegeben, von Professor Dr.-Ing. Heinz Tiefenthaler und Dr.-Ing. Stefan Winkler erstellt wurde. Dabei wurden entlang der Siedlungsgebiete längs der Brennereisenbahn und Brennerautobahn im Eisacktal erhöhte Immissionswerte gemessen. Die Autoren der Studie forderten für das Eisacktal verschiedene Lärmschutzmaßnahmen wie Drainasphalt (Flüsterasphalt), Schallschutzmauern und -wände sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen.71 Ein Beispiel für einen besonders unter dem Verkehrslärm der A22 leidenden Ort war der Bereich Unterried in der Gemeinde Lajen. So forderte deren Bürgermeister Alois Unterthiner in einem Schreiben an Landeshauptmann Magnago, an den Landesrat für Öffentliche Arbeiten, Feuerwehren und Zivilschutz, Dr. Hans Rubner, und an Ersatzlandesrat Karl Oberhauser sowie an die „Talgemeinschaft Eisacktal“ am 21.

69 Ebd., S. 2725. 70 Ebd., S. 2727-2728. 71 Erich Mier, Transitverkehr aus der Sicht Südtirols, in: Hummer (Hg.), Alpenquerender Transitverkehr (1993), S. 201-205, hier S. 203. Walther Dorfmann, Das Eisacktal – Leben am Auspuff Europas. Alpentransit aus der Sicht eines Betroffenen, in: Berg ’94. Alpenvereinsjahrbuch 118 (1994), S. 197-206, hier S. 201.

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November 1983, das neben der Autobahn liegende Wohngebiet von Unterried endlich durch Lärmschutzwände zu schützen, da die Wohnqualität durch Lärm und Abgase mit den daraus resultierenden gesundheitlichen Schäden stark beeinträchtigt werde.72 Auch die Talgemeinschaft Eisacktal unterstützte die Forderungen nach Lärmschutzwänden für Unterried, um das Leben der dortigen Bevölkerung erträglicher zu machen.73 Da trotz verschiedener Ansuchen keine Lärmschutzwände gebaut wurden, forderte Bürgermeister Alois Unterthiner am 18. Mai 1984 erneut, dass die Brennerautobahngesellschaft Lärmschutzmauern entlang der A22 im Bereich von Unterried errichte, um die Lärmbelästigung und Luftverschmutzung einzudämmen. Nach den dort vorgenommenen Messungen des chemischen Landeslaboratoriums lägen die Werte weit über den Grenzwerten, die vom Landesgesetz betreffend die Maßnahmen gegen die Lärmbelästigung vom 20. November 1978 Nr. 6674 festgelegt worden waren. Er forderte die Brennerautobahngesellschaft auf, die nötigen Schallmauern zu errichten, „um in Unterried ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen“75. In den folgenden Jahren stieg bei den zuständigen Stellen die Bereitschaft zur Verwirklichung von Lärmschutzwänden. Am 7. Januar 1986 bat Alois Unterthiner die Brennerautobahngesellschaft, mit Lärmschutzmaßnahmen zuerst in Unterried zu beginnen, da Messungen gezeigt hätten, dass dieses Wohngebiet in unmittelbarer Nähe zur A22 am stärksten von den negativen Auswirkungen des Autobahnverkehrs betroffen sei.76 Im November 1986 wies Bürgermeister Unterthiner gemeinsam mit Dr. Gottfried Vonmetz, Assessor für Jugend, Umwelt und Sport, in einem Schreiben an Landesrat Dr. Franz Spögler (Landesrat für Handwerk, Fremdenverkehr und Sport) auf die negativen Auswirkungen der Autobahn auf die zwei Wohnsiedlungen in Unterried un-

72 Alois Unterthiner an Landeshauptmann Silvius Magnago, an Landesräte [Hans] Rubner und Karl Oberhauser sowie an die Talgemeinschaft Eisacktal, 21.11.1983, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 73 Heinrich Psaier an Karl Oberhauser sowie zur Kenntnisnahme an die Gemeindeverwaltung Lajen, 7.12.1983, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 74 Autonome Provinz Bozen, Landesgesetz vom 20.11.1978 Nr. 66 „Maßnahmen gegen Lärmbelästigung“, 20.11.1978, http://www.regione.taa.it/bur/pdf/I-II/1979/22/S2/S22279 0183378.pdf vom 27.5.2016. 75 Alois Unterthiner an Brenner-Autobahngesellschaft-Direktion Nord und zur Kenntnisnahme an Landeshauptmann Silvius Magnago und Landesräte [Hans] Rubner, [Franz] Spögler, [Otto] Saurer und [Siegfried] Messner, 18.5.1984, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 76 Alois Unterthiner an Enrico Pancheri und zur Kenntnisnahme an Landesrat Franz Spögler, 7.1.1986, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57.

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ter- und oberhalb der Autobahn hin. Messungen des chemischen Landeslaboratoriums bei der oberen Häusergruppe hätten bereits am 16. respektive 26. April 1984 Werte von 71,0 Dezibel beziehungsweise 72,5 Dezibel ergeben, die den zumutbaren Lärmpegel bei weitem überschritten. Die Brennerautobahngesellschaft müsse schnellstmöglich wirksame Maßnahmen in Form einer Lärmschutzgalerie und einer Lärmschutzwand verwirklichen.77 Landesrat Spögler wandte sich in der Folge am 5. Dezember 1986 an den damaligen Präsidenten der Autobahngesellschaft, Cavaliere Enrico Pancheri, mit der Aufforderung zur Errichtung der Lärmschutzbauten in Unterried, das aufgrund seiner Lage direkt an der Autobahn besonders von den negativen Auswirkungen des Verkehrs betroffen sei, wie es die Messungen des chemischen Landeslaboratoriums bewiesen hätten. Die Bevölkerung von Unterried müsse ihren berechtigten Kampf gegen die starke Lärmbelästigung weiterführen, da bislang vonseiten der Brennerautobahngesellschaft zwar wiederholt Lärmschutzmaßnahmen versprochen worden waren, diese Zusage aber nicht eingehalten worden sei.78 Ab dem Jahre 1988 begann die Brennerautobahngesellschaft schließlich damit, in besonders belasteten Gebieten längs der A22 lärmmindernde Maßnahmen zu verwirklichen.79 In Tirol und Südtirol trat zeitlich versetzt gegen Ende des Untersuchungszeitraums eine Veränderung der Wahrnehmung im kollektiven Bewusstsein ein, durch die der vormals stabile Brennerautobahndiskurs in seinen Aussagen einen fundamentalen und nachhaltigen Wandel erfuhr. Dieser diskursive Wandel lässt sich nicht auf das Agieren einzelner Akteure oder Institutionen zurückführen, sondern entstand aufgrund bestimmter, vielschichtiger Konstellationen. Während zu seinem Beginn lediglich besonders betroffene Anrainerinnen und Anrainer als Akteure in Erscheinung traten, reagierten die Gemeinden und später auch die Landespolitik auf die Forderung der Menschen vor Ort nach wirksamem Lärmschutz. Ökologische Argumentationen waren in der ersten Phase des beginnenden Wandels noch nicht vorherrschend, sondern wurden erst ab Ende der 1980er Jahre maßgeblich.

77 Alois Unterthiner und Gottfried Vonmetz an Franz Spögler, 10.11.1986, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 78 Franz Spögler an Enrico Pancheri, 5.12.1986, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57. 79 NN, Problematik der Umweltbelastung erkannt? Brennerautobahn: Lärmschutzmaßnahmen beschlossen und Geldmittel ausgewiesen, in: Dolomiten, Nr. 159, 11.7.1988, S. 3. Franz Spögler an Redaktion der Tageszeitung „Dolomiten“, 23.1.1987, SLA, Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat 57.

7. Schlussbemerkungen

Der Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit war die Tatsache, dass die transnationale Brennerautobahn als technische Konstruktion vom Zeitpunkt ihrer Erbauung bis in die Gegenwart – mit kleinen Veränderungen – als solche weitgehend erhalten blieb. Im Gegensatz dazu war die Sichtweise der Akteure auf die Brennerautobahn in den Regionen Tirol und Südtirol als exemplarischem Beobachtungsraum im Untersuchungszeitraum zwischen 1950 und 1980 starkem Wandel ausgesetzt. Die Brennerautobahn war demnach kein „natürlicher“ Gegenstand, über den geschrieben wurde, sondern wurde zwischen 1950 und 1980 erst diskursiv hervorgebracht. Die Notwendigkeit des Baues einer Autobahn über den Brenner war aus verkehrspolitischer und ökonomischer Sicht für die regionalen, nationalen und europäischen Akteure derart evident, dass sich nicht die Frage stellte, ob die Brennerautobahn gebaut, sondern lediglich, zu welchem Zeitpunkt damit begonnen werden sollte. Die vorliegende Arbeit gab einen Überblick über die Planungs- und Bauarbeiten auf sowohl österreichischer als auch italienischer Seite (insbesondere deren Anfangszeit fiel in den untersuchten Regionen in eine schwierige wirtschaftliche Phase), fokussierte sich jedoch nicht auf technische Aspekte. Die zuständigen österreichischen und italienischen Stellen bedienten sich dabei nicht jener während des Nationalsozialismus und partiell unter dem Faschismus ausgearbeiteten, jedoch niemals realisierten Vorstudien einer Autobahn über den Brenner. Des Weiteren legten die Forschungen offen, dass eine etwaige Untertunnelung des Passes für die Autobahn von Fachleuten, aber auch in den Medien heftig diskutiert wurde. Deren Befürworter – vornehmlich technisch interessierte Einzelpersonen, die einen Tunnel unter den Brenner als technische Innovation erachteten – konnten sich jedoch nicht durchsetzen, sodass eine freie Linienführung gewählt wurde. In der vorliegenden Arbeit rekonstruierte ich, unter welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Ausprägungen sich der Brennerautobahndiskurs etablierte, stabilisierte und schließlich hin zu einem neuen Diskurs mit einer veränderten soziokulturellen Wirklichkeit wandelte. Diese drei Phasen wurden in jeweils eigenen Kapiteln

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untersucht, wobei die Phase der Stabilisierung den Kernzeitraum meiner Untersuchung darstellte. Der Autobahndiskurs war eine männliche Domäne, was jedoch in den zeitgenössischen Aussagen kaum thematisiert wurde, da diese Wirklichkeitskonstruktion nicht angezweifelt wurde und als Common Sense galt. In der Phase der Etablierung des Brennerautobahndiskurses, die in der ersten Hälfte der 1950er Jahre bis ungefähr zum Jahr 1959, dem Baubeginn der Brennerautobahn mit dem Spatenstich an der Europabrücke, reichte, bildete sich langsam eine bestimmte Wahrnehmung auf die Brennerautobahn heraus, die jedoch noch nicht unumstritten war, da bestimmte Sichtweisen auf sie noch keineswegs zwingend waren. Dieser Prozess entstand nicht in einem – fiktiven – diskursiven „Nichts“, sondern schloss an andere Verkehrsdiskurse an1 respektive trachtete danach, sich von diesen abzusetzen. Der Zeitraum der Etablierung lässt sich in zwei Abschnitte gliedern. Eine erste Phase dauerte ungefähr bis zum Jahr 1956 und die zweite etwa bis zum Baubeginn auf österreichischer Seite im Jahr 1959 und der Gründung der italienischen Brennerautobahngesellschaft im selben Jahr. In der ersten Phase der Etablierung hatten sich die Sprecherpositionen jener Akteure, die – wie etwa die Handelskammern – den Bau der Brennerautobahn unterstützten, noch nicht durchgesetzt. Neben dem Standpunkt, die auf dem sofort notwendigen Bau der Brennerautobahn insistierte, gab es auch die Auffassung, dass vorläufig auch der Ausbau der Brennerstraße genügen würde. In der zweiten Etablierungsphase wurden die diskursiven Denk- und Handlungsmöglichkeiten langsam abgesteckt, sodass sich gegen Ende hin bereits jene Aussagen zu festigen begannen, welche die Stabilitätsphase des Brennerautobahndiskurses kennzeichneten. Allgemeiner Konsens wurde die Position einer möglichst raschen, gegenüber den anderen nationalen Autobahnprojekten prioritären Verwirklichung der Brennerautobahn aufgrund des starken Verkehrsaufkommens auf der Brennerstraße (siehe die Auswertung der Verkehrsstatistiken in Kapitel drei), da die Autobahn – das damalige unangefochtene infrastrukturelle Leitmedium – als Garantin für die Wettbewerbsfähigkeit und Prosperität Tirols und Südtirols erachtet wurde. Das fünfte Kapitel, der Hauptteil der vorliegenden Arbeit, analysierte die Phase der Stabilität des Brennerautobahndiskurses. Sie erstreckte sich vom Baubeginn 1959 auf österreichischer Seite bis zur durchgehenden Befahrbarkeit der Autobahn im Jahr 1974 respektive 1975. In dieser Phase wurden bestimmte Sichtweisen auf die Brennerautobahn durch Absteckung der diskursiven Denk- und Handlungsmöglichkeiten

1

Siehe exemplarisch den Diskurs um die Errichtung der Felbertauernstraße: Rigele, Die Großglockner-Hochalpenstraße. Reinhard Bodner, Eine Nabelschnur aus Asphalt. Zur Kulturanalyse der Felbertauernstraße und der Grenze Tirols in den Hohen Tauern, in: Di Michele/Renzetti/Schneider et al. (Hg.), An der Grenze (2012), S. 11-39. Martin Kofler, Die Felbertauernstraße. Von der touristischen „Lebensader“ zum regionalen Investitionsmotor, in: ebd., S. 41-60.

