Syndizierungsmotive und strategische Positionierung von Venture Capital Gesellschaften: Eine theoretische und empirische Analyse des Verhaltens öffentlich-geförderter und privater Venture Capital Gesellschaften in Deutschland [1 ed.] 9783896447180, 9783896737182

Eigenkapital ist für innovative Start-ups von elementarer Bedeutung und damit auch ein zentrales Anliegen für nachhaltig

108 20 111MB

German Pages 324 [325] Year 2016

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Syndizierungsmotive und strategische Positionierung von Venture Capital Gesellschaften: Eine theoretische und empirische Analyse des Verhaltens öffentlich-geförderter und privater Venture Capital Gesellschaften in Deutschland [1 ed.]
 9783896447180, 9783896737182

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN Herausgeber: Prof. Dr. Detlev Hummel

Manuel Effenberg

Syndizierungsmotive und strategische Positionierung von Venture Capital Gesellschaften

Verlag Wissenschaft & Praxis

Syndizierungsmotive und strategische Positionierung von Venture Capital Gesellschaften

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN

herausgegeben von Prof. Dr. Detlev Hummel

Band 27

Manuel Effenberg

Syndizierungsmotive und strategische Positionierung von Venture Capital Gesellschaften Eine theoretische und empirische Analyse des Verhaltens öffentlich-geförderter und privater Venture Capital Gesellschaften in Deutschland

Verlag Wissenschaft & Praxis

f8B

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89673-718-2 ©Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2016 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. +49 7045 93 00 93 Fax +49 7045 93 00 94 verlagwp@t-on 1ine.de www.verlagwp.de

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Druck und Bindung: Esser printSolutions GmbH, Bretten

GELEITWORT

V

Geleitwort Ein liquider Markt für privates Wagniskapital, insbesondere für Innovations- und Wachstumsfinanzierungen, soll in Deutschland seit Jahrzehnten etabliert werden. Sogenannte Venture Capital stammt aus der angelsächsischen Finanzierungskultur und umreißt Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen durch private Kapitalgeber. Dieses für Innovationen so wichtige Segment erlangte hierzulande bis heute in der bankengeprägten Finanzierungspraxis nur eine marginale Bedeutung und geht einher mit einem vergleichsweise schwach entwickelten Kapitalmarkt. Vielmehr ist der deutsche Beteiligungsmarkt vornehmlich durch staatliche Interventionen geprägt. Aufgrund spezieller VC-Regulierungen und Instrumentarien der Förderpolitik hat die öffentliche Hand ihr Engagement auf dem Beteiligungsmarkt immer weiter ausgebaut. So beobachten wir eine Anzahl von Beteiligungsgesellschaften unter staatlichem Einfluss, insbesondere auch im Umfeld der Förderbanken. Die vorliegende Forschungsarbeit stellt erneut die Frage, ob knappes Eigenkapital damit ausreichend und optimal - dem Innovationsstandort Deutschland angemessen - zur Verfügung gestellt wird. Effenberg untersucht zunächst ob staatlichgeförderte VC-Geber aufgrund ihrer spezifischen Ziel- und Anreizstrukturen als marktkonforme Partner agieren können. Ein spezifischer Aspekt - die Syndizierung bzw. das Co-Venturing, d. h. die gemeinsame Finanzierung eines Unternehmens mehrerer VC-Gesellschaften - wird dabei in den Mittelpunkt gestellt und macht die Originalität der vorliegenden theoretischen und empirischen Untersuchung aus. Die hier veröffentliche Dissertation an der Universität Potsdam verbindet die Frage nach der Effizienz des öffentlichen Engagements auf dem deutschen VC-Markt mit der Überprüfung des Instruments der „Syndizierung" unterschiedlicher institutioneller Kapitalgeber: inwiefern können öffentlich-geförderte VC-Geber für private VC-Gesellschaften geeignete Syndizierungspartner sein? Damit beschreitet die vorliegende Arbeit in einigen Bereichen wissenschaftliches und empirisches Neuland, insbesondere weil Syndizierungsmotive nicht isoliert betrachtet, sondern komplexer in den Prozess einer systematischen Strategiewahl bei risikoreicheren Beteiligungen eingeordnet untersucht werden.

VI

GELEITWORT

Der vorliegende Band bildet einen gewissen Abschluss des langjährigen Forschungsprojektes zur „Mittelstands- und Innovationsfinanzierung" am Lehrstuhl Finanzierung und Banken der Universität Potsdam. Der Herausgeber wünscht dem geneigten Leser Anregung und Inspiration zur aufgeworfenen Problematik, ebenso wie zu den vorgelegten Erkenntnissen um Empfehlungen, und ist für Hinweise und Kritik dankbar. Prof. Dr. Detlev Hummel

Potsdam, im Januar 2016

VORWORT

VII

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie seit dem Jahr 2013 als externer Doktorand am Lehrstuhl für Finanzierung und Banken an der Universität Potsdam. Es wird untersucht, inwiefern sich privatwirtschaftliche von öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften unterscheiden und welche Auswirkungen dies auf das Syndizierungspotenzial zwischen diesen beiden Akteursgruppen besitzt. Basierend auf einem pluralistischen Theoriegebilde werden praxisrelevante Arbeitshypothesen hergeleitet und mittels einer eigenen empirischen Untersuchung verifiziert. Ferner erfolgt die Ableitung gruppenspezifischer lnvestorenprofile und Syndizierungsstrategien. Ausgehend von diesen Resultaten werden Implikationen zur Verbesserung der Kooperation zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften aufgezeigt. Zum Gelingen dieser Arbeit, in einem für mich sehr prägenden Lebensabschnitt, haben die Anregungen und die Unterstützung von vielen Menschen beigetragen. An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Detlev Hummel, der durch seine kompetente Betreuung und breite Erfahrung einen zentralen Beitrag für das Gelingen dieser Arbeit geleistet hat. Seine konstruktive Kritik, die geschaffenen Bedingungen an seinem Lehrstuhl während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie seine fortbestehende intensive Unterstützung in meiner Zeit als externer Doktorand haben den perfekten Rahmen für den Erfolg dieser Arbeit geschaffen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch bei dem gesamten Lehrstuhlteam für die gute Zusammenarbeit und den wissenschaftlichen Austausch u. a. auf den gemeinsamen Doktorandenseminaren bedanken. Ebenso danke ich meinem Zweitgutachter, Herrn Prof. Christoph Rasche, für die fachlichen Diskussionen. Diese stellten zur erfolgreichen Fertigstellung meiner Dissertation einen wesentlichen Input dar, v. a. um die Thematik vor dem Hintergrund strategischer Managementkonzepte wissenschaftstheoretisch sowie auch praktisch noch besser zu reflektieren. Ein herzlicher Dank geht zudem an den Vorsitzenden der Prüfungskommission, Herrn Prof. Dieter Wagner, der nicht nur meinen wissenschaftlichen Werdegang seit geraumer Zeit begleitete, sondern mich auch während meiner beruflichen Tätigkeit bestärkte, dass Projekt „Promotion 11 nicht aus dem Auge zu verlieren.

VIII

VORWORT

Vor dem Hintergrund, dass ich die zweite Hälfte meiner Promotion mit intensiver Berufspraxis verbunden habe, gilt ein besonderer Dank den Mitarbeitern der GO:INcubator GmbH. Diese gewährten mir individuelle Freiräume und gaben mir somit die Möglichkeit, dieses Projekt parallel zu meiner beruflichen Tätigkeit abzuschließen. Darüber hinaus verschaffte mir die Arbeit mit jungen Gründern aus verschiedenen Technologiebereichen, meist auf der Suche nach einer ersten Finanzierungsrunde, einen wertvollen Praxiseinblick. Somit konnte ich Teilergebnisse meiner Arbeit noch besser bewerten und hatte zudem einen willkommenen Ausgleich zu meiner wissenschaftlichen Herausforderung. Ebenso bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. Tilman Rüsike für die wichtigen fachlichen Hinweise, v. a. zum Aufbau des Forschungsdesigns und bei der Struktur einzelner Abschnitte. Nicht weniger wichtig waren jedoch auch seine motivierenden Worte als Freund und „Leidgenosse". Eine ganz besondere Würdigung gilt abschließend meiner Familie und Freunden, die mich nicht nur in diesem Lebensabschnitt unterstützt haben. Ihnen möchte ich mehr als nur Danken für die gutherzige Förderung meiner persönlichen Entwicklung sowie für ihre fortwährende Bestärkung meiner Überzeugung, dass Leistung, Ausdauer und Vergnügen die Grundlagen für ein erfülltes Leben bilden.

