308 28 145MB
German Pages 324 Year 1991
Va H. Uhlig (Hrsg.) Moderne Telekommunikation jiehtem et hten Bundesländer
R.v. DIOR
TELEKOM
2000
HMW IT-Consulting Inh. Harald Weite
Landreiterweg 34a, 12353 Berlin
Tel: N, Fax: +49-30-24033904 Hip //hmw-consuhing.d@/ Ino@@hmw-sonsuting.de
Forum Telekommunikation
Moderne Telekommunikation für die neuen Bundesländer
Herausgegeben von
Gerd Tenzer
Heinz Uhlig
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© D
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R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck
Heidelberg
Die Autoren haben in ihren Beiträgen größtenteils auf persönliche praktische Erfahrungen bei der Erarbeitung und Verwirklichung des Telekom-Programms zurückgegriffen und sind teilweise bereits mit Vorträgen und Publikationen zu
dieser Thematik an die Öffentlichkeit getreten.
Redaktion und Bearbeitung:
Dr.-Ing. Sabine Schulze, Dr. oec. Dipl.-Ingenieurökonom Heinz Uhlig Herstellung der Umrißkarten: Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH - 7550 Rastatt — Graphische Informationsverarbeitung Redaktionsschluß:
1.7.1991
© 1991 R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck GmbH,
Heidelberg
Gesamtherstellung: KOELBLIN Druck+ Verlag, Baden-Baden ISBN 3-7685-1391-2
Vorwort
Publikationen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorgänge laufen stets Gefahr, vom Fortgang der Ereignisse überholt zu werden. Das gilt sicher auch für den Gegenstand dieses Buches. Dennoch, und vielleicht gerade deshalb, verdient
es dieses einmalige Programm, das Programm zum Aufbau der Telekommunikations-Infrastruktur in den neuen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, auf
eine solche Weise dokumentiert zu werden. In einigen Jahren jedenfalls werden
die Ergebnisse zu den Selbstverständlichkeiten unseres Lebens gehören.
Für eine solche Publikation spricht auch, daß sich in diesem Programm letztlich jüngste deutsche Geschichte widerspiegelt. Denn schließlich wurden durch die friedliche Revolution der Novembertage von 1989 und durch die Herstellung der deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 die Weichen dafür gestellt, auf kommunikationstechnischem Gebiet solche Ziele zu setzen. Neben den neuen gesamtpolitischen Rahmenbedingungen wurden neue strukturelle Bedingungen geschaffen,
wie die Vereinigung der Telekom West mit der Telekom Ost und auch die Fusion wichtiger Bereiche der nachrichtentechnischen Industrie aus Ost- und Westdeutschland. Diese und die neuen marktwirtschaftlichen Voraussetzungen überhaupt setzen jene Kräfte und Mittel frei, die ein Programm solchen Ausmaßes
und solcher Dynamik erst in einen machbaren Bereich rücken.
Dabei weiß jeder, daß die Kommunikation sowohl vor als auch nach der Wende zu den sensibelsten Bereichen gehört. Vor der Wende, weil fehlende Kommunikation die Grenzen und die Mauern noch höher erscheinen ließen, als sie ohnehin
schon waren. Nach der Wende, weil ungehinderte Kommunikationsmöglichkeiten zur elementarsten Voraussetzung für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern wurde und weil die wahre Wiedervereinigung der Menschen aus Ost und West ohne Kommunikation nur ein halber Schritt wäre.
Jede Investition in den neuen Bundesländern wird vor allem an ihrer wirtschaftsfördernden Wirkung zu messen sein. Das Telekom-Programm kann gleich drei solcher
Wirkungen
für sich
beanspruchen:
Erstens
bietet
es mehr
als 40 000.
Mitarbeitern der Deutschen Bundespost Telekom im Osten Deutschlands sichere Arbeitsplätze und eine sichere Perspektive. Zweitens bedeutet es umfangreiche Aufträge an die nachrichtentechnische Industrie, an Hoch- und Tiefbaufirmen und an viele Handwerker — Beschäftigungsmöglichkeiten für 80000 100.000 Menschen in den neuen Bundesländern. Drittens schafft die Verwirkli-
chung des Programms jene Kommunikationsmöglichkeiten,
Unternehmen
die Tausende von
überhaupt erst lebens- und marktfähig machen
Arbeitsplätzen in größeren Dimensionen führen.
und damit zu V
Aber gerade weil das so ist, stehen alle, die an der Realisierung des Programms
beteiligt sind, ob Telekom oder Industrie, ob Handwerk oder Kommune, unter
einem riesigen Druck der Geschäftswelt und der Bürger.
Angesichts der im vorliegenden Buch dargestellten Ausgangssituation, dem Ergebnis von 40 Jahren sozialistischer Planwirtschaft und damit leider auch „planmäßiger“ Vernachlässigung des Kommmunikationswesens, würde es wahr-
haftig ein Wunder erfordern, um schlagartig allen Wünschen der Nutzer zu entsprechen. Das Wunder ist sicher nicht möglich, aber unter Berücksichtigung dieser Situation kommt neben den dargestellten langfristigen Entwicklungszielen zur Niveauangleichung den sofort greifenden Maßnahmen allergrößte Bedeutung zu. Wenn wir für 1991 die bereitgestellten Mittel mehrfach bis auf den stattlichen Betrag von 7 Milliarden DM erhöht haben, wenn statt ursprünglich 300.000 Telefonanschlüsse 500 000 eingerichtet werden (übrigens das Zehnfache dessen, was 1989 noch zu DDR-Zeiten an Fernsprechanschlüssen geschaltet werden konnte), wenn die Leitungskapazität zwischen den alten und neuen Bundesländern von 8000 auf 30 000 erhöht wird, 120 digitale Vermittlungsstellen noch 1991 aufgebaut und 32 Turn-Key-Vorhaben realisiert werden und schließlich durch das Mobilfunk-C-Netz 60% der Fläche der neuen Bundesländer versorgt wird, sollte das Beweis genug dafür sein, daß alle am Aufbau Beteiligten
die Herausforderung angenommen haben und daß Außergewöhnliches und bislang Beispielloses geleistet wird. Die Autoren haben aber gleichzeitig überzeugend dargestellt, daß Sofortmaßnahmen auf ausgewählten Gebieten allein nicht genügen, sondern daß nur durch einen ganzheitlichen und systematischen Netzausbau eine solide Basis für eine der breiten Öffentlichkeit zugängliche Telekommunikations-Infrastruktur der Zukunft geschaffen werden kann. Dieses Aufbauwerk von Zehntausenden als langfristiges Programm und zugleich als Momentaufnahme festzuhalten, sollte wichtiges Anliegen dieses Buches sein und damit auch eine Form des Dankes an alle aktiv Beteiligten. Gleichzeitig ist zu hoffen, daß alle Nutzer einen größeren Einblick in die netztechnisch bedingten Zusammenhänge gewinnen, aber auch Erkenntnisse für ihre eigenen Kommunikationsmöglichkeiten heute und in der Zukunft ableiten können. Helmut Ricke Vorstandsvorsitzender
Deutsche Bundespost Telekom
VI
Inhalt
VorWort.
anne
1.
Ausgangssituation und Entwicklungsstrategie .. .......2..2..... Gerd Tenzer/ Heinz Uhlig
1.1 1.2 1.3
Charakteristik der Ausgangssituation . . 2.22 cc co co onen Bestimmungsgründe für die schlechte Ausgangssituation.......... Grundstrategie zum Ausbau der Telekommunikation in den neuen Bundesländern .... 2... 2. ccm oone een Das vereinigte Unternehmen Telekom - eine Einheit von Mitarbeitern . Dieter Gallist
2.1 Die Ausgangsbasisim Osten... 22:2 como nen 2.2 Die Ausgangsbasisim Westen... 22:22 cm o nen 2.3 Betrachtungder Unterschiede... . 2.222 cc o onen 2.4 DasZusammenwachsen. .. 2.2.2.2 co onen 2.5 Das Spezialproblem: die politische Belastung Einzelner. .......... 2.6 Diegemeinsame Zukunft... 2... 22 oo Ordnungspolitische Wandlungen
Eberhard Witte
3.1 3.2 3.3 3.4
Ausgangssituation
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RERMIN GE
. . 2 Cm
Politischer Wandel - : un sms wos mim en snaonememem en en Organisatorischer Wandel .. 2... 2.222 co onen
Vom Monopolzum Wettbewerb
... 2...
cc cn nenn
Über den Netzausbau in Ostdeutschland zu einem einheitlichen
Telekommunikationsnetz in ganz Deutschland
.........2.......
Norbert Gawron/ Hans-Dieter Reichardt/ Rainer Bark
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7
Übertragungsnetz
Teleionne®
2... cur
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Aufbau des Telefonnetzes in den neuen Bundesländern und die
Integration der Teilnetze Ostund West .......... 22 eeeneen Helmut Schön! Eckart Auer / Wolfgang Hummel nr anime name neue 3 Zielsetzungen .. .--»»urmac 2222 ceeeeeeeeneeeeenn ern nn Se Ausbaustrategie....... 5.3 Bundesweite Netzintegration ...... 2.222 eeeeeeeeeennen 5.4 Harmonisierung der Verkehrstarife ... 2.22.2222 2ereeeennen Dem Kundenzugewandt
......... 222er reeeenernn nenn
Matthias Weber
6.1 6.2 6.3
Ynl
Fed
Ausgangsbedingungen und Zielstellung.
113 113 115
142
154 167
. ....... 2. cren..
168
Der Ausbau des Fernkabelnetzes durch moderne Kabelauslege- und nennnnn .:: 2 cr een Montagetechnologien. ........ Klaus Müller
181
Vertriebs-und Service-Organisation. .... 2.222222 eeeennen: Schlußbemerkungen. ..... 2... 222 een eeeeeneen een
Die Rolle der Deutschen
Fernkabel-Gesellschaft
mbH
beim
Ausbau
173 180
rennen ..... des Fernkabelnetzesin Deutschland .....2... Deutschen der und Zusammenarbeit zwischen der DFKG
181
200:
185
71.3 7.4 71.5
8.1 8.2 8.3 8.4 8.5
nn een nn n .2ceeneneene
182
. rer eeeeeeen Glasfaserkabel-Montagetechniken. ...... nnenn ner e en eseeereee 22222222 2... . Ausblick
195 199
Bundespost Telekom
.... 2.222
Projektierungs-, Bau-und Vermessungstechnik.
........
Der Beitrag der Standard Elektrik Lorenz AG zur Realisierung des Aufbauprogramms. .... 2.222 ceeeeeeeneene nenne Gerhard Zeidler SEL- Vollanbieter auf dem Gebiet der Telekommunikation. ...... Produktorientierte Leistungen für dieneuen Bundesländer ........ Pilot- und Turn-Key-Projekte in den neuen Bundesländern .......Regionale Aktivitäten von SEL in den neuen Bundesländern
Ausblick
... 22222222
eeer
nennen
een
.......
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Der Beitrag der Firma Siemens AG zur Realisierung des ern nne Aufbauprogramms. ...... 222222 eeeereeeereen
9.1 9.2 9.3 9.4 VOI
Erwin Hardt / Werner Schmücking Das Unternehmen Siemens. . . 2... 22:2 22er Siemens-Telekommunikationstechnik für die neuen Bundesländer ... Siemens-Industriceaktivitäten inden neuen Bundesländern. ........
Zusammenfassung
. ....:.
222. eeeeeneeeeren ernennen
201 202 205 216 222
225
227 228 229 239
248
10.
10.3 10.4 10.5
Der Beitrag der Firma Philips Kommunikations Industrie AG zur Realisierung des Aufbauprogramms.......... 2.222200 een0e. Heinz Thielmann Das UnternehmenPKI. ......... 2.2.2222 nennen Leistungsangebot zu den Anforderungen der Deutschen Bundespost Telek6M «: zrwesnswemiwsmw sw wem ern wine WeitereProdukte.::=:=:3:;=:5a0e ns un sn mem wa ns Kommunikationstechnik von Philipsin den neuen Bundesländern ... PhilipsinBautzen........ 2.2.2. onneeeeeeeeeeennnene:
11.
Der Beitrag der Firma Robert Bosch GmbH zur Realisierung des
10.1 10.2
Aufbauprogramms Kommunikationstechnik — Grundlage und Motor für den
wirtschaftlichen Aufschwung Herbert
Die Autoren
........ 222222 c sense.
251 251 253 295 271 276
283
Weber
2 2 m meer
303
IX
1. Ausgangssituation und Entwicklungsstrategie Gerd Tenzer/ Heinz Uhlig
In zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen, Diplomarbeiten und Dissertationen wurde in den letzten Jahren in Ost und West der hohe Stellenwert einer leistungsfähigen Telekommunikations-Infrastruktur für die Gesellschaft, für die Bürger wie für die Wirtschaft untersucht und nachgewiesen. Aber grau ist alle Theorie, gemessen an der tiefen Kluft, die heute zwischen dem sprunghaft gestiegenen Informationsbedarf und den Möglichkeiten seiner Befriedigung in den neuen Bundesländern besteht. Wenn es noch eines Beweises bedurfte für die wirtschaftsfördernde Rolle moderner Kommunikationsmöglichkeiten — die Tatsache, daß fehlende Kommunikationsmöglichkeiten als Haupthindernis für wirtschaftliche Entwicklung noch vor allen anderen hemmenden Faktoren angesehen werden, (Bild 1.1) spricht für sich. Aber auch von den Bürgern, die nach 40 Jahren der Trennung nun endlich zusammen
kommen
können, werden
die
erschwerten Ost-West-Verkehrsverbindungen und fehlende Anschlüsse in Ostdeutschland heute noch schmerzlicher empfunden als früher. Wie ist diese Situation entstanden, und wie ist sie zu meistern?
In diesem Kapitel sollen erstens die Ausgangssituation Ende 1989 charakterisiert und bewertet werden, wobei es insbesondere um die Bewertung des Diensteangebotes und des Niveaus der technischen Kommunikations-Infrastruktur geht, zweitens
der
Versuch
unternommen
werden,
einige
analysieren, die zu einer solchen Misere geführt haben,
Bestimmungsgründe
zu
drittens der ganzheitliche Charakter der strategischen Grundzüge des in der Welt einmaligen Programms „Telekom 2000“ dargestellt werden.
1.1 Charakteristik der Ausgangssituation „start bei Stunde Null“, so charakterisierten häufig Journalisten die Situation der DDR-Telekommunikation kurz nach der Wende. Sicher ist das zutreffend
hinsichtlich der Symbolik der außergewöhnlichen Situation und eines Neubeginns unter völlig veränderten, d.h. besseren Voraussetzungen und Konditionen. Das heißt aber nicht, daß auf dem Gebiet der Kommunikation überhaupt nichts vorhanden war, obwohl nicht wenige Fachleute hervorheben, daß es wahrscheinlich einfacher wäre, „den Ausbau des Fernmeldenetzes in den neuen Bundeslän-
1
dern auf der grünen Wiese“ vorzunehmen [1], statt für lange Zeit veraltete technische Systeme neben hochmodernen funktionsfähig zu halten und das problemlose Zusammenwirken beider Komponenten zu gewährleisten. Was also wurde vorgefunden, wenn es nicht „Null“ war?
Bewertung des Diensteangebotes Selbst in kommunikationstechnisch entwickelten Ländern ist und bleibt der Telefondienst allgemeine Basis im Spektrum des vielfältigen Leistungsangebotes. Erst recht also muß dieser Dienst wichtigstes Merkmal für die Beurteilung der Situation in Ostdeutschland zum Zeitpunkt des Neubeginns sein.
alle Unternehmen = 100 (Mehrfachnennungen)
Bild 1.1: Hemmnisse für wirtschaftliche Aktivitäten in den neuen Bundesländern ’ D Quelle:
2
Creditreform/imu
1990, übernommen
aus „Funkschau“
vom
22.3. 1991
DDR-Telekom
Start bei Stunde Null Die Telekommunikation in der DDR liegt darnieder. Hilfe aus dem Westen ist angesagt.
.
„Funkschau“
\
Heft 6/1990
Ende 1989 bestanden in der DDR
1.826.190 Telefonanschlüsse, davon 61,4%
=
1.119.180 in Wohnungen. Zu beachten ist dabei, daß 98% aller Anschlüsse in Wohnungen Gemeinschaftsanschlüsse, größtenteils sogenannte „Zweieranschlüsse“ sind.
Im internationalen Vergleich — gemessen an der Kennzahl „Sprechstellen je 100 Einwohner“ - lag die DDR weiter zurück als man angesichts der wiederholten Erklärung, zu den 10 führenden Industrienationen der Welt zu gehören, hätte annehmen dürfen. Gemessen am Bruttosozialprodukt jedenfalls (Bild 1.2) lag dieses Land allein schon mit diesem Basisdienst der Telekommunikation weit unter dem Durchschnitt.
! 100 90 Hauptanschlüsse je 100 Einwohner
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15
1
400
500
800 1000
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2000
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4000
10000 —
15000 20000
30000
40000
BSP je Einwohner in US$
Bild 1.2: Dichte der Telefonhauptanschlüsse, dargestellt in bezug auf das Bruttosozialprodukt
(nach Angaben
1.1.1990)
der Internationalen
Fernmeldestatistik
1991,
Siemens
AG,
Stand
Die regionale Verteilung der Wohnungsanschlüsse zeigt unter anderem, daß die auf allen Gebieten bevorzugte Stellung Ostberlins auch für Telefonanschlüsse zutrifft (Bild 1.3). Dresden, also der Bezirk, der schon im Hinblick auf die Versorgung mit westlichen Fernsehprogrammen als „Tal der Ahnungslosen“ bezeichnet wurde, ist auch hier stark vernachlässigt worden. Aber selbst innerhalb Berlins gab es erhebliche Versorgungsunterschiede zwischen den einzelnen Stadtbezirken (Bild 1.4). Betrachtet man einzelne Wohngebiete, treten die Unterschiede noch krasser zu Tage. So konnten in bestimmten Neubaugebieten, wie in Berlin-Marzahn,
zahlreiche Anträge bereits nach kurzer Zeit realisiert
werden, während in alten Wohngebieten des Prenzlauer Berges schon mehr als 15 Jahre Wartezeit auftraten. 4
Bild 1.4: Durchschnittliche Versorgung der Stadtbezirke von Berlin/Ost mit Fernsprech-
hauptanschlüssen in Wohnungen
6
(Stand Ende 1989)
Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist die nach dem Bedarf und seiner tatsächlichen Deckung. Gemessen an der Gesamtversorgung war die
Wirtschaft — zumindest bezogen auf Telefonanschlüsse — relativ gut versorgt. Völlig anders sah die Bedarfsdeckung für die Bevölkerung aus. Die Zahl der unerledigten Anträge auf Einrichtung eines Fernsprechanschlusses ist seit 1970
ständig angestiegen (Bild 1.5). Die immer wieder zitierte Zahl von 1,3 Mio. unerledigter Anträge muß jedoch in zweierlei Hinsicht relativiert werden: Erstens haben viele Bürger aus Resignation über die aussichtslose Situation von vornherein keinen Antrag gestellt, es gibt also noch eine erhebliche Dunkelziffer. Andererseits muß man die Anträge vor dem Hintergrund sehr niedriger Telefongebühren sehen (Grundgebühr gestaffelt zwischen 4,50 - 9,00 DDR Mark monatlich; eine Ortsgesprächseinheit 0,15 DDR Mark). Der Privatanschluß bedeutete also keine so hohe finanzielle Belastung, daß man aus diesem Grunde auf ihn verzichtet hätte.
1600 1400 1200 a
3
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1000 800 600 400 — 200 — 0 OO
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Jahre Bild 1.5:
schlusses
Entwicklung der nichtrealisierbaren Anträge auf Einrichtung eines Fernsprechan-
Neubrandenburg o
o Magdeburg o Cottbus
o
Leipzig
o
Dresden
Erfurt .—
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Chemnitz ©
Bild 1.6: Öffentliche Münzfernsprecher in den Bezirken der ehemaligen DDR je Münzfernsprecher)
8
(Einwohner
Ungeachtet dessen widerspiegelt sich in der unbefriedigenden Situation der Versorgung mit privaten Telefonanschlüssen die prinzipielle Kommunikationspolitik der damaligen Führung. Es ist schon nachdenkenswert, daß sich DDRWissenschaftler mehrfach mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob das Telefon in der Wohnung zum sogenannten Grundbedarf zu rechnen ist oder einen Luxusgegenstand darstellt. Erst in den letzten Jahren vor der Wende setzte sich die Meinung durch, daß es wohl das gute Recht eines Bürgers ist, einen Fernsprechanschluß in der Wohnung zu besitzen oder zu verlangen. Angesichts zunehmender Beschwerden der Bevölkerung war es ein gewisser Ansatz, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen, wenn es in einer Ministerratsvorlage des damaligen Postministers heißt: „Insbesondere aus der erfolgreichen Durchführung des Wohnungsbauprogramms entstehen bei den Bürgern im wachsenden Maße Forderungen auf Einrichtung von Fernsprechanschlüssen, die sie als Bestandteil der Grundausstattung von Wohnungen ansehen“ [2] Eine gewisse Alternative hat die Bevölkerung sicherlich im Angebot Sprechstellen, vor allem öffentlicher Münzfernsprecher, gesehen. entsprach auch dieses Diensteangebot nicht den Anforderungen. verfügte Ende 1989 über ca. 25.000 öffentliche Münzfernsprecher;
öffentlicher Aber leider Die DDR im Durch-
schnitt stand damit ein Münzfernsprecher für ca. 700 Einwohner zur Verfügung,
in den Städten etwa für je 500 Einwohner und auf dem Lande für je 1.200 Einwohner (s. auch Bild 1.6). Mehr als 3.500 Gemeinden zwischen 100 und 2.500 Einwohnern verfügten über keinen Münzfernsprecher. Angesichts dieser Fakten ist es nur ein schwacher Trost, daß es am Tage der Währungsunion folglich auch „nur“ 25.000 Münzfernsprecher waren, für die die Umstellung von DDR-Münzen auf DM vorzunehmen war. Damit soll allerdings eine Gemeinschaftsaktion der Postler aus Ost und West nochmals in Erinnerung gerufen und gewürdigt werden, die wohl in ihrer Art, in Umfang und Tempo
einmalig war: In einer quasi generalstabsmäßig geleiteten Aktion waren für alle
25.000 Münzfernsprecher in wenigen Tagen ganze Aggregate auszuwechseln — und es wurde geschafft! Aufkleber, die die Kunden auf die bevorstehende Umstellung aufmerksam machten, sind einzige Zeitzeugen (Bild 1.7). Von den Nonvoicediensten können zur Charakterisierung des Ausgangsniveaus
lediglich genannt werden:
a) Der Telexdienst mit ca. 18.000 Anschlüssen - ein Dienst übrigens, der in der
gegenwärtigen komplizierten Übergangszeit für die geschäftliche Kommunikation durchaus noch von Bedeutung ist.
b) Die Datenkommunikation mit ca. 5.000 Datenanschlüssen (größtenteils mit Hilfe von Standleitungen bzw. des handvermittelten Datennetzes) — eine Zahl, die angesichts des durch den Computereinsatz sprunghaft gestiegenen Bedarfs nur als Tropfen auf den heißen Stein angesehen werden kann. c) Das Fernkopieren mit ca. 3.000 Anschlüssen am analogen Telefonnetz - einem Netz, das infolge niedriger Übertragungsgeschwindigkeiten und hoher Fehlerra9
Bild 1.7:
10
Umstellung der Münzfernsprecher von DDR-Münzen
auf D-Mark
ten für die geschäftliche Kommunikation mittels Telefax größtenteils ungeeignet ist. Weitere Nonvoicedienste, wie Bildschirmtext u. dgl., befanden sich allenfalls in
einem Experimentierstadium.
Mobilfunkanschlüsse
existierten keine.
Das Diensteangebot lag also weit unter dem Bedarf. Einen solchen Mangel zu „verwalten“, ist wahrlich keine Aufgabe, um die man die damalige Deutsche Post
beneiden sollte. Daß allerdings durch zentrale und regionale Parteiinstanzen und staatliche Dienststellen „Vorgaben“ für Dringlichkeiten sowohl für Institutionen
als auch für Einzelpersonen erteilt wurden, kann man nur als Versuch werten, die Deutsche Post für eine falsche Privilegienpolitik zu mißbrauchen. So war es ein wichtiger Schritt nach der Wende, die Vergabepolitik unter dem Mangelgesichtspunkt nach solchen Prioritäten zu ordnen, wie Anmeldedatum, Verlegungsanträge, Schwerstbeschädigte, Ärzte, Wirtschaftsunternehmen usw.
Auch der durch Ministerweisung Ende 1989 vorgenommene Widerruf von privaten Telefonanschlüssen ehemaliger Stasiangehöriger - sofern diese nachweisbar den Anschluß bevorzugt erhalten hatten - ist als ein Schritt zu werten, mehr Gerechtigkeit herzustellen. Die Tatsache allerdings, daß auch das Abbauen von Anschlüssen Kapazitäten der Telekom bindet, zeigt, daß letztlich alle Kräfte auf den Ausbau des Netzes und die Erweiterung von Anschlußkapazität orientiert werden müssen und daß die Beseitigung des Mangels der einzige Weg ist, um mögliche Ungerechtigkeiten in der „Verteilung“ von Telefonanschlüssen schon vom Ansatz her zu verhindern.
Bewertung der technischen Basis
Ein besseres als das dargestellte Diensteangebot war nicht möglich, weil die kommunikationstechnische Basis nicht mehr hergab. Ja, je exakter man die Ausgangssituation beleuchtet, um so größer wird die Hochachtung vor den Tausenden von Betriebskräften, die mit dieser Technik dieses Diensteangebot zustande brachten, die mit großem Aufwand veraltete Systeme funktionsfähig hielten und die durch ständige operative Eingriffe den laufenden Betrieb sicherten. Die technische Basis war
— erstens hinsichtlich ihrer Kapazität (insbesondere Anschlußkapazität der Vermittlungsstellen und Übertragungskapazität der Leitungswege) chend. Sie blieb
nicht ausrei-
- zweitens im wissenschaftlich-technischen Niveau weit zurück, was insbesondere im hohen Anteil analoger Systeme zum Ausdruck kommt, und sie war
- drittens größtenteils überaltert. Die Überalterung läßt sich an wenigen Beispielen ablesen: 11
Hebdrehwählertechnik aus den Jahren 1935 - 1950 (43%)
Hebdrehwählertechnik
aus den Jahren 1922-34 (23%)
Koordinatenschaltertechnik aus den
Jahren 1963-65
Motorwähltechnik aus den Jahren 1953-58
(28%)
(6%)
Bild 1.8:
Zustand der Fernsprechvermittlungstechnik (Ende 1989)
Die Fernsprechvermittlungstechnik bestand zu 72% aus Systemen der Hebdreh-
wählertechnik und Motorwählertechnik und lediglich zu 28% aus „moderneren“
Systemen der Koordinatenschaltertechnik (Entwicklungsstand 1965). 23% der gesamten Vermittlungstechnik waren älter als 60 Jahre, 40% mehr als 40 Jahre (Bild 1.8). Formal waren nach dem Buchwert ca. 95% der Hebdrehwähler- und Motorwäh-
lertechnik und ca. 40% der Koordinatenschaltertechnik total abgeschrieben, also
verschlissen. Durch aufwendige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten wurden
aber in der Praxis alle Anlagen noch am Leben erhalten. Vorliegende wissen-
schaftliche Gutachten kamen zu dem Schluß, daß der Instandhaltungsaufwand dieser veralteten Systeme mehr als das 40fache moderner Vermittlungssysteme beträgt und daß infolge nicht mehr verfügbarer Ersatzteile die künftige Betriebsdurchführung nicht mehr gewährleistet werden kann. Auch in der bereits zitierten Regierungsvorlage vom Dezember 1988 hieß es hierzu: „Ca. 25% der Vermittlungssysteme mit etwa 415.000 Anschlußmöglichkeiten sind ältester Bauart,
für die in der DDR
und in anderen Ländern
keine Ersatzteile mehr
produziert werden. Sie müssen in den nächsten Jahren unter allen Umständen
ersetzt werden, wenn nicht Ausfälle und erhebliche Qualitätsverluste in Kauf
genommen werden sollen.“[3] 12
39%
15%
46%
PS
SI
Nettowert
|
voll abgeschrieben
Verschleiß, darunter
Bild 1.9: Verschleiß der Kabel im gesamten Fernmeldenetz
Hinsichtlich des wissenschaftlich-technischen Ausgangsniveaus ist anzumerken, daß die Vermittlungstechnik ausschließlich aus analoger Technik bestand. Die Kabel im Fernnetz und in den Ortsnetzen sind ebenfalls überaltert. Bild 1.9 zeigt, daß nach dem Buchwert 61% aller Kabel verschlissen sind. Von den Kabeln des Fernnetzes sind es sogar 79%. Hinsichtlich Wartung und Instandhaltung gilt dasselbe wie bei der Vermittlungstechnik. Im Einsatz waren fast ausschließlich Kupferkabel. Bis 1989 waren ca. 5.000 Adern-km Glasfaser-Kabel in Betrieb. Die Übertragungstechnik war zu 90% analog. Mit digitalen PCM-Systemen (PCM 30, PCM 120 und PCM 480) wurde begonnen. Auch die Funksendeanlagen weisen, wie Bild 1.10 zeigt, mit 76% einen hohen Verschleißgrad auf.
Dieser schlechte Gesamtzustand der technischen Basis der Telekommunikation in der ehemaligen DDR setzte nicht nur enge Grenzen für die Erweiterung der Verkehrsquellen und die Bewältigung eines adäquaten Verkehrsvolumens. Fehl-
verbindungen, häufige Wahlwiederholungen und Wartezeiten stellten auch für
die bereits vorhandenen Teilnehmer eine echte Behinderung dar - ein Problem,
13
24%
56% =
SS
nn
Nettowert
voll abgeschrieben
Verschleiß, darunter
Bild 1.10: Verschleiß der Funksendeanlagen
was auch heute nicht schlagartig zu beseitigen ist, weil längere Zeit alte und neue Systeme nebeneinander bestehen werden.
1.2 Bestimmungsgründe für die schlechte Ausgangssituation Zu wenig Investitionsmittel Ein Ausdruck für die Vernachlässigung der Deutschen Post war die Bereitstellung zu geringer Investitionsmittel.
Investitionsmittel wurden für einen Jahres- bzw. Fünfjahreszeitraum zentral durch die Regierung bzw. die staatliche Plankommission „verteilt“, und zwar nach bestimmten Prioritäten. An erster Stelle standen sogenannte „Beschlußvor-
haben“, also Investitionsprojekte, die auf der Basis von Partei- oder Regierungsbeschlüssen unter allen Umständen
und vorrangig zu realisieren waren. Dazu
gehörten auch die meisten militärischen Vorhaben. Danach folgte die Vielzahl von Vorhaben der Industrie und Landwirtschaft. Das Post- und Fernmeldewesen
14
und andere Dienstleistungsbereiche erschienen unter der Kategorie „übrige“. Diese Benachteiligung erscheint in einem noch trüberen Licht, wenn man
bedenkt, daß die Gewinne der Post ständig zunahmen, davon aber ein wachsen-
der Teil an den Staatshaushalt abzuführen war, also nicht für die Post genutzt werden konnte. Valutamittel für Importe standen faktisch keine zur Verfügung. Die im Rahmen von Regierungsabkommen zwischen BRD und DDR für die gegenseitig erbrachten Post- und Fernmeldeleistungen per Saldo gezahlte „Postpauschale“ von ca. 250 Millionen DM jährlich wurde der Deutschen Post vorenthalten. Nach der Wende erzwang der Bundespostminister, Herr Dr. Schwarz-Schilling, daß dieser Betrag endlich zum Ausbau der Telekommunikation und des Postwesens eingesetzt wurde. Was hätte all die Jahre mit diesem
Geld modernisiert werden können?
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140
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t 88
8
1
Bild 1.11: Anteil der Investitionen des Post- und Fernmeldewesens an den Investitionen der
gesamten DDR-Wirtschaft
15
Die Investitionsmittel der gesamten Deutschen Post betrugen in den Jahren 2,5 Mrd. DDR-Mark 1971-1975 3,4 Mrd. DDR-Mark 1976 - 1980 2,8 Mrd. DDR-Mark 1981-1985 4,6 Mrd. DDR-Mark. 1986 - 1990 Das war ein Anteil von 0,7 - 1,3% der Gesamtinvestitionen der DDR-Volkswirt-
schaft (Bild 1.11).
Auf die Telekom entfielen mit 80 - 90% ca. 500 - 600 Millionen Mark jährliche Investitionsmittel (Bild 1.12). Angesichts der 18 Milliarden DM, die z.B. 1990 durch die Deutsche Bundespost investiert wurden, bedürfen diese Zahlen keines Kommentars.
% 70+
|
F
50
+
30
+
Fernsprech- und Fernschreibwesen
Den
E
Funkwesen
Post- und
10
Zeitungswesen
T
1970
1975
1980
1985
1989
Bild 1.12: Aufteilung der Investitionen auf technologische Bereiche
16
Jahre
—
Die Folgewirkungen einer solchen Politik liegen auf der Hand: Die wenigen Mittel mußten fast ausschließlich für unabdingbare Erweiterungen genutzt werden, z.B. für die priorisierte Versorgung von Objekten, die aus den genannten „Beschlußvorhaben“ resultierten oder für die minimale Versorgung neuer
Wohnkomplexe. Der Teufelskreis bestand damit darin, daß für den quantitativen
Ausbau der Telekommunikation die für Erweiterungsmaßnahmen eingesetzten Investitionsmittel nicht ausreichten, daß sich aber gleichzeitig die qualitative Situation verschlechterte, weil überalterte und verschlissene Anlagen nicht ersetzt werden konnten (s. auch Bild 1.13). Damit stieg der Verschleißgrad der technischen Anlagen und Gebäude der Deutschen Post sprunghaft an und betrug 1989 ca. 57% (vgl. Bild 1.14). 900 800 71
Investitionen
(Mill.
M)
700
600 71
500
400 71
300
200 —
100 4
0
T
1980
WE
T
1981
Erweiterung
Bild 1.13: Zusammensetzung Erweiterung
T
1982
T
1983
T
1984
[_] der Investitionen
T
T
1985
1986
T
1987
T
T
1988
1989
nach
Ersatz
Ersatz der
Deutschen
Post
und
17
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VERSCHLEISS
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1971 72
T
73
T
74
T
75
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77
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Tr
T
79
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®
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83
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T
T
T
T
84
85
86
87
88
89
Bild 1.14: Entwicklung des Verschleißgrades der technischen Anlagen und Geräte der Deutschen Post
Zersplitterung von Investitionen Obwohl die Investitionen für das öffentliche Netz der Deutschen Post derartig beschnitten wurden, gab es gleichzeitig eine Zersplitterung der Investitionsmittel, indem neben dem öffentlichen Netz diverse Sondernetze gestattet wurden,
einige davon mit besserer Technik als im Netz der Deutschen Post. Während ausgesprochene Streckenfernmeldekabel der Eisenbahn, der Autobahnen und des Energieverbundsystems für die reine Betriebsdurchführung durchaus gerechtfertigt werden können, gingen einige Netze, wie das der Chemie-Industrie,
in Umfang und Nutzungsberechtigung weit darüber hinaus, auch über das Maß, was im Fernmeldeanlagengesetz der Bundesrepublik Deutschland für solche Bereiche vorgesehen ist. Gleiches gilt natürlich auch für das sogenannte „S1Netz“ der ehemaligen Nationalen Volksarmee, der Regierung und der Staatssicherheit. Gegenwärtig wird intensiv daran gearbeitet, diese Netze und ihre Bestandteile zu erfassen, in das öffentliche Netz zu integrieren und allgemein nutzbar zu machen. Wie inzwischen bekannt ist, hat es an Vorschlägen von Fachexperten der Post nicht gefehlt, die Ausnahmeregelungen aufzuheben und die Fernmeldehoheit wiederherzustellen, um die verfügbaren Mittel an einer Stelle konzentriert für alle Nutzer einzusetzen. Als Zwischenschritt wurde in diesen Vorschlägen zumin-
dest eine Koordinierung der Trassen angesehen, z.B. durch Mitverlegen von 18
Leerrohren für Lichtwellenleiterkabel der Deutschen Post bei neuen Trassen der
Armee. Diese Vorschläge sind leider nicht realisiert worden.
Zu diesem Problemkreis ist lediglich noch anzumerken, daß es sich bei der Mehrzahl dieser Netze ohnehin nicht um geschlossene Lösungen handelte und nur über die Nutzung von Mietleitungen der Deutschen Post ein flächendecken-
der Verkehr zustande zu bringen war.
Fehlende Technik und Baukapazitäten
Leider waren fehlende Investitionsmittel nicht der einzige Hemmschuh für den Ausbau der Telekommunikation: Nach den Regelungen des Planungssystems der DDR
nutzten finanzielle Mittel nur dann etwas, wenn sie für Material und
Geräte durch Materialbilanzen und für Baumaßnahmen durch Baubilanzen flankiert waren. Anders ausgedrückt: Auch mit Geld in der Tasche war die Deutsche Post nicht in der Lage, auf dem Markt die von ihr benötigten Geräte und Leistungen einzukaufen. Sie konnte das nur bei den Betrieben, die vom Staat mit Leistungen für die Telekommunikation beauflagt waren. Fachleute der Deutschen Post schildern sehr eindringlich, daß gerade hier die größte Diskre-
panz war. Oft konnten die finanziellen Mittel nicht ausgeschöpft werden, weil die
Industrie nicht in der Lage war, die benötigte Nachrichtentechnik in der erforderlichen Stückzahl zu liefern. Hauptursache dafür war das ständige Eingreifen in
die Bilanzen von oben, z.B. durch Verlagerung eines Teiles der für das Inland vorgesehenen Produktion auf den Export, wenn die Exportsituation, vorrangig
in die Sowjetunion, das erforderte. Dazu kam, daß die Betriebe der Nachrichtenindustrie für Exportaufgaben viel höher stimuliert wurden als für die Belieferung der Deutschen Post, also des Inlandes.
Auf dem Bausektor war das nicht anders. Von 1986 bis 1989 konnten ca. 15% der für die Deutsche Post, größtenteils für die Telekom, verbindlich vorgegebenen Mittel für Bauleistungen nicht ausgeschöpft werden, weil trotz territorialer
staatlicher Bilanzvorgaben keine Baubetriebe gefunden werden konnten. Diese Betriebe betrachteten sich als „überbilanziert“. Mit anderen Worten: Die Deutsche Post wurde nicht nur gegenüber anderen Bereichen bewußt vernachlässigt. Der Ausbau der Infrastruktur wurde auch
durch die Schwerfälligkeit und durch die Störungen, die das überzentralisierte Planungssystem hervorbrachte, gehemmt. Gebremste Innovation
Von noch größerer Relevanz als dieser quantitative Bereich ist das qualitative
Zurückbleiben der Nachrichtentechnik, ist der Rückstand im wissenschaftlichtechnischen Niveau. Gerade hier ist ein Blick hinter die Kulissen interessant, weil
in der Presse oft nur der Tatbestand des Rückstandes festgestellt, nicht aber seine Hintergründe beleuchtet werden.
19
Obwohl fehlender Konkurrenzdruck, insbesondere durch die Monopolstellung des Kombinates Nachrichtenelektronik, einer Innovation Grenzen setzte, gab es sowohl nachweisbare Forderungen der Deutschen Post an die Industrie, Neues zu entwickeln und zu produzieren als auch die Bereitschaft und Fähigkeit der dort vorhandenen Fachkräfte. Der Leiter der „Regionalen Koordinierung neue Bundesländer“ der Siemens AG, Erich Gerard, erklärte, „daß in der Forschung der ehemaligen DDR
(gemeint ist die Forschung auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik, d.V.) sehr viel geschehen sei“ [4]. Meistens sei es auch gelungen, ein Gerät als Prototyp herzustellen. Es habe dann aber an den Teilen gemangelt, die auf dem Weltmarkt für eine Massenfertigung nicht zu beschaffen waren. Die Tatsache,
daß
solche
Firmen
wie
Siemens,
SEL
und
andere
zahlreiche
Gemeinschaftsunternehmen mit ehemaligen Betrieben des Kombinates Nachrichtenelektronik in den neuen Bundesländern gegründet haben, hohe Summen investierten und große Teile des Personals, darunter des ingenieurtechnischen, übernommen haben, belegt diese Aussagen.
Es hat durchaus Ansätze für den Einsatz moderner Nachrichtentechnik in der
ehemaligen DDR gegeben. Warum aber blieb es bei den Ansätzen? Ein Gebiet, an dem Innovationsprozesse der Telekommunikation
gemessen
werden können, ist der Einsatz von Glasfasern. Ende der 70er Jahre erhob die
Deutsche Post der DDR konkrete Forderungen an die Industrie und erarbeitete in ihren Instituten detaillierte Vorgaben für Entwicklung und Produktion.
Gleichzeitig wurden Vorbereitungen für Verlegung und Montage und für den
laufenden praktischen Betrieb getroffen. Auch wurden erste Versuchsobjekte geschaffen, so 1981 im Ortsnetz Berlin eine erste Strecke von 16 Kilometern Länge. Die Serienproduktion folgte aber erst 1986. Erst als Mitte der 80er Jahre regierungsseitig die Lichtwellenleiterübertragung zur „Schlüsseltechnologie“ mit hoher Priorität erklärt wurde, wurde ein Programm erarbeitet, welches vorsah,
im Zeitraum 1986 - 1990 etwa 20.000 Adern-km bereitzustellen und in Betrieb zu nehmen. Bei Zeiss-Jena wurden daraufhin Forschungs- und Produktionskapazitäten zur Herstellung der Glashalbzeuge (Preforms) geschaffen, im Kabelwerk Oberspree Berlin wurde Kapazität für die Kabelherstellung und in verschiedenen Betrieben der damaligen Kombinate Nachrichtenelektronik und Mikroelektronik wurden Kapazitäten für PCM-Übertragungstechnik sowie für Garnituren und Meßgeräte aufgebaut. Elektrooptische Bauelemente, wie z.B. Laserdioden, wurden in der Akademie der Wissenschaften und im Werk für Fernsehelektronik entwickelt. Wie nach der Wende aus dem damaligen Ministerium für Wissenschaft und Technik verlautete, wurden bis 1989 ca. 800 Millionen DDR-Mark
zur wissen-
schaftlich-technischen Vorbereitung dieser Technologie verausgabt. Diese hohen Aufwendungen stehen im krassen Mißverhältnis zu den praktisch erreichten Ergebnissen, die aus Bild 1.15 ablesbar sind.
20
AdernKilometer
+
2) 4000
+
1) 3000
+
2000
+
1) 1000
+
1986 []
1987
RNENNNNNENNNENNNNNNNNNNNNSNNNNNNNNNNNNEN
5000
3)
1988
1989
geplant geliefert
ER
in Betrieb genommen
1) ausschließlich 0,85 um 2) davon 1000 AKm 1,3 um 3) davon 5180 AKm 1,3 um
Bild 1.15: Glasfasereinsatz bei der Deutschen Post 21
Erkennbar ist insbesondere eine große Diskrepanz zwischen den gelieferten Mengen an Glasfasern und den tatsächlich in Betrieb genommenen. Der Grund dafür ist, daß es faktisch nie gelungen ist, komplette Systeme bereitzustellen. Insbesondere fehlte es an den erforderlichen PCM-Übertragungseinrichtungen
(PCM=Puls-Code-Modulation). Wenn überhaupt, wurden sie diskontinuierlich geliefert. Ohne Übertragungseinrichtungen blieben aber selbst bereits in die Erde verlegte Lichtwellenleiterkabel totes Kapital. Weitere Engpässe gab es bei der Bereitstellung der für die Montage unerläßlichen Steckverbinder und Meßgeräte.
Das Bild zeigt ferner, daß 1989 eine extreme Diskrepanz zwischen der Sollgröße und der tatsächlich gelieferten Menge an Glasfasern entstand. Der Grund hierfür ist der für diesen Zeitpunkt vorgesehene Übergang von 0,85 um Wellenlänge auf 1,3 um. Bis dahin konnte die Deutsche Post Glasfasern nur auf kurzen Entfernungen,
damit
vorrangig
nur in Ortsnetzbereichen
einsetzen,
weil bei einer
Wellenlänge von 0,85 um bekanntlich nur kurze Entfernungen ohne Zwischenverstärkung zu überbrücken sind.
Aus heutiger Sicht kann festgestellt werden, daß die DDR-Industrie den Innovationsschritt von 0,85 um zu 1,3 um praktisch nicht zustande gebracht hat. Die wichtigsten Qualitätsparameter, nämlich Dämpfung und Bandbreite, wurden für die serienmäßige Herstellung nie erreicht. Die Versuchsstrecke Weimar-Apolda konnte nur durch eine individuelle Selektion der jeweils besten Kabelsegmente realisiert werden. Aus den heute zugängigen Dokumenten geht ein heftiger Kampf zwischen Deutscher Post und Industrie hervor. Die Deutsche Post forderte einen Anteil von mindestens 60% der Gütcklasse 1 (es wurden drei Güteklassen definiert), die Industrie sah sich allenfalls zu 30% in der Lage. Demzufolge wurden diese Systeme nicht abgenommen. Heute wäre es müßig, darüber zu spekulieren, wie es weitergegangen wäre. Dem Analytiker bleibt lediglich die Feststellung, daß geradezu verzweifelte Anstrengungen auf diesem Gebiet gemacht wurden, daß diese aber durch eine sehr niedrige Effizienz gekennzeichnet waren und daß vor allem der Wirkungsgrad für den Postkunden
sehr niedrig war.
Ein weiteres Gebiet der Innovation ist der Übergang von analoger zu digitaler Vermittlungstechnik. Auch hier wurden Mitte der 80er Jahre seitens der Industrie
auf der Grundlage nachdrücklicher Forderungen der Post Kapazitäten geschaffen und erhebliche Anstrengungen unternommen. Ca. 400 Millionen DDR-Mark wurden verausgabt.
Dem Betrachter kann nicht entgehen, daß gleichzeitig mehrere Systeme vorbe-
reitet wurden, was sicher auch ein Grund für den ausbleibenden Erfolg war.
So wurde gearbeitet an - einer kleinen Ortszentrale mit 96 Anschlußeinheiten (bzw. 296 bei Einsatz von Vorfeldeinrichtungen) vom Typ OZ 100 D, - einer mittleren Ortszentrale mit 2.000 bis 8.000 Anrufeinheiten vom Typ DVZ 2000, 22
- einem modular aufgebauten Vermittlungssystem, was im Rahmen des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe arbeitsteilig vorbereitet wurde, vom Typ ESVT (Einheitliches System der digitalen Vermittlungstechnik), — einer Nebenstellenzentrale für 96 Teilnehmer auf der Basis der OZ 100 D vom Typ NZ 96, - einer Nebenstellenzentrale in den Ausbaustufen bis 64, 128, 256, 384 Teilnehmer vom Typ NZ 400.
Welches Schicksal hat diese Strategie erlitten? An der kleinen Ortszentrale OZ 100 D war die Deutsche Post interessiert, weil die mit Vorfeldeinrichtungen ausgestattete Anlage die Situation in komplexen
Wohngebieten und auf dem Lande verbessert hätte. Aber in Entwicklung und Produktion traten derartige Verzögerungen ein, daß alle Einsatztermine hinfällig wurden. Trotzdem nahm die Deutsche Post 50 Geräte von der Industrie ab und setzte sie zum Teil ein. Zahlreiche Qualitätsmängel, die vom Hersteller nicht abgestellt werden konnten, führten schließlich zur Stornierung des Vertrages. Die mittlere Ortszentrale DVZ 2000 wurde von den Fachexperten der Post mit Skepsis als „Exote“ betrachtet, weil sie nur unter Schwierigkeiten oder über-
haupt nicht in ein späteres geschlossenes Gesamtsystem gepaßt hätte. Dennoch hätte sie zumindest einen Anfang der Digitalisierung bedeutet. Angesichts der ständig neuen Terminverzüge bei der Entwicklung dieser Anlage wurde dieses Unternehmen immer fragwürdiger, auch mit Blick auf die Terminabläufe des im RGW-Maßstab bearbeiteten Systems ESVT. Deshalb wurden im Juli 1989 die Arbeiten eingestellt. Post und Industrie einigten sich, alle Kräfte auf das einheitliche Gesamtsystem
ESVT zu konzentrieren. Selbst diese Konzentration hätte aber bedeutet, daß erst 1993 10 bis 15 „Ortszentralen mit Transitfunktionen“, geeignet für ein OverlayNetz, verfügbar gewesen wären und daß mit der Serienproduktion von Orts- und
Fernzentralen mit allen Leistungsmerkmalen werden können!
nicht vor 1995 hätte begonnen
Viele Fachleute zweifelten die Realität dieser Konzeption an und verwiesen auf die gewaltigen Aufwendungen, die in den westlichen Ländern für die Digitalisierung betrieben werden mußten. Selbst wenn man unterstellt, daß diese Zweifel nicht berechtigt waren, kann man sich ausrechnen, wie groß die Durststrecke noch gewesen wäre, um die Telekommunikation der DDR durchgreifend zu digitalisieren! Einen geradezu dramatischen Verlauf nahmen die Bemühungen, die Möglichkeiten der Datenkommunikation mit Hilfe eines Paketvermittlungssystems spürbar
zu verbessern. 1983 gegeben. Führung Mitte Zielrichtung,
Regierungsbeschlüsse hatte es dazu bereits 1981 und nochmals Sie wurden nicht realisiert. Die Tatsache aber, daß die DDRder 80er Jahre auf den breiten Computereinsatz setzte und mit der bis 1990 ca. 90.000 CAD-CAM-Stationen einzusetzen, riesige
Erwartungen verband, eröffnete der Post eine neue Chance: Der Effekt dieser
Computerstrategie blieb nicht zuletzt deshalb aus, weil die landesweite Vernet-
23
m
\erbindungsleitung zwischen
Datenver-
mittlungsknoten
O
Datenvermittlungsknoten
D
Datenkonzentratoren
U
Datenmultiplexer
®
Datenendeinrichtung
\
—
Verbindungsleitung zwischen
Datenteilnehmern
Bild 1.16: Geplante 1. Etappe eines automatisierten Datennetzes (1988)
24
Datenver-
mittlungsknoten
und
zung am zurückgebliebenen Kommunikationsnetz scheitern mußte. Nur so ist es zu erklären, daß der Regierung am 22. 10. 1987 ein erneuter, dieses Mal sehr konkreter Beschluß abgerungen wurde, Importmittel von ca. 50 Millionen DM für den Aufbau eines Paketvermittlungssystems in einer ersten Etappe bereitzustellen. Ein entsprechender Importvertrag mit der Firma Siemens AG
abgeschlossen.
wurde
Wesentlicher Inhalt des Konzepts für die erste Etappe war: — Aufbau von 4 Netzknoten in Berlin, Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie von 150 Konzentratoren in der Fläche (Bild 1.16), — Ausbau der Verbindungswege zwischen den Netzknoten sowie zwischen Netzknoten und Konzentratoren,
— Schaffung von 4.000 Datenanschlüssen bis 1990 (13.000 Anträge lagen bereits schriftlich vor!). Die Einsatzvorbereitungen wurden auf großer Breite vorangetrieben. Die Deut-
sche Post realisierte Investitionen in einer Größenordnung von ca. 100 Millionen
Mark, insbesondere an Baumaßnahmen für die Netzknoten und zum Ausbau der
Übertragungsstrecken. Die Firma Siemens lieferte erste Geräte und führte Schulungen durch. Die wissenschaftlichen Einrichtungen der Deutschen Post bereiteten mit den Praktikern die Organisation der Betriebsabläufe vor. Die vorgesehenen Nutzer erarbeiteten entsprechende Anwendersoftware.
Der Vertrag mit der Firma Siemens konnte aber letztlich deshalb nicht realisiert
werden, weil die COCOM-Behörde die Freigabe des Exports in die DDR mit Verweis auf die Sensibilität der Paketvermittlungstechnologie und ihre eventuel-
le militärische Nutzbarkeit nicht erteilte, wohl auch nicht erteilen konnte. Damit endete vorläufig ein Kapitel „Innovations-Streben“, welches wie kaum ein
anderes alle nur denkbaren Widersprüchlichkeiten in sich vereinigte. Danach wurden Schritte vorbereitet, an Stelle eines Imports durch Konzentration von
Kapazitäten der Akademie der Wissenschaften, des Kombinates Robotron, des
Kombinates Datenverarbeitung und der Deutschen Post innerhalb der DDR selbst ein Paketvermittlungssystem zu entwickeln und zu produzieren. Dieses Unterfangen hätte viele Jahre benötigt, wenn es überhaupt zum Erfolg geführt hätte.
Diese Beispiele zeigen: Es wurden weder Mühen noch Kosten gescheut, um auf einigen Gebieten der Kommunikationstechnik einen innovativen Fortschritt zu erzielen. Es lag an den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen der DDR selbst, wenn nur wenig spürbare Ergebnisse erreicht wurden. Dennoch: Für den Start in das Programm „Telekom 2000“ wurde viel Nutzbares geschaffen. Die
Einsatzbedingungen für neue Technik wurden analysiert und vorbereitet, zahlreiche Investitionsobjekte und Investitionsprojekte sind heute nutzbar. Und schließlich wurden Mitarbeiter in den wissenschaftlichen Einrichtungen und den Ämtern qualifiziert und auf das Neue vorbereitet. 25
Was sagen die Fachleute der ehemaligen Deutschen Post zum eingetretenen Rückstand? Die hohe Motivation,
die schon in den ersten Wochen
der Vorbereitung
der
Fusion mit der Deutschen Bundespost bei den Mitarbeitern der DDR-Telekom zutage trat, war von dem Willen getragen, nunmehr endlich angestrengte Arbeit in spürbaren Fortschritt umzusetzen. In der Zeit davor mündeten Ideen und Kreativität vieler Ingenieure und Betriebsdienstkräfte darin, überalterte Technik und Technologien im Rahmen des Gegebenen zu verbessern und durch Improvisation und viel Operativität die jeweils höchstmögliche Leistungsfähigkeit der Systeme und Anlagen zu erreichen. Nach dem Motto „Not macht erfinderisch“
wurde viel Bemerkenswertes geschaffen.
Dazu gehört durchaus - wenn auch heute umstritten — die von Ingenieuren der Deutschen
Post
Ende
der 50er Jahre
geschaffene
„Zweieranschlußtechnik“.
Neben der Mehrfachausnutzung der Anschlußleitungen, also einer Anschlußleitung für zwei Teilnehmer, konnten auch weitere Anschlüsse in ansonsten voll belegten Vermittlungsstellen geschaltet werden. Auch die Entwicklung von Zeitgemeinschaftsanschlüssen (arbeitstäglich nur von 16.30 Uhr bis 6.30 Uhr für den Bürger nutzbar) gehört dazu. Ohne diese, natürlich aus der Not geborenen Lösungen wäre der Versorgungsgrad mit Telefonen für die Bürger wesentlich niedriger als er ohnehin schon ist.
Zu erwähnen ist ferner die Automatisierung des Fernsprechverkehrs Mitte der 50er Jahre. Hierfür wurde unter Ausnutzung der Schrittschaltwählertechnik eine Übergangstechnik
geschaffen
und
quasi
ein
„vereinfachter
Selbstwählfern-
dienst“ aufgebaut. Die selbst entwickelten und im sogenannten „Rationalisierungsmittelbau“ selbst gefertigten Meß- und Überwachungsgeräte gehören ebenso zur großen Palette der hier nicht alle aufführbaren kreativen Leistungen der Fachleute der Deutschen Post wie Lichtwellenleiter-Feldfernsprecher, Rückstreu-Boxcar und Lichtwellenleiter-Kabelziehwinde. Mögen die Experten aus den westlichen Bundesländern, die im Vergleich dazu
durch ständige Innovationen der Industrie regelrecht „verwöhnt“ wurden, über
manche dieser Entwicklungen lächeln, unter den damals gegebenen Bedingungen war es die einzige mögliche Art, vorhandene Systeme und Anlagen funktionsfähig zu erhalten und in gewisser Weise zu vervollkommnen. Das Improvisationstalent der ostdeutschen Kollegen ist jedenfalls eine der Fähigkeiten, die sie in die einheitliche Telekom mit eingebracht haben.
Führt man heute Gespräche mit den Ingenieuren aus den neuen Bundesländern,
stellt man natürlich fest, daß sie mit der Gesamtsituation nicht zufrieden waren
und daß sie mehr geben wollten. Wenn auch erst im Jahre 1989, so ist es dennoch
bemerkenswert, daß der Vorstand des Fachverbandes Nachrichtenwesen der Kammer der Technik, der ja die Interessen der Ingenieure der Deutschen Post zu
vertreten hatte, im Juni 1989 in einem Grundsatzpapier erklärt, daß 26
an staatliche Instanzen gerichteten
„die bisherige Entwicklung im Nachrichtenwesen nicht den Anforderungen an eine moderne Kommunikation entspricht, die materielle-technische Basis der DDR-Telekommunikation einen Rück-
stand zur Weltspitze von 10-15 Jahren verzeichnet,
der Rückstand nur durch konzentrierte wissenschaftlich-technische Arbeit, durch massenhafte Produktion von Gerätetechnik und vor allem durch
deren flächenhaften Einsatz im Nachrichtenwesen aufgeholt werden kann und daß
mit Nachdruck darauf hingewiesen wird, daß vom Staat wesentlich mehr Investitionsmittel und Geräte zum Ausbau der kommunikationstechnischen Infrastruktur bereitgestellt werden müssen, als das bisher der Fall war“. [5] Wenn
auch wohlgeformt,
so kommt
hier doch der Unmut
der Ingenieure der
Deutschen Post zum Ausdruck. Es ist der weiteren Aufarbeitung geschichtlicher
Fakten der Telekommunikation in der DDR überlassen, wie und an welchen weiteren Stellen dieses ungeduldige Streben der Fachexperten deutlich wurde.
Bekannt sind z.B. auch Vorschläge, angesichts der Misere der öffentlichen Telekommunikation dem bevorzugten Bereitstellen von Nachrichtentechnik für die Armee
ein Ende zu bereiten und keinen Aufwand
Schutz“ der Telekommunikationsanlagen zu betreiben.
für den „militärischen
1.3 Grundstrategie zum Ausbau der Telekommunikation in den neuen Bundesländern Telekom 2000 - ein einmaliges Programm
Crash-Programm, Super-Crash-Programm — wie man die Begriffe auch wählt, auf jeden Fall sollen sie die Abweichungen vom Normalen charakterisieren. Das Programm „Telekom 2000“ (Bild 1.17) entstand lange vor der deutschen Vereinigung und der Fusion der Telekom West und Ost, war also das erste deutsch-deutsche Gemeinschaftswerk auf diesem Gebiet. Unter der Regie des gemeinsamen Unternehmensausschusses brachten Fachleute aus Ost und West in mehreren Spezialistengruppen ihr ganzes Wissen ein, vor allem aber Kühnheit. Es hat sich ausgezahlt, daß die Leitungen der Telekom West und der Telekom Ost schon kurz nach der Wende aufeinander zugingen. Ausgezahlt hat sich aber
vor allem, daß sie dabei den schnellen Ausbau der kommunikationstechnischen
Infrastruktur neben der Vorbereitung einer organisatorischen Fusion zur Aufga-
be Nummer
1 erklärten. Der Leser möge bitte beachten, daß das zu einer Zeit
geschah, zu der weder der Zeitpunkt noch die Modalitäten einer staatlichen Vereinigung erkennbar waren. Das war auch der Grund dafür, daß für die Finanzierung der ersten Ausbaumaßnahmen ein Kredit der Telekom West gegenüber der Telekom Ost vorbereitet wurde.
27
\& Telekom
TELEKOM
2000
Gemeinsame Ziele
Die Deutsche Post Telekom
Die wirtschaftliche Ent-
Bundespost Telekom (DBP T)
(DP T) und die Deutsche
wicklung der heutigen DDR
arbeiten gemeinsam daran.
voranzutreiben, die staatliche
Das Telekommunikationsnetz
Einheit verwirklichen, die
der DDR muß bedarfsgerecht
Kommunikation verbessern
erweitert und modernisiert
sind die vorrangigen Ziele;
werden.
um dies zu erreichen, ist eine
Das Niveau der Telekom-
gut ausgebaute Telekommuni-
munikation in der Bundes-
kations-Infrastruktur gefordert.
republik ist dabei der Maßstab.
Bild 1.17: Das erste deutsch-deutsche Gemeinschaftswerk
28
zZ Telekom Jeutsche Post
Tagesspiegel 10.5. 90
Die gemeinsame Arbeit vieler Fachleute am Programm Telekom 2000 jedenfalls
führte zu jenem Maß an Verständnis und gegenseitiger Achtung, welches die
spätere Fusion beider Unternehmen so spürbar erleichterte. Als „Fusionsbeauf-
tragte“ beider Seiten legen die Verfasser dieses Kapitels Wert darauf, diese Seite
deutsch-deutscher
Gemeinsamkeit
auf dem
Gebiet
der
Telekommunikation
festzuhalten. Was heute vielleicht selbstverständlich erscheint, war es zu jener Zeit offensichtlich nicht, wenn zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Zeitung
zu dem
Schluß
kam,
daß
„außer
der vielgescholtenen
Telekom
noch
keine
öffentliche Institution ein Konzept für den Aufbau einer modernen Infrastruktur in den Ostländern vorgelegt hat“. Wer das Programm beurteilt, sollte zwei Dinge unterscheiden: Der erste Aspekt
ist der Aspekt des Aufholens, die Angleichung des Niveaus der neuen Bundesländer an das der alten Bundesländer. Daraus haben sich jene Versorgungsziele ergeben, die bereits mehrfach publiziert und die im Bild 1.18 nochmals dargestellt sind. Hätte man dafür Jahrzehnte zur Verfügung - Zeit also für einen planvollen und systematischen Prozeß, wie er sich in den zurückliegenden Jahren in der Bundesrepublik Deutschland vollzog - wäre es ein „normales Programm“. Der zweite Aspekt aber ist der zeitliche Aspekt, genauer der des Zeitdrucks, der
den eigentlichen Crash-Charakter ausmacht. Mag es der Kritiker sehen, wie er will: Allein das Programm der Einrichtung von Telefonanschlüssen für 1991 (vel. 29
in Tausend
800
7|
9Mio
eh
EB
elefon 600
Ziel 1997
EN Stand 1989
+
Telefax
400 -
m
Kabelfernseh-
Mobilfunk obilfun
anschlüsse
300 Daten-
200
anschlüsse
+
0
5 Mio
106
PX
100
öfftl. Fern-
sprecher 85
Telex
4
Bild 1.18: Ziele zur Niveauangleichung bis 1997
Bild 1.19) zeigt die Einmaligkeit des Programms in Deutschland und wohl auch weltweit. 500.000 Anschlüsse in einem Jahr sind gemessen an früheren DDR-
Maßstäben geradezu unfaßbar, weil ein fast 1Ofaches Volumen alle Vorstellungen von Realität überschreitet. So gesehen bewiesen die Planer der DDR-
Telekom schon Mut, wenn sie Ende 1988 für 1991 ca. 100.000 neue Anschlüsse vorsahen, immerhin fast eine Verdoppelung des bisher Gewohnten (vgl. Varian-
ten 1 und 2 des Bildes 1.19).
Das Außergewöhnliche wird aber deutlich, wenn man das in den alten Bundes-
ländern bisher „Übliche“ (Variante 3, Bild 1.19) mit dem vergleicht, was für die
neuen Bundesländer vorgesehen ist (Variante 5). „Üblich“ war die Installation von ca. 1 Million Anschlüssen. Ein Programm von 500.000 Anschlüssen im Bereich der neuen Bundesländer mit ca. 1/4 der Einwohnerzahl kommt einer Verdoppelung des bisher Üblichen gleich. Das heißt: Allein, was 1991 in den neuen Bundesländern installiert wird, käme einer Installation von ca. 2 Millionen
Anschlüssen in den alten Bundesländern innerhalb eines Jahres gleich. Und dieser Vergleich hinkt noch, wenn man die viel schlechteren Ausgangsbedingungen des Netzes, des fehlenden Vorlaufs an objektgebundener Planung, der fehlenden Qualifikation des Personals im Hinblick auf das Know-How der deutschen Bundespost und v.a.m. berücksichtigt. Peters bestätigt diese Aussagen, wenn er feststellt [6], „daß nicht die erhöhte Lieferung von Vermittlungsund Übertragungseinrichtungen das Problem Nr. 1 ist, sondern — die Optimierung der vorhandenen Netzstruktur, — die Vereinheitlichung des Kennzahlenplanes zwischen alten und neuen Bundesländern,
30
7 5
1
4
7
ZU
A
Pa
3
7 vr
r
v
Vv
Y
2
Varianten
Anzahl Anschlüsse
insgesamt 1 jährliches Volumen
pro 100 EW
50000
0,31
100000
0,62
1000000
1,61
der Deutschen Post bis 1989
2
Erhöhtes Plankonzept
3
Jährliches Volumen der DBPT für die Altbundesländer
4
Erstes Konzept „Telekom 2000“
300000
1,88
5
Erweitertes Konzept „Telekom 2000“
500000
3,12
der Deutschen Post für 1991
Bild 1.19:
Variantenvergleiche zum
Telefonprogramm
1991
31
- die Planung der Vorhaben überhaupt und die Planung von Anpassungsmaßnahmen in vorhandenen unterschiedlichen elektromechanischen Vermittlungssystemen, - die Bildung neuer Organisationsstrukturen als Voraussetzung für einen um 10er Potenzen höheren Leistungsdurchsatz“ und wenn er ferner darauf hinweist, daß „Regelabläufe, wie wir sie bei Bauvorhaben im Bereich der alten Bundesländer
verstehen, mit festen definierten Vorlaufzeiten, stabilen Planungsdaten, langfristigen Hochbauplanungen, ausgewogener Arbeitsteilung bis hin zu halbwegs geregelter Arbeitszeit in den nächsten Jahren in den neuen Bundesländern kaum anzutreffen sind.“ Greift man aus dem Crash-Programm die Versorgungszahlen des Jahres 1997 heraus, dann sind dies die Zahlen der Niveauangleichung. Sehr deutlich muß gesagt werden, daß die Zahlen für die bis 1997 einzurichtenden Anschlüsse bei den meisten Diensten höher sind als die Zahl der heute vorliegenden Anträge.
Während
bis etwa
1993
noch
darum
gerungen
wird,
Schritt
für Schritt die
Wartelisten abzubauen, wird es ab 1994 zu einer sofortigen Realisierung aller Aufträge kommen. Bei der Beurteilung des Programms „Telekom 2000“ muß deshalb unbedingt das Wechselspiel zwischen Sofortmaßnahmen und längerfristigen Maßnahmen
beachtet werden.
Mit solchen Maßnahmen,
wie
— Bereitstellung von 31.000 Leitungen zwischen Ost und West bis Ende 1991 (gegenüber 1.500 Leitungen Ende 1989), - 160.000 neuen Telefonanschlüssen 1990, — 500.000 neuen Telefonanschlüssen im Jahre 1991, - 32 Turn-Key-Großprojekten der Generalunternehmer Siemens, SEL, BoschTelecom und DeTeWe,
- Fertigstellung der ersten Etappe des digitalen Overlaynetzes bis Ende 1991, — Modernisierung des Telexnetzes ab Mai 1991, — 3.500 zusätzlichen Datenanschlüssen
1991,
— Erweiterung der Sprechkanäle im C-Funknetz von 300 auf 3.400 im Verlaufe des Jahres 1991,
— 10.000 weiteren Telefax-Anschlüssen
noch
1991
wird es möglich werden, bis Jahresende den dringendsten Kommunikationsbedarf der Geschäftswelt zu befriedigen, für viele Bürger weitere Anschlüsse bereitzustellen und jedem, der einen Anschluß besitzt, gute Kommunikations-
möglichkeiten zu bieten. Unbestritten ist dennoch, daß damit die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach fast allen Diensten noch nicht befriedigt werden kann. Deshalb geplant. 32
werden
bereits
1991
die nächsten
Ausbauetappen
vorbereitet und
Zur Komplexität des Programms Der verständliche Wunsch der Kunden nach sofortiger Bereitstellung von Anschlüssen aller Art mündete in der Forderung, der Neueinrichtung der Anschlüsse im Ausbauprogramm höchste Priorität einzuräumen. Es ist aber eine Binsenweisheit, daß jede Verkehrsquelle auch mehr Verkehr hervorbringt, der auch mit adäquaten Vermittlungs- und Übertragungskapazitäten bewältigt werden muß. Die Kritik der Postkunden stiege in das Unermeßliche, wenn sie zwar über Telefon-, Telefax-, Mobilfunk- und andere Anschlüsse verfügen würden,
ihnen aber keine Kommunikation zustande brächten.
mit
Die einzig gangbare, quasi doppelte Strategie besteht deshalb darin, erstens die Netze in ihrer Gesamtheit auszubauen und ihre Übertragungskapazität und Durchlaßfähigkeit systematisch zu erhöhen und zweitens gleichzeitig, dem Netzausbau angemessen, die Verkehrsquellen zu erweitern.
Komplexe Systeme fordern eine komplexe Planung aller Bestandteile und ihren wohl proportionierten komplexen Aufbau. Das Kommunikationssystem ist ein solch komplexes System. Einzelne „Rosinen“ herauszupicken ist zwar möglich, am Ende aber eher hemmend als fördernd. Diensteangebot und Netzausbau bedingen sich gegenseitig. Das Diensteangebot ist aber auch für sich allein betrachtet ein Komplex. Bei der Beratung eines Geschäftskunden z.B. genügt es nicht, nur auf das Telefon zu verweisen. Je nach erreichtem Ausbaugrad in der konkreten Region und natürlich je nach den Bedürfnissen dieses Kunden ist zu prüfen, ob Telefax, Datenanschluß oder eine
direkte Satellitenverbindung für den konkreten Fall das jeweils günstigste und das machbare sind. Netzbestandteile wie
— Telefon-Fernnetz
wege),
(einschließlich
Verstärkung
der Ost-West
Verbindungs-
— Telefon-Ortsnetze, — Richtfunknetz, — Datennetz, — Mobilfunknetz, — Satellitennetz,
— Rundfunkübertragungsnetz bedingen sich gegenseitig. Eine Seite im Ausbauprogramm deutlich zu vernachlässigen, gefährdet das Gesamtprogramm. Was nutzt der Ausbau des Fernnetzes,
wenn der Ortsnetzausbau nicht Schritt hält? Was nutzt ein modernes Paketvermittlungssystem, wenn die Hauptverbindungswege des Telefonnetzes dafür nicht mitgenutzt werden können? Was nutzt ein noch so feinmaschiges System von
Funkfeststationen und die Schaffung von immer mehr Funkkanälen, wenn der
Übergang in das terrestrische Netz, und zwar in ein leistungsfähiges, den Verkehr
33
Glasfaserkabel Kupferkabel
mit PCM
digitaler Richtfunk digitale Fernvermittlungsstelle Planungsstand:
Bild 1.20: Ausbau des digitalen Overlay-Netzes 1991
34
Mai
199]
-
©
Beeskow
;
Cottbus!
Glasfaserkabel
|
wenn
Kupferkabel
—
digitaler
—
PCM
DO
digitale Fernvermittlungsstelle
oO
Bezirksamt
Planungsstand:
Bild 1.21:
mit
Richtfunk
Mai
1991
Ausbau des digitalen Overlay-Netzes bis 1992/1993
35
aufnehmendes, nicht gewährleistet ist? Was nutzt ein Satellit Kopernikus und die Erdfunkstellen, wenn auch hier der Netzübergang, also zum stationären Telefonnetz, nicht in ausreichender Qualität und Kapazität gewährleistet ist? Den Kunden jedenfalls interessiert es nicht, daß die Impulse seines Telefongespräches das Ortsnetz durchlaufen, dann vielleicht über Richtfunk, Glasfaser oder Kupfer, danach über Satellit und am Ende wieder über das GlasfaserFernnetz bis zum Ortsnetz übertragen werden. Wichtig ist das Endprodukt. Die Kunst des Netzausbauprogramms besteht also in der Beherrschung eben dieser Komplexität im Netzausbau. Von größter Bedeutung ist dabei, daß nicht ein Netz für Ostdeutschland aufzubauen ist. Die Netze in West und Ost haben sich in den letzten Jahrzehnten getrennt entwickelt. Sie sind jetzt zusammenzuführen, zu integrieren, und jede Ausbaumaßnahme im Osten muß ein Schritt zu einem einheitlichen Telekommunikationsnetz in der Bundesrepublik Deutschland sein. Allein das ist ein hoher Anspruch. Eine Schlüsselrolle im Ausbauprogramm kommt dem digitalen Overlay-Netz zu (Bild 1.20). Allein die 1991 zu realisierenden Maßnahmen werden ihre Wirkung für die Kunden nicht verfehlen. Zu diesen Maßnahmen gehören u.a.: - Auf- bzw. Ausbau von 8 Hauptvermittlungsstellen in Rostock, Neubrandenburg, Berlin, Leipzig, Dresden, Chemnitz, Erfurt und Magdeburg,
—- Auf- und Ausbau von 17 Knotenvermittlungsstellen, - Ausbau der Trassen zwischen Haupt- und Knotenvermittlungsstellen mittels Glasfaser und Richtfunk bzw. durch Erweiterung der Übertragungskapazität von Kupferkabeln. Ab 1992 wird das Netz zügig weiter ausgebaut (Bild 1.21). Nachdem für die Datenkommunikation als Interimslösung der Netzknoten Berlin/West zur Schaltung von „Fernanschlüssen“ genutzt wurde und in Berlin/Ost im Dezember 1990 ein Netzknoten sowie im Februar 1991 drei Netzknoten in Leipzig, Dresden und Chemnitz in Betrieb genommen wurden, werden 1991 weitere 11 Netzknoten einbezogen (vgl. Bild 1.22). Das Funktelefon-C-Netz wird 1991 mit 150 Funkfeststationen und, ca. 3.400 Sprechkanälen vorrangig in Ballungszentren und Autobahntrassen ausgebaut, um das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer grob flächendeckend zu versorgen (Bild 4.5). Parallel dazu wird das Funktelefon-D-Netz aufgebaut. Unter Nutzung des Satelliten Kopernikus und der aus Bild 1.23 ersichtlichen Erdfunkstellen werden die Satellitendienste DAVID, DASAT und DIVA angeboten (diese Dienste werden in weiteren Abschnitten dieses Buches im einzelnen erläutert).
36
Q
Rostock
Frankfurt/ Oder
Datex-P
Netzknoten
(in Betrieb)
O
Datex-P Netzknoten (im Aufbau)
Planungsstand:
Mai
1991
Bild 1.22: Datex-P-Nerz, 1. Stufe
37
DFS Kopernikus
Bild 1.23: Satellitenkommunikation
Zur Finanzierung des Programms
Der Aufwand für das gesamte Aufholprogramm ist mit 55 Milliarden DM angesetzt worden (vgl. Bild 1.24). Dies ist sicher noch nicht das letzte Wort. Schon heute wird immer deutlicher, daß die Geschwindigkeit des Ausbaus und der technologischen Innovation in den westlichen Bundesländern einerseits und 38
die Überalterung der Telekommunikationseinrichtungen einschließlich des Zustandes der Gebäude in den östlichen Bundesländern andererseits, die notwendi-
gen Investitionen zur Herstellung wenigstens vergleichbarer Verhältnisse weiter nach oben steigen lassen. Dabei ist aus der Eröffnungsbilanz per 1. 7. 1990 für das Wirtschaftsgebiet Ost ersichtlich, daß bei kritischer Bewertung der den Grundstücken, Gebäuden und fernmeldetechnischen Anlagen beizulegende Wert gerade dem Rückstellungsbedarf zur Sanierung der Gebäude und Anlagen entspricht. Das daraus resultierende Eigenkapital macht nur noch 5% der Bilanz-
Entwicklung der Hauptanschlüsse bei steigenden Investitionen in den neuen Bundesländern rn
|
er
Anschlüsse inMio.
50 40 30 Investitionen in Mrd. DM
20
10
TE
I
Mi
Se
[1900 | 1991 || 1992 || 1903 || 1994 | 1995 | 1996 || 1907 III
Bild 1.24:
Inne
Telefonprogramm und Investitionen bis 1997
39
summe aus. Die gesamten Aktiva der Telekom Ost entsprechen lediglich 4% der Aktiva in den westlichen Bundesländern. Von Wert sind nur die Grundstücke,
die aber für den Aufbau der Telekommunikations-Infrastruktur betriebsnotwendig sind. Damit ist das Aufholprogramm ohne Eigenkapital gestartet. Die Vorleistungen im Hochbau, wie auch für Vermittlungs- und Übertragungstechnik bis hin zum Anschluß übersteigen die Einnahmen aus den vorhandenen Fernsprechanschlüssen bei weitem. Der Teilbereich neue Bundesländer der Telekom wird zunehmend bis 1995 Verluste in Milliardenhöhe bringen. Dies wird verstärkt durch die schnelle Anpassung des Einkommensniveaus. Pro Mitarbeiter sind 45 Hauptanschlüsse vorhanden, aus denen letztlich der größte Teil der Einnahmen kommt. In den westlichen Bundesländern sind das 150 Hauptanschlüsse. Die betriebliche Produktivität, das Ertragspotential entspricht damit in den östlichen Bundesländern gerade 30% des westlichen, während die Einkommen ab Mitte 1991 60% des Westniveaus erreichen. Die kumulierten Ergebnisse werden erst dann wieder positiv werden, wenn das Aufholprogramm im wesentlichen verwirklicht ist, also nach 1997. So müssen neben den Investitionen auch die vorübergehenden Verluste finanziert werden, und
zwar
allein aus Fremdmitteln.
Dies
ist aufgrund
der Bonität
der DBP
Telekom möglich. Rund 1/3 der Summe stellt die Schwestergesellschaft Postbank als langfristige Kredite zur Verfügung. Die übrigen 2/3 wird Telekom als Postanleihen vom Kapitalmarkt aufnehmen. Allerdings belastet dies bei ca. 8.5% Zinskosten das wirtschaftliche Ergebnis deutlich. Außerdem wird die Eigenkapitalquote des Gesamtunternehmens aufgrund des Fremdverschuldens kurz- und mittelfristig unter das gesetzliche Minimum von 33% zurückgehen. Trotzdem geht die Telekom davon aus, daß bei sparsamem und wirtschaftlichem Mitteleinsatz jede vernünftige Investition finanziert werden kann. An der Rentabilität der Investitionen in den östlichen Bundesländern besteht kein Zweifel.
Alle Kraft für die Realisierung des Programms Das außergewöhnliche Programm bedingt außerordentliche Formen der Mobilisierung aller Kräfte und des Einsatzes aller Ressourcen. Programmatisch sollen hier lediglich die wichtigsten Elemente genannt werden: — Das Management erfordert eine kluge Kombination von zentraler Steuerung
und hoher eigener Verantwortung und Initiative in den Direktionen, Ämtern und Dienststellen. - Die finanziellen Ressourcen sind durch hohe Effizienz des Gesamtunternehmens in West und Ost zu erwirtschaften und bereitzustellen. — Für die Planung, Bestellung und Lieferung von Material und Gerätetechnik muß in Zusammenarbeit mit der Industrie alles bürokratisch Hemmende über Bord geworfen werden, um kürzeste Bereitstellungszeiten zu gewährleisten. 40
— Die Kapazitäten für Montage sowie für Hoch- und Tiefbau sind mit Vorrang aus den neuen Bundesländern zu gewinnen, um hier wirtschaftsfördernd zu wirken. Das gilt insbesondere für die Handwerker und Kleinunternehmer. - Von Turn-Key-Vorhaben ist, wenn sie sich in der ersten Etappe bewähren, weiterhin Gebrauch zu machen. - Für die Planung von Vorhaben sind die üblichen Zeiten mit allen Mitteln zu unterbieten. Bewährtes Know-how ist zu nutzen - alle nur denkbaren Verein-
fachungen sind anzuwenden. — Alle Organisationsformen und Strukturen, die programmfördernd wirken, sind beschleunigt durchzusetzen und mit Leben zu erfüllen. — Die Qualifikation aller Mitarbeiter in den neuen Bundesländern muß programmgerecht erhöht werden. Die Anzahl der Kräfte für Betriebsdurchführung, für Wartung und Instandhaltung und für Kundendienst muß im erforderlichen Umfang erhöht werden. - Führungskräfte und Mitarbeiter müssen sich durch Mut zum Risiko und zur vertretbaren Improvisation auszeichnen. — Unternehmerisches Denken und Handeln, insbesondere markt- und kundengerechtes Verhalten müssen den Arbeitsstil beherrschen.