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zwingend. Die Aussagen innerhalb des Diskursfeldes, deren Anzahl diskursiv begrenzt war, wiesen eine große Kontinuität und affirmative Persistenz auf, während dezidierte Abgrenzungen zu einem Normenverstoß, mit anschließender Positionierung außerhalb der Diskursgrenzen und einer daraus resultierenden Anfeindung durch die Brennerautobahnakteure, führten. Aus der diachronen Reihung und synchronen Häufigkeit miteinander verbundener Aussagen konnten aus dem konkreten Korpus fünf vorwiegend thematisch einheitliche Themenstränge eruiert werden, die den Diskurs durchdrangen und sich als spezifische Wahrheiten produzierende Aussageformationen und Formen von Legitimationsstrategien manifestierten. Obwohl die einzelnen Themenstränge zumeist homogene Blöcke bildeten, gab es auch Überschneidungen, aus denen eine diskursive Dynamik resultierte, denn aus den Neuverknüpfungen und interdiskursiven Querverbindungen entstanden neue Bedeutungen. Zudem variierten die jeweiligen Themenstränge in Tirol und Südtirol. Innerhalb des ersten untersuchten Themenstrangs wurde die Brennerautobahn als „europäische“, verbindende – im realen sowie im übertragenen Sinne – und nationale Grenzen überwindende Verkehrsinfrastruktur wahrgenommen, die einen Beitrag zur europäischen Einigung und für eine friedvolle und prosperierende Zukunft leiste. Der Begriff „Europa“ verwies dabei auf die westeuropäischen Länder und exkludierte implizit die Warschauer-Pakt-Staaten. Die Brennerautobahn half dabei, als Teil des europäischen Fernstraßennetzes den Kontinent verkehrsmäßig besser zu erschließen, es wurde jedoch auch ihre Brückenfunktion für die europäische Völkerverständigung wahrgenommen. Hinter dem europäischen Diskurs stand indes außerdem eine österreichische Thematik. Auf Tiroler Seite wurde betont, dass Österreich sich seiner Pflicht bewusst sei, Opfer (beispielsweise in finanzieller Hinsicht) im Zusammenhang mit dem Autobahnbau für Europa zu bringen, was als rhetorische Legitimationsstrategie für eine Anlehnung an die anderen westeuropäischen Staaten eingeordnet werden kann. Der Name „Europabrücke“ sollte den europäischen Geist der Realisierung der Brennerautobahn ausdrücken, indem er die beiden Termini „Europa“ und „Brücke“ (Symbol des Dialogs, der Kooperation und der Völkerverständigung) mit einem daraus resultierenden Konnex eines geeinten und friedlichen Europas semantisch verknüpfte. In Südtirol wurde hingegen meist die verkehrsmäßige Notwendigkeit des Baus für die Erfordernisse des wachsenden europäischen Verkehrs hervorgehoben. Die Betonung der europäischen Komponente stellt eine interessante Ambiguität dar, da auf regionaler Ebene in Südtirol ein Konflikt mit dem italienischen Staat herrschte, in dem es nationalistische Tendenzen gab, während die lokalen Akteure die europäische Idee zugleich hochhielten, wohl auch in bewusster Absetzung von zentralstaatlicher Logik. Der weit verbreitete Themenstrang der „Gefahr der Umfahrung“ und die Abgrenzung Tirols und Südtirols gegen das als „böse“ wahrgenommene Nachbarland Schweiz, das mit seinen alpenüberquerenden Autobahnprojekten (Garantie wintersi-

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cherer Verkehrswege mit Tunnelbauten durch den San Bernardino, Grossen St. Bernhard und Gotthard) in den untersuchten Regionen Argwohn hervorgerufen hatte, diente dem Aufbau einer Art Feindbild, mit dem eine Abgrenzung nach außen hin propagiert und der Zusammenhalt nach innen gefestigt wurde. Dabei wurde wiederholt die Aussage getroffen, die Brennerlinie befinde sich seit der Errichtung des Eisernen Vorhangs in einer verkehrsmäßigen Randlage und der Verkehr verlagere sich weiter von der überlasteten Brennerstraße hin zu anderen Routen, insbesondere durch die Autobahnambitionen der Schweiz. Diese mit militärischem Sprachduktus dargestellte Gefahr könne lediglich durch die Realisierung der Brennerautobahn infolge einer konstruktiven Zusammenarbeit der Gebiete längs der Brennerlinie gebannt werden und diente demnach als Legitimationsstrategie auf nationalstaatlicher Ebene. Zusätzlich zur Brenner- und Inntalautobahn müsse auch das restliche Verkehrsnetz in Tirol und Südtirol für eine weitere Verteilung des Verkehrs ausgebaut werden. Dieser Themenstrang schloss an den Erinnerungsdiskurs eines notwendigen Baus der Brennereisenbahn als Bannung der Umfahrungsgefahr im 19. Jahrhundert an. Wer vor der Gefahr der „Überfahrung“ anstelle der „Umfahrung“ des Landes warnte, positionierte sich außerhalb der Diskursgrenzen. Im dritten analysierten Themenstrang, die Brennerautobahn als „Tiroler Projekt“, traten vornehmlich politische Akteure und lediglich selten Wirtschaftsvertreter in Erscheinung traten. Diese betonten die landespolitische Stärkung der Verbindung zwischen Nord- und Südtirol durch die Verkehrsinfrastruktur und eine stärkere Durchlässigkeit der Brennergrenze. Der Themenstrang differierte in seinen Aussagen jedoch stark nördlich und südlich des Brenners. Im Vergleich zu anderen Themensträngen war die landespolitische Dimension der Autobahn von begrenzter Wirkung. In Tirol wurde die Brennerautobahn als Bindeglied zwischen den getrennten Landesteilen gesehen, welche die Einheit des Landes in verkehrsmäßiger Hinsicht durch eine verkürzte Fahrzeit sowie eine Stärkung des persönlichen, ökonomischen und kulturellen Austauschs infolge der besseren Verkehrserschließung effizieren könne. In Tirol wurde zudem in nur recht geringem Umfang vor der Gefahr einer verstärkten Italianisierung Südtirols durch den Autobahnbau gewarnt. In Südtirol hatte dieser Themenstrang aufgrund der unterschiedlichen politischen Situation hingegen inoffizielleren Charakter, was sich daran zeigte, dass die Hoffnung auf eine bessere Anbindung der Landesteile durch die Autobahn und die Angst vor einer drohenden weiteren Italianisierung aufgrund des Verbleibs italienischer Arbeitskräfte, die am Autobahnbau mitgewirkt hatten, nicht offen geäußert wurde. Die Südtiroler Vertreter im Verwaltungsrat der Brennerautobahn kritisierten jedoch die unzureichende Berücksichtigung einheimischer Arbeitskräfte und Unternehmen sowie die unberücksichtigte proportionale Repräsentation der Volksgruppen beim Autobahnbau. Der vierte Themenstrang über diverse Trassenstreitigkeiten als Ausdruck kleinräumiger Interessen entsprang dem Wunsch nach möglichst vielen Anschlussstellen an die Autobahn, die eine verbesserte Erreichbarkeit und mithin einen ökonomischen

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Aufschwung insbesondere im Tourismussektor versprachen und eine „Durchzugsautobahn“ verhindern sollten. Die Strecke sollte nicht abseits der Ortschaften, sondern direkt an ihnen entlangführen. Je nach Trassenstreitigkeit wurde unterschiedlich argumentiert, wobei die Legitimationsstrategien verkehrstechnischer, landschaftlicher, ästhetischer oder ökonomischer Art waren. In Südtirol erreichte dieser Themenstrang ein weit größeres Ausmaß als in Tirol, was sich besonders am Beispiel der jahrelangen erbitterten Auseinandersetzung um die Trassierung durch das Eisacktal versus die Linie Etschtal–Meran–Passeiertal–Jaufentunnel zeigte, die auch nach der Entscheidung der verantwortlichen Behörden für die Eisacktalvariante von den Vertretern der anderen Trasse noch weitergeführt wurde. Die italienischsprachige Tageszeitung Alto Adige verstand sich dabei als Sprachrohr der Akteure der Streckenführung durch das Passeiertal und führte eine massive Kampagne für diese Variante. Beim fünften Themenstrang schließlich wurde die Brennerautobahn, im Sog eines allgemeinen Modernisierungs- und Technikparadigmas insbesondere auf österreichischer Seite – auf Südtiroler Seite hingegen nur in relativ geringem Maße – als ästhetische „Traumstraße der Alpen“, als weltweit erste Gebirgsautobahn sowie als Touristenattraktion und Aushängeschild des Landes propagiert, wobei Analogien zur Verwirklichung der ersten alpinen Eisenbahnen (insbesondere der Brennereisenbahn) gezogen wurden. Zudem wurden die internationale Bewunderung hervorrufende Schönheit des Gesamtbauwerks und seiner jeweiligen innovativen Konstruktionen sowie die technischen Raffinessen der als „Wunderwerk“ bezeichneten Autobahn hervorgehoben. Insbesondere die Europabrücke als höchste Pfeilerbrücke der Welt und höchstes Bauwerk der gesamten Brennerautobahn, deren als harmonisch empfundene Linienführung als Meisterwerk galt, wurde mit Superlativen rhetorisch aufgeladen als ein Wahrzeichen für Wiederaufbau und (technischen) Fortschritt wahrgenommen und ausländischen Staatsgästen präsentiert. Auf österreichischer Seite erlangten die Ingenieure und Arbeiter den Status von wagemutigen „Helden“. Kritiken an der Brennerautobahn waren Positionierungen außerhalb der Diskursgrenzen. Die gewählte Trassenführung wurde als bestmögliche Einbettung in die Landschaft erachtet, die spektakuläre Panoramablicke auf die Bergwelt ermöglichte und als Anreiz für die Durchfahrenden galt, im Land Urlaub zu machen. Der Terminus „Landschaft“ ist dabei als Generierung einer kulturellen Wirklichkeitskonstruktion zu verstehen. Der Landschaftsbezug in diesem Themenstrang ist nicht mit den Umweltdebatten seit den späten 1970er Jahren gleichzusetzen. In Südtirol wurde öfters eine zu vermeidende „Verschandelung“ der Landschaft thematisiert, da sich dies beispielsweise nachteilig auf den Tourismus auswirken konnte. Die in der Zeit des nationalsozialistischen Autobahnbaus für essenziell gehaltene Rolle der Landschaftsästhetik galt demnach immer noch als grundlegend, Faktoren wie Funktionalität, Transportkapazität und Verkehrssicherheit der Autobahn gewannen jedoch an Bedeutung. Gegen Ende der Stabilisierungsphase ließ sich der Beginn diskursiver Verschiebungen beobachten, die langsam den im sechsten Kapitel analysierten Diskurswandel

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hin zu einer gänzlich veränderten kollektiven Wahrnehmung der Autobahn einleiteten. Dieser kann in eine Übergangsphase mit ersten Verschiebungen (bis in die zweite Hälfte der 1970er Jahre) und einen endgültigen diskursiven Wandel ab Ende der 1970er Jahre und definitiv ab den 1980er Jahren eingeteilt werden. Im Zuge dessen schlug die euphorische Sichtweise auf die Brennerautobahn anhand ökologischer Argumentationsweisen in eine ablehnende Wahrnehmung der Verkehrsinfrastruktur als „Transithölle Tirol“ mit einer Forderung der Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene und einer Minderung des sogenannten Umwegtransits um. Wie aus dem Kapitel drei über die Verkehrsentwicklung ersichtlich wurde, stieg das Verkehrsaufkommen auf der Brennerstrecke mitsamt Schadstoff- und Lärmbelästigung massiv an, was die unmittelbar Betroffenen zu Forderungen nach Lärmschutzmaßnahmen bewog. Der Diskurswandel fand in Tirol und Südtirol zeitlich versetzt statt, wobei südlich des Brenners ein endgültiger diskursiver Wandel (wenn überhaupt) erst weit nach Ende des in der vorliegenden Arbeit gewählten Untersuchungszeitraums einsetzte. Exemplarisch zeigte sich der diskursive Wandel unter anderem an der vom hohen Verkehrsaufkommen auf der Brennerautobahn besonders betroffenen Tiroler Gemeinde Schönberg, die als „Lärmdorf Schönberg“ bezeichnet wurde, während in Südtirol die Eisacktaler Gemeinde Lajen im Bereich Unterried der Schadstoff- und Lärmbelästigung stark ausgesetzt war. In der vorliegenden Arbeit konnte das diskursive Feld nicht abschließend aufgearbeitet werden, weshalb eine Reihe weiterer Problemstellungen unbearbeitet blieb. In künftigen Forschungen könnten beispielsweise Bilder oder Filme über die Brennerautobahn untersucht werden, da sämtliche Elemente soziokultureller Wirklichkeit diskursanalytisch greifbar sind. So könnte ein Untersuchungsgegenstand zukünftiger Forschungen der Wandel der bildlichen Inszenierung der Europabrücke sein, die während des Autobahnbaus als ein Symbol der Freiheit des mobilen Menschen, in den 1980er Jahren hingegen als Sinnbild des immer stärker ansteigenden Transitverkehrs dargestellt wurde. Zudem böte es sich an, die Autobahnproblematik in noch größere Zusammenhänge zu stellen und dabei insbesondere außereuropäische Perspektiven zu behandeln. Die vorliegende Analyse versuchte mittels der Darstellung der Divergenzen und Gemeinsamkeiten zwischen den diversen Diskursphasen und den jeweiligen regionalen Spezifika zu verdeutlichen, dass die Aussagemöglichkeiten durch den Diskurs zwar beschränkt, jedoch innerhalb dessen keineswegs deterministisch waren und dabei auf andere diskursive Felder Bezug genommen wurde.