Manuel Effenberg

Berlin, im Dezember 2015

1NHALTSVERZEICHN15

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis .•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•.. XIII

Ta bei lenverzeich n is ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• XIV Abkürzungsverzeichnis ••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• XV

1 Einleitung ................................................................................................. 1 1.1 Problemstellung •..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•....• 1

1.2 Vorgehen und Aufbau der Arbeit .•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•....• 5 2

Entwicklung und staatliche Förderung von Venture Capital in Deutschland .•.•.•..•.•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..• 9 2.1 Historische Entwicklung des deutschen VC-Marktes .•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..• 9 2.1.1

Entstehungsjahre und erste politische Initiativen ................................................. 9

2.1.2

Wachstums- und Konsolidierungsphasen in den 1980er und 1990er Jahren ...... 12

2.1.3

Wachstums- und Konsolidierungsphasen ab dem Jahr 2000 .............................. 18

2.2 Staatliche VC-Fördermaßnahmen in Deutschland •....•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•. 23 2.2.1

Legitimation und Ausgestaltungsmöglichkeiten .................................................. 23

2.2.2

Möglichkeiten und Grenzen öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften .............. 26

2.3 Synthese - praktische Relevanz des Untersuchungsgegenstandes .•..• 28 3 Theoretische Ausgangsbasis und Einordnung der Untersuchung •.•.•..•.•..• 31

3.1 Venture Capital .•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•..•.•.•..•.•.•..•.•.•..•.•....•.•..•.•.•..•.•... 31 3.1.1

Wissenschaftliche Reflexion des Terminus technicus in der deutschen Literatur ............................................................................................................... 31

3.1.2

Finanzierungsanlassbezogene Eingrenzung von Venture Capital ........................ 38

3.2 VC-Gesellschaften - Aufbau und strategische Positionierungsmöglichkeiten ........................................................... 44 3.2.1

Struktur von VC-Gesellschaften ........................................................................... 44

3.2.2

Abgrenzung einzelner VC-Gesellschaftstypen in Deutschland ............................ 46

3.2.3

Optionen der Strategiewahl für VC-Gesellschaften ............................................. 51

IX

X

INHALTSVERZEICHNIS

3.3 Syndizierung ...................................................................................... 57 3.3.1 Begriffsbestimmung im Kontext von Venture Capital „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 57 3.3.2 Ablauf und Rollenverteilung syndizierter VC-Finanzierungen „„„„„„„„„„„„„„. 61 3.3.2.1 3.3.2.2

Phasen einer VC-Finanzieurng aus der Perspektive von VC-Gesellschaften ............. 61 Phasen einer Syndizierung aus der Perspektive von VC-Gesellschaften .................. 65

3.3.3 Syndizierungsmotive für VC-Gesellschaften „„„.„„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„ 69

3.4 Synthese - wissenschaftliche Relevanz des Untersuchungsgegenstandes ............................................................. 73 4

Theoriebasierte Herleitung der Hypothesen zu Strategiewahl und Syndizierungsmotiven ............................................................................. 77 4.1 Theoretischer Bezugsrahmen ............................................................ 77 4.1.1 Portfoliotheorie .„„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ .. 79 4.1.2 Agency-Theorie .„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„ .. 83 4.1.3 Resource-based View „.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ .. 91 4.1.4 Weitere untersuchungsrelevante managementtheoretische Aspekte.„„.„.„„.100 4.2 Theoriegestützte Hypothesenbildung .............................................. 103 4.2.1 Strukturmerkmale„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„103 4.2.1.1 4.2.1.2 4.2.1.3

Human Capital und entrepreneuriale Kompetenz als strategische Aktivposten .... 104 Financial Capital ...................................................................................................... 108 Netzwerkstrukturen ............................................................................................... 110

4.2.2 Wettbewerbsvorteile durch strategische Positionierung „„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.112 4.2.2.1 Investmentverhalten .............................................................................................. 113 4.2.2.1.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 113 4.2.2.1.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 115 4.2.2.2 Beteiligungsverhalten ............................................................................................. 119 4.2.2.2.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 119 4.2.2.2.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 122 4.2.2.3 Exit-Verhalten und Performance ............................................................................ 127 4.2.2.3.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 127 4.2.2.3.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 130

4.2.3 Syndizierungsmotive.„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„134 4.2.3.1 Motive auf Gesellschaftsebene .............................................................................. 135 4.2.3.1.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 135 4.2.3.1.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 139 4.2.3.2 Motive auf Portfolioebene ..................................................................................... 142 4.2.3.2.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 142 4.2.3.2.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 147 4.2.3.3 Motive auf Beteiligungsebene ................................................................................ 153 4.2.3.3.1 Theoretische Vorüberlegungen ....................................................................... 153 4.2.3.3.2 Hypothesenbildung .......................................................................................... 158

4.2.4 Arbeitshypothesen im Überblick „„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.166

1NHALTSVERZEICHN15

5

Empirische Untersuchung ..................................................................... 171 5.1 Methodik der Untersuchung ............................................................ 171 5.1.1 Zielgruppe „„„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„171 5.1.2 Erhebungsinstrument „„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„172 5.1.3 Erhebungsablauf „„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„174 5.2 Untersuchungsergebnisse ................................................................ 174 5.2.1 Merkmale und Repräsentativität der Stichprobe „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„174 5.2.2 Strukturmerkmale„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„176 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.2.3

Human Capital ........................................................................................................ 176 Financial Capital„ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 178 Netzwerkstruktur ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 179

5.2.3 Strategische Positionierung .„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„182 5.2.3.1 Investitionsverhalten ........ „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 182 5.2.3.2 Beteiligungsverhalten ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 186 5.2.3.3 Exit-Verhalten ... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 191 5.2.3.3.1 Ziele ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 191 5.2.3.3.2 Aufwand ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 193 5.2.3.3.3 Performance ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 201

5.2.4 Syndizierungsmotive.„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ 205 5.2.4.1 Motive auf Gesellschaftsebene „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 205 5.2.4.2 Motive auf Portfolioebene ...... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 208 5.2.4.2.1 Deal Flow .... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 209 5.2.4.2.2 Diversifikation ... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ....... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 214 5.2.4.3 Motive auf Beteiligungsebene.„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 221 5.2.4.3.1 Auswahlentscheidung „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 222 5.2.4.3.2 Value-Adding Aktivitäten .. „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 226 5.2.4.3.3 Finanzmittelbeschaffung ... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „„ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... „ ..... 230

5.2.5 Ergebnisüberblick Hypothesenauswertung „„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„. 233

6

Wissenschaftstheoretische und praxisorientierte Ergebnisinterpretation .......................................................................... 237 6.1 Gesamtinterpretation der Untersuchungsergebnisse ....................... 237 6.1.1 lnvestorenprofil privater VC-Gesellschaften„„„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„. 239 6.1.2 lnvestorenprofil öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften „„.„„.„„.„.„„.„„.„. 241 6.1.3 Vergleich der lnvestorenprofile „„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„. 244 6.1.4 Einordnung des Syndizierungsverhalten im Kontext der Gesamtstrategie „„„. 246 6.2 Theoretische Schlussfolgerungen - Erklärungsgehalt des gewählten Theoriesets .................................................................... 250

XI

XII

INHALTSVERZEICHNIS

6.3 Praktische Schlussfolgerungen - Optimierungsmöglichkeiten für direkte staatliche VC-Fördermaßnahmen ........................................ 253 6.3.1

Syndizierungsstrategien und Optimierungspotenziale für die Kooperation zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften „ „ „ „ „ „ „ „ „ „ 253

6.3.2

Implikationen für die strategische Positionierung öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften „. „

7

„. „. „ „. „ „. „. „ „. „. „ „. „. „ „. „ „. „. „ „. „„. „. „. „ „. „ „. „. „ „. „ „. „