Literaturverzeichnis
[1] Peters, P.: Digitalisierung des Fernsprechnetzes in den neuen Bundesländern, Schriftenreihe VDPI v. 14./15. 3. 1991, Seite 5.7
[2] Konzeption für die Entwicklung des Post- und Fernmeldewesens der DDR
1991 -
1995, unveröffentlichte Vorlage an den Ministerrat der DDR, Dezember 1988, Seite 2
[3] Ebenda, Seite 11 [4] Zeitschrift ING, Heft 2, 1991, Seite 22 [5] „Standpunkt
des Fachverbandes
Nachrichtenwesen
der Kammer
der Technik
Entwicklung des Fernmeldewesens“, Schreiben des Vorstandes vom Juni 1989 [6] Peters, P.: a.a.O., Seiten 5.6 und 5.7
zur
41
2. Das vereinigte Unternehmen Telekom eine Einheit von Mitarbeitern Dieter Gallist
„Gemeinsam vor großen Herausforderungen“ - so hieß das Schwerpunktthema am 4. Oktober 1990 im Kronprinzenpalais im Ostteil Berlins. An historischer Stätte Unter den Linden trafen sich zahlreiche Führungskräfte der ehemaligen Deutschen Post mit ihren Kollegen der Deutschen Bundespost Telekom, um einen Tag nach der staatlichen Wiedervereinigung auch die Vereinigung der beiden Telekom-Unternehmen zu besiegeln. Vorausgegangen war schon monatelang eine enge, intensive Zusammenarbeit auf allen Fachgebieten. Und vor ihnen lag ein riesiges Telekommunikations-Programm für die Menschen und für die Wirtschaft im Osten und auch im Westen unseres Landes. Ein Programm, das
in dieser Dimension noch niemand auf der Welt in Angriff genommen hat.
2.1 Die Ausgangsbasis im Osten Auch für die Deutsche Post der ehemaligen DDR und für die Deutsche Bundespost war die Maueröffnung am 9. 11.1989 ein Wendepunkt in der Zusammenarbeit. Ganz fremd waren sie sich nicht. Jahrzehntelang haben sie zusammen gearbeitet, um den Post- und Fernmeldeverkehr zwischen beiden deutschen Staaten in oft mühseligen Schritten zu verbessern.
Zufrieden waren die Bürger nicht mit den Ergebnissen. Die Politik der DDR
verhinderte eine Kommunikation,
wie sie zwischen anderen Staaten selbstver-
ständlich war. Aber jetzt - im November 1989 - war die Chance da, auch diese
Behinderungen abzubauen. Sofort gab es zahlreiche Kontakte zur Verbesserung
der Telekommunikationsbeziehungen, aber auch zur Umwandlung der Deutschen Post in ein der Deutschen Bundespost vergleichbares Unternehmen. Bereits einen Tag vor der feierlichen Unterzeichnung
des Staatsvertrages zur
Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion unterzeichneten Bundespostminister Dr. Christian Schwarz-Schilling und sein Amtskollege in der DDR, Dr. Emil Schnell, am 17.5. 1990 eine gemeinsame Erklärung, in der das Vorgehen bis zur
endgültigen
anderem torischen für einen zum Auf-
staatsrechtlichen
Vereinigung
festgelegt wurde.
Sie regelte unter
die schrittweise Verwirklichung der ordnungspolitischen und organisaGrundsätze des Poststrukturgesetzes. Definiert wurden auch die Ziele gemeinsamen Dienstleistungsmarkt. Für die wichtigsten Investitionen und Ausbau der Telekommunikation hat die Deutsche Bundespost
43
Telekom zu diesem Zeitpunkt ein Darlehen von mehr als 2 Milliarden DM zur Verfügung gestellt. Wie sah zu dieser Zeit das Unternehmen Deutsche Post aus und was geschah bis zur Fusion mit der Deutschen Bundespost Telekom? Insgesamt waren Anfang 1990 etwa 129000 Personen bei der Deutschen Post beschäftigt. Davon führten einige tausend Kräfte nach westlichen Postmaßstäben „artfremde“ Arbeiten aus, z.B. in den Studiotechniken Rundfunk und Fernsehen
und in der industriellen Produktion.
Der Bereich Telekom beschäftigte etwa 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Anteil der Frauen in diesem Unternehmen - insbesondere im Postdienst —
war mit 47000 Vollbeschäftigten relativ hoch.
Auffällig war — für westliche Maßstäbe — die große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Leitungs- und Verwaltungsbereich, insgesamt etwa 18000. Viele Kolleginnen und Kollegen waren in bezug auf die Anforderungen durch ihre Ausbildung oder jahrelange Erfahrung überqualifiziert. Um ihre Leistungsfähigkeit voll zu entwickeln, fehlte den Mitarbeitern allerdings der Zugang zu modernen Technologien.
Belastet hat die Mitarbeiter der Deutschen Post im Post- und Fernmeldewesen in der Vergangenheit auch die Situation ihres Unternehmens. Zwar hat die Deutsche Post nach DDR-Angaben in den letzten 20 Jahren mit Gewinn gearbeitet (jährlich 1,2 Milliarden Mark bei 5 Milliarden Mark Umsatz), der allerdings zu 2/3 an den Staat abgegeben werden mußte.
Die Folgen waren viel zu geringe Investitionen mit 700 Millionen Mark pro Jahr,
die nicht annähernd ein ausreichendes Telekommunikationsnetz zuließen, nied-
riges technisches Niveau, kaum Vermögen, niedriges Einkommen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Einige Beispiele sollen die Einkommenssituation verdeutlichen: Bei Ämtern und Direktionen verdienten Arbeiter und Angestellte im Durchschnitt knapp 1000 Mark, ingenieurtechnisches Personal etwas über 1200 Mark, Leitungspersonal etwa 1300 Mark. Die Erwartung an die neuen Möglichkeiten war also auch aus dieser Sicht groß. Wie früher für die Deutsche Bundespost das Bundesministerium für Post- und Fernmeldewesen, so war für die Deutsche Post — als obere Leitungsebene — das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen der DDR zuständig (Bild 2.1). Ihm unmittelbar waren relativ viele Zentrale Mittelbehörden (ZMB) unterstellt, die anders als bei der Deutschen Bundespost — auch Betriebsaufgaben erledigten. Die mittlere Leitungsebene bestand aus 15 Bezirksdirektionen in den Bezirksstädten der ehemaligen DDR und einigen speziellen Organisationseinheiten, wie z. B. die Funkdirektion und das Kombinat Fernmeldebau. Sehr stark gegliedert war die untere Leitungsebene mit - für den Fernmeldebereich — 14 Fernmeldeämtern, 81 Post- und Fernmeldeämtern (Aufgabenbereich 44
amt der
Regierung
vertriebs- || Post- und amt Fernmelde-||
verkehrs amt
15 Bezirksdirektionen
||technik
||technik || für FunkRund- || Fern- || kontroll-
funk || sehen
und Meßdienst
1 Funkdirektion
für
Material-
wirtschaft
Bildung |\schule der || und Fern- || sations- |) für Post|\und Unter-||Deutschen| | sehtechniund |lund Fem-
|Inehmensführung
Post
sches Zen-||[Rechen-|| ||zentrum|| tralamt
1 Hauptpostscheckamt
für 1 Hauptwerkstatt Kraftfahrzeug-
meldewesen
Kombinat Fernmeldebau
Instandsetzung
Stammbetrieb
14 Fernmeldeämter 81 Post- und Fernmeldeämter 1 Femsprechamt 1 Femamt 33 Hauptpostämter
8 Funkämter 1 Betriebsschule
8 Bezirkswerkstätten für Kraftfahrzeuginstandsetzung
4 Postscheckämter
15 Fernmeldebauämter
5 Bahnpostämter
1 Postfuhramt 15 Betriebsschulen
Bild 2.1: Struktur der ehemaligen Deutschen Post (Stand 1/90)
Fernsprech- und Fernschreibwesen), 8 Funkämtern,
und für Berlin einem Fernsprech- und einem Fernamt.
15 Fernmeldebauämtern
Nach der Öffnung der Mauer war abzusehen, daß eine vergleichbare Struktur der Deutschen Post und der Deutschen Bundespost die Zusammenarbeit beider Unternehmen erleichtern würde. Im Frühjahr 1990 hat deshalb die Regierung der DDR mit der organisatorischen
Aufteilung der Deutschen Post in ein Ministerium und drei Teil-Verwaltungen ohne ein Direktorium wie bei der Deutschen Bundespost — begonnen. Es entstanden zunächst - mit einer Verfügung vom 6. 5. 1990 - drei Generaldirektionen:
— Deutsche Post, Generaldirektion Telekom (GDT), — Deutsche Post, Generaldirektion Postdienst (GDP), — Deutsche Post, Generaldirektion Postbank und
Unternehmensfinanzen (GDU).
Die drei Generaldirektionen steuerten gemeinsam die Außenverwaltung, die noch nicht in drei Teil-Verwaltungen getrennt war. Ein Unterschied zur Deutschen Bundespost bestand zu diesem Zeitpunkt darin, daß die gesamten Quer45
schnittsaufgaben Personal und Unternehmensfinanzen für alle drei Unternehmensbereiche bei der Generaldirektion Postbank und Unternehmensfinanzen angegliedert waren. Für die Generaldirektionen gab es keine Vorstände, geführt wurden sie von Leitern der Generaldirektionen. Eine umfangreiche Veränderung erfuhren Mitte 1990 die Zentralen Mittelbehörden, um sie den Generaldirektionen zuzuordnen. In den meisten Fällen wurden
sie später auf die Deutsche Bundespost Telekom überführt.
Die Studiotechnik Rundfunk und die Studiotechnik Fernsehen wurden nach den Festlegungen des Einigungsvertrages nicht auf die Deutsche Bundespost überführt.
Vor dem Zeitpunkt der Vereinigung hat die Deutsche Post zum 1. 10. 1990 auch die regionalen Mittelbehörden neu geordnet. Aus den Bezirksdirektionen wurden
von
vornherein
konsequenterweise
getrennte
Direktionen
Telekom
und
Direktionen Postdienst gebildet. Dabei hat jedes neue Bundesland eine Direktion Telekom und eine Direktion Postdienst erhalten. Anders als im westlichen Bereich des Landes befinden sich die Direktionen Telekom und Postdienst nicht immer in der gleichen Stadt. Direktionen in den östlichen Bundesländern Land Mecklenburg-Vorpommern Brandenburg
Sachsen-Anhalt Sachsen Thüringen
Direktion Telekom
Direktion Postdienst
Rostock
Schwerin
Potsdam
Potsdam
Magdeburg Leipzig Erfurt
Halle Dresden Erfurt
2.2 Die Ausgangsbasis im Westen Die Vereinigung der beiden Telekom-Unternehmen geschah zu einem Zeitpunkt, als die Deutsche Bundespost Telekom im Westen selbst in riesigen Umstellungsprozessen stand und noch lange Zeit stehen wird:
— die Umwandlung von einer Behörde zu einem marktorientierten Unternehmen, - die Ausrichtung auf die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte, — die Einführung grundlegend neuer Technologien. 46
Die Deutsche Bundespost Telekom ist im Westen ein weltweit konkurrenzfähiges Unternehmen mit sehr komplexem Angebot. Mit einem Umsatz im Jahre 1991 von über 46 Milliarden DM und Rekordinvestitionen von 29 Milliarden DM
ist sie die größte Telekommunikationsgesellschaft Europas und die drittgrößte in
der Welt. Sie hat damit eine erhebliche Verantwortung für die Volkswirtschaft unseres Landes. Die institutionalen und ordnungspolitischen Strukturen vor der
Neuorganisation des Unternehmens
stammten aus der traditionellen Entwick-
lung des Post- und Fernmeldewesens und wären auf Grund ihrer mangelnden Flexibilität und ihres zu geringen Marktbezugs nicht mehr in der Lage gewesen, den aktuellen und künftigen Anforderungen gerecht zu werden. Das Poststrukturgesetz vom 1.7.1989 schaffte den stabilen ordnungspolitischen Rahmen zur Bewältigung dieser bevorstehenden Aufgaben. In diesem Zusammenhang soll nur auf einige Aspekte der neuen Unternehmensstruktur eingegangen werden, die besondere Bedeutung beim Zusammenwachsen der zwei Postunternehmen haben. Die Umwandlung
zu einem marktorientieren Unternehmen
ist ein jahrelanger
Prozeß. Die Neuorganisation der Generaldirektion Telekom ist weitgehend abgeschlossen. Andere Bereiche auf regionaler und lokaler Ebene und die Zentralen Mittelbehörden befinden sich mitten in der Umstellung. Als Beispiele seien hier nur die Neuorganisation von Privat- und Geschäftskundenvertrieb und Technischem Service genannt. Auch die Ausrichtung auf die Liberalisierung der Telekom-Märkte und die Einführung neuer Technologien sind nicht kurzfristig möglich, sie werden ständige Aufgaben bleiben. Schon vor der Vereinigung war deshalb die ganze Kraft der Führungskräfte und Mitarbeiter auf allen Ebenen des westlichen Unternehmens gefordert. Extremer Termindruck bei Entwicklung und Umsetzung der Konzepte, verbunden mit dem ständigen Ziel, die Kostensituation des Unternehmens zu optimieren,
führten an vielen Stellen zu sehr hoher Belastung. Verschärft wird die Belastung durch knappe Personalressourcen. Insbesondere im technischen Bereich findet mit der Privatwirtschaft ein Wettbewerb auf dem Personalsektor statt, der für
unser Unternehmen - wegen der Rahmenbedingungen des öffentlichen Dienstes und den damit verbundenen Hemmnissen - in vielen Fällen ungünstig endet. Das
Zusammenwachsen
mit
der
Deutschen
Post,
die größte
Fusion
zweier
Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit, hat die Situation entscheidend komplexer gemacht. Menge und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben sowie die Personalbeschaffungsprobleme sind innerhalb weniger Monate extrem angestiegen. Das gilt nicht nur für die Führungskräfte an zentraler Stelle, sondern auch für Tausende von Mitarbeitern, die im Rahmen von Partnerschaftsprogrammen in den östlichen Fernmeldeämtern eingesetzt sind. Es ist dabei unstrittig, daß diese Herausforderung durch die Aufgabe in den neuen Bundesländern die Arbeit in den alten Bundesländern mittelfristig positiv beeinflussen wird. Eine Reihe althergebrachter Praktiken wurden durch den enormen Zeitdruck in Frage gestellt, vereinfacht oder abgeschafft. 47
2.3 Betrachtung der Unterschiede Ein Vergleich der unterschiedlichen Situation beider Telekom-Unternehmen vor der Vereinigung wird immer - insbesondere wenn er sich auf die Mitarbeiter bezieht - lückenhaft, individuell, zum Teil auch einseitig sein. Der Prozeß des Zusammenwachsens beider Teile unseres Volkes ist derart vielschichtig, problematisch in vielen Einzelheiten und entzieht sich eigentlich zum jetzigen Zeitpunkt einer objektiven Beurteilung. Trotzdem soll hier der Versuch gemacht werden, aus der praktischen Zusammenarbeit einige Beobachtungen aufzuzeigen, wie manche Führungskräfte und Mitarbeiter sich beim Aufeinanderzugehen erlebt haben. Besonderes Kennzeichen bei der Zusammenarbeit war immer wieder die große Fachkenntnis der Kolleginnen und Kollegen aus dem Osten über ihr Aufgabengebiet. Aus- und Fortbildung hatten bei der Deutschen Post einen hohen Stellenwert - trotz ungünstiger Randbedingungen. Und diese Randbedingungen waren es auch, die sie zu großer Improvisation befähigt haben. Veraltete Technik, große Beschaffungsprobleme, geringe Investionsmöglichkeiten haben unsere Ost-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter immer wieder zu ungewöhnlichen
Lösungen geführt.
Besonders augenfällig war der hohe Anteil von sehr sachkundigen Damen auch im Bereich der Führungskräfte. Hier gibt die Deutsche Bundespost Telekom bis heute ein überwiegend männliches Bild ab. Auf der West-Seite waren im allgemeinen verständlicherweise das Know-how über modernste Technologien, Organisationsmethoden und auch eine größere Kundennähe vorhanden. Wegen der fehlenden Telefonanschlüsse waren in vielen Fällen die Kundenkontakte weniger ein Service als vielmehr reine Beschwerdebearbeitung und Abwehrstrategie. Leidtragende dieser von staatlicher Lenkung verursachten Man-
gelsituation waren nicht nur die Kunden; genauso stark betroffen waren auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Post selbst. Auffallend auch die unterschiedlichen Terminologien und Fachausdrücke zwischen Telekom-Ost und Telekom-West, so z.B. „Territorium — Gebiet“, „Kollektiv - Team“, „Beratung - Besprechung“ oder „Kader — Personal“. Unterschiedliche Mentalitäten zeigten sich auch an der Dienstvorschrift, viele Büros
von Führungskräften bei jedem Verlassen abzuschließen und abends zum Teil auch zu versiegeln. In Einzelfällen führten diese unterschiedlichen Verhaltensweisen bei der ersten Zusammenarbeit zu Vorurteilen, Skepsis, Mißtrauen. Es darf in diesem Zusam-
menhang nicht verschwiegen werden, daß einzelne wenige Mitarbeiter der Deutschen Post sich einer kooperativen Zusammenarbeit verschlossen haben. Und es muß auch erwähnt werden, daß einzelne Mitarbeiter aus dem Westen mit einer Übernahme-Mentalität den falschen Ton trafen.
48
Das Gesamtbild sah jedoch anders aus: Es gab große Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, gemeinsam die drängenden Probleme anzusprechen. Der Optimis-
mus der Menschen aus der ehemaligen DDR, der sich insgesamt bei dieser unblutigen Revolution zeigte, schlug sich auch ganz deutlich in der fachlichen Telekom-Arbeit nieder. Die optimistische Erwartung der Ost-Mitarbeiter, in absehbarer Zeit ihren Kunden endlich ausreichend hochmoderne Technologie, Geräte und Dienstleistungen bieten zu können, traf mit der Bereitschaft der West-Mitarbeiter zusammen, bei diesem geschichtlich einmaligen Prozeß aktiv mithelfen zu können. Gedämpft wurde diese Freude bei den Kollegen im Osten allerdings dadurch, daß über längere Zeit - trotz zugesicherter Übernahme und unbefristeter Arbeitsverträge — eine Unsicherheit über den zukünftigen Arbeitsplatz, dessen Inhalte und Bewertungen herrschte.
2.4
Das Zusammenwachsen
Wie bereits die vorherigen Kapitel zeigten, begann das Zusammenwachsen eigentlich schon mit der Öffnung der Mauer. Kurz danach - bei einem Treffen am 12. Dezember 1989 in Berlin - vereinbarten die beiden Postminister Sofortmaßnahmen zur Verbesserung des Telefonverkehrs. Am 25. Januar 1990 wurde in Bonn die gemeinsame Regierungskommission gebildet, die spezielle Arbeitsgruppen zum weiteren schnellen Ausbau der Telekommunikation schuf. Auf verschiedenen Feldern haben die Arbeitsgruppen Nachrichtenverbindungen in kürzester Zeit erweitert, z. B. durch zusätzliche Telefonkanäle in vorhandenen Kabeln, durch zusätzliche Kabel zwischen Ost-
und West-Berlin, durch Ausdehnung des Funknetzes C auf das Gebiet der DDR, durch Bereitstellung von Satellitenübertragungswegen.
Am 17. Mai 1990 faßte die Regierungskommission den Beschluß, die Postunion auszugestalten, „um sowohl auf politisch-hoheitlichem als auch auf unternehmerischem Gebiet die Phase bis zur endgültigen staatsrechtlichen Vereinigung der Verwaltungen zu gestalten“. Entsprechend den Grundsätzen des Poststrukturgesetzes wurde die Arbeit in hoheitliche und unternehmerische Aufgaben getrennt. Für die Deutsche Bundespost Telekom bedeutete dies das endgültige Ziel, beide Unternehmen zu vereinigen. Diese gewaltige Aufgabe, die Telekommunikationsinfrastruktur zu modernisieren, den Verkehr zwischen Ost und West zu normalisieren und beide Unterneh-
men zusammenzuführen, war nur mit Koordinierungsgremien West-Mitarbeitern zu erfüllen (Bild 2.2).
aus Ost- und
An der Spitze stand ein Unternehmensausschuß, in dem die Unternehmensleitungen der Telekom und der Deutschen Post vertreten waren. Ein Geschäftsbereichsleiter der Generaldirektion Postbank und Unternehmensfinanzen ergänzte 49
Arbeits|gruppen
| 1
Teletondienst
| 2
Nonvoice-
3
| 4
Mobil-
Ton- und
Netzent-
funk-
Fernseh-
|! wicklung
und
versor-
Technik
Technik || Rundfunk-
und
Dienste
| 5
Dienste
gung
| 6
| 7
| 8
Netz-
Vertrieb,
Orga-
ausbau,
Service
nisation,
Bauherm-
Informa-
ange-
tions-
heiten
beitung
legen-
|
9
10
Personal, || Finanzen, Recht
Controlling,
Einkauf,
Hochbau
verar-
DBP T | DP||DBPT | DP|IDBPT | DP||DBPT | DP||DBP T | DP|IDBPT | DP||DBP T| DPI\DBPT | DP|IDBPT|
DP||DBPT | DP
| Deutsche Bundespost Telekom / Deutsche Post
|
Bild 2.2: Koordinierungsgremien Deutsche Bundespost Telekom - Deutsche Post
die Leitung der Deutschen Post, weil die Unternehmensfinanzen noch in diesem Schwesterunternehmen geschlossen bearbeitet wurden. Die Detailarbeit
leisteten
10 paritätisch besetzte Arbeitsgruppen,
die von je
einem Geschäfts- oder Fachbereichsleiter geführt wurden. Das Verbindungsglied zwischen Unternehmensausschuß und Arbeitsgruppen war der Arbeitsund Koordinierungsausschuß. Er bereitete die Sitzungen des Unternehmensausschusses vor, gab seine Aufträge an die Arbeitsgruppen weiter und kontrollierte die Erledigung. Diesen Gremien und Gruppen ist es zu verdanken, daß die Deutsche Bundespost Telekom heute ein detailliertes Programm „Telekom 2000“ für die Modernisie-
rung und den Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur in den nächsten Jahren besitzt. Aber nicht nur Pläneschmieden war angesagt. Gleichzeitig wurden die ersten Sofortmaßnahmen durch zahlreiche weitere ergänzt. In den Arbeitsgruppen und zwischen den ihnen zuarbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden mannigfaltig die ersten Ost-West-Kontakte geknüpft. Hier traf mancher „Wessi“ zum erstenmal einen „Ossi“, hier konnte mancher
Kollege zum erstenmal dienstlich in den Westen reisen, es begannen sofort Fortbildungsmaßnahmen, der Kontakt zur anderen Technologie führte zu mancher Überraschung und bei dieser Arbeit lernte man auch die bisher unterschied50
liche Kundenbetreuung kennen. Die Zusammenarbeit führte bis auf wenige Ausnahmen zu engen, oft freundschaftlichen Verbindungen, die heute die Arbeit erleichtern. Zugegeben: Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen waren für die Mitglieder nicht immer zufriedenstellend. Die sofortige Umsetzung der geplanten Maßnahmen stieß vor Ort an zahlreiche Hürden. Realistische Korrekturen von sehr optimistischen Zielen waren die Folge, aber auch weitere ungewöhnliche Anstrengungen. Insgesamt
kann
man
feststellen,
daß
Unternehmensausschuß,
Arbeits-
und
Koordinierungsausschuß und die Arbeitsgruppen schr erfolgreich für die Bürger und die Wirtschaft in den östlichen und westlichen Bundesländern gearbeitet haben. Die Arbeitsergebnisse
insbesondere im Telekommunikationsbereich
sind an
anderen Stellen dieses Buches aufgezeigt. Ein etwas ausführlicher Blick soll hier noch der organisatorischen Entwicklung gelten.
Den Stand der gegenwärtigen Organisation des Unternehmens Deutsche Bundespost Telekom zeigt Bild 2.3.
Generaldirektion Telekom
w
vi
ve
18
ve
5
Oberpostdirektionen
Direktionen Telekom
Bereich
(DT)
Telekom
(OPDn)
er
va
v5
v6
v7
Zentrum für Telekommunikation
Organisationsund Rechenzentren
Zentralamt
Zentrum für
Zentraler
für
Fernmelde-
Fernmelde-
(ZfM)
(ZFe)
(ZFmb)
(FTZ)
123
(FA)
Berlin
Fernmeldetechnisches Zentralamt
Mobilfunk Fermmeldeämter
v8 | Stalästelle
zr
betrieb
Zentrum für Funkdienste
Zentralamt für Material-
Fachhochschulen Berlin und Dieburg (FHn)
Fachbereich Post u. Telek. der FH des Bundes f. öff. Verwaltung
(ZFu)
wirtschaft
(ORZ)
baubetrieb
Postmuseum
(ZMw) 17 Fernmeldezeugämter (FZÄ)
Bild 2.3: Struktur der Deutschen Bundespost Telekom
IngenieurSchule Leipzig (IS Lzg)
(Stand 6/91 )
51
Mit der Bildung einer Generaldirektion Telekom (GDT), der Reduzierung der Direktionen, der fachlichen Neuzuordnung der Zentralen Mittelbehörden waren
schon wesentliche Schritte in Richtung „Unternehmensvereinigung“ getan.
Bis dahin bestanden noch zwei Zentralen. Bei der Auflösung einer Generaldirektion bzw. der Vereinigung beider sollte sichergestellt werden, daß geeignete Mitarbeiter übernommen werden. Sehr wichtig war vor allem, nicht auf das östliche Know-how zu verzichten, weil westliche Regelungen auch jetzt noch oft an östliche Gegebenheiten angepaßt werden mußten. Aus mehreren organisatorischen Möglichkeiten wurde folgende ausgewählt: Die Generaldirektion
Telekom
in Bonn
blieb bestehen,
in Berlin wurde
aus den
Angehörigen der ehemaligen Generaldirektion Telekom zunächst eine „Übergangsgruppe Telekom“ eingerichtet, die dann am 1.11. 1990 zur „Stabsstelle Berlin“ als eigener Vorstandsbereich V 9 organisiert wurde (Bild 2.4). Die Stabsstelle Berlin wurde bis Juli 1991 in Personalunion vom Vorstand V 5
geleitet.
Die Stabsstelle ist gegenüber den Direktionen und Fernmeldeämtern im Osten nicht weisungsberechtigt. Sie berät und unterstützt die GDT in Bonn und führt bestimmte Teilaufgaben nach Absprache selbständig durch. Es zeigt sich, daß die langjährige Erfahrung der Stabsstellenmitarbeiter äußerst nützlich für die aus Bonn kommenden Regelungen ist. Die Situation in Berlin mit der (östlichen) Bezirksdirektion Berlin und der (westlichen) Landespostdirektion Berlin erforderte eine besondere organisatori-
sche Lösung. Zum 1.2.1991 wurden der Geschäftsbereich Telekom und der Geschäftsbereich Postdienst der ehemaligen Bezirksdirektion Berlin mit der Landespostdirektion Berlin zur Oberpostdirektion Berlin - als 18. Oberpostdirektion (OPD) des Unternehmens Telekom - zusammengefaßt. Ganz besondere Bedeutung für die Umsetzung des Programms „Telekom 2000“ haben die Fernmeldeämter. Um wirkungsvoll arbeiten zu können, müssen die Mitarbeiter möglichst schnell in die Arbeitsverfahren der westlichen Fernmeldeämter eingebunden werden. Eng verknüpft damit ist auch eine den westlichen Fernmeldeämtern vergleichbare Aufbauorganisation. Eine solche Organisationsänderung hat zwangsläufig zur Folge, daß viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz wechseln und neu eingearbeitet werden müssen. Trotz dieser Nachteile hat sich die Deutsche Bundespost Telekom entschieden, die östlichen Fernmeldeämter grundsätzlich nach der bewährten und erfolgreichen westlichen Form umzuorganisieren. In einem riesigen „Partnerschaftsprogramm“ unterstützten Amtsvorsteher, weitere Führungskräfte und zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus der Fachebene der westlichen Fernmeldeämter diesen Umstellungsprozeß ab Ende 1990. Aus 135 alten Orangisationseinheiten wurden 15 Fernmeldeämter und einige Fernmeldezeugämter mit etwa insgesamt 35000 Personalposten gebildet. 52
SG S1 Netze, Telefon-
dienste, Logistik,
Finanzen, Betriebswirtschaft,
Einkauf, Hochbau
SB 501 Büro der Stabsstelle SB S02 Koordinierung der Ausbauplanung
(Aufholprogramm) SB S03 Presse, Human
Relations,
Public Relations,
Beschwerden
SsBS11 Netze, Über tragungswege, Logistik, Werkstattwesen, Kfz SB Sı2 Telefondienste, Vermittlungstechnik, techni-
scher Betrieb SB S13 Finanzen,
SsGS2
SG S3
Nonvoice-Dienste,
Organisation,
Rundfunk,
Informations-
öffentlicher Mobilfunk,
verarbeitung, Personal
SB 521
SB S31
Telekom-Service
Breitbandverteildienste, Rundfunk, funktechnischer Kundendienst SB S22 Funktelefon, Funkrufdienste, Sicherheit der
Organisation, Personalwirtschaft SB S32 Informationstechnik, Informations-
Telekommunikation SB 523
verarbeitung SB S33
Betriebswirt-
Dienste
Nonvoice-
Personal,
Controlling SB S14
SB 524
SB 534
schaft,
Einkauf, Hochbau
Marketing, Vertrieb,
Telekom-Service
|
Telekom-Recht
Arbeits- und Tarifrecht,
berufliche Bildung
SB S25
SB S35
Endeinrichtungen,
Innerer Dienst
Geschäftsbedingungen, Benutzungsverordnungen
Bild 2.4: Struktur der Stabsstelle Berlin (Stand 5/91)
53
Die Fernmeldeämter sind in den ehemaligen Bezirksstädten im wesentlichen am Sitz der friheren Fernmeldeämter angesiedelt. Teilaufgaben von Zentralen Mittelbehörden, des Fernamtes und des Fernsprechamtes im Ostteil von Berlin wurden den Fernmeldeämtern 1 bis 5 im Westteil übertragen, wobei die Bezirke der Fernmeldeämter 2, 4 und 5 auf östliche Gebiete von Berlin ausgedehnt wurden. Das Fernmeldeamt 6 in Berlin wurde neu geschaffen, sein Gebiet umfaßt ausschließlich Bereiche im Ostteil der Stadt. Das besondere Problem, daß Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen
Post aus personalrechtlichen Gründen nicht in das westliche Bundesgebiet versetzt werden konnten, macht sich in Berlin besonders negativ bemerkbar. Die
Lösung: Das Personal aus dem Osten der neuen OPD Berlin und auch das Personal der Ämter, die jeweils im Ostteil Berlins arbeiten, wurden zum FA 6
Berlin versetzt, also diesem Amt personell unterstellt. Allerdings unterstehen sie fachlich jeweils ihrer westlichen Organisationseinheit, z. B. der OPD Berlin oder einem der Fernmeldeämter. Es ist verständlich, daß in diesem Zustand die Organisation der Ämter noch nicht hundertprozentig abgeschlossen war. Die Partner aus dem Westen haben auch ihre „persönliche Handschrift“ bei der Neuorganisation hinterlassen. Schwerpunkte wurden z. T. unterschiedlich gesetzt, persönliche Erfahrungen aus dem eigenen Amt
Organisations-
eingebracht.
Es kommt jetzt darauf an, mit dem
und Personalbesetzungszustand
Personalveränderungen
nur wohlüberlegt
gegenwärtigen
sensibel umzugehen,
vorzunehmen,
kungsvoll die wichtigen Aufgaben erledigen zu können.
um
erneute
schnell und wir-
2.5 Das Spezialproblem: die politische Belastung Einzelner Für die Personalarbeit war und ist die politische Belastung von Mitarbeitern der ehemaligen Deutschen Post ein besonderer Problembereich. Da Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in besonderer Weise verpflichtet waren, die Interessen des faktisch von der SED geleiteten Staatswesens zu sichern,
ist die dienstliche Funktion von vornherein als auch mit politischen Aspekten verknüpft zu vermuten.
Insbesondere kommen hier Tätigkeiten für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), Parteien oder in Massenorganisationen in Betracht. Es war die Aufgabe der von Telekom eingesetzten Personalausschüsse, im Einzelfall zu prüfen, ob insoweit gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen wurde. Da sich hier ein Ermessensspielraum auftat, war es wichtig, darauf zu achten, hier vorurteilsfrei und rational vorzugehen.
Hexenjagdmentalität auf der einen oder alles verzeihenwollende Milde andererseits waren und sind unangebracht. 54
Wo immer es vertretbar erschien und heute erscheint, soll vermieden werden, Personen in die Isolation zu entlassen; Integration in einen erneuerten, rechts-
staatlich geprägten öffentlichen Dienst heißt das Gebot.
Im Bereich der dienstleitenden Kräfte (Führungspersonal) ist allerdings besondere Sensibilität angebracht. Es muß unter allen Umständen verhindert werden, daß Personen, die Stabilisato-
ren des SED-Regimes waren, wiederum Macht und Einfluß im Unternehmen
ausüben dürfen. Andererseits sollen auch sie eine Chance haben. Sofern keine kriminellen Handlungen erkennbar sind, kann der Sachverstand und die Arbeitskraft dieser Personen an geeigneter Stelle durchaus einen Nutzen für das Unter-
nehmen stiften. Bei der Knappheit der Arbeitsplätze darf aber auch diese Überlegung nicht zur Verdrängung politisch völlig unverdächtiger Personen führen.
Das bei allen Entscheidungen dieser Art Restrisiken verbleiben, dürfte unmittel-
bar einzusehen sein. Das, was man die Wahrheit nennen könnte, wird zu 100% nicht aufzudecken sein. Informationen über Personen, die oft anonym eingehen,
sind sehr schwer
auf Wahrheitsgehalte
hin zu prüfen.
Inwieweit
hier eine
Auswertung von MfS-Akten zur weiteren Klärung beitragen kann, bleibt abzuwarten.
Der Einigungsvertrag sieht jedenfalls für die Weiterbeschäftigung im öffentli-
chen Dienst entsprechende Anfragen an den Sonderbeauftragten des Bundes für
die Verwaltung der MfS-Akten vor.
Insoweit wurden alle Entscheidungen über bisher besetzte Positionen, insbeson-
dere die im Führungsbereich, unter Vorbehalt getroffen.
Telekom hat die bisher gefällten Personalentscheidungen allerdings sehr sorgfäl-
tig vorbereitet.
Für die Leitungspositionen bei Direktionen und Ämter wurden bzw. werden die Besetzungsentscheidungen auf der Basis sorgfältig erhobener, durch Personalgespräche gestützte Informationen gefällt. Den Besetzungsentscheidungen ging ein durch Ausschreibung initiiertes wettbe-
werbsorientiertes Bewerbungsverfahren voraus. Hiermit sollten auch die Chan-
cen derjenigen gewahrt werden, die bei den zur Aufrechterhaltung des Betriebes zunächst vorläufig vorgenommenen
waren.
Besetzungen
nicht berücksichtigt worden
2.6 Die gemeinsame Zukunft Der stürmische Vereinigungsprozeß birgt Risiken und Chancen für das Unternehmen Deutsche Bundespost Telekom. So wie es heute aussicht: Die guten Aussichten überwiegen bei weitem die Nachteile!
55
Das größte Risiko erleben wir in diesen Monaten. So schnell wie Bürger, Wirtschaftsunternehmen und Politiker ein perfektes Telekommunikationsnetz wünschen und benötigen - so schnell ist dies nicht zu verwirklichen. Eine hochtechnologische Infrastruktur in wenigen Monaten aufzubauen, braucht trotz riesiger Anstrengungen eine gewisse Zeit. Die alten Technologien müssen ersetzt und erweitert werden. Der Hochbau und der Straßenbau ist in umfangreichen Programmen beteiligt, neue Organisationsformen müssen gebildet werden und die Mitarbeiter erlernen neue Arbeitsweisen. Unsere Mitarbeiter im Osten tragen einige besondere Belastungen: Die vorerst
niedrigere Bezahlung im Vergleich zu ihren Kolleginnen und Kollegen im Westen zeigen ihnen immer noch die Unterschiede. Bei der Einstufung in die neuen Angestellten-Vergütungsgruppen sind manche Mitarbeiter enttäuscht worden. Viele hatten aufgrund ihrer Qualifikation und Erfahrung bessere Lösungen erwartet. Wohnungsknappheit und die mangelnden Verkehrsverbindungen schränken ihre Mobilität ein. Der hohe Anteil berufstätiger Frauen verhindert auch häufig eine Versetzung des Familienvaters dorthin, wo die Telekom ihn eigentlich dringend benötigt. Trotzdem: Allen diesen Schwierigkeiten stehen eine Menge Vorteile und Chancen gegenüber. Die Deutsche Bundespost Telekom hat ein realistisches Programm, das in einem nie dagewesenen Tempo schon umgesetzt wird. Diese geschichtliche Herausforderung fordert von allen Telekom-Mitarbeiterin-
nen und -Mitarbeitern ein Höchstmaß an Flexibilität, Kreativität, ein Verlassen
gewohnter Bahnen und eine hohe Risikobereitschaft. Keinem in Ost und West bleibt die Zeit, in Ruhe über die Lösungen nachzudenken. Häufig sind provisorische Übergangslösungen gefragt. Entscheidungen müssen täglich, sofort und trotz der Mitverantwortung für Menschen und Kosten getroffen werden. Diese Herausforderung mobilisiert die Führungskräfte und Mitarbeiter in einer nie da gewesenen Weise. Wir erleben Entscheidungsprozesse, die früher in ähnlichen Fällen zu zeitraubenden Diskussionen führten. Heute sind sie häufig zielorientierter, problembewußter, kooperativer, schneller und trotzdem im Ergebnis von gleicher Qualität.
In dieser Situation kommt uns einiges entgegen: — Manche dieser Ost-Probleme hat das Unternehmen in ähnlicher Weise im Westen schon hinter sich. Beispiele: Wartelisten bei Telefon- und Kabelanschluß, Prioritäten bei der Schaltung von Anschlüssen, Hinwendung zur
Kundenorientierung - viele West-Kollegen haben noch persönliche Erfahrun-
gen mit diesen Problemlösungen.
— Das Unternehmen hat gerade im westlichen Teil eine Umorganisation hinter sich, vieles kann als Regelorganisation - trotz aller praktischen Schwierigkeiten und provisorischen Übergangslösungen - auf die östlichen Fernmeldeäm-
ter übertragen werden. — Anders als bei vielen Privatfirmen waren Betriebsangehörige und ein Filialnetz
für das Unternehmen Telekom bereits vorhanden, wenn auch nicht immer in
56
der gewünschten
Qualität.
Insbesondere
für unseren
Vertrieb und Techni-
schen Service ist dies eine günstige Ausgangsituation, um die Kunden flächendeckend zu bedienen. — Trotz mancher Skepsis im Einzelfall, trotz unterschiedlicher Arbeitsmethoden - die schnelle gemeinsame Identifikation für die Aufgabe mit gegenseitiger Know-how-Ergänzung findet statt. — Die Telekom hat die einmalige Chance zu zeigen, welche Bedeutung ihr Wirken für die Bürger, für die Volkswirtschaft hat. Hautnah, für jeden erlebbar kann sie zeigen, wie sie ein 55-Milliarden-Programm in wenigen
Jahren realisiert. Und jeder einzelne erlebt schon in diesen Monaten, daß er besser telefonieren kann, wie seine Partner und Freunde immer zahlreicher zu
Anschlußinhabern werden.
Das Fazit: Dieses Unternehmen hat große Probleme beim Aufbau des Telekommunikationsnetzes
zu lösen.
Es hat aber viele Chancen,
nicht zuletzt wegen
seiner qualifizierten und hochmotivierten Führungskräfte und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an der Nahtstelle Ost-West-Europa in wenigen Jahren ein höchst effizientes Telekommunikationsunternehmen zu sein.
57
3. Ordnungspolitische Wandlungen Eberhard Witte
Die Wirtschaft der ostdeutschen Bundesländer durchläuft einen tiefgreifenden Wandlungsprozeß von der staatlichen Planwirtschaft der DDR zu der vorwiegend marktwirtschaftlich organisierten Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Gemeinschaft. Der Bereich der Telekommunikation trifft dabei auf eine Sondersituation, weil zur gleichen Zeit die Deutsche Bundespost, also das westdeutsche Staatsunternehmen selbst, einem Wandlungsprozeß unterworfen ist, so daß zwei ordnungspolitische Anpassungsprozesse - sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland - parallel zueinander verlaufen. Sie gehen von unterschiedlichen Ausgangssituationen aus, sollen aber schließlich in einer gemeinsamen ordnungspolitischen Struktur aufgehen. Dabei treten beson-
dere Probleme, die eigenständige Lösungsansätze verlangen, auf.
3.1 Ausgangssituation In der DDR war das Fernmeldewesen in traditioneller Weise staatlich geordnet.
An der Spitze stand der öffentliche Fernmeldenetz wenig ausgebaut worden. nahmen in den Prioritäten Kommunikationsbedarf
Minister für das Post- und Fernmeldewesen. Das war im Vergleich zu anderen europäischen Ländern Die Kommunikationsbedürfnisse der Bevölkerung des Planungssystems nur einen geringen Rangein. Der
des Staates,
der politischen
Organisationen
und
der
wichtigsten Wirtschaftszweige wurde teilweise durch Sondernetze befriedigt. Diese Netze standen naturgemäß nicht im Wettbewerb zueinander. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise trat grundsätzlich zurück. Die Planungen richteten sich eher auf die Zuweisung von mengenmäßigen Ressourcen, d.h. Anlagegütern, Fernmeldematerial und Personal. Die Deutsche Post der DDR finanzierte ihre (geringfügigen) Investitionen aus dem Staatshaushalt. Kredite wurden
nicht aufgenommen. Die zum großen Teil noch aus der Vorkriegszeit stammen-
den Fernmeldeanlagen wurden in bewunderungswürdiger Weise instand gehalten, unter schwierigen Umständen ständig repariert und dadurch im ganzen für
einen hinreichend funktionsfähigen Telefondienst innerhalb des Landes aufrechterhalten. Neue Telekommunikationsformen, die sich inzwischen weltweit
entwickelt hatten, konnten allerdings nicht eingeführt bzw. nur in einigen Sondernetzen realisiert werden. Im öffentlichen Netz gab es weder eine moderne
59
Datenkommunikation noch Telefax, Teletex oder andere Formen der Textkom-
munikation. Nur das Fernschreibnetz blieb in dem ursprünglich vorhandenen Rahmen funktionstüchtig. Erste Ansätze zur Einführung digitaler Fernmeldeanlagen scheiterten an den COCOM-Bedingungen, also an den Ausfuhrbeschränkungen des Westens. Die Bundespost der Bundesrepublik Deutschland wurde zwar bis 1989 als Staatsverwaltung vom Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen geleitet. Aber sie verstand sich bereits seit den frühen siebziger Jahren als ein Unternehmen, das nach dem Prinzip des Als-ob-Wettbewerbs auf dem Markt agieren, Innovationen verwirklichen und Gewinn erwirtschaften soll. Bereits im Jahr 1965 hatte eine Sachverständigenkommission vorgeschlagen, die Bundespost vom Ministerium zu trennen, um den politischen Einfluß auf das Unternehmensgeschehen zurückzudrängen. Derselbe Ansatz wurde 1970 wiederholt, scheiterte aber schließlich am politischen Widerstand der Sozialpartner. Obgleich der ordnungspolitische Wandel zunächst mißlang, wurden die flankierenden Vorschläge der beiden Reformkommissionen, die sich auf das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen, moderne Formen der Investitionsfinanzierung und eine aktive Marktpolitik bezogen, weitgehend verwirklicht. Eine dritte Kommission hat im Jahre 1976 umfassende Empfehlungen für ein wirtschaftlich vernünftiges und gesellschaftlich wünschenswertes Telekommunikationssystem der Zukunft vorgelegt. Daraufhin wurden der Telefondienst in Richtung auf Vollversorgung der Gesamtbevölkerung ausgebaut, moderne Formen der Datenkommunikation verwirklicht, die Mikroelektronik und Glasfasertechnik ver-
stärkt in die Ausbauplanungen einbezogen und insgesamt die Innovationsbereitschaft gestärkt. Das unternehmenspolitische Denken wurde konsequent weiterentwickelt, obgleich die Deutsche Bundespost weiterhin uneingeschränkt dem öffentlichen Haushaltsrecht und dem öffentlichen Dienstrecht unterlag.
Die erheblichen Investitionen wurden mit selbsterwirtschaftetem Eigenkapital und darüber hinaus durch Kreditaufnahme auf dem Kapitalmarkt finanziert. Ein vielfältiges Angebot neuer Leistungen wie Datex P, Teletex, Telefax, Bildschirmtext, Kabelfernsehen etc. belegt das Innovationsbewußtsein der Bundespost in den achtziger Jahren. Die Öffnung des Marktes der Europäischen Gemeinschaft förderte diese Bestrebungen und wies in die Richtung von mehr Wettbewerb und stärkerer Einbeziehung privater Konkurrenten. Dadurch wuchs der politische Druck, nun auch die ordnungspolitischen Konsequenzen für eine Unternehmensverfassung zu ziehen.
In Großbritannien und Japan war die Loslösung der Unternehmen vom Ministe-
rium sowie die Trennung zwischen Post und Telekommunikation bereits in den
fünfziger und sechziger Jahren eingeleitet worden. Großbritannien hat schließlich das Staatsunternehmen British Telecom 1984 privatisiert. Japan folgte mit der Privatisierung von NTT im Jahre 1985. In den USA, wo die Telekommunikation stets in privater Hand lag, war bereits 1982 als Abschluß eines langjährigen Antitrust-Verfahrens die marktbeherrschende Position von AT&T aufgelöst und 60
Wettbewerb im Weitverkehr eingeführt worden. Die Poststrukturreform war in Deutschland also überfällig. Mit dem Poststrukturgesetz vom 8. Juni 1989 wurde das Post- und Fernmeldewesen der Bundesrepublik Deutschland neu geordnet. Das Gesetzeswerk besteht aus mehreren Einzelgesetzen, dem Postverfassungsgesetz und Neufassungen des
Gesetzes über das Postwesen und des Fernmeldeanlagengesetzes. Die wichtigsten Bestimmungen und Maßnahmen der Umorganisation traten zu Beginn des Jahres 1990 voll in Kraft, also in demselben Jahr, in dem der Beitritt der DDR zur
Bundesrepublik Deutschland stattfand. Der Wandlungsprozeß in Westdeutschland hat also lediglich einen Vorlauf von wenigen Monaten gegenüber den ordnungspolitischen Änderungen in Ostdeutschland.
Darin kann eine Chance insoweit gesehen werden, als die Entwicklungen in Ostund Westdeutschland von vornherein parallel verlaufen können. Aber andererseits sind die Ausgangsbedingungen zu unterschiedlich, um auch in Ostdeutsch-
land von vornherein die Entfaltung von Wettbewerb erwarten zu können. Für die westdeutsche Bundespost ergibt sich eine doppelte Herausforderung: Auf der einen Seite soll sie sich dem neu entstehenden Wettbewerb in allen Nichtsprachdiensten und im Endgerätebereich stellen, auf der anderen Seite hat sie gewaltige
Planungs- und Investitionsleistungen zur Errichtung einer modernen Infrastruk-
tur der Telekommunikation in Ostdeutschland zu bewältigen. Das Argument für die westdeutsche Postreform, die Infrastruktur läge vollständig vor und könne
nun im Wettbewerb frei genutzt werden, trifft für Ostdeutschland nicht zu. Man
wird also eine gewisse Differenzierung der Ordnungspolitik noch für eine Über-
gangszeit in Kauf nehmen müssen.
3.2
Politischer Wandel
Der ordnungspolitische Wandel soll nach den Grundgedanken der Postreform darin bestehen, den unmittelbaren Einfluß politischer Instanzen auf die Geschäftspolitik des staatlichen Telekommunikationsunternehmens zurückzunehmen. Die ursprüngliche Vermischung zwischen Hoheitsaufgaben und Unterneh-
mensaufgaben soll aufgelöst werden. In der DDR waren alle Bereiche der Wirtschaft dem Staat zugeordnet. Auch wenn die Betriebe über einen gewissen Spielraum für eigene Entscheidungen verfügten, war ein Gegensatz zu den staatlichen Entscheidungen grundsätzlich nicht möglich. Aus ostdeutscher Sicht
ist die Notwendigkeit einer Trennung zwischen Hoheits- und Unternehmensauf-
gaben nur zu verstehen, wenn man sich vor Augen
führt, welche Position ein
(nach wie vor staatliches) Telekommunikationsunternehmen in der Marktwirtschaft einnimmt. Da auch private Unternehmen Dienstleistungen der Telekommunikation und Teilnehmerendgeräte auf dem Markt anbieten, insbesondere im Datenverkehr, im Bereich der Value Added Services, im Mobil- und Satelliten-
funk und in Nebenstellenanlagen, darf das Staatsunternehmen nicht über wettbewerbsschädliche Privilegien verfügen. So wäre es hinsichtlich der Chancengleich-
61
heit unvertretbar, wenn die Zulassung privater Endgeräte, die Gewährung von
Lizenzen, die Zuordnung von Frequenzen und die Überwachung von Standards weiterhin von der staatlichen Fernmeldeverwaltung besorgt würde. Denn damit
wäre sie gleichzeitig Mitspieler im Wettbewerb und Schiedsrichter über ihre Konkurrenten.
Die ordnungspolitische Konsequenz besteht darin, sämtliche Hoheitsaufgaben dem Ministerium zuzuweisen, während die Gestaltung der Unternehmenspolitik dem selbständig handelnden Vorstand der Telekom obliegt. Der Bundesminister vertritt als Mitglied der Regierung die Bundesrepublik Deutschland in den internationalen Verhandlungen mit anderen Staaten und Staatengemeinschaften. Die gleiche Hoheitsfunktion übt er auch innerhalb Deutschlands bei der Frequenzzuteilung, bei der Zulassung privater Endgeräte, bei Kontrollen und Messungen
Erfassung von Störungen Unternehmen aus.
zur Sicherung zugeteilter Frequenzen
sowie bei der Erteilung von Lizenzen
und zur
an private
Da die Unternehmen der Bundespost weiterhin als Sondervermögen dem Staat gehören, obliegt dem Minister zusätzlich die Eigentümerfunktion. Neben der Bestellung der Vorstände und der zweiten hierarchischen Ebene handelt es sich insbesondere um Zielvorgaben, um die Feststellung des Wirtschaftsplanes (einschließlich der Investitionen und der Kreditaufnahme) sowie um Maßnahmen des Gewinn- und Verlustausgleichs zwischen den Unternehmen der Bundespost. Diese Funktion wird ab 1996 an Bedeutung gewinnen, wenn die DBP-Unternehmen den Steuergesetzen und Gewinnverwendungsbestimmungen, die für private Großunternehmen gelten, unterworfen werden. Dann wird das für eine Übergangszeit noch beibehaltene Verfahren der Ablieferung (10 % des Umsatzes) an die Bundeskasse abgelöst. Es werden Entscheidungen zur Rücklagenbildung und zur Gewinnausschüttung zu treffen sein. Die Pensionsrückstellungen, die eine Staatsverwaltung bisher nicht kannte, werden schrittweise aufgebaut, so daß auch die Altersversorgung der Belegschaft im Bereich des Sondervermögens bilanziert wird. Das Bundesministerium für Post und Telekommunikation ist schließlich die Regulierungsinstanz, die für die Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten
der Post und der Telekommunikation
zuständig ist. Es legt die
Monopolbedingungen, d.h. die Rechte und Pflichten für das Staatsunternehmen, fest, hat insbesondere die Tarife für Monopolleistungen zu prüfen und zu genehmigen, die Pflichtleistungen und Infrastrukturauflagen für das Staatsunternehmen festzulegen und Benutzungsverordnungen zum Schutze der Kunden zu erlassen.
Diese Regulierungsfunktion ist nicht zu verwechseln mit einem unmittelbaren Eingriff in die Geschäftspolitik der DBP Telekom. Auch in anderen Staaten, in denen die Telekommunikationsunternehmen völlig privat geführt werden, wird
die Regulierungsaufgabe des Staates sehr ernstgenommen. In den USA sorgt eine eigene Bundesbehörde, die Federal Communications Commission (FCC), 62
und in Großbritannien das Office of Telecommunications (Oftel) für die Eindämmung der Marktmacht des dominierenden Großunternehmens und die Förderung der neu entstehenden Wettbewerber. Bei der Postreform in Deutschland haben die Parlamentarier nicht vollständig
auf ihre Rechte zugunsten des Bundesministeriums verzichten wollen. Da die Vertreter von Bundestag und Bundesrat nicht mehr (wie früher im Verwaltungsrat) in den Aufsichtsräten der Bundespost-Unternehmen vertreten sind, ist ein Infrastrukturrat, der je zur Hälfte aus Vertretern des Bundestages und des Bundesrates besteht, eingerichtet worden. Durch das Hinzutreten der fünf neuen Bundesländer ist die Anzahl der Bundestags- und der Bundesratsvertreter je von 11 auf 16 erhöht worden.
3.3 Organisatorischer Wandel Nach der Abhebung des Ministeriums als übergeordneter Regulierungs- und Aufsichtsinstanz sind die Unternehmen der Deutschen Bundespost, insbesonde-
re die hier zu betrachtende Telekom, frei, sich ausschließlich den Aufgaben eines Unternehmens zu widmen.
Die Unternehmensleitung hat zwar auch weiterhin
die ihr vorgegebenen Ziele und Auflagen zu beachten, aber sie ist nicht aufgerufen, aus eigenem Ermessen politische Überlegungen und Maßnahmen im öffentlichen Interesse zu entwickeln. Man muß ihr auch das Mandat zum politischen Urteil absprechen, denn für staatspolitische Aufgaben bedarf es einer parlamentarischen Legitimation, und diese liegt beim Minister, nicht bei der DBP Telekom.
Die Aufteilung der Bundespost in drei selbständige Unternehmen Telekom, Postdienst und Postbank folgt dem Grundgedanken der Bildung handlungsfähiger organisatorischer Einheiten. Damit sollen marktorientierte Unternehmensstrategien möglich werden. Auch nach der Loslösung von Postdienst und Postbank bleibt die Telekom
eines der größten deutschen Unternehmen
mit einer
hochkomplexen Leistungsstruktur, die vom einfachen Telefondienst bis zum Satellitenverkehr reicht.
Für jedes der drei DBP-Unternehmen ist ein eigener Vorstand eingesetzt worden. Sowohl die Vorstandsmitglieder als auch die Führungskräfte der zweiten Leitungsebene
sind
nicht
Beamte
auf Lebenszeit,
sondern
stehen
in einem
besonderen, zeitlich befristeten (allerdings öffentlich-rechtlichen) Dienstverhältnis. Völlig freie privatrechtliche Verträge sind nach der verfassungsrechtlichen
Lage nicht zulässig. Die gewählte Regelung erlaubt jedoch die Berufung von
Führungskräften aus der privaten Wirtschaft und fördert die Nutzung langjähriger Managementerfahrung. Der Vorstand
der DBP
Telekom
besteht aus einem
weiteren Vorstandsmitgliedern (Bild 3.1).
Vorsitzenden
und
neun
63
Aufsichtsrat
Zentrale
ur
Netze,
Strategie, Forschung, ln
gelegenheiten
a
||
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strategien, Behr
TR
Satelliten, Logistik
Ye di un ermitllungstechn
Terrestrische
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Breitband
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Teletondiens
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Internationale
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Presse
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l I I
Vorstandsbüro
m,
1
I
I
|
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Bild 3.1: Aufgabenverteilung bei der Generaldirektion Telekom
64
Vorstand .
v8|v8
Stabsstelle Berlin:
Übergangs- und Aufholmaßnahmen für das
Beitrittsgeblet
Finanzen,
Datenmehrwert-
Br we
Bean en
an
Meikeiing
| | Anwendungssorientierte
Technischer
Mehrwertdienste
Service
u
Organisation
|
| Enaeinrichiangen
Informationstechnik
Anwendungsentwicklung
Controlling, EDER
ER
Personal
Transportorientierte Mehrwertdienste
Projekte und Consulting
Informationstechnik
Telskom - Service
dienste
| |
Organisation,
Fi
|
|
Arbeits-und Tarif| |recht, Besoldung,
berufliche Bildung, Sozlalangelegenheiten
Telekommunikationsrecht
Führungskräfteauswahl |_Jund entwicklung, Strategien der Führung
| |
Contolling,
Betriebswirtschaft
|| Einkaun
ua
|e
Gebäude, Liegenschaften
puma
| I)
|
_
direkt zugeordnete Fachbereiche
Ul22222...-- A
65
||
Von der dritten Leitungsebene an sind die Positionen nach wie vor durch Beamte
nach dem traditionellen öffentlichen Dienstrecht besetzt. Diese aus rechtlichen Gründen notwendige Trennlinie ist organisatorisch bedenklich, denn sie bedeutet, daß der Schritt von der Staatsverwaltung zum Unternehmen nur für die Unternehmensspitze getan wurde. Solange die Bundespost nach Art. 87 des Grundgesetzes eine bundeseigene Verwaltung bleibt, ist eine Änderung nicht möglich.
Für jedes
der drei
Unternehmen,
also
auch
für die
DBP
Telekom,
ist ein
gesonderter Aufsichtsrat bestellt worden, der sich aus Experten, Kunden und Arbeitnehmern zusammensetzt. Die Vertreter des Personals besitzen ein Drittel der Sitze, ein weiteres Drittel wird von den Verbänden der Wirtschaft vorgeschlagen und das dritte Drittel vom Bundesminister für Post und Telekommunikation ernannt.
Die Organisation des Fernmeldewesens in der Fläche ist für den früheren Bereich der Deutschen Bundespost nicht verändert worden, d.h. die Oberpostdirektionen als Mittelbehörden sowohl für den Postdienst als auch für die Telekommunikation bestehen auch weiterhin. Sie werden allerdings intern stärker getrennt, als dies bei der bisherigen Abteilungsgliederung der Fall war. Die Postbank verfügt ohnehin über eine eigene Regionalgliederung. Die Postämter und die Fernmeldeämter waren in Westdeutschland getrennt organisiert, so daß auf dieser Ebene keine Neugliederung notwendig wird. In Ostdeutschland bietet sich eine grundlegend andere Ausgangssituation in der Regionalgliederung dar. Die Bezirksdirektionen für das Post- und Fernmeldewe-
sen sind inzwischen aufgelöst und statt dessen konsequent fünf Landesdirektionen der Telekom gebildet worden. Wichtiger noch ist, daß die 81 Post- und
Fernmeldeämter nun aufgeteilt werden und daraus - neben den Postämtern - 15
Fernmeldeämter hervorgehen. Hier zeigt sich besonders deutlich, daß die gleichzeitige Bewältigung des ordnungspolitischen Wandels und des Aufbaus einer technischen Infrastruktur die organisatorische Kraft aller Beteiligten übersteigt. Jede Umorganisation stellt hohe Anforderungen an die Flexibilität und Lernfähigkeit, sie führt auch zu sozialen Härten. Wenn gleichzeitig die Arbeitsplatzsicherung für 40000 Bedienstete der DBP Telekom in Ostdeutschland zu bewältigen ist, dann wird das Ausmaß der notwendigen Anstrengungen sichtbar.
Soweit Einrichtungen der Deutschen Post auf die DBP Telekom überführt sind, werden die Arbeitsverhältnisse der dort beschäftigten Arbeitnehmer fortgesetzt. Für die übrigen Arbeitnehmer gelten Übergangsbestimmungen (Wartegeld). Besondere
Probleme
werden
dadurch
ausgelöst, daß die Zuständigkeiten der
Deutschen Post der DDR weiter gespannt waren als in Westdeutschland. Die An- und Abmeldung von Rundfunkgeräten sowie der Gebühreneinzug werden jetzt an die dafür zuständigen Organisationen der Rundfunkanstalten abgegeben.
Die
funktechnische
ursprünglich bis zum 66
Betreuung
Mikrophon
des
Hörfunks
und
des Fernsehens,
die
(unter Einschluß der Studioeinrichtungen)
reichte und die inzwischen zurückgenommen worden organisatorische und personalpolitische Anpassungen.
ist, verlangt ebenfalls
Das Benutzungs- und Gebührenrecht wird schrittweise geändert, insbesondere die Anpassung der Dienstleistungen und die Änderung der Gebühren. Sobald die technischen Einrichtungen zur Gebührenerfassung geschaffen sein werden, kann
auch die Entfernungsstaffel im Nah- und Weitverkehr (bis 31. 12. 1992) realisiert werden. Das
Postverfassungsgesetz
und
das Fernmeldeanlagengesetz
sind unmittelbar
mit der Vereinigung in Kraft getreten, allerdings ist nach Art. 9 des Einigungsvertrages das DDR-Recht (z.B. die Fernsprechanordnung) in begrenztem und notwendigem Umfang noch insoweit gültig geblieben, wie neues Recht noch nicht zur Verfügung steht. Die Übergangsregelungen des Einigungsvertrages sind bis zum 31. 12. 1991 befristet. Diese Frist ist außerordentlich kurz bemessen, wird jedoch - soweit heute erkennbar - eingehalten. Insgesamt ist festzustellen, daß sich der organisatorische und rechtliche Wandel schnell und angesichts der in Jahrzehnten gewachsenen Unterschiede reibungslos vollzieht.
3.4 Vom Monopol zum Wettbewerb Noch wichtiger als der politische und organisatorische Wandel ist die Bewälti-
gung des Umdenkens von der staatlichen Fernmeldeverwaltung zu einem marktorientierten und werbenden Verhalten einer Telekommunikationsunternehmung. Diese Anpassung der Mentalität wird von den Bediensteten des östlichen
und des westlichen Bundesgebietes in gleicher Weise erwartet. Der Unterschied besteht lediglich darin, daß die westdeutschen Mitarbeiter der DBP Telekom seit einer Reihe von Jahren auf die Neuordnung des Fernmeldewesens vorbereitet wurden, während der Wandel in Ostdeutschland innerhalb weniger Monate stattfindet. Hinzu kommt der Unterschied, daß die Infrastruktur und die Dienst-
leistungen der Telekommunikation im Westen seit Jahrzehnten ausgebaut wurden und teilweise im Überfluß zur Verfügung stehen, während in den östlichen Landesteilen noch eine Mangelsituation zu bewirtschaften ist. Hier ist schnelles und einfaches Handeln notwendig und nicht der langwierige Umweg über eine computergestützte Feinoptimierung. Die Übernahme westlicher Standardtechnik kombiniert mit der bewährten Improvisationserfahrung ostdeutscher Fachleute wird den Mangel zuverlässig beheben. Trotz der grundsätzlichen Stoßrichtung der Postreform in Richtung Marktöff-
nung und Wettbewerb vollzieht sich der größte Teil der ostdeutschen Aufbauarbeit im Monopolbereich. Denn es gilt, zunächst das Telekommunikationsnetz als Infrastruktur für alle weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen flächendeckend auszubauen.
Das
Investitionsvolumen
für Ostdeutschland
wird 55 Mrd.
DM,
davon allein im Jahre 1991 bereits 7 Mrd. DM betragen. Dazu ist die Planungsund Realisierungskapazität der Bundespost überfordert. Man muß sich erinnern, daß der Netzausbau in den früheren Grenzen der Bundesrepublik Deutschland 67
mehrere Jahrzehnte in Anspruch nahm. Noch in der Mitte der siebziger Jahre
verfügten nicht einmal 40 % der privaten Haushalte über einen Telefonanschluß,
während heute die Vollversorgung erreicht ist. Deshalb war es eine sinnvolle Entscheidung, die sogenannten Turn-Key-Projekte von privaten Unternehmen
der Elektroindustrie durchführen zu lassen. Innerhalb weniger Monate gelang es,
die notwendigen Planungen einzuleiten, um gleichzeitig an vielen Stellen - und nicht nur in den Großstädten - schlüsselfertige Telekommunikationsnetze mit den dazugehörigen Vermittlungsanlagen zu errichten. Die flankierenden Maßnahmen hinsichtlich der Zulassung von Satellitenverbindungen auch für die Sprachkommunikation und die Ausdehnung der Mobilfunklizenz auf die neuen Bundesländer sind behilflich, die Engpässe schnell zu überwinden. Erst dann sind die Voraussetzungen geschaffen, um den Wettbewerb in der
Daten- und Textkommunikation, in den Value Added Services (Kombinationen von Telekommunikation und Datenverarbeitung) sowie im Endgerätebereich zu öffnen.
Inzwischen werden auch die neuen Rechtsverordnungen für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen (TKV), die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DBP Telekom sowie die Eckpunkte für das Netzmonopol und das Telefondienstmonopol erlassen sein. Man darf nicht vergessen, daß auch in Westdeutschland ein tiefgreifender ordnungspolitischer Wandel auf dem Gebiet der Telekommunikation zu bewältigen ist. Dazu gehört auch, daß die DBP Telekom mit ihren Kunden nicht mehr wie früher in öffentlich-rechtliche Vertragsbeziehungen eintritt, sondern — wie jedes Privatunternehmen -— mit ihren Kunden privatrechtlich verkehrt. Für die ostdeutschen Landesteile wird der Schritt vom Monopol zum Wettbe-
werb erst dann eine faktische Bedeutung erhalten, wenn private Diensteanbieter, Datenbanken und Informationssysteme für Mehrwertdienste, Handwerksbetriebe für den Telefonbau sowie Mobilfunk- und Bündelfunkbetreiber als vitale Wettbewerber auf den Markt treten. Das wichtigste aber ist die Steigerung der Kaufkraft, ohne die ein breites Marktangebot ins Leere stößt. Damit ist die Entwicklung der Telekommunikation eng mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Ostdeutschlands verbun-
den. Die Telekommunikation ist einerseits die Infrastruktur für alle anderen wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse. Die Investitionen der Telekommunikation werden sich andererseits erst auszahlen, wenn die Lebensbedingungen in Ostdeutschland dem europäischen Durchschnitt angenähert sind. Die Sicherung und Neugewinnung von Arbeitsplätzen setzt voraus, daß die ostdeutschen Betriebe in Kostenstruktur und Leistungsangebot den Anforderungen des europäischen Marktes gewachsen sind. Die dabei auftretenden Schwierigkeiten, die in vielen Wirtschaftszweigen zum Zusammenbruch von Betrieben geführt haben, wurden im Bereich der Hersteller von Telekommunikationsanlagen, also insbesondere der Elektroindustrie, durch Fusion ostdeutscher Betriebe mit westdeutschen
68
Unternehmen
aufgefangen.
Die
wichtigsten
Produktions-
standorte blieben erhalten und haben in relativ kurzer Zeit die Umstellung zu neuen Produktionsverfahren und neuen Produkten bewältigt. Dieser Prozeß benötigt weiterhin eine wirksame Förderung. Auch fehlt esnoch an Neugründungen zur Ausfüllung von Marktnischen, insbesondere im Dienstleistungsbereich und im Handwerk,
aber insgesamt ist mit Respekt festzustellen, daß der ord-
nungspolitische Wandel in einer derart kurzen Zeitspanne bewältigt wird, wie sie anderen Ländern bisher nicht zugemutet wurde.
69
4. Über den Netzausbau in Ostdeutschland
zu einem einheitlichen Telekommunikationsnetz
in ganz Deutschland
Norbert Gawron / Hans-Dieter Reichardt / Rainer Bark
In den vergangenen 45 Jahren hat sich die Telekommunikation in West- und Ostdeutschland auseinander entwickelt. Während die Infrastruktur in den alten
Bundesländern fortlaufend bedürfnisorientiert weiterentwickelt wurde, zeigt die
Versorgung in den neuen Bundesländern erhebliche Engpässe, die nach der Vereinigung in voller Tragweite offenkundig wurden. Die strategische Zielsetzung des Konzeptes „Telekom 2000“ ist darauf ausgerichtet, möglichst schnell und mit vertretbaren Kosten ein gemeinsames, zukunfts-
orientiertes Telekommunikationsnetz aufzubauen, das die bereits vorhandenen
und sprunghaft ansteigenden Telekommunikationsanforderungen erfüllt und nach einheitlichen Gesichtspunkten zu planen und zu realisieren ist. Aufgrund
der stark angespannten
Bedarfssituation
und der Notwendigkeit,
schnell und
unkonventionell Entlastung zu schaffen, ergeben sich teilweise Besonderheiten für den Netzausbau.
Der folgende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über den Ausbau des Übertragungsnetzes, das die physikalische Basis für die dienstespezifischen Netze darstellt. Anschließend werden einzelne Dienste und dienstespezifische Netze vorgestellt. Dabei werden jeweils die Ausgangssituation sowie die Zielvor-
stellungen für den Ausbau der jeweiligen Netze beschrieben. Einen Schwerpunkt bilden die kurzfristigen Maßnahmen bis Ende 1991, die erste spürbare Erleichterungen schaffen.
4.1 Übertragungsnetz Das Übertragungsnetz, auch physikalisches Netz genannt, ist die Gesamtheit aller Einrichtungen für die Bereitstellung von Übertragungswegen für dienstespezifische Anwendungen (logische Netze, s. Ziffern 4.2 bis 4.6). Es umfaßt das gesamte Liniennetz mit den übertragungstechnischen Anlagen, Umsetzer- und Multiplexeinrichtungen, das die einzelnen Betriebsstellen der Deutschen Bun71
despost Telekom über die Übertragungsmedien
Kabel und Richtfunk (und im
Ausnahmefall auch Satellit) miteinander verbindet.
Das Übertragungsnetz gliedert sich in die Netzebenen — überregionales Netz, — regionales Netz und - Ortsliniennetz, das sich aus dem Ortsanschlußliniennetz und dem Ortsverbin-
dungsliniennetz zusammensetzt.
Die Netzebenen orientieren sich an der vermittlungstechnischen Hierarchie des Telefonnetzes (schematische Darstellung s. Bild 4.1) Im folgenden werden Planungsgrundsätze, Ausgangssituation und Zielprojektion für das Übertragungsnetz in den neuen Bundesländern sowie die Besonderheiten
der Bereitstellung,
die sich aufgrund
der im Vordergrund
stehenden
Fernnetz
Kennzahlweg absteigender
regional
Kennzahlweg aufsteigender
>»
schnellen Bedarfsdeckung ergeben, dargestellt.
O O 8
zut Hvst Kvst
( 8 Vermittlungstellen) (56 Vermittlungstellen) (480 Vermittlungstellen)
Pl
Teilnehmervermittlungsstellen/ abgesetzte periphere Einheiten
(6200 TinVSt/APE)
Mußwege, d. h. Letztwege (LW) bzw. Kennzahlwege (KZW)
____3 !. ——-
Kannwege,
d. h. Querwege
Bild 4.1: Aufbau des digitalen Fernsprechnetzes in den alten Bundesländern
72
(QW)
4.1.1 Planungsgrundsätze Oberster Planungsgrundsatz ist im Regelablauf die wirtschaftliche, bedarfs- und
zeitgerechte Bereitstellung der Netzinfrastruktur. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, steht ein umfangreiches Rahmenregelungsprogramm bereit, das den Aufbau des Netzes von der Bedarfsermittlung bis zur Baudurchführung und Beschaltung beschreibt.
Demnach erfolgt die Planung nach einem dreistufigen Verfahren mit unterschiedlichen Zeithorizonten. Über eine langfristige Entwicklungsplanung (Zeithorizont 15-25 Jahre) wird zunächst, ausgehend von den langfristigen Bedarfsvorhersagen, eine optimale Zielnetzstruktur festgelegt. Es folgt die Vorschauplanung (5 bzw. 2 Jahre vor Realisierungstermin). Sie hat zum Ziel, den vom Zielnetz festgelegten Rahmen entsprechend dem Bedarf Zug um Zug auszufül-
len und den Sach- und Finanzmittelbedarf je Geschäftsjahr zu ermitteln. Als 3. Stufe werden ein Jahr vor der Bauausführung detaillierte Ausbauplanungen durchgeführt. Bei der Netzgestaltung ist u.a. der Grundsatz der Mehrwegeführung zu berücksichtigen, d.h., Leitungsbündel sind aus Zuverlässigkeitsgründen über getrennte Trassen zu führen. Die Entscheidung, welches Übertragungsmedium in den jeweiligen Linienbaumaßnahmen zum Einsatz kommt, erfolgt grundsätzlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Aufgrund der angespannten Bedarfssituation in den neuen Bundesländern muß aus Zeitgründen teilweise von allgemein angewandten Planungsgrundsätzen abgewichen werden: — Vereinfachte Erfassung des Bedarfs Der Leitungsbedarf im Verbindungsliniennetz wurde durch vergleichende Betrachtung mit den Verhältnissen in den alten Bundesländern bezüglich der Hauptanschlußzahlen, Verkehrsmengen und Verkehrsablaufstukturen hochgerechnet und in eine Leitungsbedarfsvorhersage gefaßt, die bis in das Jahr 1997 reicht. Auch im Anschlußbereich wurde eine vereinfachte Bedarfserfassung durchgeführt, Grunddaten wurden ohne zeitaufwendige Weiterverarbeitung direkt umgesetzt. — Verkürzung der Entwicklungsplanung
Im überregionalen und regionalen Netz wurden die Entwicklungsplanungen
zunächst durch Setzen einer Zielnetzstruktur ersetzt, die den prognostizierten
Bedarf bis 1997 abdeckt. Aus Zeitgründen mußte die Anzahl der zu untersu-
chenden Planungsalternativen eingeschränkt werden. Im Ortsnetzbereich wurden bereits vorhandene Planungen genutzt und grob an die neue Bedarfssituation angepaßt. — Abweichung von der Mehrwegeführung Engpässe im Verbindungsliniennetz werden vorübergehend in geringem Um73
fang durch Erweiterungen des analogen Netzes gemildert. Das neu zu errichtende Netz wird ausschließlich mit digitaler Übertragungstechnik aufgebaut. Auslöser für den Netzausbau ist die Digitalisierung der Fernsprechvermittlungstechnik, die eine Digitalisierung der linientechnischen Anbindungen erfordert. Für eine Übergangsphase von 1-2 Jahren können viele digitale Vermittlungsstellen zunächst nur über einen Weg angebunden werden.
— Abweichung von der Regelbauweise Regelbauweise bedeutet, daß das Netz nach eingeführten Verfahren mit erprobter Technik ausgebaut wird. Durch die Vergabe sogenannter „TurnKey-Maßnahmen“ werden abgegrenzte Netzteile für die kurzfristige Bedarfs-
deckung bestimmter Kundensegmente (vorwiegend Geschäftskunden, Verwaltungen etc.) komplett durch Auftragnehmer der Deutschen Bundespost Telekom ausgebaut. Dazu gehört der Aufbau der Vermittlungstechnik incl. der linientechnischen/übertragungstechnischen Anbindungen.
Darüber hinaus gelten weitere Besonderheiten für den Anschlußbereich: — Hauptkabelliniennetz Mit den Ausführungsprogrammen 1991 und 1992 wird der Bedarf an Hauptkabeln (Kabel zwischen der Teilnehmervermittlungsstelle und dem Kabelverzweiger) zunächst mit symmetrischen Kupferkabeln realisiert. Um zu vermeiden, daß für den späteren Einsatz von Glasfasertechnik erneut aufgegraben werden muß, werden im Beilauf Rohre ausgelegt, in die später Glasfaserkabel eingezogen werden können.
- Oberirdische Linien Zur Vermeidung von Zeitverlust durch Tiefbaumaßnahmen können Ortslinien im Gegensatz zur sonst üblichen unterirdischen Bauweise auch oberirdisch geführt werden. Dies gilt sowohl für symmetrische (für den Anschluß von Fernsprechteilnehmern etc.), als auch für koaxiale Kupferkabel (für das Breitbandverteilnetz). - Erweiterung der Übertragungskapazität vorhandener symmetrischer Kupferkabel im Telefonnetz
In den Fällen, in denen die vermittlungstechnischen Einrichtungen wesentlich früher bereitstehen als die linientechnische Infrastruktur, werden übertra-
gungstechnische Geräte zur Erhöhung schlußkabellinien eingesetzt.
der Kapazität vorhandener Ortsan-
4.1.2 Ausgangssituation Um verständlich zu machen, welche enormen Anstrengungen zur Anpassung der Infrastruktur an westdeutsches Niveau notwendig sind, muß zunächst die Aus-
gangssituation (Netzaufbau, Netzkapazität, Stand der Technik) in den neuen Bundesländern betrachtet werden. 74
chwerin Neubrandenburg
Frankfurt/O. -»
Bild 4.2:
000]
Grundnetzknoten
sonstige
——
Trägerfrequenz-Kabeltrasse
——
Trägerfrequenz-Richtfunkverbindung
HVSt KVSt/FNzK/SchaltVr Betriebsstellen
Weitverkehrsübertragungsnetz 1989
75
Das Übertragungsnetz der Deutschen Post gliederte sich in — das Weitverkehrsnetz (s. Bild 4.2), — die Knotennetze und — die Ortsnetze.
Das Weitverkehrsnetz, das auch als „Grundnetz des staatlichen Nachrichtenwe-
sens“ (GSN) bezeichnet wurde, stellt alle Übertragungswege der Netzebene oberhalb der Knotenvermittlungsstellen und zwischen diesen bereit. Es war nach einer optimierten Gitterstruktur geplant und zum Teil realisiert worden. Die Gitterstruktur erfüllte die gestellten Anforderungen an das Übertragungsnetz mit einem Minimum an einmaligen und laufenden Kosten bei einer hohen Verfügbarkeit dieses Netzes. Sie ermöglichte eine effektive Mehrwegeführung, war übersichtlich, ließ sich leicht berechnen und war beliebig erweiterbar. In den Gitterknotenpunkten befanden sich Übertragungsstellen, über die Transitschal-
tungen durchgeführt und die Fernspeisungen der Zwischenverstärker sicherge-
stellt wurden. Diese Übertragungsstellen lagen außerhalb von Stadtgebieten und
verfügten über technische Mittel zur Anschaltung mobiler Übertragungssysteme.
Trotz der vorhandenen netzgestalterischen Grundlagen, die einen zielgerichteten Netzausbau bei minimalen Aufwendungen
rechter Ausbau
gestatteten, war ein bedarfsge-
des Übertragungsnetzes auch nicht annähernd möglich. Die
Hauptgründe hierfür waren das Nichtvorhandensein hochkanaliger analoger und
digitaler Übertragungssysteme und das Fehlen der für den Ausbau des Fernmeldenetzes erforderlichen Mittel. Investierte die Bundesrepublik Deutschland im
Fernmeldewesen im Mittel etwa 175,- US-$ je Jahr und Einwohner, so waren es
in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik nur etwa 10 US-$ (UITStatistik 1986). Hinzu kam eine Unterschätzung der Bedeutung des Fernmeldewesens für die wirtschaftliche Entwicklung und für die private Kommunikation durch die politisch Verantwortlichen.
