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German Pages 306 [316] Year 1964
BRÄUER I T O N B E W E G U N G
ROBERT BRÄUER
Tonbewegung und Erscheinungsformen des sprachlichen Rhythmus Profile des deutschen Blankverses
B E R L I N 1964 W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.
Archiv-Nr. 47 68 64/1
© Copyright 1964 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sche Verlagshan dliing — J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J . Trübner — Veit & Comp. — Printed in Germany. Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30
INHALT Sehe
I. Bestandsaufnahme und Abkehr von einer althergebrachten Auffassung 1 II. Goethes Blankvers 15 III. Der Blankvers Lessings 45 IV. Der Blankvers bei Schiller 64 V. Kleists Blankvers 92 VI. Der Blankvers bei Grillparzer 118 VII. Der Blankvers Hebbels 134 VIII. Personalstilistische Unterscheidungen 148 IX. Weitere rhythmische Gewohnheiten und Neigungen 167 X. Rangordnung der metrischen Bestimmtheit 184 Allgemeine Erkenntnisse Einzel-Teste Vergleichende Feststellungen Graphische Darstellungen der gesamten Tonbewegung in den untersuchten Texten Goethes Lessings Schillers Kleists Grillparzers Hebbels
231 235 241
Literaturverzeichnis Namenregister Sachregister
300 302 304
252 260 268 276 284 292
Der Rhythmus ist alles, das Metrum ist nichts. Verwcy. I Kritischer Rückblick. Entwicklung des Untersuchungsverfahrens. Vers- und Wortfuß. Der Rhythmus eine Dreiform. Mögliche Erscheinungsformen rhythmischer Bewegung.
Die deutsche Rhythmusforschung ist offenbar in eine Sackgasse geraten. Es haben sich unter ihren Vertretern mehrere Parteien gebildet, deren Meinungen seit langem unausgesöhnt nebeneinander bestehen. Erinnert sei in einem kurzen Rückblick auf das in den letzten hundert Jahren auf diesem Gebiete Erreichte: so an die erregende Kontroverse, welche um die Jahrhundertwende zwischen Hermann Böhm 1 und Jakob Minor 2 entbrannte um die Auffassung des häufigsten Versmaßes deutschsprachiger Dichtungen, des regelmäßigen Wechsels schwächer und stärker betonter Silben, den man bis dahin in Anlehnung an die antike Metrik im übertragenen Sinne als jambisch bezeichnet hatte. Und zwar beanstandete Böhm nicht die schon von anderen gerügte Gleichsetzung von antiker Länge und germanischer Hebung, von antiker Kürze und germanischer Senkung — das trochäische und das amphibrachische Maß ließ er nämlich unangefochten — sondern er behauptete, daß die Analogie mit der Musik, welche in der Regel den ersten Taktteil am meisten betont, die Annahme von ganzen jambischen (oder anapästischen) Strophen und größeren Zusammenhängen verbiete. Er empfand diese Metren, auch aus anderem Grunde, als der Natur der deutschen Sprache zuwiderlaufend, als „undeutsch" 3. Und es gelang Minor, der dem mit guten Argumenten widersprach und den von Böhm als störend erachteten mangelnden Einklang von Wort- und Versfuß gerade als einen häufig angestrebten rhythmischen Reiz ansah, nicht, seinen geistreichen Widersacher zu überzeugen. Die von beiden Seiten urban und besonnen geführte Aussprache enthielt zwar manchen neuartigen und heute noch beherzigenswerten Gedanken, ist in der Hauptsache aber bedauerlicherweise unfruchtbar geblieben. So haben z. B. Ernst Zitelmann4 und Leonhard Hettich 5 in ihren einschlägigen Untersuchungen bald danach schon ganz darauf verzichtet, das unlösbar erscheinende Problem noch einmal aufzugreifen. 1 2 3 4 5
Böhm, H., Zur deutschen Metrik. Beil. z. Schulprogr. I, Berlin 1890; II, Berlin 1895. Minor, J., Neuhochdeutsche Metrik. Straßburg 1893 (1. A.), 1902 (2. A.). Böhm, aaO. I, S. 23. Zitelmann, E., Der Rhythmus des fünffüßigen Jambus. Leipzig 1907. Hettich, L., Der fünffüßige Jambus in den Dramen Goethes. Heidelberg 1913.
1 B r ä u e r , Tonbewegung
1
Gedacht sei auch der zwischen Franz Saran6 und Eduard Sievers7, um nur zwei streitbare Verfechter ebenfalls unvereinbarer Denkrichtungen zu nennen, mit Erbitterung geführten und ergebnislos abgebrochenen Auseinandersetzung darüber, ob es gerechtfertigt sei, gewöhnlicher Prosa einen Rhythmus zuzuerkennen. Die Meinungen trafen hart aufeinander, denn — es bestand nicht einmal Einigkeit darin, was sprachlicher Rhythmus überhaupt sei! Die Polemik, in der sich, durch A. Lipsky 8 , auch das Ausland zum Worte meldete, schied mehr als zwei Jahrzehnte lang die gesamte Fachwelt in zwei feindliche Lager und erstickte, als einer der Kontrahenten so weit ging, die gegnerische Ansicht als baren „nonsense" abzutun. Meine bisherigen rhythmischen Studien galten dem Bemühen, grundlegende Feststellungen über Verschiedenheiten von Tempobewegung und dynamischer Gestaltung in Poesie und Prosa zu gewinnen 9 und, ausgehend von experimentellen Ermittlungen H. Werners 10 , der jedoch die Verhältnisse der sprachlichen Formung noch nicht in Betracht gezogen hatte, die vielfach schwankende terminologische Verwendung des Rhythmusbegriffes in der gesamten Kunstlehre zu überwinden 11 , ein Unterfangen, wobei P. Habermann12 und E. Drach 13 an Stellen, die eine Klärung dringend erwarten ließen, noch gescheitert waren. Es hat nicht an umfangreichen und sehr mühsamen Untersuchungen gefehlt, welche dem Vorkommen und dem unterschiedlichen Gebrauch des Blankverses bei mehreren unserer Klassiker gewidmet sind: so wurde nach dem Vorgehen F. Zarnkes14, der eine ausführliche geschichtliche Orientierung und Analysen von Lessings und Schillers Versbau im Drama gegeben hatte (die im Titel seiner Abhandlung angekündigte Behandlung Goethes ist über einen kurzen Ausblick nicht hinausgekommen), durch Eduard Belling 15 die Metrik Schillers mit dem Willen zu größerer VollSaran, Fr., Deutsche Verslehre. München 1907, id., Deutsche Verskunst. Berlin 1934. Sievers, E., Grundzüge der Phonetik. 5. A., Leipzig 1901, id., Verh. d. 42. PhilologenVersammlung, S. 370—382. 8 Lipsky, A., Rhythm as a distinguishing characteristic of Prose Style. In: Archives of Psychology. New York 1907. * Bräuer, R., Rhythmische Studien, Untersuchungen zu Tempo, Agogik und Dynamik des Eichendorffschen Stiles. Archiv £. d. ges. Psychologie, Bd. 56, H. 3/4, Leipzig 1926. 10 Werner, H., Rhythmik, eine mehrwertige Gestaltverkettung. Zs. f. Psychologie u. Physiologie, Bd. 82, S. 198—218. 1 1 Bräuer, R., Der Rhythmus in der Welt. Archiv f. d. ges. Psychologie, Bd. 98, S. 143 bis 153, Leipzig 1937. 12 Habermann, P., Artikel „Rhythmus". In: Reallexikon d. dt. Lit.gesch. III, S. 49—57, Berlin 1928/29. 13 Drach, E., Artikel „Versmaß". In: Sachwörterbuch d. Deutschkunde II, S. 1207, Leipzig 1930 1 1 Zarncke, Fr., Über den fünffüßigen Jambus bei Lessing, Schiller u. Goethe, 1865; Nachdruck in: Goetheschriften, S. 309—428, Leipzig 1897. 15 Belling, E., Die Metrik Schillers. Breslau 1883. 6 7
2
ständigkeit dargelegt; femer wurde durch Albert Koch16 der Versbau in Goethes „Iphigenie", „Tasso" und „Natürlicher Tochter", durch Wolfrad Rube 17 der Gebrauch des Blankverses in den Dramen Hebbels, durch L. Hettich18 der Versbau in allen Dramen Goethes, die Faustdichtung ausgenommen, nach manchen Richtungen hin abschließend erforscht. Kennzeichnend für die genannten Arbeiten ist, daß darin eine Vielzahl von Eigentümlichkeiten erfaßt werden, ohne jedoch bis zur rhythmischen Eigenart des Verses vorzudringen. Es fällt auf, daß in den sehr ins Einzelne gehenden Arbeiten Kochs gegenüber den sorgfältigen Feststellungen über Länge der Verse und Satzgefüge, über Hiat und syntaktische Veränderung die wesenhafte Betrachtung der Wort- und Satzbetonung ungebührlich zurücktritt und im Hinblick auf die „Iphigenie" nur etwa ein Fünfzehntel des Gesamtumfangs der auf dieses Werk bezüglichen Untersuchungen beansprucht. Einen breiten Raum nimmt bei Koch wie bei Hettich die fragwürdige Auswertung der Redepausen ein, von denen sich, wie schon Minor 19 hervorhebt, nur festsetzen läßt, wo eine stehen kann, nicht wo sie stehen muß. Unzulänglich ist also immer noch die Erkenntnis der Tonbewegung im Verse geblieben. Obwohl R. P. Ottmann20 und K. Marbe 21 vor H. Unser22 bereits nachdrücklich auf das Erfordernis hingewiesen hatten, die Beobachtung der Akzentverhältnisse zu verfeinern, konnte Rudolf Haller, dem meine Untersuchungen zur Dynamik Eichendorffs bis dahin unbekannt geblieben waren, am Ende seiner „Studie über den deutschen Blankvers", 195723, noch über keine nennenswerten Fortschritte in Richtung auf das ideale Fernziel der Metriker berichten. Folgerichtig gipfelt seine anregende Abhandlung in der Empfehlung, vor allem „Beobachtungen über den Wechsel der Iktenstärke und über die Rhythmik" anzustellen, wodurch sich die Dichter auch seiner Meinung nach untereinander am deutlichsten unterscheiden. In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß wir Saran den ersten Impuls zu einer vielschichtigen Schwereabstufung zu verdanken haben. Er ist meines Wissens der erste Forscher, der, 190724, eine neunfache Scheidung der Sinngewichte, zunächst an einem Material von nur 14
17 18 19 20 21 22 23
l*
Koch, A., Über den Versbau in Goethes „Iphigenie". Jahresber. d. Friedrich-WilhelmSchule, Stettin 1900; id., Uber den Versbau in Goethes „Tasso" und „Natürlicher Tochter". Schulprogramm, Stettin 1902. Rube, W., Der fünffüßige Jambus bei Hebbel. Diss. Heidelberg 1910. Hettich, L., Der fünffüßige Jambus in den Dramen Goethes. Heidelberg 1913. Minor, aaO. 1902, S. 199. Ottmann, R. E., Ein Büchlein vom deutschen Vers. Gießen 1900. Marbe, K., Über den Rhythmus der Prosa. Gießen 1904. Unser, H., Über den Rhythmus der deutschen Prosa. Diss. Freiburg 1906. Haller, R., Studie über den deutschen Blankvers. Dt. Viertelj.schr. f. Lit.wiss. u. Geistesgesch. 31, H. 3, S. 380—424.
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10 Worten, für erwünscht und durchführbar gehalten hat, um, 193424, bei dem Versuch der Nutzanwendung auf ein umfängliches Material noch erheblich darüber hinauszugehen. Und es wird im folgenden (S. 56/7) keiner langen Begründung bedürfen, warum dem Unterfangen, voll-überschwere, halb-überschwere, kaum-überschwere, vollschwere, unter-vollschwere, halb-schwere, unter-halbschwere, kaum-schwere, unter-kaumschwere, ebenleichte, halb-leichte, voll-leichte und über-leichte Hebungen25 auseinanderzuhalten, nur geringe Nachfolge und keine überzeugenden Ergebnisse beschieden sein konnten. Im gleichen Jahr wie Saran, 1907, erneuerte auch Zitelmann, ohne von vorgängerischen Bemühungen Notiz zu nehmen, die Forderung Ottmanns und Marbes, beschränkte sich allerdings, unter bewußter Vernachlässigung des elementaren („niederen") Rhythmus, darauf, nur die bedeutsameren H e b u n g e n der Verse, von ihm wenig glücklich „betonte Hebungen" genannt, einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Manches ist von diesem Verfasser sicher richtig gesehen worden und fein empfunden. Im ganzen wirken die Erträge seiner Methode jedoch schwachfundiert, solange die Elemente des Rhythmus nicht gründlich erforscht sind. Angreifbar und bedenklich erscheint mir auch26, „ v o r der vergleichenden Beobachtung der einzelnen Verse durch allgemeinere Gedankengänge vorherbestimmen" zu wollen, welche „rhythmische Gliederung ein Vers haben muß, um gut zu klingen". Zitelmann gelangt auf dem von ihm eingeschlagenen Wege zu einer Reihe von Gliederungstypen, die seine Voreingenommenheit klar bekunden. Es ist das Verdienst Ottmanns gewesen, schärfer als alle seine Vorläufer die Bedeutung der Senkungsbehandlung zu erkennen. Er glaubte sehen zu können, daß die Ausfüllung der ungeraden jambisch bewegten Versstellen auf fünffach verschiedene Weise geschehen kann und laufend geschieht. Dieser Erkenntnisfortschritt ist, soweit mir bekannt, noch nirgends ausgewertet worden. Ottmann selbst begnügte sich leider damit, nur Vorschläge zur genaueren Sinnabstufung an diesen Stellen zu unterbreiten, unterließ es jedenfalls, sie auf zusammenhängende Texte anzuwenden und den g e r a d e n Versstellen die gleiche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Hier ist er nämlich bei einer zweifachen Abstufung stehen geblieben, welche schon Sievers vorgenommen hatte, um seine Annahme podischer und dipodischer Bauart der Verse mit Wahrscheinlichkeit auszustatten: eine anhand seiner eigenen Beispiele leicht widerlegbare Kategorisierung, welche Fr. Kauffmann27 sogleich übernahm und auch in den späteren Auflagen seiner Deutschen Metrik beibehielt. 24 25 26 27
4
Saran, Fr., Deutsche Verslehre. München 1907; id., Deutsche Verskunst. Berlin 1934. Saran, Verskunst, 1934, S. 159. Zitelmann, aaO. S. 6. Kauffmann, Fr., Deutsche Metrik. Marburg 1897 (1. A.), 1912 (3. A.), 1925 (4. A.).
Mein nächstes Bemühen soll sein, zur Ausfüllung der zutagegetretenen wesentlichen Lücken in der Rhythmusforschung einen neuen Beitrag zu liefern, und zwar unter Zuhilfenahme einer wiederum vierfachen Sinngewichtsunterscheidung, die sich mir, in abweichender Form, schon 1926 bewährt hatte und sich auf alle Versstellen gleicherweise erstrecken wird. Um möglichst günstige Voraussetzungen für Vergleiche zu schaffen, wählte ich etwa gleichlange Abschnitte aus Werken unserer bedeutendsten Klassiker: 1. Goethe, Iphigenie auf Tauris I, 1 (53 Verse) 2. Lessing, Nathan der Weise III, 8 (49 Verse) 3. Schiller, Wallensteins Tod I, 4 (53 Verse) 4. Kleist, Der Prinz von Homburg II, 5 (38 Verse), IV, 3 (11 Verse) 5. Grillparzer, Sappho IV, 1 (54 Verse) 6. Hebbel, Herodes und Mariamne III, 6 Schluß (50 Verse) Von der Benutzung der Methode objektiver Schallaufzeichnung mittels des einst durch Marbe entwickelten Rußschreibeverfahrens, welches, laut Wildhagen28 keineswegs unfehlbar und nicht tauglich ist, um zusammenhängende Texte solchen Umfangs miteinander zu vergleichen, wurde ganz abgesehen, weil sie „über die Anforderungen, die an eine Methode zur Untersuchung der Betonung der Sprache zu stellen sind, bei der es vor allem auf den subjektiven Intensitätseindruck ankommt, weit hinaus" geht29. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß sie die komplexe Größe der „ B e t o n u n g " , worunter ich nicht nur den d y n a m i s c h e n A k z e n t , sondern das wechselnde Zusammenwirken von Tonstärke, Tonhöhe, Tondauer oder Klangfarbe verstehe, in ihre Komponenten zerlegt und so zu keiner zusammenfassenden Würdigung gelangen läßt. Es braucht kaum angemerkt zu werden, daß eine zwangsläufig subjektive Textauffassung nicht mit der Anmaßung vorgelegt wird, in allen Einzelheiten als die einzig mögliche gelten zu wollen. Da es der Sprache, im Gegensatz zur Tonkunst, bekanntlich an Mitteln fehlt, die Betonung wie auch das — damit in gewisser Weise gekoppelte — Sprechtempo (nebst Tonhöhe und -dauer) in Schrift oder Druck wiederzugeben, so ist die Feststellung der Sinngewichte, welche im allgemeinen — obwohl Saran dieses nicht wahrhaben will, wenn er 30 die befremdliche These aufstellt, daß die Schwere mit dem inhaltlichen Bedeutungsgewicht „nichts" zu tun habe — durchaus die Betonung regeln, vornehmlich dem Sprachgebrauch unterworfen, daneben aber auch dem individuellen Einfühlungsvermögen, dessen Anteil — nach den Aussagen verläßlicher 28
29 30
Wildhagen, E., Über die Verwendung des Rußschreibeverfahrens zur Analyse von Sprachaufnahmen, besonders ihrer Intensität. Diss. Kiel 1923. Wildhagen, aaO. S. 16. Saran, Verskunst, 1934, S. 158.
5
Gewährsmänner — glücklicherweise so gering ist, daß von einer nur der Selbstkontrolle überlassenen Skandierung gleichwohl sichere Ergebnisse erwartet werden dürfen. Unter anderen versicherte R. M. Meyer 31 : . . . „es ist zuzugeben,daß in normalen Fällen jeder, der der betreffenden Sprache mächtig ist, u n g e f ä h r g l e i c h betonen wird". Friedrich Gropp hat durch einen exakten Versuch 32 gezeigt, daß drei verschiedene Personen einen Text nach derselben Ausgabe n a h e z u ü b e r e i n s t i m m e n d wiedergaben. Daß dies für den ganzen Bereich der germanischen Sprachen gilt, scheint durch das bedeutsame Zeugnis A. Lipsky's 33 erhärtet zu werden: „There was a h i g h d e g r e e of a g r e e m e n t a m o n g the m a r k e r s . . . . The agreement is close enough to justify the assumption that the scanning of one individual having a {good ear) would be just as valid for the practical purpose in view as the result obtained by adding markings of several persons . . . The i n d i v i d u a l v a r i a t i o n s are i n s i g n i f i c a n t beside the large differences due to different types of rhythm. . . One person's scanning of a number of poetical specimens would be sure to show these typical differences, however it might vary in detail from the scanning of another". Danach erübrigt es sich also, einzelne unvermeidliche Auffassungsdivergenzen zum Anlaß einer Polemik zu nehmen, wie L. Benoist-Hanappier34 dies gegenüber Goldbeck-Löwes 35 Klopstockinterpretationen etwa getan hat. Es gibt aber einige andere Fehlerquellen, welche in höherem Maße geeignet sind, die Ergebnisse zu beeinträchtigen. Minor 36 hat darauf hingewiesen, welchen Einfluß die Vortragsart haben kann: „. . . je pathetischer und feierlicher, umso gleichmäßiger werde ich alle Hebungen betonen". Und Hettich37 ist die Bedeutung der Lesegeschwindigkeit bewußt geworden: „Sehr viel spricht bei der Anzahl der gehörten Ikte natürlich das Tempo des Vortrages mit. . . Langsamere Tempi lassen mehr Akzente hören". Es muß darum bei der Herstellung des Betonungsbildes auf einheitliche Vortragsweise gewissenhaft geachtet werden. Am ehesten vermeidbar sollten Unzulänglichkeiten der Aufzeichnung sein, welche mangelnder Sorgfalt entspringen, wie offenkundig bei Minor, wenn er38 die halbfett gedruckten Silben folgender Wörter: VN
NN
NN
„Barbara, Nesseltuch, Tritt Mariannes" mit g l e i c h e n dynamischen Graden belegte, dagegen: 31 32
33 34 35 38 87 38
6
Meyer, R. M., Deutsche Stilistik, § 71, S. 67, München 1913. Gropp, Fr., Zur Ästhetik u. statist. Beschreibung des Prosa-Rhythmus. Zs. Fortschritte der Psychologie IV, § 6, S. 59. Leipzig 1917. Lipsky, A., aaO. p. 7. Benoist-Hanappier, L., Die freien Rhythmen i. d. dtsch. Lyrik. Halle 1905. Goldbeck-Löwe, A., Zur Gesch. d. freien Verse i. d. dtsch. Dichtung. Diss. Kiel 1891. Minor, aaO., 2. Aufl., S. 29. Hettich, aaO., S. 174/5. Minor, aaO., 1. Aufl., S. 103.
„trat ans Fenster, am Herzen lag, Blick gönnte" mit a n d e r e n dynamischen Qualitäten versah als die damit gleichwertigen „trat sie zurück, auf den Tisch warf, vorbeidrängte"! Minor bezeichnete hier mit - die drittstärkste, mit die vierte Qualität, mit « Unbetontheit. — Auch Ottmanns Skandierung war nicht frei von Willkürlichkeiten; man vergleiche daraufhin einige Stellen seiner Skandierung von Eichendorffs „Die stille Gemeinde" 39 : die Wälder weit (Str. 2) /
Todmüde (5) /
alle Blumen bunt (Str. 3) /
\
tiefschwülen Grunde (5) \
im roten Feuermeer (10)
auf stiller Höh (4)
So still der Wald (13)
so still das Meer (13)
Da schwieg der Wind (21) / In allen Felsenquellen (16)
und rauscht das Meer (21) v aus allen Wunden (23)
/
s
An mangelnder Sorgfalt in dieser Hinsicht krankt auch die Kieler Dissertation des letzten Ausläufers der Saranschen Schule, wo Pörschke40 in der Ersten Elegie nur 7 von über 100 Senkungen mit einem der vier von ihm, im Anschluß an Saran, für Senkungen vorgesehenen Zeichen versieht, während er die übrigen alle als unterhalb der Schwelle von „Übersenkungen", seiner niedrigsten Tonstufe, liegend behandelt; wenn er am Ende von Hexameter 2: „ich" als „überleichte" Senkung markiert, während er — beidemal handelt es sich um enklitischen Gebrauch — in Hexameter 1, wie an anderen Stellen, dasselbe Wort unbezeichnet läßt; wenn er in der gleichen Elegie das satzeinleitende „Und" am Anfang des fünften Pentameters anders akzentuiert als, in gleicher syntaktischer Verwendung, zu Beginn des sechsten Hexameters; wenn er 11 „auch" das eine Mal unbezeichnet läßt, gleich darauf als „halbschwere Hebung" aufgefaßt wissen will! Wie sorglos auf diesem Gebiete bisher meistens „gearbeitet" ist, belegt auch eine Skandierung Schlegelscher Verse, die W. Kayser42 als Musterbeispiel durchgängiger dipodischer Bauart anführt. Denn er sagt darüber: „Jedesmal müssen die erste und dritte Hebung wesentlich schwächer gesprochen werden als die zweite und vierte . . . deutlich haben wir als wiederkehrende Einheit x x x x Um dem Leser die schnelle Möglichkeit zu geben, die Berechtigung meiner Ablehnung solcher 39 40
41 42
Ottmann, aaO., S. 1/4. Pörschke, K., Die Versgestalt in Hölderlins Elegienzyklus „Menons Klagen um Diotima". Diss., S. 50. Kiel 1936. Pörschke, aaO., S. 58: III l a und 4a. Kayser, W., Kleine deutsche Versschule, 3. Aufl., S. 101/2. Bern 1951.
7
Gleichmacherei nachzuprüfen, teile ich einige der von Kayser und mir verschieden aufgefaßten Zeilen mit: K a y s er s Skandierung s
/
s
A
Z. 5: Will die Brust in Schmerz sich lösen V
V
A
A
7: Wo ich Schmerz und Mut gesogen * * * \ 9: Und inmitten solcher Klagen V
f
\
t
12: Unsre Brust mit Heldentreue \
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14: Kann ich gleich! mit euch nicht leben V
A
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A
19: Auf des Herzens Fels zu bauen M e i n e Skandierung Z. 5: Will die Brust in Schmerz sich lösen \
A
A
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7: Wo ich Schmerz und Mut gesogen V
V
V
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9: Und inmitten solcher Klagen / * < 12: Unsre Brust mit Heldentreue \
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14: Kann ich gleich! mit euch nicht leben \
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A
A
19: Auf des Herzens Fels zu bauen Man verzeihe mir diese Anhäufung von absprechenden Urteilen, aber es muß einmal reiner Tisch gemacht und alles ausgeschieden werden, was die Rhythmusforschung belastet und verwirrt, aber nicht weiter gebracht hat. Man nehme diese Beanstandungen nicht etwa als Anzeichen dafür, daß ich der Ansicht sei, dasselbe Wort immer und überall in derselben Weise betonen zu müssen. Die syntaktischen Kategorien sind zwar grundlegend für die Verleihung der Tongewichte, insofern als Sinnträger der Sprache wie Substantiv oder Verb in den allermeisten Fällen, wie PanconcelliCalzia43 bezeugt („Der Durchschnittsluftverbrauch nimmt mit der Phonationsstärke zu"), mit größerem Atemverbrauch gesprochen werden als die sogenannten Formwörter: die feineren Unterscheidungen sind jedoch nur aus dem Sinnzusammenhang heraus und ohne Schematismus richtig zu treffen. Und es ist nicht ganz selten, daß ein und dasselbe Wort — meist wird es sich um Einsilber handeln — in v e r s c h i e d e n e r s y n t a k t i s c h e r V e r w e n d u n g (auch Satzeinschnitte tragen dazu bei) ungleichtonig ausgesprochen wird. So kam ich z. B. beim Skandieren folgender Stellen zu abweichender Bewertung, ausgedrückt durch Zahlen, die mit zunehmendem Tongewicht ansteigen: 43
8
Panconcelli-Calzia, Die experimentelle Phonetik in ihrer Anwendung auf die Sprachwissenschaft, 2. A., S. 24. Berlin 1924.
die du vom Tod errettet 2
fern von Eltern 3
dagegen: den du, die Tochter fordernd 4
ich kann die Schuld nicht von mir wälzen 4
Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn
Wenn sie mich liebte!
das Land der Griechen
das sagte ich mir selbst
2
2
der Frauen Zustand
3
4
Das ist gewiß! 3
Weh dem, der fern von Eltern
Einmütigkeit besteht seit langem darüber, daß die vielfach allein geübte zweifache Akzentunterscheidung nicht ausreicht, um zum Wesen des Rhythmus vorzudringen. Die Forderung nach einer strengeren Iktenuntersuchung ist darum schon öfter, fast bis zum Überdruß, zuletzt durch Haller, 1957, erhoben worden. Ich halte diese Aufgabe für unaufschiebbar, nachdem mir die Verunglimpfung des klassischen Fünfhebers durch Bert Brecht44 bekannt geworden ist, der, nicht nur auf Schiller zielend, den einzigen unserer Klassiker, dem bei dieser Gelegenheit namentliche Erwähnung gegönnt wird, den „üblichen fünffüßigen Jambus" wegen seiner „öligen Glätte" verworfen und dementsprechend aus seinem eigenen ganzen Werke verbannt hat. Es wird sich im folgenden zugleich um den Versuch einer Ehrenrettung unseres klassischen Versmaßes handeln. Zum althergebrachten, anscheinend unvermeidbaren Inventar der Mehrzahl aller Rhythmusuntersuchungen gehört es noch immer, das Versmaß nach „Füßen" zu bestimmen. Man geht seit Jahrhunderten von der stillschweigenden Voraussetzung aus, daß diese die kleinsten Elemente oder Bausteine des rhythmischen Geschehens seien, und wähnt, einen wesenhaften Unterschied zu erfassen, wenn man feststellt, ob in alternierenden Versen die erste relativ stärkere Silbe einer oder zwei schwächeren — wie beim antiken Jambus und Anapäst — f o l g t oder — wie beim antiken Trochäus oder Daktylus — v o r a n g e h t . Und dies, obschon Böhm 45 (aaO., 1890) gezeigt hat, daß der seit dem Altertum unverändert gebliebene Standpunkt der Metriker eigentlich unhaltbar geworden ist. Böhm vergleicht dort die Eingangssenkung eines Verses zu Recht mit dem „Auftakt" in der Musik, der über den Charakter der ganzen folgenden Melodie noch keine Aussage enthält, und bestreitet z. B., daß die Verse Logaus: 44
45
Brecht, B., Uber reimlose Lyrik mit unregelmäßigen Rhythmen. H. 12 der „Versuche", S. 143—147. Berlin 1953. Böhm, Schulprogr. I.
Kann die deutsche Sprache schnauben, schnarchen, poltern, donnern, krachen, Kann sie doch auch spielen, scherzen, lieben, tändeln, kosen, lachen — ein Prototyp „trochäischer Bauart" — plötzlich jambische, also in das Gegenteil verkehrt werden, wenn man sie etwa folgendermaßen mit einer Senkung beginnen ließe: Kann unsre deutsche Sprache schnauben, schnarchen, poltern, donnern, krachen, So kann sie doch auch spielen, scherzen, lieben, tändeln, kosen, lachen. Böhm hält dafür, daß der Verscharakter beidemal, durch die häufigsten Wortfüße bestimmt, trochäisch ist. Ohne mir die ganze Begründung Böhms zu eigen zu machen, welcher, durch die Takteinteilung der abendländischen Musik fehlgeleitet, derjenigen Verseinteilung den Vorzug gibt, wodurch die wenigsten Wortstämme zerschnitten werden, stimme ich in der Sache mit ihm teilweise überein, indem ich es als unzweckmäßig, ja als nicht länger vertretbar ansehe, Vers- oder Wortfüße zur Grundlage meiner folgenden Betrachtung zu machen. Und zwar, weil ich, über Böhm hinausgehend, zu der Anschauung gekommen bin, daß die Feststellung von Versfüßen ü b e r haupt n i c h t an die Erfassung des Rhythmuscharakters heranführt. Es besagt auch in meinen Augen so gut wie nichts, ob man sich die Verse von Schillers „Ring des Polykrates" so: Er stand / auf sei/nes Da/ches Zin/nen Er schau/te mit / vergnüg/ten Sin/nen . . . oder so: Er / schaute / mit ver/gnügten / Sinnen Auf / das be/herrschte / Samos / hin . . . eingeteilt denkt. Vielmehr bin ich, wie schon angedeutet, zu der Uberzeugung gelangt, daß die genannten V e r s - oder W o r t f ü ß e noch gar keine R h y t h m e n sind und deswegen kaum etwas über den rhythmischen Gesamtcharakter auszusagen vermögen. Eine Ausnahme bildet der vielgelästerte Amphibrach. Dieser Gedanke bedarf noch einer Klarlegung. In Weiterführung des Wernerschen Versuches mit Folgen von Licht und Schatten sowie von Tönen, hat sich, wie ich 1937 in meinem Aufsatz über den „Rhythmus in der Welt" in großen Zügen dargestellt habe, mir ergeben, daß die von Werner gefundene Definition des Rhythmus als einer mehrwertigen Gestaltenverkettung auch auf dem Gebiete der Wortkunst gilt, wonach ein bloßes Nacheinander zweier Wahrnehmungselemente noch keine rhythmische Wirkung zustande kommen läßt. Wohl 10
sind zwei verschiedenartige „Gestalten", wie etwa Tonhöhen oder Tonstärkestufen, ausreichend und erforderlich, um ebenfalls bei Sprachäußerungen das rhythmische Minimum zu konstituieren; jedoch ist ihre einfache Folge, wie sie bei den bekanntesten Versfüßen stattfindet, noch nicht geeignet, eine rhythmische Empfindung zu erzeugen. Eine solche tritt erst auf, wo eine Dreiform erlebt wird, die das Merkmal der Eingebettetheit des einen Elementes besitzt. Dieser Bedingung genügen die Folgen a—b und b—a, welche den zweisilbigen Versfüßen Jambus und Trochäus entsprechen, offensichtlich nicht. Es ist also erst die Art der Verkettung, welche das Rhythmuserlebnis ermöglicht. Als ein Musterbeispiel der i d e a l e n U r f o r m des Rhythmus: a—b—a kann die Welle gelten. Damit wird zugleich deutlich, daß kein Rhythmus ohne eine Art von Wiederholung denkbar ist, daß aber nur gewisse Wiederholungen einen Rhythmus schaffen. Darum sind Folgen wie a—a—b oder a—b—b, Darstellungsbilder für Anapäst und Daktylus, ebenfalls noch keine Rhythmen, wohl aber der Amphibrach , was zu beweisen war, ebenso der Kretikus, Jede Welle ist eine Dreiform, bestehend aus der Wellenerhebung, dem Kamm oder Gipfel, und den beiden Wellenabhängen (dem Wellenanlauf und -ablauf). Will man zwei Wellen vergleichen, dann müssen Wellenhöhe u n d Wellenlänge, physikalisch gesprochen: Amplitude und Longitude, die zahlloser Variationen fähig sind, geprüft werden. In der Natur, etwa in der bewegten Meeresoberfläche, gleicht keine Welle genau der anderen. Und diese Wandlungsfähigkeit der Urform ist es, welche erklärt, daß Auge und Geist, abgesehen vom akustischen Eindruck, beim Anblick der ewigen Naturerscheinung immer von neuem gefesselt und angenehm erregt werden. Da die Bestandteile des Ur-Rhythmus, a und b, nicht an bestimmte Erscheinungsformen gebunden sind, gibt es allein auf dem Gebiete der Sprache eine unübersehbare Fülle von rhythmusbildenden Möglichkeiten, z. B. die Wiederkehr eines Lautes, einer Tonstufe, einer Klangfarbe, eines Formgebildes, eines Motivs, und keine Verlautbarung eines Sinnes ist denkbar ohne irgendein rhythmisches Vorkommen. Es gibt, wie ich es sehe, demnach keine Sprachäußerung, ob Poesie oder Prosa, die ganz frei wäre von jeglicher Form des Rhythmus. Seit jeher wird als Grundmaß des Blankverses der Jambus angesehen. Es wäre jedoch hier, wo es darauf ankommt, den Wellen des Rhythmus nachzugehen, sie zu beurteilen und die Akzenthöhe von z w e i Seiten aus zu messen, untunlich, der landläufigen Vorstellung gemäß nun in eine Erörterung über die Qualitäten von Jamben, welche ja nur Teile von rhythmischen Formen sind, einzutreten. Entsprechend der Fünfhebigkeit dieses alternierenden und auftaktig beginnenden Metrums betrachte ich im folgenden den klingend auslautenden Blankvers vom Typus 11
1
3
5
Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten I I I 1 2
4
als eine Reihe von fünf ineinander verzahnten Dreiformen, deren Beschaffenheit und Anordnung den rhythmischen Charakter der Verszeile bestimmt. In den zehnsilbigen Versen vom Typus 1
3
I i I i I Der Frauen Zustand ist beklagenswert I I J I 2
4
bleibt der letzte Rhythmus unvollendet, wenn man sie aus dem Zusammenhang löst, wie es hier, wo die Erforschung des niederen, elementaren Rhythmus das erste Anliegen ist, z u n ä c h s t geschehen muß. Berücksichtigt werden daher vorerst nur diejenigen Rhythmen, welche sich innerhalb der Verszeile vollenden; die Ausgänge der stumpf endenden Verse werden jedoch in eine spätere ergänzende Betrachtung einbezogen. In meinen untersuchten Texten von Goethe, Kleist und Grillparzer bilden Zehnsilber, im Gegensatz zu Lessing und Hebbel, die Minderheit, während die verschiedenen Zeilenausgänge sich bei Schiller die Waage halten. Bezüglich der Häufigkeit weiblicher (klingender) Versausgänge (w) liefern meine Beobachtungen keine Bestätigung der widersprüchlichen Angaben Hallers, daß „im allgemeinen . . . in deutschen Blankversen der männliche Versschluß (m) der e t w a s häufigere" 46 und daß weiblicher Ausgang ,,in k n a p p der Hälfte der Blankverse" 47 , daß derselbe „immer in einem Drittel oder gar fast der Hälfte aller Fälle" 48 anzutreffen sei. In den von mir im folgenden untersuchten Texten fand ich bei Goethe 10-Silber 23mal 11-Silber 30mal min 43%
Lessing 38mal llmal 77%
Schiller 27mal 26mal 51%
Kleist 20mal 29mal 41%
Grillparzer 23mal 31mal 43%
Hebbel 33mal 17mal 66% der Verse;
mithin zweimal erhebliche Überzahl der Verse mit stumpfem Ausgang, dagegen dreimal, nicht nur in den beiden einzigen Frauenmonologen, ein entschiedenes Übergewicht derjenigen Zeilenschlüsse, welche eine Unterbrechung des metrischen Flusses begünstigen. Um einem naheliegenden Einwand zu begegnen, habe ich daraufhin das ganze Drama Goethes („Iphigenie") durchmustert, mit dem Ergebnis, daß 1249 stumpf ausgehenden 846 Verse mit klingendem Ausgang gegenüberstehen, was der Relation 3:2 nahekommt. Im großen Durchschnitt sind hier also die gradzahligen Verse um fast 50% häufiger als 46 47 48
Haller, aaO. S. 409. ebd. S. 422, Z. 30 ebd. S. 422, Z. 20/21
12
Verse mit ungerader Silbenzahl. Mit anderen Worten: Goethe 2eigt, in diesem Drama, eine ausgesprochene Vorliebe für Verse, welche in den meisten Fällen eine über das Zeilenende hinausgehende alternierende Betonung ermöglichen und dort durch eine glatte Aufeinanderfolge jambischer Takte einer Verschleierung der Versgrenzen entgegenkommen. Dies gilt ebenso für alle von Iphigenie gesprochenen (907 an der Zahl, das Parzenlied ausgenommen, davon 538 m, 369 w) wie für die Gesamtzahl der Verse (1188, davon 711m, 477 w), welche auf Orest und Pylades, auf Thoas und Arkas entfallen; die Relation beträgt im ersten Falle 100:69, im zweiten Falle 100:67! Daraus geht hervor, daß dem Dichter eine etwa durchgängige Charakteristik der Geschlechter durch abweichende Versausgänge ferngelegen hat. Im einzelnen ist allerdings auffällig, daß die Überzahl der stumpfen Verse bei Pylades (insgesamt 359, davon 62% m), aber auch bei Iphigenie (insgesamt 907, davon 59% m), größer ist als bei Orest (insgesamt 444, davon 53% m), und bei den Griechen (insgesamt 1710, davon 58% m) geringer als bei den Skythen (insgesamt 385, davon 66% m). Es würde zu weit führen, hier die Ursachen und Auswirkungen dieser Schwankungen zu verfolgen. Schon jetzt aber ist zu sagen, daß die diesbezüglichen Bemerkungen Hallers wenig überzeugend und zu unbestimmt gehalten sind, um die Zusammenhänge durchscheinend werden zu lassen. Unter Zugrundelegung von vier Tonstufen oder -zonen, die ich hier nicht wie früher durch verschieden geformte Akzente, sondern einfacher durch Ziffern derart bezeichne, daß 1 der niedrigsten Senkungsstufe, 4 der stärksten Hebung zugeordnet wird, gibt es offenbar folgende Erscheinungsformen kleinrhythmischer Bewegung: 141, 142, 241,143, 341, 242, 243, 342, 343,131,132, 231, 232 und 121, also vierzehn Typen, von denen neun die absolute Gipfelhöhe 4, vier ,, ,, ,, 3, einer „ „ „ 2 besitzen. Sechs symmetrischen Typen (Nr. 1, 6, 9, 10, 13, 14) stehen vier Paare von unsymmetrischen Typen gegenüber, die sich wiederum wie Spiegelbilder zueinander verhalten: 142—241; 143—341; 243—342; 132—231; wie die folgenden Diagramme erweisen: 13
sind auch die Wellenlängen vielfach verschieden; sie gleichen sich bei Typen 2 und 3; 4 und 5; 6 und 10; 7 und 8; 11 und 12; 9, 13 und 14. Jede dieser Formen besitzt gemeinsame Züge mit anderen, und doch ist jede unverwechselbar. Der Gesamteindruck ist gleicherweise entfernt von Monotonie und verwirrender Buntheit. In jeder dieser Tonwellen klingt das Metrum auf eine andere Weise an. Die Wellenverläufe im einzelnen sind jedoch verschieden genug, um den erfreulichen Eindruck großen Reichtums zu bereiten; sie sind ähnlich genug, um zugleich die Empfindung einer unaufdringlichen Ordnung und wohlgefälliger Gesetzlichkeit entstehen zu lassen, wenn — von ihnen ein vielseitiger und weiser Gebrauch gemacht wird.
14
II Goethes Blankvers. Metrische Bestimmtheit der Eingangsverse verschiedener Werke. Wiederholung und Wiederkehr rhythmischer Formen innerhalb eines Verses. Verankerung des metrischen Grundschemas im Bewußtsein des Hörers. Häufigkeit der rhythmischen Profile. Sorgfältige Distanzierung gleicher Elemente. Architektonische Funktion. Eine unbrauchbare Unterscheidung. Wechselnd betonte Verse bilden überall die Regel. Auch unter den metrumgerechten Versen keine zwillinghafte Übereinstimmung. Unüberhörbare Ähnlichkeit. Iktenstärke und Häufigkeit. Typische Versgestalt. Verschiedene Anfälligkeit einzelner Versstellen für Störungen des metrischen Ablaufs. Häufigster Typ des unregelmäßigen Verses. Metrische Unebenheiten, welche rhythmische Vollkommenheiten sind. Variationsbreite der rhythmischen Versgestaltung. Länger anhaltende Unterbrechungen des Metrums. Halbe Rhythmen, rhythmische Indifferenz und Umkehrungen des Metrums: Drei klar gegeneinander abgegrenzte Verflüchtigungen des Metrums. Ein kurzer Blick auf den im Anhang mitgeteilten, skandierten GoetheText (Iphigenie 1 , 1 ) lehrt bereits, daß dort alle als möglich angenommenen rhythmischen Formen tatsächlich auftreten. Es ist nötig, diese erstaunliche Tatsache ins volle Bewußtsein zu heben. Eine Zusammenstellung v o n Beispielen erleichtert Nachprüfung und Vergleich der rhythmischen Wirkungen : 4
1)
1—4—1
eu/re Schatten / (V. 1) i
I
4
2)
1—4 — 2
mit der See/le suchend / (V. 12) 1 2
3)
2— 4—1
ein ho/her Wille (V. 8) 2 1
4)
1—4 — 3
Ihn freuet der / Besitz; ihn / (V. 27)
4
4
1
4
5)
3— 4—1
3
w o / sich Mitge / borne (V. 21) 3
1 4
6)
2— 4— 2
Und an / dem Ufer / (V. 11) 2
2
4
7)
2— 4— 3
ehrenvol/ler Tod ist / ihm bereitet (V. 28) 4
8)
3— 4— 2
2
3
ihn krönt der / Sieg (V. 27) 3
2 4
9)
3— 4— 3
noch jetzt mit (V. 4) 15
3
10)
1— 3—1
Mit/gebome/ (V. 21) 1 I
11)
1— 3— 2
Land der Grie/chen mit der / Seele suchend (V. 12) 1 2
12)
2—3—1
El/tern und Ge/schwister (V. 15) 2 1
13)
2—3—2
brau/send mir her/über (V. 14)
14)
1—2—1
3
3
3
2
2
2
ihn freu/et der Be/sitz (V. 27) l I Innerhalb der 53 Verse Goethes beträgt das Gesamtvorkommen dieser Formen, in denen das Metrum mehr oder weniger stark erklingt, 193 Fälle, die sich, wie folgt, verteilen: 1 — 4 — 1 : 28 mal 3 — 4 — 2: 16 mal 1 — 4 — 2: 20 „ 3 — 4 — 3: 8 „ 2 — 4 — 1 : 34 „ 1 — 3 — 1: 14 „ 1 — 3 — 2: 8 „ 1 — 4 — 3: 6 „ 2 — 3 — 1: 10 „ 3 — 4 — 1 : 14 „ 2 — 4 — 2: 23 „ 2 — 3 — 2: 4 „ 2 — 4 — 3: 6 „ 1— 2—1: 2 „ Es fällt sofort ins Auge, daß die am schärfsten geprägte rhythmische Form 1 — 4 — 1 die zweithöchste Häufigkeit besitzt. Es ist aufschlußreich, dem Vorkommen der metrisch idealsten Form nachzugehen: Sie kommt vor in etwa einem Drittel aller Verse, nämlich in 18 Versen, und zwar je einmal in 13 Versen (Nr. 7, 10, 11, 14, 17,18, 22, 28, 35, 36, 38, 49, 50) zweimal » 1 Verse (Nr. 34) je dreimal » 3 Versen (Nr. 1, 30, 42) viermal » 1 Verse (Nr. 2). Diejenigen Verse, welche von diesem Typ am stärksten beherrscht werden, sind auffällig distanziert. Am gewichtigsten erscheint mir die Tatsache, daß diese stark profilierte rhythmische Form in den beiden Eingangsversen des Dramas allein siebenmal erscheint, während im ganzen übrigen Monolog eine solche Anhäufung niemals annähernd erreicht wird: Verse 30 und 42 folgen in weitem Abstände mit j e dreimaligem, VV. 34 und 35 mit z u s a m m e n dreimaligem Vorkommen. Dies betrachte ich als ein Musterbeispiel für das, was ich oben „weise" Verteilung genannt habe. Denn der Typ 141 ist wie kein anderer geeignet, das metrische Grundschema im Bewußtsein des Hörers dieser Verse gewissermaßen zu verankern. Wären die ersten beiden Verse weniger scharf rhythmisiert, so würden die bald sich einstellenden Abweichungen vom Metrum nicht so wirksam 16
werden können. Bezeichnend ist auch, daß der Dichter erst in der zweiten Hälfte des Monologs von Wiederholungen dieses Typs innerhalb einer Zeile von neuem Gebrauch macht, gleichsam um das inzwischen mehr als zwei Dutzend Mal nicht verwirklichte Metrum wieder in Erinnerung zu bringen. Um diese Verteilung voll zu würdigen, ist es angebracht, hierbei noch etwas zu verweilen. Ich habe auch die entsprechenden Verhältnisse einiger anderer Dramen untersucht. Das Skandierungsbild der ersten vier T a s s o Verse sieht so aus: 4
4
4
1
4
Du siehst mich lächelnd an, Eleonore, 3
3
2
4
1
4
2 3
3
1 4
Und siehst dich selber an und lächelst wieder. 3
3
2
4
3
3 3
2 4
2 4
Was hast du ? Laß es eine Freundin wissen! 3
3
2
4
1
2
4
1
3
3
4
Du scheinst bedenklich, doch du scheinst vergnügt. 2
1
2
2
2
Die bestimmteste rhythmische Form 141 fehlt hier ganz. Sie bildete für die Feierlichkeit der gemessen zum Tempel schreitenden Priesterin den würdevollen Ausdruck; im vertraulichen Gespräch 2weier Freundinnen hätte sie zu pathetisch geklungen. Doch bestätigt sich auch hier, daß das Metrum am Anfang besser dargestellt wird als in den folgenden Zeilen. So enthält V. 1 die Tonstufe 4 ( = die höchste) viermal, Verse 2, 3 und 4 je dreimal. Die Eingangsverse der „ N a t ü r l i c h e n T o c h t e r " skandierte ich folgendermaßen: 4
4
4
4
4
Das flücht'ge Ziel, das Hunde, Roß und Mann 2
1 3
2 4
1 4
4
3 4
Auf seine Fährte bannend, nach sich reißt, 3
1
1
4
2
4
3 3
4
4
Der edle Hirsch, hat über Berg und Tal 2
1
3
4
4
2
3
3
3
4
So weit uns irr' geführt, daß ich mich selbst 3
3 3
1 4
3
3
3
4
4
Obgleich so landeskundig, hier nicht finde. 2
3
1
2
3
1
Der erste Vers der „N. T." übertrifft hinsichtlich genauer und scharfer Erfüllung des Metrums bei weitem die vier darauf folgenden, welche sämtlich bereits Abweichungen vom Grundschema enthalten. Alle Tonsteilen des ersten Verses gehören der höchsten Stufe an, die sich darin 2 B r ä u e r , Tonbewegung
17
viermal gegen die niedrigste Senkungsstufe abhebt, was in V. 2 dreimal, in V. 3 zweimal, in VV. 4 und 5 je einmal der Fall ist, gegenüber sechsund neunmaligem Vorkommen in den beiden ersten Versen der „Iphige• i< nie : 4
3
4
4
4
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel 2 2 1 1 1 1 4
4
4
4
4
Des alten, heiigen, dichtbelaubten Haines 2 1 1 1 1 1 Die Prüfung der drei ersten „Nathan"-Verse: 4
4
4
4
4
Er ist es I Nathan! — Gott sei ewig Dank, 2
2
2
3
3
4
3
2
4
3
Daß ihr doch endlich einmal wiederkommt. 3
3
4
2
2
4
2
4
4
4
Ja, Daja; Gott sei Dank! Doch warum endlich? 4
2
3
3
2
2
lehrt, daß in diesen die rhythmische Form 141 ganz abwesend ist. Der erste und dritte Vers erreichen an allen geraden Stellen zwar die Höchststufe, jedoch keinmal von der niedrigsten Senkungsstufe aus, mehrmals dagegen von Stufe 3 aus, was eine weit geringere Amplitude ergibt. Immerhin beträgt die Summe der Abstände zwischen Hebungen und Senkungen, in Stufen gemessen, im ersten Vers: 16, im zweiten: 10, im dritten (dem ersten Elfsilber): 14, was wiederum eine etwas größere rhythmische Bestimmtheit des ersten Verses enthüllt. Die Eingangsverse in Schillers „ W a l l e n s t e i n " lauten: 4
3
4
4
4
Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt! Der weite Weg, 4
3 2
3
4
4
2 3
1
4
Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen. (Die Piccolomini) 4
2
2 4
2
3 4
2
1 4
4
Laß es jetzt gut sein, Seni. Komm herab. 3
3
3
4
2
4
4
2 4
4
Der Tag bricht an, und Mars regiert die Stunde. 2
3 3
3 4
1 2
4
2
1
4
Es ist nicht gut mehr operieren. Komm! (Wallensteins Tod) 2
3
3
1
1
Die beiden ersten Verse der „Piccolomini" ringen sich erst allmählich zur Übereinstimmung mit dem Metrum durch. Gleiches gilt für die Verse 1 und 3 von „Wallensteins Tod". So bleibt die metrische Bestimmtheit weit hinter der bei Goethe, namentlich in der „Iphigenie" gefundenen zurück. Und von einer rhythmischen Auszeichnung der Eingangsverse in Richtung strengerer Anpassung an das Metrum kann bei Schiller nicht die Rede sein. 18
In Kleists „Prinz v o n H o m b u r g " : 4
4
3
4
4
Der Prinz von Homburg, unser tapfrer Vetter, 2
2
3
2
4
2
4
2 4
3
2
Der, an der Reiter Spitze, seit drei Tagen 3
2
2
4
1
4
4
1
4
4
3
Den flücht'gen Schweden munter nachgesetzt 2 1 1 2 1 ist der Anfang wesentlich entschiedenere Verwirklichung des Metrums; die meisten geraden Versstellen erheben sich bis zur Tonstufe 4, Tonangleichungen zwischen Hebung und Senkung sind in V. 2 bereits zweimal vorhanden, die Hervorhebungen weisen darauf hin. Kennzeichnend für den Eingang von Grillparzers „ S a p p h o " : 4
4
4
4
4
Auf, auf vom weichen Schlaf I Sie kommt, sie nahtl 4
3
1
3
3
3 4
4
3 3
O, daß doch nur die Wünsche Flügel haben 4
3
2
4
1
4
2
3
1
4
4
Und trag der Fuß, indes das Herz lebendig! 3
2 4
2 4
4
2
1
2
4
3
Heraus, ihr faulen Mädchen! Zögert ihr? 2
3
1
1
2
sind die Tonverschiebungen gegenüber dem Metrum, vom Inhalt her bestens gerechtfertigt, an den Anfängen von W . 1 und 2, wo das Metrum erst in der zweiten Hälfte (beim zweiten Verse kräftiger als beim ersten) durchdringt. Die VV. 3 und 4 sind dagegen metrisch bestimmter gehalten. In „ H e r o d e s und M a r i a m n e " von Hebbel schließlich: 3
4
4
3
3
Ich bin zurück! Dich spreche ich nachher! 3
2
4
4
1
1
4
4 4
1
Das Wichtigste zuerst! Das Wichtigste! 2
2
2
4
2
3
3
2
2
4
Ich dächte doch, das wäre zu erfahren, 3
1 3
2 4
1
2
4
1 3
4
Ob unser Kopf noch fest sitzt oder nicht! 3
2
3
3
2
bietet der erste Vers eine ungewöhnlich schwache Erfüllung des Metrums, die an Unbestimmtheit alles im Vorstehenden Beobachtete hinter sich läßt. Diese Hinweise mögen hier genügen, wo es nur darauf ankommt, Klarheit über die metrischen Einsätze zu gewinnen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß keiner der geprüften Drameneingänge die metrisch klare
v
19
Bestimmtheit erreicht, die für Goethes „Iphigenie" charakteristisch ist. Schiller, Grillparzer und Hebbel weichen am stärksten von dem, auch im „Tasso" und in der „Natürlichen Tochter" befolgten Grundsatz ab, dem Metrum zunächst eine gewisse Anlaufszeit zu gewähren. Dies ist
Diagramme der „Ersten Verse" Iphigenie
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel Des alten heiigen dichtbelaubten Haines
Tasso
Du siehst mich lächelnd an, Eleonore, Und siehst dich selber an und lächelst wieder. Was hast du? Laß es eine Freundin wissen! Du scheinst bedenklich, doch du scheinst vergnügt
Nat. Tochter Das flüchtge Ziel, das Hunde, Roß und Mann Auf seine Fährte bannend nach sich reißt, Der edle Hirsch, hat über Berg und Tal So weit uns irrgeführt, daß ich mich selbst, Obgleich so landeskundig, hier nicht finde Nathan
Er ist esl Nathan! — Gott sei ewig Dank, Daß Ihr doch endlich einmal wiederkommt. Ja, Daja, Gott sei Dank! Doch warum endlich?