258

Zusammenfassung und Kritische Würdigung ......................................... 265 7 .1 Zusammenfassung der zentralen Untersuchungsergebnisse ............ 265 7 .2 Grenzen der Untersuchung und weiterer Forschungsbedarf ............ 272

Anhang ...................................................................................................... 277 Literaturverzeichnis ................................................................................... 281

ÄBBI LDU NGSVERZEICH NIS

XIII

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

12: 13: 14: 15: 16:

Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

17: 18: 19: 20:

Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28: Abbildung 29: Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32:

Aufbau der Arbeit ... „.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„. 6 Entwicklung Beteiligungsinvestitionen in Deutschland von 2000-2012 „„„„. 19 Entwicklung VC-lnvestitionen in Deutschland von 2000-2012 „„„„„„„„„„„. 21 Übersicht staatliche VC-lnterventionsmöglichkeiten„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 25 Konstitutive Merkmale Venture Capital „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 37 Kategorisierung unternehmenszyklusorientierte Finanzierungsphasen„„„„. 39 Idealtypische Struktur von VC-Gesellschaften „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 46 Kategorisierung einzelner VC-Gesellschaftstypen in Deutschland „„„„„„„„. 48 Konstitutive Merkmale einer Syndizierung unter VC-Gesellschaften „„„„„„. 61 ldealtypsicher Ablauf einer VC-Finanzierung für VC-Gesellschaften „„„„„„„ 62 Idealtypischer Ablauf einer syndizierten VC-Finanzierung für VC-Gesellschaften „.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ .. 66 Ausgewähltes Theorieset der Untersuchung„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 78 Diversifikationseffekt auf Portfolioebene „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 80 Überblick Agency-Probleme und Handlungsempfehlungen „„„„„„„„„„„„„. 86 Prinzipal-Agent Beziehungen bei syndizierten VC-Finanzierungen„„„„„„„„. 89 Gegenüberstellung Kernhypothesen des Market- und Resource-based View ................................................................................................................ 92 Kriterienbasierte Abgrenzung einzelner Ressourcenarten „„„„„„„„„„„„„„. 95 Ressourcenbasis von VC-Gesellschaften „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 98 Zusammenhang zwischen spezifischem und allgemeinem Wissen „„„„„„„ 106 Angenommene Kostenstruktur der Portfoliozusammensetzung bei privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften„„„„„„„„„„„„„„„.117 Trade-off Beziehungen bei der Portfoliobetreuung„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 121 Betreuungsintensität von VC-Gesellschaften in Relation zum Gewinnpotenzial eines Portfoliounternehmens „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 124 Syndizierungsmotive für VC-Gesellschaften als strategische Option„„„„„„135 Verlauf von Verhaltens-, Qualitäts- und Unternehmensrisiken bei Portfoliodiversifikation .................................................................................. 151 Überblick zum Zusammenhang der Arbeitshypothesen dieser Untersuchung ................................................................................................ 169 Strategisches Profil privater VC-Gesellschaften „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 240 Strategisches Profil öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften „„„„„„„„„„. 242 Vergleich lnvestorenprofile„„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„ 244 Überblick Einflussfaktoren auf Syndizierungen unter VC-Gesellschaften„„. 247 Einordnung der lnvestorenprofile in den theoretischen Bezugsrahmen„„„ 251 Syndizierungsstrategien privater VC-Gesellschaften „„„„„„„„„„„„„„„„„„ 255 Direkte öffentliche VC-Förderung auf VC-Fondsebene„„„„„„„„„„„„„„„„. 264

XIV

TABELLENVERZEICHNIS

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8: Tabelle 9: Tabelle 10: Tabelle 11: Tabelle 12: Tabelle 13: Tabelle 14: Tabelle 15: Tabelle 16: Tabelle 17: Tabelle 18: Tabelle 19: Tabelle 20: Tabelle 21: Tabelle 22: Tabelle 23: Tabelle 24: Tabelle 25: Tabelle 26: Tabelle 27: Tabelle 28: Tabelle 29: Tabelle 30: Tabelle 31: Tabelle 32:

Konstitutive Elemente von Venture Capital im deutschen Sprachgebrauch .„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ .. 35 Ausgewählte Arbeiten zu strategischen Handlungsoptionen von VC-Gesellschaften „.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ .. 53 Ausgewählte Arbeiten zu Syndizierungsmotiven von VC-Gesellschaften „„„. 70 Überblick Arbeits- und Detailhypothesen für die empirische Untersuchung ......................................................................................................... 167 Merkmale Stichprobe „„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„175 Rücklaufquote und -verteilung .„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„176 Human Capital.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„177 Financial Capital .„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„179 Netzwerkstrukturen „.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„181 Investitionsverhalten .„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„184 Beteiligungsaufwand ..................................................................................... 187 Stellenwert einzelner Betreuungsinhalte „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„.189 Motive bei der Auswahl des Exit-Kanals „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„.192 Zeitliche Planung Exit-Prozess.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„195 Bedeutung einzelner Vertragsbestandteile „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„197 Bedeutung einzelner Managementinstrumente im Exit-Prozess „„„„„„„„. 200 Performanceabhängige Exit-Verteilung „„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„„.„ 203 Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 207 Bivariate Analyse Deal Flow und Syndizierungsquote „„„„„„„„„„„„„„„„„ 210 Syndizierungsmotiv Deal Flow „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„ 212 Bivariate Analyse Deal Flow und Reziprozitäskoeffizient „„„„„„„„„„„„„„. 213 Rollenwahrnehmung bei Syndizierungen „„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„„. 215 Syndizierungsmotiv Diversifikation .„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ 216 Bivariate Analyse Syndizierungsquote und Diversifikationsmöglichkeiten .„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„„.„.„.„„.„„.„.„„.„„.„ 218 Syndizierungsmotiv Verbesserung der Auswahlentscheidung „„„„„„„„„„. 222 Syndizierungsquote ....................................................................................... 224 Bivariate Analyse Syndizierungsquote und Hightech-Anteil „„„„„„„„„„„„. 225 Syndizierungsmotiv Optimierung der Value-Adding Aktivitäten „„„„„„„„„ 227 Vergleich performanceabhängige Exit-Verteilung von Standalone- und syndizierten Investments „„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„.„„.„.„„.„.„„.„.„„ 230 Syndizierungsmotiv dauerhafte Sicherstellung der Finanzierungskraft..„„„ 232 Überblick der Ergebnisse zu den Arbeits- und Detailhypothesen„„„„„„„„. 234 ü bersicht Profileigenschaften VC-Gesellschaften „ „„„ „ „„„„ „„„„ „„„„ „„„. 238

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis Aufl. BJTU BTU bzw. CAPM CG

d. h. EK EU FK FuE ggf. HTGF IPO Jg. KBG KMU max. Max MBG MBI MBO mind. MoRaKG MW PE PU PPM RBV SD

u. a. UBG UBGG UG V.

a.

vc

VCG WFG z.B.

Auflage Beteiligungskapital für junge Technologieunternehmen Beteiligungskapital für kleine Technologieunternehmen beziehungsweise Capital Asset Pricing Model Corporate Governance das heißt Eigenkapital Union Europäische Fremdkapital Forschung und Entwicklung gegebenenfalls High-Tech-Gründerfonds Initial Public Oftering Jahrgang Kapitalbeteiligungsgesellschaft Kleine und mittlere Unternehmen {Mittelstand) maximal Maximum Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Management-Buy-ln Management-Buy-Out mindestens Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen Mittelwert Private Equity Portfoliounternehmen Private Placement Memorandum Resourced-based View Standard Deviation unter anderem Unternehmensbeteiligungsgesellschaft Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften Unternehmergesellschaft vor allem Venture Capital Venture Capital Gesellschaft Deutsche Wagnisfinanzierungs-Gesellschaft mbH zum Beispiel