8. Quellen- und Literaturverzeichnis

8.1 ARCHIVALIEN [In eckigen Klammern stehen die in den Fußnoten verwendeten Abkürzungen für die jeweiligen Archive.] Archiv der „Camera di Commercio Industria Artigianato e Agricoltura di Trento“ (Handelskammer Trient) [CCIAA] − Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – convegni e dimostre/relazioni (1959-1973) Faszikel 96 (provisorische Nummer) • Federazione Italiana della strada/Amministrazione Provinciale di Verona/Camera di Commercio Industria e Agricoltura di Verona/Comune di Verona (Hg.), Atti del 2° convegno internazionale sui traffici del Brennero. Verona, 15-16 dicembre 1959. Supplemento al n. 4 (aprile 1960) del „notiziario“ della Federazione Italiana della strada − Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – convocazioni e verbali comitato direttivo/designazione rappresentanti camerali/designazione altri componenti u.a. (1959-2003) Faszikel 93 (provisorische Nummer) − Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – costituzione della società/adesione al capitale sociale/sottoscrizione quote di capitale da parte della CCIAA di Trento/certificati azionari per partecipazione delle assemblee (1959-2001) Faszikel 91 (provisorische Nummer) − Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – decreto legge/lavori di costruzione/verbali comitato tecnico consultivo/convenzione con ANAS e diversi altri (1957-1997) Faszikel 95 (provisorische Nummer) − Archivio di deposito, Autostrada del Brennero – statuto (1958-2004) Faszikel 92 (provisorische Nummer) − Archivio storico, Autostrada del Brennero – convocazioni assemblee, verbali, relazioni ai bilanci (1960-1980) Faszikel 2511 − Archivio storico, Autostrada del Brennero – convocazioni, verbali e consigli di amministrazione (1961-1967) Faszikel 2510

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Archiv der Handelskammer Bozen [AHBz] − Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs/Comitato promotore per i traffici del Brennero – Protokolle/Verbali (1949-1959), Kat. – Klasse 16.5 − Komitee für die Förderung des Brennerverkehrs/Comitato promotore per i traffici del Brennero – Protokolle/Verbali (1960-1969), Kat. – Klasse 16.5 Bayerisches Hauptstaatsarchiv (München) [BayHStA] − MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 16 − MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 19 − MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 20 − MWi, Abgabe 2012, MGr 72, lfd. Nr. 21 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (Berlin) [PP AA] − B 57, Bd. 364 Staatsarchiv München − Autobahndirektion Südbayern 1895 Stadtarchiv Brixen [StABx] − Faszikel Brennerautobahnbau (1960-1967) Nr. 10.8.1 Stadtarchiv Klausen [StAK] − Faszikel Autobahnbau 1960-1968 Stadtarchiv Meran [SAM] − RP ITA 182 − RP ITA 183 − RP ITA 187 − ZA15K 1767 − ZA15K 1769 − ZA15K 1770 Südtiroler Landesarchiv (Bozen) [SLA] − Abteilung VII (37) – Ente provinciale per il Turismo – Landesverkehrsämter 204 − Handakten Sen. Dr. Karl Mitterdorfer 427 − Landesinstitut für Statistik (ASTAT) 32 − Landesverband für Heimatpflege in Südtirol 348 − Landesverband für Heimatpflege in Südtirol 43 − Präsidialakten 16 − Südtiroler Landesverwaltung, Abt. 27 – Raumordnung 139 − Südtiroler Landesverwaltung, Abt. 27 – Raumordnung 159 − Südtiroler Landesverwaltung, Abteilung IV Öffentliche Arbeiten – Bauamt 652 − Südtiroler Landesverwaltung – Assessorat für Handwerk, Handel und Fremdenverkehr 57 − SVP Landesleitung 955 Tiroler Landesarchiv (Innsbruck) [TLA] − ATLR Abt. VI b 1100-638-1967 (Brenner Autobahn allgemein) (Teil 1), O.Zl. 1

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− ATLR Abt. VI b 127-638-1963 (Autobahn Innsbruck–Kufstein–Brenner – Allgemeines) (Teil 6), O.Zl. 592 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 2 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 6 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 33 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 53 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 76 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 94 − ATLR Abt. VI b 97-638-1961 (4 Teile) (Autobahn Kufstein–Innsbruck–Brenner) (Teil 1), O.Zl. 124 − ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn AG Rechtsunterlagen), Pos. 15 − ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn Diverses), Pos. 1 − ATLR Gruppe I – Wirtschaftliche Angelegenheiten (Brenner-Autobahn Diverses), Pos. 3 − ATLR Justiziariat (Präsidium IV), 197/65, Übereinkommen Land Tirol–Brenner Autobahn AG, betreffend die Finanzierung der Autobahn Innsbruck–Brenner − ATLR Praes III, Autobahn und Europabrücke Eröffnung (1963) − Aufsichtsratssitzungen Pos. 29: 1964-1966 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 1.-13.] − Aufsichtsratssitzungen Pos. 30: 1966 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 14.-23.] − Aufsichtsratssitzungen Pos. 31: 1967 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 24.-33.] − Aufsichtsratssitzungen Pos. 33: 1968-1969 [Brennerautobahngesellschaft, Aufsichtsratssitzung 43.-53.] − Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Bassetti, Pos. 15: 1971-1986 (Brenner Autobahn) − Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Lackner, Pos. 29: 1963-1967 (Brenner Autobahn) − Handakten von Mitgliedern der Tiroler Landesregierung: LR Rupert Zechtl, Pos. 22 (Brenner Autobahn AG: Broschüren, Fotos [I. Teil]) − Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (1): Autobahnen in Tirol (1959-1962) − Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (2): Autobahnen in Tirol (1963-1964)

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Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (3): Autobahnen in Tirol (1965) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (5): Autobahnen in Tirol (1967) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (6): Autobahnen in Tirol (1968) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (7): Autobahnen in Tirol – Rechnungshofberichte (1967-1968) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (14): Autobahnen in Tirol (1974) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (17): Autobahnen in Tirol (1977) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (18): Autobahnen in Tirol (1978) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (19): Autobahnen in Tirol (1979) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (20): Autobahnen in Tirol (1980) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (26): Autobahnen in Tirol (1985) Kanzlei LH, Sammelakten Pos. 8 (27): Autobahnen in Tirol (1986).

8.2 S TENOGRAPHISCHE P ROTOKOLLE , J AHRESBERICHTE UND GRAUE L ITERATUR Brenner Autobahn AG (Hg.), Traumstraße über die Alpen. Tiroler Autobahn, Innsbruck o.J. Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol (KgWT) − Bericht 1969, Innsbruck [1970] − Bericht 1971, Innsbruck [1972] − Bericht 1980, Innsbruck [1981] − Jahresbericht 1954, Innsbruck 1955 − Jahresbericht 1955, Innsbruck 1956 − Jahresbericht 1956, Innsbruck 1957 − Jahresbericht 1957, Innsbruck 1958 − Jahresbericht 1958, Innsbruck 1959 − Jahresbericht 1959, Innsbruck 1960 Protokolle der Handelskammer Bozen [1955-1975] Stenographische Berichte des Tiroler Landtags [1950-1980] Stenographische Protokolle des Regionalrats Trentino-Tiroler Etschland (bis 1972)/Stenographische Protokolle des Regionalrats Trentino-Südtirol (ab 1972) [1950-1980] Vollversammlungen der KgWT [1950-1980] − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 2. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 7. Juni 1961, 10 Uhr im Festsaal der Tiroler Handelskammer zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1961. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 2. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 1. Dezember 1980, 10 Uhr im Festsaal des Kammergebäudes zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1980.

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− Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 4. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 11. Dezember 1956, 9 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1956. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 5. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 29. Mai 1957, 10 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1957. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 7. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 4. Juni 1958, 10 Uhr im Parterresaal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck 1958. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 7. geschäftsordnungsmässige Vollversammlung der KgWT am 3. April 1968, 10 Uhr im Festsaal des Kammergebäudes zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1968. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 8. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 23. Februar 1954, 10 Uhr im Großen Saal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1954. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 9. geschäftsordnungsmässige Kammervollversammlung der KgWT am 24. September 1954, 10 Uhr im Großen Saal der Tiroler Handelskammer, Innsbruck, Meinhardstraße 14, Innsbruck 1954. − Verhandlungen der KgWT, Protokoll über die 9. geschäftsordnungsmässige Vollversammlung der KgWT am 17. Juni 1969, 10.30 Uhr im Festsaal der Tiroler Handelskammer zu Innsbruck, Meinhardstraße, Innsbruck 1969. Wortprotokolle der Sitzungen des Südtiroler Landtages [1950-1980]

8.3 V ERKEHRSSTATISTIKEN Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1960, [Rom] [1961]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1965, [Rom] [1966]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1970, [Rom] [1971]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1975, [Rom] [1981]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade (A.N.A.S.) (Hg.), Censimento della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1980, Bd. 1, [Rom] [1988]. Azienda Nazionale Autonoma delle Strade Statali (A.N.A.S.) (Hg.), Statistica della circolazione lungo le strade statali ed autostrade nell’anno 1955, Rom [1956].

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Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau – Oberste Bundesstraßenverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Statistischen Zentralamt (Hg.), Straßenverkehrszählung 1955 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. Durchführung und Auswertung. Zusammengestellt von Dipl.-Ing. Otto Bruckner und Dr. Josef Schmidl, Wien 1957. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik-Oberste Straßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1965 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. 1. Teil (Beiträge zur österreichischen Statistik 145), Wien 1967. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1965 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich. 2. Teil (Beiträge zur österreichischen Statistik 167), Wien 1968. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1970 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 281), Wien 1972. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1975 auf Bundesstraßen im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 543), Wien 1979. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Bauten und Technik – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1980 auf Bundesstraßen im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 750), Wien 1985. Österreichisches Statistisches Zentralamt unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau – Oberste Bundesstraßenverwaltung (Hg.), Straßenverkehrszählung 1960 im gesamten Bundesgebiet der Republik Österreich (Beiträge zur österreichischen Statistik 79), Wien 1962.

8.4 I NTERNETQUELLEN Autonome Provinz Bozen, Landesgesetz vom 20.11.1978 Nr. 66 „Maßnahmen gegen Lärmbelästigung“, 20.11.1978, http://www.regione.taa.it/bur/pdf/I-II/1979/22/ S2/S222790183378.pdf vom 27.5.2016. Autonome Region Trentino-Südtirol/Autonome Provinz Trient/Autonome Provinz Bozen (Hg.), Die Gesetzgebungsorgane und die Regierungen. Von der I. bis zur XIV. Legislaturperiode, [Trient] 2011, http://www.landtag-bz.org/de/organe/ organe-historisches-archiv.asp#anc2677 vom 27.5.2016. Autonome Region Trentino-Tiroler Etschland, Regionalgesetz vom 20.11.1958, Nr. 25 „Ermächtigung an den Regionalausschuß zur Beteiligung an der Gründung

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einer Aktiengesellschaft für den Bau und den Betrieb der Autobahn ‚Brennerpaß– Modena–Autobahn der Sonne‘“, 20.11.1958, http://www.regione.taa.it/norma tiva/codice/LR_1958_25_st.pdf vom 27.5.2016. Bonengel, Timo, Tagungsbericht zur Tagung „Grenzüberschreitungen und Historische Diskursanalyse“ vom 23.5.2013 bis 24.5.2013 in Erfurt, in: H-Soz-Kult, 24.8.2013, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4978 vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1954/127, 2.6.1954, http://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1954_127_0/1954_127_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1964/134, 3.6.1964, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1964_134_0/1964_134_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1964/135, 3.6.1964, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1964_135_0/1964_135_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1971/286, 16.7.1971, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1971_286_0/1971_286_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1975/239, 20.3.1975, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1975_239_0/1975_239_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1989/527, 2.11.1989, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1989_527_0/1989_527_0.pdf vom 27.5.2016. Bundeskanzleramt Österreich – Rechtsinformationssystem, Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich. BGBl 1989/528, 2.11.1989, https://www.ris.bka.gv.at/ Dokumente/BgblPdf/1989_527_0/1989_527_0.pdf vom 27.5.2016. Camera dei deputati–Portale Storico, Giuseppe Veronesi, o.D., http://storia.camera. it/deputato/giuseppe-veronesi-19100417#nav vom 27.5. 2016. Da Rios, Giovanni, Jelmoni, Franceso Aimone, in: Alberto M. Ghisalberti (Hg.), Dizionario biografico degli Italiani, Bd. 62 [Iacobiti–Labriola], Rom 2004, http:// www.treccani.it/enciclopedia/francesco-aimone-jelmoni_%28Dizionario_Biogra fico%29/ vom 27.5.2016. Fondazione Museo storico del Trentino, Accordo programmatico tra Autostrada del Brennero Spa e Fondazione Museo storico del Trentino, 21.6.2010, http://www. museostorico.tn.it/index.php/Chi-siamo/Informazioni/Novita-e-avvisi/Accordoprogrammatico-tra-Autostrada-del-Brennero-Spa-e-Fondazione-Museo-storicodel-Trentino vom 27.5.2016. Giuntini, Andrea, Boom e infrastrutture a Modena. La Camera di Commercio e l’autostrada del Brennero (Materiali di discussione 494), Modena-Reggio Emilia 2005, http://www.dep.unimore.it/materiali_discussione/0494.pdf vom 27.5.2016.

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Haus der Bayerischen Geschichte, Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, Pfülf, Hans, o.D., http://www.hdbg.de/parlament/content/persDetailPrint.php? id=3610 vom 27.5.2016. Haus der Bayerischen Geschichte, Geschichte des Bayerischen Parlaments seit 1819, Schedl, Dr. Otto, o.D., http://www.hdbg.de/parlament/content/persDetail.php? id=4720&popH=432 vom 27.5.2016. Landwehr, Achim, Diskurs und Diskursgeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte, 11.2.2010, https://docupedia.de/zg/Diskurs_und_Diskursgeschichte? oldid=75508 vom 27.5.2016. Normattiva, Legge 13 agosto 1959, n. 904 „Sistemazione, miglioramento e adeguamento delle strade statali di primaria importanza e integrazione di fondi per l’esecuzione del programma autostradale“, 13.8.1959, http://www.normattiva.it/atto/ caricaDettaglioAtto?atto.dataPubblicazioneGazzetta=1959-11-02&atto.codice Redazionale=059U0904¤tPage=1 vom 27.5.2016. Normattiva, Legge 21 maggio 1955, n. 463 „Provvedimenti per la costruzione di autostrade e strade e modifiche alle tasse automobilistiche“, 21.5.1955, http://www. normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:legge:1955-05-21;463~art18 vom 27.5. 2016. Normattiva, Legge 21 marzo 1958, n. 298 „Autorizzazione della spesa di lire 45 miliardi per l’esecuzione di opere pubbliche nel territorio di Trieste, del Friuli e della Venezia Giulia“, 21.3.1958, http://www.normattiva.it/atto/caricaDettaglioAtto? atto.dataPubblicazioneGazzetta=1958-04-14&atto.codiceRedazionale=058U029 8¤tPage=1 vom 27.5.2016. Normattiva, Legge 24 luglio 1961, n. 729 „Piano di nuove costruzioni stradali ed autostradali“, 24.7.1961, http://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato: legge:1961-07-24;729~art25 vom 27.5.2016. Republik Österreich – Parlament, Stenographisches Protokoll der Nationalratssitzung, XIV. Periode, 76. Sitzung, 7.12.1977, S. 130-131, http://www.parlament. gv.at/PAKT/VHG/XIV/NRSITZ/NRSITZ_00076/imfname_148512.pdf vom 27. 5.2016. Republik Österreich – Parlamentsdirektion, Dipl.-Ing. Dr. Franz Lechner, 2.1.1990, http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00822/ vom 27.5.2016. Republik Österreich – Parlamentsdirektion (Hg.), Dr. Fritz Bock, 19.12.1993, http://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00138/ vom 27.5.2016. Republik Österreich – Parlamentsdirektion, Dr. Josef Fink, 2.1.1990, http:// www.parlament.gv.at/WWER/PAD_00329/ vom 27.5.2016. Schipper, Frank, All roads lead to Europe: The E-road network 1950-1970. Paper presented at the T2M conference in Paris, 28.9.-1.10.2006 (Working document 16), Juli 2006, http://cms.tm.tue.nl/tie/files/pdf/WD.16.Schipper.pdf vom 27.5. 2016.