20
aber keine Bestätigung der Meinung Hallers49, daß „abweichende Verse fast nie an derjenigen Stelle des Dramas" zu finden seien, „wo zu Beginn das Blankvers-Metrum einsetzt". Dies lassen auch Nachzeichnungen der Tonbewegung deutlich sichtbar werden. 49
Haller, aaO. S. 396.
21
Piccolomini
Spät kommt Ihr— doch Ihr kommt! Der weite Weg, Graf Isolan, entschuldigt Euer Säumen.
Wallensteins Tod
Laß es jetzt gut sein, Seni. Komm herab Der Tag bricht an, und Mars regiert die Stunde. Es ist nicht gut mehr operieren. Komm!
Prinz v. Hombg.
Der Prinz von Homburg, unser tapfrer Vetter, Der, an der Reiter Spitze, seit drei Tagen Den flüchtgen Schweden munter nachgesetzt
Sappho
Auf! auf, vom weichen Schlaf! Sie kommt, sie naht! O, daß doch nur die Wünsche Flügel haben, Und träg der Fuß, indes das Herz lebendig! Heraus, ihr faulen Mädchen! Zögert ihr?
Herodes u. Mariamne
Ich bin zurück! Dich spreche ich nachher! Das Wichtigste zuerst! Das Wichtigste! Ich dächte doch, das wäre zu erfahren, Ob unser Kopf noch fest sitzt oder nicht!
Die besondere Wirkung der beiden Eingangsverse der „Iphigenie" beruht nicht, wie es nach dem Gesagten vielleicht den Anschein haben könnte, allein auf der H ä u f i g k e i t des Vorkommens gleicher rhythmischer 22
Formen, sondern ebenso auf deren A n o r d n u n g . Es ist doch nicht dasselbe, ob drei verschiedene Elemente a, b, c (gemeint sind damit in diesem Falle die rhythmischen Formen 2—4—2, 2—3—1 und 1—4—1, welche das 23
Metrum in V. 1 variierend darstellen), von denen eines (und zwar 1—4—1) dreimal vorkommen soll, etwa die Anordnung c—a—c—b—c oder aber die tatsächlich vorliegende Anordnung a—b—c—c—c erhalten, so daß die rhythmische Folge 1 2
4
2 I
I
I 3
1 I
4
1 I
I
I 4
1 I
4
I 1
entsteht und empfinden läßt, daß durch die unmittelbare „Wiederholung" das Metrum entschiedener manifestiert wird, als es durch bloße „Wiederkehr" der Fall gewesen wäre. Auch andere rhythmische Formen werden innerhalb eines Verses verschiedentlich wiederholt, und zwar in 10 von den 18 metrisch glatten Versen, in 15 von allen 53 Versen, so 2 — 4 — 1 in Versen 8 , 1 2 , 1 9 , 26, 41, 50, 53 2 - 4 - 2 , , „ 23,44 1 - 3 - 1 , , „ 5,38 1 - 4 - 2 „ „ 24,36 3 — 4 — 2,, „ 16,33 Es ist jedoch bemerkenswert, daß dies nur in 4 von 15 Versen, welche eine rhythmische Form mehr als einmal enthalten, zu unmittelbarer Nachbarschaft, also zu eigentlicher Wiederholung führt; die betreffenden Verse sind in der Übersicht hervorgehoben. Ferner fällt auf, daß sowohl W i e d e r h o l u n g als Wiederkehr ein und derselben rhythmischen Form, selbst so nah verwandter Formen wie 2 — 4 — 1 und 1 — 4 — 2, niemals in aufe i n a n d e r f o l g e n d e n V e r s e n stattfindet, so daß im ganzen eine sorgfältige Distanzierung gleicher Elemente unverkennbar ist und Ermüdung des Ohres ferngehalten wird. Soweit sie vorkommen, dienen diese Wiederholungen in unregelmäßigen Abständen der Stützung des Metrums und der Hervorhebung zahlreicher Abweichungen vom Metrum, von denen später die Rede sein wird. Dies wird einem klar, wenn man sieht, daß V. 42, welcher die Form 1 — 4 — 1 dreimal hintereinander enthält, zwischen Versen steht, in denen mehrmals vom Metrum abgewichen wird; daß V. 44 mit dreimaligem 2 — 4 — 2 auf beiden Seiten umgeben ist von Versen, die je zwei Unregelmäßigkeiten aufweisen; Gleiches gilt für V. 38. Vers 5 dagegen beginnt mit doppelter Unregelmäßigkeit, um mit Wiederholung einer rhythmischen Form zu schließen 1 Nicht zu übersehen ist nun auch die Distanzierang aller das Metrum bekräftigenden Verse (1,2 — 5 — 23 — 30 — 38 — 42 — 44), so daß auch in diesem Zusammenhang die vollendete Besonderheit der beiden Eingangsverse eindrucksvoll erscheint.
24
Weiter oben (S. 24) war schon darauf hingewiesen, daß nur 18 von 53 Versen das Metrum rein zur Geltung bringen. In der großen Mehrzahl handelt es sich (so bei W . 12, 14, 17,27,29,34, 36,38,42,47) um einzelnstehende glattgebaute Verse, die von irgendwie unregelmäßig behandelten eingeschlossen sind. Die einzigen Ausnahmen von dieser Regel, welche der Vermeidung öder Eintönigkeit der Versfolge ebenso dient wie der Wiederbelebung des Metrums nach rhythmisch indifferenten oder noch stärker vom Metrum abweichenden Stellen — die einzigen Ausnahmen von dieser „weisen" Regel betreffen die Verse 1 und 2, 21 bis 24, 49 und 50 welche Anfang, Mitte und Ende des Monologs bilden: ein klarer Hinweis auf ihre künstlerische, architektonische Funktion im größeren Zusammenhang. So folgt die Anordnung der kleinsten rhythmischen Elemente, der Dreiformen, denselben Grundsätzen wie die Zeilengestaltung und ihre Fügung zum szenischen Großbau. Dadurch erhält die Komposition des ganzen Monologs ihre Geschlossenheit und Harmonie. Es ist auch kein Zufall, daß die vier metrisch glatten Nachbarverse 21—24 zehnfache, die beiden Verse 49/50 sechsfache Typenverschiedenheit erkennen lassen: VV. 21—24 enthalten: die Typen 141, 142, 241, 341, 242, 243, 342, 131,132, 231 VV. 49,50 „ : „ „ 141, 142, 241, 242, 132, 231. So wird auch im extremsten Falle, mit Unterstützung durch verschieden gelagerte Cäsuren und wechselndes Versgeschlecht, Eintönigkeit vermieden. Bei näherem Zusehen werden beträchtliche rhythmische Unterschiede zwischen den metrumgerechten Versen sichtbar. Allein im Hinblick auf die Ikten lassen sich darunter dreizehn verschiedene Zusammenstellungen erkennen: 4 4 4 4 4 1 ma (V. 2) 4 4 4 4 4
3 2 4 4 4
4 4 3 4 4
4 4 4 3 4
4 4 4 4 3
2 1 4 1 1
4 4 4 4 4 3
3 3 4 3 4 4
3 4 3 4 4 4
4 3 4 4 3 4
4 4 3 3 3 3
1 1 2 1 1 1
4 3 3 4 3 1
yy yy J9 yy yy
yy yy yy yy >y yy
yy
(V. (V. (V. (V. (V.
1, 21) 27) 12,17, 36, 47) 14) 50)
(V. 29) (V. 49) (V. 22, 24) (V. 23) (V. 34) (V. 42) (V. 38), 25
von denen zehn nur einmaliges Vorkommen erlangen. Bis auf einen Fall (V. 2) sind alle Verse durch Tonabstufung ausgezeichnet. Regelmäßiger Wechsel starker und schwächerer Akzente ist nur in einem Falle beobachtet (V. 49). Wenn die, schon von Sievers vorgenommene und von vielen unbesonnen nachgeahmte, Übertragung der Begriffe „Monopodie" und „Dipodie", vom älteren gereimten Vierheber auf Verse mit ungerader Hebungszahl, hier eine sinnvolle Anwendung finden sollte, dann könnte also nur V. 2 als monopodisch, nur V. 49 als dipodisch bezeichnet werden, während die große Mehrheit der Verse in keine dieser Kategorien paßt. Die ganze Wertlosigkeit einer solchen Unterscheidung ist danach offenbar. Zugleich widerlegt dieser Befund die a priori aufgestellte Behauptung Zitelmanns 50 : „Jeder Fünfjambenvers hat zwei oder gar drei betonte Hebungen". Denn hier wurden angetroffen 9 Verse mit je vier höchstbetonten Hebungen, 7 „ „ „ drei 1 Vers ,, zwei „ „ , 1 „ „ fünf „ „ In fast allen „gemischten Versen", welche Tonabstufung der geraden Versstellen zeigen, überwiegen mehr oder weniger die stärksten Akzente. Die volltönigen, wie Hettich 51 richtig empfunden, nachdrücklich oder feierlich klingenden Verse mit vier oder fünf Hochtönen machen 10:18 = 56% der metrumgerechten Verse aus. Sie sind leicht vorrangig gegenüber den gelassener wirkenden und ruhiger dahingleitenden Versen, welche Wechsel zwischen drei Höchststufen und zwei Nebenhebungen kennzeichnet. Der relativ am schwächsten profilierte Vers wäre hiernach V. 38: „Zu freiem Dienste dir gewidmet sein"; doch ist es nicht unmöglich, auch die zweite Hebung voller zu betonen. Die Gesamtheit der Verse mit ihrer feierlich-ruhigen Grundhaltung ist somit wohltuend moduliert und entspricht in jeder Weise dem ernsten Inhalt der ganzen Szene. Wichtig ist, daß n i r g e n d s zwei a u f e i n a n d e r f o l g e n d e V e r s e g l e i c h e A k z e n t f o l g e haben. Eine auffällige Bevorzugung wird dem klar und symmetrisch gegliederten Typ 4 4 3 4 4 zuteil. Der regelmäßige Wechsel zwischen ungleichen Akzenten in V. 49: 4
3
4
3
4
Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn ist syntaktisch durch die enklitische Stellung des Personalpronomens herbeigeführt, durch welche eine mehr summarische Nennung der Menschen, die dem Herzen Iphigeniens so sehr nahe stehen, vermieden wird. Die Vereinzelung und sparsame Verwendung dieses Verstyps sichert dieser Stelle die Würde und bewegende Eindringlichkeit des Ausdrucks. 50 51
Zitelmann, aaO. S. 12. Hettich, aaO. S. 172.
26
Hier meldet sich noch einmal die Erinnerung an die Meinungsverschiedenheit, an welcher sich eine heftige Kontroverse zwischen Kauffmann und Fittbogen 62 entzündete darüber, ob die freien Rhythmen Klopstocks und Goethes monopodischen oder dipodischen Charakter hätten. Beide Metriker widersprachen sich kategorisch, ohne daß bislang eine Entscheidung dieser Frage zustandegekommen wäre. Es ist so gut wie nichts damit getan, wenn A. Closs noch 194763 diesen Gegensatz nur konstatiert, ohne überhaupt einen Ausgleich zu versuchen. Auch W. Schurig, der ebenfalls den Wirrwarr der Meinungen beklagt, erreicht keine Klarstellung, wenn er54 nur determiniert, daß im monopodischen Vers die einzelnen Versfüße wesentlich gleichwertig nebeneinander stünden. Die Unklarheit der Grundanschauungen wird auch nicht dadurch beseitigt, daß dort folgende Lesart des bekannten Platenschen Verses: I » | \ \ I I V Nächtlich am Busento lispeln bei Cosenza dumpfe Lieder als dipodisch bezeichnet wird, wo doch der Wechsel der Tonstufen, wie i * Schurig sie gehört hat — wenn nicht „dumpfe Lieder" überhaupt ein Druckfehler sein sollte — in der ersten Halbzeile ein anderer ist als in der zweiten. Eine solche „Unterscheidung" bleibt unbrauchbar und wertlos, auch wenn man sie durch die termini „nichtabgestuft" (anstelle von monopodisch) und „abgestuft" (anstelle von dipodisch) ersetzt58. Nachdem es den Verfechtern dieser Unterscheidung so schwer gefallen, einzelne Verse mit nur gleichwertigen Akzenten ausfindig zu machen, leuchtet es ein, daß es ganze Gedichte oder größere Zusammenhänge dieser Art in Drama oder Epik nicht geben kann. Sorgfältige Beobachtung lehrt, daß Verse mit übereinstimmenden Akzenten hohen Seltenheitswert haben, daß vielmehr in irgendeiner Weise wechselnd b e t o n t e V e r s e ü b e r a l l die R e g e l bilden. Eine Verständigung ist durchaus möglich, aber nur wenn man von denselben Voraussetzungen ausgeht. Wer unter „dipodisch" oder „abgestuft" u n g e r e g e l t e n Wechsel versteht, kann natürlich nicht zu gleichen Schlüssen kommen wie einer, der die Vorstellung von R e g e l mäßigkeit damit verbindet. I r g e n d e i n e Tonabstufung der Ikten ist in unserem Text den allermeisten Versen eigen; regelmäßiger Wechsel ist dagegen, wie schon erwähnt, nur einmal, mit außerordentlicher Wirkung, durchgeführt. Eine Rhythmusbestimmung ist mindestens unvollständig, wenn sie die Verteilung der Ikten und ihre Beschaffenheit weniger genau beobachtet, als es im Vorstehenden geschehen ist. Zitelmann hat seine oben zitierte Behauptung auch anhand von ausgewählten Versen der „Iphigenie" aufgestellt, unter denen sich ebenfalls 62 53 54 55
Fittbogen, G., Die sprachl. u. metr. Form der Hymnen Goethes, S. 166f. Halle 1909. Closs, A., Die freien Rhythmen i. d. dtsch. Lyrik, S. 31. Bern 1947. Schurig, W., Das Prinzip der Abstufung i. dtsch. Vers. Diss., S. 15. Lpzg. 1933. Schurig, aaO. S. 16.
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solche des von mir vollständig untersuchten Monologes befinden. Es mag interessieren, Zitelmanns Skandierung auch kennen zu lernen. Man liest bei ihm66. //
//
/
A»
»
Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest (mit gleicher Akzentuierung von „ d u " und Tochter", von „fordernd" und „ängstigtest", ferner „ d u " stärker akzentuiert als „fordernd"!) //
/
y/
/
Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten (mit Gleichsetzung von „trennt" und „den"!), und (S. 46): Wie in der Göttin stilles Heiligtum (mit Gleichsetzung von „ i n " , „stilles" und „Heiligtum"!) / // / // Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl (mit Gleichsetzung von „ i c h " und „schauderndem"!) Nur dumpfe Töne brausend mir herüber (mit Gleichsetzung von „ d u m p f e " und „mir"!) Es dürfte wohl keinen kritischen Leser geben, der diese Art der Skandierung gutheißt. Hier zeigt sich, was schon in der Einleitung von mir bemängelt wurde, daß Zitelmann zu Gewaltsamkeiten kommt, um seine a priori aufgestellten nichtexistenten rhythmischen Typen nachträglich zu „belegen". Der Vollständigkeit halber erwähne ich auch die Skandierung, welche Kauffmann67, um ihren „dipodischen" Charakter zu beweisen, mit den Eingangsversen der „Iphigenie" vorgenommen hat: >
V
/
\
*
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel ' V / V / Des alten heiigen, dichtbelaubten Haines v
/
v
/
\
Wie in der Göttin stilles Heiligtum \ / * \ * Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl Man beachte die forcierten Gleichsetzungen von „heiigen" und „ w i e " „stilles" und „eure" „ T r e t " und „schauderndem"! Mit solchen Tonverzerrungen läßt sich alles beweisen. Klingt es nicht wie Ironie, wenn Zitelmann58 seine „Beweisführung" beendet mit den Worten: „Der rhythmische Aufbau aller dieser Verse ist so klar und z w e i f e l l o s (!), daß jede weitere Erklärung überflüssig ist"? Ich kann Haller nicht beipflichten, der 89 Zitelmanns Arbeit „sonst ausgezeichnet" nennt. 66 57 58
Zitelmann, aaO. S. 15. Kauffmann, 1925, S. 164. Zitelmann, aaO. S. 17.
28
Anhand meiner Aufstellung der angetroffenen Iktenkombinationen ist es nun ein Leichtes, die Frage zu beantworten, ob bei Goethe, zunächst innerhalb der regelmäßigen Verse, völlig gleichgebaute vorkommen. Es genügt jetzt, folgende teilweise iktenmäßig übereinstimmenden Verse zu vergleichen: V. 1: Heraus in eure Schatten, rege Wipfel V. 21: Sich Mitgeborne spielend fest und fester V. V. V. V.
12: 17: 36: 47:
Das Land der Griechen mit der Seele suchend Das nächste Glück von seinen Lippen weg Mit stillem Widerwillen diene, Göttin Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich
V. 22: Mit sanften Banden aneinander knüpften V. 24: Der Frauen Zustand ist beklagenswert deren Ähnlichkeit unüberhörbar ist. Einen Maßstab für feinste Unterschiede erhält man, wenn man die Summe aller Hebungs- und Senkungsabstände eines jeden Verses bestimmt. Man gewinnt so folgende Endwerte für V. 1: 25 (2 + 2 + 1 + 2 + 3 + 3 + 3 + 3 + 3 + 3) V. 21: 19 ( 1 + 3 + 2 + 2 + 3 + 2 + 2 + 1 + 1 + 2 ) V. 12: 22 ( 2 + 2 + 2 + 3 + 2 + 1 + 2 + 3 + 3 + 2 ) V. 17: 22 (2 + 3 + 3 + 2 + 1 + 2 + 3 + 3 + 3) V. 36: 23 (1 + 3 + 3 + 2 + 1 + 2 + 3 + 3 + 3 + 2 ) V. 47: 21 ( 1 + 2 + 2 + 3 + 2 + 2 + 3 + 2 + 2 + 2 ) V. 22: 20 (1 + 3 + 3 + 3 + 2 + 1 + 2 + 2 + 1 + 2 ) V. 24: 19 (2 + 3 + 3 + 2 + 1 + 2 + 3 + 2 + 1) Der Vergleich der Endwerte ergibt, daß W . 1 und 21 untereinander die verhältnismäßig geringste Übereinstimmung aufweisen; zunehmend größer ist die Übereinstimmung zwischen den Verspaaren 12/47, 17/36 und 22/24. Denn die Abstände zwischen Hebungen und Senkungen betragen 1 2 3 Stufen in V. 1 lmal 3mal 6mal V. 21 3 „ 2 „ 5 „ lmal 6mal 3mal in V. 12 V. 47 7 „ 2 „ 1 „ lmal 3mal 5mal in V. 17 V. 36 3 „ 2 „ 5 „ in V. 22 3mal 4mal 3mal V. 24 2 „ 4 „ 3 „ Damit ist der Nachweis erbracht, daß von den in rhythmischer Hinsicht keiner zwillingshaft genau einem anderen gleicht. 59
Haller, aaO. S. 424 Fußnote.
29
Die Zusammenstellung der Hebungsverhältnisse (ihrer ordnung) führt noch zu einer typischen Erkenntnis: Ikten werden gebildet von Stufe: 4 3 I. 17mal lmal II. 11 „ 6 „ III. 10 „ 8 „ IV. 15 „ 3 „ V. 11 „ 7 „
1) Heraus in eure Schatten, rege Wipfel 2) Des alten heiigen dichtbelaubten Haines 12) Das Land der Griechen mit der Seele suchend 14) Nur dumpfe Töne brausend mir herüber 17) Das nächste Glück von seinen Lippen weg 21) Sich Mitgeborne spielend fest und fester 22) Mit sanften Banden aneinander knüpften 23) Ich rechte mit den Göttern nicht; allein 24) Der Frauen Zustand ist beklagenswert 27) Ihn freuet der Besitz; ihn krönt der Sieg 29) Wie eng-gebunden ist des Weibes Glück 34) In ernsten, heiigen Sklavenbanden fest 36) Mit stillem Widerwillen diene, Göttin 38) Zu freiem Dienste dir gewidmet sein 30
Höhe und An2 — lmal —
Danach ist den meisten V e r s e n g e m e i n s a m , daß zweite und achte Silbe einen Hochton tragen, während die Nebenhebungen auf Silben 4, 6 und 10 um ein Vielfaches häufiger sind als auf Silben 2 und 8. Als typisch gelten kann also unter den metrisch glatten Versen die Gestalt, welche auf der zweiten Silbe starktonig ist; alles übrige ist, entsprechend der reichen Gedankenbewegung, vielfältigen Variationen unterworfen. Graphische Darstellungen der Tonbewegung in den bisher untersuchten mehr oder weniger gleichartigen Versen mögen das Gesagte bekräftigen:
31
42) In deinen heiigen sanften Arm genommen 47) Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich 49) Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn 50) Die schönen Schätze wohl erhalten hast
Nunmehr wende ich mich der Untersuchung der freier behandelten Verse zu. Es sind, wie schon erwähnt, etwa zwei Drittel aller, genau 35 Verse, welche insgesamt 49 Fälle von Abweichungen enthalten. Diese verteilen sich folgendermaßen: Je eine metrische Unregelmäßigkeit entfällt auf 21 Verse „ zwei „ Unregelmäßigkeiten entfallen auf 14 Verse. Mehr als zwei Abweichungen kommen nicht vor, was bedeutet, daß sich in jedem Vers das Metrum behauptet und dominant bleibt. Man kann also von einer maßvoll abweichenden Durchführung des Metrums sprechen. Wichtig ist nun, darauf zu achten, wo die Abweichungen auftreten, wie die unregelmäßigen Verse verteilt und welche Versstellen für Unterbrechungen, Störungen des metrischen Ablaufs anfällig sind. Es findet sich, daß die abweichenden Verse W . 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 13, 15, 16, 18, 19, 20, 25, 26, 28, 30, 31, 32, 33, 35, 37, 39, 40, 41, 43, 44, 45, 46, 48, 51, 52, 53 5mal (dies trifft zu für W . 13, 28, 35, 37, 48) in metrisch glatter Umgebung einzeln stehen, daß aber auch Zweiergruppen Dreiergruppen Vierergruppen Neunergruppe
2mal 3„ 2 „ 1 „
(15/16; 25/26), (18/20,39/41,51/53), (30/33, 43/46) und sogar eine (3/11)
von aufeinanderfolgenden unregelmäßigen Versen vorkommen. Die zuletzt genannte Stelle anhaltendster Beeinträchtigung des metrischen Gleichmaßes, mit insgesamt 15 Abweichungen, folgt unmittelbar auf die beiden, oben ausführlich gewürdigten, Eingangsverse, welche das Metrum so beachtlich voll angeschlagen hatten, daß die Herrschaft des Metrums danach keineswegs aufgehoben oder gefährdet wird. Es ist nun ein anderes, ob ein Vers mit einer metrischen Störung einsetzt: 32
„Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl" (4) oder schließt: In Ermanglung eines Beispiels in dem untersuchten Goethe-Text wähle ich eins aus dem später zur Untersuchung gelangenden Kleist-Text: „Das Leben nennt der Derwisch eine Reise, Und eine kurze. Freilich! von zwei Spannen" (39/40) oder ob die Unregelmäßigkeit im Versinnern am wenigsten auffällig wird und dort den zweiten Iktus: in „Zu Haus und in dem Kriege . . . " (25) oder den dritten Iktus: in „Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt" (32) oder den vierten Iktus: in „Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten" (10) untergehen läßt. Die Aufschlüsselung der vorkommenden Fälle ergibt nun, daß von Abweichungen betroffen werden Versbeginn, Iktus 1: 22mal (in 42% aller Verse) Iktus II: 4 „ Iktus III: 13 „ Iktus IV: 10 „ Versende, Iktus V: keinmal Dies Ergebnis beweist, daß es nicht von Willkür oder Zufall geformt sein kann. Die Verteilung der Fälle ist überdeutlich: Von den exponiertesten Stellen des Verses — Anfang und Ende — wird einhellig der Versanfang bevorzugt, wo die Abweichungen vom Metrum besonders stark ins Bewußtsein treten, und es ist durchaus bezeichnend, daß die metrischen Störungen am seltensten — nur 4mal — den darauffolgenden II. Iktus erfassen, daß vielmehr in 21 von den 22 unregelmäßig einsetzenden Versen die Übereinstimmung mit dem Metrum gleich darauf wiederhergestellt 3
B r a u e r , Tonbewegung
33
wird. Der am häufigsten wiederkehrende T y p des u n r e g e l m ä ß i g e n V e r s e s ist hiernach also derjenige, welcher vom Metrum abweichend einsetzt, um sogleich zu demselben zurückzukehren. Auch die Verteilung der Abweichungen in den 14 Versen, welche doppelte Unregelmäßigkeiten enthalten, redet eine klare Sprache. Die Abweichungen finden sich an folgenden Hebungsstellen der Verse: 1 und 4: 4mal (VV. 4, 7, 35, 45) 1 1 „ 3: 5 „ ( W . 6, 33, 37, 39, 43) | lOmal „Wiederkehr" 2 „ 4: 1 „ (V. 40) J 1 und 2: lmal (V. 5) 2 „ 3: 1 „ (V. 9) 3 „ 4: 2 „ ( W . 8,18)
1 | 4mal „Wiederholung"
J
Zehn Fällen distanzierter Wiederkehr stehen nur vier Fälle unmittelbarer Wiederholung gegenüber. Länger anhaltende Unterbrechungen des Metrums werden also offenkundig sparsam verwendet. Bevor einzelne Stellen, an denen die Abweichungen vorkommen, näher ins Auge gefaßt werden, prüfe ich die B e s c h a f f e n h e i t der A b w e i c h u n gen und erkenne drei verschiedene Kategorien. Zur ersten Kategorie von Unregelmäßigkeiten zähle ich 28 Fälle, gleichsam „halbe Rhythmen", in denen das Metrum zwar noch vernehmlich, doch nur unvollkommen anklingt. Es sind die Tonfolgen: 133: Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram (V. 16) 1 I ferner: Ein hoher Wille, dem ich (8); I i Zuerst den Himmel vor ihm (20) 331: Schon einem rauhen Gatten zu gehorchen (30) 1 1 i 7i ferner: Und gegen meine Seufzer (13); Tod ist ihm bereitet (28); i i 1 i auf dich gehofft (39); Nach seinem Vaterland (48) 233: Und rette mich, die du vom Tod errettet (52) i I ' i i ferner: Doch immer bin ich (9); elend, wenn sie gar (31); I I Thoas hier, ein edler (33) 332: Den du, die Tochter fordernd, ängstigestt (44) i 1 I I ferner: So manches Jahr (7); mich hier verborgen (7); 1 I i I ich mich ergebe (8); ich wie im ersten (9); 1 I I I abwärts immer (18); Nach seines (19); 34
122: 221: 442: 443:
Dir, meine Retterin (37); auf dich, Diana (40); 1 i 1 i wenn du den (43); Auch von dem Leben (53) Wenn du den göttergleichen Agamemnon (45) Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten (10) 1 i ferner: immer die Gedanken (18) Ja, Tochter Zeus, wenn du den hohen Mann (43) So hält mich Thoas hier, ein edler Mann (33)
Die folgenden Diagramme lassen die Abweichungen von den weiter oben (S. 14) abgebildeten Erscheinungsformen des Metrums und die daraus resultierende Abschwächung des Metrums deutlich erkennen:
Gefühlsbetonte Stellen erfahren durch diese metrischen Unvollkommenheiten eine wirksame rhythmische Ausdeutung. Eine zweite Kategorie stellen jene 10 Fälle dar, welche das Metrum ganz verleugnen und rhythmisch indifferent gehalten sind: 222: Des größten Königes veistoßne Tochter (41) 1 i 1 i ferner: Schicksal in die Ferne (32); Diana, die du mich (40) 333: Als wenn ich sie zum erstenmal beträte (5) j i ferner: gewöhnt sich nicht mein Geist (6) I i i i gesteh ich, daß ich (35); Auch hab ich stets (39) i i I I Der dir sein Liebstes (46); So gib auch mich (51) Solche undifferenzierten Tonfolgen, darstellbar in ungebrochenen linearen Klangbildern verschiedener Höhenlage, eignen sich vorzüglich —• sie werden von Goethe so eingesetzt — zum Ausdruck unsicherer Empfindungen, zum Ausdruck einer Ungewißheit, einer Erwartung, einer Spannung, deren Ende ersehnt wird. 3*
35
Die stärksten Abweichungen vom Metrum enthalten jene 11 Fälle, in denen nicht nur, wie noch in der ersten Kategorie, nichts vom Metrum übrigbleibt, sondern sogar eine Art von Umkehrung des Metrums vollzogen ist: 211: Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl (4) 321: Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher (6) 322: Und an dem Ufer steh ich lange Tage (11) I i ] i ferner: Wie in der Göttin (3); und in dem Kriege (25); I i 1 f Und in der Fremde (26); Wenn du den (45) 433: Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern (15) i I ferner: Tret ich noch jetzt (4) 123: Dir, meiner Retterin! Mein Leben sollte (37) 431: O wie beschämt gesteh ich, daß ich dir (35) Diese Stellen bezeichnen durch ihre gegenmetrische Gestaltung das Vorhandensein eines tiefen Unbehagens, einer widrigen oder bestürzenden Empfindung. Ihre graphischen Darstellungen zeigen keinerlei Ähnlichkeit mehr mit den vierzehn Erscheinungsformen des Metrums:
Metrische Unebenheiten sind schon oft festgestellt, aber — wie der von Saran entfesselte, lange Zeit hartnäckig geführte Streit um eine treffende Bezeichnung beweist — bisher nicht in ihrer wesenhaften Verschiedenheit erfaßt worden. Saran behauptete mit der ihm eigenen Unbedingtheit, daß die Bezeichnung „schwebende Betonung" einfach falsch und daß es besser sei, von metrischer „Drückung oder Erhebung" zu sprechen. Schon das „oder" verrät, daß Saran keineswegs sicher war, etwas Besseres an die Stelle von etwas durchaus Brauchbarem gesetzt zu haben, brauchbar jedoch nur dort, wo es wirklich hinpaßt. Jedenfalls wüßte ich für die Fälle, welche meiner zweiten Kategorie von Unregelmäßigkeiten angehören, keine bessere Bezeichnung als die „schwebender Betontheit" zu geben. 36
Saran hat, wie mir scheint, zuviel Mühe verwendet auf die Revolutionierung der Rhythmusbetrachtung an Stellen, wo es wirklich nicht nötig war. Die Schuld an dem Streit um Worte trug wieder, wie im Falle der Unterscheidung von Monopodien und Dipodien, die Versäumnis, diese fesselnde Erscheinung erst einmal gründlich zu analysieren und ihrem Wesen entschlossen auf den Grund zu gehen. Statt dessen suchte man vergeblich, „eine" Bezeichnung für „drei" ganz verschiedene, wenn auch eine Progression bildende, gegenmetrische Erscheinungen durchzusetzen. Die von mir gebildeten Kategorien sind klar geschieden; als Abkürzungen schlage ich vor für Kategorie I Kategorie II Kategorie III halbe Rhythmen schwebende Betonung rhythmische Umkehrungen Es genügt nun aber nicht, wie es im bisherigen Schrifttum — eine gewisse Ausnahme macht Hettich60, der, ohne N a c h w e i s e u n d o h n e S p e z i f i z i e r u n g , wenigstens angibt, w i e v i e l „metrische Drückungen oder Erhebungen" er in der ganzen „Iphigenie", nach Akten verrechnet, gefunden zu haben glaubt — zu geschehen pflegte, es genügt nun aber nicht, nur zu erwähnen, daß derartige Unebenheiten irgendwo anzutreffen sind; denn es besteht Grund zu der Annahme, daß diese rhythmischen und gegenmetrischen Ausdrucksmöglichkeiten a l l e n mit rhythmischem Empfinden begabten Dichtern gefühlsmäßig so vertraut sind, daß ihnen ihre Handhabung geläufig ist, daß jedoch Unterschiede in der Bevorzugung dieses oder jenes Ausdrucksmittels bestehen, die dem Personalstil angehören. Solange rhythmische Beobachtungen nur in Bausch und Bogen oder sporadisch angestellt werden, ohne verantwortlich getroffene haltbare Unterscheidungen, können wir nicht hoffen, der Erfassung des Personalstils auch im Bereich der Wortkunst näherzukommen. Musik- und Kunstwissenschaft sind auf diesem Wege schon weiter vorgeschritten. Da ich, wie gesagt, der Angabe von Z a h l e n , die k e i n E i g e n l e b e n besitzen, entscheidendes Gewicht beimesse, um zu tieferen Einblicken zu gelangen, teile ich nun die mengenmäßige Verteilung der von mir beobachteten Unregelmäßigkeiten mit: Kategorie I Kategorie II Kategorie III 133: 3mal 222: 3mal 211: lmal 331: 6 „ 333: 7 „ 321: 1 „ 233: 4 „ 10 Fälle 322 : 5 „ 332: 10 „ = 20% 433: 2 „ 122: 1 „ 123: 1 „ 221: 2 „ 431: 1 „ 442: 1 „ 11 Fälle 443: 1 22% 28 Fälle = 57% 60
Hettich, aaO. S. 80. 37
Es wird förderlich sein, in derselben tiefschürfenden Weise die Untersuchung auf andere Meister des Blankverses auszudehnen. Dann werden diese Zahlenangaben erst ihren vollen Wert erweisen können. Fesselnd ist es, einige Stellen, an denen das Metrum am entschiedensten verleugnet wird, hier näher ins Auge zu fassen. Denn es gibt drei Arten von m e t r i s c h e n U n e b e n h e i t e n : solche, die mangelndem Versgeschick entspringen, oder solche, die sich routinemäßig einstellen und nur Abwechslung in die Tonbewegung hineinbringen sollen, schließlich solche, die wegen der gelungenen Kongruenz von Form und Gehalt r h y t h m i s c h e V o l l k o m m e n h e i t e n sind. Am stärksten ins Ohr fallen folgende Verseingänge: Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl (4) Der Umbruch des Metrums steht hier ganz im Dienste des Ausdrucks und entspricht dem Wechsel der Empfindung. Wie unglaubhaft klänge diese Versicherung, wenn sie in metrisch glatter Form erfolgt wäre. Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern (15) Hier läßt die starke Beschwerung des schwachen Taktteils die Überwältigung durch den Trennungsschmerz erst recht spüren. In gleicher Richtung wirkt übrigens der Satzbau. O wie beschämt gesteh ich dir (35) Wieviel schwächer würde ein Vers wirken, der etwa gelautet hätte: Und tiefbeschämt gesteh ich dir Das Metrum wäre dann zwar genau erfüllt, jedoch auf dem Wege routinemäßiger Versifikation. So hält mich Thoas hier (33) Auch hier verrät die Ballung der Dynamik, wie schroff die persönlichen Gegensätze sind. Ja, Tochter Zeus (43) Wie zuversichtlich klingt dieses starkbetonte „ J a " auf schwachem Taktteil gesprochen, im Gegensatz etwa zu Ihr lebet, ja (Grillparzer-Text V. 45), wo die Stellung des „ja" auf g e r a d e r Versstelle keine Ausdrucksverstärkung bewirkt; gravierend kommt hier die Wortverlängerung in „lebet" 38
hinzu, welche dem Metrum zuliebe erfolgt ist. Vgl. ebenda mit gleichschwacher Wirkung: . . . Rhamnes 1 Ja, so sei's (Grillparzer-Text V. 53) Die metrische Erfüllung tritt noch weiter zurück in folgenden Versen Iphigeniens: Auch hab ich stets auf dich gehofft (39) Der Schwebezustand der Hoffnung findet hier seinen angemessenen Ausdruck. Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher (6) Die rhythmische Unbestimmtheit drückt überzeugend das Gefühl innerer Unsicherheit aus, welches Iphigenie oft befällt. Als wenn ich sie zum erstenmal beträte (5) Hier ist das Gefühl der inneren Verlassenheit und Haltlosigkeit eindrücklich gestaltet. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß in allen diesen Fällen die Störung des M e t r u m s ein bedeutender r h y t h m i s c h e r Gewinn ist. Es folgen nun die Diagramme aller vom Metrum abweichenden Verse des ersten Monologs bei Goethe:
39
Reihenfolge der Diagramme zu den vom Metrum abweichenden Versen aus dem ersten Monolog Iphigeniens 3) Wie in der Göttin stilles Heiligtum 11) Und an dem Ufer steh ich lange Tage 15) Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern 26) Und in der Fremde weiß er sich zu helfen 4) Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl 13) Und gegen meine Seufzer bringt die Welle 19) Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne 30) Schon einem rauhen Gatten zu gehorchen 44) Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest 48) Nach seinem Vaterland zurückbegleitet 53) Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tode 37) Dir, meiner Retterin! mein Leben sollte 43) Ja, Tochter Zeus, wenn du den hohen Mann 7) So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen 33) So hält mich Thoas hier, ein edler Mann 46) Der dir sein Liebstes zum Altare brachte 51) So gib auch mich den Meinen endlich wieder 40
39) Auch hab ich stets auf dich gehofft und hoffe 5) Als wenn ich sie zum erstenmal beträte 25) Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann 9) Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd 16) Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram 32) Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt 41) Des größten Königes verstoßne Tochter 52) Und rette mich, die du vom Tod errettet 8) Ein hoher Wille, dem ich mich ergebe 28) Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet 10) Denn ach, mich trennt das Meer von den Geliebten 6) Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher 35) O wie beschämt gesteh ich, daß ich dir 40) Noch jetzt auf dich, Diana, die du mich 18) Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken 20) Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo 31) Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar 45) Wenn du den göttergleichen Agamemnon 42
43
Mit dem bloßen Auge ist zu sehen, daß abermals nicht ein unregelmäßiger Vers dem andern gleicht. Dies ist eine Erkenntnis von weitreichender Bedeutung. Sie zeigt die ungeheure Variationsbreite der rhythmischen Versgestaltung bei Goethe und regt dazu an, noch weitere Texte derselben Behandlung zu unterziehen.
44
III Der Blankvers Lessings. Ein auffälliges Mißverhältnis. Mehrere Ausstrahlungen desselben Formwillens. Wiederholende Verwendung derselben rhythmischen Form in aufeinanderfolgenden Versen geflissentlich vermieden. Ein Fall alternierender rhythmischer Formung. Iktendifferenzierung. Lage der Hauptakzente. Rhythmische Gliederung höherer Ordnung. Senkungsbeschaffenheit. Vereinzelte Übereinstimmung. Reihen homogener Verse. Ausdrucksstarke Abweichungen vom Metrum. Jeder Vers besitzt eine nur ihm eigene Tonbewegung.
Nunmehr wende ich die im Vorstehenden ausführlich entwickelte Methode auf L e s s i n g an, der sich durch die Einführung des Blankverses im deutschen Drama verdient gemacht hat. Und zwar untersuche ich den Monolog in „Nathan der Weise", III 7. Lessing verwendet darin folgende rhythmische Formen: (zu dem) gelobten (Lande) V. 22
1)
1—4—1
2)
1—4 — 2
Geflohn, um (sonst) V. 5
3)
2 — 4—1
ermüdet V. 1
4)
1—4 — 3
Genug, ich (bin) V. 4
5)
3 — 4—1
Ich litte (bloß) V. 14
6)
2—4—2
das Opfer(tier) V. 1
7)
2—4—3
voraus nicht (wittern) V. 3
8)
3—4—2
nicht weiger(te) V. 9
9)
3—4—3
(was in) mir vorgeht V. 3
10)
l_3 —l
(das Ju)denmädchen V. 21
11)
1—3—2
(auszu)-beugen war V. 7
12)
2—3—1
Von ihr ge (trennt) V. 16
13)
2—3—2
in sie ver(webt) V. 15
Auf den ersten Blick erscheint die rhythmische Vielfalt kaum geringer als bei Goethe; es fehlt in diesem Text nur die Iktusform 1 — 2 — 1, welche bei Goethe das geringste Vorkommen besaß. Vom Szeneninhalt her — der Dichter läßt den Tempelherrn darin einen inneren Kampf bestehen — nimmt es nicht Wunder, daß von den 49 Versen nur 10 (das sind 20%) das Metrum voll verwirklichen und daß die erste 45
Zeile sogleich einen Einsatz erhält, welcher die innere Erregung auch rhythmisch fühlbar werden läßt, die erst mit VV. 7 und 8 vorübergehend abklingt. Das Mißverhältnis zwischen regelmäßigen und unregelmäßigen Versen ist also erheblich größer als bei Goethe: Häufigkeitsverhältnis der glatten und der rhythmisch gestörten Verse bei G o e t h e bei L e s s i n g
1 zu 2, 1 zu 4.
Dies empfinde ich als im Einklang stehend mit dem Aufruhr der Empfindungen, in den ihn, den Christen, die sein Schicksal entscheidende Wiederbegegnung mit Recha, dem Judenmädchen, gestürzt hat. Von den zehn regelmäßigen Versen sind vier einzelnstehende: Nr. 15, 24, 39, 41; die übrigen bilden Zweiergruppen: 7/8, 12/13, 20/21. Bei Goethe waren es zehn einzelnstehende: Nr. 12, 14, 17, 27, 29, 34, 36, 38, 42, 47; zwei Zweiergruppen: Nr. 1/2, 49/50; eine Vierergruppe: Nr. 21—22—23—24. Der D u r c h s c h n i t t s w e r t der Aufeinanderfolge regelmäßiger Verse ist bei beiden annähernd derselbe; er liegt näher bei 1 als bei 2 und beträgt genau 10:7, bzw. 18 :13 = 1, 4. Die e f f e k t i v e Verteilung der regelmäßigen Verse ist jedoch erheblich verschieden, denn es entfallen bei Goethe: bei Lessing:
auf die e r s t e Hälfte auf die z w e i t e Hälfte des Monologs 9 9 regelmäßige Verse 8 2 „ „
Der zuvor festgestellten größeren Gestörtheit des Metrums bei Lessing entspricht also ein auffälliges Ungleichmaß im szenischen Aufbau. In diesem Ergebnis spiegelt sich die ganze Verschiedenheit der Erregungszustände: es deutet auf die noch mühsam bewahrte Selbstbeherrschung der von Glaubenszuversicht getragenen Priesterin und die Erschütterung durch das erste Liebeserlebnis des in seinem Glauben wankend gewordenen Tempelherrn. Nur am Rande sei erwähnt, daß die Beobachtung des Satzbaus zu keiner minderen Gegensätzlichkeit führt; es ist hier nicht der Ort, auch diese Ausstrahlungen desselben Formwillens zu verfolgen. Bezüglich der Beschaffenheit und Verteilung der Elementarrhythmen, deren 144 Fälle bei Lessing nur 70% (bei Goethe waren es 80%) aller metrischen Hebungen zur Wirkung kommen lassen, fand ich folgende 46
Verhältnisse, denen die für Goethe ermittelten Werte gegenübergestellt seien: Lessing Goethe 1—4—1 limai 28mal 1—4 — 2 3 » 20 2 — 4—1 14 » 34 2—4—2 16 » 23 3 — 4—1 17 J> 14 1—4 — 3 6 » 6 1—3—1 4 >> 14 » 3 —4—2 22 » 16 2—4—3 10 » 6 2—3—1 5 » 10 1—3—2 6 )» 8 3—4—3 24 8 2—3—2 6 >> 4 — 1—2 — 1 2 99
>9 99 99
99
99
99
99 99
))
99 99
99
144 Fälle
193 Fälle
Schon aus den absoluten Werten, die bei Goethe für sieben von vierzehn rhythmischen Formen, meist erheblich, über den bei Lessing gefundenen absoluten Werten liegen, ist abzulesen, daß der Gegensatz zwischen Hebung und Senkung bei Goethe, in dem Eingangsmonolog der „Iphigenie", vielfach größer ist als „bei Lessing". Um die Verhältnisse noch klarer übersehen zu können, faßte ich die rhythmischen Formen, entsprechend den in ihnen vorhandenen Stufenabständen, in etwa gleichwertige Gruppen zusammen: 141 142,241
Stufenabstand 6 (3 + 3) 5 (3 + 2 , 2 + 3)
Lessing 11 17 20%
Goethe 281 42% 54}
242, 341,143,131
4 (2 + 2 , 1 + 3, 3 + 1, 2 + 2)
43
57
342,243,231,132 343, 232,121
3 (1 + 2, 2 + 1,1 + 2, 2 + 1) 431 50% 30 2 (1 + 1,1 + 1,1 + 1) 144
401 w 193
28%
Nunmehr ordnen sich die Ergebnisse folgendermaßen: Die in der Mitte metrischer Bestimmtheit liegenden rhythmischen Formen besitzen bei beiden Dichtern gleiches Vorkommen, je 30%. Dagegen sind die ü b e r dieser Mitte liegenden, also schärfer ausgeprägten rhythmischen Formen bei Goethe etwa doppelt so häufig als bei Lessing, bei dem die s t ä r k e r a b g e s c h w ä c h t e n rhythmischen Formen die größte Häufigkeit erreichen. Damit ist ein bezeichnender Gegensatz deutlich erkannt und zweifelsfrei
47
aufgezeigt: Goethe bevorzugt die starken Hebungen, während die schwächeren bei Lessing den Vorrang haben. Auf den Vortrag der Verse wirkt sich dies dahingehend aus, daß die Verse Goethes, entsprechend ihrem Gehalt und der angehobenen Sprache, getragener und mit Feierlichkeit erklingen, wogegen die Verse Lessings, frei von jedem Pathos, wesentlich leichter dahinfließen. Das starke Zurücktreten der am schärfsten ausgeprägten rhythmischen Form 1 — 4 — 1, die bei Goethe unsere besondere Aufmerksamkeit erregt hatte, erklärt sich also nur teilweise daraus, daß der Monolog des Tempelherrn im III. Akt vorkommt, während der untersuchte Monolog Iphigenies den Eingang des Dramas bildet, wo das Metrum noch nicht im Bewußtsein des Hörers verankert sein konnte. Die Bevorzugung gewisser rhythmischer Formen bringt es mit sich, daß ein und derselbe elementare Rhythmus innerhalb eines Verses auch gelegentlich wiederholt wird, so vor allem 3 — 4 — 3: in den Versen 2, 6, 9, 13,18,19 (hier sogar dreimal) 3 — 4 — 2:,, „ „ 29,34,37,39,48 1-4-1:,, „ „ 22,32. Hierbei wird es wieder auffällig, daß die wiederholende Verwendung derselben rhythmischen Form in a u f e i n a n d e r f o l g e n d e n V e r s e n geflissentlich vermieden ist (einzige Ausnahme: V. 18/19). Jedoch ist unmittelbare Nachbarschaft gleicher Rhythmen i n n e r h a l b eines V e r s e s etwa ebenso häufig wie ihre Distanzierung, was folgende Übersicht ergibt: Wiederholungen sind „Dreiformen" oder „Dreiformen" oder Rhythmen 1 und 3 inV. 2, 29, 37 Rhythmen 1 und 2 in V. 9, 18 1 „ 4 „ V. 34, 39 „ 2 „ 3 „ V. 6,13 2 „ 4 „ V. 48 „ 3 „ 4 „ V. 32 6 Verse >, 4 „ 5 „ V. 22 2 , 3 u . 4 „ V. 19 7 Verse Bei Lessing halten sich „Wiederkehr" (in 6 Versen) und „Wiederholung" (in 7 Versen) also die Waage. Nimmt man hinzu, daß bei Goethe nur in 4 von 15 Versen, welche eine rhythmische Form mehr als einmal enthielten, unmittelbare Nachbarschaft stattfand, so wird erkennbar, daß die Empfindlichkeit gegen Wiederholungen bei Lessing in dieser Beziehung etwas geringer ist als bei Goethe. Für diese Behauptung kann allerdings n i c h t geltend gemacht werden V. 15: An sie verstrickt, in sie verwebt zu sein wo die alternierende Wiederkehr sogar zweier Rhythmen (232, 242, 232, 242) eine Ausdrucksdoppelung wirksam unterstreicht. Aufschlußreich ist eine Untersuchung der einzelnen Ikten in allen regelmäßigen Versen Goethes und Lessings: 48
Ikten werden gebildet von Stufe : bei I. II. III. IV. V.
4 3 2 L. G. L. G. L. G. 8 17 2 1 — —mal 6 11 4 6 1 „ 10 6 8 4 » 9 15 1 3 » 5 11 5 7 » 32 64 — 1 18 25 Auch den Versen Lessings sind die meisten Hauptakzente der Stufe 4 auf den Silben 2 und 8 gemeinsam, wodurch eine rhythmische Gliederung des Verses höherer Ordnung bewirkt wird. Im Vergleich mit Goethe zeigt sich aber im ganzen eine geringere Vorherrschaft der Hauptakzente, denn die Häufigkeiten der Haupt- und Nebenakzente verhalten sich bei Lessing wie 32:18 oder wie 18:10, bei Goethe „ 64:26 „ „ 25:10, ein weiterer Nachweis dafür, daß selbst der regelmäßige Blankvers Lessings flüssiger und leichter gestaltet ist. Um Art und Umfang des rhythmischen Ausgleichs bei Lessing und der rhythmischen Differenzierung bei Goethe genau zu bestimmen, untersuchte ich nun die Senkungsbeschaffenheit in allen regelmäßigen Versen Lessings und Goethes: Lessing Goethe Stufen : 1 2 3 1 2 3 1 3 lmal V. 1 V. 7 4 2 3 2 V. 2 5 1 V. 8 s) 2 3 V. 12 2 4 V. 12 J) 1 V. 13 2 3 „ V. 14 2 3 5 2 V. 15 V. 17 3 55 V. 20 1 3 V. 21 2 2 2 1 „ V. 21 2 3 V. 22 3 2 1 » 1 V. 24 2 2 V. 23 1 3 1 „ 1 4 2 V. 39 V. 24 3 55 V. 41 1 1 3 „ V. 27 2 1 2 V. 29 3 1 1 13 28 9 .. 1 V. 34 4 1 V. 36 3 2 Relative Verhältnisse V. 38 1 4 V. 42 5 1 I II III 1 V. 47 2 3 Lessing 26% 56% 18% 2 3 V. 49 Goethe 52% 37% 10% V. 50 3 2 52 37 10 4 B r a u e r , Tcmbewegung
49
Diese Aufstellung enthält den Nachweis, daß bei Goethe die schwächsten Senkungen am zahlreichsten vertreten sind, bei Lessing dagegen die halbschwachen; und daß die schwächsten Senkungen bei Lessing nur halb so häufig sind. Auch dies trägt erheblich zu dem Tonstufenausgleich bei, der für Lessing charakteristisch ist. Nach ihrer Hebungsbeschaffenheit und -anordnung unterscheiden sich die metrumgerechten Verse Lessings vielfach. 4 4 4 4 4: V. 13 4 4 3 4 4: V. 20 4 4 4 3 4: V. 12 4 4 4 4 3: V. 41 4 3 3 4 4: V. 7, 39 4 4 3 4 3: V. 21 4 3 4 4 3: V. 24 3 4 3 4 3: V. 15 3 3 3 4 3: V . 8 Die vorkommenden 10 Fälle verteilen sich auf 9 Typen. Neun von zehn Versen sind wieder durch Tonabstufung ausgezeichnet, und zwar enthalten 3 Verse je 4 Haupthebungen, 4 Verse je 3 „ 1 Vers 2 1 Vers
1 Haupthebung.
Die beiden Extreme sind also V. 13 „Entschluß ist Vorsatz, Tat und ich, ich litt" dessen rhythmische Gestalt gerechtfertigt und gefordert ist durch eine starke Antithese, und V. 8: (war der Streich zu schnell) „Gefallen, unter den zu kommenich", für dessen Hebungsanordnung der Goethesche Monolog kein Beispiel enthält: denn dieser Typ erfordert eine leichte, der Prosa stark angenäherte Sprechart. Zitelmanns kategorische Behauptung61 wird also auch durch den Befund bei Lessing widerlegt. Bei allem Unterschied zwischen dem Blankvers bei Goethe und Lessing ist auch hier festzuhalten, daß nirgends zwei aufeinanderfolgende Verse 41
Zitelmann, aaO. S. 12.
