Tagebücher: 1930 bis 1934 9783050061139, 9783050038421

Carl Schmitt (1888-1985) ist ein berühmter Jurist und politischer Denker des 20. Jahrhunderts, gleichermaßen umstritten

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German Pages 531 [532] Year 2010

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Tagebücher: 1930 bis 1934
 9783050061139, 9783050038421

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Carl Schmitt Tagebücher 1930-1934

Carl Schmitt Tagebücher 1930-1934

Herausgegeben von Wolfgang Schuller in Zusammenarbeit mit Gerd Giesler

Akademie Verlag

ISBN 978-3-05-003842-1 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2010 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Satz: Werksatz Schmidt & Schulz, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany

Inhalt Editorisches Vorwort Abkürzungen

VII XI

TAGEBÜCHER 1930 BIS 1934 Tagebuch Tagebuch Tagebuch Tagebuch Tagebuch

1930 1931 1932 1933 1934

3 75 162 249 316

Taschenkalender 1. Januar bis September 1934

334

Paralleltagebücher 1. Paralleltagebuch 2. Paralleltagebuch 3. Paralleltagebuch

355 399 446

ANHANG Nachwort Berliner Wohnungen der Familie von 1930 bis 1947 Verzeichnis der Lehrveranstaltungen Liste der Diplomprüfungen Dokumente und Abbildungen Literaturverzeichnis Abbildungsnachweis Register

457 468 468 470 471 488 496 497

Editorisches Vorwort Carl Schmitts Tagebuchaufzeichnungen aus den Jahren 1930 bis 1934 sind in drei verschiedenen Formen erhalten: Erstens das eigentliche Tagebuch - hier gelegentlich „Haupttagebuch" genannt - , bestehend zumeist aus zusammengehefteten Seiten mit fortlaufenden, wenn auch nicht lückenlosen Eintragungen und zum geringeren Teil aus bloßen Notizen in Taschenkalender; zweitens ein mit dem Haupttagebuch gleichlaufender Taschenkalender für die ersten acht Monate 1934; drittens Hefte mit weiteren, gelegentlich weit über das Jahr 1934 hinausgehenden datierten Aufzeichnungen in nicht chronologischer Reihenfolge sowie mit zahlreichen wörtlichen Zitaten aus allen Gebieten der Weltliteratur, sie werden hier „Paralleltagebücher" genannt. 1 Die Eintragungen sind fast ausschließlich in der heute kaum noch gekannten Gabeisberger Stenografie abgefasst und weisen zudem individuelle Besonderheiten auf, so dass die verlässliche Transkription auf große Schwierigkeiten stößt. Hans Gebhardt gebührt das große Verdienst, diese schwierige Entzifferungsarbeit mit größtmöglicher Gewissenhaftigkeit und nie erlahmendem Engagement geleistet zu haben, so dass die hier gebotene Edition an die Stelle aller bisher erschienenen Teil-Wiedergaben tritt 2 . Zudem erforderte es gerade die Genauigkeit im Hinblick auf den teilweise brisanten Inhalt, den Ehrgeiz, einen möglichst vollständigen Text zu bieten, dergestalt zu zügeln, dass bei unsicheren Lesungen die jeweiligen Stellen eher als nicht deutbar gekennzeichnet wurden, als dass möglicherweise ein irreführender Wortlaut publiziert würde. Das betrifft vor allem Personennamen. 3 Während sonst die Sprache selbst den Kontext darstellt, in dem Wörter gelesen oder entziffert werden können, haben Namen in den meisten Fällen eine eigene Identität, die Schlüsse, Analogien oder Vergleiche unmöglich macht, so dass es hier besonders zu Fehllesungen kommen kann. Daher mussten nicht wenige Namen als nur provisorisch gelesen gekennzeichnet werden und in vielen Fällen wegen zu großer Unsicherheit unerläutert bleiben.

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Die Tagebücher befinden sich im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland. Das Haupttagebuch hat die Signatur R W 265-21640, der Taschenkalender R W 265-19705, die Signaturen der Paralleltagebücher werden am Beginn der Übertragung genannt. In der Literatur zu Carl Schmitt, z.B. bei Noack 1993, S. 1 5 6 - 1 6 1 , sind die Tagebuch-Eintragungen für Ende Januar 1933 in einem Wortlaut wiedergegeben, der zahlreiche nur vermutungsweise vorgenommene Formulierungen (Konjekturen) enthält, die im Original nicht enthalten sind. Zu diesem Problem siehe Schmitt im Gespräch mit Groh/Figge bei Hertweck/Kisoudis 2010, Kap. 6.

Vili

Editorisches Vorwort

Hinzu kommt schließlich, dass nicht weniges deshalb unerklärt bleiben musste, weil die betreffenden Unterlagen in den verschiedenen Katastrophen, die über Mitteleuropa im 20. Jahrhundert hinweggegangen sind, vernichtet wurden. Die Edition ist eine Leseausgabe, keine textkritische Ausgabe im technischen Sinne. Das bedeutet unter anderem, dass die Datumsangaben vereinheitlicht und dass die Monatsangaben einheitlich hervorgehoben sowie dass Eigennamen gegebenenfalls in berichtigter Fassung wiedergegeben wurden. Titel von Texten, Gedichten, Theaterstücken, Filmen wurden in „Anführungsstriche" zitiert, wörtliche Zitate sind kursiv gedruckt, die Ubersetzungen von Fremdsprachlichem erscheinen ebenfalls in Anführungsstrichen. Bemerkungen des Herausgebers, zumeist hinsichtlich der Beschaffenheit des stenografischen Textes, erscheinen im laufenden Text in , das Fehlen von Wörtern wegen unsicherer Lesungen wird durch gekennzeichnet, wobei ausdrücklich betont sei, dass Auslassungen nur aus diesen Gründen, nie aus inhaltlichen erfolgten; [eckige Klammern] kennzeichnen Zusätze (Emendationen). Die Erläuterungen von Namen, Sachverhalten, Ereignissen und Zitaten in den Fußnoten wurden so knapp wie möglich gehalten, nur in besonderen Fällen gelegentlich ausführlicher. Ephemeres sowie nur einmalig erwähnte Namen - wie etwa die der zahlreichen Studierenden - wurden dann unerläutert gelassen, wenn sie keine weitere Rolle spielten; dasselbe gilt für Einträge, deren Transkription wegen Unsicherheit mit gekennzeichnet wurde. Allerdings wurde großer Wert darauf gelegt, die Biographien der meisten Personen nach Möglichkeit auch über das Datum der jeweiligen Eintragung hinaus stichwortartig zu benennen: Für einen zeitgeschichtlichen Text gerade dieses Autors erschien es unabdingbar, die Lebensschicksale derer wenigstens anzudeuten, mit denen er Umgang hatte - demütigende Entlassungen, politische Prozesse, Emigrationen, Hinrichtungen und bloße Morde, Tod an der Front, in Lagern oder durch Bomben, Selbstmorde. Ein Buch wie das vorliegende bedurfte ungewöhnlich vieler Helfer. An erster Stelle muss zunächst und abermals Hans Gebhardt gedankt werden, ohne dessen kompetente und entsagungsvolle Entzifferungsarbeit der Text gar nicht existieren würde. Gerd Giesler leistete von dem Augenblick an, an dem er mir die Herausgabe des Buches vorschlug, unermüdliche Hilfe in einem Ausmaß, das insbesondere in der letzten Phase zu einer Mitherausgabe wurde; das Buch ist in großen Teilen von uns gemeinsam erarbeitet worden. Im Übrigen stellte das Buch eine solche Fülle von Aufgaben auf den unterschiedlichsten Gebieten im Großen wie im manchmal sehr Kleinen, dass den Institutionen und Personen, die geholfen haben, nur sehr knapp gedankt werden kann. Der Universität Konstanz, ihrer Bibliothek, meinem Nachfolger auf dem Lehrstuhl Ulrich Gotter und den Mitarbeitern des Lehrstuhls gebührt der erste Dank; ohne sie hätte das Buch nicht geschrieben werden können. Ebenso konstitutiv und dankenswert war die Hilfe des Nachlassverwalters Carl Schmitts, Jürgen Becker. Von den Institutionen ist natürlich das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf als erstes zu nennen, weiter das Archiv der Akademie der Künste Berlin, das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes Berlin, das Preußische Geheime Staatsarchiv Berlin, das Theaterarchiv des Stadtmuseums Berlin, der Club zu Bremen, das Archiv der Handelskammer Bremen, das Staatsarchiv Bremen, das Kammergericht Berlin, das Stadtarchiv Bremerhaven, das Institut für Zeitungsforschung Dortmund, das Stadtarchiv Geseke, der Übersee-Club Hamburg, das Weltwirtschaftsarchiv Hamburg, der Bundesgerichtshof Karlsruhe, das Unternehmensarchiv der BASF Ludwigs-

Editorisches Vorwort

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hafen, die Ostsee-Akademie Lübeck-Travemünde, das Landeshauptarchiv Merseburg, die Gemeinde Sta. Maria dell'Anima Rom, die Bibliotheca Hertziana Rom, das Goetheund Schiller-Archiv Weimar, die Botschaften Italiens und Rumäniens in Berlin, die Ostpreußische und Pommersche sowie die Landsmannschaft Weichsel-Warthe, die Universitätsarchive Berlin, Hamburg und Tübingen. Aber vor allem sind es zahlreiche Personen, die mir und uns geholfen haben - in so vielfältiger Weise, dass nichts anderes übrigbleibt, als in alphabetischer Reihenfolge zu nennen: Werner Allweiss, Harald Bluhm, Franz Xaver Brandmayr, Thomas Brose, Kai Burkhardt, Johannes von Carlowitz, Laurenz Demps, Horst Eckert, Benno Ennker, Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Karl-Heinz Fezer, Wolfgang Fietkau, Francesco Ghia, Gerhard Göhler, Jutta Götzmann, Ewald Grothe, Egbert von Hammerstein, Herbert Hömig, Elisabeth HöpkerHerberg, Peter Holtappeis, Ernst Hüsmert, Christa Jansohn, Ilona Kalb, Gerd-Ulrich Kapteiner, Rudolf Kassel, Gerhard Keiper, Dimitrios Kisoudis, Gotthard Klein, Hans Kloft, Eckart Krause, Henning von der Lancken, Detlef Liebs, Anna-Maria Gräfin von Lösch, Siegfried Lokatis, Günter Maschke, Reinhard Mehring, Hartmut Mehringer, Florian Meinel, Matthias Meusch, Ferdinand Moras, Octavian Nicolae, Ulrich Ott, Martin Otto, Alexander Patschovsky, Walter Pauly, Wolfram Pyta, Helmut Quaritsch, Horst Rabe, Andreas Raithel, Angela Reinthal, Henning Ritter, Rolf Riess, Jens Rüdiger, Felicitas Runte, Sabine Schäfer, Karl Schlögel, Peter Lebrecht Schmidt, Christoph Schuller, Dorothea Schuller, Johannes Schuller, Daniel Schulz, Florian Simon, Bernd Sösemann, Wolfgang Hariolf Spindler, Peter Stemmer, Patrice Stern-Schattat, Karlheinz Stierle, Mihály Szilágyi-Gál, Martin Tielke, Christian Tilitzki, Piet Tommissen, Elfriede Uner, Ulrich von Varnbüler, Udo von Vietinghoff, Vita von Wedel, Wolf Christian von Wedel Parlow, Peter Weiß, Wolfgang Werner, Tobias Wimbauer, Heinrich August Winkler, Susanne Zeilfelder. Konstanz, im Frühjahr 2010

Wolfgang Schuller

Abkürzungen AA ADGB AGB ao. AöR BNSDJ BT BVP DDP DHP DHV DJZ DNVP DStP DVP FN FU FWU FZ Hg., Hgg. HHB JW KWI MdL MdPrL MdR MNN NF NKFD NSDAP NSDJB NWDR OLG

Auswärtiges Amt Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Archiv für Geschichte des Buchwesens außerordentlicher Archiv des öffentlichen Rechts Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen Berliner Tageblatt Bayerische Volkspartei Deutsche Demokratische Partei Deutsche Hochschule für Politik Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband Deutsche Juristen-Zeitung Deutschnationale Volkspartei Deutsche Staatspartei Deutsche Volkspartei Fußnote Freie Universität Berlin Friedrich Wilhelms-Universität Berlin Frankfurter Zeitung Herausgeber Handels-Hochschule Berlin Juristische Wochenschrift Kaiser-Wilhelm-Institut Mitglied des Landtages Mitglied des Preussischen Landtages Mitglied des Reichstages Münchner Neueste Nachrichten Neue Folge Nationalkomitee Freies Deutschland Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei Nationalsozialistischer Deutscher Juristenbund Nordwestdeutscher Rundfunk Oberlandesgericht

XII OVG Pg. PL RGBl RM RV SA SD SS SS V.B., VB WRV WS

Abkürzungen Oberverwaltungsgericht Parteigenosse (der NSDAP) Patrologia Latina Reichsgesetzblatt Reichsmark Reichsverfassung Sturmabteilung (der NSDAP) Sicherheitsdienst (der SS) Schutzstaffel (der NSDAP) Sommersemester Völkischer Beobachter Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung) Wintersemester

Tagebücher 1930-1934

Tagebuch 1930 Januar Mit guten Vorsätzen begonnen in der Einsamkeit meines Zimmers in der Handelshochschule Berlin 4 nach einem unruhigen Tag (28. 1. 30). Mittwoch, 1. 1. 30 Den ganzen Tag ausgeruht und immer geschlafen, morgens keinen Kaffee. Mittags rief Paul Scheffer 5 an und lud mich f ü r den Abend ein. Ich fühlte, daß das respektlos war, nahm aber trotzdem an, traf dort seine Frau 6 , seinen Stiefsohn 7 und den Sekretär von Pechel 8 , G o r mann 9 . Nett unterhalten (c'est leur Westminster). Scheffer gefiel mir nicht mehr, er ist selbstgefällig und dick geworden, die Frau klug (sie fand, daß ich klarer spreche als er), trank viel Wein; einsam um 12 zu Fuß nach Hause. Donnerstag, 2 . 1 . 30-Freitag, 10.1. 30 In der Bibliothek gearbeitet, wie ein Student, glücklich und gelöst gelesen, den Vortrag 1 0 über Hugo Preuß 1 1 mit großem Eifer, aber unrichtig und unzufrieden vorbereitet. Guter Überblick über die Staatstheorie des 19. Jahrhunderts. Diktierte etwas.

Carl Schmitt war, von einem Ordinariat in Bonn kommend, vom Sommersemester 1928 bis zum Wintersemester 1932/33 einschließlich Ordinarius an der Handels-Hochschule Berlin; „HandelsHochschule 1956", die offizielle Geschichte, verschweigt ihn, er erscheint dort nur in einem Erlebnisbericht von Corina Sombart. 5 Paul Scheffer (1883-1963), 1933-1936 Chefredakteur des „Berliner Tageblattes", ging für das BT als Korrespondent in die USA, verunglückte 1942 und verblieb dort; seit Anfang der 1920er Jahre mit Schmitt bekannt. 6 Natalie Fürstin Wolkonsky. 7 Aus Frau Scheffers erster Ehe. 8 Rudolf Pechel (1882-1961), 1919-1941 und 1949-1961 Leiter der „Deutschen Rundschau". 9 Nicht ermittelt. 10 Zur Reichsgründungsfeier am 18. Januar; siehe dort. » Hugo Preuß (1860-1925), Professor für Öffentliches Recht, 1906-1918 Handelshochschule Berlin, danach in preußischer und Reichsregierung, Preußischer Landtag; schuf die Grundlagen der Weimarer Reichsverfassung. 4

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Januar 1930

Montag, 6 . 1 . 3 0 Abends Eschweiler 12 und Adams 1 3 zum Abendessen. Duschka 14 war sehr nett. Dienstag, 7 . 1 . 3 0 Anstrengender Tag. Mittags bei Popitz. 15 Abends todmüde. Mittwoch, 8. 1. 30 Vormittags gearbeitet, in großer Eile, nachmittags Senatssitzung, meinen Aufsatz korrigiert, um 1/4 7 Schmitz 16 und seine Frau abgeholt und mit ihnen zu uns gefahren, nett unterhalten, aber viel Zeit verloren. Kein Geld! Donnerstag, 9. 1. 30 Morgens um 9 kam Pohl 1 7 zum Frühstück, erzählte von der Berufung in Tübingen. Wir brachten ihn zum Auswärtigen Amt, mit Duschka Schneiderin, dann schnell zur Handelshochschule, bei den Attachés, 18 sehr nett. Schnell nach Hause. Fräulein Kraus 1 9 blieb zum Essen, verschluckte sich, ein Knochen im Hals, mußte zum Arzt, lächerliches Theater. Abends Seminar, schlechtes Referat. Gleich nach Hause, Vortrag korrigiert. Freitag, 10. 1. 30 Im Auto zur Redaktion der Neuen Rundschau, 20 traf den Redakteur nicht, hielt meine Vorlesung, dann wieder zur Neuen Rundschau in der Bülowstraße, gab mein Manuskript ab; deprimiert, weil es nicht im Februarheft erscheint. Der Redakteur Kayser, 21 ein scheußlicher Ostjude; sagte aber nichts; zum Anhalter Bahnhof, fuhr nach Halle zu Bil-

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Carl Eschweiler (1886-1936), Professor für katholische Theologie, ab 1928 an der staatlichen Philosophisch-Theologischen Akademie in Braunsberg, zeitweise Rektor. Paul Adams (1894-1961), Publizist, bis 1934 Redakteur bei der Zentrums-Zeitung „Germania", später beim Rundfunk und freiberuflich. Duschka Schmitt, geb. Todorovic (1903-1950), zweite Gattin Carl Schmitts. Johannes Popitz (1884-1945, hingerichtet), zahlreiche hohe Amter in der preußischen und Reichsregierung, zuletzt preußischer Finanzminister bis 1944. Arnold Schmitz (1893-1980) und seine Frau Annemarie, Musikwissenschaftler, ab 1921 Privatdozent in Bonn, seit dieser Zeit mit Schmitt befreundet, ab 1929 Professor in Breslau, 1946-1961 in Mainz. Heinrich Pohl (1893-1931), Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht in Greifswald, Rostock, Tübingen, Breslau. Schmitt hielt für die Hochschule für Politik in den drei Winterhalbjahren 1928/29, 1929/30 und 1929/30 im Auswärtigen Amt, Wilhelmstraße 74, Kurse für Anwärter des auswärtigen Dienstes zum Thema „Praktische Fragen des Verfassungs- und Verwaltungsrechts." Annie Kraus (1900-1991), zeitweise Schmitts Sekretärin, hielt sich als Jüdin während der NS-Herrschaft in Deutschland versteckt, vermittelte später wie auch Ernst Hüsmert die Versöhnung zwischen Georg Eisler und Carl Schmitt; siehe Mehring, Verlegerfamilie, S. 18. Berlin W 57, Bülowstraße 90. Rudolf Kayser (1889-1964), Journalist und Schriftsteller, Schwiegersohn Albert Einsteins. - Der Aufsatz erschien in der Neuen Rundschau 41, 1930, Bd. 1, S. 290-303 unter dem Titel „Hugo Preuss in der deutschen Staatslehre".

Januar 1930

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finger 22 ; traurig und deprimiert. Bei Bilfingers war es nett, war aber bedrückt. Wir gingen mit seiner Frau zu seinen Übungen in der Universität, sein Studentenleiter hielt ein Referat über Hugo Preuß, ich sprach nachher , anscheinend ein guter Erfolg. Mit Bilfinger nach Hause, zu Abend gegessen, wunderschönen Scharzhofberger getrunken, spät ins Bett. Samstag, 11. 1. 30 Vormittags das schöne Stilleben von Willem Kalf 23 besehen mit dem Geber-Reiter-Glas. Mit Bilfinger und seiner Frau spazierengegangen, nach dem Essen etwas ausgeruht. Nachmittags geplaudert, schöne Bilder besehen, abends wieder guter Wein, meinen Preuß-Vortrag vorgelesen, ohne großen Erfolg. Dann müde ins Bett. Sonntag, 12.1. 30 Um 10 gefrühstückt, wieder von Bildern geschwärmt, mittags Grammophon gespielt, um 1/2 4 zur Bahn, einsam und traurig nach Hause gefahren. Froh, wieder bei Duschka zu sein. Keine besondere Post. Handwerker im Haus, sehr lästig. Montag, 13. 1. 30 Handwerker, sehr lästig. Im Schlafzimmer gegessen. Die große, kluge Duschka. In der Staatsbibliothek, fleißig gearbeitet; in großer Eile. Würde ich nur fertig. Dienstag, 14. 1. 30 Immer noch Handwerker, in großer Eile Vorlesungen gehalten. Mittags mit Fräulein Büttner 24 zur Deutschen Gesellschaft 25 , mit Popitz zusammen und anderen Staatssekretären, die mir heimlich leid tun. Mittwoch, 15. 1. 30

Donnerstag, 16.1. 30 Nachmittags Seminar über Hugo Preuß, erfuhr aber nichts Neues dabei.