XV

EINLEITUNG

1

Einleitung

1.1

Problemstellung

1

In der heutigen globalisierten Welt verbreiten sich neue Technologien und hierauf basierende erfolgreiche Geschäftsmodelle immer schneller. Daher ist es für eine nachhaltig prosperierende Volkswirtschaft wichtiger denn je ein wirtschaftliches Umfeld zu fördern, in dem technologischer Fortschritt angetrieben wird. In diesem Kontext sind innovative Start-ups von elementarer Bedeutung, um flexibler und schneller neue Innovationspfade einzuschlagen sowie bestehende Markt1 konformitäten in Frage zu stellen, als dies Großkonzerne leisten könnten. Aus Sicht der Kapitalgeber besitzen derartige Unternehmenstypen jedoch eine besondere Risiko-Rendite-Relation, die den Kreis notwendiger Investoren auf Risi2 kokapitalgeber und hierbei im Speziellen auf Venture Capital (VC)-Gesellschaften 3 einengt. Vor diesem Hintergrund ist der deutsche Finanz- und Kapitalmarkt nur bedingt geeignet dem volkswirtschaftlichen Innovationsstreben und den besonderen Finanzierungsanforderungen von Start-ups gerecht zu werden. Letztendlich haben das stark bankenbezogene Finanzsystem sowie temporäre Fehlentwicklungen in der Historie, wie z. B. zu den Zeiten des „New Economy Booms", dazu geführt, dass sich in Deutschland ein hinreichend großer Kapitalmarkt für Innovationsfinanzierungen und hieran angelehnt eine ausgeprägte VC-Kultur nur mangelhaft etablieren konnte. Beide Faktoren sind jedoch elementar für eine nachhaltige 4 positive Entwicklung von VC-Marktaktivitäten. Empirisch ist dieser unbefriedigende Zusammenhang daran zu erkennen, dass der VC-Markt, definiert als Segment fokussierter Früh- und Wachstumsphasenfi5 nanzierungen, trotz seiner über 40-jährigen Geschichte auf dem deutschen Finanzmarkt bis heute eher nur ein Schattendasein einnimmt. Exemplarisch hierfür zu nennen sind die vom Bundesverband deutscher Kapitalbeteiligungsgesell-

1 2

3 4

5

Vgl. Thiel/Masters (2014), S. 7-10. In dieser Arbeit werden die Begriffe VC-Gesellschaften, VC-Geber und Venture Capitalist synonym verwendet. Vgl. Hummel et al. (2011), S. 19-21. Vgl. Rudolph/Haagen (2006), S. 336. Die erste Beteiligungsgesellschaft in Deutschland wurde 1965 gegründet vgl. Hummel/Helwing (2005), s. 5.

2

EINLEITUNG

schaften (BVK) ausgewiesenen Volumina der Early-Stage Finanzierungen in Deutschland, die in dem Zeitraum von 2007 bis 2014 nie die Schwelle von 0,5 Mrd. Euro überschritten haben. Zu den Zeiten des „New Economy Booms" wur6 den noch deutlich mehr als 1 Mrd. Euro p. a. investiert. Angesichts der dargelegten volkswirtschaftlichen Bedeutung von VC und der Zurückhaltung privater Investoren ist der öffentliche Sektor in Deutschland bestrebt diesen Finanzbereich durch eine Vielzahl von Fördermaßnahmen zu unterstützen. So sind die Entwicklungen des Beteiligungsmarktes seit Beginn an durch staatli7 che Interventionen geprägt. Dabei führte die Vielzahl spezifischer VCMarktgesetze dazu, dass Akteure aus dem öffentlichen Umfeld ihr Engagement auf dem Beteiligungsmarkt ausbauten, wie z. B. im Zuge der Erstfassung und No8 vellierung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften. Darüber hinaus beliebt auf Seiten der Politik war und ist die direkte finanzielle Unterstützung von VC-Gebern. Vor dem Hintergrund dieser (historischen) Entwicklungen agiert heutzutage eine Vielzahl von Beteiligungsgesellschaften unter dem Einfluss von staatlichen Institutionen sowie auch von Banken mit einem öffentlichen Auftrag. Diese werden in der vorliegenden Untersuchung als öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften abgegrenzt. Legt man diese Definition zugrunde, gelangt man letztendlich zu dem Ergebnis, dass auf dem deutschen VC-Markt ca. ein Drittel aller VC-Geber dieser Kategorie zuzuordnen sind, was deren bedeutende Rolle zur Finanzierung von 9 innovativen Start-ups verdeutlicht. Gleichzeitig stellt sich jedoch die Frage, inwiefern derartige Akteure mit speziellen Förderzielen einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, das unterentwickelte privatwirtschaftliche Engagement zu beleben, indem siez. B. Informationsdefizite oder auch Finanzierungsrisiken reduzieren (Seeding-Hypothese). Dabei stets präsent ist die Gefahr, durch ein derartiges staatliches Eingreifen ohnehin knappes Kapital nicht marktkonform zu allokieren und zusätzlich Markteintrittsbarrieren für private Investoren zu schaffen. Privatwirtschaftliche Verdrängungseffekte wären das Ergebnis (Crowding-Out-Hypothese), die einer positiven Entwicklung des 10 VC-Marktes entgegenstehen. Anders ausgedrückt ist die Kardinalsfrage zu be-

6 7

8 9

10

Vgl. BVK Jahresstatistiken von 2001 bis 2014. Vgl. Jeng/Wells (2000), S. 282-284. Vgl. Fock (2006), S. 1542; Ritzer-Angerer (2004), S. 2385; Frommann (2002), S. 21. Vgl. Kapitel 5.2.1 sowie zu ähnlichen Ergebnissen Schefczyk (2006), S. 123-126 und Bascha/Walz (2002), s. 19. Vgl. Leleux/Surlemont (2003), S. 84; Lerner (2009), S. 69-73.

EINLEITUNG

3

antworten, ob staatlich-geförderte VC-Geber, aufgrund ihrer spezifischen Zielund Anreizstrukturen, als marktkonforme Partner agieren und somit einen qualitativen Beitrag zur Belebung des Marktgeschehens leisten oder dieses eben nur kompensieren bzw. im Extremfall gar verdrängen. Für die (wirtschaftspolitische) Praxis ist hieraus final der Diskussionspunkt abzuleiten, wie sich öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften optimal am VC-Markt positionieren sollten, um eben privaten VC-Gebern einen möglichst hohen Mehrwert und demnach Anreiz für mehr Engagement zu bieten. Um dieses Praxisproblem forschungsmethodisch zu operationalisieren, soll die Syndizierung bzw. das Co-Venturing als Referenzpunkt der Untersuchung dienen, d. h. die gemeinsame Finanzierung eines Unternehmens von mind. 2 VCGesellschaften. So wurde im Jahr 2014 knapp ein Drittel aller Beteiligungsfälle von inländischen Beteiligungsgesellschaften, welche im (BVK) registriert sind, als Syndizierung durchgeführt, wobei in dieser Marktuntersuchung die Aktivitäten 11 von registrierten Früh- und Spätphaseninvestoren gesammelt festgehalten sind. KREBS nennt in diesem Zusammenhang unter Berufung auf weitere Studien für 12 den Zeitraum von 2003 bis 2006 gar Werte von 50 % und mehr. Bezieht man sich auf diese Angaben, ist festzuhalten, dass das Syndizieren von mind. einem Drittel aller Deals zeigt, dass die Kooperation zwischen VC-Gesellschaften in einem Syndikat unter bestimmten Voraussetzungen auf eine gewisse Akzeptanz stößt. Auf der anderen Seite zeigen diese Aussagen, dass es auch Gründe gibt, die offensichtlich gegen die Kooperation mit anderen VC-Gebern sprechen. Über die Synthese der Ausführungen zum öffentlichen Engagement auf dem deutschen VC-Markt sowie der Popularität des Instruments der Syndizierung ergibt sich nunmehr die übergreifende Forschungsfrage dieser Untersuchung, inwiefern öffentlich-geförderte VC-Geber für private VC-Gesellschaften ein geeigneter Syndizierungspartner sind. Um diese zentrale empirische Fragestellung im Rahmen der vorliegenden Arbeit zu beantworten, wird ein zweistufiger Forschungsprozess verfolgt. Zuerst ist die (ressourceninduzierte) Strategiewahl beider VC-Gesellschaftsgruppen im Kontext pluralistischer Theorieansätze zu erläutern. Anschließend werden dezidiert die Syndizierungsstrategien von beiden VCGesellschaftsgruppen beleuchtet und gleichzeitig hinterfragt, welchen Beitrag diese zur Optimierung der eigenen Geschäftstätigkeit beitragen. Durch das gewählte Vorgehen der vorliegenden Arbeit werden Syndizierungsmotive somit

11

12

Vgl. BVK (2014), S. 19. Vgl. Krebs (2012), S. 5.