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Senato della Repubblica, Archivio Luce, Trabucchi, Giuseppe, o.D., http://senato. archivioluce.it/senato-luce/scheda/senatore/antroponimi/0044049/16/TrabucchiGiuseppe.html?start=24&query=&jsonVal= vom 27.5.2016. Senato della Repubblica, Guido de Unterrichter, o.D., http://www.senato.it/leg/04/ BGT/Schede/Attsen/00009590.htm vom 27.5.2016. Singer, Wolf, Wahrnehmen, Erinnern, Vergessen. Über Nutzen und Vorteil der Hirnforschung für die Geschichtswissenschaft. Eröffnungsvortrag des 43. Deutschen Historikertages am 26.09.2000 in Aachen, 26.9.2000, http://www.brain.mpg.de/ fileadmin/user_upload/images/Research/Emeriti/Singer/Historikertag.pdf vom 27.5.2016. United Nations (Hg.), Treaty Series. Treaties and international agreements registered or filed and recorded with the Secretariat of the United Nations, Bd. 92, Nr. 12561281, Washington, D.C. 1951, http://treaties.un.org/doc/publication/UNTS/ Volume%2092/v92.pdf vom 27.5.2016. United Nations Economic Commission for Europe, History of the United Nations Economic Commission for Europe, o.D., http://www.unece.org/oes/history/ history.html vom 27.5.2016. United Nations Treaty Collection, Declaration on the construction of main international traffic arteries, o.D., http://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src= TREATY&mtdsg_no=XI-B-7&chapter=11&lang=en vom 27.5.2016.

8.5 P ERIODIKA

UND REGIONALE

T AGESZEITUNGEN

Achleitner, Friedrich, Ueber Europas höchste Brücke rollt der Verkehr. Die Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg wurde Sonntag eröffnet, in: Die Presse, Nr. 4673, 18.11.1963, S. 4. Albasini, Carlo, Bedeutung der Brenner-Autobahn für Fremdenverkehr und Warentransport, in: Dolomiten, Nr. 84, 11.4.1961, S. 5. Albasini, Carlo, Gedanken über die Brenner-Autobahn. Nachklang zu einer Konferenz – Stellungnahme des Direktors der Brixner Kurverwaltung, in: Dolomiten, Nr. 82, 8.4.1961, S. 6-7. B., A., Wann kommt die Brenner-Autobahn? Verkehrskongreß und Bozner Messe, in: Dolomiten, Nr. 206, 10.9.1959, S. 6-7. Buzas, H[erbert], Baubeginn der Autobahn Kufstein–Brenner frühestens 1963. Bis zur Verwirklichung dieses Projektes örtliche Maßnahmen – Gespräch mit Landesbaudirektor Dipl.-Ing. Hofrat Stark, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 14, 18.1.1958, S. 3. Buzas, H[erbert], Brennerautobahn: 28 Prozent sind Brückenbauten. Drei Brücken über die Sill, sieben über Seitentäler – Der Welt erste Gebirgsautobahn – Meisterwerke der Technik fertig und im Bau, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 177, 2.8.1967, S. 3-4.

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Buzas, Herbert, Die Europabrücke – Ein großartiges Symbol vor seiner Vollendung, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 20, 18.5.1963, S. 16. Buzas, H[erbert], Europabrücke und Autobahn machen Fortschritte. Auch die Sillbrücke II wird eine technische Sensation – Riesige Erdbewegungen im Gange – Statt der Ahrnbergbrücke wird ein Damm gebaut, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 42, 20.2.1960, S. 3-4. Buzas, Herbert, Europas höchste Brücke in Tirol. Sie wird auf der neuen Autobahn Innsbruck–Brenner liegen – 3,5 Milliarden gegen die Umfahrung Österreichs – Von den 84 gefürchteten Kurven am Schönberg bleiben nur mehr sechs übrig, in: Dolomiten, Nr. 193, 25.8.1958, S. 3. Buzas, H[erbert], Europas höchste Brücke wird über die Sill gebaut werden. Wo verläuft die Trasse der Autobahn Innsbruck–Brenner? – Statt 84 Kurven nur noch fünf – Grundeinlösung im Herbst, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 191, 21.8.1958, S. 3-4. Buzas, H[erbert], Heute wächst Brückenpfeiler II auf 181 Meter. Nächtlicher Endspurt an der Baustelle der „Europabrücke“ – Ein stolzes Werk der Hochbautechnik – Geburtstag mit Böllerkrachen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 276, 28.11.1960, S. 3. Buzas, H[erbert], Lehrgerüst für „Sillbrücke 2“ ist schon in Arbeit. Ein interessanter Bauplatz zu beiden Ufern der Sillschlucht – Wie die längste Bogenbrücke Tirols entsteht – Neue Arbeitsmethoden, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 66, 21.3.1960, S. 3-4. B[uzas], H[erbert], Österreichs längste Brücke endet am Brennersee. Großartiges „Finale“ der Brennerautobahn: die 1800 Meter lange Luegbrücke – Sie ruht auf 43 Pfeilern – Zwei Prozent Steigung, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 191, 19.8.1967, S. 3. Buzas, H[erbert], Rotweißrote Fahnen wehen stolz vom Pfeiler II. Die Vorlandbrücke im Bau – Gestern um 10.30 Uhr hörte der Betonriese zu wachsen auf – Schlichte Feier auf dem Pfeilerkopf, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 277, 29.11.1960, S. 3. B[uzas], H[erbert], Steinach–Sterzing: 12 Minuten Fahrzeit im Brennertunnel. Dr. Robert Weynschenk erläutert sein Projekt – Zwei 26 Kilometer lange Betonröhren, fast ohne Steigung und bestens entlüftet, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 175, 1.8.1958, S. 3. Dejaco, Valerio, Stellungnahme des Bürgermeisters von Brixen – zur geplanten Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 23, 28.1.1961, S. 7-8. Dultinger, Josef, Der Brennerverkehr – ein europäisches Anliegen, in: Dolomiten, Nr. 216, 2.10.1962, S. 9. Dultinger, [Josef], Der Brennerverkehr – ein europäisches Anliegen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 229, 4.10.1962, S. 4.

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Egert, Franz, Nur eine moderne Brennerstraße rettet Tirol den Reisestrom, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 84, 12.4.1958, S. 2. Egert, Franz, Tirols verkehrspolitische Randlage und Österreich, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 116, 23.5.1959, S. 7 und S. 14. Eizinger, A[lbert], Schönberg, ein Dorf im Würgegriff der Autobahn. Lärmbelastung unerträglich geworden – Entwertung der Häuser – Gäste bleiben aus – Keine Kompromissbereitschaft der Autobahn-AG, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 149, 30.6.1979, S. 9. Feist, Leopold, Notwendigkeit und Kosten der Brennerautobahn. Jeder Kilometer kostet durchschnittlich 50 Mio. Schilling – Mancher Kilometer der Autobahn Salzburg–Wien kommt erstaunlicherweise teurer, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 241, 17.10.1961, S. 2. Gentilini, Bruno, Per la „variante“ polemica aperta. Il dibattito si allarga sull’autostrada del Brennero. Una lettera dell’ing. Bruno Gentilini – Pareri discordi sul costo dell’opera – La galleria del Giovo e le punte massime del traffico – Alle obiezioni risponde il prof. Aimone Jelmoni, in: Alto Adige, Nr. 94, 21.4.1966, S. 15. H., H., San-Bernardino-Tunnel – gefährliche Konkurrenz. Neue, ganzjährige Nordsüd-Alpenüberquerverbindung ein weiterer Schritt zur Umfahrung Tirols – Ausbau der Inntal-Autobahn dringend, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 299, 29.12.1967, S. 3. Innerebner, Georg, Antonio Graf Sardagna zum Gedenken, in: Dolomiten, Nr. 68, 22.3.1963, S. 10. Innerebner, G[eorg], Ausbau der Brenner-Autobahn unerläßlich. Grundzüge des Straßenprojektes Sen. Ing. de Unterrichter und des Bahnprojektes Ing. Graf Sardagna, in: Dolomiten, Nr. 152, 5.7.1958, S. 5-6. Jakoncig, [Guido], Brennertunnel weder notwendig noch sinnvoll? Opposition gegen dieses Projekt geht von den gleichen einflußreichen Stellen aus, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 269, 19.11.1964, S. 5 und Nr. 270, 20.11.1964, S. 5. Jakoncig, Guido, Der Brennerverkehr, in: Alpenpost. Illustrierte Südtiroler Wochenzeitung, Nr. 6, 9.2.1957, S. 6-7. Jakoncig, Guido, Frane e valanghe, in: Alto Adige, Nr. 113, 13.5.1962, S. 12. Jakoncig, Guido, Probleme des Brennerverkehrs, in: Neue Wochenpost, Nr. 1, 25.5.1957, S. 9. Jakoncig, Guido, Strada o tunnel al valico del Brennero? 2. [Teil], in: Alto Adige, Nr. 221, 17.9.1958, S. 7. Jakoncig, Guido, Strada o tunnel del Brennero? Un problema di attualità. [1. Teil], in: Alto Adige, Nr. 219, 14.9.1958, S. 9. Jakoncig, Guido, Und wieder der Brennertunnel… Die Autobahn, in: Alto Adige, Nr. 269, 7.11.1961, S. 8. Jakoncig, Guido, Warum wird das Projekt der Untertunnelung des Brennerpasses bei uns nicht öffentlich diskutiert?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 223, 26.9.1964

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(Sonderbeilage zur 32. Innsbrucker Messe vom 26.IX.–4.X. mit der Fachmesse für Fremdenverkehrswirtschaft), S. 9-11. Jelmoni, Aimone, Welche Vorteile bietet Brennerautobahn-Tunnel? Studie des Univ.-Prof. Dr. Ing. Jelmoni, Inhaber der Lehrkanzel für Straßen- und Eisenbahnbau an der Mailänder Technischen Hochschule, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 193, 22.8.1964, S. 13-15. K., G., Autobahnen durch die Alpen. Neue Wege in den Süden – Der Andrang wird zu groß, in: Die Zeit, Nr. 28, 10.7.1959, S. 19. Kinigadner, [Rolf], Schweizer Großprojekte – eine Gefahr für den Brenner. Soll der Brenner seine Vorrangstellung als wichtigster Alpenpaß verlieren? – Italienische Parallelen zu den Interessen Innsbrucks, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 159, 12.7.1957, S. 3. Knoflach, Heinz, Finanzierung und Mautgebühren der Brennerautobahn, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 160, 13.7.1968, S. 1. Langenecker, Franz, Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Energie-, fremdenverkehrs- und verkehrswirtschaftliche Probleme Tirols nicht verzettelt, sondern in einer umfassenden Gesamtprojektierung lösen!, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 298, 24.12.1957, S. 11. Langenecker, Franz, Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Milliardenersparnisse und Gewinne im Kraftwerksbau – Innsbruck Kraftwerkszentrum Tirols – Stausee am Berg Isel – Neunfache Tauernkraft, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 300, 28.12.1957, S. 11. Langenecker, Franz, Die Verkehrs- und Wasserkraftprobleme im Raume der Nordtiroler Zentralalpen. Umleitung von Inn und Sill – Autobahnkreuz Innsbruck – Versenkung für Zentralbahnhof – Schnellseilbahnnetz bis Brenner und Österreich, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 302, 31.12.1957, S. 12. Lechner, [Franz], Der gesamte Straßenbau in Europa plant an Tirol vorbei. Da nützt es wenig, wenn Europastraße E über Innsbruck führt – Reuttener Straße nicht ausgebaut, daher kein Anschluß an Olympiastraße, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 78, 4.4.1958, S. 2. Lechner, Franz, Gefahr der Umfahrung wird für Tirol immer mehr akut. Brennerstraße soll nur mehr dem innerösterreichischen Verkehr dienen – Darauf zielen die großzügigen Straßenpläne in der Schweiz hin, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 197, 28.8.1958, S. 3. Lechner, Franz, Tirol muß die Straßenpläne der Schweiz im Auge behalten! Wettrennen um den großen Verkehrsstrom fordert verdoppelte Anstrengung – Es gibt manches zu lernen beim westlichen Nachbarn, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 199, 30.8.1958, S. 5. Lechner, [Franz], Tirols Straßen im mitteleuropäischen Raum, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 14, 18.1.1958, S. 13. Mayr, Josef Anton, Tirol braucht die Autobahn Kufstein–Brenner!, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 217, 20.9.1958 (Sonderbeilage: 26. Innsbrucker Messe), S. 7.