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Carl Bilfinger (1879-1958), Professor des Öffentlichen Rechts seit 1924 Halle, ab 1933 Heidelberg, 1 9 4 5 - 1 9 5 4 Direktor des Max-Planck-(Kaiser-Wilhelm-)Instituts für ausländisches Recht und Völkerrecht dortselbst. Willem Kalf ( 1 6 1 9 - 1 6 9 3 ) , holländischer Maler von Prunkstilleben. Ruth Büttner (1907-nach 1954), schrieb als Privatassistentin Schmitts in der Nachfolge von Annie Kraus; Promotion 2 4 . 2 . 3 3 an der HHB über „Wirtschaftliche Inkompatibilitäten", später Handelslehrerin in Hamburg. Die „Deutsche Gesellschaft von 1914" war ein exklusiver Kreis von hohen Beamten und Professoren, einschließlich meist ehemaliger Minister; Schmitt war häufiger Gast, aber kein Mitglied. Turnusmäßig kam man jeden zweiten Montag in der Schadowstraße 6/7 zusammen, wobei ein aktueller Vortrag mit anschließender Diskussion stattfand; siehe Sösemann 1987 und 1993.

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J a n u a r 1930

Freitag, 1 7 . 1 . 30 Immer Handwerker im Haus, kann mich kaum bewegen. Hielt meine Vorlesung 1 1 - 1 , wollte sie erst ausfallen lassen. Nachmittags einsam in der Staatsbibliothek, die „Nation" 26 durchgesehen, (fand keinen Platz im Lesesaal), meinen Vortrag entworfen, einsam nach Hause. Duschka war immer gleich freundlich. Nervös und oft unsicher wegen des Vortrags. Vielleicht sind es nur meine Nerven (wie lächerlich, solche Redensart: nur meine Nerven). Es ist mein Schicksal; Gefühl, mich sammeln zu müssen. Samstag, 1 8 . 1 . 3 0 Besonders gut ausgeschlafen, bereitete meine Rede noch etwas vor, um 12 in die Handelshochschule, Reichsgründungsfeier. Ich sprach über Hugo Preuß in der deutschen Staatslehre; ganz gut und mit großem Erfolg. Frau Preuß, Kahl, 27 Manes, 28 Luther 2 9 , Drews 3 0 u.s.w. waren da. Nachher sehr erleichtert mit Frau Bilfinger, Koschewnikow 3 1 bei Kannenberg 32 gefrühstückt (Frau v. Quednow 3 3 war leider nach Hause gegangen). Nachher kam noch Adams, über den ich mich sehr freute. Wir gingen dann zu dem Kunsthändler Vitale Bloch 3 4 , besahen einen Patinir 35 , dann müde nach Hause. Forsthoff 3 6 kam um 5 Uhr, ging mit ihm zum Café Wilhelmshalle, am Bahnhof Zoologischer Garten 3 7 ; er erzählte von Thoma 3 8 , der ihn nicht habilitieren will, und sagte, man wisse bei mir niemals, ob es mir ernst sei, telefonierte an Bonn 3 9 und Smend 40 , der vorschlug, daß Forsthoff noch am glei-

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Die deutsche Nation. Eine Zeitschrift für Politik, Berlin 1919-1925. Wilhelm Kahl (1849-1932), Professor für Kirchen-, Staats- und Strafrecht in Rostock, Erlangen, Bonn, seit 1895 Berlin, 1920-1932 MdR (DVP). Alfred Manes (1877-1963), Dozent für Versicherungswissenschaften an der HHB und der FWU, 1933 Emigration nach Argentinien. Hans Luther (1879-1962), 1925-1926 Reichskanzler, 1930-1933 Reichsbankpräsident, 1933-1937 Botschafter in den USA. Bill Drews (1870-1938), 1917/18 Preußischer Innenminister, 1921-1938 Präsident des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, Honorarprofessor an der FWU. Wladimir Koschewnikow (1905-?), Sohn weißrussischer Emigranten, bei Diaghilew als Tänzer ausgebildet, Schriftsteller. Weinstuben A. Kannenberg, Königgrätzer Straße (heute Stresemannstraße) 103. Margot von Quednow (1888-?), geb. von Hoeppner, verheiratet möglicherweise mit Ferdinand Max von Quednow (1882-?), zeitweilig Geliebte Schmitts. Kunsthandlung Vitale Bloch, Viktoriastraße 33. Joachim Patinir (ca. 1475-1524), flämischer Maler, dessen Landschaftsbilder Schmitt sehr schätzte. Ernst Forsthoff (1902-1974), 1925 Promotion bei Carl Schmitt in Bonn, Professor für Öffentliches Recht 1933 Frankfurt a.M., 1935 Hamburg, 1936 Königsberg/Pr., 1941 Wien, Lehrverbot, 19431946 und 1952-1967 Heidelberg; 1960-1963 Präsident des Obersten Verfassungsgerichtshofes Zyperns. Hardenbergstraße/Ecke Joachimsthaler Straße (heute Joachimstaler), am U-Bahnhof Zoo. Richard Thoma (1874-1957) Professor für Öffentliches Recht in Hamburg, Tübingen, Heidelberg, als Nachfolger Schmitts dann Bonn. Moritz Julius Bonn (1873-1965), Professor der Nationalökonomie an der HHB, Emigration 1933, dann London School of Economics. Rudolf Smend (1886-1975), Professor des Öffentlichen Rechts 1909 Greifswald, 1911 Tübingen, 1915 Bonn, 1922 Berlin, 1935 Göttingen; siehe auch Briefwechsel Smend.

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chen Tag nach Freiburg zu Marschall 41 fahren soll. Ging zu Mittag etwas spazieren, kaufte Zeitungen, freute mich über den Erfolg meiner Rede. Sonntag, 19. 1. 30 Behaglich ausgeruht, Komplimente über meine Rede, Bericht in der Vossischen usw. Mittags von Bilfinger und seiner Frau am Bahnhof verabschiedet, schenkte Duschka die Briefe von Wilhelm I. an Bismarck 42 . Wir waren beide froh über den Erfolg meiner Rede. Zu Hause wieder ausgeruht, abends Burgunder getrunken, fröhlich, ein paar Briefe geschrieben, an Feuchtwanger 43 , Siebeck 44 ; brachte sie noch zum Bahnhof Zoologischer Garten, müde zu Bett. Montag, 20. 1. 3 0 Behaglich ausgeruht, nichts getan, aufgeregt, etwas spazieren. Dienstag, 21. 1. 3 0 Hielt 2 Stunden Vorlesung, ging mit Fräulein Büttner zur Schadowstraße, wie sonderbar, diese Abhängigkeit und Anhänglichkeit. In der Deutschen Gesellschaft mit Popitz und den anderen nett gesprochen, aber schon etwas enttäuscht. Kaufmann 4 5 war sehr freundlich und nett und sagte, Heller 4 6 kopiere meine Diktion. Dann zur Hochschule, etwas ausgeruht, hielt meine Übung, mit großer Mühe, zu Hause schnell umgekleidet, zu Sombart 4 7 , dort Guardini 4 8 getroffen, der mir gut gefiel (er spricht von dem Dämonischen des Tieres im 41

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Fritz Freiherr Marschall von Bieberstein (1883-1939), Professor für Öffentliches Recht 1913 Halle, 1915 Tübingen, 1920 Freiburg i. B.; bei ihm habilitierte sich Forsthoff. - Siehe auch Forsthoff an Schmitt in Briefwechsel Forsthoff, S. 34 f. Wilhelm I. (1797-1888), Deutscher Kaiser, König von Preußen; Otto von Bismarck (1815-1898); „Wilhelm I. und Bismarck in ihrem Briefwechsel", herausgegeben und erläutert von Eduard von der Hellen, Stuttgart 1917. Ludwig Feuchtwanger (1885-1947), „Entstammt väterlicherseits einer nachweisbar seit 1500 in Bayern ansässigen Kaufmannsfamilie, mütterlicherseits einer alteingesessenen hessischen jüdischen Familie" (Reichshandbuch 1, 433; sehr wahrscheinlich von ihm selbst verfasst), Bruder des Schriftstellers Lion Feuchtwanger, Direktor des Verlages Duncker & Humblot, 1935 Ausschluss aus der Reichsschrifttumskammer, 1939 Emigration nach England, dort gestorben.-Brief abgedruckt Briefwechsel Feuchtwanger, S. 315 f. Evtl. Oscar Siebeck, siehe 25. 1. 30. Erich Kaufmann (1880-1972), Professor für Öffentliches Recht 1913 in Königsberg/Pr., 1917 Berlin, 1920 Bonn, ab 1922 Rechtsberater des Auswärtigen Amtes und Prozessvertreter des Reiches, 1927 Honorarprofessor Berlin, 1934 Versetzung von Bonn an die FWU und gleichzeitige Emeritierung, 1938 Emigration Niederlande, 1946 Rückkehr nach Deutschland, 1950 Professor in München, 19501958 Rechtsberater des Bundeskanzlers und des Auswärtigen Amtes; siehe auch Quaritsch 2000. Hermann Heller (1891-1933), Professor des Öffentlichen Rechts Berlin 1928-1932, dann Frankfurt am Main, 1933 entlassen. Werner Sombart (1863-1941), Nationalökonom und Soziologe, Professor 1890 in Breslau, 1906 HHB, ab 1917 FWU. Romano Guardini (1885-1968), Professor für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung 1923-1939 Berlin, 1945-1948 Tübingen, 1948-1963 München.

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Menschen, sehr schön eigentlich), Anschütz 4 9 , Frau Briefs 5 0 waren da. Mit Guardini mitternächtlich nach Hause. Mittwoch, 22. 1. 30 Müde von dem Abend, glücklicherweise nicht viel Wein getrunken. Mit Smend für den Abend verabredet. Wir wollten „Die neuen Herren" 5 1 zusammen sehen, freute mich so darauf, ging nicht in die Besprechung über die Abenduniversität. Nach dem Essen etwas ausgeruht, Dr.-Examen 5 2 , Fakultätssitzung, Smend telefonierte ab; das tat mir weh; abends einsam. Schließlich nach Hause, froh, bei Duschka zu sein. Immer noch Handwerker in der Wohnung. Donnerstag, 23. 1. 30 Behaglich, frisch; hielt meine Vorlesung mit den Attachés sehr vergnügt, nachher mit Dräger von der FS-Partei 5 3 , der mir aber nicht gefiel. Früh zu Hause. Dann ausgeruht, mit Duschka etwas spazieren. Seminar von 6 - 8 , Referat von Fräulein Palm über Art. 142 5 4 , sehr nett, dann einsam nach Hause. Mit Duschka spazieren. Wären nur endlich die Handwerker weg. Freitag, 24. 1. 30 Hielt meine Vorlesung von 11-1, nervös wegen der hübschen Mädchen, lächerlich, nachmittags um 1/2 5 den Praelaten Schreiber 5 5 in dem neuen Aulagebäude gehört, ein grauenhafter Pfaffe, dreist und frech. Deprimiert weggegangen, etwas herumgelaufen, in Café, wollte Lola 5 6 anrufen, die mir gestern geschrieben hat, tat es nicht oder bekam keine Antwort. Aufgeregt, schließlich schnell beruhigt, in der Hochschule für Politik 5 7 , ein dummer Vortrag über „Das politische Weltbild der europäischen Jugend". Traurig nach Hause.

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Gerhard Anschütz (1867-1948), Professor des Öffentlichen Rechts 1899 Tübingen, 1900 Heidelberg, 1908 Berlin, 1916 Heidelberg, 1933 Austritt aus der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer. Gattin von Goetz Briefs, s.u. 1. 2. 30. „Die neuen Herren" („Les Nouveaux Messieurs"), Film von 1929, Regie Jacques Feyder. Adolf Schwarzlose, „nicht genügend". Wahrscheinlich Heinrich Dräger (1898-1986), Lübecker Unternehmer; FS-Partei wahrscheinlich „Deutsch-Völkische Freiheitspartei". Der Artikel 142 der WRV lautet: Die Kunst, die Wissenschaft und die Lehre sind frei. Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil. Georg Schreiber (1882-1963), katholischer Theologe und Kirchenhistoriker, 1914 Regensburg, 1917-1935 und ab 1945 Münster; 1920-1933 Zentrums-MdR. Carola Sauer (1895-1979), zeitweilige Geliebte Schmitts, Medizinstudium, 1922 Promotion und Approbation in München, ab 1930 Arztin in Berlin, zwischenzeitlich verheiratet mit dem Rechtsanwalt Erwin Braune, später geschieden. Deutsche Hochschule für Politik, Schinkelplatz 6, in der von Karl Friedrich Schinkel erbauten Bauakademie, gegründet 1920, 1933 in die Zuständigkeit des Reichspropagandaministeriums überführt, 1940 Auslandswissenschaftliche Fakultät der FWU, 1949 in West-Berlin neu gegründet, 1959 als Otto-Suhr-Institut in die Freie Universität Berlin als Fachbereich Politische Wissenschaften eingegliedert.

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Samstag, 25.1. 30

Endlich Ruhe im Hause vor den Handwerkern, etwas aufgeräumt, nachmittags zu Dr. Siebeck 58 , im Hotel Kaiserhof 59 , nett unterhalten, wegen meines Vortages über Preuß, den er in seiner Sammlung Staat und Recht veröffentlichen will. Zum Anhalter Bahnhof, Frau Schmitz abgeholt und zum Hotel am Knie59a gebracht; zu Frau v. Quednow, dort Koschewnikow, Brenner und Feldmann getroffen, interessant, aber deprimierend; diese furchtbaren Juden. Mit Koschewnikow zu Fuß zum Hotel am Knie; traurig nach Hause, zu viel getrunken. Die arme Frau von Quednow. Sonntag, 26. 1. 30

Schlecht gelaunt, allmählich ging es besser. Mittags kam Frau Schmitz, dann der junge Gentile 60 , dann Besuch von Gieseke 61 und seiner Frau, dann aßen wir, Carl Brinkmann 62 kam, sehr nett unterhalten, über Heidelberg, Thoma (der Versuche macht). Nachher nett geplaudert; er erzählte, daß Friedrich 63 gesagt hat, die Gespräche mit mir seien die stärksten Eindrücke. Den Slibowitz probiert und das Fäßchen angezapft. Im Park Bellevue spazierengegangen. Hatte ihn sehr gern. Er verabschiedete sich um 5 am Bahnhof Tiergarten, wir gingen noch über den Kurfürstendamm, in den Film „Der neue Ehemann" 64 und freuten uns sehr darüber, schließlich müde zu Hause gegessen und leider Wein getrunken. Todmüde zu Bett, nachdem ich Frau Schmitz nach Hause gebracht habe. Montag, 27.1. 30

Vormittags zum Institut für Öffentliches Recht. Mit Scheuner 65 zu uns zum Frühstück, sehr hübsch unterhalten, über Staatspersönlichkeiten usw. Um 4 etwas spazieren. Dann müde zu Bett bis 7 Uhr. Traurig und deprimiert. Um 8 Lutter und Wegner, zu den , mit D. Bauer zu Abend gegessen, dann mein Vortrag „Parteienstaat und neutraler Staat" 66 ; hatte

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Oscar Siebeck (1880-1936), Leiter des Verlages J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1920-1936. Wilhelmplatz. Hotel am Knie, Bismarckstraße 1. Entweder Federico Gentile (1904-1996), Sohn von Giovanni Gentile (1875-1944), 1930 im Verlag Fratelli Treves in Mailand, ab 1932 Direktor des Verlages Sansoni in Florenz; oder Benedetto Gentile (1908-1998), Sohn von Giovanni Gentile, 1929 Abschluss des Jura-Studiums, 1949 beim Verlag Sansoni in Florenz. Paul Gieseke (1888-1970), Professor der Volkswirtschaft 1922-1929 Rostock, 1929-1934 HHB, 1934-1939 Marburg, 1939-1945 FWU, 1950-1955 Saarbrücken. Carl Brinkmann (1885-1954), Professor der Nationalökonomie und Soziologie in Berlin 1921, 1923 Heidelberg, Mitdirektor (ab 1933 alleiniger Direktor) des Instituts für Sozial- und Staatswissenschaften, 1942-1945 Berlin, 1947-1953 Tübingen. Carl Joachim Friedrich (1901-1984), Promotion 1925 bei Alfred Weber in Heidelberg, seit 1926 USA, Professor für Politikwissenschaft 1932 Harvard, 1955-1966 auch Heidelberg. Nicht ermittelt. Ulrich Scheuner (1903-1981), seit WS 1931/31 Privatdozent FWU, Professor des Öffentlichen Rechts 1933 Jena, 1940 Göttingen, 1941 Straßburg, 1950 Bonn; einer der profiliertesten bundesdeutschen Staatsrechtler, keine weiteren Kontakte mehr mit Schmitt. Zu diesem Thema hielt Schmitt an mehreren Orten Vorträge.

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den Eindruck, 3 Inquisitoren gegenüberzusitzen, Pulvermann 67 , Rüstow 6 8 und Bauer, die sehr gut sprachen. Nachher mit Steinbömer 69 und Dietrich durch den Tiergarten zurück. Erst um 2 ins Bett. Deprimiert, das Gefühl, erledigt zu sein, mich in Berlin zu verausgaben. Dienstag, 28. 1. 30 Müde und deprimiert, um 10 Uhr beim Rektor 70 , Besprechung mit Will. 1 1 - 1 gute Vorlesung Staatsrecht, ausgeruht mittags in die Deutsche Gesellschaft, sehr nett mit Popitz, der über Staatshaushalt sprach. Begleitete ihn zur Bibliothek. In meinem Zimmer ausgeruht. 5 - 7 Übungen; traurig, entwürdigend vor den Gewerbelehrern. Abends bei der lieben Duschka, gegessen, schöner Spaziergang durch den Tiergarten. Müde nach Hause. Zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Tagebuch geführt, aber ohne Illusionen und Enthusiasmus. Ist es aus ? Abends Ejakulation. Uber Intelligenz gelesen. Todmüde eingeschlafen. Mittwoch, 29.1. 30 Bis 9 Uhr müde, gut geschlafen, weil ich gestern keinen Wein getrunken habe; fühlte mich wohl und wartete innerlich auf Georg Eisler 71 . Bedürfnis nach Einsamkeit und Zölibat. Ließ mir die Haare schneiden, zur Bank, Geld geholt, in schönem Nebel zum Institut für Öffentliches Recht. Sehr nett etwas gearbeitet, behaglich, schaute zu Hermann Bahr 72, etwas bestellt, vielleicht werde ich doch noch mit der Völkerbundsache 73 fertig. Mittags war Eisler nicht zu Hause. Ich aß mit Duschka und ruhte dann sehr gut aus bis etwa 1/2 5, Dorn 7 4 telefonierte an, was mag er von mir wollen? Etwas unbehaglich. Traf um

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Max Pulvermann (1891-1960), 1930-1931 Ministerialrat im Reichsinnenministerium, 1931-1933 Stadtkämmerer Magdeburg, Emigration nach Palästina, 1954 Rückkehr nach Frankfurt am Main. Alexander Rüstow (1885-1963), 1933 Emigration in die Türkei, Professor für Nationalökonomie und Soziologie Istanbul 1933, Heidelberg 1949-1955. Gustav Steinbömer (1881-1972), bis 1918 Offizier, danach Schriftsteller, Pseudonym Hillard; in seinen Erinnerungen von 1955 „Herren und Narren der Welt" wird Schmitt nicht genannt. Franz Eulenburg (1867-1943), Professor für Nationalökonomie 1905 Leipzig, 1917 Aachen, 1919 Kiel, 1921 HHB, 1935 emeritiert, 1943 in Gestapohaft gestorben. Bernhard Georg Eisler (1892-1983), Bruder des 1914 gefallenen engen Freundes Schmitts Fritz Eisler, nach dem Tode des Vaters Leiter des von diesem gegründeten Verlages, 1934 Emigration nach England, 1940 nach USA, Distanzierung von Schmitt wegen dessen Verhaltens im Nationalsozialismus; nach dem Krieg Neugründung des Verlages, zunächst in New York verblieben, Ende der 50er Jahre Rückkehr nach Hamburg, 1960 Scheidung, 1963 Neuverheiratung, 1983 Versöhnung durch Vermittlung von Ernst Hüsmert und Annie Kraus; ein geplanter Besuch kam wegen des Todes Eislers nicht mehr zustande; siehe Mehring, Verlegerfamilie, S. 8 ff. Hermann Bahr (1863-1934) österreichischer Schriftsteller; womöglich ergab sich diese Verbindung durch Franz Blei. „Der Völkerbund und das politische Problem der Friedenssicherung", Leipzig und Berlin 1930, wieder abgedruckt in „Frieden oder Pazifismus", S. 281-330. Herbert Dorn (1887-1957), 1920 Reichsfinanzministerium, zuletzt Ministerialdirektor, 1927 Honorarprofessor HHB, 1933 entlassen, 1931-1934 Präsident des Reichsfinanzhofes, 1931-1933 (Austritt Deutschlands) Präsident des comité fiscal des Völkerbundes, Emigration 1937 in die Schweiz, 1939 USA.