50
gleiche Akzentfolge zeigen. Gleichheit in den Akzenten und deren Anordnung ist von mir nur einmal in weitem Abstand beobachtet: in V. 7: Ihm auszübeugen, war der Streich zu schnell V. 39: Zu straucheln laufe, wo er fiel. — Er fiel?, deren Ähnlichkeit unverkennbar ist, wenn auch durch die Einschnitte leicht verwischt wird. Die Hebungs- und Senkungsabstände betragen für V. 7 : 1 + 2 + 1 + 2 + 2 + 1 + 2 - 1 - 2 + 2 = 15 V. 39: 2 + 2 + 1 + 2 + - 2 + 1 + 2 + 2 + 2 = 16. Diese vereinzelt bleibende Übereinstimmung erweist sich so als nahezu vollständig. Die Distanzierung der Verse sorgt aber dafür, daß dieser Umstand keineswegs ins Ohr fällt, so daß auch in Bezug auf Lessing der oben aufgestellte Satz uneingeschränkte Gültigkeit behält: Unter den metrumgerechten Versen Lessings gleicht keiner zwilüngshaft dem andern. Jede ermüdende rhythmische Wiederholung erscheint vermieden. Versbilder mögen das Gesagte bekräftigen:
4«
51
Diagramme der regelmäßigen Verse Lessing, Nathan III, 8 7) Ihm auszubeugen, war der Streich zu schnell 8) Gefallen, unter den zu kommen ich 12) Den Augen nie zu lassen — was Entschluß ? 13) Entschluß ist Vorsatz, Tat: und ich, ich litt 15) An sie verstrickt, in sie verwebt zu sein 20) So liebt der Tempelritter freilich — liebt 21) Der Christ das Judenmädchen freilich! — Hm! 24) Der Vorurteile mehr schon abgelegt. — 39) Zu straucheln laufe, wo er fiel. — Er fiel ? 41) Mit Kindern stehn. Sein Beispiel bürget mir
Die große Zahl unregelmäßiger Verse — es sind, wie schon gesagt, 39 von 49; bei Goethe waren es nur 35 auf 53 — bringt es mit sich, daß sie mitunter zu längeren homogenen Reihen zusammentreten. Die längste Strecke mehr oder weniger frei behandelter Verse reicht von V. 25 bis V. 38: es ist die Stelle des Monologs, wo der Tempelherr an seine Gefangennahme und die Folgen seiner abenteuerlichen Begnadigung durch Saladin zurückdenkt. Auf diese 39 Zeilen Lessings entfallen insgesamt 61 Abweichungen vom Metrum, das sind 16 auf 10 Zeilen; bei Goethe waren es 49 Abweichungen auf 35 oder 14 auf 10 Zeilen. Nicht nur hat Lessing also einen um 14% höheren Anteil unregelmäßiger Verse, auch ist im Durchschnitt jeder dieser Verse freier behandelt, als es bei Goethe der Fall war. 52
bei Lessing 61:49 = 124:100 bei Goethe 49:53 = 92:100 Daraus ist ersichtlich, daß der Vers Lessings entweder nicht so weit von Prosa entfernt ist, als deren (eines von vielen) Kennzeichen die Metrumlosigkeit gelten muß, wie der Vers Goethes, oder daß in seinen Versen stärkere Spannungen sich ausleben. Um diese Alternative zu entscheiden, ist es nötig, der Verteilung der Abweichungen im einzelnen nachzugehen. Einfache Abweichung findet sich in 22 Versen Doppelte " " " " 13 " Dreifache " " " " 3 " Vierfache " " " " 1 Vers 53
Verse mit drei und mehr metrischen Unterbrechungen, also solche, in denen das Metrum nicht mehr die Vorherrschaft hat, fehlten bei Goethe völlig. Es sind bei Lessing V. 17: (Von ihr getrennt) Zu leben, ist mir ganz undenkbar, war (mein Tod) V. 42: (an wessen Beifall) Liegt mir denn sonst? An Nathans? O, an dessen V. 47: Da kommt er, kommt mit Hast, glüht heitre Freude Am unregelmäßigsten ist V. 26: (Ich Tempelherr) Bin tot, war von dem Augenblick ihm t o t . . . Es ist unschwer zu erkennen, daß dies jene Verse sind, in denen das Ethos am stärksten durchbricht. Charakteristisch verschieden ist bei Lessing und Goethe die Verteilung der Unregelmäßigkeiten auf die einzelnen Versstellen. Es werden betroffen: I Iktus bei Lessing 17mal = 28%
II 15mal
III 17mal
IV limai
V lmal
= 25%
= 28%
= 18%
= 1%
bei Goethe
4mal = 8%
13mal
lOmal
= 27%
= 20%
22mal = 45%
—
Offensichtlich werden bei Lessing die drei ersten Ikten ziemlich gleichmäßig mit Unregelmäßigkeiten bedacht. Während Goethe rhythmische Freiheiten vor allem am V e r s b e g i n n zur Wirkung kommen läßt. Die strenge metrische Behandlung des V e r s a u s g a n g s bei beiden scheint bereits auf ein G e s e t z des B l a n k v e r s e s hinzudeuten. In diesem Zusammenhang verdienen jene Verse besondere Beachtung, welche je zwei Abweichungen enthalten; diese entfallen auf die Ikten 1 und 3: in V. 3, 23, 48 1 und 4: in V. 6 2 und 4: in V. 11, 14, 37, 44 8mal „Wiederkehr"
1 und 2: in V. 16 2 und 3: in V. 22, 33, 35 3 und 4: in V. 38 5mal „Wiederholung"
Länger anhaltende Unterbrechungen des Metrums sind also bei Lessing verhältnismäßig häufiger als bei Goethe, wo 10 Fällen distanzierter „Wiederkehr" nur 4 Fälle unmittelbarer „Wiederholung" gegenüberstanden. Um noch genauere Aufschlüsse zu erhalten, prüfte ich nun die Beschaffenheit der metrischen Abweichungen bei Lessing, die sich den weiter oben gebildeten Kategorien, wie folgt, zuordnen: 54
Kategorie I
Kategorie II
Kategorie III
133: 9mal
333: lOmal
432: lmal
331: 4 „
433: 1 „
233:
5 „
424: 1 „
332:10 „
323: 1 „
221: 3 „
213: 2 „
442: 2 „
322: 1 „
443: 3 „
321: 1 „
344: 4 „
233: 1 „
441: 2 „
9 Fälle
42 Fälle Bei Lessing
= 69%
= 16%
= 15%
Bei Goethe
= 57%
= 20%
= 22%
Dies bedeutet, daß der Anteil der „halben Rhythmen", erfaßt in Kategorie I, bei Lessing der höhere ist, während die ausdrucksstärksten Abweichungen vom Metrum: „schwebende Betonung" und „Umkehrung des Metrums", bei Goethe häufiger zu sein scheinen. Ein kleines Mehr oder Weniger kann sich hier schon bedeutend auswirken; daher ist es nicht statthaft, sich mit diesen bloßen Zahlenangaben zu begnügen, die das Feinste an rhythmischer Ausdruckskraft nicht zu bezeichnen, sondern einer vertiefenden Betrachtung nur die Richtung zu weisen vermögen. Höchste Aufmerksamkeit gebührt den zahlenmäßig schwächsten Gruppen. Zumal in der dritten Kategorie sind Unregelmäßigkeiten zusammengefaßt, die mehr oder w e n i g e r gleichartig sind und deshalb nicht bloß gezählt werden dürfen, sondern genau gegeneinander abgewogen werden müssen. Innerhalb der Kategorie III bietet sich noch eine dreifache Unterteilung an: a) Fälle halber Umkehrung des Metrums, in denen das Metrum also einseitig anklingt „ O wie beschämt" (G. 35)
4— 3— 1
„Hier hält das Opfertier" (L. 1)
4— 3— 2
„Und es gewöhnt" (G. 6)
3 — 2—1
„Dir meiner Retterin! M e i n " (G. 37)
1—2 — 3
55
b) Fälle mit halber Umkehrung des Metrums und teilweise schwebender Betonung „Tret ich noch jetzt" (G. 4) 4—3—3 „Weh dem, der" (G. 15) 4—3 — 3 „Und der Entschluß" (L. 11) 3—2—2 „glaublicher mir" (L. 37) 2—2—3 „mit schauderndem Gefühl" (G. 4) 2— 1— 1 c) Fälle ganzer (zweiseitiger) Umkehrung des Metrums „(Bin tot) war von dem Augenblick an" (L. 26) 4 — 2 — 3 „was in mir vorgeht" (L. 3) 3—2—3 „weigerte. — Sie sehn" (L. 9) 2 — 1—3 „ganz glaubliche, die" (L. 37) 2—1—3 Mit Hilfe dieser Unterteilung ordnen sich die Verhältnisse nun doch etwas anders: es zeigt sich, daß die Fälle stärkster Abkehr vom Metrum (IIIc) nur bei L e s s i n g , und zwar zahlenmäßig sogar am meisten vertreten, vorkommen, während bei G o e t h e die Fälle halber und ganzer rhythmischer Unbestimmtheit (II und Illb) entschieden den Vorrang haben, was den Erregungszuständen der sprechenden Personen durchaus angemesen ist: lila Illb IIIc Lessing 2 3 4 Goethe 3 8 — Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß bei Lessing 3 von 9 Vertretern der Kategorie III ( = 33%), bei Goethe 8 von 11 „ „ „ „ ( = 82%) am Zeilenanfang exponiert sind. Es trifft auch für Lessing zu, daß die aufgezeigten Unterstreichungen und die zahlreichen Abschwächungen des Metrums als rhythmischer Reingewinn zu verbuchen sind. Es war bereits Saran62 aufgefallen, daß der hier behandelte Monolog des Tempelherrn, was das Vorkommen von „Brechung" (Enjambement) angeht, geradezu ein „Schaustück für den Vortrag" und daß der persönliche Akzent dieser Stelle sehr stark ist. Obwohl von ihm dort nur „Überhebungen", die stärkste durch " , etwas schwächere durch • , bezeichnet sind, kann die Skandierung der ersten 24 Verse doch nicht gutgeheißen werden. Ich teile die zehn ersten Verse in Sarans Ausdeutung hier mit: „Hier hält das Opfertier ermüdet still. — . \ Nun gut! Ich mag nicht, mag nicht näher wissen, ,
v
Was in mir vorgeht, mag voraus nicht wittern, 62
Saran, Verskunst, S. 152.
56
Was vorgehn wird. — Genug, ich bin umsonst Geflohn, umsonst. — Und weiter könnt ich doch Auch nichts als fliehn I — Nun komm, was kommen soll I Ihm auszubeugen, war der Streich zu schnell Gefallen, unter den zu kommen ich So lang und viel mich weigerte. — Sie sehn, « \ Die ich zu sehn so wenig lüstern war, — " Hier sehe ich eine Reihe von Unstimmigkeiten: In Z. 1 erscheint es mir willkürlich, daß „Hier" und „Opfertier" schwächer betont als „ermüdet" und deshalb unbezeichnet geblieben sind. In Z. 2 scheint mir „gut" mindestens denselben Ton zu tragen wie das schwächere der beiden „mag". In Z. 3 hat das dritte „mag" keinen Anspruch auf den stärksten Ton, „voraus" ist deutlich übergewichtig. In Z. 4 ist die Tonunterscheidung zwischen „wird" und „umsonst" nicht gutzuheißen. In Z. 6 hat „fliehn" zu Unrecht einen schwächeren Ton erhalten als „komm". In Z. 9 verlangt „sehn" mindestens dieselbe Betonung wie „lang", „weigerte" dieselbe wie „viel". Hier war Saran offenbar bemüht, in jeder Zeile auf Biegen und Brechen zwei steigend angeordnete „Überhebungen" ausfindig zu machen, um die Gültigkeit einer „festen R e g e l " (Sarans Worte) zu beweisen, die er63 folgendermaßen formuliert: „Jede akzentuelle Reihe hat, wenn überhaupt Über-Hebungen da sind, eine oder zwei; wie es scheint, n i e m a l s mehr". Eine Überhebung glaubt er in den von ihm zitierten 24 Versen nur einmal (in V. 8) zu finden, sonst regelmäßig zwei, in derselben Folge stets, befangen in der Annahme, daß die leichtere Über-Hebung i m m e r der schwereren vorauszugehen scheine84. Saran, der von sich glaubte, in ungebundener Rede dreizehnfache Tonunterschiede wahrnehmen zu können, hat doch wohl, seiner Theorie zuliebe, zahlreiche Über- und Unterbewertungen dem Text aufgezwungen. Wieder mögen Diagramme meine Aussagen bekräftigen. In Anbetracht ihrer Zahl ordne ich sie nach Kategorien, um die anschließende Vergleichung mit dem bloßen Auge zu erleichtern, welche ergeben wird, daß jeder Vers eine nur ihm eigene Tonbewegung besitzt. 63 84
Saran, Verslehre, S. 158. Ebd. S. 159.
57
Lessing, Nathan III, 8
1) Hier hält das Opfertier ermüdet still 2) Nun gutl Ich mag nicht, mag nicht näher wissen 4) Was vorgehn wird. Genug, ich bin umsonst 5) Geflohn, umsonst. — Und weiter könnt ich doch 9) So lang und viel mich weigerte. — Sie sehn 10) Die ich zu sehn so wenig lüstern war 18) Mein Tod — und wo wir immer nach dem Tode 19) Noch sind, auch da mein Tod. — Ist das nun Liebe 25) Was will mein Orden auch ? Ich Tempelherr 27) Der mich zu Saladins Gefangnem machte 28) Der Kopf, den Saladin mir schenkte, war 29) Mein alter ? — Ist ein neuer, der von allem 30) Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward 31) Was jenen band; und ist ein bessrer, für 32) Den väterlichen Himmel mehr gemacht 34) Ich, so zu denken, wie mein Vater hier 36) Von ihm mir vorgelogen. Märchen ? doch
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40) Ich will mit Männern lieber fallen, als 43) Liegt mir denn sonst ? An Nathans ? O, an dessen 45) Noch weniger gebrechen. — Welch ein Jude 1 46) Und der so ganz nur Jude scheinen will 49) He, Nathan! Wie, seid ihrs! Ihr habt. . .* 3) Was in mir vorgeht; mag voraus nicht wittern 6) Auch nichts als fliehn I Nun komm, was kommen soll 11) Sie sehn, und der Entschluß, sie wieder aus 14) Ich litte bloß. — Sie sehn, und das Gefühl 16) War eins. — Bleibt eins. — Von ihr getrennt 22) Was tut's? Ich hab in dem gelobten Lande 23) Und drum auch mir gelobt auf immerdar! — 33) Das spür ich ja! Denn erst mit ihm begann 35) Gedacht muß haben, wenn man Märchen nicht 37) Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie 38) Als jetzt erschienen, da ich nur Gefahr 44) Ermuntrung mehr als Beifall kann es mir 48) Wer kam vom Saladin je anders? He,** * Jeder Vers enthält eine Abweichung vom Metrum ** Jeder Vers enthält zwei Abweichungen vom Metrum
60
3
6 11 14 16 22 23 33
•HS!
35 37 38 44 48
61
17) Zu leben, ist mir ganz undenkbar, war 42) Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall 47) Da kommt er, kommt mit Hast, glüht heitre Freude***
26) Bin tot, war von dem Augenblick ihm tot**** *** Jeder Vers enthält drei Abweichungen vom Metrum •*** Vers 26 enthält vier Abweichungen vom Metrum
62
17 42 47
ilii
26
63
IV Der Blankvers bei Schiller. Stützpfeiler des Metrums. Ästhetische Funktion kleinster rhythmischer Formen. Geringe Wandlungsfähigkeit des Versrhythmus. Iktenqualitäten bestimmen die Körperlichkeit des Verses. Durchgängige Verschiedenheit der Tonbewegung selbst in den regelmäßig gebauten Versen. Ausdrucksbedingte Abweichungen vom Metrum. Brechung der Vorherrschaft des Metrums. Frei behandelte Verseingänge. Potenzierte Verwendung verschiedener rhythmischer Ausdrucksmittel. Notwendige Überwindung einer Idiosynkrasie. Eine beschämende Charakteristik. Stufen rhythmischer Indifferenz. Wohlgefällige Konkordanz von Gehalt und Form. Ein Vers von einmaliger Unregelmäßigkeit. Erfüllung des Metrums liefert rhythmisch nicht befriedigende Verse. Beglückender Wohlklang. Verse, die in vollendeter Harmonie erstrahlen.
Meine nächste Untersuchung gilt dem S c h i l l e r s c h e n Blankvers in dem Monolog Wallensteins in „Wallensteins Tod" I, 4. Dieser hat genau die gleiche Länge wie der erste Monolog Iphigenies. Es ist jene Stelle, welche Goethe die Achse des Schillerschen Dramas genannt hat. Der Herrenmensch Wallenstein kommt darin zur Einsicht, daß er seiner selbstverschuldeten Vernichtung unaufhaltsam entgegengetrieben wird. Die Szene gibt Schiller Gelegenheit, seinem Ethos stärksten Ausdruck zu verleihen. Schiller bedient sich dazu folgender rhythmischer Formen: 1) 2) 3) 4) 5) 6) V) 8) 9) 10) 11) 12) 13)
1—4— 1 1—4— 2 2—4— 1 1—4— 3 3—4— 1 2—4— 2 2—4— 3 3—4—2 3—4— 3 1—3— 1 1—3—2 2—3— 1 2—3—2
beschlossne V. 9 (Beim gros)sen Gott des (Himmels) V. 8 den guten V. 15 Genährt mit V. 5 Mich sprechen V. 36 des Himmels V. 8 die Rückkehr V. 16 Wie anders! V. 42 was planlos V. 33 (un)gewisse V. 5 (Dop)pelsinn des (Lebens) V. 23 (un)verführten V. 30 (schlimmdeu)tend mir ver(giften) V. 25
Die Iktenformen sind also die gleichen wie bei Lessing. In welchem Umfang Schiller von den Mitteln der rhythmischen Versgestaltung Gebrauch macht, ist schon damit angedeutet, daß der Monolog mit seinen 53 Zeilen nur zehn das Metrum ganz erfüllende Verse enthält. 64
Das Mißverhältnis der regelmäßigen und unregelmäßig durchsetzten Verse ist so groß wie bei Lessing. Die Hundertsätze der regelmäßigen Verse betragen bei Schiller: 20% bei Lessing: 19% bei Goethe: 34% Aber anders als bei Lessing, wenn auch nicht so verblüffend gleichmäßig wie bei Goethe, sind die metrumgerechten Verse verteilt: sie kommen nur zweimal in Zweiergruppen (V.29/30,42/43), jedoch sechsmal einzeln stehend vor (V. 9,17, 20, 36, 40, 53) und k ö n n e n auf diese Weise dazu beitragen, das häufig gestörte Metrum immer wieder so zum Bewußtsein zu bringen, daß die Feinempfindlichkeit des Ohres für rhythmische Schwankungen gewahrt bleibt. Dadurch erschöpft sich die Bedeutung dieser Verse bei Schiller und Goethe nicht in ihrer ästhetischen Ausdrucksfunktion, sondern sie wirken gleichzeitig als Stützpfeiler des Metrums. Der Durchschnittswert der Aufeinanderfolge regelmäßiger Verse liegt mit 10:8 = 1, 2 sogar noch tiefer als bei Goethe und Lessing (je 1, 4). Die kleinsten rhythmischen Formen fand ich bei Schiller in folgender Verteilung: 1 — 4 — 1: 15mal 1 — 4 — 2: 13 " 2 — 4 — 1: 29 " 2 — 4 — 2: 3 — 4 — 1: 1 — 4 — 3: 1 — 3 — 1:
17mal 15 " 12 " 11 "
3 — 4 — 2: 5mal 2 — 4 — 3: 20 " 2 — 3 — 1: 6 " 1 — 3 — 2: 7 " 3 — 4 — 3: 2 — 3 — 2:
6 mal 6 " 162 echte Rhythmen Die Verrechnung in drei Gruppen lieferte folgende Verhältniszahlen für Schiller Goethe Lessing I. Scharfgeprägte Rhythmen 35% 4 2 2 0 % II. Mittlere Rhythmen 34% 30% 30% III. Schwächerprofilierte Rhythmen 31% 28% 50%. Man erkennt daraus, daß die Rhythmen Schillers, wie es bei Goethe der Fall war, mit der Stärke auch an Häufigkeit abnehmen; allerdings ist der „Abfall" in g l e i c h e r R i c h t u n g bei Schiller nicht so entschieden wie bei Goethe. Eine Übereinstimmung zwischen Schiller und Goethe ist damit aber gegeben. Bei Lessing dagegen verhalten sich rhythmische Schärfe und Häufigkeit entschieden u m g e k e h r t p r o p o r t i o n a l . 5 B r ä u e r , Tonbewegung
65
Die scharfgeprägten und die mittleren Rhythmen machen zusammengenommen bei Lessing die Hälfte bei Schiller zwei Drittel bei Goethe drei Viertel aller echten Rhythmen aus. Um festzustellen, ob in dieser Hinsicht zwischen „glatten" und „rauhen" (Unregelmäßigkeiten enthaltenden) Versen vielleicht Unterschiede bestehen, nahm ich die Verhältnisse gesondert auf: Die metrumgerechten Verse Die unregelmäßigen Verse enthalten bei enthalten bei Goethe Lessing Schiller Goethe Lessing Schiller Scharfe Rh. 49% 18% 29% 38% 20% 38% Mittlere Rh. 28% 33% 29% 30% 29% 36% Schwache Rh. 22% 50% 43% 32% 50% 27% Bei Goethe sind die scharfgeprägten Rhythmen in den metrumgerechten Versen, welche bei ihm verhältnismäßig am häufigsten anzutreffen sind und denen die Funktion, das Metrum aufzubauen (in V. 1 /2) und zu wahren, am offenkundigsten zugewiesen ist, mit 11 % größerer Häufigkeit verwendet als in den abweichend behandelten Versen. Bei Schiller liegen die Verhältnisse gerade umgekehrt: die metrumgerechten Verse besitzen einen um 16% höheren Anteil schwächerprofilierter Rhythmen. Bei beiden Dichtern sind die Verhältnisse der unregelmäßigen Verse ausgeglichener, die regelmäßigen Verse dagegen kontrastreicher gehalten, was durchaus sinnvoll erscheint. Bei Lessing ist kein nennenswerter Unterschied in der Gestaltung der beiden Versgruppen vorhanden. Lessings Versrhythmus zeigt bedeutend geringere Wandlungsfähigkeit. Rhythmenwiederholungen finden sich in 4 regelmäßigen und 10 unregelmäßigen Versen, meist (12 von 14) mittelstarker und starker Beschaffenheit, und zwar 4mal in unmittelbarer Nachbarschaft (V. 9, 19, 24: 141; V. 7: 131) lOmal distanziert: V. 47 (141), V. 23, 36, 53 (242), V. 29, 44 (243), V. 31, 49, 51 (241), V. 5 (143) Niemals jedoch bringen aufeinanderfolgende Verse mehrmals ein und dieselbe rhythmische Form. Die Empfindlichkeit gegen Wiederholungen (unmittelbarer Art) ist also die gleiche wie bei Goethe. Die verschiedenen Ikten werden gebildet von Stufe 4 Stufe 3 I 9mal lmal II 7 „ 3 „ III 10 „ — IV 5 „ 5 „ V 8 „ 39mal 9mal Die Hauptakzente sind danach am häufigsten auf den Silben 2, 6 und 10; der vierte Iktus ist halb so oft wie der dritte starkbetont. 66
Um festzustellen, ob und wieweit dieses Absinken des Tones für den Blankvers Schillers oder für den Blankvers überhaupt charakteristisch ist, untersuchte ich nun die Hebungen a l l e r Verse der drei bisher skandierten Monologe. Haupthebungen fand ich auf Iktus I Iktus II Iktus III Iktus IV Iktus V bei Schiller 25mal 34mal 35mal 24mal 37mal bei Goethe 32 „ 38 „ 30 „ 33 „ 34 „ bei Lessing 35 „ 31 „ 28 „ 36 „ 26 „ Für Schillers m e t r u m g e r e c h t e V e r s e gilt das Zahlenverhältnis der Haupt- u. Nebenakzente 43:10 Für Goethe lautete die entsprechende Relation >
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Auch für Grillparzer trifft zu, daß in den a l l e r m e i s t e n V e r s e n die Ikten gegeneinander abgestuft sind, wodurch eine r h y t h m i s c h e G l i e derung des V e r s e s h ö h e r e r O r d n u n g bewirkt wird. Das gesamte Tongefälle, d. h. die Summe der Hebungs- und Senkungsabstände in den Versen Grillparzers beträgt: 5, 22, 17, 14, 10, 13, 17, 15, 20, 16, 12, 16, 16, 14, 20, 20, 22, 11, 11, 12, 22, 15, 20, 18, 16, 23, 11, 18, 21, 15, 13, 22, 16, 16, 17, 13, 16, 10, 15, 17, 12, 11, 19, 15, 20, 16, 17, 18, 14, 17, 20, 22, 14, 14 d = 866:54 = 16 Tonstufen pro Vers. Das Mittel liegt auf derselben Höhe wie bei Schiller.
125
Grillparzer, Sappho IV, 1: Wiederholte Iktenfolgen 23) Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet 3—4—3-4—4 36) Ich wollt ihn stellen auf der Menschheit Gipfel 12) Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht 3-4-4-3—4 28) Was alle andern einzeln nur verüben 38) Und über Grab und Tod und Sterblichkeit 3-4-4—4—3 47) Laß mich dich fassen, schneller Götterbote 19) Der Mord ist wohl ein gräßliches Verbrechen 4-3-4-2—4 42) Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt 4—4-3-2—4
14) Doch lang und länger, ohne zu erwachen 45) Ihr lebet, ja! Von euch kam der Gedanke 44) Und er — lebt ihr denn noch, gerechte Götter?
4—3-3-4—4 46) Der leuchtend sich vor meine Seele drängt 4) Die Dunkelheit, die brütend mich umfängt 6) Man sagt ja doch, ein ungeheurer Schmerz 4—3-4-3—4 10) Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern 18) Kein Undankbarer-Halt-Tritt nicht die Schlangc! 126
127
16) Wo alles — alles — selbst die Pulse schlafen 25) Doch kenn ich eins, vor dessen dunklem Abstich 4—4—3 — 4—4 43) Ein mildes Wort statt allen Lohns begehrend 51) In Reue wenden ihr verlocktes Herz 2) Dies weite All, es stürzte nicht zusammen 4-4-4-3-4
9) Des Lebens muntre Töne sind verstummt 31) Beschützt mich, Götter! schützt mich vor mir selber! 37) Erheben hoch vor allen, die da sind 11) Und einsam wie ein spät verirrter Fremdling 15) Im Schöße eines festern, süßern Schlummers
21) Die Häupter jener giftgeschwollnen Hyder 4—3—4 — 4—4 26) Die andern alle lilienweiß erscheinen 27) Und Undank ist sein Nam 48) Vernehmen deines Mundes flüchtig Wort 17) Kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt 4-4-4-4-4 29) Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide 30) Verrät und tötet! — Undank! — Undank! — Undank!
128
9 B r ä u e r , Tonbewegung
129
32) Des Innern düstre Geister wachen auf 4—4-4-4-4 52) Mit Liebesqual der Liebe Frevel büßen 53) So sei es I — Rhamnes I Rhamnes I — Ja, so sei's!
Grillparzer, Sappho: Einzeln vorkommende Versgestalten 22) Die an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt 1) Bin ich denn noch ? und ist denn etwas noch ? 8) Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen 34) Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten 3) In jenem fürchterlichen Augenblick 13) Wer auch so schlafen könnte wie die Vögel 5) Es ist die Nacht und nicht das Grab 41) Was ich vermag und kann und bin und heiße 7) Er könne töten. — Ach, es ist nicht so 1 33) Und rütteln an des Kerkers Eisenstäben 39) Ihn tragen auf den Fittichen des Ruhms 40) Hinüber in der Nachwelt lichte Fernen 20) Und Raub und Trug, und wie sie alle heißen 130
35) Von allen Sterblichen nur ihn allein 49) Nach Chios, sprichst du, soll Melitta hin 24) Wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen 54) Unsterbliche, habt Dank für diesen Wink 50) Nach Chios, dort getrennt von dem Verräter
132
133
VII Der Blankvers Hebbels, Exposition widerstreitender Gedanken schafft lebhafte Tonbewegung, die durch scharfe Akzente charakterisiert wird. Eine Ähnlichkeit zum Verwechseln. Wortgebrauch von störender Regelmäßigkeit. Streben nach großräumigen rhythmischen Wirkungen. Auflösung des Metrums. Aufeinanderfolge gleicher Versbauformen mit auffälliger Häufigkeit. Einseitige Vorliebe für alternierende Betonung.
Um zu erforschen, welche Ausprägung der Blankvers bei H e b b e l erlangt hat, wählte ich den Monolog, welcher den dritten Akt von „Herodes und Mariamne" beschließt. Die Vorgeschichte ist kurz die folgende: Herodes hat, „um seine Krone zu sichern", Aristobolus, den Bruder seiner Frau, umbringen lassen und verzehrt sich seitdem in unbegründeten Zweifeln an ihrer Liebestreue. Unerträglich ist ihm der Gedanke an eine andere Verbindung Mariamnes, der durch heimliche Machenschaften seiner Mutter Alexandra geschürt worden ist. In maßloser Eifersucht hat Herodes bereits einmal den Befehl gegeben, im Falle seines Ablebens seine Frau zu töten. Für den Verrat dieses Vorhabens hat er Joseph, den Mann seiner Schwester Salome, kürzlich enthaupten lassen. Im Widerstreit seiner Reue und neuer Sorge vor Antritt einer kriegerischen Unternehmung siegt abermals das Mißtrauen. Das Hin und Her und Durcheinander leidenschaftlicher Empfindungen gibt einem Dichter reiche Gelegenheit, seine Sprachkunst unter Beweis zu stellen. Ebenso wie bei Lessing, Schiller und Grillparzer kommen zwar auch bei Hebbel die dreizehn häufigsten rhythmischen Grundformen vor 1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 134
1—4—1 1—4 — 2 2 — 4—1 1—4 — 3 3 — 4—1 2—4—2 2—4—3 3—4—2 3—4—3 1—3 — 1 1—3—2 2—3—1 2—3—2
(mei)ne Krone (V. 7) Geheimnis (V. 29) (wie)der wecken (V. 23) gewiß sein (V. 16) Nur töten (V. 23) verteidi(gen) (V. 20) Er nahm, was (mehr wog) (V. 8) noch mehr ver(schmähn) (V. 21) Von selbst sich (V. 30) (weg)gefallen (V. 18) (Kro)ne nur zu (sichern) (V. 7) um meine (Krone) (V. 7) es darum (V. 15)
Es ist jedoch bemerkenswert, daß gleich die ersten Worte des Monologs das Metrum verneinen: V. 1: „Wahr ist's" Dies war in ähnlicher Weise nur der Fall bei Lessing: V. 1: „Hier hält" und bei Grillparzer: V. 1: „Bin ich denn noch", wo sich die dramatischen Personen ebenfalls in schweren Konflikten befanden, welche dringend einer Auflösung bedurften. Zwar bewegten auch Iphigenie widerstreitende Gedanken und Gefühle, doch ist der betont ruhevolle Einsatz ihres Monologs glaubhafter Ausdruck ihrer Mäßigung und ihrer Glaubenszuversicht. Wenn bei Schiller der Monolog metrumgerecht begann und die erste starke Umkehrung des Metrums in V. 14 begegnet („Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei"), so spiegelt dieser Eingang die aufrechte Haltung des unverzagten Feldherrn. Am Anfang des ersten Monologs bei Kleist kann von irgendeinem Konflikt oder von einer Situation, die dringend Abhilfe forderte, überhaupt nicht die Rede sein; wie aus dem Zusammenhang erschlossen werden konnte, trägt der Prinz am Anfang des zweiten Monologs männliche Gefaßtheit zur Schau, ohne noch an Widerstand zu denken. Dagegen kommt die Beklemmung des Herodes bereits in der Exposition widerstreitender Gedanken zum Ausdruck: 1: Wahr ist's, ich ging zu w e i t . . . Doch wahr nicht minder Die Art, wie hier ein Gedanke sofort einen Gegengedanken auf den Plan ruft, ist in keinem der untersuchten Texte so ausgeprägt wie bei Hebbel; sie dient augenscheinlich dazu, die Unruhe und Unsicherheit des Herodes darzustellen, welche andauert, bis sein Entschluß gefaßt ist (V. 42: „Soemus kam zur rechten Zeit . . . Ihm geb ich jetzt den Auftrag"): 3: Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn! 4: Wenn sie mich liebte! Durch die bloße wörtliche Wiederholung, bei veränderter Tongebung, wird die Annahme, kaum ausgesprochen, schon wieder in Abrede gestellt. Das nächste Gegensatzpaar folgt auf dem Fuße: 4: Hat sie mich geliebt? 5: Ich glaub es. Aber jetzt 6: Ich schaffte / ihn fort 8: Er nahm, was mehr wog, mit hinweg: ihr Herz! 135
Herodes denkt über die Veränderung nach, die er an Mariamne bemerkt zu haben glaubt, um fortzufahren: 10: Niemals fand ich zwischen ihr und ihrer Mutter noch 11: Die kleinste Spur von Ähnlichkeit heraus, 12: Heut glich sie ihr. . . 14: Drum kann ich ihr nicht mehr vertraun, wie sonst! 15: Das ist gewiß! Doch muß es darum auch 16: Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog? Hier schafft der schnelle Wechsel von Aussage und Frage, der schon in V. 4 begegnete, eine Tonbewegung, die auch mehreren Versen Lessings eignet: 11: . . . der Entschluß, sie wieder aus 12: Den Augen nie zu lassen — Was Entschluß ? 35: . . . wenn man Märchen nicht 36: Von ihm mir vorgelogen. Märchen ? 39: . . . wo er fiel. — Er fiel? Auf Grund dieses T o n f a l l s sind manche Verse Hebbels solchen Lessings zum Verwechseln ähnlich. Doch zurück zu Hebbel: 17: Die Bürgschaft, die in ihrer Liebe lag, 18: Ist weggefallen, aber eine zweite 19: Liegt noch in ihrem Stolz 19: und wird ein Stolz, 20: Der es verschmähte, sich zu verteidigen, 21: Es nicht noch mehr verschmähn, sich zu beilecken ? 22: . . .Warum kann der Mensch 23: Nur töten, nicht die Toten wieder wecken ? 24: Er sollte beides können oder keins. 25: . . . Er kommt nicht! Dennoch seh ich 26: Ihn vor mir! 28: Wie es auch kam, so kam es nicht 1 28:... Vielleicht 29: Fraß das Geheimnis 30: Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er's 38: Nun muß ich das von ihrer Rache fürchten, 39: Was ich von ihrer Wankelmütigkeit 40: Vielleicht mit Unrecht fürchtete Wie die wiederholten Fragen, so verrät die Wortwahl, das dreimalige „vielleicht", die innere Haltlosigkeit des Herodes (V. 28, 30, 40). 136
Es befeitet einen Genuß besonderer Art, der lebhaften und s c h a r f e A k z e n t e fordernden Gedankenbewegung zu folgen, deren Verständnis durch satzeinleitende Partikeln nicht eben häufig erleichtert wird. Auffällig ist, daß dies i n V . 2: durch „doch", „ V. 5: „ „aber", „ V. 15: „ „doch", „ V. 18: „ „aber", „ V. 25: .. „dennoch" .. geschieht. Der Wechsel des Wortgebrauchs ist von etwas störender Regelmäßigkeit. Die Fülle der Belege läßt deutlich werden, daß wir hier die Befolgung eines Prinzips vor uns haben, das damit g r o ß r ä u m i g e r h y t h m i s c h e W i r k u n g e n anstrebt. Die Paarung gegensätzlicher Gedanken stellt ein Verfahren dar, durch das sich die Verse zu wechselnden größeren Zusammenhängen ordnen. Diese Art der V e r s v e r f l e c h t u n g scheint ein S t i l m o m e n t Hebbels zu sein. Die zahlreichen wörtlichen Anklänge und Wiederholungen entspringen künstlerischer Absicht und dienen dazu, das Gegensätzliche um so stärker hervortreten zu lassen. Das Höchstmaß an Wiederholungen in dichter Folge enthalten die Verse: 36: So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß, 37: Jetzt muß ich weitergehn! Denn, nun sie's weiß, 38: Nun muß ich In diesen Versen sind es nur die drei unterstrichenen Wörter, welche nicht wiederholt werden. Ein Übermaß scheint mir erreicht zu sein in 1: . . . ich ging zu weit 36: So weit gegangen 37: Jetzt muß ich weitergehn! Die Gedankenfülle und die Art Hebbels, Gedanken zu konfrontieren, bringt es mit sich, daß die normalen Hebungsstellen des Verses, aber auch die unterschiedenen Schwerestufen, bei weitem nicht immer ausreichen, um sie ganz sinngemäß wiederzugeben. Oder es wird nötig sein, bei diesem Autor die Zone des Hochtons breiter zu wählen als beispielsweise bei Goethe. Denn selbstverständlich taugt eine Vortragsart nicht für a l l e Blankverse. Der Tonfall muß sich der jeweiligen Gedankenbewegung anpassen. Antithesen und scharf zugespitzte Gedanken verlangen auch nach schärferen und stärkeren Akzenten als etwa, um nur zwei Extreme zu nennen, geruhsame Erinnerungen oder wortreiche Vergleiche. Zahlreich sind bei Hebbel die Verse, welche sinngemäß mit Um kehr u n g des M e t r u m s einsetzen. 137
4: 13: 15: 19: 25: 28: 29: 37: 44: 46: 50:
Wenn sie mich liebte Heut glich sie ihr Das ist gewiß Liegt noch in ihrem Stolz Der rächt sich auch! Wie es auch kam, so kam es nicht! Fraß das Geheimnis Jetzt muß ich weitergehn Da stünde, wo ich steh Ihm geb ich jetzt den Auftrag Dann hast du recht gehabt
Es ist aufschlußreich, sich der früher angetroffenen Verhältnisse zu erinnern. Starke, das M e t r u m u m k e h r e n d e V e r s e i n s ä t z e kommen vor bei Goethe 5mal
Lessing 5mal
Kleist 7mal
Grillparzer Schiller 8mal 9mal
Hebbel 12mal
Die Eigenart Hebbels ist evident. Berücksichtigt man auch die unbestimmter gehaltenen, das Metrum nur abschwächenden Verseinsätze, so behauptet Hebbel wiederum den Vorrang vor Schiller: Die absoluten und relativen Häufigkeiten a l l e r v o m M e t r u m abw e i c h e n d e n V e r s e i n g ä n g e betragen bei Grillparzer Lessing Kleist Goethe Schiller Hebbel 16mal 17mal 20mal 22mal 25mal 27mal = 30% =35% =41% =42% =47% =54% Demnach beginnen mehr als die Hälfte aller Verse Hebbels mit einer Abweichung vom Metrum. Auch im Versinnern kehrt Hebbel das Metrum mehrfach um: 8: 26: 28: 43: 44:
Er nahm, was mehr wog, mit hinweg: ihr Herz! . . . Es ist unmöglich I Wie es auch kam, so kam es nicht! Ein Mann, der, war ich selbst nicht auf der Welt Da stünde, wo ich steh
Die Vergleichswerte der V e r h ä l t n i s s e im V e r s i n n e r n sind die folgenden : Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel keinmal 3mal 4mal 4mal 4mal 5mal Umkehrung, 27 „ 40 „ 45 „ 31 „ 38 „ 41 „ Abschwächung des Metrums Durchgängig klare Erfüllung des Metrums fand ich bei Hebbel nur in 9 von 50 Versen (Nr. 6/7, 12, 18, 22/23/24, 42, 48), absolut und relativ gerechnet, mit geringster Häufigkeit innerhalb der untersuchten Texte: 138
Regelmäßige Verse bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel absolut 18mal lOmal lOmal 13mal 12mal 9mal relativ 34% 20% 19% 27% 22% 18% Am größten ist der Abstand zwischen Goethe und Hebbel, bei dem metrumgerechte Verse etwa doppelt so selten begegnen. Auf Grund der Iktenbeschaffenheit ergibt sich bei Hebbel folgendes Bild: Im ganzen lassen sich 33 Hebungstypen nachweisen, von denen 25 nur einzeln vorkommen. Je zweimal nur folgen zwei gleiche Typen aufeinander: V. 15: Das ist gewiß I Doch muß es darum auch 34334 V. 16: Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog? V. 48: Auf Menschenart versucht. Verrät er mich, 43443 V. 49: So zahlt sie einen Preis, der — Salome Während manche Typen (nämlich vier) doppeltes, ein Typ (44434) dreifaches, einer (34334) vierfaches Vorkommen besitzen, ist es auffällig, daß H e b b e l den a l t e r n i e r e n d e n T y p 4 — 3 — 4 — 3 — 4 s e c h s m a l verwendet (in V. 5, 7, 23, 36, 43, 46), den wir bei Lessing nur lmal, bei Goethe 2mal, bei Schiller 3mal, bei Grillparzer 4mal, bei Kleist 5mal fanden, gegenüber nur einmaligem Vorkommen des alternierenden Gegentyps 3 — 4 — 3 — 4•—-3 bei Hebbel, dem gerade und nur Lessing eine ausgesprochene Bevorzugung zuteil werden läßt. Es lohnt sich, die Betrachtung auf alle alternierend abgestuften Verse auszudehnen: Verse mit alternierender Tonabstufung der Ikten Typen Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel — — — — — 1 mal 24341 — — • — — 24343 1 1 „ — — 1 1 1 34243 JJ 1 34343 2 5 2 — 1 » 41424 41434 42424 42434 43414 43423 43424 43434
—
1
—
—
—
—
— —
1
1
—
1 1 1
— —
—
—
—
—
—
—
—
—
—
5)
1
—
2 1 1 1 2 3 5 11 6 9 8 = H % = 18% = 21% = 16% = —
—
1 —
2 4 9 17%
53
>>
1
„ » » ))
6 „ 10 mal == 20% 139
Hieraus geht hervor, daß Goethe den alternierenden Verstyp verhältnismäßig am seltensten verwendet, und daß bei Hebbel und Schiller durchschnittlich jeder fünfte Vers regelmäßigen Wechsel der Iktenstärke aufweist. Im allgemeinen überwiegen dabei die fallend einsetzenden Verse mit drei stärkeren Ikten über die steigend einsetzenden mit zwei stärkeren Ikten. Es bestehen jedoch beträchtliche individuelle Unterschiede: Alternierende Verse bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel mit 2 Haupthebungen 3mal 5mal 4mal lmal lmal 3mal 7 „ 8 „ 7 ,, » 3 „ 3 „ 4 „ 7 ,, Danach ist unter diesen Typen das Übergewicht der voller tönenden Verse bei Kleist und Grillparzer am größten, während die schwächeren Typen in Lessings der Prosa in mancher Weise am nächsten stehenden Versen am häufigsten sind. Beim Uberprüfen der S e n k u n g e n erkennt man, daß auch bei Hebbel Verse, welche demselben Hebungstyp angehören, in rhythmischer Beziehung niemals vollständig miteinander übereinstimmen. Für die doppelt und dreifach wiederkehrenden Typen verweise ich auf den skandierten Text und gebe im folgenden nur die Nachweise für die vier- und sechsmal wiederkehrenden Typen: Senkungsbeschaffenheit der hebungsmäßig gleichen Verse V. 9: 3 — 3 — V. 13: 4 — 3 — V. 17: 2 — 3 — V. 30: 3 — 3 — V. V. V. V. V. V.
3 —3 — 2
V. 3: 3 — 3 V. 15: 4 — 1 V. 16: 2 — 1 V. 24: 2 — 1
2 —3 — 1 2 —2 — 1 3 —3 — 2 — 3 5: 7: 23: 36: 43: 46:
3— 3— 3— 3— 3— 4—
2— 2— 1— 1— 3— 3—
2— 1— 2— 1— 3— 2—
— — — —
1— 3— 3— 2—
1— 2— 3— 1—
2 2 1 2
3— 2 1 — 2— 2 1 — 2— 1 3— 2 4— 2 3— 3
Fast gleiche Bauart zeigen nur zwei distanzierte Verse: 4
3
3
4
4
V. 9: Denn seltsam hat sie, seit ihr Bruder starb 3
3
3
4
3
3
2
3
4
4
V. 30: Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er's 3
3
3
3
2
3
Die einzige Abweichung betrifft hier den einmal stumpfen, einmal klingenden Ausgang. Es folgt nun eine geordnete Ubersicht der 33 Hebungstypen mit Angabe der Belegstellen: 140
4 — 3 — 4 — 3 — 4: V.5,7,23,36,43,46 3 — 4 — 3 — 3 — 4: V. 3,15,16. 4 — 3 — 4 — 4 — 3: V. 48,49
3 — 4 — 4 — 4 — 3: V. 1, 27
4 — 3 — 4 — 4 — 4: V. 6
3 — 4 — 4 — 4 — 4: V. 2
4 — 3 — 3 — 4 — 4:V. 9,13, 17, 30
3 — 4 — 4 — 3 — 4: V. 4
4 — 3 — 3 — 3 — 4:V. 18
3 — 4 — 4 — 2 — 4: V. 21
4 — 2 — 4 — 3 — 4:V. 26
3 — 4 — 3 — 4 — 3: V. 35
4 — 2 — 3 — 4 — 4:V. 44
3 — 4 — 3 — 4 — 4: V. 38, 50
4 — 2 — 4 — 4 — 4: V. 45
3 — 4 — 4 — 3 — 3: V. 47
4 — 4 — 3 — 3 — 4: V.34,37
3 — 3 — 4 — 4 — 4: V. 10
4 — 4 — 4 — 3 — 4:V. 8,22, 33
3 — 3 — 4 — 3 — 4: V. 19
4 — 4 — 4 — 3 — 3:V. 12
3 — 3 — 4 — 4 — 3: V. 41
4 — 4 — 4 — 4 — 3:V. 42
3 — 3 — 3 — 4 — 3: V. 11
4 — 4 — 4 — 1 — 4:V. 40
3 — 3 — 3 — 4 — 4: V. 14
4 — 4 — 4 — 4 — 4:V. 25
3 — 3 — 4 — 3 — 3: V. 39
2 — 4 — 3 — 4 — 1 : : V. 20 2 — 3 — 3 — 4 — 4:: V. 28 2 — 4 — 3 — 4 — 4:: V. 29 2 — 3 — 4 — 4 — 3:: V. 31 2 — 4 — 3 — 4 — 3: V. 32 Damit ist der Nachweis erbracht, daß die Blankverse Hebbels, bis auf einen, Iktenunterschiede enthalten und daß unregelmäßige Tonabstufung der Ikten auch bei Hebbel die Regel ist. Die Summe der Hebungs- und Senkungsabstände in. allen Versen Hebbels beträgt: 15, 11, 13, 14, 14, 21, 19, 8, 7, 13, 10, 17, 10, 5, 12, 12, 14, 20, 10, 14, 15,13, 20, 16, 11, 13, 12, 10, 18, 8,12, 18,17,13,16,15, 6,16,12,14, 12, 17, 7, 12, 16, 6, 6, 16, 12, 17 d = 655:50 = 13 Tonstufen pro Vers Das Tongefälle der Verse Hebbels liegt — als Folge der charakteristischen „Akzententschärfung" — auf derselben Höhe wie bei Lessing, also weit unter den für Schiller und Grillparzer (mit je 16 Tonstufen), noch mehr unter den für Goethe und Kleist (mit je 17 Tonstufen) errechneten Werten. Es folgen nun die Diagramme aller Hebbelschen Verse: 141
Hebbel, Herodes und Mariamne III, 6 1) Wahr ist's, ich ging zu weit. Das sagte ich 2) Mir unterwegs schon selbst. Doch wahr nicht minder 3) Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn 4) Wenn sie mich liebte! Hat sie mich geliebt? 5) Ich glaub es. Aber jetzt — wie sich der Tote 6) Im Grabe noch zu rächen weiß! Ich schaffte 7) Ihn fort, um meine Krone mir zu sichern 8) Er nahm, was mehr wog, mit hinweg: ihr Herz! 9) Denn seltsam hat sie, seit ihr Bruder starb 10) Sich gegen mich verändert, niemals fand 11) Ich zwischen ihr und ihrer Mutter noch 12) Die kleinste Spur von Ähnlichkeit heraus 13) Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug 14) Drum kann ich ihr nicht mehr vertraun wie sonst 15) Das ist gewiß 1 Doch muß es darum auch 16) Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog? 17) Die Bürgschaft, die in ihrer Liebe lag 142
143
18) Ist weggefallen, aber eine zweite 19) Liegt noch in ihrem Stolz, und wird ein Stolz 20) Der es verschmähte, sich zu verteidigen 21) Es nicht noch mehr verschmähn, sich zu beflecken ? 22) Zwar weiß sie's! Joseph! Warum kann der Mensch 23) Nur töten, nicht die Toten wieder wecken 24) Er sollte beides können oder keins. 25) Der rächt sich auch! Er kommt nichtI Dennoch seh ich 26) Ihn vor mir! „Du befiehlst?" — Es ist unmöglich! 27) Ich will's nicht glauben! Schweig mir, Salome! 28) Wie es auch kam, so kam es nicht. Vielleicht 29) Fraß das Geheimnis wie verschlucktes Feuer 30) Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er's 31) Weil er mich für verloren hielt und nun 32) Mit Alexandra sich versöhnen wollte 33) Bevor die Kunde kam. Wir werden sehn! 34) Denn prüfen muß ich sie! Hätt ich's geahnt 35) Daß sie's erfahren könnte, nimmer wär ich 144
36) So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß, 37) Jetzt muß ich weitergehn I Denn, nun sie's weiß 38) Nun muß ich das von ihrer Rache fürchten 39) Was ich von ihrer Wankelmütigkeit 40) Vielleicht mit Unrecht fürchtete, muß fürchten 41) Daß sie auf meinem Grabe Hochzeit hältl 42) Soemus kam zur rechten Zeit. Er ist 43) Ein Mann, der, war ich selbst nicht auf der Welt 44) Da stünde, wo ich steh. Wie treu er denkt 45) Wie eifrig er mir dient, beweist sein Kommen 46) Ihm geb ich jetzt den Auftrag 1 Daß sie nichts 47) Aus ihm herauslockt, weiß ich, wenn sie ihn 48) Auf Menschenart versucht! — Verrät er mich 49) So zahlt sie einen Preis, der — Salome, 50) Dann hast du recht gehabt! — Es gilt die Probe!
146
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Hi •TTTT =¡1:5: ì
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147
VIII Zusammenfassende Betrachtung. Unregelmäßige Tonabstufung bildet die Regel. Bildung höherer rhythmischer Einheiten. Ansätze zu strophischer Gliederung. Eine gewichtige Erkenntnis. Beträchtliche personalstilistische Unterschiede. Abweisung einer unhaltbaren Behauptung. Widerstreit zwischen metrischer und rhythmischer Gliederung größeren Ausmaßes. Kaum abschätzbare Juwele der Verskunst.