4

EINLEITUNG

nicht alleinstehend, sondern als integraler Bestandteil der Strategiewahl beleuchtet. Bezugnehmend auf den aktuellen Wissenschaftsstand in diesem Untersuchungsmetier wird hierbei explizit die Forschungslücke adressiert, dass in bisherigen Studien das Syndizierungsverhalten von VC-Gesellschaften meist nur separat analysiert wurde. Eine Verknüpfung zu der gesamtstrategischen Ausrichtung bzw. der konkreten Frage, ob VC-Gesellschaften eher die Fokussierung oder aber die Erweiterung des gesellschaftsspezifischen Ressourcenbestandes über das CoVenturing mit anderen VC-Gebern favorisieren, ist bislang wissenschaftlich nur 13 unzureichend beleuchtet. Darüber hinaus wird explizit die Kausalitätskette beleuchtet, welchen Einfluss die Trägerschaft und die hieran anknüpfende Ressourcenausstattung auf das Gesamtverhalten inkl. der verfolgten Syndizierungsstrategie von VC-Gesellschaften besitzen. Zwar werden derartige Aspekte in bisherigen Arbeiten teilweise auch schon konkret erfasst, jedoch gehen diese nur sehr begrenzt auf die Spezifika von 14 öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften ein. Oftmals wird diese Gruppe von VC-Gebern sogar bewusst von der Untersuchung ausgegrenzt, wie in dieser Arbeit noch gezeigt wird. zusammengefasst ist es das Ziel der vorliegenden Studie von dem aktuellen Wissenschaftsstand ausgehend einen theoretischen und praxisorientierten Mehrwert zu leisten, in dem die Strategiewahl inkl. des Syndizierungsverhaltens zwischen öffentlich-geförderten und privaten VC-Gesellschaften in Deutschland vergleichend beleuchtet wird. Diese Ergebnisse dienen anschließend dazu, die Möglichkeiten und Grenzen des Co-Venturing zwischen beiden VC-Gesellschaftsgruppen zu diskutieren sowie der Frage nachzugehen, inwiefern das unterentwickelte privatwirtschaftliche VC-Engagement weiter belebt werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsdesiderata wurden die folgenden Forschungsfragen formuliert, deren Beantwortung das Ziel der vorliegenden Studie ist:

1}

13 14

Welche Bedeutung haben finanzielle und nicht-finanzielle Syndizierungsmotive für private und öffentlich-geförderte VCGesellschaften im Kontext ihrer jeweiligen strategischen Ausrichtung?

Vgl. Jääskeläinen (2012), S. 449-458. Für den deutschen VC-Markt vgl. Krebs (2012); Friedrich (2005) sowie Nathusius (2005).

EINLEITUNG

2)

1.2

5

Wie kann das Syndizierungspotenzial zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften gesteigert werden?

Vorgehen und Aufbau der Arbeit

Das Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung des Syndizierungsverhaltens im Kontext der Gesamtstrategie von öffentlich-geförderten und privaten VCGesellschaften in Deutschland. Für die wissenschaftstheoretische Abhandlung dieses Untersuchungsgegenstandes wird übergreifend ein mehrstufiges Forschungsdesgin gewählt. Dabei werden sachlich-analytische, empirische und abschließend formal-analytische Forschungsstrategien verfolgt. Der sachlichanalytische Teil dient im Wesentlichen zur Ausarbeitung des theoretischen Fundaments der Untersuchung und hiervon ausgehend einer profunden Deduktion der Arbeits- und Detailhypothesen. Diese werden anschließend mit Hilfe der empirischen Forschungsstrategie überprüft und bewertet. In dem abschließenden Teil ist dann wiederum partiell eine sachlich-analytische Vorgehensweise vorzufinden, um die empirisch gewonnenen Erkenntnisse auf abstrakterer Ebene zu erklären. Aus diesem Grundverständnis der vorliegenden Untersuchung ergibt sich die nachfolgend beschriebene Systematik für den Arbeitsaufbau, die in Abbildung 1 schematisch dargestellt ist. Insgesamt umfasst die Arbeit sieben aufeinander aufbauende Abschnitte, wobei in Kapitel 1 bereits die Problem- und Zielstellung erläutert wurde. In Kapitel 2 erfolgt in Anlehnung an den spezifischen Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit zunächst eine fundierte historische Abhandlung der Entwicklung des deutschen Beteiligungsmarktes. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Herausarbeitung der Rolle des Staates bei der Implementierung und Weiterentwicklung des Segments der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen von Unternehmen. Im Anschluss hieran werden die Legitimationsgründe und Möglichkeiten öffentlicher Fördermaßnahmen diskutiert. Daran anknüpfend erfolgt eine fokussierte Darstellung der Vorteile und Grenzen direkter staatlicher Fördermaßnahmen in Form der Etablierung respektive Finanzierung von öffentlichgeförderten VC-Gesellschaften. Das Kapitel schließt mit einer Synthese der wesentlichen Ergebnisse und zeigt hieran fundiert die praktische Relevanz der Untersuchung.

6

EINLEITUNG

1

Kapitel 1:

Einleitung

Kapitel 2:

Entwicklung und staatliche Förderung von Venture Capital in Deutschland

Kapitel 3:

Theoretische Ausgangsbasis und Einordnung der Untersuchung

Kapitel 4:

Theoriebasierte Herleitung der Arbeits- und Detailhypothesen

Strukturmerkmale

Kapitel 5:

Strategische Positionierung

Syndizierungsverhalten

Empirische Untersuchung

Strukturmerkmale

Strategische Positionierung

Syndizierungsverhalten

Kapitel 6:

Wissenschaftstheoretische und praxisorientierte Ergebnisinterpretation

Kapitel 7:

Zusammenfassung und Kritische Würdigung

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit Quelle:

Eigene Darstellung.

Ausgehend von diesen Befunden wird in Kapitel 3 über eine sachlich-analytisch gewählte Vorgehensweise das theoretische Fundament der Untersuchung ausgearbeitet. Die Reflektion der wissenschaftlichen Literatur in dem gewählten Forschungsmetier dient zuerst der Begriffsbestimmung von VC. Daran anknüpfend erfolgt die Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes im Hinblick auf zu berücksichtigende Finanzierungsphasen. Darüber hinaus wird die Struktur der untersuchungsrelevanten Zielgruppen - private und öffentlich-geförderte VCGesellschaften - vorgestellt. Dem anschließend ist anhand des aktuellen Wissenschaftsstands dargelegt, welche grundsätzlichen strategischen Handlungsoptionen für VC-Gesellschaften existieren. Der vorletzte Teilabschnitt dient dann der detaillierten wissenschaftstheoretischen Einführung des Syndizierungsbegriffs sowie der wertenden Einordnung dieser speziellen Kooperationsform in den VClnvestitionsprozess. Das Kapitel schließt mit einer Synthese der wesentlichen Ergebnisse, um die vorliegende Untersuchung fundiert in das gewählte wissenschaftliche Forschungsmetier zu positionieren.