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5 Uhr im Zoologischen Garten Rüstow, sehr schön unterhalten; er hält die ostelbischen Junker für die Ursache allen Unglücks. Freute mich sehr über ihn, will ihm Hugo Ball 75 schicken; dann im Auto zu Dorn ins Reichsfinanzministerium, es ging schnell und gut. Ich soll vielleicht ein Gutachten machen über die Entwicklungen [zu dem] Polnisch [-deutschen Abkommen]. Angeregt über die Friedrichstraße, mit Hure zur Augsburger Straße; sie ist blond und dumm, aber sehr nett und falsch . Gleichgültig nach Hause. Angenehm, weil ich schwitze . Georg Eisler hat angerufen, kommt aber erst Freitag. Offenbar ist etwas los und intrigiert die übliche Frau. 76 Mit Duschka zu Abend gegessen, durch den Tiergarten spazieren, angenehm ruhig und müde nach Hause. Uberlegte schon etwas das Gutachten. Hoffentlich kommt es erst Samstag. Donnerstag, 3 0 . 1 . 30

Gut ausgeschlafen, hielt meine Vorlesung bei den Attachés sehr gut. Mit Rantzau 77 zum Bahnhof, zu Hause rief Dorn an; das Gutachten kommt also . Mittags gut ausgeruht, freute mich auf den Abend bei Heimbach 78 mit Adams und Steinbömer. Zur Hochschule, Seminar über die neutrale Intelligenz, Referat Ehrt 79 , ein Kerl, doch war das Referat sehr interessant. Sprach über Max Weber 80 , seinen Haß gegen Bürokraten und Literaten; hatte keinen Kaffee getrunken. Ging dann mit Adams und Pfister 81 zu Heimbach. Erst Saarwein, dann Romanée, Koschewnikow kam, ziemlich spät Steinbömer; ich fühlte mich sehr wohl, trank aber zu viel, scheußlich. Zuletzt sogar noch deutschen Sekt. Ekelhaft. Traurig mit Steinbömer nach Hause. Todmüde zu Bett, die Akten lagen zu Hause, habe einen ganzen Tag verloren. Freitag, 31. 1. 30

Heftige Augenschmerzen, scheußlich, bis 1/2 10 Uhr im Bett, aber beherrscht und entschlossen wie immer, wenn es darauf ankommt. Las etwas in den Gutachten Triepel 82 und Kaufmann 83 , aber viel zu nervös, um so ruhig zu überdenken. Schreckhaft und ungeduldig, hielt aber gerade deshalb meine Vorlesung Staatsrecht (Volksbegehren und Volksentscheid) ganz ausgezeichnet, 11-1, telefonierte überall ab, aufgeregt nach Hause, zum Glück kam Eisler nicht, mit Zweigert 84 sehr nett telefoniert, ich ruhte aus, es ging mir besser (nachdem ich

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Hugo Ball (1886-1927), Dichter, Begründer des Dadaismus, 1920 Konversion zum Katholizismus, veröffentlichte 1924 in der Zeitschrift „Hochland" eine begeisterte Gesamtwürdigung Schmitts. Mit Eislers Gattin Käthe gab es Spannungen. Frederik August von Rantzau (1895-1945), Jurist in Berlin, in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gestorben. Weinstube. Adolf Ehrt (1902-?), Rußlanddeutscher, Promotion 1931 bei Schmitt, später Statistisches Reichsamt, 1941 Sonderführer, dann Regierungsrat im Wirtschaftsstab Ost. Max Weber (1864-1920). Josef Pfister, Mitarbeit an der Tageszeitung des Zentrums „Germania" und an der Zeitschrift „Gral". Heinrich Triepel (1868-1946), Professor für Staats- und Völkerrecht in Tübingen, Kiel, 1913 Berlin. Gegengutachten zum deutsch-polnischen Abkommen von 1929. Erich Zweigert (1879-1947), Staatssekretär im Reichsministerium des Inneren, quittierte nach dem 30.1.33 den Dienst.

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Pyramidon genommen hatte). U m 1/2 5 auf, bei Kranzler 85 Kaffee, zum Institut von Bruns 86 , schlechter Vortrag von Bilfinger über den Staatsgerichtshof und seine Staatsrechtsahnungslosigkeit. Nachher mit Bruns und Bilfinger zu mir, vorher bei Heimbach Romanée gekauft. Dummer Krach mit dem Verkäufer, der mir nichts mehr geben wollte. Dann bei uns zu Hause. Eislers getroffen, zusammen mit Bruns und Bilfinger zu Abend gegessen; schöner Truthahn, guter Saarwein (Saarburger), aber inzwischen sehe ich, daß Romanée schlecht ist. Bruns war langweilig und sprach nur von seinem Schwiegervater, Bilfinger schlau und . Sie gingen um 1/2 11, wir haben noch schönen [Kaiserjstuhl getrunken; dann mit Eislers über die beiden unterhalten; sie fanden sie dumm. Ging mit Duschka und Eislers noch zu deren Hotel, im Auto zurück; schöner Spaziergang durch den Schnee im Tiergarten.

Februar Samstag, 1. 2. 30 Schlief gut 7 Stunden. Morgens träumte ich: ich sah ein Shakespear'sches Königskind, Kampf zwischen 2 Praetendenten, Angst des Proleten; beherrscht und mit guten Vorsätzen aufgestanden, angefangen, mein Gutachten zu machen, glaubte vorwärts zu kommen; das von Kaufmann ist scheußlich, fühlte mich wieder stolz. Mittags zum Frühstück der Hochschule für Politik, sah dort Briefs 87 und viele andere Bekannte, auch Heller, dem ich ruhig die Hand gab. Bonn schien ganz erledigt und tat mir leid, saß neben Plog 88 und sprach sehr nett mit ihm über Begriffsbildung, mit dem Rechtsanwalt Neumann 89 , sehr nett mit Demuth 90 , Haas 91 , Grabowsky 9 2 usw. Siebers 93 bat mich um eine Vorlesung für den Som-

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Unter den Linden 25, Ecke Friedrichstraße. Viktor Bruns (1884-1943), Professor für Öffentliches Recht und Völkerrecht Genf 1910, Berlin 1912, 1925 Gründer des KWI für ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht Berlin mit Sitz im Berliner Stadtschloß. Goetz Anton Briefs (1889-1974), Professor der Nationalökonomie an der T H Berlin-Charlottenburg, Lehrbeauftragter H H B , 1934 Emigration U S A . Nicht ermittelt. Franz Leopold N e u m a n n (1900-1954), Rechtsanwalt, vorwiegend Arbeitsrecht, Politikwissenschaftler, eng verbunden mit der Gewerkschaftsbewegung und der gewerkschaftseigenen Akademie für Arbeit (heute Europäische Akademie für Arbeit in Frankfurt a.M.), 1928-1933 Dozent DHP, 1933 Emigration nach England, 1936 U S A , Verfasser mehrerer Anklageschriften im Nürnberger Prozess 1946, 1948 Professor University of Columbia, ab 1951 Gastprofessor D H P und F U ; einer der Begründer der Politikwissenschaft in Westdeutschland. Fritz Demuth (1876-1965), Syndikus der Industrie- und Handelskammer Berlin, Vorsitzender des Kuratoriums der H H B , 1933 Emigration nach England. Karl Wilhelm Haas (1883-1956), Professor der Philosophie T H Berlin und Studienleiter an der D H P ; 1934 Emigration nach Teheran, dann University of Colorado und Columbia University N e w York. Adolf G r a b o w s k y (1880-1969), 1921-1933 Dozent für Politikwissenschaft DHP, 30-33 auch Technische Hochschule Charlottenburg, 1934 Emigration in die Schweiz, 1952-1956 Professor in Marburg/L. Carl Siebers, Reichsbankrat.

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mer. Fühlte mich sicher, ging zufrieden und gehoben durch den Tiergarten nach Hause. Dann noch mit Duschka spazieren. Zu Hause etwas gearbeitet, sehr eilig und nervös, abends früh zu Bett; froh, den Abend gerettet zu haben. Sonntag, 2. 2. 30 In großer Eile das Gutachten notiert, sprunghaft, aufgeregt; konnte des Nachts nicht gut schlafen. Den Vormittag gut ausgenützt. Freute mich tief meiner Überlegenheit über Kaufmann und Simons 9 4 . Mittags kamen Eislers und blieben zum Essen da, sprachen fast nur über Bilfinger und Bonn, von denen sie beide nicht viel hielten. Wir unterhielten uns sehr nett, ruhte nach dem Essen aus, begleiteten sie um 5 Uhr zum Auto, dann ausgeruht, etwas an meinem Gutachten notiert, um 1/2 7 zu Fuß zum Bahnhof Zoo, Fräulein Schneider abgeholt, zum Hotel am Knie gebracht. Sie aß bei uns zu Abend, Duschka wurde krank, einen Augenblick große Angst, weil ich glaubte, daß sie Blut hustet (es war aber nur ein Stück Tomate). Dann mit Fräulein Schneider durch Berlin, Wilhelmstraße, Friedrichstraße; schließlich todmüde nach Hause zurück. Viel Zeit verloren, unruhig. Konnte kaum schlafen vor Aufregung wegen des Gutachtens. Montag, 3. 2. 30 U m 8 auf, nervös, telefonierte an die Handelshochschule wegen der Stenotypistin; zum Glück bekam ich eine. Dann mit Hanna 9 5 zur Bank, holte 900 Mark, zur Handelshochschule, ein blondes, dickes Mädchen ganz leidlich. Aufgeregt vor Eile, diktierte 5 Stunden, telefonierte mittags Zweigert, der mich bat, um 1/2 4 fertig zu sein; in der letzten Sekunde fertig, im Auto noch korrigiert, dann im Reichsministerium des Innern. Als ich das Gutachten Zweigert übergab, trat Anschütz aus der anderen Tür; er hatte das gleiche Gutachten mit gleichem Ergebnis gemacht. Freute mich sehr darüber, ging noch mit ihm in sein Hotel Fürstenhof 9 6 , wir tranken Kaffee (er Tee), plauderten über Heidelberg, über juristische Fragen. Er sprach sehr abfällig über Heller (kein guter Anwalt seiner Sache), über Kaufmann sehr kritisch; fröhlich und aufgeregt, erleichtert nach Hause. Dort ausgeruht. U m 7 kam Fräulein Schneider. Wir aßen vergnügt zusammen, plauderten, Duschka ging mit in das Café Wilhelmshalle, wir unterhielten uns sehr nett, besonders über A m Zehnhoff 9 7 . U m 12 brachten wir Fräulein Schneider in ihr Hotel.

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Walter Simons (1861-1937), Vater von Tula Simons.

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Dienstmädchen. Potsdamer Platz.

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1920-21 Reichsaußenminister,

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Reichsgerichtspräsident;

H u g o am Zehnhoff (1855-1930), Rechtsanwalt in D ü s s e l d o r f , Ausbilder des Referendars Dr. Carl Schmitt, M d L , M d R (Zentrum), 1919-1927 preußischer Justizminister. Brüning schreibt in seinen M e m o i r e n über ihn: D e r Ministerpräsident O t t o Braun war „ a m schärfsten bestrebt, die Einheit Preußens zu erhalten. ... Ihm Schloß sich schließlich der Justizminister am Zehnhoff an, o b w o h l er von seiner rheinischen H e r k u n f t her und von den Erfahrungen mit der nationalliberalen Ä r a in Preußen ein gewisses Ressentiment gegen die Hohenzollern hatte. E i n M a n n überlegener juristischer und staatsrechtlicher Bildung, bleibt ihm das Verdienst, über alle Stürme hinweg die völlige parteipolitische Unabhängigkeit der Richter in Preußen gerettet zu haben. Solange a m Zehnhoff Justizminister war, wagte kein anderer preußischer Minister, sich je in die Personalangelegenheiten

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Dienstag, 4. 2. 30

Sehr fröhlich wach geworden und erleichtert; bis 1/2 10 im Bett, hielt meine Vorlesung 11-1 Staatsrecht, sehr gut; in der Pause kam Werner Weber 98 , freute mich über ihn, stellte ihn Fräulein Büttner vor (sie hat ein blaues Satinkleid). Ging mittags mit Werner Weber, wie ich an Scheuner telefoniert hatte, zur Deutschen Gesellschaft; bei Popitz zum Beispiel fand ich Wirtschaft einmal langweilig. Auch Grabower 99 , Dorn schimpften über das Gutachten von Kaufmann. Ob Kaufmann etwas weiß? Später Wimpfheimer 100 , der mir sehr gut gefiel. Dann schnell nach Hause, Duschka brachte gerade den Hund weg, entging der Frechheit der Mädchen, Hanna und Maria. Hanna ist frech. Ruhte 1/2 Stunde aus, hielt dann meine Übungen sehr gut, 5-1/2 7. Nachher Segalowitsch 101 , der über Disraeli 1013 arbeitet. Er begleitete mich nach Hause. Aß zu Abend, ging mit Duschka spazieren, einen Augenblick bei ihr im Bett; sie ist wunderschön. Todmüde in mein Bett und schnell eingeschlafen. Mittwoch, 5. 2. 30

ausgeschlafen, bis 1/2 10. Hätte aber noch länger schlafen können. Sehr behaglich gefrühstückt; immer noch die Erleichterung nach dem Gutachten. Vormittag ein paar gute Gespräche (über Steinbömer an Koschewnikow, Einladung für Sonntag ), freute mich auf den Sonntag. Mittags ausgeruht, um 4 zur Hochschule, Direktor Asam , gratulierte Gieseke zu seinem Ruf nach Heidelberg. Wendtland 102 fiel durch , nach Haus gefahren; wie ist er grob. Zu Hause etwas den Tisch geordnet, bei Duschka gewesen, etwas spazieren. Duschka lud Eislers für Sonntag ein, was mir nicht gefiel. Früh zu Bett und gut geschlafen. Donnerstag, 6. 2. 30

Früh auf. Um 9 Sitzung des Verfassungsausschusses; langweilig, mit Tiessen 103 und Gieseke, dann meine Vorlesung bei den Attachés gut gehalten, nachher mit Rauschenbach 104 und Werner Weber weg; Rauschenbach war sehr gesprächig und vorlaut, aber ein guter Kerl.

der Justizverwaltung einzumischen. Er bemühte sich, die besten der jungen Assessoren für das Gerichtswesen zu erhalten. Um ihre Fähigkeiten und ihren Charakter persönlich kennenzulernen, bestimmte er einen Tag in der Woche, an dem er sich mit den jungen Leuten persönlich unterhielt, die ein gutes Assessorexamen bestanden hatten." (Brüning 1970/1972, S. 63) 98 Werner Weber (1904-1976), 1928 Promotion bei Schmitt, ab WS 30/31 Lehrbeauftragter an der HHB, 1931 preußische Kultusverwaltung, Professor für öffentliches Recht 1935 HHB, 1942 Leipzig, 1949 Göttingen. 99 Rolf Grabower (1883-1963), Ministerialrat im Preußischen Finanzministerium, 1941-1945 Theresienstadt, nach dem Krieg Präsident der Oberfinanzdirektion Nürnberg. 100 Heinrich Wimpfheimer (1877-1934), Rechtsanwalt und Notar, ab 1924 Dozent, 1930 Honorarprofessor HHB. 101 Boris Segalowitsch (1899-?), Historiker, Promotion in Bonn; sein Buch „Benjamin Disraelis Orientalismus" erschien 1930 im Verlag Kedem, Berlin. Im Lebenslauf zur Dissertation gibt er an, Schmitt sei einer seiner Lehrer in Bonn gewesen. 10l> Benjamin Disraeli, Earl of Beaconsfield (1804-1881), 1868 u. 1874-1880 Premier. 102 Kurt Wendlandt, „ungenügend". 103 Ernst Tiessen (1871-1949), Professor der Wirtschaftsgeographie, HHB 1919, mehrfach Rektor. 104 Nicht ermittelt.

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Fuhr nach Hause mit der Stadtbahn, aß mit Duschka zu Mittag und ruhte dann aus. Zum Glück kam der junge Lippmann nicht, der sich angemeldet hatte. 6-8 Seminar, gutes Referat über die Reichsbank, mit Pfister nach Hause. Er aß bei uns bei uns zu Abend, ein lieber, guter Kerl; er gefiel Duschka gut. Wir gingen noch zusammen spazieren, dann fröhlich nach Hause. Freitag, 7. 2. 30

Um 1/4 nach 7 aufgestanden, freute mich auf Reise nach Breslau, vom Bahnhof Friedrichstraße abgefahren. Im Zug ganz nett gearbeitet. Fuhr durch märkische Landschaft, sah den Unterschied zwischen dem reichen Schlesien; man sieht die Weltgeschichte: ein armes Volk fällt über das reiche Nachbarland her. Kam um 2 in Breslau an, Arnold Schmitz war an der Bahn, wohnte im Hotel Monopol, aß mit Schmitz in einem Bierrestaurant, Pohl kam auch, sie zeigten mir Breslau, die schöne Barockuniversität, Eindruck des Jesuitismus am Dom, Schlösser, ich ging um 5 müde nach Hause. Fiel fast ganz vor Erschöpfung. Ruhte eine Stunde aus, wusch mich, trank schönen Mokka, machte einen Entwurf meines Vortrages, zur Matthias-Kirche 105 ; dort mit großem Erfolg über Völkerrecht und Imperialismus gesprochen; nachher sehr lebhaftes Gespräch mit Geheimrat Kornemann 106 (über die Römer und ihr dualistisches Herrschaftsprinzip). Mit Gescher 107 , Wegner 108 (die aber zurückhaltend waren), nachher noch Grünberger Sekt (Ampel), nett mit Kaehler109 (der aber ein gebrochener, irrsinniger Mensch ist), Baur 110 , Pohl, Schmitz und dem Physiker Schäfer 111 . Um 1/2 2 nach Hause, aber zufrieden mit dem Erfolg und dem Abend. Samstag, 8. 2. 30

Wenig geschlafen; bis 7 Uhr. Trotzdem ziemlich frisch, sehr kalt, sah den Palaisplatz vor meinem Hotel, zum Bahnhof, behaglich abgereist. Im Zug ausgeruht, etwas gelesen (Stolper 112 ), , ergriffen von dessen Moralismus. Zu Hause sehr glücklich, Duschka wiederzusehen. Freundlich mit ihr geplaudert, umgekleidet, zum Frühstück 113 zu Solf 114 ,

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Jesuitenkirche, neben der Universität. Ernst Kornemann (1868-1946), Professor der Alten Geschichte 1902 Tübingen, ab 1918 Breslau. Franz Gescher (1884-1945), Professor des Kanonischen Rechts. Arthur Wegner (1900-1989), Professor des Strafrechts 1926 Breslau, 1934 Halle (Saale), 1937 wegen jüdischer Ehefrau zwangsweise Ruhestand, 1938 Emigration England, 1 9 3 9 - 1 9 4 5 in England und Kanada interniert, 1946 Münster, auch Kirchenrecht, nach 1959 in die DDR, Professor für Kirchenrecht in Halle (Saale). Siegfried Kaehler (1885-1963), Professor der Mittleren und Neueren Geschichte 1 9 2 8 - 1 9 3 2 Breslau, später Halle und Jena, 1936 Göttingen. Ludwig Baur (1871-1943), Professor der scholastischen Philosophie 1921 Tübingen, 1925 Breslau. Clemens Schäfer (1978-1968), Professor der Physik 1910 Breslau, 1920 Marburg, 1926 Breslau, 1946 Köln. Gustav Stolper (1888-1947), Nationalökonom, Publizist, 1 9 2 6 - 1 9 3 3 Herausgeber der Zeitschrift „Der deutsche Volkswirt", 1 9 3 0 - 1 9 3 2 MdR (DStP), 1933 Emigration in die USA. Zusammentreffen des Se-Si-So-Klubs im Hotel Kaiserhof, nach den Gastgebern General von Seeckt, Reichsgerichtspräsident a.D. Simons und Staatssekretär a.D. Solf genannt. Wilhelm Heinrich Solf (1862-1936), hohe Stellungen in der Kolonialverwaltung, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, 1 9 2 0 - 1 9 2 8 Botschafter in Tokio.

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kam etwas zu spät, wurde Solf vorgestellt, saß neben Palme 115 , fühlte mich nicht wohl, obgleich Palme sehr nett war und wir hübsch miteinander disputierten. Die Vorträge von Bonn und Diskussion waren deprimierend, saß mit Spranger 116 und Smend zusammen. Smend war ganz malad und mochte mich offenbar nicht leiden. Traurig deshalb, sprach nicht in der Diskussion, nachdem ich Leute wie Lewalter 117 , Oncken 1 1 8 usw. gehört hatte. Freilich war Solf deshalb beleidigt. Ging mit Spranger durch der Tiergarten und sprach sehr nett mit ihm; zur Klopstockstraße, todmüde nach Hause, zu Bett. Dann kam Werner Weber, hatte mir sein Imp.-Gesetz 1 1 9 abgeschrieben. Er aß bei uns zu Abend. Dann mit Duschka spazieren und todmüde um 1/2 10 zu Bett. Sofort eingeschlafen. Sonntag, 9. 2. 30 Herrlich ausgeschlafen, um 7 erst wach geworden, bis 9 im Bett, sehr behaglich. Nette Karte von Pohl, mußte mein Gutachten verbessern, räumte etwas den Tisch auf, schrieb an den Bürgermeister Herz 1 2 0 < . . . > . Duschka ist leider unwohl und krank. Heute kam Franz Blei 121 , dann Beckerath 122 , Gentile und Koschewnikow; Duschka begrüßte sie, aß aber nicht mit uns. Wir plauderten sehr nett, Beckerath ist ganz entzückend. Er ging um 1/2 4. Ich ging mit Blei und Koschewnikow noch durch den Tiergarten spazieren, dann allein und traurig nach Hause zurück. Ruhte aus, hatte nicht viel Arbeiten. Abends ging es Duschka besser. Entsetzen vor der Lage Deutschlands. Habe heute fast nichts getan. Beckerath hat das Manuskript meines Hallenser Vortrages mitgenommen. Montag, 10. 2. 30 Wieder gut geschlafen, sehr behaglich des Morgens, schöner Brief von Georg [Eisler] (über Steinbömer, über die Veröffentlichung der Briefe von Georg Wahler 1 2 3 , über Duschka);

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Anton Palme (1872-?), Professor am Seminar für orientalische Sprachen der F W U , ab 1928 Honorarprofessor an der H H B für den osteuropäischen Kulturkreis, Eduard Spranger (1882-1963), Professor der Pädagogik und Philosophie 1911 in Leipzig, 1920 Berlin, 1946 Tübingen. Ernst Lewalter (1892-1956), Soziologe und Nationalökonom, Verfasser von „Wissenssoziologie und Marxismus", 1930. Hermann Oncken (1869-1945), Historiker, Professor in Chicago 1905, Gießen 1906, Heidelberg 1907, München 1923, Berlin 1928, 1935 zwangsweise emeritiert. Vermutlich über das Impfgesetz von 1877, das ausnahmsweise eine Entschädigung für rechtmäßiges nichtenteignendes Staatshandeln gewährte. Heinz Carl H e r z (1877-1951), 1926-1933 Bürgermeister von Berlin-Kreuzberg (SPD), 1939 Emigration England, verstorben in Haifa; siehe Christian Hanke, Selbstverwaltung und Sozialismus. Carl Herz, ein Sozialdemokrat, H a m b u r g 2006. H e r z arbeitete an einem Kommentar zum K o m munalrecht Berlins (Carl Herz/Walter Brell, Berliner Stadtverfassungsrecht, Berlin 1931), in welchem er Schmitts „Der Hüter der Verfassung" zitierte (S. 40). Franz Blei (1871-1942), Schriftsteller, Übersetzer, Herausgeber literarischer Zeitschriften; seit 1916 mit Schmitt befreundet. Erwin von Beckerath (1889-1964), Professor der Nationalökonomie in Rostock, Kiel, Köln, Bonn, Basel; Schmitt hatte dessen Buch „Wesen und Werden des fascistischen Staates" von 1927 ausführlich besprochen („Positionen und Begriffe", S. 109-115). Nicht ermittelt.