Es ist uns soeben gelungen, bei Hebbel zwei Verse zu entdecken, welche in den Hebungs- und Senkungsverhältnissen nahezu vollständig übereinstimmen. Ein Blick auf die Diagramme von V. 9 und V. 30 bestätigt das ungewöhnliche Vorkommnis:
Es muß nunmehr eines Umstandes gedacht werden, durch den die Ähnlichkeit wiederum geschmälert wird. Dieser betrifft die r h y t h m i s c h e G e s c h l o s s e n h e i t der V e r s e , welche verschieden ist. Mitbestimmend für die Wirkung eines jeden Verses ist das Maß seines inneren Zusammenhalts und seiner inhaltlichen Bindung an die umgebenden Verse. Drei große Gruppen von Versen lassen sich unschwer erkennen: erstens solche, welche eine S i n n e i n h e i t bilden; zweitens solche, welche dringend einer E r g ä n z u n g bedürfen; drittens solche, welche mehr a l s einen Gedanken enthalten. Mit Hilfe dieser groben Unterscheidung lassen sich die erheblichen Wirkungsunterschiede etwa folgender Verse teilweise begründen: I. Der Frauen Zustand ist beklagenswert (G 24) II. Ist weggefallen, aber eine zweite (H 18) III. Ich will's nicht glauben! Schweig mir, Salome! (Gr 27) Innerhalb jeder Gruppe sind noch manche Variationen möglich. Das bezeugt für G r u p p e I die Zusammenstellung folgender Verse: Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit (Sch 45) Ein Vers, der, aus seinem Zusammenhang gelöst, von seiner Sinnfülle nichts einbüßen würde. 148
Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet (G 28) Dem isolierten Vers fehlt zu seinem vollen Verständnis nur das Beziehungswort („der Mann") Der dir sein Liebstes zum Altare brachte (G 46) Dieser Vers enthält einen vollständigen Teilgedanken Gruppe II: Wenn du den göttergleichen Agamemnon (G 45) Dieser Vers enthält nur den Anfang eines Gedankens Nur dumpfe Töne brausend mir herüber (G 14) Dieser Vers enthält nur das Ende eines Gedankens Des alten, heiigen, dichtbelaubten Haines (G 2) Dieser Vers enthält nur das Mittelstück eines Gedankens Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram (G 16) Dieser Vers enthält Ende und Anfang zweier Gedanken G r u p p e III: Ich rechte mit den Göttern nicht; allein (G 23) Inhalt: ein vollständiger und ein abgebrochener Gedanke Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward (L 30) Inhalt: ein fortgesetzter und ein vollständiger Gedanke Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen (Gr 8) Inhalt: zwei vollständige Gedanken verwandten Inhalts Kein Undankbarer — Halt — Tritt nicht die Schlange (Gr 18) So sei es I — Rhamnes I Rhamnes! — Ja, so sei's I (Gr 53) Ihn vor mir. „Du befiehlst ?" — Es ist unmöglich (H 26) O meine Mutter! / Himmel! / Weiter! weiter! (K25) Geliebte! Fasse dich! / Laß, laß mich, Liebe! (K 12) Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide (Gr 29) Inhalt: Zwei und mehr vollständige Gedanken Um Zeit- oder Personalstile in den Griff zu bekommen, halte ich es für angemessen, s i e b e n T y p e n v o n V e r s e n zu unterscheiden und gesondert zu verrechnen: a) solche, die, für sich genommen, einen vollständigen Sinn ergeben und gewissermaßen ein Eigenleben führen b) Verse, die zwar einen vollständigen Haupt- oder Nebengedanken ausdrücken, jedoch nur im Zusammenhang ganz deutlich werden c) Verse, welche nur den Anfang oder das Ende eines Gedankens enthalten d) Verse, welche nur das mittlere Glied eines Gedankens sind e) Verse, welche nur Ende und Anfang zweier Gedanken enthalten f) Verse, welche e i n e n vollständigen Gedanken und Anfang oder (alias: und) Ende eines zweiten enthalten g) Verse, welche m i n d e s t e n s z w e i vollständige Gedanken enthalten 149
Die Zuordnung aller Verse zu diesen sieben Typen sieht so aus: 1)
2)
3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10)
11)
12) 13) 14) 15) 16) 17) 18) 19) 20)
21)
22)
23) 24) 25) 26) 27) 28) 29) 30) 31) 32) 33) 34) 35) 36) 37) 38) 39) 40) 150
Goethe Lessing Schiller Kleist b c f d e b f c
£ c f b g b c c c f e
c
£ g c e c
t
{: d c f
t g b c f c c c g d
d b c
c f c b £ f f f c f
{: f
g f
b c g c c c c f e c d
c f b b a f
Grillparzer Hebbel g
E f b f g g b b c c b d c
Ii g b f b
e b f c f b f g b c b b b f
g f g g g e f g f e d c b b f f f e e b c g c b g g g g d
£ c f g
g b
41) 42) 43) 44) 45) 46) 47) 48) 49) 50) 51) 52) 53) 54)
Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel c b d c b f le f b f e b d b c c f b a g b b g d b c b f g d c b c b f c c b
É
£
Man erkennt sofort, daß lebhafter Wechsel der Typen in jeder Vertikalspalte die Grundregel und daß Aufeinanderfolge gleicher Verstypen dagegen verhältnismäßig selten ist. So folgen ungleiche Typen aufeinander bei bei bei bei bei bei
Goethe Grillparzer Lessing Schiller Kleist Hebbel
44mal Variation = 85% (44:52) 39 „ = 74% (39:53) » = 71% (34:48) 34 „ » 36 „ = 70% (36:52) » 32 „ 5> = 68% (32:47) = 67% (33:49) 33 „ a
Mit Hilfe dieser Unterscheidung erweist es sich, daß der Blankvers Goethes eine überragende Vielgestaltigkeit besitzt. Es ist auf diese Weise gelungen, eine um die Jahrhundertwende aufgestellte und bisher unangefochten gebliebene Behauptung zu widerlegen. Minor70 hatte damals nämlich ausgesagt : „In den ersten sechs Versen der > Iphigenie< bildet jeder V e r s ein Ganzes f ü r sich, trotzdem keiner mit Schluß^nnVt schließt (sie!)". Eine Uberprüfung ergibt dagegen, daß Goethe in diesen Anfangsversen drei v e r s c h i e d e n e V e r s g e s t a l t e n in v i e r f a c h e m W e c h s e l verwendet hat. Die Fehlbeurteilung ist offenbar. Das Durcheinander der Auffassungen in der Verswissenschaft beruht vor allem auf der Unsicherheit ihrer Fundamente. 70
J. Minor, aaO. 2. Aufl., S. 238
151
Die H ä u f i g k e i t e n der a Goethe 3 Les sing 0 Schiller 1 Kleist 1 Grillparzer 0 Hebbel 0
e i n z e l n e n T y p e n enthält folgende Ubersicht: d b c e f g 10 19 6 5 7 3 2 12 5 4 23 3 4 13 17 4 13 1 13 22 3 3 3 4 19 2 0 8 11 14 6 3 5 16 4 16
Alle Typen sind demnach nur vertreten bei Goethe, Schiller und Kleist, und zwar mit größter Häufigkeit bei diesen dreien der gebundene Typ c, welcher zwar eine stete Tonbewegung besitzt, aber mindestens gegen einen der Nachbarverse ohne scharfe Abgrenzung ist; größte Häufigkeit bei Lessing besitzt der gebrochene Typ f; größte Häufigkeit bei Grillparzer besitzt der gebundene Typ b; größte Häufigkeit bei Hebbel besitzen die gebrochenen Typen f und g. Der allgemein seltenste Typ a fehlt bei Lessing, Grillparzer und Hebbel ganz. Bedeutsam erscheint, daß Typ e, welcher Ende und Anfang zweier Gedanken enthält, also einen Einschnitt besitzt, der stärker ist als die Einschnitte der beiden Versenden, nur bei Grillparzer fehlt, dagegen bei Lessing zwölfmal vertreten ist. Kraß ist auch das Mißverhältnis, welches darin besteht, daß fast die Hälfte aller Verse Lessings dem gebrochenen Typ f angehören, bei Kleist jedoch nur drei; und daß mehr als ein Drittel aller Verse Hebbels Vertreter des Typs g sind, welcher meist mehr als zwei Brechungen aufweist und von Schiller nur einmal verwendet wird. Diese Ergebnisse haben jedenfalls symptomatische Bedeutung. Sowohl Lessing wie Hebbel haben eine ausgesprochene Vorliebe für Verse, deren Tonbewegung mindestens ein- oder zweimal unterbrochen ist. Alle Typen treten hin und wieder auch gehäuft auf und lassen so diese oder jene Vorliebe eines Autors stärker hervortreten: 2 a Der Frauen Zustand ist beklagenswert Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann
I G 24/25
2 b Als wenn ich sie zum erstenmal beträte Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher
j G 5/6
In dem Gedanken bloß gefiel ich mir Die Freiheit reizte mich und das Vermögen Ich hätte mir den guten Schein gespart Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen Halt mußt er machen zwischen Busch und Hügeln Um sein zerstreutes Reiterkorps zu sammeln Der an dem Herd der Väter sagen könnte Bei Fehrbellin sah ich den Helden fallen 152
Î
Sch 10/11
¡
Sch 27/28
K 10/11 K 37/38
Des Lebens muntre Töne sind verstummt Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern Wo alles — alles — selbst die Pulse schlafen Kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt Was alle andern einzeln nur verüben Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug Drum kann ich ihr nicht mehr vertraun wie sonst 3 b Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten Von allen Sterblichen nur ihn allein Ich wollt ihn stellen auf der Menschheit Gipfel Was ich vermag und kann und bin und heiße Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt Ein mildes Wort statt allen Lohns begehrend 4 b Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt ? Ich will auf halbem Weg mich niederlassen Wer heut sein Haupt noch auf der Schulter trägt Hängt es schon morgen zitternd auf den Leib Und übermorgen liegt's bei seiner Ferse
Gr 9/10 Gr 16/17 Gr 28/29 H 13/14 Gr 34/35/36
Gr 41/42/43
Schl4/15/16/17
K 42/43/44/45
2 c Das nächste Glück von seinen Lippen weg Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken Und selbst der frommen Quelle reine Tat Wird der Verdacht schlimmdeutend nur vergiften Des unverführten Willens mir bewußt Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand In des Geschicks geheimnisvolle Urne Als plötzlich jetzt der Kurfürst, Roß und Reiter In Staub vor unsern Augen niedersinkt Der Schweden ganzes Kriegsgepäck erbeutet Und hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn Dies weite All, es stürzte nicht zusammen In jenem fürchterlichen Augenblick Und einsam wie ein spät verirrter Fremdling Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht Die an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet 153
In Reue wenden ihr verlocktes Herz Mit Liebesqual der Liebe Frevel büßen
Gr 51/52
3 c Das Land der Griechen mit der Seele suchend Und gegen meine Seufzer bringt die Welle Nur dumpfe Töne brausend mir herüber
G 12/13/14
Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt So hält mich Thoas hier, ein edler Mann In ernsten heiigen Sklavenbanden fest
G 32/33/34
Weitsehend planvoll mir zusammen knüpfen Und was der Zorn und was der frohe Mut Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens
Sch 34/35/36
Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt Zwei Linien hatt er mit der Reiterei Durchbrochen schon und auf der Flucht vernichtet 4 c Des Truchsschen Korps dem Feind entgegenreitet Auf einem Schimmel herrlich saß er da Im Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend Wir alle sammeln uns bei diesem Anblick Drauf faßt bei diesem schreckenvollen Anblick Schmerz unermeßlicher des Prinzen Herz Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache Bricht er mit uns auf die Verschanzung los
• K 3/4/5
K 15/16/17/18
K 26/27/28/29
2d Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden Hinausgegeben in des Lebens Fremde
| Sch 50/51
2e Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo
J G 19/20
Gefallen, unter den zu kommen ich So lang und viel mich weigerte. — Sie sehn Ich, so zu denken, wie mein Vater hier Gedacht muß haben, wenn man Märchen nicht Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie Als jetzt geschienen, da ich nur Gefahr Mit Kindern stehn. Sein Beispiel bürget mir Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall
L8/9 L 34/35 L 37/38 L 41/42
Nicht die Versuchung von mir wies — das Herz Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse
J Sch 4/5
Ist weggefallen, aber eine zweite Liegt noch in ihrem Stolz, und wird ein Stolz
| H 18/19
154
2f War eins. — Bleibt eins. — Von ihr getrennt Zu leben, ist mir ganz undenkbar, war Zu straucheln laufe, wo er fiel. — Er fiel ? Ich will mit Männern lieber fallen, als
L 16/17 L 39/40
Beim großen Gott des Himmels 1 Es war nicht Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld Wie ich's versuchen mag, nicht von mir wälzen
Sch 8/9 Sch 21/22
Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er Weil er mich für verloren hielt und nun Daß sie's erfahren könnte, nimmer wär ich So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß Soemus kam zur rechten Zeit. Er ist Ein Mann, der, wär ich selbst nicht auf der Welt
'1 H 30/31
3f Den Augen nie zu lassen — Was Entschluß? Entschluß ist Vorsatz, Tat: und ich, ich litt Ich litte bloß. — Sie sehn, und das Gefühl Wär's möglich ? Könnt ich nicht mehr wie ich wollte Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt? Ich müßte Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht Das ist gewiß I Doch muß es darum auch Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog ? Die Bürgschaft, die in ihrer Liebe lag Ihm geb ich jetzt den Auftrag! Daß sie nichts Aus ihm herauslockt, weiß ich, wenn sie ihn Auf Menschenart versucht! — Verrät er mich 4f Noch sind, auch da mein Tod. — Ist das nun Liebe So liebt der Tempelritter freilich, — liebt Der Christ das Judenmädchen freilich. — Hm I Was tut's ? Ich hab in dem gelobten Lande Der Kopf, den Saladin mir schenkte, war Mein alter ? — Ist ein neuer, der von allem Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward, Was jenen band; und ist ein bessrer, für 2 g Er könne töten. — Ach, es ist nicht sol — Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen Und er — lebt ihr denn noch, gerechte Götter ? — Ihr lebet, ja! — Von euch kam der Gedanke So sei es! — Rhamnes! Rhamnes I — Ja, so sei's I Unsterbliche, habt Dank für diesen Wink!
H 35/36 H 42/43
L 12/14
Sch 1/2/3 H 15/16/17 H 46/47/48
L 19/20/21/22
L 28/29/30/31
Gr 7/8 Gr 44/45 Gr 53/54 155
Da stünde, wo ich steh. Wie treu er denkt Wie eifrig er mir dient, beweist sein Kommen So zahlt sie einen Preis, der •— Salome Dann hast du recht gehabt! — Es gilt die Probe! 3 g Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihnl Wenn sie mich liebte! Hat sie mich geliebt ? Ich glaub es. Aber jetzt — wie sich der Tote 4 g Der rächt sich auch! Er kommt nicht! Dennoch seh ich Ihn vor mir I „Du befiehlst ?" — Es ist unmöglich! Ich will's nicht glauben! Schweig mir, Salome! Wie es auch kam, so kam es nicht! Vielleicht
H 44/45 H 49/50
H 3/4/5
H 25/26/27/28
Es verdient hervorgehoben zu werden, daß G r i l l p a r z e r , nacti öctiiiier und Kleist, den am strengsten gebundenen Verstyp am liebsten zur Wiederholung bringt, während er bei Lessing nur in wenigen Einzelexemplaren vorkommt. Kennzeichnend für die Beliebtheit einzelner Typen ist ferner, daß alle 22 auf Wiederholungen entfallenden Verse L e s s i n g s den Typen e und f angehören und daß Ansammlungen von je vier Vertretern des Typs f nur bei Lessing anzutreffen sind (V. 19—22; 28—31); daß 19 von den 25 bei H e b b e l auf Wiederholungen entfallenden Versen den Typen f und g angehören und daß Ansammlungen von drei und vier Vertretern des Typs g nur bei Hebbel zu finden sind (V. 3—5; 25—28); aber auch daß Wiederholungen des Typs e in dichtem Abstand nur bei L e s s i n g aufeinanderfolgen, während derselbe Typ bei Kleist nicht gedoppelt und, wie schon gesagt, bei Grillparzer überhaupt nicht erscheint. In allen untersuchten 308 Versen finden sich nur sieben Doppelvorkommen dieses zerklüfteten Typs: davon vier bei Lessing, je eine bei Goethe, Schiller und Hebbel. Die Sinnzerreißungen im Versinnern und die enge Bindung an die beiden umgebenden Verse wirken dahin, daß eine rhythmische Einheit des einzelnen Verses hier kaum noch ins Bewußtsein des unvoreingenommenen Hörers treten kann:
156
Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo
| G 19/20
Gefallen, unter den zu kommen ich So lang und viel mich weigerte. — Sie sehn
| L 8/9
Ich, so zu denken, wie mein Vater hier Gedacht muß haben, wenn man Märchen nicht
J L 34/35
Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie Als jetzt geschienen, da ich nur Gefahr
| L 37/38
Mit Kindern stehn. Sein Beispiel bürget mir L 41/42 Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall Nicht die Versuchung von mir wies — das Herz Sch 4/5 Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse Ist weggefallen, aber eine zweite H 18/19 Liegt noch in ihrem Stolz, und wird ein Stolz Diese Nachweise mögen genügen, um deutlich werden zu lassen, in welchem Umfange bei den untersuchten Autoren rhythmische Einheit des einzelnen Verses angestrebt wird. Weit weniger wird das Versempfinden dort gestört, wo zwei, drei oder vier Angehörige des Typs c zusammentreten, denn in den meisten Fällen bilden zwei solcher Verse eine h ö h e r e r h y t h m i s c h e E i n h e i t : Und selbst der frommen Quelle reine Tat j Sch 24/25 Wird der Verdacht schlimmdeutend nur vergiften Des unverführten Willens mir bewußt | Sch 30/31 Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand | Sch 46/47 In des Geschicks geheimnisvolle Urne Als plötzlich jetzt der Kurfürst, Roß und Reiter K 21/22 In Staub vor unsern Augen niedersinkt Dies weite All, es stürzte nicht zusammen Gr 2/3 In jenem fürchterlichen Augenblick Und einsam, wie ein spät verirrter Fremdling, Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht Gr 11/12 Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt, Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet | Gr 22/23 In Reue wenden ihr verlocktes Herz Mit Liebesqual der Liebe Frevel büßen | Gr 51 /52 Wie man sieht, ist die N e i g u n g , g l e i c h a r t i g e D o p p e l v e r s e zu e i n e r h ö h e r e n E i n h e i t w e r d e n zu l a s s e n , f a s t g a n z auf S c h i l l e r und G r i l l p a r z e r b e s c h r ä n k t ; um zu überzeugen, wurden sämtliche Belege gesammelt und wiedergegeben.
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Das eben dargestellte Verfahren wird dagegen von Goethe und Kleist dort angewendet, wo mehr als z w e i gleichartige Verse (des Typs c) zuzusammentreten : Das Land der Griechen mit der Seele suchend -Und gegen meine Seufzer bringt die Welle MNIur dumpfe Töne brausend mir herüber (G 12/13/14) Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt •So hält mich Thoas hier, ein edler Mann Mn ernsten heiigen Sklavenbanden fest (G 32/33/34) 157
Weitsehend planvoll mir zusammen knüpfen -Und was der Zorn und was der frohe Mut \Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt •Zwei Linien hatt' er mit der Reiterei •Durchbrochen schon und auf der Flucht vernichtet Des Truchsschen Korps dem Feind entgegenreitet ,Auf einem Schimmel, herrlich, saß er da Mm Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend Wir alle sammeln uns bei diesem Anblick Drauf faßt bei diesem schreckenvollen Anblick Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz •Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache \Bricht er mit uns auf die Verschanzung los
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(Sch 34/35/36)
(K 3/4/5)
(K 15/16/17/18)
(K 26/27/28/29)
Mit dem letzten Beispiel geht Kleist in den untersuchten Texten am weitesten; man könnte fast versucht sein, darin einen schwachen Ansatz oder eine Vorstufe zu strophischer Gliederung zu ahnen. G e w i c h t i g i s t die E r k e n n t n i s , daß in den Texten Lessings und Hebbels nicht ein einziges Beispiel für diese Art der Zeilenbindung vorhanden ist, die von Goethe zweimal, von Schiller, Kleist und Grillparzer je viermal verwendet wird. Tritt man nach diesen eindringenden Feststellungen weit genug zurück, um die Typen a und b, die Typen c, d und e, die Typen f und g wieder zu drei größeren Gruppen zusammenfallen zu lassen, so sieht deren Verteilung so aus: I II in ab cd e •ig 13mal = 25% 30mal = 57% lOmal Goethe 19% 26 „ = 53% Lessing 18 „ = 37% 5 „ = 10% Schiller 25 „ = 47% 14 „ = 26% 14 „ = 26% 28 „ = 57% Kleist 14 „ = 29% 7 „ = 14% Grillparzer 16 „ = 30% 19 „ = 35% 19 „ = 35% Hebbel 32 „ = 64% 12 „ = 24% 6 „ = 12% 71 mal = 23% 129mal = 42% 108mal = 35% Die weite Entfernung der Grenzwerte bietet Raum für beträchtliche personalstilistische Unterschiede. Gruppe I, welcher die größte rhythmische Geschlossenheit und die kontinuierlichste Tonbewegung eigen ist, umfaßt bei Lessing nur 10%, bei Goethe dagegen 35%. Es bestätigt sich also in dieser Sicht, daß Lessings Verse am seltensten rhythmische Einheiten bilden und daß Hebbel ihm darin sehr nahekommt. Ganz allgemein gilt, daß solche Verse im großen Durchschnitt nur ein Viertel aller Blankverse ausmachen. Dieser Durchschnitt wird durch die Verse Goethes, Schillers und Kleists in etwa dar158
gestellt, während Lessing und Hebbel weit dahinter zurückbleiben; nur bei Grillparzer machen diese rhythmisch geschlossenen Verse etwa ein Drittel aller Verse aus. Damit kann die auf ungenaue Beobachtung gegründete summarische B e h a u p t u n g H e t t i c h s (a. a. O. S. 68), Goethes Verse seien „zum größten Teil in sich abgeschlossene rhythmische Einheiten", als u n h a l t b a r erwiesen gelten. So unübersichtlich und verflochten die gefundenen Häufigkeiten auf den ersten Blick auch scheinen mögen, es lassen sich zwischen den einzelnen Autoren doch durchgehende kleinere oder größere Unterschiede erkennen, welche der Ausdruck von Ähnlichkeiten oder Gegensätzen sind. Um diesen auf die Spur zu kommen, ist es nur nötig, der Reihe nach die Verhältnisse jedes Autors mit denen jedes anderen zu vergleichen. Die Durchführung sieht so aus: Die Zahl der Abweichungen beträgt II III insgess Zwischen in Gruppe I 1 2 Goethe—Kleist 3 6 1 5 Goethe—Schiller 4 10 14 29 Goethe—Grillparzer 6 9 12 Goethe—Lessing 8 16 36 18 22 Goethe—Hebbel 7 47 7 12 28 Schiller—Lessing 9 3 Schiller—Kleist 0 7 10 Grillparzer—Lessing 2 14 7 23 Grillparzer—Schiller 5 9 5 19 12 12 Grillparzer—Kleist 5 29 4 Grillparzer—Hebbel 13 13 30 1 Hebbel—Lessing 6 6 13 8 13 18 Hebbel—Schiller 39 Hebbel—Kleist 8 16 25 49 Lessing—Kleist 10 38 9 19 Hieraus ergibt sich, daß hinsichtlich der Tonbewegung die größten Übereinstimmungen bestehen zwischen G o e t h e und K l e i s t L e s s i n g und H e b b e l S c h i l l e r und G r i l l p a r z e r . Es konnte weiter oben nachgewiesen werden, daß dort, wo von der nur dem Schema des Blankverses zugehörigen, in sich geschlossenen und gegen die Nachbarverse abgesetzten, Tonbewegung abgewichen wird, vielfach — bezeichnenderweise niemals bei Lessing und Hebbel — höhere rhythmische Einheiten entstehen, welche nicht an Zeilengrenzen gebunden sind. Dies hat häufig einen Widerstreit zwischen metrischer Fünfhebigkeit und tatsächlich vorhandener rhythmischer Gliederung zur Folge, den ich 159
als höchst reizvoll empfinde, gewissermaßen als die natürliche Fortsetzung der freiheitlichen Tonbewegung innerhalb der Verse. So eigenartig verschieden wie die Behandlung des niederen Rhythmus ist auch der Gebrauch, der von der Möglichkeit gemacht wird, metrische Gliederung in fünfhebige Verse durch Schaffung andersartiger rhythmischer Zusammenhänge zu ersetzen. Einige Gegenüberstellungen lassen abweichende Tendenzen sichtbar werden. 1) G 16—19
METRISCHE GLIEDERUNG
Ihm zehrt der Gram Das nächste Glück von seinen Lippen weg Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken Nach seines Vaters Hallen RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Ihm zehrt der Gram das nächste Glück von seinen Lippen weg Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken nach seines Vaters Hallen 2) G 19—22
METRISCHE GLIEDERUNG
wo die Sonne Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo Sich Mitgeborne spielend fest und fester Mit sanften Banden aneinander knüpften RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
wo die Sonne zuerst den Himmel vor ihm aufschloß wo sich Mitgeborne spielend fest und fester mit sanften Banden aneinander knüpften 3) L 2—4
METRISCHE GLIEDERUNG
Ich mag nicht, mag nicht näher wissen, Was in mir vorgeht; mag voraus nicht wittern, Was vorgehn wird RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Ich mag nicht, mag nicht näher wissen, was in mir vorgeht mag voraus nicht wittern, was vorgehn wird 4) L 30—31
METRISCHE GLIEDERUNG
Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward was jenen band RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward, was jenen band 160
5) L29—32
METRISCHE GLIEDERUNG
ist ein neuer, der von allem Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward, Was jenen band; und ist ein bessrer, für Den väterlichen Himmel mehr gemacht RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Ist ein neuer, der von allem nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward was jenen band und ist ein bessrer, für den väterlichen Himmel mehr gemacht 6) Sch 3—7
METRISCHE GLIEDERUNG
weil ich sie gedacht Nicht die Versuchung von mir wies — das Herz Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse Erfüllung hin die Mittel mir gespart Die Wege bloß mir offen hab gehalten RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
weil ich sie gedacht nicht die Versuchung von mir wies das Herz genährt mit diesem Traum auf ungewisse Erfüllung hin die Mittel mir gespart die Wege bloß mir offen hab gehalten 7) Sch 8—9
METRISCHE GLIEDERUNG
E s war nicht Mein Ernst, beschlossne Sache war es nie RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Es war nicht mein Ernst Beschlossne Sache war es nie Es ist fesselnd zu beobachten, wie hier (7) durch Umkehrung der Wortstellung, imVorhergehenden (6) durch zunehmenden Umfang der gereihten Glieder, im folgenden (8) wiederum durch Inversion und Ersparung des Hilfsverbs jede Eintönigkeit vermieden wird. 8) Sch 27—29
METRISCHE GLIEDERUNG
Ich hätte mir den guten Schein gespart Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen Dem Unmut Stimme nie geüehn RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Ich hätte mir den guten Schein gespart Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen Dem Unmut (hätt ich) Stimme nie geliehn 11 B r ä u e r , Tonbewegung
161
9) K 30—34
METRISCHE GLIEDERUNG
Der Graben wird, der Erdwall, der sie deckt, Im Anlauf überflogen, die Besatzung Geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten Der Schweden ganzes Kriegsgepäck erbeutet RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Der Graben wird, Der Erdwall, der sie deckt, im Anlauf überflogen, Die Besatzung geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet, Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten, Der Schweden ganzes Kriegsgepäck erbeutet In diesem Beispiel, das den schnellen Ablauf eines verwirrenden Geschehens wiedererstehen läßt, werden in kaum zu fassender Fülle und Regellosigkeit — man beachte die gewollte Unordnung der Aufzählung: Kanonen, F a h n e n , Pauken und S t a n d a r t e n — nominale oder verbale Satzglieder und ganze Sätze aneinandergereiht, selbst auf Kosten grammatischer Genauigkeit, deren pedantische Wahrung hier fehl am Platze gewesen wäre. Die fünf Verse werden durch ein einziges kleines flektiertes Verb zusammengehalten: sie hängen gleichsam am schwachen Faden des Kriegsglücks. Die Worte überstürzen sich wie die Ereignisse. Dem Einsatz geballter Kraft entspricht die Zusammenrottung der Hochtöne. Diese Stelle, ein Juwel sprachlichen und rhythmischen Ausdrucks, ist der nach langem Anlauf erreichte Höhepunkt der ganzen Szene. 10) K 40—41
METRISCHE GLIEDERUNG
Von zwei Spannen Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Von zwei Spannen diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter Hier ist die mangelnde Übereinstimmung metrischer und rhythmischer Gliederung, welche dem Hörer der Verse durch die verschiedene Längengestaltung der entsprechenden Glieder zum Empfinden kommt, vollendeter Ausdruck der widerstreitenden Gefühle des Prinzen. Eine starke, immer wiederkehrende Neigung, auf diese Weise zunehmend größere Zusammenhänge zu gestalten, ist bei Grillparzer zu beobachten: 162
11) Gr 1—3
METRISCHE GLIEDERUNG
Bin ich denn noch? und ist denn Etwas noch? Dies weite All, es stürzte nicht zusammen In jenem fürchterlichen Augenblick? RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Bin ich denn noch? Und ist denn Etwas noch? Dies weite All, es stürzte nicht zusammen in jenem fürchterlichen Augenblick ? Man beobachte die großartige Steigerungsanlage dieser großräumigen Dreiform 1 12) Gr 8—12
METRISCHE GLIEDERUNG
Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen, Des Lebens muntre Töne sind verstummt Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern Und einsam, wie ein spät verirrtet Fremdling, Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Still ist es um mich her die Lüfte schweigen des Lebens muntre Töne sind verstummt Und einsam, wie ein spät verirrter Fremdling, geht meines Weinens Stimme durch die Nacht 13) Gr 16—18
METRISCHE GLIEDERUNG
Wo alles — alles — selbst die Pulse schlafen Kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt Kein Undankbarer RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Wo alles alles selbst die Pulse schlafen kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt kein Undankbarer — 14) Gr 19—27
METRISCHE GLIEDERUNG
Der Mord ist wohl ein gräßliches Verbrechen Und Raub und Trug, und wie sie alle heißen, Die Häupter jener giftgeschwollnen Hyder, Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt, Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet: Wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen Doch kenn ich eins, vor dessen dunklem Abstich Die andern alle lilienweiß erscheinen Und Undank ist sein Naml u*
163
RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Der Mord ist wohl ein gräßliches Verbrechen Und Raub und Trug, und wie sie alle heißen, die Häupter jener giftgeschwollnen Hyder, die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt, mit ihrem Geifer diese Welt verpestet wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen Doch kenn ich eins, vor dessen dunklem Abstich die andern alle lilienweiß erscheinen und Undank ist sein Nam 1 Der enge Zusammenhang der ersten sechs Reihen besteht darin, daß sie zwei ähnliche Gedanken, den ersten knapp, den zweiten breit, zum Ausdruck bringen; er wird durch die Wortwiederholungen betont und gefestigt. Die folgenden drei Zeilen bezeichnen dazu den stärksten Gegensatz; dem inhaltlichen Gegensatz entspricht die Gegeneinanderstellung von 6 und 3 Zeilen. Alle neun Zeilen bilden wiederum eine komplexe Einheit noch höherer Ordnung. Grillparzer ist ein Meister potenzierter rhythmischer Wirkungen. 15) Gr 32—44
METRISCHE GLIEDERUNG
Des Innern düstre Geister wachen auf Und rütteln an des Kerkers Eisenstäben Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten Von allen Sterblichen nur ihn allein Ich wollt ihn stellen auf der Menschheit Gipfel Erheben über Grab und Tod und Sterblichkeit Ihn tragen auf den Fittichen des Ruhms Hinüber in der Nachwelt lichte Fernen. Was ich vermag und kann und bin und heiße Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt Ein mildes Wort statt allen Lohns begehrend Und er — RHYTHMISCHE GLIEDERUNG
Des Innern düstre Geister wachen auf und rütteln an des Kerkers Eisenstäben Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten von allen Sterblichen nur ihn allein Ich wollt ihn stellen auf der Menschheit Gipfel erheben hoch vor allen, die da sind, und über Grab und Tod und Sterblichkeit ihn tragen auf den Fittichen des Ruhms hinüber in der Nachwelt lichte Fernen 164
Was ich vermag und kann und bin und heiße, als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt, ein mildes Wort statt allen Lohns begehrend Und er — Dieses Beispiel ist noch zusammengesetzter als das vorher gewürdigte: hier sind zunächst zehn Verse durch das Prinzip der Reihung dreier Sätze („hatt ich — ich wollt — wollt ich", bemerkenswert abermals die Variation der Wortstellung) sowie durch Reihung verbaler („stellen-erheben-tragen", „vermag-kann-bin-heiße") und nominaler Glieder („Grab-Tod-Sterblichkeit", bloße Abwandlungen desselben Begriffs und also besonders eng zusammenhängend), schließlich durch das Prinzip der Gegensätzlichkeit („Sterblichkeit-Ruhm") fest aneinander gekettet. Die nächsthöhere Einheit von elf Versen kommt durch eine neue, jäh abreißende Gegenüberstellung („ich—er") zustande. Das krasse Mißverhältnis der Teile (10:1) spiegelt die innere Unausgeglichenheit und die Schmerzüberwältigung der leidenschaftlich erregten Frau. Das wird so recht deutlich, wenn man das Mittelstück des Goetheschen Monologs daneben hält: Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann Und in der Fremde weiß er sich zu helfen Ihn freuet der Besitz; ihn krönt der Sieg Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet Wie eng-gebunden ist des Weibes Glück Schon einem rauhen Gatten zu gehorchen Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt. Auch hier haben wir eine Darstellung des Gegensatzes der Geschlechter vor uns, aber Rhythmus und Tonbewegung sind grundverschieden bei Goethe und Grillparzer. Auch Iphigenie leidet unter dem Gegensatz, aber sie lehnt sich nicht dagegen auf; aus ihren Worten spricht die Gefaßtheit einer gläubigen Seele, die sich in ein gottgewolltes Schicksal ergibt. Dafür ist die streng-symmetrische Ausführung des als unabänderlich hingenommenen Gegensatzes durchaus beweiskräftig, welche eine Art strophischer Gliederung herbeiführt, die durch das Vorhandensein der überraschend symmetrisch gelagerten stärksten Einschnitte in VV. 27 und 31 noch überzeugender wird. Die größte naturgesetzliche Polarität hätte keinen zwingenderen Ausdruck finden können. Eine Gemeinsamkeit Goethes und Grillparzers ist, daß breit ausgeführte Vergleiche das M i t t e l 165
stück ihrer Monologe bilden. Der stärkste Unterschied: Goethes Verse sind Ausdruck der Ausgesöhntheit mit dem Schicksal, Zeugnis eines beglückenden Seelenfriedens, während wir bei Grillparzer die leidvolle Zerrissenheit und den Aufschrei einer Verzweifelnden erleben. Ein fast antithetisch zugespitzter, zwei Verse zur Einheit bindender Gedanke bildet dagegen den wirksamen rhythmischen Abschluß des Monologes bei Goethe: Und rette mich, die du vom Tod errettet, Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tode. Auch Schillers Monolog schließt mit einem zweizeiligen Gegensatz: Gehört sie jenen tück'schen Mächten an, Die keines Menschen Kunst vertraulich macht.
166
IX Walten des Klanginstinktes. Höhenlinien aller untersuchten Verse ordnen sich zu klar unterschiedenen Gruppen. Abweichende rhythmische Gewohnheiten und Neigungen. Kontrastierung aufeinanderfolgender Verse. Geordneter Wechsel. Verfeinerte Differenzierung.
Es hat sich gezeigt, daß in allen untersuchten Texten die Versgestalten große rhythmische Verschiedenheit besitzen. Schon die bloße Orientierung nach den zuerst auffällig werdenden Hebungen ließ einen beträchtlichen Typenreichtum erkennen. Entfielen doch bei Goethe 34 Hebungstypen auf 53 Verse Verhältnis 64:100 29 59:100 Lessing 49 Schiller 64:100 34 53 Kleist 55:100 27 49 Grillparzer 29 54:100 54 66:100 Hebbel 33 50 Der Typenreichtum war danach am größten bei Goethe, Schiller und Hebbel; die Neigung zur Bevorzugung gewisser Typen war dagegen bei Grillparzer und Kleist am ehesten spürbar. Denn gleiche Typenfolge in benachbarten Versen war bei Goethe und Schiller nur je einmal, bei Hebbel zweimal, bei Grillparzer und Kleist je dreimal zu finden. Gemeinsam ist den in der letzten Tabelle enthaltenen Verhältnissen, daß im Durchschnitt nicht einmal jeder zweite Typ eine Wiederholung innerhalb eines Textabschnittes erfährt. Tatsächlich schwanken die Häufigkeiten jedoch sehr. Um Aufschlüsse über etwaige rhythmische Gewohnheiten oder Neigungen unserer Klassiker zu erhalten, ist es nötig, die Vorkommnisse genau zu analysieren. Zunächst haben die Häufigkeitsschwankungen Anspruch darauf, gewürdigt zu werden. Bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel besitzen 21 20 Einzelvorkommen 23 19 15 25 Typen Doppel , 10 5 9 6 5 4 — 3faches , 1 3 3 3 1 — — — 4faches , 2 3 2 — — — 5faches , 1 1 1 — — — 2 6faches , 1 1 1 Typ 7faches , 167
Die singulär verwendeten Typen dienen also zur Bildung von 31 % aller Verse bei Kleist von 37% „ „ ,, Grillparzer von 39% „ „ „ Lessing von 40% „ „ „ Schiller von 43% „ „ „ Goethe von 50% „ „ „ Hebbel. Dies deutet darauf hin, daß diese Dichter einen ihnen eigentümlichen Tonfall besitzen, der sich nur einer Betrachtung erschließt, welche die Typen nicht nur zahlenmäßig, sondern auch wesensmäßig erfaßt. Da die Gesamtzahl aller untersuchten 308 Verse sich auf 68 verschiedene Hebungstypen verteilt, von denen der einzelne Dichter 40—50% verwendet, ist es verlockend zu erfahren, welche Auswahl getroffen worden ist. Wiederholte Typen bei Goethe Lessing 43433 (lmal) (lmal) (1 „ ) 34444 34434 2 „ 2 „ 34443 2 „ 3 „ 34343 2 „ 5 „ 43444 2 „ 2 „ 43344 2 „ 3 „ 43343 2 „ (1 ,, ) 44444 (1 „ ) (1 ,, ) 43434 2 „ (1 „ ) 43424 (1 ,, ) 42444 2 „ 2 „ 44344 7 „ 3 „ 44334 (1 „ ) (1 ,, ) 44424 2 „ 44433 2 „ (1 „ ) 44343 3 „ 6 „ 43443 2 „ (1 .. ) 44434 2 „ (1 „ ) 24424 (1 „ ) 34344 (1 „ ) (1 „ ) 34334 —
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Schiller Kleist Grillparzer 2mal 3mal (lmal) 3 „ 2 „ 4 „ 2 „ 2 „ 2 „ (1 „ ) 2 „ (1 „ ) 2 „ 3 „ 6 „ 2 „ 2 „ (1 „ ) 2 „ (1 „ ) 6 „ 3 „ 4 „ 5 „ 2 „ (1 „ ) 2 „ (1 ,, ) 4 „ 4 „ 2 „ 2 „ (1 „ ) a..) —
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Hebbel —
(lmal) (1 „ ) 2 „ (1 » ) (1 „ ) 4 „ —
(1 „ ) 6 „ —
(1 ». ) —
2 „ —
(1 „ ) ,, ) (i „ ) 2 „ 2 „ „ 4 „ 3 „ „ 3 „ 2 „ „ ) 2 „ „ 2 „ 5 „ 4 „ 2 „ (1 „ ) Man sieht aus dieser Zusammenstellung unter anderem, daß nur neun (von 68) Typen, die hervorgehobenen, durchgängig, in allen Texten, angetroffen wurden mit Häufigkeiten, die von 1 bis 6 reichen. Der Fall, daß ein Typ von jedem Dichter gerade einmal verwendet würde, kam nicht vor. Manche Typen gelangen in 5, in 4, in 3 oder auch nur in zwei der untersuchten sechs Texte zur Wiederholung. Dabei muß es auffallen, —
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(1 2 3 (1 2
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—
wenn Goethes Text die Form 44344 siebenmal bringt, in 13% seiner Verse, während sie bei Schiller und bei Hebbel ganz fehlt; wenn die Form 34343 bei Lessing fünfmal, bei Grillparzer gar nicht, dagegen ihre Gegenform 43434 bei Hebbel sechsmal, bei Lessing aber nur einmal erscheint, um nur einige Gegensätzlichkeiten herauszugreifen. Außerdem ist nicht zu übersehen, daß manche Typen 11, 12, 13, 16, 18, ja 21mal w i e d e r h o l t werden, während 23 Versgestalten nur ein e i n z i g e s Mal in e i n e m der Texte auftreten. Es fällt schwer zu glauben, daß hier kein Klanginstinkt, sondern blinder Zufall gewaltet habe. Zu denken gibt auch, daß nur 22 von 68 Typen innerhalb desselben Textes überhaupt eine Wiederholung zuteil wird. Es meldet sich die Vermutung, daß rhythmische Eigenschaften manche Versgestalten zur Wiederholung besonders geeignet erscheinen lassen. Diesen Eigenschaften gilt es nachzuspüren. Nicht unerwähnt darf auch bleiben, daß ja schon die Zahl 68 eine beschränkte Auswahl unter einer viel höheren Zahl theoretischer Möglichkeiten darstellt. Wer sich einmal mit Kombinatorik beschäftigt hat, weiß, daß „drei Elemente zur fünften Klasse mit Wiederholung" (gemeint sind die Tonstufen 4, 3 und 2 zur Bildung von Fünffüßern) 3 hoch 5 = 243mal variiert werden können. Es hat also schon da nur weniger als ein Drittel aller Möglichkeiten Berücksichtigung gefunden. Sicher ist, daß die Auswahl durch die Zahl, durch die Beschaffenheit, durch die Lage der Akzente bestimmt wird. Zunächst die Z a h l : die Zusammensetzung der 308 Verse zeigt folgende Verhältnisse: Verse mit einer zwei drei vier fünf Haupthebungen (Stufe 4) 9mal 55mal 151mal 81mal 12mal 3% 18% 49% 26% 4% Auf die 221 wiederholt vorkommenden Versgestalten entfallen eine zwei drei vier fünf Haupthebungen 25mal 115mal 69mal 12mal — 11% 52% 31% 5% Also enthalten die zur Wiederholung gelangenden Verse häufiger drei, vier oder fünf Hauptakzente als die nur vereinzelt vorkommenden. Die 68 Typen aller Verse verteilen sich auf solche Typen, welche enthalten eine zwei drei vier fünf Haupthebungen 5mal 21 mal 31 mal lOmal lmal 7% 31% 46% 15% 2% Wiederholungstypen sind solche, welche enthalten eine zwei drei vier fünf Haupthebungen 4mal 4mal llmal 6mal lmal 0% 18% 50% 27% 5% 169
Also sind die mehrfach vorkommenden Versgestalten schärfer profiliert als die übrigen. Nun die A r t der Akzente: das Hauptkontingent aller 308 Verse stellt die Gruppe derer, die nur Akzente der Stufen 3 und (oder) 4 verwenden; dies trifft auf 234 Verse = 76% zu. — Dasselbe Kontingent unter den 221 wiederholten Versen beträgt 202 = 91%. Schwieriger ist die Beurteilung der L a g e der Akzente. Auf den ersten Blick bieten die in fortgesetztem Wechsel auf uns eindringenden 68 vorkommenden Typen ein Bild unübersehbarer Fülle. Es ist aber möglich, neun Gruppen von Versgestalten deutlich auseinanderzuhalten. G r u p p e I umfaßt jene Verse, welche ohne Tonstärkenabstufung der fünf kräftigen Hebungen gesprochen werden. Im Bild würde die Verbindung der Akzentstellen (im folgenden „Höhenlinie" genannt) eine waagerechte Gerade ergeben. Es sind die volltönigsten, dynamisch nur durch die Senkungen gegliederten Verse, die sehr sparsam verwendet werden, um Strenge, Feierlichkeit, großes Pathos zum Ausdruck zu bringen und um das Ohr nicht zu ermüden. Diese Gruppe ist bei Goethe (mit V. 2), bei Lessing (mit V. 13), bei Kleist (mit V. 17), bei Hebbel (mit V. 25) nur je lmal, bei Schiller 2mal (mit V. 29, 43), bei Grillparzer jedoch 6mal (mit V. 17, 29, 30, 32, 52, 53) vertreten. Die nunmehr folgenden Stellennachweise werden abgekürzt mitgeteilt; so bedeutet H 28 = Hebbeltext Vers 28 K 10 = Kleisttext Vers 10 G 11 = Goethetext Vers 11 Sch 27 = Schillertext Vers 27 Gr 22 = Grillparzertext Vers 22 L 19 = Lessingtext Vers 19 G r u p p e l l i s t durch eine ansteigende Höhenlinie darstellbar, die einem Wellenanstieg ähnelt. Sie umfaßt die Typen 2) 23344 H 28 3) 24444 G 11; Gr 22 4) 33344 K 10; H 14 5) 33444 G 13; Sch 27; H 10 6) 3444 Sch 20; Gr 5 7) 34444 G 51; L 19; Sch 19, 24, 46; K 19, 25, 46; Gr 41; H 2 Akustisches Kennzeichen ist eine Crescendo-Wirkung, die bei Typ 2 am stärksten empfunden wird. G r u p p e i i i ist durch eine sinkende Höhenlinie darstellbar, die an einen Wellenabfall erinnert. Sie umfaßt die Typen 8) 44443 G 50; L 41; Sch 53; K 15; H 42 9) 44433 G 31, 34; L 3 0 ; H 12 10) 4443 L 49 Ihr akustisches Merkmal ist ein Decrescendo. 170
G r u p p e IV ist durch eine Höhenlinie darstellbar, die an eine konvexe Bogenform oder an eine erhabene Welle denken läßt; zu ihr gehören die Typen 11) 23443 H 31 12) 24443 G 3; K 37 13) 33343 L 8 ; Gr 1; H 11 14) 33433 G 5; Sch 39; H 39 15) 33443 H 41 16) 34433 G 35; Sch 38; Gr 7; H 47 17) 34442 G 44 18) 34443 G 42, 53; L 10, 40, 46; Sch 31; K 9, 42; Gr 38, 47; H 1, 27 G r u p p e V ist durch eine Höhenlinie darstellbar, die einem konkaven Bogen oder einer hohlen Welle ( = Wellental) ähnelt. Ihr sind folgende Typen zuzurechnen 19) 32344 Gr 8 20) 42344 H 44 21) 42444 G 25, 27; L 32, 45; Gr 40; H 45 22) 43244 L 2 2 ; Sch 51 23) 43334 K 4; H 18 24) 43344 G 9, 29; L 7, 33, 39; K 5, 24; Gr 44, 46; H 9, 13, 17, 30 25) 43444 G 1, 21; L 2 , 47; Sch 15, 42; K 21, 28, 32; Gr 11, 15, 21, 26, 27, 48; H 6 26) 44244 G32, 41; K 27 27) 44324 G 18; Sch 11; Gr 14, 45 28) 44334 G 8; L 38; Sch 1, 3; K 1, 18; Gr 20; H 34, 37 29) 4434 L 16 30) 44344 G 12, 16, 17, 33, 36, 43, 47; L 18, 20, 48; K 2, 12, 13, 48; Gr 16, 25, 43, 51 31) 44414 L 9; Gr 24; H 40 32) 44423 Sch 8 33) 44424 G 10; Gr 50 34) 44434 G 14; L 4, 12; Sch 9, 17, 40; K 33, 34, 39; Gr 2, 9, 31, 37; H 8, 22, 33 G r u p p e VI, darstellbar durch eine Höhenlinie, welche eine Art Doppelwelle (Verbindung einer erhabenen und einer hohlen Welle) beschreibt, umfaßt die Typen 35) 23434 K 6 36) 24324 G 45 37) 24334 Sch 25 38) 24344 G 6; L 3; Sch 14; H 29 39) 24434 G 2 6 ; Sch 4, 47; K44 40) 33424 Sch 26 41) 33434 Sch 33; K 35; Gr 34; H 19 171
42) 34233 Sch45 43) 34334 Sch 18, 21; Gr 13; H 3, 15, 16, 24 44) 34344 G 3 9 ; L I ; Sch 22, 35, 41, 48, 49; K 38, 41; Gr 23, 36; H 38, 50 45) 34414 G 4 46) 34424 G 3 0 ; H21 47) 34434 G7, 15, 19; L 6, 43; Sch 16, 23; K l l , 16, 40, 47; Gr 12, 28; H 4; G r u p p e V I I , darstellbar durch eine Höhenlinie, welche eine hohle und eine erhabene Doppelwelle beschreibt, vereinigt die Typen 48) 33243 K 2 9 49) 42433 L l l ; Sch 12 50) 42443 K 3; Gr 33 51) 43343 G 38, 52; L 35; K 8 52) 43433 L 4 4 ; Sch 7, 28 53) 43443 G 23; L 17, 24; Sch 5, 52; K 22, 23; H 48, 49 54) 44143 Gr 35 55) 44243 K 7 56) 44343 G 20, 22, 24; L 5, 21, 25, 28, 31, 34; K 4 3 ; Gr 49 G r u p p e V I I I , darstellbar durch eine Höhenlinie, welche eine dreifache Welle (zwei Wellenberge und ein Wellental) nachbildet, setzt sich zusammen aus den Typen 57) 24341 H 20 58) 24343 Sch 10; H 32 59) 34243 G 37; Sch 32; Gr 3 60) 34343 G 46, 48; L 15, 23, 27, 36, 42; Sch 2, 34; K 49; H 35 G r u p p e I X , darstellbar durch eine Höhenlinie, welche eine dreifache Welle (zwei Wellentäler und einen Wellenberg) nachbildet, setzt sich zusammen aus den Typen 61) 41424 L 37 62) 41434 Sch 37; Gr 54 63) 42424 Sch 13 64) 42434 L 26; Sch 44; H 26 65) 43414 Gr 39 66) 43423 G 4 0 67) 43424 L 14; Sch 50; K 20, 31; Gr 19, 42 68) 43434 G 28, 49; L 29; Sch 6, 30, 36; K 14, 26, 30, 36, 45; Gr 4, 6,10,18; H 5, 7, 23, 36, 43,46 Folgende zeichnerische Übersicht diene dazu, dem durch Zahlen und Angaben von Belegstellen vielleicht ermüdeten Leser die klaren Unterschiede der unverwechselbaren Gruppen vor Augen zu führen, welche geeignet sind, alle überhaupt möglichen Blankverse aufzunehmen: 172
Gruppe I: Typ
1
Gruppe II: Typen
2 3 4 5
6
Gruppe III: Typen
8 9 10
Gruppe IV: Typen
ll 12 13 14 15 16 17 18
Gruppe V: Typen
19 20 21 22 23 24
25 26 27
28 29 30 31 32 33 34 Gruppe VI: Typen
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
47 174
Gruppe VII: Typen 48 49 50 51 52 53 54 55 56 Gruppe VIII: Typen 57 58 59 60 Gruppe IX: Typen
61 62 63 64 65 66
67 68
Die Einordnung aller Verse in diese Gruppen liefert wechselnde Bilder. In Goethes Monolog folgen die Versgestalten so aufeinander: 5, 1, 4, 6, 4, 6, 6, 5, 5, 5, 2, 5, 2, 5, 6, 5, 5, 5, 6, 7, 5, 7, 7, 7, 5, 6, 5, 9, 5, 6, 3, 5, 5, 3, 4, 5, 8, 7, 6, 9, 5, 4, 5, 4, 6, 8, 5, 8, 9, 3, 2, 7, 4. Vierundvierzigmal ungleiche Folge auf 52 Versintervalle ergibt einen Variationswert von 85% (44: 52) Bei Lessing ist die Reihenfolge der Versgestalten die folgende: 6, 5, 6, 5, 7, 6, 5, 4, 5, 4, 7, 5, 1, 9, 8, 5, 7, 5, 2, 5, 7, 5, 8, 7, 7, 9, 8, 7, 9, 3, 7, 5, 5, 7, 7, 8, 9, 5, 5, 4, 3, 8, 6,7, 5, 4, 5, 5, 3. Dreiundvierzigmaliger Wechsel der Versgruppen auf 48 Intervalle ergibt den Variationswert von 90% Schillers Versgestalten treten in folgender Reihung auf: 5, 8, 5, 6, 7, 9, 7, 5, 5, 8, 5, 7, 9, 6, 5, 6, 5, 6, 2, 2, 6, 6, 6, 2, 6, 6, 2, 7, 1, 9, 4, 8, 6, 8, 6, 9, 9, 4, 4, 5, 6, 5, 1, 9, 6, 2, 6, 6, 6, 9, 5, 7, 3. Neunmal gleiche Folge auf 52 Versintervalle ergibt einen Variationswert von 83% In Kleists Monologen finden wir die folgende Reihung: 5, 5, 7, 5, 5, 6, 7, 7, 4, 2, 6, 5, 5, 9, 3, 6, 1, 5, 2, 9, 5, 7, 7, 5, 2, 9, 5, 5, 7, 9, 9, 5, 5, 5, 6, 9, 4, 6. 5, 6, 6, 4,7, 6, 9, 2, 6, 5, 8. Zehnmal gleiche Folge auf 47 Versintervalle ergibt einen Variationswert von 79% Bei Grillparzer ist die Reihenfolge der Versgestalten die folgende: 4, 5, 8, 9, 2, 9, 4, 5, 5, 9, 5, 6, 6, 5, 5, 5, 1, 9, 9, 5, 5, 2, 6, 5, 5, 5, 5, 6, 1, 1, 5, 1, 7, 6, 7, 6, 5, 4, 9, 5, 2, 9, 5, 5, 5, 5, 4, 5, 7, 5, 5 , 1 , 1 , 9. Fünfzehnmal gleiche Folge auf 53 Versintervalle ergibt den Variationswert von 72% Bei Hebbel folgen die Versgestalten so aufeinander: 4, 2, 6, 6, 9, 5, 9, 5, 5, 2, 4, 3, 5, 2, 6, 6, 5, 5, 6, 8, 6, 5, 9, 6, 1, 9, 4, 2, 6, 5, 4, 8, 5, 5, 8, 9, 5, 6, 4, 5, 4, 3, 9, 5, 5, 9, 4, 7, 7, 6. Siebenmal gleiche Folge auf 49 Versintervalle ergibt einen Variationswert von 86% Die Unterschiede sind beträchtlich und lassen auf verschiedene rhythmische Gewohnheiten oder Neigungen der Autoren schließen. Der niedrigste Wert besagt, daß bei Lessing die Vielfalt am größten ist. Bei ihm scheint Regellosigkeit gewissermaßen zur Regel geworden, während die Tendenz, Versgestalten derselben Gruppe aufeinander folgen zu lassen, bei Kleist und vor allem bei Grillparzer am stärksten ausgeprägt ist: gehören bei diesem doch 25, also fast die Hälfte seiner Verse (genau 46%) Wiederholungsreihen an, wobei besonders ins Gewicht fällt, daß bei ihm — und nur bei ihm — zweimal je vier aufeinanderfolgende Verse den Zuschnitt 176
ein und derselben Gruppe (V) haben. Kleist und Grillparzer lassen eine ausgesprochene Neigung erkennen, ähnliche Verstypen in dichter Folge zu wiederholen, in größtem Gegensatz zu Lessing, dessen wenige Fälle nur wie zufällig gedoppelt erscheinen, auch wenn sie ganz auf die zweite Hälfte seines Textes beschränkt sind. Charakteristisch ist auch, daß bei Goethe bei Schiller bei Kleist bei Grillparzer 3mal 2mal lmal lmal je drei aufeinanderfolgende Verse nach demselben Prinzip gebaut sind. So zeigt es sich, daß Wiederholung im Zusammenwirken mit Variation, dieselben gestaltenden Kräfte, welche sich bei der Untersuchung der kleinsten rhythmischen Bauformen (der „Dreierformen") und der einzelnen Verse immer wieder als wirksam offenbart haben, auch — mit Unterschieden bei den erörterten Autoren — die Zusammenhänge ganzer Reihen von Versen in mehr oder weniger wohlgefälliger Art und Weise beherrschen. Höchst selten — diese Erkenntnis vermittelt uns die Durchmusterung der oben angeführten Belegstellen — geht die Übereinstimmung aufeinanderfolgender Verse so weit, daß HebungsbeschafFenheit und Hebungsverteilung dieselben sind. Dies ist bei Goethe Goethe lmal der Fall (V. 16/17) Lessing gar nicht Schiller lmal (V. 48/49) Kleist 3mal (V. 12/13, 22/23, 33/34) Grillparzer 3mal (V. 26/27, 29/30, 52/53) Hebbel 2mal (V. 15/16, 48/49) Diese Fälle machen bei den untersuchten Autoren zwar nur 2 bis 6% aus. Gleichwohl ist der rhythmische Gleichklang unüberhörbar. Einige Beispiele mögen genügen, um dies zu bezeugen: Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram Das nächste Glück von seinen Lippen weg
4—4—3—4—4 4—4—-3—4—4
In meiner Brust war meine Tat noch mein Einmal entlassen aus dem sichern Winkel
3—4—3—4—4 3—4—3—4—4
Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten Der Schweden ganzes Kriegsgepäck erbeutet
4—4—4—3—-4 4—4—4—3—4
Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide 4—4—4—4—4 Verrät und tötet!—Undank!—Undank!—Undank! 4—4—4—4—4 Das ist gewiß! Doch muß es darum auch Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog?
3—4—3—3—4 3—4—3—3—4
Auf Menschenart versucht!—Verrät er mich, So zahlt sie einen Preis, der — Salome.