Das Weitverkehrsnetz bestand aus Niederfrequenz- und Trägerfrequenz-Kabelanlagen sowie aus mit Trägerfrequenzeinrichtungen beschalteten Richtfunkverbindungen einschließlich einer Erdfunkstelle für den Satellitenfunk. Neben diesen Übertragungsanlagen betrieb die Deutsche Post dienstgebunden Richtfunkverbindungen für Bild- und Tonübertragungen sowie ein bedarfsträgereigenes Schmalband-Richtfunknetz. Einen Überblick über die in dieser Netzebene eingesetzten Kabeltypen und Übertragungssysteme sowie über Mengenangaben gibt Bild 4.3. Die im Übertragungsnetz eingesetzten technischen Ausrüstungen wiesen aufgrund fehlender Auswechselungsmöglichkeiten zum Teil Verschleißquoten von
nahezu 80 % auf. Die in Bild 4.3 genannten Übertragungssysteme können wie folgt charakterisiert werden:
— V60/120 in Röhren-/Transistortechnik Trägerfrequenz — Übertragungssystem für Vierdrahtbetrieb auf zweigleisig verlegten Kupferkabeln mit Papier- bzw. Styroflexisolierung. Kapazität je 76
Übertragungsmittel
Koaxial-
kabel
KoaxiaKabel
Trassen- | eingesetzte Übertragungssysteme | Bis 1989 diskutierte Alternativen km (V-=Vierdraht-, Z=Zweidraht- | zur Weiternutzung der Kabel Übertragungssystem) *
4x 2,6/9,5mm | ca. 2500 | V1800 (Ausnahme: V2700)
u.6x 2,6/9,5 mm
4x 1,2/4,4mm | ca. u.6x 1,2/4,4mm
Komb.TF-Kabel ca. | Form 17a,'b,'c," en (Koaxialpaar + 16. CuDoppeladern, styroflexisoliert) 2-gleisig verlegt Symm.TF-Kabel (6 bzw. 8 CuDoppeladern), 2-gleisig verlegt
PCM1920, PCM7680
i
papier- | ca... isol.
400 | V1800 450
PCM1920
h
| 1x V1800 FIEXVIEI.. (Röhrentechnik und Transistortechnik) |
| PCM1920, PCM7680. auf Koaxial paar, v120 (transistorisierte Bau gruppen), PCM480
460. | V60 (Röhrentechnik)
V60 (transistorisierte Baugruppe), PCM120
styro- | ca. 1400 | V120 (Röhrentechnik) flex- | ca. 2200 | V120 (Transistortechnik) isol. |ca. 200 | unbestückt
v120 Pig PCM Fomiet
Baugr.), PCM480
— Symm. TF-Kabel (6,8 oder 14 Cu-Doppeladern) eingleisig verlegt
— div. NF-Fernkabel bzw. Bezirkskabel mit Multiplexsystemen auf entspulten Döppeladern
Richtfunk-BreitbandÜbertragungssysteme
ca. 7200 | NF-Leitungen,
Z12, PCM120
PCM120
ca. 1300 | V960 (Röhrentechnik), V1800 ca. 1700 | Systeme für TV-Bild bzw. TonÜbertragung
Bild 4.3: Übertragungsmittel im Grundnetz des staatlichen Nachrichtenwesens (Stand 1989)
System: 60 bzw. 120 Fernsprechkanäle. Einführung Ende der 50er Jahre (Röhrentechnik) bzw. Mitte der 60er Jahre (Transistortechnik). — V960
in Röhrentechnik
Trägerfrequenz-Übertragungssystem für Breitband-Richtfunkverbindungen. Kapazität je System: 960 Fernsprechkanäle oder 1TV-Kanal. Einführung Anfang der 60er Jahre.
V1800 in Transistortechnik Trägerfrequenz-Übertragungssystem für den Einsatz auf Klein- (1,2/4,4 mm) bzw.
Normaltuben
(2,6/9,5
mm)
von
Koaxialkabeln
sowie
auf Breitband-
Richtfunkverbindungen. Kapazität je System: 1800 Fernsprechkanäle (bei Richtfunkeinsatz auch 1 TV-Kanal möglich). Einführung Anfang der 70er Jahre. Schmalband-Richtfunkgeräte Ohne größere Bedeutung für öffentliche Netze, mit unterschiedlichem Ent-
wicklungsstand der 50er bis 70er Jahre.
77
Darüber hinaus waren Z12- und in geringem Umfang PCM120-Übertragungssysteme zur Erweiterung der Übertragungskapazität von NF-Fernkabelabschnitten eingesetzt.
Ausgelöst durch eine permanente Investitionsschwäche und die mangelhaften Bereitstellungsmöglichkeiten neuer, moderner Übertragungsmittel einschl. Glasfaserkabel für das Weitverkehrsnetz war die Deutsche Post gezwungen, Maßnahmen für den Erhalt der Fernmeldelinien weit über die normale (innovationsbedingte) Nutzungsdauer hinaus zu treffen. Diese bestanden in der Umrüstung der Kupferkabel von röhrenbestückten analogen V60/120-Systemen auf digitale PCM120- bzw. PCM480-Systeme und in einer Verbesserung der eingesetzten V60/120-Systeme durch Auswechselung störanfälliger Baugruppen (Teiltransistorisierung). Der Ausbau des in Bild 4.2 dargestellten Liniennetzes begann Ende der 50er Jahre mit der Errichtung einer Doppelring-Struktur aus zweigleisig verlegten symmetrischen und kombinierten (symmetrisch und koaxial) Kupferkabeln, die mit V60/120-Systemen in Röhrentechnik betrieben wurden. Ab Mitte der 60er Jahre wurden transistorisierte Systeme eingesetzt. 1972 begann der Ausbau der wichtigsten Trassen mit mehrtubigen Koaxialkabeln und Übertragungssystemen V1800. Das Netz wurde ergänzt durch den Einsatz von Richtfunksystemen gleicher Kapazität. Die Modernisierung des Weitverkehrsnetzes mit den genannten Systemen konnte wegen
der geringen Investitionskraft der Deutschen Post nicht konsequent
durchgeführt werden. Daher werden auch noch gegenwärtig NF-Kabel der 50er Jahre genutzt, die teilweise mit Z12- und PCM120-Systemen bestückt sind. Die Knotennetze der Deutschen Post stellten die Übertragungswege zwischen den Teilnehmervermittlungsstellen und den Knotenvermittlungsstellen sowie in begrenztem Umfang zwischen Teilnehmervermittlungsstellen in unterschiedlichen Ortsnetzen bereit. Einen Überblick über die eingesetzten technischen Mittel zeigt die folgende Tabelle.
Kabel
Länge
NF-Kabel mit
15800 km
Freileitungslinien
1800 km
0,6 und 0,9 mm Aderndurchmesser als Erd-, Röhrenund Luftkabel
Glasfaserkabel mit Mehrmodenfasern
78
in geringem Umfang
Übertragungssysteme teilweise genutzt
mit Systemen Z12, PCM30 und PCM120
PCM120, PCM480
Die Verschleißquote der Kupferkabel betrug ca. 45% . Die hohe Störanfälligkeit und Kapazitätsbegrenzung der Freileitungslinien verhinderten in ihren Einsatzgebieten eine Verbesserung der fernmeldetechnischen Versorgung.
Die Ortsnetze bildeten Tarifbereiche, in denen der Fernsprechverkehr zwischen seinen Quellen und Senken zur Ortsgesprächsgebühr abgewickelt wurde. Sie umfaßten in der Regel eine Fläche von etwa 80 km’.
Einen Überblick über die wichtigsten im Ortsnetz eingesetzten Übertragungsmit-
tel zeigt nachfolgende Tabelle. Sachmittel
Länge
NF-Kabel mit
94000 km
0,4; 0,5; 0,6;
0,7 und 0,8 mm Aderndurchmesser als Erd-, Röhrenund Luftkabel
Freileitungslinien
37000 km
Glasfaserkabel mit Mehrmodenfasern in Betrieb (PCM120)
ca. 5000 km
Kabelkanal — Linien-km — Zug-km
3700 km 7200 km
4.1.3 Zielprojektion
Die Beschreibung der Ausgangssituation zeigt, daß das vorhandene Netz der ehemaligen DDR weder quantitativ noch in bezug auf den Entwicklungsstand
der eingesetzten Technik in der Lage ist, die Anforderungen
Telekommunikationsnetzes zu erfüllen. Durch
Investitionen
in Höhe
von
zunächst
55 Mrd.
DM
eines modernen
wird
die Deutsche
Bundespost Telekom daher bis Mitte der 90er Jahre eine komplett neue und
moderne Telekommunikations-Infrastruktur bereitstellen.
Die Aktivitäten im Netzbereich werden im folgenden nach Netzebenen getrennt dargestellt. Überregionales Netz
Das Zielnetz 1997 für die neuen Bundesländer ist in Bild 4.4 dargestellt. Es umfaßt 79
LübeckOfr-- 87 Hamburg
I--e-
Uelzen
Hannover
oJ
Kassel N
N
ea Fulda
N
000
8-"
[
zus
©
HVvst
& Bad
N
Kissingen
Bayreuth
Nürnberg [|
Q
KVSt/FNzK/SchaltVr
EFust
A u Ausbaustufen
des
Glasfaserkabel
überregional
— een
Bild 4.4: 80
Zielnetz 1997
1991 1992 später
FLNz Ost
— das überregionale Netz, — die Anbindung der 8 Hauptvermittlungsstellen an das westdeutsche Netz und — die Anteile für den grenzüberschreitenden Verkehr. Ausgangspunkt der Überlegungen war eine Leitungsbedarfsmatrix für den Telefondienst, die bis 1997 einen Gesamtbedarf von ca. 105000 Leitungen ausweist. Aus dieser Matrix wurden für 1991 folgende kurzfristigen Ziele abgeleitet: - Bis Ende des Jahres sind 50% des für 1997 prognostizierten Leitungsbedarfs für den Telefondienst zu realisieren. — Darüber hinaus sind, bezogen auf den Wert für 1991, weitere 50% für sonstige
Bedarfsanmeldungen bereitzustellen.
Leitungsbedarfsmatrix für das überregionale Netz Leitungsbedarf für den Telefondienst bis 1997
Leitungsbedarf für den Telefondienst bis Ende 1991 Leitungsbedarf für den sonst. Fernmeldeverkehr bis Ende 1991 Gesamtleitungsbedarf bis Ende 1991 *)
DSV2
— Mehr
104.634 Leitungen bzw. 3638 DSV2
52367 Leitungen bzw. 1819 DSV2
*)
26183 Leitungen bzw. 959 DSV2 78550 Leitungen bzw. 2778 DSV2
= Digitalsignalverbindung g 8 g 2Mbit/s (= 30 Leitungen)
als die Hälfte der für 1991 vorgesehenen
Leitungen ist bereits zur
Jahresmitte ’91 in Betrieb gegangen. Da die Kapazität im terrestrischen Netz nicht ausreicht, wird ein Teil der DSV2 über Fernmeldesatelliten geführt.
Im Bereich der Verbindungsleitungen zwischen den alten und neuen Bundesländern sind ebenfalls enorme Zuwächse zu verzeichnen. Verbindungsleitungen zwischen den alten und neuen Bundesländern (Bestand) Ende 1989 (Ist)
1461 Leitungen
Ende 1990 (Ist)
Ost — West 2614 Leitungen West - Ost 2466 Leitungen Ost - Berlin (West) 477 Leitungen Berlin(West) - Ost 1025 Leitungen Summe
Ende 1991 (Soll)
6582 Leitungen
Ost — West 14000 Leitungen West - Ost 13 600 Leitungen Ost — Berlin(West) 1600 Leitungen Berlin(West) - Ost 1800 Leitungen Summe
ca.31000 Leitungen
Die bereits realisierten zusätzlichen Leitungen wurden teilweise durch Kapazitätserweiterungen im analogen Koaxialkabelnetz erreicht. Teilweise wurden Leitungen auch über neue Richtfunkverbindungen und Satelliten geführt. 8
Um die Leitungsmengen der Verkehrsmatrix für 1991 zu realisieren, wurde im Fernmeldetechnischen Zentralamt in Darmstadt aus der auf Glasfasertechnik basierenden Zielnetzstruktur für 1997 ein Teilnetz zur Ausführung im Jahr 1991
festgelegt (s. Bild 1.20).
Zielrichtung der Überlegungen war die Vermaschung der Hauptvermittlungsstellen, ihre Anbindung an das westdeutsche Netz sowie eine verbesserte Flächendeckung. Das Zielnetz ’91 setzt sich zusammen aus Glasfaser- und Richtfunkanteilen und
berücksichtigt
— die bereits geplanten Glasfaserlinien Berlin-Seesen und Berlin-Nürnberg,
—- vorhandene Koaxialkabellinien der ehemaligen Deutschen Post und
— das Richtfunk-Overlaynetz. Die vorhandenen
Koaxialkabellinien
werden
zunächst vollbeschaltet
möglich, durch zusätzliche Komponenten in ihrer Kapazität erweitert.
und wo
Bereits frühzeitig im Jahr 1990, d.h. noch vor der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, wurde zwischen der Deutschen Bundespost Telekom und der Deutschen Post ein Netzausbau auf 140-Mbit/s-Richtfunkbasis und Umrüstung symmetrischer Kupferkabel auf PCM480S vereinbart, der unter dem Begriff „Overlaynetz“ eingeordnet wurde (s. Bild 1.20). Dieses Overlay-Netz sollte erste digitale Verbindungen von den Hauptvermittlungsstellen aus den neuen Bundesländern über Hamburg und Frankfurt/Main in die alten Bundesländer und zwischen neuen digitalen Hauptvermittlungsstellen innerhalb der neuen Bundes-
länder bereitstellen. Es wurde in der ersten Stufe bis April 1991 ausgebaut, weitere digitale Verbindungen wurden Anfang Juli 1991 in Betrieb genommen. Die Trasse Hamburg über Rostock-Berlin-Leipzig-Erfurt nach Frankfurt/Main hat eine Gesamtlänge von 1700 km. Die Kapazität beträgt 3840 Kanäle mit jeweils 64 kbit/s. Obwohl im überregionalen Netz in den alten Bundesländern aus wirtschaftlichen Gründen grundsätzlich keine Richtfunklinien neu eingerichtet werden, hat die Richtfunktechnik in den neuen Bundesländern aufgrund kurzer Realisierungszeitenz. Z. entscheidende Bedeutung. Die Gesamtstreckenlänge des erweiterten Richtfunkzielnetzes ’91 beträgt ca. 4800 km. Die Trassen sind so vorbereitet, daß eine Aufstockung auf 14x140 Mbit/s (das sind mehr als 26000 Telefonkanäle) möglich ist.
Das Zielnetz ’91 wird aus wesentlichen Glasfaseranteilen bestehen. Die hierfür zu verlegenden Glasfaserkabel in Einmodentechnik erlauben z.Z. eine Übertragung von 565 Mbit/s pro Faserpaar (entsprechend 7680 Telefonkanälen). Mit Einführung der synchronen Übertragungstechnik wird ab 1992/93 eine Aufrüstung auf 2,5-Gbit/s-Übertragungskapazität (entsprechend mehr als 30 000 Telefonkanälen) möglich. Ein Glasfaserkabel mit 40 Fasern hat dann eine Transportkapazität vergleichbar mehr als 600000 Telefonkanälen. 8
Um das Glasfaser- und Richtfunknetz für 1991 gemäß Bild 1.20 zu realisieren, sind (ohne Berücksichtigung der Erweiterungsmaßnahmen im existierenden analogen Netz und ohne Richtfunkanteil im Overlaynetz) folgende Sach- und Finanzmittel erforderlich: Überregionales Zielnetz 1991 Glasfaserkabelanlagen erstellen
Kabel-km (einschließlich Kabelrohr) 1506
Leitungsausrüstung (565 Mbit/s)
Leitungsendgeräte 78
Richtfunknetz Erweiterung
neue Funkfelder einrichten 18
Faser-km
Mittelbedarf (in Mio. DM)
53004
165,29
Zwischenregeneratoren 83
Mittelbedarf (in Mio. DM) 20,77
Erweiterung bestehender Funkfelder 72
Mittelbedarf (in Mio. DM)
Gesamtbedarf (in Mio. DM)
69 255
Mit Fertigstellung des Zielnetzes ’91 werden die Engpässe im überregionalen Netz im wesentlichen beseitigt sein. Im Jahr 1992 wird das langfristige Zielnetz (Zeithorizont 1997) um weitere ca.
2000 Glasfaserkabelkilometer vervollständigt (s. Bild 4.4). Zusätzlicher Einsatz
von Richtfunk ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Die Sach- und Finanzmittel im überregionalen Netz für 1992 lassen sich nach heutigem Kenntnisstand wie folgt abschätzen: Überregionales Zielnetz 1992 Glasfaserkabelanlagen erstellen
Kabel-km (einschließlich Kabelrohr) 2074
Leitungsaus-
Leitungsend-
Leitungsaus-
Leitungsend-
rüstung (565 Mbit/s) rüstung
(622 Mbit/s)
geräte 154
geräte
88
Gesamtmittelbedarf (in Mio. DM)
Faser-km 59772 Zwischenre-
generatoren 334
Mittelbedarf (in Mio. DM) 213 Mittelbedarf
(in Mio. DM) 80
Zwischenre-
generatoren
152
293
Der weitere Ausbau nach 1992 erfolgt so, daß die für 1997 angenommene Struktur des Zielnetzes bereits bis Ende 1994 fertiggestellt sein wird. Dabei ist für die Jahre nach 1992 mit folgendem Sach- und Finanzmittelbedarf zu rechnen: 83
Überregionales Zielnetz 1993 und später
Glasfaserkabelanlagen erstellen
Kabel-km (einschließlich Rohr) 1709
Faser-km 49472
Mittelbedarf (in Mio. DM) 175
Fernseh- und Tonrundfunkübertragungsnetz
Nach gegenwärtigem Planungsstand müssen in den nächsten 2 Jahren die überalterten Netzteile des Fernseh- und Tonrundfunkübertragungsnetzes (TV/Tn) komplett ersetzt werden. Die vorhandene Netzstruktur ist aufgrund der länderbezogenen medienpolitischen Entscheidungen umzugestalten und es sind neue (auch kommerzielle) Programme zu verteilen. Es steht inzwischen fest, daß dieses neue TV/TnLeitungsnetz ausschließlich mit digitaler Übertragungstechnik realisiert wird. Die TV- und Tn-Übertragungen im Modulationsleitungsnetz (für die Anbindung
der über die Fläche verteilten Fernseh- und Ton-Rundfunksender) werden dabei
mit 34-Mbit/s- und im Verteil- und Zuführungsleitungsnetz mit 140-Mbit/sVerbindungen geplant. Das Richtfunknetz muß zur Erfüllung dieser Aufgabe mit mehr als 250 gerichtet zu betreibenden Funkverbindungen für die Übertragung von 140 Mbit/s ergänzt werden. Der größte Teil dieser Verbindungen wird in das dann bereits bestehende überregionale Netz integriert, der andere Teil mit fast 100 Funkfeldverbindungen (überwiegend für das Modulationsleitungsnetz) muß einschließlich der Grundausrüstungen neu aufgebaut werden. Das gesamt TVNetz wird dann mit etwa 17 300 km (15 000 km als 34-Mbit/s- und 2300 km als 140Mbit/s-Verbindungen) gegenüber dem zur Zeit noch betriebenen TV-Netz mehr als verdoppelt.
Regionales Netz
Das regionale Netz bildet das Bindeglied zwischen dem überregionalen Netz und den Ortsnetzen. Die Planung dieses digitalen Netzes wird dezentral bei den Fernmeldeämtern in 2 Abschnitten durchgeführt. Im ersten Schritt wird die Gestaltung in der sogenannten Liniennetzstrukturplanung unter Berücksichtigung der Übertragungsmedien Glasfaserkabel und digitaler Richtfunk sowie neuester digitaler Übertragungssysteme festgelegt. Der zweite Schritt beschreibt zunächst die vorläufigen Maßnahmen, um in kürzester Zeit den angestrebten
Versorgungsstand
für 1991 zu erreichen.
werden angelehnt an die Liniennetzstrukturplanung - neue digitale Richtfunksysteme aufgebaut, - Übertragungskapazitäten vorhandener Kupferkabel erweitert und 84
Es
- Glasfaserkabel ausgelegt und mit digitalen Übertragungssystemen ausgerüstet.
Für die Jahre bis 1997 werden noch in diesem Jahr die Linien aus der Strukturplanung in ihrer Dimensionierung an aktuelle Bedarfszahlen der verschiedenen
Nutzer, vor allem
— Telefondienst (incl. Zuschlag für sonstigen Fernmeldeverkehr), — Datenübermittlungsdienst und — Mobilfunkdienste (C-, D1-, D2-Netz) angepaßt; Faserzahlen bei Glasfaserkabeln bzw. Kanalzahlen bei Richtfunksy-
stemen und ihre Realisierungstermine werden festgelegt.
Basierend auf den ermittelten vorläufigen Maßnahmen der Liniennetzplanung
für 1991 wurden die Bedarfsanmeldungen der Nutzer entsprechend der zu erwartenden Verkehrswerte in ein Fernleitungsnetz umgesetzt. Hieraus folgen die Art und Menge der digitalen Übertragungssysteme in den Betriebsstellen
sowie die Zuordnung der Leitungen zu den Systemen. Im
Rahmen
der
„Turn-Key-Projekte“
wird
1991
im regionalen
Netz
neben
Glasfasertechnik ein beachtlicher Richtfunkeinsatz notwendig. Es werden in ausgewählten Knotenvermittlungsbereichen mit 140-Mbit/s- und 34-Mbit/s-Systemen mehr als 100 Funkfelder (etwa 2000 km Streckenlänge) aufgebaut. Nach bisher vorliegenden Planungen der DBP Telekom selbst werden darüber hinaus im Jahr
1991
mehr
als 40 von
130 Knotenvermittlungsstellen
Fernliniennetz über Richtfunk angeschlossen.
im regionalen
Ortsnetz
Im Ortsnetz stellen die Ortsanschlußkabellinien die Verbindung zwischen der Vermittlungsstelle und dem Kunden dar. Sie werden dezentral in den Fernmeldeämtern in enger Abstimmung mit dem Ausbau der digitalen Vermittlungstechnik
geplant. Z.Z. werden übergangsweise abgewandelte Planungsgrundsätze ange-
wandt.
Die Ortsverbindungslinien werden grundsätzlich in Glasfasertechnik (und mit Richtfunk) realisiert. Im Ortsanschlußbereich muß dagegen noch auf symmetrische Kupferkabel zurückgegriffen werden, da die Glasfasertechnik für dieses
Netzsegment
aus
technologischen
und
wirtschaftlichen
Gründen
noch
nicht
einsatzreif ist. Gleichwohl werden jedoch Pilotprojekte zu optischer Anschlußtechnik durchgeführt, eines davon in Leipzig.
Als charakteristische Größe für die Beurteilung der Maßnahmen im Ortsnetz kann die Anzahl der neuzuschaltenden Anschlüsse herangezogen werden. Nachstehende Planungswerte werden zugrundegelegt.
85
Telefondienst
Bestand Ende
1989
geplanter
1990
(Stand Mitte 90)
1992 1993
ca. 1800000 Telefonanschlüsse
100.000 Telefonanschlüsse
300.000 Telefonanschlüsse
1991
Zuwachs
500000 Telefonanschlüsse 800.000 Telefonanschlüsse
5500000 Telefonanschlüsse
1994/97
7200000 Telefonanschlüsse
bis 1997 (insgesamt) aktuelle
1990
eingerichtet
(Stand April 91)
1991
geplanter Zuwachs davon durch
Daten
davon Nettozuwachs „Turn-Key-Projekte“
ca.
500000 Telefonanschlüsse
ca.
200000 Telefonanschlüsse
Realisierungsziele
Datenkommunikation 1990/91 1992/93 1994/97
160000 Telefonanschlüsse 80530 Telefonanschlüsse
5000 Anschlüsse 17000 Anschlüsse 74000 Anschlüsse
Telex 1990/91 1992/93 1994/97
Telefaxdienst 1990/91 1992/93 1994/97
davon davon davon
3500 im Datex-P 11000 im Datex-P 34500 im Datex-P
Realisierungsziele 2000 Telexanschlüsse 2000 Telexanschlüsse 2000 Telexanschlüsse
Realisierungsziele 10000 Telefaxanschlüsse 90000 Telefaxanschlüsse 260000 Telefaxanschlüsse
Um schnell Entlastung zu schaffen, werden parallel zum Netzausbau die Anschlußmöglichkeiten (im bestehenden Netz) durch Einsatz spezieller Übertragungstechnik sowie durch Anbindung von Teilnehmern über Funk verbessert (s. Ziffer 4.1.5).
4.1.4 Ausführungsprogramme
Zeitlich zu einem Kalenderjahr gehörende Maßnahmen werden zu einem Ausführungsprogramm zusammengefaßt. Dieses Programm enthält sowohl Sach- als 86
auch Finanzmittelmengen. Im folgenden werden die Anstrengungen neuen Bundesländern anhand der Programmdaten
in den
— der Linientechnik,
— der leitergebundenen Übertragungstechnik und — des Richtfunks
für das Jahr 1991 dargestellt.
Linientechnik
Das Ausführungsprogramm 1991 der Linientechnik (für Kabel, Rohre, Tiefbau)
für den Bereich der Direktionen Telekom in den neuen Bundesländern umfaßt annähernd 1,6 Mrd. DM, die sich zusammensetzen aus 1,34 Mrd. DM für den Ortsnetzausbau und 247 Mio. DM für den Fernnetzbereich. Aufgeteilt auf die fünf Direktionen bedeutet dies: Direktion Telekom
Investitionen 1991 Ortsnetz
Investitionen 1991 Fernnetz
Leipzig
311 Mio. DM
58 Mio. DM
Erfurt
274 Mio. DM
35 Mio. DM
Magdeburg
315 Mio. DM
67 Mio. DM
Potsdam
166 Mio. DM
49 Mio. DM
Rostock
274 Mio. DM
38 Mio. DM
1340 Mio. DM
247 Mio. DM
Summe
Zu diesen Investitionen für 1991 werden für die Durchführung „lurn-Key-Projekte“
weitere
1,8 Mrd.
Vermittlungstechnik bereitgestellt.
DM
für Linien-,
Der Anteil für Linientechnik an den 55 Mrd. DM
liegt bei ca. 15 Mrd. DM.
sogenannter
Übertragungs-
und
Gesamtinvestitionen bis 1997
Leitergebundene Übertragungstechnik Das Ausbauprogramm umfaßt Multiplexeinrichtungen, Leitungsendgeräte, Kennzeichenumsetzer etc. sowie spezielle Übertragungstechnik zur Erweiterung der Kapazitäten im Anschlußbereich. Die folgende Tabelle enthält die Investitionsvolumina. 87
Ausbauprogramm (Investitionen in Mio. DM)
1991
1992
260
550
80
70
60
0
70
0
75
250
545
870
1 Verbindungsnetz
Multiplextechnik
Glasfaser-Übertragungssysteme
(incl. Zwischenregeneratoren) PCM30, KZU, KDU, DSMX
Glasfaserübertragungssysteme LA34, LA140, LA565, LA16x2, SLA 2 Ergänzungsprogramm Verbindungsnetz Multiplextechnik
DSMX?2/34, DSMX
34/140, DSMX 140/565
Glasfaser-Übertragungssysteme LA565
3 Ortsanschlußnetz ISDN-Komponenten, SLC, DCME u.a.m.
PCM2,
PCM4,
ASLMX2,
Summe
Für erste Bedarfsdeckungsmaßnahmen
im Overlaynetz wurde im Jahr 1990
zunächst mit geringen Ansätzen für übertragungstechnische Geräte begonnen.
Erhöhte Bedarfsanforderungen ließen das Ausführungsprogramm 1991 hochschnellen. Das erforderliche Mittelvolumen beträgt inzwischen etwa 340 Mio. DM (s. Punkt 1 der Tabelle). Das Programm wird derzeit durch die Fernmeldeämter mit Unterstützung des Fernmeldetechnischen Zentralamts durchgeführt.
Damit alle Ressourcen zur Anbindung möglichst vieler Teilnehmer ausgeschöpft werden, sind Auftragnehmer beauftragt worden, in eigener Zuständigkeit u.a. zusätzliche
übertragungstechnische
Kapazitäten
im
Rahmen
von
„Turn-Key-
Projekten“ bereitzustellen. Bedingt durch die Abgrenzung dieser Projekte werden weitere ergänzende Maßnahmen für den Netzausbau mit Übertragungstech-
nik 1991 — mit einem zusätzlichen Mittelvolumen von ca. 130. Mio. DM (s. Pkt. 2
der Tabelle) - notwendig, um den Fernmeldeverkehr über die HVSt-Grenzen hinaus weiterzuführen.
Zur Verbesserung im Ortsanschlußbereich werden spezielle Techniken genutzt, um weitere Teilnehmer möglichst schnell auf vorhandenen Übertragungswegen anschließen zu können. Hierfür stehen rund 75 Mio. DM (s. Punkt 3 der Tabelle)
bereit.
88
Richtfunk
Für den Aufbau von Richtfunkanlagen in den fünf neuen Ländern sind für 1991 ca. 350 Mio. DM vorgesehen. Die wesentlichen Anteile sind nachfolgend aufgelistet: Richtfunk Ausbauprogramm
1991 in Mio. DM
überregionales Netz
Richtfunk-Overlaynetz Richtfunk Zielnetz ’91 regionales Netz stationäre Anlagen transportable Anlagen
ca.35 Mio. DM *) ca. 69 Mio. DM ca. 72 Mio. DM ca.21 Mio. DM
(einschließlich der Anbindung von Mobilfunkfeststationen)
Ortsnetz Punkt-zu-Multipunkt-Richtfunksysteme
ca. 40 Mio. DM
Richtfunk im Rahmen der „Turn-Key-Projekte“
ca. 93 Mio. DM
*) Noch von der Deutschen Post beauftragte Maßnahmen
Die Daten für die Ausbauprogramme der folgenden Jahre werden z. Z. ermittelt. Ob das Richtfunk Zielnetz ’”91 im Jahre 1992 für Zwecke der Telefon- und Datenübertragung noch um einzelne Linien bzw. zusätzliche Richtfunkkanäle ergänzt werden muß, bleibt abzuwarten. Ersatzbedarf für die Ton- und Fernsehmodulationsleitungsnetze wird kurzfristig grundsätzlich mit digitalen Richtfunksystemen realisiert. Der Schwerpunkt des Aufbaus wird in den Jahren 1992 und 1993 liegen, das Mittelvolumen in der Größenordnung von 150 Mio. DM. Für Richtfunklinien im regionalen Netz wird man in den nächsten Jahren von jährlich ca. 100 Mio. DM ausgehen können.
4.1.5 Maßnahmen zur schnellen Verbesserung des Übertragungsnetzes Wesentliche Maßnahmen im Übertragungsnetz sind unter vorstehenden Punkten beschrieben worden. Nachfolgend werden nun Einzelaktivitäten herausgestellt, die für eine sehr kurzfristige Entlastung der Bedarfsituation von besonderer Bedeutung sind. — Besondere Richtfunkverbindungen Seit Anfang 1990 wurde zur Deckung des dringenden Leitungsbedarfs zwischen alten und neuen Bundesländern eine Vielzahl von Übergangslösungen mit Richtfunkgeräten aus dem Bestand der Deutschen Bundespost kurzfristig realisiert. Dazu gehören Verkehrsanbindungen nach 89
— Schwerin — Rostock
mit mit
600 Telefonkanälen 300 Telefonkanälen
— Erfurt — Suhl — Chemnitz
mit mit mit
600 Telefonkanälen 480 Telefonkanälen 600 Telefonkanälen.
- Berlin (Ost)
Außerdem
mit 1800 Telefonkanälen
wurden
mit TV-Reportageanlagen
der Deutschen
Post und der
Deutschen Bundespost im Jahre 1990 die Modulationszuführungen für die neue Senderkette des ZDF und die Anbindung von regionalen Länderstudios des DFF (ARD) provisorisch geschaffen. 1991 sind weitere TV-Verbindungen für die Landesstudios bereitzustellen und die Provisorien durch stationäre Lösungen zu ersetzen.
- Gerätevorrat von transportablen Richtfunkanlagen Um die Anbindung von Mobilfunkstandorten sicherzustellen und auch auf andere Bedarfsanforderungen schnell und flexibel reagieren zu können, wird ein Teil der Richtfunksysteme als transportable Anlagen für einen „Pool“ beschafft. Es wird damit gerechnet, daß im Laufe des Jahres 1991 bis zu 200 Funkfelder für die Anbindung von Mobilfunkstationen benötigt werden. Der Bedarf an transportablen Anlagen für sehr kurzfristige Einsätze wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken, weil dem Ausbau der Mobilfunknet-
ze D1 und D2 mit geringem Planungsvorlauf entsprochen werden soll. - „Turn-Key-Projekte“
Bei den schon mehrfach erwähnten „Turn-Key-Projekten“ handelt es sich um ein Zusatzprogramm für den Telefonnetzausbau. Dahinter verbirgt sich der schlüsselfertige Ausbau von Teilbereichen mit Vermittlungstechnik, Linientechnik, Übertragungstechnik (leitergebunden bzw. Richtfunk) inkl. Hochund Tiefbauleistungen durch Generalunternehmer. Die Schnittstelle zum Netz bildet der Eingang der übergeordneten Hauptvermittlungsstelle. Mit einem Investitionsvolumen von 1,8 Mrd.
DM
werden
1991 ca. 200 000
Telefonanschlüsse vorrangig für Geschäftskunden und Regierungs- bzw. Verwaltungsstellen geschaffen. Damit entstehen mit den 300 000 im Regelausbau-
programm geplanten Anschlußmöglichkeiten bis Jahresende die Voraussetzungen für insgesamt ca. 500000 neue Telefonanschlüsse (s. auch Tabelle Telefondienst). Weitere Turn-Key-Projekte wurden für 1991/92 als Ausbaumaßnahmen für Ortsanschlußbereiche vergeben.
- Kapazitätserweiterung im bestehenden Netz mit Übertragungstechnik. Da der ordnungsgemäße Ausbau des Kabelnetzes Mindestzeiten von mehre-
ren Jahren in Anspruch nimmt, werden die gravierendsten Engpässe (vor allem im Anschlußleitungsnetz)
durch Mehrfachausnutzung bestehender Li-
nien abgeschwächt/behoben. Hierzu werden übertragungs-technische Geräte installiert: 90
1991 bis Mitte 1992 folgende
— -
PCM2 PCM4 ASLMX2KU SLC 120 (einschl. LA für 10 Systeme) DTX 240 (DCME) DCS-20
2 000 Systeme 36 000 Systeme 3 900 Systeme 20 Systeme 80 Systeme 180 Systeme
Mit diesen Systemen können über 200 000 Telefonanschlüsse zusätzlich geschaltet werden. Der Einsatzschwerpunkt liegt im Ortsanschlußliniennetz. Die Systeme werden in ländlichen Bereichen oder in Randbereichen städtischer
Gebiete sofortige Entlastung im bestehenden Anschlußliniennetz schaffen.
Kurzbeschreibung der Systeme: PCM2 und PCM4
Die PCM2- und PCM4-Systeme sind digitale Mehrkanal-Übertragungssysteme, mit denen zwei bzw. bis zu vier analoge Telefonanschlüsse über eine
herkömmliche Kupferanschlußleitung gleichzeitig betrieben werden können.
(2Draht)
unabhängig
voneinander
ASLMX2KU Der Anschlußleitungsmultiplexer 2 Mbit/s Kupfer ist ebenfalls ein digitales Mehrkanal-Übertragungssystem. Hiermit können bis zu 26 analoge Telefonanschlüsse über zwei herkömmliche Kupferanschlußleitungen (2-Mbit/s-Übertragung) unabhängig voneinander gleichzeitig betrieben werden. Das System wird auf dem Hauptkabelabschnitt (zwischen Vermittlungsstelle und Kabelverzweiger) eingesetzt. SLC 120 Das SLC 120-System ist ein digitales Multiplex- und Übertragungssystem (4x2 Mbit/s) für (4x30) analoge und digitale Teilnehmerleitungen. Es können maximal 120 Telefonanschlüsse über 4 herkömmliche Kupferleitungen (4Draht) geschaltet werden. DTX 240 (DCME) Das DCME-System (Digital Circuit Multiplication Equipment-System) arbeitet nach dem Prinzip der Sprechpausenausnutzung mit einer 32-kbit/s-Sprachkodierung und konzentriert bis zu fünf 2-Mbit/s-Übertragungswege auf einen 2-Mbit/s-Übertragungsweg. Es ist für Sprachübertragung sowie analoge und digitale Datenübertragung (64 kbit/s) geeignet und wird im Verbindungsliniennetz (terrestrisch und über Satellit) eingesetzt. Durch Installation derartiger Einrichtungen kann die Satellitenübertragungskapazität für das Verbindungliniennetz bis Ende 1991 auf insgesamt ca. 10000 Leitungen ausgebaut werden. 91
DCS-20 Das DCS-20-System ist ein digitales Konzentrator- (Multiplex-) System für den Einsatz auf symmetrischen Kupferdoppeladern. Je nach Ausstattung können z.B. über 24 oder 30 Doppeladern bzw. PCM 30 bis zu 120 Teilnehmer angeschlossen werden. Das System ist sowohl für einfache Telefonanschlüsse als auch für ISDN-Anschlüsse geeignet. — Drahtlose Anschlußleitung
Zusätzlich zum linientechnischen Netzausbau und dem Einsatz leitergebundener übertragungstechnischer Einrichtungen sollen im Anschlußbereich (Netzsegment zwischen Vermittlungsstelle und Teilnehmer) Systemelemente der Mobilfunktechnik eingesetzt werden. Dabei kommen zwei unterschiedliche Systemtechniken in Betracht. Für dünner besiedelte Gebiete läßt sich eine Technik einsetzen, wie sie für
Bündelfunknetze (s. Ziffer 4.3) verwendet wird. Ein solches Netz kann bis ca. 180 Teilnehmer aufnehmen. 39 dieser Netze für insgesamt 6000 Anschlußeinheiten werden noch für 1991 beauftragt.
In dicht besiedelten Ortsnetzen sollen analoge zellulare Systeme zum Einsatz kommen, um fehlende Anschlußleitungen zu ersetzen. Hierzu ist zunächst geplant, an ca. 20 Standorten Systeme mit einer Mindestausbaustufe von ca. 4500 Telefonanschlüssen schlüsselfertig zu errichten. Bis Mitte 1992 kann damit ein Potential von etwa 90000 Anschlußmöglichkeiten erschlossen werden.
Darüber hinaus werden noch im Jahr 1991 30 Punkt-zu-Multipunkt-Richtfunksysteme für das Ortsanschlußliniennetz in Auftrag gegeben. An eine Zentralstation werden im Mittel über 8 Außenstationen ca. 200 Teilnehmer angebunden. Die Funkfeldlänge zwischen Zentral- und Außenstationen beträgt maximal 12 km. Allen Konfigurationen ist gemeinsam, daß der Kunde einen Anschluß für das
komplette Grunddienstangebot wie Telefon, Telefax und Datenübermittlung
erhält. Die Systeme unterstützen die Bedarfsdeckung im Anschlußleitungsnetz für ein
Potential
von
etwa
100 000
Anschlüssen.
Netzausbau wird diese Technik wieder abgelöst. 4.1.6
Mit
voranschreitendem
Glasfasertechnik im Anschlußbereich
Über die Maßnahmen zur reinen Bedarfsdeckung hinaus werden die neuen Bundesländer auch in die Erprobung neuer, zukunftsweisender Techniken eingebunden. Ein Beispiel hierfür ist das Pilotprojekt OPAL 4 (Optische Anschlußleitung) in Leipzig, das von der Deutschen Bundespost Telekom neben mehreren anderen Projekten in den alten Bundesländern im Rahmen des Vorhabens „Wirtschaftlicher Einsatz der Glasfasertechnik im Teilnehmeranschlußbereich“ durchgeführt wird. Im Pilotprojekt Leipzig sollen sowohl interaktive Telekom-
92
munikationsdienste (Telefon, Telefax etc.) als auch Breitbandverteildienste über Glasfasern angeboten werden. Die Inbetriebnahme ist für Sommer 1991 vorgesehen.
4.1.7 Zusammenfassung Das vorhandene Netz der ehemaligen DDR war, gemessen an den heutigen Maßstäben, weder quantitativ noch qualitativ in der Lage, den derzeitigen Telekommunikationsbedarf zu bewältigen.
Es beruhte
fast ausschließlich
auf
analoger Übertragungstechnik, moderne Glasfasertechnik war kaum vorhanden. Das hochkanaligste System im Verbindungsliniennetz konnte 1800 analoge Telefonkanäle übertragen und wurde auf Koaxialkabeln und einigen Richtfunklinien betrieben.
Das künftige Verbindungsliniennetz wird sich im wesentlichen auf leistungsfähige Glasfasereinmodentechnik abstützen, ergänzt durch Richtfunktechnik. Die maximale Übertragungskapazität auf Glasfasern beträgt im Netz der Deutschen Bundespost Telekom z.Z. 565 Mbit/s, entsprechend 7680 digitalen Telefonkanälen je System.
Mit
der
unmittelbar
bevorstehenden
Technikeinführung
der
synchronen digitalen Hierarchie mit Übertragungsbitraten von 2,5 Gbit/s erhöht sich die Transportkapazität pro System auf das 4fache (30 720 digitale Telefonkanäle). Hinzu kommen wesentlich erweiterte Netzmanagementmöglichkeiten. Durch die enormen Anstrengungen beim Übertragungsnetzausbau werden durch Erweiterung vorhandener Linien, beschleunigten Regelausbau, Sondermaßnahmen wie „Turn-Key-Projekte“, Einsatz von Satellitentechnik und neuartiger Übertragungssysteme deutliche Entlastungen geschaffen. Es ist sicher, daß im Übertragungsnetz das Ziel der Angleichung der Telekommunikations-Infrastruktur an westdeutsches Niveau Mitte der 90er Jahre erreicht wird. 4.2
Telefonnetz
Das Telefonnetz ist als größtes diensteorientiertes Netz der bestimmende Nutzer
des Übertragungsnetzes und hat damit entscheidenden Einfluß auf die Übertragungsnetzgestaltung.
Auf Ausführungen zum Telefondienst/-netz kann an dieser Stelle verzichtet werden. Es wird hierzu auf Kapitel 5, Aufbau des Telefonnetzes in den neuen Bundesländern und die Integration der Teilnetze Ost und West, verwiesen.
93
4.3 4.3.1
Mobilfunknetze Dienstebeschreibung
Mobilfunkdienste ermöglichen die Kommunikation
mit einem ortsveränderli-
chen Teilnehmer unter Nutzung einer Funkübertragungsstrecke. Mobilfunknet-
ze stellen die hierfür erforderliche Infrastruktur bereit. Die Infrastruktur enthält in allen Fällen ortsfeste Knoteneinrichtungen, die durch Übertragungswege des ortsfesten Übertragungsnetzes miteinander verbunden werden. Die Deutsche Bundespost Mobilfunkdienste an, um entsprechen. In den neuen konzentriert, die für einen wie den
Telekom bietet eine breite Palette unterschiedlicher den differenzierten Kundeninteressen optimal zu Bundesländern wird der Ausbau auf solche Dienste wirtschaftlichen Aufschwung besonders wichtig sind,
— Funktelefondienst im C- und DI-Netz, — Funkrufdienst „Cityruf“ und — Bündelfunkdienst „CHEKKER“.
In der ehemaligen DDR existierte keiner dieser Dienste. Funktelefon C-Netz
Ein Funktelefon im C-Netz bietet dem Nutzer die Möglichkeit, ortsungebunden (abgehend und ankommend) telefonieren zu können. Hierfür wird eine breite Palette von Auto- und kompakten Handtelefonen angeboten. Bei Verwendung geeigneter Zusatzgeräte können außer Sprache auch Texte, Daten oder Bilder übermittelt werden. Funktelefonverbindungen werden über Funkfeststationen hergestellt, die eine maximale Reichweite von 15 bis 20 km haben. Die Übertragung erfolgt im
Frequenzbereich um 450 MHz. Um die neuen Bundesländer flächendeckend zu
versorgen, werden 200 bis 300 derartiger Stationen benötigt. Die Funkfeststationen sind an Funkvermittlungsstellen angeschlossen, die untereinander vermascht
sind und Verbindungen zu jedem gewünschten Teilnehmer im C-Netz oder im
stationären Netz des In- oder Auslandes herstellen. Der Zugang in das Funktelefon C-Netz erfolgt über die Zugangsnummer 0161, die bei der Wahl der Teilnehmernummer voranzustellen ist.
Funktelefon D1-Netz
Das Funktelefon D1-Netz trägt einer erwarteten weiteren Steigerung der Teilnehmerzahlen im Funktelefonverkehr Rechnung, da die maximale Auslastung des C-Netzes bald erreicht sein wird. Für das D1-Netz steht ein zusätzlicher
94
Frequenzbereich um 900 MHz zur Verfügung, Übertragungsverfahren optimal ausgenutzt wird.
der durch moderne
digitale
Das D1-Netz stellt nicht nur eine Kapazitätserweiterung für die Funktelefonie dar. Erstmals kommt ein europaweit standardisiertes Verfahren zum Einsatz, das es künftig gestattet, das eigene Funktelefon auch in europäischen Nachbarländern zu nutzen. Es wird darüberhinaus in seinem Endausbau vielfältige Zusatzdienste ähnlich denen des ISDN bieten. Der Zugang erfolgt über die Zugangs-
nummer 0171.
Funkrufdienst ‚„Cityruf“
Cityruf ist der neue regionale Funkrufdienst der Deutsche Bundespost Telekom. Er ermöglicht die Übertragung von Informationen beschränkten Umfangs zum mobilen Teilnehmer. Die Endgeräte sind wesentlich kleiner und kostengünstiger als beim Funktelefondienst, erlauben aber dennoch die ständige Erreichbarkeit
des Kunden innerhalb der Funkrufzonen, die in ihrer Ausdehnung so bemessen
sind, daß sie die Bedürfnisse eines großen Interessentenkreises abdecken.
Die Funkrufempfänger zeigen den empfangenen Funkruf sowohl akustisch als auch optisch an. Für den „stillen“ Empfang gibt es Geräte, die sich durch Vibration bemerkbar machen. Charakteristisch für Cityruf ist, daß mit entsprechend ausgerüsteten Funkrufempfängern auch Ziffernfolgen und sogar kurze Texte mit bis zu 80 Zeichen empfangen werden können. Neben dem Einzelruf an einen Empfänger in allen angemeldeten Rufzonen gibt es weitere Rufarten, die vor allem für Firmen interessant sind. Ein Gruppenruf beispielsweise spricht gleichzeitigmehrere Empfänger gleicher Gruppenrufnummer an, die in diesem Fall nicht einzeln angerufen werden können. Der Sammel-
ruf geht nacheinander an bis zu 20 Einzelempfänger mit eigener Rufnummer.
Bündelfunkdienst „CHEKKER“
Öffentliche Bündelfunknetze bieten eine moderne Alternative zu traditionellen Betriebsfunknetzen (nichtöffentlicher mobiler Landfunk). Im Unterschied zum Betriebsfunk wird das Netz durch die Deutsche Bundespost Telekom - sie nennt ihren Dienst „CHEKKER“ - oder einen privaten Betreiber zur Verfügung gestellt. Das
Bündelfunknetz
ist für mobile
Kunden
gedacht,
die häufig
kurzzeitige
Verbindungen von 30 — 60s Dauer benötigen. Die Kanäle werden nicht fest zugeordnet, sondern dem Kunden im Bedarfsfall auf Tastendruck bereitgestellt. Daher kann die Zahl der Teilnehmer in Bündelfunknetzen höher sein, als die
Anzahl der verfügbaren Kanäle. Durch die exklusive Zuteilung des Funkkanals für die Dauer eines Gesprächs ist unberechtigtes Mithören nicht möglich.
95
CHEKKER
versorgt ganze Wirtschaftsräume, wie z.B. den Großraum Rhein-
Main. Der Kunde kann entscheiden, ob er den Dienst in einem oder mehreren Wirtschaftsräumen nutzen will. Im Wirkbereich des Netzes kann ein Teilnehmer
jeden anderen mittels Einzelruf, Gruppenruf oder Sammelruf erreichen. Es gibt die Möglichkeit der Rufumleitung auf ein anderes Funkgerät und einen Über-
gang zum Öffentlichen Fernsprechnetz.
Endgeräte gibt es für den Festeinbau in Fahrzeugen und als transportable Kompaktgerätc. Bei Funkgeräten mit Display kann die Nummer eines Anrufers gespeichert werden, so daß Rückruf nach Rückkehr zum Gerät möglich ist. 4.3.2 Ausbaustrategie für Mobilfunkdienste in den neuen Bundesländern Allgemeines
Der Mobilfunk stellt ein wichtiges Instrument dar, um Kommunikationsbedingungen kurzfristig zu verbessern. Dabei soll das Angebot der Deutschen Bundespost Telekom an Mobilfunkleistungen bedarfsorientiert sein. Funktelefonnetze
Die Deutsche Bundespost Telekom hat sich zum Ziel gesetzt, das Funktelefon C-
Netz in den
neuen
Bundesländern
so auszubauen,
daß Ende
1991 die neuen
Bundesländer grob flächendeckend versorgt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt werden ca. 125 Funkfeststationen in Betrieb gehen, mit denen auf 60 % der Fläche Funkverkehr abgewickelt werden kann und 80 % der Bevölkerung
erreicht werden.
Ca. 3000 Sprechkanäle werden
Ende 1990 waren es nur ca. 250.
dafür zur Verfügung stehen,
Bild. 4.5 zeigt die geplante Mobilfunkversorgung im C-Netz bis Ende
1991.
Im Sommer 1991 hat das digitale D1-Netz der Deutschen Bundespost Telekom
seinen Betrieb aufgenommen. Es ist auch vorgesehen, möglichst frühzeitig Funkfeststationen in Berlin und in den neuen Bundesländern zu errichten. Für den Ausbau der Funktelefonie in den neuen Bundesländern gibt die Deut-
sche Bundespost Telekom 1991 mehr als 600 Mio. DM aus. In den Folgejahren 1992/93 wird die Erweiterung im C-Netz abgeschlossen, das D1-Netz weiter ausgebaut. Die Deutsche Bundespost Telekom rechnet damit, daß das C-Netz in den neuen Bundesländern Ende 1993 ca. 80000 Teilnehmer (ohne Berlin)
erreicht haben wird und im Einzugsbereich der beiden Berliner Funkvermitt-
lungsstellen nochmals 60.000 Teilnehmer hinzukommen. Der darüber hinausgehende Verkehr wird von den digitalen Netzen D1 (Deutsche Bundespost Telekom) und D2 (Mannesmann Mobilfunk) aufgenommen. Für das Funktelefonnetz DI werden in den neuen Bundesländern bis Ende 1993 46000 Teilnehmer prognostiziert, bis Ende 1996 sogar 250 000. 96
erlin
|
ES
—
X
nn Ss
Q
—
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Neubrandenburg
ll |
| ||
er
!
bus
|
Chemnitz
III]
Ausbau
bis Ende
1991
Bild 4.5: C-Netz-Mobilfunkversorgung
97
Cityrufnetze
Im ersten Halbjahr des Jahres 1991 wird der Aufbau von Cityrufnetzen in den neuen Bundesländern im wesentlichen abgeschlossen. Dafür sind Investitionen in Höhe von ca. 7,5 Mio. DM vorgesehen.
Bild 4.6 zeigt die vorgesehenen Rufzonen. Nachstehender Übersicht können die Realisierungstermine entnommen
Versorgungsgebiet Leipzig (Insellösung)
Berlin, Potsdam
Leipzig, Halle
Dresden, Chemnitz Magdeburg Erfurt, Gera Schwerin, Wismar Rostock, Neubrandenburg Frankfurt/O., Cottbus
werden.
Rufzone
Realisierungstermin
30/Berlin
Januar 1991
35/Dresden/Chemnitz 53/Braunschweig 36/Erfurt 40/Hamburg 38/Rostock, Neubrandenburg 33/Frankfurt/O.
Mai Mai Juni Juni Juli
34/Leipzig
Mai 1990
März 1991 1991 1991 1991 1991 1991
Juli 1991
Bündelfunknetze
Als Sofortlösung für den Gesamtberliner Wirtschaftsraum wurden 1990 die Antennensysteme der Westberliner CHEKKER-Stationen so modifiziert, daß auch Teile des Ostteils der Stadt und Potsdam versorgt werden können. Im Verlauf des Jahres 1991 wird das Berliner Netz noch weiter ausgebaut. Nachfolgende Tabelle zeigt den (geplanten) Netzausbau für den Bündelfunkdienst CHEKKER: Versorgungsgebiet
(voraussichtlicher) Realisierungstermin
Berlin, Potsdam
1990 (Probebetr.)
Dresden
Jan.
Leipzig Halle
Chemnitz, Zwickau Magdeburg Erfurt, Weimar, Gera, Jena Rostock, Schwerin/Wismar,
Stralsund/Greifswald
Neubrandenburg/Neustrelitz Frankfurt/O., Cottbus, Brandenburg Für den Ausbau ca. 20 Mio.
98
DM
des CHEKKER-Dienstes erforderlich.
2. 2. 2. 2.
März ab Mai
Hälfte Hälfte Hälfte Hälfte
1991
1991 1991
1991 1991 1991 1991 1992 1992
sind 1991 Investitionen in Höhe
von
Rostock oO
S Schwerin
Neubrandenburg
$
$
Frankfurt/O
Cottbus
Suhl
N
N oO
Stadt/Gemeinde mit
mehr
als
30000
Einwohnern ER
NN
Rufzonen
weitere
1991
Rufzonen
Bild 4.6: Einführung „Cityruf“ 99
Neben diesen öffentlichen Bündelfunknetzen der Deutschen Bundespost Telekom wird es weitere private Bündelfunknetze geben. Der Bundesminister für Post und Telekommunikation hat Lizenzen für private Betreiber für den Raum Berlin (Mobilkom Berlin) sowie Gebiete um Leipzig (Quickfunk), Dresden (Quickfunk) und Chemnitz (Preussag Bündelfunk GmbH) erteilt. Bis Mitte 1991 werden weitere 18 Lizenzen für die neuen Bundesländer ausgeschrieben.
4.4 Text- und Datennetze 4.4.1 Dienstebeschreibung Für die Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung ist ein schneller und sicherer Informationsfluß lebensnotwendig, um die begrenzten Ressourcen an Kapital, Rohstoffen, Produktionsmitteln und menschlicher Arbeitskraft sinnvoll einzu-
setzen. Sprachkommunikation allein reicht nicht aus. Neben Telefax und Modem
für Datenübertragung, die das Telefonnetz mitbenutzen, sind spezielle, digitale
Netze für die Text- und Datenübertragung erforderlich.
Technisch integriert die Deutsche Bundespost Telekom im IDN (Integrierten Text- und Datennetz) die Netze für folgende Dienste: — Telex,
- Telegramm, — Teletex, — DATEX-L, —- DATEX-P
und
— Direktruf.
Seit über 50 Jahren existiert das Telexnetz, das heute in ganz Deutschland und fast allen Ländern der Welt für die Übermittlung von Texten zur Verfügung steht. Die geringe Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Baud (= 400 Zeichen pro Minute) und der eingeschränkte Zeichenvorrat (keine Sonderzeichen, keine Groß- und Kleinschreibung) veranlaßten die Deutsche Bundespost schon Ende der sechziger Jahre, entsprechend den Wünschen der Kunden weitere digitale Netze aufzubauen. Der Telegrammdienst wurde erstmals 1849 in Preußen zur Benutzung freigegeben und kann somit zu den ältesten Telekommunikationsdiensten gezählt werden. Im Gegensatz zum Telex- bzw. Teletexdienst, die der Kategorie Teilneh-
merdienste angehören, handelt es sich beim Telegrammdienst um einen öffentli-
chen Dienst. Dies bedeutet, daß weder Absender noch Empfänger einer Nachricht über Telekommunkationseinrichtungen verfügen müssen. Telegramme können am Postschalter, über Telefon, Telex und Teletex aufgegeben werden.
Die Zustellung erfolgt über Telefon, Telex, Teletex, Telefax oder durch einen
100
Boten. Der Telegrammdienst bietet dem Kunden die Möglichkeit, Texte innerhalb weniger Stunden weltweit zu übermitteln.
Der Anfang der achtziger Jahre eingeführte Teletex-Dienst nutzt DATEX-L und das ISDN. Er dient neben der komfortablen Textkommunikation auch zunehmend der Datenkommunikation (Option Dateiversand). Teletex arbeitet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit
von 2 400 bit/s im IDN
bzw.
64 kbit/s im
ISDN und verwendet den Zeichenvorrat üblicher Schreibmaschinen einschließlich nationaler Sonderzeichen und Groß-/Kleinschreibung. Die Telekom sorgt durch entsprechende Umsetzeinrichtungen dafür, daß ein Teletex-Teilnehmer mit jedem anderen Teletex-Nutzer weltweit Mitteilungen austauschen kann. Darüberhinaus besteht ein Dienstübergang zwischen Teletex und Telex. Hierdurch ist der Nachrichtenaustausch mit Telex-Teilnehmern im Bereich der Deutschen Bundespost Telekom und in aller Welt möglich. Mit DATEX-L bezeichnet die Deutsche Bundespost Telekom ihr Angebot für Datenverbindungen mit Leitungsvermittlung. Folgende Übertragungsgeschwindigkeiten sind möglich: -
300 bit/s, asynchron,
— 2400 bit/s, synchron,
— 4800 bit/s, synchron und - 9600 bit/s, synchron. Im Probebetrieb existiert z. Z. zusätzlich eine begrenzte Anzahl von Anschlüssen
für 64-kbit/s-Übertragung.
Das Prinzip der Leitungsvermittlung ist vom Telefon und von Telex her bekannt: Zwei Anschlüsse werden für die Dauer einer Verbindung zusammengeschaltet, die Leitung wird exklusiv dafür zur Verfügung gestellt. Hierbei sind nur Verbindungen zwischen Anschlüssen mit gleicher Übertragungsgeschwindigkeit möglich. Die Paketvermittlung DATEX-P bietet keine direkten, sondern logische Verbindungen zwischen zwei Anschlüssen. Die Daten werden in Form von Datenpaketen festgelegter Länge übertragen, daher der Name Paketvermittlung, und in den
Vermittlungsstellen kurzzeitig zwischengespeichert. Damit ist es möglich, über
eine Anschluß- oder Verbindungsleitung gleichzeitig Datenpakete mehrerer Verbindungen (bis zu 255) zu übertragen. Datex-P-Anschlüsse werden mit folgenden Übertragungsgeschwindigkeiten angeboten: -
300 bit/s, asynchron,
-
1200 bit/s, asynchron,
— —
2400 bit/s, asynchron oder synchron, 4800 bit/s, synchron,
-
9600 bit/s, synchron,
— 48000 bit/s, synchron und
— 64.000 bit/s, synchron. 101
Für eine Übertragung mit DATEX-P müssen die Daten in „genormten“ Paketen entsprechend CCITT-Empfehlung X.25 verpackt werden, während DATEX-L eine transparente Übertragung ermöglicht. Beim asynchronen Anschluß und beim Telefonzugang übernimmt der DATEX-P-Dienst das Packen und Entpakken der Daten. Telefonzugänge
bieten
gungsgeschwindigkeiten — bis 300 bit/s, - 1200/75 bit/s,
die
DATEX-P-Vermittlungsstellen
mit
den Übertra-
— 1200 bit/s und
— 2400 bit/s. Das Direktrufnetz ermöglicht direkte digitale Verbindungen für die Datenübermittlung, sogenannte Standleitungen, mit Übertragungsgeschwindigkeiten von
50 bit/s bis 1,92 Mbit/s. Digitale Knoteneinrichtungen der Deutschen Bundespost Telekom gestatten es, mehrere Direktrufanschlüsse miteinander zu verknüpfen.
4.4.2
Ausbau der Text- und Datennetze
Telexnetz
Der Telexdienst ist ein zuverlässiges, flächendeckendes Kommunikationsmittel im Verkehr mit den neuen Bundesländern. Schon gleich nach Öffnung der Grenzen wurde begonnen, analogen
die vorhandenen
Übertragungssysteme gegen leistungsfähigere digitale Zeitmultiplex-
technik auszutauschen. Dadurch wurde innerhalb kürzester Zeit eine Verdoppelung der vorhandenen Verbindungsleitungen zwischen den Auslandskopfvermittlungsstellen Frankfurt/M. bzw. Hamburg und Berlin (Ost) herbeigeführt. Derzeit (Frühjahr 1991) gibt es im Bereich der Deutschen Bundespost Telekom
ca. 130000 Telexanschlüsse. Die 110000 Anschlüsse in den alten Bundesländern
sind mit dem elektronischen Datenvermittlungssystem EDS realisiert, während die etwa 20000 Telexanschlüsse in den neuen Bundesländern an das veraltete Wählsystem TW 55 angeschlossen sind. Damit existieren im Bundesgebiet derzeit zwei separate Telexnetze. Ein im Herbst 1990 fertiggestelltes Konzept bildet die Grundlage für die bereits begonnene Zusammenführung der beiden Netze zu einem einheitlichen Telexnetz. Hierzu wird das in den alten Bundesländern bestehende „Integrierte Text-
und Datennetz“ auf das Gebiet der neuen Bundesländer ausgedehnt. Alle TW-
55-Vermittlungsstellen werden durch Datenumsetzerstellen
abgelöst, die dann
die vorhandenen sowie neue Telexanschlüsse folgender Bereiche an bestehende Datenvermittlungsstellen heranführen: 102
Datenvermittlungsstelle
zugeordnete Bereiche
Frankfurt/M.
Erfurt
Nürnberg Berlin
Gera, Suhl Berlin, Leipzig, Halle, Dresden, Potsdam, Neubrandenburg, Cottbus, Frankfurt/O., Chemnitz
Hannover Hamburg
Magdeburg Schwerin, Rostock
Die Vermittlungsstelle Berlin wird bis September 1991 mit verfügbaren Komponenten auf Vollausbau gebracht. Zur weiteren Bedarfsdeckung erhält Berlin
1992 zusätzlich eine zweite Vermittlungsstelle.
Der Aufbau der erforderlichen Übertragungstechnik, die der Telexdienst gemeinsam mit allen anderen Non-Voice-Diensten nutzt, wird vorangetrieben. Dazu wurden durch ein Sofortprogramm bereits in allen Fernmeldeämtern Zeitmultiplexeinrichtungen in Betrieb genommen.
Ende 1991 werden etwa 100 Datenumsetzerstellen aufgebaut sein. In dann noch unversorgten Bereichen können bei Bedarf mobile Einrichtungen eingesetzt werden. Der flächendeckende Endausbau wird voraussichtlich 1994 erreicht. Z.Z. existieren bereits 3500 Anschlußmöglichkeiten für die sofortige Realisierung von Neuanschlüssen. Bereits bestehende Telexanschlüsse werden ab Juli 1991 schrittweise auf die neue Technik übernommen. Schon 1992 wird die Übernahme auf die neue Technik abgeschlossen sein. Damit wird das gesamtdeutsche Telexnetz mit einem einheitlichen Diensteangebot entsprechend dem jetzigen Standard in den alten Bundesländern verwirklicht sein. Es
werden
bis
Ende
1991
ca.
10000
neue
Kundenzugänge
zum
Telexnetz
geschaffen. Der geplante Gesamtbedarf zum Jahresende 1991 wird ca. 20500 Anschlüsse betragen.
Durch den dringenden Kommunikationsbedarf und die heute bereits gute Erreichbarkeit wird für die neuen Bundesländer bis 1994 ein Zuwachs auf insgesamt
26000 Telexanschlüsse prognostiziert.
Gentex/Telegrammdienstnetz In den neuen Bundesländern wird der Telegrammdienst über das sogenannte Gentexnetz abgewickelt, das auf veralteter Technik (elektromechanische Wäh-
ler, veraltete Übertragungseinrichtungen) basiert. Als Endgeräte sind noch in
großer Zahl alte mechanische Fernschreiber im Einsatz. Eine Ausdehnung des modernen Telegrammdienstsystems (TDS) der Deutschen Bundespost Telekom
auf Gesamtdeutschland ist kurzfristig nicht möglich. Dazu fehlen z.Z. die Voraussetzungen im Fernsprech- und Datennetz; kurzfristig läßt sich auch nicht die
benötigte Verarbeitungskapazität in der neuen Technik bereitstellen.
103
Der abgehende und ankommende Auslandstelegrammverkehr der neuen Bundesländer wurde jedoch bereits auf das Telegrammdienstsystem übernommen. Zur Ablösung der veralteten Technik des Gentexnetzes werden Gentexanschlüsse wie Telexanschlüsse an westdeutsche EDS-Vermittlungen herangeführt, und als Ersatz für mechanische Fernschreiber werden moderne elektronische Fernschreibgeräte beschafft. Planungen für ein gesamtdeutsches Telegrammdienstsystem sind eingeleitet. DATEX-L- und Teletexnetz
In den neuen Bundesländern besteht noch kein leitungsvermitteltes Datennetz, um Dienste wie DATEX-L und Teletex anbieten zu können. Ein derartiges separates Netz war auch in der strategischen Zielsetzung der Deutschen Post nicht vorgesehen. Leitungsvermittelte Datenverbindungen sollten im Rahmen eines aufzubauenden ISDN realisiert werden.
Wie bereits in den Ausführungen über Telex erwähnt, wird das in den alten Bundesländern vorhandene „Integrierte Text- und Datennetz“ auf das Gebiet
der neuen Bundesländer ausgedehnt. Alle darin zusammengefaßten Netze und
Dienste benutzen die gleichen digitalen Übertragungswege. Mit dem Aufbau der entsprechenden Übertragungstechnik, der bereits begonnen hat, ist damit auch
eine Grundversorgung für DATEX-L gen erweitert die Möglichkeiten. Um eine kostengünstige, flächendeckende reichend Steckplätze für den Einsatz
erreicht. Der Einsatz mobiler Einrichtunfür Bedarfszuwächse gerüstet zu sein, wird Grundinfrastruktur bereitgestellt, die ausvon Zeitmultiplexgeräten vorsieht.
Die vermittlungstechnische Abstützung der Anschlußbereiche entspricht der des Telexdienstes. Für 1994 sind 1000 Teletex- und 2000 DATEX-L davon 300 DATEX-L Anschlüsse bis Ende 1991.
Anschlüsse prognostiziert,
DATEX-P-Netz
Ein öffentliches Datenpaketnetz war in der früheren DDR nicht vorhanden. Seit Mitte der 80er Jahre war zwar ein flächendeckendes DATEX-P-Netz konzipiert. Die Realisierung scheiterte allerdings an Einfuhrbeschränkungen für HighTechProdukte. Erste DATEX-P-Kunden wurden im Juni 1990 an den westberliner DATEX-P-Knoten geschaltet. Im Dezember 1990 ging die erste Datenpaketvermittlungsstelle in Berlin (Ost) in Betrieb. Am 3.3.1991 folgten weitere Datenvermittlungsstellen in
— Leipzig mit 377 Beschaltungseinheiten, — Dresden mit 230 Beschaltungseinheiten, — Chemnitz mit 297 Beschaltungseinheiten. 104
Besondere Bedeutung kam hierbei der rechtzeitigen Einschaltung der Datenpaketvermittlungsstelle Leipzig zu, da ein großer Bedarf an DATEX-P-Anschlüssen zur Leipziger Frühjahrsmesse 91 bestand. Bis Mitte 1991 folgen 11 weitere Standorte: Cottbus, Erfurt, Frankfurt/O., Gera, Halle, Magdeburg, Neubrandenburg, Potsdam, Rostock, Schwerin und Suhl.
Insgesamt werden 1991 in den fünf neuen Bundesländern an 15 Standorten ca. 3500 DATEX-P-Anschlüsse bereitgestellt. Für 1992 weist die Prognose für dieses Gebiet ca. 5500 DATEX-P-Anschlüsse aus. Das Investitionsvolumen der Vermittlungstechnik beträgt 1991 ca. 20 Mio. DM. Der Anschluß der Teilnehmer erfolgt entsprechend dem zügig voranschreitenden
Ausbau
des
des
bestehenden
„Integrierten
Text-
und
Datennetzes“.
Die
Standorte
der
Vermittlungstechnik in den neuen Bundesländern werden mit den Standorten Netzes
in Berlin-West,
Frankfurt/M. und Nürnberg vermascht.
Hannover,
Hamburg,
Düsseldorf,
Folgende DATEX-P-Dienste werden angeboten: P10H (synchroner Hauptanschluß, X.25) P20H (asynchroner Hauptanschluß, X.28) P20F (asynchroner Fernsprechwähleingang, X.28). Zusätzliche Leistungsmerkmale, wie z.B. Virtuelle Privatnetze (VPN), werden vorerst für die neuen Bundesländer in Berlin-West realisiert.
4.5 Satellitenkommunikationsnetze 4.5.1 Hintergrund des Satelliteneinsatzes Die Beseitigung von Engpässen im Telekommunikationsnetz wird durch den Ausbau
des terrestrischen Netzes stark vorangetrieben.
Um
kurzfristig Entla-
stung zu schaffen, wird zusätzlich der Einsatz von Satellitenkommunikation vorgesehen, die u.a. den Vorteil bietet, durch den Aufbau kleiner Erdfunkstellen auch in entlegenen Gebieten schnell Telekommunikation zu ermöglichen.
Im folgenden werden kurz das Prinzip der Satellitenübertragung sowie die verschiedenen Dienste der Deutschen Bundespost Telekom im Satellitenfunkbereich beschrieben, die in den neuen Bundesländern Anwendung finden. 4.5.2 Kommunikation über geostationäre Satelliten Prinzipiell besteht ein Satellitennetz aus dem Boden- und dem Raumsegment. Das Raumsegment besteht entweder aus umlaufenden oder aus geostationären 105
Satelliten. Für die Kommunikation via Satellit von den alten in die fünf neuen Bundesländer werden zur Zeit jedoch nur geostationäre Satelliten verwendet. Geostationäre Satelliten stehen in ca. 36000 km Höhe über dem Äquator. Da sie
sich innerhalb von 24 Stunden einmal um die Erdachse drehen, scheinen sie für den Beobachter auf der Erde, die sich gleichschnell dreht, stillzustehen.
Hinter dem Begriff Bodensegment verbergen sich Erdfunkstellen, die u.a. aus der Antenne und den dazugehörigen Sende- und Empfangseinrichtungen bestehen. Je nach Art des Dienstes unterscheiden sich die Größen der Antennen und Erdfunkstellen.
Satellitenübertragungen funktionieren (stark vereinfacht) wie folgt: Die Nutzsignale werden zunächst der Erdfunkstelle zugeführt. Durch Signalver-
arbeitung und Modulation werden die Ausgangssignale in Radiofrequenzlagen
gebracht (z. B. 14 GHz), die für die Funkübertragung geeignet sind, und über die
Antenne abgestrahlt. Vom Satelliten wird das stark gedämpfte und verzerrte Signal wieder regeneriert, verstärkt und in eine andere Lage im Radio-Frequenzbereich (z.B. 11 GHz) umgesetzt und erneut abgestrahlt. Die hier skizzierte Signalaufbereitung und Frequenzumsetzung geschieht in sogenannten Transpondern. Das abgestrahlte Satellitensignal wird anschließend von der Erdfunkstelle
am Zielort empfangen, regeneriert und verstärkt. Nach einigen Signalverarbeitungsprozessen und der Demodulation steht am Ende wieder das Nutzsignal
bereit.
4.5.3 Satellitenkommunikationsdienste in den fünfneuen Bundesländern DA VID-Dienst
Der Name
„DAVID“
steht als Abkürzung für „Direkter Anschluß zur Vertei-
lung von Nachrichten im Datensektor“. Der Dienst wird mit Hilfe kompakter
VSAT-Technik
(VSAT
= Very
small
aperture terminals) angeboten. Dahinter verbirgt sich ein sternförmiges, digita-
les Netz für interaktive Datenkommunikation, bestehend aus der Zentralstation
und vielen kleinen Teilnehmerstationen.
Das Zentrum dieses sternförmigen Netzes bildet die Zentralstation in Hameln (Antennendurchmesser ca. 9 m). Die Teilnehmerstationen haben Antennendurchmesser von 0,75 m, 0,90 m oder 1,20 m (nur für Empfangen) und 1,80 m oder 2,40 m (für Empfangen und Senden). Der DAVID-Dienst bietet drei Anwendungsmöglichkeiten: — Reiner Empfangsdienst (Punkt-zu-Mehrpunkt) Diese Anwendung bietet sich zur Verteilung von z.B. Börsendaten, Nachrichten etc. an, 106
— Interaktiver Dienst
Punkt)
Nutzung
(Punkt-zu-Mehrpunkt,
z.B. für Datenbankauskünfte,
Punkt-zu-Punkt,
Reservierungen,
Mehrpunkt-zu-
Rechner-Rechner-
Kopplungen etc. — Datensammeldienst (Mehrpunkt-zu-Punkt) Dieser Dienst dient z.B. für meteorologische Meßdatenerfassung, Umweltmeßdaten und anderes mehr. Für diesen Dienst wird der Satellit EUTELSAT I-F4 auf der Orbitposition 7° Ost benutzt.
Zur Zeit (Stand März 1991) sind ca. 300 Teilnehmerstationen in den fünf neuen Bundesländern in Betrieb. Die Aufbauleistung beträgt zur Zeit ca. 40 Teilnehmerstationen pro Monat und soll auf 100 Stück pro Monat erhöht werden.
DIVA-Dienst
Der
Name
„DIVA“
steht
Ausnahmehauptanschlüsse“,
als Abkürzung
Dieser Dienst hat die Aufgabe,
für
sehr dringend
„Direkte
benötigte
Verbindungen
über
Telefonanschlüsse
(Hauptanschlüsse) in den fünf neuen Bundesländern bereitzustellen. Dazu können Telefonkunden in einigen Städten der neuen Bundesländer via Satellit an
eine Ortsvermittlungsstelle in den alten Bundesländern angeschaltet werden. Bedingung ist, daß sich der Anschluß des Kunden im Einzugsbereich (ca. 5 km) einer geeigneten Erdfunkstelle befindet. Ausnahmehauptanschlüsse über Satellit verhalten sich wie entsprechende Telefonanschlüsse in den Ortsnetzen, an die sie angeschaltet sind (inkl. Ortsnetzkennziffern). Die Zuordnung der Standorte, in denen dieser Dienst angeboten wird, zu den Vermittlungsstellen in Westdeutschland ist wie folgt:
Leipzig
Dresden
— —
Rostock Magdeburg Erfurt Schwerin
— — — —
Gera Chemnitz Cottbus
— — —
Frankfurt/Oder
Halle
—
—
Ortsvermittlungsstelle Frankfurt/Main
Ortsvermittlungsstelle München
Ortsvermittlungsstelle Ortsvermittlungsstelle Ortsvermittlungsstelle Ortsvermittlungsstelle
Hamburg Düsseldorf Stuttgart Hameln
Ortsvermittlungsstelle Düsseldorf
Ortsvermittlungsstelle München Ortsvermittlungsstelle München Ortsvermittlungsstelle München
Ortsvermittlungsstelle München.
Für den DIVA-Dienst wird zur Zeit der Deutsche Fernmeldesatelli t 2 auf der
Orbitposition 28,5° Ost genutzt.
107
FVSat-Dienst
Die Abkürzung „FVSat“ steht für „Festverbindung über Satellit“, d.h. eswerden
digitale Punkt-zu-Punkt-Verbindungen bereitgestellt, die ständig verfügbar sind. Mit Hilfe eines solchen 64-kbit/s- oder 128-kbit/s-Kanals kann der Kunde in beiden Richtungen Text, Daten und Sprache übertragen. Die technische Realisierung erfolgt über die Bereitstellung kleiner Erdfunkstellen (Durchmesser der
Antenne 1,8 m) beim Kunden.
Der FVSat-Dienst nutzt den Deutschen Fernmeldesatelliten 2.
DASAT-Dienst
Das DASAT-Netz (= Datenübertragung über Satellit) ist für flächendeckende Geschäftskommunikation
gedacht,
mit vorerst ca. 30 Anschlußstationen,
die
etwa gleichmäßig über das Bundesgebiet verteilt sind. Eine Anschlußstation nimmt bis zu 100 Teilnehmer auf. Die Anzahl der Stationen kann - bei entspre-
chendem Bedarf- auf hundert erweitert werden. In den fünf neuen Bundeslän-
dern befinden sich DASAT-Erdfunkstellen in Leipzig, Dresden, Rostock, Magdeburg, Erfurt und in Halle.
Die DASAT-Dienstleistung wird über DASAT-Anschlüsse und DASAT-Verbindungen realisiert. Der Anschluß verbindet die Endeinrichtung beim Kunden mit einer DASAT-Anschlußstation (=Erdfunkstelle) der Deutschen Bundespost
Telekom. Es sind sowohl Punkt-zu-Punkt- als auch Punkt-zu-Mehrpunkt-Verbindungen möglich, jedoch nur zwischen Anschlüssen gleicher Übertragungsgeschwindigkeit und national begrenzt. Es wird zwischen den beiden Kategorien Wähl- und Reservierungsverbindungen (Festverbindungen) unterschieden.
Der DASAT-Dienst ist für Kunden dann interessant, wenn große Datenmengen (mit Bitraten von 64 kbit/s abgestuft bis 1,92 Mbit/s) schnell zu unterschiedlichen Gegenstellen - auch gleichzeitig — übertragen werden sollen. Typische DASAT-Anwendungen
sind:
- Computer Aided Design (CAD), - Druckdatenübertragung, z.B. im Zeitungswesen, — Rechner-zu-Rechner-Kommunikation,
— Festbildübertragung, — Videokonferenz.
Als Raumsegment steht der Deutsche Fernmeldesatellit 2 zur Verfügung. NASAT-Dienst
Die Abkürzung Satellit“.
108
„NASAT“
steht
für
„Nebenstellen
Analogverbindung
über
Der NASAT-Dienst ist eine besondere Betriebsmöglichkeit im Rahmen des DASAT-Dienstes (s.o.). Hier wird eine analoge, durchwahlfähige Nebenstellenanlage an eine Anschlußstation des Deutschen Fernmeldesatelliten angeschaltet. Der Anschluß dient zur Übertragung von Sprache. Telefax und Datenübertragung (bis 19,2 kbit/s) sind über Modem möglich. Das analoge Sprachsignal wird in der Anschlußstation in ein digitales Signal
umgeformt und dann als 64-bit/s-Datenstrom via Satellit übertragen.
4.5.4 Künftige Entwicklungen
Mit fortschreitendem Ausbau des terrestrischen Netzes verlieren einige der 0.8. Satellitenanwendungen ihre Bedeutung. Die freiwerdenden Einrichtungen kön-
nen dann anderen Verwendungen zugeführt werden. Denkbar wäre beispielsweise ein Einsatz in Osteuropa.
4.6 Breitbandverteilnetze 4.6.1
Begriff
Breitbandverteilnetze sind kabelgebundene Netze hoher Bandbreite für die Übertragung von Fernseh- und Hörrundfunkprogrammen. Sie bieten wegen der hohen Anzahl an Übertragungskanälen erweiterte Programm- und Informations-
vielfalt, die wegen des Frequenzmangels bei Übertragung über terrestrische Senderketten nicht möglich ist. Diese verhältnismäßig aufwendigen Netze wer-
den grundsätzlich in Kupferkoaxialtechnik errichtet. Untereinander verbunden werden sie z.T. mit Richtfunkverbindungen und in letzter Zeit zunehmend über Glasfasersysteme. Das Breitbandverteilnetz ist in den alten Bundesländern grundsätzlich so aufgebaut, daß eine Breitbandkommunikations-Verteilstelle, im folgenden mit BKVerteilstelle abgekürzt, einen größeren Versorgungsbereich mit einem Radius bis zu 50 km bedient. In der BK-Verteilsstelle werden die von den Fernmeldesatelliten Kopernikus, ASTRA und Eutelsat empfangenen Fernseh- und Hörrundfunkprogramme eingespeist und über Richtfunk zu mehreren übergeordneten
BK-Verstärkerstellen
im Umkreis
übertragen.