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Eulenburg telefonierte über den neuen Neo , später, wenn ich nicht mehr an der Universität bin; korrigierte mein Gutachten, brachte es im A u t o zum Reichsministerium des Innern, dann gab ich ein paar Bücher in der Bibliothek zurück, wieder nach Hause, nachdem ich mir ein paar Bücher bei Struppe und Winkler 1 2 4 gekauft hatte. Zu Hause umgekleidet, dann kam Briefs mit seiner Frau und Wimpfheimer. Wir frühstückten zusammen, unterhielten uns nett. Briefs gingen um 3, die beiden anderen begleiteten wir zum Bahnhof Tiergarten, dann mit Duschka durch den Tiergarten, schönes Winterwetter, Unter den Linden, bei dem Rechtsanwalt Ernst Wolff 1 2 5 , dem Enkel von Simson 126 , sehr sympathisch, ernster Mann, der mir gut gefiel. Freute mich auf Vorträge bei den Anwälten. Fröhlich mit Duschka ein paar Läden besehen, todmüde nach Hause, gegessen, dann noch Briefe geschrieben an Pohl und Schmitz nach Breslau. Gleichgültig zu Bett. Duschka ist lieb und schön; fühle das unerhörte Glück, das ich mit dieser Frau habe. W i r regen uns auf über einen Brief des Papstes 127 , der zum Kreuzzug gegen Rußland auffordert, dabei aber heuchlerisch und vorsichtig ist, den anderen vorwirft, daß sie nur an „zeitlichen Flitter" denken, sowie in aller Unbefangenheit von dem Verlust der Kirchengüter spricht, der das Hauptverbrechen der Sowjetregierung sein soll. Dienstag, 11. 2. 30 Telegraphierte morgens an A m Zehnhoff, aber des Nachts, gegen Morgen, sah ich im Halbschlaf deutlich, daß A m Zehnhoff die Schuld an dem ganzen heutigen Regime in Preußen trifft, daß er Otto Braun 128 erzogen und belehrt hat. Grauenhaft, daß ich an diesen Menschen gekommen bin. Brief von Ulrich Scheuner über meinen Preußvortrag; etwas geschmacklos; ich will vorsichtig sein 129 . Fuhr mit der Stadtbahn zur Hochschule, hielt

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Juristische Fachbuchhandlung, gegründet 1890, bis 2004 Potsdamer Straße 103. Ernst Wolff (1877-1959), Rechtsanwalt und Notar in Berlin, Büro Pariser Platz; 1929 Vorsitzender der Rechtsanwaltskammer Berlin, dann Vorsitzender der Vorstände der deutschen Anwaltskammern, 1933 Rücktritt; Oktober 1935 Beurlaubung als Notar, Januar 1936 Entlassung; Dezember 1938 Rücknahme der Zulassung als Anwalt. Februar 1939 Auswanderung nach England. Herbst 1947 Rückkehr nach Deutschland, 1947 Vizepräsident, dann Präsident des Obersten Gerichtshofs der Britischen Zone bis zur Begründung des Bundesgerichtshofs, 1950 Honorarprofessor Köln. Eduard (von) Simson (1810-1899), 1833 Professor der Rechte Königsberg/Pr., 1848 Präsident der Frankfurter Nationalversammlung, 1849 Leiter der Delegation, die König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserkrone anbot, 1871-1874 Präsident des Reichtstags, 1879-1891 Präsident des Reichsgerichts. Pius XI. (1857-1939), Papst seit 1922; Schreiben an den Kardinalpriester Basilio Pompili, in dem über sowjetische Gewalttaten Klage geführt und Rückgabe katholischen Kircheneigentums gefordert wird. Otto Braun (1872-1955), 1920-1933 Preußischer Ministerpräsident (SPD), 1933 Emigration in die Schweiz. Der Brief befindet sich im Nachlaß Schmitt; es heißt darin u.a., das Lesen habe ihn „in dem Eindruck bestärkt, dass sehr wesentliche Dinge über die Staatstheorie der letzten 50 Jahre darin gesagt sind." Nach einigen Vorschlägen, was man anders oder zusätzlich hätte machen können, schließt er: „Ich hoffe, dass Sie diese Bemerkungen nicht als Einwände im kritischen Sinne verstehen, sondern als einen Ausdruck des lebhaften Interesses, mit dem mich der Vortrag und unsere neuliche Unterhaltung über den Gegenstand erfüllt hat."

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meine Vorlesung sehr schön, über die Gesetzgebung. Sah Fräulein Büttner und war zweimal unruhig und geil = verliebt. Mittags einen Augenblick Asam, dann zur Deutschen Gesellschaft 129a, mit Popitz lange unterhalten; er ist sympathisch und fein, hat aber etwas Schwaches, ich weiß nicht, was das ist. Kaufmann war offenbar wütend auf mich. Alles spricht über den neuen Kultusminister Grimme 1 3 0 und seinen Ausspruch, die Zeit des Individualismus sei vorbei, man bedeute nur etwas, wenn man „Exponent einer Machtgruppe" sei. Man will der Theorie < . . . > einen anderen Namen geben. Ging vormittags mit Popitz noch eine halbe Stunde über die Linden, dann todmüde um 5 zur Hochschule, hielt aber eine sehr schöne Übung über den Weg der Gesetzgebung; dann nach Hause, mit hübschen Frauen < . . . > . Zu Hause mit Duschka zu Abend gegessen. Sie ist wunderbar und die beste Frau für mich. U m 1/2 9 zu Brauweiler 131 in der Meierottostraße; er ist sympathisch, erinnert mich aber im Typus an Gieseke; interessant, klug und verständig; Hugenberg 1 3 2 und Seldte 133 , hat eine schöne staatsrechtliche Bibliothek, schenkte mir eine Broschüre von Stahl 134 , wir tranken deutschen Rotwein, unterhielten uns schön bis 12 Uhr. Ich traf dann noch Hella 1 3 5 Kleiststraße 22, sehr schlank, geil wie Frau v. Quednow. U m 1 zu Hause. Mittwoch, 12. 2. 30 Müde, aber ziemlich gut ausgeschlafen, Selbstgefühl nächtlicher Ausschweifung. U m 11 Uhr Sitzung mit Tiessen und Gieseke, allmählich ging es mir besser. Mittags sehr schön ausgeruht. U m 1/4 vor 5 mit Duschka zur Ausstellung des russischen 5 Jahresplans; eine Enttäuschung. Wir trafen Rüstow, gingen zusammen zum Café König 1 3 6 , plauderten dort (er hat französische Philologie studiert) über politische Dinge; ich hatte ihn gern, war aber doch müde und deprimiert. Einsam um 7 Uhr nach Hause, Duschka kam auch (sie war unterdessen zu Wertheim 137 gegangen); ich liebe sie immer mehr. Wir gingen zusammen spazieren, dann früh zu Bett.

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Vortrag Walter Simons, „Die richterliche und gutachterliche Tätigkeit des Haager Ständigen Internationalen Gerichtshofs". Adolf Grimme (1889-1963), 1930-1932 Preußischer Kultusminister (SPD), 1948-1956 Generaldirektor des N W D R . Heinz Brauweiler (1885-1976), Journalist, Berater des Stahlhelmführers Seldte, Leiter der politischen Abteilung des Stahlhelm (obwohl kein Soldat gewesen), 1932/1933 Dozent an der D H P . Alfred Hugenberg (1865-1951), Wirtschaftsführer, 1928 Vorsitzender der D N V P , 1933 kurzfristig Minister unter Hitler, M d R bis 1945. Franz Seldte (1882-1947), Gründer und Bundesführer des „Stahlhelm", 1933-1945 Reichsarbeitsminister, in amerikanischer H a f t gestorben. Friedrich Julius Stahl (1802-1861), ursprünglich Jolson-Uhlfelder, Professor des Staatsrechts Würzburg 1832, Erlangen 1834, Berlin 1840; konservativ-lutherischer Publizist. Hella Ehrik, gebürtig aus Posen, schon 1924 einmal Geliebte Schmitts. C a f é König Unter den Linden 46 und Leipziger Straße 117/118. Kaufhaus Wertheim, Leipziger Platz.

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Donnerstag, 13. 2. 3 0

Sehr schön ausgeschlafen, herrlich. Die alte Frau Eisler138 kam zum Geburtstag von Duschka. Rührend. Traf um 10 Walther Schücking 139 im Kaiserhof; rührender Mann; er sagte: Ich alter Mann werde umso mehr [Antisemit] 140 . Ich mußte um 11 Uhr zu meinem Vortrag für Attachés. Nachher mit Rauschenbach zurück, der mich bis nach Hause begleitete. Mit der Mutter Eisler zu Mittag gegessen, schön ausgeruht bis 5 Uhr (der chinesische Student, den ich bestellt hatte, kam nicht). Zur Handelshochschule, telephonierte Smend, der wieder krank und trostbedürftig war und wegen Hella Albdrücken hatte (Hella horcht auf alle Gespräche im Dozentenzimmer). Interessantes Seminar (Otto 141 über Reichsbahn). Um 1/2 8 mit Pfister nach Hause, dort mit Alice Berend 142 , Breinlinger 143 , Janotta, Adams und Pfister Duschkas Geburtstag (die Gäste wußten aber nichts davon). 3 Flaschen von dem schönen Saarburger Wein getrunken. Schön , nett unterhalten, ich aber war müde, wir gingen schließlich noch zu Fuß zur Sophienstraße, mit Adams und Pfister und Duschka noch im Hotel am Knie ein Glas Bier getrunken, dann müde nach Hause. Adams ist ein netter Kerl, Pfister auch. Freitag, 14. 2. 30

Nicht ordentlich ausgeruht (ich muß abends um 10 zu Bett gehen); etwas munterer durch den Kaffee, an der Steuererklärung herumgedrückt, 11-1 Vorlesung, sehr gut, obwohl ich müde war. Mit Werner Weber nach Hause gefahren, er begleitete mich bis zur Wohnung, wir sprachen über seinen Aufsatz 144 . Mittags Kurt Singer 145 aus Hamburg da; sympathisch unterhalten; über Plato, Spanien, Knapp146. Er blieb bis 1/2 4, dann ruhte ich aus bis 6 Uhr, wurde allmählich munter, trank etwas Kaffee, machte meine Steuererklärung (34900 M), abergläubig und besorgt. Dann schnell zu Abend gegessen, zum Hotel Esplanade 147 , Frau Eisler abgeholt. Mit ihr und Duschka zur Komödie am Kurfürstendamm, Viktoria von

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Ida Ernestine Eysler (sie) (1862-1939), 1937 Emigration aus Hamburg nach London. Walther Schücking (1875-1935), Professor des Öffentlichen Rechts und Völkerrechts Breslau, Marburg, HHB (Schmitt war sein Nachfolger), Kiel; pazifistische Aktivitäten; 1933 zwangsweise pensioniert. Siehe 1. Paralleltagebuch, 78. Herbert Otto (1903-?), 17. 12. 30 Doktorexamen Alice Berend (1875-1938), Romanschriftstellerin, Emigration 1935 nach Italien. Sie hatte Ende der 1910er Jahre Schmitt in München kennengelernt; Verfasserin eines Romans „Der Glückspilz", in dem Schmitt als eine Hauptfigur erscheint; Schwester von Charlotte Berend-Corinth, siehe 25.2.30. Hans Breinlinger (1888-1963), Maler, Ehemann von Alice Berend. „Parlamentarische Unvereinbarkeiten (Inkompatibilitäten)", A ö R NF 19, 1930, S. 161-254. Kurt Singer (1886-1962), Nationalökonom, Wirtschaftsjournalist, Piatonforscher, dem Georgekreis zugehörig; 1924 Professor der Nationalökonomie Hamburg, 1933 Entzug der Lehrbefugnis, Lehrtätigkeit in Japan, dann vor allem in Australien; 1957 Wiedergutmachung durch den Hamburger Senat, Rückkehr nach Europa, in Athen verstorben. Georg Friedrich Knapp (1842-1926), ab 1874 Professor der Nationalökonomie Straßburg, Schwiegervater von Theodor Heuss; Straßburger Lehrer von Schmitt und Singer. Bellevuestraße 2 6 - 1 8 .

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Maugham 148 ; gute Schauspieler, sonst geradezu idiotisch dumm. Über Curt Bois 149 sehr gelacht. Nachher mit Duschka bei Roberts 150 etwas gegessen, zu Fuß nach Hause. Sie ist klug und schön. Samstag, 15. 2. 30 Wieder unbehaglich am Morgen, weil ich nicht genug geschlafen habe. Sehr geil und heftige Reaktionen. Frühstückte, Arger über die alte Frau Eisler. Grauenhaft diese Art Hysterie. Muß heute abend in die Oper; gräßlich. Brief von Linn 151 , der der féd. cath.152 beigetreten ist. Erschüttert von dem Aufsatz von Emil Ludwig 153 über Palästina 154 . Dieser , [der] jüdische Nihilismus und die Verachtung für die anderen Völker. Ordentlich behaglich mein Tisch. Mittags mit Duschka zur Charlottenburger Oper, Billets für heute abend (62.50); zu Hause schnell gegessen und 2 Stunden geschlafen, bis 5 Uhr. Dann wieder am Schreibtisch, sehr behaglich. Angekleidet (lästig das Smokinghemd). Im Theater mit Duschka, Frau Eisler, ihrer Nichte Myri, ein sehr sympathisches Mädchen und deren Mann, dem Zeichner Eichenblatt. Sehr schöne Oper von Verdi 155 , Simone Boccanegra 156 . Josef Pfister war auch da, sprach in der Pause freundlich mit ihm, er fand die Vorführung zu wagnerisch und jeden Tisch 5 kg zu schwer. Nachher zu Lutter und Wegner 157 , schönen Wein getrunken, was mir gut tat. Im übrigen war ich nervös und gleichgültig. Wir gingen zu Fuß nach Hause, es regnete etwas. U m 1 Uhr todmüde zu Bett. Sonntag, 16. 2. 30 Wieder müde. Aber schön am Schreibtisch, den ganzen Vormittag; nicht zur Hedwigskirche. Pfaffgänger < ? > rief an, erwartete für den Nachmittag Pohl. Arbeitete etwas. Komme mir dumm und sammlungsbedürftig vor. Erschrecke vor den politischen Zuständen. Habe die kommende Woche viel Arbeit, warte auf Publikation meines Preußvortrags (ich lebe in dieser fiktiven Welt von Papier und Publizität). Angst, meine Berliner Situation bald zu verlieren; Bedürfnis nach Ruhe und innerer Überlegenheit. Duschka hat Migräne und blieb den ganzen Tag zu Bett. Nach dem Essen schlief ich etwas. Um 4 holte ich Pohl 148

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William Somerset Maugham (1874-1965), englischer Schriftsteller; Aufführung: „Viktoria", Regie Max Reinhardt, Musik Mischa Spoliansky, Darsteller Gustaf Gründgens, Curt Bois, Hermann Thimig, Lili Darvas, Ida Wüst, Lucie Höflich. Curt Bois (1901-1991), Charakterkomiker, 1933-1950 Emigration in U S A . Restaurant, Kurfürstendamm 28. Pierre Linn (1897-1966), Bankier, Übersetzer Carl Schmitts. Wohl Fédération Catholique, aber mehr nicht ermittelt. Emil Ludwig (1881-1948), fruchtbarer Sachbuchautor, Verfasser zahlreicher Biographien. „Der Kampf um Palästina", N e u e Freie Presse, 16.3.30 (Morgenblatt); wieder abgedruckt in Emil Ludwig, „Für die Weimarer Republik und Europa." Ausgewählte Zeitungs- und Zeitschriftenartikel 1919-1932. Herausgegeben von Franklin C . West, Frankfurt am Main u.a., 1991, S. 169-179. Giuseppe Verdi (1813-1901). „Simone Boccanegra", 1857; Aufführung Städtische Oper Bismarckstraße, Dirigent Fritz Stiedry, Inszenierung Otto Kreuß, Ausstattung Emil Preetorius, mit Hans Reimar, Beata Malkin, Ludwig Hofmann. Weinstube Charlottenstraße 49 / Ecke Französische Straße, seit 1806; E. T. A. H o f f m a n n und Ludwig Devrient hatten dort verkehrt.

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im H o s p i z am Gendarmenmarkt 1 5 8 ab. Wir gingen durch den Tiergarten, er erzählte von den Akten des Reichspräsidenten, die er durchsieht, trank bei mir Tee; er blieb zum Abendessen. Wir tranken Saarburger Wein und < . . . > , telefonierte Frau Schmitz nach Hannover ( < . . . > ) und dann rief Bilfinger an. Begleitete Pohl zum Auto. Dann noch etwas herumgelaufen, Zeitungen gekauft, einsam nach Hause. Montag, 17. 2. 30 Ausgeschlafen, aber noch müde (von der Ejakulation gestern abend), wenig Post, Angst und Ekel vor den Juden. Pohl rief an, was mich freute. Arbeitete schön an meinem Schreibtisch, etwas aufgeregt wegen eccl. dir.; freue mich auf friedlichen, schönen Vormittag. Etwas am Schreibtisch ausgeruht. Mittags kam Briefs zum Essen, ferner Werner Weber, der mir die Besprechung von Hiller 1 5 9 brachte. Briefs war unsympathisch. Er ging um 3 Uhr. Ich ruhte einen Augenblick aus (Duschka war nicht beim Essen), dann fuhren wir nach Nikolassee, besahen den traurigen Ort, das düstere Haus Muthesius 1 6 0 , gingen zu Smends, 161 die sehr nett und freundlich waren, sprachen über den neuen Kultusminister 1 6 2 , die Möglichkeit einer autonomen evangelischen Kirche, über die ostelbische Kolonialisierung, er schenkte mir eine Photographie des Siebengebirges von Fräulein Webus, rührend. U m 1/2 8 fuhren wir zurück, aßen zu Hause schnell zu Abend, kleidete mich um, zur Askania 1 6 3 in der Englischen Straße, über den Kompromißstaat, langweilig, kam mir dumm vor. Nachher mit Adams und Pfister in einem kleinen, üblen Lokal schlechten Rotwein getrunken, bis nach 1 Uhr geschwätzt, über literarische Dinge, die < . . . > , die Zentrums[fraktion] usw. Dienstag, 18. 2. 30 Morgens schöner Brief von Linn mit dem Ausschnitt des Aufsatzes von E. d'Ors 1 6 4 in den Nouv. litté. 165 War sehr stolz darauf, schöner Montag, eilige Vorlesung, nachher mit Werner Weber (der bei Smend gewesen war), Unter den Linden eine N u m m e r der Nouv. litt, gekauft, beim Frühstück Schiffer 1 6 6 , zudem Ministerialdirektor Richter 1 6 7 und Fräulein

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Mohrenstraße 27/28. Kurt Hiller (1885-1972), Publizist, 1934 Emigration, 1955 Rückkehr nach Deutschland. Hermann Muthesius (1861-1927); Architekt; das gemeinte Haus ist Potsdamer Chaussee 49; in dieser Villa wohnte Schmitt während des Sommersemesters 1928 durch Vermittlung von Smend. Rudolf und Gisela Smend wohnten in unmittelbarer Nähe, Teutonenstraße 1. Adolf Grimme. Katholische Studentenvereinigung, Englische Straße 13. Eugenio d ' O r s (1881-1954), spanischer Philosoph. Eugenio d'Ors, „ L a lettre, l'esprit et l'esprit de la lettre", Les Nouvelles Littéraires, 15.2.1930, S. I f . Eugen Schiffer (1860-1954), Justizpolitiker, zahlreiche hohe Funktionen, DDP, in der NS-Zeit teilweise versteckt lebend, versuchte nach 1945 in der Deutschen Justizverwaltung der S B Z eine Justizreform durchzusetzen, ging aber nach deren Scheitern nach West-Berlin. - D a s „SchifferFrühstück" war eine regelmäßige Zusammenkunft ähnlich der „Deutschen Gesellschaft von 1914" und dem „Se-Si-So-Club".

167 f e r n e r Richter (1887-1960), Germanist, Professor in Greifswald und Berlin, 1920 im Preußischen Kultusministerium, Leiter der Hochschulabteilung, 1933 Emigration U S A , seit 1949 Bonn.