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Menardi, Heinrich, Die Umfahrung Tirols – ein Faktum?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 219, 21.9.1968 (Sonderbeilage: Messebeilage zur 36. Innsbrucker Messe), S. 6-7. Metron, La millenaria strada del Brennero minacciata nella sua funzione vitale. È proprio una cenerentola?, in: Alto Adige, Nr. 61, 12.3.1958, S. 7. Mürth, Susanne, Die Europabrücke überstrahlt das Goldene Dachl. Innsbrucks Sehenswürdigkeiten im Werturteil unserer Gäste – 121.000 sahen heuer das Riesenrundgemälde – Pilgerfahrten zum Schönberg, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 244, 22.10.1962, S. 3. Nayer, M[anfred], Autobahn Kufstein–Innsbruck wird in der Talsohle geführt. Der Ausbau der Brenner-Autobahn drängt – Kein anderes Autobahnprojekt darf vorgezogen werden – Wann fällt die Entscheidung?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 217, 20.9.1958, S. 8. N[ayer], M[anfred], Bau der Brennerautobahn begonnen. Am Samstag fand an der Patscher Berglehne die Spatenstichfeier für die Autobahnbrücke über die Sill statt. Bundesminister Dr. Bock nahm den Spatenstich vor – Bauzeit für die größte Brücke Europas beträgt drei Jahre, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 96, 27.4.1959, S. 1 und S. 10. Nayer, M[anfred], Soll Tirol kaltgestellt werden?, in: Dolomiten, Nr. 40, 15.2.1964, S. 1-2. Nayer, M[anfred], Soll Tirol kaltgestellt werden? Uns blüht dasselbe Schicksal wie der toten Stadt Triest, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 38, 15.2.1964, S. 1. Nayer, M[anfred], Und ganz zum Schluß kommt dann die Brennerautobahn… Existiert ein „Zeitplan für Autobahnen“ – Bernardino wird rund ein Jahr früher fertig als Bocks 7,5 Kilometer hinter dem Berg Isel, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 223, 27.9.1958, S. 8. N[ayer], M[anfred]/G. P., Zwölf Firmen legten gestern die Pläne für die „Brennerautobahnbrücke“ über die Sill vor, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 34, 11.2.1959, S. 3-4. Neuner, [Robert], Brennerflachbahn – eine europäische Notwendigkeit für die Zukunft. Der künftige Brenner-Basistunnel läge 811 Meter tiefer als der heutige Paß – 42 Kilometer langer Tunnel Innsbruck–Sterzing auch für Zivilschutz geeignet, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 292, 18.12.1965, S. 15-16. Neuner, Robert, Europäisches Verkehrsproblem Brenner. Brenner-Flachbahn, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 15 (1959), Nr. 21, S. 12-13. Neuner, Robert, Flach durch den Brenner mit Schiene und Öl. Das europäische Verkehrsproblem Brenner, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 16 (1960), Nr. 26, S. 9-10. Neuner, Robert, Flach durch die Alpen. TN-Leser diskutieren die Nord-Süd-Verbindungen durch Tirol, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 289, 15.12.1962, S. 5.

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Neuner, Robert, Hamburg–Rom: Flach durch den Brenner. Ein europäisches Verkehrsproblem, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 13 (1957), Nr. 8, S. 8. NN, 21. Österreichischer Straßentag in Innsbruck, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 23, 6.6.1959, S. 5-6. NN, 53 alpine Tunnelprojekte – Tirol muß vorbeugen – Noch keine Umfahrungsgefahr, aber Vorrang Tirols im Transitverkehr erfordert Konsequenzen – Brennerautobahn alles eher als Luxus, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 195, 25.8.1965, S. 3. NN, 56 Tunnelprojekte in den Alpen, in: Alto Adige, Nr. 292, 27.8.1963, S. 9. NN, Abbiamo servito la verità: ora aspettiamo. Autostrada. Il progetto Jelmoni per la variante Passiria è stato la più autorevole conferma alle nostre tesi – La società prosegua pure per la sua strada: si assume per intero, da sola, la responsabilità di errori (purtroppo) prevedibili, in: Alto Adige, Nr. 85, 10.4.1966, S. 1 und S. 16. NN, Accolto favorevolmente il progetto negli ambienti politici ed economici. L’autostrada del Brennero sotto il Giovo. La soluzione prospettata dall’ing. Wackernell e fatta sua con entusiasmo dal sindaco dott. Bertagnolli ha convinto anche il senatore de Unterrichter ed è già stata presentata a Roma – I vantaggi tecnici ed economici – Imminente una riunione dei sindaci dei Comuni interessati, in: Alto Adige, Nr. 18, 21.1.1961, S. 7. NN, Alarmierende Nachrichten über Brennerverkehr, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 38, 24.9.1959, S. 3. NN, Am schönsten Punkt der Autobahn, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 11/12, S. 3. NN, Am Straßennetz scheitert der Tourismus in Tirol. Klare Sprache des Landeshauptmannes von Tirol, Ök.-Rat Wallnöfer, anläßlich der Eröffnung der 34. Innsbrucker Messe, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 39, 29.9.1966, S. 1. NN, Approntato un comitato tecnico per l’autostrada del Brennero. In una riunione alla C.C.I.A. Un piano completo per la grande realizzazione verrà presentato alla Giunta regionale, in: Alto Adige, Nr. 141, 14.6.1957, S. 7. NN, Approvato da 34 sindaci un o.d.g. „pro autostrada“, in: Alto Adige, Nr. 76, 30.3.1961, S. 8. NN, Auch Verkehr am Waldsterben beteiligt. Der Tiroler Forstverein legt ein Paket von Forderungen vor / Appell an die Vernunft, in: Dolomiten, Nr. 47, 24.2.1984, S. 20. NN, Auf Geröllhalden wachsen Gras und Sträucher. Die riesigen Erdbewegungen beim Bau der Brennerautobahn machten neue Methoden für die Begrünung großer Kahlflächen notwendig, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 227, 30.9.1961, S. 3-4. NN, Ausbau der Brennerstraße dringend notwendig, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 7.12.1957, S. 3.

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NN, „Ausbau der Brennerstraße duldet keinen Aufschub mehr“. Verkehrskonferenz der Handelskammern von Trient, Bozen, Innsbruck und München, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 278, 30.11.1957, S. 2. NN, Autobahn Innsbruck–Brenner um ein gutes Stück vorangetrieben. Eindrucksvoller Festtag für das europäische Verkehrswesen, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 50, 9.12.1967, S. 3-4. NN, Autobahn Innsbruck–Steinach übergeben. Feierliche Eröffnungssitzung – Erste Fahrt der Festgäste, in: Dolomiten, Nr. 276, 4.12.1967, S. 11. NN, Autobahn München–Modena soll über den Brenner führen. In Südtirol projektiert – Eisenbahntunnel soll am Brenner Platz für die Fahrbahnen machen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 153, 7.7.1958, S. 3. NN, Autobahn-Teilstück Volders–Weer nun in Betrieb. Feierliche Eröffnung durch Bautenminister Dr. Kotzina – Damit 52 km Autobahn durchgehend befahrbar – bisher 1 Mrd. S ausgegeben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 265, 17.11.1969, S. 3. NN, Autobahn: Verunstaltung der Landschaft? Stellungnahme des Landesverbandes für Heimatpflege – Kritik an Autobahn AG, in: Dolomiten, Nr. 268, 24.11.1967, S. 7. NN, Autobahn Volders–Brennersee. Ab 22. Dezember 1968, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 295, 21.12.1968, S. 13. NN, Autobahn Volders–Weer dem Verkehr übergeben, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 265, 17.11.1969, S. 1-2. NN, Autostrada: sopra o sotto il Brennero. Mentre si esclude dai promotori di questo progetto una convenienza per la costruzione di un tunnel per la linea ferroviaria, si mettono in risalto i vantaggi che ne deriverebbero per una strada in galleria, in: Alto Adige, Nr. 285, 30.11.1958, S. 10. NN, Baubeginn der „Europa-Brücke“. Spatenstich für das erste Teilstück der Tiroler Autobahn, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 18/19, 2.5.1959, S. 2-4. NN, Baustelle zwischen Himmel und Erde. Die Europabrücke ein Beispiel technischer Leistung unserer Zeit. 5000 Tonnen Stahlkonstruktionen für das Tragwerk – große Montageaufgaben – Modellversuch im Windkanal, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 100, 1.5.1962 (im Inserateteil), S. 5. NN, Bei Gossensaß wächst eine kleine Europabrücke. Teilstück Klausen–Sterzing der italienischen Brennerautobahn noch heuer fertig – Wegen der hohen Kosten „Bergzuschlag“ zur Maut, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 95, 25.4.1969, S. 5. NN, Bei Innsbruck entsteht die höchste Brücke Europas. Eine technische Großtat der Konstrukteure und Arbeiter, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 184, 9.8.1960, S. 4. NN, Beratungen über den Brennerverkehr. Die Verkehrsinteressenten besprachen sich in Trient, in: Dolomiten, Nr. 268, 20.11.1952, S. 7. NN, Bergisel-Straßentunnel bereits 1967 befahrbar, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 51, 17.12.1966, S. 5.

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NN, Bremsen am Brenner. Die Tiroler Autobahn. Behinderung des internationalen Verkehrs, in: Alto Adige, Nr. 237, 6.10.1963, S. 11. NN, Brennerautobahn-Aktiengesellschaft gegründet, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 26, 27.6.1964, S. 3. NN, Brennerautobahn: Einweihungsfeier nach 20 Jahren, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 292, 17./18.12.1988, S. 9. NN, Brennerautobahn im Mittelpunkt der Beratungen. 25. Österreichischer Straßentag in Innsbruck. Endgültige Lösung des Brennerverkehrsproblems dringlich – Die schnellste und sicherste Verbindung zwischen Nord und Süd – Gefahr einer Umfahrung Tirols – Abschnitt Innsbruck–Schönberg im Oktober 1963 fertiggestellt, in: Dolomiten, Nr. 117, 21.5.1963, S. 5. NN, Brenner-Autobahn ohne Tunnel. Autobahnbau darf Tiroler Straßennetz nicht benachteiligen – Führung im Nord-Süd-Verkehr angestrebt, in: Salzburger Nachrichten, Nr. 250, 27.10.1961, S. 4. NN, Brenner-Autobahn ohne Tunnel. Einigung in Verhandlungen mit Italien, in: Dolomiten, Nr. 130, 9.6.1961, S. 8. NN, Brenner-Autobahn rettet vor Verkehrschaos, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 216, 19.9.1959, S. 3. NN, Brennerautobahn: schnell – sicher – prachtvoll, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 38, 21.9.1968 (Messebeilage zur 36. Innsbrucker Messe mit der österreichischen Fachmesse für Tourismus und alpine Landwirtschaft), S. 32. NN, Brennerautobahn – Zentralthema des Straßentages. Bayerischer Staatsminister Schedl, italienischer Senator de Unterrichter und CEMT-Generaldirektor Mange sprechen über dieses Projekts, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 114, 17.5.1963, S. 3. NN, Brenner-Straßentunnel – verfehlter Plan, in: Dolomiten, Nr. 96, 26.4.1967, S. 11. NN, Brenner-Tunnel für Brennerautobahn nicht tragbar. Es bleibt bei der bisherigen Trassierung – Tunnelbau käme auf 150 Mio S pro Kilometer, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 250, 27.10.1961, S. 4. NN, Brennerverkehr erleichtern – hilft gegen Umfahrung. Auch die Bayern sind am Ausbau der Brennerautobahn erstrangig interessiert. Die bayrisch-tirolischen Beziehungen im Transitverkehr, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 284, 10.12.1962, S. 7. NN, Briefwechsel über Autobahn. Kriegs- und Arbeitsinvaliden unberücksichtigt – Schneeräumung, in: Dolomiten, Nr. 48, 27.2.1970, S. 5. NN, Brücke über Europa, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 140, 20.6.1962, S. 5. NN, Costerà sessanta miliardi l’autostrada del Brennero. Le norme delle Convenzione di Ginevra impegnano lo Stato italiano a provvedere al dovuto adeguamento della Brennero–Verona – Sulla „statale“ non dovrebbero viaggiare più di 600 „veicoli-ora“ limite massimo superato invece più volte, in: Alto Adige, Nr. 21, 24.1.1959, S. 7.

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NN, Das Autobahnteilstück Schönberg–Matrei, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 18 (1967), Nr. 12, S. 1-4. NN, Das Straßenbauwesen in Tirol. Umfangreiches Straßenbauprogramm des Bundes und Landes – Das innertirolische Straßennetz wird in den wichtigsten Durchzugsstrecken unter besonderer Berücksichtigung landwirtschaftlicher und fremdenverkehrsfördernder Interessen neuzeitlich ausgebaut – Milliardenvorhaben vor ihrer Verwirklichung, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 42, 22.10.1959, S. 3-4. NN, Daten und Probleme zu Bau und Betrieb, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 31 (1980), Nr. 10/11, S. 21-22. NN, Debatte über die Brennerautobahn im Landtag. Das Land übernimmt die Bürgschaft für Darlehen in Höhe von 108,9 Milliarden Lire. Die Landesverwaltung befürwortet die Verwirklichung der Variante Finsterwalder, in: Dolomiten, Nr. 51, 3.3.1965, S. 6. NN, Der Ausbau der Brennerstraße, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 281, 4.12.1957, S. 6. NN, Der Brenner – befahrenster und gefürchtetster Alpenübergang, in: Dolomiten, Nr. 165, 20.7.1963, S. 5. NN, Der Brenner – ein europäisches Verkehrsproblem, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 40, 3.10.1959, S. 1-4. NN, Der Brenner, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 298, 24.12.1957, S. 4. NN, Der Brennertunnel und andere Autobahnprojekte, in: Nachrichtenagentur Italia. Deutscher Sonderdienst der Bozner Redaktion 8 (14.9.1965), Nr. 34, S. 7. NN, Der Brennerverkehr für die Wirtschaft Tirols lebenswichtig. Neue Initiative für den Bau eines Brennertunnels für Straße und Eisenbahn – Milliardenkapital wäre nicht unerreichbar, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 173, 28.7.1956, S. 4. NN, Der ehemalige Baudirektor Tirols, Hofrat Josef Stark, ist gestorben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 71, 25.3.1985, S. 4. NN, Der Vollendung entgegen, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 20 (1969), Nr. 1, S. 2-5. NN, Die Ästhetik der Europabrücke. Fachkritisches Urteil aus Amerika, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 248, 26.10.1964, S. 5. NN, Die aktuelle Frage der Brenner-Autobahn, in: Dolomiten, Nr. 219, 24.9.1958, S. 10. NN, Die andere Seite der Brennerautobahn. Entsteht eine neue Verkehrslage? Zentralisierung des Verkehrs oder Ablenkung und Streuung durch Schaffung neuer Ventile? „Der Volksbote“ stellt eine brennende Frage zur Diskussion, in: Der Volksbote. Unabhängiges österreichisches Wochenblatt, Nr. 15, 15.4.1961, S. 89. NN, Die Autobahn Innsbruck–Schönberg wird termingerecht vollendet werden, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 13 (1962), Nr. 8, S. 1-2.