In diesen übergeordneten
BK-
Verstärkerstellen werden die terrestrischen Programme (z.Z. einschließlich der D2-MAC-Signale vom TV Sat) empfangen, mit dem Teilspektrum der Satellitenprogramme zum Gesamtprogrammangebot ergänzt und über Koaxialkabel von bis zu 20 km Länge zu mehreren benutzerseitigen BK-Verstärkerstellen im
Umkreis geleitet. Von diesen Betriebsstellen wird schließlich im BK-Anschluß-
bereich das Gesamtprogammangebot flächig bis zu 5 km weitzu den Hausübergabepunkten beim Kunden verteilt. Über Hausverteilanlagen, die an den Haus109
übergabepunkten der Deutschen Bundespost Telekom angeschlossen sind, können Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie komplette Hochhäuser versorgt werden. Grundsatz
bei
und
Planung
Aufbau
der Breitbandverteilnetze
in den
alten
Bundesländern war die weitgehende Mitbenutzung der übrigen Fernmeldeinfrastruktur der Deutschen Bundespost Telekom, einschließlich der Hochbauten. 4.6.2 Ausgangssituation
Ein Breitbandverteildienst wie in den alten Bundesländern war in Ostdeutschland nicht aufgebaut worden. Die Versorgung der Bürger mit Fernseh- und Hörrundfunkprogrammen erfolgte über Einzel- und Gemeinschaftsantennenanlagen, die i.allg. von kommunalen Trägern oder Bürgergemeinschaften projektiert, gebaut und betrieben wurden. Das Programmangebot beschränkte sich grundsätzlich auf terrestrisch empfangene Programme, die im VHF-Bereich verteilt wurden. Wegen der ungenügenden Eingangstrennschärfe der Fernsehempfänger konnte im Fernsehbereich nur
jeder zweite Kanal belegt werden, so daß höchstens sieben Fernsehprogramme, i.
allg. aber weniger, angeboten werden konnten. Darüber hinaus wurde auch eine
eingeschränkte Anzahl von UKW-Programmen
verbreitet. Über Satelliten her-
angeführte Programme wurden nur partiell eingespeist.
4.6.3 Zielprojektion
Der Ausbau der Breitbandverteilnetze der Deutschen Bundespost Telekom in den neuen Bundesländern orientiert sich an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit. Daher werden zunächst noch Komponenten der Koax-Standardtechnik mit 450-MHz-Bandbreite in den BK-Anschlußbereichen eingesetzt. In einigen Jah-
ren stehen dann für diese Netzebene voraussichtlich auch Glasfasersysteme zur
Verfügung.
Für etwa 100 abgelegene Kleinstnetze in ländlich strukturiertem
Gebiet wird allerdings aus Kostengründen, wie in den alten Bundesländern, noch die BK-Technik mit 300-MHz-Bandbreite vorgesehen. Die Betriebsstellen des BK-Netzes orientieren sich weitgehend an den Standor-
ten der Vermittlungsstellen des Telefonnetzes. Verbindungen zwischen Einspeisestellen und BK-Anschlußbereichen werden mit modernen Glasfasersystemen realisiert. Zwischen BK-Verteilstellen, die weitgehend mit den Hauptvermittlungsstellen des Fernspechnetzes zusammenfallen, und übergeordneten BKVerstärkerstellen,
die sich
am
Ort
des Fern-
der Knotenvermittlungsstellen
sprechnetzes befinden, werden bereits digitale Systeme eingeplant. In der Netzebene
darunter,
von
den
übergeordneten
BK-Verstärkerstellen
am
Sitz der
Fernsprech-Knotenvermittlungsstellen zu den benutzerseitigen BK-Verstärkerstellen am Sitz der Teilnehmervermittlungsstellen des Fernsprechnetzes, werden preiswertere analoge Glasfasersysteme eingesetzt. 110
In den neuen Bundesländern gibt es derzeit etwa 6 Millionen Wohneinheiten. Die angestrebte Ausbaugrenze soll wie in den alten Bundesländern bei 80% der Wohneinheiten liegen. Dazu müssen für etwa 5 Millionen Wohneinheiten Anschlußmöglichkeiten an das Breitbandverteilnetz geschaffen werden. Die Deutsche Bundespost Telekom verfolgt mit ihren Verkabelungsplänen langfristig einen großflächigen BK-Netzausbau, der sich homogen über Regionen mit unterschiedlicher Bebauungsdichte erstreckt und auch Gebiete mit mittlerer/lockerer Bebauung (Stadtrand, ländliche Bereiche) einschließt. Die sinnvolle Einbeziehung von vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlagen ist dabei von ausschlaggebender Bedeutung. Um schnellstmöglich viele Kunden zu erreichen, wird zunächst in den dichtbesiedelten Regionen der großen Städte mit dem Aufbau von BK-Verteilnetzen begonnen, und zwar vorwiegend dort, wo sich ein gemeinsamer Netzausbau mit dem Fernsprechnetz anbietet bzw. wo es aufgrund der Übernahme von Gemeinschaftsantennenanlagen zwingend erscheint. Bild 4.7 gibt einen Überblick über
die Orte, in denen 1991 mit dem Ausbau von BK-Netzen begonnen wurde. In den Folgejahren werden nach gleichen Grundsätzen auch kleinere Städte und Gemeinden mit dem Breitbandverteildienst versorgt.
Als Investitionsvolumen für die BK-Versorgung sind für 1991 etwa 220 Mio. DM
vorgesehen, in den Folgejahren bis 1997 jeweils ca. 525 Mio. DM.
In den neuen Bundesländern wird im Breitbandverteildienst ein vergleichbares
Leistungsangebot wie in den alten Bundesländern angestrebt, d.h. es werden die terrestrisch empfangbaren
Programme
und die vertraglich vereinbarten, über
Satelliten oder aus Studios herangeführten Programme in die Breitbandverteilnetze eingespeist.
4.7 Schlußbemerkung Die Deutsche Bundespost Telekom hat das ehrgeizige Ziel, die größten Engpässe
im Netz der neuen Bundesländer bis Ende 1991/Anfang 1992 zu beseitigen und
bis Mitte der 90er Jahre den Stand der Telekommunikation
neuen
Bundesländern
auf hohem
Niveau
grundsätzlich
in den alten und
anzugleichen.
Erste
Verbesserungen sind bereits eingetreten. Weitere spürbare Schritte folgen.
Es ist wichtig zu erkennen, daß Versäumnisse in der ehemaligen DDR während der letzten 45 Jahre selbst mit größten Anstrengungen - nicht nur aus finanziellen Gründen
- nicht von heute auf morgen geheilt werden können.
Terrestrische
Telekommunikations-Infrastrukturmaßnahmen zur flächendeckenden Versorgung der neuen Bundesländer können unter Berücksichtigung von Planung, Bauvorbereitung und Baudurchführung nicht in wenigen Jahren abgeschlossen werden. Dies sollten Kritiker der Deutschen Bundespost Telekom beherzigen.
111
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Breitbandverteilnetze (Ausbauaktivitäten 1991)
mit Breitbandverteilnetzen 1000
anschließbare
1000
bis 3000
3000
bis
10000 mehr
10000
Sitz der
WE
anschließbare
bis 25000 als 25000
WE
anschließbare
anschließbare anschließbare
Direktion
Telekom !OPD
WE WE WE
5. Aufbau des Telefonnetzes in den neuen Bundesländern
und die Integration der Teilnetze Ost und West
Helmut Schön! Eckart Auer/ Wolfgang Hummel
Die in den vorangegangenen Kapiteln dargestellte Misere wurde von den Kunden hinsichtlich des Telefondienstes besonders kraß empfunden. Das ist nicht
verwunderlich, wurde doch das Telefonnetz als Basisnetz der Telekommunikation extrem vernachlässigt.
Aus der Diskussion mit Vertretern der Wirtschaft und der Wirtschaftswissenschaften und aus Gesprächen mit enttäuschten Kunden ist deutlich geworden,
daß in der Öffentlichkeit nur wenig Vorstellungen davon vorhanden sind, welche immensen technischen und organisatorischen Schwierigkeiten zur Aufholung des
eingetretenen Rückstandes zu überwinden sind. Jedermann scheint bereitwillig einzusehen,
daß der Ausbau
der Netze
für Güter-
und
Personenverkehr
auf
Straße und Schiene viele Jahre in Anspruch nehmen wird. Diese Einsicht ist jedoch beim Ausbau des Telefonnetzes nicht spürbar. Offenbar deshalb, weil für den Bürger die komplexe Struktur und die aufwendigen Komponenten eines Telefonnetzes hinter der Endgeräte-Steckdose weitgehend unsichtbar sind und weil er sich vorstellt, daß eine Telefonleitung dadurch hergestellt wird, daß zwei Kupferadern miteinander verdrillt werden.
Das Telefonnetz hatte — den geringen Anschlußzahlen entsprechend - nur eine geringe Verkehrskapazität. Verkehrslenkung und Kennzahlensystem hatten aus der Not heraus - stark „improvisatorische“ Züge.
5.1 Zielsetzungen Allgemeine Ziele In Ost- und Westdeutschland sollen möglichst bald einheitliche Bedingungen für die Nutzung der Telekommunikationsnetze geschaffen werden: — gleiches Diensteangebot, — gleiche Konditionen
(Tarife und übrige Benutzungsbedingungen),
— einheitlicher Kennzahlenplan. 113
Netzausbau
Die klassische Zielsetzung bei der Bereitstellung von Nachrichtennetzen ist, kostenminimale, robuste und flexible Netze aufzubauen. Dies erfordert in der Regel eine sorgfältige Planung und Optimierung.
In der Ausnahmesituation in den neuen Bundesländern müssen jedoch Schnellig-
keit und Effektivität beim Netzausbau im Vordergrund stehen, um eine rasche
Grundversorgung unter besonderer Berücksichtigung des Bedarfs der Wirtschaft zu gewährleisten. Trotzdem muß dabei im Endergebnis aber ein zukunftsorientiertes Netz hoher Güte entstehen.
In den neuen Bundesländern wird das modernste Fernmeldenetz der Welt entstehen. Diese These ist richtig. Die Chance, im Gebiet der ehemaligen DDR sozusagen auf einer „grünen Wiese“ - sofort ein ideales Netz zu gestalten, läßt
sich jedoch nur sehr begrenzt nutzen: Der riesige Zeitdruck gestattet weder die sorgfältige Ausplanung noch eine „gediegene“ Ausführung. Außerdem muß der Übergang vom alten auf das neue Netz gleichsam „unter Last“ vor sich gehen. Die Konsequenzen aus dieser Situation sind: — Beginn
mit pragmatischen
Zwischenlösungen
schnell zu schaffenden Möglichkeiten,
nach
den
vorhandenen
oder
— Schnelligkeit und Verkehrswirksamkeit haben Vorrang,
- Spätere Bereinigung nach dem Übergang von der Improvisation zum geregelten Ausbau. Die Deutsche Bundespost Telekom realisiert in der „Pionierzeit“ alle wirksamen
und vernünftigen Lösungsansätze zur schnellen Netzentwicklung. Technische Fachziele Übertragungsnetz
Das Übertragungsnetz ist Voraussetzung für alle öffentlichen und privaten Fernmeldenetze. Der Ausbau des Übertragungsnetzes ist in Kapitel 4 ausführlich dargestellt. Vermittlungstechnik Grundsätzlich
werden
die modernen,
digitalen
Vermittlungssysteme,
die bei
der DBP Telekom eingeführt sind, verwendet. Die Lieferfähigkeit der Industrie ist sichergestellt. In einigen Ausnahmefällen werden - abhängig vom technisch bedingten Einzelfall - noch Erweiterungen mit analoger Technik ausgeführt.
114
5.2 Ausbaustrategie Telefonnetz Master-Plan
Der Regelausbau des Fernmeldenetzes mit seinen mittelfristigen Mengenzielen
wird durch das strategische Konzept „Telekom 2000“ beschrieben (s. Kapitel 1).
Mit der Schaltung neuer Anschlüsse allein ist aber eine nachhaltige Verbesserung der Verkehrsabwicklung in und mit den neuen Bundesländern nicht zu erreichen.
Mit der Anschlußentwicklung muß vielmehr ein intensiver Ausbau des Fernmeldenetzes und eine dichte Vermaschung der Fernverkehrszentren in den neuen
Bundesländern und mit solchen in den alten Bundesländern einhergehen. Dafür
werden bis 1997 - 16 Mio Doppelader-Kilometer Anschlußleitungen — 500000 Zugänge zum Fernnetz — 460.000 Fernleitungen geschaffen.
Der Aufbau des Fernverkehrsnetzes, bestehend aus Übertragungswegen in Form von Kabel- und Richtfunklinien, Übertragungssystemen und Fernvermittlungsknoten ist sehr kostenintensiv und darf auch unter noch so hohem Zeitdruck nicht aufgrund von unkoordinierten Zufallsentscheidungen erfolgen. Eine strategische
Generalplanung ist deshalb unerläßlich. Sie erst liefert für kurzfristige Ad-hoc-
Maßnahmen den mengenmäßigen und strukturellen Orientierungsrahmen.
Der Master-Plan für ein gesamtdeutsches Telefonnetz wurde im Laufe des Jahres
1990 in enger Kooperation zwischen Planungsexperten der DBP Telekom und
der früheren Deutschen Post erarbeitet. Hierbei wurde die künfti ge Netzstruktur -
in den neuen Bundesländern festgelegt und ein auf das Gesamtgebiet Deutsch-
lands
ausgerichtetes
Konzept
für die Einführung
neuer
über
Zonengrenze
Ortsnetzkennzahlen
abgestimmt. Auf der Basis der Netzstruktur wurde ein Verkehrsmodell entwik-
kelt,
das den
Verkehrsbedarf
die ehemalige
hinweg
und
innerhalb des „Verkehrsgebietes Ost“ festlegte. Nach dem Master-Plan soll das Aufholprogramm bis 1997 abgeschlossen sein. In
der hektischen Phase der Konzeptentwicklung und Grundsatzplanung steckten die Planungsfachleute der DBP Telekom in einer üblen Klemme: Sie sollten
gleichzeitig möglichst schnell mit der Netzplanung und der Vorbereitung der
ersten Ausbauschritte vorankommen, Anfragen von ungeduldigen Politikern und Kunden beantworten und eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit unterstützen. Die Priorität mußte zwangsläufig einer zügigen Ausführung der fachlichen Arbeit gelten. So kam es in der Öffentlichkeit zu dem bösen Mißverständnis, die DBP Telekom könne den bei ihr vermuteten „alten Beamtentrott“ nicht ablegen und lasse sich in aller Gemütlichkeit Zeit bis 1997, das Netz auszubauen. Dieses Mißverständnis wurde überdies von profilierungssüchtigen Dauerkritikern gegen die DBP Telekom weidlich ausgeschlachtet.
115
Als Zeithorizont für einen „eingeschwungenen“
Zustand,
in dem Netzausbau
und Verkehrsnachfrage dem West-Standard entsprechen, wurde 1997 angenommen. Dies ist fachlich voll gerechtfertigt. Wenn auch einerseits ein riesiger Nachholbedarf besteht, so ist andererseits unbestritten, daß in Ostdeutschland
nicht nur der Netzausbau, sondern auch die Bedarfsentwicklung — unabhängig von der Wechselwirkung zwischen beiden - nicht mit beliebig großer Beschleunigung ablaufen können.
Mit anderen Worten: Zwischen dem echten momentanen Bedarf und den unter maximaler Ausbaugeschwindigkeit erreichbaren Mengen klafft gar keine so
d dramatische Lücke. Es ist reine Illusion zu glauben, der von Westdeutschlan den in bekannte Bedarf, ein Telefon zu haben und es zu benutzen, wäre schon der ersten Ausbaujahren in Ostdeutschland voll vorhanden. Die Probleme bei
Umstrukturierung der Wirtschaft wirken in der Anfangszeit dämpfend auf den Bedarf sowohl im geschäftlichen als auch im privaten Bereich. Auch „mentale Altlasten“ spielen noch eine Rolle:
„Habe
ich kein Telefon,
kann mich auch
niemand abhören.“ In vielen privaten Haushalten sind die Prioritäten ganz klar anders gesetzt: West-Auto sofort - Telefon später. Die Strategie der DBP Telekom ist zielorientiert: Dem Regelausbau müssen, um schnell die Grundversorgung - insbesondere für die Wirtschaft — zu sichern, zusätzliche Maßnahmen
überlagert werden, die unter bestmöglicher Koordina-
tion Bauvorhaben oder Mengen aus den Regelausbauprogrammen vorziehen. Dies wird ermöglicht durch besondere Planungs-, Vergabe- und Ausführungsbedingungen.
Um
es nochmals zu betonen:
Das mittelfristige Konzept
gibt den
Orientierungsrahmen nach Menge und Struktur, die Sonderbaumaßnahmen erzeugen die maximale Anfangsbeschleunigung und damit Ausbaugeschwindigkeit. Der Netzausbau erfolgt in der generellen Methodik der bewährten Planungsverfahren der DBP Telekom (West), wobei übergangsweise aus Zeitgründen beträchtliche Vereinfachungen in Kauf genommen
werden müssen.
Die dadurch
verursachten Optimierungsverluste werden jedoch nach Rückkehr zu den präzisen Planungsmethoden
durch das schnelle Wachstum rasch ausgeheilt.
Zur Unterstützung der angestammten Kräfte in den neuen Bundesländern werden in den dortigen Fernmeldeämtern einige hundert westdeutsche Fernmeldeingenieure in Partnerschaftsprogrammen eingesetzt. Bis zur Installation der notwendigen Infrastruktur für die Informationsverarbeitung werden die Anlagen bei den westdeutschen Fernmeldeämtern mitbenutzt.
Netzverknüpfung zwischen alten und neuen Bundesländern Das strategische Konzept für die Netzarchitektur
im Die Integration der beiden Telefonnetze in Ost- und Westdeutschland erfolgt mitteligt, beabsicht Telekom DBP Die Rahmen: nachfolgenden strategischen 116
bis langfristig
in ihren
Netzplanungen
ein
Konzept
für eine
leistungsfähige,
kostenminimale Netzarchitektur zu realisieren, das auf einer hybriden Netzform beruht. - Ein übergeordnetes Weitverkehrsnetz mit nichthierarchischer Verkehrslenkung; dies bedeutet, daß der Verkehr zwischen zwei Knoten dieses Netzes entweder direkt oder über mehrere alternative Wegemuster mit je einem
zusätzlichen, gleichberechtigten Transitknoten („Zwei-Link“-Wege) geführt
wird.
— Untergeordnete Regionalverkehrsnetze, deren Knoten hierarchisch den Knoten des Weitverkehrsnetzes zugeordnet sind; diese Netze arbeiten tradition ell mit alternativer Verkehrslenkung, bei der feste Muster von Querweg en - ggf.
mit Mehrfachüberlauf- und Letztwegen eingerichtet sind, wobei die Überlauf reihenfolge der Netzhierarchie nach dem „bottom-to-top“-Prinzip folgt.
Die Transitknoten im nichthierarchischen Netz werden nicht mehr wie im hierarchischen Ansatz von existierenden oder früheren hierarchischen Strukturen bestimmt, sondern aufgrund wirtschaftlicher, technischer und verkehrs tech-
nischer Gesichtspunkte „frei“ festgelegt. Kriterien sind somit: — Verkehrsmächtigkeit — Flächendeckungsaufgaben.
Kandidaten für die zum nichthierarchischen Netz gehörenden Knoten sind ausgewählte Hauptvermittlungsstellen, auf die sich zur Gewinnung von leistungsfähigeren Gebinden auch mehrere Hauptvermittlungsstellen, die nicht zum nichthierarchischen Netz gehören, abstützen, um die kombinatorische Vielfalt zu
begrenzen (Planbarkeit) und eine effektive Verkehrsabwicklung (Konzentratorfunktion) zu gewährleisten. Die klassische Zentralvermittlungsstellen-Funktion verschwindet. Sie wird u.a.
an den bisherigen Zentralvermittlungsstellen-Standorten durch die nichthier ar-
chische Funktion ersetzt.
An den Hauptvermittlungsstellen-Standorten bleibt grundsätzlich die Hauptvermittlungsstellen-Funktion als Konzentrations- und Expansionsstufe für Regionalverkehr bestehen. Die Knotenvermittlungsstellen-Funktion und die neue Hauptvermittlung sstellen-Funktion werden in einem traditionellen hierarchischen Netz miteinan der
verknüpft.
Im Interesse einer wirtschaftlichen Verkehrskonzentration im zugehörigen nicht-
hierarchischen Knoten wird die Reichweite der hierarchischen Netzteile grund-
sätzlich begrenzt, z.B. auf Nachbarbereiche. Ausnahmen sind zulässig, wenn
bestimmte Schwellenbedingungen erfüllt werden.
Dies
bedeutet,
daß
für den
über
das
nichthierarchische
Netz
zu führenden
Weitverkehr von den Knotenvermittlungsstellen zum zuständigen nichthier ar-
chischen Knoten direkte Zugangsbündel bestehen. Dies gilt sinngemä ß auch für
die Gegenrichtung.
117
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118
Die Übergangsstrategie wird mit drei vorbereitenden Schritten eingeleitet: — Einrichtung der Zwei-Link-Wege in der Hauptvermittlungsstellen-Ebene durch Bündel von jeder Hauptvermittlungsstelle zu jeder Hauptvermittlungsstelle am Sitz der ehemaligen Zentralvermittlungsstelle. Dieser Schritt ist seit 1990 vollzogen (Verkehrsgebiet West). — Vorbereitung der nichthierarchischen Knoten für den Verkehr mit den neuen
Bundesländern. Dieser Schritt wurde mit der Regel-Netzplanung für das Jahr 1994 und für die Sonderausbauprogramme ab 1991 vollzogen. Danach werden 33 Weitverkehrs-Hauptvermittlungsstellen im Verkehrsgebiet West mit den 8
Hauptvermittlungsstellen im Verkehrsgebiet Ost vermascht (Bild 5.1, vgl. auch Abschnitt 5.3). — Vorbereitung der nichthierarchischen Knoten für das gesamte Netz. Dieser Schritt wird für die Regel-Netzplanung für die Bedarfsjahre ab 1995 geplant. Mittelfristig ist - als Ergebnis neuer technischer Randbedingungen - eine weitere Reduzierung der Zahl der nichthierarchischen Netzknoten nicht auszuschließen.
Konzept für die Übergangszeit
Bereits im Frühjahr 1990 gab die Generaldirektion der DBP Telekom Spielregeln für die Verknüpfung von Fernvermittlungsstellen in Ost- und Westdeutschland heraus. Ziel war hierbei, dem Verkehrsbedarf möglichst bald unter Ausschöpfung aller sich bietenden Möglichkeiten gerecht zu werden und dabei aber technisch und wirtschaftlich unvernünftigen Wildwuchs zu verhindern. Vor allem auf DDR-Seite war auf eine schonende Verwendung der knappen Netz-Ressour-
cen zu achten: Mit den wenigen vorhandenen Einrichtungen sollte eine möglichst maximale
Verkehrsleistung
erzielt werden.
Außerdem
war Vorgabe,
daß die
neuen Verkehrsbeziehungen sich in die reguläre zukünftige Netzstruktur eines
vereinigten Netzes „verlustlos“ einfügen.
Die Spielregeln waren so universell, daß sie nicht behinderten, sondern lediglich
kanalisierten, so daß bei einigem guten Willen nahezu alle lokalen Aktivitäten eingeordnet werden konnten.
Zur Abschöpfung des hohen Bedarfs an grenznahem Verkehr sollten zunächst begrenzte Ursprungs- (Hauptvermittlungsstellen-) Bereiche mit begrenzten Ziel(Hauptvermittlungsstellen-) Bereichen verbunden werden. Später, nach Überwindung der ersten Mengenprobleme, sollte dieses Verknüpfungsprinzip auf weiter im Hinterland liegende Bereiche ausgedehnt werden. Interworking, Verkehrslenkung und Tarifierung sollten in den leistungsfähigen
digitalen
Fernvermittlungsstellen
stattfinden.
Für
nicht
interworking-fähige
Fernvermittlungsstellen auf der Westseite waren geeignete Transite über digitale Knoten festzulegen.
Konzeptionell stand damit alles zur Verfügung, aber die technische Realisierung des Interworking erwies sich als schwierig und zeitaufwendig. 119
Interworking Zum Austausch der Steuerungsinformationen (z.B. Schaltkennzeichen) innerhalb eines Netzes dienen Signale, deren Erzeugung und Codierung genau festgelegt sind. Ohne solch ein „vereinbartes“ Signalisierungssystem ist keinerlei automatischer Betrieb möglich. Wenn Netze miteinander kommunizieren wollen, müssen — che überhaupt Nutzwege durchgeschaltet werden können — die Signalisierungssysteme einander verstehen. Außer im Trivialfall, wenn die Signalisierungssysteme identisch sind, ist stets eine Dolmetscherfunktion erforderlich:
Eine technische Einrichtung übersetzt die Signale von einer Signalisierungs-
„Sprache“ Netzen.
in die andere und ermöglicht so das „Interworking“
zwischen
den
Der „klassische“ Ort, Interworking-Funktionen bereitzustellen, ist die Auslandsvermittlungsstelle, die den Kontakt in die weite Welt nur herstellen kann, wenn
sie das erforderliche Interworking-Muster bereithält. Um die Vielfalt der Inter-
working-Fälle in Grenzen zu halten, haben multinationale Gremien internationale Zeichengabesysteme standardisiert.
Die Deutsche Bundespost stellte im nationalen Selbstwählfernnetz in den fünfzi-
ger Jahren das Signalisierungssystem von Regelkennzeichen (RKZ) auf die wesentlich leistungsfähigere Signalisierung mit Impulskennzeichen (IKZ) um und hat soeben in ihrem digitalen Netz das derzeit modernste Signalisierungssy-
stem, das Zentralkanalzeichengabesystem CCITT No. 7, implementiert. Die Deutsche
Post der DDR
behielt das noch
aus der Zeit vor dem
Weltkrieg stammende Schaltkennzeichen-System RKZ bei.
zweiten
Damit war ein unüberwindbares Hindernis für die sofortige, direkte Verknüp-
fung der Netze in den alten und den neuen Bundesländern vorgegeben. Die einzige Möglichkeit, Nutzwege zwischen den Netzen aufzubauen, bestand zunächst nur darin, die vorhandenen Interworking-Funktionen der Auslandsvermittlungsstellen auf beiden Seiten zu nutzen. Es liegt auf der Hand, daß damit
sofort ein Kapazitätsproblem entstand. Die wenigen Auslandsvermittlungsstellen wurden vom nach der Wende schlagartig wachsenden Bedarf - trotz der unter Zweistaatlichkeitsbedingungen angelegten Reserven — völlig überrannt.
Für
die
Umstellung
des
westdeutschen
Signalisierungssystems
von
IKZ
auf
CCITT No. 7 war die Technik der Kennzeichenumsetzer (KZU) entwickelt worden. Dabei wird die Interworking-Funktion von der Vermittlungseinheit in eine Einheit des digitalen Übertragungssystems verlegt.
Um die „nationale“, d.h. direkte Verknüpfung zwischen Fernvermittlungsstellen der beiden Netze herzustellen, hat die DBP Telekom frühzeitig die Industrie beauftragt, KZU für das Interworking IKZ (West) - RKZ (Ost) zu entwickeln. Diese sind seit Herbst 90 verfügbar und werden nun eingesetzt, soweit Übertragungswege zur Verfügung stehen.
120
Planungsgrundlage Verkehrsmodell Wenngleich in der damaligen DDR nutzbare analytische Aussagen zur Situation der Telekommunikations-Infrastruktur vorhanden waren, gab es kurz nach der
Wende keine ausreichenden Prognosen über den Verkehrsbedarf nach westlichem Standard.
Die Zeit war knapp: Einerseits mußten Planungen unverzüglich angestoßen werden, denn jedem war klar, daß eine positive Wirtschaftsentwicklung in der damaligen DDR nur einsetzen konnte, wenn die Telekommunikations-Infrastruktur wenigstens für eine primitive Abdeckung des Grundbedarfs hergestellt werden konnte. Andererseits stand das übliche Basismaterial für Prognosesyste-
me nicht zur Verfügung: Statistische Daten für die ökonometrischen Modelle hätten in zeitraubender Feld-Arbeit erst gewonnen werden müssen und wären in
der ganzen Um- und Aufbruchstimmung überdies sehr ungenau geworden.
Deshalb entwickelten die Experten in der Generaldirektion der DBP Telekom
kurz entschlossen bereits im Frühjahr 1990 ein Verkehrsmodell. Ziel war hierbei, den Verkehrsbedarf über die ehemalige Zonengrenze hinweg und innerhalb des Verkehrsgebietes Ost zu ermitteln. Als statistisches Ausgangsmaterial standen
auf DDR-Gebiet lediglich die Einwohnerzahlen zur Verfügung.
Der übliche Ansatz
Form (Bild 5.2):
wobei
in einer solchen
N
=k-H4-
N
=
k H,„ H, E
= = = =
a,b,c=
Situation ist ein Gravitationsmodell
der
He. ES,
Leitungszahl
Proportionalitätsfaktor Zahl der Hauptanschlüsse im Ursprungsbereich Zahl der Hauptanschlüsse im Zielbereich Entfernung Exponenten
Dabei wurde als Randbedingung unterstellt, daß - nach einer angemessenen Aufbau-
und Einschwingzeit — sich in Ostdeutschland
der gleiche spezifische
Verkehrsbedarf je Hauptanschluß und je Einwohner wie in Westdeutschland einstellen würde.
Das Gravitationsmodell lernte als Expertensystem aus den Verkehrsverhältnissen in Westdeutschland und erzeugte daraus die Planungsdaten. Die DBP Telekom befindet sich mit dieser Methode in bester Gesellschaft: Die
vom Bundesverkehrsminister beauftragten Verkehrsplanungsexperten verwen-
den ein ähnliches Modell für die Planung des Personen- und Güterverkehrs auf Straße und Schiene in und mit den neuen Bundesländern.
121
“
E
.
Bild 5.2: Gravitationsmodell: Verkehrsbedarf als Wechselwirkung zwischen den „Massen“ von Hauptanschlüssen in verschiedenen Netzbereichen in Abhängigkeit von der Entfernung
Leitungsmatrix Durch die Extrapolation der Verkehrsverhältnisse von Westdeutschland auf Gesamtdeutschland entstand eine Leitungsmatrix zwischen allen Hauptvermittlungsstellen des künftigen Gesamtnetzes. Diese ergibt für das Jahr 1997, für welches das Erreichen des eingeschwungenen Zustandes unterstellt wurde, — 76000 Leitungen zwischen West- und Ostdeutschland (Bild 5.3),
- 38000 Leitungen zwischen den Hauptvermittlungsstellen in Ostdeutschland (Bild 5.4). Nachgelagerte
Planungsschritte
nicht erfaßten Leitungszahlen.
ergaben
Danach
die übrigen,
im Gravitationsmodell
sind in Ostdeutschland
im Bezugsjahr
1997 außerdem erforderlich: — 350.000 Leitungen im Weitverkehrsnetz zwischen den Knoten- und den Hauptvermittlungsstellen, — 500.000 Leitungen zwischen den Knoten- und den Ortsvermittlungsstellen.
Die reguläre, mittelfristige Netzplanung orientiert sich an dem so definierten Zielnetz 97. Für die davor liegenden Jahre lassen sich je nach der maximal erreichbaren Ausbaugeschwindigkeit Zwischenwerte bilden, ohne daß die Konsistenz der Ursprung-Ziel-Beziehungen verloren geht. Für die Sonderprogram-
me wurde als „Fahrplan“ eine konvexe Übergangsfunktion zum Zielnetz 97 festgelegt (Bild 5.5). Dabei wurde die mit der Fernmeldeindustrie abgesprochene maximale Startbeschleunigung ausgeschöpft. 122
Berlin Dresden Leipzig (Ost) Essen Düsseldorf Köln Dortmund Aachen Münster Koblenz Siegen Berlin (West) Hamburg Bremen
714 683 589 755 4 145 62 63 451 1079 436
401 391 398 421 27 a, 38 33 1373 473 148
Erfurt
699 671 690 754 60 169 86 86 1853 346 421
618 594 622 673 57 153 9 166 800 604 303
Neubrandenburg
Chemnitz Magde- Rostock burg
113 110 110 113 6 20 6 6 511 167 49
310 300 310 327 25 61 35 33 609 346 125
Summe
405 248 379 239 383 237 446 258 : 31... 8.0.2. 125 46 49 18 57 13 863 536 674 1552 758 145
3508 3357 3439 3.752 25 790 386 457 6996 5741 2385
Kiel
259
83
180
112
74
63
190
1397
Oldenburg
167
68
155
115
20
33
135
101
815
Hannover
69%
234
1155
918
51
221
1471
148
4903
431
184
591
549
41
178
921
120
3015
407
140
611
827
32
131
1910
578
4.636
Bielefeld
Braunschweig Osnabrück
2358
66
29
72
60
6
25
57
15
331
Frankfurt (M)
753
465
834
937
113
385
424
234
4145
Mannheim Kaiserslautern
189 73
135 51
317 105
381 107
19 9
144 47
151 53
42 21
1378 466
Gießen
257
147
436
992
25
154
282
57
2350
Saarbrücken Stuttgart Karlsruhe
61 685 161
39 451 119
8 734 259
79 726 289
3 106 16
37 372 124
42 342 117
17 216 34
365 3632 1121
Ulm
22
43
78
76
6
44
31
12
342
Rottweil Freiburg München
48 54 667
37 39 475
68 72 595
62 69 599
6 6 103
36 37 389
30 32 302
12 14 203
299 323 3433
Augsburg
124
105
176
159
13
103
66
25
771
75
67
101
78
8
67
35
13
444
Nürnberg Würzburg
362 156
366 168
768 544
1275 1716
30 12
477 285
242 107
60 24
3580 3012
Regensburg
101
150
256
329
9
202
52
17
1116
10973
7369
14624
15136
1935
6058
11169
6669
73933
Passau
Summe:
Hierzu kommen noch etwa 2000 Leitungen zur Weiterleitung von im Verkehrsgebiet West ankommendem Auslandsverkcehr
Bild 5.3:
Leitungszahlen
1997 zwischen alten und neuen Bundesländern
(Stand 7/90)
123
Die Zahl der Leitungsenden an einem Standort ergibt sich aus der Addition der Summenwerte über
Eck!
Berlin (O)= Berlin (O) + Potsdam + Frankfurt (O), Dresden = Dresden + Cottbus, Leipzig=Leipzig + Halle, Erfurt = Erfurt + Suhl + Gera, Rostock = Rostock + Schwerin
Bild 5.4: Leitungszahlen 1997 innerhalb der neuen Bundesländer
Regelausbau Auf der Basis des Master-Plans wird das Telefonnetz nach folgenden Prinzipien ausgebaut: - Der gesamtdeutsche Kennzahlenplan ist festgelegt (vgl. Abschnitt 5.3).
- Der Netzausbau erfolgt grundsätzlich in digitaler Vermittlungs- und Übertragungstechnik, weil moderne Dienstmerkmale (ISDN, Daten, Fax, Btx) ein hochwertiges
Netz
erfordern
Betrieb wirtschaftlich am Stellflächenbedarf.
und
weil digitale Technik
in Investition
und
günstigsten ist. Hierzu gehört auch der geringe
— Der Ausbau des Netzes mit digitaler Technik muß im Interesse der Interkon-
nektivität nach dem „top-down“-Prinzip vorangetrieben werden. Deshalb und letztlich sind dies Bedarfsgründe - hat die Digitalisierung des Fernnetzes Priorität vor dem Ortsnetz. Diese Ausbauphilosophie wurde auch bei der Digitalisierung des westdeutschen Telefonnetzes angewendet.
Die Digitalisierung der Fernvermittlungsstellen soll bereits 1993 abgeschlossen sein. Die Pläne hierfür legen die Standorte und die zeitliche Einordnung fest. Kriterien sind hierbei: — Bedeutung des Netzknotens für die wirtschaftliche Entwicklung der Region, — Bedeutung des Netzknotens in der Netzarchitektur (Weitverkehr, Regional-
verkehr),
- Ausbaustand des Übertragungsnetzes.
124
Wertetabelle Jahr
Erfüllungsgrad (Zielnetz 97)
Bedarf (West)
90 91 92 93 94 95 96 97
0 32,3 49,3 62,5 73,6 83,4 92,2 100,0
75,4 79,1 82,6 86,2 89,7 93,3 96,6 100,0
89
0
71,7
Erfüllungsgrad digitaler Fernnetze bezogen auf Zielnetz 1997
100
|_
80
60
40
20
|_
/
| 90 Bild 5.5:
91
| 92
| 93
| 94
| 95
| 96
si 97
Jahr
Übergangsfunktion zum Zielnetz 1997
125
Diese Pläne sind ihrerseits wieder Grundlage für die Planungen der technischen Infrastruktur:
gung.
Übertragungsnetz,
Hochbau,
Raumlufttechnik,
Stromversor-
In den Hauptvermittlungsstellen wird der bestehende analoge Teil „eingefroren“; sie werden um einen digitalen Anteil erweitert. Dieser nimmt den gesamten Verkehrszuwachs auf und dient auch als Anschaltemöglichkeit für digitale Teilnehmervermittlungsstellen. Der analoge Teil wird nach der Digitalisierung der
letzten Knotenvermittlungsstellen im Versorgungsbereich abgeschaltet. Die ana-
logen Knotenvermittlungsstellen werden komplett gegen digitale Fernvermittlungsstellen ausgewechselt. Eine digitale Knotenvermittlungsstelle ist Voraussetzung für die Anschließung der digitalen Teilnehmervermittlungsstellen. Analoge Knotenvermittlungsstellen werden möglichst nicht mehr erweitert, d.h. nur dann, wenn dies für die Verkehrsabwicklung unerläßlich ist. Sonderausbauprogramm 1991 Als im Laufe des Jahres 1990 erkennbar wurde, daß der Wiedervereinigungspro-
zeß mit immer höherer Geschwindigkeit ablaufen würde, wurde auch klar, daß
die DBP Telekom besondere Ansätze zur Beschleunigung der Netzentwicklung suchen mußte. Dies kumulierte mit den Konsequenzen der Hiobsbotschaft über die Interworking-Probleme zwischen den beiden Netzen für „grenzüberschrei-
tenden“ Verkehr.
Obwohl schon in den Regel-Ausbauprogrammen kurzfristige Maßnahmen mit höchster Priorität enthalten waren, die den dringendsten Anforderungen von größeren Wirtschaftsunternehmen gerecht werden sollten, zeigte sich jedoch rasch, daß die erforderlichen Mengen mit einer, zwar beschleunigten, aber im Kern doch konventionellen Produktionsmethode nicht zu erreichen waren. Im Herbst 1990 taten sich die DBP Telekom und die Fernmeldeindustrie zusam-
men und nahmen gemeinsam ein Sonderausbauprogramm „Turn-Key“ in Angriff.
126
Altefähr
Greifswald
Graal-Müritz
Demmin Anklam MI EB süstrow
Bwismar
Grevesmühlen
Miscodebusch
Esternberg
Krügersdorf
Friedland
u
Malchin
Waren 9
Schwerin
Heringsdorf
wolgastMI
Rostock
Nienhagen
Zinnowitz
u
Karlshagen
orgeiow
a
Neubrandenb. Neustrelitz
Schwedt Mi
Angermünde MI
Neuruppin
Oranienburg
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u
Hennigsdorf = Berlin
Hohenstücken Brandenburg
Mistrausberg
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1:
|
u
Arnstadt
IImenaul# 5 EB Hildburghausen
Meiningen
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Altenburg
+
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2
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5
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Kesseldorf
Sroßsch,
| Chemnitz
Weimar hmalln
|
Freiberg
Dresden
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Reichenbach
BAven.
Falkenstein
Wsun! Sonneberg
Bild 5.6:
EB Wwurzen
gg Praunsdorf u Leipzig m
BErf
Mono
u Beeskow Suberg
Spremberg
Bmeracag
Rastenberol
ME
Cottbus
EB Köthen EB
Zossen
Bornow
Wittenbergil Eisleben
zessen
Ludwigsfelde
Frankfurt/Oder Lichtenberg Güldendorf Markendorf | Lossow
Plauen
Digitale Vermittlungsstellen 1991
127
Prinzip
Ein Hauptauftragnehmer erhält den Auftrag, ein bestimmtes Gebiet fernmeldetechnisch komplett auszubauen und zu einem definierten Zeitpunkt zwischen dem 2. und 4. Quartal 1991 „schlüsselfertig“ an die DBP Telekom zu übergeben.
Dies bedeutet, daß der Hauptauftragnehmer alle Planungen und die gesamte Bauausführung — eventuell unter Zuhilfenahme von Subunternehmern - eigenverantwortlich übernimmt. Die Rahmenvorgaben
- Festlegung
der Orte
und Mengen
(Absolutwerte
für
Beschaltungseinheiten, Dimensionierungsregeln für das weiterführende Netz) —
liefert die DBP Telekom. Sie benennt auch der Firma die Teilnehmer, bei denen
innerhalb der vereinbarten Frist die Anschlüsse herzustellen sind, und legt die Kabelendpunkte im Versorgungsbereich fest. Die DBP Telekom führt das öffentlich-rechtliche Planfeststellungsverfahren durch und nimmt die Bauvorhaben ab. Eine Turn-Key-Maßnahme erstreckt sich von der Apparatesteckdose beim Teilnehmer bis zum Digitalsignal-Verteiler am Eingang der Hauptvermittlungsstelle. Sie enthält somit — die Innenverkabelung beim Teilnehmer,
— die Anschlußleitung, — die digitale Teilnehmervermittlungsstelle, - die Anbindung an das bestehende analoge Ortsnetz bis zu einer definierten Schnittstelle,
— den Zugang zum übrigen digitalen Ortsnetz bis zu einer definierten Schnittstelle,
— den Zugang zum Fernnetz, - die digitale Knotenvermittlungsstelle, - die Anbindung an das bestehende analoge Fernnetz bis zu einer definierten Schnittstelle,
— den Zugang zum weiterführenden Fernnetz bis zum Eingang der Hauptvermittlungsstelle. Hierfür sind unter der Gesamtverantwortung des Hauptauftragnehmers zu er-
richten: - Die Netzkomponenten: Linien (Kabel und Richtfunk), Vermittlungs- und Übertragungstechnik; dazu gehören insbesondere Trassenauskundung, Planung und Bauausführung; - Die für Fernmeldeanlagen erforderliche Infrastruktur: Räume, Stromversorgung, Klimatechnik, Tiefbau, Sendemaste, Wasserver- und -entsorgung.
Aus Zeitgründen erfolgt die Vergabe in einem vereinfachten Verfahren, in dem die Preisbildung hilfsweise aufgrund früherer Wettbewerbe im Regel-Netzausbau geschieht. 128
Hauptanschlüsse mio 9.0 8.0
x
7.0 6.0 5.0
401
_
306
7
ya
—.
ii
x——
1.0 \— 0
| 90
|
|
91
92
| 93
| 94
| 95
|
|
96
97
> Jahr
Wertetabelle Jahresende
1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 Bild 5.7:
Bedarf
Bestand
Ost
Ost
West
T 2000
3,0 42 5,3 6,3 72 7,8 8,3 8,7 9,0
5,0 5,9 6,6 1,2 7,8 82 8,5 8,8 9,0
7,71 7,95 8,16 8,34 8,48 8,63 8,76 8,87 9,00
1,8 1,9 2.2 2,7 3,5 4,7 6,1 7,5 9,0
_ optimist. 1,8 1,9 2,4 3,4 5,0 6,6 7,8 8,6 9,0
Entwicklung der Hauptanschlüsse in den neuen Bundesländern
129
Fernleitungen Ost-West
ru 80 |_
60 I „—
gi
40 L-
Inlandsnetz 20 -
KK — x
a Auslandsnetz
0%x
|
90
|
91
92
|
ne
—x
el=
93
94
| 95
| 96
97
> Jahr
Wertetabelle
Jahr Ende Sept. Ende Mitte Ende
1989 1990 1990 1991 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
Bedarf 54,5 57,3 60,1 62,8 65,5 68,2 70,9 73,4 76,0
Auslandsnetz 1.5 4,1 6,0 8,6 8,6 8,6 8,6 (4,3) 0
Bild 5.8: Ausbau des Fernnetzes Ost-West
130
Bestand Inlandsnetz 0 0 0 22,8 25,5 38,0 47,9 57,0 63,1 69,9 76,0
Gesamt 1,5 4,1 6,0 31,4 34,1 46,6 56,5 (52,2) 57,0 63,1 69,9 76,0
Ergänzungsprogramme Definitionsgemäß reichen die Turn-Key-Programme
nur bis zum
Eingang der
Hauptvermittlungsstelle. Damit ist es aber noch nicht getan. Um ein durchlässiges Weitverkehrsnetz zu schaffen, wurde an die Vergabe der Turn-Key-Maßnahmen die Bedingung geknüpft, daß die Firmen die erforderlichen Mengen von Technik für den Ausbau des Netzes zwischen den Hauptvermittlungsstellen zu den gleichen frühen Zeitpunkten liefern. Diese Baumaßnahmen laufen unter der
Regie der DBP Telekom ab. Auch für die Ergänzungsprogramme zeitsparende, stark vereinfachte Planungsregeln verwendet.
wurden
Mengenplanung
Nach derzeitigem Stand werden im Sonderausbauprogramm „Turn-Key“ in 32 Großprojekten ca. 200000 Telefonanschlüsse an 80 Orten realisiert. Die einzelnen Bauvorhaben umfassen 2000 bis 8000 Anschlußeinheiten. Die Investitionsmittel für den Netzausbau in Ostdeutschland steigen dadurch im Jahr 1991 um eine weitere Milliarde DM auf ca. 7 Mrd. DM. Die Standorte und die Zahl der Beschaltungseinheiten wurden aufgrund örtlicher Untersuchungen und Bedarfsmeldungen mit dem Ziel, primär die geschäftliche Kommunikation zu verbessern, festgelegt.
Wie bei den Mengenplanungen für die Beschaltungseinheiten konnten sich die Planer der DBP Telekom bei der Verkehrsplanung keine übertriebenen Skrupel leisten. Sie legten den spezifischen Fernverkehrswert je Beschaltungseinheit in den Turn-Key-Bauvorhaben auf 150 mEirl fest. Dies bedeutet eine Belegung von
9 Minuten in der Hauptverkehrsstunde für kommenden und gehenden Fernverkehr. Der relativ hohe Wert ist aber durch die Zielsetzung, primär Wirtschaftsunternehmen zu versorgen, gerechtfertigt. Dieser Planungsverkehrswert wird konsistent bis in die Weitverkehrsebene durchgeschoben, weil mit der Einrichtung von
entlastenden
Querwegebündeln
wegen
des Planungsaufwandes
innerhalb
derselben und zwischen verschiedenen Turn-Key-Bauvorhaben nicht gerechnet werden konnte.
Die Turn-Key-Maßnahmen waren nach strukturpolitischen Gesichtspunkten gesetzt worden. Deshalb waren im Weitverkehrsnetz ausgleichende Planungsansätze erforderlich: Die turn-key-induzierte ungleichmäßige Verteilung hätte andernfalls zu „satten“ und „armen“ Bereichen geführt. Die Wiederentzerrung
der im Weitverkehrsnetz 1991 schiefliegenden Netzkapazität mit dem Sonderausbauprogramm 1992 wäre empfindlich gestört worden. Aus diesem Grund wurde im Weitverkehrsnetz - für Mitte 1991 - folgende Glättung eingeplant:
- Alle Bereiche erhalten eine Mindestversorgung in Form einer 20%igen Realisierung des Zielnetzes 97.
131
Fernleitungen (Ost) oberhalb der HVSt
ut
40 x
x
ui
x
Pe
edarf Eee 30—-
0
x
x
SV
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20H
ya
ya 10H
0
90
|
91
|
9
|
93
|
94
|
95
|
96
97
|
Jahr
Wertetabelle
Ende Ende Mitte Ende
1989 1990 1991 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
Bedarf
Bestand
27,3 28,7
0 0 11,0 12,7 19,0 239 28,5 31,5 35,0 38,0
30,1 31,4 32,8 34,1 35,4 36,7 38,0
Bild 5.9: Ausbau des digitalen Fernnetzes Ost (oberhalb der HVSt)
132
- In der Gesamtsumme wird eine 30%ige Abdeckung des Zielnetzes 97 realisiert. - Die verbleibende Marge von 10% des Zielnetzes 97 wird entsprechend der Größe
der Turn-Key-Maßnahmen
in den Versorgungsbereichen
so verteilt,
daß der am höchsten geförderte Bereich maximal auf eine 50%ige Abdeckung
des Zielnetzes 97 kommt. Durch diese Begrenzung wird die Verträglichkeit mit dem Sonderausbauprogramm 1992 sichergestellt.
- Dies gilt sowohl für die Vermaschung der ostdeutschen Hauptvermittlungsstellen untereinander als auch für deren Verbindung zu den Hauptvermittlungsstellen im Westen. Siehe auch
Bilder 5.6 bis 5.11
Sonderausbauprogramm 1992 Das Sonderausbauprogramm
1992 verfolgt zwei Ziele:
- Im
die
Fernverkehrsnetz
sind
durch
die
Turn-Key-Maßnahmen
trotz
der
Glättung vorhandener Verzerrungen auszugleichen, und es ist eine gleichmäßige 50%ige-Abdeckung des Zielnetzes 97 herzustellen. - Im Weitverkehrsnetz oberhalb der Hauptvermittlungsstellen wird die 50%Abdeckung des Zielnetzes 97 durch geeignete, koordinierte Terminierung der Bauvorhaben so weit wie möglich noch in das Jahr 1991 vorgezogen.
Mit diesen Planungen für das Fernnetz wird erreicht, daß jeder, der an das Netz
angeschlossen wird, auch stets ein gut durchlässiges Weitverkehrsnetz vorfindet
und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Zubringer- und Abgangsnetz erfolg-
reich kommunizieren kann (Bilder 5.6 bis 5.11).
Dies wird durch folgende Plausibilitätsbetrachtung deutlich: Die Zahl der Telefonleitungen zwischen Ost- und Westdeutschland wird von 1461 (am Tag der Wende, 9. 11.89) auf rund 31000 Ende 1991 ansteigen. Wenn man bedenkt, daß
für 1 Mio. Teilnehmer etwa 8000 bis 10000 Leitungen zwischen den alten und neuen Bundesländern erforderlich sind, dann kann mit den erreichten Leitungszahlen der zu erwartende Bedarf recht gut gedeckt werden. Insgesamt ergibt sich aus den Planungen: Zu dem Bestand im analogen Fernnetz
(Ende 1990) von 85 000 Leitungen sind im neuen digitalen Fernnetz zu errichten: - bis Mitte 1991: 138000 Leitungen, - bis Ende
1991:
- bis Ende
1992: 230 000 Leitungen,
161 000 Leitungen,
- bis Ende
1997: 460.000 Leitungen.
Die Bilder 5.6 bis 5.11 zeigen die mittelfristige Entwicklung. 133
Fernleitungen (Ost)
oberhalb der KVSt
Tsd.
400 -
er
BE x
Pe
Bedarf. —
x
“ x PA
200 +
x
100H+-
0
x
x
“
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27°
.
90
|
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|
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|
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|
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|
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|
96
|
97
|
Jahr
Wertetabelle Jahr Ende Ende Mitte
Ende
Bild 5.10:
134
Bedarf 1989 1990 1991
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997
278,9 293,5 307,8 320,8 334,6 348,3 361,9 374,9 388,0
Ausbau des digitalen Fernnetzes Ost (oberhalb der KVSt)
Bestand 0 0 ca. 100,0
116,4 194,0 244,4 291,0 322,0 337,0 388,0
Bereits greifbare Ergebnisse An der Realisierung der gewaltigen Regel- und Sonderausbauprogramme für 1991 haben alle Fernmeldeämter und Firmen intensiv gearbeitet. Insgesamt
wurden im Rahmen des Ausführungsprogramms Vermittlungstechnik 1991 mehr
als 460000 Beschaltungseinheiten in Ortsvermittlungsstellen (ohne Turn-Key) und ca. 326000 digitale Fernleitungsenden in Fernvermittlungsstellen (Haupt-
und Knotenvermittlungsstellen) rechtzeitig bereitgestellt.
Damit wurde eine wesentliche Voraussetzung für eine hohe Verkehrs- und Übertragungsgüte im Telefonverkehr in den neuen Bundesländern und insbeson-
dere zwischen den alten und neuen Bundesländern sowie für die Einrichtung von
rund 500000 Hauptanschlüssen geschaffen. Insgesamt können im Rahmen des Regelprogramms 1991 und der Turn-Key-Projekte 66 Fernvermittlungsstellen in
Betrieb genommen werden.
Mit der Installation von ca. 250 000 digitalen Fernleitungsenden in den Fernvermittlungsstellen der neuen Bundesländer zum
30.6. 91 und der Bereitstellung
von rund 29000 Leitungen für den Fernverkehr wurde eine durchgreifende Verbesserung des Telefonverkehrs innerhalb der neuen Bundesländer sowie zwischen den alten und neuen Bundesländern erreicht. Anfang Juli 1991 war eine deutliche Entspannung zu verzeichnen. Etwa 19000 neue Leitungen vermaschen die 8 Hauptvermittlungsstellen in Ostdeutschland direkt mit 33 Fernnetzknoten in Westdeutschland und weitere 11000 Leitungen verknüpfen die 8 Hauptvermittlungsstellen in Ostdeutschland untereinander. Mit den im Juli 1991 vorhandenen Netzressourcen können insgesamt etwa 160.000 Fernleitungen hergestellt werden.
Die Werte zu den angegebenen Zeitpunkten in 1991 und 1992 sind Anhaltswerte, weil sich bei der hohen Ausbaugeschwindigkeit in diesen beiden Jahren praktisch jeden Tag ein neuer Ausbaustand ergibt. Bild 5.11: Telefonleitungen zwischen den alten und den neuen Bundesländern. Ortliche Maßnahmen und behelfsmäßige Verknüpfungen (z. B. Fernmeldenotdienst, Son-
dernetze, Satelliten- und fremdangeschaltete Anschlüsse) sind nicht enthalten.
135
Bereits zur Leipziger Frühjahrsmesse 1991 wurde die erste digitale Hauptvermittlungsstelle zusammen mit einer digitalen Teilnehmervermittlungsstelle erfolgreich in Betrieb genommen. Nicht nur die Messenutzer profitieren davon, sondern vor allem die Leipziger Bürger. Bei der Einschaltfeier installierte die DBP Telekom unter freiem Himmel einige Telefonanschlüsse, an denen sich zahlreiche Bürger zum Nulltarif überzeugen konnten, mit welch hoher Schnelligkeit und Qualität Verbindungen im neuen Telefonnetz -— vorzugsweise nach Westdeutschland — aufgebaut werden konnten. Alle Beteiligten waren freudig bewegt, als glückliche Menschen aus Leipzig ihre Verwandten und Freunde im Westen anrufen konnten. Dieser Vorgeschmack auf die Erfüllung der Ausbau-
ziele gab den Telefoningenieuren der DBP Telekom und der ausführenden Firmen neuen Mut für den oft aussichtslos erscheinenden Kampf gegen die unerbittlich fortschreitende Zeit.
ISDN-Fähigkeit Die digitalen Vermittlungsstellen, die in Ostdeutschland aufgebaut werden, sind „von Haus aus“ ISDN-fähig. Voraussetzung für ISDN ist neben dem Nutzwege-
netz ein spezielles Zentralkanal-Zeichengabenetz mit dem Zeichengabeverfah-
ren CCITT No. 7.
In Westdeutschland hat die DBP Telekom diese Zeichengabeverfahren und das
dazugehörige Zeichengabenetz im Jahr 1990 erfolgreich implementiert. Diese Umstellung ist sehr kompliziert, weil die Knoten und Maschen des Zeichengabenetzes in einer genau festgelegten Reihenfolge ohne Zeitpuffer aktiviert werden
müssen. Jede Störung und jeder inkonsistente Netzzustand hätte katastrophale Folgen. Um das Risiko minimal zu halten, wurden während der Implementierungsphase weder quantitative noch qualitative Erweiterungen zugelassen: Die Umstellung erfolgte an einem „ruhiggestellten“ Netz.
In den neuen Bundesländern kommt in der gegenwärtigen „Sturm- und Drang-
zeit“ eine Ruhigstellung des Netzes selbstverständlich nicht in Frage. Damit dort aber dennoch ISDN angeboten werden kann, wird die DBP Telekom mit einer Overlay-Struktur einige ausgewählte Knoten an das westdeutsche ZentralkanalZeichengabenetz anschließen und so in einigen Wirtschaftsschwerpunkten die ISDN-Fähigkeit herstellen. Die Realisierung kann nach dem derzeitigen Stand Anfang 1992 erfolgen.
Behelfsmaßnahmen
Angesichts der gewaltigen Anbauprogramme in den neuen Bundesländern und angesichts der Tatsache, daß der erste wichtige Ausbauschritt inzwischen Mitte 1991 in Betrieb genommen werden konnte, ist schon fast in Vergessenheit geraten, daß die DBP Telekom neben dem eigentlichen Netzausbau auch eine 136
Menge von Behelfsmaßnahmen ergreifen mußte, um alle vorhandenen und kurzfristig zu schaffenden Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Deshalb ein kurzer Blick zurück:
Verkehrslenkung über die Auslandstechnik
Wegen der geschilderten Interworking-Probleme lag bis zum 1. Quartal 1991 — abgesehen von den in zunehmender Zahl verwirklichten örtlichen Lösungen - die Hauptlast der Ost-West-Inlandsverbindungen auf den technischen Einrichtun-
gen des Auslandsnetzes.
Die Ingenieure der DBP Telekom haben die Möglichkeiten für Leitungsschaltungen für den Ost-West-Inlandsverkehr im Auslandsnetz maximal ausgereizt. Mit insgesamt 6967 Leitungen zwischen Westdeutschand und dem Beitrittsgebiet und 1588 Leitungen zwischen Westberlin und dem Beitrittsgebiet wird im 2.
Halbjahr 1991 die Schallmauer erreicht. Weitere Schaltungen sind nicht möglich,
ohne die reguläre Abwicklung des echten Auslandsverkehrs zu gefährden. Das Erreichen des maximalen Ausbaustandes für die Führung von Ost-WestInlandsverkehr im Auslandsnetz trifft zusammen mit dem Wirksamwerden
der
ersten Baumaßnahmen aus dem Regelausbauprogamm und aus den Sonderprogrammen (Bilder 5.6 bis 5.11).
Weitere Behelfsmaßnahmen
- In Ostberlin wurden wichtige Teilnehmer an das Westberliner Telefonnetz angeschlossen. - In
Ostdeutschland
wurden
„Ausnahme“-Hauptanschlüsse
über
Satellit
an
Ortsnetze in Westdeutschland hergestellt (DIVA vgl. Kapitel 4). Wenn auch damit keine großen Mengen realisierbar sind, so liegt der unüberbietbare Vorteil der Satellitenanwendungen in der Schnelligkeit der Versorgung und damit in der Möglichkeit, Mangelsituationen rasch zu mildern - allerdings um
den Preis eines hohen Finanz- und Geräteaufwandes. Der DIVA-Dienst ist eine reine Behelfsmaßnahme und ermöglicht in Ostdeutschland die vorübergehende Schaltung von („Ausnahme“-)Hauptanschlüssen an Teilnehmervermittlungsstellen in Westdeutschland, um so einen ungehinderten Zugang zum voll leistungsfähigen westdeutschen Telefonnetz zu schaffen. - Bereits Mitte 1990 wurden Teilnehmervermittlungsstellen in Containern nach Ostdeutschland geliefert (digitale und analoge Technik). - Die alten Sondernetze in der ehemaligen DDR werden so weit wie möglich genutzt, z.B. für die Anbindung der neuen Landesregierungen oder der Treuhandanstalt. 137
- Einrichtungen des Fernmeldenotdienstes — sonst für Katastropheneinsätze vorgehalten — werden für den zivildienstlichen Fernmeldeverkehr eingesetzt. hilft mit Personal
- Die Bundeswehr
Löcher im Fernmeldenetz zu stopfen.
und
Gerät örtlich auftretende,
kleinere
Zeichengabenetz
Natürlich wird das digitale Telefonnetz in den neuen Bundesländern mittelfristig mit dem leistungsfähigen modernen Zentralkanal-Zeichengabesystem CCITT No. 7 ausgestattet. In der stürmischen Anfangszeit des Netzausbaus, in der fast
jeden Tag eine neue Netzkonstellation entsteht, ist das hochsensible Zentralka-
nal-Zeichengabenetz jedoch planerisch und betrieblich nicht beherrschbar. Deshalb wird zunächst das traditionelle Impulskennzeichen-Zeichengabesystem (IKZ) eingebaut. Auf diese Weise ist auch eine einfache Verknüpfung mit dem bestehenden analogen Telefonnetz möglich. In dieser Vorgehensweise bestätigt sich einmal mehr die generelle Maxime der DBP Telekom für den Netzausbau in den neuen
Bundesländern,
daß zunächst pragmatische
Zwischenlösungen
mit
ihrer Schnelligkeit und Wirksamkeit Priorität genießen vor gediegenen Lösungen mit längerer Realisierungsdauer.
Die Planungen für die Einführung des Zeichengabesystems CCITT No. 7 haben schon frühzeitig begonnen. Dabei sind die fachlichen Ergebnisse und Aktivitäten in folgenden Sparten aufeinander abzustimmen: - Architektur und Planung des Zeichengabenetzes, - Planung
der technischen
Komponenten,
- Betriebliche Realisierung der Zeichengabeumstellung, - Technische Begleitung der Umstellung durch die Zentrale Systembetreuung für digitale Vermittlungstechnik.
Die
tatsächliche
Ziel
ist, das
Ausführung
der
Umstellung
ist dann
ein
organisatorisches
Großprojekt. Die DBP Telekom wird im wesentlichen ihre Umstellungsorganisation wieder einsetzen, die sich schon bei der Implementierung des Zeichengabesystems No. 7 in Westdeutschland bewährt hat. neue
Zeichengabesystem
spätestens
im
Jahr
1993
einzuführen.
Möglichst soll schon im Herbst 1992 mit der Umstellung, die dann etwa ein Jahr beanspruchen wird, begonnen werden. Zunächst wird ein Numerierungsplan für das Zeichengabenetz in Ostdeutschland auf der Basis des schon bekannten Numerierungsplans für das Nutzwegenetz erarbeitet. Danach
wird die Netzarchitektur des Zeichengabenetzes
mit allen
seinen Regel- und Ersatzwegen ausgestaltet. Dieses Planungsergebnis fließt in die Projektierungsunterlagen der Systemfirmen ein.
Alle Leitungsbündel, die zwischen digitalen Vermittlungsstellen verlaufen (OstOst, Ost-West, West-Ost), müssen umgestellt werden (Bild 5.12). Die Umstel-
138
ee
F
/
West
Ost
/
/
a
/ f / H-Eben
/ /
/
!
OÖ Bild 5.12:
’ K-Ebene
OÖ
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f
/
3)
/
/
OÖ
Zeichengabesystem Nr. 7 - Netzkonzept für die neuen Bundesländer
139
lungsreihenfolge ergibt sich aus der Netzarchitektur nach dem
„Top-down“-
Prinzip. Weil die „Ende-zu-Ende“-Zeichengabe zu jedem Zeitpunkt sichergestellt sein muß, ist die strikte Einhaltung der Umstellungsreihenfolge zwingend
erforderlich.
Nach der ersten Umstellungsphase, wenn alle Letztwege umgestellt sind, wird das digitale Telefonnetz in den neuen Bundesländern voll ISDN-tauglich sein.
Spezifische Probleme in den neuen Bundesländern Das ergeizige Ziel, die Telekommunikations-Infrastruktur in den neuen Bundes-
ländern möglichst kurzfristig nachhaltig zu verbessern, läßt sich nur erreichen, wenn alle Beteiligten nach wie vor außergewöhnliche Anstrengungen vollbringen und neue unkonventionelle Wege gehen. Die DBP Telekom und die von ihr beauftragten Firmen haben dies bewiesen und sind auch weiterhin hierzu bereit.
Es gibt jedoch eine Reihe von Aufgabenfeldern, in denen die Aktivitäten zur Bereitstellung der Telekommunikations-Infrastruktur durch die DBP Telekom mit Planungsabsichten und Aktivitäten der neuen Bundesländer sowie der Städte und Gemeinden zusammentreffen und sich teilweise überschneiden können. Im Interesse einer schnellen und wirksamen Unterstützung der Wirtschaftsentwicklung und einer möglichst baldigen Versorgung der Bevölkerung mit modernen und leistungsfähigen Telekommunikations-Diensten ist eine enge Kooperation zwischen den Städten und Gemeinden mit den Dienststellen der DBP Telekom vor Ort von besonderer Bedeutung. Zur Realisierung der Telekom-Programme sind auch hier neue unkonventionelle Vorgehensweisen erforderlich. Die neuen
Bundesländer müssen dabei ihren ganzen Einfluß auf die nachgeordneten Landesbehörden sowie die Städte und Gemeinden geltend machen. Aus Sicht der DBP Telekom zeigte sich insbesondere auf dem Gebiet des Bauund Liegenschaftsrechts Handlungsbedarf für eine wirksame Unterstützung:
- Bauleitplanung: Rechtzeitige Einbeziehung und Information der Fernmeldeämter und der Direktionen DBP Telekom bei der Aufstellung von Bauleitplänen (Flächennutzungs- und Bebauungsplänen) durch die Städte und Gemeinden und vorrangige Berücksichtigung des Bedarfs der DBP Telekom an Grundstücken und Trassen für Kabelverlegung und Richtfunkstrecken im Interesse einer schnellen Realisierung örtlicher und regionaler Anforderungen
an die Telekommunikations-Infrastruktur.
- Unterstützung beim Erwerb von Grundstücken und Gebäuden: Einflußnahme
der Länderregierungen auf die Städte und Gemeinden sowie die Treuhandan-
stalt bei der Bereitstellung bzw. beim Verkauf von Grundstücken und Gebäuden, für die die DBP Telekom dringenden Bedarf für Telekommunikationszwecke nachweist. 140
- Beschleunigte Durchführung von Zustimmungs- und Baugenehmigungsverfahren:
Zur Realisierung der Programme
sind kurzfristige Hochbaumaßnahmen
„Telekom
2000“ und „Turn-Key“
und zum Teil die Verwendung
von
multifunktionalen Kabinen und Containern („fliegende Bauten“) unerläßlich. Die letztgenannten Baumaßnahmen sind als schnelle Provisorien anzusehen, die durch den nachfolgenden Regelausbau des Netzes in angemessener Zeit
wieder beseitigt werden. Die DBP Telekom hat den neuen Bundesländern dringend empfohlen, auf die Städte und Gemeinden einzuwirken, Anträge der Fernmeldeämter und Direktionen DBP Telekom auf Genehmigung von Baumaßnahmen und provisorischen Bauweisen mit hoher Priorität kurzfristig zu
bearbeiten und zu genehmigen.
- Durchführung von Planfeststellungsverfahren: Für den schnellen Ausbau des Telekommunikationsnetzes ist die Durchführung von Kabelverlege-Bauvorhaben von besonderer Bedeutung. Hierbei ist auch in weiten Bereichen die oberirdische Verlegung von Kabeln als Provisorium unumgänglich. Die schnel-
le und reibungslose Durchführung der notwendigen Planfeststellungsverfahren sowie die Zustimmung zu provisorischen Bauweisen sind deshalb besonders
wichtig. Die Länderregierungen werden
daher gebeten, die Einrichtung von
örtlichen bzw. regionalen Koordinierungsstellen zur Abstimmung der Aktivi-
täten der Fernmeldeämter der DBP Telekom mit denjenigen anderer Versor-
gungsunternehmen sowie der Städte und Gemeinden zu unterstützen.
Darüber hinaus ist die DBP Telekom darauf angewiesen, daß die Städte und Gemeinden die Fernmeldeämter möglichst frühzeitig und umfassend über sich abzeichnende Veränderungen bei bestehenden Unternehmen, über Neugründungen und Neuansiedlungen von Unternehmen sowie die oft sogar kurzfristig vorgesehene Ausweisung und Bereitstellung von Gewerbeflächen informieren. Nur so kann eine möglichst zeitgerechte Telekommunikationsversorgung der Unternehmen sichergestellt werden.
Ortsnetzvereinigung in Berlin
Aus den beiden Ortsnetzen Ost-Berlin und West-Berlin wird ein einheitliches
Ortsnetz Berlin gebildet. Über lange Jahre hatten die Planer in Ost- und West-
Berlin in unausgesprochenem Einverständnis bestimmte Rufnummerngruppen gegenseitig freigehalten. Aus Sicht des Rufnummernplans wäre die Ortsnetzver-
einigung in Berlin in dieser Zeit leicht möglich gewesen. Später mußten jedoch
aus Gründen der Rufnummernökonomie — und damit aus Kostengründen - die bereitgehaltenen Lücken teilweise aufgefüllt werden, so daß derzeit in einigen
Anschlußbereichen
in Ost-
und
West-Berlin
Rufnummern
doppelt
vergeben
sind. Vor einer Vereinigung der beiden Teilnetze muß deshalb zuerst der Rufnummernplan bereinigt werden. Diese Bereinigung hat auch Änderungen in
der Verkehrslenkung und somit im Ortsverbindungsnetz zur Folge. Aus technischen Gründen läuft das Projekt in zwei Stufen ab:
141
- Stufe 1: Die beiden Teilnetze werden miteinander verknüpft. Die gegenseitige
Ansteuerung erfolgt wegen der Rufnummern-Doubletten über Kurzkennzahlen. Ost-Berlin wird von West-Berlin aus über die Kurzkennzahl „9“ erreicht;
die bisherige Ansteuerung über die Ortsnetzkennzahl „037“ wird aufgehoben.
Die Verkehrsführung von Ost- nach West-Berlin über die Kurzkennzahl „849“ wird nicht verändert. Inbetriebnahmetermin: 1.3.91. - Stufe 2: Die rufnummerngerechte Vereinigung der beiden Teilnetze Ost und
West wird nach der Bereinigung des Rufnummernplans und der Anpassung des Ortsverbindungsnetzes durchgeführt. Die Inbetriebnahme ist für das 2. Halbjahr 1992 geplant.
5.3 Bundesweite Netzintegration Überblick Die öffentlichen Telefonnetze
im westlichen
und östlichen Teil Deutschlands
sind derzeit völlig unterschiedlich im Versorgungsgrad
der Bevölkerung mit
Anschlüssen, in der Art und Modernität der Technik, insbesondere der Vermitt-
lungstechnik im Fernnetz und damit auch im Umfang an Dienstleistungsmerkmalen für den Kunden,
in der Netzstruktur und im Netzausbau.
Ortsnetzkennzahlen sind in beiden Netzen unterschiedlich in der maximalen Stellenzahl. Es sind teilweise in beiden Netzen identische Ortsnetzkennzahlen vorhanden.
Der Verkehr zwischen den beiden öffentlichen Telefonnetzen in Deutschland wurde in der Zeit der Teilung ausschließlich über die Auslandsvermittlungsstellen unter Verwendung der Länderkennzahlen „49“ bzw. „37“ geführt. Dabei war die erforderliche Netzkapazität für die Abwicklung des Telefonverkehrs nie ausreichend vorhanden und die Dienstgüte, d.h. die Zahl erfolgreicher Anrufversuche, entsprechend schlecht. Das Erreichen der Zielsetzung des Programms Telekom 2000 erfordert eine gut
ausgebaute Telekommunikations-Infrastruktur. Dazu gehören der forcierte Netzausbau, die Vereinigung der beiden Netze und damit auch der Wegfall der
Wahl von Landeskennzahlen im Telefonverkehr zwischen den beiden heutigen Netzteilen im Westen und im Osten Berlins. Die
Zielsetzung des Programms
Telekom
2000 verlangt daher
auch, daß die
künftige Netzstruktur des öffentlichen Telefonnetzes in Deutschland allen Re-
gionen den Zugang zu Netzübergängen und die Teilnahme an Diensten - wie sie
über das Telefonnetz erreichbar sind — gleichermaßen ermöglichen muß. 142
Vordringlichste Aufgaben waren und sind deshalb, - die Erarbeitung und Einführung eines gemeinsamen
Kennzahlenplans
Ortsnetzkennzahlen und Dienste;
für
- die Erarbeitung einer Netzstruktur für das Telefonnetz/ISDN, in das sich die bisherigen Vermittlungsnetze der alten und neuen Bundesländer integrieren;
— die Erarbeitung eines Konzeptes für Netzübergänge/Dienstzugänge im Telefonnetz, das die Besonderheiten des analogen Telefonnetzes in der ehemaligen
DDR berücksichtigt;
- der forcierte Netzausbau im Osten, vor allem auch zwischen den Fernvermitt-
lungsstellen im Osten und Westen.
Im Laufe des Jahres 1992 werden die Landeskennzahlen im Telefonverkehr zwischen den alten und neuen Bundesländern wegfallen. Gleichzeitig wird in den neuen Bundesländern mit der Einführung aller Ortsnetzkennzahlen begonnen.
Ebenfalls noch
1992 werden die beiden Ortsnetzteile Berlin vereinigt.
Der Kennzahlenplan Ortsnetzkennzahlen
Die Orts- bzw. Teilnehmervermittlungsstellen eines Ortsnetzes (ON) sind für das Fernnetz die Quellen und Senken des Fernverkehrs. Die Numerierung der Ortsnetze bezeichnet für Verkehrslenkung und Tarifierung eindeutig den Ursprungs- und Zielbereich. Die beiden deutschen Telefonnetze bedienen sich eines offenen, netzgebundenen Kennzahlenplans für die Ortsnetzkennzahlen (ONKZ). Die
Vermittlungsstelle,
die den
Fernverkehr
aus dem
Fernnetz
im
Ortsnetz
aufnimmt, wird als Endvermittlungsstelle (EVSt) bezeichnet. Anstelle von Ortsnetzkennzahlen wird deshalb auch von EVSt-Kennzahlen gesprochen.
Der Kennzahlenplan in den alten Bundesländern
Über die Verkehrsausscheidungsziffer „O0“ wird in den Orts- bzw. Teilnehmerver-
mittlungsstellen der Fernverkehr vom Ortsverkehr getrennt und ins Fernnetz
gelenkt. Von der nachfolgenden Ziffer bestimmt die
- „0“ den Zugang zum internationalen Netz, - „I“ den Zugang
zu Diensten
und
Netzen,
- „2“-,9“ die Numerierungsbereiche der EVSt-Kennzahlen.
Dem Numerierungsbereich „3“ war bislang nur das ON Berlin (West) mit der Kennzahl 30 zugeordnet. Verteilt auf die übrigen 7 Numerierungsbereiche für
143
EVSt-Kennzahlen sind im westdeutschen Netz ca. 3500 Ortsnetze mit maximal 4-stelligen Kennzahlen numeriert.
Das analoge westdeutsche Fernwahlnetz war durch die Hierarchie von
-
Zentralvermittlungsstellen (ZVSt), Hauptvermittlungsstellen (HVSt), Knotenvermittlungsstellen (KVSt), Endvermittlungsstellen (EVSt)
geprägt, wobei sich infolge der starren Verkehrslenkung der Ferngruppenwähler im „absteigenden Kennzahlenweg“ eine streng dekadische hierarchische Zuordnung entsprechend den EVSt-Kennziffern ergeben mußte. Dagegen
ist der aufsteigende
Kennzahlenweg
durch
alternative Verkehrslen-
kung in den Knoten- und Hauptvermittlungsstellen gekennzeichnet. Somit sind ONKZ und Routing im westdeutschen Telefonnetz mit Ausnahme des absteigenden Kennzahlenweges grundsätzlich voneinander entkoppelt. Das heißt, unabhängig, ob der Verkehr über Querwege auf EVSt, KVSt, HVSt oder ZVSt oder über den Letztweg zur übergeordneten FernVSt abgewickelt wird, gilt für jedes westdeutsche ON eine einzige EVSt-Kennziffer. Hierin liegt derzeit ein wesentli-
cher Unterschied zu den ON in den neuen Bundesländern. Der derzeitige Kennzahlenplan in den neuen Bundesländern
Der derzeitige Kennzahlenplan in den neuen Bundesländern kennt grundsätzlich für die ca. 1400 ON neben den Regelkennzahlen noch zusätzliche Ortsnetzkenn-
zahlen, die nicht landesweit gelten. Dies ergibt sich aus der im Fernnetz eingesetzten analogen Vermittlungstechnik mit fast ausschließlich starrer Verkehrslenkung. Weil bei den elektromechanischen Wählern oder Schaltern der FernVSt jede gewählte Ziffer einer bestimmten Richtung, d.h. einem bestimmten abgehenden Bündel entspricht, bestimmt der Teilnehmer durch Wahl der RegelONKZ oder der zusätzlich möglichen Kennzahlen praktisch selbst die Verkehrsführung über den Letztweg zur übergeordneten FernVSt oder über einen Querweg. Jedem „Gassen-Bündel“ sind Ziele gemeinsamer Tarifierung zugeordnet.
Diese Ziele waren über die Kennziffer
- „l“ für Dienste,
- „2-8“
für Querwege
zu FernVSt,
wobei
eigenen KVSt-Bereich erreicht werden,
über die 2 grundsätzlich
Ziele im
- „9“ u. „O“ für Letztwege zur eigenen HVSt erreichbar.
Zentralvermittlungsstellen kennt das analoge Fernwahlnetz in der ehemaligen DDR nicht. Vielmehr waren jedem der 15 politischen Bezirke der ehemaligen DDR eine HVSt in den Bezirkshauptstädten zugeordnet. Die 15 HVSt sind untereinander vermascht. Da eine Dekade nicht zur Numerierung der 15 HVSt
144
ausreichte, sind die ONKZ in den neuen Bundesländern praktisch in 2 HVStGruppen mit jeweils 7 bzw. 8 zweistelligen Numerierungsbereichen eingeteilt.
Der Teilnehmer, der mit der Verkehrsausscheidungsziffer „0“ (genau wie in den alten Bundesländern) die zuständige Knotenvermittlungsstelle des Fernnetzes erreicht, steuert durch die Wahl der nächsten Ziffer - entweder einer weiteren „0“ oder einer „9“ - die entsprechende HGW-Gruppe „0“ bzw. „9“ der eigenen HVSt an. Von diesem HGW „0“ bzw. HGW „9“ aus wird über die folgende
gewählte Ziffer die Ziel-HVSt bestimmt (Kennzahlenweg). Daneben können mit anderen Kennzahlen über Querwege auch Fernvermittlungsstellen im Ziel direkt erreicht werden.
Die Numerierungsbereiche für die HVSt waren jedoch schon von Anfang an so festgelegt worden, daß eine spätere Zusammenfassung von Numerierungsbereichen auf weniger HVSt problemlos möglich ist. So werden vom HGW „0“ aus
z.B. die Numerierungsbereiche 44, 45, 46, 47, 49 und vom HGW Numerierungsbereiche 41, 42, 40 erreicht.
„9“ aus die
Eine Besonderheit gegenüber dem Kennzahlenplan in den alten Bundesländern ist, daß die zwei- bzw. dreistellige Kennzahl der KVSt zugleich die ONKZ für das
Ortsnetz am Sitz der KVSt ist. Eine zusätzliche „9“ kennzeichnet die Ortsnetze im offenen KVSt-Bereich. Das führte dazu, daß die Ziffer 9 als erste Ziffer einer Teilnehmerrufnummer im Ortsnetz am Sitz der KVSt nicht verwendet werden konnte. Die Auswahl des Ortsnetzes im offenen KVSt-Bereich erfolgte über eine oder
auch zwei weitere Gruppenwahlstufen. Dies führte auf bis zu fünfstellige, in Ausnahmefällen auch bis zu sechsstellige ONKZ.