4—3—4—4—3 4—3—4—4—3
12 B r ä u e r , Tonbewegung
177
Eine Sonderstellung nimmt, wie gesagt, auch in dieser Hinsicht der Text Lessings ein, in dem niemals gleiche Typen aufeinander folgen, in dem durchgängiger Wechsel der Hebungsbeschaffenheit und Hebungsanordnung von Vers zu Vers auffällig geworden ist. Bei allen untersuchten Dichtern jedoch folgen in den meisten Fällen Verse aufeinander, welche verschiedenen Gruppen angehören, was eine ermüdende Wirkung auf ein rhythmusempfindliches Ohr fernhält. Aber auch hier muß noch differenziert werden. Da die von mir unterschiedenen Gruppen sich paarweise wiederum ähneln, so ist der Eindruck rhythmischer Variation durchaus nicht immer der gleiche. Die Variationen sind wiederum gradationsfähig. Es ist z. B. ein anderes, ob auf einen Vers der Gruppe II ein Vers der Gruppe III oder einer höheren Gruppe folgt. Nun ist bemerkenswert, daß manche Autoren erheblich mehr als andere dazu neigen, aufeinanderfolgende Verse durch „Gegenformen", die im Verhältnis von Umkehrungen oder Spiegelbildern stehen — dies trifft zu für die Gruppen II IV VI VIII
und III, und V, und VII, und IX —
besonders wirksam und rhythmisch wohlgefällig zu kontrastieren. Dies ist nämlich der Fall bei Goethe
8mal (in V. 19/20, 35/36, 38/39, 41/42/43/44, 48/49, 50/51) Lessing l i m a i (in V. 5/6, 7/8/9/10,14/15, 26/27, 36/37, 39/40, 43/44, 45/46/47) Schiller 2mal (inV. 4/5, 39/40) Kleist 2mal (in V. 6/7, 43/44) Grillparzer 9mal (in V. 1/2, 3/4, 7/8, 33/34/35/36, 37/38, 46/47/48) 5mal (in V. 30/31, 35/36, 39/40/41,49/50) Hebbel
Die Wirkung wird erhöht, wenn Reihen von drei, vier oder, dies wiederum nur bei Grillparzer vorkommend, sogar von sechs Versen einen so g e o r d n e t e n W e c h s e l aufweisen. Nicht unbeachtet soll bleiben, daß die Gegenformen
II IV VI VIII
und III nur lmal und V nur 19mal und VII nur 11 mal und IX nur 6mal unmittelbar aufeinanderfolgen
nach folgender Verteilung: 178
H u n d III G 50/51 IV und V G 35/36, 41/42/43/44; L 7/8/9/10, 39/40, 45/46/47; Sch 39/40; Gr 1 jZ, 7/8,37/38,46/47/48; H 30/31,39/40/41 VI und VII G 19/20, 38/39; L 5/6, 43/44; Sch 4/5; K 6/7, 43/44; Gr 33/34/35/36; H 49/50 VIH und IX G 48/49; L 14/15, 26/27, 36/37; Gr 3/4; H 35/36 Die folgende Übersicht der Häufigkeiten im ein2elnen läßt noch tiefere Einblicke gewinnen: Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel Insgesamt II—III lmal — — — — — lmal IV— V 4 „ 6mal lmal — 5mal 3mal 19 „ VI—VII 2 „ 2 „ 1 „ 2mal 3 „ 1 „ 11 „ VIII— IX 1 „ _ J_„ 6 „ 8 11 2 2 9 5 37 Die Verhältnisse der einzelnen Dichter zeigen Abweichungen und Schwankungen, welche dazu reizen, hier nach rhythmischen Stilmomenten zu suchen. Verhältnismäßig häufig ist bei Lessing und Grillparzer die Kontrastierung zusammengesetzter Versgestalten (Gruppen VI—IX), aber, wie bei Goethe und Hebbel, dominieren auch bei Lessing und Grillparzer die Kontrastierungen der einprägsamsten Wellenformen (Gruppen V, VI). Nicht in diesen Rahmen paßt Kleist, der im ganzen nur zweimal kontrastiert (wie auch Schiller), aber nur durch komplexe Versgestalten. Die Erklärung für die ausgesprochene Vorliebe, in der Hälfte aller Fälle (in 19 von 37) Angehörige der Gruppen IV und V unmittelbar zu konfrontieren, erblicke ich darin, daß die in diesen Gruppen vertretenen Versgestalten durch ihre Klarheit und Einfachheit von den komplexen Formen der höheren Gruppen sich abheben. Die sparsame Kontrastierung von II und III hat ihren Grund in der Seltenheit dieser Versgestalten, denen jede wohlgefällige Rundung abgeht. Diese Beobachtungen geben Anlaß, das Augenmerk nunmehr auf die Häufigkeiten des Vorkommens aller Gruppen zu richten. Folgende Übersicht enthält die absoluten Werte: Gruppen bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel Insgesamt I 1 1 2 1 6 1 12 II 3 1 5 4 3 4 20 III 3 3 1 1 — 2 10 IV 6 4 3 3 4 7 27 V 19 16 10 16 23 14 98 VI 9 4 16 9 6 10 54 VH 6 11 5 7 3 2 34 VIII 3 5 4 1 1 3 17 IX 3 4 7 7 8 7 36 ~53~ ~49~ ~53~ ~49~ ~54~ ~~5Ö~ ~3Ö8 i2*
179
Mit Rücksicht auf den etwas verschiedenen Umfang der untersuchten Texte gebe ich zur Erleichterung des Vergleichs auch die prozentualen Häufigkeiten: Gruppen bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel Insgesamt 2 4 2 4 2 11 I 2 8 6 6 2 9 8 6 II — • 3 2 4 2 6 6 III 9 14 8 6 6 7 11 IV 32 28 43 19 33 36 33 V 18 20 18 8 30 17 VI 11 11 4 9 6 11 22 14 VII 6 6 8 2 2 10 VIII 6 12 14 13 15 8 14 IX 6 Ich begnüge mich, einige der gröbsten Auffälligkeiten herauszugreifen: Beachtlich ist die Schwankungsbreite des Vorkommens; die Hervorhebungen bezeichnen die größten Gegensätze in den Tonbewegungen der Autoren. Nach den Gesamtwerten erfreut sich im deutschen Blankvers die Gruppe V der größten Beliebtheit: etwa ein Drittel aller Verse wird von ihren Gestalten bestritten. Dies trifft auch für die Texte Goethes, Lessings und Kleists zu, während Hebbel und vor allem Schiller weit hinter der Durchschnittsnorm zurückbleiben. Bei Grillparzer sind sogar 43% der Verse nach dieser Gruppengestalt gebildet. Für sich steht Schiller, insofern als bei ihm die erste der zusammengesetzten Gruppen die höchste Häufigkeit erreicht. Wie verschieden die individuellen Gruppenanteile sind, zeigen auch die folgenden Darstellungen: I II III IV V VI VII VIII IX
180
I
II
III IV
V VI VII VIII IX Kleist
Hebbel
Die Gesamtsummen der z u n ä c h s t a n s t e i g e n d e n Gruppen 2, 4, 6 und 8 machen38% aller Verse aus, während auf die G e g e n g r u p p e n 3, 5, 7 und 9 zusammen 58% aller Verse entfallen. Zahlreich sind die Abweichungen der einzelnen Autoren von der Durchschnittsnorm. Wenn man die Verse mit ansteigender und absteigender Anfangstonbewegung gesondert für jeden Dichter verrechnet, kommt man auf folgende Relationen: Schwacher Verseingang Starker Verseingang Insgesamt = Typen 2, 4, 6 u. 8 = Typen 1, 3, 5, 7u.9 Goethe 21mal 32mal 53 Verse Lessing 35 „ 49 „ 14 „ Schiller 28 „ 25 „ 53 „ Kleist 32 „ 49 „ 17 „ Grillparzer 40 „ 54 „ 14 „ Hebbel 24 „ 26 „ 50 „ Insgesamt 118mal 190mal 308 Verse Der Anteil der schwachen Verseingänge beträgt bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 40% 29% 53% 35% 26% 48% Die größten Gegensätze bilden hiernach Grillparzer und Lessing auf der einen, Schiller und Hebbel auf der anderen Seite; Goethe und Kleist liegen mit ihren Werten dazwischen. Für einen Vergleich auf breiter Grundlage wie hier liefert die Iktenbetrachtung, infolge des Ausgleichs durch den Wechsel mehr oder weniger metrumgerechter Verse, schon ganz annehmbare Näherungswerte. Ein solcher Wechsel ist, wie sich immer wieder gezeigt hat, die Regel und beruht darauf, daß es schlechthin einem Dichter, dessen sprachlichen Ver181
wirklichungen ja durch den überlieferten Wortschatz und die hergebrachte Syntax gewisse Grenzen gesetzt sind, weder möglich ist noch erstrebenswert erscheinen kann, eine Vielzahl von metrumgerechten oder das Metrum durchgängig verleugnenden Versen ohne Unterbrechung aufeinander folgen zu lassen. Lähmende Eintönigkeit und ruinöser Wirkungsverschleiß seiner Kunstmittel sind die Gefahrenzonen, zwischen denen ihm ein Bewegungsspielraum gegeben ist. Sobald es sich aber um eine Gegenüberstellung weniger Verseingänge handelt, etwa von K 14 Bemerkten ( 1 - 4 — 1) K 8 Entgegen ( 2 - 4 — 1) K 5 Durchbrochen ( 3 - 4 — 1) K 4 Zwei Linien ( 4 - 4 — 1) oder K 32 Geworfen ( 1 - 4 — 1) G 17 Das nächste ( 2 - 4 — 1) Sch 36 Mich sprechen ( 3 - 4 — 1) ( 2 - 3 — 3) oder L 36 Von ihm mir 3 Wenn sie mich ( 3 - 3 — 3) H L 43 Liegt mir denn ( 4 - 3 — 3) oder L 36 Von ihm mir ( 2 - 3 — 3) Gr 34 Ihn hatt ich ( 3 - 3 — 3) H 50 Dann hast du ( 4 - 3 — 3) so ist es klar, daß die Beschaffenheit der E i n g a n g s s e n k u n g mit berücksichtigt werden muß. Stehen dagegen Einzelverse zum Vergleich wie die folgenden: K 12 Geliebte ( 1 — 4 — 1) K 2 Gedrängt von ( 1 — 4 — 2) Gr 31 Beschützt mich (1 — 4 — 3) oder Gr 17 Kein Morgen(4 — 4 — 1) L 49 He, Nathan (4 — 4 — 2) (4 — 4 — 3) H 13 Heut glich sie Gr 10 Kein Laut schallt (4 — 4 — 4) so bleibt eine Würdigung des Verseinganges lückenhaft ohne Ansehung der auf den e r s t e n I k t u s f o l g e n d e n S e n k u n g . Daraus geht abermals hervor, daß die Art der Erfüllung des Metrums nur auf dem von mir eingeschlagenen Wege genau erkennbar wird. Iktenbeobachtung ist nur ein Anfang und liefert Ergebnisse, die einer Nachprüfung und vielfach einer Korrektur dringend bedürftig sind. Beispielsweise tragen einen Hochton auf dem ersten Iktus 182
bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 32 35! 251 31 39! 26! Verse aber nur 30 30! 25! 28 34! 21! davon ( = 5 7 % ) ( = 6 1 % ) (=47%) (=57%) (=63%) (=42%) setzen in klarer Übereinstimmung mit dem Metrum ein. Besonders auffällig ist, daß Grillparzer die stärkste Neigung, Hebbel dagegen das geringste Bedürfnis verrät, das Metrum gleich am Versanfang eindrücklich zu erfüllen. Unter Berücksichtigung der schwächeren Eingangsikten der Stufe 3 ergibt sich, daß überhaupt der Verseinsatz in Übereinstimmung mit dem Metrum erfolgt bei Hebbel Schiller Goethe Kleist Lessing Grillparzer in 48% 53% 57% 59% 65% 69% ihrer Verse, während ansteigende Tonbewegung auf den beiden ersten Silben allein bei Hebbel Schiller Goethe Kleist Grillparzer Lessing 24mal 28mal 31mal 29mal 38mal 35mal in 48% 53% 59% 59% 70% 71% ihrer Verse zu beobachten ist. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß bei Goethe und Kleist, am entschiedensten bei Lessing und Grillparzer der metrumgerechte Verseinsatz vorherrschend ist, während bei Schiller und Hebbel, jedoch mit leicht umgekehrter Tendenz, rhythmisch eigenwilliger und metrisch gefügiger Verseingang sich etwa die Waage halten.
183
X Ein unerreichbares Fernziel Abkehr von der Einseitigkeit Progression der Ähnlichkeit
Es hatte sich schon in den vorhergehenden Abschnitten dieser Untersuchung gezeigt, daß in keinem der Texte rhythmisch einander zwilüngshaft gleichende Verse vorkommen. Dies würde jedoch die Wiederkehr einer rhythmischen Versgestalt in einem sechsmal umfangreicheren Material keineswegs von vornherein ausschließen. Um diesen Tatbestand zu ergründen, leisten mir die Gruppenaufstellungen, welche sämtliche Iktenfolgen, also auch die in dem oder jenem Text nur je einmal vertretenen, enthalten, wertvolle Dienste. Da es für den Leser eine mühsame und zeitraubende Tätigkeit sein würde, die entsprechenden Diagramme zum Vergleich zusammenzusuchen, führt es schneller zum Ziele, wenn nunmehr auch die „Tiefenlinien" der in den Hebungen übereinstimmenden und gleichlaufenden 45 wiederkehrenden Versgestalten einander gegenübergestellt werden. Diese Aufstellung wird eine sehr bedeutsame Erkenntnis vermitteln. Da die früheren Beobachtungen darauf gerichtet waren, personalstilistische Feststellungen zu treffen, wurden die Belegstellen dort zur Erleichterung diesbezüglicher Ablesungen nach ihrem Vorkommen in den einzelnen Texten geordnet. In der folgenden Übersicht findet der Leser die Reihenfolge verändert und so gewählt, daß Ähnlichkeiten und Abweichungen der Tonbewegung, soweit sie durch das Gewicht der u n g e r a d e n Versstellen bestimmt ist, möglichst leicht ins Auge fallen. SENKUNGSSTUFEN WIEDERKEHRENDER HEBUNGSTYPEN
Typ 1) 211111,212222,22121,221411,231123,231333,23332, 313212,322121, 41211, 42223,432333 (G 2, K 17, Gr 32,29, Sch 29, Gr 30, L 13, Sch 43, Gr 52,17, 53, H 25) 3) 322311, 32312 (G 11, Gr 22) 4) 33323, 421131 (H 14, K 10) 5) 311221, 31211, 31223 (G 13, Sch 27, H 10) 6) 2232, 2232 (Sch 20, Gr 5) 7) 332122, 333331, 32111, 323331, 323332, 31113, 31133, 312122, 31221, 31231 (G 51, L 19, Sch 24, Gr 41, H 2, Sch 19, K 46, 25, Sch 46, K 19) 8) 21121, 212211, 22122, 22312, 32331 (G 50, K 15, Sch 53, H 42, L 41) 184
9) 12) 13) 14) 16) 18)
21) 22) 23) 24)
25)
26) 27) 28) 30)
31) 33) 34)
38) 39) 41) 43) 44)
46)
21111, 21222, 33323, 43112 (G 34, H 12, G 31, L 30) 322211, 32222 (K 37, G 3) 11221, 31322, 43332 (L 8, H 11, Gr 1) 212133, 32212, 333111 (Sch 39, H 39, G 5) 21124, 311311, 32333, 41133 (Gr 7, Sch 38, H 47, G 35) 211111, 313221, 321211, 32322, 32332, 33132, 331321, 33221, 33311, 42121, 431221, 43221 (G 42, K 9, G 53, L 10, Gr 38, H 27, K 42, L 40,46, Sch 31, Gr 4 7 , H l ) 22111, 222311, 23212, 31132, 321131, 323131 (L32, Gr 40, G 25, 27, L 45, H 45) 211221,332111 (Sch 51, L 22) 311211, 41321 (H 18, K 4) 22122, 22311, 23221, 31121, 313221, 31311, 32122, 32321, 33331, 333323, 33332, 343112, 43231 (L 39, Gr 46, H 17, G 29, K 5, 24, L 7, G 9, L 33, H 30, 9, Gr 44, H 13) 112221, 212131, 212131, 21222, 212222, 221111, 221121, 222112, 223411, 311232, 32212, 322332, 33322, 333223, 333321, 332131 (K 32, 28, H 6, Gr 48, 15, G 1, Gr 26, 21, L 47, G 21, Sch 42, K 21, Gr 27, 11, L 2, Sch 15) 212212, 32221, 42221 (G 41, 32, G 32, K 27) 231321, 312411, 313211, 332121 (Sch 11, Gr 45, G 18, Gr 14) 22322,23131, 31131, 312313, 321321, 323331, 332211, 333311, 43233 (K 1, Sch 3, L 38, K 18, G 8, Sch 1, H 34, Gr 20, H 37) 111431, 122231, 21122, 21122, 21211, 221212, 312112, 321122, 32122, 32132, 322211, 323112, 331212, 333113, 333221, 42321, 43232, 43232 (K 12, 2, 13, Gr 51, G 17, 12, 36, 47, L 20, G 16, Gr 16, 43, K 4 8 , Gr 25, L 18, G 43, L 48, G 33) 322221, 333131, 33323 (Gr 24, H 40, L 9) 321222, 332311 (Gr 50, G 10) 13131, 132332, 211121, 21212, 212121, 212311, 21313, 22112, 23321, 23423, 31112, 311222, 31222, 312121, 33132, 33222 (H 33, Gr 31, K 33, L 12, K 34, 39, Gr 37, 9, Sch 17, H 8, Sch 9, G 14, Sch 40, Gr 2, L 4, H 22) 31333, 333232, 412222, 42321 (G 6, L 3, H 29, Sch 14) 211211, 321221, 32332, 43122 (Sch 47, G 26, Sch 4, K 44) 31212, 331121, 41331, 42133 (K 35, Gr 34, Sch 33, H 19) 21212, 21331, 33112, 331121, 41322, 42332, 442312 (H 24,16, 3, Gr 13, H 15, Sch 21,18) 22313,312121,313221,321221,32321,324211, 331232, 332211,333131, 421331, 421412, 42221, 431221 (Sch 48, Gr 23, Sch 41, 49, 35, K 38, Gr 36, H 38, G 39, Sch 22, K 41, L 1, H 50) 232311, 311111 (H 21, G 30) 185
47) 221221, 31122, 311241, 312221,32123,321321, 322121, 322122, 323111, 33331, 42212, 43131,432212, 432221 (K 11,16, 40, Gi 28, K 47, G 7, 19, Sch 23, 16, Sch 16, L 6, Gr 12, H 4, G 15, L 43) 49) 33211, 33232 (Sch 12, L 11) 50) 31211, 322211 (K 3, Gr 33) 51) 13131, 21111, 21312, 312321 (L35, G 38, K 8, G 52) 52) 213111, 213411, 23332 (Sch 7, 28, L44) 53) 13121, 131311, 21343, 22131, 23212, 31212, 31222, 31222, 33132 (Sch 52, 5, L 17, 24, K 22, 23, G 23, H 48, 49) 56) 12323, 21212, 22112, 22133, 23231, 311221, 31332, 32132, 32312, 33131, 33322 (L 5, G 24, L 21, G20, L 28, G22, L 31, 34, Gr 49, L 25, K 4 3 ) 58) 21113, 312211 (Sch 10, H 32) 59) 21211, 321311, 42324 (Gr 3, G37, Sch 32) 60) 22222, 23111, 312211, 31221, 313213, 321123, 322111, 323131, 33132, 332211,423211 (L 15, 36, G 48, K 49, L 42, H 35, L 27, Sch 2, L 23, G 46, Sch 34) 62) 221121, 22331 (Sch 37, Gr 54) 64) 23233, 331242, 34413 (Sch 44, H 26, L 26) 67) 212221, 221211, 232113, 233221, 31331, 33213 (K 20, Sch 50, K 31, Gr 19, L 14, Gr 42) 68) 112321, 211212, 21233, 21322, 22112, 22121, 23211, 31132, 312121, 312222, 312311, 321122, 321321, 322321, 32312, 323221, 331113, 33342, 43233, 432421, 442112 (K 14, 36, 30, Gr 4, G 49, Sch 30, 6, H 36, 23, Sch 36, G 28, H 7, K 45, H 5, Gr 6, L 29, K 26, H 43, 46, Gr 18,10) Diese Neuordnung vermittelt auf den ersten Blick die Erkenntnis, daß Angehörige eines in mehreren Texten wiederkehrenden Iktentyps auch nur ganz selten die gleiche Senkungsbeschaffenheit aufweisen. Die Hervorhebungen durch den Druck machen auf die wenigen Fälle solcher Übereinstimmungen aufmerksam. Mithin kann schon hier als Regel erkannt werden, daß volle Übereinstimmung der Tongewichte, die innerhalb der Verse e i n e s Autors niemals anzutreffen war, auch in einem sechsmal umfangreicheren Material v e r s c h i e d e n e r Herkunft kaum verwirklicht wird. Der Vielzahl der 68 beobachteten Iktenfolgen steht sogar eine noch weit größere Differenzierung der Senkungsverhältnisse gegenüber. Diese wird in folgender A n o r d n u n g aller v o r k o m m e n d e n S e n k u n g s f o l g e n abermals deutlicher: 186
1) 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10)
111431 11221 112221 112321 122231 12323 13121 13131 131311 132332
11)21111 12) 211111 13) 211121 14) 21113 15) 21121 16) 211211 17) 211212 18)21122 19) 211221 20) 21124 21)21211 22) 21212 23) 212121 24) 212131 25) 21313 26) 212133 27) 212211 28) 212212 29) 21222 30) 212221 31) 212222 32) 212311 33) 21232 34) 21233 35) 213111 36) 21312 37) 21322 38) 21331 39) 213411 40) 21343 41)22111 42) 221111 43) 22112
K12 L8 K 32 K 14 K 2 L5 Sch 52 L 35, H 33 Sch 5 Gr 31 G 34, G 38 G 2, G 42 K 33 Sch 10 G 50 Sch 47 K 36 K 13, Gr 51 Sch 51 Gr 7 G 17, Gr 3 G 24, L 12, H 24 K 34 K 28, H 6 Gr 37 Sch 39 K 15 G 41 Gr 48, H 12 K 20 K 17, Gr 15 K 39 Gr 35 K 30 Sch 7 K8 Gr 4 H 16 Sch 28 L 17 L 32 G1 G 49, L 21, Gr 9
44) 45) 46) 47) 48) 49) 50) 51) 52) 53) 54) 55) 56) 57) 58) 59) 60) 61) 62) 63) 64) 65) 66) 67) 68) 69) 70) 71) 72) 73) 74) 75) 76) 77) 78) 79)
221121 22121 221211 221212 22122 221221 22131 221321 22133 221411 222112 22222 222311 22311 22312 22313 2232 22322 22331 223411 23111 231123 23131 231321 231333 23211 232113 23212 23221 23231 232311 23233 23321 233221 23332 23423
Sch 37, Gr 26 Sch 30, Gr 32 Sch 50 G 12 L 39, Sch 53 K11 L 24 Sch 13 G 20 Gr 29 Gr 21 L 15 Gr 40 Gr 46 H 42 Sch 48 Sch 20, Gr. 5 K 1 Gr 54 L 47 L 36 Sch 29 Sch 3 Sch 11 Gr 30 Sch 6 K 31 G 25, K 22 H 17 L 28 H 21 Sch 44 Sch 17 Gr 19 L 13, L 44 H 8
80) 81) 82) 83) 84) 85) 86)
311111 31112 31113 31121 311211 31122 311221
G 30 Sch 9 Sch 19 G 29 H 18 K 16 G 13, G 22
87) 311222 88) 311232 89) 311241 90) 31131 91) 311311 92) 31132 93) 31133 94)31211 95) 312112 96) 31212 97) 312121 98) 312122 99) 31221 100) 312211 101) 31222 102) 312221 103) 312222 104) 31223 105) 31231 106) 312311 107) 312313 108) 312321 109) 312411 110) 31311 111) 313211 112) 313212 113) 313213 114) 31322 115) 313221 116) 31331 117) 31332 118) 31333 119) 32111 120) 321122 121) 321123 122) 321131 123) 321211 124) 32122 125) 321221 126) 321222 127) 32123 128) 321311 129) 32132 130) 321321 188
131) G 14 132) G 21 K 40 133) L 38 134) 135) Sch 38 G 27, H 36 136) K 46 137) Sch 27, K 3 138) G 36 139) K 23, K 35 140) Gr 2, Gr 23, H 23 141) K 25 142) Sch 46, K 49 143) G 48, H 32 144) G 23, Sch 40, Gr 39, H48 145) Gr 28 146) Sch 36 147) Sch 8, H 10 148) K19 149) G 28 150) K 18 151) G 52 152) Gr 45 153) K 24 154) G 18 155) Sch 43 156) L 42 157) H 11 158) 159) Sch 41, K 5, K 9 160) L 14, H 34 L 31 161) G6 162) Sch 24 163) G 47, H 7 164) H 35 165) L 45 166) G 53 167) L 7, L 20 168) G 26, Sch 49 169) Gr 50 170) 171) K 47 G 37 172) G 16, L 34 173) G 7, G 8, K 45 174)
322111 32212 322121 322122 322123 32221 322211 32222 322221 322311 322321 322332 323111 323112 32312 323122 323131 32321 32322 323221 32323 32331 32332 32333 323331 323332 324211 324221 33111 331113 33112 331121 33113 331212 331232 331242 33131 33132 331321 33211 33213 33222 3421 332111
L 27 Sch 42, H 39 G 19, Gr 52 Sch 23 G 45 G 32 K 37, Gr 16, Gr 33 G 3, G 44, H 20 Gr 24 Gli H5 K 21 Sch 16 Gr 43 Gr 6, Gr 22, Gr 49 Sch 26 Sch 2, H 45 G 9, Sch 35 LIO L 29 L 37 L 41 Sch 4, Gr 38 H 47 Sch 1, Gr 41 H2 K 38 Sch 25 K6 K 26 H3 Gr 13, Gr 34 H 41 K 48 Gr 36 H 26 L 25 L 4, L 23, H 27, H 49 K 42 Sch 12 H 31 G 40 L 16 L 22
175) 176) 177) 178) 179) 180) 181) 182) 183) 184) 185) 186) 187) 188) 189) 190) 191) 192) 193) 194) 195) 196) 197) 198) 199) 200)
332122 33213 332211 33222 33232 333111 332121 332131 33221 33311 333113 333131 33322 333221 333223 33323 333232 33331 333311 33332 333321 333323 333331 33342 343112 34413
G 51 Gr 42 G 10, G 46, H 38 H 22 Lll G 5 Gr 14 Sch 15 L 40 L 46 Gr 25 G 39, H 40 K 43, Gr 27 L 18 Gr 11 G 31, L 9, H 14 L3 L 6, L 33 Gr 20 H 9 L2 H 30 L 19 H43 Gr 44 L 26
208) 209) 210) 211) 212) 213) 214) 215) 216) 217) 218) 219) 220) 221) 222) 223) 224) 225) 226) 227) 228) 229) 230) 231) 232) 233) 234) 235) 236) 237) 238) 239) 240)
421131 42121 42133 421331 421412 42212 42221 42223 42321 423211 42324 4233 42332 42342 43112 431211 43122 431221 43131 43221 432212 432221 43231 43232 43233 432333 432421 43321 43323 43332 43423 442112 442312
K 10 Sch 31 H 19 Sch 22 K 41 Gr 12 L 1, K 27 Gr 53 G 43, Sch 14 Sch 34, Gr 8 Sch 32 L 49 Sch 2 Sch 45 L 30 K 7 K 44 Gr 47, H 50 H 4 Hl G 15 L 43 H 13 G 33, L 48 H 37, H 46 H 25 Gr 18 G 4 K29 Gr 1 H 28 Gr 10 Sch 18
201) 41133 G 35 202) 41211 Gr 17 203) 412222 H 29 204) 41321 K 4 205) 41322 H 15 206) 41331 Sch 33 207) 41432 H 44 Hiernach besitzen 60% aller 308 Verse S e n k u n g s f o l g e n , w e l c h e n u r i h n e n e i g e n sind; dagegen waren v e r e i n z e l t v o r k o m m e n d e I k t e n f o l g e n lediglich in 23 Versen = 7% meines gesamten Untersuchungsmaterials anzutreffen. Genauer ergeben sich die höchst unterschiedlichen Verhältnisse aus der anschließenden Gegenüberstellung: Häufigkeit des Vorkommens 1 2 3 4 5 6 7 9 10 11 12 13 14 16 18 21 fach bei den Senkungsfolgen 186x 42x lOx 2x — bei den Iktenfolgen 23x 12x 8x 7x l x 2x l x 2x l x 2x 2 x 2 x l x 2x l x
lx 189
Die ausschlaggebende Bedeutung, welche, auf Grund dieses Ergebnisses, der Senkungsbetrachtung zufällt, wird durch die Feststellung bekräftigt, daß die S e n k u n g s g e w i c h t e weit häufigeren und stärkeren Veränderungen unterliegen als die I k t e n h ö h e n . Es ist in diesem Sinne bezeichnend, daß Erhöhung des Tongewichts von Senkungen auf Stufe 3 auf Stufe 4 484mal 70mal, d. h. mit insgesamt 33%iger Häufigkeit (484:1680 = 29%, 70:1680 = 4%) begegnet, während Abschwächung der Ikten auf Stufe 2 auf Stufe 1 nur 68mal nur lOmal (G 4, L 9, 37, Sch 1, Gr 24,35,39, 54, H 20,40) d. h. in insgesamt 5% aller Fälle zu beobachten war (68:1536 = 4,4%; 10:1536 = 0,65%)I — Zugleich hat die Neuordnung der Senkungsfolgen die erstaunliche Tatsache offenbar gemacht, daß nur einmal (in dem Goethetext) zwei Nachbarverse (Nr. 7 u. 8), wohlgemerkt in den Iktenfolgen konträr gestaltet, gleichschwere Senkungen aufweisen. Es reizte mich nun, die Senkungen einiger iktenmäßig übereinstimmender Versgruppen einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Ich beginne mit derjenigen Iktenfolge — 44344 —, welche meine Versgestalt Nr. 30 (s. S. 171) kennzeichnet und am häufigsten bei Goethe erscheint, dort mit den folgenden Senkungsstufen: V.12: 2 2 1 2 1 2 V.16: 3 2 1 3 2 V.17: 2 1 2 1 1 V. 33: 4 3 2 3 2 V. 36: 3 1 2 1 1 2 V. 43 : 4 2 3 2 1 V. 47: 3 2 1 1 2 2 Auf den ersten Blick ist schon erkennbar, daß alle diese Verse hinsichtlich der Senkungen differieren. Und zwar betreffen die Abweichungen zwei drei vier fünf sechs Senkungen 2 4 7 7 lmal Um diese Zahlen zu erhalten, mußte nacheinander jeder Vers mit jedem anderen verglichen werden. Diese Teilvergleiche fallen recht verschieden aus, und zwar weichen voneinander ab die Verse
12/16: 4 x 12/17: 4 x 12/33: 6 x 12/36: 4 x 12/43: 3 x 12/47: 3 x 190
16/17: 16/33: 16/36: 16/43: 16/47:
5x 3x 5x 4x 2x
17/33: 4 x 17/36: 2 x 17/43: 4 x 17/47: 5 x
33/36: 5 x 33/43: 4 x 33/47: 5 x
36/43: 5 x 36/47: 3 x
43/47: 5 x
Zusammenfassend läßt sich somit sagen, daß die Quote der iktengleichen Verspaare, in denen mindestens die Hälfte der in jedem vorkommenden Senkungen verschieden gewichtig sind, außerordentlich hoch (bei 90%) Hegt. Auf diese Weise kann keine rhythmische Eintönigkeit entstehen. Verhältnismäßig am ähnlichsten sind die gutdistanzierten Verspaare Goethes: 4
4
3
4
4
Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram (16) 3
2
1
4
3
4
2
3
4
4
Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich (47) 2
3
1
1
2
2
oder 4
4
3
4
4
Das nächste Glück von seinen Lippen weg (17) 2
1 4
2 4
1
3
4
1 4
Mit stillem Widerwillen diene, Göttin (36) 3 1 2 1 1 2 Der Unterschied beträgt in jedem Falle zwei Senkungen, während die einzigen iktengleichen Nachbarverse Goethes in sämtlichen Senkungen voneinander abweichen: 4
4
3
4
4
Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram (16) 3 2 1 ' 3 2 4
4
3
4
4
Das nächste Glück von seinen Lippen weg (17) 2
1
2
1
1
Dabei ist der Umstand, daß entsprechende Senkungen llmal um je zwei Stufen (2—4, 1—3) auseinanderliegen, die Unterschiede also von niemandem überhört werden können, noch gar nicht einmal geltend gemacht. Meinen Aufstellungen läßt sich ferner entnehmen, daß die alternierende Iktenfolge 43434 (Typ 68) mit 21maliger Wiederkehr in allen 6 Texten die absolut höchste Häufigkeit erreicht. Um auch in diesem Falle zu verläßlichen Angaben zu gelangen, verglich ich nacheinander zunächst die erste Senkungsfolge 112321 211212 21233 21322 22112
mit jeder der 20 folgenden, dann „ „ „ 19 „ , dann „ „ „ 18 „ , dann „ „ „ 17 ,, , dann „ „ „16 „ usw.
die zweite die dritte die vierte die fünfte
und erhielt in jedem meiner 20 Arbeitsgänge die Meßzahlen für abweichende Senkungsstufen, deren Zusammenfassung lautet: 191
68) 5, 3 4, 5, 6, 5, 2, 2, 3, 2, 5, 3, 2, 6, 4, 6, 5, 4, 3 , 2 4 , 3 4, 2, 4, 4, 5, 3, 4, 4, 5, 6, 6, 5, 4, 6, 6, 6,4 3 , 4 4, 3, 3, 4, 4, 3, 6, 5, 4, 5, 6, 6, 5, 2, 5, 5 3 , 3 4, 3, 4, 3, 5, 5, 5, 5, 3, 3, 6, 3, 5, 5,6 2 , 3 3, 4, 5, 6, 2, 3, 4, 2, 4, 4, 4,5, 5, 5, 3 , 4 3, 5, 5, 4, 4, 5, 4, 4, 4, 5, 5, 6, 5 5,4 5,4, 5, 6, 6, 4, 6, 3,4, 3, 4 , 3 3 , 3 3, 3, 2, 3, 3, 4, 4, 3, 4, 5, 6 2 , 2 3, 3, 2, 3, 3, 4, 5, 5, 3, 4 3,3 4, 3, 5, 3, 5, 4, 4 , 4 , 4 5,3 2 , 4 , 4 , 4 , 5 , 4 , 4 , 4 2 , 3 2, 3, 3, 4, 6, 5, 4 1,3 2 , 5 , 4 , 5 , 4 , 6 3 , 2 5, 4, 4, 3, 5 2 , 4 2, 5, 5, 5 5 , 3 6, 5,6 4,3 5,4 4,3 6 2,4 4 Das Erstaunlichste an diesem Ergebnis ist das — was n i c h t darin enthalten ist: nämlich die Fehlanzeige, daß 210 darin verarbeitete Vergleiche nicht ein einziges Verspaar mit der Kennziffer 0 zutage gefördert haben, das dieselben Hebungs- und SenkungsVerhältnisse aufwiese. Die größte Ähnlichkeit der Tonbewegung besitzen zwei Verse, welche verschiedenen Texten entstammen: 4
3
4
3
4
Und übermorgen liegt's bei seiner Ferse (K 45) 3
2
1
4
3
3
2 3
4
1
4
Ich glaub es. Aber jetzt — wie sich der Tote (H 5) 3
2
2
3
2
1
Laut Vertikal-Kolumne 1, Platz 13 besteht hier nur eine Abweichung geringer Art in einer (der hervorgehobenen) Senkung. Eine Abnahme der Ähnlichkeit ist in 21 Verspaaren nicht zu verkennen, in denen je zwei Senkungen abweichend gestaltet sind. In mindestens der Hälfte (je drei) ihrer Senkungen unterscheiden sich 51 iktengleiche Verspaare. Die meisten Verspaare (63 an der Zahl) weichen in vier Senkungen voneinander ab. Nicht ganz so häufig (50mal) weichen Verspaare dieses Hebungstyps durch fünf Senkungen voneinander ab. Wenn es sich dabei um zwei Zehnsilber handelt, sind in diesen also alle Senkungen ungleich schwer; dies ist achtmal der Fall. 192
Durchgängige Verschiedenheit ist schließlich auch 24mal in allen sechs Senkungen von Elfsilberpaaren anzutreffen. Um die Beweiskraft meiner Feststellungen noch zu erhöhen, ohne den Leser dadurch allzusehr zu ermüden, gebe ich nun noch einige graphische Nachweise für die Senkungsverhältnisse verschiedener iktengleicher Verse:
Bräuer
Diese Darstellungsweise macht in eindrücklicher Weise klar, wie verschieden die rhythmischen Konturen von Versen sein können, die hinsichtlich der Iktenstärke und -folge übereinstimmen. In der graphischen Wiedergabe des zweiten Goetheverses zeigt die weite Distanz der Hebungsund Senkungslinie an, wie scharfgeschnitten die Akzente sind und wie sehr Rhythmus und Metrum zusammengehen. Kein anderer Vers meines gesamten Untersuchungsmaterials besitzt dieselben rhythmischen Eigenschaften. Am nächsten kommt ihm der Goethevers 42, der jedoch Typ 18 angehört:
Ich gebe nun noch eine Zusammenstellung sämtlicher Senkungsfolgen derjenigen Verse, denen die überhaupt am häufigsten vertretene, alternierende Hebungsanordnung 4—3—4—3—4 (Typ Nr. 68) gemeinsam ist:
194
13»
195
Durchgängige Herrschaft des Metrums verrät auch die Linienführung von K 17 und Gr 32, doch sind hier die Akzente meist etwas schwächer ausgeprägt. Metrische Unbestimmtheit findet vielfach wechselnden Ausdruck in Linien, die sich berühren (H 11, K 24) oder teilweise decken (H 30, Gr 1). Umkehrungen des Metrums und rhythmische Eigenwilligkeiten zeigen sich durch Linienüberschneidungen an. Das Auge erfaßt sogleich, daß auch in diesen Fällen von übereinstimmender Tonbewegung zweier Verse nicht die Rede sein kann. Anhand der Übersicht von S. 184/6 verglich ich die Senkungsbeschaffenheit a l l e r iktengleichen Verse mit folgendem Ergebnis für jeden einzelnen Hebungstyp. Die Zahlen in den senkrechten Kolonnen geben an, wie oft jeweils Abweichungen von 0, 1, 2, 3, 4, 5 oder 6 Senkungen zu beobachten waren: Iktentyp Nr. 1) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 12) 13) 14) 16) 18) 21) 22) 23) 24) 25) 26) 27) 28) 30) 31) 33) 34) 38) 39) 41) 43) 196
0
1
2 4
3 10
4 25 1
1
1
1
6 3 2 1
12 1
18 4 3
5 16 >
6 11
1
1 4
2
1
2
3 1
5
3 3 1
12 7
1 1
4
1
3 20 3
1 6 10
1 24 30 2 2 6 33
1
1
20
1
24 1 3 2 6
5 2 1 1
2 2 26 7 1
1 1 10 4
26 39
9 26
4 14
1 16 45
2 5 45
3 17
2
1 1 35 4 2 1 6
31 1 2 4
6 1 1 3
ZUS.
66 1 1 3 1 45 10 6 1 3 3 6 66 15 1 1 78 120 3 6 36 153 3 1 120 6 6 6 21
8
78 1 1 13 19 19 6 91 1 1 1 1 1 1 6 1 3 1 2 3 2 2 7 4 36 1 11 9 1 12 20 9 55 13 1 1 3 3 2 21 55 6 10 16 1 1 1 2 3 1 1 3 4 6 15 1 21 51 24 210 63 50 5 x I 29x1145x1318x1444x1304x1103X| 1348
44) 46) 47) 49) 50) 51) 52) 53) 56) 58) 59) 60) 62) 64) 67) 68)
22
22 1 33
20
6
Diese Untersuchung vermittelt die gewichtige Erkenntnis, daß nur fünf Verspaare meines ganzen Materials (eines davon noch dazu aus Achtsilbern bestehend) gleiche Tonbewegung aufweisen und daß die Betonungsverhältnisse in jedem einzelnen Textabschnitt einem steten Wechsel unterliegen. Wenn es auch möglich sein wird, noch einige Verspaare ausfindig zu machen, die in der rhythmischen Gestaltung nur geringfügig voneinander abweichen, die Ehrenrettung des Blankverses kann dadurch nicht mehr aufgehalten werden. Es mag wenige Leser geben, welche mit einer solchen Vielfalt rhythmischer Möglichkeiten gerechnet haben oder noch geneigt wären, an das Märchen von der „öligen Glätte der üblichen Jamben" weiterhin zu glauben. Die paarweis übereinstimmenden Verse lauten vollständig: 3
4
4
4
Die mir die Rückkehr türmend hemmt 1 (Sch 20) 2
2
3
3
2
4
4
4
Es ist die Nacht und nicht das Grab! (Gr 5) 2
2
3
4
2
3
4
4
4
Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache (K 28) 2
1 4
2 4
3
1
3 4
4
1
Im Grabe noch zu rächen weiß! Ich schaffte (H 6) 2
1
2
4
1
4
3
3
1
4
4
In diesem Augenblick, dem Staub entrückt (K 13) 2
1 4
1 4
2 3
2 4
4
In Reue wenden ihr verlocktes Herz (Gr 51) 2
1
1
2
2
197
So hält mich Thoas hier, ein edler Mann (G 33) 4
3
2
4
4
3 4
3
2
4
Wer kam vom Saladin je anders ? He (L 48) 4
3
4
2
3
3
2
4
4
3
Ich rechte mit den Göttern nicht; allein (G23) 3
1
2
2
4
3
2 4
4
3
Auf Menschenart versucht I — Verrät er mich (H 48) 3
1
2
2
2
Abweichungen betreffs einer Senkung, die 29mal vorkommen, machen 6mal den alleinigen Unterschied der Tonbewegung eines Zehnund Elfsilbers aus; sie fallen in der S c h l u ß s t e l l u n g am wenigsten ins Gewicht, wenn (was meist der Fall) die über2ählige Silbe eine tonschwache ist wie in 3
4
4
4
3
Ich will auf halbem Weg mich niederlassen I (K 42) 3
3
1 4
3
3
2
1
4
4
3
Ich will's nicht glauben! Schweig mir, Salome! (H 27) 3
3
1
3
2
etwa im Gegensatz zu 4
3
3
4
4
Denn seltsam hat sie, seit ihr Bruder starb (H 9) 3
3
3
4
3
3
2
3
4
4
Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er's (H 30) 3
3
3
3
2
3
oder 4
3
4
4
4
Und einsam, wie ein spät verirrter Fremdling (Gr 11) 3
3
3
4
2
3
2 4
4
3 4
Und Undank ist sein Nam! Er übt allein (Gr 27) 3
3
3
2
2
Im übrigen wird, mit stärkster Wirkung, bald allein der Verseingang abweichend gestaltet: 3
4
4
4
3
Ich will mit Männern lieber fallen, als (L 40) 3
3
2
3
2 4
4
1
4
3
Wahr ist's, ich ging zu weit, Das sagte ich (H 1) 4
3
2
2
1
oder 4
4
2
4
4
Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt (G 32) 3
2 4
2
4
2
2
1
4
4
Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz (K 27) 4
198
2
2
2
1
dreimal die 2 w e i t e Senkung: 3
4
4
4
4
So gib auch mich den Meinen endlich wieder (G 51) 3 3 2 1 2 2 3
4
4
4
4
O meine Mutter! Himmel! Weiter! weiter! (K 25) 3
1
2
1
2
2
viermal die d r i t t e S e n k u n g : 4
2
4
4
4
Wie eifrig er mir dient, beweist sein Kommen (H 45) 3
2 4
3
1
2
3
4
1
4
4
Noch weniger gebrechen. — Welch ein Jude! (L 45) 3
2
1
1
3
1
zweimal die f ü n f t e Senkung: 4 3 4 4 4 Heraus in eure Schatten, rege Wipfel (G 1) 2 2 1 1 1 1 4
3
4
4
4
Die andern alle lilienweiß erscheinen (Gr 26) 2
2
1
1
2
1
viermal die sechste Senkung: 3 4 4 3 4 Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne (G 19) 3
2
2 4
3
1
2 4
1 3
4
Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens (Sch 23) 3
2
2
1
2
2
und, mit größter Häufigkeit, achtmal die v i e r t e Senkung: 3
4
4
4
4
Aus meinen eignen Werken baut sich auf (Sch 19) 3
1
1
3
1 4
4
3 4
4
Zwar, eine Sonne, sagt man, scheint dort auch (K 46) 3
1
1
3
3
Weitaus häufiger, 145mal, begegnen Verspaare mit d o p p e l t e r Senkungsabweichung : 4 3 3 4 4 Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug (H 13) 4
3
2
4
3
3
3
1 4
4
Die Bürgschaft, die in ihrer Liebe lag (H 17) 2 2 2 4 33 3 1 4 4 Das spür ich ja! Denn erst mit ihm begann (L 33) 3
3
3
4
3
3
1
3
4
4
Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug (H 13) 4
3 4
2
3
3
1 4
4
4
Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache (K 28) 2
1
2
4
3
1 4
3 4
1 4
Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite (Sch 15) 3
3
2
1
3
1
199
Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern (G 15) 4
3 3
2
4
2
4
1
3
2
4
Was alle andern einzeln nur verüben (Gr 28) 3
2
1
2
2
1
Wiederum mehr als doppelt so häufig (318mal) sind Verspaare durch d r e i fache Senkungsabweichung gekennzeichnet: 4
3
4
3
4
Bemerkten wir den Herrn, der bei den Fahnen (K 14) 1
2
1
4
3
3
2
4
1 3
4
Kein Undankbarer — Halt — Tritt nicht die Schlange! (Gr 18) 3
4
2
4
2
4
3
4
3
1
4
Die Dunkelheit, die brütend mich umfängt (Gr 4) 2
1
3
4
2
3
2
4
3
4
So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß (H 36) 3
1
1
4
3
3
2
4
3
4
Die Dunkelheit, die brütend mich umfängt (Gr 4) 2
1
3
2
4
3
2
4
3
4
Ein Mann, der, war ich selbst nicht auf der Welt (H 43) 3
3 4
3
4
4
3
2 4
4
Ja, Tochter Zeus, wenn du den hohen Mann (G 43) 2
4
2
3
4
4
3
1
4
4
Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich (G 47) 2
3
1
1
2
2
In den meisten Fällen (444mal) betrifft die Abweichung v i e r ungerade Versstellen: 4
3
4
3
4
Im Würgen uns gehemmt, so wäre keiner (K 36) 2 1 1 2 1 2 4
3
4
3
4
Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern (Gr 10) 4
4
4
2
3
1
1
3
2
4
4
Der leuchtend sich vor meine Seele drängt (Gr 46) 2
2
3
4
1
3
1
3
4
4
Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug (H 13) 4
3
2
3
3
4
1
3
3
4
Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer (Sch 18) 4
4
3
3
2
4
3
1
2
3
4
Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog (H 16) 2
200
1
3
3
1
In diesem Augenblick, dem Staub entrückt (K 13) 2
1
1
4
2
4
3
2
4
4
Wer kam vom Saladin je anders? He (L 48) 4
3
2
3
2
Doch bleibt die Gesamtzahl (407) der Verspaare, welche in 5 (304mal) oder in 6 Senkungen (103mal) voneinander abweichen, während die Iktenbeschaffenheit und -läge übereinstimmt, kaum dahinter zurück. Ihre Beweiskraft rechtfertigt die Mitteilung zahlreicher Belege iktengleicher Verse der Typen 1, 18, 24, 25, 28, 30, 34, 43, 44, 47, 56, 59, 60 und 68 mit fünf Senkungsabweichungen: Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide (Gr 29) So sei es I — Rhamnes I Rhamnes! — Ja, so sei's! (Gr 53) In deinen heiigen sanften Arm genommen (G 42) Wahr ist's, ich ging zu weit. Das sagte ich (H 1) Zu straucheln laufe, wo er fiel. — Er fiel ? (L 39) Heut glich sie ihr in mehr als einem Zug (H 13) Da kommt er, kommt mit Hast, glüht heitre Freude (L 47) Im Schosse eines festern, süssem Schlummers (Gr 15) Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht (Sch 3) Wir alle sammeln uns, bei diesem Anblick (K 18) So hält mich Thoas hier, ein edler Mann (G 33) Gedrängt von Truchss, in seiner Stellung wankte (K 2) Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie (Sch 9) Er nahm, was mehr wog, mit hinweg: ihr Herz I (H 8) Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn (H 3) Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog (H 16) In meiner Brust war meine Tat noch mein (Sch 48) Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter (K 41) Auch nichts als fliehn! Nun komm, was kommen soll (L 6) Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht (Gr 12) Der Frauen Zustand ist beklagenswert (G 24) Geflohn, umsonst. — Und weiter könnt ich doch (L 5) Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war (Sch 32) In jenem fürchterlichen Augenblick (Gr 3) Von ihm mir vorgelogen. Märchen P doch (L 36) Weitsehend, planvoll mir zusammen knüpfen (Sch 34) Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn (G 49) Ihm geb ich jetzt den Auftrag! Daß sie nichts (H 46) 201
Erfüllung hin die Mittel mir gespart (Sch 6) So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß (H 36) Des unverführten Willens mir bewußt (Sch 30) E i n Mann, der, war ich selbst nicht auf der Welt (H 43) Man sagt ja doch, ein ungeheurer Schmerz (Gr 6) Ihm geb ich jetzt den Auftrag I Daß sie nichts (H 46) Der Prinz von Homburg war, sobald der Feind ( K l ) Jetzt muß ich weitergehn! Denn, nun sie's weiß (H 37) Die folgenden Verse, Vertreter der Typen 1, 18, 24, 25, 30, 34, 39, 41, 43, 44, 47, 53, 56, 67 und 68, weichen sogar in sechs Senkungen voneinander ab: Des alten, heiigen, dichtbelaubten Haines (G 2) Der rächt sich auch! E r kommt nicht! Dennoch seh ich (H 25) In seinen heiigen, sanften Arm genommen (G 42) Die ich zu sehn so wenig lüstern war (L 10) Zu straucheln laufe, wo er fiel. — E r fiel ? (L 39) Und er — lebt ihr denn noch, gerechte Götter ? (Gr 44) Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache (K 28) Und einsam, wie ein spät verirrter Fremdling (Gr 11) Ja, Tochter Zeus, wenn du den hohen Mann (G 43) Geliebte, fasse dich! Laß, laß mich, Liebe! (K 12) Dies weite All, es stürzte nicht zusammen ? (Gr 2) Bevor die Kunde kam. Wir werden sehn! (H 33) Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie (Sch 9) Beschützt mich, Götter! schützt mich vor mir selber 1 (Gr 31) Nicht die Versuchung von mir wies — das Herz (Sch 4) In des Geschicks geheimnisvolle Urne (Sch 47) Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn (Sch 33) Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten (Gr 34) Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer (Sch 18) Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn! (H 3) Wer auch so schlafen könnte wie die Vögel (Gr 13) Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog (H 16) In meiner Brust war meine Tat noch mein (Sch 48) Dann hast du recht gehabt! — E s gilt die Probe! (H 50) Und eine kurze. Freilich! Von zwei Spannen (K 40) Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht (Gr 12) 202
Zu leben, ist mir ganz undenkbar, war (L 17) Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse (Sch 5) Mit sanften Banden aneinander knüpften (G 22) Der Kopf, den Saladin mir schenkte, war (L 28) Bemerkten wir den Herrn, der bei den Fahnen (K 14) Drauf faßt, bei diesem schreckenvollen Anblick (K 26) Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden (Sch 50) Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt (Gr 42) Im Würgen uns gehemmt, so wäre keiner (K 36) Kein Undankbarer — Halt — Tritt nicht die Schlange! (Gr 18) Der Fall, daß zwei iktengleiche Verse sich in 6 Senkungen unterscheiden, ist mithin 20mal so häufig wie eine in Hebungen und Senkungen übereinstimmende Tonbewegung. Fast neun Zehntel aller iktengleichen Verse zeigen Abweichungen in mehr als der Hälfte ihrer Senkungsstufen. Prozentual betragen die Häufigkeiten der Senkungsabweichungen iktengleicher Verse 0 1 2 3 4 5 6 0,37% 2% 11% 24% 32% 23% 8% Im Schlußwort seiner Studie71 hat Haller als Fernziel bezeichnet, die einzelnen Dichter an ihrer Behandlung des Metrums erkennen zu können und ihnen „auf Grund metrischer Indizien den oder jenen Vers zuzuschreiben", und der Zuversicht Ausdruck gegeben, daß „vor allem Beobachtungen über den Wechsel der Iktenstärke und über die Rhythmik" auf das Hochziel hinführen würden. Auf Grund meiner Untersuchungen glaube ich in der Lage und berechtigt zu sein, zu dieser Frage abschließend Stellung zu nehmen. Zu diesem Behufe ist es unumgänglich, die Verteilung der 68 angetroffenen Iktenreihen oder der ihnen entsprechenden „Höhenlinien" innerhalb des gesamten Materials von 308 Versen von einem zweckmäßig gewählten Gesichtspunkte aus nochmals zu mustern. Es hatte sich mir folgende Zuordnung ergeben:
1) 2) 3) 4) 5) 6) 71
Übersicht über alle Iktenkombinationen Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbellnsgesamt 23344* _ _ _ _ _ lmal lmal 23434* _ _ _ lmal _ — lmal 23443* — — — — — lmal lmal 24324* lmal — — — — — lmal 24334* — — lmal — _ — lmal 24341* — — — — — lmal lmal
Haller, aaO. S. 424.