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NN, Die Autobahn Kufstein–Brenner – ein Lebensnerv Tirols. Das Projekt der Tiroler Landesbaudirektion ist baureif – Nur ein großzügiger Ausbau kann den kürzesten Nord-Süd-Weg den Anforderungen genügend gestalten – Zwischen Patsch und Schönberg wird die höchste Brücke Europas die Sillschlucht überspannen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 217, 20.9.1958, S. 3. NN, Die bayrisch-tirolischen Verkehrsbeziehungen im Transit- und Fremdenverkehr, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 8.12.1962, S. 8-9. NN, Die Brenner-Autobahn – eine Fernstrasse, in: Alto Adige, Nr. 32, 2.3.1961, S. 8. NN, Die Brennerautobahn ist 1968 vollendet, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 26, 2.7.1964, S. 3. NN, Die Brennerautobahn – Traumstraße der Alpen, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 52/53, 23.12.1967, S. 44. NN, Die Brennerstraße wird ausgebaut. Wichtigstes Ergebnis der „Amtstage“ des Bundesministers für Handel und Wiederaufbau, Dr. Bock, in Tirol. Ausbau erfolgt in einem Fünfjahresplan – Kosten betragen 250 Millionen Schilling – Fernziel: die Autobahn, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 85, 14.4.1958, S. 1. NN, Die Brennerstrecke als Verkehrsproblem Nr. 1. Die Vorarbeiten für eine Autobahn haben begonnen, in: Alpenpost. Illustrierte Südtiroler Wochenzeitung, Nr. 45, 9.11.1957, S. 6. NN, Die Entwicklung des Brennerverkehrs, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 49, 4.12.1954, S. 3-7. NN, Die Europabrücke wird nicht aus Eitelkeit gebaut. Beachtenswerte Vorträge der Initiatoren der Brennerautobahn anläßlich einer Besichtigungsfahrt der Technischen Hochschule Wien, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 136, 15.6.1961, S. 4. NN, Die letzte Arbeitsschlacht wird geschlagen. Österreich baut die Europabrücke. Techniker und Arbeiter haben alle Schwierigkeiten überwunden, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 178, 4.8.1962, S. 6. NN, Dr. Heinz Knoflach – 40 Jahre im Dienste der Wirtschaft, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 295, 22.12.1962, S. 12. NN, Dr. Heinz Knoflach 70 Jahre alt, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 228, 1.10.1971, S. 5. NN, Dr. H[einz] Knoflach zum Gedenken. Vorstandsdirektor der Brennerautobahn AG – Große Verdienste, in: Dolomiten, Nr. 230, 16.10.1972, S. 8. NN, Dr. Knoflach – 40 Dienstjahre, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 295, 22.12.1962, S. 5. NN, Droht Westösterreich die Umfahrung? Nord-Süd-Verbindung wird durch den Flaschenhals zwischen Innsbruck und Kufstein blockiert, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 184, 10.8.1967, S. 2. NN, Dr. Robert Weynschenk gibt nicht auf. Brenner-Tunnelbau-Gesellschaft soll im Frühjahr gegründet werden, in: Südtiroler Wirtschaftszeitung, Nr. 50, 24.12.1965, S. 365.

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NN, Dr. W[alter] v[on] Walther verstorben, in: Dolomiten, Nr. 102, 3.5.1984, S. 3. NN, Dr. Walter von Walther wurde achtzig, in: Dolomiten, Nr. 22, 26./27.1.1980, S. 8. NN, È il confronto che… convince! Traforo o strada di valico? – Pendenze o contropendenze? – Gallerie o non gallerie? – Il problema della percorrenza e dei costi effettivi – La commissione per la tutela del paesaggio ha detto di no!, in: Alto Adige, Nr. 113, 13.5.1962, S. 12. NN, È morto Gentilini il progettista dell’Autobrennero. Stroncato da un infarto sul Garda, in: Alto Adige, Nr. 59, 15.3.1988, S. 1. NN, Ecco la variante. Dall’ideatore dell’autostrada del sole, il progetto per la „Vipiteno–Bolzano“ via Merano. A distanza di sei anni dal suo primo pronunciamento in favore di un’autostrada per la Passiria, il prof. Aimone Jelmoni ha tracciato il progetto ideale dell’opera – Prevista attraverso il Giovo una galleria di undici chilometri a due vani paralleli, capace di accogliere 3.500 veicoi all’ora – Rispetto alla via Isarco: percorso più breve, tracciato più sicuro, nessuna perdita di tempo, nessuna strozzatura – Una serie di brillanti soluzioni techniche, in: Alto Adige, Nr. 79, 3.4.1966, S. 3. NN, Ein Denkmal furchtloser Arbeiter und Techniker. Die Europabrücke, Zeugnis österreichischen Könnens – Die Sonne bewegt das kühle Bauwerk, in: Tiroler Arbeiterzeitung, Nr. 273, 25.11.1962, S. 6. NN, Ein Festtag für das ganze Land. Die Europabrücke zwischen Patsch und Schönberg wurde gestern feierlich geweiht und damit das erste Teilstück der Autobahn von Innsbruck zum Brenner dem Verkehr übergeben – Hohe Festgäste und an die 30.000 Menschen waren aus diesem Anlaß gekommen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 267, 18.11.1963, S. 1-2. NN, Ein Gedenkblatt für Dr. Walter von Walther, in: Dolomiten, Nr. 113, 16.5.1984, S. 8. NN, Ein Tunnel durch den Brenner. Von Steinach bis Gossensaß – Min. a. D. Dr. Jakoncig schlägt zweistöckigen Tunnel zur Lösung des Brennerverkehrsproblems vor – Schweiz hat große Pläne – Deren Durchführung schaltet Tirol aus Nord-Süd-Verkehr aus, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 295, 22.12.1955, S. 3. NN, Ein zweites Gutachten. Prof. Seifert: „Aus dem Eisackbett heraus“, in: Alto Adige, Nr. 288, 4.12.1965, S. 11. NN, Eine „Gesellschaft für die Autobahn Brenner über Meran“, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 114, 18.5.1961, S. 3. NN, Eine „Gesellschaft für die Autobahn Brenner über Meran“. Meraner Gemeinderat beschloß Beitritt der Stadtgemeinde, in: Dolomiten, Nr. 113, 17.5.1961, S. 67. NN, „Eine Konstruktion von gestern“. Gutachter Prof. Seifert über das Projekt für die Autobahn im Eisacktal, in: Alto Adige, Nr. 289, 5.12.1965, S. 12. NN, Eine Nord-Süd-Autobahn an Tirol vorbei, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 44, 30.10.1954, S. 1-2.

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NN, Endet die Europastraße 6 am Brenner?, in: Dolomiten, Nr. 249, 29.10.1963, S. 10. NN, Energico intervento dei sindaci per l’autostrada e le fermate dei treni. Valle Gardena. In una importante riunione ad Ortisei, in: Alto Adige, Nr. 24, 28.1.1961, S. 9. NN, Erfolge und Probleme im Tiroler Straßenbau, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 23, 10.6.1961, S. 1-3. NN, Erhöhtes Interesse an der Brennerautobahn. Transitverkehr würde nach EWGAssoziierung an Bedeutung gewinnen – Tunnelprojekt, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 184, 11.8.1964, S. 2. NN, Esigenze egoistiche frenano l’autostrada. Esaminiamo le cause che hanno provocato il notevole ritardo della realizzazione. L’azione di un gruppo di parlamentari trentini per togliere l’importante arteria dall’elenco di quelle da costruirsi dall’IRI, l’iniziativa speculativa – ora in pericolo – dell’autoporto-terminal di Trento, hanno portato pesanti perdite di tempo e alla deprecata scelta del tracciato in val d’Isarco con l’inconcepibile attraversamento di Bolzano – Si è ancora in tempo per abbandonare il progetto del viadotto a vantaggio di una soluzione più sensata e razionale, in: Alto Adige, Nr. 213, 8.9.1968, S. 7. NN, Europabrücke wurde gestern dem Verkehr übergeben. Feierliche Weihe durch Abt Stöger von Wilten und festliche Eröffnung durch Bundeskanzler Gorbach, in: Dolomiten, Nr. 264, 18.11.1963, S. 3. NN, Europakapelle an der Europabrücke, in: Dolomiten, Nr. 255, 7.11.1963, S. 10. NN, Europakapelle – Rasthaus der Seelen. Abt Stöger von Wilten weihte die neue Kapelle an der Europabrücke, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3. NN, Europakapelle. Rasthaus der Seelen. Die neue Kapelle an der Europabrücke von Abt Stöger, Wilten, geweiht, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 47, 21.11.1963, S. 2. NN, Europas höchste Brücke feiert heute ihren 25. Geburtstag, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 17.11.1988, S. 5. NN, Finanzierungsgesellschaft für Autobahnbau. Vorschläge der österreichischen Gesellschaft für Straßenwesen – Mittel durch Privatkapital, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 38, 15.2.1961, S. 3. NN, Firmato ieri l’atto costitutivo della Società per l’autostrada del Brennero. Rappresentanti di sette città alla C.C.I.A. Eletto presidente del consiglio di amministrazione il dott. Donato Turrini, in: Alto Adige, Nr. 45, 21.2.1959, S. 5. NN, Für Verbilligung, Verstärkung und Beschleunigung des Güterverkehrs auf der Brennerstrecke. Tarifkonferenz in der Bozner Handelskammer. Eingehende Erörterung aller einschlägigen Probleme, in: Dolomiten, Nr. 22, 26.1.1952, S. 6. NN, Gotthard-, Bernhardin-, Brennerweg und die Stellung Tirols. Drei Nord-SüdVerbindungen durch die Zentralalpen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 28, 3.2.1968, S. 10.

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NN, Gotthard-, Bernhardin- und Brennerweg. Drei Nord-Süd-Straßenverbindungen durch die Zentralalpen – Zwei Straßen zu wenig, in: Dolomiten, Nr. 14, 18.1.1968, S. 6. NN, Heinz Knoflach gestorben, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 235, 10.10.1972, S. 3. NN, Hofrat Dipl.-Ing. Leo Feist [Todesanzeige], in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 274, 26.11.1997, S. 27. NN, Hofrat Robert Neuner ist tot, in: Tiroler Tageszeitung Nr. 196, 24.8.1988, S. 5. NN, HR Leo Feist feiert 85. Geburtstag. Der Name des Baupioniers bleibt mit der Brennerautobahn untrennbar verbunden, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 173, 29.7.1997, S. 13. NN, Il tratto Brennero–Mules è un campo di patate! La protesta degli albergatori, in: Alto Adige, Nr. 125, 27.5.1962, S. 13. NN, Imposanter Tiroler Verkehrstag. Aufschlußreiche Referate bei der wichtigsten Veranstaltung auf dem Verkehrssektor im heurigen Jahr – Verkehrsminister Dr. Weiß: „Globales Denken ist notwendig“ – Probleme des Straßenbaues, der Eisenbahn, der Lifte und Seilbahnen in Tirol standen im Mittelpunkt der Besprechungen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 64, 17.3.1967, S. 1-2. NN, In Gottes Namen fangen wir an, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 10 (1959), Nr. 5, S. 1-3. NN, In Italien besteht bereits eine Gesellschaft für den Ausbau einer zweibahnigen Autobahn Brenner–Bozen–Modena, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 220, 24.9.1958, S. 5. NN, Inaugurato il convegno internazionale sui traffici attraverso il Brennero. Alla presenza del sottosegretario ai Transporti Fanelli. Il direttore generale dell’ANAS ha annunciato per i primi mesi del 1960 l’inizio di vasti lavori di miglioria alla strada statale n. 12 – I problemi dell’autostrada e del traforo – Le relazioni del convegno, in: Alto Adige (Trentiner Ausgabe), Nr. 201, 19.9.1959, S. 4-5. NN, Interesse in Austria per la variante Wackernell. I problemi dell’autostrada del Brennero, in: Alto Adige, Nr. 49, 26.2.1961, S. 4. NN, Internationale Tarifkonferenz in Bozen. Der Brenner soll seine alte Verkehrsbedeutung wieder erhalten. Eine Initiative unserer Region, in: Dolomiten, Nr. 21, 25.1.1952, S. 4. NN, Jelmoni ha firmato il progetto. Per la „variante“ dell’autostrada. Prevista una galleria di circa 11 chilometri attraverso il Giovo – Tre anni per realizzare l’intera opera – Minor costo e minor distanza rispetto all’Isarco, in: Alto Adige, Nr. 68, 22.3.1966, S. 5. NN, Jungfernfahrt durch den zweiten Bergiseltunnel. Auch Autobahnanschlußstelle Innsbruck-Ost dem Verkehr übergeben – Brennerstraße entlastet – Noch heuer von Volders bis Brennersee, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 206, 6.9.1968, S. 3-4. NN, K[ammer]A[mts]D[irektor] Univ.-Prof. Dr. Franz Egert zum Gedenken, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 3, 15.1.1977, S. 9.