Der künftige Kennzahlenplan
Der künftige Kennzahlenplan wird die ca. 1400 ON der neuen Bundesländer im Numerierungsbereich 3 eingliedern. Alternativlösungen, die eine beträchtliche Reduzierung der ON in Verbindung mit einer neuen Tarifgestaltung oder die Nutzung freier dreistelliger ONKZ der 7 ZVSt-Bereiche in den alten Bundesländern zum Inhalt hatten, waren nicht brauchbar. Im Ergebnis führt dies zu maximal fünfstelligen ONKZ in den neuen Bundesländern, die alle mit der Ziffer „3 beginnen werden.
Mit dem Einsatz digitaler Vermittlungstechnik im Telefonnetz der neuen Bundesländer beginnt eine Neugestaltung beider Telefonnetze in Deutschland, in die
sich beide Netze integrieren. Dabei werden sich die heute 15 analogen HVSt im
Osten auf 8 digitale HVSt reduzieren. Innerhalb des Numerierungsbereichs 3 werden zur Numerierung der ca. 1400 ON der neuen Bundesländer 8 zweistellige Numerierungsbereiche gebildet. Davon erhält die HVSt Berlin zwei 2stellige Numerierungsbereiche (30 und 33), wovon die „30“ allein das ON Berlin kennzeichnen wird. 145
im analogen
Netz
HVSt,
im digitalen
KVSt
Bild 5.13: Numerierungsbereiche und Hauptvermittlungsstellen in den neuen Bundesländern
146
Netz
KVSt
Der Numerierungsbereich 39 wird auf 2 HVSt (Magdeburg und Neubrandenburg) aufgeteilt. Das ergibt die folgende Zuordnung von Numerierungsbereichen und HVSt in den neuen Bundesländern (Bild 5.13). 30, 33
34
HVSt Berlin
HVSt Leipzig
35 36 37 38
HVSt Dresden HVSt Erfurt Chemnitz Rostock
395 ...399
HVSt Neubrandenburg.
390 ...394 HVSt Magdeburg
Falls die Einführung der neuen ONKZ vor der Vereinigung der beiden ON von Berlin erfolgt, wird Ost-Berlin vorübergehend die 32 erhalten. Die 31 bleibt
Reserve.
Dienstkennzahlen
Kennzahlen von bestehenden Diensten im Telefonnetz der neuen Bundesländer und Kennzahlen von Diensten im Telefonnetz der alten Bundesländer überschneiden sich. Mit der Einführung des neuen Kennzahlenplanes für die neuen Bundesländer gelten auch die bisherigen westdeutschen Zugangskennzahlen für die entsprechenden Dienste. Damit werden Überschneidungen vermieden. Die Angleichung des Diensteangebotes und der dafür eingesetzten Techniken
auf dem Gebiet der neuen Bundesländer erfolgt im Rahmen der Konzepte für die Dienste. Für zusätzliche (nicht im westdeutschen Rufnummernplan berücksich-
tigte) Dienste werden neue Kennzahlen erforderlich.
Struktur des künftigen deutschen Telefonnetzes Das allgemeine Telefonnetz
Die Ortsnetze Prinzipiell ergeben sich in der Gestaltung der ON bei der nun folgenden Phase
der Digitalisierung keine wesentlichen Unterschiede zur bisher geplanten Orts-
netzgestaltung in Westdeutschland. Das heißt, das digitale ON in Deutschland ist
prinzipiell ein Netz mit 2 Ebenen, - der teilweise über Querwege vermaschten Ebene mit digitalen Teilnehmervermittlungsstellen und
- der Ebene von in der Regel einer Vermittlungsstelle mit Ortsdurchgangsfunktion. 147
Kleinere Anschlußbereiche werden vermittlungstechnisch über APE (Außenliegende Periphere Einheiten digitaler Vermittlungsstellen) auf Muttervermittlungsstellen abgestützt. Im Unterschied zur Digitalisierung der ON in den alten Bundesländern wird in den ON der neuen Bundesländer aber der Ersatz von ganzen Ortsvermittlungsstellen zunächst die Ausnahme sein. Insbesondere wegen dem hohen Anteil von bestehenden Zweier-Anschlüssen und dem Zwang zur raschen Vermehrung von Anschlußkapazität werden in der Regel die bestehen-
den OVSt durch die digitale Vermittlungstechnik erweitert werden.
Das Fernnetz
Untersuchungen
zur Netzgestaltung des westdeutschen
Telefonnetzes Anfang
der 80er Jahre führten bereits zu Veränderungen im digitalen Vermittlungsnetz Westdeutschlands gegenüber dem analogen Netz, insbesondere was die
- Führung des kommenden Fernverkehrs in die ON (KVSt übernimmt anstelle
der analogen EVSt die Verteilung des Fernverkehrs auf die einzelnen Anschlußbereiche) und die
- Stellung der ZVSt
(Bedeutung
_ HVSt-HVSt-Maschen)
nur noch als Transit-VSt für nichtrealisierte
angeht. Seit Mitte der 80er Jahre geht die Perspektive von einem hybriden Netz mit nichthierarchischer Verkehrslenkung in der oberen Netzebene aus, einer Struktur, die als besonders geeignet zur Bildung wirtschaftlicher und überaus unempfindlicher Netze angesehen wird. Als einen weiteren Schritt in diese Richtung wird im Zusammenhang mit der Vereinigung beider deutscher Telefonnetze eine Reduzierung der Zahl von Netzknoten in der oberen Netzebene, insbesondere
ein Wegfall der ZVSt-Funktion im alten Sinne erfolgen. Ohne das Ergebnis weiterer erforderlicher Untersuchungen zur Netzgestaltung im deutschen Telefonnetz zu präjudizieren, sind für die Vereinigung der beiden deutschen Telefonnetze die folgenden Festsetzungen getroffen worden:
Das künftige deutsche Telefonnetz ist im Fernnetz prinzipiell ein Netz mit 2 Ebenen. Die obere Netzebene - die HVSt-Ebene - wird vorläufig von 41 HVSt
gebildet, davon 8 im Gebiet der ehemaligen DDR. Diese 41 HVSt sind vielfach miteinander vermascht. Soweit aus wirtschaftlichen Gründen eine direkte Verkehrsabwicklung zwischen zwei HVSt der oberen Netzebene nicht infrage kommt,
übernimmt
eine bestimmte
— später ggf.
auch
mehrere
- HVSt
die
Transitfunktion (Bild 5.14). Solche ausgewählten HVSt sind am Anfang die HVSt am Standort der ehemaligen ZVSt (Düsseldorf, Berlin, Hamburg, Hanno-
ver, Frankfurt, Stuttgart, München, Nürnberg), sowie die HVSt Köln, Dortmund, Erfurt, Magdeburg, Bremen, Mannheim, Karlsruhe. Ihnen ist jeweils ein
mehr oder weniger großer Numerierungsbereich für Transitaufgaben zugeordnet. 148
HVSt
HVSt
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KVSt
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1) Ausgewählte HVSt für den Transitverkehr von nicht vermaschten HVSt-HVSt-Beziehungen
Letztweg —————
Querweg
Bild 5.14: Hauptvermittlungsstellen mit Transitfunktionen
Da die künftigen 8 HVSt im Gebiet der neuen Länder voll miteinander vermascht werden können, haben die HVSt Erfurt, Magdeburg und Berlin praktisch nur Transitaufgaben für Verkehr aus dem Westen zu den 5 übrigen HVSt im Osten, falls sich hierfür nicht HVSt-HVSt-Direktwege lohnen.
Den 41 HVSt der oberen Netzebene sind insgesamt ca. 620 offene KVSt zugeordnet. Zwischen allen Fernvermittlungsstellen werden nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten Querwege eingerichtet. Bemerkenswert ist, daß für diese Netzkonfiguration im Gebiet der fünf neuen Länder eine Reduzierung von 15 HVSt auf 8 HVSt und im Gebiet der alten Länder ein Wegfall der ZVSt und eine Reduzierung der Zahl der HVSt mit Weiterverkehr-Funktion in der oberen Netzebene einhergeht. Bei den 7 wegfallenden HVSt im Osten bleibt zunächst die Stellung als HVSt für die analogen KVSt des eigenen Bezirks erhalten. Diese werden durch Digitalisie-
149
rung im Lauf der nächsten Jahre den verbleibenden HVSt zugeordnet. Mit der Digitalisierung der letzten KVSt entfällt auch die HVSt-Funktion der bisher übergeordneten Fernvermittlungsstelle. Diese wird KVSt einer der 8 verbleibenden HVSt. Im bereits stark digitalisierten westdeutschen Telefonnetz wird die Reduzierung der Anzahl von HVSt in der oberen Netzebene dadurch erzielt, daß von den
KVSt aus der Weitverkehr im Letztweg nur noch gezielt den künftigen Weiterverkehr-HVSt zugeführt wird. Im ersten Schritt sind hierfür 33 HVSt vorgesehen, wobei später eine weitere Reduzierung dieser Zahl möglich ist. Dagegen übernehmen
die HVSt,
die nicht zu den HVSt
der oberen Netzebene
gehören,
zunächst weiterhin Transitfunktion für den Verkehr aus der eigenen Region (Regional-HVSt).
Netzübergänge/Dienstzugänge Im Telefonnetz gibt es Netzübergänge zu anderen Netzen, wie z.B. zu - ausländischen Telefonnetzen und - nationalen Netzen, z.B. Mobilfunknetzen.
Ebenso gibt es Zugänge zu Diensten.
Internationaler Verkehr
Im Telefonnetz der alten Bundesländer wird der Auslandsverkehr über 8 Auslandszentralvermittlungsstellen (AZVSt) abgewickelt. Eine AZVSt wird über Querwege von den ihr zugeordneten KVSt bzw. einem Letztweg von den
zugeordneten
HVSt
erreicht.
Sie sind
untereinander
vermascht,
wobei
eine
AZVSt für ein bestimmtes Zielland Letztwegfunktion hat. Den ankommenden internationalen Verkehr verteilen die AZVSt eigenständig landesweit über Querwege auf KVSt, HVSt bzw. Letztwege zu den ZVSt. In Ost-Berlin gibt es derzeit ebenfalls eine internationale Vermittlungsstelle (IVSt). Im Zuge der Netzvereinigung wird die IVSt Berlin zu einer weiteren
Betriebsstelle der AZVSt Berlin. Der bisher allein über die IVSt Berlin abgewik-
kelte Auslandsverkehr aus den FernVSt der fünf neuen Länder wird verteilt auf die AZVSt Berlin und voraussichtlich auch andere AZVSt. Ziel ist eine möglichst gleiche Belastung aller 8 AZVSt, wobei die AZVSt Berlin voraussichtlich für
Länder wie Polen und die Sowjetunion künftig Letztwegaufgaben übernimmt.
Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des nationalen Telefonnetzes mit einem Wegfall der ZVSt werden die heutigen Letztwege auf die ZVSt für den ankommenden Auslandsverkehr bei nicht wirtschaftlich realisierbaren AZVSt-
HVSt-Bündel auf die HVSt mit Transitaufgaben geführt. 150
Netzübergänge in andere nationale Netze, wie z. B. Mobilfunknetze Generell gelten im künftigen deutschen Telefonnetz für die Gestaltung der Verkehrsführung zu nationalen Netzen und Diensten über Netzübergänge die gleichen Regeln und Zugangskennzahlen wie im heutigen westdeutschen Tele-
fonnetz. Allerdings erfordern die Besonderheiten der analogen Fernwahltechnik im Osten Deutschlands besondere Maßnahmen. Besondere Bedeutung haben beim Ausbau des Telefonnetzes in den neuen Bundesländern von Anfang an die Netzübergänge in die Mobilfunknetze. Die Netzübergänge zu den Mobilfunknetzen sind in den neuen Bundesländern zunächst nur von den digitalen Hauptvermittlungsstellen aus vorgesehen, und zwar entweder direkt auf die zuständige Funkvermittlungsstelle des C-Netzes oder auf die zugeordnete Vermittlungseinheit mit Netzübergangsfunktion (VE:N)
für die D-Netze.
Erste Standorte
für Funkvermittlungsstellen
Netze sind Berlin, Dresden, Leipzig und Erfurt.
der C-
Die Mobilfunknetze werden in den neuen Bundesländern vor der Einführung des neuen Kennzahlenplans über die dort üblichen Verkehrsausscheidungsziffern
„000“ von offenen KVSt-Bereichen bzw. „06“ von verdeckten KVSt-Bereichen und nachfolgender Wahl von „0“ +Dienste-/Netzzugangskennzahl (z. B. 0161 für das C-Netz) erreicht. Damit auch Teilnehmer aus Ortsnetzen mit analogen KVSt
die Netzübergänge erreichen, wird das Bündel, das normalerweise den interna-
tionalen Verkehr aus dem analogen Netz zur IVSt führt, von dem analogen Teil
der HVSt auf die zuständige digitale HVSt geführt. Dabei übernimmt die digitale HVSt die Verzonung für den Verkehr zu den Funknetzen. Nach der Einführung des neuen Kennzahlenplans erreichen Teilnehmer aus Ortsnetzen mit digitaler KVSt die Mobilfunknetze über die gleichen Verkehrsausscheidungsziffern bzw. Zugangskennzahlen wie seither im westdeutschen Telefonnetz (z.B. 0161 für das C-Netz). Für Teilnehmer aus Ortsnetzen mit analoger KVSt ändert sich bis zur Digitalisierung der KVSt an den Verkehrsausscheidungsziffern bzw. Zugangskennzahlen nichts. Der Verkehr aus den Funknetzen wird zunächst ebenso direkt von den FuVSt des
C-Netzes oder aus den D-Netzen
über die Vermittlungseinheit mit Netzüber-
gangsfunktion den digitalen HVSt zugeführt und im nationalen Netz zum Teilnehmer, bzw. über die AZVSt dem internationalen Netz zugeführt (Bild 5.15). Vor der Einführung der neuen ONKZ für Verkehr zu Teilnehmern im Gebiet der neuen Bundesländer ist jedoch die Wahl der Landeskennzahl 37 aus den Funk-
netzen heraus genauso zwingend erforderlich wie für westdeutsche Telefonteilnehmer,
auch wenn
Länder aufhält.
sich der Mobilfunkteilnehmer
im Gebiet der fünf neuen
151
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152
Weitere Dienste
Bestehende Dienste im analogen Telefonnetz der neuen Bundesländer werden in den Ortsnetzen am Standort der KVSt von den Ortsvermittlungsstellen aus über
eine Vermittlungsstelle für Hilfs- und Sonderdienste (VStHS) erreicht. Diese sind den Sonder- und Informationsdienstvermittlungsstellen (Sonder- und INDI-
VSt) in den alten Bundesländern vergleichbar. Von den übrigen Ortsnetzen des
KVSt-Bereichs aus erfolgt die Verkehrsführung zur VStHS über die KVSt. Einige Dienste sind nur über die HVSt erreichbar. Mit Ausnahme des Notrufs soll wie in den alten Bundesländern künftig der Verkehr dieser sowie aller neuer Dienste über die „0“ dem Fernnetz zugeführt werden. Die entsprechenden Zugänge zur Dienstetechnik werden abhängig von administrativen, technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten fallweise auf der KVSt-Ebene oder HVStEbene realisiert.
Netzvereinigung Mit der Festlegung des gemeinsamen Kennzahlenplans und der Netzgestaltung
für das gemeinsame Telefonnetz sind von der Netzgestaltung her die Vorausset-
zungen für die Vereinigung der beiden deutschen Telefonnetze gegeben. Die Realisierung erfordert - technische Lösungen, z.B. für die Umsetzung der Signalisierungsverfahren und der Umwertung von ONKZ,
- eine ausreichende Anzahl digitaler Vermittlungseinheiten in den fünf neuen Ländern und - ausgebaute Netzkapazitäten zwischen den nationalen FernVSt. Für die Umsetzung der Signalisierungsverfahren zwischen der herkömmlichen analogen und der künftigen digitalen Vermittlungstechnik wird ein hierfür entwickelter Kennzeichenumsetzer (KZU) eingesetzt.
Umwertung von ONKZ Die
Einführung
Landeskennzahlen
der
neuen
ONKZ
als Voraussetzung
für den
Wegfall
der
beim Telefonverkehr zwischen den beiden Telefonnetzen
„Ost“ und „West“ erfolgt voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 92. Dies ist
vor dem Zeitpunkt der vollständigen Digitalisierung der Fernvermittlungstechnik in den neuen Bundesländern. Deshalb wird es dort für einen Übergangszeitraum zwei Kennzahlenpläne geben müssen, um den Restriktionen durch die starre Verkehrslenkung der analogen Fernwahltechnik Rechnung zu tragen.
Bei der Einführung der neuen ONKZ in den fünf neuen Ländern gelten diese für Teilnehmer 153
- der alten Bundesländer,
- der neuen Bundesländer aus ON mit volldigitalisierten KVSt, - aus dem Ausland. Die Wahl der Landeskennzahlen entfällt. Dagegen müssen Teilnehmer aus ON
mit analoger KVSt in den neuen Ländern bis zur Volldigitalisierung der KVSt die
alten ONKZ wählen. Die Verkehrsführung aus analogen KVSt erfolgt in die alten Bundesländer (abgesehen von Querwegen) über die digitalen HVSt, gemeinsam
mit dem internationalen Verkehr und dem Verkehr zu Netzübergän-
aus verdeck-
gen. An Stelle des Zugangs über 000 49+ONKZ bzw. 0649 HONKZ
ten analogen KVSt-Bereichen
ist für Verkehr zu den alten Bundesländern bei
dieser Verkehrsführung auch die Wahl von 000 0+ONKZ möglich. entfallen.
Das
heißt,
die
Wahl
der
„49“
Landeskennzahl
bzw. 060 HONKZ
könnte
auch
hier
Netzkapazität
Der Ausbau der nationalen Fernverbindungsleitungen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Telefonnetzes im Osten, aber vor allem auch zur Erhöhung der Netzkapazität zwischen den FernVSt im Osten und Westen kommt besondere Bedeutung zu. Bereits seit Mitte 90 liegt eine Verkehrs- und Leitungsmatrix für das Netz der 41 HVSt-Bereiche der oberen Netzebene vor, ergänzt um die Ergebnisse verkehrstechnischer Netzplanung für die Projektierung und Beschaltung
der
ersten
digitalen
Vermittlungsstellen
in den
neuen
Bundesländern.
Darüber hinaus sollen noch 1991 über Zusatzprogramme realisierte Erweiterungen im Netz greifen. Die zunehmende Netzkapazität zwischen nationalen Fernvermittlungsstellen in Ost und West wird in zunehmendem Maße die Verkehrsabwicklung über die Auslandsvermittlungsstellen verringern. Nach Einführung der neuen ONKZ für ON in den fünf neuen Ländern 1992 entfällt die Vorwahl der Landeskennzahlen 37 bzw. 49. Ab diesem Zeitpunkt gibt es in Deutschland ein gemeinsames Telefonnetz.
5.4 Harmonisierung der Verkehrstarife Bei
den
Bemühungen,
allen
Kunden
in Ost
und
West
möglichst
rasch
die
Telekommunikationsleistungen zu gleichen Konditionen anzubieten, steht neben der Angleichung der technischen Parameter die Harmonisierung der historisch unterschiedlich gewachsenen Tarifsysteme im Vordergrund.
Relativ leicht anzupassen sind die administrativ beherrschbaren Tarifelemente: - Preis für die Tarifeinheit (bisheriger Begriff: Gebühreneinheit), - monatliche Grundgebühren, - einmalige Gebühren (z.B. für Anschließung). 154
Hierzu müssen z.B. „nur“ Parameter und Routinen in den Programmen Informationsverarbeitungssysteme im Rechnungsdienst verändert werden.
der
Tarifelemente, zu deren Realisierung technische Randbedingungen gegeben sein müssen, sind die Verkehrstarife. Die in Ost- und Westdeutschland eingesetzten unterschiedlichen Vermittlungssysteme führen mit ihren unterschiedlichen tech-
nischen Voraussetzungen zu einem komplexen System vielfältiger Bedingungsmuster und damit Realisierungsmöglichkeiten. Dies gilt sowohl qualitativ als auch zeitlich. Wegen der engen Verknüpfung des technischen Netzausbaus und der Netzvereinigung mit den sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Bildung von Verkehrstarifen wird in diesem Zusammenhang nur die Harmonisierung der Verkehrstarife beschrieben. Randbedingungen Ein moderner Verkehrstarif verlangt von der Vermittlungstechnik — Auswertung
der Zielinformation
für Verzonung
(Zuordnung
von Ziel und
Tarif) und Verkehrslenkung (Zuordnung von Ziel und Leitweg), — Auswertung der Ursprungsinformation für ursprungsabhängige Verzonung, — Tarifumschaltung zwischen Normal- und Billigtarif, — Erzeugung der Zähltakte in einem geeigneten Raster,
Fernnetz
Ortsnetz
— Zeitzählung im Ortsnetz.
Die Werte sind aus Analogiebetrachtungen mit dem West-Netz geschätzt
Bild 5.16: Matrix für die Umstellung der Verkehrstarife in den neuen Bundesländern
155
Ziel ist, die Harmonisierung
so bald wie möglich und so weit wie möglich zu
erreichen. Wegen der unterschiedlichen Bedingungen scheidet eine schlagartige Umstellung aus. Deshalb muß dieser Prozeß in vernünftigen Schritten vor sich gehen. Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, daß Tarifierungsprobleme die Verkehrsabwicklung nicht behindern,
daß z.B. ein entlastendes Direktbündel
nicht eingeschaltet wird, weil das Ziel nicht genau genug tarifiert werden kann.
Ein objektives und für jeden Kunden nachvollziehbares Kriterium für die Bildung von Tarifzonen ist die Entfernung. Im Verkehrsgebiet West war konsequent die Entwicklung vorangetrieben worden, nach Maßgabe der technischen
Möglichkeiten die netzorientierte (und damit für heutige Ansprüche zu grobe) Zoneneinteilung durch eine entfernungsorientierte Verzonung abzulösen. Im Rahmen des generellen Ziels, die Benutzungsbedingungen für das Telefonnetz/ISDN unabhängig von individuellen technischen Konditionen zu machen, wurde Ende der siebziger Jahre im Westen das System der Nahtarifzonen
eingeführt. Damit wurden nach einheitlichen, objektiven (geometrischen) Krite-
rien Tarifgebiete geschaffen, die weitestgehend unabhängig von der jeweiligen örtlichen Netzorganisation und damit unabhängig von der individuellen Standortgunst (z. B. Entfernung von der Ortsnetzgrenze) sind. Dies setzt auch voraus, daß sowohl im Ortsnetz als auch im Fernnetz dasselbe Tarifprinzip, die Zeitzählung, gilt. Mit der Einführung der Nahtarifzonen war der Durchbruch zur Feinverzonung
nach Ortsnetzbereichen geschafft. Maßgeblich für die Entfernungsbestimmung ist ein mit seinen geografischen Koordinaten exakt festgelegter Entfernungsmeßpunkt für jedes Ortsnetz.
In der damaligen DDR hingegen mußte wegen der mangelnden Leistungsfähigkeit der Verzonungs- und Verkehrslenkungstechnik die grobe netzorientierte Zoneneinteilung beibehalten werden. Eklatante Ungerechtigkeiten bei der Tarifierung ließen sich notdürftig mit Sonder-Ortsnetzkennzahlen und spezieller Verkehrslenkung vermeiden.
Der für die Netzintegration und Tarifharmonisierung erforderliche Übergang
von der netzorientierten zur entfernungsorientierten Zoneneinteilung in Ostdeutschland kann durch eine Umstellungsmatrix beschrieben werden (Bild 5.16).
Die Realisierbarkeit der einzelnen Übergänge (Felder der Matrix) hängt von den individuellen technischen Möglichkeiten vor Ort ab und ist in aller Regel zeitlich gestaffelt. Die geschätzten Realisierungsgrade der einzelnen Entfernungszonen je Jahr zeigt Bild 5.17.
156
Orts-/NahZone 100%
k
50%
0%
Regional-
Zone
100%
9%
Jahr
Pr
0% WeitZone
Jahr
A
100%
50%
90
k
50%
0%
Bild 5.17:
aaa
ag‘
Jahr
Realisierungsgrade für die Tarifharmonisierung
157
Verkehrstarife von den alten Bundesländern und Berlin (West) in die neuen Bundesländer
Die Harmonisierung in West-Ost-Richtung erfolgte komplett am 1. Juli 1991. Der bisher in Westdeutschland Ostdeutschland.
Verkehrsrichtung
gültige Verkehrstarif gilt auch nach Zielen in
bis 30. Juni 1991
ab 1. Juli 1991
Normaltarif | Billigtarif | Normaltarif | Billigtarif
Berlin (W)—>NBL, Regionalzone
bis 50 km, KVSt - KVSt Berlin (W)—>NBL,
Weitzone >50 km, KVSt - KVSt Weitzone ABL-NBL >50 km, HVSt - HVSt
605
60s
605
120s
21s
28s
21s
42s
2ls
285
21s
42s
Die aufgeführten Tarife sind an die neuen „Inlandstarife“ in den alten Bundes-
ländern gekoppelt: bis 50 km über 50 km In grenznahen
= Regionalzone = Weitzone Gebieten
gilt eine besondere,
flächenmäßig erweiterte Nahbe-
reichsverzonung, die als Ausgleich für den durch eine Grenze eingeschränkten Teilnehmerkreis gebildet worden war. Mit Aufhebung der innerdeutschen Grenze sind die durch diese Grenze bedingten Flächenverluste und damit die Gründe für den Ausgleich entfallen. Die Einführung des Nahtarifs von Ortsnetzen der alten Bundesländer zu Ortsnetzen in den neuen Bundesländern wird durch planerische und technische Voraussetzungen bestimmt: — Für die Ansteuerung der Ortsnetze in den neuen Bundesländern müssen die
neuen Kennzahlen gelten. — Die Vermittlungsstellen in den Ursprungs-Ortsnetzen müssen die neuen Kennzahlen (bis zu 5 Stellen) auswerten können.
Im gegenüberstehenden Bild 5.18 sind die Zwischenschritte auf dem Weg zum Endzustand „harmonisierte Tarife“ beschrieben. Zwischenschritt kann in diesem
Zusammenhang auch bedeuten, daß — bezogen auf ein Ursprungs-Ortsnetz — bereits ein Teil der Nahtarifbeziehungen, der technisch möglich ist, geöffnet wird, bevor der gesamte Nahbereich für dieses Ursprungs-Ortsnetz realisierbar ist. 158
ABL Verzonungskriterien
Ortszone Nahzone Nahzone in grenznahem Gebiet
Verzonungnach Entfernungs-
meßpunkten
Verbindungen inner- "|
halb von ON und zwischen ON bis 20 km Entfernung
NBL Verzonung vorwiegend nach Netzhierarchie
Harmonisierung Verzonung nach Entfer-
nungsmeßpunkten
"© Verbindungen
innerhalb eines Ortsnetzbereiches
Übernahme
| ABL-Regelung
Verbindungen zwischen ON bis 25 km bzw. bis 30 km Entfernung nach den Bedingungen der TKO
Wegfall der » Vergünstigung Nahbereichsausweitung im früheren Zonenrandgebiet
Regionalzone | Verbindungen zwischen ONbis50km Entfernung
"Übernahme ABL-Regelung
Weitzone
Verbindungen zwischen ON mit mehr als50 km Entfernung
Übernahme ABL-Regelung
Zonel
Verbindungen zwischen | Aufhebung der ON.des eigenen und NBL-Regelung festgelegten ON benachbarter KVSt-Bereiche
Zonell
Verbindungenüber Aufhebung der Zone Ihinauszwischen | NBL-Regelung ON deseigenen und festgelegten ON benachbarter HVSt-Bereiche bzw. Hauptknotenvermittlungsstellen
Zone Ill
Bild 5.18:
Verbindungen über Zone IH hinaus
Aufhebung der NBL-Regelung
Anpassung der Tarifzonenabgrenzungen
159
Deshalb ist der Zeitpunkt für das Inkrafttreten der regulären Nahbereichsverzonung für ein Ortsnetz (und damit für den Wegfall der erwähnten Vergünstigung)
auf den Termin festgelegt, von dem an alle zur Nahtarifzone gehörenden Ortsnet-
ze in den neuen Bundesländern auch zum Nahtarif erreicht werden können.
Dieser Zeitpunkt wird wegen der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten je Quellbereich unterschiedlich sein.
Verkehrstarife in den neuen Bundesländern
Die beiden vom Verkehrsgebiet West bekannten Tarifmerkmale, — die Tarifstufen „Normaltarif“ und „Billigtarif“ und
— die Entfernungszonen „Orts- und Nahtarifzone“ (bis 20 km), „Regionalzone“ (20 bis 50 km) und „Weitzone“ (über 50 km) werden komplett übernommen.
Anpassung der Tarifzeiten Mit Wirkung vom 1. Juli 1991 werden die Tarifzeiten wie folgt angeglichen: Verkehrsrichtung Tarifzeit L>A
NBL-NBL
ABLTABL | NBL>ABL Normaltarif Billigtarif
Aa biePr
Mobis Fr
Harmonisierung ABL—NBL
=
MobisFr
MobisFr
8.00- 18.00 Uhr
7.00- 17.00 Uhr
8.00- 18.00 Uhr
8.00- 18.00 Uhr
18.00-8.00 Uhr,
17.00-7.00 Uhr,
übrige Zeit, keine Feiertags-
18.00-8.00 Uhr,
samstags, sonn-
tags, an bundeseinheitlichen Feiertagen
samstags ab
14.00 Uhr,
sonntags, an
Feiertagen
regelung
samstags, sonn-
tags, an bundeseinheitlichen
Feiertagen
Bevor die Regelung, wie sie in den alten Bundesländern gilt, übernommen werden kann, bedarf es der Festlegung von Entfernungsmeßpunkten und eines entsprechenden Ausbaus der geeigneten Verzonungstechnik. Diese Technik kann jedoch nur Zug um Zug aufgebaut werden. So wie Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre die Nahtarifverzonung und Einführung der Zeitzählung im Ortsnetz realisiert wurde, sollen auch die Verzonungsarbeiten und das Inkraftsetzen der Tarife in den neuen Bundesländern schrittweise vollzogen
werden.
160
Vorläufige Anpassungen von Verbindungstarifen in den neuen Bundesländern Die Tarifstrukturen in den alten und neuen Bundesländern unterschieden sich bisher nicht nur durch verschiedene Zähltakte, Tarifzeiten oder Tarifabschläge, sondern auch durch unterschiedliche Tarifzonen, die maßgeblich durch die
eingesetzte Vermittlungstechnik in den neuen Bundesländern bestimmt werden.
Die Umstellung der Verzonungen
wird einige Zeit brauchen.
auf die Systematik
der alten Bundesländer
Da aber die Zähltakte in den neuen Bundesländern bisher gravierend von den
Zähltakten in den alten Bundesländern abweichen, wird für eine Übergangszeit eine Zähltaktanpassung
derart erfolgen,
daß das westliche Tarifniveau
annä-
hernd erreicht wird. Dabei sollen aber keinesfalls die Tarife unterschritten werden, die später im Regelfall zur Anwendung kommen werden. Die unterschiedlichen
technischen
Systeme
in den
neuen
Bundesländern
mit
jeweils unterschiedlichen technischen Voraussetzungen führen, wie bereits erwähnt, sowohl qualitativ als auch zeitlich zu einem komplexen Realisierungsmuster. In Abhängigkeit von den technischen Randbedingungen ist deshalb eine örtliche und zeitliche Staffelung unvermeidlich, wobei für die einzelnen Realisie-
rungsschritte eine entsprechende Ermächtigung bzw. ein Handlungsspielraum für die Deutsche Bundespost Telekom erforderlich ist.
Generell soll die Einführung der Zeitzählung im Ortsnetz und der Verzonung nach dem Entfernungsmeßpunkt-Verfahren, wie es in den alten Bundesländern
zur Anwendung kommt, gleitend zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. De-
zember 1993 erfolgen. In einzelnen Ausnahmefällen kann sich der letztgenannte Termin jedoch aufgrund örtlicher Gegebenheiten (Probleme bei Hochbau-, Netzausbaumaßnahmen, nicht umstellungsfähiger Vermittlungstechnik usw.) um bis zu zwei Jahre verschieben. Folgende vorläufigen Harmonisierungsmaßnahmen sind ab 1. Juli 1991 unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Randbedingungen möglich. Die Zähltakte, wie sie in den alten und neuen Bundesländern gelten, sind zum Vergleich gegenübergestellt:
161
Verbindungen innerhalb ABL und NBL ABL (Zähltakte) Normal- |
| Normal- |
Billig-
1TE
ITE
Zonel
60 Sek
60 Sek
60Sek | 60Sek
Zone ll
20 Sck
30 Sck
21Sek | 42Sek
Zone III
10 Sek
15 Sek
21 Sek
tarif
Ortszone
Billig-
NBL (Zähltakte)
Vorläufige Harmonisierungsmaßnahme NBL
tarif
6Min
12Min
Regionalzone
60 Sek
120 Sek
Weitzone + Berlin)
21Sek
42Sek
Nahzone
tarif
tarif
| Normal- |
Billig-
tarıf
tarif
42 Sek
D Soweit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, werden nach den EntfernungsmeßpunktRegelungen bereits die Zähltakte der Regionalzone 60 / 120 Sekunden angewendet.
Die Zone I entfällt nach Abschluß der Einführung von Nahtarif/Ortszeitzählung,
die zwischen 1. Januar 1992 und 31. Dezember 1993 gleitend realisiert werden sollen. Aufgrund örtlicher Schwierigkeiten kann dieser Termin in Einzelfällen auch überschritten werden. Am Ende des Umstellungsprozesses sollen überall in den neuen Bundesländern dieselben Gesprächstarife wie in den alten Bundesländern gelten. Um
beim
Übergang
von
der Zone
I in den
Orts-/Nahbereich
oder in die
Regionalzone keine Verteuerungen auftreten zu lassen, wird der Zähltakt in der
Übergangszeit auf 60/60 Sekunden festgelegt.
Aufgrund der technischen Gegebenheiten in den neuen Bundesländern können während der Übergangszeit folgende Besonderheiten eintreten:
1. Die Zähltakte in den neuen Bundesländern können um + 10% von den Nennwerten abweichen. 2. Der Zähleinsatz ist bei der analogen Fernvermittlungstechnik in den neuen Bundesländern wie bisher zufällig. 3. Zähltakte kürzer als 1,5 Sekunden
sind in den neuen Bundesländern
nicht
möglich, solange in den Ortsnetzbereichen noch Vermittlungssysteme S 50 und älterer Bauweise eingesetzt sind. Damit ist der Zugang zu INMARSAT
im SWFD (Takt: 0,7 Sek) nicht möglich. 162
4. Wenn
zwischen
zwei
Ortsnetzbereichen
schiedenen Vorwählnummern
über verschiedene
Verkehrsmöglichkeiten
Wege
mit ver-
bestehen, können
un-
terschiedliche Tarife nicht ausgeschlossen werden. In den Kundenunterlagen werden jeweils die Angaben für den Weg mit den günstigeren Tarifen veröffentlicht.
Vorläufige Anpassung der Verbindungstarife von den neuen in die alten Bundesländer Gravierende Abweichungen bestehen zwischen den Zähltakten für die Verkehrs-
abwicklung von den alten in die neuen Bundesländer und für die umgekehrte
Verkehrsrichtung. Die nachfolgende Tabelle zeigt die ab 1. Juli 1991 in den alten Bundesländern geltenden Zähltakte bzw. die in den neuen Bundesländern
geltenden Zähltakte, wenn dort keine Anpassung durchgeführt würde: Verkehrsrichtung Verzonung
ABLNBL
Normaltarif Regionalzone )
2)
NBL—ABL
Billigtarif
Normaltarif
Billigtarif
bis50 km
60 Sck
120 Sek
-
_
Weitzone über 50 km
21 Sek
42Sck
_
-
Ortszone nur Berlinverkehr
2
360 Sek
a
360 Sek
1 Tarifeinheit | 1 Tarifeinheit 5 3)
Zonel
_
-
60 Sek
60 Sek
Zone Il
-
-
20 Sek
30 Sek
Zone Ill
-
-
10Sek
15 Sek
D Maßgebend
ist die Tarifentfernung
West und im Verkehrsgebiet Ost
zwischen
den
Hauptvermittlungsstellen
im Verkehrsgebiet
> Bei einer Wählverbindung von Berlin (West) nach Berlin (Ost) » Bei einer Wählverbindung von Berlin (Ost) nach Berlin (West)
163
Folgende Harmonisierung der Zähltakte gilt mit Wirkung vom 1. Juli 1991: B Verzonung
aka
Normaltarif
Harmonisierung
Billigtarif
Normaltarif
Billigtarif
Regionalzone bis 50 km
60 Sek
120 Sek
unverändert | unverändert
Weitzone über 50 km ABL-NBL
21 Sek
42 Sek
unverändert | unverändert
Berlinverkehr West— Ost
360 Sck
360 Sek
unverändert | unverändert
Berlinverkehr Ost— West
1 Tarifeinheit | 1 Tarifeinheit | 1 Tarifeinheit | 1 Tarifeinheit
Zonel NBL>ABL
60 Se Sek
60 Sek
60 Sek
60 0 Se Sek 1)
Zonell NBL-ABL
2 0 Sck
30 Sek
21Sck
42 2 Sek D
Zone Ill
10Sek 0Se
15Sek
21Sek se
42 Sek
NBL>ABL
Soweit die technischen Voraussetzungen gegeben sind, werden nach den Regelungen der alten Bundesländer bereits die Zähltakte der Regionalzone 60/120 Sekunden
angewendet.
Die Harmonisierungsmaßnahme stellt einen ersten Schritt dar. Soweit örtlich die technischen Voraussetzungen nicht gegeben sind, können einzelne Maßnahmen auch erst im Laufe des 2. Halbjahres 1991 realisiert werden. Zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 1993 soll die Einführung von Nahdienst
und Regionalverzonung nach dem Entfernungsmeßpunkt-Verfahren zu Zielen in den neuen Bundesländern realisiert werden. Dabei ist zu beachten, daß aufgrund örtlicher Gegebenheiten sich dieser Termin um bis zu zwei Jahren verschieben kann.
Die Harmonisierung der Ortstarife in Berlin und die Einführung des Nahtarifs in Berlin erfolgt mit der Ortsnetz-Vereinigung und Umrüstung der Ortsvermittlungsstellen in Berlin (O) auf Ortszeitzählung. Dies ist für 1992 vorgesehen. Solange muß die bestehende Tarifierung beibehalten werden.
164
Weitere Harmonisierungsmaßnahmen bei Verkehrstarifen in den alten und neuen Bundesländern Harmonisiert werden mußten außerdem
die Tarife für
— Wählverbindungen in das Ausland und — handvermittelte Verbindungen
(In- und Ausland).
Hier werden die bisher in den alten Bundesländern gültigen Tarife übernommen.
Mit Wirkung vom 1. Juli 1991 an wurden die Verbindungen nach Polen zur Europazone 1 mit Zähltakten 12 Sekunden (Normaltarif) / 16 Sekunden (Billigtarif) zugeordnet. Der Zähltakt für weiterführende Wählverbindungen bei Nutzung des Leistungsmerkmals Anrufweiterschaltung wurde ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juli 1991 an von 10,667 Sekunden auf 12 Sekunden verlängert. Nach dem Beitritt der neuen Bundesländer ist Polen ein Nachbarland der Bundesrepublik Deutschland und ist somit von der Europazone 2 (Zähltakt 10,667 Sek.) in die Europazone 1 (12/16 Sek.) einzuordnen. Die mögliche Bildung von zwei Grenzzonen wurde vorerst nicht berücksichtigt, da nur ein sehr geringes Verkehrsvolumen aus dem an Polen grenzenden Gebiet der neuen Bundesländer
zu betrachten
wäre.
Die
Einführung
von
Grenzzonen
mußte
zurückgestellt werden, bis der Netzausbau in den neuen Bundesländern eine genaue Beurteilung erlaubt. Ortsverbindungen zu Telefonseelsorgeanschlüssen werden in den alten Bundesländern
nur mit einer Tarifeinheit je Gespräch
tarifiert. Eine
Regelung besteht in den neuen Bundesländern nicht.
entsprechende
Da der finanzielle Aufwand zur Schaffung der Sondertarifierung in den neuen
Bundesländern wesentlich größer als die „Ausschüttung“ an die Kunden ist, wird
den Seelsorgeträgern eine volkswirtschaftlich sinnvollere Lösung angeboten, die zum Zeitpunkt der Einführung der Sondertarifierung noch nicht zur Verfügung stand. Hierfür bieten sich Service-130-Anschlüsse an, mit denen auch die derzeit bestehenden anderen aktuellen Probleme im Zusammenhang mit Telefonseel-
sorgeanschlüssen gelöst würden: — Verbindungen erscheinen nicht auf dem Einzelgebührennachweis (EGN), —- Keine zusätzlichen Investitionen für die spezielle Technik erforderlich, — Zusätzlicher Aufwand für die Erfassung der besonderen Tarifierung entfällt.
Es werden deshalb mit den Seelsorgeträgern Gespräche über den Einsatz von Service-130-Anschlüssen für die Telefonseelsorge in den neuen Bundesländern und die damit zusammenhängenden Gebührenfragen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung aufgenommen. Spezielle Telefonseelsorgeanschlüsse mit einer Technik, wie sie in den alten Bundesländern eingesetzt ist, sollen in den neuen Bundesländern nicht mehr eingerichtet werden.
165
6. Dem Kunden zugewandt Matthias Weber
Wie bewerten Kunden in den neuen Bundesländern gegenwärtig ihr Verhältnis
zur Telekom
? Sehen
sie sich noch als Antragsteller bei einer Behörde
oder
erteilen sie als Kunde ihrem Dienstleistungsunternehmen Telekom einen Auftrag, wenn sie z.B. einen Telefonanschluß haben wollen ? Sehen sich die Kunden einem undurchsichtigen Beamtenapparat gegenüberstehen, der nach für sie nicht nachvollziehbaren
Kriterien Anschlüsse
vergibt,
oder wenden
sie sich an ein
leistungsfähiges Dienstleistungsunternehmen, das individuelle Lösungen für ihre Telekommunikationsprobleme bietet ? Erfahrungsgemäß werden sich die Antworten bei der Mehrheit in den neuen Bundesländern noch dem ersten Teil der Fragen nähern. Ein auf jahrzehntelanger Erfahrung mit der Deutschen Post und auf fünf Jahrhunderten Postgeschichte basierendes Bild in den Köpfen der Menschen läßt sich nicht in wenigen Monaten grundlegend verändern. Da, wo noch vor kurzem Antragsteller abgefertigt wurden, sollen jetzt Kunden bedürf-
nisgerecht bedient werden?
Solange in den neuen Bundesländern auf Grund der bis zur Wiedervereinigung völlig unzureichend ausgebauten Telekommunikations-Infrastruktur, Telefonanschlüsse, Datenleitungen etc. noch Mangelware sind, wird ein solcher Wandel
für den Kunden nur schwer nachvollziehbar sein. Auch wenn die Zielsetzungen des Programms
„Telekom
2000“
mit z.B.
500 000 neuen
Telefonanschlüssen
allein 1991 hier einen deutlichen Aufwärtstrend signalisieren, sind technische
Verbesserungen allein nicht ausreichend. Um die neuen Leistungen des Telekom-Unternehmens erlebbar zu machen, war es erforderlich, die Schnittstellen zum Kunden, den Vertrieb und den Service, neu zu definieren und so zu gestalten, daß sie den Wünschen der Kunden und den veränderten Marktstruktu-
ren Rechnung tragen.
Für ein Unternehmen, dessen Investitionen und Leistungen zum überwiegenden Teil für die Kunden nicht sichtbar in unterirdischen Kabeln und hochtechnisierten Einrichtungen erbracht werden, ist dies nicht ganz einfach. Der Kunde erlebt das Unternehmen über die Qualität und Attraktivität des Dienste- und Endgeräteangebotes, die Leistungsfähigkeit des Servicebereiches und nicht zuletzt über
die Kompetenz der Mitarbeiter, über die der Kunde in Kontakt zur Telekom tritt. 167
6.1 Ausgangsbedingungen und Zielstellung Ausgangssituation Auf welchen Grundlagen baut nun die Telekom Kunden in den neuen Bundesländern auf?
ihre Beziehungen
zu den
Bei der Übernahme der Deutschen Post durch die Deutsche Bundespost Telekom waren als Anlaufstellen für Kunden 107 Anmeldestellen für Fernmeldeeinrichtungen vorhanden, die bei ca. 1,3 Mio aufeinen Anschluß wartenden Kunden
überwiegend mit der Verwaltung des Mangels, der Bearbeitung von Beschwerden und der Beantwortung von Nachfragen beschäftigt waren. Ein Verkaufen
von Telefonanschlüssen oder anderen Telekom-Produkten war nicht erforderlich
- es gab 1,8 Mio Teilnehmer, die in der glücklichen Lage waren, ein Telefon zu besitzen und 1,3 Mio Antragsteller, die, mehr oder weniger friedlich, seit Jahren
(zu 50% sogar seit über 10 Jahren) auf die „Zuteilung“ eines Telefonanschlusses
warteten.
Dementsprechend zeigt sich auch in der Anschlußdichte bei Privatkunden mit 17 Telefonanschlüssen auf 100 Haushalte im Vergleich zu den alten Bundesländern
mit 95 Telefonanschlüssen auf 100 Haushalte ein großes Mißverhältnis von 1:6.
Hinzukommt, daß ca. 98% dieser Anschlüsse sich als Gemeinschaftsanschlüsse eine Amtsleitung teilen mußten. Aus diesen Gründen ist es nicht verwunderlich, daß der eigene Telefonanschluß in den neuen Bundesländern weit vorn in der
Wunschliste der Bürger steht.
Hatte man doch das Glück oder Privileg, einen Telefonanschluß zu bekommen,
so bestand die verfügbare Endgerätepalette im wesentlichen aus technisch veralteten und störanfälligen elektromechanischen Anlagen und einigen wenigen, weder in Komfort noch in Design zufriedenstellenden Telefonapparaten. Doch
nicht nur die Endgeräte
wiesen
erhebliche
Mängel
auf.
Auch
die zur
Entstörung von Telefonanschlüssen verfügbaren Prüf- und Meßgeräte mit dem
Entwicklungsniveau der 50er Jahre waren technisch überholt und verschlissen.
Abgesehen von den Einschränkungen durch die Benzinkontingentierung, mußte der frühere Entstörungsdienst seine Aufgaben mit durchschnittlich einem Fahrzeug, das auch ein Moped sein konnte, für je 2-3 Entstörer bewältigen. Um so erstaunlicher, daß im Bereich der Instandhaltung dank der Improvisationsfähigkeit der Servicekräfte dennoch akzeptable Leistungen erzielt wurden.
Vom Antragsteller zum Kunden Die drastischen Veränderungen am Markt sowie die bisher nicht praktizierte Kundenausrichtung der ehemaligen Deutschen Post machten es notwendig, ein kunden- und marktorientiertes Bewußtsein bei den Mitarbeitern in den Tele168
kom-Dienststellen der neuen Bundesländer völlig neu zu schaffen. Der frühere
Versorgungsauftrag umfaßte lediglich die Bereitstellung eines Standardtelefons;
der Verkauf der wenigen alternativen Telefonapparate war nach staatlichem Beschluß nicht Sache der Deutschen Post. Bei Text- und Datendiensten sah dies nicht wesentlich anders aus. Worte wie „Vertrieb“ und „Marketing“ waren bei der Deutschen Post Fremdworte. Einerseits ist es demzufolge erforderlich, Verständnis dafür zu entwickeln, daß nur die Kenntnis des Marktes, der realen Kundenbedürfnisse und der daraus
resultierenden Anforderungen an die Telekom auch ein bedarfs- und marktge-
rechtes Handeln
des Unternehmens
ermöglichen.
Andererseits
müssen
dafür
sowohl die technischen und personellen als auch die organisatorischen Voraussetzungen vorhanden sein.
Das beträchtliche Defizit in der Telekommunikations-Infrastruktur aus 40 Jahren Mangelwirtschaft bewirkt naturgemäß einen sehr großen Nachfrageüberhang. Daraus nun aber zu schlußfolgern, daß auch ohne eine verstärkte Hinwendung zum Kunden für die Telekom genug Marktpotential existiert, wäre mit Sicherheit nicht nur in den Wettbewerbsbereichen die falsche Entscheidung. Durch die im Einigungsvertrag festgelegte Fortgeltung der Fernsprechanordnung der ehemaligen Deutschen Post bis Ende 1991 bestehen in einigen Bereichen zwar noch besondere Regelungen. Trotzdem gilt es wie in den alten Bundesländern, den Veränderungen der Marktstrukturen die sich aus der Öffnung des Telekommunikationsmarktes für den Wettbewerb auf der Grundlage des Poststrukturgesetzes ergeben, Rechnung zu tragen.
Die Öffnung des Endgerätemarktes, durch die das Monopol der Telekom nun
bereits
am
Netzabschluß
endet,
bewirkt
ein hohes
Maß
an Aktivitäten
Mitbewerbern auf traditionellen Geschäftsgebieten der Telekom.
von
Weitere äußere Faktoren, wie die Entstehung eines europäischen Binnenmarktes, die zunehmende Bedeutung komplexer internationaler Telekommunikationslösungen und das hohe Tempo technischer Innovationen verlangen sowohl in West als auch in Ost ein neues Agieren der Telekom am Markt. Voraussetzung
war und
ist es, die Mitarbeiter
in diesen
Bereichen
darauf
einzustellen, daß alle Dienste und Endeinrichtungen der Telekom, d. h. sowohl
die Anschlüsse, die Serviceleistungen, die Übermittlungsleistung selbst als auch
die Telekommunikationsanlagen, Telefone, Telefaxeinrichtungen etc. als Produkte des Dienstleistungsunternehmens Telekom verkauft werden müssen. Diese so einfache Forderung bedeutet das Umdenken vom Behördenverständnis in kundenorientiertes Vertriebsverhalten eines Unternehmens. In den neuen Bundesländern
wird deshalb, so wie in den alten Bundesländern,
eine den unterschiedlichen Ansprüchen des Marktes adäquate Organisations-
struktur in den kundennahen Bereichen, d.h. also in erster Linie im Vertrieb und im Telekom-Service, aufgebaut.
169
Die Netzinfrastruktur — Voraussetzung für ein bedarfsgerechtes Angebot der Telekom
Trotz des rasanten Wachstums neuer Telekommunikationsdienste nimmt die Sprachkommunikation mit über 80 % auf absehbare Zeit noch unangefochten den Spitzenplatz in der modernen Telekommunikation ein. Dessen ist sich auch die Telekom bewußt, wenn sie mit ihrem 55 Milliarden DM - Programm als mit Abstand größter Einzelinvestor in den neuen Bundesländern die Telekommuni-
kations-Infrastruktur bis 1997 auf westliches Niveau bringen will.
Allein 1991 werden ca. 7 Milliarden DM eingesetzt, um damit u.a. 500 000 Telefonanschlüsse neu zu schaffen. Um diesen immerhin 10fachen Zuwachs des Jahres 1989 in einem Jahr zu erreichen, ist Geld allein aber noch nicht ausreichend.
Für den Neubau von über 2000 Vermittlungsstellen sind Eigentumsfragen zu den Baugrundstücken zu klären, und ganze Landesteile müssen sozusagen umgegra-
ben werden, um tausende Kabelkilometer neu zu verlegen.
Zwei im technischen Niveau, den Standards, Betriebsbedingungen sowie Organi-
sationsprinzipien völlig unterschiedliche Netze müssen zu einem Telekommunikationsnetz mit einheitlicher Rufnummerngestaltung und gleichen Tarifen zu-
sammengeführt werden. Und nicht zuletzt müssen hochqualifizierten Arbeitskräfte vorhanden sein.
die dafür erforderlichen
Nachrichtenfachleute sind nicht einfach „aus dem Boden zu stampfen“. Über 40 000 Mitarbeiter in den neuen Bundesländern müssen in neuen Techniken,
Technologien und Arbeitsaufgaben ausgebildet werden, ohne daß dabei Tempoverluste bei der Erfüllung der geplanten Ziele entstehen.
Wunder kann die Telekom nicht vollbringen, mit der Bewältigung des eigentlich Unmöglichen haben wir aber bereits begonnen. In Rekordzeit wurden die ersten modernen digitalen Vermittlungsstellen in Leipzig und die internationale Vermittlungsstelle in Berlin errichtet. Die Inbetriebnahme des digitalen Fernnetzes im Juli 1991 mit Vermittlungsstellen in Rostock, Neubrandenburg, Magdeburg, Berlin, Leipzig, Dresden, Chemnitz und Erfurt bewirkte eine deutliche Verbesserung des Telefonverkehrs innerhalb der neuen Bundesländer, aber vor allem auch in die alten Bundesländer. Mit dem Einsatz unkonventioneller Methoden, wie Aufstellung von Containervermitt-
lungsstellen, Errichtung schlüsselfertiger Teilnetze durch leistungsfähige Industrieunternehmen in sogenannten „Turn-Key“- Projekten oder auch durch zeitsparende Verlegung von Kabeln in oberirdischer Bauweise wurde die beispiellose Aufholjagd der Telekom bereits eingeleitet. Der in der Vergangenheit bei der Ost-West-Kommunikation mit dem Geduldsspiel des Verbindungsaufbaus strapazierte Kunde wird die mit diesen Maßnahmen erzielten Verbesserungen zu schätzen wissen. Immerhin erhöht sich 1991 die Anzahl der Leitungen von West nach Ost im Vergleich zu 1989 auf das 20fache, in umgekehrter Richtung sogar um das 130fache.
170
Saßnitz
Stralsund Rostock
eo.
A Wismar
A
°
A
Güstrow
A ®
Schwerin
Neubrandenburg
wittstock
A Neuruppin
Strausberg
Berlin
h
Rathenow A
h
o
Frankfurt/
Potsdam
h
®
Brandenburg
o
Magdeburg Wernigerode
A Dessau Aköthen Eilenburg
Nordhausen A A
eo
+
®
Leipzig
Haben
a
Mühlhausen Erfurt
Eisenach
Bautzen
Görlitz
A
Dresden
Weimar Chemnitz
A
Azwickau Auerbach
®
IImenau Meiningen Ya
Bild 6.1:
Sonneberg
A
Standort
Telebüro
1991
Telebüros in den neuen Bundesländern
171
Da die Versorgung mit Telefonanschlüssen insbesondere für Geschäftskunden eine Frage des Überlebens ihres Unternehmens und damit nicht zuletzt auch des Erhalts von Arbeitsplätzen bedeutet, ist die zunächst vorrangige Einrichtung von Telefonanschlüssen bei Geschäftskunden sicher eine richtige Entscheidung - im Interesse des Gemeinwohls und damit im weiteren Sinne auch im Interesse der Privatkunden der Telekom. Um Gewerbetreibenden kurzfristig auch verbesserte Möglichkeiten zur unkomplizierten Kommunikation mit den alten Bundesländern und in das westliche Ausland zu geben sowie die Nutzung von Telefax zu ermöglichen, wurde speziell für die neuen Bundesländer eine neue Form öffentlicher Kommunikationsstellen
geschaffen. Es handelt sich dabei um die „Telebüros“. Die ersten dieser Einrichtungen stehen in Potsdam, Leipzig, Suhl, Ilmenau, Dresden, Berlin-Marzahn, Neubrandenburg und Wernigerode zur Verfügung. Weitere werden in allen
größeren Orten folgen (s. Bild 6.1).
Dem Kunden eine zeitgerechte, moderne Telekommunikation zu ermöglichen, bedeutet aber nicht nur im Bereich der traditionellen Telefonie ein bedarfsgerechtes Niveau zu gewährleisten. Die moderne Wirtschaft ist ohne die enge Verflechtung von Kommunikation und Computer über leistungsfähige Datenübertragungsmöglichkeiten nicht mehr denkbar. Zeitkritische Steuerungen komplexer Prozesse und wettbewerbsfähiges Manage-
ment erfordern Flexibilität und vor allem Mobilität der Kommunikationsmittel. Neben dem Telefon sind daher auch andere Dienste dringend gefragt. So hat z.B. die Telekom auf dem Gebiet der Datenübertragung schnell und unbürokratisch
gehandelt und mit moderner Technologie Soforthilfe angeboten. Über das telekomeigene Satellitensystem Kopernikus sowie über Eutelsat haben wir in den neuen Bundesländern Datenübertragung schnell möglich gemacht. Etwa 300 Empfangsstationen wurden dafür bereits errichtet, 500 weitere folgen noch 1991. Weiterhin wurde mit dem Aufbau eines Datex-P-Netzes begonnen, das schon im
April 1991 2500 Anschlußmöglichkeiten bot und weiter ausgebaut wird. Dazu
kommen in diesem Jahr ca. 10000 Telefax- und 1000 Telexanschlüsse neu hinzu.
Im Mobilfunk wurden bis Ende 1990 bereits 250 Sprechkanäle für das Mobiltele-
fonnetz C eingerichtet. Bis Ende dieses Jahres soll dieses Netz überwiegend flächendeckend ausgebaut sein. Die Zahl der Sprechkanäle wird auf 3400
ansteigen und damit Kapazität für bis zu 70 000 Teilnehmer bieten. Parallel dazu werden die meisten Städte mit mehr als 30 000 Einwohnern mit Cityruf versorgt. Das Betriebsfunknetz Chekker wird in acht großen Städten verfügbar sein. Zur kurzfristigen Verbesserung der Telefoniermöglichkeiten für alle Bürger hat die Telekom
auf dem
Gebiet der öffentlichen Kommunikationsstellen bereits
1990 ein umfangreiches Programm
neuen öffentlichen Telefonen deutlich verbessern.
1991
gestartet. Mit der Errichtung von 10 000 wird
sich
auch
hier die Situation
weiter
Um unter anderem dem angewachsenen Problem der Zerstörung und Beraubung
von Münztelefonen entgegenzuwirken, werden 30 % dieser öffentlichen Telefo172
ne als moderne
Kartentelefone
errichtet.
Der
Anteil
der Kartentelefone
Neuinstallationen wird sich in den folgenden Jahren auf ca. 60% erhöhen. Die ersten 600 Kartentelefone wurden Dezember
bei
bereits im Zeitraum von August bis
1990 in Leipzig, Dresden und Berlin in Betrieb genommen.
Gleichzeitig werden neue, attraktive und pflegeleichte Telefonhäuschen einge-
setzt. In Dresden und Leipzig wurden bereits sämtliche alten Telefonhäuschen ersetzt, weitere Orte folgen Zug um Zug.
6.2 Vertriebs- und Service-Organisation Die Telekom - Organisation Der Aufbau der dargestellten infrastrukturellen Voraussetzungen in den neuen Bundesländern
konnte
mit der vorgefundenen
Organisation
der ehemaligen
Deutschen Post nicht zum Erfolg geführt werden. Die schnelle Schaffung einer leistungsfähigen Telekom - Organisation war deshalb eine zwingende Notwendigkeit. Um
dies sicherzustellen,
wurden
die landesbezogenen
Direktionen
Telekom
sowie die 1990 neu entstandenen 15 Fernmeldeämter nach dem 3. Oktober 1990 in einem Partnerschaftsprogramm
unter der Bezeichnung
„Fernmeldeamt
90“
durch Teams aus den alten Bundesländern an die Strukturen der Deutschen
Bundespost Telekom angepaßt.
Daß dieses einzigartige Programm nicht ohne Komplikationen und Reibungsver-
luste erfolgte, ist sicher nachvollziehbar. Mit diesem Programm wurde allerdings
erreicht, daß nicht nur für den Augenblickserfolg, sondern durch Änderung der
amtsinternen Organisation die Voraussetzungen für die kontinuierliche Entwicklung einer leistungsfähigen Telekommunikations-Infrastruktur in den neuen Bundesländern geschaffen wurden. Daß dabei trotzdem auch die Sofortmaßnah-
men zur Beseitigung der kritischsten Engpässe nicht zu kurz kamen, ist in erster Linie den frühzeitig installierten Partnerbeziehungen zwischen Telekom-Dienst-
stellen West und den entsprechenden Dienststellen in den neuen Bundesländern sowie dem oftmals unkonventionellen und engagierten Einsatz der Mitarbeiter in beiden Bereichen zu verdanken.
Mit diesen grundlegenden Neustrukturierungen wurden insbesondere auch in den kundennahen Dienststellen der Telekom die Voraussetzungen für den
Aufbau der im folgenden näher vorgestellten marktgerechten Organisationsform geschaffen. Der Telekom - Vertrieb
Da bei der Deutschen Post kein Vertrieb existierte, mußte, um den Kunden der
Telekom die breite Palette von Dienstleistungen und Endgeräten anbieten zu 173
können, innerhalb kürzester Zeit ein komplett neues Vertriebssystem, angefan-
gen von den Verkaufseinrichtungen über Liefer- und Bestellsysteme, umfangreiche Personalweiterbildung bis hin zu Produktinformationen und Prospektmaterial geschaffen werden.
Wenn es auch vorläufig leider noch nicht möglich ist, jedem Kunden kurzfristig den gewünschten
Anschluß
anbieten zu können,
so sind die neuen Vertriebs-
dienststellen zumindest in der Lage, aufgrund der Planungen des Programms
Telekom 2000 ausführlich über vorgesehene Netzausbaumaßnahmen und damit über zu erwartende Bereitstellungstermine zu informieren. Interessierte Kunden können von den Vertriebsdienststellen der Telekom nunmehr auch in den neuen
Bundesländern fachkundige Beratung über Telekom-Produkte sowie individuelle Angebote erhalten und die gewünschten Endeinrichtungen erwerben.
Die neue Vertriebsorganisation unterschiedlichen
Bedürfnissen
und der unterschiedlichen (s. Bild 6.2).
orientiert sich dabei in erster Linie an den
von
Kundengruppen
Komplexität
der von
aufgrund
ihnen
ihrer
genutzten
Größe
Produkte
Da ist zum ersten die zahlenmäßig umfangreiche Gruppe der Privatkunden, d.h. der Kunden, die für den privaten Bedarf im allgemeinen einen Telefonanschluß,
ein modernes Telefon und ggf. als Zusatzeinrichtungen z. B.einen weiteren Telefonapparat, einen Anrufbeantworter oder eine zusätzliche Klingel benöti-
gen.
Zum anderen sind es die Geschäftskunden, die in der Regel für den gewerblichen Bedarf weitaus umfassendere Interessen haben, sei es eine Telekommunikationsanlage, ein Datenanschluß, Mobilfunk o. ä.
Dieser Unterteilung folgend, wurden wie in den alten Bundesländern bei allen Fernmeldeämtern spezielle Dienststellen für den Privatkundenvertrieb und den
Geschäftskundenvertrieb eingerichtet.
Der Privatkundenvertrieb
Der Privatkundenvertrieb stützt sich vorrangig auf die vorhandenen Anmelde-
stellen, die in Vertriebsbezirke umgewandelt werden. Obwohl aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Anzahl dieser von der Deutschen Post übernommenen Dienststellen als zu hoch betrachtet werden muß, wurde dieses relativ dichte Netz im Interesse kurzer Wege für unsere Kunden vorläufig weitestgehend beibehal-
ten.
Selbstverständlich werden diese Dienststellen zügig auf ein in Service, Attraktivität und Ausstattung zeitgemäßes Niveau gebracht. Trotz der bestehenden Perso-
nalprobleme wurden gleichzeitig die in der Vergangenheit am Behördenstatus orientierten Öffnungszeiten kundenfreundlicher gestaltet. Durch die zügige Einführung neuer Arbeitsabläufe, den tatsächlichen Belastungen der Dienststel174
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175
len entsprechende Neubemessungen
des Personals sowie Erneuerung der Aus-
stattungen der früheren Anmeldestellen wird kontinuierlich eine Verringerung der Wartezeiten für Besucher und eine Beschleunigung von Bearbeitungsvorgängen erreicht.
Darüberhinaus setzt der Privatkundenvertrieb modern gestaltete Telekomläden in zentralen Stadtlagen ein. Vorgesehen sind zunächst 5 repräsentative Telekomläden an den Standorten der Direktionen Telekom sowie kleinere Vertriebspunkte. Bereits eröffnet wurde ein als Pilotlösung dienender Telekomladen in Wernigerode (s. Bild 6.3). Der Privatkunde, der über einen Anschluß verfügt, kann schon jetzt aus einer
breiten Palette von Telefonen den seinen Wünschen entsprechenden Apparat
auswählen. Selbstverständlich werden sowohl Kauf als auch Miete als Überlas-
sungsformen angeboten.
Bild 6.3: Telekomladen Wernigerode
176
Für Kunden, die die bequeme Bestellung von zu Hause aus einer persönlichen Beratung in den Vertriebseinrichtungen der Telekom vorziehen, ist der Telekom-Versandhandel
die richtige
Alternative.
Unter
der Devise
„einfach
ge-
schickt“ bietet der Telekom-Versand die bequeme Bestellung per Katalog an.
Der Geschäftskundenvertrieb
Anders als der Privatkundenvertrieb muß sich der Geschäftskundenvertrieb auf zahlenmäßig geringere, aber anspruchsvollere Anforderungen einstellen. Die Unterbreitung eines den Interessen des Kunden entsprechenden Angebotes setzt neben ausgezeichneten Fachkenntnissen der Telekom-Produkte auch die Kenntnis der konkreten technischen, räumlichen und organisatorischen Bedingungen vor Ort beim Kunden voraus. Nur im Dialog kann es gelingen, auf die Wünsche des Kunden zugeschnittene Lösungen zu entwickeln, Angebote zu unterbreiten und die Basis für eine langfristige, auf Vertrauen beruhende Kundenbeziehung herzustellen. Diesen Aspekten trägt die Organisation des örtlichen Geschäftskundenvertriebs Rechnung, in dem nicht nur an den Standorten der Fernmeldeämter, sondern auch in abgesetzten Vertriebsteams Kundenberater vor Ort zur Verfügung stehen. Welche Bedeutung die Telekom gerade dem Geschäftskundensegment zumißt, mag man daraus erkennen, daß für die Aufbauphase der Dienststellen des örtlichen Geschäftskundenvertriebs am Sitz jeder Direktion Telekom zusätzlich Organisationseinheiten, die den örtlichen Geschäftskundenvertrieb bei der Realisierung des Vertriebs und der Kundenberatung unterstützen, eingerichtet wurden. Der Geschäftskundenvertrieb bietet auch den Kunden in den neuen Bundeslän-
dern ein umfassendes Angebot an Telekom-Produkten an. So reicht zum Beispiel
die Palette von Telekommunikationsanlagen von kleinsten Systemen wie „focusD“ über Anlagen mittlerer Größe, wie „connex C“, bis zu großen auf über 3000
Anschlüsse ausbaufähigen „octopus“-Anlagen. Eine Aufführung aller Typen von Mobilfunk-, Telefax-, Telex-, Daten- und sonstigen Endeinrichtungen bzw. Diensten, die von der Telekom
angeboten werden, würde den Rahmen
dieses
Beitrages sprengen. Immerhin umfaßt das Angebot der Telekom ca. 740 verschiedene Produkte.
Bereits weit vor dem Termin der deutschen Wiedervereinigung hat die Telekom damit begonnen, auf der Basis von Partnerschaftsbeziehungen zwischen Fernmeldeämtern-West und -Ost Kunden mit modernen Telekommunikationsanlagen auszurüsten. Damit konnte neben dem komplizierten Aufbau des Vertriebssystems bereits in unkonventioneller Art den ersten Geschäftskunden beim neuen Anfang mit dringend benötigten Telekommunikationsmitteln geholfen 177
werden. Dabei soll nicht darüber hinweggetäuscht werden, daß es auch Probleme
gab und gibt.
Abgesehen von der noch bestehenden Mangelsituation bei der Bereitstellung von Anschlüssen waren viele technische und organisatorische Anpassungsprobleme zu überwinden. Hersteller mußten sich auf den zusätzlichen Bedarf mit ihrer Produktion einstellen, und logistische Schwierigkeiten führten zu unbefriedigenden Lieferfristen. Diese
auch
in anderen
Branchen
mit der Wiedervereinigung
anzutreffenden
Erscheinungen gehören aber inzwischen weitestgehend der Vergangenheit an.
Die Betreuung von Großkunden Neben dem örtlichen Geschäftskundenvertrieb dienen regionalisierte Geschäftsstellen der Telekom, kunden. Aufgabe
dieser
das Großkundenmanagement,
Geschäftsstellen
ist es, jeweils
der Betreuung von Groß-
namentlich
zugeordnete
Ge-
schäftskunden der Telekom, d.h. große Unternehmen mit mehreren Betriebstei-
len oder Filialen und hohem Telekommunikationsbedarf zu beraten und die Ausführung von Leistungen für diese Kunden durch Dienststellen mehrerer Fernmeldeamts- bzw. Direktionsbereiche zu veranlassen und zu koordinieren. Viele der ehemals großen Unternehmen in den neuen Bundesländern werden im
Rahmen der Sanierung und Privatisierung in kleinere Einzelunternehmen aufgegliedert oder unterliegen der Abwicklung, so daß neue Großkunden z.Zt. im wesentlichen nicht identifizierbar sind. Dagegen expandiert eine Vielzahl der in den alten Bundesländern ansässigen Großkunden in die neuen Bundesländer. Ihre Betreuung erfolgt nach dem Grundsatz, daß ein Kunde möglichst nur einen ihm vertrauten Ansprechpartner bei der Telekom haben soll, weiterhin durch das zuständige Großkundenmanagement am Sitz der jeweiligen Unternehmenszentrale. Im Rahmen
des wirtschaftlichen Aufschwungs in den neuen Bundeslän-
dern wird die Telekom Wirtschaft anpassen.
die Großkundenorganisation
den
Bedürfnissen
der
Der Spezialvertrieb Als weiterer nicht weniger bedeutsamer Bestandteil des Geschäftskundenvertriebs sind die Spezialvertriebe zu nennen. Diese ebenfalls über das gesamte Bundesgebiet regionalisierten Dienststellen haben die Aufgabe, Geschäftskun-
den mit sehr spezifischen Interessen zu bedienen. Dazu gehören u.a. auf Satellitennutzung gestützte Dienste wie „DAVID“, „DIVA“ und „DASAT“, überre-
gionale bzw. internationale Vernetzungen insbesondere im Datenbereich, Mo-
bilfunkanwendungen
178
sowie die Bereitstellung von Videokonferenzmöglichkei-
ten. Soweit für die Produkte des Spezialvertriebs in den neuen Bundesländern die technischen Realisierungsbedingungen bereits gegeben sind, werden interessier-
te Kunden wegen des sehr spezifischen und in der Regel nur selten benötigten
Spezialwissens vorläufig im Rahmen der Partnerschaftsbeziehungen durch Fachpersonal der Spezialvertriebe-West betreut. Entsprechend dem Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur und der Entwicklung der Kundenanforderungen werden mittelfristig auch in den neuen Bundesländern Spezialvertriebseinheiten entstehen. Bereits erfolgt ist dies mit der Schaffung eines Spezialvertriebes für Bild- und Breitbandkommunikation in Leipzig.
Der Telekom - Service
Komplettiert wird die Kundenorganisation der Telekom durch die Dienststellen des Telekom-Service, der für die Einrichtung und Instandhaltung aller Arten von
Telekommunikationseinrichtungen bei den Kunden der Telekom verantwortlich
ist.
Der Telekom-Service faßt den früheren Entstörungsdienst für Fernsprechanschlüsse mit 179 zentralen Entstörungsstellen und ca. 6000 Mitarbeitern in der Störungsannahme und im Außendienst, sowie den für die Ersteinrichtung von Fernsprechanschlüssen zuständigen, sogenannten Sprechstellenbau mit ca. 2000 Mitarbeitern in einer neuen Organisation zusammen.
Das Programm Telekom 2000 stellt an den Telekom-Service außerordentlich hohe Ansprüche. Abgesehen von der bereits durch den maroden Zustand des vorhandenen Fernmeldenetzes und den teilweise hochgradig verschlissenen Endeinrichtungen verursachten Arbeitsbelastung, ist es letztendlich der TelekomService, der die hohen Zuwachsraten des Programms Telekom 2000 unmittelbar beim Kunden zu realisieren und zu betreuen hat. Schnelle Verbesserungen der
Leistungsfähigkeit in diesem Bereich sind somit unumgänglich.
Die weitestgehend bereits eingeleitete Ausstattung des Telekom-Service
mit
modernen Hilfs- und Arbeitsmitteln ist eine noch relativ leicht zu lösende Maßnahme. So wurden bisher allein für den Telekom-Service 2000 neue Autos eingesetzt, weitere Fahrzeuge, Prüf-, Meß- und andere Arbeitsmittel folgen Zug um Zug.
Komplizierter stellt sich die Situation in den personellen Voraussetzungen dar. Die breite Vielfalt neuer Produkte
aber auch
neuer Arbeitsmittel,
die es zu
beherrschen gilt, sowie das teilweise auf das 1Ofache angewachsene Arbeitspensum erfordern einerseits sowohl in technischen als auch verwaltungstechnischen Bereichen umfassende Qualifikationsmaßnahmen und setzen andererseits auch
neue Arbeitsweisen voraus. Erstmalig werden in den neuen Bundesländern, so z.B. bei einer überdurchschnittlichen Konzentration von Telefon-Neueinrich-
tungen, kleine und mittlere Handwerksbetriebe bei Installationsarbeiten mit einbezogen.
179
Im Dialog mit dem Kunden Durch umfangreiche Pressearbeit in allen Medien, in Zeitungsanzeigen, Telekom-Bürgerzeitungen und Informationsbroschüren, auf Informationstafeln an Telekombaustellen aber auch auf Messen und Ausstellungen in den neuen Bundesländern hat das Unternehmen Telekom frühzeitig und umfassend seine Konzeptionen und Ziele für den Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur aktiv in die Öffentlichkeit getragen. In einer Situation, in der von Normalität der Telekommunikationsverhältnisse noch nicht die Rede sein kann und viele Kunden vorläufig noch mit Wartezeiten auf ihren Anschluß rechnen müssen, ist dies keine einfache Angelegenheit. Die Bürger der neuen Bundesländer wurden in der Vergangenheit von den DDR-Medien permanent mit Erfolgsmeldungen konfrontiert, die in der Realität nicht nachvollziehbar waren. Warum sollten sie jetzt den Informationen der Telekom vertrauen? In dem Bewußtsein, Zweifel, Kritik und ggf. auch Beschwerden bei einzelnen
Kunden hervorzurufen, betrachtet es die Telekom aber als den richtigen Weg, zur Herstellung eines dauerhaften Vertrauensverhältnisses zu Bürgern und Kunden offen, umfassend und so detailliert wie möglich über ihre Ziele und Aktivitä-
ten zu informieren. Die Telekom stellt sich damit ihren Kunden, die ihrerseits die
Möglichkeit haben, diese Aussagen an tatsächlichen Leistungen und Entwicklun-
gen zu messen. Die praktischen Alltagserfahrungen werden die Verbesserungen im Telekommunikationsbereich für die Kunden der Telekom erlebbar machen. Die Publikationen der Telekom sollen dazu beitragen, Informations- und Wissensdefizite abzubauen und sowohl für Privat- als auch Geschäftskunden frühzei-
tig Planungssicherheiten zu schaffen.
6.3 Schlußbemerkungen Mit dem eingeleiteten Wandel des Unternehmens Telekom zu einem modernen kundenorientierten Dienstleistungsunternehmen präsentiert sich auch den Kunden in den neuen Bundesländern ein leistungsfähiger Partner zur Lösung individueller Telekommunikationsprobleme. Die eingeleiteten Veränderungen im Vertriebs- und Servicebereich der neuen Bundesländer gewährleisten, daß die Anstrengungen der Telekom zum Aufbau einer zeitgemäßen Telekommunikations-Infrastruktur unmittelbar und ohne Verzögerung den Kunden unseres Unternehmens zugute kommen. Mit der dargestellten neuen Vertriebs- und Serviceorganisation wird die Telekom mit Sachkompetenz und in hoher Qualität Kundenbedürfnisse anforderungsgerecht erfüllen und damit nicht zuletzt zum wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Bundesländern beitragen.
180
7. Der Ausbau des Fernkabelnetzes durch moderne
Kabelauslege- und Montagetechnologien
Klaus Müller
7.1
Die Rolle der Deutschen Fernkabel-Gesellschaft mbH beim Ausbau des Fernkabelnetzes in Deutschland
Seit nunmehr 70 Jahren erbringt die Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH (DFKG) Leistungen für den Ausbau des Fernkabelnetzes der Deutschen Bundespost Telekom (DBP T) sowie für die technologische Fortentwicklung auf
diesem Sektor. Die Gesellschaft wurde 1921 als Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Reichspost und bedeutender Kabelfirmen in Berlin gegründet.
150000 km Fernkabellinien wurden seitdem von der DFKG realisiert. In der Kupferkabel- und in der Glasfaserkabeltechnologie hat das Unternehmen wichti-
ge Entwicklungsbeiträge geleistet. Seit 1986 ist die DBP T Alleingesellschafter der DFKG.
Unter diesen Voraussetzungen ist der Einsatz der DFKG in den neuen Bundesländern eine konsequente Fortentwicklung gemeinsamer Unternehmenspolitik von Telekom und DFKG. Die Beauftragung der DFKG beim Fernkabelnetzausbau gewährleistet insbesondere, daß das komplexe technische und administrative Regelungswerk der Telekom beachtet wird. Dabei ist die Zusammenarbeit zwischen Telekom und DFKG analog zur Rollenverteilung von Bauherr und Architekt mit Hilfe von Schnittstellen aktiver Kooperation detailliert ausgestaltet.
Das Leistungsspektrum der DFKG betrifft zunächst die Ingenieurleistungen für den Bau von Kabelrohrlinien mit HDPE-Rohren. Diese Leistungen reichen von der örtlichen Trassenauskundung über die Wegesicherung und die Materialbeschaffung bis hin zur Bauoberleitung und der Bestandsdokumentation dieser Linien. In die Kabelrohre werden in einem anschließenden Arbeitsgang die Glasfaserkabel eingezogen und mit eigenen Montagekräften
von Endstelle zu
Endstelle betriebsbereit montiert. Sämtliche erforderlichen Tiefbauleistungen werden unter der Regie der DFKG von qualifizierten Tiefbaufirmen erbracht,
die im Namen und für Rechnung der Telekom von der DFKG beauftragt werden. Für diese vielseitige Aufgabenstellung werden bei der DFKG Nachrichten-, Bau-
und Vermessungsingenieure eingesetzt. Hinzu kommt eine schlagkräftige Montagetruppe.
181
Der erste Auftrag für die DFKG in den neuen Bundesländern betraf die vorgezogenen und kurzfristig zu realisierenden Fernverbindungskabel von Berlin nach Hannover und von Berlin nach Nürnberg. Mit diesen Verbindungen soll dem erheblich gestiegenen Gesprächsbedarf zwischen Ost und West möglichst schnell entsprochen werden. Aufgrund der kurzen Terminstellung (22. Woche 1991) und des relativ hohen Volumens (720 km Fernkabeltrasse) ergab sich zum Jahresanfang 1991 für das Unternehmen die Notwendigkeit, innerhalb von wenigen Wochen die erforderlichen Ingenieurkapazitäten und Infrastrukturen in Ostdeutschland aufzubauen. Glücklicherweise verfügt die DFKG über ein Stammhaus in Berlin, das kurzfri-
stig in diese Unternehmensentwicklung einbezogen werden konnte. Ausschlaggebend für den erfolgreichen Einsatz in Ostdeutschland war jedoch die in 1990
begonnene Kooperation mit dem Zentralen Fernmeldebaubetrieb der ehemali-
gen Deutschen Post. Dieser Betrieb ist in früherer Gestalt zum Kriegsende 1945
aus der schichte von der ker und
damaligen DFKG hervorgegangen. Nach 45 Jahren wechselvoller Gekonnte ein Teil der Mitarbeiter des Zentralen Fernmeldebaubetriebes DFKG übernommen werden. Des weiteren wurden Ingenieure, TechniMontagekräfte auf dem Arbeitsmarkt in Ostdeutschland gewonnen.