EINLEITUNG

7

Das Kapitel 4 bildet den Kern der sachlich-analytischen Forschungsstrategie. Hierbei wird zuerst der theoretische Bezugsrahmen der Untersuchung herausgearbeitet. Zur Beschreibung der Finanzierungsfunktion von VC dienen die finanztheoretischen Konzepte der Portfolio- und Agency-Theorie. Darüber hinaus werden zu Erklärung der Managementfunktion von VC-Gesellschaften auch die managementtheoretischen Erklärungen des Resource-based View mit in die Untersuchung einbezogen. Vor dem Hintergrund der speziell gewählten Zielgruppenfokussierung sind abschließend zudem auch Aspekte weiterer managementtheoretischer Konzepte mit anzuführen. übergreifend ist hierbei festzuhalten, dass in diesem Abschnitt eine grundsätzliche theoretische Erklärung des Finanzierungsverhaltens und der Struktur von VC-Gesellschaften für die nachfolgenden Ausführungen erfolgt. In dem zweiten Unterabschnitt des Kapitel 4 wird das ausgewählte Theorieset mit weiteren Arbeiten und Studien zu dem Untersuchungsgegenstand erweitert, um sachlich-analytisch in einem deduktiven Verfahren die zentralen literaturbasierten Arbeits- und Detailhypothesen für die empirische Studie zu formulieren. Dabei orientieren sich die Ausarbeitungen an der grundlegenden Kausalität dieser Untersuchung. Diese besagt, dass VC-Gesellschaften ausgehend von ihrer Trägerschaft bestimmte Ziele verfolgen und über divergierende Ressourcenbestände verfügen, die im Ergebnis die strategische Positionierung beeinflussen. Hieran anknüpfend werden literaturbasiert Annahmen zum Syndizierungsverhalten herausgearbeitet, als spezielle strategische Option für VC-Geber zur Erreichung der Zielvorgaben sowie zur Fokussierung oder aber Komplementierung bestimmter Ressourcendefizite. Zum Abschluss dieses Kapitels wird eine tabellarische sowie auch schematisch verknüpfende Übersicht als Orientierung für die nachfolgenden Ausführungen erstellt. Gegenstand von Kapitel 5 ist dann die Abhandlung der eigenen empirischen Datenerhebung und -auswertung. Hierzu wird zuerst die methodische Vorgehensweise beschrieben. Im Anschluss hieran werden die eigentlichen Auswertungen und Ergebnisse detailliert erläutert, die mit Hilfe des Verfolgens der ausgewählten empirischen Forschungsstrategie gewonnen wurden. Zur besseren Nachvollziehbarkeit folgen die Ausführungen dieses Kapitels dem strukturellen Vorgehen in Kapital 4. Zum Abschluss werden die Einzelergebnisse der Untersuchung zu den ausgearbeiteten Arbeits- und Detailhypothesen tabellarisch zusammengefasst.

8

EINLEITUNG

In Kapitel 6 werden die gewonnenen empirischen Forschungsergebnisse sowohl auf inhaltlicher als auch methodischer Ebene interpretiert. Den Kern dieser Ausführungen bilden zuerst die Ableitung gesellschaftsspezifischer lnvestorenprofile sowie die komprimierte Darstellung des beobachtbaren Syndizierungsverhaltens unter den Befragungsteilnehmern. Anschließend erfolgt eine wertende Einordnung dieser Erkenntnisse in den theoretischen Bezugsrahmen der Arbeit. Darauf aufbauend werden die komprimierten empirischen Befunde in dem sachlichanalytischen Vorgehen weiter abstrahiert, um v. a. das Syndizierungsverhalten privater VC-Geber und deren Anforderungen an potenzielle Syndizierungspartner zu modellieren. Ausgehend von dieser induktiven Verfahrensweise werden abschließend praxisorientierte Handlungsempfehlungen für die Ausrichtung öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften diskutiert. Das Kapitel 7 fasst schließlich übergreifend die zentralen theoretischen und empirischen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammen. Darüber hinaus erfolgen eine kritische Diskussion dieser Ergebnisse sowie ein Ausblick auf potenzielle künftige Forschungsfelder in diesem Forschungsmetier.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

2

9

Entwicklung und staatliche Förderung von Venture Capital in Deutschland

Dieses Kapitel dient dazu die praktische Relevanz des gewählten Untersuchungsgegenstandes anhand einer historischen Gesamtmarktdarstellung zu verdeutlichen, in derer v. a. eine Analyse der Entwicklung klassischer Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen erfolgt. Darüber hinaus werden wesentliche staatliche Interventionen beschrieben, die einen Einfluss auf das Beteiligungsgeschehen und folglich auf den heutigen Entwicklungstand des deutschen VC-Marktes ausübten. Abschließend ist in Anlehnung an den Titel dieser Arbeit im Speziellen auf die Finanzierung öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften einzugehen - einem bedeutenden Instrument politischer Entscheidungsträger zur Förderung von VCAktivitäten.

2.1

Historische Entwicklung des deutschen VCMarktes

2.1.1

Entstehungsjahre und erste politische Initiativen

Die Entstehung und Entwicklung des VC- bzw. Beteiligungsmarktes in Deutschland ist von Beginn an mit politischen Entscheidungsprozessen verbunden gewesen. Den Ausgangspunkt stellte Mitte der 1960er Jahre die sich intensivierende Diskussion dar, wie man die Eigenkapitalversorgung mittelständischer Unternehmen {KMU) durch geeignete Institutionen verbessern kann. Jedoch war die heutzutage oft angeführte mangelhafte Eigenkapitalausstattung dieser Unternehmensklasse nicht der auschlaggebende Grund, sondern ein politisch motivierter Umverteilungsprozess. Im Ergebnis sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die gestiegene Ersparnisbildung privater Haushalte in gewissem Um15 fang für die Eigenkapitalfinanzierung von KMU zu nutzen. Unter Berücksichtigung der deutschen Grundauffassung die unternehmerische Unabhängigkeit weiterhin zu gewährleisten, entstand aus dieser politischen Diskussion heraus die Vorstellung über den Aufbau und die Funktionsweise von Kapitalbeteiligungsgesellschaften.16 Hierzu wurden von PERSE sowie der Arbeitsge15

16

Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 39. Vgl. Weitnauer (2007), S. 26.

10

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

meinschaft Selbstständiger Unternehmer modelltheoretische Ausarbeitungen angefertigt. Diese Konzepte forderten im Wesentlichen die Gründung von Kapitalsammelinstitutionen, welche sich unter der Prämisse der Risikostreuung auf atypische stille Unternehmensbeteiligungen ohne weitreichende Kontroll- und 17 Mitwirkungsrechte beschränkten sollten. Die ersten Institutionen mit einem derartigen Geschäftsmodell wurden jedoch vornehmlich über Kreditinstitute finanziert. Hieraus entstand das wirtschaftspolitische Problem, dass diese vorrangig nur stille Beteiligungen in bereits etablierte Unternehmen eingingen, um deren Eigenkapitalbasis sowie hiermit die Geschäftsbeziehung zu den Investoren respektive den Kreditinstituten zu verbessern.18 Das sich verschlechternde makroökonomische Umfeld in dieser Zeit, mit dem negativen Höhepunkt der ersten Rezession und dem Ende des deutschen „Wirtschaftswunder" im Jahr 1967, führten zudem zu einer Verknappung privater Finanzmittel für das oben angeführte wirtschaftspolitische Ziel der Umverteilung.19 Politisch wurde diese Zeit durch den Arbeitskreis für die Behandlung von Finanzierungsfragen des Mittelstandes flankiert. Bemerkenswert war hierbei ein Gutachten, dass unter der Leitung von Professor Karl Hax („Hax-Analyse") entstand. In diesem wurden einerseits die Interessen und Strategien der existierenden Kapitalbeteiligungsgesellschaften evaluiert und die praxisorientierte Fragestellung untersucht, ob von dem Status quo ausgehend genügend Beteiligungskapital für KMU in Deutschland zur Verfügung gestellt werden kann. Die Arbeitsgruppe um Hax verneinte diese Frage mit der Begründung, dass unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Beteiligungsprüfung und das Management der Beteiligungen die Untergrenze wirtschaftlicher Investitionen bei 500.000 DM liegt. Anhand dieser Mindestfinanzierungssumme schätzte man, dass in Deutschland nur ca. 400 Beteiligungsfälle für derartige Kapitalgeber in Betracht kämen. Für den Großteil der KMU war diese Finanzierungsmöglichkeit aufgrund der finanziellen Mindestanforderungen jedoch nicht zugänglich, woraus die politische Forderung 20 nach staatlichen Unterstützungsleistungen aufkam. Im Zuge des politischen Entscheidungsprozesses gelang man schließlich zu der Überzeugung die Anreizstruktur für private Kapitalbeteiligungsgesellschaften (KBG) durch die Kombination staatlicher Förderinstrumente positiv zu beeinflus17 18

19

20

Vgl. Perse (1962), S. 56-58; Leopold/Frommann (1998), S. 42. Vgl. Feldbausch (1971), S. 87 f. Vgl. Räth (2009), S. 204. Vgl. Jesch (2004), S. 183 f.; Gaida (2002), S. 219; Hax (1969), S. 24 f. und S. 44-46.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