203
7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 204
Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel Insgesamt — lmal lmal 2mal 24343 — lmal lmal lmal 4mal 24344 lmal 2mal lmal 4mal 24434 lmal lmal 24443 lmal 2mal 24444 lmal lmal 2mal lmal 32344* lmal lmal lmal 33243* 3mal 33343 lmal lmal lmal lmal lmal 2mal 33344 lmal lmal 33424* 33433 lmal lmal lmal 3mal lmal lmal lmal lmal 4mal 33434 — — 33443* lmal lmal lmal lmal 3mal 33444 lmal lmal lmal 34233* 2mal lmal 4mal 7mal 34334 34343 2mal 5mal 2mal lmal lmal limai 34243 lmal lmal lmal 3mal lmal 5mal 2mal 2mal 2mal 13mal 34344 lmal lmal 34414* lmal lmal 2mal 34424 lmal lmal lmal lmal 4mal 34433 lmal 2mal 4mal 2mal lmal 14mal 34434 3mal 2mal 34442* lmal lmal 3mal lmal 2mal 2mal 2mal 12mal 34443 2mal — lmal lmal 2mal 3444 lmal 3mal 3mal lmal lmal lOmal 34444 lmal lmal 41424* lmal 2mal 41434 lmal lmal lmal lmal 42344* lmal lmal 2mal 42433 lmal lmal 42424* lmal lmal lmal 3mal 42434 2mal 42443 lmal lmal 6mal 2mal lmal lmal 42444 2mal 2mal 43244 lmal lmal 2mal lmal lmal 43334 4mal lmal 43343 2mal lmal 2mal 4mal 13mal 43344 2mal 3mal 2mal lmal lmal 43414* lmal 43423* lmal 6mal lmal lmal 2mal 2mal 43424 —
—
—
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— •
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• —
—
—
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—
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—
—
—
—
Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel Insgesamt 49) 50) 51) 52) 53) 54) 55) 56) 57) 58) 59) 60) 61) 62) 63) 64) 65) 66) 67) 68)
43433 — 43434 2mal 43443 lmal 43444 2mal 44143* • — 44243* — 44244 2mal 44324 lmal 44334 lmal 44343 3mal 44344 7mal 4434* — 44414 — 44423* — 44424 lmal 4443* — 44433 2mal 44434 lmal 44443 lmal 44444 lmal 53
lmal lmal 2mal 2mal
2mal 3mal 2mal 2mal
—
—
— •
—
—
—
lmal 2mal
—
lmal 6mal 3mal lmal lmal
— —
—
lmal lmal 2mal lmal lmal 49
—
lmal lmal —
2mal lmal 4mal
—
—
—
—
lmal
—
— •
5mal 2mal 3mal
—
—
4mal —
6mal lmal — —
2mal lmal lmal 4mal —
lmal —
lmal
—
—
—
—
—
—
—
—
3mal lmal 2mal 53
3mal lmal lmal 49
4mal —
6mal 54
—
6mal 2mal lmal — — — —
2mal — — —
lmal — — —
lmal 3mal lmal lmal 50
3mal 2 lmal 9mal 16mal lmal lmal 3mal 4mal 9mal limai 18mal lmal 3mal lmal 2mal lmal 4mal 16mal 5mal 12mal 308Verse
Was hieran sofort auffällt, ist, daß nur neun Bauformen, und zwar die Nrn. 25, 29, 31, 33, 50, 52, 57, 66 und 68 mit einem Gesamtvorkommen von 123 Versen ( = 40% des untersuchten Materials) allen' Texten gemeinsam sind, wogegen dreiundzwanzig (mit einem * versehen), also ein Drittel aller Versgestalten, in ihrem Vorkommen auf einen Text beschränkt bleiben. Bedeutsam erscheint ferner, daß bei Goethe der Typ 59 siebenmal vorkommt, welcher bei Schiller und Hebbel ganz fehlt, bei Lessing der Typ 23 fünfmal vorkommt, der bei Grillparzer ganz fehlt, bei Lessing der Typ 58 sechsmal vorkommt, der bei Schiller und Hebbel fehlt, bei Schiller der Typ 25 fünfmal vorkommt, bei Goethe und Lessing nur je einmal, bei Kleist der Typ 50 fünfmal vorkommt, den Lessing nur einmal hat, bei Grillparzer der Typ 52 sechsmal vorkommt gegenüber einem Mal bei Hebbel.
205
Es wird einmal zu prüfen sein, ob solche Tonfälle etwa ein ganzes Werk kennzeichnen. Zunächst untersuchte ich nun Goethes Verhältnis zu allen übrigen Dichtem genauer. Ich sah, daß den Texten G o e t h e s und L e s s i n g s neunzehn Höhenlinien gemeinsam sind, während sich fünfzehn zwar bei Goethe, nicht aber bei Lessing finden, und daß Lessing dagegen zehnmal Tonbewegungen hat, die bei Goethe fehlen. Dieselbe Untersuchung für G o e t h e und S c h i l l e r durchgeführt, ergab ebenfalls 19 gemeinsame und je 15 nur je einem von beiden zugehörige Hebungsreihen. Bei G o e t h e und K l e i s t betrug die Übereinstimmung wiederum 19, während sich die Abweichungen auf 15 und 8 beliefen. Für G o e t h e und G r i l l p a r z e r ermittelte ich auf dieselbe Weise die Werte 18, 16 und 11; für G o e t h e und H e b b e l die Werte 19, 14 und 14. Tabellarisch sind die Zusammenhänge und Verhältnisse bequemer zu übersehen: Vergleiche zwischen Goethe—Lessing Goethe—Schiller Goethe—Kleist Goethe—Grillparzer Goethe—Hebbel Lessing—Schiller Lessing—Kleist Lessing—Grillparzer Lessing—-Hebbel Schiller—Kleist Schiller—Grillparzer Schiller—Hebbel Kleist—Grillparzer Kleist—Hebbel Grillparzer—Hebbel
Gemeinsame Iktenfolgen 19 19 19 18 19 18 17 16 19 15 17 20 15 16 16
Ausschließlich vorkommend bei Goethe 15, Lessing 10 Goethe 15, Schiller 15 Goethe 15, Kleist 8 Goethe 16, Grillparzer 11 Goethe 15, Hebbel 14 Lessing 11, Schiller 16 Lessing 12, Kleist 10 Lessing 13, Grillparzer 13 Lessing 10, Hebbel 14 Schiller 19, Kleist 12 Schiller 17, Grillparzer 12 Schiller 14, Hebbel 13 Kleist 12, Grillparzer 14 Kleist 11, Hebbel 17 Grillparzer 13, Hebbel 17
Es steht nunmehr fest, daß die Ü b e r e i n s t i m m u n g je zweier T e x t e zwar großen Schwankungen unterliegt — sie erstreckt sich bei G o e t h e , der in 53 Versen 34 verschiedene Typen verwendet, auf 18 bis 19 Typen ( = min. 34°/ 0 bis max. 36°/ 0 ); sie erstreckt sich bei L e s s i n g , der in 49 Versen 29 verschiedene Typen verwendet, auf 16 bis 19 Typen ( = min. 55°/ 0 bis max. 62°/ 0 ); sie erstreckt sich bei S c h i l l e r , der in 53 Versen 34Typen verwendet, auf 15 bis 20 Typen ( = min. 44°/ 0 bis max. 5 9 % ) ; sie erstreckt sich bei K l e i s t , der in 49 Versen 27 verschiedene Typen verwendet, auf 15 bis 19 Typen ( = min. 56 °/ 0 bis max. 70 °/ 0 );
206
sie erstreckt sich bei G r i l l p a r z e r , der in 54 Versen 29 Typen verwendet, auf 15 bis 18 Typen ( = min. 52°/ 0 bis max. 62 °/ 0 ); sie erstreckt sich bei H e b b e l , der in 50 Versen 33 verschiedene Typen verwendet, auf 16 bis 20 Typen ( = min. 48°/ 0 bis max. 61 °/ 0 ) —• daß sie aber nirgends weniger als ein Drittel, im Höchstfalle etwa zwei Drittel aller betroffenen Verse umfaßt. Damit halte ich den Nachweis für erbracht, daß nicht jeder einzelne Vers genügend metrische Indizien bietet, um mit Sicherheit Verfasserschaftsfragen zu lösen. Die Iktenbeobachtung allein bietet keine Handhabe, das von Haller gesteckte Fernziel jemals zu erreichen. Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß Echtheitsuntersuchungen in Zukunft nicht mehr Erfolg beschieden sein wird als den Bemühungen jener Forscher, welche mediumistische Fähigkeiten einsetzen zu können gewähnt haben. Es erscheint mir aber als eine überspitzte Forderung, sich dabei auf ein Hilfsmittel, in diesem Falle die metrische Wissenschaft, und sogar auf ein einziges Kriterium dieser, zu beschränken und etwa die Fortschritte der Stilforschung nicht gleichzeitig nutzbar zu machen. Den schwierigsten und fesselndsten Aufgaben jeder Wissenschaft gegenüber ist Einseitigkeit der Methode unangebracht. Auf diesem Gebiete hat die Literaturwissenschaft, insbesondere die Verswissenschaft, noch einiges von der Kunstwissenschaft zu lernen. Unter „Iktenbeobachtung" ist aber auch mehr zu verstehen — wie schon meine Einzeluntersuchungen zu erkennen gegeben haben — als bloße Beobachtung des Wechsels der Iktenstärke. Es kommt bei der Beurteilung einer Betonungshöhe ebenso wie für den Betrachter einer Bergeserhebung auf zweierlei an: auf die die auf die die
Höhe über dem Meeresspiegel oder absolute Stärke eines Akzentes und Höhenlage der unmittelbaren Umgebung oder Beschaffenheit der Nachbarsenkungen.
Erst die Höhen- und Tiefenlinien bestimmen das Maß der Tonbewegung, welche bei Beurteilung der rhythmischen Qualität eines Verses in Rechnung zu stellen ist. Eine mittlere Erhebung aus dem Flachlande kann bekanntermaßen einen großartigeren Eindruck gewähren als ein weitaus höherer Gipfel, der eine Hochebene überragt; und eine Vershebung erhält ihre rhythmische Bedeutung erst im Fluß der Bewegung, ihre Wirkung ist nur im Zusammenhang mit den beiden sie umgebenden Senkungen zu erfassen. Dieser wichtige Umstand ist von den Forschern, welche in Jamben und Daktylen, Trochäen und Anapästen zu hören gewöhnt waren, bisher außer Acht gelassen worden. Die eingangs beklagte Stagnation der Verswissenschaft kann aber nur überwunden werden,
207
wenn mit der Nomenklatur die althergebrachte Betrachtungsweise aufgegeben wird und wenn sich die Erkenntnis Bahn bricht, daß der B l a n k v e r s keine R e i h e oder Summe v o n fünf zweis i l b i g e n V e r s f ü ß e n darstellt, s o n d e r n als K e t t e von fünf i n e i n a n d e r v e r z a h n t e n r h y t h mischen D r e i g e s t a l t e n aufzufassen ist. Es muß also unbedingt nach der Einsicht verfahren werden, daß erst die Verfolgung der Höhen- und Tiefenlinien gestattet, die ganze Tonbewegung eines Verses aufzunehmen und zu beurteilen. Dies ist vor allem dann unentbehrlich, wenn zwei Verse rhythmisch miteinander verglichen und hinsichtlich ihrer rhythmischen Bestimmtheit wie ihres Verhältnisses zum Metrum charakterisiert werden sollen, oder wenn es darauf ankommt, die obere und untere Grenze der Tonbewegung eines Dichters zu bestimmen; schließlich wenn es unternommen werden soll, mehrere Werke oder mehrere Dichterpersönlichkeiten so zu würdigen, daß eine Rangfolge zwischen ihnen sichtbar wird. Dazu bieten sich zwei verschiedene Verfahrensweisen an. Die Versprofile (SS. 253/7,261/5,269/73,277/81,285/9,293/7) geben die Möglichkeit an die Hand, wesentliche Unterschiede schnell zu erfassen. Es genügt, die geradzahligen Vertikalkolumnen, welche die einzelnen Iktenstellen bezeichnen, zählend entlangzugehen, um in einem Arbeitsgang zu erfahren, wie oft an der oder jener Versstelle eine Tonversetzung stattfindet. So ergibt sich beispielsweise, daß bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 31 32 28 29 37 23 Verse (von 53) (von 49) (von 53) (von 49) (von 54) (von 50) metrumgerecht e i n s e t z e n , daß also die meisten Dichter, am gewissenhaftesten Grillparzer (mit einer relativen Häufigkeit von 69%) und Lessing (in 65% seiner Verse), bemüht sind, dem Metrum am Beginn der Zeile zunächst gerecht zu werden, während Hebbel mit der größten Freiheit verfährt und mehr als die Hälfte seiner Verse unregelmäßig anfangen läßt. Bei Beobachtung der zweiten Iktenstelle zeigt sich, daß diese von Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 49mal 34mal 39mal 38mal 37mal 34mal d.h. in 92% in 69% in 74% in 78% in 69% in 68% ihrer Verse im Einklang mit dem Metrum gestaltet ist. Die Unterschiede in der Behandlung der ersten und zweiten Iktenstelle betragen bei Goethe Lessing Schiller 34% 4% 21% 208
Kleist Grillparzer Hebbel 19% null% 22%
Allgemein ist zu sagen, daß der größte Abstand bezüglich der Erfüllung des Metrums an der z w e i t e n I k t u s s t e l l e zwischen Goethe einerseits und Grillparzer, Lessing, Hebbel andererseits besteht. Erst eine ins Einzelne gehende vergleichende Betrachtung der b e i d e n ersten Iktenstellen läßt personalstilistische Unterschiede erkennen. Es zeigt sich nämlich, daß regelmäßiger Verseingang bald regelmäßig, bald frei, und daß regelwidriger Verseingang bald im Einklang mit dem Metrum, bald im Widerspruch dazu fortgesetzt wird, und zwar mit charakteristischen Abweichungen. So ist bei G o e t h e die Aufeinanderfolge Regelmaß der ersten — freie Gestaltung der zweiten Iktusstelle 3mal vertreten Abweichung vom Metrum — Regelmaß 21mal „ Regelmaß — Regelmaß 28mal „ Abweichung — Abweichung lmal „ , mit anderen Worten: die beiden ersten Ikten werden ungleich behandelt 24mal gleich „ 29mal, und nach einem freien Verseingang, der im ganzen 22mal vorkommt, kehrt Goethe in 21 Fällen ( = 95%), also mit einer Ausnahme, zum Metrum zurück. So ist bei L e s s i n g die Aufeinanderfolge Regelmaß — Abweichung 13mal Abweichung — Regelmaß 13mal Regelmaß — Regelmaß 2 lmal Abweichung — Abweichung 2mal vertreten, mit anderen Worten: die beiden ersten Ikten werden ungleich behandelt 26mal 23mal, gleich „ und nach einem freien Verseingang, der im ganzen 15mal vorkommt, kehrt Lessing in 13 Fällen ( = 87%) sogleich zum Metrum zurück. So ist bei S c h i l l e r die Aufeinanderfolge Regelmaß — Abweichung lOmal Abweichung — Regelmaß 21 mal Regelmaß — Regelmaß 18mal Abweichung — Abweichung 4mal vertreten, mit anderen Worten: die beiden ersten Ikten werden ungleich behandelt 31mal gleich „ 22mal, 14
B r a u e t , Tonbewegung
209
und nach einem freien Verseingang, der im ganzen 25mal vorkommt, kehrt Schiller in 21 Fällen ( = 84%) sogleich zum Metrum zurück. So ist bei K l e i s t die Aufeinanderfolge Regelmaß — Abweichung 7mal Abweichung — Regelmaß 16mal Regelmaß — Regelmaß 22mal Abweichung — Abweichung 4mal vertreten, mit anderen Worten: die beiden ersten Ikten werden ungleich behandelt 23mal gleich „ 26mal, und nach einem freien Verseingang, der im ganzen 20mal vorkommt, kehrt Kleist in 16 Fällen ( = 80%) sogleich zum Metrum zurück. So ist bei G r i l l p a r z e r die Aufeinanderfolge Regelmaß — Abweichung lOmal Abweichung — Regelmaß 11 mal Regelmaß — Regelmaß 27mal Abweichung — Abweichung 6mal vertreten, mit anderen Worten: die beiden ersten Ikten werden ungleich behandelt 21 mal gleich „ 33mal, und nach einem freien Verseingang, der im ganzen 17mal vorkommt, kehrt Grillparzer in 11 Fällen ( = 65%) sogleich zum Metrum zurück. So ist bei H e b b e l die Aufeinanderfolge Regelmaß — Abweichung 8mal Abweichung — Regelmaß 19mal Regelmaß — Regelmaß 15mal Abweichung — Abweichung 8mal vertreten, mit anderen Worten: die ersten beiden Ikten werden ungleich behandelt 27mal „ „ „ „ gleich „ 23mal, und nach einem freien Verseingang, der 27mal vorkommt, kehrt Hebbel in 19 Fällen ( = 70%) sogleich zum Metrum zurück. Besondere Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang verdient die Relation der Verse, welche nach freiem Einsatz sogleich in das Metrum zurückfallen, und derjenigen, welche in den b e i d e n ersten Ikten von der metrischen Regel abweichen; sie beträgt bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 21 13 21 16 11 19 : 1 : 2 : 6 : 8 ' 4 ' 4 210
Es wird so recht offenbar, wie sehr Goethes Versbehandlung durch das Bemühen, die Wirkung seiner Abweichungen vom Metrum nicht durch allzu große Häufigkeit abzustumpfen, gegen die Verhältnisse bei Grillparzer und Hebbel absticht. Bemerkenswerte Unterschiede verdeutlicht auch diese Gegenüberstellung : Goethe Lessing Schiller Kleist Grillp. Hebbel Regelmaß in I und II |28 121 118 22 +27 115mal f26 {31 23 21 {27mal Abweichung inl oder II \24 Im Gesamtdurchschnitt stehen 131 Fällen wiederholter Regelmäßigkeit in I und II 152 Fälle einfacher Regelmäßigkeit in I oder II gegenüber. Auf einen Nenner gebracht (Regelmaß in I und II gleich 100) lauten die Vergleichswerte für Abweichungen in I oder II: Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel insgesamt 86 124 172 105 78 180 116 Nichts wäre ungerechter, als in das Verdammungsurteil Berthold Brechts einzustimmen und dem deutschen Blankvers Einförmigkeit nachzusagen 1 Charakteristisch verschiedene Aufschlüsse gewährt auch die Untersuchung der Versausgänge. Zunächst seien die k l i n g e n d e n Schlüsse ins Auge gefaßt, die bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 30mal 11 mal 26mal 29mal 30mal 17mal vorkommen und 30 „ 10 „ 25 „ 28 „ 30 „ 15 „ mit dem Metrum übereinstimmen. Die seltenen Beispiele für Abschwächungen oder Entstellungen des Metrums an dieser Stelle sind Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall (L 42) Dagegen ich verstummen muß. So hab ich (Sch 39) Und eine kurze. Freilich 1 Von zwei Spannen (K40) Ihn vor mir! „Du befiehlst?" — Es ist unmöglich! (H26) Daß sie's erfahren könnte, nimmer war ich (H 35) Auffällig gleichlautend bei Kleist sind auch die Schlüsse von: Wir alle sammeln uns bei diesem Anblick (18) Inmitten ihn des Feuers zu erblicken (20) Drauf faßt, bis diesem schreckenvollen Anblick (26) Bemerkenswert gering ist bei Lessing der Anteil der Elfsilber (22% gegenüber 57% bei Goethe, 59% bei Kleist), was, in gleicher Richtung wie der Satzbau wirkend, dazu beiträgt, die Zeilengrenzen Lessings weitgehend zu verschleiern und die Verssprache der Prosa anzunähern. Auch die stumpf endigenden Verse sind meist metrumgerecht gestaltet; dies trifft zu 14»
211
bei Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel für 19 35 24 19 23 29 von 23 38 27 20 24 33 solchen Versen. Ausnahmen sind: Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo (G 20) Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar (G 31) O wie beschämt gesteh ich, daß ich dir (G 35) Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest (G 44) Geflohn, umsonst. — Und weiter könnt ich doch (L 5) Zu leben, ist mir ganz undenkbar, war (L 17) He, Nathan! Wie, seid Ihrs? Ihr habt . . . (L 49, Achtsilber) Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht (Sch 8) Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war (Sch 32) In dem Gedanken bloß gefiel ich mir (Sch 10) Bricht er mit uns auf die Verschanzung los (K 29) Er könne töten. — Ach, es ist nicht so! (Gr 7) Der es verschmähte, sich zu verteidigen (H 20) Weil er mich für verloren hielt und nun (H 31) Daß sie auf meinem Grabe Hochzeit hält (H 41) Aus ihm herauslockt, weiß ich, wenn sie ihn (H 47) Zusammenfassend ist zu sagen, daß der Verschluß bei den klingend endigenden Versen in 138:143 = 97%, bei den stumpf ausgehenden (in jedem Falle die wenigen Kurzverse mit eingerechnet) 149:165 = 9 0 % der vorkommenden Fälle das Metrum, am besten von allen Versstellen, verwirklicht. Die Vergleichswerte für alle Iktenstellen sind I II III IV V 180:308 231:308 219:308 223:308 287:308 = 58% = 7 5 % = 7 1 % = 7 2 % =93%! Die Fraktionswerte für die einzelnen Texte lauten: I II III IV V Goethe 31 x = 5 9 % 49 x = 92% 40 x = 7 5 % 42 x =80% 49 x = 9 2 % Lessing 32 x = 6 5 % 34 x = 7 0 % 31 x = 6 3 % 35 x = 7 1 % 45 x = 9 2 % Schiller 28 x = 5 3 % 39 x =74% 36 x = 6 8 % 35 x =66% 49 x = 9 2 % Kleist 29 x =59% 38 x = 7 8 % 41 x = 8 4 % 39 x =80% 47 x = 9 6 % Grillp. 37 x = 6 9 % 38 x = 7 0 % 41 x = 7 6 % 39 x = 7 2 % 53 x = 8 8 % Hebbel 23 x =46% 34 x =68% 35 x = 7 0 % 33 x =66% 44 x = 8 8 % Ansteigend der Größe nach geordnet, ergeben die Werte folgendes Bild: I — III — IV — II — V Goethe Lessing III — I — II — IV — V Schiller I — IV — III — II — V Kleist I — II — IV — III — V Grillparzer I — II — IV — III — V Hebbel I — IV — II — III — V 212
Volle Übereinstimmung besteht also zwischen allen Texten darin, daß rhythmische Freiheiten am seltensten am Versende auftreten. Abweichungen vom Metrum kommen bei Goethe, Schiller, Kleist, Grillparzer und Hebbel zu Anfang des Verses am häufigsten vor. Die unterschiedlichste Behandlung wird den ersten vier Iktenstellen bei Goethe, die gleichmäßigste bei Grillparzer zuteil. Nunmehr ist eine Rangfolge unserer Klassiker bezüglich ihrer Nachgiebigkeit gegenüber dem Metrum unschwer aufzustellen: Goethe bejaht das Metrum an (31 + 49 + 40 + 42 + 49) Stellen seiner 53 Verse, welche insgesamt 265 Iktenstellen besitzen; die metrische Bestimmtheit beträgt demnach 211:265, mithin 80%. Lessings Verse enthalten (32 + 34 + 31 + 35 + 45) metrumgerecht gestaltete Ikten, seine metrische Bestimmtheit erhält man als den Quotienten von 177 und 243 (unter Berücksichtigung zweier Kurzverse) mit 73%. Schiller gestaltet 187 von insgesamt vorhandenen 264 (unter Berücksichtigung eines Kurzverses) Iktenstellen in Übereinstimmung mit dem Metrum, was eine metrische Bestimmtheit von 71% ergibt. Kleist erfüllt das Metrum an 194 Iktenstellen seiner 49 Fünfheber, so daß seine metrische Bestimmtheit 194:245 = 80% beträgt. Grillparzer fügt sich dem Metrum an 208 von 269 (unter Berücksichtigung eines Kurzverses) Iktenstellen und erreicht eine metrische Bestimmtheit von 77%. Hebbel hält insgesamt 169mal am Metrum fest; da in seinen Versen im ganzen 250 Iktenstellen vorhanden sind, hat die metrische Bestimmtheit den Wert von 68%. Die gesuchte Rangfolge ist dementsprechend: Goethe 80%
Kleist Grillparzer Lessing Schiller 80% 77% 73% 71%
Hebbel 68%
Dieses Ergebnis, welches u. a. daran erinnert, daß schon früher gemeinsame Wesenszüge bei Goethe und Kleist sichtbar geworden sind, kann auf letzte Genauigkeit noch keinen Anspruch machen, da die Unregelmäßigkeiten des Verses darin nur eine numerische, nicht qualitative, Berücksichtigung erfahren haben. Auch die metrischen Eigenschaften ganzer Verse lassen sich anhand der Diagramme schnell optisch erfassen, da die metrische Bestimmtheit nach den auf S. 14 eingeführten Iktendarstellungen klar ablesbar ist. Leicht zu erkennen ist die zunehmende Abhängigkeit vom Metrum bei folgenden Versen G o e t h e s : 213
O wie beschämt gesteh ich, daß ich dir (35) Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl (4) Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo (20) Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram (16) Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern (15) Ich rechte mit den Göttern nicht; allein (23) Des alten, heiigen, dichtbelaubten Haines (2) Die Zahl der Tonerhebungen an den Iktenstellen des Blankversschemas schwankt dabei zwischen zwei und fünf. Veranschlagt man den letzten Tonanstieg der stumpf ausgehenden Verse als eine halbe Erfüllung des Metrums, so liefern die einzelnen Verse folgende Werte ihrer metrischen Bestimmtheit: V. 35 2
4 2V,
20
16
15
23
2
3
3/
4
4/
5
1 2
1 2
Der Anteil derjenigen Verse, deren Tonbewegung mehr als zur Hälfte vom Metrum diktiert wird, beträgt 87%. Ein Drittel aller Verse zeigen volle Ubereinstimmung mit dem Metrum. Größere Schwankungen der Tonbewegung sind den Diagrammen der Verse L e s s i n g s zu entnehmen: Bin tot, war von dem Augenblick ihm tot (26) Zu leben, ist mir ganz undenkbar (17) War eins. — Bleibt eins. — Von ihr getrennt (16) = Achtsilber Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall (42) Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie (37) Was tut's ? Ich hab in dem gelobten Lande (22) Die ich zu sehn so wenig lüstern war (10) Liegt mir denn sonst ? An Nathans ? O an dessen (43) Der Vorurteile mehr schon abgelegt (24) Der mich zu Saladins Gefangnem machte (27) Die Unterschiede der metrischen Bestimmtheit sind: V. 26
17
16
42
37
22
10
43
24
27
v,
1
1V 2
2
2V,
3
3V,
4
4V,
5
Der Anteil der Verse, deren Tonbewegung sich dem Metrum mehr als zur Hälfte unterordnet, beträgt nur zwei Drittel; die Zahl derjenigen, welche ganz metrumgebunden sind, macht 22% aus. Bei Schiller ist die Schwankungsbreite der Tonbewegung kaum geringer als bei Lessing: 214
Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war (32) Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer (18) Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld (21) Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen (28) Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit (45) Weitschauend, planvoll mir zusammenknüpfen (34) Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft (31) Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens (23) Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt (40) Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend (43) Die Unterschiede der metrischen Bestimmtheit sind: V. 32 18 21 28 45 34 31 23 40 43 1 1 IV, 2 2V, 3 3*/, 4 4V2 5 Die Zahl der Verse, deren Tonbewegung sich überwiegend dem Metrum unterwirft, liegt mit 74% etwa auf der Mitte der bei Goethe und Lessing beobachteten Werte; ungeschmälert aber ist die Herrschaft des Metrums noch seltener als bei Lessing. Anders bei Kleist: Bricht er mit uns auf die Verschanzung los (29) Zwei Linien hatt er, mit der Reiterei (4) Diesseits der Erde noch zwei Spannen drunter! (41) Als er auf eine Feldredoute stieß (6) Hier schlug so mörderischer Eisenregen (7) Auf einem Schimmel herrlich saß er da (16) Halt mußt er machen zwischen Busch und Hügeln (10) Zwei Fahnenträger fielen über ihn (23) Gedrängt von Truchss in seiner Stellung wankte (2) Die Werte metrischer Bestimmtheit sind: V. 29 4 41 6 7 1 lVä 2 2V, 3
16 3V,
10 4
23 4V,
2 5
Hinsichtlich der Zahl ganz ans Metrum gebundener Verse kommt Kleist dem bei Goethe angetroffenen Verhältnis am nächsten. Dies gilt auch bezüglich der Herrschaft des Metrums in allen übrigen Versen: die Vergleichswerte betragen für Kleist 80%, für Goethe 87%. Auch bei G r i l l p a r z e r stehen metrisch schwächer bestimmte Verse neben solchen von großer Regelmäßigkeit: Kein Undankbarer — Halt — Tritt nicht die Schlange! (18) Bin ich denn noch? und ist denn Etwas noch? (1) Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen (8) Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt (42) Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern (10) 215
Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht (12) Wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen (24) Des Lebens muntre Töne sind verstummt (9) Dies weite All, es stürzte nicht zusammen (2) Die Zunahme metrischer Bestimmtheit zeigt folgende Zusammenstellung: V. 18 1 8 42 10 12 24 9 2 1 IV, 2 21/2 3 31/, 4 41/, 5 Die Zahl der das Metrum voll befriedigenden Verse ist bei Grillparzer nicht größer als bei Lessing, dessen Anteil an metrisch schwachbestimmten Versen jedoch doppelt so groß ist. Der geringste Spielraum wird dem Metrum bei H e b b e l gewährt: Wie es auch kam, so kam es nicht! Vielleicht (28) Jetzt muß ich weitergehn. Denn, nun sie's weiß (37) Der es verschmäht, sich zu verteidigen (20) Denn prüfen muß ich siel Hätt ich's geahnt (34) Es nicht noch mehr verschmähn, sich zu beflecken? (21) Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn! (3) Der rächt sich auchl Er kommt nicht I Dennoch seh ich (25) Er sollte beides können oder keins (24) Ihn fort, um meine Krone mir zu sichern (7) Alle Verse unterscheiden sich durch das Maß ihrer metrischen Bestimmtheit: V. 28 37 20 34 21 3 25 24 7 V, l 1 /. 2 2V, 3 3V, 4 41/2 5 Der größte Abstand trennt Goethes und Hebbels Versbehandlung. Während bei Goethe unter 53 Versen nur einer vorkam, der maximal an drei Tonstellen vom Metrum abwich, V. 35, sind es bei Hebbel deren fünfzehn. Die durchgängig metrumgerechten Verse sind bei Hebbel nur halb so zahlreich wie bei Goethe. Weit auseinander liegen auch die Häufigkeiten der Verse, in denen die Herrschaft des Metrums gesichert ist: bei Goethe waren es 87%, bei Hebbel sind es 60%. Nachdem im Vorhergehenden hinlänglich klar geworden ist, wie verschieden Abweichungen vom Metrum beschaffen und wie unterschiedlich ihre Wirkungen sind, muß nunmehr eine qualitative Methode entwickelt werden, welche auch den feinsten Nuancen der Interpretation Genüge leistet. Dabei hat man sich folgendes bewußt zu halten: Je größer der mittlere Abstand aller Hebungen und Senkungen eines Verses ist, desto schärfer ist die rhythmische Form, desto klarer ist der Vers rhythmisch-metrisch profiliert. Zur Erläuterung meiner Arbeitsweise gebe ich die für G o e t h e gefundenen Verhältnisse ausführlich wieder: 216
Mit H bezeichne ich das Versmittel der Hebungen „ S „ „ „ „ „ Senkungen V. 1)H 19:5 = 3 , 8 12) H 19:5 = 3,8 23) H 18:5 = 3,6 34) H 18:5 = 3,6 S 8:6 = 1,3 S 10:6 = 1,7 S 10:5=2 S 6:5 = 1,2 Abstand 2,5 Abstand 2,1 Abstand 1,6 Abstand 2,4 V. 2) H 2 0 : 5 = 4 13) H 18:5 = 3,6 24) H 18:5 = 3,6 35) H 17:5 = 3,4 S 7:6 = 1,2 S 10:6 = 1,7 S 8:5 = 1,6 S 12:5 = 2 , 4 Abstand 2,8 Abstand 1,9 Abstand 2 Abstand 1 V. 3) H 17:5 = 3,4 14) H 19:5 = 3,8 25) H 18:5 = 3,6 36) H 19:5 = 3,8 S 11:5 = 2 , 2 S 11:6 = 1,8 S 10:5 = 2 S 10:6 = 1,7 Abstand 1,2 Abstand 2 Abstand 1,6 Abstand 2,1 V. 4) H 16:5 = 3 , 2 15) H 18:5 = 3,6 26) H 17:5 = 3 , 4 37) H 16:5 = 3 , 2 S 13:5 = 2 , 6 S 14:6 = 2 , 3 S 11:6 = 1,8 S 11:6 = 1 , 8 Abstand 0,61 Abstand 1,3 Abstand 1,6 Abstand 1,4 V. 5)H 16:5 = 3,2 16) H 19:5 = 3 , 8 27) H 18:5 = 3,6 38) H 17:5 =3,4 S 12:6=2 S 11:5=2,2 S 10:5=2 S 6:5 = 1,2! Abstand 1,2 Abstand 1,6 Abstand 1,6 Abstand 2,2 V. 6) H 17:5 = 3,4 17) H 19:5 = 3,8 28) H 18:5 = 3,6 39) H 18:5 = 3 , 6 S 13:5 = 2 , 6 S 7:5 = 1,4 S 11:6 = 1,8 S 14:6 = 2,3 Abstand 0,8 Abstand 2,4 Abstand 1,8 Abstand 1,3 V. 7) H 18:5 = 3,6 18) H 17:5 = 3,4 29) H 18:5 = 3,6 40) H 16:5 = 3,2 S 12:6=2 S 11:6 = 1,8 S 8:5 = 1,6 S 12:5=2,4 Abstand 1,6 Abstand 1,6 Abstand 2 Abstand 0,8 V. 8) H 18:5 = 3 , 6 19) H 18:5 = 3 , 6 30) H 17:5 = 3 , 4 41) H 18:5 = 3,6 S 12:6=2 S 11:6 = 1,8 S 8:6 = 1,3 S 10:6 = 1,7 Abstand 1,6 Abstand 1,8 Abstand 2,1 Abstand 1,9 V. 9) H 18:5 = 3,6 20) H 18:5 = 3 , 6 31) H 18:5 = 3,6 42) H 18:5 =3,6 S 11:5=2,2 S 11:5=2,2 S 14:5=2,8! S 7:6 = 1,2! Abstand 1,4 Abstand 1,4 Abstand 0,8 Abstand 2,4 V.10) H 18:5 = 3,6 21) H 19:5 = 3,8 32) H 18:5 = 3,6 43) H 19:5 = 3,8 S 12:6 = 2 S 12:6=2 S 10:5=2 S 12:5=2,4 Abstand 1,6 Abstand 1,8 Abstand 1,6 Abstand 1,4 V . l l ) H 18:5 = 3,6 22) H 18:5 = 3,6 33) H 19:5 = 3,8 44) H 17:5 = 3,4 S 12:6 = 2 S 10:6 = 1,7 S 14:5=2,8! S 11:5=2,2 Abstand 1,6 Abstand 1,9 Abstand 1 Abstand 1,2 217
V.45) H 15:5 = 3! 48) H 17:5 = 3,4 51) H 19:5 = 3,8 S 13:6=2,2 S 10:6 = 1,7 S 13:6=2,2 Abstand 0,8 Abstand 1,7 Abstand 1,6 V.46) H 17:5 = 3 , 4 49) H 18:5 = 3,6 5 2 ) H 1 7 : 5 = 3 , 4 S 12:6=2 S 8:5 = 1,6 S 12:6=2 Abstand 1,4 Abstand 2 Abstand 1,4 V.47)H 19:5 = 3,8 50) H 19:5 = 3,8 53) H 18:5 = 3,6 S 7:5 = 1,4 S 10:6 = 1,7 S 11:6 = 1,8 Abstand 2 Abstand 2,4 Abstand 1,9 Überblickt man die Einzelergebnisse, so erkennt man folgende Streuung: Die Hebungswerte betragen 3
3,2
3,4
3,6
3,8
4
lmal 4mal llmal 24mal 12mal lmal Die Senkungswerte betragen 1,2 1,3 1,4 1,6 1,7 1,8 4mal 2mal 2mal 3mal 7mal 7mal 2 2,2 2,3 2,4 2,6 2,8 12mal 7mal 2mal 3mal 2mal 2mal Daraus läßt sich unzweideutig entnehmen, daß die S e n k u n g s m i t t e l werte h ä u f i g e r e n und g r ö ß e r e n S c h w a n k u n g e n u n t e r w o r f e n sind als die H e b u n g s w e r t e . Die Bemerkung Hallers, daß „ v o r allem Beobachtungen über den Wechsel der Iktenstärke" das Anliegen künftiger metrischer Untersuchungen sein müßten, bedarf also einer Einschränkung und Ergänzung zugleich: zu tilgen ist das „vor allem", hinzuzufügen wäre, daß darüber hinaus Beobachtungen über die Iktenverteilung und d u r c h g ä n g i g e Verfolgung der Senkungsbehandlung erst die tiefsten Einblicke und den Zugang zum Persönlichkeitsrhythmus eröffnen. Die m e t r i s c h - r h y t h m i s c h e B e s t i m m t h e i t der V e r s e , ausgedrückt in den „Abstands"-Werten, unterliegt sogar noch größeren Schwankungen als die Senkungsfüllung; sie betrug 0,6 0,8 1 1,2 1,3 1,4 1,6 1,7 lmal 4mal 2mal 3mal 2mal 6mal 12mal lmal 1,8 1,9 2 2,1 2,2 2,4 2,5 2,8 3mal 4mal 5mal 3mal lmal 4mal lmal lmal Nur selten besitzen zwei aufeinanderfolgende Verse dasselbe Maß an rhythmischer Bestimmtheit (V. 7/8, 10/11, 25/26/27), doch wird dies in allen Fällen verschleiert durch Wechsel der Iktenverteilung; dagegen zeigen gerade die Verse, welche gleiche oder sehr ähnliche Hebungsanordnung haben, eine fühlbare Abweichung rhythmischer Prägungskraft (V. 16/17, 32/33). Die Regel ist jedenfalls Wechsel der rhythmischen 218
Bestimmtheit von Vers zu Vers, was zweifellos einen Teil des ästhetischen Reizes ausmacht. Die mittlere Iktenhöhe der 53 Verse G o e t h e s errechnet sich aus dem ZahlenVerhältnis 946:265 als 3,57 Die mittlere Senkungsfüllung errechnet sich aus dem Zahlenverhältnis 562:295 als 1,91 Somit beträgt die mittlere rhythmische Bestimmtheit 1,66 Folgende Aufstellung enthält zunächst die Vergleichswerte für Lessing und Goethe bezüglich der I k t e n s t ä r k e n ; es kommen vor in den Versen Lessings in den Versen Goethes Stufe 1 2mal (VV.9,37) lmal (V. 4) 2 8 „ 16 „ 3 82 „ 79 „ 4 151 „ 169 „ Diese Verhältnisse sind von verblüffender Ähnlichkeit und lassen die künstlerische Eigenart der beiden Dichter nicht durchscheinen. Die mittlere Iktenhöhe bei L e s s i n g beträgt demnach (2 + 16 + 246 + 604): (2 + 8 + 82 + 151) = 868:243 = 3,57 Die mittlere Iktenhöhe der Verse Goethes beträgt demnach (1 + 32 + 237 + 676): (1 + 16 + 79 + 169) = 946:265 = 3,57 Diese haargenaue Übereinstimmung ist umso erstaunlicher, als die Blankverse beider Dichter unverwechselbar sind. Es geht daraus mit aller Deutlichkeit hervor, wie unergiebig geradezu eine rhythmische Untersuchung sein müßte, die ihr Augenmerk „vor allem" auf den Wechsel der Iktenstärken richtet. Worauf es a u s s c h l a g g e b e n d ankommt, ist die sorgfältige Beobachtung der gesamten Tonbewegung, zumal der S e n k u n g e n , welche die Tonstellen des Verses einrahmen. Zu der unentbehrlichen Feststellung des mittleren Senkungsspiegels wähle ich diesmal ein anderes Verfahren, das mir anzeigt, welche Verse gleicher Silbenzahl dasselbe Tonvolumen der Senkungen erreichen. Gesamtvolumen und Zahl der S e n k u n g e n ergeben für Lessing die Relationen 1) 7:5 2mal (V. 8, 32) 2) 8:5 3 „ (V. 12, 21, 36) 3) 10:6 1 „ (V. 27) 4) 9:5 4 „ (V. 24, 35, 38, 39) 5) 11:6 2 „ (V. 22, 45) 6) 10:5 3 „ (V. 7,15, 20) 7) 13:6 3 „ (V. 29, 42, 47) 8) 11:5 9 „ (V. 1, 5,14, 25, 28, 30, 34, 40, 46) 9) 14:6 2 „ (V. 18,43) 10) 12:5 5 „ (V. 4, 10, 23, 31, 41) 11) 15:6 1 „ (V.2) 219
12) 10:4 lmal (V. 16) 13) 13:5 7 „ (V. 6, 11, 13,17, 33, 37, 44) 1 4 ) 1 6 : 6 2 „ (V. 3,19) 1 5 ) 1 4 : 5 2 „ (V. 9,48) 16) 15:5 1 „ (V. 26) 17) 12:4 1 „ (V. 49) Die Verse sind nach dem Maße ihrer Abhängigkeit vom Metrum in ansteigende Ordnung gebracht, so daß 1) und 17) die Grenzfälle bezeichnen. Ordnet man dieselben Verse nach Gesamtvolumen und Zahl ihrer I k t e n , so kommt man auf die folgenden Relationsgruppen: 1 ) 1 5 : 5 lmal (V. 37) 2) 16:5 2 „ (V. 8, 11) 3) 17:5 12 „ (V. 3, 9, 14, 15, 22, 23, 26, 27, 35, 36, 42, 44) 4) 18:5 22 „ (V. 1, 5, 6, 7, 10, 17, 21, 24, 25, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 38, 39, 40, 43, 45, 46) 5) 15:4 2 „ (V. 16,49) 6) 19:5 9 „ (V. 2, 4,12,18,19, 20, 41, 47, 48) 7) 20:5 1 „ (V. 13) Das Ergebnis rechtfertigt meine wiederholte Behauptung: Es gibt weit mehr, darunter sogar aufeinanderfolgende Verse, welche dasselbe Iktenvolumen besitzen, als solche, welche in der Senkungsfüllung übereinstimmen. Das Senkungsmittel der Verse Lessings errechnet sich nach dieser Aufstellung folgendermaßen: Gesamtvolumen der Senkungen Gesamtzahl der Senkungen 2 mal 7 = 14 Tonstufen 2 mal 5 = 10 1) 8 = 24 3 5 = 15 3 „ 2) 10 = 10 1 6= 6 3) 1 „ 3 6 = 18 4) 3 „ 13 = 39 2 6 = 12 5) 2 „ 1 1 = 2 2 3 5 = 15 6) 3 „ 10 = 30 3 6 = 18 7) 3 „ 13 = 39 9 5 =45 8) 9 „ 11 = 99 2 5 = 10 9) 2 „ 14 = 28 5 10) 5 „ 12 = 60 5 =25 11) 1 „ 15 = 15 1 5 = 5 12) 1 „ 10 = 10 1 4= 4 13) 7 „ 13 = 91 7 5 =35 14) 2 „ 16 = 32 2 6 = 12 2 6 = 12 15) 2 „ 14 = 28 1 6= 6 16) 1 „ 15 - 15 1 4= 4 17) 1 „ 12 = 12 565 Tonstufen entfallen auf 254 Senkungen 220
Der mittlere Senkungsspiegel in den Versen Lessings ist demnach 2,22. Mithin beruht die unterschiedliche Wirkung der Blankverse Goethes und Lessings mehr auf der abweichenden Senkungsfüllung als auf dem Iktenvolumen. Dies hat eine erheblich geringere metrische Bestimmtheit der Verse Lessings zur Folge; sie beträgt 3,57 bis 2,22, also 1,35 gegenüber 1,66 bei Goethe. Die metrische Bestimmtheit der e i n z e l n e n Verse Lessings zeigt folgende Schwankungen: sie beträgt 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 1 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 2 2,2
2mal (V. 26, 37) 1 „ (V. 16) 2 „ (V. 9, 11) 1 ,, (V.3) 2 „ (V. 44, 49) 5 „ (V. 6,17, 23, 33, 48) 1 ,, (V. 19) 4 „ (V. 10,14, 31, 42) 2 „ (V. 2, 43) 13 „ (V. 1, 4, 5, 13, 15, 25, 28, 29, 30, 34, 40, 41, 46) 1 „ (V. 18) 4 „ (V. 7, 22, 35, 47) 1 „ (V. 27) 6 „ (V. 8, 20, 36, 38, 39, 45) 1 ,, (V. 21) 3 „ (V. 12, 24, 32)
Die geringere metrische Bestimmtheit der Verse Lessings kommt, wie in dem Durchschnittswert ihrer Gesamtheit, auch insoweit zum Ausdruck, als sie bei Lessing den Wert zwei nur 4mal, bei Goethe dagegen
15mal erreicht.
Bemerkenswert ist wiederum, wie selten (die Unterstreichungen in der letzten Übersicht weisen darauf hin) der Fall eintritt, daß Nachbarverse, dies vor allem als Folge verschiedener Senkungsfüllung, dasselbe Maß metrischer Bestimmtheit besitzen. Distanzierung der Verse, welche dasselbe oder ein ungewöhnliches (sei es auffällig hohes, sei es auffällig geringes) Ausmaß metrischer Bestimmtheit kennzeichnet, ist durchaus die Regel. 221
In den Versen S c h i l l e r s kommen als Iktenstärken vor die Tonstufen 1 2 3 4 16mal 92mal 155mal, — die mittlere Iktenhöhe ist danach 928:263 = 3,53. Gesamtvolumen und Zahl der Senkungen ergaben die Relationen: 1) 8:6 lmal (V. 47) 2) 9:6 4 >> (V. 7, 37, 50, 51) 3) 8:5 6 » (V. 9,10, 24, 27, 30, 52) 4) 10:6 2 >> (V. 5, 38) 5) 9:5 5 5) (V. 6, 19,20, 46, 53) 6) 11:6 3 J) (V. 13,16, 49) (V. 11, 23, 28, 29, 36, 39, 41, 43) 7) 12:6 8 8) 10:5 5 » (V. 3, 12, 31, 40, 42) (V. 2,15, 26, 34) 9) 13:6 4 10) 11:5 4 >9 (V. 8,17, 35,48) 11) 14:6 2 » (V. 22, 25) 12) 12:5 2 » (V. 14, 33) 13) 15:6 1 J> (V. 1) 14) 13:5 2 » (V. 4, 44) 15) 16:6 1 » (V. 18) 16) 14:5 1 >) (V. 21) 17) 15:5 2 (V. 32, 45) Das Senkungsmittel der Verse Schillers ergibt sich daraus, daß 585 Tonstufen entfallen auf 291 Senkungen; der mittlere Senkungsspiegel in den Versen Schillers ist demnach 2. Die metrische Bestimmtheit der Verse Schillers beträgt im Mittel 3,53—2 = 1,53 Die metrische Bestimmtheit der e i n z e l n e n Verse zeigt folgende Schwankungen ; sie beträgt 0 lmal (V. 0,2 1 ,, (V. 0,6 2 „ (V. 0,7 1 „ (V. 0,8 1 „ (V. 0,9 1 „ (V. 1 3 „ (V1,1 1 „ (V1,2 5 „ (V. 1,3 1 „ (V. 1,4 5 „ (V. 1,5 1 „ (V. 1,6 8 „ (V. ))
222
1,7 1,8 1,9 2 2,1 2,2 2,4
2mal 5 „ 4 „ 7 „ 1 „ 2 „ 1 „
(V. 37, 38) (V. 6,16, 40, 42, 49) (V. 5, 7, 50, 51) (V. 19, 27, 29, 30, 43, 52, 53) (V. 47) (V.9,24) (V. 46)
In den Versen K l e i s t s kommen als Iktenstufen vor: 1 2 3 4 — 9mal 80mal 156mal Die mittlere Iktenstärke ist demnach 882:245 = 3,6. Die Relationen von Gesamtvolumen und Zahl der Senkungen sind: 1) 8:6 lmal (V. 33) 2) 9:6 4 „ (V. 15, 32, 34, 36) 3) 8:5 2 „ (V. 3,13) 4) 10:6 5 „ (V. 11,14, 20, 28, 39) 5) 9 : 5 7 „ (V. 6, 8,16, 23, 24, 35,49) 6) 11:6 5 „ (V. 2, 12, 17, 25, 37) 7) 12:6 9 „ (V. 5, 7, 9,10, 26, 31, 40, 45, 48) 8) 10:5 2 „ (V. 19, 22) 9) 13:6 3 „ (V. 18, 38, 42) 10) 11:5 6 „ (V. 1, 4, 27, 30, 46, 47) 11) 14:6 1 „ (V. 41) 12) 12:5 1 „ (V. 44) 13) 15:6 1 „ (V. 21) 14) 13:5 1 „ (V.43) 15) 15:5 1 „ (V. 29) Insgesamt entfallen 530 Tonstufen auf 274 Senkungen, das ergibt einen mittleren Senkungswert von 1,93; demnach beträgt die metrische Bestimmtheit der Verse Kleists im Durchschnitt 3,6—1,93 = 1,67 j sie hat größte Ähnlichkeit mit dem bei Goethe gefundenen Werte. Die metrische Bestimmtheit der e i n z e l n e n Verse Kleists ist folgenden Schwankungen unterworfen: 0 lmal 1 2 „ 1,2 1 „ 1,3 2 „ 1,4 11 „ 1,6 10 „ 1,7 1 „ 1,8 7 „ 1,9 2 „
(V. 29) (V. 43, 44) (V.4) (V. 21, 41) (V. 1, 6, 7, 10, 18, 27, 30, 31, 38, 42, 47) (V. 5, 8, 9, 22, 26, 35, 37, 40, 45, 49) (V. 20) (V. 3 , 1 6 , 1 9 , 23, 24, 46, 48) (V. 11,14) 223
2 3mal 2,1 3 „ 2,2 2 „ 2,3 3 „ 2,5 1 „
(V. (V. (V. (V. (V.
2, 12, 25) 28, 36, 39) 13,17) 15, 32, 34) 33)
In den Versen G r i l l p a r z e r s kommen als Iktenstärken vor die Tonstufen : 1 2 3 4 4mal lOmal 68mal 187mal die mittlere Iktenhöhe ist mithin 976:269 = 3,63. Gesamtvolumen und Zahl der Senkungen liefern die Relationen: 1) 7:5 lmal (V.3) 2) 9:6 1 „ (V. 26) 3) 8:5 3 „ (V. 9, 32, 51) 4) 10:6 3 „ (V. 2, 21, 23) 5) 9:5 3 „ (V. 17, 46, 48) 6) 11:6 9 „ (V. 13,15,16, 28, 29, 33, 34, 40, 52) 7) 10:5 5 „ (4, 7, 35, 37, 39) 8) 12:6 5 „ (V. 14, 24, 43, 45, 50) 9) 13:6 3 „ (V. 8, 19, 47) 10) 11:5 5 „ (V. 6, 12, 22, 49, 54) 11) 9:4 1 „ (V. 5) 12) 14:6 6 „ (V. 10, 20, 25, 31, 36,44) 13) 12:5 1 „ (V. 42) 14) 15:6 2 „ (V. 30, 41) 15) 13:5 3 „ (V. 27, 38, 53) 16) 16:6 2 „ (V. 11, 18) 17) 15:5 1 „ (V. 1) Da 621 Tonstufen auf 300 Senkungen entfallen, beträgt der mittlere Senkungsspiegel 2,07. Im Durchschnitt beträgt die metrische Bestimmtheit der Verse Grillparzers 3,63—2,07 = 1,56. Die metrische Bestimmtheit der einzelnen Verse Grillparzers hat folgende Werte: 0,2 lmal (V. 1) 0,7 1 „ (V.5) 0,9 1 „ (V. 18) 1 4 „ (V. 8, 38, 42, 54) 1,1 1 „ (V. 11) 1,2 4 „ (V. 19, 27, 35, 39) 1,3 6 „ (V. 10, 20,26, 36, 41, 44) 1,4 10 „ (V. 6, 7, 12,14, 22, 24, 45, 47, 49, 53) 224
3 „ (V. 25, 30, 31) 4 „ (V. 4,13, 34, 50) 7 „ (V. 3, 28, 33, 37, 40, 43,46) 1 „ (V. 23) 3 „ (V. 15,16, 48) 2 „ (V. 2, 21) 5 „ (V. 9,17, 29, 51, 52) 1 „ (V. 32) Versen H e b b e l s kommen als Iktenstufen vor: 1 2 3 4 2mal 9mal 97mal 142mal Daraus ergibt sich die mittlere Iktenstärke von 879:250 = 3,52. Zwischen Gesamtvolumen und Zahl der Senkungen bestehen folgende Relationen: 1) 9:6 lmal (V. 18) (V. 24) 2) 8:5 1 (V. 6, 23, 32) 3) 10:6 3 (V. 12, 33) 4) 9:5 2 (V.7) 5) 11:6 1 (V. 3,16,17, 36, 39,42,48) 6) 10:5 7 (V. 20, 21, 35, 38) 7) 12:6 4 (V. 5, 29, 45, 50) 8) 13:6 4 (V. 10,11, 34, 41) 9) 11:5 4 10) 14:6 1 (V. 40) 11) 12:5 7 (V. 1, 4,15, 22, 27, 31, 49) 12) 15:6 1 (V. 26) (V. 13,19) 13) 13:5 2 14) 16:6 1 (V.2) 15) 14:5 5 (V. 8, 9,14,44,47) 16) 17:6 1 (V. 30) 17) 18:6 1 (V. 25) 18) 15:5 3 (V. 37, 43, 46) 19) 16:5 1 (V. 28) Insgesamt entfallen 611 Tonstufen auf 268 Senkungen, daraus errechnet sich ein mittlerer Senkungsspiegel von 2,28. Die metrische Bestimmtheit der Verse beträgt im Mittel 3,52—2,28 = 1,24. Die metrische Bestimmtheit der e i n z e l n e n Verse Hebbels durchläuft folgende Werte : 0 lmal (V. 28) 0,6 6 „ (V. 14, 37, 43, 44, 46, 47) 0,8 5 „ (V. 9,19, 20, 30, 31) 0,9 1 „ (V. 26) 1,5 1,6 1,8 1,9 2 2,1 2,2 2,4 In den
99 99 99
99
99 99 99
99 99
99
99 99
99 99 99
99
99 99
15 B r ä u e r , Tonbewegung
225
1 1.1 1.2 1.4 1.5 1.6 1.8 1.9 2 2,1
5mal 2 „ 7 „ 10 „ 1 „ 4 „ 4 „ 2 „ 1 „ 1 „
(V. 8, 11, 13, 15,25) (V. 2, 40) (V. 1, 4, 27, 29, 39, 41, 49) (V. 3, 5,10,16, 21, 22, 34, 35, 45, 50) (V. 32) (V. 17, 36, 38, 48) (V. 7,12, 24,42) (V. 18, 23) (V. 33) (V. 6)
Eine Gegenüberstellung der Durchschnittswerte läßt manche Zusammenhänge noch deutlicher werden: Hebungsdurchschnitt Senkungsspiegel Metrische Bestimmtheit
Goethe Lessing Schiller Kleist Grillparzer Hebbel 3,57 3,57 3,53 3,6 3,63 3,52 1,91 2,22 2 1,93 2,07 2,28 1,66 1,35 1,53 1,67 1,56 1,24
Zunächst fällt auf, daß alle Werte für den Hebungsdurchschnitt ziemlich eng beieinander liegen, während der Senkungsspiegel stärkeren Schwankungen unterworfen ist. Betreifs der Senkungsfüllung bestehen somit zwischen den Versen verschiedener Dichter häufig größere Abweichungen als bezüglich der Iktenstärke. Am überraschendsten ist die Feststellung, daß Goethe und Lessing dieselbe Durchschnittshöhe der Hebungen erreichen, so daß bei diesen beiden Dichtern die beträchtlich verschiedene metrische Bestimmtheit allein durch die abweichende Beschaffenheit ihrer Senkungen bewirkt wird. Am schärfsten profiliert erscheinen dagegen die Verse Goethes und Kleists, deren Senkungsspiegel auch die größte Ähnlichkeit hat. Bezeichnenderweise geht auch die schwächste metrische Bestimmtheit des Hebbelschen Verses hauptsächlich auf das Ausmaß der darin vollzogenen Senkungsanhebung zurück, worin ihm Lessing am wenigsten nachsteht. Es ist vornehmlich der auf der Senkungsbehandlung beruhende Höhenausgleich der Tonbewegung, welcher, einer unpathetischen Geisteshaltung entspringend, die Verssprache Lessings und Hebbels dem Tonfall der Prosa verhältnismäßig am nächsten kommen läßt. Der stärkste Unterschied der metrischen Bestimmtheit, festgestellt bei Kleist und Hebbel, findet seine Rechtfertigung namentlich in der abweichenden Art der Senkungsbildung, deren ausschlaggebende Bedeutung dadurch erhärtet wird. Es wäre jedoch unbedacht, die Ü b e r e i n s t i m m u n g e n , welche zwischen Goethe und Lessing bezüglich des Hebungsdurchschnittwertes, zwischen 226
Goethe und Kleist bezüglich der metrischen Bestimmtheit stattfinden, hinzunehmen, ohne darauf hinzuweisen oder daran zu erinnern, daß gleiche Durchschnittswerte vielfältig verschiedene Ursachen haben können. Wie umsichtig die Auswertung statistisch gewonnener Ergebnisse zu geschehen hat, kann bereits ein einfaches Zahlenbeispiel überzeugend dartun. So liefern die Zahlenpaare 5 und 5, 4 und 6, 3 und 7, 2 und 8, 1 und 10 den gleichen Durchschnittswert 5, womit die Möglichkeiten jedoch keineswegs erschöpft sind, denn es gibt ja noch eine endlose Reihe von Paaren (echter oder unechter) gebrochener Zahlen (Brüche), deren Summe ebenfalls 10 ist, etwa V. 3 / 2 + 8V2 6 / 2 + 7i/ 2 usw.