Heute läßt sich feststellen, daß sich der Personalbestand des Unternehmens mit
einer Zunahme von ca. 300 Kräften mehr als verdoppelt hat, wobei die Neueinstellungen nahezu ausschließlich in den neuen Bundesländern vorgenommen
wurden. Um
die Unternehmensziele kontinuierlich zu verfolgen, waren außer-
dem Führungskräfte der DFKG bereit, in Ostdeutschland mit Hand anzulegen.
Im folgenden werden insbesondere Aspekte der Kooperation dargestellt sowie Ausführungen zur Bau-, Vermessungs- und bei Fernkabelanlagen der DBP T gemacht. Außerdem werden Einsatzbedingungen infolge äußerst kurzer Ausführungszeiten Fernkabellinien in Ostdeutschland angesprochen.
7.2
mit der DBP T Montagetechnik die besonderen bei den ersten
Zusammenarbeit zwischen der DFKG und der DBP Telekom
Grundsätzliche Aspekte der Zusammenarbeit Die Beziehungen zwischen der Deutschen Fernkabel-Gesellschaft mbH und der Deutschen Bundespost Telekom sind in einem Geschäftsvertrag niedergelegt. Das Vertragswerk vereinbart die Geschäftsgrundlage, regelt die Auftragsverga-
be und die Vergütung und legt die Aufgaben von DFKG
und DBPT
fest. Das
geschäftliche Zusammenwirken zwischen DFKG und DBP T wird im Detail in der Fernmeldebauordnung 18 geregelt. Darin werden die Fernkabelbauvorha182
ben angesprochen, die der DFKG
von der Telekom übertragen werden, und die
Vergabe der Leistungen an die DFKG sowie deren Durchführung spezifiziert. Im einzelnen sind es die folgenden Leistungen, die von der DFKG für ein Fernkabelbauvorhaben der Telekom zu erbringen sind: die Bauvorbereitung einschließlich der Endauskundung, die Bauoberleitung und die örtliche Bauüberwachung beim
Auslegen der Kabelrohre sowie beim Einziehen der Glasfaserkabel, die Herstel-
lung von Planunterlagen und die Montagearbeiten an Glasfaserkabeln.
Bei der Vielfalt des Leistungsspektrums der DFKG ergibt sich eine charakteristische Zusammenarbeit mit dem Geschäftspartner DBP T. Am Beispiel der Planungs- und Ausführungsschritte beim Bau einer Fernkabellinie soll dies verdeutlicht werden.
Schnittstellen aktiver Kooperation zwischen der DFKG und der DBP Telekom Bei einem Fernkabelbauvorhaben muß zuerst ein Trassenvorschlag erarbeitet werden. Diese Aufgabe wird von den Fernmeldeämtern im Planungsgebiet wahrgenommen. Die anschließende Umsetzung des ausgearbeiteten Vorschlags,
also die Überprüfung und Bewertung der Realisierbarkeit, ist dann ein gemeinsamer Arbeitsschritt der beiden Geschäftspartner. Hier liegt eine wichtige Schnittstelle aktiver Kooperation. In Form einer gemeinsamen Trassenbereisung wird der Trassenvorschlag vor Ort überprüft. Falls er sich als durchführbar erweist, ist es die Aufgabe der DFKG,
die wegerechtliche und bautechnische Trassensiche-
rung durchzuführen. Darunter versteht man das gesamte Spektrum von Arbeiten zur Vorbereitung der eigentlichen Baudurchführung. Wichtige Aufgaben hierbei sind der Abschluß von Gestattungsverträgen mit den Eigentümern derjenigen Grundstücke, die von der geplanten Kabeltrasse in Anspruch genommen wer-
den, sowie die Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens für die Inanspruchnahme öffentlicher Wege. Eine zweite Schnittstelle aktiver Zusammenarbeit zwischen DFKG und DBPT
betrifft
folgende
Maßnahmen:
Die
Aufstellung
des
Bauanschlags
durch
die
DFKG und der Vollzug durch die DBP T. Der Begriff Bauanschlag beinhaltet dabei die Zusammenstellung aller anfallenden Lieferungen und Leistungen sowie der sich hieraus ergebenden Kosten. In der Reihenfolge der weiteren Arbeiten erfolgt danach die Baudurchführung vor Ort mit Ingenieur- und Montageleistungen der DFKG. Im einzelnen zählen dazu die Verlegung der Kabelrohre, das Einziehen der Glasfaserkabel, die Montage der Kabel und die
Herstellung der Bestandspläne. Dabei werden die Tiefbauleistungen im Namen und für Rechnung der DBP T an leistungsfähige Firmen vergeben, die von der DFKG beaufsichtigt werden (vgl. Bild 7.1). Den abschließenden Arbeitsschritt beim Bau ciner Kabelanlage, die Abnahme
der Baumaßnahme
durch
die DBP
T,
muß
man
wiederum
als Schnittstelle
gemeinsamer Aktivitäten beider Geschäftspartner interpretieren.
183
Bild 7.1:
Kabelrohrauslegung
in offener Bauweise
Vorschauplanung und Objektliste der DBP Telekom Zur Ermittlung des Bedarfs für die kommenden
Jahre werden von der DBPT
Vorschauplanungen durchgeführt. Zentrale Aufgabe dieses Verfahrens ist die Erstellung einer Objektliste, in der festgelegt wird, welche Bauvorhaben in
welchem Jahr realisiert werden sollen. Anhand der Objektliste wird anschließend
das DFKG-Einsatzprogramm
erarbeitet, das sämtliche Leistungen beinhaltet,
die seitens der DFKG für die verschiedenen Bauobjekte der DBPT zu erbringen sind. Die eigentliche Auftragserteilung gegenüber der DFKG nehmen die örtlich zuständigen Fernmeldeämter vor. 184
Aufstellung des Arbeitsprogramms; Überwachen und Anpassen Aus dem DFKG-Einsatzprogramm entwickelt die DFKG ihre Arbeitsprogramme für die Bauvorbereitung, die Bauoberleitung (Auslegen von Kabelrohren und
Einziehen von Glasfaserkabeln), die Glasfaserkabelmontage und für die Plan-
zeugherstellung. Sämtliche Bauvorhaben erscheinen in den Arbeitsprogrammen mit genauer Terminierung der Ingenieur- und Montageeinsätze sowie der Tiefbauleistungen.
7.3 Projektierungs-, Bau- und Vermessungstechnik Besondere Umstände beim Arbeitsbeginn in den neuen Bundesländern
Anläßlich einer Koordinierungstagung im Fernmeldetechnischen Zentralamt (FTZ) in Darmstadt Ende 1990 wurde der DFKG der Auftrag erteilt, die Bauvorbereitung und die Bauausführung der nachfolgend genannten Fernkabellinien in Ostdeutschland bis zur 22. Woche 1991 sicherzustellen: Berlin 11 - Seesen
Berlin 11 - Töpen Leipzig 3 - Halle, Abschnitt 03. Entsprechend einem Vorstandsbeschluß der Generaldirektion Telekom waren die Fertigstellungstermine für diese Kabellinien um 1 Jahr vorgezogen worden. Dieser Auftrag umfaßte bauvorbereitende und bauausführende Leistungen auf einer Trassenlänge von ca. 470 km, die in außergewöhnlich kurzer Zeit erbracht werden mußten. Grundvoraussetzung zur Erfüllung dieser hohen Anforderungen war der Einsatz effektiver Arbeitsverfahren in allen Phasen der Baumaßnahme. So wurden z.B. bei der Vermessung der Kabeltrassen neue Wege beschritten. Tachymetereinsatz in Ostdeutschland
Die Vermessungsarbeiten wurden mit selbstregistrierenden Tachymetern durch-
geführt, die gegenüber den herkömmlichen manuellen Aufnahmeverfahren folgende Vorteile haben:
— automatische Registrierung der Meßelemente (Datenfluß ohne Fehlereinfluß), - höhere Effektivität (in der Regel ist die Erfassung zahlreicher Meßpunkte von einem Gerätestandpunkt aus möglich), — Möglichkeit von Blattschnitteinteilungen der Bestandspläne ohne topographische Kartengrundlagen (es wird im Koordinatennetz der Landesvermessung gemessen). 185
Bild 7.2: Tachymetrische Vermessung einer Gewässerkreuzung
Als Geräte wurden moderne Tachymeterinstrumente eingesetzt, die sich durch einfache
Bedienung
und
Robustheit
auszeichnen
(vgl.
Bild
7.2).
Um
einen
schnelleren Arbeitsablauf erzielen zu können, wurde mit Zwangszentrierung gemessen, einem Verfahren, bei dem die Horizontierung des Tachymeters auf neuen Standpunkten entfällt. Durch den Einsatz von Tachymetern erreicht man eine weitgehende Unabhängigkeit von bestehenden Kartenwerken, die entweder nicht den erforderlichen Blattschnitt
sind.
besitzen,
unrichtige
Darstellungen
enthalten
oder
unvollständig
In den neuen Bundesländern sind zwar flächendeckend Flurkarten vorhanden. Dabei handelt es sich aber größtenteils um Inselflurkarten ohne Koordinatenraster. Deswegen sind sie zur Einteilung von Bestandsplänen nicht geeignet (vgl. Bild 7.3). 186
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188
Ferner ist die in den meisten Flurkarten dargestellte Situation mit der Örtlichkeit nicht mehr deckungsgleich. Durch die Anbindung der aufgenommenen Örtlichkeit an das dichte und gute Festpunktfeld der Landesvermessung ist es auf Grundlage
genauer tachymetrischer Messungen
möglich, die Blattschnitte der
künftigen Bestandspläne zu ermitteln und auch eine Einpassung der Flurkarten
vorzunehmen. Dies geschieht über identische Punkte aus diesen Flurkarten und
der aufgenommenen Örtlichkeit. Somit ist insbesondere ein genauer Nachweis über die berührten
Bild 7.4).
Grundstücke bei der Kabelrohrverlegung ermöglicht
(vgl.
Bei der künftigen Umstellung der Inselflurkarten auf Rahmenflurkarten seitens
der Landesvermessung wird es bei dieser Vorgehensweise keine Schwierigkeiten
bezüglich der Einpassung von tachymetrisch erzeugten Lageplänen geben, da die Blattschnitteinteilungen von den Landeskoordinaten abgeleitet wurden. Über die aufgenommenen Identpunkte ist dann auch eine spätere Transformation in jedes beliebige Koordinatensystem möglich. Die Auswertung und Weiterverarbeitung der registrierten Daten erfolgt mit Hilfe von Personalcomputern.
Anwendungen der Informationsverarbeitung (IV) bei den Ingenieurleistungen und in der Verwaltung Parallel zur technologischen Entwicklung von IV-unterstützten Ingenieurleistungen wurde auch in der Verwaltung der Einsatz entsprechender Arbeitsmittel
vorangetrieben. Rechnergestützte Informationsverarbeitung ist heute in allen Bereichen der DFKG eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Im kaufmännischen Bereich werden Standardprogramme eingesetzt, die den individuellen betrieblichen Anforderungen
angepaßt wurden.
Für die technischen Bereiche wurden
eigene IV-Anwendungen entwickelt, die die Arbeitsabläufe in der Linientechnik der DBPT berücksichtigen. Ohne diese Arbeitsmittel wären die Aufgaben für das Entwicklungsprogramm
Telekom 2000 wirtschaftlich nicht zu bewältigen. Dies gilt insbesondere für die
Planung und Abwicklung der Arbeitsprogramme sowie für die Unterstützung der Arbeitsabläufe bei der Bauvorbereitung und der Baudurchführung.
Die Programmplanung und -abwicklung wird zur Planung, Kontrolle und Steuerung der Arbeitsprozesse eingesetzt. In den Programmen werden für jedes Bauvorhaben die benötigten Einzelinformationen erfaßt und dokumentiert. Hieraus entstehen u.a. Übersichtsinformationen über die Leistungs- und Aufwandsentwicklung im Unternehmen. Bei der Bauvorbereitung einschließlich Endauskundung hat die IV-Unterstüt-
zung bei verschiedenen Arbeitsschritten einen hohen Stellenwert. So werden bei
der Trassensicherung Informationen über Grundstücke erfaßt und verwaltet. Bei der Planung der Tiefbauleistungen und des Matecrialbedarfs werden die Einzellei-
189
stungen IV-mäßig festgehalten. Aus diesen Angaben werden das Tiefbauleistungsverzeichnis erstellt und der Materialbedarf bestimmt. Auch bei der Ausschreibung und Vergabe der Tiefbauleistungen verläuft der gesamte Arbeitsprozeß einschließlich der rechnerischen Angebotsprüfung IV-unterstützt. Im Bereich der Bauoberleitung wird die Informationsverarbeitung ebenfalls weitreichend angewendet, und zwar für die Abrechnung der Tiefbauleistungen, die Abrechnung der Gestattungsentgelte und der Flurentschädigungen sowie für die Bestandsverwaltung und die Abrechnung des Fernmeldematerials.
Bautechnische Realisierung der Fernkabellinien Bauvorbereitung Mit dem Einstieg in das Entwicklungsprogramm Telekom 2000 wurde die DFKG kurzfristig mit einer Leistungsanforderung konfrontiert, die mit den bisherigen
Regelabläufen nicht zu bewältigen war. Da mit dem Auslegen der Kabelrohre in
der 10. Woche 1991 begonnen werden sollte, standen für die bauvorbereitenden Arbeiten nur 9 Wochen zur Verfügung. Erschwerend kam hinzu, daß auf mehreren Linienabschnitten die Trassensicherung noch nicht abgeschlossen und auf dem Abschnitt Leipzig — Halle damit noch nicht begonnen worden war.
Um sicherzustellen, daß bis zur 10. Woche 1991 das benötigte Fernmeldematerial (HDPE-Rohre und Kabel) zur Verfügung stand, war es erforderlich, auch ohne Vorlage genauer Planungsaufmaße Bestellungen nach überschläglich ermitteltem Bedarf durchzuführen. Nachdem die Trassenlängen für die einzelnen Rege-
neratorfelder Ende 1990 bekannt waren, konnte auf dieser Grundlage Materialbedarf an Kabelrohren und Glasfaserkabeln ermittelt werden.
der
Noch im Dezember 1990 wurden die ersten Bauanschläge erstellt, damit die Mittel für die Bauvorhaben gebunden und die Glasfaserkabel, Kabelrohre und das übrige Fernmeldematerial über die Fernmeldezeugämter bestellt werden konnten. Grundlage für die Mengenangaben über Material, Tiefbauleistungen etc. bildeten die Ergebnisse
von Trassenbereisungen
rungswerte vergleichbarer Bauvorhaben.
sowie statistische Erfah-
Erschwerend für das Einleiten von Bestellvorgängen waren die unzureichenden
Telekommunikationsmöglichkeiten
deutschland. nummern,
mit
Dadurch fehlten Angaben
den
neuen
Fernmeldeämtern
in OÖst-
über Lagerplätze und Verwendungs-
Informationen, die für Bestellungen unbedingt notwendig sind.
Da als Bauzeit für ca. 470 km Kabelrohrgraben nur 7 Wochen zur Verfügung
standen, mußten die einzelnen Baulose so kurz bemessen werden, daß die termingerechte Fertigstellung durch leistungsfähige Tiefbaufirmen möglich war.
Die Gesamttrasse wurde in 44 Trassenabschnitte unterteilt, und zwar je nach Schwierigkeitsgrad in Losgrößen von 6 bis 16 km. Erst nachdem diese Festlegung getroffen worden war, konnten die Leistungsverzeichnisse aufgestellt werden. 190
Im Anschluß hieran wurden unter Berücksichtigung der erschwerten Ausführungsbedingungen fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Tiefbaufirmen mit der Bauausführung beauftragt. Nicht nur von den Tiefbaufirmen wurde Wochenendarbeit gefordert. Auch die
Mitarbeiter der DFKG waren rund um die Uhr im Einsatz, um rechtzeitig die Vorleistungen zu erbringen, wie z.B. Aufstellen der Bauanschläge, Bestellen des Fernmeldematerials,
Erstellen
der
Leistungsverzeichnisse,
Tiefbauarbeiten und Auftragsvergabe.
Ausschreiben
der
Baudurchführung Durch den Einsatz leistungsfähiger Tiefbaufirmen war die Einhaltung der gesetzten Ausführungstermine allein noch nicht gewährleistet. Es mußten auch erfahrene Arbeitskräfte für die Koordinierung der Arbeiten und für die örtliche Bauaufsicht eingesetzt werden. Hierfür kamen vorerst nur langjährige erfahrene Mitarbeiter der DFKG
in Frage.
Eine im Februar 1991 einsetzende Frostperiode ließ anfangs Befürchtungen aufkommen, ob mit der Bauausführung in der 10. Woche begonnen werden
Bild 7.5: Kabelverlegepflug auf
der Trasse bei Leipzig
191
konnte, denn der zulässige untere Temperaturwert für das Auslegen von HDPERohren beträgt + 5 Grad Celsius. Befürchtungen dieser Art erwiesen sich jedoch als unbegründet. Die Bauarbeiten wurden tatsächlich in der 10. Woche aufgenommen. . u Die meisten Tiefbaufirmen begannen mit ihren Arbeiten auf solchen Trassenabschnitten, auf denen die HDPE-Rohre mit einem Kabelverlegepflug (vgl. Bild 7.5) ohne vorheriges Erstellen eines Rohrgrabens verlegt werden konnten. Bei dieser Arbeitsmethode werden hohe durchschnittliche Tagesleistungen erzielt. Das hatte allerdings zur Folge, daß die örtlich bevorrateten Kabelrohre für diesen unerwartet hohen Bedarf zunächst nicht ausreichten. Auf einigen Baustellen traten deshalb Verzögerungen ein. So mußte auf vorhandene Bestände bei westdeutschen
Fernmeldezeugämtern
zurückgegriffen
werden,
um
weiteren
Stillstand zu vermeiden. Die hierdurch eingetretenen Verzögerungen hielten sich
in Grenzen,
so daß
die
Verlegung
der
HDPE-Rohre
termingerecht
in der
16. Woche 1991 abgeschlossen werden konnte. Anläßlich eines Pressetermines bei Leipzig wurde die Fertigstellung gebührend gewürdigt.
Im Zuge dieser Fernkabellinien war die Dükerung der Elbe bei Wittenberg (vgl.
Bild 7.6) und der Mulde bei Bad Düben erforderlich. Auch für diese Bauvorha-
ben standen der DFKG
nur wenige Wochen für die Bauvorbereitung und die
Baudurchführung zur Verfügung. Aufgrund der Baugrunduntersuchung entschied sich die DFKG für ein steuerbares Bohrverfahren, das „Horizontal-
Bild 7.6:
192
Dükerung der Elbe bei Wittenberg im Bohrverfahren
Directional-Drilling“, welches zu den neuen, erst seit wenigen Jahren zum Einsatz kommenden Arbeitsmethoden im Dükerbau zählt. Der Einsatz dieses
Verfahrens gewährleistet eine relativ kurze Bauzeit. Somit konnten die eng gesetzten Fristen auch bei diesen Baumaßnahmen eingehalten werden. Voraussetzung für das Einziehen der Glasfaserkabel war ferner die Nutzbarkeit der Kabelanlagen in den Städten, die von den Fernkabellinien direkt angelaufen oder berührt wurden. Für die fristgerechte Beziehbarkeit der Kabelanlagen waren die örtlich zuständigen Fernmeldeämter verantwortlich. Um Verzögerun-
gen zu vermeiden, wurde auch hier seitens der DFKG unterstützend eingegriffen. Nicht termingerecht fertigzustellen war allerdings die Kabelkanalanlage in Schleiz, wo als Provisorium eine oberirdische Linie von 2,9 km Länge hergestellt wurde. Parallel zu den letztgenannten Baumaßnahmen wurde bereits mit dem Einziehen
der Glasfaserkabel auf den 24 Zwischenregeneratorfeldern begonnen. Auch hier traten Verzögerungen auf, weil Kabel nicht termingerecht beigestellt wurden, so daß auch in diesem Leistungsbereich an Wochenenden gearbeitet werden mußte. Nur so war es möglich, mit der Glasfaserkabelmontage rechtzeitig zu beginnen.
Durch ihren außergewöhnlichen Einsatz haben alle Beteiligten dazu beigetragen, die genannten Fernkabellinien in der festgesetzten Frist fertigzustellen. In Anbe-
tracht der Kürze der verfügbaren Zeit war dies von vielen Sachkundigen als nicht durchführbar angesehen worden. Um so größer ist der Erfolg zu bewerten, es
doch geschafft zu haben.
Techniken des Leitungstunnelbaus In Ergänzung zu den voranstehenden Ausführungen sollen hier die modernen,
umweltschonenden Techniken des Leitungstunnelbaus angesprochen werden, die u.a. auch bei diesen Fernkabellinien für die Herstellung von Rohrdükern eingesetzt wurden. Diese Techniken betreffen den Leitungstunnelbau mit Rohrvortrieb nicht begehbaren Durchmessers („Micro-Tunneling“), wobei zwischen steuerbaren Rohrvortriebssystemen und gesteuerten Richtbohrverfahren unterschieden wird. Steuerbare Rohrvortriebssysteme Bei nicht steuerbaren Systemen ist die Richtungsstabilität und Zielgenauigkeit
während des Rohrvortriebs nicht gewährleistet. Daher werden im Leitungstunnelbau fast ausschließlich steuerbare Rohrvortriebssysteme eingesetzt.
Außer der Steuerbarkeit und der Zielgenauigkeit sind an die Rohrvortriebssysteme noch zwei weitere „dükerbauspezifische“ Anforderungen zu stellen. Zum
einen ist dies die Grundwassertauglichkeit. Zum anderen muß Rückholbarkeit gewährleistet sein, und zwar für den Fall, daß der Rohrvortrieb an einem
193
Hindernis aufläuft, das nicht durchfahren werden kann. Beim Leitungstunnelbau
begehbaren Durchmessers ist es relativ problemlos, durch Druckluftbeaufschla-
gung mit dem Grundwasser fertig zu werden und Hindernisse vor der Ortsbrust
manuell zu beseitigen. Eine entsprechende Situation kann für den unbemannten
ferngesteuerten Rohrvortrieb beim Dükerbau aber zu einem Problem werden.
Bei allen steuerbaren Vortriebsverfahren arbeitet das Steuer- und Lagekontrollsystem nach dem gleichen Prinzip. Der Bohrkopf wird mit axial wirkenden, in den Viertelspunkten angeordneten Hydraulikzylindern in seiner Richtung ge-
steuert. Bei längeren Auffahrtstrecken kann auch noch mit zusätzlichen Zwischenpressen innerhalb des Rohrstranges gesteuert oder korrigiert werden.
Zur Durchführung der Lagekontrolle gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder sie erfolgt optisch über eine Zieltafel im Bohrkopf und einen Theodoliten an der Hauptpressenstation; oder aber sie wird mit einem Laser-Richtstrahl aus der Startbaugrube über die Zieltafel im Bohrkopf vorgenommen und per Video auf einen Bildschirm im Steuerstand übertragen. So erklärt es sich auch, daß mit einem Rohrvortrieb nicht begehbaren Querschnitts nur gerade oder allenfalls leicht gekrümmte Strecken aufgefahren werden können. Die Länge der Vortriebsstrecke bei einem nicht begehbaren Durchmesser hängt
vom Erkennen des Zielpunktes auf der Zieltafel im Bohrkopf ab. Sie liegt zur Zeit bei ca. 200 m. Bei Haltungslängen, Zwischenschacht erforderlich.
die
darüber
hinausgehen,
ist ein
Gesteuertes Richtbohrverfahren
Ein weiteres geschlossenes Bauverfahren, das z.B. an der Elbe, am Umflutkanal bei Magdeburg und an der Mulde mit Streckenlängen bis zu 260 m zum Einsatz kam, ist das „Horizontal-Directional-Drilling“.
Der Begriff „Horizontal“ ist in
diesem Zusammenhang allerdings mißverständlich, da die Bohrung bogen- oder parabelförmig unter einem natürlichen oder künstlichen Hindernis hindurch verläuft. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Arbeitsmethoden im Leitungstunnel-
bau kommt dieses Spezialverfahren in der Regel ohne Start- und Zielbaugrube aus. Von einem mobilen Bohrgerät wird in einem Winkel zwischen 10 und 20
Grad von der Geländeoberkante aus eine gesteuerte Pilotbohrung zum Zielpunkt vorgetrieben (vgl. Bild 7.7). Größe und Einziehkräfte dieser Bohrgeräte sind sehr unterschiedlich und können an die jeweiligen Erfordernisse angepaßt werden. Von Kleinbohrmaschinen abgesehen, die in ihrem Bohrkopf lediglich einen Sender zur oberirdischen Ortung haben, besitzen die Bohrköpfe der mittleren und großen Maschinen eigene Lagekontrollgeräte. Diese ermöglichen
es dem System-Operator, zu jeder Zeit die Position des Bohrkopfes, bezogen auf
den Eintrittspunkt, festzustellen.
Durch entsprechende Steuermaßnahmen ist der Operator in der Lage, eine vorberechnete Kurve nachzufahren und den Bohrkopf genau im Zielpunkt 194
Bild 7.7: Bohrgerät für das „Horizontal-Directional-Drilling“-Verfahren
austreten zu lassen. Anstelle des Bohrkopfes wird dann ein Aufweitkopf an das Gestänge gebaut. Die Bohrmaschine zieht nun den Aufweitkopf in einem zweiten Arbeitsgang zurück. Dabei wird der vorhandene Pilottunnel auf den erforderlichen Durchmesser zum Einziehen des Schutz- oder Produktenrohres
erweitert.
Im abschließenden Arbeitsschritt erfolgt das Einziehen des Schutz- oder Produk-
tenrohres in den Leitungstunnel. Dabei verhindert ein Wirbel zwischen Zugkopf
und letztem Aufweitkopf - in der Regel ein tonnenförmiges Werkzeug mit einem Durchmesser etwas größer als der Zugkopf -, daß sich die Rotation des Bohrgestänges auf das Mantelrohr überträgt.
Im Zuge eines verbesserten Umwelt- und Naturschutzes sind die vorgenannten Bauverfahren als mögliche Alternativen zu den bisher angewandten konventionellen Dükerverfahren anzusehen (vgl. Bild 7.8).
7.4 Glasfaserkabel-Montagetechniken Standardisierte Glasfaserkabel-Montagetechniken bei der DBP Telekom Die wirtschaftlichen Vorteile der optischen Nachrichtentechnik auf dem Fernliniensektor gegenüber herkömmlichen Systemen mit Kupferkabeln führten be195
Bild 7.8:
Dükerung im Naßbaggerverfahren
reits Anfang der 80er Jahre zu der Forderung, eine standardisierte Montagetechnik für das Fernliniennetz der DBPT zu entwickeln. Die erforderlichen Entwicklungsarbeiten führte die DFKG in den Jahren 1982 -— 1984 im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem FTZ durch. Zunächst wurden Anforderungskriterien für die verschiedenen Arbeitsprozesse definiert und verfügbare Verbindungstechniken, Geräte und Werkzeuge anhand dieser Kriterien bewertet. Die Weiterentwicklung
bestehender
Verfahren
mündete
in eine funktionale
Ein-
heitstechnik, die seit nunmehr 1986 erfolgreich im Fernliniennetz der DBP T als Regelbauweise eingesetzt wird. Für den raschen Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur in den neuen Bundesländern ist es nun von technischem und wirtschaftlichem Vorteil, auf eine langjährig bewährte Glasfaser-Montagetechnik zurückgreifen zu können.
Verbindungstechnik für Glasfasern Um die optischen Verluste bei Glasfaserkabeln möglichst gering zu halten, muß
die einschlägige Verbindungstechnik optimiert werden. So ist im Fernliniennetz der DBPT eine mittlere Dämpfung der Spleißstellen von < 0,1 dB gefordert, was dem Dämpfungsverlust in einer Glasfaser von ca. 250 m Länge entspricht. In den Fernmeldenetzen der DBP T hat sich die sogenannte „Fusionsspleißtechnik“ durchgesetzt, bei der die Faserenden durch Verschweißen in einem Lichtbo196
gen verbunden werden. Damit wird eine besonders dämpfungsarme und reflexionsfreie Verbindung gewährleistet. Vor dem eigentlichen Verschweißen
der
nur 125 um dicken Glasfasern ist eine aufwendige Vorbereitung der Faserendflächen erforderlich. Hierzu werden die Faserschutzhüllen auf einer definierten Länge entfernt. Anschließend werden die Fasern in einem Präzisionstrenngerät rechtwinklig zur Achse gebrochen.
Nach dem Einlegen in ein Fusionsspleißgerät erfolgt eine Vorschubbewegung der so vorbereiteten Endflächen mit gleichzeitigem Verschweißen in einem ca. 2000 Grad Celsius heißen elektrischen Lichtbogen. Moderne Fusionsspleißgeräte, wie
sie die DFKG
bei Montagen im Fernliniennetz der DBP T einsetzt, erlauben
einen nahezu vollautomatischen Ablauf des Schweißvorgangs.
Hierbei erfolgt
die räumliche Positionierung der Faserenden und die Steuerung der Schweißzeit
mit Hilfe einer mikroprozessor-gesteuerten Meßeinrichtung zur Optimierung der
Einstellparameter. Anschließend wird die Verbindungsstelle mit einem Spleiß-
schutz gegen mechanische und chemische Einflüsse umgeben und zusammen mit
einem Faservorrat in einer Spleißkassette abgelegt (vgl. Bild 7.9). Kabelmuffen und Abschlußeinrichtungen
Bei der Auswahl der benötigten Kabelmuffen wurde auf bewährte Thermoplastklemmuffen bzw. Schraubklemmuffen der Kupferkabeltechnik zurückgegriffen, für die besondere Anpassungsmaßnahmen erforderlich waren. Als Verbindungs-
Bild 7.9: Arbeitsplatz für die Glasfasermontage mit Fusions-Spleißgerät
197
muffen im Glasfaser-Fernliniennetz werden Thermoplastklemmuffen eingesetzt, bei denen die Spleißkassetten in Form eines Stapels abgelegt sind. Der Abschluß des Glasfaserkabels erfolgt im Glasfaserkabel-Endgestell. Hier werden als Schnittstelle zu den übertragungstechnischen Einrichtungen vorkonfektionierte Einfaser-Aufteilkabel mit optischen Steckern an die Glasfaserkabel
angespleißt.
Einsatzbedingungen der Glasfasermontage in den neuen Bundesländern In Anbetracht der eng gesteckten Termine mußte die gesamte Montagekapazität der DFKG ab Mitte April 1991 in den neuen Bundesländern eingesetzt werden. Wirkungsvolle Unterstützung kam auch von Montagetrupps der DBP T. Nur durch die hohe Einsatzbereitschaft aller Kräfte war es möglich, innerhalb von
7 Wochen 720 km Glasfaserkabel mit 40 Fasern zu montieren (vgl. Bild 7.10).
Im Zuge der Montage erwiesen sich die unzureichenden Fernsprechmöglichkeiten mit den örtlich eingesetzten Trupps hinsichtlich der Einsatzdisposition, der Logistik und der Abstimmung mit der Bautechnik als besondere Hürde. Weitere Schwierigkeiten lagen im Bereich der Materialbeschaffung. Die gute Zusammenarbeit mit den beteiligten Tiefbaufirmen und den Dienststellen der Fernmeldeämter hat schließlich entscheidend zur termingerechten Fertigstellung der Fernkabellinien in der 22. Woche 199] beigetragen.
Glasfaserkabelmontagetechnik im Ortsnetz Die standardisierte Glasfaserkabel-Montagetechnik der DBP T im Bereich des Fernliniennetzes hat sich auch beim Ersteinsatz in den neuen Bundesländern
bestens bewährt, wobei gerecht werden wird.
das Basiskonzept
auch zukünftigen
Anforderungen
Die zuvor beschriebene Spleiß- und Montagetechnik wurde auch für Glasfaserkabel-Pilotprojekte im Ortsnetz nahezu vollständig übernommen. Für einen
flächendeckenden Einsatz der Glasfaser im Ortsnetz sind jedoch aufgrund beson-
derer Anforderungen neue Spleiß- und Montagetechniken erforderlich. Erste Entwicklungen in dieser Richtung wurden bereits vorgestellt, wie z.B. die Mehrfachschweißtechnik, bei der bis zu 12 Fasern gleichzeitig vorbereitet, geschweißt und geschützt werden, oder lösbare mechanische Glasfaser-Verbin-
der, die an Schaltpunkten des Ortsnetzes ein rasches und einfaches Umschalten von Glasfaserverbindungen ermöglichen sollen.
Die Entwicklung neuer Spleiß- und Montagetechniken wird im wesentlichen von der übertragungstechnischen,
kabeltechnischen
und
topologischen
tung des zukünftigen Glasfaserortsnetzes bestimmt werden. 198
Ausgestal-
Bild 7.10:
7.5
Glasfaserkabelmontage an einer Verbindungsmuffe
Ausblick
Die DFKG leistet in enger Kooperation mit der Telekom einen wichtigen Beitrag
beim Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur in Ostdeutschland. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens wurde durch den erfolgreichen Einsatz bei den ersten Fernverbindungskabeln zwischen Ost- und Westdeutschland bestätigt. Das Entwicklungsprogramm Telekom 2000 ist mit einem Zeithorizont von etwa 7Jahren angelegt. In dieser Zeitspanne wird durch die Mitarbeit der DFKG ein bedarfsorientiertes flächendeckendes Fernkabelnetz in Ostdeutschland entstehen. Darüber hinaus ist mit zunehmendem Kommunikationsbedarf eine weitergehende Vermaschung der Fernnetzknoten in Deutschland zu erwarten.
Als kabeltechnisch orientiertes Unternehmen bietet die DFKG das gesamte Spektrum der Ingenieur- und Montageleistungen im Bereich von Fernkabelnet-
zen, Ortskabelnetzen, Breitbandverteilnetzen und lokalen Netzen auch anderen öffentlichen und privaten Netzbetreibern an. Zum Kundenkreis zählen Elektrizitätsversorgungsunternehmen und Bahnverwaltungen ebenso wie Unternehmen der nachrichtentechnischen Industrie oder Institutionen im Wissenschaftsbereich.
199
Es liegt nahe, daß die DFKG
den Einsatz in den neuen Bundesländern
als
Plattform für osteuropäische Aktivitäten ansieht. Die Projektierung der transeu-
ropäischen Glasfaserweitverkehrsverbindung von Frankfurt/Main bis Warschau bzw. bis Prag, Bratislava und Budapest im Auftrag der Telekom sowie Leistungen für die nachrichtentechnische Versorgung beim Bau von Erdgastrassen in der Sowjetunion aufgrund des Jamburg-Abkommens sind Entwicklungsschritte des Unternehmens in dieser Richtung. Für einen erfolgreichen Zugang zu osteuropäischen Märkten muß die Telekommunikations-Infrastruktur in Ostdeutschland schnell und
nachhaltig entwickelt werden.
geeignete Programm.
200
Telekom
2000 ist hierfür das
8. Der Beitrag der Standard Elektrik Lorenz AG zur Realisierung des Aufbauprogramms Gerhard Zeidler
Über die ökonomische, politische und gesellschaftliche Bedeutung der Kommu-
nikation und ihre Rolle bei der Umgestaltung des ehemaligen Ostblocks ist viel geschrieben worden. Für die nachrichtentechnische Industrie sind diese Veränderungen eine große Herausforderung. Während Fernmeldenetze üblicherweise organisch wachsen und entsprechend der technologischen Entwicklung modernisiert und
ausgebaut
werden,
ergab sich aus der Öffnung
der innerdeutschen
Grenze und der unerwartet raschen Vereinigung die Forderung, quasi über Nacht das Fernsprechnetz eines ganzen Landes neu aufzubauen. Für eine Planung der Netze im bisher üblichen Sinn blieb keine Zeit, zumal der Druck aus der Bevölkerung, auch im Osten so problemlos wie im Westen telefonieren zu können, immer stärker anstieg.
Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. In enger Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Bundespost Telekom und der fernmeldetechnischen
Industrie
wurden
in kürzester
Zeit
Strategien
entwickelt,
um
möglichst schnell eine spürbare Verbesserung zu erreichen, ohne dabei durch allzu viele Provisorien die Kosten unnötig in die Höhe zu treiben.
Der vorliegende Beitrag soll die Rolle von SEL in diesem Aufbauprozeß sowie das Produktspektrum unseres Hauses, dessen Wurzeln in Berlin liegen und das traditionelle Beziehungen zu den Ländern Osteuropas unterhält, erläutern. Das hohe Engagement unserer Mitarbeiter für ein lohnendes Ziel und die Konzentra-
tion aller Kräfte haben es jetzt möglich gemacht, große technische und organisa-
torische
Probleme
in außergewöhnlich
kurzer
Zeit zu überwinden.
Wer
die
Freude der Menschen im Osten über etwas für uns Selbstverständliches — das problemlose Telefonieren -sieht, weiß, daß es sich gelohnt hat und weiter lohnen
wird, diese Anstrengungen zu unternehmen. Wir schaffen damit eine der Grundvoraussetzungen für den Wirtschaftsaufschwung in den neuen Bundesländern. Dieser Beitrag gibt zunächst einen Überblick über unser Unternehmen. Im nächsten
Kapitel
werden
die
wesentlichen
Produkte
aufgeführt,
wobei
der
Schwerpunkt auf den für die neuen Bundesländer relevanten Einrichtungen liegt. Anschließend wird über die Beteiligung von SEL am Aufbauprogramm der DBP Telekom berichtet. Der Beitrag schließt mit einer Darstellung des Gemeinschaftsunternehmens RFT SEL in den neuen Bundesländern.
201
8.1
SEL- Vollanbieter auf dem Gebiet der Telekommunikation
Die Standard Elektrik Lorenz AG (SEL) mit Firmensitz in Stuttgart gehört zum europäischen Firmenverbund Alcatel n.v. und damit zum zweitgrößten Telekommunikationskonzern der Welt. Rund 20 000 Mitarbeiter in zehn Werken und mehr als 100 Geschäfts- und Zweigstellen sind in den Unternehmensbereichen
Vermittlungssysteme, Übertragungssysteme, Funksysteme, Bürokommunikation, Verteidigung und Luftfahrt, Bahnen sowie Bauelemente tätig. Der Jahresumsatz lag 1990 bei etwa vier Milliarden DM.
Historische Entwicklung Mehr als 110 Jahre reicht die Geschichte von SEL zurück. Ihre Anfänge liegen in Berlin. Dort wurden 1879 bzw. 1880 die Stammfirmen Mix & Genest und C. Lorenz als „Telegraphenbauanstalten“ gegründet. Mit Beginn des 20. Jahrhun-
derts schlugen die beiden Unternehmen dann unterschiedliche Entwicklungsrichtungen ein. Schwerpunkt von Mix & Genest wurde die klassische Fernmelde-
technik, zu der neue Produktionszweige wie Rohrpost- und Briefsortieranlagen
hinzukamen. Im Jahr 1930 erwarb die amerikanische ITT die Aktienmehrheit an der SEG, wie Mix & Genest seit der Übernahme der Süddeutschen ApparateFabrik firmierte. Ab 1956 nannte sich die SEG, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Stuttgart umgesiedelt war, Standard Elektrik AG. Bei C. Lorenz begannen Anfang des 20. Jahrhunderts Entwicklungen in der Funktechnik. In den 20er und 30er Jahren lieferte das Unternehmen Großsender für den damals noch jungen Rundfunk. Hier liegen auch die Wurzeln für später so wichtige Gebiete wie Funknavigation und mobile Funkgeräte. Ein weiterer Zweig war der Fernschreibverkehr. Schon 1927 wurde in Deutschland der erste Fernschreiber von C. Lorenz eingeführt. Als sich die beiden Firmen 1958 in Stuttgart zur Standard Elektrik Lorenz AG zusammenschlossen, überdeckten sie mit ihrem Produktspektrum praktisch das gesamte Gebiet der Nachrichtentechnik.
Auch in dem am 30. Dezember
1986
gegründeten europäischen Firmenverbund Alcatel n.v., an dem die ehemalige
SEL-Mutter ITT mit jetzt 30 Prozent und Alcatel Alsthom mit 70 Prozent beteiligt sind, blieb die Breite des SEL-Produktangebots in der Nachrichtentechnik weitgehend erhalten.
Nicht ganz so einfach läßt sich die Geschichte des einstigen VEB-Kombinats
Naehrichtermelektronik zurückverfolgen. Bis Anfang des Zweiten Weltkriegs waren im östlichen Teil Deutschlands namhafte Hersteller von Rundfunkempfängern und Bauelementen angesiedelt. Die großen Unternehmen für nachrich-
tentechnische Investitionsgüter dagegen - wie Siemens, C. Lorenz, AEG, Mix & Genest, DeTeWe
und andere — hatten meist in den westlichen Teilen Berlins
ihren Hauptsitz, einige hatten auch in Süd- und Westdeutschland Fertigungsstätten. Mitte der 30er Jahre entstanden im Osten Rüstungsbetriebe für Nachrich202
tentechnik. Im Zweiten Weltkrieg mußten dann alle Firmen militärische Güter herstellen; außerdem wurden mit zunehmender Eskalation des Luftkriegs wichtige Werksteile aus dem Berliner Raum nach Sachsen, Thüringen und in das Vogtland verlagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die in der sowjetischen Besatzungszone gelegenen Fertigungsstätten überwiegend als Rüstungsbetriebe eingestuft und im Zusammenhang mit Reparationsleistungen demontiert. Mit den wenigen verbliebenen Maschinen und Materialien stellten sie zunächst einfache Konsumgüter her, später auch hochwertigere Erzeugnisse wie Meßinstrumente, Radios, Telefonapparate und Handvermittlungen. In einigen wenigen Betrieben wurden hochpräzise Meßgeräte, Fernsehempfänger und ähnliches produziert. Diese
Werke gehörten sowjetischen Aktiengesellschaften an.
Ab 1946 wurden alle großen Betriebe, später auch die sowjetischen Aktiengesell-
schaften, in die Rechtsform „Volkseigener Betrieb“ (VEB) überführt. Aus der
Vertiefung der Ost-West-Konfrontation und den damit verbundenen Beschränkungen im Ost-West-Handel ergab sich die Notwendigkeit, in der DDR eine
eigenständige Kommunikationsindustrie aufzubauen. Der Umstand, daß in den osteuropäischen Ländern nur eine schwach entwickelte nachrichtentechnische Industrie vorhanden war, brachte den DDR-Unternehmen dort relativ schnell
Exporterfolge. Allerdings wurden die zugebilligten Investitionsmittel immer auf einem gerade notwendigen Mindestmaß gehalten, so daß der Rückstand in der
Technologie und in den fertigungstechnischen Ausrüstungen gegenüber dem Westen immer größer wurde. Dies wurde durch die COCOM-Restriktionen noch verstärkt.
Mit der politischen Wende im Herbst 1989 begannen sich die DDR-Firmen dem Westen zu öffnen. Aus dem VEB-Kombinat Nachrichtenelektronik fanden drei Betriebe — die größte Fertigungsstätte für Vermittlungseinrichtungen in Arnstadt, deren Hauptzulieferbetrieb Stern-Radio Rochlitz sowie der Installationsbetrieb Funk- und Fernmeldeanlagenbau Berlin - zur SEL AG, mit der im Frühjahr 1990 die RFTSEL Nachrichtenelektronik GmbH gegründet wurde. Sie
nahm zum 1. Juli 1990 die operative Tätigkeit auf. SEL war der erste Telekommunikationshersteller, der in der ehemaligen DDR ein Gemeinschaftsunternehmen aufgebaut hat.
Mit sieben Unternehmensbereichen zum Erfolg SEL ist Vollanbieter in der Telekommunikation und überdeckt mit ihrem Angebot das gesamte Spektrum an Einrichtungen für die Infrastruktur der öffentlichen und privaten Kommunikation. Der Schwerpunkt unseres Unternehmens liegt heute im Systemgeschäft, d.h. der Errichtung, dem Ausbau und der Leistungssteigerung der Telekommunikationsinfrastruktur. Dazu gehören vollständige Netze für unterschiedliche Anwendungen, beispielsweise für das ISDN, für das derzeit entstehende, europäische digitale Mobilfunknetz, für Sondernetze 203
oder in Zukunft Breitbandnetze. Die Aktivitäten von SEL sind in sieben Unter-
nehmensbereiche gegliedert. Der größte unter ihnen, der mit mehr als einem Viertel zum Gesamtumsatz
beiträgt, ist der Unternehmensbereich Vermittlungssysteme. Im Mittelpunkt steht hier unser System 12. Dieses digitale Vermittlungssystem ist eines der beiden
Seriensysteme in Deutschland, für das sich die Deutsche Bundespost Telekom
nach eingehender Erprobung entschieden hat. System 12 wird heute in allen Varianten, als Orts-, Fern- und Auslandsvermittlung sowie für „Service 130“,
regulär eingesetzt. Ende 1990 waren rund 160 Vermittlungsstellen System 12 von SEL
mit insgesamt
etwa zwei Millionen
Anschlußeinheiten
bei der Telekom
installiert. Weltweit haben sich bisher 35 Länder zur Einführung von System 12 entschieden. Für den Unternehmensbereich Übertragungssysteme ist der Inlandsmarkt durch die deutsche Einheit langfristig beträchtlich gewachsen. Das Produktspektrum
reicht von digitalen Leitungsendeinrichtungen für Glasfaserkabel und - in gerin-
gem Umfang- für Koaxialkabel, digitalen Multiplexeinrichtungen, Breitbandkommunikationssystemen und Fernwirksystemen bis zum Netzknoten U 2000,
dem zukünftigen Netzkonzept in der sogenannten Synchronen Digitalen Hierar-
chie (SDH). Die unter unserer Federführung stehende Arbeitsgemeinschaft SEL/ANT wird das unter dem Namen Multiport angebotene System ab Ende 1991 an die DBP Telekom liefern. Große Entwicklungsanstrengungen wird die Umstellung auf die nächste Generation von Netzknotensystemen und synchro-
nen optischen Systemen erfordern.
Im Bereich Funksysteme sind Richtfunksysteme und Mobilkommunikation kon-
zentriert. Während der Richtfunk in den alten Bundesländern stagniert und in den neuen Bundesländern als kurzfristig realisierbare Lösung zur Überwindung von Leitungsengpässen herangezogen wird, steigt das Exportvolumen an. Erfolg hat auch unser RURTEL
(RURale TELekommunikation),
ein ortsfestes richt-
funkgestütztes System speziell für dünnbesiedelte oder bislang unterversorgte ländliche Gebiete. In der Mobilkommunikation konzentrieren wir uns vor allem auf den Aufbau des europaweiten digitalen Mobilfunknetzes. An der ersten
Ausbaustufe des D1-Netzes der DBP Telekom sind wir mit unserem System 900
maßgeblich beteiligt.
Der Unternehmensbereich Bürokommunikation umfaßt die Gebiete Sprachkommunikation (Nebenstellenanlagen), Datenkommunikation (Kommunikationsrechner und Datennetze) sowie die erforderlichen Telekommunikationsendgeräte. Kernstück des Bereichs ist die digitale, ISDN-fähige Nebenstellenanlagen-Familie System 12B. Im Bereich Verteidigung und Luftfahrt bieten wir für die Verteidigung Kommuni-
kationssysteme, Aufklärungssysteme sowie Führungs- und Informationssysteme an. In der Luftfahrt finden unsere Anlagen
für die zivile Flugnavigation
und
Landehilfe weltweite Akzeptanz. Neue Maßstäbe setzt die Satelliten-Navigation. Beispielsweise erlaubt das Flottenmanagementsystem EUTELTRACS
die stän-
dige Kommunikation mit Fahrzeugen und deren Lokalisierung über Satelliten. 204
Einen Expansionskurs steuert der Unternehmensbereich Bahnen. Hier ist SEL im Inland entscheidend an der Digitalisierung der Stellwerktechnik der Deutschen Bundesbahn beteiligt. Auch im Ausland gefragt sind unsere Linienzugbeeinflussungseinrichtungen. Für die Bahnautomation im Nah- und Fernverkehr liefert SEL u.a. Anlagen für die rechnergesteuerte Linienzugbeeinflussung sowie vollautomatische Betriebsablaufsteuerungen. Die hundertprozentige Tochterfirma SEL Seäalizatiön rüstet derzeit die neuen Schnellbahnstrecken in Spanien mit Signal- und Sicherheitstechnik aus. Der Unternehmensbereich Bauelemente schließlich bietet in seinem Lieferprogramm vor allem Motoren und Antriebe sowie elektronische Bauelemente, bei denen insbesondere Hybridschaltungen gefragt sind.
Forschung und Entwicklung Voraussetzung für den Erfolg im Markt ist eine effektive Forschung und Entwicklung. Rund 17 Prozent vom Umsatz gibt SEL für diese Aktivitäten aus; fast 3000
Mitarbeiter sind in diesem Bereich beschäftigt. Mehr als 300 von ihnen arbeiten
direkt im SEL-Forschungszentrum, dessen übergeordnetes Ziel derzeit die Vorbereitung und Einführung von Breitbanddiensten und -anwendungen im öffentlichen und privaten Bereich ist. In unseren Laboratorien haben optische Übertragungssysteme und die dazuge-
hörigen Laser und Photodetektoren jetzt die Marke von 10 Gigabit/s überschrit-
ten. Das bedeutet, daß rund 150000 Telefongespräche oder 70 Bildtelefonver-
bindungen höchster Qualität gleichzeitig über eine einzige Glasfaser übertragen werden können. Große Erfolge erzielte im Labor der optische Verstärker, ein neues Bauelement, das es ermöglicht, den Signalpegel in einer Glasfaser um mehr als drei Größenordnungen anzuheben. Damit könnten Übertragungsstrekken um ein Vielfaches verlängert und insbesondere Verteilnetze mit vielen Teilnehmern kostengünstig realisiert werden. In den
vor
uns
liegenden
Jahren
wird
es vor allem
darauf
ankommen,
das
technisch Machbare zu Kosten herzustellen, die jedermann eine breite Nutzung neuer Dienste und Anwendungen
ermöglichen. Nicht die Technik selbst, son-
dern ihre Anwendung zum Vorteil der Menschen muß das Ziel unserer Anstrengungen sein.
8.2 Produktorientierte Leistungen für die neuen Bundesländer System 12 in der öffentlichen Vermittlungstechnik Schon 1975 begann die damalige Konzernmutter ITT zusammen mit SEL und weiteren europäischen Schwesterfirmen mit dem Entwurf eines digitalen Ver205
mittlungssystems, ihrem bis dahin größten Entwicklungsprojekt. Eines der Entwicklungsziele war, das System so auszulegen, daß es allen zukünftigen Anforderungen
ohne Architekturänderungen
gerecht werden
konnte.
Es entstand ein
vollkommen neues Vermittlungssystem, das auf dem 1978 patentierten Prinzip der vollverteilten Steuerung basierte. Dieses Prinzip war damals eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung, da die Mikroprozessortechnik noch in den Kinderschuhen steckte, kalkulierbar war.
ihr ungeheures
Potential
aber
schon
erkennbar
und
Ende der 70er Jahre forderte die Deutsche Bundespost die deutsche Fernmeldeindustrie, darunter auch SEL, auf, ein digitales Vermittlungssystem vorzustellen.
Erstmals in der Firmengeschichte bot SEL ein eigenes System an. Zwei Jahre
später entschied die Post, System 12 als eines der beiden digitalen Systeme im
deutschen Netz einzusetzen. Schon 1982 begann ein zwölf Monate dauernder Betriebsversuch mit System-12-Fernvermittlungsstellen, schlossen wurde.
der erfolgreich
abge-
Im April 1985 wurde die erste Serienanlage System 12 in einer sogenannten Stabilisierungsphase in Betrieb genommen. Diese Phase, in der zusätzliche
Leistungsmerkmale unter realistischen Netz- und Lastbedingungen getestet wur-
Bild 8.1:
206
Container Vermittlungsstelle System 12
den, dauerte bis Oktober 1985. Danach nahmen in Hamburg die erste Ortsver-
mittlung, in Stuttgart die erste internationale Fernvermittlung und in Nürnberg die erste Service-130-Vermittlung ihren Dienst auf.
Der positive Verlauf des Betriebsversuchs beeinflußte auch die Systementscheidungen in anderen Ländern. Heute liefern SEL und ihre Schwesterfirmen im Alcatel-Verbund System-12-Vermittlungseinrichtungen in insgesamt 35 Länder in Europa und Übersee. Lokale Produktionen wurden, teilweise in Kooperation mit dort
ansässigen
Betrieben,
aufgenommen bzw. begonnen.
im Iran
und
seit kurzem
auch
in der CSFR
Im März 1991 waren weltweit mehr als 10 000 System-12-Vermittlungseinrichtungen mit rund 32 Millionen Teilnehmerleitungen und etwa fünf Millionen Verbindungsleitungen installiert. Nachdem
SEL
schon
im Jahr
1989
in Ost-Berlin
eine
System-12-Container-
Vermittlungsstelle als erste digitale Vermittlungseinrichtung in der damaligen DDR
erfolgreich
am
Netz
erprobt hatte, waren
bis Ende
1990 insgesamt
14
solcher Container-Vermittlungsstellen in den neuen Bundesländern in Betrieb (Bild 8.1). Im Rahmen des von der Deutschen Bundespost Telekom geförderten schnellen Ausbaus des Fernsprechnetzes in den neuen Bundesländern konnten
wir bis Mitte 1991 insgesamt 32 System-12-Vermittlungseinrichtungen mit rund 80.000 Teilnehmeranschlüssen installieren. Der Schwerpunkt der SEL-Aktivitäten liegt dabei im Raum
Thüringen,
Sachsen
und
Sachsen-Anhalt.
Neuartige Architektur bietet Zukunftssicherheit Herausragendes Merkmal
des digitalen Vermittlungssystems System
12 ist die
völlige Verteilung aller Steuerfunktionen auf eigenständige Prozessoren. Damit erreicht das System eine außerordentlich große Flexibilität. Erweiterungen der Vermittlungseinheit lassen sich durch Hinzufügen von Modulen vornehmen, so daß das System eine Variationsbreite von einigen hundert Teilnehmeranschlüssen bis zu Ausbaustufen mit mehr als 100000 Anschlüssen bietet. Auch neue Leistungsmerkmale,
beispielsweise
neue
Datendienste,
lassen
sich relativ ein-
fach realisieren. Da Mikroprozessoren die Grundelemente der vollverteilten Steuerung bilden, können die Vorteile innovativer Weiterentwicklungen dieser Prozessoren ohne Änderung der Systemkonzeption genutzt werden.
Die vollverteilte Steuerung wirkt sich auch auf die Zuverlässigkeit des Vermittlungssystems aus: Sollte in einer der Baugruppen ein Fehler auftreten, kann es zu keinem Totalausfall des Systems kommen. Zusätzlich stehen für alle wichtigen
Funktionen Reservemodule zur Verfügung.
Bei den in System 12 verwendeten systemspezifischen Halbleiterschaltungen bietet die ständige Weiterentwicklung der Mikroelektronik ebenfalls Vorteile: So brachte die Einführung der CMOS-Technologie eine Erhöhung der Packungsdichte sowie geringeren Energieverbrauch, was in einem reduzierten Flächenbe207
Bild 8.2: Vergleich des Raumbedarfs zwischen alter Technik und System 12 (vier Gestellrei-
hen von rechts) am Beispiel der internationalen Fernvermittlungsstelle (IVSt) in Berlin
darf der Systeme resultierte (Bild 8.2). Dies hat sich gerade bei der schnellen Einführung von System 12 in den neuen Bundesländern positiv ausgewirkt: In einigen alten Gebäuden
fand sich oft noch Platz für die Installation, was den
zeitaufwendigen Bau neuer Gebäude zumindest in der ersten Phase überflüssig machte. Alle diese Eigenschaften — Ausbaumöglichkeit über einen weiten Bereich,
problemlose
Einführung
neuer
Dienste
und
die Möglichkeit,
technologische
Innovationen sowohl bei den Mikroprozessoren als auch bei den systemspezifischen Schaltungen nutzen zu können - geben System 12 eine hohe Zukunftssi-
cherheit.
Neue Anwendungen mit System 12
Dank
seines modularen
Aufbaus
und seiner Flexibilität erschließen sich für
System 12 immer neue Anwendungsbereiche.
So begann die Deutsche Bundes-
post Ende 1988 mit der Serieneinführung von ISDN. System 12 war von Anfang an so konzipiert, daß ISDN-Anwendungen problemlos realisiert werden konnten. Es mußten lediglich entsprechende Software-Pakete hinzugefügt werden. 208
Auch im Mobilfunkbereich findet System 12 Anwendung. SEL liefert im Rahmen eines Konsortiums System-12-Technik für dieses Netz an die DBP Telekom. System-12-Vermittlungstechnik arbeitet auch in allen 30 Bodenstationen für die deutschen Telekommunikationssatelliten „DFS Kopernikus I und II“, über die
Hörfunk- und Fernsehprogramme übertragen werden. Für den Einsatz in Sondernetzen mit anwendungsspezifischen Leistungsmerkmalen oder Netzen mit Mehrwertdiensten, beispielsweise „Service 130“, ist System 12 ebenfalls geeignet. Und schließlich kann System 12 für die von Alcatel für ihr zukünftiges Breitbandvermittlungssystem entwickelte Architektur um Breitbandfunktionen erweitert
werden. Schon 1988 erfolgte die Übergabe einer ersten, auf System 12 basierenden Labor-Breitbandvermittlungseinheit im Rahmen des Berliner BERKOM-
Projekts an die Deutsche Bundespost. Übertragungstechnik Leitungsgebundene Systeme
Unser Unternehmensbereich Übertragungssysteme deckt mit seiner Produktpalette den vollen Anwendungsbereich leitungsgebundener, plesiochroner Übertragungsnetze ab (Bild 8.3). Für das in der digitalen Übertragungstechnik verwendete Zeitmultiplexverfahren überstreicht unser Angebot die gesamte Hierarchie vom Grundsystem PCM 30 mit 2 Mbit/s bis 565 Mbit/s. Die verschiedenen Geschwindigkeitsbereiche sind als Multiplexhierarchie aufgebaut, wobei in einer höheren Hierarchiestufe jeweils vier Untersysteme der darunterliegen-
den Stufe zu einem Obersystem vereinigt sind: also PCM 120 mit 8 Mbit/s, PCM 480 mit 34 Mbit/s, PCM 1920 mit 140 Mbit/s und PCM 7680 mit 565 Mbit/s. An der nächsthöheren sechsten Hierarchiestufe mit etwa 2,2 Gbit/s wird bereits gearbeitet.
Für das Übertragen der digitalen Datenströme zwischen den Multiplexern stehen folgende Leitungen zur Verfügung: symmetrische Kabel (PCM 30), KleinKoaxialkabel (PCM 480 und PCM 1920), Groß-Koaxialkabel (PCM 1920 und PCM 7680) sowie heute überwiegend Einmoden-Glasfaserkabel. So werden wir für Neuinstallationen in den östlichen Bundesländern nur noch Glasfaserstrekken einsetzen. Selbstverständlich liefern wir auch die entsprechenden Endgeräte. Um die bestehenden Übertragungsnetze besser und flexibler ausnutzen zu können, ist - zunächst in den alten Bundesländern - der Wechsel von plesiochroner zu synchroner Digitaltechnik vorgesehen. Dazu ist der Übergang auf die sogenannte Synchrone Digitale Hierarchie (SDH), die von ETSI und CCITT international standardisiert wird, erforderlich. Im Rahmen dieser neuen synchro-
nen Generation von übertragungstechnischen Geräten ist der Netzknoten Ü 2000 ein Hauptbestandteil des künftigen Übertragungsnetzes. Die mit ihm realisierte „Intelligenz“
erlaubt
die flexiblere
und
damit
wirtschaftlichere
Nutzung
der
209
Bild 8.3:
Leitungsgebundene
Übertragungstechnik von SEL
Leitungsnetze; Übertragungskapazitäten können kurzfristig zur Verfügung gestellt und Engpässe beseitigt werden. Damit werden auch die Voraussetzungen
für künftige Breitbandanwendungen geschaffen. Die DBP Telekom hat sich in einem internationalen Wettbewerb für das System Multiport, unsere Realisie-
rung des Netzknotens Ü 2000, entschieden.
Das Programm des Unternehmensbereichs Übertragungssysteme umfaßt auch Breitbandkommunikationssysteme für die Individual- und Verteilkommunika-
tion. Dazu zählen beispielsweise Verteilsysteme für Rundfunk- und Fernsehsignale von einer zentralen Empfangsstelle bis ins Privathaus. Auch für TEMEX, das Fernwirksystem der DBP Telekom über das Telefonnetz, haben wir spezielle Fernwirkeinrichtungen entwickelt. Zusätzlich liefern wir maßgeschneiderte Fernwirk- und Leitstellensysteme beispielsweise für die Versorgungstechnik, den Umweltschutz oder für Anwendungen
in der Industrie.
Öffentliche Telekommunikationsnetze, aber auch private Netze müssen optimal geplant und betrieben werden. Unterstützung bieten dabei rechnergesteuerte
Netz-Management-Systeme von SEL. Sie erfassen Informationen über den Zustand des Netzes und verarbeiten diese Statusinformationen, um ein Bild von
der aktuellen Situation des Netzes zu erhalten. Individuelle Rechnerprogramme 210
Richtfunkstrecken
Bereich Leipzig
Bereich Chemnitz
Eisleben
Großschirma Blankenheim Freiberg Chemnitz
Sangerhausen
Frauenstein
Totenstein Leipzig Auerbach
Bereich
Erfurt
Nordhausen Sonderhausen
Rastenberg
Erfurt 4
T-Göschwitz
T-Erfurt 2
Eisenach
Jena
Eisenach
Helenenhöhe
Bild 8.4:
Iimenau
Richtfunkstrecken in den neuen Bundesländern
211
ermöglichen es dann dem Betreiber, in das Netz einzugreifen, um beispielsweise hinsichtlich der Netzauslastung flexibel reagieren zu können. Richtfunksysteme
Die Technik der Signalübertragung über Einmoden-Glasfasern ist heute so weit fortgeschritten, daß Signale mit einer gegenüber dem Richtfunk mehrfachen Bitrate ohne Zwischenverstärkung über größere Entfernungen als die üblichen
Funkfeldlängen des Richtfunks übertragen werden können. Damit sinkt die Nachfrage in den alten Bundesländern. In den neuen Bundesländern liefern wir im Rahmen der Turn-Key-Projekte auch Richtfunk, weil sich hiermit erheblich
schneller Übertragungswege schaffen lassen als mit Netzverkabelung (Bild 8.4).
Das Exportvolumen für Richtfunksysteme steigt jedoch an. Wir liefern in Entwicklungs- und Schwellenländer aufgrund der dort nicht vorhandenen Infrastruktur, geographischer Gegebenheiten und des noch nicht sehr hohen Verkehrsaufkommens Richtfunk mit Übertragungsgeschwindigkeiten von 2 Mbit/s bis
140 Mbit/s in einem breiten Übertragungsbereich von 1,9 GHz bis 18,7 GHz. Zukunftsprojekte sind Richtfunksysteme für 22 GHz. In diesen Ländern wird der Richtfunk auch im kommenden Jahrzehnt das Rückgrat der Weitverkehrstechnik sein.
Das System RURTEL (RURale TELekommunikation) basiert auf digitalem Richtfunk. Das Herz von RURTEL ist die von einem Mikroprozessor gesteuerte Zentralstation, die Richtfunkverbindungen zu den Teilnehmern sowie Schnittstellen für die Verbindung zum Hauptnetz über existierende lokale Vermittlungseinrichtungen bereitstellt. Die Zentralstation ist modular aufgebaut, um eine große Anzahl von Anwendungen und zusätzlichen Kapazitäten abzudecken sowie weitere Dienste wie Telefax, Datenübertragung bis 64 kbit/s oder besonde-
re Telefondienste anzubieten. Teilnehmer in dünnbesiedelten Gebieten lassen sich mit RURTEL in einfacher und ökonomischer Weise an ein bestehendes Telefonnetz anschließen. In einigen Gebieten der neuen Bundesländer ist RURTEL derzeit die praktischste und ökonomischste Lösung und wird dort auch eingesetzt.
In der Mobilkommunikation werden der fortschreitende Ausbau von Kleinzel-
lenmobilfunknetzen (C- und D-Netz) sowie die in Entwicklung befindlichen PCN-Systeme (Personal Communication Networks) aus Gründen der verfügbaren Frequenzbänder die Erschließung höherer Frequenzbänder, beispielsweise
im 23-, 26-, 38-, 50- und 60-GHz-Bereich erfordern. Damit entwickelt sich der
Richtfunk in dichtbesiedelten Gebieten hin zu höheren Frequenzen und kürzeren Funkfeldlängen. Der klassische Richtfunk bietet dagegen nach wie vor Vorteile für sich entwickelnde Flächenstaaten und schwieriges Gelände (Bild 8.5).
212,
Bild 8.5:
Handtelefon SEM 340 für das C-Netz
Mobilfunk
Die Zukunft des Mobilfunks liegt beim volldigitalen D-Netz, das in einem Frequenzbereich von 900 MHz betrieben wird. Die Endgeräte lassen sich europaweit nutzen, wobei die Teilnehmer unter ihrer jeweiligen Nummer überall in Europa zu erreichen sind und auch von überall anrufen können. Die Entwicklung des digitalen Mobilfunks reicht in die Anfänge der 80er Jahre
zurück. Klar war damals eigentlich nur, daß allein eine Zellenfunklösung genü-
gend Teilnehmerkapazität würde bereitstellen können. Nicht einig war man sich
über das geeignete Zugriffsverfahren.
SEL setzte früh auf das Zeitmultiplexverfahren und entwickelte ein AUTOTEL
genanntes System. Die Versuche mit AUTOTEL
verliefen so erfolgreich, daß
1983 zwei Partner gefunden werden konnten - AEG und SAT (Paris) -, die sich 213
in einem Konsortium unter Führung von SEL an der deutsch-französischen Ausschreibung für ein Mobiltelefon im Frequenzbereich von 900 MHz beteiligten. Das System wurde unter dem Namen CD 900 (Cellular Digital 900 MHz) angeboten. Nur das Konsortium CD 900 offerierte damals ein digitales System. Dessen Vorteile waren jedoch so überzeugend, daß die ursprüngliche S-900-Ausschreibung aufgehoben wurde. Die beiden Postverwaltungen beschlossen, mehrere unterschiedliche digitale Funksysteme zu testen, wozu eine neue Ausschreibung anlief. Die CEPT-Gruppe „Groupe Special Mobile“ (GSM) erarbeitete schließlich aufgrund der unterschiedlichen Vorschläge die endgültigen Normen für das DNetz, das 1991 in bestimmten Ballungsräumen Europas, unter anderem auch in Deutschland, den Betrieb aufnehmen wird. Im Gegensatz zu analogen Systemen,
die nach dem Frequenzmultiplexprinzip mit einem eigenen Träger je Funkkanal arbeiten, werden beim digitalen D-Netz pro Träger acht Sprachkanäle zu einer Bandbreite von 200 kHz zusammengefaßt und nach dem Zeitmultiplexprinzip verschachtelt. Das D-Netz bedient sich somit einer Kombination aus Frequenz-
multiplex (FDMA) und Zeitmultiplex (TDMA). Damit wird die Teilnehmerkapazität durch die Verringerung des Bedarfs an Frequenzbandbreite gesteigert.
Zur Beteiligung am Aufbau des europaweiten digitalen Mobilfunknetzes haben
sich die Unternehmen AEG, Alcatel n.v. und Nokia zum Konsortium ECR 900
(European Cellular Radio 900) zusammengeschlossen. Im Rahmen des AlcatelFirmenverbundes ist SEL daran beteiligt und Sitz der Programmleitung.
Für das D1-Netz der DBP Telekom richtet SEL an 50 Standorten die Funk- und
Vermittlungssysteme (auf Basis des digitalen Vermittlungssystems System 12)
ein. Bis Ende 1991 sollen insgesamt 170 Sendemasten in Betrieb sein. Neben den Ausrüstungen für die Infrastruktur wird SEL auch Endgeräte anbieten. Für das
bisherige analoge C-Netz liefert SEL eine komplette Palette an Endgeräten.
Private Kommunikationssysteme
Digitale Nebenstellenanlagen
Die Systemarchitektur der digitalen, ISDN-fähigen Nebenstellenanlage System 12B
SEL
5630 basiert auf der Konzeption
von System
12 für die öffentliche
Vermittlungstechnik. Damit bietet System 12B SEL 5630 große Flexibilität hinsichtlich des Systemausbaus. Bei 100 Nebenstellen beginnend, ist es bis weit
über 3000 Nebenstellen in kleineren oder größeren Schritten erweiterbar.
Neben allen Leistungsmerkmalen, die ein modernes digitales Telefonsystem heute bietet, kann der Anwender in System 12B außer Sprache auch andere Kommunikationsdienste wie Bildschirmtext, Teletex und Datenverkehr nutzen.
Über einen einzigen Anschluß mit zwei Nutzkanälen sind Sprach-, Text-, Bild214
und Datenkommunikation
möglich,
d.h.
von jedem
digitalen Telefon
an der
Nebenstellenanlage lassen sich auf der vorhandenen Zweidrahtleitung parallel zum Telefonieren Daten und Texte übertragen. In eine Gesamtkonzeption können vorhandene Geräte (auch analoge Telefone) und Einrichtungen, beste-
hende Netze und Leitungen einbezogen werden.
Auch die kleinen und mittleren ISDN-Telekommunikationsanlagen - SEL 5605,
SEL 5610 und SEL 5625 - haben eine positive Resonanz gefunden. Die beiden kleinen Systeme lassen sich bis auf 12 bzw. 48 Nebenstellen ausbauen. In ISDNAusführung ist u.a. Mehrdienstbetrieb, Datenkommunikation und PC-PCKommunikation möglich. Das digitale System SEL 5626 kann bis zu 240 Neben-
stellen bedienen und bietet ebenfalls ISDN-Dienste. Mit dem ISDN-Komforttelefon SEL 1074 und dem ISDN-Kommunikationsterminal SEL 1078 lassen sich
die ISDN-Möglichkeiten nutzen. So bietet das Terminal SEL 1078 außer den
Komfortmerkmalen des 1074 auch ISIDN-Kommunikation im PC sowie simultane Sprach- und Datenkommunikation.
Datensysteme
Die Entwicklung in der Datenverarbeitung ist durch eine zunehmende Vernetzung der Rechner untereinander sowie durch Dezentralisierung gekennzeichnet. Die wachsende Leistungsfähigkeit von Arbeitsplatzrechnern und PCs bei sinkenden Preisen bringt die Rechenleistung zum
Arbeitsplatz, während
Daten
und
Programme zentral gespeichert werden, um allen Nutzern gleichermaßen Zugang zu gewähren. Eine solche Struktur setzt eine leistungsfähige Kommunikation der Rechner untereinander voraus. Bei Anwendungen beispielsweise im CAD-Bereich sind große Datenmengen mit hoher Übertragungsgeschwindigkeit zu transportieren.
Kommunikation ist das Kerngeschäft von SEL. So konzentrieren wir uns auch im
Datenbereich auf diesen Aspekt. Netzwerkrechner, Steuereinheiten und Terminals für unterschiedliche Systeme und Anwendungen werden von SEL angeboten. Hinzu kommt Software für die Kommunikation in heterogenen EDVUmgebungen, die Komponenten unterschiedlicher Systeme enthalten können.
Die Datenkommunikation zwischen Rechnern verschiedener Hersteller ist heute kein Problem mehr. Komplexe Netze erfordern jedoch ein spezielles Know-how. Der Kunde wünscht eine Problemlösung, keine Einzelkomponenten. Wir bieten deshalb Systemberatung an und sind in der Lage, Komplettlösungen zu realisieren. Wenn es erforderlich ist, entwickeln wir auch Spezialanwendungen.
Private Übertragungsnetze
Mit KOMTAN und OPTAN bietet SEL zwei Verkabelungssysteme als Gebäude- und Campus-Verkabelungen für alle gängigen Datenschnittstellen und -pro215
tokolle an. Eingesetzt werden verschiedene Systemlösungen,
die sich an der
vorhandenen Infrastruktur und der jeweiligen Problemstellung orientieren. KOMTAN
(KOMtbiniertes Teilnehmer-Anschluß-Netz) basiert auf einer Zwei-
medienverkabelung: Lichtwellenleiter im globalen Bereich und Vierdraht-Technik
im
lokalen
Bereich.
Die
Verkabelung
ist strukturiert
und
hierarchisch
Nur
mit diesem
aufgebaut und wird sternförmig zu den einzelnen Gebäuden und Arbeitsplätzen geführt. Die globale Verkabelung (Geländeverkabelung und Gebäudeverkabelung
in der
Vertikalen)
ist in Glasfasertechnik
ausgeführt.
Medium lassen sich große Entfernungen überbrücken und Daten unterschiedlicher Geschwindigkeiten und Protokolle mit größtmöglicher Sicherheit übertragen. Die Glasfasertechnik bietet Sicherheit auch im Hinblick auf künftige Hochgeschwindigkeitsnetze. Ein weiterer Vorteil der Lichtwellenleitertechnik ist ihre Unempfindlichkeit gegen elektromagnetische und elektrostatische Felder. Im lokalen Bereich - der Etagen- und Abteilungsverkabelung - wird bei Entfernungen unter 100 m und Übertragungsgeschwindigkeiten bis 16 Mbit/s geschirmte oder ungeschirmte Vierdraht-Technik eingesetzt. Um Kosten zu sparen, können vorhandene Telefon- oder Datenkabel in die Neuverkabelung einbezo-
gen werden. An
KOMTAN
lassen sich alle gängigen
Datenverarbeitssysteme
anschließen.
Das System bietet Komplettlösungen für lokale Netze wie Ethernet, TokenRing, FDDI (Fiber Distributed Data Inferface) und DODB (Distributed Queue Dual Bus). OPTAN (OPtisches Teilnehmer-Anschluß-Netz) ist eine Inhouse-Verkabelung in Lichtwellenleitertechnik (Einmodentechnik) bis zum Teilnehmer. Mit OPTAN
werden
Rechner-Terminal-Netze
(lokale
Netze)
in Stern-Topologie
realisiert. Alle gängigen Datensysteme können an das Netz angeschlossen und Übertragungsraten mit mehr als 100 Mbit/s ohne übertragungstechnische Län-
geneinschränkungen über große Entfernungen erzielt werden.
Die Einmoden-Lichtwellenleiter gewährleisten den Anschluß an künftige Lichtwellenleiter-Breitbandnetze wie B-ISDN. Damit sind die Voraussetzungen für ein problemloses Zusammenwachsen
von LAN
(Metropolitan Area Networks) und WAN
(Local Area Networks), MAN
(Wide Arca Networks) geschaffen.
8.3 Pilot- und Turn-Key-Projekte in den neuen Bundesländern Die Geschäftsbeziehungen mit der DDR wurden Ende der 70er und in den 80er Jahren immer schwieriger und reduzierten sich schließlich im wesentlichen auf Kontaktpflege. Ursache dafür waren der chronische Devisenmangel auf östlicher und die COCOM-Bestimmungen auf westlicher Seite. Immer mehr Produkte der
Nachrichtentechnik gerieten durch den Generationswechsel von elektromechanischer zu rechnergesteuerter moderner Digitaltechnik auf diese Verbotsliste. 216
7
:
3 i
Bild 8.6: Aufbau eines Richtfunkturms
217
Gegen Ende der 80er Jahre zeichnete sich eine Lockerung ab, zunächst eher atmosphärisch, schließlich auch konkret. Vor diesem Hintergrund kehrte SEL nach einigen Jahren Abwesenheit 1989 auf die früher regelmäßig beschickte Leipziger Frühjahrsmesse zurück. Obwohl damals an eine Serienlieferung moderner Vermittlungstechnik oder an ein Joint-venture in der DDR noch nicht zu denken war, fällte SEL die strategische Entscheidung, auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1989 mit der damaligen DDR-Regierung einen Vertrag über die Lieferung einer digitalen Vermittlungsstelle System 12 abzuschließen, die zunächst im Pilotbetrieb getestet werdensollte. Es handelte sich dabei um eine in einem Container untergebrachte System-12Vermittlungsstelle
mit etwa
2000
Anschlüssen,
die
in Ost-Berlin
aufgestellt
werden und Studienzwecken dienen sollte. Von SEL erforderte dies eine unternehmerische Vorleistung von 40 bis 50 Mannjahren für die Anpassungsentwicklung an das DDR-Netz.
Mit der Übergabe dieser ersten Container-Vermittlungsstelle kurz nach Öffnung der Mauer im Dezember 1989 war somit quasi eine Systemvorentscheidung für
digitale Vermittlungsstellen im Gebiet der damaligen DDR gefallen. DaSEL als
einziger Hersteller über die Anpassungstechnik verfügte, wurden von der Deut-
schen Post im Frühjahr 1990 weitere 14 System-12-Container-Vermittlungen mit sehr kurzen Lieferzeiten in Auftrag gegeben.
Die in der Hierarchie höchste Vermittlungseinrichtung des ehemaligen DDR-
Netzes war die internationale Fernvermittlungsstelle in Ost-Berlin. Die Auswechslung und spätere Erweiterung dieser Vermittlung wurde ebenfalls im
Februar 1990 an SEL vergeben. Sie dürfte als das bisher komplexeste Bauvorhaben einzustufen sein. Zum einen waren die in einem Auslandskopfamt unterschiedlichen Signalisierungen zu realisieren, zum anderen waren gleichzeitig die vorhandenen 46 Handvermittlungsplätze durch moderne Bildschirmbedienplätze zu ersetzen - und das alles in einer Zeitspanne von weniger als zehn Monaten.
Das Bauvorhaben mit 6 000 abgehenden und 6 000 ankommenden nationalen und internationalen Leitungen wurde am 31. Oktober 1990 termingerecht übergeben.
Zwischen Auftragsvergabe und Abschluß dieser Projekte änderten sich die politischen Verhältnisse grundlegend. Während zunächst die DDR mit eigener
Währung noch existierte, wurde im ersten Schritt die Währungsunion zum 1. Juli 1990 und schließlich am 3. Oktober 1990 der Anschluß der neuen Bundesländer
an die alte Bundesrepublik und damit die deutsche Einheit vollzogen. Mit der
Vereinigung haben sich die Voraussetzungen für den Ausbau der Telekommuni-
kationsinfrastruktur wesentlich verändert. Zum einen lag jetzt die Verantwortung und letztlich auch die Finanzierung bei der Deutschen Bundespost Telekom,
zum andern entstand ein enormer öffentlicher Druck, die Infrastruktur im Osten
so schnell wie möglich auf westliches Niveau zu heben. Die Notwendigkeit dafür als Voraussetzung für einen Wirtschaftsaufschwung zeigte sich immer deutlicher. Die Telekom
und
die Fernmeldeindustrie
erkannten
sofort,
daß
neue
Wege
beschritten werden mußten, um die hochgespannten Erwartungen erfüllen zu 218
Bild 8.7:
Justierung der
Richtfunkantennen
können. Die Zeit war zum wichtigsten Faktor geworden. Dafür war man auch
bereit, Provisorien in Kauf zu nehmen.