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NN, Kommt nun trotz Verhandlungen Blockade der Brenner-Autobahn?, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 262, 29.10.1980, S. 2. NN, Kurverwaltung Brixen für die Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 26, 1.2.1961, S. 8. NN, L’allegra favola del Brennero, in: Alto Adige, Nr, 113, 13.5.1962, S. 12. NN, La Regione rimarrà estranea alle autostrade Nord-Sud? Esaminiamo una questione della massima importanza, in: Alto Adige, Nr. 76, 29.3.1958, S. 9. NN, Le dannose conseguenze di una „Venezia–Monaco“. Battaglia per le autostrade. Mentre gli altri lavorano nella nostra regione si dorme, in: Alto Adige, Nr. 55, 5.3.1958, S. 7. NN, L’indifferibilità della costruzione. L’autostrada del Brennero. Con un ordine del giorno che riafferma il carattere europeo della realizzazione concluso il convegno internazionale di Verona, in: Alto Adige, Nr. 298, 17.12.1959, S. 4. NN, Münchner Handelskammer gegen Brennertunnel, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 292, 18.12.1959, S. 6. NN, Müssen wir Angst haben vor der Umfahrung? Ein detaillierter Hinweis auf die Gefahren, die innerhalb und außerhalb Österreichs drohen, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 89, 17.4.1967, S. 3. NN, Nachwort zum europäischen Verkehrsproblem Brenner, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 137, 16.6.1956, S. 5. NN, Nasce fra le contraddizioni l’autostrada del Brennero. Le vie di comunicazione nel quadro dell’economia alpina, in: Alto Adige, Nr. 113, 13.5.1962, S. 12. NN, Neuer Abschnitt der Brennerautobahn. In einer Ansprache drückte Landeshauptmann Wallnöfer die Hoffnung aus, daß diese Straße Nord- und Südtirol noch enger aneinanderbinden wird – Feierliche Begrüßungen der hohen Gäste in Schönberg und in Mühlbachl, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 280, 4.12.1967, S. 1. NN, Nordtiroler Brennerautobahn ohne Kahlhänge, in: Dolomiten, Nr. 225, 2.10.1961, S. 7. NN, Nun also ist es soweit, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 11/12, S. 1 – 2 und S. 4-6. NN, Oberbaurat Dipl.-Ing. Leo Feist: Brenner-Autobahn bleibt ohne Tunnel. Weiterer Ausbau des Tiroler Straßennetzes dürfe nicht behindert werden, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 250, 27.10.1961, S. 6. NN, Oesterreich scheut keine Opfer für die Brennerautobahn: Wann wird Italien dem Beispiel folgen? Mit den Bauarbeiten an der Europabrücke ergriff Österreich die Initiative – Internationale Brennerkonferenz in Bozen voller Erfolg, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 216, 19.9.1959, S. 5. NN, Österreichischer Straßentag in Innsbruck, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 118, 26.5.1959, S. 6. NN, Österreichs Europabrücke – Europabrücke Österreich, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 9/10, S. 1.

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NN, Ohne Maut zum Brenner, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 6, S. 2-3. NN, Per l’autostrada. I traffici attraverso il Brennero: Battere il ferro tenacissimamente. Riaffermata a Verona da tecnici ed economisti d’Italia, Germania e Austria l’urgenza della realizzazione destinata a collegare le strade del centro Europa all’autostrada del Sole, in: Alto Adige, Nr. 297, 16.12.1959, S. 1 und S. 10. NN, Pilzbrücken die Attraktion der Brennerautobahn. Großes internationales Interesse für dieses neuartige Brückenbausystem – 22 Pfeiler tragen 700 Meter lange Autobahn-Hochstraße, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 180, 6.8.1966, S. 3. NN, „Prognosi riservata“ per il Passo del Brennero. L’inerzia delle pubbliche iniziative per il superamento dei problemi ferroviari e stradali rischia di dirottare su altre zone europee il grande traffico, in veicoli e merci, confinando la più antica via di collegamento fra nord e sud in una posizione secondaria. Ci stanno segando l’erba sotto i piedi?, in: Alto Adige, Nr. 125, 27.5.1962, S. 13. NN, „Prognosi riservata“ per il Passo del Brennero. L’inerzia delle pubbliche iniziative per il superamento dei problemi ferroviari e stradali rischia di dirottare su altre zone europee il grande traffico, in veicoli e merci, confinando la più antica via di collegamento fra nord e sud in una posizione secondaria. L’assalto alla montagna, in: Alto Adige, Nr. 125, 27.5.1962, S. 13. NN, Problematik der Umweltbelastung erkannt? Brennerautobahn: Lärmschutzmaßnahmen beschlossen und Geldmittel ausgewiesen, in: Dolomiten, Nr. 159, 11.7.1988, S. 3. NN, Prof. Weynschenk verteidigt Brennertunnelprojekt. Auf einer Pressekonferenz. Vorläufig hat das Projekt wenig Aussicht auf Verwirklichung, in: Dolomiten, Nr. 207, 10.9.1965, S. 6. NN, Projekt Autobahn – Brenner–Ala–Modena, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 153, 7.7.1958, S. 2. NN, Projekt Jelmoni dem zuständigen Minister überreicht. Die Jaufentrasse der Brenner-Autobahn. In einem detaillierten Begleitbericht begründet und erläutert der Projektant die Vorteile der „Variante“, in: Alto Adige, Nr. 78, 2.4.1966, S. 10. NN, Protest der Stubaier und Wipptaler Bürgermeister. Gegen Mauterhebung auf der Brenner-Autobahn – Schaffung von Abfahrten nicht nur in das Stubaital, sondern auch in das Wipptal, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 268, 19.11.1963, S. 2. NN, Protest gegen Mauterhöhung: Blockade der Brennerautobahn, in: Neue Tiroler Zeitung, Nr. 252, 28.10.1980, S. 7. NN, „Rasthaus der Seele an der Europabrücke“, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3. NN, Regionalhaushalt um rund 400 Millionen Lire aufgestockt. Vor Beendigung der Legislatur. SVP stimmte dafür – Diskussion über Bürgschaftsleistung der Region zugunsten der Brennerautobahn AG, in: Dolomiten, Nr. 237, 14.10.1964, S. 5. NN, Rekorde unserer Techniker. Bei Innsbruck entsteht die größte Eisenbetonbogenbrücke der Welt, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 175, 29.7.1960, S. 4.

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NN, Riunione interregionale per l’autostrada del Brennero. Nel palazzo pretorio a Riva, in: Alto Adige (Trentiner Ausgabe), Nr. 155, 1.7.1958, S. 6. NN, Riunione interregionale per l’autostrada del Brennero. Venerdì alla Camera di Commercio, in: Alto Adige, Nr. 148, 22.6.1958, S. 7. NN, Sachliche Zusammenarbeit zur Förderung unserer Verkehrswirtschaft, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 13, 25.3.1967, S. 1-3. NN, Schädigung des internationalen Fernlastverkehrs am Brenner. Schiene und Strasse im Konkurrenzkampf. Pressekonferenz über Brennerverkehr, in: Alto Adige, Nr. 18, 22.1.1963, S. 8. NN, Schlafstörungen, Bluthochdruck in Schönberg, mehr Blei im Blut als alle anderen Österreicher. Sozialmediziner erhoben Wohlbefinden der neben der Autobahn lebenden Schönberger, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 156, 9.7.1986, S. 3. NN, Schönberger wussten, was die Autobahn bringt. Stellungnahme der Brennerautobahn AG – Bauwerber versichern, sich der Autobahnbelastung bewußt zu sein, sie auf Dauer zu ertragen, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 167, 21.7.1979, S. 8. NN, Schwierige Aufgaben stehen bevor. Neuer Handelskammerausschuß in Amt und Würde. Abschied von Dr. W[alter] v[on] Walther, in: Dolomiten, Nr. 289, 22./23.12.1973, S. 3. NN, Sei province rappresentate al convegno sulle comunicazioni del Brennero. Ieri mattina alla Camera di Commercio. L’ing. Sardagna e l’ing. de Unterrichter hanno parlato sulla ferrovia e l’autostrada – Verso un’intesa interprovinciale, in: Alto Adige, Nr. 163, 10.7.1957, S. 7. NN, Sektionschef Seidl – Ehrenringträger der Stadt Lienz [gestorben], in: Osttiroler Bote, Nr. 32, 9.8.1973, S. 6. NN, Sektionschef Seidl gestorben, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 180, 6.8.1973, S. 2. NN, Sì alla variante autostradale no alla „trasformazione“ dei bagni. Varata l’attività dell’orchestra di cura e decise migliorie alla passeggiata d’inverno, in: Alto Adige, Nr. 28, 2.2.1961, S. 8. NN, Si ridiscute sul traforo del Brennero. L’assessore Turrini risponde sull’avv. Jakoncig, in: Alto Adige, Nr. 134, 7.6.1962, S. 6. NN, Stellungnahme der Stadtgemeinde Brixen zum Bau der Brenner-Autobahn, in: Dolomiten, Nr. 72, 27.3.1961, S. 7-8. NN, Stolz prangt das Symbol der Einheit Europas über der Sillschlucht. Die Europabrücke zwischen Patsch und Schönberg wurde am Sonntag feierlich geweiht und damit das erste Teilstück von Innsbruck bis Schönberg dem Verkehr übergeben, in: Tiroler Bauernzeitung. Landesorgan des Tiroler Bauernbundes, Nr. 47, 21.11.1963, S. 2. NN, Straßentag im klassischen Paßland Tirol. Nach neunjähriger Pause ist Innsbruck wieder Tagungsort der Straßenbaufachleute – Kein Verständnis für den Brenner-

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tunnel – Filme und Lichtbilder berichten von stolzen Leistungen und Schwierigkeiten des Straßenbaus in einem „senkrechten“ Lande, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 118, 26.5.1959, S. 3-4. NN, Sul traforo del Brennero conferenza dell’ing. Sardagna. Alla Camera di Commercio, in: Alto Adige del lunedì (Trentiner Ausgabe), Nr. 2, 14.1.1957, S. 2. NN, Tagung der Brennerkommissionen in Innsbruck, in: Dolomiten, Nr. 126, 4.6.1953, S. 11. NN, Tirol will seine Mittlerstellung im Verkehr festigen. Tiroler Verkehrstag 1967, in: Dolomiten, Nr. 66, 20.3.1967, S. 9. NN, Tiroler Straßenwesen einst und jetzt. Mautfreie Straßen in der Schweiz und eine bemautete Tiroler Autobahn birgt die Gefahr einer Verkehrsablenkung in sich, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 117, 21.5.1963, S. 6. NN, Tra Modena e Bologna lotta per l’autostrada. È in discussione il tracciato. L’esigenza di abbreviare il più possibile il percorso, in: Alto Adige, Nr. 249, 3.11.1962, S. 6. NN, Tragwerk der Europabrücke feierlich geschlossen. Nach dreijähriger Bauzeit fertiggestellt – Übergabe für den Verkehr erst im Herbst – Landeshauptmann Dr. Tschiggfrey hielt Festrede, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 125, 31.5.1963, S. 3. NN, Trassierung der Brenner-Autobahn bleibt ohne Tunnel, in: Tirols gewerbliche Wirtschaft. Mitteilungsblatt der Tiroler Handelskammer, Nr. 43, 28.10.1961, S. 3. NN, Una sciabolata su Bolzano. … di fronte al problema di un tracciato diverso. Questo è l’effetto che produrrà l’attraversamento da parte dell’autostrada – I motivi tecnici, paesaggistici ed igienici che si oppongono alla realizzazione del progetto, destinato ad influenzare negativamente la struttura urbanistica della città per tutti gli anni a venire – La scelta degli urbanisti condizionata dalla voluta eliminazione di un’alternativa, quale la variante meranese, che troncherebbe ogni polemica ed eliminerebbe tutti i problemi connessi con il difficile attraversamento, in: Alto Adige, Nr. 18, 22.1.1966, S. 9. NN, Una società a Merano per l’autostrada. Elaborerà nei particolari il progetto Wackernell onde far passare la nuova grande arteria per Merano, in: Alto Adige, Nr. 15, 10.4.1961, S. 2. NN, Und nun die geistige Europabrücke bauen! Abt Stöger rief auf zur christlicheuropäischen Gesinnung, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 47, 23.11.1963, S. 8. NN, Variante der Brennerautobahn Klausen – Bozen, in: Dolomiten, Nr. 36, 13.2.1965, S. 18. NN, „Verbinde in Frieden und Freiheit die Völker Europas“. Bundeskanzler Dr. Alfons Gorbach eröffnete gestern die Europabrücke und gab damit den Verkehr auf dem ersten Teilstück der Brennerautobahn zwischen Innsbruck und Schönberg frei, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 267, 18.11.1963, S. 3.

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NN, Verhärtete Fronten bei der Blockade der Brennerautobahn, in: Arbeiter-Zeitung, Nr. 263, 30.10.1980, S. 2. NN, Verkehrsfragen im Mittelpunkt der Diskussion in der Vollversammlung der Tiroler Handelsversammlung, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 138, 19.6.1969, S. 2. NN, Verkehrskonferenz in Innsbruck für den Ausbau der Brennerstraße, in: Dolomiten, Nr. 277, 2.12.1957, S. 3. NN, Verwirklichung der Jaufen-Variante rückt näher. Brenner-Autobahn-Trasse durch Südtirol: Einer der bekanntesten Autobahn-Fachleute Italiens hat den Auftrag zur Ausarbeitung des Projektes Sterzing–Jaufen–Meran–Bozen angenommen, in: Alto Adige, Nr. 50, 1.3.1966, S. 9. NN, Weihe der „Europabrücke“ und „Europakapelle“. Auch das Autobahnteilstück Innsbruck–Schönberg wird seiner Bestimmung übergeben – Marksteine in der Geschichte des Straßenbaues, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 266, 16.11.1963, S. 3. NN, „Wir sind nicht die Melkkühe!“ Morgen Mittwoch Blockade der Brennerautobahn – Stubaier, Wipptaler wollen Mautfreiheit, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 252, 28.10.1980, S. 3. NN, Zum Entscheid in Sachen Autobahn. Große Befriedigung in Brixen über die Mitteilung aus Rom, in: Dolomiten, Nr. 23, 29.1.1962, S. 5. NN, Zum Gedenken an Doktor Heinz Knoflach, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 234, 9.10.1972, S. 4. NN, Zur Eröffnung der Autobahn: Der Weg über den Brenner, in: Bezirksblatt Innsbruck-Land 14 (1963), Nr. 9/10, S. 13-24. O., H., Erster Spatenstich für die „Europa-Brücke“. Die Autobahnbrücke über das Silltal wird 90 Millionen Schilling kosten – 1,942 Milliarden Schilling für Autobahnbau in Österreich, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 96, 27.4.1959, S. 3. Observer, Brennerautobahn-Tunnel?, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 193, 22.8.1964, S. 1. P., H., Trotz Ausbauarbeiten die Brennerstraße dem Verkehr nicht gewachsen. Dem Nord-Süd-Verkehr über dem Brenner erwächst überall Konkurrenz – Die Brennerautobahn kann frühestens in 10 Jahren eine Entlastung bringen, in: Dolomiten, Nr. 97, 24.4.1964, S. 7. P[feifer], H[einz] C[ornel], Die „Europabrücke“ schlägt Wurzeln. Aus tiefen Schächten wachsen die Pfeiler – Maschinengiganten donnern am Schönberg – Schon jetzt Trassenführung bis Steinach am Brenner – Eines der kühnsten Bauprojekte wird Wirklichkeit, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 207, 9.9.1959, S. 3 und S. 5. P[feifer], H[einz] C[ornel], Die „Europa-Brücke“ schlägt Wurzeln. Autobahn Kufstein-Brenner: Ein kühnes Bauprojekt wird verwirklicht – Ruhe südlich des Brenners, in: Salzburger Nachrichten, Nr. 210, 11.9.1959, S. 3. P[feifer], H[einz] C[ornel], Eine kritische Diskussion um die Autobahnmaut. Höhe der Gebühren, keine Ermäßigung für Einheimische und Beeinträchtigung des