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Lion von der sozialen Frauenschule, mit Richter gleichgültig unterhalten über Nelson 168 usw. Ihn nach Personen gefragt, Fräulein Lion ist aus Hamburg, erinnerte mich an Lilli Eisler, nett mit Meinecke 169 gesprochen, Demuth usw. Schiffer hielt eine neutrale Rede, ekelhaft. Um 1/2 5 nach der Handelshochschule, schöne Übungen von 5-7, dann nach Hause, zu Abend gegessen, mit Duschka durch den Tiergarten spazieren, um 1/2 11 zu Bett und gleich eingeschlafen. Mittwoch, 19. 2. 30 Herrlich ausgeschlafen bis 9, dann telefonierte Tiessen an, Verfassungsausschuß der Handelshochschule, erst intern, schnell angezogen und gefrühstückt, einen Augenblick mit Gieseke und Tiessen, Verfassungsausschuß, lange mit Tiessen über Handel unter Juden, gefreut an seinem [Nationalismus], auf meinem Zimmer, an Lammers 170 telefoniert, den Vortrag für heute abend vorbereitet. Mittags in der Deutschen Gesellschaft, mit Rosenbaum 171 und Popitz. Kaufmann kam auch und war sehr freundlich gegen mich (über Smend gesprochen, Entwicklungen usw.), nett mit Popitz, Rosenbaum und Dorn, der den Aufsatz von Toulin mitnahm (Pop[itz]. die Nou. littér.), begleitete Popitz und Rosenbaum zum Potsdamer Platz, dann zurück, bei Kranzler starken Kaffee, an den Huren gefreut, zur Hochschule, Senatssitzung, währenddessen meinen Vortrag vorbereitet. Dann war , mißtrauisch gegen Wimpfheimer, der offenbar meinen Familienverhältnissen nachgeht. Um 1/2 8 nach Hause, schnell gegessen. Dann zum Kammergericht, diesmal schöner Vortrag (wir beide wegen der Gesetzgebung) und das Gefühl, Erfolg zu haben. Schnell zurück über die Tauentzienstraße, geil, aber schnell darüber hinweg. Zu Hause aufgeräumt, Duschka macht ihre Kassabücher in Ordnung, müde nach einem anstrengenden Tag. Donnerstag, 20. 2. 30 Um 8 auf, ziemlich entschlossen und guter Dinge, von 9-11 Doktor-Examen Hagemann (schlecht, aber bestanden) 172 , dann eine schöne Vorlesung für die Attachés 11-12, Becker 173 sehr nett. Zu Hause nach dem Essen zu Bett und bis 5 gut ausgeruht. Nachmittags Café

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Leonard Nelson (1882-1929), 1 9 1 9 Professor der Philosophie in Göttingen. Friedrich Meinecke (1862-1954), Historiker, 1901 Professor in Straßburg, 1906 Freiburg i.B., 1 9 1 4 - 1 9 2 9 Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, 1948 erster Rektor der Freien Universität Berlin; Schmitt hatte ihn 1926 in seiner Rezension zu Meineckes „Idee der Staatsräson" scharf angegriffen („Positionen und Begriffe", S. 45-52). Hans-Heinrich Lammers ( 1 8 7 9 - 1 9 6 2 ) , Ministerialrat Reichsinnenministerium, 1 9 3 3 - 1 9 3 7 Staatssekretär, 1 9 3 7 - 1 9 4 5 Chef der Reichskanzlei, 1949 zu 20 Jahren Haft verurteilt, 1952 entlassen. Eduard Rosenbaum (1887-1979), mit Schmitt seit Studentenzeiten befreundet, Sachverständiger in der Friedensdelegation in Versailles, Direktor der Commerzbibliothek Hamburg, Syndikus der Handelskammer, 1933 entlassen, 1934 Emigration nach London, 1 9 3 5 - 1 9 5 2 Bibliothek der London School of Economics, Ubersetzer v o n John Maynard Keynes. Wilhelm Hagemann (1902-?), Wiederholungsprüfung „noch genügend" (nicht bestanden am 6.7.29). Möglicherweise Werner Becker ( 1 9 0 4 - 1 9 8 1 ) , Jurist (Promotion bei Schmitt) und Theologe, 1932 Priester, Teilnahme am 2. Vatikanischen Konzil.

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Schilling 1 7 4 , las d'Ors, große Freude. 6 - 8 Seminar, ein Dominikanerpater war da, ferner Dr. Kühn 1 7 5 aus Leipzig. Referat Gus < ? > über die Neutralität des Rundfunks sowie < . . . > . Nachmittags mit Pfister und Werner Weber und Fräulein Büttner (glücklich, sie neben mir zu haben), zu herrlich schönem Moselwein, dann Burgunder, aber viel zu teuer (30 M). Sehr nett unterhalten über < . . . > usw. U m 10 nach Hause, von Pfister begleitet, todmüde, bald zu Bett. N o c h Ejakulation bei Duschka. Freitag, 21. 2. 3 0 Gut geschlafen, um 9 telefonierte Adams, daß er mittags zum Frühstück komme; ließ mir die Haare schneiden. Schickte Eisler den Aufsatz von d'Ors nach Chur, schrieb auch Feuchtwanger eine Karte 1 7 6 ; dann Bonn getroffen (bei Lutter und Wegner), in einem Antiquariat. Dann meine Vorlesung 11-1; unruhig, weil Fräulein Büttner nicht zu Anfang da war; sie kam aber bald. Dann nach Hause, Rosenbaum, Blei und Adams frühstückten mit uns, sehr nett, nur blieb Duschka nach dem Essen bei uns sitzen, bis 1/2 4; schrecklich. Sie ist wie alle Frauen. Begleitete Blei und Adams, ging noch mit Blei in seine Wohnung 1 7 7 , er war rührend freundlich und gütig, tranken Tee, um 6 zurück, ging zu Bett und ruhte aus bis 8. Mit Duschka zu Abend gegessen, noch etwas spazieren, Brief von Anschütz, der mich um einen Beitrag für sein Hausblatt 1 7 8 bittet. Große Freude darüber. Samstag, 22. 2. 3 0 Wieder gut ausgeschlafen, schnell gefrühstückt, 1/2 10 im Auto zur Handelshochschule, Smend rief vorher < ? > an, vor der Generalsynode, und war sehr nett am Telefon. Eine Stunde zu früh in der Hochschule, die Examen fingen erst um 1/2 11 an, las etwas Kühn, Verfassungsgerichtsbarkeit 1 7 9 , notierte mir etwas, entwarf die Antwort an Anschütz. Dann Examen Linke 1 8 0 , sehr sympathisch, katholischer Typus, mittags um 1 nach Hause, nach dem Essen mit Duschka spazieren, zu Bett, geschlafen, viel zu viel, bis 5 Uhr. Dann am Schreibtisch, beharrlich, kein Kaffee, nach dem Abendessen noch einmal durch den Tiergarten mit Duschka, an Linn geschrieben, die gedruckten Exemplare meines Gutachtens 1 8 1 bekommen, sehr fröhlich darüber, gedruckt zu werden, Korrekturen des Hallenser Vortrages über Pluralismus 1 8 2 . Aufsatz im

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Kurfürstendamm 234. Friedrich Kühn, Verfasser von „Formen des verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes im deutschen Reichs- und Landesstaatsrecht", Leipzig 1929.

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Karte abgedruckt Briefwechsel Feuchtwanger-Schmitt, S. 318.

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Pommersche Straße 5. Wahrscheinlich die DJZ, in der Anschütz viel veröffentlichte und für die Schmitt erst von jetzt an schrieb.

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Siehe 2 0 . 2 . 3 0 .

Josef Linke, „sehr gut". 181 Verfassungsrechtliche Gutachten zu dem deutsch-polnischen Abkommen vom 31. Oktober 1929, Separatdruck, enthält die Gutachten Anschütz, S. 1 - 1 6 , und Schmitt, S. 7 - 1 2 (Benoist, Nr. Β 69a). 180

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Vortrag, gehalten am 25. Mai 1929 auf der 25. Tagung der Deutschen Kant-Gesellschaft in Halle, „Staatsethik und pluralistischer Staat", erschienen Kant-Studien 35, 1930, S. 2 8 - 4 2 , wieder abgedruckt in „Positionen und Begriffe", S. 1 3 3 - 1 4 5 .

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„Ring" 183 über Heller, behaglich zu Bett, wundervolle Ejakulation mit der schönen Duschka. Sonntag, 23. 2. 30 Viel zu lange geschlafen, bis nach 9 Uhr, Augenschmerzen davon. Eine herrliche Stunde am Schreibtisch, Brief an Amtsrichter Hack 184 , ein paar Arbeiten, Besprechungen, übernommen. Telefoniert an Adams und Steinbömer, sprach nett mit der schönen Duschka, freute mich immer noch über den Aufsatz von D'Ors. Nach dem Essen geschlafen, abends früh gegessen, mit Duschka zur Niederwallstraße (dachte an Kathleen 185 , mit der ich dieser Gegend herumgelaufen bin), hörte den Vortrag und Folge Johanna von Orleans 186 im Sonnenscheinsaal, arme, unter Menschen, diese Katholiken, Fräulein Kendziora 187 war auch da, ebenso Fräulein Kraus. Duschka hielt gut aus. Nachher gingen wir noch zu Habel 188 und tranken zusammen eine Flasche Saarwein (Kanzenberger Altenberg, 25). Sehr hübsch war das. Zu Fuß durch den Tiergarten nach Hause. Montag, 24. 2. 30 Vormittags nett für mich am Schreibtisch gearbeitet, aufgeräumt, fühlte mich ruhig und zufrieden. Mittags kam Clauß 189 , Briefs kam nicht, frühstückte mit Clauß, der sehr nett erzählte über Deutschland, über Schneider 190 und Seipel 191 , über Rüstow usw. Um 1/2 4 ging er, ich ruhte aus, um 5 zum Café Schilling, traf dort den Sachsen Friedrich Kühn aus Leipzig; wir disputierten über den Staatsgerichtshof bis gegen 1/2 8, zu Brauweiler, dort mit ihm und Maurenbrecher 192 zu Abend gegessen. Leider ist Maurenbrecher alt und völlig verzweifelt. Grauenhafter Eindruck. Brauweilers Sohn zu 50 M Geldstrafe verurteilt, weil er einen Schupobeamten Judenknecht genannt hat. Bis 1/2 2. Müde und bedrückt von der verzweifelten Lage nach Hause. Das sind auch nicht die Leute für mich.

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„Der Ring", 1928-1933, Konservative Zeitschrift, Herausgeber Heinrich von Gleichen-Russwurm. In Heft 8 vom 23. Februar 1931, S. 144f, erschien der anonyme Beitrag „Rechtsstaat oder Diktatur", der sich mit dem gleichnamigen Buch von Hermann Heller auseinandersetzt. Karl Hack, Kammergerichtsrat. Kathleen Murray (1898-nach 1970), australische Studentin, Anfang der 1920er Jahre zeitweilige Geliebte Schmitts. Jeanne d'Arc (1410 oder 1412-1431). Johanna Kendziora (1903-?), Schülerin Schmitts, Promotion 25.2.33 an der HHB mit dem Thema „Der Begriff der politischen Partei im System des politischen Liberalismus" Unter den Linden 30, seit 1784. Max Clauß (1901-1988), 1926 bei Alfred Weber in Heidelberg promoviert, danach bis 1932 Sekretär des Herausgebers Prinz Rohan und verantwortlicher Redakteur der „Europäischen Revue", Generalsekretär des „Europäischen Kulturbundes" und 1930-1932 Leiter des Berliner Büros des „Deutsch-Fanzösischen Studienkomitees", 1934-1940 Auslandskorrespondent der VZ und des BT; Portugal; nach dem Krieg weitere publizistische Tätigkeit. Reinhold Schneider (1903-1958), katholisch-abendländischer Schriftsteller. Ignaz Seipel (1876-1932), Prälat, österreichischer Bundeskanzler 1922-1924, 1926-1929; auch an den Folgen eines Attentats vom 1.6.1924 gestorben. Max Maurenbrecher (1874-1930), evangelischer Pfarrer, völkischer Nationalist.

Februar 1930

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Dienstag, 25. 2. 30

Um 9 Uhr aufgestanden, nicht ausgeschlafen; dachte immer an Magda 1923 , geil und Sehnsucht. Aber doch ziemlich munter. (der Sekretär Luthers) telefonierte wieder an und schickte mir eine Arbeit über eine Reichsakte. Vielleicht bekomme ich doch Honorar. 11-1 Vorlesung, sehnsüchtige Geilheit, Fräulein Büttner. Nette Vorlesung. Nachmittags mit Werner Weber und Fräulein Büttner zur Schadowstraße, traf dort Popitz, Wimpfheimer, Erich Kaufmann. War aber müde. Nett unterhalten (über die Etrusker); um 3 nach Hause, eine Stunde ausgeruht, zum Glück, dann schnell mit Auto zu Kranzler, Kaffee getrunken, zur Hochschule, Übungen für Gewerbelehrer, sehr nett; 7 nach Hause, nett gegessen, Duschka war lieb (sie hat [von] Frau Corinth 193 die Wohnung gezeigt [bekommen]), nachher gingen wir durch den Tiergarten spazieren, dann todmüde nach Haus und zu Bett. Mittwoch, 26. 2. 30

Vormittags Examen (habe eines verbummelt), nett mit Bonn, der Dienstag zum Frühstück kommt; zum Frühstück mit Clauß, Schreyvogl 194 , Adams, P. Muckermann 195 , Haas 196 , Blei, Reich; in der Behrenstraße, sehr nett unterhalten, entzückender Schreyvogl, der mich nach der Bahn bringen will. Clauß ist klug und fein, Muckermann dumm und schludrig, Adams ruhig und überlegen. Schöner Wein, um 1/2 4 mit Adams nach Hause. Ruhte zu Hause gut aus, bis 7 Uhr, schöner Vortrag für Anwälte vorbereitet und zum Kammergericht, wieder sehr gut, zufrieden nach Hause, mit der Elektrischen durch einsame Straßen gefahren, Kurfürstendamm, traf dort Malwine Koch; sie erinnerte mich an Fräulein Haas, daher Versuch, das zu bewältigen . Bei Gerold 197 schlechter Wein; dann bei Hure in der Kleiststraße , um 1/2 2 nach Hause. Armes, rührendes Geschöpf, lächerliche Situation. Heute abend sind die 5 Separatdrucke meines Aufsatzes in der Neuen Rundschau gekommen. Hatte keine Zeit, sie zu verschicken. Donnerstag, 27. 2. 30

Etwas Kopf- und Augenschmerzen, heiß gebadet, allmählich besser. Gewissensbisse gleich wegen . Hielt meinen Vortrag bei den Attachés sehr schön, sie waren offenbar traurig, daß ich nächsten Sommer nicht wieder komme; traf den , was mich sehr freute. Sie begleiteten mich zur Bibliothek, gab einige , zu Hause ausgeruht, um 5 Uhr nachmittags bei Kranzler Posse 198 getroffen, netter Gang. Er gab mir seine Sorel 199 -Über-

192a 193

194 195 196

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199

Siehe 6. 1.32. Charlotte Berend-Corinth (1880-1967), Malerin, 1939 Emigration nach New York, wohnte als Vormieterin mit ihrem Mann Lovis Corinth Klopstockstraße 48. Friedrich Schreyvogl (1899-1976), österreichischer Schriftsteller und Redakteur. P. Friedrich Muckermann (1883-1946), Jesuit, Publizist, Herausgeber der Zeitschrift „Der Gral". Willy Haas (1891-1973), Kritiker, Begründer der „Literarischen Welt", 1933 Emigration nach Prag, 1939 nach Indien, 1947 Rückkehr nach Deutschland, dann Kritiker bei der Hamburger „Welt". C. S. Gerold Sohn, Weinhandel, Potsdamer Straße 1. Emst H. Posse (I860-?), Chefredakteur der Kölnischen Zeitung; Verfasser von „Die politischen Kampfbünde Deutschlands". Georges Sorel (1847-1922), französischer Sozialphilosoph.

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Setzung 200 , in der er meinen Parlamentarismus 201 rühmend hervorgehoben hat. Wir sprachen sehr nett, er begleitete mich zur Handelshochschule, dort 6-8 Seminar über den Rundfunk, sehr nett, nachher mit Pfister und Adams bei Habel; wundervoller Wein (Leisterer 25 und Bordeaux Léoville). Um 11 sehr zufrieden nach Hause. Wir sprachen über Dubech 202 , den Begriff des Gespräches, Nihilismus, die Literaturgesinnung usw. Freitag, 28. 2. 30

Wieder verschlafen; schnell einige Überweisungen für die Bank geschrieben, glücklich über den Anruf von Clauß, der meinen Aufsatz lobt; Geld geholt, 11-1 Staatsrecht-Vorlesung, nachher mit Wollenweber 203, bei Habel Wein gekauft, zu Hause, nach dem Essen mit Duschka etwas spazieren, die Tauentzienstraße, Läden besehen (Rollenhagen, das Lebensmittelgeschäft 204 ), dann ekelte mich plötzlich vor dem Luxus. Todmüde um 5 Uhr nach Hause, bis 1/2 7 im Bett, etwas aufgelebt, zum Vortrag Voßler 205 , erst der Affront gegen die Universität, dann überrascht über die tote, veraltete [Manier] dieses Mannes, die völlige Uberlebtheit dieser Art zu sprechen; das sind nun die berühmten Professoren. Ging nach einer halben Stunde weg (die Spanier sind traumversponnen, laff, traditionslos, empfindliches Ehrgefühl usw.), [sah] einen Film (letzter Teil) „Mutter Krausens Fahrt ins Glück" 206 , dummer Proletarismus, hilflos und innerlich bedeutungslos; gräßlich als Reaktion armer Leute. Der pessimistische Seelenmord. Nach Hause, früh zu Bett.

März Samstag, 1. 3. 30

Endlich behaglich, ohne Augenschmerzen; mußte mich aber eilen, weil um 9 Uhr schon Doktorexamen 207 . Fuhr mit dem Auto hin, sehr interessantes Examen eines ziemlich dreisten Juden, Blach; Bonn war entzückend, ich schätze ihn privat recht. Dann auf meinem Zimmer, Rüstow telefoniert, ein paar Exemplare meines Hugo-Preuß-Aufsatzes verschickt, dann lange Senatssitzung bis 1/2 3 über Doktorand; mit Bonn zum Kroll-Restaurant 208 , 200 201 202 203 204 205

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„Die Auflösung des Marxismus." Mit einer Einleitung von Ernst Posse, Jena 1930. „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus," 1923. Lucien Dubech (1882-1940), Literatur- und Theaterhistoriker. Otto Wollenweber, Kaufmann. Fritz Rollenhagen Nachf., Feinkost, Weingroßhandel, Tauentzienstraße 20. Karl Voßler (1872-1949), Professor der Romanistik 1902 Heidelberg, 1909 Würzburg, 1 9 1 1 - 1 9 3 7 und 1 9 4 5 - 1 9 4 7 München; Schmitt hatte ihn 1920 in München im Dozentenseminar Max Webers kennengelernt und u. a. mit ihm zusammen den Kondolenzbrief zu dessen Tod mit unterschrieben (Tagebuch 1 9 1 5 - 1 9 1 9 , Fußnote 66 auf S. 16). - Es war die Vorlesung auf dem Carnegie-Lehrstuhl der DHP „Spanisches Menschen- und Volkstum". „Mutter Krausens Fahrt ins Glück", 1929, Regie Phil Jutzi, mit u.a. Alexandra Schmitt, Holmes Zimmermann, Ilse Trautschold. Herbert Blach, „genügend"; Aktenvermerk: „Der Doktorgrad wurde durch Beschluß vom 3 . 5 . 1 9 4 0 wegen Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit entzogen"; vermutlich in Auschwitz umgekommen. Königsplatz (heute Platz der Republik).