Der Zeitdruck, unter dem die Telekom beim Ausbau der nachrichtentechnischen
Infrastruktur in den neuen Bundesländern stand, führte zu ungewöhnlichen Maßnahmen wie den Turn-Key-Projekten. Erstmals beauftragte die Telekom die Industrie mit der schlüsselfertigen Ausführung von Projekten, von der Vermitt-
lungs- und Übertragungstechnik bis hin zu Gebäuden, Stromversorgungen sowie Kabelverlegung oder dem Bau von Richtfunktürmen (Bilder 8.6 und 8.7). Für eine bestimmte Anzahl von Teilnehmern einer Region lag damit der Aufbau der Telekommunikations-Infrastruktur - von der Telefonsteckdose im Haus bis zu einer definierten Schnittstelle zum überregionalen Vermittlungsnetz der DBP Telekom - in einer Hand (Bild 8.8). SEL erhielt den Zuschlag für 28 solcher Projekte, vor allem in Thüringen und Sachsen. 219
Bild 8.8: Freileitungen ermöglichen kurzfristigen Anschluß von Teilnehmern
SEL verfügt über Erfahrungen mit Turn-Key-Projekten aus dem Exportgeschätt, wo häufig schlüsselfertige Projekte vergeben werden. Dennoch ließ sich dieses Know-how nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen. So mußten in den neuen Bundesländern für Baumaßnahmen aller Art erst die Eigentums-
verhältnisse geklärt werden, eine für uns neue und ungewohnte Aufgabe. Die neugewonnene
Freiheit nutzten manche Bürger auch zu Protesten, etwa gegen
Richtfunktürme, die aus technischen Gründen oft an exponierten Standorten errichtet werden müssen. Es bedurfte des gegenseitigen Verständnisses und der Bereitschaft, offen aufeinander zuzugehen, um diese Hürden in der vorgegebenen kurzen Zeit zu überwinden. In diesem Zusammenhang kann man das Engagement unserer Mitarbeiter nicht
hoch genug bewerten. Extremer Zeitdruck und die genannten, völlig neuartigen Aufgabenstellungen brachten große Belastungen mit sich. Andererseits sorgten die raschen Erfolge der Arbeit und das hochgesteckte Ziel für die nötige Motivation. Insbesondere das Bewußtsein, an der Lösung eines fundamentalen
Problems der Menschen in den neuen Bundesländern an vorderster Stelle mitzuarbeiten, spornte immer wieder zu neuen Ideen und hohem Einsatz an. Ein Meilenstein im Rahmen der Aufträge für das Overlay-Netz der DBP Telekom war das Großprojekt von SEL in Leipzig: Am 28. Dezember 1990 wurden dort zwei Vermittlungsstellen in System-12-Technik mit insgesamt 17 000
220
Anschlußeinheiten,
die
1991
um
weitere
20000
Telefonanschlüsse
erweitert
wurden, in Betrieb genommen (Bild 8.9). SEL lieferte und installierte auch die gesamte übertragungstechnische Infrastruktur zur Verbesserung der Kommunikation von und zur Messestadt. Dieser Auftrag war in jeder Hinsicht eine große Herausforderung. SEL mußte sich vertraglich verpflichten, den Termin der Frühjahrsmesse 1991 unter allen Umständen zu halten. Wer die dortigen Verhältnisse kennt, weiß, daß dies nicht nur die Überwindung technischer Probleme bedeutete. Der Erfolg belohnte die außergewöhnlichen Anstrengungen. Die DBP Telekom installierte vor dem Hauptpostamt in Leipzig Telefonapparate und ließ die Bevölkerung zur Einweihung kostenlos in den Westen telefonieren. Die Menschen reagierten mit Stau-
Bild 8.9:
System 12-Vermittlungsstelle in Leipzig
221
nen und Begeisterung, da sie erstmals in der DDR problemlos in alle Welt telefonieren konnten — und dies nicht nur als Sonderleistung zur Messe, sondern
als dauerhafte Einrichtung. Damit war Leipzig der Durchbruch, eine Demonstra-
tion, wie das Telefonieren bald in allen Wirtschaftszentren der neuen Bundeslän-
der aussehen wird (Bild 8.10).
8.4. Regionale Aktivitäten von SEL in den neuen Bundesländern Alserster westlicher Telekommunikationshersteller gründete SEL in der damaligen DDR im März 1990 ein Gemeinschaftsunternehmen, die RFTSEL Nachrichtenelektronik GmbH, die am 1. Juli 1990 ihre operative Tätigkeit aufgenommen
hat. RFT SEL spielt heute als Hersteller und Lieferant von Telekommunikationseinrichtungen in den neuen Ländern eine maßgebliche Rolle. Aufgrund der
damaligen Rechtslage konnte SEL zunächst nur einen Anteil von 50 Prozent übernehmen. Die andere Hälfte ging an die Treudhandanstalt über. Im Juli 1991
erwarb SEL rückwirkend zum 1. Januar 1991 die gesamte RFT SEL Nachrichtenelektronik GmbH. Mit dieser Übernahme konnten die Betriebe in eine einheitliche Standortkonzeption von SEL eingegliedert werden. Damit wird Doppelarbeit vermieden und eine optimale Auslastung der einzelnen Standorte erreicht. Diese Einbindung in SEL und damit in den Alcatel-Konzern sicherte die Erhaltung einer möglichst großen Zahl von Arbeitsplätzen, wobei selbstverständlich die Belegschaftsgröße den neuen Gegebenheiten angepaßt werden mußte. Ein weiteres Ziel des Gemeinschaftsunternehmens war es, die in der früheren
DDR gewachsenen Beziehungen zu anderen Staaten Osteuropas und insbesondere zur Sowjetunion zu übernehmen und weiterzupflegen, denn dort besteht ein
enormer
Nachholbedarf
in der
nachrichtentechnischen
Infrastruktur.
In das
Gemeinschaftsunternehmen eingebunden wurden aus dem ehemaligen VEKombinat Nachrichtenelektronik die Werke Arnstadt und Rochlitz sowie der
Installationsbetrieb Funk- und Fernmeldeanlagenbau Berlin.
Fertigungsstätten von RFTSEL Arnstadt war das größte Werk für Vermittlungseinrichtungen in der ehemaligen DDR und hatte in den vergangenen 40 Jahren die Verantwortung für die
Bereitstellung entsprechender Technik für das gesamte dortige Telefonnetz. In
unserem Gemeinschaftsunternehmen ist Arnstadt mit rund 1800 Mitarbeitern die größte Einheit. Nach wie vor produziert RFT SEL hier die bisherige analoge Vermittlungstechnik, die überall dort benötigt wird, wo noch keine digitalen
Vermittlungen vorgesehen sind. Um das Netz möglichst schnell auszubauen, werden bestehende und funktionsfähige analoge Vermittlungsstellen erweitert. Dafür werden wir 1991 rund 200000 Anschlußeinheiten in konventioneller Technik liefern. Dies ist allein viermal so viel wie die 50000 Anschlußeinheiten,
222
u
U} Magdeburg
@Eisleben
@® sangen.
BE Creuzburg
MBorna
Rastenberg®
A
Eisenach Waltersh.
Gerstungen
Anunla
Apolda MErfurt
ans
@Anstadt
Dresden
—_—
u
@Freiberg
u
A wildenfels PR.
A Saalfeld Falk
SEL-Vorhaben
= 4 Großschirma
Chemnitz
, j @ Stadtilm IImenau
Bild 8.10:
Leipzig
Sömmerda
EI Reichenbach @ Auerbach
nsteing
®
Turn-Key
1991(1.Stufe)
A
Turn-Key
1991(2.Stufe)
EB
Regeiprogramm
199]
in den neuen Bundesländern
223
welche die ehemalige Deutsche Post jährlich installierte. Auch der Ersatzbedarf für die bestehenden 1,8 Millionen Anschlußeinheiten kommt
aus Arnstadt.
Speziell für die Sowjetunion wurde in Arnstadt das elektronische Vermittlungssy-
stem ENSAD entwickelt, dessen Lieferung RFT SEL fortsetzen wird. Ein neuer Auftrag aus der UdSSR liegt bereits vor. Für unser digitales Vermittlungssystem System 12 bilden Arnstadt und das Werk Gunzenhausen einen Fertigungsverbund. Gunzenhausen liefert die Elektronik, Arnstadt ist für die Fertigung mechanischer Teile und Baugruppen verantwortlich. Langfristig soll in Arnstadt ein europäisches Mechanikzentrum für die gesamte Alcatel entstehen.
Das Werk Rochlitz ist mit derzeit rund 900 Mitarbeitern für die Produktion digitaler Übertragungssysteme verantwortlich. Ein hochmodernes Fertigungszentrum für elektronische Baugruppen wurde hier im Februar 1991 eröffnet. Es soll vor allem die neuen Bundesländer sowie Telekommunikationsnetze in Staaten Osteuropas beliefern. Mit dem SEL-Werk in Stuttgart bildet Rochlitz einen Fertigungsverbund. Zusammen mit SEL wird RFT SEL an der Erneuerung der nachrichtentechnischen Infrastruktur der neuen Bundesländer mitarbeiten, wobei auch die
Installationsleistungen des Bereichs Anlagenbau gefragt sind. Wichtige Aufträge für das Overlay-Netz der DBP Telekom in Berlin, Erfurt und Leipzig liegen vor. 1991 werden wir insgesamt 315000 Anschlußeinheiten für das Overlay-Netz liefern. Weitere Schwerpunkte unserer Arbeiten sind die Turnkey-Projekte der DBP
Telekom.
Der Unternehmensbereich
Bürokommunikation
hat inzwischen mit der „Ver-
triebsregion Ost“ ein flächendeckendes Vertriebs- und Servicenetz eingerichtet, dessen Rückgrat fünf Geschäftsstellen bilden. Es wird das gesamte Produktspektrum
— Nebenstellenanlagen,
Telefone,
Fernkopierer,
Mobilfunkgeräte
und
Datensysteme - angeboten. Zusätzlich zu diesem Direktvertrieb wird derzeit ein weitverzweigtes Händlernetz aufgebaut, um den Service für den Kunden weiter zu verbessern.
Know-how-Transfer zwischen den alten und neuen Bundesländern
Über den technologischen Rückstand der neuen Bundesländer gegenüber den alten ist genug geredet worden. Das gleiche gilt für die noch unzureichende Produktivität. In unserem Gemeinschaftsunternehmen RFT SEL Nachrichten-
elektronik war es von Anfang an unser Anliegen, die Produktivität der übernom-
menen
Fertigungsstätten zu erhöhen
und möglichst schnell an den westlichen
Standard heranzuführen. Ein rentabel arbeitender Betrieb muß weniger Mitarbeiter entlassen. Außer Problemen haben wir aber auch viel Positives im Osten vorgefunden, das
Anlaß zu der Hoffnung 224
gibt, den Produktivitätsrückstand
gegenüber
West-
deutschland in wenigen Jahren beseitigt zu haben. Dieses Positive liegt in dem guten Ausbildungsniveau sowohl der Ingenieure als auch der Facharbeiter, das bisher nur deshalb nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Mittel zur Umsetzung des erlernten Wissens nicht vorhanden waren. Von großer Bedeutung sind für uns auch die über Jahre gewachsenen Beziehungen unserer Partner
zu den osteuropäischen Ländern. Sie helfen uns damit, in diesem Raum neue Märkte für unsere Produkte zu erschließen. Wenn man diese Gegebenheiten berücksichtigt, darf der Know-how-Transfer nicht nur unter produktionswirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden, sondern als Teil einer Kooperationsstrategie, die die Stärken zweier Partner verbindet.
Im betrieblichen Management bieten wir den ehemaligen leitenden Kräften der VEB Hilfe zur Selbsthilfe. Wir machen sie mit modernen Verfahren der Organi-
sation, der Arbeitsabläufe, der Materialwirtschaft oder auch mit Qualitätsstan-
dards vertraut, die ihnen durch die frühere zentrale Planwirtschaft nicht zugänglich waren. Auch das ist Know-how-Transfer; das Aufstellen moderner Maschi-
nen allein genügt nicht.
In der Produktion wird es keinen Know-how-Transfer von oben herab geben, sondern Lernen durch Mitarbeit. Die östlichen Länder verfügen über ein großes Potential guter Facharbeiter, beispielsweise exzellenter Werkzeugmacher, die wir aber in der vorhandenen großen Anzahl nicht beschäftigen können. Dagegen besteht
in der
Elektronik
deshalb vordringlich.
ein
Nachholbedarf.
Umschulungsprogramme
sind
Auch in Forschung und Entwicklung gibt es kein einseitiges Vermitteln von Know-how in West-Ost-Richtung. Das Kombinat Nachrichtenelektronik be-
schäftigte beispielsweise ein Team von mehreren hundert, auf dem Softwaregebiet kompetenten Ingenieuren. Wir machen sie mit der für sie bisher nicht zugänglichen Computertechnik vertraut. Wie in allen anderen für uns wichtigen Bereichen finden wir auch hier die Bereitschaft, aus eigener Kraft Neues aufzubauen. Damit wird Know-how-Transfer zu einem gegenseitigen Geben und
Nehmen, das die Grundvoraussetzung für eine schnelle Gesundung der Wirtschaft in den östlichen Bundesländern bildet.
8.5
Ausblick
Die Modernisierung des Fernsprechnetzes in den neuen Bundesländern wird noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Dabei darf man nicht übersehen, daß wir auch in den alten Bundesländern noch viel Zeit benötigen werden, bis die letzte
der rund 6200 Ortsvermittlungsstellen durch moderne
Digitalsysteme ersetzt
sein wird. Parallel dazu stehen neue Dienste, wie sie etwa von dem entstehenden
intelligenten Netz angeboten werden, vor der Einführung. Die Provisorien, die 225
im Osten aus Zeitgründen in Kauf genommen wieder verschwinden.
werden mußten, werden bald
Die fernmeldetechnische Industrie hat flexibel und schnell auf die Herausforde-
rungen
nach der Vereinigung reagiert und dabei große Erfolge erzielt. Die
Telekommunikation wird eines der ersten Gebiete sein, auf denen das Gefälle zwischen West und Ost verschwinden wird. Aber es bleibt keine Zeit, um sich
auszuruhen. Der europäische Binnenmarkt, die Öffnung der osteuropäischen
Länder und der weltweite Wettbewerb stellen die Telekommunikationsindustrie
vor neue Herausforderungen. Die Leistungen im Zuge der Vereinigung Deutschlands haben können.
226
gezeigt, daß wir diesen Aufgaben
mit Zuversicht
entgegensehen
9. Der Beitrag der Firma Siemens AG zur Realisierung des Aufbauprogramms Erwin Hardt / Werner Schmücking
Die politische und wirtschaftliche Vereinigung der beiden Teile Deutschlands hat die Telekommunikationsindustrie
vor zwei
grundsätzliche
Aufgaben
gestellt:
Erstens den schnellstmöglichen Ausbau der völlig unzureichenden Telekommunikations-Infrastruktur und zweitens die Stützung und Stärkung der Telekommunikationsindustrie in den neuen Bundesländern. Die Siemens AG fühlt sich hierzu in besonderem Maße verpflichtet. Die unvermittelte Zusammenführung zweier sich extrem unterschiedlich entwikkelnder Wirtschaftssysteme wie in West- und Ostdeutschland ist in der Geschichte bisher einmalig. Damit ist insbesondere bei der Telekommunikation in den neuen Bundesländern ein außergewöhnlich hoher Bedarfsdruck entstanden. Dieser Bedarfsdruck betrifft sowohl die Menge an neuen Anschlüssen und
Verbindungswegen als auch deren technischen Qualitätsstandard sowie insbesondere den Zeitrahmen, in dem die Aufholjagd bewältigt werden muß. Die Mengen- und Qualitätsanforderungen sind für die westdeutsche Industrie kein
Problem. Allein Siemens produziert jährlich rund zehn Millionen Anschlüsse für
öffentliche Netze in höchstem Technologiestandard. Ein Zusatzbedarf von grö-
ßenordnungsmäßig einer Million gleichsweise gering.
Anschlüssen pro Jahr erscheint daher ver-
Die größte Herausforderung ist dagegen der „Faktor Zeit“: Während punktuell Sonderanschlüsse, Mobilfunkanschlüsse sowie „grenzüberschreitende“ Richt-
funkverbindungen realisiert werden können — was auch geschah - läßt sich ein landesweites Fernsprech- und Datennetz nur in der Gesamtheit aller Vermittlungen, Funk- und Kabelübertragungsstrecken, Teilnehmernetze usw. in koordinierter Weise planen und aufbauen. Dies geschieht üblicherweise mit einer über lange Zeit „eingeschwungenen“ Logistik. In den neuen Bundesländern muß dieser Logistikvorgang jedoch in kürzester Zeit von nahezu null (ca. 50. 000 Anschlüsse
pro Jahr) auf rund eine Million Anschlüsse
beschleunigt werden,
wobei vielfältige administrative Hindernisse zu überwinden sind. Gefordert sind deshalb vor allem große und leistungsfähige Unternehmen der Telekommunikationsindustrie mit entsprechenden Erfahrungen.
Die zweite große Herausforderung für die Telekommunikationsindustrie ist die Modernisierung und Stärkung der im Weltvergleich bisher nicht wettbewerbsfä227
higen Produktionsbetriebe in den neuen Bundesländern. Durch eine Reihe von Übernahme- und Kooperationsverträgen hat Siemens inzwischen dazu beigetragen, ehemalige DDR-Betriebe auf westdeutsches Technologieniveau anzuheben
und dadurch langfristig Arbeitplätze zu sichern. Das damit verbundene finanziel-
le und personelle Engagement ist zunächst weniger unter kurzfristigen Gewinn-
aspekten als vielmehr unter allgemeinen wirtschaftspolitischen Aspekten und unter dem Gesichtspunkt der Erschließung neuer Märkte zu sehen. Darüber hinaus verbindet Siemens mit Ostdeutschland eine lange Tradition.
9,1
Das Unternehmen Siemens
Im Zentrum der neuen Bundesländer liegt Berlin. Dort gründeten Werner von Siemens und Johann Georg Halske am 1. Oktober 1847 die „Telegraphen-
Bauanstalt Siemens und Halske“. Das Unternehmen basierte auf der bahnbrechenden Erfindung des elektrischen Zeigertelegrafen durch Werner von Siemens und wurde somit als Telekommunikationsunternehmen gegründet. Mit dem Bau der ersten Telegrafenlinie der Welt, zwischen Berlin und Frankfurt a.M., begann der Aufstieg von „Siemens und Halske“. Bald folgten internationale Großaufträ-
ge für Telegrafenlinien, z.B. von Petersburg nach Moskau und Sewastopol, Seckabelverbindungen durch das Mittelmeer und das Rote Meer sowie später die indoeuropäische Linie zwischen London und Kalkutta, die die längste der Welt war und von 1870 bis 1931 genutzt wurde. 1912 begann Siemens, nach der Entwicklung des Schnelltelegrafen, ganz Europa mit einem Telegrafennetz zu überziehen. Seit 1877 stellt Siemens Telefonapparate und sonstige Einrichtungen für Fernsprechnetze her. 1881 errichtete das Unternehmen in Berlin die erste öffentliche Telefon-Handvermittlung des Landes. Auch die erste große automatische Telefonvermittlung Europas - 1909 in München-Schwabing - kam von Siemens. Eine lange Kette technischer Pioniertaten und Weiterentwicklungen führte schließlich bis zu den modernsten digitalen Vermittlungs- und Übertragungssystemen sowie
Endgeräten für alle Anforderungen öffentlicher und privater Netze. SiemensTelekommunikationstechnik wird heute in mehr als hundert Länder der Welt geliefert. Neben
der Kommunikationstechnik,
die rund
ein Viertel
des Umsatzes
der
heutigen Siemens AG umfaßt, deckte Siemens schon frühzeitig auch die vielfältigen anderen Bereiche der Elektrotechnik ab. Ausgehend von Werner von Siemens’ Entdeckung des dynamo-elektrischen Prinzips 1866 entwickelte sich der Geschäftszweig der Starkstromtechnik, von elektrischer Straßenbeleuchtung über elektrische Eisenbahnen bis zu Kraftwerken. Zusammen mit den weiteren Geschäftsbereichen, wie Automatisierungs- und Anlagentechnik, Installations-
technik, medizinische Technik usw., ist Siemens zur Zeit das fünftgrößte Elek-
trounternehmen der Welt. 228
|
Tradition im Osten
1897 wurde im Nordwesten Berlins der Standort Siemensstadt gegründet. Heute noch ist er mit 27000 Mitarbeitern der größte Fertigungsstandort des Konzerns.
Für den Aufbau des Geschäfts in den neuen Bundesländern ist dies eine günstige
Ausgangslage. Aber auch das gesamte Gebiet der heutigen neuen Bundesländer gehörte von Anfang an zum Aktionsfeld von Siemens. 1939 war hier das Unternehmen
an
insgesamt
30 Standorten,
davon
13 mit
Fertigungsstätten,
präsent. Zu den Fabriken zählten die „Siemens Apparate und Maschinen GmbH“ in Berlin, Werke der Nachrichtentechnik im thüringischen Arnstadt (Bild 9.1), in Gera und in Zwönitz, Werke für elektrische Schalteinrichtungen in Oppach/Oberlausitz und im vogtländischen Plauen, sowie die „Siemens Elektrowärme-Gesellschaft“ in Sörnewitz bei Meißen und verschiedene Zulieferbetriebe. Neben den Fertigungsstätten bestanden Geschäftsstellen in Berlin, Chemnitz, Cottbus, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Rostock und anderen Städten. Dort
arbeiteten
15000
Menschen;
eine
Mitarbeiterzahl,
die Siemens
neuen Bundesländern ein Jahr nach der Wende wieder erreichte.
9,2
in den
Siemens-Telekommunikationstechnik für die neuen Bundesländer
Für den Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur in den neuen Bundesländern gab es seitens der DBP Telekom folgende grundsätzliche Zielsetzungen: — Beginn mit schnell realisierbaren Sofortlösungen und pragmatischen Zwischenlösungen, — schnellstmögliche Deckung des Grundbedarfs im Gesamtnetz durch technische Einrichtungen, die gleiches Diensteangebot und gleiche Benutzungsbe-
I ER IR, TERRE EEK I HK FH IE I i RLTEUTHEILE,,
Bild 9.1: Siemens-Werk Arnstadt in Thüringen (Aufnahme von 1940); ab 1938 Fertigung von Fernsprechern, Widerständen, Kondensatoren u.a. Im Juli 1939 waren hier fast
2100 Mitarbeiter beschäftigt
229
dingungen (z.B. Tarife) wie in Westdeutschland erlauben und gleichzeitig dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Die
westdeutsche
Telekommunikationsindustrie
ist selbstverständlich
in der
Lage und im nationalen Interesse auch bestrebt, diese Bedingungen optimal zu erfüllen. So beteiligte sich Siemens an allen Ausschreibungen der DBP Telekom für die einzelnen Beschaffungsprojekte in den neuen Bundesländern und errang
dort eine ähnliche Marktbeteiligung wie in Westdeutschland. Schnelle Lösung: Mobilfunk
Mobilfunknetze, insbesondere zellulare Systeme wie das von Siemens entwickelte und auch in Westdeutschland eingesetzte Mobilfunksystem C 450, sind hervor-
ragend geeignet, schnell Schwerpunktgebiete mit Kommunikationsmöglichkei-
ten zu versorgen. Ein genereller Ersatz für das Festnetz können sie jedoch nicht
sein, da die dafür benötigten Funkfrequenzen nicht in beliebiger Zahl vorhanden sind.
Außerdem
sind
in jedem
Falle
Verkehrswege in diesem erforderlich.
Übergänge
zum
Drahtnetz
und
auch
Dankbar registrierten die Teilnehmerfirmen und Besucher der Frühjahrsmesse 1990 in Leipzig die Möglichkeit, über Mobilfunk von der DDR aus erstmals ungehindert mit Westdeutschland und der Welt telefonieren zu können. Zu
Bild 9.2: Mobilfunkcontainer für die Messe in Leipzig (1. Container März 1990, 2. Container September 1990)
230
Bild 9.3: Innenansicht eines Containers
diesem Zwecke hatte Siemens eine Basisstation mit 20 Funkfernsprechkanälen in einem Container auf dem Messegelände aufgestellt und an die Funkvermittlung in Berlin (West) angeschlossen. Diese Basisstation blieb auch nach der Messe in
Betrieb und hat vor allem ortsfesten Teilnehmern in Leipzig und in einem Umkreis von ca. 30 Kilometern wertvolle Dienste beim Aufbau ihrer Geschäftsaktivitäten geleistet. Auch Faksimile-Übertragung ist möglich. Schon zur Herbstmesse 1990 erhielt Leipzig einen zweiten Mobilfunk-Container, so daß dann 54 Funkfernsprechkanäle zur Verfügung standen (Bild 9.2 und 9.3). Noch 1990 wurde der Ausbau des C-Netzes in den neuen Bundesländern massiv
vorangetrieben. Die Autobahn Berlin-Helmstedt erhielt eine komplette Funk-
versorgung, weitere Funkfeststationen wurden in Rostock, Schwerin, Stralsund, Dresden, Chemnitz, Halle und Erfurt aufgebaut, und das bis dahin auf West-
berlin beschränkte Netz wurde auf Ostberlin ausgedehnt und in der Kapazität
erheblich erweitert. Insgesamt waren Ende 1990 neben ca. 500 Sprechkanälen in
Westberlin, die zum Teil auch Ostberlin mitversorgen können, ca. 250 Sprechka-
näle in den Bereichen Rostock, Schwerin, Stralsund, Leipzig, Dresden, Chem-
231
©
Rostock
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Bild 9.4: Siemens-EWSD-Bauvorhaben für das digitale Fernsprech-Overlay-Netz (einschl. Turn-Key-Projekte); Auftragsstand Juni 1991
nitz, Halle und Erfurt sowie an der Autobahn Berlin - Helmstedt in Betrieb, was
einer Teilnehmerzahl von etwa 6 000 entspricht. Bis Ende 1991 sind (zusätzlich zu den Einrichtungen in Westberlin) ca. 150 Funkfeststationen mit insgesamt ca.
3400 Sprechkanälen und damit eine etwa 60prozentige Flächendeckung in den neuen Bundesländern geplant (vgl. Bild 4.5).
„Regelausbau‘“ des Fernsprechnetzes
Unter dem Regelausbau des Fernsprechnetzes ist in den neuen Bundesländern
der Aufbau eines neuen digitalen Overlay-Netzes — beginnend mit der obersten
Fernnetzebene
bis zu den
Teilnehmervermittlungsstellen,
einschließlich
der
erforderlichen Übergänge zum bestehenden Analognetz - zu verstehen. Im Rahmen der bisher für den Aufbau dieses Overlay-Netzes gestarteten Projekte
erhielt Siemens 11 Fern- und 20 Orts- bzw. kombinierte Orts-/Fernvermittlungen in EWSD-Technik in Auftrag. Wie Bild 9.4 zeigt, liegen die Siemens-Bauvorhaben hauptsächlich in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg/ Berlin.
Die Vermittlungsanlagen sind normalerweise in den gleichen Gebäuden unterzu-
bringen, in denen sich bereits die bisherigen Vermittlungen befinden. Obwohl das digitale Vermittlungssystem EWSD
sehr platzsparend ist, bereitet dies aber
oft erhebliche Schwierigkeiten, da die Räume noch
aus
den
20er
Jahren
stammenden
mit platzaufwendigen, vielfach
Hebdrehwählersystemen
(Bild
9.5)
vollgebaut und auch keine anderen Räume im gleichen Gebäude mehr verfügbar sind. In diesen Fällen müssen die neuen technischen Einrichtungen in schnell zu errichtenden
Fertiggebäuden
oder
Containern
untergebracht
werden
(siehe
Turn-Key-Projekte). Alle neuen Vermittlungen arbeiten entsprechend der Overlay-Netz-Konzeption zunächst als neue, selbständige Einrichtungen neben den bestehenden alten Vermittlungen. Mittelfristig können sie dann auch die alten Vermittlungen ersetzen und so in den vorhandenen Gebäuden Platz schaffen.
Im Weitverkehrsnetz hatte Siemens im Rahmen eines Sofortprogramms und in der Overlaynetzphase 1 vor allem das digitale Overlay-Netz Nord zu realisieren,
dessen Rückgrat eine 140-Mbit/s-Richtfunkstrecke zwischen Rostock, Neubrandenburg und Berlin bildet. Von den acht auf dieser Strecke vorhandenen Richtfunktürmen ließen sich sechs weiterhin verwenden. Die sehr alten Türme in Neubrandenburg und am Telegrafenberg konnten jedoch aus statischen Gründen nicht mit den neuen Richtfunksystemen bestückt werden. Deshalb wurden dort
innerhalb kürzester Frist zwei neue Fernmelde-Typentürme, wie sie in Westdeutschland eingesetzt sind, errichtet und in Telegrafenberg ein zusätzlicher Shelter zur Unterbringung der Übertragungseinrichtungen aufgestellt. Die Tür-
me sind 54 m bzw. 69 m hoch und bestehen aus 2,5 m hohen Rohrstücken aus
Schleuderbeton, die in axialer Richtung über Stahlstangen in der Rohrwandung zusammengespannt werden (Bild 9.6). Vom Auftrag bis zur Fertigstellung der Türme vergingen nur drei Monate, so daß im September 1990 bereits mit dem 233
Bild 9.5:
Ortsvermittlung Leipzig 5, Sasstraße: Siemens-Vermittlungseinrichtungen,
System 1922 (1. Gestellreihe) und System 1950 (dahinter)
Einbau der technischen Einrichtungen begonnen werden konnte. Vorteilhaft wirkte sich aus, daß Siemens aufgrund seines breiten, internationalen Produkt-
spektrums
unter anderem
auch über ein digitales 6,2-GHz-Richtfunksystem
verfügt. Dieser Frequenzbereich ist in Westdeutschland nicht für den digitalen
Richtfunk verwendbar, da er hier für die Übertragung analoger Fernsehsignale eingesetzt ist; in Ostdeutschland war er jedoch 1990 der einzige freie Bereich.
Turn-Key-Projekte Um noch mehr Planungs- und Management-Potential zu mobilisieren, beschloß die DBP Telekom parallel zum Regelprogramm das Zusatzprogramm „Turn234
Key ’91“, bei dem die Systemlieferanten im Unterschied zum Regelprogramm als
Generalunternehmer handeln und für Planung und Ausführung aller Lieferungen und Installationsarbeiten von der Anschlußdose beim Teilnehmer bis zur Hauptvermittlungsstelle im Fernnetz voll verantwortlich sind. Die SiemensGeschäftsgebiete Öffentliche Vermittlungssysteme, Übertragungssysteme und Nachrichtenkabel realisieren dabei gemeinsam 27 Turn-Key-Vorhaben an 49 Standorten in fünf Hauptvermittlungsbereichen. Hier kommt Siemens die Erfahrung zustatten, die in zahlreichen ähnlichen Fällen im Ausland gesammelt wurde. Mit besonderen Problemen wurden die Planer und Bauführer der Teilnehmeranschlußnetze konfrontiert. Im Rahmen des Turn-Key-Programms baute Siemens in 55
Ortsnetzen
neue
Teilnehmeranschlüsse
mit
insgesamt
ca.
600000
km
Kupfer-Doppeladern und 6500 km Glasfasern aus (Bild 9.7). Die bei der DBP Telekom dazu vorhandenen Kundenlisten enthalten zum Teil mehr als zehn Jahre alte Aufträge, deren Urheber manchmal nicht mehr leben oder verzogen
Bild 9.6: Aufbau eines
Fernmelde-Typenturms in
Telegrafenberg
235
Bild 9.7: In Leipzig verlegte Siemens neben Kupferkabeln auch Glasfaserkabel für ein zukunftsorientiertes Pilotprojekt „Fiber to the Home“ (unser Bild: Montagewagen vor dem Alten Rathaus)
sind. Oder es wurde für eine bestimmte Straße wegen zwar absehbarer, aber noch
nicht genau definierter Ansiedlung von Firmen nur eine bestimmte Anzahl von Telefonanschlüssen ohne Adresse angegeben. Die Planungsfachleute mußten den Sachverhalt stets im einzelnen nachprüfen.Die Ausführung der Leitungsanschlüsse behindern oft noch fehlende Genehmigungen, z.B. für Kabelunterquerungen auf Grundstücken mit unbekannten Besitzern. Um zum Ziele zu kommen, ist pragmatisches Vorgehen notwendig. In vielen Fällen wird deshalb auch von provisorischer Kabelverlegung durch die Luft Gebrauch gemacht. Auch
die Unterbringung
der Vermittlungs-
und
Übertragungseinrichtungen
bereitete bei den Turn-Key-Projekten größere Probleme. Während bei den Bauvorhaben der Overlay-Netz-Phasen 1 und 2 die Vermittlungseinrichtungen in
48 Fällen in vorhandenen Gebäuden eingebaut werden konnten und nur in einem
Fall ein Container aufgestellt werden mußte (an fünf weiteren Orten wurden Einzelanschlußkonzentratoren in 1,46 m hohen Gehäusen am Straßenrand un-
tergebracht), waren bei dem Zusatzprogramm Turn-Key ‘91 nur an 10 von 49 Standorten Räumlichkeiten in Gebäuden vorhanden. In 30 Fällen wurden Container (Bild 9.8) und in neun Fällen modular aufbaubare Fertigbauten - sogenannte Multifunktionale Kabinen (MUK), (Bild 9.9) aus 6m breiten und 2,5m 236
langen Raumelementen - verwendet. In der Übertragungstechnik hatte Siemens im Rahmen des Turn-Key-‘91-Programms Bauvorhaben an 134 Orten durchzuführen, darunter 140-Mbit/s-Richtfunk mit 32 neuen Türmen und Masten, zahl-
reiche 34- und 140-Mbit/s-Lichtwellenleiter-Systeme sowie PCM 30-Systeme. Oberstes Gebot waren stets Schnelligkeit und pragmatisches Vorgehen. Nur
durch solche, von Siemens bereits in vielen Ländern erprobte Maßnahmen
und
durch engagierten Einsatz aller Beteiligten war es möglich, die Hälfte der TurnKey-Projekte bereits bis Mitte 1991 fertigzustellen; der Rest wird in der zweiten Jahreshälfte durchgeführt. Soweit wie möglich setzt Siemens stets auch örtliche Subunternehmer bei der Ausführung der Arbeiten ein. Flächendeckendes Datenkommunikationsnetz
Bereits 1987 fanden erste Gespräche zwischen Siemens und der damaligen Deutschen Post über ein flächendeckendes Datenpaketvermittlungsnetz in der DDR statt. Ein Liefervertrag über rund 4 000 Anschlüsse in EDX-P-Technik, der Vorgängertechnik
des Paketvermittlungssystems
EWSP,
wurde
im März
1988
abgeschlossen. Da jedoch wegen der Bestimmungen des COCOM (Coordinating Committee for East-West Trade Policy) keine Ausfuhrgenehmigung für Paket-
Bild 9.8: Aufstellung eines 20-Fuß-Containers Halle-Trotha, April 1991
mit EWSD-Vermittlungseinrichtungen
in
237
Bild 9.9: Anlieferung einer Multifunktionalen Kabine (MUK) in der Greifswalder Dom-
straße, April 1991
vermittlungstechnik erreicht werden konnte, wurde als schnell wirksam werdende Zwischenlösung ein Datenfestnetz für 1200 Teilnehmer in den Bereichen Berlin, Dresden, Leipzig und Chemnitz geliefert und installiert. Die politische Wende eröffnete die Möglichkeit, das Datenpaketvermittlungsnetz in modernster
Technik
mit EWSP
zu realisieren.
Das dafür erarbeitete
Konzept eines separaten Landesnetzes wurde jedoch nach der Wiedervereini-
gung erneut umgestellt, da fortan nur eine in das Datex-P-Netz der DBP Telekom integrierte Lösung sinnvoll war. Auch das erwähnte Datenfestnetz wurde ent-
sprechend auf Datenumsetzerstellen- (DUST-)Funktion umgestellt und in das Integrierte Text- und Datennetz (IDN), in dem die DBP Telekom die gesamte Datenkommunikation abwickelt, einbezogen. Trotz der erheblichen Umplanungen konnte Siemens die ursprünglich vereinbarten Termine für das Datenpaketvermittlungsnetz einhalten. Bereits zwischen Dezember 1990 und Februar 1991 konnten in Berlin, Dresden, Leipzig und Chemnitz die ersten vier von insgesamt 15 EWSP-Knoten in Betrieb gehen. Die restlichen wurden bis etwa Mitte 1991
fertiggestellt. Insgesamt kann man davon ausgehen, daß bis Ende 1991 ein leistungsfähiges, flächendeckendes Datenpaketvermittlungsnetz mit ca. 3500
Anschlüssen in den neuen Bundesländern vorhanden ist. Es ist in das IDN der
DBP Telekom integriert und wird von einem gemeinsamen Netzkontrollzentrum in Düsseldorf verwaltet (vgl. Bild 1.22). 238
Private Kommunikationssysteme In den neuen Bundesländern besteht ein erheblicher Bedarf auch an privaten Kommunikationssystemen für Wirtschaft und Verwaltung. Die vorhandenen Nebenstellenanlagen sind größtenteils veraltet. Außerdem sind wegen der schon in der Vergangenheit nicht befriedigten Nachfrage und der zahlreichen neu entstehenden mittleren und kleineren Unternehmen etwa dreimal so viel Nebenstellenanschlüsse erforderlich wie bisher. Um eine ähnliche Versorgung wie in
Westdeutschland zu erreichen, müßten bis zum Jahre 2000 jährlich etwa 370 000 Nebenstellenanschlüsse neu eingerichtet werden. Der Bereich
Private Kommunikationssysteme
von
Siemens
ist im Weltmarkt
führend und bietet modular kombinierbare, maßgeschneiderte Lösungen aller Größenklassen und Anwendungsarten vom komfortablen Telefonieren über Daten- und Dokumentenkommunikation bis hin zu länderübergreifenden Netz-
werken. Nachdem seit April 1990 zur Deckung des dringendsten Nebenstellenbe-
darfs zunächst EMS-Anlagen (die Vorgängertechnik von Hicom) in die damalige DDR geliefert wurden, konnte nach Lockerung der COCOM-Bestimmungen
bereits im Sommer die Lieferung des kompletten Hicom-Produktspektrums beginnen. Insgesamt wurden bisher (Stand März 1991) Aufträge im Wert von rund 100 Millionen DM bei namhaften Kunden erzielt, darunter für einen Netzverbund aus fünf Hicom 300-Systemen für die Standorte Hoyerswerda, Cottbus und Dresden der Union Bau AG sowie für eine Hicom 200 für das bekannte Hotel Bastei, ca. 30 km südöstlich von Dresden, in der sächsischen
Schweiz (Bild 9.10).
Private Kommunikationssysteme werden von Siemens in den neuen Bundeslän-
dern nicht nur verkauft, vermietet und gewartet, sondern im Leipziger Werk
auch gefertigt. Gerade bei privaten Kommunikationsanlagen ist die individuelle Beratung und Betreuung der Kunden vor Ort sehr wichtig. Deshalb baute
Siemens neben verschiedenen Fertigungsbetrieben auch ein flächendeckendes
Vertriebs-
und
Abschnitte).
9.3
Servicenetz
in den
neuen
Bundesländern
auf (siehe folgende
Siemens-Industrieaktivitäten in den neuen Bundesländern
Die DDR besaß mit dem „Kombinat Nachrichtenelektronik (KNE)“ eine eigene Fernmeldeindustrie, die alle Geräte der öffentlichen und privaten Vermittlungs-, Übertragungs- und Funktechnik selbst produzierte und installierte. Die Produkte
waren jedoch international nicht wettbewerbsfähig. Das Wissen und Können der Entwickler, Konstrukteure und Fachkräfte war zwar gut, die Produktivität der
Betriebe aber aufgrund der Abschottung vom internationalen Technologiemarkt und der daraus resultierenden Notwendigkeit, nahezu jedes Bauteil selbst zu
239
erzeugen, vergleichsweise gering. Dazu trug auch die Planwirtschaft mit ihrer
Mangelverwaltung und der fehlenden Ausrichtung auf Kosten und Rentabilität, Anwendernutzen
und Wettbewerbsmarketing bei.
Mit der neuen politischen und marktwirtschaftlichen Situation in Ostdeutschland
besteht nun die Notwendigkeit, die früheren DDR-Betriebe sowohl im Hinblick
auf und sich den
Technik als auch auf Produktivität dem internationalen Niveau anzupassen gleichzeitig soviel Arbeitsplätze wie möglich zu sichern. Die Siemens AG hat deshalb auf allen Gebieten ihres Produktspektrums für die Übernahme und Aufbau von Fertigungs-, Vertriebs- und Servicebetrieben in den neuen
Bundesländern intensiv engagiert. Zu den bis Anfang 1991 übernommenen oder neu begonnenen Unternehmen zählen sechs ehemalige Volkseigene Betriebe der Kommunikationstechnik, zwei Kabelfabriken, zwei Betriebe des Starkstroman-
lagenbaus und je ein Werk für Automatisierungstechnik, Industrieturbinenbau und Signal- und Sicherungstechnik. Darüber hinaus schloß Siemens mehrere Beteiligungs- und Kooperationsabkommen, unter anderem zur Fertigung von Datenverarbeitungsanlagen.
Bild 9.10: Für das renommierte Hotel Bastei in der Sächsischen Schweiz liefert Siemens ein Kommunikationssystem Hicom 200
240
Fertigung in Leipzig, Greifswald und Schwerin
Das Kombinat Nachrichtenelektronik der DDR bestand zuletzt aus 18 größeren und
kleineren
Betrieben,
die mit rund 36 000 Beschäftigten
über
13 Standorte
verteilt waren. Als einer der größeren Betriebe entwickelte und fertigte die Nachrichten-Elektronik Leipzig (NEL) kleine digitale Ortsvermittlungsanlagen, digitale Nebenstellenanlagen, analoge Trägerfrequenz- und Telegrafie-Übertragungstechnik sowie Geräte der Elektroakustik, wie Mikrofone und Lautspre-
cher. Etwa die Hälfte der Produktion wurde in die Sowjetunion und in andere
RGW-Länder exportiert. Der Betrieb hatte Ende 1989 4000 Beschäftigte.
Im Dezember
1989 fanden zwischen NEL
und Siemens erste Kooperationsge-
spräche statt. Ziel war die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens, welches auf mehrere Jahre den bisherigen Export in den RGW-Raum fortführen und zusätzlich moderne Siemens-Technik in sein Produktspektrum aufnehmen sollte. Im März 1990 unterzeichneten die Partner eine entsprechende Absichtserklärung, und am 1. November 1990 wurde die Siemens Kommunikationstechnik GmbH Leipzig (SKL), eine 100prozentige Tochter der Siemens AG, gegründet. Zu diesem Zeitpunkt waren - nach Ausgliederung der Geschäftsfelder Elektroakustik und Werkzeug- und Produktionsmittelbau in neue, selbständige Unter-
nehmen
- noch 2600 Mitarbeiter im Bereich
Nachrichtentechnik
beschäftigt.
Davon
wurden
GmbH
und der Nachrichtenelektronik Beschäftigungs- und Weiterbildungsge-
schaften,
1200 direkt von der SKL,
nämlich
sellschaft mbH,
der
die übrigen von zwei weiteren Gesell-
Industriedienstleistungen
und
Gewerbepark
Leipzig
übernommen.
Am 6. November wurde die Fertigung der neuen Siemens-Technik - Öffentliche
Vermittlungsanlagen des Systems EWSD
und Private Kommunikationssysteme
Hicom 100 - offiziell eröffnet. 1991 werden je etwa 100000 EWSD- und HicomAnschlußeinheiten gefertigt (Bild 9.11 und 9.12). Bis 1993 soll die Fertigung auf ca. 300000 EWSD- und 200000 Hicom-Anschlußeinheiten gesteigert werden. Insgesamt wendet Siemens für die SKL Investitionen von 70 Millionen DM auf. In gleicher Weise wie bei der SKL für die Vermittlungstechnik engagierte sich Siemens bei zwei weiteren Betrieben für die Produktion von Übertragungseinrichtungen und Nachrichtenkabeln. Der früher zum Kombinat Nachrichtenelek-
tronik gehörende Betrieb Greifswald (NEG) produzierte bisher PCM-Systeme,
Digitalsignalmultiplexer 2/8 und 8/34 Mbit/s sowie Leitungsausrüstungen für Niederfrequenzkabel und Lichtwellenleitersysteme. Rund 60% der Produktion wurden in die Sowjetunion und in andere RGW-Länder exportiert. Nach vorausgegangenen Vorverträgen übernahm Siemens am 1.4.1991 die NEG
von der Treuhandanstalt und gründete die Siemens Übertragungssysteme Greifswald GmbH (SÜG). Dieses Unternehmen wird fortan das in Zusammenarbeit mit Siemens modernisierte PCM 30-III-System in SMD-Technik
(SMD
surface
mounted device, Bauelemente für Oberflächenmontage) produzieren sowie Weiterentwicklungen vornehmen. Der Produktionsausstoß beträgt 1991 bereits 241
Bild 9.11:
Automatische Produktion elektronischer Baugruppen mit SM D-(surface-moun-
ted-devices-)Bauelementen
(SKL). 242
bei
der
Siemens
Kommunikationstechnik
GmbH
Leipzig
3700 PCM-Systeme mit insgesamt 111000 Kanälen. Digitalsignalmultiplexer 2/34 Mbit/s gefertigt.
Außerdem
werden
dort
Seit Mitte 1991 fertigt Siemens in Schwerin auch Nachrichtenkabel. Der Ge-
schäftsbereich Öffentliche Kommunikationsnetze ist hierbei „Untermieter“ des
Bereichs Energieübertragung und -verteilung, der die Kabelwerke Oberspree in die Siemens Kabelwerk Schwerin GmbH umwandelte und Starkstromkabel
produziert.
Die
Kapazität
des Nachrichtenkabelbetriebes,
für den
eine
neue
Halle gebaut wird, beträgt zunächst etwa 150000 km Kupfer-Doppeladern pro Jahr und wird sich 1992 nahezu verdreifachen. Im Typenspektrum und auch in der Steuerung ist dieses Unternehmen als Zweigbetrieb in das Siemens Kabelund Leitungswerk Neustadt bei Coburg integriert.
Bild 9.12:
Bei der Einweihung des Leipziger Siemens-Werks SKL: Dr. Christian Schwarz-Schilling, Bundesminister für Post und Telekommunikation (Mitte), Dr. Gerhard Eder, Leiter des Werks (ganz rechts), Dr. Hans Baur, Mitglied des Vorstands der Siemens AG (links)
243
Vertriebs- und Serviceorganisation Die Hälfte aller Beschäftigten von Siemens in den neuen Bundesländern arbeitet in Vertrieb und Service. Dieser hohe Anteil erklärt sich aus der Tatsache, daß
zum Vertrieb auch kundennahes Engineering, Softwareerstellung sowie Montage und Wartung gehören. Das Vertriebs- und Servicenetz von Siemens ist daher wie überall in der Welt flächendeckend, weitestgehend dezentral strukturiert und hat hohe lokale Wertschöpfung. Für Vertrieb, Montage und Service von Kommunikationssystemen in den neuen
Bundesländern begannen bald nach der Wende Gespräche mit Betrieben des damaligen Kombinats Nachrichtenelektronik. In diesem Kombinat gab es die sogenannten Anlagenbaubetriebe in Berlin, Rostock, Magdeburg, Halle und Dresden, zu deren Aufgaben die Lieferung, Montage und Wartung der technischen Einrichtungen gehörten. Im November 1990 wurde schließlich mit der
Treuhandanstalt vereinbart, daß Siemens die Betriebe übernimmt und als Private Kommunikationssysteme Vertriebs GmbH weiterführt. Neben den oben ge-
nannten fünf wichtigsten Standorten - einschließlich Berlin, wo die Gesellschaft ihren Sitz hat - gehören noch Betriebe in Chemnitz und Cottbus dazu. Darüber hinaus gibt es weitere 20 Servicestützpunkte. Die GmbH beschäftigt insgesamt 2000 Mitarbeiter und 200 gewerbliche Auszubildende, die überwiegend den qualifizierten Beruf des Kommunikationselektronikers erlernen.
Im Laufe der kommenden Jahre sollen alle erwähnten Organisationseinheiten nach dem Modell der westdeutschen Zweigniederlassungen und Technischen
Büros von Siemens weiterentwickelt werden und wie diese alle Produkte und Dienstleistungen des Hauses „unter einem Dach“ anbieten. Um diese Betriebe entsprechend zu ertüchtigen, sind erhebliche Investitionen, d.h. Auf- und Umbauten von Gebäuden, Umstrukturierungen vorhandener Organisationen sowie Schulung und Weiterbildung des Personals vorgesehen. In mehreren Fällen konnte Siemens — wie im Falle des Siemens-Hauses Leipzig (Bild 9.13) angestammte Gebäude wiedererwerben. Insgesamt wendet Siemens für die oben genannten
Fertigungs-,
Vertriebs-
und
Servicebetriebe
der Kommunikations-
technik in der derzeitigen Aufbauphase bis 1992/93 rund 150 Millionen DM auf. Hiermit werden rund 5000 Arbeitsplätze gesichert bzw. neu geschaffen. Die Hauptstandorte der Siemens-Aktivitäten in den neuen Bundesländern zeigt Bild 9.14.
Entwicklungszentrum Berlin
Eine besondere Rolle bei den Telekommunikationsaktivitäten von Siemens in den neuen Bundesländern spielt das Entwicklungszentrum Berlin. Am 1.10. 1990 gründete der Geschäftsbereich Öffentliche Vermittlungssysteme die-
ses Zentrum mit dem Ziel, qualifizierten Mitarbeitern aus den umstrukturierten Volkseigenen Betrieben und der ehemaligen Akademie der Wissenschaften im
244
östlichen Teil von Berlin und seiner Umgebung einen anspruchsvollen Arbeits-
platz anzubieten. Dies ist für Siemens gleichzeitig eine Möglichkeit, für den im Großraum München vorhandenen Ingenieurmangel einen teilweisen Ausgleich zu schaffen. Innerhalb von zwei Jahren sollen zunächst 200 Mitarbeiter einge-
stellt werden.
Das Entwicklungszentrum Berlin wird in Koordination mit der Entwicklung in München an folgenden Aufgabenkomplexen arbeiten: — Intelligente Netze (IN), — Telecommunication Management
Network (TMN),
— Anpassung von Ländern und
an die Signalisierung in osteuropäischen
EWSD-Software
— Mobilfunk.
Diese Aufgaben
betreffen Teile der Software des EWSD-Gesamtsystems
und
lassen sich weitestgehend selbständig bearbeiten. So soll z.B. für IN die Systemgesamtverantwortung in Berlin liegen. Deshalb erhält das Entwicklungszentrum Berlin auch eine vollständige EWSD-Testanlage, um neu entwickelte Software während der Entwicklung wie auch bei späteren Änderungen im praktischen
Einsatz testen zu können. Die Entwickler werden durch Kurse in Berlin und durch „Training on the Job“ in München mit dem Vermittlungssystem EWSD und dem Umfeld des Entwicklungsprozesses bei Siemens vertraut gemacht. Über ein LAN in Berlin und leistungsfähige Datenleitungen nach München können die
Entwickler
auf ein zentrales Datenbanksystem
Entwicklungsdokumente, stellt.
Softwaremodule,
zugreifen,
das stets aktuelle
Leistungsmerkmale
usw.
bereit-
Ausbildung
Zu den wichtigsten Voraussetzungen für Technologietransfer und hohe Effizienz in Entwicklung, Vertrieb, Fertigung und Service gehört die Ausbildung des entsprechenden Fachpersonals. Bereits vor Jahren besuchten kleinere Gruppen von Technikern aus der damaligen DDR Kurse im Siemens-Schulungszentrum für Öffentliche Kommunikationsnetze wie auch im Service-Trainingscenter und
im Vertriebs-Trainingscenter des Bereichs Private Kommunikationsnetze. Mit
dem
Neustart
der Siemens-Aktivitäten
in Ostdeutschland
begann
Mitte
1990
zunächst in den Schulungszentren in München die Ausbildung von Vertriebs- und Servicepersonal sowie die Einarbeitung der Mitarbeiter des Entwicklungszentrums Berlin. Leitendes Fertigungspersonal erhielt „Training on the Job“ in den jeweiligen Mutterbetrieben Bruchsal (EWSD), Witten (Hicom) und Berlin
(Übertragungstechnik).
Mitte 1990 wurde Leipzig als Standort für ein neues Schulungszentrum festgelegt.
Im weltweiten Schulungsverbund des Bereichs Öffentliche Netze fungiert Leipzig als Außenstelle von München (Bild 9.15). Dies bedeutet unter anderem, daß 245
SIEMENS
246
Bild 9.13: Wieder im Besitz des Unternehmens ist das Siemens-Haus in der Leipziger Schützenstraße 4-10. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1936 u. 1991
rd
BD
Vertrieb,Engineering, Service
Fertigung ®
-center
(Verkaufszentrum für InstallationsMaterial)
ausschließlich Telekommunikation
7 \ _
Rs® “un
N unter anderem J Telekommunikation
Grenze Bundesland Grenze
des
Zuständigkeitsbereichs eines Technischen
(TB)
Büros
Chemnitz
Dresden
®_Zwickau Schmalkalden
chwarzenberg
Bild 9.14: Hauptstandorte der Siemens-Aktivitäten in den neuen Bundesländern (Stand 1991)
247
die Kursplanung und die Belegung mit Kursteilnehmern zentral von München erfolgen. In Leipzig wird die Ausbildung für das Datenvermittlungssystem EDXS, das in Osteuropa weit verbreitet ist, konzentriert. Um Synergien zu nutzen, wurde auch die Redaktion der EDXS-Dokumentation in die gleiche Dienststelle verlegt. Naheliegend war es außerdem, die vorhandenen Russisch-
kenntnisse für den Aufbau einer Redaktionsstelle für russische Kundendokumentation zu nutzen.
Die Dozenten für das Schulungszentrum Leipzig wurden seit Herbst 1990 in München
ausgebildet. Anfang
1991 begannen
erste Hicom-Kurse
einem Hotel außerhalb von Leipzig), und seit Mitte Ausbildungsprogramme aus den Bereichen Öffentliche kationssysteme in Leipzig. Von dort soll die Ausbildung die übrigen Siemens-Standorte weitergetragen werden, tenausbildung“ wie in der Siemens-Organisation
(zunächst in
1991 laufen komplette und Private Kommuniim Schneeballsystem in so daß damit eine „Brei-
in Westdeutschland
entsteht.
Ausgebildet werden neben Siemens-Mitarbeitern überwiegend Kunden, auch Vertriebspartner und Servicefirmen.
aber
% Schulungszentrum
München mit Außenstelle Leipzig
M Regionale
Schulungszentren @ Schulungszentren der Kunden
Bild 9.15: Das Schulungszentrum in Leipzig ist eingebunden in die weltweiten Schulungsaktivitäten der Siemens AG
248
9.4 Zusammenfassung Die Wiedervereinigung der beiden Teile Deutschlands hat die westdeutsche
Telekommunikationsindustrie vor eine außergewöhnliche Herausforderung gestellt, nämlich den Telekommunikationsbedarf so schnell wie möglich in hoher Qualität zu decken und gleichzeitig die vorhandene Telekommunikationsindustrie zu stabilisieren. Siemens hat sich diesen Aufgaben mit großem Engagement
gestellt und in sehr kurzer Zeit ein flächendeckendes Datenpaketvermittlungsnetz und eine weitestgehend
flächendeckende
Mobilfunkversorgung
errichtet
sowie maßgeblich zum Aufbau eines modernen digitalen Fernsprechnetzes beigetragen. Eine Reihe von Betrieben des früheren Kombinates Nachrichtenelek-
tronik entwickelt, fertigt, installiert und wartet bereits Siemens-Technik und ist damit an den neuesten Stand der Technik und an den weltweiten Leistungsverbund des Hauses Siemens angeschlossen. Das große Engagement in den neuen Bundesländern, zu dem sich das Haus Siemens nicht nur aus geschäftlichen, sondern auch aus historischen und natio-
nalen Gesichtspunkten in besonderem Maße verpflichtet fühlt, wird dazu beitragen, daß die Wirtschaft Ostdeutschlands so bald wie möglich Weltmarktniveau erreicht.
249
10. Der Beitrag der Firma Philips Kommunikations Industrie AG zur Realisierung des Aufbauprogramms Heinz Thielmann
10.1
Das Unternehmen PKI
Die Philips Kommunikations Industrie AG, Nürnberg, entstand durch den Zusammenschluß von drei Unternehmensbereichen des Philips-Konzerns. Auf den langjährigen Erfahrungen der Firmen Philips Data Systems, TEKADE Fernmeldeanlagen
und F&G
sich die Philips Kommunikations tern auf den Gebieten der BüroProdukte einen festen Platz als tions-Infrastrukturen erworben. terstreichen dieses.
Nachrichtenkabel
und
-anlagen
aufbauend,
hat
Industrie AG mit ihren mehr als 7 500 Mitarbeiund Telekommunikation durch neue innovative internationaler Lieferant von TelekommunikaModerne Geräte mit High-Tech-Lösungen un-
Eingebunden in den multinationalen Philips-Konzern, kann die Philips Kommunikations Industrie AG auf dessen wissenschaftliche und technische Forschungsergebnisse zurückgreifen. So führt die Zusammenarbeit der Entwicklungsabteilungen in Nürnberg mit den Forschungsabteilungen zu vielfältigen Impulsen für die Realisierung neuer Produkte und Anwendungen (Bild 10.1). Das Unternehmen
entstand
1982.
Die Philips Kommunikations
Industrie AG
gehört daher einerseits zu den jungen dynamischen Unternehmen, andererseits
bietet sie die Erfahrung aus mehr als 25 Jahren Informationstechnik und über 100
Jahren
Fernmeldetechnik.
Sie entwickelt
sowohl
private Informations-
und
Telekommunikationssysteme als auch Infrastrukturtechnik für die öffentlichen Telekommunikationsnetze. Mehr als 60 Prozent des Umsatzes entfallen bereits
heute auf Produkte für die Telekommunikation.
Philips ist ein erfolgreicher Innovator bei der Gestaltung neuer Telekommunikationsnetze. Ein Beweis hierfür ist die intensive Beteiligung an öffentlichen Pilotprojekten und Feldversuchen wie z.B. bei der Einführung des diensteintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes ISDN (1988) und bei breitbandigen Glasfasernetzen auf Orts- und Fernnetzebenen. Dazu gehören BIGFON (1983), BIGFERN (1986), BERKOM (1988) sowie 1990 der erste Aufbau von
2,5-Gbit/s-SDH-Übertragungssystemen (Bild 10.2).
Das gewonnene Know-how wird konsequent zum Nutzen des Anwenders umge-
setzt. So zählt Philips bereits heute zu den Hauptlieferanten für das ISDN, gehört
zu den Pionieren des Videokonferenzdienstes
und nimmt
eine international 21
Bild 10.2: Ein 2,5-Gbitls-SDH-
Übertragungssystem für
mehr als 30.000 Telefongespräche
252
führende Position bei modernen Autotelefonsystemen ein. Bei den Informations- und Kommunikationssystemen werden private Netze ebenso einbezogen wie öffentliche Netze und deren Dienste.
Die Erfolge beweisen den hohen Stellenwert von Forschung und Entwicklung bei Philips. Von den mehr als 7500 Mitarbeitern sind nicht weniger als 1300 in diesem Bereich tätig. Entsprechend hoch ist auch der finanzielle Aufwand in der
Forschung und Entwicklung. Er beträgt 15 Prozent vom Umsatz und hat sich in den letzten fünf Jahren auf mehr als 1,2 Mrd DM summiert. Diese Unterneh-
mensdynamik hat auch Auswirkungen auf den Bedarf an zusätzlichen Ressourcen und führte zur Eröffnung des neuen Standortes Bautzen im neuen Bundesland Sachsen (Bild 10.3).
10.2 Leistungsangebot zu den Anforderungen der Deutschen Bundespost Telekom
Für die Realisierung der Overlay-Netze liefert Philips die bei der Deutschen Bundespost Telekom bereits eingeführten Multiplex-Einrichtungen und die Übertragungseinrichtungen mit Übertragungsraten von 140 Mbit/s. Für weitere Ausbaustufen stehen dann Übertragungseinrichtungen mit Übertragungsraten von 565 Mbit/s sowie die neuen 2,5-Gbit/s-Übertragungseinrichtungen der Syn-
chronen Digitalen Hierarchie zur Verfügung. Bei den Digitalsignal-Multiplexern gibt es eine besonders wirtschaftliche Lösung durch die Zusammenfassung von zwei Hierarchiestufen in neuer Technologie. Durch die konsequente Anwendung von VLSI-Technik kann Philips mit dem Digitalsignal-Multiplexer DSMX 2/34 ein Gerät anbieten, das in sich die Hierarchiestufen 2:8 und 8:34 vereinigt. Dieser Multiplexer setzt bis zu 16 x 2-Mbit/s-Signale in eines mit 34 Mbit/s um. Dabei werden zuerst je vier 2-Mbit/s-Signale zu einem 8-Mbit/s-Signal zusammengefaßt. Aus je vier 8-Mbit/s-Signalen entsteht dann das 34-Mbit/s- Ausgangssignal. Der Digitalsignal-Multiplexer ist vor allem in Verbindung mit dem Leitungsendgerät LE 34 Mbit/s für Glasfaserortsverbindungsleitungen entwik-
kelt worden. Im Rahmen der Digitalisierung des Ortsnetzes kann das Digitalsi-
gnal-Multiplexergerät 2/34 als Bindeglied zwischen der EMD-Ortsvermittlungs-
stelle und der digitalen Vermittlungsstelle DIV oder auch zwischen zwei digitalen
Vermittlungsstellen eingesetzt werden.
Mit der Leitungsausrüstung LA 140GF werden Digitalsignale der vierten Hierarchiestufe gemäß CCITT-Empfehlung auf Glasfaserkabelstrecken übertragen. Möglich ist hier die Übertragung von 1920 Ferngesprächen auf einer Leitung oder im Rahmen des hierarchischen Aufbaus die Übertragung von Daten, TV oder digitalen Tonsignalen mit einer Bitrate von 139,264 Mbit/s. Innerhalb des 140-Mbit/s-Signals werden vier weitere Telemetriesignale übertra-
gen. Hierzu zählen die mikroprozessorgesteuerte Inbetriebüberwachung der Zwischenregeneratoren und der Leitungsendgeräte, ein zusätzlicher digitalisier253
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Bild 10.4: Zweikanal-Übertragungssystem PCM-2
254
ter Dienstsprachkanal sowie zwei Datenkanäle. Dieses Übertragungssystem ist seit 1989 bei der Deutschen Bundespost Telekom erfolgreich in Betrieb und
eignet sich so besonders für den Einsatz in den Overlay-Netzen.
Um die Engpässe bei den Telefonanschlußleitungen zu beheben, steht ein digitales Zweikanal-Übertragungssystem zur Verfügung. Mit ihm läßt sich der Teilnehmeranschluß mehrfach nutzen. Das System besteht aus einem Teilnehmer- und einem Vermittlungsstellengerät. In beiden Übertragungseinrichtungen wird ein Pulsrahmen mit zwei Nutzkanälen von 64 kbit/s und ein Kennzeichensignal mit 16 kbit/s über eine Anschlußdoppelader übertragen. Neben den Nutzka-
nälen beinhaltet der Pulsrahmen zusätzlich einen Servicekanal zur Übertragung von Informationen wie z.B. zur Aktivierung und zur Störungszustandsmeldung. Die Übertragung erfolgt im Gleichlageverfahren. Zur Richtungstrennung wird das Echo-Kompensationsverfahren angewandt. Eine Ausführung steht für den Anschluß von zwei analogen Hauptanschlüssen über eine Zweidrahtleitung an die analoge Vermittlungsstelle zur Verfügung. Eine zweite Version dient zur Festverbindung von Digitalsignalkanälen mit Sy-Schnittstellen (Bild 10.4).
Für die Installation eines Breitband-Verteilnetzes bietet sich das Breitbandkom-
munikationssystem BK450 an. In den BK-Verteilnetzen werden die zu übertra-
genden Fernseh- und Tonsignale verstärkt und verteilt. Dabei sind die Qualitätsanforderungen so festgelegt, daß beim Teilnehmer keine merklichen Empfangs-
verschlechterungen auftreten. Das System BK450 berücksichtigt auch die Pro-
grammvielfalt der Zukunft. Mit dem System können bis zu 35 Fernsehkanäle übertragen werden. Damit ist die Übertragung von qualitativ hochwertigen Fernsehsignalen
wie
z.B.
D2MAC
im
Hyperband
ebenso
möglich
wie
die
Übertragung von digitalen Rundfunksendungen. Außerdem kann das BK450System mit kompatiblen Standardentzerrern an die verschiedenen Kabeltypen angepaßt werden. Auch ist bei entsprechender Ausrüstung der Verstärkerpunkte Übertragung von zwei TV-Kanälen in Rückwärtsrichtung möglich, was für
Dialogdienste verwendet wird.
Mit einer Dienstleitungseinrichtung lassen sich Gespräche zwischen Verstärkerpunkten und der Verstärkerstelle führen. Es ist aber auch der Einsatz eines neuen digitalen Überwachungssystemes vorgesehen.
10.3 Weitere Produkte Vermittlungssystem tss
tss ist das „telecommunication switching system“ von Philips für ein breites Einsatzspektrum. Dieses modulare digitale Konzept läßt sich jeweils optimal auf die Bedürfnisse des Betreibers abstimmen.
Kernstück dieses Systems sind die
digitalen ISDN-, H1- und -H4-Koppelfelder, die die standardisierten Schmalband- und Breitbandkanäle blockierungsfrei vermitteln (Bild 10.5).
255
INN U)
Bild 10.5:
1ss-H1-Koppelfeld
Bild 10.6:
Container-Vermittlung
MOBIDIG
256
Die ISDN-Vermittlungsstelle tss arbeitet mit einem ISDN-Koppelfeld, das bis zu 2048 x 64-kbit/s-Kanäle vermitteln kann. Durch die modulare tss-Konzeption erstreckt sich der Einsatzbereich des Systems von Konzentratoren mit 128 ISDNTeilnehmern über die Ortsvermittlungsstelle mit mehr als 28000 ISDN-Beschaltungseinheiten bis hin zur Fernvermittlung mit über 5000 Fernleitungen. Je nach
den Erfordernissen des Netzbetreibers kann tss aber auch als ISDN-Breitbandvermittlungsstelle konfiguriert werden. Über ein H4-Koppelfeld lassen sich dann gleichzeitig 32 x 140-Mbit/s-Signale und über ein H1-Koppelfeld bis zu 1024 x 2-Mbit/s-Kanäle, die auch zu n x 2-Mbit/s zusammengefaßt werden können,
vermitteln.
Eine spezielle Anwendung des tss-Vermittlungssystems ist PAsst. PAsst ist das Platzanschaltesystem in der Fernsprechauskunft der Deutschen Bundespost
Telekom. Es entlastet das Auskunftspersonal und verkürzt die Wartezeiten für
den Kunden. PAsst verbindet auch die einzelnen Abfrageplätze mit einer zentralen Datenverarbeitungsanlage, so daß Rufnummern sich schneller auffinden und direkt ansagen lassen.
Wählt man die Nummer 1188 oder 01188 der Fernsprechauskunft, so übernimmt das Platzanschaltesystem die Begrüßung des Anrufers. Eine sympathische
Bild 10.7: Bedienplatz der Fernsprechauskunft mit {ss
257
Stimme aus dem digitalen Speicher des Systems meldet sich und leitet den Anrufer zu einem freien Auskunftsplatz (Bild 10.7). Das Fräulein vom Amt fragt nach dem Auskunftswunsch und gibt den Namen des gewünschten Anschlußinhabers in ein Datenterminal ein. Ist die gesuchte Telefonnummer in der zentralen Datenbank vorhanden, so kann das Fräulein vom
Amt sie direkt dem Anrufer zusprechen. Auf diese Art nimmt die Technik dem
Auskunftspersonal viele millionen mal pro Jahr zeitaufwendige Routinearbeiten
ab.
Ein weiterer Vorteil des neuen Systems ist die gleichmäßige Verteilung von Anrufen auf die vorhandenen Auskunftsplätze. Dies geschieht durch Rechnersteuerung. Lange Warteschlangen gehören der Vergangenheit an. Der Kunde wird schneller bedient. Dieses Vermittlungssystem eignet sich auch als mobile Einrichtung. In einem Container mit der Grundfläche von 2x4 m? findet eine voll digital arbeitende
Vermittlung für 1450 Beschaltungseinheiten und 16x 2-Mbit/s-Leitungen Platz.
Da der Container darüber hinaus über Endverteiler, Stromversorgung, Batterie sowie Bedienungs- und Wartungsterminal verfügt, ist diese Vermittlung überall dort einsetzbar, wo ein unerwarteter Bedarf vorhanden ist. Eine Klimaanlage gewährleistet auch die Unabhängigkeit des Einsatzortes (Bild 10.6).
Richtfunk-Übertragungs- und Vermittlungssysteme
für den Anschluß von Teilnehmern in schwachbesiedelten Gebieten
(Rural Telephony)
Mit dem System IRT 2000 lassen sich z. B. Dörfer mit Städten schnell über den Richtfunk mit der Zeitmultiplextechnik verbinden, wenn das Warten auf die normale Verkabelung unzumutbar ist. Mit diesem System lassen sich durch die
Einsparung von Kanälen auch Teilnehmerendgeräte mit niedrigeren Bitraten anschließen. Bitraten von 1200 bis 19200 bit/s können so von verschiedenen Stationen zu einem 64-kbit/s-Kanal zusammengefaßt werden. Besonders hervorzuheben ist auch die Anschlußmöglichkeit von ISDN-Teilnehmern. Ein weiteres
Merkmal ist die Netzersatzschaltung. Der lokale Telefonverkehr wird nicht unterbrochen, selbst wenn eine Station vom Netz getrennt werden sollte. Der Betreiber hat seinen eigenen Dienstkanal und kann den Betrieb des Systems von
einer entfernten Stelle aus überwachen. Schließlich kann die Funkzentralstation zur Überwachung des gesamten Richtfunknetzes über einen 2-Mbit/s-Kanal an einem beliebigen Ort installiert werden. Das System läßt sich so in unterschiedlichen Bereichen einsetzen. Es eignet sich aber besonders überall dort, wo es schwierig ist, schnellen Zugang zu öffentlichen Telefonleitungen oder Mietleitungen zu erhalten.
258
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Passives optisches Netz (PON) ein Netzkonzept für private und geschäftliche Teilnehmer
optischer
Verteiler
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2Mbit/s
Glastaser
4 geschäftlich
NT
= Netzabschluß
NTG
= Netzabschlußgruppe
Bas faser
000000000.
|
===
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PABX = TK-Anlage
- Flexible Zuordnung von Kanalkapazität für den Teilnehmer (n x 8kbit/s up to 2Mbit/s, unabhängig vom Dienst)
: TV/Radio-Übertragung:
- Hohe Kapazität für interaktive Dienste (8 x 2Mbit/s)
: Verschiedene Wellenlängen (nominal): - 1300nm (für Kommunikationsdienste) - 1520nm (für Verteildienste)
- FM/AM-TV
- FM-Radio (incl. DSR) - komplette CATV-Programme
- Intelligentes Netzmanagementsystem
Bild 10.8: Glasfaser bis ins Haus
259
PON - Passive optische Netze auch für die neuen Bundesländer Passive optische Netze im Ortsbereich können bezogen auf die Leistungsfähigkeit in absehbarer Zeit ebenso wirtschaftlich sein wie die bisherigen Kupferkabel-
lösungen. Die Kommunikation über passive optische Netze ist sowohl für private als auch für gewerbliche Nutzer von Interesse. Zu unterscheiden ist zwischen den
Alternativen Fibre-to-the-Home (die optische Faser wird bis zum Teilnehmer und seiner Anschalteinheit geführt) und Fibre-to-the-Curb (die Glasfaser endet kurz vor den Häusern am Bordstein).
Das „passive Sternnetz“ stellt eine geeignete Lösung im Hinblick auf die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen dar. Das System besteht aus flexiblen Teilnehmeranschlüssen (flexible Zuordnung der Bitraten), austauschbaren Anschlußeinheiten, Verteileinrichtungen sowie Möglichkeiten der ständigen Wartung und Überwachung. Gesteuert wird dieses System mit einem intelligenten Netzwerkmanagement.
Mit dem flexiblen Teilnehmeranschluß lassen sich die Kanalkapazitäten jedem
Teilnehmer individuell nach seinem Bedarf zuteilen. Außerdem läßt sich durch das einfache Austauschen der Anschlußeinheiten-Steckkarte am Netzabschluß
die Anpassung einer Vielzahl von Endgeräteschnittstellen realisieren.
Die Verteileinrichtung ist notwendig, um den Teilnehmern zusätzliche Breitbanddienste wie Fernsehen und Radio auf sehr kostengünstige Art zur Verfügung
zu stellen.
Die
Wartungs-
und
Überwachungseinrichtung
reduziert auch hier die Kosten wie bei allen komplexen Systemen.
für das Netz
Mit dem intelligenten Netzmanagement läßt sich die aktuelle Netzstruktur konfigurieren. Es unterstützt auch Konfigurationsänderungen sowie Meldungen über den Systemstatus und über aufgetretene Fehler.
Das Ortsnetzsystem besteht aus zwei Kopfstationen, die sich in der Vermittlungsstelle befinden. Eine Kopfstation unterstützt alle interaktiven Dienste mit einer Gesamtkapazität
von
8x2 Mbit/s
(nach
G.703).
Diese
Informationen
werden
zusammen mit dem Overhead für Signalisierinformation, Rahmenmuster u.a. gemultiplext und dann in einem Mehrfachrahmenformat an alle Teilnehmer gesendet. Die zweite Kopfstation bietet allen Teilnehmern Fernseh- und Radioprogramme
in analoger Form an.
Ein passives optisches Netz erlaubt den Anschluß von bis zu 128 Netzabschlüssen oder alternativ bis zu acht Netzabschlußgruppen. Die maximale Zahl von An-
schlußeinheiten wird jedoch durch die Übertragungskapazität und die Dienste-
mischung bestimmt. Sie kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein.
Im Bild 10.8 sind zwei Lösungen „Fibre-to-the-Home“ und eine „Fibre-to-the-
Curb“ dargestellt, die in einem einzigen Stern kombiniert sind. Bei der Lösung FTTC wird eine Netzabschlußgruppe außerhalb des Teilnehmergrundstückes auf der Straße oder in einer externen Verteilerstelle installiert. Sie unterstützt eine
260
Teilnehmergruppe von maximal 30 Teilnehmern mit konventionellen Kupferadern und Koaxialkabeln. Eine bereits bestehende Kabelinfrastruktur läßt sich dafür nutzen. Die erste Lösung „Fibre-to-the-Home“ erlaubt zwei spezifische Ausführungen,
die von den Anforderungen des Teilnehmers abhängen.
Der Netzabschluß bzw. die Netzabschlußgruppe befindet sich auf dem Grund-
stück des Teilnehmers und kann eine Vielzahl von Diensten unterstützen. Die Gesamtkapazität eines Netzabschlusses ist auf den privaten Bedarf zugeschnitten und unterstützt bis zu zwei Anschlußeinheiten (< 160 kbit/s). Die Netzabschluß-
gruppe läßt sich dort einsetzen, wo höhere Kanalkapazitäten benötigt werden wie z.B. bei gewerblichen Nutzern. Die maximale Übertragungskapazität ist hier auf 2 Mbit/s begrenzt. Dies ist auch für zukünftige Dialogdienste, die von dieser Teilnehmergruppe gefordert werden, ausreichend (Bild 10.9). Die Downstream-Übertragung erfolgt im Zeitmultiplexverfahren, während Vielfachzugriff im Zeitmultiplex für die Upstream-Übertragung benutzt wird. Der Netzabschluß bzw. die Netzabschlußgruppe sendet einzelne Bits (Bitverschachtelung) in festen Zeitschlitzen an die gemeinsame Kopfstation. Die Schlitzvertei-
Bild 10.9:
Optische Sende- und Empfangskarte eines Netzabschlußgerätes
261
Bild 10.10: Tragbares Funktelefon
„porty“
Bild 10.11:
Schnurloses Telefon
PATSY
262
lung wird vom zentralen Netzmanagementsystem verwaltet und überwacht. Ein modernes Meßverfahren stellt die Schleifenimpulslaufzeit auf einen festen Wert ein. Darüber hinaus regelt das Managementsystem die optische Ausgangsleistung jedes Lasers und gleicht so die individuellen Dämpfungen der optischen Strecken aus. Parallel zur digitalen Übertragung von Dialogdiensten erhalten alle Teilnehmer das Angebot an Breitband-Fernseh- und Radioprogrammen im analogen Übertragungsformat. Zur Zeit wird die Frequenzmodulationstechnik angewandt. Damit stehen 20 TV-Programme im Frequenzband zwischen 950-1 750 MHz und der digitale Satelliten-Hörrundfunk in einem Frequenzbereich um 125 MHz zur Verfügung. Für die nahe Zukunft ist der Einsatz der Amplitudenmodulation geplant. Damit läßt sich das komplette Kabelfernsehprogramm im gewohnten Frequenzbereich
anbieten.
Die Trennung von Dialogdiensten und Verteildiensten wie Fernsehen und Radio erfolgt mittels Wellenlängenmultiplex (WDM) und Nutzung von zwei optischen
Fenstern (1300 nm und 1550 nm) auf einer Glasfaser.
Leistungsangebot in der Funkkommunikation Mit der langjährigen weltweiten Erfahrung im Aufbau von Funkkommunikationssystemen ist Philips ein kompetenter Partner für analoge und digitale
zellulare Funkkommunikationssysteme. Zur Zeit werden Produkte der Funkkommunikation mit dem Schwerpunkt der mobilen Telefonie angeboten. Die
Produktpalette gliedert sich in Infrastrukturprodukte und -endgeräte für den Teilnehmer (Bild 10.10). Die Infrastrukturprodukte sind Feststationen für das CNetz, für das NMT450/900,
für das GSM
sowie für den Bündelfunk.
Auf der
Endgeräteseite werden Geräte für das C-Netz und das GSM angeboten. Ferner stehen NMT, TACS, Betriebsfunkgeräte und Rufempfänger zur Verfügung. Ein
weiteres Gerät in diesem Geschäftsfeld ist das schnurlose Telefon, das unter dem
Namen Sinus-21 bei der Deutschen Bundespost Telekom ins Vertriebsprogramm aufgenommen wurde.
Aktivitäten zur Infrastruktur
Philips hat seit mehr als drei Jahrzehnten in der Technik der automatischen Funktelefonsysteme eine führende Position. Speziell in Deutschland wurde diese Technik entscheidend mitgeprägt. Philips baute so das A- und B-Netz und auch die Infrastruktur für das C-Netz nicht nur in Deutschland aus. Als 1987 die europäischen Staaten beschlossen hatten, einen einheitlichen Standard für ganz Europa zu spezifizieren, konnte die Firma aufgrund des vorhandenen Knowhows mitarbeiten (Bild 10.12). Dieser Entschluß bündelte die gesamte einschlägige europäische Industrie und damit auch die deutsche in Richtung eines bisher nicht erreichten Zieles. Zellulare Mobilfunksysteme begleiten mehr und mehr
263
Bild 10.12:
Sender für den Mobilfunk die
Verkehrsströme
der einzelnen
Länder
wichtiges Bindeglied in Richtung Europa ’9.
untereinander
und
bilden
so ein
1987 schloß Philips einen Kooperationsvertrag mit der Boschgruppe für die Entwicklung, Produktion und die Vermarktung von GSM-Infrastrukturen. Philips ist hierbei der Konsortialführer. DMCS 900, dem Konsortium beider Häuser, ist es bisher gelungen, in Deutschland beim Netzbetreiber D1 (Deutsche Bundespost Telekom bzw. der Detecon als im Namen und Auftrag der Deutschen Bundespost Telekom agierend) zwei Aufträge zubekommen.