Vs + 92 / 3 2 /s 9 V, 4 / 3 + 82 / 3 usw.
74 + 9 3 / 4 li
3
+
91
Ii
/4 + 8 3 / 4 usw.
usw.
5
Bei drei oder mehr Zahlen vervielfachen sich die Kombinationen abermals in schwindelerregender Weise. Einzelne übereinstimmende oder ähnliche rhythmische Gepflogenheiten entheben mithin nicht der Notwendigkeit, den vielfach wechselnden Ursachen nachzugehen, und es leuchtet ein, daß, nachdem sich gleiche Durchschnittswerte herausgestellt haben, unbedingt auch die Streuung der Einzelwerte vergleichend ins Auge gefaßt werden muß. Nun betrug die metrische Bestimmtheit der Verse Goethes — 0 0,6 lmal 0,8 4 „ 1 2 „ 1,2 3 „ 1,3 2 „ 1,4 7 „ 1,6 11 „ 1,7 1 „ 1,8 3 „ 1,9 4 „ 2 5 „ 2,1 3 „ 2,2 1 „ 2,3 — 2,4 4mal 2,5 1 „ max. 2,8 1 „ 15*
der Verse ] lmal
2 » 1 « 2 11 10 1 « 7 « 2 3 3 » 2 » 3 «
„ ,, „ ,,
lmal 227
Verschieden ist einmal der Abstand und die max. Höhe der Grenzwerte: bei Goethe bei Kleist
2,2 2,5
2,8 2,5
Zudem liegt der Medial- oder „Mittenwert" (nicht zu verwechseln mit dem „Mittel- oder Durchschnittswert", welcher die Häufigkeit des Vorkommens berücksichtigt), d. h. jener Wert, der die Mitte zwischen den Endwerten bildet, für Goethe
für Kleist
bei 1,7
bei 1,25
und es zeigt sich nun, daß bei Goethe 22 Einzelwerte * 30 Einzelwerte
bei Kleist •f 45 Einzelwerte ü b e r . 4 Einzelwerte u n t e r dem Mittenwert
liegen. Die Pfeile machen auf den diametralen Unterschied der Streuungsverhältnisse aufmerksam. Zusammenfassend ist also über Goethe und Kleist zu sagen, daß die rhythmische Ausdrucksform dieser beiden eigenständigen Dichter, zwischen denen tiefe Unterschiede des Wesens und der Sinngebung des Lebens klaffen, auch durchaus eigenen Gesetzen folgt, wenngleich, aus größerem Abstand geurteilt, der Eindruck einer klanglichen Verwandtschaft ihrer Verse nicht abweisbar ist. Folgende Gegenüberstellungen lassen die Ausdrucksfähigkeit des Blankverses bei unseren Klassikern noch einmal in ihrer vollen Spannweite ermessen; die G r e n z e n (die untere und die obere) d e r m e t r i s c h e n Bes t i m m t h e i t werden bezeichnet bei G o e t h e durch die Verse: Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl (4) Des alten, heiigen, dichtbelaubten Haines (2)
228
bei L e s s i n g durch die Verse: Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie (37) Dem väterlichen Himmel mehr gemacht (32) 37 L
32
bei S c h i l l e r durch die Verse: Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit (45) Und selbst der frommen Quelle reine Tat (24)
bei K l e i s t durch die Verse: Bricht er mit uns auf die Verschanzung los (29) Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten (33)
bei G r i l l p a r z e r durch die Verse: Bin ich denn noch ? und ist denn Etwas noch ? (1) Des Innern düstre Geister wachen auf (32)
229
bei H e b b e l durch die Verse: Wie es auch kam, so kam es nicht! Vielleicht (28) Im Grabe noch zu rächen weiß! Ich schaffte (6)
Damit bin ich am Ende meiner Untersuchung angelangt, deren nächstes Ziel es war, das strittige Wesen des sprachlichen Rhythmus scharf zu bestimmen, um sodann der vergleichenden Rhythmusforschung neue Antriebe zu geben und das eigenartige Verhältnis unserer Klassiker zum Metrum des zu Unrecht geschmähten Blankverses gründlich zu klären. Die von mir entwickelten Verfahrensweisen haben sich als eine verläßliche Hilfe erwiesen, um sinnenfällige Zusammenhänge zu erfassen, um sorgfältige Unterscheidungen zu vollziehen und um schließlich genaue Rangordnungen deutlich werden zu lassen. Die Fülle der gesicherten Ergebnisse rechtfertigt eine nochmalige gedrängte Zusammenfassung; dabei wird jeweils auf Betrachtungen und Erwägungen verwiesen, welche zu den nachfolgenden allgemeinen Erkenntnissen, zu den Einzel-Testen oder zu den vergleichenden Feststellungen geführt haben.
230
ALLGEMEINE ERKENNTNISSE 1) Die überkommene Auffassung des Blankverses als einer Reihe von zweisilbigen Versfüßen (Jamben) ist nicht geeignet, zur Erkenntnis seiner rhythmischen Struktur zu führen. (11, 12, 208) 2) Die Urform des Rhythmus ist die Welle — die elementare Form des Sprachrhythmus ist eine Dreigestalt besonderer Art. (11) 3) Es gibt eine Vielzahl von Grundformen des einfachen Rhythmus. Bei Annahme einer nur vierfachen Tonabstufung, die unschwer durchzuführen ist, ergeben sich, gemessen an den umgebenden Senkungen, vierzehn verschiedene Iktengestalten: sechs symmetrischen Typen stehen vier Paare von unsymmetrischen Typen gegenüber, die sich wie Spiegelbilder zueinander verhalten. (13, 14) 4) In jeder dieser Tonwellen klingt das Metrum auf eine andere Weise an. (14) 5) Alle von mir als möglich angenommenen rhythmischen Formen kommen in den von mir untersuchten Texten tatsächlich vor. (1516, 45, 64, 92, 118, 134) 6) Eingangsverse weisen mitunter, jedoch keineswegs durchgängig, eine höhere metrische Bestimmtheit auf. (17—23) 7) Es trifft also nicht zu, daß vom Metrum abweichende Verse „fast nie" (Behauptung Hallers, a. a. O. S. 396) an derjenigen Stelle des Dramas stehen, wo zu Beginn das Metrum einsetzt. (21) 8) Meine Beobachtungen bestätigen und stützen die Auffassung Heuslers (Versgeschichte Bd. III, § 1023), daß der regulär jambische Vers im Drama prozentual in der Minderzahl ist, und sie widerlegen die abweichende Meinung Hallers (a. a. O. S. 396 u.). (139) 9) Metrische Unebenheiten sind häufig rhythmische Vollkommenheiten; doch gibt es auch strenge Erfüllungen des Metrums, welche herrliche rhythmische Vollendungen sind. (56) 10) Es trifft nicht zu, daß jeder „Fünfjambenvers" zwei oder gar drei betonte Hebungen habe (Ansicht Zitelmanns). (26) 11) Es muß klar unterschieden werden zwischen Abflachungen des Metrums, metrischer Indifferenz (schwebender Betonung) und Umkehrungen des Metrums. (14, 35, 36, 55) 12) Zunehmend genauere Aufschlüsse gewinnt man, wenn man noch feiner differenziert und 231
Fälle halber Umkehrung, in denen das Metrum einseitig anklingt, Fälle mit einseitiger Umkehrung des Metrums nebst schwebender Betonung sowie Fälle mit doppelseitiger Umkehrung des Metrums gesondert betrachtet. (34/6, 55(6, 74, 102, 122, 138) 13) Die Abstufung der Ikten bewirkt eine rhythmische Gliederung höherer Ordnung. {125, 157, 162, 164, 165) 14) Unterstreichungen und Abschwächungen des Metrums bedeuten in zahlreichen Fällen einen rhythmischen Gewinn. Jedoch gibt es auch metrische Unebenheiten, welche mangelndem Versgeschick entspringen oder sich routinemäßig einstellen. (38, 56, 68, 84, 101, 102/3, 113, 140, 192) 15) Jeder Vers besitzt eine nur ihm eigene Tonbewegung. (68, 140, 192) 16) Wie es selbst einem Meister des Liedes unmöglich ist, in allen Versen eines Strophengebildes die Übereinstimmung von Textgliederung und musikalischer Formung mit gleichem Gelingen durchzuführen, so ist es unvermeidlich, in einer Versdichtung mit geregelter Bewegung hier und da unabsichtlich unter die Herrschaft des Metrums zu geraten. (85) 17) Lebhafter Wechsel von sieben deutlich verschiedenen Versgestalten bildet die Grundregel; Aufeinanderfolge gleicher Verstypen ist dagegen verhältnismäßig selten anzutreffen. (151) 18) Wo von der in sich geschlossenen, gegen die Nachbarverse abgesetzten Tonbewegung abgewichen wird, entstehen vielfach rhythmische Einheiten höheren Grades, welche nicht an Zeilengrenzen gebunden sind. (157/8) 19) Manches deutet darauf hin, daß jeder Dichter einen ihm e i g e n t ü m l i c h e n Tonfall, vergleichbar etwa dem ihm geläufigen Wortschatz, besitzt; jedoch zeigt sich, daß neun Iktenfolgen allen untersuchten Texten g e m e i n s a m sind. (168) 20) Der Fall, daß ein Hebungstyp (eine Folge von fünf, meist abgestuften Vershebungen) auf e i n e n Text beschränkt bleibt, kommt zwar 23mal vor; jedoch sind zwei Drittel aller Iktenfolgen in zwei, drei, vier, fünf oder sechs Texten anzutreffen. (169) 21) Die bisher von anderen geübte unklare Scheidung monopodisch und dipodisch genannter Verse und ganzer Dichtungen erweist sich als unbrauchbar. (26, 27) 22) Verse ohne Iktenabstufung besitzen Seltenheitswert. Sie werden im ganzen sehr sparsam verwendet und sind bestens geeignet, Strenge, Feierlichkeit, Pathos zu starkem Ausdruck zu bringen. (27, 170) 23) Verse mit regelmäßigem Wechsel stärker und schwächer oder schwächer und stärker betonter Hebungen sind zwar bei allen Dichtern häufiger als Verse ohne Iktenabstufung, machen, aufs Ganze gesehen, jedoch nur etwa ein Sechstel aller Verse aus. (139, 203/5) 24) Allein auf Grund der Iktenbeschaffenheit kann mit Sicherheit nicht über die Herkunft oder Zugehörigkeit eines Verses entschieden werden. (207) 232
25) Schallanalyse ist keine ausreichende Methode, um Echtheitsuntersuchungen zu betreiben. Ich halte den Nachweis für erbracht, daß nicht etwa jeder einzelne Vers genügend metrische Indizien bietet, um mit Sicherheit Verfasserschaftsfragen zu lösen. Die Iktenbeobachtung allein gibt keine Handhabe, das von Haller gesteckte Fernziel jemals zu erreichen. (207) 26) Höchst selten geht die Übereinstimmung aufeinanderfolgender Verse so weit, daß Hebungsbeschaffenheit und Iktenfolge die gleichen sind. (177) 27) Rhythmisch einander, hinsichtlich der Tonbewegung, zwillinghaft gleichende Verse kommen in keinem der untersuchten Texte vor. (184) 28) Es ist zu bedenken, daß Vergleichswerte, die auf Grund ungleich langer oder geringer Materialmengen gewonnen sind, bei der Nachprüfung an einem umfänglichen Material evtl. noch eine beträchtliche Korrektur erfahren müssen. (69) 29) In jedem der untersuchten Texte unterliegen die Betonungsverhältnisse einem stetigen Wechsel. (197) 30) Bei allen untersuchten Dichtern folgen in den meisten Fällen Verse aufeinander, welche verschiedenen Gestaltgruppen angehören. (178) 31) Außerordentlich aufschlußreich ist die Unterscheidung von neun Gruppen gleichartiger, jedoch nicht identischer Iktenfolgen, deren Vorkommen breiten Schwankungen unterworfen ist und personalstilistische Erkenntnisse vermittelt. (170) 32) Die Senkungsfüllung ist ausschlaggebend für den Eindruck der metrischen Bestimmtheit. (219) 33) Es gibt weit mehr Verse, welche im Iktenvolumen übereinstimmen, als solche, welche die gleiche Senkungsfüllung besitzen. (190) 34) Nichts wäre ungerechter, als in das Verdammungsurteil Bert Brechts einzustimmen und dem deutschen Blankvers Einförmigkeit nachzusagen. (211) 35) Eine rhythmische Untersuchung bliebe höchst unvollständig und unergiebig für die Erkenntnis individueller rhythmischer Gewohnheiten, die ihr Augenmerk „vor allem" auf den Wechsel der Iktenstärke richten würde. (27, 219) 36) Bemerkenswert ist, wie selten der Fall eintritt, daß aufeinanderfolgende Verse dasselbe Maß metrischer Bestimmtheit besitzen. Distanzierung solcher Verse ist durchaus die Regel. (221) 37) Volle Übereinstimmung besteht zwischen allen Texten darin, daß rhythmische Freiheiten am seltensten am Versende auftreten. (213) 38) Die Unterscheidung von neun verschiedenen Versgestalten liefert das Ergebnis, daß sich im deutschen Blankvers diejenige Gruppe der größten Beliebtheit erfreut, deren Tonbewegung, an den Ikten ab233
gelesen, einen konkaven Bogen beschreibt oder an eine hohle Welle denken läßt. Etwa ein Drittel aller Verse wird von dieser Verlaufsform bestritten. (180) 39) Besitzen zwei aufeinanderfolgende Verse dasselbe Maß an rhythmischer Bestimmtheit, so wird dieses in allen Fällen verschleiert durch abweichende Iktenverteilung; dagegen zeigen gerade die Verse, welche gleiche oder ähnliche Hebungsanordnung aufweisen, einen merklichen Unterschied rhythmischer Prägungskraft. Die ständigen Schwankungen der rhythmischen Bestimmtheit verleihen dem Vers zweifellos einen Teil seines ästhetischen Reizes. (218/9)
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EINZEL-TESTE
A. Goethe 1) Nur ein Drittel der Blankverse Goethes werden dem Metrum uneingeschränkt gerecht. (24) 2) Goethes regelmäßige Verse weisen die meisten scharfgeschnittenen Akzente auf; sie besitzen die größte Körperlichkeit. (67) 3) Die volltönigen, sehr nachdrücklichen oder feierlich einherschreitenden Verse sind leicht vorrangig gegenüber den gelassener wirkenden und ruhiger dahingleitenden Verszeilen. (26) 4) Den meisten metrumgerechten Versen eignen Hochtöne auf der zweiten und achten Silbe. (31) 5) Stellen, an denen das Metrum unvollkommen anklingt, finden sich häufiger als schwebende Betonung und Umkehrungen des Metrums zusammengenommen. (34—36) 6) Gefühlsbetonte Stellen erfahren durch metrische Unvollkommenheiten eine wirksame rhythmische Ausdeutung. (35) 7) Tonfolgen, welche metrisch-rhythmisch indifferent gehalten sind, werden von Goethe eingesetzt zum Ausdruck unsicherer Empfindungen, zum Ausdruck einer Ungewißheit, einer Erwartung, einer seelischen Spannung, deren Ende ersehnt wird. (35) 8) Verse, welche mehr als zur Hälfte rhythmisch schwebend betont sind, kommen bei Goethe nicht vor. (39) 9) Umbruch des Metrums bezeichnet das Vorhandensein eines tiefen Unbehagens, einer widrigen oder bestürzenden Empfindung. (36) 10) Umkehrungen des Metrums gestattet sich Goethe nur an der exponiertesten Stelle des Verses, dem Anfang. (33, 122) 11) Mehr als zwei Abweichungen vom Metrum finden sich in keiner Zeile Goethes, was bedeutet, daß in jedem Verse, der ja eine Verschränkung von fünf Dreigestalten ist, das Metrum dominant bleibt. (32) 12) Länger anhaltende Unterbrechungen des Metrums werden offenkundig sparsam verwendet. (34) 13) Eine auffällige Bevorzugung wird dem klar und symmetrisch gegliederten Betonungstyp 4 — 4 — 3 — 4 — 4 zuteil. Die Beliebtheit dieser Versgestalt wird erst dadurch in das rechte Licht gerückt, daß bei diesem Dichter 22 Hebungsfolgen nur je einmal auftreten, daß 9 weiteren einfache, 2 anderen doppelte Wiederholung gewährt wird und daß einzig und allein dieser Typ siebenmal erscheint. (25, 169) 235
14) Der am häufigsten wiederkehrende Typ des unregelmäßigen Verses ist derjenige, welcher vom Metrum abweichend einsetzt, um sogleich zu demselben zurückzukehren. (34) 15) Keiner von acht weiteren Drameneingängen erreicht die metrisch klare Bestimmtheit, welche für den Anfang von Goethes „Iphigenie" charakteristisch ist. (19,20) 16) Während die meisten Verse Goethes in vollendeter Harmonie erklingen, gibt es einige, deren Wohlklang allzu groß ist, um ganz zu beglücken. (84, 85) 17) Gleiche Akzentfolgen finden sich niemals in Nachbarversen. (26) 18) Unmittelbare Nachbarschaft übereinstimmender Rhythmusgestalten ist nur in wenigen, niemals in aufeinanderfolgenden Versen Goethes zu beobachten. (24) 19) Die Distanzierung aller. übrigen das Metrum bekräftigenden Verse Goethes läßt die vollendete Besonderheit der beiden Eingangsverse eindrucksvoll erscheinen. (24) 20) Irgendeine Tonabstufung der Ikten ist bei Goethe den allermeisten Versen eigen; regelmäßiger Wechsel von Stark- und Schwachton ist nur einmal (in V. 49), mit außerordentlicher Wirkung, durchgeführt. (26, 27) 21) Bis auf einen Fall (V. 2) sind alle Verse Goethes durch Tonabstufung der Ikten ausgezeichnet. (26) 22) Die Behauptung Hettichs, Goethes Verse seien zum größten Teil in sich geschlossene Einheiten, erweist sich als unhaltbar und offenbart einen bestürzenden Mangel an Unterscheidungsvermögen. (159) 23) Die Anordnung der kleinsten rhythmischen Elemente, der Dreiformen, folgt denselben Grundsätzen wie die Zeilengestaltung und ihre Fügung zum szenischen Großbau. Dadurch erhält die Komposition des gan2en Monologs ihre Geschlossenheit und Harmonie. (25) 24) Die Gesamtheit der Verse Goethes ist wohltuend moduliert. (26) 25) Die Diagramme lassen erkennen, daß auch nicht e i n regelmäßiger oder unregelmäßiger Vers Goethes dem anderen gleicht. Sie zeigen die ungeheure Variationsbreite der rhythmischen Versgestaltung bei Goethe. (29, 44)
B. Lessing 26) Vier Fünftel aller Verse Lessings sind keine Erfüllungen des Metrums. Diese Feststellung widerspricht entschieden der Meinung Kettners (a. a. O. S. 510/1), daß „die Mehrzahl seiner (sc. Lessings) Verse regelmäßig jambisch gebaut" sei und „die Arsis meist auf eine hochtonige Silbe" falle. (52) 27) Keiner der Verse Lessings stellt eine in sich ruhende Einheit dar. Auch sind Verse, die zwar einen vollständigen Haupt- oder Nebengedanken enthalten, jedoch nur im Zusammenhang ganz verständlich 236
werden, nur verhältnismäßig selten anzutreffen. Es ist also keineswegs so, daß bei Lessing von einem „unausgesetzten Hineinstürmen in den nächsten Vers" oder von „systematisch durchgeführter sprachlicher und metrischer Verschleifung des Versschlusses" gesprochen werden kann, wie es Kettner (a. a. O. S. 505) in Übereinstimmung mit Zamcke auf Grund ihrer weniger differenzierten Beobachtungen getan haben. {149, 152) 28) Der größeren Gestörtheit des Metrums bei Lessing entspricht ein auffälliges Ungleichmaß im Aufbau des Monologs. (46) 29) Die hohe Zahl unregelmäßiger Verse bei Lessing bringt es mit sich» daß diese mitunter zu längeren homogenen Reihen (einmal sind es 14 Verse) zusammentreten. (52) 30) Die am stärksten abgeschwächten rhythmischen Formen erreichen bei Lessing die größte Häufigkeit. (56) 31) Nirgends zeigen zwei aufeinanderfolgende Verse gleiche Akzentfolge; eine solche ist in weitem Abstand nur einmal zu beobachten. (50/51) 32) Lessing vermeidet geflissentlich wiederholende Verwendung ein und derselben rhythmischen Form in aufeinanderfolgenden Versen. (48) 33) Zitelmanns kategorische Behauptung wird auch durch den Befund bei Lessing widerlegt: unter den regelmäßigen Versen sind die volltönenden, mehr als drei Hebungen enthaltenden nur in der Minderzahl. (50) 34) Auch den Versen Lessings sind die meisten Hauptakzente auf den Silben zwei und acht gemeinsam. (49) 35) Charakteristisch für Lessing ist ein weitgehender Tonstufenausgleich zwischen Hebungen und Senkungen. (50) 36) Alternierende Tonabstufung, regelmäßiger Wechsel von Stark- und Schwachton, begegnet nur einmal, um eine Ausdrucksdoppelung wirksam zu unterstreichen. (48) 37) Den Versen Lessings ist im ganzen eine der Prosa stark angenäherte Sprechart angemessen. (50) 38) Es ist unschwer zu erkennen, daß die größten Unregelmäßigkeiten jenen Versen angehören, in denen das Ethos am stärksten durchbricht. (54) 39) Es trifft auch für Lessing zu, daß die aufgezeigten Unterstreichungen und zahlreiche Abschwächungen des Metrums als reicher rhythmischer Gewinn zu verbuchen sind. (56) 40) Das Häufigkeitsverhältnis von Haupt- und Nebenakzenten trägt auch dazu bei, den Vers Lessings, der in kaum angehobener Sprache gehalten ist, flüssiger wirken zu lassen. (48) 41) Die durch rhythmische Indifferenz am meisten auffallenden Verse sind wohlgefällig durch die Konkordanz von Gehalt und Form. (78) 42) Es fällt nicht ganz schwer, auch bei Lessing mehrere allzu glatt geratene Verse zu entdecken. (85) 237
43) Anhand der Diagramme bestätigt sich auch bei Lessing, daß jeder Vers eine nur ihm eigene Tonbewegung hat. (57) 44) Größte Häufigkeit bei Lessing besitzen Verse, welche einen vollständigen Gedanken und Anfang oder (alias: und) Ende eines zweiten enthalten. (152) 45) Bemerkenswert gering ist bei Lessing der Anteil der Elfsilbler, was, in gleicher Richtung wie der Satzbau wirkend, dazu beiträgt, die Zeilengrenzen für den Hörer weitgehend zu verschleiern. (12, 211)
C. Schiller 46) Auch für Schiller ergibt sich durchgängige Verschiedenheit der Tonbewegung in den metrumgerechten Versen. (68) 47) Es fällt auf, daß sieben der neun besonders unregelmäßigen Verse auf das zweite Drittel des Monologs entfallen, so den Höhepunkt von Wallensteins Erregung rhythmisch gestaltend. (71) 48) Auffallend ist bei Schiller die Vielzahl der vom Metrum stark abweichenden Verseingänge. (72) 49) Die Eingangsverse von Schillers „Piccolomini" und „Wallensteins Tod" ringen sich erst allmählich zu Übereinstimmungen mit dem Metrum durch. (18) 50) Nur zwei von allen untersuchten Versen Schillers weisen keine Iktenabstufung auf. (69) 51) Ausdrucksstarke Abweichungen vom Metrum stehen bei Schiller im Einklang mit den Vorstellungen und Empfindungen, welche den Sprecher bewegen. (79) 52) Mitunter aber kann es scheinen, als seien einzelne Verse zu wohlklingend und rhythmisch zu ebenmäßig geraten; ich vermag den Einwand nicht ganz zu unterdrücken, daß gelegentlich eine sehr beherrschte, sehr gekonnte Form wie etwas beziehungslos n e b e n einem würdigen Inhalt steht, statt sich mit ihm zu durchdringen. (84)
D. Kleist 53) Überall dort, wo bei Kleist Metrum und Rhythmus einander widerstreiten oder aber zusammengehen, wird ein hochzubewertender Gleichklang von Inhalt und rhythmischer Gestaltung erreicht. (102/3) 54) Ein Lieblingswort Kleists („gleichviel") muß als rhythmisches Stilmoment gewertet werden. (96) 55) Zweimal zeigen zwei aufeinanderfolgende Verse bei Kleist nahezu zwillingshafte Gleichheit; es handelt sich um Prinz von Homburg II, 5, VV. 22/23 und 33/34. (95, 98) 56) Es zeigt sich, daß Kleist nicht nur die Ausdrucksmittel des Rhythmus einzusetzen versteht, sondern auch ein unvergleichlicher Meister der Satzbaukunst ist. (105) 238
57) Die dichterische Wortstellung Kleists unterscheidet sich von der herkömmlichen ebensosehr wie sein Rhythmus vom Metrum des Blankverses. (108) 58) Die rhythmische Unruhe ist, gleichmäßiger als bei den vorher untersuchten Texten, über die gan2e Szene verbreitet, welche den Schlachtbericht Mörners enthält. (93) 59) Auch bei Kleist herrscht durchgängige, nur in zwei Fällen sehr geringe, Verschiedenheit der Tonbewegung in den regelmäßigen Versen. (99) 60) Allemal läßt bei Kleist die rhythmische Gestaltung den bedeutsamen Inhalt erst recht zur Geltung kommen. (101) 61) Die Ausdruckserhöhungen an der exponiertesten Stelle des Verses erscheinen bei Kleist vollauf gerechtfertigt. (104) 62) Das Selbstgespräch des Prinzen von Homburg (IV, 3) angesichts der Todesdrohung enthält unter elf Zeilen nur eine, die keinerlei Abweichung vom Metrum aufweist. (113) 63) Die rhythmische Ausgestaltung der Szene ist ohne Fehl. (115) 64) Die Tonbewegung ist im ganzen einheitlicher als in dem Bericht Mörners und zeigt auch eine etwas geringere Amplitude. (115) 65) Auch die Metrumgerechtheit aller Verse liegt unter dem Durchschnitt des Schlachtberichts. (115) E. Grillparzer 66) Der ganze Monolog zeigt die Anlage einer sich allmählich zu großer Höhe steigernden Erregung, die plötzlich steil absinkt, dadurch das Gefühl der Erleichterung und der Dankbarkeit für die vermeinte „göttliche Eingebung" rhythmisch wirkungsvoll gestaltend. (119) 67) Ein streng regelmäßiger Vers (30) muß als eine erhebliche Ausdrucksschwäche gewertet werden. (119) 68) Metrische Rücksichten bestimmen den Ausdruck einer nicht geringen Anzahl seiner Verse. Sogar veränderte Wortformen sorgen dafür, die allzu große Vorherrschaft des Metrums zu sichern. Unter metrischem Zwang begeht Grillparzer Wort- und Sinnwiederholungen, deren Wirkung verhältnismäßig gering bleibt. Eine erklärte Vorliebe für eine ungewöhnliche syntaktische Fügung mag ihre Entstehung der gleichen Ursache, wenigstens zum Teil, zu verdanken haben. (120) 69) So lassen sich bei näherem Hinsehen, bei genauem Hinhören manche Verse Grillparzers entdecken, welche durch ihren Schönklang und ihre harmonische Bewegung das Ohr bestechen und über einen gewissen Mangel an rhythmischer Ausdruckskraft kaum hinwegtäuschen. Man findet bei ihm in mitunter störender Häufigkeit halbe oder ganze Zeilen, welche metrisch-rhythmischen Gewohnheiten zu folgen scheinen, denen aber die letzte rhythmische Erfüllung versagt ist. (120) 70) Für solche Ausfälle entschädigt Grillparzer immer wieder durch Verse, die von unüberbietbarer Treffsicherheit sind. (120) 239
71) Auch die Anteile der unentschiedenen, das Metrum nur abschwächenden und der gewaltsam das Metrum umkehrenden Einsätze der Verse Grillparzers bezeugen des Dichters Eigenart. (122) 72) Auf Grund der Iktenfolgen lassen sich in den 54 Versen Grillparzers 29 Verstypen feststellen, von denen 18 nur einzeln vorkommen. (123) 73) Grillparzer ist derjenige unter allen behandelten Autoren, der von volltönigen Versen ohne Tonabstufung den häufigsten Gebrauch macht; er ist auch der einzige^ der solche Verse in Zweiergruppen erklingen läßt. (124) 74) Auch für Grillparzer trifft zu, daß in den meisten Versen durch Iktenabstufung eine rhythmische Gliederung höherer Ordnung bewirkt wird. (125) 75) Grillparzer ist ein Meister potenzierter rhythmischer Wirkungen. (164) F. Hebbel 76) Es bereitet einen Genuß besonderer Art, der lebhaften und scharfe Akzente fordernden Gedankenbewegung bei Hebbel zu folgen. (137) IT) Der Wortgebrauch ist von etwas störender Regelmäßigkeit. (137) 78) Die Paarung gegensätzlicher Gedanken, welche die Verse zu wechselnden größeren Zusammenhängen ordnet, schafft eine Art der Versverflechtung, welche ein Stilmoment Hebbels zu sein scheint. (137) 79) Nachgewiesenermaßen finden sich auch bei Hebbel keine Verse, welche in rhythmischer Beziehung vollständig übereinstimmen. Fast gleiche Bauart zeigen nur zwei distanzierte Verse. (140) 80) Die Vielfalt und Streuung der Hebungstypen führt zu dem Schluß, daß die Blankverse Hebbels, bis auf einen, Iktenunterschiede enthalten und daß unregelmäßige Tonabstufung auch bei Hebbel die Regel ist. (141) 81) Am häufigsten bei Hebbel sind Verse, welche mehr als einen vollständigen Gedanken enthalten. (152) 82) Der geringste Spielraum wird dem Metrum bei Hebbel gewährt. (138,213)
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VERGLEICHENDE FESTSTELLUNGEN
Goethe-Lessing 1) Das Häufigkeitsverhältnis der metrisch glatten und der rhythmisch gestörten Verse ist bei Goethe 1:2, bei Lessing 1 : 4 ; dies empfinde ich als im Einklang stehend mit dem Aufruhr der Empfindungen, in welchen den christlichen Tempelherrn die sein Schicksal entscheidende Wiederbegegnung mit Recha, dem Judenmädchen, gestürzt hat. (46) 2) Der Betonungsabstand zwischen Hebungen und Senkungen ist bei Lessing vielfach geringer als bei Goethe. (226) 3) Während die in der Mitte metrischer Bestimmtheit liegenden rhythmischen Grundformen bei beiden Dichtern gleiches Vorkommen besitzen, sind die schärfer geprägten Rhythmen bei Goethe etwa doppelt so häufig wie bei Lessing, der seinen Ikten gern ein schwächeres, mehr reliefartiges Profil verleiht. (47, 67) 4) Während die Verse Goethes, entsprechend ihrem Gehalt und der angehobenen Sprache, getragener und mit Feierlichkeit erklingen, wird offenbar, daß die Verse Lessings, frei von jedem Pathos, wesentlich leichter dahinfließen. (48) 5) Das auffallende Zurücktreten der am schärfsten profilierten Rhythmusgestalt, welche bei Goethe besondere Aufmerksamkeit erregt, erklärt sich nur teilweise daraus, daß der Monolog des Tempelherrn nicht, wie der Iphigeniens, den Eingang des Dramas bildet, wo das Metrum noch nicht im Bewußtsein des Hörers verankert ist; es bedeutet vielmehr den Ausdruck einer anderen rhythmischen Grundhaltung Lessings. (48) 6) Bei Lessing gibt es Verse, welche sich nicht nur häufiger, sondern auch in stärkerem Maße, als es bei Goethe der Fall ist, vom Metrum entfernen, entsprechend den unterschiedlichen Erregungszuständen der redenden Personen. (48) 7) Nicht nur ist die Gesamtzahl (absolut und prozentual gerechnet) der Abweichungen vom Metrum bei Lessing größer als bei Goethe; auch fehlen bei Lessing nicht Verse, welche drei oder mehr metrische Unterbrechungen enthalten, Verse, in denen das Metrum also nicht mehr die Vorherrschaft hat. (52, 53) 8) Lessings Empfindlichkeit gegen unmittelbare Wiederholung einer Rhythmusform innerhalb einer Verszeile ist etwas geringer als die Goethes. (48) 16 B r ä u e r , Tonbewegung
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9) Während Goethe rhythmische Freiheiten vor allem am Versbeginn zur Wirkung kommen läßt, werden bei Lessing die dreiersten Ikten ziemlich gleichmäßig und wahllos mit Unregelmäßigkeiten bedacht. (54) 10) Am überraschendsten ist die Feststellung, daß Goethe und Lessing dieselbe Durchschnittshöhe der Hebungen erreichen, so daß bei diesen beiden Dichtern die beträchtlich verschiedene metrische Bestimmtheit allein durch die abweichende Beschaffenheit ihrer Senkungen bewirkt wird. (226) Goethe—Schiller 11) Vom rein ästhetischen Standpunkt aus ist zu sagen, daß Schiller in der potenzierten Verwendung rhythmischer Ausdrucksmittel, die ja auch der Gefahr des Verschleißes ausgesetzt sind, fast zu weit gegangen ist. Es ist höchst bemerkenswert, wie sparsam dagegen Goethe die ihm nicht minder vertrauten Mittel rhythmischer Versgestaltung eingesetzt hat. (73) 12) Unmittelbare Nachbarschaft gleicher rhythmischer Formen innerhalb eines Verses ist bei Schiller ebenso selten anzutreffen wie bei Goethe. (66)
13) Es fällt stark auf, daß Verse, in denen dem Metrum die Vorherrschaft entrissen wird, bei Goethe ganz fehlen, bei Schiller dagegen neunmal vorkommen. (71) 14) Umkehrung des Metrums ist bei Schiller mehr als doppelt so häufig wie bei Goethe. (75) Goethe-Kleist 15) Der Hundertsatz der regelmäßigen Verse liegt bei Kleist unter dem bei Goethe beobachteten Werte und weist auf eine stark gefühlsbetonte Sprache hin. (92) 16) Die Ausprägung der kleinsten rhythmischen Grundformen stimmt „haargenau" mit den bei Goethe angetroffenen Verhältnissen überein. Wenn Goethes Verse in dieser Beziehung für Kleist Klangvorbild gewesen wären, hätte die Übereinstimmung der Behandlung des Metrums in den regelmäßigen Versen bei beiden Dichtern nicht verblüffender ausfallen können. (93, 94) 17) Die unregelmäßigen Verse Kleists weisen allgemein schwächere Ikten auf als die regelmäßigen Verse, wie dies auch bei Goethe der Fall war. (94) 18) Goethes und Kleists Verse ähneln sich sehr hinsichtlich der Tonbewegung, die bei verschiedenen Dichtern erhebliche Schwankungen zeigt. (93,94) 19) Goethe und Kleist begegnen sich in der Neigung, mehr als zwei Verse gleicher Prägung zu höheren rhythmischen Einheiten zusammenzufügen, was gelegentlich sogar bis zu Erahnungen strophischer Gliederung führt. (157j8) 242
20) Hinsichtlich der Zahl ganz an das Metrum gebundener Verse kommt Kleist dem bei Goethe angetroffenen Verhältnis am nächsten. Dies gilt auch bezüglich der Vorherrschaft des Metrums in allen übrigen Versen Kleists. (95, 105, 139) 21) Am schärfsten profiliert erscheinen die Verse Goethes und Kleists, deren Senkungsspiegel auch die größte Ähnlichkeit hat. (226) Goethe—Kleist 22) Zusammenfassend ist über Goethe und Kleist zu sagen, daß die rhythmische Ausdrucksform dieser beiden eigenständigen Dichter, zwischen denen tiefe Unterschiede des Wesens und der Sinngebung des Lebens klaffen, auch durchaus eigenen Gesetzen folgt, wenngleich, aus größerem Abstand geurteilt, der Eindruck einer klanglichen Verwandtschaft ihrer Verse nicht abweisbar ist. (228) Goethe—Grillpar^er 23) Die unterschiedlichste Behandlung wird den ersten vier Iktenstellen bei Goethe, die gleichmäßigste bei Grillparzer zuteil. (213) Goethe-Hebbel 24) Starke, das Metrum umkehrende Verseinsätze sind eine evidente Eigenart Hebbels. Am größten ist in dieser Hinsicht der Abstand zwischen Hebbel und Goethe. (138, 216) 25) Metrumgerechte Verse begegnen bei Goethe doppelt so oft wie bei Hebbel. (139,216) 26) Während bei Goethe unter 53 Versen nur einer vorkommt, der, maximal, an drei Tonstellen vom Metrum abweicht, sind es bei Hebbel deren fünfzehn. (216) Lessing-Schilier 27) Das Mißverhältnis der regelmäßigen und der mit metrischen Unebenheiten behafteten Verse ist bei Schiller fast so groß wie bei Lessing. (65) 28) Die dem Metrum ganz verpflichteten volltönenden Verse Schillers unterscheiden sich durch ihre nachdrückliche Wirkung bedeutend von denen Lessings, bei dem das Zahlenverhältnis zwischen Haupt- und Nebenakzenten erheblich ausgeglichener ist. (67) 29) Sowohl das Mißverhältnis der glatten und unregelmäßigen Verse wie auch die Zahl der Abweichungen vom Metrum ist bei Schiller noch größer als bei Lessing; da Wallenstein gezwungen ist, dem Tod ins Antlitz zu sehen, wird diese Steigerung vom Inhalt der Verse her völlig verständlich. (70) 30) Ungeschmälerte Herrschaft des Metrums ist bei Schiller noch seltener als bei Lessing. (73) 31) Bei Schiller ist die Senkungsfüllung fast die gleiche wie bei Lessing. (226) 16«
243
Lessing-Kleist 32) Von symptomatischer Bedeutung ist, daß fast die Hälfte der Verse Lessings, jedoch nur drei Verse Kleists, der Versgestalt angehören, welche einen vollständigen Gedanken und Anfang oder (alias: und) Ende eines zweiten enthält. {152) Lessitig-Grillpar^er 33) Bedeutsam erscheint, daß diejenige Versgestalt, welche nur Ende eines und Anfang eines zweiten Gedanken enthält, also einen Einschnitt besitzt, der stärker ist als die Einschnitte an den Versenden, lediglich bei Grillparzer fehlt, dagegen bei Lessing 12mal vertreten ist und bei diesem die größte Häufigkeit besitzt. (152) 34) Verhältnismäßig häufig ist bei Lessing und Grillparzer die unmittelbare Kontrastierung bei Aufeinanderfolge der einprägsamsten Versgestalten, die sich durch entschieden wohlgefällige Rundung auszeichnen. (179) 35) Die Zahl der das Metrum voll befriedigenden Verse ist bei Grillparzer nicht größer als bei Lessing, dessen Anteil an metrisch schwach bestimmten Versen jedoch doppelt so hoch ist. (119) 36) Das Übergewicht der volltönenden Verse ist bei Grillparzer am größten, während die leichter fließenden, der Prosa in mancher Hinsicht am nächsten stehenden Verse bei Lessing am häufigsten sind. (170) Lessing-Hebbel 37) Es bestätigt sich, daß Lessings Verse am seltensten rhythmische Einheiten bilden und daß Hebbel ihm darin sehr nahe kommt. (152) 38) Sowohl Lessing wie Hebbel haben eine ausgesprochene Vorliebe für Verse, deren Tonbewegung mindestens ein- oder zweimal unterbrochen wird. (152) 39) Die Beklemmung des Herodes kommt in der Exposition vieler widerstreitender Gedanken zum Ausdruck, deren rhythmische Gestaltung eine Tonbewegung schafft, welche stark an Lessing erinnert. (135) 40) Manche Verse Hebbels sind auf Grund ihres Tonfalls solchen von Lessing zum Verwechseln ähnlich. (136) 41) Ein beachtlicher Unterschied ist jedoch dadurch gegeben, daß der alternierende Gegentyp 3 — 4 — 3 — 4 — 3, dem Lessing, und zwar nur Lessing, eine ausgesprochene Bevorzugung zuteil werden läßt, bei Hebbel bloß einmaliges Vorkommen besitzt. (139, 172) 42) Der Ausgleich zwischen Senkungsspiegel und Iktenhöhe ist bei Hebbel noch stärker vollzogen als bei Lessing. Er ist bei beiden weniger durch Abschwächung als durch Entschärfung der Ikten bewirkt und ihrer unpathetischen Sprache bestens angemessen. (226) 244
43) Bezeichnenderweise geht die schwächste metrische Bestimmtheit des Hebbelschen Verses hauptsächlich auf das Ausmaß der darin vollzogenen Senkungsanhebung zurück, worin ihm Lessing am wenigsten nachsteht. (226) 44) Es ist vornehmlich der auf der Senkungsbehandlung beruhende Höhenausgleich der Tonbewegung, welcher, einer unpathetischen Haltung entspringend, die Verssprache Lessings und Hebbels dem Tonfall der Prosa verhältnismäßig am nächsten kommen läßt. (226) Schiller—Grillpar^er 45) Von erfreulicher metrischer Unbekümmertheit zeugen manche ausdrucksvolle Zeileneingänge Grillparzers. Die von ihm beliebte Stellung des Wortes „Kein" an dieser Stelle verdient geradezu ein rhythmisches Stilmoment dieses Dichters genannt zu werden, zu dem er möglicherweise durch Schiller angeregt worden ist. (120) Schiller-Hebbel 46) Kraß ist das Mißverhältnis, welches darin besteht, daß mehr als ein Drittel aller Verse Hebbels Vertreter desjenigen Verstyps sind, der meist mehr als zwei Brechungen aufweist und von Schiller nur einmal verwendet wird. (152) Kleist-Grillpar^er 47) Kleist und noch mehr Grillparzer lassen die ausgesprochene Neigung erkennen, ähnliche Verstypen in dichter Folge zu wiederholen. (156) Kleist—Hebbel 48) Der stärkste Unterschied hinsichtlich der Tonbewegung besteht zwischen den Versen Goethes und Hebbels. (139) 49) Der stärkste Unterschied der metrischen Bestimmtheit, festgestellt bei Kleist und Hebbel, findet seine Rechtfertigung namentlich in der abweichenden Art der Senkungsbildung, deren ausschlaggebende Bedeutung dadurch erhärtet wird. (226) Goethe-Lessing-Schiller 50) Auch bei Schiller erschöpft sich die Bedeutung der metrumgerechten Verse nicht in ihrer ästhetischen Ausdrucksfunktion, sondern sie wirken, mehr als bei Lessing, ähnlich wie bei Goethe, gleichzeitig als Stützpfeiler des Metrums. (65) 51) Die vergleichende Betrachtung der Verhältniszahlen für scharfgeprägte Rhythmen, für Rhythmen mittlerer Bestimmtheit und für schwachprofilierte Rhythmen liefert das Ergebnis, daß die rhythmischen Gestalten bei Schiller, wie es auch bei Goethe der Fall war, mit der Stärke an Häufigkeit abnehmen; allerdings ist der Abfall in g l e i c h e r 245
52)
53) 54)
55)
Richtung nicht so entschieden wie bei Goethe. Eine Übereinstimmung zwischen Schiller und Goethe ist damit aber gegeben. Bei Lessing dagegen verhalten sich rhythmische Schärfe und Häufigkeit u m g e k e h r t proportional. (65) Niemals bringen aufeinanderfolgende Verse mehrmals ein und dieselbe rhythmische Grundform. Die Empfindlichkeit gegen Wiederholungen ist bei Schiller also die gleiche wie bei Goethe, der Lessing darin übertrifft. (66) Hinsichtlich der rhythmischen Bestimmtheit stehen Schillers regelmäßige Verse zwischen denen Goethes und Lessings. (68) Es ist durchaus charakteristisch, daß Verse, in welchen dem Metrum die Vorherrschaft entrissen wird, bei Goethe ganz fehlten, bei Lessing dagegen viermal, bei Schiller sogar neunmal vorkommen. (71) Die emphatische Voranstellung eines Attributs an die Spitze des Satzes, in den Monologen bei Lessing und Goethe nicht ein einziges Mal zu finden, ist ein rhythmisches Stilmoment Schillers. (72)
56) Aufs Ganze gesehen, sind ausdrucksstarke Umkehrungen des Metrums bei Schiller häufiger als bei Goethe und doppelt so häufig wie bei Lessing. (75)
Goethe—Lessing—Kleist 57) Bemerkenswert gering ist bei Lessing der Anteil der Elfsilber (22% gegenüber 57% bei Goethe, 59% bei Kleist), was, in gleicher Richtung wie der Satzbau wirkend, dazu beiträgt, die Zeilengrenzen Lessings weitgehend zu verschleiern und die Verssprache der Prosa anzunähern. (211)
GoetheScbiller-Kleist 58) Kleist gestaltet die vom Metrum abweichenden Verse mit größerer Freiheit als Goethe, ohne darin so weit zu gehen wie Schiller. (102) 59) Alle sieben von mir, hinsichtlich ihrer Bindung an die Nachbarverse und ihrer inneren Geschlossenheit und Festigkeit, unterschiedenen Versgestalten sind nur vertreten bei Goethe, Schiller und Kleist, und zwar erscheint mit größter Häufigkeit bei diesen dreien der gebundene Typ, welcher wohl eine stete Tonbewegung besitzt, aber gegen einen der Nachbarverse ohne Abgrenzung des Sinnes ist. (152) 60) Charakteristisch verschieden sind z. B. auch die Anteile der echten Symmetrieformen, der Iktenfolgen 4—3—3—3—4, 4—4—3—4—4 und 4—4—2—4—4, die, nicht ein einziges Mal bei Schiller, aber alles in allem 25mal vorkommen, davon allein sechsmal bei Kleist und neunmal bei Goethe, so auch in dieser Sicht eine gewisse Verwandtschaft der beiden erweisend. (171)
246
Goethe—Schiller-Hebbel 61) Unter Berücksichtigung aller Hebungsstufen ergibt sich, daß Goethe den alternierenden Verstyp überhaupt verhältnismäßig am seltensten verwendet, daß dagegen bei Hebbel und Schiller durchschnittlich jeder fünfte Vers geregelten Wechsel der Iktenstärke aufweist. (140) Lessing-Kleist- Grillparzer 62) Bei Lessing scheint die Regellosigkeit gewissermaßen zur Regel gegeworden, während die Tendenz, Versgestalten derselben Gruppe aufeinander folgen zu lassen, bei Kleist und vor allem bei Grillparzer stark ausgegrägt ist. (176) Lessing-Grillpar^er—Hebbel 63) Es ist bemerkenswert, daß gleich die ersten Worte des Monologs bei Hebbel des Metrum verleugnen. Dies war in ähnlicher Weise nur der Fall bei Lessing und bei Grillparzer, wo sich die dramatischen Personen ebenfalls in schweren Konflikten befanden, welche dringend nach einer Lösung verlangten. (135) 64) Die allgemein seltenste Versgestalt, welche, für sich genommen, einen vollständigen Sinn ergibt und gewissermaßen ein Eigenleben führt, fehlt bei Lessing, Grillparzer und Hebbel gänzlich. (152) Goethe-Lessing-Schilier-Kleist 65) Vom Umbruch des Metrums, diesem hochkünstlerischen Ausdrucksmittel, macht Schiller einen reichlicheren Gebrauch als Goethe, Lessing und Kleist. (74, 102, 114) Lessing-SchilierGrillpar^er-Hebbel 66) Die Neigung, zwei gleichartige Verse zu einer Doppeleinheit höherer Ordnung werden zu lassen, ist fast ganz auf Schiller und Grillparzer beschränkt. Gewichtig ist die Erkenntnis, daß in den Texten Lessings und Hebbels nicht ein einziges Beispiel für diese Art der Zeilenbindung vorhanden ist. (157, 159) 67) Zusammenfassend ist zu sagen, daß der metrumgerechte Verseinsatz am entschiedensten bei Lessing und Grillparzer vorherrschend ist, während bei Schiller und Hebbel rhythmisch eigenwilliger und metrisch gefügiger Versanfang sich etwa die Waage halten. (183) Goethe—Lessing-Schiller-Kleist-Grillpar^er 68) Die relative Häufigkeit der regelmäßigen Verse liegt bei Grillparzer in der Nähe der für Lessing und Schiller festgestellten Werte, aber erheblich unterhalb der bei Goethe und Kleist gemessenen Verhältnisse und schafft eine Sprachform, welche das Metrum weit hinter sich läßt. (119) 247
Goethe—Schiller—Kleist
—Grillparzer—Hebbel
69) Abweichungen vom Metrum kommen zu Anfang des Verses bei Goethe, Schiller, Kleist, Grillparzer und Hebbel am häufigsten vor. Den vier ersten Iktenstellen des Verses wird bei Goethe die unterschiedlichste, bei Grillparzer die gleichmäßigste Behandlung zuteil. (213) 70) Abweichungen vom Metrum kommen bei Goethe, Schiller, Kleist, Grillparzer und Hebbel zu Anfang des Verses verhältnismäßig am häufigsten vor. (213)
Goethe-Lessing-Schiller-Kleist-Grillpar^er-Hebbel 71) Ganz allgemein gilt, daß die Gruppe derjenigen Verse, welchen die größte rhythmische Geschlossenheit und die kontinuierlichste Tonbewegung eigen ist, im großen Durchschnitt nur e i n V i e r t e l aller Blankverse umfaßt. Dieser Durchschnitt wird in etwa durch die Verse Goethes, Schillers und Kleists dargestellt, während Lessing und Hebbel weit dahinter zurückbleiben; nur bei Grillparzer macht die Kategorie der rhythmisch geschlossenen Verse e i n D r i t t e l aller aus. (158) 12) Lebhaftester Wechsel der Versgestalten herrscht bei Lessing; bei ihm scheint Regellosigkeit gleichsam zur Regel geworden zu sein, während die Tendenz zur Bevorzugung einer oder mehrerer Versgestalten in den anderen untersuchten Texten mit wechselnder Ausprägung erscheint. (176) 73) Das Tongefälle der Verse Hebbels liegt — als Folge der charakteristischen „Akzententschärfung" — auf derselben Höhe wie bei Lessing, also weit unterhalb des übereinstimmend für Schiller und Grillparzer oder für Goethe und Kleist ermittelten Wertes. (141) 74) Es ist auffallend, daß manche Autoren erheblich mehr als andere dazu neigen, aufeinanderfolgende Verse durch „Gegenformen", die im Verhältnis von Umkehrungen oder Spiegelbildern stehen, besonders wirksam und rhythmisch wohlgefällig zu kontrastieren. (178) 75) Die starke Eigenart Hebbels offenbart sich auch darin, daß schon des erste Vers des Dramas eine ungewöhnlich schwache Darstellung der Metrums bietet, mit Tonverschiebungen, die alles an sieben anderen Drameneingängen Beobachtete hinter sich lassen. (135) 76) Bei Hebbel sind großräumige rhythmische Wirkungen so ausgeprägt wie in keinem der anderen untersuchten Texte. (137) 77) Durchgängig klare Erfüllung des Metrums fand ich bei Hebbel nur in neun von 50 Versen, absolut und relativ gerechnet, mit geringster Häufigkeit innerhalb meines ganzen Materials. (138) 78) Während bei Hebbel vier Iktenfolgen nur zweimaliges, je eine Iktenfolge drei- und vierfaches Vorkommen besitzen, ist es höchst auffällig, daß dieser Dichter den alternierenden Typ 4 — 3 — 4 — 3 — 4
248
sechsmal verwendet, den wir bei Lessing nur einmal, bei Goethe zweimal, bei Schiller dreimal, bei Grillparzer viermal und bei Kleist fünfmal fanden. (141, 172) 79) Der größten Beliebtheit im deutschen Blankvers erfreut sich danach die Gruppe (ein Drittel aller Gestalten wird von ihr bestritten) jener Verse, deren abgestufte Ikten eine Symmetrieform entstehen lassen oder andeuten. Dies trifft auch für die Texte Goethes (mit 36%), Lessings (mit 33%) und Kleists (mit 33%) zu, während Hebbel (mit 28%) und vor allem Schiller (mit 19%) hinter der Durchschnittsnorm zurückbleiben. Bei Grillparzer sind sogar 43% der Verse nach dieser Gruppengestalt gebildet. Für sich steht Schiller auch insofern, als bei ihm und nur bei ihm jene Gruppe die größte Häufigkeit erreicht, deren Iktenfolge eine Art Doppelwelle beschreibt. (180) 80) Im ganzen macht Grillparzer von dem Ausdrucksmittel einer Abweichung vom Metrum am Versbeginn verhältnismäßig geringeren Gebrauch als die anderen Autoren, Hebbel inbegriffen, geringeren auch, als der stark gefühlsbetonte Text erwarten ließe. (121/2, 208) 81) Volle Übereinstimmung besteht zwischen allen Texten darin, daß rhythmische Freiheiten am seltensten am Versende auftreten. (213) 82) Besonders auffällig ist, daß Grillparzer die stärkste Neigung, Hebbel dagegen das geringste Bedürfnis verrät, das Metrum gleich am Versanfang eindrücklich zu erfüllen. (183) 83) Insgesamt konnten in den untersuchten Texten 68 verschiedene Iktenfolgen beobachtet werden. (170) 84) Die alternierende Iktenfolge 4 — 3 — 4 — 3 — 4 erreicht die absolut höchste Häufigkeit. (191) 85) Es fällt auf, daß verhältnismäßig selten aufeinanderfolgende Verse die gleiche Zahl metrumgerecht betonter Silben enthalten. (82, 105/6) 86) Auffällig ist, daß alle Werte für den Hebungsdurchschnitt ziemlich eng beieinander liegen, während der Senkungsspiegel stärkeren Schwankungen unterworfen ist. Betreffs der Senkungsfüllung bestehen somit zwischen den Versen verschiedener Dichter häufig größere Abweichungen als bezüglich der Iktenstärke. (226) 87) Es gibt weit mehr, darunter sogar aufeinanderfolgende Verse, welche dasselbe Iktenvolumen besitzen, als solche, welche in der Senkungsfüllung übereinstimmen. (190) 88) Bemerkenswert ist, wie selten der Fall eintritt, daß Nachbarverse dasselbe Maß metrischer Bestimmtheit besitzen. Distanzierung solcher Verse, welche dasselbe oder ein ungewöhnliches (sei es auffällig hohes, sei es auffällig geringes) Ausmaß metrischer Bestimmtheit kennzeichnet, ist durchaus die Regel. (221) 249