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Frühstück der Carnegie-Stiftung 209 . Bekam aber nichts mehr zu essen, traf Zweigert, der sehr sympathisch war und mir sagte, ich wäre der Heiner Lequeder 210 mit Erich Kaufmann fertig zu sein. Voßler war sympathisch und kannte mich noch, ich ließ Asch 211 grüßen, ferner mit Grabowsky gesprochen, der schreckliche Klinkenberg 212 , der Ministerialdirektor Schneider vom Auswärtigen Amt 213 , Pettwitz 214 usw. Mit Bonn weggegangen, etwas spazieren, sehr munter, obwohl ich nicht zu Mittag gegessen habe. Zu Hause noch ein paar Exemplare verschickt, stolz und zufrieden, dann zu Abend gegessen, schöner Rotwein (Pfister war allein zum Mittagessen da). Dann todmüde und schon um 9 zu Bett. Sonntag, 2. 3. 30 Bis 9 geschlafen (nachts 2 Stunden wach von dem Karnevalslärm unten), Gefühl, ausgeschlafen zu sein, behaglich gefrühstückt, Brief von Frau Preuß 215 , die sich bedankt, aufgeregt, an die vielen Vorlesungen für die Postbeamten gedacht, etwas Angst davor, dann wieder Entschlossenheit, fleißig zu arbeiten. Friedmann rief an wegen des Schreibens der Verfassung. Um 12 kamen Hannes Lipps 216 , ich rasierte mich schnell; er sprach so lange mit Duschka, ein lieber, sympathischer Mann, den wir von Herzen lieb gewannen. Leider blieb er nicht zum Essen. Nach dem Essen etwas spazieren mit Duschka, im Zoologischen Garten Hühner besehen, dann zu Hause eine Stunde im Bett. Um 5 kam Lipps wieder, wir tranken Kaffee und Slibowitzer; um 1/2 7 ging er wieder. Sehr nett unterhalten über Preußen, über den Normbegriff . Er nahm meinen „Hüter der Verfassung" mit. Wir aßen zu Abend, schrieb noch schnell an , ein paar Kleinigkeiten erledigt, immer innerlich gespannt wegen der schrecklichen Strapazen, die vor mir stehen mit den Kursen für die Postbeamten. Telefonierte mit Bilfinger, der mir aber entsetzlich alt vorkam. Montag, 3. 3. 30 Regnerisch, um 8 Uhr auf, keine besondere Post, schnell Vorlesung vorbereitet, mit Auto nach Tempelhof, freute mich über das schöne Postzentralamt und den schönen Vormittag, hielt eine schöne Vorlesung vor den sympathischen Herren ( kein einziger Jude); fröhlich nach Hause zurück, am Bahnhof Zoo vorbei, etwas geil. Mittags mit Duschka etwas

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Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching, N e w York, 1905 von A n d r e w Carnegie gegründet; die Stiftung finanzierte den Carnegie-Lehrstuhl der DHP. Nicht ermittelt. Kate Asch (1887-?), Nationalökonomin. Schmitt hatte sie im Haus Eisler, Hamburg und in München kennen gelernt; siehe Tagebuch 1 9 1 2 - 1 9 1 5 S. 281; ihr Ehemann Wilhelm Morgenroth, Professor der Volkswirtschaftslehre, war auch Direktor des Statistischen Amtes München. Nicht ermittelt. Oswald Schneider ( 1 8 8 5 - 1 9 6 5 ) , 1913 A A , 1926 Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung Personal und Verwaltung, Honorarprofessor F W U , 1930 Preußisches Ministerium f ü r Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, 1934 Ordinarius der Rechts- und Staatswissenschaften Königsberg, 1946 Berlin, 1950 Gastprofessor Bonn. Nicht ermittelt. Witwe von Hugo Preuß. Hans Lipps ( 1 8 8 9 - 1 9 4 1 ) , Arzt, 1921 Habilitation in Philosophie, Professor Göttingen, 1935 Ordinarius Frankfurt am Main, gefallen.

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spazieren, um 4 kam Steinbömer, wir gingen durch den Tiergarten er war schnell traurig und verzweifelt. Nahm ihn mit nach Hause, Fräulein Kraus war da, wir aßen zusammen und unterhielten uns nett. Doch ich war sehr müde. Um 10 Uhr ging er weg (unheimlich seine Ähnlichkeit mit Friedrich dem Großen 217 ). Dienstag, 4. 3. 30

Wieder um 8 auf, fröhlich mit Auto zum Postzentralamt, dann schnell zur Handelshochschule, eine Stunde Vorlesung und mich verabschiedet. Müde nach Hause, dort Bonn, Franz Blei und Werner Weber, den ich aus der Vorlesung mitgenommen habe. Bonn war geistreich, aber ich fühlte mich etwas verletzt. Er ging um 1/2 4, Bonn um 4; ich begleitete Blei noch ein paar Schritte. Er war rührend mit seinem Lebensmittelpaket, seinem mageren Gesicht und seiner großen Brille. Etwas ausgeruht. Um 6 kam Frau Smend, wir aßen zu Abend, tranken Bordeaux dazu, dann sahen wir im Schillertheater ein dummes Stück, und dann G. Dandin von Molière 218 , ganz erschreckt über den Aufbau, die technischen Veränderungen usw. Nachher in die Traube 219 , Champagner getrunken (Pommery), dann zu Fuß mit Duschka nach Hause, froh, daß alles gut gelaufen war. Mittwoch, 5. 3. 30

Wieder schnell auf, schnell munter, schnell vorbereitet. Diesmal im letzten Augenblick mit Auto zum Postzentralamt, wieder sehr nette Vorlesung und das Gefühl, daß die Herren sich über die Vorlesung freuen und dafür interessiert sind. Nach Hause, nach dem Essen ausgeruht, um 5 zu Wertheim, wo ich Rüstow traf, der mir genau dieselbe Geschichte erzählte wie vor einigen Wochen. Das deprimierte mich und machte mich mißtrauisch. Wir gingen zu Wolfers 220 , der krank war. Ich war größter Star, aber ich fühlte mich in einer K[ranken] station und war unzufrieden. Etwas bedrückt nach Hause. Abends um 9 zum Kammergericht, letzte Vorlesung vor den Anwälten, sehr schöner Schluß, dann schnell nach Hause und bald zu Bett. Donnerstag, 6. 3. 30

Nach 8 auf, Anruf von Luther, dummerweise [den Vortrag] angenommen, darüber deprimiert. Zu Fuß Bahnhof Zoo, dort ein Taxi und zum Postzentralamt. Vergnügt meine Vorlesung gehalten. Eigentlich tut mir das sehr gut, dann mit der Elektrischen zurück, zum Bahnhof Zoo, mittags nach dem Essen 2 Stunden geschlafen, um 5 kam ein Student Voigtländer, der Duschka den Segelflug erklärte, ich hatte Seminar, Referat von Schubert, sehr nett, obwohl manchmal komisch berlinerisch; nachher mit Pfister, Werner Weber und Schubert zum Ratskeller, erst schlechter Bordeaux, dann schweren Givry getrunken. Um 217 218

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Friedrich der Große (1712-1786). Molière (1622-1673), „George Dandin ou Le mari confondu", 1668. Von den beiden Aufführungen im Schillertheater in der Bismarckstraße war die erste die Groteske „Bourboroche", 1893, von Georges Courteline (1858-1929); in „George Dandin" spielten Heinrich George, Theo Lingen, Hans Leibelt, Elsa Wagner. Hardenbergstraße 29. Arnold Wolfers (1892-1968), 1930-1933 Direktor der DHP, Emigration in die USA, Professor der Politikwissenschaft, zuletzt Yale.

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1/4 vor 11 mit Pfister nach Hause, zuviel geschimpft über den < . . . > und die Professoren; Selbstvorwürfe, daß ich so viel Geld ausgegeben habe (30 M). Duschka war lieb und freundlich. Brief von dem André 221 , der doch nicht heiratet. Freitag, 7. 3. 30 Letzte Vorlesung dieser Woche im Postkurs. Wieder sehr nett und sehr zufrieden mit den sympathischen deutschen Jungens. Schönes Frühlingswetter. Zu Fuß vom Bahnhof Zoo nach Hause, italienischen Wein gekauft. Nach dem Essen Haare schneiden, mit Duschka, die sich die Haare waschen ließ und ganz entzückend vernünftig war. Dann 2 Stunden ausgeruht. Mirgeler 222 meldet sich zu heute abend an, vielleicht kommt auch Adams, worauf ich mich sehr freue. Angenehme Ruhe für einige Stunden, ruhte eine Stunde am Schreibtisch schön aus. Um 7 kam Mirgeler. Wir sprachen über seine Karte (er will an eine pädagogische Akademie oder nach Italien), ein rechter Linksrheinländer, strebsam, < . . . > , dabei klug und sympathisch, französischer Typ. Dann kam Adams, schließlich noch Vorwerk 223 vom „Ring"; wir aßen zu Abend, probierten den italienischen Wein, den ich heute morgen kaufte, der aber leider sehr schlecht war. Schließlich guter Bordeaux, dann noch Pilsner Bier. Duschka war freundlich und nett, Vorwerk erzählte von seiner kommunistischen Zeit, von seiner Mutter (das gefiel mir sehr gut). Todmüde um 12 nach Hause, noch einen Augenblick bei Duschka im Bett, gleich eingeschlafen. Samstag, 8. 3. 30 Traum von Am Zehnhoff, jemand gab ihm Gift, ein Arzt kam und sah ihm ins Gesicht; erregt, ich sehe das scheußliche, dicke Gesicht, dann fällt er mit dem Gesicht auf die Erde und wird weggeschleppt (wohl Nachwirkung der Sueton 224 -Lektüre). Um 9 aufgestanden, Brief von Wimpfheimer usw. nichts Besonderes. Müde. Etwas am Schreibtisch, nichts getan, an Frau von Quednow und Siebeck geschrieben. Um 10 rief Luthers Sekretär an, er sagte ab für heute nachmittag; umso besser (ich wollte ihm auch absagen). Ging mit Duschka spazieren, Schacht 225 ist zurückgetreten, Luther soll Nachfolger werden (daher hat er keine Zeit für mich). Schöner Spaziergang durch den Bellevue-Park. Nach dem Essen 2 Stunden geschlafen, Zeitungen gelesen, allmählich aufgestanden (Duschka ist unwohl), um 5 an Josef Wüst 2 2 6

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André Steinlein ( 1 8 9 1 - 1 9 6 4 ) , Notar, Vetter Schmitts.

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Albert Mirgeler ( 1 9 0 1 - 1 9 7 9 ) , Historiker und Philosoph, 1 9 3 1 - 1 9 3 9 Leiter des Archivs für Volksbildung im Reichsinnenministerium, ab 1960 Professor für Europäische Geschichte in Aachen.

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Friedrich Vorwerk ( 1 8 9 3 - 1 9 6 9 ) , Publizist und Verleger, Schriftleiter der Zeitschrift „Der Ring". C . Suetonius Tranquillus, Autor von Kaiserbiographien, 2. Jahrhundert n. Chr. Hjalmar Schacht ( 1 8 7 7 - 1 9 7 0 ) , 1 9 2 3 - 1 9 3 0 , 1 9 3 3 - 1 9 3 9 Reichsbankpräsident, 1 9 3 5 - 1 9 3 7 Reichwirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter für die Wehrwirtschaft, 1946 im Kriegsverbrecherprozeß in Nürnberg freigesprochen. Eine treffende Charakterisierung an entlegener Stelle sei hier mitgeteilt: „Er spricht gut englisch und französisch und ist verantwortungsfreudig, er hat bisher auch immer Glück gehabt. Ein tiefer Denker, Forscher, ein theoretisch gut vorgebildeter Mann ist er nicht, aber ein kluger, wenn auch nicht ganz mündelsicherer Mann." (Max M. Warburg bei Kleßmann, S. 68)

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Josef Georg Wüst, Volksschullehrer, ab 1919 Schulrat in Frankfurt (Main), SPD-Mitglied, Schmitt war seit seiner Schulzeit mit ihm befreundet.

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ein Heft der Neuen Rundschau geschickt, an Frau Breschles zum Geburtstag Pralinen, im Café Wilhelmshalle sehr starken Markedobel getrunken, dazu in großer Aufregung Bernanos 227 [Rede] über die Commune 228 gelesen. Unternehmend nach Hause, ein paar Notizen über den Donoso-Cortez-Aufsatz 229 gemacht. Duschka ist entzückend schön und klug; Wimpfheimers Buch, das ich besprechen soll. Schnell müde, durstig. Noch Pilsner Bier holen lassen, dann ins Bett. Sonntag, 9. 3. 30

Todmüde, keinen Kaffee, sondern Tee getrunken, deshalb gutes Gewissen. Fast nichts getan (die Nacht schlecht geschlafen), mittags zu Guardini in der Sophienstraße gefahren; er war sehr freundlich und sympathisch. Ich war schnell ergriffen und gerührt. Wir sprachen über die Neutralisierung, er sagte wunderbare, kluge Dinge und verstand sofort. Sehr befriedigt nach Hause zurück, dort war Dorn 230 , der Vetter von Fräulein Hasbach, um 1/2 2 kam Fräulein Büttner, , Willis. Sie aßen bei uns zu Mittag und blieben bis 4 Uhr. Nett, sympathische Mädchen, leider modern angezogen. Ich war schließlich todmüde und ging um 4 zu Bett; schlief bis 7 Uhr, scheußliche Ejakulation, träumte von Klärchen 231 , in einem Huren-Parterrezimmer. Ekelhaft. Dachte über mein Leben nach und war gerührt von der sicheren Führung durch dieses Rote Meer meiner Dummheit und Narrheiten. Aß bescheiden zu Abend, kein Wein, ging mit der schönen, klugen Duschka durch den Tiergarten spazieren, brachte meinen Aufsatz für Guardini zur Post, um 10 wieder zu Hause und bald zu Bett. Größte Vorsicht, leider nicht viel getan. Montag, 10. 3. 30

Inzwischen fangen die Vorlesungen wieder an; um 8 aufgestanden, keine Post, keinen Kaffee getrunken. Hielt eine sehr schöne Vorlesung, Ubersicht über Organisation der Reichsbank und Reichsbahn. Dann mit 2 Assessoren in der Stadtbahn zum Bahnhof Börse, holte mir Geld von der Bank, nach Hause, todmüde, nach dem Essen ausgeruht, komme zu nichts infolge dieser Vorlesungen; das Geld für den Hugo-Preuß-Aufsatz ist gekommen; sehr froh darüber, Geld in der Tasche zu haben; herrliches Frühlingswetter. Nachmittags um 5 kam Werner Weber. Sprach mit diesem über seine Arbeit, trank eine Tasse Tee, dann bald zu Abend gegessen, mit Duschka etwas spazieren, um 9 schon zu Bett und bald eingeschlafen. Dienstag, 11. 3. 30

Gut ausgeschlafen, fröhlich auf, Gefühl der Reinheit, weil ich keinen Kaffee getrunken habe, trank aber diesen Morgen schon wieder etwas. Fröhlich zu Reichspostzentralamt, wieder nette Vorlesung, mit der Stadtbahn nach Hause, etwas ausgeruht, dann zur Deut-

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Georges Bernanos (1888-1948), französischer katholischer Schriftsteller. „La Commune de 1871"; Vortrag vom 28. Februar 1930 vor dem Institut d'Action française, wieder abgedruckt in Bernanos, Essais et écrits de combat, I, Paris 1971 (Édition de la Pléiade), S. 1187-1212. „Der unbekannte Donoso Cortés", Hochland 27, 1929, S. 491-496. Nicht ermittelt. Klärchen Bienstein, Plettenberger Nachbarstochter, siehe Jugendbriefe, S. 74.

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sehen Gesellschaft, mit Briefs, Wimpfheimer, Löser 232 nett unterhalten, mit Wimpfheimer noch etwas spazieren, habe ihn sehr gern. Zweigert hat gestern im Reichstag mein Gutachten verlesen. Um 5 nach Hause, sehr geil, ruhte aus, um 1/2 7 kam Adams; wir aßen etwas, gingen zum Künstlertheater, ein dummes englisches Lustspiel mit Bassermann 233 , der sehr gut war; eigentlich deprimierend; nachher mit Adams erst bei Koschwitz 234 , dann bei Stöckler235, schönen alten Bordeaux getrunken (1918, schließlich zum Papa Clément). Um 12 müde nach Hause. Brief von Kiener 236 über André. Mittwoch, 12. 3. 30

Herrlich geschlafen nach dem schönen alten Wein, um 1/2 8 auf, wieder normales Kaffeefrühstück, schöne Vorlesung, die den Jungens gefiel, zum Reichstag, für morgen nachmittag Karten besorgt, zum Glück ging das sehr einfach; zu Hause, mit Duschka bei schönem Wetter durch den Bellevuepark, dann nach dem Essen 2 Stunden geschlafen. Zur Schreibmaschinenfrau mit dem Gefühl, wie ein Student fleißig sein zu müssen. Über eine Stunde diktiert (Donoso Cortés) 237 , dann zufrieden nach Hause, abends ein Glas Wein, mit Duschka spazieren, zufrieden zu Bett. Donnerstag, 13. 3. 30

Schnell zum Reichspostzentralamt, zu Fuß bis Bahnhof Zoo, Vorlesung, mittags zu Hause gegessen und etwas ausgeruht, um 2 Uhr zum Reichstag, im Schnee, auf die Herren gewartet, die eine Reichs[tags]sitzung anhören wollen (immer Angst, ich würde mich blamieren), traf im Tor des Eingangs V Steinbömer, der sehr gut aussah. Interessante Sitzung über das Republikschutzgesetz Rede von Severing, ging todmüde um 5 nach Hause, im 8-Uhr-Abendblatt mein Name (Hindenburg 238 über die Verfassungsmäßigkeit des entschieden, ruhte etwas aus, um 8 zu Lutter und Wegner, Eschenburg sehr nett, Freytag-Loringhoven.

Ewald Loeser, beim Deutschen Städtetag (Mitherausgeber des „Handwörterbuchs der Verwaltungspraxis", Berlin 1930) und an anderen kommunalen Institutionen; später Krupp, Dresdner Bank u.a.; 1944 Prozeß vor dem Volksgerichtshof, 1947 Prozeß vor amerikanischem Gericht in Nürnberg. 233 Albert Bassermann (1867-1952), Schauspieler, 1933 Emigration Schweiz, dann Osterreich, 1938 USA, 1946 Rückkehr. - Das Stück „Sex Appeal" von Frederick Lonsdale (1881-1954) wurde im Deutschen Künstlertheater, Nürnberger Straße 70/71 aufgeführt, außer mit Bassermann noch mit Hans Brausewetter, Rosa Valetti, Mady Christians, Adele Sandrock, Willi Forst, Hilde Hildebrand. 234 Stadtküche Koschwitz, Kupfergraben 59. 235 Weinstube Adolf H. Stöckler, Kurfürstendamm 228. 236 p r i t z Kiener (1874-1942), Professor der Geschichte in Straßburg, seit Schmitts Dozentenzeit in Straßburg mit ihm befreundet. 237 Juan Francisco Maria de la Salud Donoso Cortés (1809-1853), spanischer Politiker und Staatsphilosoph. 238 Paul von Beneckendorff und von Hindenburg (1847-1934), Generalfeldmarschall, ab 1925 Reichspräsident. 232

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Freitag, 14. 3. 30 Etwas Kopfschmerzen, zu Fuß bei herrlichem Wetter zum Bahnhof Zoo, Zeitungen gekauft (in Erwartung von Hindenburgs Entscheidung 239 ), hielt meine Vorlesung etwas zu schnell, mittags etwas spazieren mit Duschka, dann ausgeruht, um 5 aufgestanden (nachdem ich geschlafen hatte), fleißig den Tisch aufgeräumt. Abends kam Fräulein Kraus und erzählte von ihren Geschichten mit dem Juristen Salzmann. Sie machte einen sehr schlechten, unsympathischen Eindruck. Wir begleiteten sie zur Wullenweberstraße, dann müde nach Hause, nachts schlecht geschlafen. Demuth hat heute nachmittag angerufen und um einen Vortrag für den 8. April gebeten; Zusage. Ergriffen von Virgil 240 . Samstag, 15. 3. 30 U m 1/2 9 todmüde auf, zur Handelshochschule, Verfassungsausschuß, Gieseke und Tiessen, Eulenburg. Sehr nett, bei Demuth wegen meines Vortrages, freute mich über sein Wohlwollen und seine Freundlichkeit, ohne mir etwas vorzumachen; brachte die Sache mit Friesenhahn 241 in Ordnung. Dann fröhlich nach Hause. Mit Werner Weber zu Mittag gegessen, nachher geschlafen bis 5. Thoma rief an, für morgen verabredet, was mir sehr wohl tat, freute mich auf meinen Vortrag bei Kroll, arbeitete abends zu Hause am Schreibtisch etwas. Ziemlich beherrscht. Ergriffen von Virgil, das ist meine Religion. Duschka ist krank, ich war mißlaunisch, aber beherrscht. Abends noch etwas am Schreibtisch, um 9 an Bilfinger nach Halle telefoniert; er war sehr freundlich und nett und machte mir große Komplimente. Ich wurde schnell müde, Sehnsucht nach Arbeit, Einfachheit, Beherrschtheit, Ruhe. Morgen abend kommen Clauß und Prinz Rohan 2 4 2 . Sonntag, 16. 3. 30 Gut ausgeschlafen, behagliches Gefühl der Reinheit, um 11 zur Galerie Flechtheim 243 , traf Thoma dort, im Schnee etwas spazieren, weil die Galerie erst um 12 geöffnet wurde. Sprachen über staatsrechtliche Dinge, den neutralen Staat, sehr nett und freundschaftlich; um 12 in die Galerie, Kolbe 2 4 4 -Plastik besehen, um 1 zu uns, dort war Sombart und machte seinen Besuch und überreichte sein neues Buch 2 4 5 . Wimpfheimer kam auch gerade, freute

Hindenburg hatte in Gesprächen mit dem sozialdemokratischen Reichskanzler Müller und dem Vorsitzenden der Zentrumsfraktion Heinrich Brüning am 10. und 11. März zugesagt, nach Annahme des Young-Planes werde er der Regierung der großen Koalition die Haushaltssanierung durch die Vollmachten aus Artikel 48 WRV gewähren. 240 ρ Vergilius Maro, Dichter zur Zeit des Augustus; Aeneis, Eklogen, Geórgica (Virgil spätere Form). 241 Ernst Friesenhahn (1901-1984), 1928 bei Schmitt in Bonn promoviert, ab 1929 Assistent in Bonn, SS 1930 Assistent Schmitts an der HHB, Professor des Öffentlichen Rechts ab 1938, Ordinarius 1946-1970 Bonn, Richter am Bundesverfassungsgericht 1951-1963. 242 Karl Anton Prinz Rohan (1898-1975), von 1925 bis 1936 Herausgeber der „Europäischen Revue". 243 Lützowufer 13, Inhaber Alfred Flechtheim (1878-1937), Emigration nach London 1933; Schmitt hatte bereits als Referendar 1914 die Galerie Flechtheim besucht, damals in Düsseldorf; siehe Tagebücher 1912-1915, S. 145 f. 244 Georg Kolbe (1877-1947), Bildhauer. 245 Werner Sombart, „Die drei Nationalökonomien: Geschichte und System der Lehre von der Wirtschaft", München 1930. 239