11

sen. Hieraufhin wurde im Jahr 1970 das ERP-Beteiligungsprogramm verabschiedet, dass für KBG im Wesentlichen vergünstigte Refinanzierungs- und Risikoabdeckungsmöglichkeiten schaffte. Jedoch waren hiermit auch bestimmte Auflagen verknüpft, wie z. B. Rendite- und Investitionsobergrenzen sowie ein passives Managementverhalten, was dazu führte, dass dieses wirtschaftspolitische Instru21 ment bei den existierenden privaten KBG größtenteils auf Ablehnung stieß. Jedoch führte dies Ende der 1960er Jahre dazu, dass Landesbanken und Sparkassen Tochtergesellschaften gründeten, um ihr Angebot an Beteiligungskapital für regional ansässige Unternehmen zu steigern, auch in Anlehnung an ihren öffentlichen Auftrag. Darüber hinaus entstanden die ersten Mittelständischen Beteili22 gungsgesellschaften (MBG), welche sich bis heute hauptsächlich über das ERP23 Beteiligungsprogramm refinanzieren. Die programmspezifischen Auflagen führten jedoch dazu, dass die gegründeten MBG nicht kostendeckend arbeiteten. Dies wiederum machte den Einsatz weiterer Subventionen erforderlich, wie z. B. 24 den vergünstigten Rückgriff auf Personal aus öffentlichen lnstitutionen. Rückblickend ist für die Entstehungszeit des deutschen Beteiligungsmarktes festzuhalten, dass von politischer Seite her das Kernproblem einer nachhaltigen Eigenkapitalversorgung des gesamten Mittelstands nur unzureichend gelöst wurde. Zwar verbesserte sich die Finanzierungssituation von größeren und etablierten KMU. Jedoch konnten klassische Frühphasenfinanzierungen nach dem Vorbild der USA sowie Beteiligungsfinanzierungen für kleinere Unternehmen nur bedingt 25 angestoßen werden. Einen ersten Schritt zur Steigerung von Frühphasenfinanzierungen stellte im Jahr 1974 die Gründung der deutschen Wagnisfinanzierungs-Gesellschaft mbH (WFG) dar. Träger dieser Gesellschaft waren 27 Kreditinstitute unter dem Vorsitz der Deutschen Bank. Darüber hinaus übernahm der Bund durch Vorauszahlungen und Garantien einen wesentlichen Teil des Investitionsrisikos. Die primäre Zielstellung der WFG bestand in der kommerziellen Verwertung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen durch konzentrierte Innovationsfinanzierungen. Aufgrund des Investitionsfokus auf innovative Unternehmensneugründungen wurde

21 22 23

24 25

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Leopold/Frommann (1998), S. 49 f. Feldbausch (1971), S. 81-85; Freyer (1981), S. 50-54. Steden/Berewinkel (2009), S. 35 f. Leopold/Frommann (1998), S. 51. Leopold/Frommann (1998), S. 47.

12

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

von der WFG zudem eine intensive Managementunterstützung der Beteiligungs26 mandate verlangt. In den Folgejahren scheiterte jedoch dieses zu einseitig ausgerichtete Beteiligungsmodell. Bis zum Jahr 1981 wurde von der WFG ein Betriebsverlust in Höhe von rund 32 Mio. DM angehäuft. Aufgrund dieses Misserfolges musste die zugrunde liegende Geschäftspolitik der WFG neu justiert werden mit dem Ergebnis, dass diese fortan auch wachstumsorientierte und ältere Unternehmen finanzieren konnte, um u. a. risikosenkende Diversifikationseffekte zu erzielen. Darüber hinaus erfolgte eine Anhebung die Beteiligungsdauer von drei bis fünf auf fünf bis 27 zehn Jahre. Diese Maßnahmen konnten jedoch nicht verhindern, dass der Bund im Jahr 1984, fünf Jahre vor Ablauf der geplanten Pilotphase, den Risikobeteili28 gungsvertrag aufkündigte, was zur Einstellung der Investitionstätigkeit führte. In den Folgejahren wurde die WFG von zwei Nachfolgegesellschaften übernommen 29 bis schließlich im Jahr 1991 deren finale Abwicklung erfolgte. Festzuhalten bleibt, dass die WFG aus wirtschaftlicher Perspektive zwar als gescheitert zu bewerten ist, jedoch positive immaterielle Effekte von dieser Initiative ausgingen. Zum einen sammelten die beteiligten Kreditinstitute wertvolle Erfahrungen, die sie für den Aufbau ihres eigenen VC-Geschäftes nutzen konnten. Zum anderen wurde die Notwendigkeit einer nachhaltigen Finanzierung von Innovationen mittels VC manifestiert, womit eine Signalwirkung auf die Entwick30 lung des deutschen VC-Marktes verbunden war. 2.1.2

Wachstums- und Konsolidierungsphasen in den 1980er und 1990er Jahren

In den 1980er Jahren hatten verschiedene Faktoren einen Aufschwung auf dem deutschen Beteiligungsmarkt zur Folge im Hinblick auf eine verstärkte Gründungsaktivität von Beteiligungsgesellschaften, welche sich explizit auf die Frühphasenfinanzierung von innovativen Unternehmen fokussierten. Günstige volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie die Vorbereitung auf den geplanten europäischen Binnenmarkt führten zu einem ansteigenden Kapitalbedarf auf Seiten der KMU. Flankierend schärften einschlägige Publikationen die Bedeutung von EK für Unternehmen, u. a. von Seiten der deutschen Bundesbank. Er-

26 27

28 29 30

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Laub (1985), S. 108-114; Mayer/Müller (1991), S. 1-4. Kokalj/Albach (1987), S. 358 f. Leopold/Frommann (1998), S. 60. Schefczyk (2006), S. 123. Mayer/Müller (1991), S. 54-60.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

13

gänzt wurden diese praxisinduzierten Einflussgrößen durch die zunehmende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Entwicklung und den Erfolgen von 31 angloamerikanischen VC-Gesellschaften. Empirisch belegbar ist diese Entwicklung anhand folgender Zahlen: Ausgehend von einem investierten Beteiligungsvolumen von 500 bis 600 Mio. DM im Jahr 1980, wurde nur fünf Jahre später erstmals die Höhe von über einer Mrd. DM 32 überschritten. Rund ein Viertel dieser Investitionen entfiel hierbei auf den Be33 reich der Frühphasenfinanzierungen. In der zweiten Hälfte dieser Dekade verdreifachten sich die bereitgestellten Finanzmittel noch einmal auf rund 3,4 Mrd. 34 DM, welche in über 2000 Unternehmen investiert wurden. Dieser Aufschwung von außerbörslichen Beteiligungsfinanzierungen führte auch auf politischer Seite zu erneuten Diskussionen bezüglich der Ausgestaltung einzelner Rahmenbedingungen für die Kapitalgeber. Ein Ergebnis aus dem Diskurs war die Erstfassung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG). Durch die Schaffung dieses speziellen Typus einer KBG, welche sich auf dem öffentlichen Kapitalmarkt als Aktiengesellschaft platzieren musste, sollten die Bedürfnisse der Kapitalnachfrager und -anbieter gleichermaßen bedient werden. Nicht börsennotierten jungen KMU bot sich fortan über das zusätzliche Vehikel der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (UBG) ein indirekter Zugang auf den öffentlichen Kapitalmarkt, um die Eigenkapitalausstattung zu stärken. Privatinvestoren räumte man wiederum die Möglichkeit ein, über mittelbare Beteiligungsbeziehungen am Erfolg aufstrebender KMU zu partizipieren. Direktbeteiligungen waren für diese Anlegerklasse aus Kostengründen und mangelnder 35 Transparenz des Beteiligungsmarktes nicht wirtschaftlich bzw. zu risikoreich. Politisch gefördert wurde die Gründung einer UBG zudem über die allgemeine Befreiung von der Vermögens- und Gewerbesteuer. Die teilweise geforderte Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen war hingegen nicht durchsetzbar. Darüber hinaus engte man von politscher Seite auch die Geschäfts- und Investiti36 onspolitik derartige Beteiligungsgesellschaften ein. Hervorzuheben sind hierbei das Verbot Beteiligungen an ausländischen oder börsennotierten Unternehmen 31

32

33 34 35

36

Vgl. Weitnauer (2007), S. 27; Leopold/Frommann (1998), S. 62 f.; Eine Übersicht aktiver VCGesellschaften zu Beginn der 1980er Jahre findet man in Schmidtke (1985), S. 98-102. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 61 f. Vgl. Baltzer (2000), S, 86. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 62. Vgl. Fanselow/Stedler (1994), S. 740; Fock (2006), S. 1542. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 67.