89) Genaueste Untersuchung vermittelt die gewichtige Erkenntnis, daß nur fünf Verspaare meines ganzen Materials (eines davon noch dazu aus Achtsilbern bestehend) gleiche Tonbewegung aufweisen und daß die Betonungsverhältnisse in jedem einzelnen Textabschnitt einem stetigen Wechsel unterliegen. (197) 90) Die Rangfolge der untersuchten Dichter nach ihrer metrischen Bestimmtheit ist die folgende: Kleist-Goethe-Grillparzer-Schiller-Lessing-Hebbel. Auch der stärkste Unterschied, der zwischen Kleist und Hebbel, beruht am wenigsten auf Abweichungen der Iktenhöhe, bezüglich deren sogar zwischen Goethe und Lessing beste Übereinstimmung besteht. Die weiten Abstände erklären sich vornehmlich daraus, daß der Ausgleich zwischen Senkungsspiegel und Iktenhöhe, nach Lessing, bei Hebbel am stärksten vollzogen erscheint. (226) 91) Hinsichtlich der Tonbewegung bestehen die größten Übereinstimmungen zwischen G o e t h e und K l e i s t L e s s i n g und H e b b e l S c h i l l e r und G r i l l p a r z e r (159) D i e s e ü b e r e i n s t i m m e n d e n F e s t s t e l l u n g e n sind b e w e i s e n d f ü r das V o r h a n d e n s e i n e i n e s P e r s ö n l i c h k e i t s r h y t h m u s u n d f ü r die E i g e n g e s e t z l i c h k e i t der T o n b e w e g u n g bei den u n t e r s u c h t e n D i c h t e r n . (168)
250
Graphische Darstellungen der gesamten T o n b e w e g u n g in den untersuchten Texten
GOETHE, IPHGENIE AUF TAURIS I, 1 4
3
4
4
4
1) Heraus in eure Schatten, rege Wipfel 2 2 1 1 1 1 4
4
4
4
4
2) Des alten, heiigen dichtbelaubten Haines, 2 1 1 1 1 1 2 4 4 4 3 3) Wie in der Göttin stilles Heiligtum, 3
2
2
3
2
2
4
4
1
4
4) Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl, 4 3 3 2 1 3
3
4
3
3
5) Als wenn ich sie zum erstenmal beträte, 3
3
3
2
1
4
1
1
3
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4
6) Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher. 3
1
3
3
3
4
3
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3
4
7) So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen 3
2
1
4
4
3 3
2
3
1
4
8) Ein hoher Wille, dem ich mich ergebe; 3
2
1
4
3
3
2
3
1
4
4
9) Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd 3
2
3
4
2
1
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4
2
4
10) Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten, 3
3 2
2 4
3
4
4
1
1
4
11) Und an dem Ufer 3 2 2 steh ich 3 lange 1 Tage, 1 4
4
3
4
4
12) Das Land der Griechen mit der Seele suchend; 2 2 1 2 1 2 3
3
4
4
4
13) Und gegen meine Seufzer bringt die Welle 3
1
1
4
2
2
4
4
1
3
4
14) Nur dumpfe Töne brausend mir herüber. 3
1 3
1
2
4
2
4
2
3
4
15) Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern 4
3 4
4
2
2
3
1
2
4
4
16) Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram 17) Das nächste Glück von seinen Lippen weg. 2
252
1
2
1
1
253
18) Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken 3
1 3
3
2
4
4
1
3
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4
19) Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne 3
2
2
4
1
4
2
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1
4
3
20) Zuerst den Himmel vor ihm aufschloß, wo 2
2
1
4
3
3
3
4
4
4
21) Sich Mitgeborne spielend fest und fester 3
1
1
4
2 4
3
3
2
4
3
22) Mit sanften Bandenaneinander knüpften. 3
1
1
4
3
2
2
4
4
1 3
23) Ich rechte mit den Göttern nicht; allein 3
1
2
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2
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3
2
4
2 4
3
24) Der Frauen Zustand ist beklagenswert. 2 1 2 1 2 4
4
4
25) Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann 2
3
2
2
1
4
4
2 3
4
26) Und in der Fremde weiß er sich zu helfen. 3
2
1
4
2
2
2
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1
4
4
27) Ihn freuet der Besitz; ihn krönt der Sieg; 3
1
1
4
3
3
2
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3
4
28) Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet. 3
1
2
3
4
3
1
3
1
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4
29) Wie eng-gebunden ist des Weibes Glück! 3
1
1
3
2
1
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2
4
30) Schon einem rauhen Gatten zu gehorchen, 3
1
1
3
1
4
1
4
1 3
3
31) Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar 3
3
3
4
4
2
2
3
4
4
32) Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt! 3
2
2
4
4
2 3
1 4
4
33) So hält mich Thoas hier, ein edler Mann, 4
3
2
4
3
4
2
4
3
3
34) In ernsten, heiigen Sklavenbanden fest. 2 1 1 1 1 3
4
4
3
3
35) O wie beschämt gesteh ich, daß ich dir 4
254
1
1
3
3
255
4
4
3
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4
36) Mit stillem Widerwillen diene, Göttin, 3
1
2
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1
1
2
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2
3
37) Dir meiner Retterin 1 Mein Leben sollte 3
2
1
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3
1
3
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1
4
3
38) Zu freiem Dienste dir gewidmet sein. 2 1 1 1 2 3
4
3
4
4
39) Auch hab ich stets auf dich gehofft und hoffe 3
3
3
4
1
3
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3
2
1
3
40) Noch jetzt auf dich Diana, die du mich, 3
3
2
4
4
2
2
2
4
4
41) Des größten Königes verstoßne Tochter, 2
1
3
2
2
4
1
4
2
4
3
42) In deinen heiigen sanften Arm genommen 2 1 1 1 1 1 4
4
3
4
4
43) Ja, Tochter Zeus, wenn du den hohen Mann, 4
2
3
3
2
4
1
4
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2
44) Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest; 3
2
2
2
2
4
2
3
2
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45) Wenn du den Agamemnon, 3 2 göttergleichen 2 1 2 3 3
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3
46) Der dir sein Liebstes zum Altare brachte, 3
3
2
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1
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47) Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich 3
2
1
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1
4
2
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3
48) Nach seinem Vaterland zurückbegleitet, 3
1
2
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1
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49) Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn, 2
2
1
4
1
2
4
4
4
3
50) Die schönen Schätze, wohl erhalten hast; 2
1
1
3
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2
4
1
4
4
51) So gib auch mich den Meinen endlich wieder, 3
3 4
2 3
1
2
3
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2 3
52) Und rette mich, die du vom Tod errettet, 3
1
2
3
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4
2
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1
4
3
53) Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tode. 3
256
2
1
2
1
1
17 B r ä u e r , Tonbewcgung
G O E T H E , I P H I G E N I E AUF TAURIS, I, 1 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
258
G O E T H E , I P H I G E N I E A U F TAURIS I, 1 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
17»
259
LESSING, NATHAN DER WEISE III, 8 3
4
3
4
4
1) Hier hält das Opfertier ermüdet still. — 4
2
2
4
2
1
3
4
4
4
2) Nun gut! Ich mag nicht, mag nicht näher wissen, 3
3
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2
4
3
3
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4
1
4
3) Was in mir vorgeht; mag voraus nicht wittern, 3
3
3
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4
2
3
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4) Was vorgehn wird. — Genug, ich bin umsonst 3
3
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3
5) Geflohn, umsonst. — Und weiter könnt ich doch 1
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3
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6) Auch nichts als fliehn! Nun komm, was kommen soll! 3
3 4
3
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3
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7) Ihm auszubeugen war der Streich zu schnell 3
2 3
1 3
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3
8) Gefallen, unter den zu kommen ich 1 1 1 2 2 4
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9) So lang und viel mich weigerte. — Sie sehn, 3
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3
3
2
4
4
3
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10) Die ich zu sehn so wenig lüstern war, 3
2
3
4
2
2
2 4
3
3
11) Sie sehn, und der Entschluß, sie wieder aus 3
3
2
4
4
3
2
4
3
4
12) Den Augen nie zu lassen — Was Entschluß ? 2
1
2
1
4
4
2
4
4
4
13) Entschluß ist Vorsatz, Tat: und ich, ich litt, 2
3
3
3
2
4 3 4 2 Gefühl, 4 14) Ich litte bloß. — Sie sehn, und das 3
1
3
3
3
4
3
1 4
3
15) An sie verstrickt, in sie verwebt zu sein, 2 2 2 2 2 4
4
3
4
16) War eins. — Bleibt eins. — Von ihr getrennt (Achtsilber) 3
4 4
3
2 4
1
4
3
17) Zu leben, ist mir ganz undenkbar, wär 2
260
1
3
4
3
261
18) Mein Tod — und wo wir immer nach dem Tode 3
3
3
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2
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2
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1
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4
19) Noch sind, auch da mein Tod. — Ist das nun Liebe 3
3
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1
4
20) So — liebt der Tempelritter freilich — liebt 3
2
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2
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4
3
21) Der Christ das Judenmädchen freilich. — Hm! 2 2 1 1 2 4 3 2 4 4 22) Was tut's ? Ich hab in dem gelobten Lande — 3
3
2
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1
4
1
3
1
4
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23) Und drum auch mir gelobt auf immerdar! — 3
3 4
1
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4
3
24) Der Vorurteile mehr schon abgelegt. — 2
2
1
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4
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1
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4
3
25) Was will mein Orden auch? Ich Tempelherr 3
3
1
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3
2
1
4
3
4
26) Bin tot, war von dem Augenblick ihm tot, 3 4 4 1 3 3
4
3
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3
27) Der mich zu Saladins Gefangnem machte. 3
2
2
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1
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3
28) Der Kopf, den Saladin mir schenkte, wär 2
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2
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1
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3
4
29) Mein alter ? — Ist ein neuer, der von allem 3
2
3 4
2
4
2
4
1
3
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30) Nichts weiß, was jenem eingeplaudert ward, 4
3 4
1
4
1
3
2
4
3
31) Was jenen band; und ist ein bessrer, für 3 1 3 3 2 4
2
4
4
4
32) Den väterlichen Himmel mehr gemacht. 2
2
1
4
1
3
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3
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4
33) Das spür ich ja! Denn erst mit ihm begann 3
3
3
4
4
3 3
1 4
3
34) Ich, so zu denken, wie mein Vater hier 3
2
1
4
3
3
2
3
4
3
35) Gedacht muß haben, wenn man Märchen nicht 1
262
3
1
3
1
263
36) Von ihm mir vorgelogen. Märchen ? doch 2
3
1
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1
1
1
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2
4
37) Ganz glaubliche, die glaublicher mir nie 3
2
3
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2
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4
38) Als jetzt geschienen, da ich nur Gefahr 3
1
1
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4
39) Zu straucheln laufe, wo er fiel. — Er fiel ? 2
2
1
3
2
2
4
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4
3
40) Ich will mit Männern lieber fallen, als 3
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2
4
2
1
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3
41) Mit Kindern stehn. Sein Beispiel bürget mir 3
2
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3
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1
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3
42) Für seinen Beifall. Und an wessen Beifall 3
1
3
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1
4
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4
3
4
43) Liegt mir denn sonst ? An Nathans ? O, an dessen 4
3
4
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2
2
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2
1
3
44) Ermuntrung mehr als Beifall kann es mir 2
3 4
3 2
3
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4
4
4
45) Noch weniger gebrechen. — Welch ein Jude! 3
2
1
3
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1
3
46) Und der so ganz nur Jude scheinen will! 3
3
3
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1
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4
47) Da kommt er, kommt mit Hast, glüht heitre Freude. 2
2 4
3 4
3
4 4
1
1
4
48) Wer kam vom Saladin je anders? He! 4
3 4
2 4
3
2 4
3
49) He, Nathan! Wie, seid ihrsPIhr habt . . . (Achtsilber)
264
: : : ' :
265
L E S S I N G , N A T H A N D E R W E I S E III, 8 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
266
LESSING, N A T H A N DER WEISE, III, 8 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
267
SCHILLER, WALLENSTEINS TOD I, 4 4
4
3
3
4
1) Wärs möglich? Könnt ich nicht mehr, wie ich wollte? 3
2
3
3
3
4
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3
4
1
3
2) Nicht mehr zurück, wie mir's beliebt ? Ich müßte 3
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3 4
1 3
3
3
1
4
3) Die Tat vollbringen, weil ich sie gedacht, 2
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1
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3
4
4) Nicht die Versuchung von mir wies — das Herz 3
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4
3
5) Genährt mit diesem Traum, auf ungewisse 1
3 4
1
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1
3
1
4
6) Erfüllung hin die Mittel mir gespart, 2
3
2
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7) Die Wege bloß mir offen hab gehalten ? 2
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3
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3
8) Beim großen Gott des Himmels! Es war nicht 3
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4
9) Mein Ernst, beschloßne Sache war es nie. 3
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1
2
2 4 3 4 3 10) In dem Gedanken bloß gefiel ich mir; 2 1 1 1 3 4
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3
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4
11) Die Freiheit reizte mich und das Vermögen. 2
3
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12) Wär's unrecht, an dem Gaukelbilde mich 3
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1
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4
13) Der königlichen Hoffnung zu ergötzen ? 2
2
1
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1
3
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4
14) Blieb in der Brust mir nicht der Wille frei, 4
2 4
3 3
2 4
1 4
4
15) Und sah ich nicht den guten Weg zur Seite, 3
3 3
2
1
4
3 4
3
1 4
16) Der mir die Rückkehr offen stets bewahrte? 3
2 4
3 4
1 4
1 3
1 4
17) Wohin denn seh ich plötzlich mich geführt ? 2 3 3 2 1 268
269
18) Bahnlos liegt's hinter mir, und eine Mauer 4
4
2
3
1
2
3 4 4 4 4 19) Aus meinen eignen Werken baut sich auf, 3
1
1
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1
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4
20) Die mir die Umkehr türmend hemmt! (Achtsilber) 2
2
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2
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3
3
4
21) Strafbar erschein ich, und ich kann die Schuld, 4 2 3 3 2 3
4
3
4
4
22) Wie ich's versuchen mag, nicht von mir wälzen; 4
2
1
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3
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3
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1
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23) Denn mich verklagt der Doppelsinn des Lebens, 3
2
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1
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4
24) Und —• selbst der frommen Quelle reine Tat 3 2
2
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1 3
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25) Wird der Verdacht, schlimmdeutend, nur vergiften. 3
2
4
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3
2
4
2
2
1
4
26) War ich, wofür ich gelte, der Verräter, 3 2 3 1 2 2 3
3
4
4
4
27) Ich hätte mir den guten Schein gespart, 3
1
2
4
1
3
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4
3
3
28) Die Hülle hätt ich dicht um mich gezogen, 2
1
3
4
4
4
1
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1
4
4
29) Dem Unmut Stimme nie geliehn. Der Unschuld 2
3 4
1 3
1
2
4
3
3
4
30) Des unverführten Willens mir bewußt, 2 2 1 2 1 3
4
4
4
3
31) Gab ich der Laune Raum, der Leidenschaft — 4
2
1
3
2
4
1
2
4
3
32) Kühn war das Wort, weil es die Tat nicht war. 4
2 3
3
3
2
4
3
4 4
33) Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn, 4 1 3 3 1 3
4
3
4
3
34) Weitsehend, planvoll mir zusammen knüpfen, 4
2
3
3
2
4
1
3
1
4
4
35) Und was der Zorn und was der frohe Mut 3
270
2
3
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1
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3
4
36) Mich sprechen ließ im Überfluß des Herzens, 3
1 4
2
1
2
4
2
3
2
4
37) Zu künstlichem Gewebe mir vereinen 2
2
1
3
4
1
2
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1
3
3
38) Und eine Klage furchtbar draus bereiten, 3
1
1
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3
3
1
4
3
1 3
39) Dagegen ich verstummen muß. So hab ich 2
1
2
1
4
4
3
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3
4
40) Mit eignem Netz verderblich mich umstrickt, 3
1
2
3
4
2 3
2 4
4
41) Und nur Gewalttat kann es reißend lösen. 3
1
3
4
2
3
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1
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4
42) Wie anders! da des 3 2 2 Mutes 1 freier 2 Trieb 4
4
4
4
4
43) Zur kühnen Tat mich zog, die rauh gebietend 3
1
3
4
2
2
4
1
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4
44) Die Not jetzt, die Erhaltung von mir heischt. 2
3
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4
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3
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45) Ernst ist der Anblick der Notwendigkeit. 4
2
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4
2
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4
46) Nicht ohne Schauder greift des Menschen Hand 3
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2
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1
3
4
47) In des Geschicks geheimnisvolle Urne. 2 1 1 2 1 1 3
4
3
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4
48) In meiner Brust war meine Tat noch mein; 2
2
3
3
4
1
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4
49) Einmal entlassen aus dem sichern Winkel 3
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1
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1
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50) Des Herzens, ihrem mütterlichen Boden, 2
2
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1
3
2
2
1
4
1
4
51) Hinausgegeben in des Lebens Fremde, 2 1 1 2 2 1 4
3
4
4
3
52) Gehört 1 3 sie jenen 1 tück'schen 2 Mächten 1 an, 4
4
4
4
3
53) Die keines Menschen Kunst vertraulich macht. 2
272
2
1
2
2
18 B r ä u e r , Tonbewegung
273
SCHILLER, WALLENSTEINS TOD I, 4 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
274
SCHILLER, W A L L E N S T E I N S T O D I, 4 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
18«
275
KLEIST, PRINZ VON HOMBURG II, 5 4
4
3
3
4
1) Der Prinz von Homburg war, sobald der Feind, 2
2
3
4
2
2
4
3
4
4
2) Gedrängt von Truchss, in seiner Stellung wankte, 1
2
2
4
2
2
4
3
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1
3
3) Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt. 3
1
2
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1
3
1
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3
4
4) Zwei Linien hatt' er, mit der Reiterei, 4
1
3
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2
3
1 3
4
4
5) Durchbrochen schon, und auf der Flucht vernichtet, 3
1 2
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3
4
2
3
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1
4
6) Als er auf eine Feldredoute stieß. 3
3
1
1
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1
2
4
3
7) Hier schlug so mörderischer Eisenregen 4
3
1
2
1
1
8) Entgegen ihm, daß seine Reiterschar, 4
3
2
3
1
4
3
3
3
1
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2
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3
9) Wie eine Saat, sich knickend niederlegte: 3
1
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3
2
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2
3
1 4
4
10) Halt mußt er machen zwischen Busch und Hügeln, 4
2
1
1
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1
3 4 4 3 4 11) Um sein zerstreutes Reiterkorps zu sammeln. 2
2
4
1
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12) Geliebte! Fasse dich! / Laß, laß mich, Liebe! 1
1
1
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4 4
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4
13) In diesem Augenblick, dem Staub entrückt, 2
1
1
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2
3
2
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3
4
14) Bemerkten wir den Herrn, der, bei den Fahnen 1
1
2
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1
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3
15) Des Truchsschen Korps, dem Feind entgegenreitet ; 2 1 2 2 1 1 3
4
4
3
4
16) Auf einem Schimmel herrlich saß er da, 3
1 4
1 4
2
2 4
4
4
17) Im Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend. 2 1 2 2 2 2 276
277
18) Wir alle sammeln uns, bei diesem Anblick, 3
1
2
3
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4
19) Auf eines Hügels Abhang, schwer besorgt, 3
1
2
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20) In Mitten ihn des Feuers zu erblicken: 2
1
2
4
2
2
3
1
4
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4
21) Als plötzlich jetzt der Kurfürst, Roß und Reiter, 3
2
2
4
3
3 4
3
4
2
3
22) In Staub vor unsern Augen niedersinkt; 2
3
2
4
1
3
2
4
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3
23) Zwei Fahnenträger fielen über ihn, 3
1
2
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1
3
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3
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4
24) Und deckten ihn mit ihren Fahnen zu. 3
1 3
3
1
4
1 4
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4
25) O meine Mutter! / Himmel! / Weiter! weiter! 3
1
2
1
4
3
2
2
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3
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26) Drauf faßt, bei diesem schreckenvollen Anblick, 3
3
1
4
4
1 2
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4
3
4
27) Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz; 4
2
2
4
2
3
1
4
4
4
28) Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache, 2
1 3
2
1
2
4
3
3
1
3
29) Bricht er mit uns auf die Verschanzung los: 4
3
3
4
2
3
3
4
3
4
30) Der Graben wird, der Erdwall, der sie deckt, 2
1 4
2 3
3
4
2
3 4
31) Im Anlauf überflogen, die Besatzung 2
3
2
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1
3
1
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4
32) Geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet, 1
1
4
2
4
2
4
2
3
1
4
33) Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten, 2
1
1
4
1
4
2
4
1
3
4
34) Der Schweden ganzes Kriegsgepäck erbeutet: 2 1 2 1 2 1 3
3
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3
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35) Und hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn 3
278
1
2
1
2
279
4
3
4
3
4
36) Im Würgen uns gehemmt, so wäre keiner, 2 1 1 2 1 2 2
4
4
4
3
37) Der, an dem Herd der Väter sagen könnte: 3
2
2
3
4
2
1
3
1
4
4
38) Bei Fehrbellin sah ich den Helden fallen!
KLEIST, PRINZ VON HOMBURG IV, 3 4
4
4
3
4
39) Das Leben nennt der Derwisch eine Reise, 2
1
2
3
4
3
4
1
3
1 4
40) Und eine kurze. Freilich! Von zwei Spannen 3
1
1
2
3
4
4
3
1
4
4
41) Diesseits der Erde nach zwei Spannen drunter! 4
2
1
3
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4
1
4
4
2
3
42) Ich will auf halbem Weg mich niederlassen! 3
3
1
4
3
4
2
1
3
4
3
43) Wer heut sein Haupt noch auf der Schulter trägt, 3
3
3
2
4
2 4
2 3
4
44) Hängt es schon morgen zitternd auf den Leib, 4
3 4
1
3
2
2
4
3
4
45) Und übermorgen liegt's bei seiner Ferse. 3
2
1
3
3
4
2
4
1
4
4
46) Zwar, eine Sonne, sagt man, scheint dort auch, 3
1 3
1 4
3 4
3 3
4
47) Und über buntre Felder noch als hier: 3
2
1
2
3
4
4
3
4
4
48) Ich glaub's; nur schade, daß das Auge modert, 3
3 3
4
1 3
2
1
4
3
49) Das diese Herrlichkeit erblicken soll. 3
280
1
2
2
1
2
281
KLEIST, PRINZ VON HOMBURG 11,5 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
282
KLEIST, PRINZ V O N HOMBURG II, 5 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
KLEIST, PRINZ VON HOMBURG IV, 3
283
GRILLPARZER, SAPPHO IV, 1 3
3
3
4
3
1) Bin ich denn noch? und ist denn Etwas noch? 4
3 4
3 4
4
3
2 4
3
2) Dies weite All, es stützte nicht zusammen 3
1 3
2
)
4
2
2
4
1
3
3) In jenem fürchterlichen Augenblick ? 2
1
2
4
1
3
1
4
3
4
4) Die Dunkelheit, die brütend mich umfängt, 2
1
3
3
2
4
2
4
4
5) Es ist die Nacht und nicht das Grab! 2
2
3
4
2
3
4
3
4
6) Man sagt ja doch, ein ungeheurer Schmerz, 3
2 3
3 4
1
2
4
3
3
7) Er könne töten. — Ach, es ist nicht so! — 2
1
1
3
2
2
4
3
4
4
8) Still ist es um mich her, die Lüfte schweigen, 4
2
3
4
2
4
1
4
1
3
4
9) Des Lebens muntre Töne sind verstummt, 2
2
1 3
4
1
2 4
3
4
10) Kein Laut schallt aus den unbewegten Blättern, 4
4
4
3
2
1
4
4
1
2
4
11) Und einsam, wie ein spät verirrtet Fremdling, 3
3
3
3
2
4
2
4
3
3
4
12) Geht meines Weinens Stimme durch die Nacht. — 4
2
2
3
1
4
2
3
3
4
13) Wer auch so schlafen könnte wie die Vögel, 3
3
1
4
1
4
2
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1
2
4
14) Doch lang und länger, ohne zu erwachen, 3
3 4
2
3
1
4
2
1
4
4
15) Im Schöße eines festern, süßern Schlummers, 2
1
2
4
2
4
2
2
3
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4
16) Wo alles — alles — selbst die Pulse schlafen, 3
2
2
4
2
4
1
4
4
1 4
17) Kein Morgenstrahl zu neuen Qualen weckt, 4
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1
2
1
1
285
18) Kein Undankbarer — Halt — Tritt nicht die Schlange! 4
3
2
4
4
3
4
2
2
1
4
19) Der Mord ist wohl ein gräßliches Verbrechen, 2
3
3
4
2
4
2
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1
3
4
20) Und Raub und Trug, und wie sie alle heißen, 3
3
3
4
3
3 4
4
1
1 4
21) Die Häupter jener giftgeschwollnen Hyder, 2
2
2
2
1
1
4
4
2
4
4
22) Die, an des Abgrunds Flammenpfuhl erzeugt, 3
2
3
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1
3
2
4
4
23) Mit ihrem Geifer diese Welt verpestet; 3
1
2
1
4
2
4
1
4
1
4
24) Wohl gräßlich, schändlich, giftige Verbrechen! 3
2
2
4
2
4
2
3
1
4
4
25) Doch kenn ich eins, vor dessen dunklem Abstich 3
3 4
3
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1
4
1
4
3
4
26) Die andern alle lilienweiß erscheinen, 2 2 1 1 2 1 4
3
4
4
4
27) Und Undank ist sein Nam! Er übt allein, 3
3 4
3
3
2
4
2
3
4
28) Was alle andern einzeln nur verüben, 3
1
2
4
2
2
4
1
4
4
4
29) Er lügt, er raubt, betrügt, schwört falsche Eide, 2
2
1
4
4
4
1
4
1
4
4
30) Verrät und tötet! — Undank! — Undank! — Undank! 2
3
1
3
4
4
3
4
3
3
4
31) Beschützt mich, Götter! schützt mich vor mir selber! 1
3 4
2 4
3 4
3
4
4
32) Des Innern düstre Geister wachen auf 2
2
1
4
2
2
1
4
4
3
33) Und rütteln an des Kerkers Eisenstäben! 3
2
2
3
2
3
1
4
1
3
4
34) Ihn hatt ich vom Geschicke mir erbeten, 3
3 4
1 4
1
1
2
1
4
3
35) Von allen Sterblichen nur ihn allein; 2
286
1
2
3
2
2
287
3
4
3
4
4
36) Ich wollt ihn stellen auf der Menschheit Gipfel, 3
3 4
1
2
4
4
3
3
2
4
37) Erheben hoch vor allen, die da sind, 2
1
3
3
1
4
3 4
4
3
38) Und über Grab und Tod und Sterblichkeit 3
2
3
4
3
3
4
2
1
4
39) Ihn tragen auf den Fittichen des Ruhms 3
1 4
2 2
2
2
4
4
4
40) Hinüber in der Nachwelt lichte Fernen. 2
2
2
3
3
4
1
1
4
4
4
41) Was ich vermag und kann und bin und heiße, 3
2
3 3
4
3
3
4
1
2
4
42) Als Kranz wollt ich es winden um sein Haupt, 3
3 4
2 4
1
3
3
4
4
43) Ein mildes Wort statt allen Lohns begehrend, 3
2
3
4
1
3
1 3
2
4
4
44) Und er — lebt ihr denn noch, gerechte Götter ? — 3
4 4
3
1
4
3
1
2
2
4
45) Ihr lebet, ja! — Von euch kam der Gedanke, 3
1
2
4
4
3
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4
1
4
46) Der leuchtend sich vor meine Seele drängt. 2
2
3
3
1
4
1
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4
3
47) Laß mich dich fassen, schneller Götterbote, 4
3
1
4
2
3
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1 4
4
48) Vernehmen deines Mundes flüchtig Wort! — 2
1
2
2
4
4
2
3
4
3
49) Nach Chios, sprichst du, soll Melitta hin, 3
2
3
4
4
1
2
4
2
.
4
50) Nach Chios, dort getrennt von dem Verräter, 3
2 4
1 4
2
3
2
4
2
4
51) In Reue wenden ihr verlocktes Herz, 2
1
1
4
2
4
2
4
4
4
52) Mit Liebesqual der Liebe Frevel büßen ? 3
2
2
4
1 4
4
2
1 4
4
53) So sei es! — Rhamnes! Rhamnes! — Ja, so sei's! 4
2
2
4
1
2
3
4
3
3
1
4
54) Unsterbliche, habt Dank für diesen Wink! 2
288
2
3
19
B r ä u e r , Tonbewegung
289
GRILLPARZER, SAPPHO IV, 1 Höhen- und Tiefenlinien H =
290
Iktenfolgen, T =
Senkungsfolgen
GRILLPARZER, SAPPHO, IV, 1 Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
19*
291
HEBBEL, HERODES UND MARIAMNE III, 6 (SCHLUSS) 3
4
4
4
3
1) Wahr ist's, ich ging zu weit. Das sagte ich 4
3 3
2
2
4
1
4
4
4
2) Mir unterwegs schon selbst. Doch wahr nicht minder, 3
2
3
3
3
4
3
3
1 4
1
4
3
2
4
3) Wenn sie mich liebte, würde sie's verzeihn! 3
3 3
2 3
4
4) Wenn sie mich liebte! Hat sie mich geliebt ? 4
3
1
4
3
3
1
4
3
4
5) Ich glaub es. Aber jetzt — wie sich der Tote 3
2
2
4
3
3
4
2
1
4
4
6) Im Grabe noch zu rächen weiß! Ich schaffte 2
1
2
1
4
3
3
4
1
3
4
7) Ihn fort, um meine Krone mir zu sichern, 3
2
1
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1
2
4
2
4
3
4
8) Er nahm, was mehr wog, mit hinweg: ihr Herz! 2
3
4
4
3
2
3
3
4
4
9) Denn seltsam hat sie, seit ihr Bruder starb, 3
3
3
3
3
3 4
2 4
4
10) Sich gegen mich verändert, niemals fand 3
1
2
3
2
3
3
3
4
3
11) Ich zwischen ihr und ihrer Mutter noch 3
1
3
4
2 ,. 4
4
2 3
3
12) Die kleinste Spur von Ähnlichkeit heraus, 2
1
2
2
2
4 3 in mehr 3 4 4 13) Heut glich sie ihr als einem Zug, 4
3
2
3
3 3
3
1 4
4
14) Drum kann ich ihr nicht mehr vertraun, wie sonst! 3
3
3
3
4
2
3
3
3
4
15) Das ist gewiß! Doch muß es darum auch 4
1
3
3
2
4
2
3
3
4
16) Sogleich gewiß sein, daß sie mich betrog? 2
1
3
4
3
3
3
1
4
4
17) Die Bürgschaft, die in ihrer Liebe lag, 2
292
3
2
2
1
293
Ist weggefallen, aber eine zweite 3
1
1
2
3
1
3
1
4
3
4
Liegt noch in ihrem Stolz, und wird ein Stolz, 4
2
1
2
3
4
3
2
4
1
Der es verschmäht, sich zu verteidigen, 3 2 3 2 2 3
4
4
2
4
Es nicht noch mehr verschmähn, sich zu beflecken ? 2
3
2
4
3
4
1
4
1
3
4
Zwar weiß sie's! Joseph! Warum kann der Mensch 3
3 4
2
2
3
4
2 3
4
Nur töten, nicht die Toten wieder wecken, 3
1 3
2 3
4
1 3
2
1 4
Er sollte beides können oder keins. 2 1 2 1 2 4
4
4
4
4
Der rächt sich auch! Er kommt nicht! Dennoch seh ich 4
3
2
4
2
3
3
4
3
3
4
Ihn vor mir! „Du befiehlst?" — Es ist unmöglich! 3
3
1
3
2
4
4
4
2
4
3
Ich will's nicht glauben! Schweig mir, Salome! 3
3 2
1 3
3 3
2
4
4
Wie es auch kam, so kam es nicht. Vielleicht 4
3
4
2
2
4
3
3
4
4
Fraß das Geheimnis, wie verschlucktes Feuer, 4
1
2
4
2 3
3
2 4
2
4
Von selbst sich bei ihm durch. Vielleicht verriet er's, 3
3 2
3 3
3
4
2
4
3
Weil er mich für verloren hielt und nun 3
3 2
2
4
1
3
3
4
3
Mit Alexandra sich versöhnen wollte, 3
1
2
4
2 4
1
1
4
3
4
Bevor die Kunde kam. Wir werden sehn! 1
3
1 4
3
4
1
3
3
4
Denn prüfen muß ich sie! Hätt' ich's geahnt, 3
1 3
3 4
3 3
4
1 3
Daß sie's erfahren könnte, nimmer wär ich 3 2 1 1 2 3 294
3
295
4
3
4
3
4
36) So weit gegangen. Jetzt, da sie es weiß, 3
1
1
3
4
4
2
3
3
4
37) Jetzt muß ich weitergehn! Denn, nun sie's weiß, 4
3
2
3
3
4
3
3
4
4
38) Nun muß ich das von ihrer Rache fürchten, 3
3
2
3
2
3
1
4
3
1
3
39) Was ich von ihrer Wankelmütigkeit 3
2
2 4
4
1 4
2 1
4
40) Vielleicht mit Unrecht fürchtete, muß fürchten, 3
3
3
3
3
1 4
4
3
1 3
41) Daß sie auf meinem Grabe Hochzeit hält! 3
3
4
1
1
4
3
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4
3
42) Soemus kam zur rechten Zeit. Er ist 2
2
3
4
1
2
3
4
3
4
43) Ein Mann, der, war ich selbst nicht auf der Welt, 3
3 4
3
2
4
3
2
4
4
44) Da stünde, wo ich steh. Wie treu er denkt, 4
1
4
4
3
2
4
2 4
4
45) Wie eifrig er mir dient, beweist sein Kommen. 3
2
3
1
3
1
4 ich jetzt 3 4 3 sie nichts 4 46) Ihm geb den Auftrag! Daß 4
3 3
2
3
4
3
4
3
3
47) Aus ihm herauslockt, weiß ich, wenn sie ihn 3
2
3
4
3
3
3
4
4
3
48) Auf Menschenart versucht! — Verrät er mich, 3
1 3
4
2
2 4
2
4
3
49) So zahlt sie einen Preis, der — Salome, 3
3 3
1
3 4
3
2 4
4
50) Dann hast du recht gehabt! — Es gilt die Probe!
296
297
H E B B E L , H E R O D E S UND MARIAMNE III, 6 (SCHLUSS) Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
298
HEBBEL, HERODES UND MARIAMNE III, 6 (SCHLUSS) Höhen- und Tiefenlinien H = Iktenfolgen, T = Senkungsfolgen
299
LITERATURVERZEICHNIS Beissner, Friedrich, Unvorgreifliche Gedanken über den Sprachrhythmus. Festschrift für Paul Kluckhohn und Hermann Schneider, Tübingen 1948, S. 427—444 Belling, Eduard, Die Metrik Schillers. Breslau 1883 Benoist-Hanappier, L., Die freien Rhythmen in der deutschen Lyrik. Halle 1905 Böhm, Hermann, Zur deutschen Metrik. Beil. z. Schulprogr. I, Berlin 1890; II, Berlin 1895 Bräuer, Robert, Rhythmische Studien, Untersuchungen zu Tempo, Agogik und Dynamik des Eichendorffschen Stiles. Archiv f. d. ges. Psychologie, Bd. 56, H. 3/4, Leipzig 1926 id., Der Rhythmus in der Welt. Archiv f. d. ges. Psychologie, Bd. 98, S. 143—153, Leipzig 1937 Brecht, Bert, Über reimlose Lyrik mit unregelmäßigen Rhythmen. Zs. „Das Wort", Moskau 1939, nachgedruckt in H. 12 der „Versuche", S. 143—147, Berlin 1953 Closs, August, Die freien Rhythmen in der deutschen Lyrik. Bern 1947 Drach, E., Artikel „Versmaß" in: Sachwörterbuch der Deutschkunde II, S. 1207, Leipzig 1930 Fittbogen, Gottfried, Die sprachliche und metrische Form der Hymnen Goethes. Halle 1909 Fries, Albert, Stilistische und vergleichende Forschungen zu H. v. Kleist. Berliner Beiträge 1906 Goldbeck-Löwe, A., Zur Geschichte der freien Verse in der deutschen Dichtung. Diss. Kiel 1891 Gropp, Friedrich, Zur Ästhetik und statistischen Beschreibung des ProsaRhythmus. Zs. Fortschritte der Psychologie IV, S. 43—79, Leipzig 1917 Habermann, P., Artikel „Rhythmus" in: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, III, S. 49—57, Berlin 1928/1929 Haller, Rudolf, Studie über den deutschen Blankvers. Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 31. Bd. H. 3, S. 380—424 (1957) Hettich, L., Der fünffüßige Jambus in den Dramen Goethes. Heidelberg 1913 300
Kauffmann, Friedrich, Deutsche Metrik. Marburg 1897 (I.A.), 1912 (3. A.), 1925 (4. A.) Kayser, Wolfgang, Kleine deutsche Verslehre. Bern 1952 (3. Auflage) Kettner, Gustav, Lessings Dramen im Lichte ihrer und unserer Zeit. Berlin 1904 Koch, Albert, Über den Versbau in Goethes „Iphigenie". Jahresbericht der Friedrich-Wilhelm-Schule, Stettin 1900 id., Über den Versbau in Goethes „Tasso" und „Natürlicher Tochter". Schulprogramm, Stettin 1902 Lipsky, A., Rhythm as a distinguishing characteristic of Prose Style. In: Archives of Psychology, New York 1907 Marbe, Karl, Über den Rhythmus der Prosa. Gießen 1904 Meyer, R. M., Deutsche Stilistik. München 1913 Minde-Pouet, Georg, Kleists Sprache und Stil. Weimar 1897 Minor, Jakob, Neuhochdeutsche Metrik. Straßburg 1893 (I.A.), 1902 (2. A.) Ottmann, Richard Eduard, Ein Büchlein vom deutschen Vers. Gießen 1900 Panconcelli-Calzia, G., Die experimentelle Phonetik in ihrer Anwendung auf die Sprachwissenschaft. Berlin 1924 (2. A.) Pörschke, Karl, Die Versgestalt in Hölderlins Elegienzyklus „Menons Klagen um Diotima. Diss. Kiel 1936 Rube, Wolfrad, Der fünffüßige Jambus bei Hebbel. Diss. Heidelberg 1910 Saran, Franz, Deutsche Verslehre. München 1907 id., Deutsche Verskunst. Berlin 1934 Schurig, Walther, Das Prinzip der Abstufung im deutschen Vers, Zur Struktur der deutschen Verssprache. Diss. Leipzig 1933 Sievers, Eduard, Grundzüge der Phonetik. Leipzig 1901 (5. A.) id., Rhythmik und Melodik des nhd. Sprechverses. Verh. d. 42. PhilologenVersammlung, S. 370—382 Unser, H., Über den Rhythmus der deutschen Prosa. Diss. Freiburg 1906 Verwey, Albert, Rhythmus und Metrum. Halle 1934 Werner, H., Rhythmik, eine mehrwertige Gestaltverkettung. Zeitschrift f. Psychologie und Physiologie 82, S. 198—218 (1919/1920) Wildhagen, E., Über die Verwendung des Rußschreibeverfahrens zur Analyse von Sprachaufnahmen, besonders ihrer Intensität. Diss. Kiel 1923 Zarncke, Friedrich, Über den fünffüßigen Jambus bei Lessing, Schiller und Goethe, 1865; Nachdruck in: Goetheschriften, S. 309—428, Leipzig 1897 Zitelmann, Ernst, Der Rhythmus des fünffüßigen Jambus. Leipzig 1907 301
NAMENREGISTER Beissner 108
Fittbogen 27
Gropp 6 Habermann 2 Haller 3, 9, 12, 13, 21, 28, 29, 96, 97, 98, 203, 207, 218, 231 Hebbel 12, 134—147, 150, 151, 156, 158, 167, 168, 169, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 203, 204, 205, 206, 207, 210, 211, 212, 213, 216, 225, 226, 230, 239, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248 — Herodes und Mariamne 19, 22/23, 142—147 Hettich 1, 3, 6, 26, 37, 235 Heusler 231
Fries 108
Kauffmann 4, 27, 28
Belling 2 Benoist-Hanappier 6 Böhm 1, 9, 10 Bräuer 2, 10 Brecht 9, 84, 197, 233 Closs 27 Drach 2
Goethe 12, 15—44, 46, 47, 48, 49, 50, 52. 53,54,55,56,64,65,66,67,68,69,70,72, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 81, 82, 83, 84, 85, 93, 94, 95, 96, 99, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 121, 122, 123, 124, 125, 138, 139, 140, 141, 150, 151, 152, 156, 157, 158, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 190, 191, 203, 204, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 223, 226, 227, 228, 234, 235, 240, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 248 — Iphigenie 12, 13, 18, 20/21, 30—33, 121, 135, 165 — Tasso 17, 20/21 — Natürliche Tochter 17, 20/21 Goldbeck-Löwe 6 Grillparzer 12, 118—133, 134, 138, 139, 140, 141, 150, 151, 156, 157, 158, 164, 165, 167, 168, 169, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 203, 204, 205, 206, 207, 210, 211, 212, 213, 215, 216, 224, 226, 229, 238, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248 — Sappho 19, 22/23, 121, 126—133 302
Kayser 7 Kettner 235 Kleist 12, 92—117,121,122,123,124, 125, 135, 138, 139, 140, 141, 150, 151, 152, 156, 157, 158, 167, 168, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 203, 204, 205, 206, 210, 211, 212, 213, 215, 223, 226, 227, 228, 229, 237, 238, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 248 — Prinz von Homburg 19, 22/23, 100/101, 110—113, 116—117, 121 Koch 3 Lessing 12, 45—63, 65, 66, 67,68,69,71, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 81, 82, 83, 85, 94, 95, 96,101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108,121,122,123,124,134,136,138,139, 140, 141, 150, 151, 152, 156, 158, 167, 168, 169, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 203, 204, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 219, 220, 221, 226, 229, 235, 236, 240, 242, 243, 244, 245, 246, 247, 248 — Nathan der Weise 20/21, 52—53, 58—63, 121 Lipsky 2, 6
Marbe 3, 4, 5 R. M. Meyer 6
166, 167, 168, 169, 170, 176, 177, 178, 179, 180, 181, 183, 203, 204, 205, 206, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215, 222, 226, 229, 236, 237, 241, 242, 244, 245, 246, 247, 248 — Wallenstein 18, 22/3, 70—71, 86—91,
Minde-Pouet 96 Minor 1, 3, 6, 96 Ottmann 3, 4, 7
121
Panconcelli-Calazia 8 Pörschke 7 Rube 3 Saran 2, 3, 4, 5, 36, 37, 56, 57, 75 Schiller 12, 64—91, 94, 95, 96, 99, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 122, 123, 124, 125, 134, 135, 138, 140, 141, 150, 151, 152, 156, 157,
101, 121, 139, 158,
Schurig 27 Sievers 2, 26 Unser 3 Verwey 1 Werner 2, 10 Wildhagen 5 Zarncke 2, 235 Zitelmann 1, 4, 26, 27, 28, 50, 231, 236
303
SACHREGISTER Akzententschärfung 141 Akzentunterscheidung 170 Alterierung des Metrums 103 Alternierende Betonung 139, 140, 191 Amphibrach 1, 10, 11 Amplitude 11, 18 Anlaufszeit des Metrums 20 Antithese 114, 166 Architektonische Funktion 17, 25, 119 Auffassungsdivergenzen 6 Auftakt 9 Ausdruckserhöhungen 104 Ausdrucksschwäche 119, 120 Ausdrucksverstärkung 38, 39 Ausstrahlungen desselben Formwillens 46, 73 Betonungskomponenten 5 Blankvers, Definition 11, 12, 208 Dipodische Bauart 4, 7, 26, 27, 28, 37 Diskrepanz 84, 85 Dominanz des Metrums 32, 54, 78, 106, 214 Durchbruch des Ethos 35, 36, 54, 72, 77 f., 100, 102, 104, 114, 135, 138 Echtheitsuntersuchungen 207 Eingangssenkung 9 Eingangsverse 16, 17ff., 135 Einklang 46 Empfindlichkeit gegen Wiederholungen 48 Entsprechung von Form und Inhalt 31 Erfüllungen des Metrums Goethe 30/33 Lessing 52/53 Schiller 70/71 Kleist 100/101 Grillparzer 128/131 Hebbel 142/147 Fehlanzeige 192 Fehlerquellen 6, 10, 69, 78, 226, 227 Fernziel 203, 207
304
Gefahrenzonen 182 Gefühlsbetonte Sprachform 92 Gegenformen 178, 181 Gegensätze, größte 103,180,181,183, 209, 211, 213, 226 Geschlossenheit des Verses 148 Grenzwerte 68, 108 Großrhythmische Wirkungen 98, 137 Harmonie, vollendete 85 Höhenlinien 170 ff. Homogene Reihen 52 Iktenabstufung 27 Iktenbeobachtung 182 Iktenfolgen 139, 168, 170—175, 177 Goethe 25 Lessing 50 Schiller 69 Kleist 94/95, 115 Grillparzer 123, 124 Hebbel 140, 141 Indifferenz, metrische 35, 78, 103, 114 Individuelle Gruppenanteile 180 Kombinatorik 169 Kongruenz von Form und Inhalt Goethe 38, 39 Lessing 46, 56 Schiller 72, 78, 79, 84, 85 Kleist 100, 101, 104 Grillparzer 121 Hebbel 135 Konkordanz, vollendete 78, 120 Korrektionsbedürftigkeit 182 Kontrastierung 179 Kretikus 11 Lesegeschwindigkeit 6 Linienüberschneidung 196 Longitude 11 Metrische Bestimmtheit 213ff., 218, 221 bis 227
Sachregister Metrische Rücksichten 119 Metrumgerechtheit 79ff., 105, 115, 213 Minium, rhythmisches 11 Monolog, Anfang des 135 Monopodie 26, 27, 37 Musik, Analogie mit der 1, 10, 85 Nachbarverse 50, 82, 83, 95, 119, 123, 124, 139, 177, 191 Näherungswerte 181 Nichtganzzusammengehörigkeit 84 Personalstil 37, 74, 75, 167, 168, 209 Phonationsstärke 8 Profile des Blankverses 250—297 Profilierung, schärfste 226 Prosarhythmus 2, 11 Redepausen 3 Reihung der Versgestalten 176 Rhythmische Gewohnheit 176 Rhythmische Gliederung höherer Ordnung 125 Rhythmische Grundgestalten 13, 14 Goethe 15/16 Lessing 45 Schiller 64 Kleist 92, 114 Grillparzer 118 Hebbel 134 Rußschreibverfahren 5 Schwankungen der Tonbewegung 106,107 Schwebende Betonung 36, 37, 55, 76, 77 Schwereabstufung 3 Senkungsgewichte 3 Senkungsfolgen 187, 188, 189 Senkungsspiegel 217, 218 Singulare Typen 168 Sinngewichtsunterscheidung 5 Sinnträger 8 Sinnzusammenhang 8 Sprachgebrauch 5 Stagnation 207 Standortbestimmung 102, 105 Steigerungsanlage 163 Stilmoment 72, 96, 121, 137, 179 Strophische Gliederung 165 Stützpfeiler des Metrums 16, 24, 65 Symmetrie 26, 190 Syntaktische Überraschung 104 20
Bläuer,
Tonbewegung
Tiefenlinien 184 ff. Tonabstufung 26, 27, 95, 114 Tonbewegung 31, 57, 68, 99, 108 Tongefälle 67f., 99, 106, 125, 141 Tonhöhe 5, 11 Tonstufenausgleich 19, 50 Ton Verschiebung 19 Tonverzerrung 8, 28 Typenhäufigkeit 152 Typenvielfalt 69, 95, 96, 167 Umbruch des Metrums 38 Umkehrung des Metrums 36, 55/6, 79, 103, 114, 122, 137, 138 Umkehrung des Satzverhältnisses 104/5 Unbekümmertheit, metrische 120 Unbestimmtheit 196 Überwindung der Einseitigkeit 207 Unhaltbare Auffassungen: allgemein 9, 10 Haller 12, 13, 21, 28, 218/9 Hettich 159 Kauffmann 28 Kayser 7 Minor 6,7,151 Ottmann 8 Pörschke 8 Saran 4, 5, 57 Schurig 27 Zitelmann 4, 26 Unklarheit der Grundanschauungen 27 Unregelmäßigkeit, einmalige 79 Unregelmäßigste Verse 83 Unsicherheit der Fundamente 151 Unterbrechungen des Metrums, länger anhaltende 39 Verankerung des metrischen Grundschemas 16, 48 Verfasserschaftsfragen 207 Versanfang, Bevorzugung des 104, 183 Verschleierung der Zeilengrenzen 13, 211 Verseinsatz 122 Versende, Meidung des 104 Versgeschlecht 12, 13, 25, 79, 211 Versifikation, routinemäßige 38 Versprofile 250—297 Versverflechtung 137 Verzahnung 12 Vielgestaltigkeit der Verse 151
305
Sachregister Volle Übereinstimmung der Tongewichte 186 Vorherrschaft des Metrums 85 Vortragsart 137
Wohlgefällige Rundung 179 Wohlklang 84, 85 Wortfuß 1, 10 Wortspondeen 98
Wechsel, geordneter 178 Welle, Form der 11 Widerstreit von Rhythmus und Metrum 159 Wiederholung 11, 17, 24, 34, 54, 66, 73, 96, 119, 137 Wiederkehr 24, 34, 54, 66, 73 Willkürlichkeit 7 Wirkungsverschleiß 73, 182
Zeilenanfang 121 Zeilenbindung 158 Zusammenhalt der Verse 148ff. Zusammenklang 84 Zusammenwirken in gleicher Richtung 18, 104, 211 Zwillinghafte Gleichheit 29, 51, 95, 109, 184
306
GRUNDRISS
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PHILOLOGIE
Deutsche Versgeschichte mit Einschluß des altenglischen und altnordischen Stabreimverses Von A N D R E A S
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