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mich natürlich darüber, daß der berühmte Sombart da war. Wir aßen sehr nett, Thoma schien sich wohl zu fühlen; freute mich darüber; schöner Wein, sehr nett unterhalten, über Freistellung , über die Frankfurter Zeitung, Wimpfheimer war entzückend. Er ging um 4, als Mirgeler kam, Thoma ging um 5, aus dummer Schwäche gegen Mirgeler ließ ich ihn herein, sprach mit ihm 2 Stunden lang ohne auszuruhen, um 1/2 7 kamen Rohan und Clauß, sehr nett unterhalten, Rohan entzückend, selbstbewußt, politische Bedeutung, macht offenbar große Politik mit Osterreich und will mich nach Wien haben. Das gefiel mir. Duschka war wunderbar, klug und überlegen, sprach herrlich über Sombart, Rohan will das dem Duce 246 sagen. Wir gingen in den Kiosk am Bahnhof Tiergarten und tranken noch Bier. Streit mit Clauß wegen der in der [Europäischen Revue]. Todmüde um 1/4 vor 1 nach Hause und gleich geschlafen. Rohan sagte von Duschka, sie sei ein Urwald, wunderbare Frau, Kraft und Sicherheit usw. Montag, 17. 3. 30

Todmüde um 1/2 9 auf, Brief von Mohr 247 , der meinen Preuß-Aufsatz in seiner Vortragsreihe veröffentlichen will; vergnügt darüber, auch über das Honorar; schnell angekleidet, sehr freundlich mit Duschka, sie ist wundervoll, entzückend und klug. Dann zum Reichspost-Zentralamt, schnelle Vorlesung, mittags mit der Elektrischen zum Bahnhof Zoo, Act. Fr.248 gekauft, schön zu Mittag und gleich zu Bett, bis 4 geschlafen, dann rief Frau v. Schnitzler 249 an, sehr glücklich, daß sie kommt, Carl Brinkmann, mit dem ich mich für morgen verabredete; Frau v. Schnitzler kam um 1/2 6, blieb bis nach 7, erzählte von ihrer Liebe zum Katholizismus, von Jung 250 , von ihrer Schwägerin; sie war entzückend, ich war verliebt und erinnerte mich an Magda, aber die Überlegenheit Duschkas ist doch prachtvoll; ich unbestechlich sachlich. Wir aßen zu Abend, ich schrieb ein paar Briefe an Leitner 251 (wegen der J. G.252, über die ich endlich etwas gehört habe), Mohr und Friesenhahn; dann Spaziergang mit Duschka zum Bahnhof Zoo und Kurfürstendamm, müde nach Hause und schnell zu Bett. Dienstag, 18. 3. 30

Ein Berliner Tag, morgens in Eile zu Brinkmann, im Fürstenhof, von 9-10 dort gefrühstückt, sehr schön unterhalten (der heutige Staatsmann Gladiator-Typus). Freute mich an seiner Anhänglichkeit und Feinfühligkeit, dann zum Reichspost-Zentralamt gefahren, schnell meine Vorlesung erledigt, dann wieder mit Taxi zum Pariser Platz, in der Rem-

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Benito Mussolini (1883-1945). Verlag Mohr (Siebeck), Tübingen. Action Française, Zeitung der gleichnamigen nationalistischen, antiliberalen und militant katholischen politischen Bewegung. Lilly von Schnitzler, geb. von Mallinckrodt (1889-1981), lebenslange Freundschaft mit Schmitt, mit zahlreichen Künstlern und Intellektuellen befreundet, bedeutende Mäzenatin; Ehefrau Georg von Schnitzlers. Carl Gustav Jung (1875-1961), schweizerischer Psychoanalytiker, verkehrte in Lilly von Schnitzlers Frankfurter Salon. Friedrich Leitner (1874-1945), Nationalökonom, 1906 Dozent, dann Professor HHB. J. G. nicht bestimmbar.

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brandt-Ausstellung 253 mit Steinbömer, dort Rupé 254 aus München und Frau von Schnitzler getroffen, mit Steinbömer schön über Rembrandt als Erzieher 255 ; wir fuhren nach 1 zu mir in die Klopstockstraße, dort waren Eulenburgs schon, Adams kam nach. Wir aßen sehr nett zu 6, sprachen über das Verschwinden der Landwirtschaft (saturnia tellus 256 ) bis 1/4 4. Adams und Steinbömer blieben noch und zeigten mir die unglaublich dumme Einladung von Gleichens 257 , [der wegen] meines Vortrages zum Frühstück einlädt. Aufgeregt. Ruhte dann eine Stunde aus, um 7 zum Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, mit Adams die Premiere Shakespeares 258 „Liebes Leid und Lust", von Fehling 259 sehr schön inszeniert 260 < . . . > , mit Adams zu Lutter und Wegner, dort Saarburger, guter Burgunder (Mercurey), traurig über das viele Geld, das draufgeht; viel Liebe und Sympathie für Adams, um 1/2 1 zu Hause, Duschka schläft. Mittwoch, 19. 3. 30 Wenig geschlafen, trotzdem morgens frisch und unternehmend. Schrieb < . . . > an Gleichen und schickte den Brief eingeschrieben und als Eilbrief; zum Reichspost-Zentralamt, schöne Vorlesung, mit der elektrischen Bahn zum Wittenbergplatz < . . . > , aber schnell ermüdet. Offenbar ein starker Mutterkomplex. Sie mag mich wohl. Um 1/2 2 mit Taxi nach Hause, Duschka blieb wegen ihres Schnupfens im Bett, ich aß allein, nachher unruhig, Gleichen rief an, ziemlich friedlich beigelegt, aber ich halte den Vortrag nicht, das war die Hauptsache. Las die Act. fr., unzufrieden und wenig < . . . > geschmeichelt durch den Brief des Präsidenten Mendelssohn 261 , der sich für meine Bereitwilligkeit bedankte, einen Vortrag in der Industrie- und Handelskammer zu halten. Um 6 aufgestanden, eine Stunde am Schreibtisch, dann zum Fest der Berliner Anwälte im Marmorsaal des Zoologischen Gartens, über 600 Leute, erst etwas einsam, saß neben dem Stadtkommandanten Schreiber 262 und dem Rechtsanwalt Abraham 263 . Sehr nett mit beiden unterhalten. Nachher noch einen Augenblick Zweigert, Wimpfheimer, Bonn, Kaufmann (der grauenhaft häßlich, gnomenhaft scheußlich

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Rembrandt Harmensz. van Rijn ( 1 6 0 6 - 1 6 6 9 ) . Hans Rupé ( 1 8 8 6 - 1 9 4 7 ) , Kunsthistoriker, Übersetzer von Homer, Eurípides und Sappho. Kustos am Bayerischen Nationalmuseum, seit 1915 mit Schmitt bekannt.

Julius Langbehn ( 1 8 5 1 - 1 9 0 7 ) , „Rembrandt als Erzieher", 1890. 256 Vergil, Geórgica 2, 173: salve, magna parens frugum, Saturnia tellus („Heil dir, große Mutter der Frucht, saturnische Erde", Ubersetzung nach Johannes und Maria Götte). 255

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Heinrich von Gleichen-Rußwurm ( 1 8 8 2 - 1 9 5 9 ) , 1924 Gründer des Herrenklubs, Herausgeber der Zeitschrift „Das Gewissen", 1 9 2 8 - 1 9 3 3 Herausgeber „Der Ring".

1919-1927

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William Shakespeare ( 1 5 6 4 - 1 6 1 6 ) .

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Jürgen Fehling ( 1 8 8 5 - 1 9 6 8 ) , Regisseur in Berlin, München, Zürich, nach dem Krieg wieder in Berlin (Schiller- und Schloßparktheater).

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Darsteller Alexander Granach, Aribert Wäscher, Veit Harlan, Paul Bildt, Albert Florath, Hans Leibelt, Renate Müller, Elfriede Borodin.

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Franz von Mendelssohn ( 1 8 6 8 - 1 9 3 5 ) , Präsident der I H K Berlin 1 9 1 4 - 1 9 3 1 ; Ehrenbürger der HHB.

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Generalmajor Kurt Schreiber ( 1 8 7 5 - 1 9 6 7 ) .

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Hans Fritz Abraham ( 1 8 8 9 - ? ) , Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer, Emigration USA.

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ist). U m 12 nach Hause; hörte von Gymnasialdirektor Huber 2 6 4 , daß Fräulein Schneider eine Nierenoperation durchgemacht hat; Angst vor einer Nierenerkrankung, gute Vorsätze. Donnerstag, 20. 3. 30 Morgens Milch getrunken statt Kaffee. Die Nierenschmerzen haben sofort aufgehört. Schlechte, müde Vorlesung bei den Postassessoren. Zu Hause gegessen und geschlafen. Abends schon um 9 ins Bett, sofort eingeschlafen; herrlich. Freitag, 21. 3. 30 Sehr frisch, herrlichstes Gesundheitsgefühl, ich erhole mich sehr schnell. Trank Kaffee, hielt im Reichspost-Zentralamt meine Schlußvorlesung, mit großem Erfolg (Völkerrecht); verabschiedet, sehr zufrieden, im Bahnhof Z o o Act. Fr. gekauft, zu Hause mit Koschewnikow, seiner Schwester und Pfister gefrühstückt, geplaudert (die Schwester ist sehr vornehm und schön), in den Zoologischen Garten gegangen, ins Aquarium, herrlich, viel Geld ausgegeben, Blumen für Frau Koschewnikow gekauft, um 7 müde nach Hause, nach dem Abendessen gleich zu Bett, konnte aber nicht einschlafen, Valeriu Marcu 2 6 5 gelesen; der erste Bluff schnell vorbei. Samstag, 22. 3. 30 Mußte früh aufstehen, weil ich auch [in der] Handelshochschule Sitzung hatte; schauerlich, erkältet von gestern, hoffentlich geht es vorüber. Sitzung mit Gieseke und Tiessen, ganz nett. Mittags sehr müde, nach dem Essen Haareschneiden, Angst vor dem Zahnarzt. Mit Duschka, die ganz entzückend gesund aussah, etwas spazieren, dann zu Hause 2 Stunden geschlafen, Mirgeler nicht empfangen, um 6 auf, mein Schreibtischsessel zerbrach, ruhte am Schreibtisch, fühlte mich allmählich wieder wohl. Heute morgen Brief von Linn. Ruhig zu Bett. Sonntag, 23. 3. 30 Gut ausgeruht, fleißig die Notizen gemacht am Schreibtisch, an Vermeil 2 6 6 nach Straßburg geschrieben. Mittags Josef Wüst, nett unterhalten, begleitete ihn zum Schottenhaml 2 6 7 . Er ging dann abends zu König. Abends die Briefe zum Kasten gebracht. Montag, 24. 3. 30 Morgens schön zu Hause, komme aber nicht vorwärts mit der Arbeit, oft Angst, Gefühle der Erledigtheit, mittags zu Jos. Wüst. Nach dem Essen lange ausgeruht, um 5 im Auto zu Kranzler, schnell Kaffee, dann Vortrag, Vorlesung Bruns in der Handelshochschule, unbe-

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Prof. Dr. Oskar Huber.

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Valeriu Marcu ( 1 8 9 9 - 1 9 4 2 ) , Schriftsteller und Publizist deutscher Sprache rumänisch-jüdischer Herkunft, 1933 Emigration nach Österreich, Frankreich, USA. 1930 erschien sein Buch „Männer und Mächte der Gegenwart"; siehe Marcu 2002.

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Edmond Vermeil ( 1 8 7 8 - 1 9 6 4 ) , Professor der Germanistik in Straßburg, 1943 in London im Stab de Gaulles.

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Bellevuestraße I I a ; sowie Königgrätzer / Ecke Anhaltstraße (heute Café Stresemann, Ecke Stresem a n n - / E c k e Anhalter Straße).

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deutend und schwach, eine gewisse Respektabilität; saß neben Kaufmann, der offenbar wütend auf mich ist und schrie, er hat mehrmals das Wort organische Staatslehre gebraucht. Übler Eindruck, auch von Martin Wolff 268 , der aber ganz freundlich war. Angst vor diesen Menschen, später freundlich mit Frau Bruns, drückte mich dann; zu Hause Peterson 269 , freute mich doch, ihn wiederzusehen. Wir aßen zusammen zu Abend, er wohnt im Askanischen Hof 270 . Dienstag, 25. 3. 30 Arbeitete vormittags etwas, mittags spazieren mit Duschka. Peterson traf uns vor dem Hause, wir gingen zusammen durch den Tiergarten an den Zelten vorbei; er begleitete mich zur Deutschen Gesellschaft, dann mit Briefs, Loeser und sehr nett unterhalten, aber langweilig, Bürokratenfadheit. Um 4 nach Hause, froh über die schöne, kluge Duschka. Abends umgekleidet, um 7 kam die Gusti , Peterson, Adams, Franz Blei, Frau v. Quednow. Furchtbar viel getrunken, sehr interessante Gespräche, ich freue mich, daß Frau v. Quednow sich gut unterhielt, Blei nannte Peterson einen Atheisten und Teufel. Wir tranken viel Slibowitz. Um 12 brachten wir die Gäste zum Bahnhof Tiergarten, müde nach Hause, traurig über das viele Geld, das das alles kostet. Mittwoch, 26. 3. 30 Morgens eine Stunde gearbeitet, kam nur langsam mit meinen Sachen vorwärts (Donoso Cortés, der Hugo Preuß Aufsatz, mein Vortrag in der Industrie- und Handelskammer). Dann kam Peterson, wir schwätzten wieder, er aß bei uns zu Mittag, abends für Kamnitzer 271 abgesagt (das mit dem Kultusminister Grimme war natürlich Schwindel, wie Adams gleich richtig bemerkte); froh, den Abend für mich zu haben. Peterson [lieh] sich Geld. Wir begleiteten ihn nach Hause zu seinem Hotel; er aß wieder bei uns zu Abend. Donnerstag, 27. 3. 30 Morgens wieder gearbeitet, nicht viel, Aufsatz Preuß korrigiert, Peterson bekam 100 M, tat mir leid, er findet Blei dumm und langweilig und Frau v. Quednow häßlich. Aß bei uns zu Mittag mit Kamnitzer und seiner Frau zusammen, die von seinem Italienbuch sprach; scheußliche Literaten; fast jeder. Mir wurde fast schlecht. Blieb bis 5 Uhr und wollte nicht gehen, machte sich Notizen, suchte mich auszupressen; widerlich. Um 5 kam Fräulein Büttner. Ich war froh, wegzukommen, ging mit Peterson durch den Tiergarten, dann todmüde nach Hause zurück, abends früh ins Bett. Ekel vor diesen vielen Gästen.

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Martin Wolff (1872-1953), Professor des Bürgerlichen Rechts, ab 1921 Ordinarius Universität Berlin, 1933 Vertreibung aus der Universität, 1938 Emigration nach England. Erik Peterson (1890-1960), seit 1924 mit Schmitt befreundet, 1924 Professor des Neuen Testaments und der alten Kirchengeschichte Bonn, 1930 Konversion zum Katholizismus, 1945 Professor der altchristlichen Literatur und Religionsgeschichte an päpstlichen Hochschulen Rom. Königgrätzer bzw. Saarlandstraße 119. Ernst Kamnitzer (1885-1946), Schriftsteller. Herausgeber des apokryphen Shakespeare-Stückes „Der verlorene Sohn", das Schmitt sehr interessierte (siehe Briefwechsel Smend, S. 78 f.).

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Freitag, 28. 3. 30

Etwas gearbeitet, Kaffee zum Frühstück wie immer diese Tage; um 12 kam Peterson, der gestern mit Frau Hübner 70 M ausgegeben hat. Muß ihm also wieder Geld geben. Er blieb selbstverständlich zum Essen, dann gingen wir durch den Tiergarten, am Reichstag vorbei (bekam aber keine Karte), verabschiedeten uns in der Friedrichstraße; er ging zu Adams. Müde nach Hause zurück, sehr deprimiert, ruhte eine Stunde aus, aß bescheiden zu Abend, um 8 zum Vortrag Vermeil in die Hochschule für Politik 272 ; neben Smend, aber das Gefühl der Unsicherheit und Angst, von ihm ausgelacht zu werden. Sah Plessner 273 und Heuss 274 . Nachher begleitete ich Smend zum Schottenhaml, nicht zu Sombart, obwohl ich Lust hatte, Wein zu trinken. Sprach mit Smend auf dem Wege am Bahnhof vorbei über Virgil (er kannte die römische Religion, Zivilisation usw.). Sehr traurig nach Hause mit der Stadtbahn. Samstag, 29. 3. 30

Vormittags Sitzung in der Handelshochschule, Wimpfheimer war sehr nett, Verfassungsausschuß. Mit ihm im Auto zu Kohler. Dort frühstückte die Carnegie-Stiftung, neben dem Reichskanzler Marx 275 , der konstant über Am Zehnhoff erzählte und sagte, er habe 10 Exemplare meines römischen Katholizismus 276 verschenkt. Sprach nett mit Bruns, freute mich über die Anerkennung, Wolfers ist Direktor der Hochschule für Politik geworden; um 4 nach Hause, zu Fuß, immer noch nichts getan für meinen Vortrag, immer noch Arbeit mit dem Hugo Preuß Aufsatz. Abends mit Duschka spazieren, früh zu Bett. Sonntag, 30. 3. 30

Endlich ein ruhiger Tag ohne Besuch; ordnete etwas den Tisch, führte Tagebuch, fühlte mich allmählich wieder wohl. Mittags nach dem Essen mit Duschka spazieren, zum Grunewald; er ist traurig; wir finden den Tiergarten schöner. Um 5 zurück, kein Kaffee, ausgeruht im Bett, abends etwas aufgestanden, noch einmal spazieren zum Briefkasten, Zeitungen gekauft; ruhig zu Bett, gute Vorsätze. Daran gedacht, daß ich heute vor 30 Jahren einen Zettel schrieb, als Volksschüler. Montag, 31. 3. 30

Gut ausgeschlafen, keine besondere Post, vormittags immer an dem Preuß-Aufsatz, um 11 kam das Schreibmaschinen-Mädchen, dumm und langweilig. Nach dem Essen ausgeruht, um 4 zum Café, eine Tasse Kaffee, dann bis gegen 7 diktiert, Hugo-Preuß-Anmerkungen. Abends kam Georg, wir tranken Wein, begleitete ihn dann zum Esplanade-Hotel. Er ist gut und sympathisch.

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Vorlesung auf dem Carnegie-Lehrstuhl: „Deutsche und französische Demokratie". Helmuth Pleßner (später Plessner) (1892-1985), Emigration 1933, Professor der Philosophie und Soziologie in Groningen 1 9 3 4 - 1 9 4 2 und 1 9 4 6 - 1 9 5 1 , ab 1951 in Göttingen. Theodor Heuss (1884-1963), liberaler Redakteur, MdR, Studienleiter an der DHP, stimmte für Hitlers Ermächtigungsgesetz, nach dem Krieg FDP-Politiker, 1 9 4 9 - 1 9 5 9 Bundespräsident. Wilhelm Marx (1863-1946), 1922-1928 Vorsitzender des Zentrums, 1 9 2 3 - 1 9 2 5 und 1 9 2 6 - 1 9 2 8 Reichskanzler, zeitweilig Preußischer Ministerpräsident und Reichsjustizminister. „Römischer Katholizismus und politische Form", 1923.

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April Dienstag, 1. 4. 30

Um 6 Uhr gearbeitet an dem Hugo-Preuß-Vortrag. Etwas zu viel Wein getrunken, aber kein Kater. Schnell aufgestanden und Kaffee. Martens 277 holte mich ab, wir fuhren im Auto zur Hochschule, Gieseke beklagte sich (mit quakender Stimme), daß er für mich Einführungsvorlesung halten muß. Deprimiert, Angst, nicht ausgeschlafen, mittags müde nach Hause, Georg Eisler war schon da. Nett unterhalten, die Preuß-Broschüre fertig gemacht, Maria brachte sie zur Post, erleichtert [arbeitete an] dem Vortrag. Mit Georg zum Hotel, dann zum Lehrter Bahnhof, lernte dort seinen Redakteur Belian kennen, dummer Kerl, Hinzel verabschiedet, zu Hause etwas ausgeruht, dann mit Duschka zu Meyerhold 278 , Revisor von Gogol 279 gesehen, eine Enttäuschung, Klauerei ; keine Angst mehr vor den Kommunisten, oder vielmehr inzwischen umso größere Angst. Nachher mit dem armen Koschewnikow und Frau Adams zum Bahnhof Friedrichstraße, schöner Burgunder, gerührt von Koschewnikow, seine Mutter ist krank; Peterson hat ihn sehr gekränkt (sie hat wohl nicht viel Freude auf dieser Welt); müde nach Haus; übler Nachgeschmack von diesem Variététheater. Mittwoch, 2. 4. 30

Sehr lange geschlafen, kein Kaffee, bis 11 Uhr, gut ausgeruht. Jacobi von der Handelskammer rief an und mahnte wegen des Vortrags 280 ; immer gehetzt. Blieb aber ziemlich ruhig. Dann Rüstow, den ich zum Essen einlud, aufgeregt, ärgerliche Angst. Rüstow kam um 1/2 2, nett gegessen, der Wein schmeckte ihm doch, nachher durch den Tiergarten, nett unterhalten; er gefällt mir inzwischen gut und ich traue ihm; im Schottenhaml Kaffee, Plan einer Geschichte der Geisteswissenschaft der letzten 3 Generationen. Begleitete ihn zu seinem Büro. Zu Hause Gerbi , um 7 verabschiedet; Durchfall. Nachts nichts gegessen, etwas gearbeitet, glaubte meinen Vortrag in Ordnung zu haben, flog darüber, Duschka brachte einen Brief an Georg Eisler zur Post, freute mich auf Korrekturen des Preuß-Aufsatzes. Donnerstag, 3. 4. 30

Vormittags etwas meinen Vortrag entworfen, mühselig, kümmerlich, aber schließlich doch eine gewisse Linie. Mittags kam zum Frühstück Plessner, Leibholz 282 mit seiner Frau. Wir 277 278

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Friedrich Franz Martens (1873-1939), Professor der Physik, 1920-1922 Rektor der HHB. Wsewolod Meyerhold (1874-1940), sowjetischer Regisseur, Begründer einer antirealistischen Bühnenkunst; im Gulag umgekommen; Gastspiel des Moskauer Staatstheaters im Theater in der Stresemannstraße. Nikolai Wassiljewitsch Gogol (1809-1852), „Der Revisor" 1836. Siehe 8.4.30. Café-Restaurant S. Kutschera, Bismarckstraße 109. Gerhard Leibholz (1901-1982), Professor des Öffentlichen Rechts Greifswald 1929, Göttingen 1931-1935, Emigration nach England 1938, wieder Göttingen ab 1947, 1951-1971 Richter am Bundesverfassungsgericht.