1988 schloß DMCS
900 mit der Firma Siemens einen Partnerschaftsvertrag über die Lieferung von
Systembausteinen sowie Kooperationsverträge über fallweises Zusammengehen im Ausland. 1990 erhielt DMCS 900 zusammen mit Siemens, die sich unter dem Namen „Deutsches Mobilfunkkonsortium-DMK“ zusammenschlossen, einen
weiteren Auftrag zur gemeinsamen Belieferung und Errichtung des D2-Netzes der Mannesmann Mobilfunk GmbH.
Dank des Know-hows von Philips und anderer deutscher Firmen, wird es der Deutschen Bundespost Telekom gelingen, ein erstklassiges Funkkommunikationsnetz zu installieren. 264
Für die Funknetzplanung hat Philips ein spezielles Planungsprogramm GRAND
entwickelt und für die Funknetzplanung in der West-Schweiz eingesetzt. GRAND wurde auch von sechs weiteren Netzbetreibern benutzt (Bild 10.13). Nachrichtenkabeltechnik
In den öffentlichen Fernmeldenetzen setzen sich Glasfaserkabel durch. Zunehmend suchen aber auch private Unternehmen nach Kommunikationsnetzwerken, die in Glasfasertechnik realisiert werden können. Die Telekommunikation
der Zukunft braucht Nachrichtennetze mit hoher Übertragungskapazität. Bereits heute schon werden Fernnetze in leistungsfähigen und wirtschaftlichen Kabeltechnologien aus Glasfasertechnik realisiert. Bei den Ortsnetzen herrscht noch die konventionelle Kupferkabeltechnik vor, aber auch hier gewinnen Glasfaserkabel
immer
größere
Anteile.
Aber
auch
in Lokalnetzwerken,
auf
Firmengeländen und in Verwaltungsgebäuden werden noch Netzwerke in der konventionellen Kupferkabeltechnologie aufgebaut (Bild 10.14).
Mit den neuen DFSM-Glasfaserkabeln können Lichtsignale in mehreren Wellenlängenbereichen mit niedrigen Dispersionswerten und damit hoher Bandbreite übertragen werden. Sie sind noch leistungsfähiger als die bisherigen EinmodenGlasfasertypen und für heutige ebenso wie für zukünftige Anforderungen in Weitverkehrsnetzen geeignet. Die Bezeichnung Dispersion Flatened Single Mo-
Bild 10.13:
Funknetzplanungssystem
GRAND
265
Bild 10.14: Fernmeldekabel
Bild 10.15: Bandkabel für Glasfaserortsnetze
de (DFSM) beschreibt das wesentlichste Leistungsmerkmal dieser Einmodenfaser, das für das sogenannte zweite und dritte optische Fenster gleichermaßen optimale Dispersionsverhalten. Die DFSM-Faser kann die Lichtsignale in den Wellenlängenbereichen von 1300 nm und 1550 nm mit niedrigen Dispersions-
werten, das heißt kleiner als 2,5 Picosekunden pro nm x km und damit hohen
Bandbreiten von größer als 100 GHz x km, übertragen. Mit diesen Eigenschaften ist der Fasertyp vor allem für die Überbrückung großer Verstärkerabstände
geeignet
und
empfiehlt
sich
für
den
Einsatz
auf Weitverkehrsstrecken
von
Fernmeldenetzen. Dies gilt besonders unter dem Gesichtspunkt von zukünftigen, ständig wachsenden Informationsmengen und damit notwendigen höheren Übertragungskapazitäten auf den Lichtwellenleiterstrecken.
Die Weitverkehrskabel mit Koaxialpaaren werden in nationalen und internationalen öffentlichen Nachrichtennetzen und in Fernmeldebetriebsanlagen von Eisenbahnen und der Industrie eingesetzt. Die Koaxialpaare sind hauptsächlich zur Übertragung einer großen Anzahl von Gesprächen über große Entfernungen
bestimmt und werden ausschließlich mit breitbandigen Übertragungssystemen belegt.
Ein neues wirtschaftliches Gesamtkonzept für den Ausbau der Glasfasernetze
stellt das neuentwickelte Bandkabel dar. Die Fasern werden nicht mehr in herkömmlichen Bündeln oder in Hohladertechnik verseilt. Die neuen Grundelemente bestehen aus Faserbändern zu je zehn Glasfasern nebeneinander. Ein
266
entscheidender Vorteil ist der gegenüber herkömmlichen Glasfaserkabeln um bis
zu 50 Prozent verringerte Außendurchmesser, der auch eine effektivere Nutzung von Mehrfachrohrsystemen ermöglicht. Die für die Herstellung von Faserverbindungen benötigte Zeit ist beim Bandkabel durch die Mehrfachverbindungstechnik erheblich geringer. Alle Bearbeitungsschritte werden bei dieser Technik mit bis zu zehn Fasern gleichzeitig ausgeführt. Selbstverständlich stehen für das Bandkabel Bandkabelgarnituren, Rangiereinrichtungen sowie Steckverbindungen zur Verfügung (Bild 10.15). Leistungsangebot in der Nebenstellentechnik und bei Endgeräten
Philips liefert und montiert Telekommunikationsanlagen aller Größenordnungen. Das Angebot umfaßt Anlagen für alle Bereiche der privaten Wirtschaft, Kleingewerbetreibende aber auch Behörden sowie sonstige Institutionen aller Größenordnungen.
Bild 10.16:
Kommunikationsanlage SOPHO-S
267
Als Ergänzung und als Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine steht dem Nutzer ein vielfältiges Angebot von digitalen, analogen und auch Sonderfernsprechern für Team-,
Chef-, Sekretärfunktionen, Automatic-Call-Distribution
usw. zur Verfügung.
Für den Direktvertrieb und für die Lieferung an Vertriebspartner werden die Systeme SOPHO-S
50 bis 1000 eingesetzt. Für größere Unternehmen und auch
für die Deutsche Bundespost Telekom stehen die Systeme SOPHO-S 1025 sowie 2500 als praktisch unbegrenzt erweiterungsfähige Großanlagen zur Verfügung. Diese werden über den Vertriebsweg der Deutschen Bundespost Telekom unter dem Produktnamen octopus-S vermarktet (Bild 10.16). Ausschließlich für den Vertriebsweg über die Deutsche Bundespost Telekom steht
das
Telekommunikationssystem
ISDX
zur
Verfügung,
das
Namen octopus-M bzw. octopus-180i auf dem Markt eingeführt ist. Das Telekommunikationssystem SOPHO-S
unter
dem
kann jede konventionelle Kommu-
nikationsanlage problemlos ersetzen und ermöglicht simultanen Daten-, Text-, Bild- und Sprachverkehr über ein und dieselbe Leitung. Jedem Teilnehmer steht für Informationsübertragung eine Bandbreite von 144 kbit/s zur Verfügung. Diese Kommunikationsanlage sorgt nicht nur für die uneingeschränkte Verbindung zum öffentlichen Netz, sondern richtet die Leistung auch nach innen und bietet jedem Arbeitsplatz die breite Palette der Funktionen auch für die interne Kommunikation. Programmsteuerung, PCMÜbertragung und dezentrale Verbindungstechniken gewährleisten maximale Systemflexibilität und Komfort.
Für den Datenverkehr bietet SOPHO-S
den Teilnehmern komplexe Kommuni-
kationsleistung über die Doppelkanalschnittstelle 2B+D. Das ermöglicht einen Datenaustausch jeder Art von Dokumentenübertragung zur Datenbank Unternehmens sowie Bildübertragung und/oder zentrale Archivierung.
des
Die Mehrdienstanlage umfaßt nach den Rahmenregelungen der Deutschen Bundespost den Telefon-, den Telex-, Teletex-, Telefax-, Bildschirmtextdienst,
die Datenübermittlung und die Bildübermittlung. Damit ist SOPHO-S ein ausgereiftes System für die Mehrdienstekommunikation, das separate Datenübertragungsgeräte erübrigt und damit die Effizienz einer Netzverwaltung erhöht. Dabei ist hervorzuheben, daß die Übertragungen simultan über vorhandene Telefon-Zweidrahtleitungen vermittelt werden können. Verschiedene Kom-
munikationsarten lassen sich gleichzeitig und unabhängig voneinander über diese Kanäle übertragen. Eine
Besonderheit
ist die
integrierten Diensten. zusammenschließen.
268
Vernetzungsmöglichkeit
und
die
Verbindung
mit
Die Zweigstellen lassen sich über 2-Mbit/s-Leitungen
Das ISDN-Kommunikationssystem ISDX
Das ISDN-Kommunikationssystem ISDX bzw. octopus-180i ist ein digital durchschaltendes Telekommunikationssystem für den Anschluß an das analoge Fernsprechnetz, das IDN-Netz sowie für den Einsatz im ISDN. Entsprechend den Anforderungen des ISDN sieht das Systemkonzept eine Verteilung der Systemin-
telligenz vor, die konzeptionell auch die ISDN-Endgeräte einschließt. Die SoSchnittstelle wird definitionsgemäß auf der Amtsseite im Punkt-zu-Punkt-Verfahren betrieben, auf der Endstellenseite im Punkt-zu-Mehrpunkt-Verfahren (Bild 10.17). Die Durchschaltung der Informationskanäle für Sprach- und Nichtsprachdienste erfolgt gemäß den CCITT-Empfehlungen mit einer Bandbreite von 64 kbit/s je Übertragungskanal. Dieses Prinzip erlaubt auch eine Nutzung der Telekommunikationsanlage für andere Dienste als das Fernsprechen. Hierfür braucht man außerdem bei der heutigen analogen Umgebung den Zugriff zu den verschiede-
nen Übertragungsnetzen und die Anschaltungsmöglichkeit üblicher Endgeräte.
Das ISDN-Telekommunikationssystem ISDX ist modular aus gleichartigen Baugruppengehäusen aufgebaut, so daß eine Erweiterung ohne Probleme bis zu 250 Teilnehmern möglich ist.
Bild 10.17: Abfrageeinrichtung der ISDN-Kommunikationsanlage octopus-180i
269
Für die Sprachkommunikation besteht, wie bereits erwähnt, netzseitig die Anschlußmöglichkeit an das analoge Fernsprechnetz mit HKZ/IKZ-Leitungen oder auch mit gemischtem Betrieb je nach Ausbau des Systems. Selbstverständlich ist der Anschluß an das ISDN über Basisanschlüsse möglich. Teilnehmerseitig bestehen Anschlußmöglichkeiten aller analogen Apparate mit echter Zweisprachigkeit IWV/MMV sowie auch die Anschlußmöglichkeit aller digitalen Apparate mit So-Schnittstelle gemäß Protokoll ITR6 und DKZE. Alle Apparate,
ob analog oder digital, haben Zugriffsmöglichkeiten auf die
Netzanschlüsse, z.B. auch ein analoger Apparat auf ISDN-Anschlüsse und ein
digitaler Apparat auf analoge Fernsprechanschlüsse. Alle geschalteten Endgeräte mit Dienstfernsprechen können miteinander kommunizieren. Für die Textkommunikation besteht die netzseitige Anschlußmöglichkeit an das Datex-LNetz (Teletex) sowie ebenfalls der Anschluß an das ISDN. Die Daten- und Bildkommunikation
bieten die Anschlußmöglichkeiten
zum
Datex-P-Netz mittels eines vorgeschalteten Servers. Auch der Zugang zu SNA
oder 3270-Rechnern über zentral angeschaltete Protokoll-Konverter bzw. LAN ist möglich.
Bild 10.18: Komforttelefon SOPHO-Set
270
Das kleinere ISDN-Telekommunikationssystem Mikro 4 hat im maximalen Ausbau vier ISDN Basisanschlüsse, vier analoge und 12 digitale NebenstellenAnschlüsse. Da auch in der Mikro 4 die gleiche Software wie im ISDX-System zum Einsatz kommt, können auf diese Weise kleine Wählanlagen, Reihenanlagen und Vor-
zimmeranlagen gleichzeitig implimentiert werden, so daß auch Hybridfunktionen möglich sind. Für die Kommunikationsanlage ISDX werden die Fernsprecher der octophon-Baureihe eingesetzt, die über eine V.24-Schnittstelle für Datenverbindungen verfügen. Das octophon 50 wird an die Fernsprechsysteme
octopus 180i, octopus M digital nach den Richtlinien für So der Deutschen Bundespost angeschlossen. Für die Telekommunikationssysteme der Sopho-Sund der octopus-S-Baureihe stehen die digitalen Endgeräte Sophoset 170 bis 375 mit den unterschiedlichsten Leistungsmerkmalen zur Verfügung (Bild 10.18). Sophoset 110 bis A 310 gibt es für die unterschiedlichsten Leistungsstufen, wie Freisprechen, Wahlwiederholung, Wahl bei aufgelegtem Handapparat usw. Für Teamchef und Sekretär sowie Sonderanwendungen gibt es die Fernsprechreihe KTLC, die die Vorteile einer Hybridanlage mit denen einer Wählanlage verbindet.
10.4 Kommunikationstechnik von Philips in den neuen Bundesländern Bisherige Leistungsrealisierung Philips ist am
Aufbau
der Telekommunikations-Infrastruktur
in den
neuen
Bundesländern aktiv beteiligt. Dazu gehören zum einen die Mitwirkung am Aufbau des digitalen Overlay-Netzes sowie die Beteiligung an den Turn-KeyProjekten. Darüber hinaus werden Telekommunikationsanlagen in den neuen Bundesländern installiert und Maßnahmen zum Auf- und Ausbau des C-Netzes getroffen. Die Produktion und die Installation der Geräte und Systeme für die breitbandi-
gen Übertragungsstrecken Fernmeldewerk GmbH,
werden in enger Zusammenarbeit
Bautzen, realisiert.
mit der Philips
Der Auftrag für die Overlay-Netze beinhaltet die Realisierung der MultiplexTechnik, der Übertragungstechnik sowie der Glasfaserzubringerstrecken zu den Richtfunkstellen der Fernvermittlungen in Chemnitz, Zwickau und Erfurt. In Dresden lieferte Philips die Multiplex-Einrichtungen für die Fernvermittlungsstelle. Dabei ist die Installation der Übertragungseinrichtungen ebenfalls ausgeführt worden (Bild 10.19). Bei den
Systemen
für diese Strecken
mit Übertragungsraten
von
140 Mbit/s
handelt es sich um bewährte Systeme, die im Netz der Deutschen Bundespost Telekom bereits zuverlässig ihre Funktionen erfüllen (Bild 10.20).
271
Bild 10.19: PCM30FII SystB Gestelle im Fernmeldeamt Chemnitz
Bild 10.20:
Übertragungseinrichtungen in der neuen Vermittlungsstelle
des Turn-Key-Projektes Michendorf
272
Für den raschen Abbau der Engpässe im Telefonnetz der fünf neuen Bundeslän-
der hat die Deutsche Bundespost Telekom Aufträge an Firmen vergeben, die alle Baumaßnahmen vom Aufbau der Vermittlungsstelle und der Übertragungsein-
richtungen über die Verlegung des Kabelnetzes bis hin zum Anbringen Anschlußdose beim Teilnehmer beinhalten (Bilder 10.2la und b).
der
Philips realisiert 1991 im Bezirk Potsdam als Turn-Key-Projekt die Aufträge für
zehn Ortsnetze. Die Übertragungstechnik kommt aus eigener Produktion, während die Vermittlungstechnik von einem Kooperationspartner bereitgestellt wird.
Mit diesen Turn-Key-Aufträgen kommen auf die Fernmeldeindustrie neue Aufgaben zu. Die Verantwortung für die Planung, die Anlieferung von Geräten und deren Aufbau liegt ebenso bei Philips, wie die Hoch- und Tiefbaumaßnahmen bis hin zur Linientechnik für Kabelanlagen (Bild 10.22). Philips hat im Bereich der Knotenvermittlungsstellen in Potsdam und Zossen sämtliche Kabelanlagen und Übertragungseinrichtungen, die in zehn Ortsnetzen bis Ende 1991 für 26000 Telefonanschlüsse sorgen, zu liefern und zu errichten (Bild 10.23).
Bild 10.2la:
Kabelverlegung und -anschluß an einem KVz im Turn-Key-Bereich Beelitz
273
zonımı
Bild 10.21b: Kabelverlegung und -anschluß an einem KVz im Turn-KeyBereich Beelitz
Bereits Mitte 1990 konnte in der ehemaligen DDR, im heutigen Bundesland Mecklenburg/Vorpommern gemeinsam mit dem dortigen Vertriebspartner AFD
ein
Kommunikationssystem
Sopho-S
installiert werden.
Mittlerweile
verfügt
Philips über eine flächendeckende Vertriebspartnerorganisation mit geschultem Montage- und Servicepersonal.
Erster Videokonferenzraum im ehemaligen Postministerium,
Berlin, Mauerstraße 69-75
Seit Anfang September 1990 verfügen die Außenstellen im Gebäude des ehemaligen
Ministeriums
für Post-
und
Fernmeldewesen
über
einen
eigenen,
mit
Philips-Technik ausgerüsteten Videokonferenzraum. Er ist im historischen Ge-
bäude in der Mauerstraße
69-75 in Berlin eingerichtet worden,
in dem
schon
Generalpostmeister Heinrich von Stephan residierte. Die Videokonferenzeinrichtung ist über eine moderne Glasfaserverbindung direkt mit dem 140-Mbit/s274
Bild 10.22:
Glasfaserkabelverteilung in der Vermittlungsstelle Beelitz
Bild 10.23: Modernste Projekt in Potsdam
Druckluftüberwachung
neuverlegter Kabel bei dem
Turn-Key-
275
Videokonferenznetz der Deutschen Bundespost Telekom verbunden. Bei der symbolischen Schlüsselübergabe betonten Repräsentanten der Deutschen Bundespost, daß mit diesem modernen Kommunikationsmittel für die praktisch zeitlose Entfernungsüberbrückung von Sprache und farbigen Bewegtbildern ein
effektives Arbeitsmittel für Konferenzen mit Partnern in allen Ländern der Bundesrepublik, in Europa und auch weltweit zur Verfügung steht (Bild 10.24a
und b).
Der Videokonferenzraum in der Mauerstraße wird für Schulungszwecke der Mitarbeiter der Deutschen Bundespost Telekom genutzt und steht auch privaten Nutzern zur Verfügung. Zu dem Komplex Videokonferenz in der Mauerstraße
gehören neben dem eigentlichen Konferenzraum ein weiterer Raum für Vorbesprechungen und ein Sekretariat, von dem aus alle administrativen Tätigkeiten sowie der Konferenzservice erfolgen können. Die Räume wurden von der Abteilung Postbau Barsdorf so umgebaut und mit Möbeln ausgestattet, daß der Charakter der historischen Bausubstanz mit den großen Rundbogenfenstern erhalten blieb. Auch wurde sichergestellt, daß sich die Konferenzteilnehmer in einer angenehmen Atmosphäre voll und ganz auf die zu besprechenden Themen konzentrieren können. Dies nicht zuletzt dank der perfekten Technik der Videokonferenzeinrichtung, die an die Teilnehmer keine besonderen Anforderungen stellt. Die Bedienung der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel wie Dokumenteneinheit und Wandtafel, erfolgt vom Konferenztisch aus per Fernbedienung, wie sie bei Fernsehgeräten gebräuchlich ist. Am Konferenztisch selbst haben sechs Personen Platz, die von zwei Kameras aufgenommen werden. Der Teilnehmerkreis läßt sich in diesem Studio noch erweitern, in dem man die zusätzliche Raumka-
mera auf den Besprechungstisch richtet.
Nach diesem ersten erfolgreichen Schritt in bezug auf Bewegtbild-Kommunika-
tion in den reuen Bundesländern sollen in Zukunft alle größeren Städte und Wirtschaftsräume auch mit Videokonferenzequipments ausgestattet werden.
10.5 Philips in Bautzen Die Philips Kommunikations Industrie AG, Nürnberg, hat am 29. April 1991 das ehemalige Fernmeldewerk Bautzen als Tochtergesellschaft übernommen. Waren schon bei der Gründung der Philips Kommunikations Industrie AG traditionsreiche und erfahrene Firmen beteiligt, so hat Philips auch bei der Realisierung des dritten internationalen Produktzentrums nach Nürnberg und Paris für den Bereich Öffentliche Kommunikationssysteme
einen angesehenen
Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebspartner gefunden: das Fernmeldewerk Bautzen.
276
Bild 10.24a:
Videokonferenzraum in der Mauerstraße,
Berlin
Recorder Printer Ay-Technik
[ÜJT| Telefon/ Fax
Bild 10.24b:
Grundriß des Videokonferenzraumes
==
UL
Servicebereich mit Sekretariat und Besprechungsraum
Monitore, Kameras, Lautsprecher
Wandtafel
u
WIIILIIILIILLL Verdunkelung
Grafik Philips
277
In Bautzen wurde nach den Kriegsjahren die Entwicklung und Produktion von Trägerfrequenzsystemen aufgenommen. Anfang 1949 ging das Fernmeldewerk im Verband der RFT-Betriebe als ein volkseigener Betrieb des Kombinats
Nachrichtenelektronik auf. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich das
Fernmeldewerk zu einem führenden Hersteller von Anlagen der drahtgebundenen Nachrichtenübertragungstechnik für die RGW-Länder.
Ohne das Engagement von Philips wäre das Werk mit seinen zuletzt 950 Mitarbeitern nicht überlebensfähig gewesen, da georderte Produkte ehemaliger RGW-Kunden
nicht mehr
abgerufen
wurden
und
der Bedarf der Deutschen
Bundespost für die neuen Bundesländer sich am Produktspektrum westdeutscher
Unternehmen orientiert. Dank der Investition der Deutschen Bundespost in den
neuen Bundesländern sowie den gemeinsamen Anstrengungen der Treuhandanstalt,
der
Wirtschaftskabinette
Bayerns
und
Sachsens,
der
Werksleitung
in
Bautzen und der Philips Kommunikations Industrie AG sind rund 450 Arbeitsplätze erhalten geblieben. Philips hat dafür rund 27 Mio. DM für erste Investitionen bereitgestellt (Bild 10.25).
In dem am 29. April 1991 offiziell an Philips übergebenen Fernmeldewerk in Bautzen werden bereits seit Jahresbeginn 1991 UÜbertragungssysteme für den Auf- und Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur in den neuen Bundes-
Bild 10.25: Fertigung im Fernmeldewerk Bautzen 278
Bild 10.26: Güteprüfdienst der Deutschen Bundespost Telekom im Fernmeldewerk Bautzen
länder gefertigt. Dafür wurden von Philips moderne, dem internationalen Standard entsprechende Fertigungslinien von Nürnberg nach Bautzen verlagert. Diese Anlagen stehen in einem Umfeld, das nun ebenfalls modernen Arbeitsbedingungen entspricht. Dafür wurden Teile der vorhandenen Montagehalle umgebaut, mit neuen Fen-
stern und Fußböden versehen sowie mit einer fertigungsgerechten elektrischen Installation und einer Klimaanlage ausgestattet.
Bereits im März dieses Jahres konnte die Typmusterprüfung der Deutschen Bundespost Telekom im Fernmeldewerk Bautzen bestätigen: die Fertigungsverlagerung von Nürnberg nach Bautzen für die Gestelle der digitalen Übertragungstechnik PCM30F ist erfolgreich abgeschlossen. Philips erfüllt damit eine der Vereinbarungen, nach denen das Fernmeldewerk Bautzen in die Realisierung des Overlay-Netzes in den neuen Bundesländern einbezogen werden soll.
Auch wird damit nachgewiesen, daß die Mitarbeiter des Philips Fernmeldewer-
279
LUteyen
Bild 10.27:
Rechnergesteuerte
Prüfung der Gestellverdrahtung
NM
Bild 10.28:
Lichtgesteuerter Bestückungsautomat
280
kes Bautzen den Qualitätsanforderungen der Deutschen Bundespost Telekom entsprechend produzieren (Bild 10.26). Philips hat durch die Übernahme des Fernmeldewerks in Bautzen und die bereits
erbrachten Fertigungsinvestitionen in zweistelliger Millionenhöhe einige hundert Arbeitsplätze erhalten bzw. aufgebaut und gibt damit den Mitarbeitern durch
zukünftige Um- und Ausbaumaßnahmen auch auf lange Sicht eine positive Perspektive. Dies erfordert natürlich auch von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine aktive Beteiligung an den Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, die von Philips angeboten werden. Daß in dem neuen Philips-Werk modernste Prüfmethoden zum Einsatz kommen, läßt sich am fertig verdrahteten Amtsbaugestell für das PCM30F-System zeigen.
Bild 10.29: Ein Neubau für das Philips Fernmeldewerk in Bautzen
281
Die Gestelle und ihre Verdrahtung werden rechnergesteuert unter verschiedenen Testbedingungen geprüft und das Ergebnis per Drucker dokumentiert (Bild 10.27). Ziel einer durchdachten Fertigungsorganisation sind wirtschaftliche Betriebsabläufe. Hierzu gehören unabdingbar eine entsprechende Infrastruktur mit Materialbevorratung, Arbeitsablaufplänen, Bauelemente- und Bauteile-Transport, Einkauf und Versand. Daß sich auch bewährte Technik in ein neues Fertigungsund Logistikkonzept überführen läßt, zeigt sich in der Herstellung von Baugruppeneinschüben für das Übertragungssystem PCM480S, das in den neuen Bundesländern und in den Telekommunikationsnetzen Osteuropas eingesetzt wird. Für die Leiterplattenbestückung des PCM480S-Systems wurden bereits in der Vergangenheit lichtgesteuerte Bestückungsautomaten verwendet. Aufgrund des komplexen Aufbaus der Leiterplatten hatten die Ingenieure des Fernmeldewerks Bautzen die Stationen des handelsüblichen Automaten durch mit Leuchtanzeigen gekennzeichnete Bauelementestationen erweitert. Zur Zeit werden gemeinsam mit den Kollegen aus Nürnberg diese Automaten auf eine neue einheitliche Programmsteuerung umgestellt, so daß sie sich in den modernen Produktions-
prozeß einbeziehen lassen (Bild 10.28).
Mit der offiziellen Übernahme durch die Firma Philips wurden Zeichen gesetzt, sowohl für Philips und das Fernmeldewerk als auch für die Stadt Bautzen und das Land Sachsen. Der Betrieb mit seinen 450 Arbeitsplätzen hat die Umstellung von der Planwirtschaft zur freien Marktwirtschaft geschafft. Daß
Philips vom
Erfolg überzeugt
ist, zeigt sich zum
einen an den weiteren
Sanierungsvorhaben in den bisherigen Produktionsstätten und zum anderen an dem nun fast schon fertiggestellten Rohbau für die Vorfertigung. Dieses Gebäude befindet sich in unmittelbarer Nähe des jetzigen Betriebsgeländes (Bild 10.29). Ziel ist, den Markt mit komplexen Leistungen von der Projektierung, Lieferung, Montage, Inbetriebnahme bis zum Service zu bedienen. Dabei muß eine maximale Beschäftigung und die Einbeziehung mittelständischer Unternehmen aus dem Umfeld von Bautzen sichergestellt sein. Als Zulieferfirmen kommen Leiter-
plattenhersteller, Galvanisieranstalten, Bauteilelieferanten sowie Transportunternehmen in Frage.
282
11. Der Beitrag der Firma Robert Bosch GmbH zur Realisierung des Aufbauprogramms
Kommunikationstechnik - Grundlage und Motor für den
wirtschaftlichen Aufschwung Herbert Weber
Deutschland wächst wieder zusammen. Das ist nach fast einem halben Jahrhundert Trennung beider Teile ein mühseliger, doch unaufhaltsamer Prozeß. Viele Milliarden DM sind notwendig, damit die Folgen der jahrzehntelangen sozialistischen Planwirtschaft beseitigt werden. Eine der unabdingbaren Voraussetzungen für die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung ist -— neben dem Ausbau der Verkehrswege - ein funktionierendes Kommunikationsnetz. Ohne eine reibungslose Nachrichtenübermittlung ist weder der wirtschaftliche Aufschwung noch die kulturelle Einigung denkbar. Für den Aufbau einer modernen Infrastruktur in den neuen Bundesländern hält die Bosch-Gruppe ein breites Programm von Erzeugnissen und Systemen der Nachrichtentechnik bereit. Nach dem Unternehmensbereich Kraftfahrzeugausrüstung ist die Kommunikationstechnik — Bosch Telecom — der zweitgrößte Unternehmensbereich von Bosch. Bosch Telecom mit seinen rund 41000 Mitarbeitern bietet nahezu die gesamte Kommunikationstechnik aus einer Hand - ein
erheblicher Vorteil für die Kunden, die aufeinander abgestimmte Erzeugnisse und Systeme verlangen. Bundesländer.
Den
Nutzen
daraus ziehen vielfältig auch die neuen
Zu Bosch Telecom gehören die drei Geschäftsbereiche Öffentliche und Private Kommunikationstechnik sowie Mobile Kommunikation. Wichtigste Produktbereiche der Öffentlichen Kommunikationstechnik mit der ANT Nachrichtentechnik GmbH
sind
- die Multiplextechnik, die Signale für die gleichzeitige Übertragung auf einer Leitung bündelt, - der Richtfunk für die drahtlose Nachrichtenübertragung, — Fernmeldekabelanlagen für den Fern- und Ortsverkehr bis hin zum Teilneh-
mer, - Raumfahrt - ANT stattet Satelliten mit der nachrichtentechnischen Nutzlast zum Beispiel zur Übertragung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen, Telefongesprächen und Wetterinformationen aus und liefert Satelliten-Bodenstationen, sowie
- zusammen mit der Bosch Telecom Öffentliche Vermittlungstechnik GmbH öffentliche Vermittlungssysteme.
283
Robert Bosch Fahrzeugelektrik Eisenach GmbH Robert Bosch Elektrowerkzeuge GmbH
AA ANT Nachrichtentechnik Radeberg GmbH
[=] Telenorma Leipzig GmbH []
Bild 11.1:
284
TN-Vertriebsniederlassungen
Bosch in den neuen Bundesländern
Der Geschäftsbereich Private Kommunikationstechnik mit der Telenorma GmbH verkauft und vermietet, installiert und wartet Telefonanlagen und Ver-
mittlungssysteme
für private Netze sowie Endgeräte
für Daten-,
Text- und
Bildübertragungsdienste und ist außerdem auf den Gebieten Sicherheitssysteme und Gefahrenmeldeanlagen sowie Sicherheitsservice tätig.
Der Geschäftsbereich Mobile Kommunikation mit der Blaupunkt-Werke GmbH
umfaßt insbesondere die Produktbereiche Autoradio, Funktechnik, Breitband-
kommunikation und Unterhaltungselektronik. Blaupunkt ist der größte europäi-
sche
Hersteller
von
Autoradios
und
entwickelte
wegweisende
Systeme
zur
Verkehrs-Leit- und -Informationstechnik, zum Beispiel das inzwischen in vielen
Ländern
eingeführte Autofahrer-Informationssystem
Data System) und TMC (Traffic Message Channel).
ARI
sowie RDS
(Radio
Aktivitäten in den neuen Bundesländern
Die
Bosch-Gruppe
entwickelt,
hat
in den
die Arbeitsplätze
beitragen. Dazu gehören
neuen
Bundesländern
sichern und zum
vielfältige
wirtschaftlichen
Aktivitäten
Aufschwung
— die im September 1990 gegründete Robert Bosch Fahrzeugelektrik Eisenach GmbH - in Eisenach wurde im März 1991 damit begonnen, für 200 Millionen DM
ein neues Werk zu errichten -,
— die Robert Bosch Elektrowerkzeuge GmbH,
die im sächsischen Sebnitz Bohr-
hämmer und Schwingschleifer fertigt, und — die beiden Kommunikationsunternehmen Telenorma Leipzig GmbH die ANT
Nachrichtentechnik Radeberg GmbH
bei Dresden.
sowie
Insgesamt beschäftigt Bosch in den neuen Bundesländern in Tochter- und Vertragsunternehmen, zum Beispiel in Bosch-Diensten, direkt oder indirekt zusammen etwa 5000 Mitarbeiter und wird dort mehrere hundert Millionen DM investieren (Bild 11.1).
Priorität für den Richtfunk
Als im Herbst 1989 die Weichen zur Vereinigung Deutschlands gestellt wurden, begannen die Deutsche Bundespost Telekom und die Deutsche Post, gemeinsam Pläne zum Ausbau des Kommunikationsnetzes im Osten Deutschlands aufzustel-
len. Entlang den bisherigen Trassen sollten zusätzliche Übertragungswege als sogenanntes Overlay-Netz aufgebaut werden. Von Anfang an bestand die feste Absicht, daß dieses Projekt möglichst weitgehend als Gemeinschaftsleistung von
Unternehmen aus beiden Teilen Deutschlands abgewickelt werden sollte.
Die Dringlichkeit der Aufgabe verlangte enge Terminpläne. Baldmöglichst sollten die Kommunikationsnetze und insbesondere die Verbindungen mit den 285
alten Bundesländern spürbar verbessert werden. Telefonieren sollte in besserer Qualität
möglich
werden,
ebenso
die
neuen
Dienste
wie
Fernkopieren,
Bild-
schirmtext und Datenübertragung. Dabei wurde der Richtfunktechnik Priorität eingeräumt, denn mit ihr lassen sich neue Netze schnell verwirklichen, da keine Kabel verlegt werden müssen.
Nach den Abstimmungsgesprächen zwischen Postverwaltungen und Industrie wurden im Frühjahr 1990 die Aufträge vergeben. Die Deutsche Post beauftragte
die ANT Nachrichtentechnik, Richtfunkstrecken von Berlin über Leipzig und Erfurt sowie von Rostock über Schwerin in die Bundesrepublik und von Chemnitz über Zwickau zur Funkvermittlungsstelle Berlin aufzubauen. Bereits Anfang
Bild 11.2: Auf dem Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz installierte die BoschTochtergesellschaft ANT Nachrichtentechnik GmbH eine Richtfunkantenne
286
Dezember 1990 konnte ANT als erste der am Gesamtprojekt beteiligten Unter-
nehmen eine Teilstrecke (Berlin bis Leipzig) übergeben, die übrigen waren Ende März 1991 termingerecht einsatzbereit (Bilder 11.2 und 11.3).
Als die ersten Aufträge für die Fernstrecken des Richtfunk-Overlaynetzes verge-
ben waren, begann bereits die Planung zu seiner Erweiterung. Die Haupttrasse Berlin-Leipzig-Erfurt sollte mit Verästelungen nach Magdeburg, Dresden, Chemnitz und Zwickau versehen werden. Im Januar 1991 wurden Aufträge für die zweite Stufe des Overlay-Netzes vergeben. Auftraggeber war — nach dem deutschen Einigungsvertrag vom 3. Oktober 1990 — die Deutsche Bundespost Telekom.
Bild 11.3:
Auch
dieses Projekt wurde
unter höchstem
Termindruck
realisiert.
Die technische Anlage der Richtfunkantenne befindet sich im Turm
287
Wiederum war Bosch Telecom mit der ANT
Nachrichtentechnik maßgeblich
daran beteiligt. Ende Mai 1991 wurden die ersten Richtfunkstrecken in Betrieb
genommen, im Juli des gleichen Jahres war das Projekt abgeschlossen.
Parallel dazu baute die Deutsche Bundespost Telekom das Mobilfunknetz C aus,
wobei auch hier für die Zubringerstrecken Richtfunkgeräte eingesetzt wurden.
Wegen der kürzeren Entfernungen (bis zu 15 km) eignen sich hierfür Kurzstrekken-Richtfunkgeräte im 18-GHz-Bereich. Die mobilen Teilnehmergeräte stammten zum erheblichen Teil vom Bosch-Geschäftsbereich Mobile Kommunikation - einer der maßgeblichen Anbieter auf diesem Sektor.
Schneller Anschluß der Teilnehmer ans Netz
So notwendig und dringend der Ausbau der Weitverkehrsstrecken in den neuen
Bundesländern war, so wichtig war es auch, die Netze für die Telefonkunden schnell enger zu knüpfen. Die Deutsche Bundespost Telekom vergab im Januar 1991 etwa 30 Projekte zum Ausbau von Knotenamtsbereichen als sogenannte
Turn-Key-Projekte, das heißt, die Auftragnehmer sind verantwortlich für die gesamte Planung und Realisierung der Anschlußkabelnetze sowie der notwendi-
gen Vermittlungs- und Übertragungstechnik. Bosch Telecom erhielt den Auftrag über
die Ausstattung
der Knotenamtsbereiche
Oranienburg,
Strausberg
und
Königs Wusterhausen. Insgesamt mußten 25000 Teilnehmeranschlüsse geschaf-
fen werden, die wiederum über zehn Teilnehmervermittlungen mit drei Fernver-
mittlungen zu verbinden waren. Hierfür wurden Multiplexeinrichtungen sowie Richtfunk- und Glasfaserkabelstrecken installiert, untereinander verbunden und
an das Ost-Berliner Zentralamt angekoppelt. ANT realisierte dieses Projekt mit
Hilfe zahlreicher Unterauftragnehmer aus den neuen Bundesländern (Bild 11.4).
Zusammenarbeit über Grenzen hinweg Die Anfänge der nachrichtentechnischen Aktivitäten von Bosch Telecom in den
neuen Bundesländern reichen weiter zurück als bis zur Vereinigung beider Teile Deutschlands. Bereits 1988 führte die ANT Nachrichtentechnik GmbH Gespräche mit dem damaligen VEB Robotron, Radeberg, über eine Zusammenarbeit. Ziel war die Kooperation beim Ausbau des öffentlichen Fernmeldenetzes in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik und die gemeinsame Abwick-
lung von Exportprojekten. Die Produktprogramme beider Firmen ergänzten sich
gut: ANT verfügt über ein vollständiges Programm von Multiplexsystemen und
breitbandigen
Richtfunkgeräten,
die Erzeugnisse
von
Robotron
deckten
den
Bedarf der Kunden an schmalbandigen Geräten ab, zum Beispiel für Länder mit
geringem Fernmeldeverkehr.
So wie sich ab Herbst 1989 der Weg zur Vereinigung immer klarer abzeichnete, wurde auch die Kooperation zwischen der ANT Nachrichtentechnik und dem 288
Bild 11.4:
Bei der Verlegung von Fernmeldekabeln in den neuen Bundesländern vergab
die Bosch-Gruppe zahlreiche Aufträge an einheimische Firmen
289
VEB Robotron Radeberg immer enger. Nach Unterzeichnung des Einigungsvertrages vom 3. Oktober 1990 wurde der Robotron-Standort Radeberg mit den Arbeitsgebieten Richtfunk, Datentechnik und Fernsehtechnik als Robotron Telecom Radeberg GmbH verselbständigt, die vertragliche Basis für die Zusammenarbeit
mit
ANT
wurde
beibehalten
und
ausgebaut.
So
entwickelte
die
Robotron Telecom GmbH für ANT Gerätekomponenten des Richtfunksystems
DRS
155/3900, das vor allem in den neuen Bundesländern eingesetzt wird, und
fertigte im Auftrag von ANT Kanalweichen und Stromversorgungseinrichtungen der Richtfunksysteme, die zum Ausbau des Overlay-Netzes eingesetzt wurden.
Arbeitsplätze von Technikern der Robotron-Richtfunkabteilung, die über ein hervorragendes Know-how in der Hochfrequenztechnik verfügen, blieben erhalten.
Im Januar 1990 schlossen ANT
und Robotron ein Kooperationsabkommen.
Es
bildet die Grundlage für einen vertieften Informationsaustausch mit dem Ziel einer arbeitsteiligen Entwicklung und Fertigung von Richtfunksystemen. Im Herbst 1990 wurden Verhandlungen geführt, um den Betriebsteil Richtfunk und
Datentechnik des Robotron-Werkes in Radeberg in eine Tochtergesellschaft der ANT einzubringen. Diese Verhandlungen führten im März 1991 zum Abschluß.
ANT übernahm rückwirkend zum 1. Januar 1991 diesen Bereich der Robotron
Telecom
GmbH,
der heute
als ANT
Nachrichtentechnik
Radeberg
GmbH
firmiert. Ziel dieses Unternehmens ist es, das auf beiden Seiten vorhandene Know-how gemeinsam zu nutzen, Arbeitsplätze in Radeberg zu sichern, zum Aufbau der Infrastruktur für die Kommunikation in den neuen Bundesländern beizutragen und bestehende Geschäftsverbindungen in östlichen Nachbarländern zu nutzen.
Für die Mitarbeiter dieser Gesellschaft verwirklichte ANT schon frühzeitig ein weitreichendes Programm für die fachliche Weiterbildung im technischen, vertrieblichen und kaufmännischen Bereich. Auch moderne Entwicklungsmethoden wurden vermittelt. Ein wichtiges Mittel des Know-how-Transfers war die
vorübergehende
Tätigkeit
von
zahlreichen
Radeberger
Mitarbeitern
in den
westdeutschen ANT-Standorten Backnang und Offenburg. Weiter wurde rasch ein Programm zur Sanierung und zum Ausbau der bestehenden Fertigungsgebäude erarbeitet. Meßgeräte und Maschinen wurden erneuert, anfangs als Leihga-
ben der westdeutschen Muttergesellschaft in das Werk Radeberg eingebracht.
Kommunikation über Satellit
Insbesondere Firmen, die in den neuen Bundesländern Niederlassungen oder Zweigbetriebe aufbauen, leiden an den unzureichenden Telekommunikations-
netzen, da sie ständig Zugriff zu den aktuellen Daten des westdeutschen Stamm-
hauses haben müssen. Für sie hat ANT
eine wirtschaftliche Lösung bereit: die
Datenübertragung über VSAT-Betrieb (Bild 11.5). 290
Kommunikationsdienste
mit VSAT
e Sprachkommunikation innerhalb und mit den neuen Bundesländern e Datenaustausch genutzt von Banken, Versicherungen, Industrieunternehmen, sowie Werkstattketten und Warenhäusern
Bild 11.5:
VSAT-Netze von ANT
291
VSAT steht für „very small aperture terminal“, also für „Kleinst-Bodenstation“. VSATs sind Rundantennen mit einem Durchmesser zwischen 1,2 und 2,4 Meter.
Sie können schnell an jedem Standort, der in das Ausleuchtgebiet eines Satelliten
mit verfügbaren Übertragungskanälen fällt, aufgestellt und angeschlossen werden.
Kommunikationsdienste über Satellit können nach der teilweisen Öffnung der europäischen Fernmeldemonopole auch von privaten Firmen betrieben werden. ANT erhielt als erstes Unternehmen eine Lizenz des Bundesministers für Post und Telekommunikation für den VSAT-Dienst und ist zudem das einzige deutsche Unternehmen,
das als Netzbetreiber auch über die notwendige Hardware
verfügt: ANT war zum Beispiel verantwortlich für die Entwicklung und Herstellung der gesamten nachrichtentechnischen Nutzlasten der Kopernikus-Satelliten und ist damit ein Systemanbieter mit umfassendem Know-how. Viele Kunden in den neuen Bundesländern nutzen bereits den VSAT-Dienst von ANT. Die zentrale Sendestation am ANT-Standort Backnang, die sogenannte Hubstation, ist rund um die Uhr besetzt und garantiert einen reibungslosen Betrieb. Mit VSAT kann sowohl Einweg- als auch Zweiwegkommunikation betrieben werden - nicht nur als Datenaustausch, sondern auch per Fernschreiben, Teletex, Faksimile, Standbildübertragung und natürlich Sprachübertragung per Telefon. Auch Funktionen wie Fernsteuerungen und -messungen, Kontrollen und Buchungen können mit VSAT hervorragend unterstützt werden. Die sternförmig aufgebauten VSAT-Netze sind besonders attraktiv für große Organisationen mit einer verzweigten Struktur wie Banken, Versicherungsgesellschaften oder Handelsorganisationen. Für Teilnehmer, die nur wenige Empfangsstationen benötigen, lassen sich die Kosten dadurch niedrig halten, daß sich mehrere Netzbenutzer einer Zentralstation bedienen.
Fernmeldetechnik für die Energieversorgung Auch die Energieversorgung der neuen Bundesländer muß auf eine leistungsfähi-
gere Basis gestellt werden. Es ist vorgesehen, daß 1992 das Elektrizitätsnetz mit dem westeuropäischen Verbund zusammengeschaltet wird. Für den reibungslosen Betrieb ist auch ein digitalisiertes Fernmeldenetz erforderlich, das den schnellen Informationsaustausch mit den westeuropäischen Energieversorgungs-
unternehmen ermöglicht. Schon 1989 nahm deswegen der ostdeutsche Stromver-
sorger VENAG
Kontakt mit der ANT Nachrichtentechnik auf. Als erste Maß-
nahme sollen die 380-k V-Versorgungslinien mit einem Richtfunknetz ausgestat-
tet werden. ANT hat schon beträchtliche Vorarbeiten für die Planung geleistet. Ende
1991 wird auch dieses Fernmeldenetz in Betrieb sein. Mit den Montage-
und den Stahlbauarbeiten beschäftigt ANT auch bei diesem Auftrag eine Reihe von Firmen als Unterauftragnehmer, die in den neuen Bundesländern ansässig sind. 292
Anschluß der Bahn an das westliche Netz
Die Deutsche Reichsbahn, der nach der Öffnung der Grenzen auch zunehmende Bedeutung im Ost-West-Transitverkehr zukommt, muß sich an die Abläufe der Deutschen Bundesbahn beziehungsweise der westeuropäischen Eisenbahnen anpassen. Dazu ist die Modernisierung beziehungsweise Erneuerung des überal-
terten bahneigenen Fernmeldenetzes dringend notwendig. Die steigenden Anforderungen bei der Betriebsführung können ohne schnellen Informations- und Datenaustausch
nicht
erfüllt werden.
Die
Umstellungen
sollen
so weit
wie
möglich mit Hilfe von Firmen vorgenommen werden, die ihren Sitz in den neuen Bundesländern haben.
Eine Zusammenarbeit mit der ANT Nachrichtentechnik beim Ausbau des Fernmeldewesens der Deutschen Reichsbahn bietet sich auch deshalb an, weil damit gleichzeitig auf moderne, aber schon bewährte Konzepte der Deutschen
Bundesbahn zurückgegriffen werden kann. ANT beliefert seit 1987 die Deutsche Bundesbahn
mit dem Betriebsfernmeldesystem BF80.
Dieses System läßt sich
leicht in bestehende (auch analoge) Netze integrieren und ist andererseits auch zukünftigen Anforderungen gewachsen.
BF80 ist ein digitales speicherprogrammierbares Kleinvermittlungssystem. Seine Hard- und Softwarestruktur ermöglicht die Integration unterschiedlicher Fern-
meldedienste, zum Beispiel Fernsprechen mit Direktruf und Zielwahl, Wechselsprechen sowie Lautsprecherdurchsagen, und den Einsatz in nahezu allen Betriebsfernmeldeebenen. Im Zusammenwirken mit der Deutschen Bundesbahn hat ANT
dieses System besonders benutzerfreundlich gestaltet.
Zusammenarbeit mit Funkwerk Kölleda
Als Partnerfirma von ANT bei der Einführung von BFS80 bei der Deutschen Reichsbahn ist das frühere VEB
Funkwerk
Kölleda, das nach Unterzeichnung
des Einigungsvertrages in Funkwerk Kölleda GmbH umgewandelt wurde und zu dessen Produktprogramm auch Wechselsprechanlagen und Zugfunk gehören, besonders geeignet. Das Funkwerk Kölleda belieferte die Deutsche Reichsbahn vor allem mit Zugfunkeinrichtungen und zentralen Betriebswechselsprechanlagen. Diese Erzeugnisse wurden auch in osteuropäische Länder exportiert. Die Zusammenarbeit zwischen der ANT Nachrichtentechnik GmbH und der Funkwerk Kölleda GmbH wurde vertraglich abgesichert: Ein Nachbau-Lizenz-
rahmenvertrag beschreibt die Modalitäten des Know-how-Transfers für die neue
Technik. Als Teil dieses Vertrags wurde ein Lizenzabkommen für BF80 abgeschlossen. Schließlich bildet ein Vertriebsvertrag die Grundlage für den Verkauf von BF80-Systemen und digitaler Nachrichtentechnik an Bahn- und andere
Verkehrsverwaltungen.
Die Ingenieure des Funkwerks Kölleda besitzen hervorragende Kenntnisse in moderner Nachrichtentechnik.
Zusätzliches Wissen, insbesondere auf den Ge-
293
bieten Gerätetechnik und Projektierung von Nachrichtensystemen, aber auch in
der marktorientierten Kundenbetreuung wurde ihnen in Schulungsveranstaltungen vermittelt, die ANT organisiert hatte. So bietet sich die Zusammenarbeit auch bei anderen künftigen Projekten an. Der Aufbau moderner Kommunikationsnetze wie bei der Deutschen Reichsbahn ist auch bei anderen Verkehrsbehörden wie Wasserstraßen- und Autobahnämter in den neuen Bundesländern erforderlich. Diese Behörden werden beim Ausbau
des föderalen Systems in den neuen Bundesländern entstehen und dann auch ihre Fernmeldenetze neu konzipieren. ANT und das Funkwerk Kölleda stehen ihnen als leistungsfähige Partner zur Verfügung.
Geräte und Systeme für den privaten Kunden Ist ANT einer der wenigen Anbieter von Kommunikationstechnik mit einem vollständigen Programm von Systemen und Geräten zum Aufbau öffentlicher Fernmeldenetze, so entwickelt, fertigt, installiert, wartet, verkauft und vermietet die Bosch-Tochtergesellschaft Telenorma GmbH vor allem Systeme und Endge-
räte für den privaten Nutzer von Kommunikationsnetzen. Die Programme beider Unternehmen ergänzen sich also - Kommunikationstechnik aus einer Hand. Bis 1949 war die Frankfurter Telenorma GmbH (damals Telefonbau und Normalzeit Lehner & Co) mit Vertriebsniederlassungen und Technischen Büros in elf Städten auf dem Gebiet der neuen Bundesländer vertreten, beschäftigte dort zuletzt 2300 Mitarbeiter. Vorrangiges Ziel nach Öffnung der Grenzen war der Neuaufbau einer flächendeckenden Vertriebs- und Kundendienstorganisation. Im März 1990 schloß Telenorma mit dem damaligen VEB Nachrichtenanlagenbau Leipzig (NAL) einen Kooperationsvertrag. NAL besaß Vertriebsniederlassungen in Erfurt, Plauen und Suhl und verfügte über gut ausgebildete technische
Fachkräfte.
Kundennähe von Rostock bis Dresden
Telenorma stellte dem Kooperationspartner Montageausrüstung, Fahrzeuge und
Datenverarbeitungssysteme zur Verfügung, unterstützte die Gründung von weiteren Geschäftsstellen in Cottbus, Dresden, Neubrandenburg und Rostock und machte die Mitarbeiter mit westlichem Know-how vertraut: Innerhalb weniger
Monate lernten mehr als 350 NAL-Mitarbeiter in Produktschulungen und Montageeinsätzen in Westdeutschland die Kommunikationstechnik der neuesten Generation kennen.
Schritt für Schritt paßte NAL Telecom ihre Strukturen den veränderten Marktanforderungen an. Der Ausbau der Vertriebs- und Serviceorganisation über die
heutigen Bundesländer Sachsen und Thüringen hinaus wurde fortgesetzt, die Zahl der Geschäftsstellen noch 1990 durch Neugründungen in Ost-Berlin, Chem-
294
nitz und Magdeburg auf elf erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 1991 kamen
Frankfurt (Oder), Gera, Halle und Schwerin hinzu.
Die Kooperationsvereinbarungen ermöglichten der inzwischen in „NAL Telecom GmbH“ umbenannten Firma rasch, moderne Erzeugnisse der privaten Kommunikationstechnik zu vertreiben. Nach Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion im Juli 1990 verstärkte die NAL Telecom den Vertrieb von Kommunikationsanlagen, Telefaxgeräten, aber auch Notruf- und Brandmeldeanlagen, Zeitwirtschafts- und Zeitdienstsystemen von Telenorma. Gefragt waren
anfangs vor allem kleine und mittlere Telefonanlagen mit bis zu 400 Anschlüssen. Zu den Kunden
gehörten
Handwerksbetriebe
ebenso wie Großunternehmen,
kommunale Behörden und die ehemalige Staatsbank.
Vermietungsgeschäft schont Liquidität
Mehr als 2000 Aufträge gingen bis zum Jahresende 1990 ein und sind zum großen Teil bereits ausgeführt. Eine dominierende Rolle spielte dabei das Vermietungsgeschäft. Diese Vertriebsmethode ist für die derzeitigen Verhältnisse in den neuen Bundesländern geradezu maßgeschneidert, weil sie die Liquidität der Betriebe weniger beansprucht als der Kauf. Traditionell verfügt Telenorma über große Erfahrungen auf diesem Gebiet. Fast 40 Prozent der gesamten Umsatzerlöse von Telenorma sind Einnahmen aus Miete und Wartung. Zu den herausragenden Aufträgen der ersten Monate gehören beispielsweise Kommunikationsnetze für eine große Geschäftsbank in Dresden und für die Stadt Gera, Nebenstellenanlagen mit einigen hundert Anschlüssen für ein OstBerliner Druck- und Verlagshaus, für ein Werftunternehmen in Rostock und für ein großes Hotel in Ost-Berlin. Für westdeutsche Auftraggeber werden derzeit
500 Geschäftsstellen einer Krankenkasse und mehr als 100 Bankfilialen mit Telefonanlagen ausgestattet. Im Bereich der elektronischen Sicherheitstechnik wurden Verträge zum Aufbau von Polizei-Notrufnetzen in mehr als 60 Städten abgeschlossen.
Tochtergesellschaft in Leipzig NAL Telecom und Telenorma wuchsen immer enger zusammen. Im Dezember 1990 vereinbarte Telenorma mit der Treuhandanstalt die Übernahme der NAL Telecom rückwirkend zum 1. November 1990. Damit legte Telenorma den
Grundstein für die Rückgewinnung der früheren Marktstellung auf dem Gebiet der neuen Bundesländer. Unter dem neuen Firmennamen Telenorma Leipzig GmbH
installiert, wartet,
verkauft und vermietet die TN-Tochtergesellschaft
nachrichtentechnische Anlagen. In den nächsten fünf Jahren beabsichtigt Telenorma Leipzig, 70 Millionen DM in Sachanlagen und 140 Millionen DM in Mietanlagen investieren. Bei den Auftragseingängen und beim Umsatz werden hohe zweistellige Zuwachsraten erwartet.
295
Neben dem Aufbau eines Direktvertriebs schlug Telenorma in den neuen Bundesländern frühzeitig einen weiteren Absatzweg ein, nämlich den Vertrieb über Vertragshändler. Auf den europäischen Kommunikationsmärkten spielt dieser Vertriebsweg eine bedeutende Rolle: Selbständige mittelständische Elektroinstallateure mit qualifiziertem Fachpersonal installieren und warten Kommunikationserzeugnisse von Telenorma und vermitteln Mietverträge. Ihr Aktionsgebiet liegt vor allem im regionalen Umfeld der großen Städte. Um in den neuen Bundesländern diesen teils neu gegründeten Betrieben den Start zu erleichtern, wurden sie mit Fahrzeugen, Montageausrü-
stungen sowie vertrieblichem und kaufmännischem Know-how auch ein Beitrag Unternehmen.
zur Unterstützung
und
Existenzgründung
ausgestattet —
mittelständischer
Wachstumsmarkt ersten Ranges
Die Startposition für die Telenorma Leipzig ist ausgesprochen gut. Bereits wenige Eckwerte des Telekommunikationsmarktes zeigen, daß es sich um einen
Wachstumsmarkt ersten Ranges und damit um einen Motor für den wirtschaftli-
chen Aufschwung handelt.
Ende 1989 gab es im Gebiet der neuen Bundesländer insgesamt 1,8 Millionen Fernsprechanschlüsse, das sind etwa zehn Telefone auf einhundert Einwohner
gegenüber 45 in Westdeutschland.
Lediglich 700000 dieser Anschlüsse dienten
der geschäftlichen Kommunikation. Die Zahl der Nebenstellenanlagen in elektromechanischer Technik (digitale Anlagen waren praktisch nicht vorhanden) betrug etwa 112.000, davon zwei Drittel mit nur einer Amtsleitung. Für die Textund Datenkommunikation standen etwa 20000 Telexanschlüsse und rund 5000 handvermittelte Datenanschlüsse zur Verfügung.
Kaum besser war die Situation im privaten Bereich. Nur jeder siebte Privathaushalt hatte einen Telefonanschluß - gegenüber einer fast vollständigen Ausstattung westdeutscher Wohnungen. Mehr als 1,3 Millionen Antragsteller warteten auf einen Anschluß, zum Teil seit vielen Jahren.
Die Einrichtungen im öffentlichen Telekommunikationsnetz, zu 70 Prozent älter als 30 Jahre, sind technisch überholt und unwirtschaftlich. Die Folgen: Warten auf Verbindungen, Fehlschaltungen, Unterbrechung von Telefongesprächen, störende Geräusche, mangelnde Übertragungsqualität. Die hohe Bit-Fehlerrate macht Fernmeldedienste wie Telefax und Datenübertragung nur eingeschränkt möglich. Auch die weit verbreiteten Zweieranschlüsse (65 Prozent aller An-
schlüsse) eignen sich nicht für die geschäftliche Kommunikation. Fehlende Leitungskapazitäten behindern zudem den internationalen Fernsprechverkehr,
insbesondere aber auch die Kommunikation zwischen den neuen und den alten Bundesländern.
296
Bezieht man die gesamte Ausstattung an Kommunikationsmitteln auf die Einwohnerzahl und mißt diese Zahl am Versorgungsgrad in Westdeutschland, ergibt sich folgendes Marktpotential: — rund 200000 Telefon-Nebenstellenanlagen zuzüglich eines Ersatzbedarfs für etwa 100000 veraltete Anlagen, — mehr als sieben Millionen Telefonanschlüsse, — 250000 bis 350000 Telefaxanschlüsse, — 150000 bis 200000 Datenanschlüsse, — 60000 Btx-Anschlüsse, — 300000 Mobilfunkanschlüsse, — 68000 Münz- und Kartentelefone,
—- 20000 Telexanschlüsse zuzüglich Ersatzbeschaffung. Für Telenorma als Anbieter Privater Kommunikationstechnik ist vorrangiges Ziel, möglichst rasch einen wirksamen Beitrag zur Verbesserung der geschäftlichen Kommunikation zu leisten. Die Grundfunktion des Telefonierens steht zunächst im Vordergrund, der Einsatz moderner Technik enthält jedoch die Option auf spätere Nutzung aller weiteren Leistungsmerkmale. Zielgruppe für Telenorma ist vor allem der Mittelstand. Die politisch nicht mehr behinderte Gründung und Vergrößerung mittelständischer Betriebe, die Ent-
wicklung der bisher unterrepräsentierten freien Berufe, die Entflechtung der früheren Kombinate, die Verselbständigung lebensfähiger Einheiten aus Groß-
betrieben und das Entstehen völlig neuer Dienstleistungsberufe lassen in diesem Marktsegment die größten Wachstumschancen erwarten. Allein 1990 wurden in den neuen Bundesländern
280000 Betriebe gegründet.
Bei Wachstumsannah-
men von 10 bis 15 Prozent pro Jahr und einem zusätzlichen Erneuerungsbedarf von jährlich einem
Viertel der vorhandenen
Anlagen
schätzen Fachleute
den
Gesamtbedarf in den nächsten fünf Jahren auf mehr als 100 000 Nebenstellenan-
lagen.
Die Bedeutung der Telekommunikation geht jedoch weit über das hinaus, was sich mit Marktanteilen, Wachstumsraten, Arbeitsplätzen und Leistungsmerkmalen
messen
läßt.
Information
ist ein
Produktionsfaktor,
der
zu
technischem
Fortschritt und der Ausschöpfung großer Rationalisierungspotentiale und damit auch zur Veränderung gesellschaftlicher Strukturen führt. Struktureller Wandel wiederum ist eine wesentliche Antriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung.
Auch im fließenden Verkehr überall erreichbar
Das Bedürfnis, immer und überall erreichbar zu sein, wächst ebenso wie der
Wunsch, auf kürzestem Weg möglichst ohne Stockungen ein Fahrtziel zu erreichen und somit auch das Straßennetz besser zu nutzen. Der Bosch-Geschäftsbereich Mobile Kommunikation - ebenso wie die Öffentliche und die Private
Kommunikationstechnik Teil von Bosch Telecom - bietet ein breites Programm
297
Fernverkehr
Kleefeid
Hauptbahnhof 4
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Oststädt
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MORE NORM CoOE -
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Bild 11.6: Der „Travelpilot“ von Bosch ermöglicht die schnelle Orientierung in fremden Städten. Gestützt auf Radsensoren, einen Kompaß und auf CompactDisc abgespeicherter
Straßenkarten, weist ein Bildschirm dem Fahrer den kürzesten Weg zum Ziel
298
von Geräten und Systemen, die der Information des Autofahrers, der mobilen
Nachrichtenübermittlung und der Verkehrsbeeinflussung dienen. Dieser Ge-
schäftsbereich bildet die Nahtstelle der beiden Bosch-Arbeitsgebiete Kraftfahrzeugausrüstung und Kommunikationstechnik und nutzt bei seiner Entwicklungsarbeit systematisch die großen Erfahrungen in beiden Bereichen.
Im Sommer 1989 hat Bosch den „Travelpilot“ auf den Markt gebracht, ein Navigationssystem, das Autofahrern zu einer eindeutigen Orientierung auf fremden Straßen verhilft (Bild 11.6). Es arbeitet mit Radsensoren und Kompaß, gestützt durch eine digitalisierte Straßenkarte auf einer CompactDisc. Die eigene
Position und das Ziel werden auf dem Bildschirm am Armaturenbrett angezeigt.
Vom „Travelpilot“ läßt sich in Zukunft gleichermaßen eine Brücke zum Autotelefon wie auch zum Autoradio schlagen. Einerseits können die Ortungsdaten per Funk übertragen werden, so daß zum Beispiel ein Paketdienst die Positionen seiner Fahrer ständig auf einem Großbildschirm verfolgen und ihm Zielanwei-
sungen geben kann. Andererseits können vom Autoradio Verkehrsdaten einge-
speist werden, so daß der „Travelpilot“ zum Beispiel Staus und Umleitungsempfehlungen anzeigen kann - eine neue wirksame Variante für die Verbesserung des Straßenverkehrs. Dafür ist Anfang 1991 ein Großversuch im Raum Köln angelaufen, unter Federführung des Bosch-Geschäftsbereichs Mobile Kommunikation.
Jedes zweite Funkgerät von Bosch Telecom
Bosch-Funkgeräte haben sich weltweit bewährt im industriellen und gewerbli-
chen Bereich, ebenso bei Behörden und öffentlichen Dienststellen wie Polizei, Feuerwehr und kommunalen Verkehrsbetrieben. In den alten Bundesländern
stammt jedes zweite gewerblich genutzte Funkgerät von Bosch.
Die Produktprogramme von Bosch für Betriebsfunk werden derzeit um Interface- und Adapterbausteine erweitert, damit vorhandene Funkgeräte aus der ehemaligen DDR-Produktion mit neuen Bedienteilen von Bosch ausgestattet werden können. So lassen sich moderne Signalisierungen und Bedienfunktionen realisieren, ohne daß völlig neue Funkgeräte beschafft werden müssen. Der Geschäftsbereich Mobile Kommunikation hat seine Stärke nicht nur im konventionellen Betriebsfunk. Er ist auch an dessen Fortentwicklung maßgeblich beteiligt, nämlich am gleichermaßen frequenz- und kostensparenden Bündelfunk. Bosch Telecom stellt dafür mikroprozessorgesteuerte Hand-und Kraftfahrzeug-Funkgeräte her und hat 1990 im Raum Hamburg eines der ersten Bündelfunknetze der Deutschen Bundespost Telekom aufgebaut. An solche Netze können sich private Kunden - etwa Handwerksbetriebe mit Servicefahrzeugen — anschließen, die keine eigene Funkstation aufbauen wollen. Die Technik gewährleistet, daß der Funkverkehr immer nur gezielt zwischen den angewählten Teilnehmern verläuft.
299
Europaweit mobil telefonieren Mobiltelefone nutzen die moderne zellulare Funktechnik. In den alten Bundesländern stammt jedes fünfte an das bestehende C-Netz angeschlossene Mobiltelefon von Bosch Telecom. Zahlreiche Geräte sind auch in den neuen Bundeslän-
dern im Einsatz, seitdem die Deutsche Bundespost dort ein C-Netz aufgebaut hat.
Am Aufbau des neuen digitalen Mobilfunknetzes in Europa - in Deutschland
betreiben die Deutsche Bundespost Telekom das D1-Netz und die Mannesmann
Mobilfunk GmbH das D2-Netz - ist Bosch Telecom maßgeblich beteiligt. Im Rahmen eines Konsortiums entwickelt und liefert Bosch Telecom wesentliche Einrichtungen für die Infrastruktur des europaweit einheitlichen Mobiltelefon-
netzes der Zukunft. Zu den Systemkomponenten von Bosch gehören Funkvermittlungsstellen ebenso wie Funkfeststationen. Um einen störungsfreien und
mithörsicheren Betrieb der digitalen Mobiltelefone im 900-MHz-Bereich praxisnah prüfen zu können, hat Bosch eine Testmobilstation entwickelt und erprobt.
Für die Netze
DI
und D2 bietet Bosch
drei Varianten
von Endgeräten:
das
CarTel D für den Festeinbau im Fahrzeug, das tragbare Modell PorTel D und das
Handtelefon HandTel D. Dieses Handtelefon wiegt weniger als 600 Gramm. Langfristig wird jedes zweite D-Netz-Endgerät ein solches Handtelefon sein.
Eine Schlüsselrolle bei der Einführung der Mobilfunkdienste im D-Netz werden
kompetente Handelspartner haben, die den Kunden einen umfassenden Service anbieten: Beratung, Einbau und Kundendienst der Geräte, aber auch die reibungslose monatliche Gebührenabrechnung. Bosch hat mit beiden Netzbetreibern, der Deutschen Bundespost Telekom und der Mannesmann Mobilfunk GmbH, einen Vertrag als Diensteanbieter abgeschlossen. Die Tätigkeit wird
durch die Anfang des Jahres gegründete Bosch Telecom Service GmbH wahrgenommen.
Bosch kann sich dabei auf seine umfassende Vertriebs- und Kundendienstorganisation stützen. Dazu gehören allein in der alten Bundesrepublik mehr als 820 Bosch-Dienste - rechtlich selbständige, aber mit dem Unternehmen verbundene Firmen;
auf dem
Gebiet der neuen Bundesländer wird es bis Jahresende 1991
etwa 200 Bosch-Dienste geben. Diese Vertriebs- und Kundendienstorganisation ist auch bisher schon - neben dem Tätigkeitsschwerpunkt Service für Kraftfahrzeugausrüstung-auf dem Sektor Kommunikationstechnik tätig, zum Beispiel bei Autoradios, Funkgeräten und Funktelefonen. Bosch Telecom kann daher mit diesen Partnern einen wesentlichen Beitrag dazu liefern, auch auf diesem Gebiet das Kommunikationsnetz in den neuen Bundesländern enger zu knüpfen. Der Geschäftsbereich
Mobile
Kommunikation
bietet außerdem
Systeme
und
Komponenten für den Funkruf an, für den öffentlichen Cityruf ebenso wie für den privaten Personenruf. Ferner wurde der sogenannte Hausnotruf entwickelt — eine Technik,
handhabende können. 300
mit der alte und kranke Menschen
im Ernstfall eine einfach zu
und schnelle Verbindung zu einer Rettungsleitstelle herstellen
Fernsehprogramme per Satellit
Ein weiteres Erzeugnisgebiet von Bosch Telecom ist die Breitbandkommunika-
tion. Dazu gehören Systeme und Geräte für öffentliche und private Kabelfern-
sehnetze sowie Satelliten-Empfangsanlagen. Bosch hatte 1990 zunächst Ortsteile von Görlitz an ein 450-MHz-Breitbandkommunikations-System angeschlossen. Diese Anlage überträgt 14 Fernseh- und 13 Hörfunkprogramme sowie bis zu 16 Programme
des digitalen Rundfunks,
die terrestrisch und von
drei Satelliten
empfangen werden. Bis August 1991 wurden Verträge über Kabelanschlüsse für rund 250 000 Wohnungen in den neuen Bundesländern abgeschlossen, von denen bereits ein Großteil realisiert ist. Weil bei der Installation der Anlage das lokale
Handwerk eingeschaltet war, wurden an diesen Orten Arbeitsplätze gesichert beziehungsweise neue geschaffen.
Kommunikationstechnik als wirtschaftlicher Schrittmacher
Kommunikation
ist Voraussetzung
gesellschaftlichen
Zusammenlebens.
Aus-
tausch und Verarbeitung von Informationen durch Kommunikations- und Informationstechnik sind in modernen Industriegesellschaften von grundlegender Bedeutung. Die Dynamik des technischen Fortschritts gerade auf diesem Gebiet
bestimmt in wachsendem Umfang das Wirtschafts- und Arbeitsleben und setzt sich bis in den privaten Bereich hinein fort. Bei den elektronischen Erzeugnissen sagen Fachleute den KommunikationsEndgeräten die größten Wachstumschancen voraus. Nach Großbritannien und Frankreich steht seit Jahresmitte 1990 auch in Deutschland der Vertrieb und Anschluß von Telefonapparaten dem Wettbewerb offen. Die Vorteile des liberalisierten Marktes kommen zuallererst den Verbrauchern zugute. Experten rechnen damit, daß die Marktpreise weiter sinken werden und sich die Zahl der
verkauften Telefone verdoppeln wird. Hinzu kommt der große Nachholbedarf in
den neuen Bundesländern. Öffentliche Netztechnik und Mobilfunk sind weitere Wachstumsmotoren. Die EG-Kommission rechnet damit, daß die Entwicklung im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnik in den nächsten Jahren
mit
allgemeinen
sieben
bis acht
Prozent jährlichem
Wirtschaftsentwicklung
der
Wachstum
Europäischen
deutlich
über
Gemeinschaft
der
liegen
wird. Im EG-Binnenmarkt, zu dem jetzt auch die neuen Bundesländer gehören,
werden im Jahr 2000 mehr als 55 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik finden.
301
Die Autoren
Dipl.-Ing. Eckart Auer Fachbereichsleiter in der Generaldirektion Deutsche Bundespost Telekom Dipl.-Ing. Rainer Bark Referent in der Hauptabteilung Netze im Fernmeldetechnischen Zentralamt Deutsche Bundespost Telekom Dipl.-Phys. Dieter Gallist Mitglied des Vorstands Deutsche Bundespost Telekom Dipl.-Ing. Norbert Gawron Hauptabteilungsleiter Netze im Fernmeldetechnischen Zentralamt Deutsche Bundespost Telekom Dr. Erwin Hardt Mitglied des Vorstands Siemens AG Dipl.-Ing. Wolfgang Hummel Referatsleiter für Netzgestaltung im Fernmeldetechnischen Zentralamt Dipl.-Ing. Klaus Müller Geschäftsführer Deutsche Fernkabel-Gesellschaft mbH Dipl.-Ing. Hans Dieter Reichardt Referent in der Projektleitung Turn-Key, Deutsche Bundespost Telekom Werner Schmücking
Mitglied des Bereichsvorstandes Private Kommunikationssysteme Siemens AG Dipl.-Ing. Helmut Schön Mitglied des Vorstands Deutsche Bundespost Telekom Dipl.-Ing. Gerd Tenzer Mitglied des Vorstands Deutsche Bundespost Telekom und Beauftragter für die Fusion der Telekom West und Ost im Jahre 1990 Dr.-Ing. Heinz Thielmann Mitglied des Vorstandes der Philips Kommunikations Industrie AG Dr. Heinz Uhlig Von Januar bis September
1990
Leiter
der
Generaldirektion
Telekom
Deutschen Post und Fusionsbeauftragter der damaligen Deutschen Post Dr. Herbert Weber
der
Leiter des Unternehmensbereichs Bosch Telecom und Mitglied der Geschäfts-
führung Robert Bosch GmbH Dipl.-Betrw. Matthias Weber Geschäftsbereichsleiter in der Generaldirektion Deutsche Bundespost Telekom
303
Prof. Dr. Dres. h.c. Eberhard Witte Universität München, ehem. Vorsitzender der Regierungskommission meldewesen Prof. Dr. Dipl.-Ing. Gerhard Zeidler Vorstandsvorsitzender Standard Elektrik Lorenz AG
304
Fern-
Netze und Dienste der
Deutschen Bundespost TELEKOM
Die Entwicklung der Telekommunikation findet in immer stärkerem Maße das Interesse der Öffentlichkeit. Das vorliegende Werk beschreibt das Telekommunikationsnetz und die Telekommunikationsdienste der Deutschen Bundespost TELEKOM. Das Übertragungsnetz wird durch Ausführungen zum Fernmeldeliniennetz, zur Übertragungstechnik und zu Übertragungsmedien ausführlich beschrieben. Insbesondere werden die Digitalisierung und der Einsatz von Glasfaser und Satelliten erläutert. Das Verfahren zur Bereitstellung von Übertragungswegen wird angegeben und die Maßnahmen zur Sicherstellung der Dienstgüte im Leistungsnetz werden dargelegt. Eine Darstellung der Breitbandverteilnetze und die Digitalisierung der Vermittlungstechnik gehören ebenso zum Abschnitt „Telekommunikationsnetz” wie die Weiterentwicklung der digitalen Vermittlungstechnik im ISDN. Die zahlreichen Telekommunikationsdienste (Telefondienst, Textdienste, Datenübermittlungsdienst usw.) werden vorgestellt. Dabei wird auf die möglichen Telekommunikationsdienste im ISDN ebenso eingegangen wie auf den Breitbandverteildienst und den Übermittlungsdienst für Ton- und Fernsehsignale. Ein weiterer Abschnitt des Buches befaßt sich mit den vielfältigen Möglichkeiten der BreitbandIndividualkommunikation. Das Werk schließt mit Ausführungen zu den Endeinrichtungen für die einzelnen Dienste.
Netze
und Dienste
der
Deutschen Bundespost
TELEKOM
Herausgegeben von Albert Albensöder. 2., vollständig neubearbeitete und erweiterte Auflage. 1990. 216 Seiten. Kartoniert. DM 34,— ISBN 3-7685-4189-4
R. v. Decker’s Verlag, G.Schenck
Im Weiher 10 - Postfach 102640
- 6900 Heidelberg 1
©8 &S 2Ss
net-Buch Telekommunikation Schriftenreihe
der Zeitschrift für angewandte
Telekommunikation net
Herausgegeben von Prof. Dr. Wernhard Möschel, Prof. Dr.-Ing. Karl-Ludwig Plank, Dr. Eckhart Raubold, Prof. Dr. Dietrich Seibt, Prof. Dr. Carl Christian von Weizsäcker
und Prof. Dr. Dres. h.c. Eberhard Witte.
Innerbetriebliche Telekommunikation
Praktische Empfehlungen und Anwender-Lösungen ISDN im Inhaus-Bereich
für die wirtschaftliche Nutzung von
von Knut Bahr (Hrsg.)
1991. XI, 108 Seiten, 41 Abbildungen, kartoniert, DM 32,- ISBN 3-7685-2890-1 Das vorliegende Buch wurde von einer Fachgruppe der Informationstechnischen Gesellschaft (ITG) im VDE erarbeitet. Die Mitglieder sind Anwender aus der Wirtschaft, Mitarbeiter von Firmen der Telekommunikationsindustrie, aus dem Bereich der Forschung und der Arbeitswirtschaft und Organisation. Es wendet sich an geschäftliche und gewerbliche Anwender von Telekommunikationsdiensten, insbesondere den Mittelstand und das Kleinge-
werbe, aber auch an Hersteller und Lieferanten von Endgeräten und Inhaus-
Systemen. Ausgehend von der heute gegebenen kommunikationstechnischen Praxis wird auf qualitative Kosten/Nutzengewinne, die sich für den Anwender
aus einem ISDN im öffentlichen und privaten Bereich ergeben können, hingewiesen. Das Buch
@ gibt Beispiele dafür an, wie heute übliche kommerzielle Anwendungen und Inhausnetze aus ISDN Vorteile ziehen können bzw. sich daran anpassen lassen; © macht Vorschläge für einen Einstieg in neue ISDN-Anwendungen im Inhausbereich, primär bei Kleinanwendern, die bisher kein Inhausnetz betreiben;
R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck
Postfach 102640 - Im Weiher 10 - W-6900 Heidelberg 1
0320834
© zeigt Möglichkeiten des Zusammenwirkens von Inhausnetzen und öffentlichen ISDN (und zwar aus Anwendungssicht und unabhängig von einzelnen Herstellerlösungen) und der Kopplung einzelner, lokaler Inhausnetze über ein öffentliches ISDN auf.
CCITT-Empfehlungen der I-Serie: ISDN Das diensteintegrierende digitale Fernmeldenetz
Herausgegeben von Joachim Claus.
Übersetzt von Horst E. v. Renouard und Joachim Claus.
Loseblattwerk lieferung
mit
im
den
Ordner.
Technik der
Telekommun!
kation (PTKom)
Grund-
Empfehlungen
1.100 - 1.257. Ca. 450 Seiten. DM 148,—. Seitenpreis der Ergänzungslieferungen DM -,2. ISBN 3-7685-3560-6
ISDN: CCITT-Standards
als Loseblattwerk
R.v. Decker’s Verlag, G. Schenck Im Weiher 10 : Postfach 10 2640 - W-6900 Heidelberg 1
0318791
Die CCITT-Empfehlungen 1.100 bis 1.257 liegen bereits vor, die Serien 1.300, 1.400, 1.500 und 1.600 werden in rascher Folge nachgeliefert. Alle neuen Empfehlungen werden nach ihrer Verabschiedung übersetzt. Durch Ergänzungslieferungen wird das Werk ständig aktualisiert.
TELEKOMMUNIKATION Aus der Geschichte in die Zukunft
Der Bildband „Telekommunikation Aus der Geschichte in die Zukunft“ spannt einen Bogen von den Anfängen dertechnischen Kommunikation im Altertum bis in unsere heutige Zeit. Man erfährt von den Leistungen und vom Schicksal der frühen Erfinder, von den Pioniertaten
der
weltumspannenden
Kommunikation und von der Rolle der
Fernmeldeverwaltungen für den Ausbau der Netze und die Einführung neuer Dienste. Bei der Darstellung des technischen Fortschritts geht es dem Autor vor allem
auch
darum,
Auswirkungen
auf
wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge aufzuzeigen.
DAS BUCH IM SPIEGEL DER PRESSE: ...es ist brandaktuell, beinhaltet ISDN oder den digitalen Mobilfunk, Satellitenkommunikation und Glasfaserkabel, Telefax oder Cityruf, die Forschung im Bereich des Bildtelefons oder die Strukturreform der Post. ... Es ist interessant und kenntnisreich geschrieben, überrascht in der Fülle seines Bildmaterials und dessen Druckqualität. ...Es hat als Sachbuch für ein großes Publikum einen attrakiven Preis. Bosch-Zünder 2/91 Wer
wissen
möchte,
was
Telekommu-
nikation war und was sie ist, der muß einfach zu diesem Bildband greifen. ... Ein schönes, ein unterhaltsames, ein \ flüssig geschriebenes und geradezu lu, xuriös illustriertes Buch, dem es sogar am letzten Baustein zum Bestseller nicht mangelt: einem günstigen Preis! Funk 7/91
1990. 240 Seiten mit zahlreichen, meist
farbigen Abbildungen. Gebunden. DM 54,- ISBN 3-7685-0990-7
...Die zahlreichen Farbbilder sind gut ausgewählt und hervorragend wiedergegeben. Allein dadurch ist der Bildband auch als Geschenk für interessierte Techniker zu empfehlen.
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ZPT 2/91
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Telekommunikation Aus der Geschichte in die Zukunft Von Michael Reuter.
Forum Telekommunikation bei R.v. Decker