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Fremdenverkehrs im Wipptal als Hauptangriffspunkte, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 149, 2.7.1969, S. 2. P[feifer], H[einz] C[ornel], Parade der Pläne für Europas höchste Brücke. Anbotseröffnung für die Sillbrücke der Autobahn Innsbruck–Brenner – Erste Rate von 50 Mill. Schilling Bundeszuschuß gesichert, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 34, 11.2.1959, S. 3. P[feifer], H[einz] C[ornel], Straßentunnel durch den Brenner? Wintersichere NordSüd-Verbindung – Die Paßstraße dem Genußfahrer – der Tunnel dem Mußfahrer, in: Auto-Touring. Clubmagazin des ÖAMTC, Nr. 78, 15.3.1959, S. 9. Payr, Karl, Der Brennerverkehr (1). Eine Untersuchung von Dipl.-Ing. Karl Payr, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 110, 13.5.1967, S. 11. Payr, Karl, Der Brennerverkehr (2). Eine Untersuchung von Dipl.-Ing. Karl Payr, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 115, 20.5.1967, S. 9. Pollini, Alois, Neue Autobahnteilstücke im Wipptal. Imposante Brücken entstehen – Maschinen und Stahlgiganten helfen den Menschen bauen, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 35, 28.8.1965, S. 13. Pollini, Alois, Paradestück der Brennerautobahn. In dieser Gebirgsstraße ist „alles drin“ – Sillbrücke I und Bergiseltunnel verwirklichungsreif, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 19, 7.5.1966, S. 14. Pollini, Alois, „Prachtstraße der Zukunft“. Bericht von den Großbaustellen vom Brennerpaß bis zum Obernberger Tal, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 42, 15.10.1966, S. 14-15. Pollini, Alois, Zweitgrößte Autobahnbrücke. Höchster Pfeiler der 680 m langen Gschnitztalbrücke: 75 Meter, in: Der Volksbote. Unabhängige österreichische Wochenzeitung, Nr. 31, 30.7.1966, S. 14. R., J., Dr.-Ing. Georg Innerebner zum Gedenken, in: Dolomiten, Nr. 129, 8./9.6.1974, S. 6. Riedl, F[ranz] H[ieronymus], Die Europabrücke – höchste Pfeilerbrücke der Welt. Name – Symbol der Bedeutung der Brennerautobahn – Hervorragende Leistung österreichischer Bautechniker, in: Dolomiten, Nr. 263, 16.11.1963, S. 3. R[iedl], F[ranz] H[ieronymus], Europäische Autostraßen über und durch die Alpen. Der Ausbau der Nord-Süd-Verbindungen ist vordringlich, in: Der Volksbote. Unabhängiges österreichisches Wochenblatt, Nr. 34, 25.8.1962, S. 7. Rudisch, Ansgar, Schönberg – ein Dorf im Würgegriff der Autobahn!, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 170, 25.7.1979, S. 6. Schwenk, Hans, … auch nach Süden nur in der Schlange. Rom legt das Hauptgewicht auf den Ausbau der inneritalienischen Straßen – Der Brenner wird vernachlässigt, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 239, 5./6.10.1963, S. 4. Steiner, Benno, Bremsen am Brenner. Der Brenner muss schneller werden, in: Alto Adige, Nr. 238, 21.10.1962, S. 11. Steiner, Benno, Das Brennertunnel-Projekt. Bremsen am Brenner. Transeuropäische Union für Verkehr und Handel, in: Alto Adige, Nr. 249, 3.11.1962, S. 8.

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Steiner, Benno, Das Brennertunnel-Projekt. Bremsen am Brenner. Transeuropäische Union für Verkehr und Handel. Für und wider, in: Alto Adige, Nr. 250, 4.11.1962, S. 11. S[teiner], B[enno], Nord-Süd-Verbindungen. Autobahnen im vereinten Europa. Umfahrung Münchens und Tirols, in: Alto Adige, Nr. 259, 15.11.1962, S. 8. Thaler, Franz, Europa fährt über den Brenner, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 19 (1963), Nr. 46, S. 16. Thaler, Franz, Unruhe im Herzen Europas, in: Die Furche. Freie Kulturpolitische Wochenschrift 20 (1964), Nr. 9, S. 5. Wackernell, Norbert, Die technischen Aspekte der Meraner Autobahntrasse, in: Dolomiten, Nr. 71, 25.3.1961, S. 5. Wackernell, N[orbert], Südtirol und die Autobahn. Die Verwirklichung der Nord – Süd-Verbindung, in: Dolomiten, Nr. 29, 4.2.1961, S. 4. Wallnöfer, Eduard, Dank an Techniker, Unternehmer, Arbeiter, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 179, 4.8.1972 (Sonderbeilage: Inntalautobahn), S. 3. Wallnöfer, Eduard, Die Bedeutung der Tiroler Autobahn, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 221, 23.9.1967 (Sonderbeilage Tiroler Autobahn – Kufstein–Innsbruck– Brenner), S. 2. Wallnöfer, Eduard, Die Tiroler Autobahn. Kufstein–Innsbruck–Brenner, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 180, 5.8.1972 (Sonderbeilage), S. 1. [Wallnöfer], [Eduard], Tirols Straßen – sein Schicksal. Das Straßen-Schwerpunktprogramm Tirol, in: Tiroler Nachrichten, Nr. 279, 2.12.1967 (Sonderbeilage: Brennerautobahn), S. 3. Wallnöfer, Eduard, Tirols Straßen – sein Schicksal, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 264, 15.11.1968 (Sonderbeilage [für Tirol] zum 50. Jahrestag der Gründung der Republik Österreich), S. [3]. Wallnöfer, Eduard, Wie verhindert Tirol die Umfahrung? Langzeitprogramm für Ausbau der Bundesstraßen muß von acht auf vier Jahre zusammengedrängt werden. Land Tirol soll den Bund bevorschussen und den Zinsendienst übernehmen – Rückzahlung durch den Bund, in: Tiroler Tageszeitung, Nr. 209, 11.9.1962, S. 1. Walther, Walter von, Kosten der Autobahn nicht zu niedrig veranschlagt. Die Nachteile des Projektes Finsterwalder – Brennerkomitee für Eisenbahntunnel. Eine Stellungnahme des Handelskammerpräsidenten, in: Dolomiten, Nr. 53, 5.3.1965, S. 6. W[alther], W[alter von], Zur Frage der Brennerautobahn, in: Dolomiten, Nr. 19, 24.1.1961, S. 6. Weynschenk, Robert, Brennerautobahn und Brennertunnelprojekt. Die EWG-Handelsinteressen mit Italien über den Brenner. Stellungnahme zum Artikel „Soll Tirol kaltgestellt werden?“ von Chefredakteur Dr. Nayer in der „Tiroler Tageszeitung“, in: Alto Adige, Nr. 66, 27.2.1964, S. 8.

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W[eynschenk], R[obert], Brennerautobahn-Ausstellung in München. Ohne Kostenvoranschläge, in: Alto Adige, Nr. 53, 3.3.1964, S. 9. Weynschenk, Robert, Projekt Brennertunnel. Der Queralpenverkehr Deutschland– Österreich–Italien ohne Paßhöhe, in: Rheinischer Merkur, Nr. 37, 12.9.1958, S. 14. Windhager, J[osef], Über den Schönberg. Eine verkehrsgeschichtliche Plauderei, in: Dolomiten, Nr. 194, 27.8.1959, S. 6.

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Q UELLEN -

UND

L ITERATURVERZEICHNIS

| 363

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364 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

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9. Anhang

9.1 T ABELLEN ZU DEN V ERKEHRSSTATISTIKEN ( ZU K APITEL 3) P: Personenverkehr

G: Güterverkehr

V: Gesamtverkehr

Tabelle 4: Verkehrsstatistik der A22 Jahr Bozen–Rovereto

1970 P

G

V

5997

1850

7847

Jahr

1975 P

G

V

Brenner–Brixen

7838

3186

11024

Brixen–Bozen S

7766

3043

10809

Bozen S–Trient

9627

3794

13421

Jahr

1980 P

G

V

Brenner–Sterzing

11767

3312

15079

Sterzing–Brixen

12119

3478

15597

Brixen–Klausen

12639

3609

16248

Klausen–Bozen N

12986

3840

16826

Bozen N–Bozen S

11292

3433

14725

Bozen S–Neumarkt/Auer

13965

4560

18525

Neumarkt/Auer–S. Michele

14187

3544

17731

Quelle: Verkehrsdaten aus Verkehrszählung der A22

366 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

Tabelle 5: Verkehrsstatistik der B182 und der SS12 Jahr

1955

1960

1965

1970

1975

1980

P G V P G V P G V P G V P G V P G V

Innsbruck Süd 2521 230 2751 4881 606 5487 7787 1042 8829 7787 678 8465 11153 840 11993 12869 746 13615

Matrei

Brenner

2022 103 2125 3041 355 3396 5588 773 6361 1983 362 2345 2602 230 2832 5116 249 5365

1707 61 1768 2722 189 2911 4295 443 4738 5193 473 5666 4171 149 4320 4692 113 4805

Zählstelle Ster- Brixen zing 1743 277 2020 3074 291 3365 4038 504 4542 6384 1116 7500 4059 175 4234 5427 447 5874

2622 681 3303 5032 796 5828 9784 1140 10924 8323 1691 10014 7962 1146 9108 9603 1296 10899

Bozen Nord

Auer

3394 642 4036 5711 981 6692 7602 1104 8706 10696 2179 12875 9593 1191 10784 10838 1815 12653

2345 725 3070 3937 1151 5088 7495 1634 9129 5878 1824 7702 7023 1263 8286 8878 1929 10807

Quelle: Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung und Censimento della circolazione

A NHANG

Tabelle 6: Verkehrsstatistik der A13 Jahr

1965

1970

1975

1980

P G V P G V P G V P G V

Innsbruck Süd 6439 616 7055 6907 425 7332 9192 1694 10886 15660 2221 17881

Zählstelle Matrei

Brenner

4496 393 4889 6569 1263 7832 10577 1783 12360

3536 347 3883 5166 1261 6427 8807 1706 10513

Quelle: Verkehrsdaten aus Straßenverkehrszählung

| 367

368 | TRAUMSTRASSE ODER TRANSITHÖLLE?

9.2 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AG A.N.A.S. [bzw. ANAS] A13 A22 Abt. AHBz ASFINAG ASTAT ATLR B 57, Bd. 364 B182 BayHStA BGBl CCIAA [bzw. C.C.I.A.] CEMT COST DC E6 EG EWG FGSV HaFraBa e.V. Herv. i.O. IHK IRI JTH Kat. KgWT lfd. Nr. LH LR Min. a. D. MGr

Aktiengesellschaft Azienda Nazionale Autonoma delle Strade Statali österreichische Brennerautobahn italienische Brennerautobahn Abteilung Archiv der Handelskammer Bozen Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft Südtiroler Landesinstitut für Statistik Amt der Tiroler Landesregierung B: Akten des Auswärtigen Amts der BRD; Bd.: Archivaliensignatur Brennerbundesstraße in Österreich Bayerisches Hauptstaatsarchiv Bundesgesetzblatt Camera di Commercio Industria Artigianato e Agricoltura Conférence Européenne des Ministres des Transports European Cooperation in Science and Technology Democrazia Cristiana Europastraße 6 [entspricht in etwa der heutigen E45] Europäische Gemeinschaft Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen Verein zur Vorbereitung der Autostraße Hamburg (ab 1928 Hansestädte)–Frankfurt–Basel Hervorhebung im Original Industrie- und Handelskammer Istituto per la Ricostruzione Industriale The Journal of Transport History Kategorie Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol Laufende Nummer Landeshauptmann Landesrat Minister außer Dienst Mittelgruppe

A NHANG

MWi NN NR o.D. o.J. O.Zl. ÖGS Ök.-Rat ÖAMTC ÖVP Pos. PP AA RP ITA S.A.L.V.A.R. S.p.A. SAM Sen. SLA SPÖ SS12 StABx StAK Stenograph. SVP T²M TLA TN UN-ECE bzw. UNECE VOEST ZA15K

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Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Nomen Nominandum [ungezeichneter Artikel] Nationalrat Ohne Datum Ohne Jahr Ordnungszahl Österreichische Gesellschaft für Straßenwesen Ökonomierat Österreichischer Automobil-, Motorrad- und Touring Club Österreichische Volkspartei Position Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes Ratsprotokolle (italienische Verwaltung) Società Azionaria Lavorazione Valorizzazione Acque Radioattive Società per azioni Stadtarchiv Meran Senator Südtiroler Landesarchiv Sozialistische Partei Österreichs (von 1945 bis 1991) Brennerstaatsstraße in Italien Stadtarchiv Brixen Stadtarchiv Klausen Stenographisch Südtiroler Volkspartei International Association on the History of Transport, Traffic and Mobility Tiroler Landesarchiv Tiroler Nachrichten United Nations Economic Commission for Europe Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke AG Zentralarchiv Ablage 15 Kategorien

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