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unterhielten uns sehr nett. Plessner erzählte von dem elenden Peterson und seinen Quatschereien, sprachen über das Wesen der Repräsentation 283 , begleitete Plessner zum Potsdamer Platz; todmüde nach Hause. Duschka ist zu Bett gegangen; eine Stunde bei ihr, Ejakulation, dann etwas gearbeitet, abends bescheiden gegessen, früh ins Bett. Freitag, 4. 4. 30

Gut ausgeruht, meinen Vortrag wenigstens im Entwurf fertig, telefonierte wegen eines Billetts, weil Duschka nicht ins Theater geht, schließlich Frau Berend. Mittags allein sehr bescheiden gegessen, nachher eine Stunde ausgeruht, um 4 zur Handelskammer, ein Exposé diktiert, nett mit Dr. Gerber unterhalten, es kommen 700 Mann zu meinem Vortrag, große Presse-Notiz usw. Aufgeregte Erwartung. Dann zu Hause, Frau Berend holte mich ab, sie war ganz verändert , Gefühl daß das aus ist. Im Theater, Affekte, traurig, gestorben bei dem Gefühl der Mitleid erregenden Grausamkeit und Kümmerlichkeit dieses Lebens. Bühnentechnik von Meyerhold inszeniert. 284 Aber schließlich langweilig, in der Pause mit Steinbömer und Adams und Frau Berend. Wir warteten auf Breinlinger, gingen schließlich weg, ließen Frau Berend allein, fuhren zu dem italienischen Restaurant Andreoli 285 , guter Barolo und Käse, was mir sehr gut tat. Um 12 nach Hause. Samstag, 5. 4. 30

Gut ausgeschlafen, schöner Vormittag, aber Kaffee mit Gewissensbissen, Entwurf meines Vortrages; er wird immer klarer, mittags etwas spazieren, im Café Wien 286 , eine Tasse Kaffee, waren einkaufen. Dann fleißig, nach Hause, Duschka war den ganzen Tag im Bett, wir erwarteten Ussi 287 und Ännchen 288 für morgen; manchmal freue ich mich darüber, manchmal gleichgültig, manchmal gestört und ärgerlich; scheußliche Inkohärenz. Sonntag, 6. 4. 3 0

Morgens Kaffee, fleißig geschrieben, wenn auch nicht lange, allmählich hilflos wegen des Vortrages; nachmittags lange geschlafen, um 6 zur Bahn, aber Ännchen und Üssi waren schon gegangen und holten mich mit Duschka am Potsdamer Bahnhof, mit ihnen nach Hause, schön gegessen und Wein getrunken. Sie schliefen bei uns, ich im Zimmer mit Duschka. Immer solche Störungen.

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Leibholz hatte kürzlich das Buch „Das Wesen der Repräsentation unter besonderer Berücksichtigung des Repräsentativsystems. Ein Beitrag zur allgemeinen Staats- und Verfassungslehre", Berlin 1929 veröffentlicht. Das Stück hieß „Brülle, China" und war nach der Formulierung des Theaterkritikers Herbert Jhering ein „politisches Gebrauchsstück". Italienisches Weinrestaurant Francesco Andreoli, Anhalter Straße 8. Kurfürstendamm 26. Auguste Schmitt (1891-1992), Schwester Schmitts, Lehrerin; frühe Briefe an sie siehe „Jugendbriefe". Anna Margarete Schmitt (1902-1954), jüngste Schwester Schmitts, Klavierlehrerin.

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Montag, 7. 4. 30

Morgens an dem Vortrag geschrieben, nachmittags nach dem Essen durch den Tiergarten gelaufen, einsam, gute Vorsätze, oft schlechte Nerven; komme mir beim Vortrag vor wie ein kleines Kind mit einer Peitsche, die mächtig knallt. Abends traf ich Wimpfheimer bei Mäde , wir tranken schönen, teuren Burgunder, Unterhaltung sehr gut. Ich war gerührt über seine Anhänglichkeit. Leider zuviel getrunken, aber gut geschlafen. Dienstag, 8. 4. 30

Leidlich ausgeschlafen, mittags lange spazieren, im Reichstag, wollte Joos 289 sprechen, traf ihn aber nicht. Ussi und Ännchen getroffen, mit ihnen noch herumgelaufen, dann in meinem Bett ausgeruht, um 1/2 8 zu Kroll, dort viele Leute, 700 Mann, Mendelssohn 290 begrüßt, dann länger bei Horner, Smend, Adams, Bruns. Hielt meinen Vortrag im großen Festsaal 291 , sehr gut, aber kurz; anscheinend doch Eindruck; jedenfalls ist es gut verlaufen. Nachher sehr munter, hübsch mit Minister Schreiber 292 unterhalten und Refens , der neben mir saß, , liebenswürdig und freundlich. Nachher mit Wimpfheimer und Smend. Fuhr im Auto von Bruns nach Hause; glücklich, daß alles zu Ende ist. Mittwoch, 9. 4. 30

Merkte den vielen Wein, aber sonst allmählich behaglich, muß aber gleich den Vortrag diktieren. Vormittags rief Clauß an, in der Zeitung ein sehr guter Bericht, vergnügt, in der Handelshochschule, bei Frau Sopki, kaufte [Zeitungs] Nummer 293 und schickte sie Georg Eisler und dem Vater 294 . Mittags ausgeruht, war sehr müde. Um 1/2 6 zu Frau Sombart 295 , sie sagte, daß sie mir nicht ganz traue, fühlte, daß die Sache aus ist, war müde und ging gleichgültig nach Hause. Sie ist übrigens sehr sympathisch; habe ihr Marcu „Männer und Mächte der Gegenwart" 296 geschenkt. Wollte noch in den Tonfilm „Der blaue Engel" 297 gehen, es war aber ausverkauft.

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Joseph Joos (1878-1965), 1920-1933 MdR (Zentrum), stellvertretender Parteivorsitzender, 1933 Emigration, 1941-1945 in deutscher Haft. Bruno Mendelssohn (1888-1942), Rechtsanwalt und Notar, 1942 als Geisel erschossen. Vortrag vor der Industrie- und Handelskammer Berlin „Das Problem der innenpolitischen Neutralität des Staates", erschienen in den Mitteilungen der Industrie- und Handelskammer Berlin 28, 1930, Heft 9, S. 471-477. Walther Schreiber (1884-1958), 1925-1932 preußischer Handelsminister, 1953-1955 Regierender Bürgermeister von Berlin (West). Wohl mit Bericht über den Vortrag. Johann Schmitt (1853-1945). Corina Sombart, geb. Leon (1892-1971), war als Rumänin aus Jassy nach Deutschland gekommen, um bei Werner Sombart zu hören; ihr Erinnerungstext in der offiziellen Festschrift der Handelshochschule von 1956 ist die einzige Stelle des Bandes, an der Schmitt erwähnt wurde. Den 1930 erschienenen Band Valeriu Marcus (s. oben 21.3.30) hielt er wohl für ein passendes Geschenk für eine Rumänin; ohne Gewicht darauf zu legen, dass Marcu Jude war. „Der blaue Engel", deutscher Film von 1930 nach dem Roman „Professor Unrat" von Heinrich Mann, Regie Josef von Sternberg, Darsteller u.a. Marlene Dietrich und Emil Jannings, Musik Friedrich Holländer.

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Donnerstag, 10. 4. 30

Morgens geil und gierig, aber es kam zu nichts. Leider ist viel Unordnung in meinem Zimmer, sonst behaglich und Erleichterung. Nachmittags um 5 Uhr kam der Berufsschullehrer Erlinger . Ich war müde und gleichgültig. Korrekturen des Preuß-Aufsatzes, Freitag, 11. 4. 30

Den ganzen Vormittag telefoniert, mittags ausgeruht, um 1/2 4 Uhr zu Heinrich Seemann 298 von der FZ in der Sigismundstraße, ein Berliner Jude, nett unterhalten, aber ihm offenbar nicht imponiert. Dann nach Hause, Fräulein Selmeri ordnete meine Zeitschriften. Um 1/2 6 kam Brauweiler, ging mit ihm durch den Tiergarten, erzählte vom „Stahlhelm" 299 , wunderte mich darüber, wie alles in Deutschland dem Grunde nach deprimiert ist und alles nur durch unglückliche verhindert wird. Mit Brauweiler zur Anhalter Straße, dort bei Andreoli Clauß getroffen, Rohan ist von mir enttäuscht wegen des neutralen Staates, Clauß ein lieber Kerl; nachher kamen noch Scheuner, Brauweiler, Adams und Steinbömer; sehr nett unterhalten, viel gelacht, viel Wein, nachher noch Pilsner Bier. Todmüde nach Hause. Samstag, 12. 4. 30

Mit Ussi und Ännchen zum Kaiser-Friedrich-Museum 300 , freute mich über Poussin 301 und das Virgilische dieses Malers. Wir gingen noch durchs Schloß; nach dem Mittagessen ausgeruht, bis 6 Uhr, eine Stunde im Zoologischen Garten spazieren, Zeitungen gekauft, aufgeregt wegen der Vorgänge in der Reichsregierung 302 , Kopp, Brüning 303 . Um 1/2 8 kamen Fräulein Hasbach und Pfister, freute mich über den sympathischen Pfister, um 1/2 10 Koschewnikow mit seiner Schwester; ich war müde, sprach fast nur mit Pfister, der über Arnold Schmitz' Biographie-Buch 304 einen Aufsatz geschrieben hat. Wir begleiteten alle um 12 zum Bahnhof Tiergarten. Sonntag, 13. 4. 30

Endlich ein ruhiger Tag. Lange geschlafen, Korrekturen des Preuß-Aufsatzes zu Ende geführt, mittags lange geschlafen, nachmittags für mich allein zum Gloria-Palast, „Der blaue Engel", ergriffen, mein eigenes Schicksal, scheußliche Wut über die erste Ehe und die Kir-

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Nicht ermittelt. Frontkämpferorganisation, 1918 gegründet, 1 9 3 3 - 1 9 3 5 in die SA überführt, dann aufgelöst. Nach 1945 von den Kommunisten in Bode-Museum umbenannt, heißt noch so. Nicolas Poussin (1594-1665). A m 27. März war die Reichsregierung unter dem Sozialdemokraten Hermann Müller zurückgetreten, am 28. März war Heinrich Brüning zum Reichskanzler ernannt worden; an der Regierung war auch die D N V P beteiligt, die in sich gespalten war, so daß die Zustimmung zu den Maßnahmen zur Deckung des Haushalts ungewiß war. Bei der Abstimmung am 12. April ergab sich eine knappe Mehrheit. Heinrich Brüning (1885-1970), im Weltkrieg Offizier, Gewerkschafter, Zentrumspolitiker, Reichskanzler von 1930-1932, Sommer 1934 Emigration über die Niederlande in die USA, Professor der Politischen Wissenschaft in Harvard, nach 1945 gelegentliche Rückkehr nach Deutschland, Professor in Köln. Arnold Schmitz, „Beethoven", Bonn 1927.

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April 1930

che, die sie nicht annulliert 305 , Ekel, Traurigkeit. Wie schön und klug ist Duschka, sprach mit ihr über die Ehe, sie bleibt objektiv. Montag, 14. 4. 30

Um 10 zu Fuß ab , 3 Stunden an meinem Vortrag diktiert, ziemlich weit gekommen. Nach dem Essen wieder lange ausgeruht, Brief von Feuchtwanger, der mich deprimiert, weil er den Mißerfolg meiner „Verfassungslehre" 306 zeigt. Konnte nichts arbeiten, will übermorgen nach München fahren, tat aber nichts. Abends mit Duschka, Ussi und Ännchen in das Haus Vaterland 307 , Rheinländer, Rotwein und Tokay er getrunken. Sehr fröhlich und vergnügt, liebenswürdig zu der guten Ussi, leider ging es Duschka schlecht, wir gingen durch den Tiergarten nach Hause, zu Hause mußte Duschka erbrechen. War traurig, fühlte mich wieder betrogen; elend und Selbstmord. Dienstag, 15. 4. 30

Früh auf, schlecht geschlafen trotz großer Schläfrigkeit, um 9 zum Diktat, bis gegen 11, endlich fertig; froh und erleichtert nach Hause. Mit Ussi und Ännchen Abschiedsessen, die gute Duschka war wieder besser dran, ich ruhte nach dem Essen aus, um 5 schnell zu Leibholz bei Kranzler, der mir 2 Gläser bezahlte, der Ordinarius in Berlin wird. Sprach auch mit Kaufmann, Intrigen gegen Bruns usw. Es ist ekelhaft. Tiefe Depressionen, zu Haus. Gefühle der [Verzweiflung], Selbstmord. Kam nicht dazu, ein Billett für München zu kaufen. Koschewnikow war da, blieb zum Essen, riet ihm, den Fall des Konsulatssekretärs Becker aus dem Pitaval der Gegenwart 308 zu einem Roman zu benutzen. Er war begeistert, wir freuten uns an dem Plänemachen, um 10 ging er nach Haus. Wir warteten auf Ussi und Annchen, die im D. Giov.309 waren; sie kamen gegen 11, waren nicht zufrieden. Wir sprachen noch etwas miteinander, sehr freundlich, dann begleitete ich sie zur Haustür. Bei der wunderschönen Duschka mit ihren langen Armen und Beinen herrliche Ejakulation. Mittwoch, 16. 4. 30

Gut geschlafen, räumte denn ganzen Vormittag auf, wodurch mir behaglich wurde; sehr fleißig und schlechter Laune. Nach dem Essen mit Duschka in die Stadt, kaufte den Schlafwagen für München, oft Depressionen, dann in verschiedenen Läden, abends mit Georg Eisler telefoniert, fühlte mich wohl und ruhig; große Freude an der klugen, vernünftigen Duschka.

305 306

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Schmitts erste Ehe mit Cari, die nur zivilrechtlich als nichtig erklärt werden konnte; siehe 2 . 1 2 . 3 0 . „Verfassungslehre", München und Leipzig 1928. - In dem Brief - abgedruckt im Briefwechsel Feuchtwanger S. 3 1 9 f - teilt Feuchtwanger mit, dass von der „Verfassungslehre" bei einer Auflage von 2200 Exemplaren bis zum 3 1 . 1 2 . 2 9 seit Erscheinen 1074 Exemplare verkauft wurden, im Jahr 1929 391 Exemplare. Potsdamer Platz. „Geschichten aus dem neuen Pitaval". Interessante Kriminalfälle, Serie im Verlag Hendel, Magdeburg. Städtische Oper, Regie Richard Weichert, Dirigent Wilhelm Furtwängler, Bühnenbild und Kostüme Max Slevogt, Sänger Rose Pauly, Käte Heidersbach, Maria Ivogün, Hans Reinmar, Ludwig H o f mann, Hans Fidesser, Alexander Kipnis, Edwin Heyer.

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J u n i / J u l i 1930 Donnerstag, 17. 4. 30 München Karfreitag, 18. 4. 30

Juni / Juli < D i e folgenden Eintragungen bis „Sonne Satans" sind auf einem Blatt teils in Langschrift, teils in Stenographie sehr uneinheitlich verteilt geschrieben. Sie sind hier nacheinander wiedergegeben 3 1 0 .> Sommer 1930 Vortrag Hugo Preuß Anfang Juni 1930 Ü b e r Pfingsten in Plettenberg, mit Duschka, bei Schlegel 3 1 1 gewohnt, zu Ussi nach Hagen, hatte Üssi sehr lieb. P. Kilian Kirchhoff 3 1 2 in Hagen getr. Dumpf, verzweifelt Brief an Smend 3 1 3 Berlin 6., 7., 8. Juli Apathisch, Depressionen, willenlos und gleichgültig, herumgelegen, Gefühl des Untergangs und der Vernichtung. N u r einer weckt mich auf und kann mich treffen: Bernanos, auch hier nur die „Sonne Satans" 3 1 4 . 12. 7. 30 < D i e hier folgenden zwei Briefe sind mit Ausnahme des Adressatenvermerks vollständig eingerückt geschriebene Brief an Anschütz: In der Anlage überreiche ich einen Vortrag, den ich voriges Jahr bei der Jubiläumstagung der Kant-Gesellschaft hielt und der erst jetzt erscheint 3 1 5 . Auch wenn er

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Aus den Akten der H H B ergibt sich, dass am 2 3 . 5 . 3 0 in Berlin die mündliche Doktorprüfung von Hans Winkelmann stattfand („genügend"); am 2 8 . 5 . die von Adolf Ehrt, der zurücktrat; am 4 . 6 . die von Heinrich Hanau („kaum ausreichend"); am 2 3 . 6 . die von Rudolf Müller, „noch ausreichend".

3,1

Pächter des Hotels Hanebeck.

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P. Kilian Kirchhoff ( 1 8 9 2 - 1 9 4 4 ) , Franziskaner, übersetzte Hymnen Symeons (Symeon der Theologe, Licht vom Licht. Hymnen, München 1951, 2. Aufl.) und Texte aus liturgischen Büchern der byzantinischen Kirche; wurde aufgrund eines Urteils des Volksgerichtshofs am 2 4 . 4 . 1 9 4 4 in Brandenburg enthauptet.

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Der Brief ist im Nachlaß Smend nicht vorhanden (Auskunft Reinhard Mehring).

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„Sous le soleil de Satan", 1926; deutsche Ubersetzung „Die Sonne Satans", Hellerau 1927. Siehe oben 22. 2. 30.

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J u n i / J u l i 1930

nicht Ihr Interesse finden sollte, wollen Sie ihn bitte doch als kleines Zeichen meiner Verehrung freundlich annehmen. Ich habe erzählen hören, daß Sie vorhaben, zu Kelsens 316 Pamphlet 317 Stellung zu nehmen und freue mich sehr darüber, daß der Meister unseres Faches den methodologischen Besen in die Ecke weist und der trüben Flut von Talmudistik, Geltungsbedürfnis und -wahn ein Ende macht - und zugleich auch unsere Gesellschaft vor den Folgen politischer Denunziation beschützt, die unsere Freiheit von immer neuen Seiten her bedrohen und unseren akademischen Nachwuchs korrumpieren müssen. Ich bleibe usw. 13.7. 30 An Smend 318 Ich danke Ihnen nochmals für die liebenswürdige Aufmerksamkeit Ihrer Gratulation zu meinem Geburtstag. Von den vielen Einzelheiten, die ich Ihnen bei diesem Gespräch noch mitteilen wollte, treffen gerade folgende Kleinigkeiten mein Gedächtnis: In dem Heft der Kant-Studien, das meinen Vortrag enthält, steht auch ein Vortrag von Hans Freyer 319 über ethische Normen und Politik, der Sie wegen seines Anknüpfens an den deutschen Idealismus vielleicht interessiert, außerdem sprachlich besonders klar und schön ist, so daß ich auf ihn aufmerksam machen darf (ich schicke Ihnen zugleich das ganze Heft), obwohl seine Anerkennung meiner Definition des Politischen geeignet ist, Sie wie alles, was aus meiner Art entspringt, zu froisieren 320 und zu desinteressieren. Anschütz habe ich, gelegentlich einer Zusendung meines Aufsatzes, folgendes geschrieben: Ich habe gehört, daß Sie vorhaben, zu Kelsens Pamphlet [Stellung] zu nehmen und freue mich sehr darüber, daß der Meister unseres Faches den methodologischen Besen in die Ecke weist und der trüben Flut von Talmudistik, Geltungsbedürfnis und Prioritätswahn ein Ende macht und usw. - Sie sehen, wie groß mein Vertrauen auf A. als Menschen und Mann doch immer noch ist. Warten wir ab. Vorläufig halte ich mich daran, daß er Mut hat und nicht feige ist. Ich habe ihm auch geschrieben, daß die Methode politischer Denunziation unseren akademischen Nachwuchs korrumpieren müsse und kann nicht glauben, daß er ohne jeden echten liberalen Instinkt sein sollte. Jedenfalls denke ich, daß er einem antwortet. Ich bleibe, lieber Herr Smend, mit herzlichsten Grüßen an Sie und Ihre verehrte Gattin, auch von Frau Schmitt bestens grüßend - Ihr aufrichtig ergebener. Besen