14

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

37 einzugehen sowie die Limitierung der Finanzierungsinstrumente und -volumina. Letztendlich führten diese Einschränkungen dazu, dass von dieser politischen Initiative nur eine geringe Anreizwirkung auf die Akteure des Beteiligungsmarktes 38 ausging. Bis zum Jahr 1994 gründeten sich lediglich 15 UBG, die nur eine nachrangige Bedeutung bei der Finanzierung mittelständischer Unternehmen einnahmen.39 Im Jahr 1996 zählte der BVK gar nur noch neun UBG. Dies verdeutlicht, dass viele Gesellschaften dieses Typus über das Versuchsstadium nicht hinauskamen.40 Fernerhin kritisch war die alleinige Konzentration auf Privatanleger als zu begünstigende lnvestorenklasse. Institutionelle Kapitalgeber beklagten hingegen ein spezifisches Anreizproblem. So übernahm letztgenannte lnvestorengruppe, v. a. Banken und Versicherungen, in der Anlaufphase einer UBG als Hauptakteur den Großteil des Risikos. Anschließend limitierte man jedoch deren künftiges Ertragspotenzial dahingehend, dass diese den überwiegenden Unternehmensanteil an der UBG bis spätestens 10 bzw. 12 Jahre nach deren Gründung auf dem öffentlichen Markt platzieren mussten. Weder das Marktumfeld sowie die Erfolgshistorie der KBG wurden hierbei näher berücksichtigt. Somit bestand für diese Gruppe institutioneller Investoren die Gefahr, dass deren eingesetztes Kapital aufgrund 41 des Platzierungszwangs nur unzureichend Rückflüsse erwirtschaftete. Einer anderen Gruppe institutioneller Investoren, den deutschen Investmentfonds, sollte hingegen durch die Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften ein Anreiz verschafft werden, verstärkt Kapital für diese Anlageklasse bereitzustellen. Kernelement hierbei war die Erweiterung der bis dato gültigen Regelungen zur Bildung von Sondervermögen, welche fortan auch stille Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen zuließ. Ungeachtet dessen existierte jedoch weder ein Markt noch ein hohes Maß an Bewertungssicherheit für derartige Finanztitel, was deren Fungibilität erheblich behinderte. Daher machten deutsche Investmentgesellschaften von dieser politischen Fördermaßnahme kei42 nen Gebrauch. Zum Ende der 1980er Jahre führten ausbleibende Erfolge v. a. im Bereich der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierung zu einem Abflauen der ersten Eupho37 38

39 40

41

42

Vgl. Fanselow/Stedler (1994), S. 741. Vgl. Fanselow/Stedler (1994), S. 741. Vgl. Vollmer (1998), S. 222. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 69. Vgl. Vollmer (1998), S. 222; Fanselow/Stedler (1994), S. 740. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 68; Zu einer detaillierten Abhandlung der Ergebnisse aus dem UBGG vgl. Köhler (1992), S. 39 ff.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

15

riewelle auf dem Beteiligungsmarkt. Die einseitige Ausrichtung der Investitionspolitik schränkte die Gesellschaften in ihrem Handeln zu stark ein und war im Ergebnis zu risikoreich, um nachhaltig erfolgreich auf dem Markt zu agieren. Zum einen herrschte Schlichtweg ein Mangel an guten Beteiligungsobjekten in diesem Segment für die gestiegene Anzahl von Kapitalgebern. Zum anderen mussten auf die bestehenden Beteiligungsbestände hohe Abschreibungsraten in Kauf ge43 nommen werden, um notwendige Portfoliobereinigungen durchzuführen. Bei der Mehrheit der aktiven Beteiligungsgesellschaften führte dieser Lernprozess zu einer strategischen Neuausrichtung hinzu einem stärkeren Fokus auf die Finan44 zierung von etablierten Unternehmen. Diese rückläufige Entwicklung im Bereich der Frühphasenfinanzierungen dauerte bis Mitte der 1990er Jahre an. In dieser Zeit reduzierte sich der Anteil derartiger Investments auf dem Beteiligungsmarkt von 25 % im Jahr 1985 auf unter 10 % im Jahr 1994 und das trotz einer allgemei45 nen negativen Gesamtmarktentwicklung. So wurden in den 1990er Jahren bis zum Jahr 1996 ausnahmslos weniger als eine Mrd. Euro Beteiligungskapital p. a. 46 investiert. Ohne das staatlich initiierte Programm „Beteiligungskapital für junge Technologieunternehmen" (BJTU) im Jahr 1989, welches explizit der Anregung von Frühphasenfinanzierungen diente, wäre der Rückgang noch gravierender 47 ausgefallen. Positiv bemerkenswert jedoch ist, dass die Integration der neuen Bundesländer zu Beginn der 1990er Jahre recht positiv verlief, trotz der besonderen Wirtschaftsstruktur, welche die Risiken einer Beteiligungsfinanzierung nahezu unkalkulierbar machte. Bis zum Jahr 1995 wurden bereits rund 743 Mio. Euro in knapp 500 Unternehmen dieser Region investiert. Ein erheblicher Anteil dieser Investitionen ging dabei auf das Engagement öffentlich-geförderter KBG zurück, die somit in dieser Wirtschaftsregion ein bedeutendere Funktion einnahmen als in den al48 ten Bundesländern. 43 44 45 46 47

48

Vgl. Frommann (2002), S. 20. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 65 f. Vgl. Baltzer (2000), S. 86; Frommann (1993), S. 18. Vgl. Rammer/Engel (2003), S. 3. In diesem Pilotprojekt wurden 300 Mio. DM über ein Refinanzierungs- und Koinvestitionsmodell bereitgestellt. Für die Durchführung des Refinanzierungsmodells war die Kreditanstalt für Wiederaufbau verantwortlich. Für die Betreuung des Refinanzierungsmodells wurde die Technologiebeteiligungsgesellschaft (tbg), eine Tochtergesellschaft der Deutschen Ausgleichsbank, eingesetzt. Bis zum Jahr 1995 sind aus diesem Programm heraus insgesamt über 314 Mio. DM in 336 junge Technologieunternehmen geflossen. Vgl. Nittka (2000), S. 43-45. In den alten Bundesländern erreichte man eine derartige Investitionsaktivität erst nach ca. 17 Jahren. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 76 f.

16

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

Mitte der 1990er Jahre setzte dann eine rasante Aufwärtsentwicklung ein, die bis in das nächste Jahrtausend hinein anhielt. Wie bereits in den 1980er Jahren war auch dieser Aufschwung geprägt von einer gewissen Euphorie im Segment der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierung von Unternehmen, dem angloamerika49 nischen Verständnis von VC. Verzeichnete der gesamte Beteiligungsmarkt von 1997 bis 2000 durchschnittlich einen Nettozuwachs des Gesamtportfolios von 36 % p. a., so konnten die Bruttoinvestitionen im VC-Segment in dem gleichen Zeitraum von 758,8 Mio. Euro auf über 3,1 Mrd. Euro mehr als vervierfacht 50 werden. Im Jahr 2000, dem Höhepunkt des New Economy Booms, wurden rund 1,6 Mrd. Euro in der Seed- und Startup-Phase investiert, womit Deutschland das 51 höchste Frühphasenfinanzierungsvolumen in Europa vermeldete. Die Ursachen hierfür lagen einerseits in dem Attraktivitätsgewinn der Assetklasse PE bzw. VC gegenüber anderen Anlagemöglichkeiten, was dazu führte, dass von 1996 bis 2001 über 20 Mrd. Euro von Investoren bereitgestellt wurde. Neben diesem angebotsgetriebenen Effekt gab es zudem auf der Nachfrageseite eine wahre Gründungswelle von Unternehmen, welche v. a. im Multimedia-Bereich agierten. Hieraus ergab sich für die am Markt tätigen Beteiligungsgesellschaften eine Vielzahl von Beteiligungsmöglichkeiten. Auch schienen sich mit der Einführung des Neuen Marktes im Jahr 1997 die Exit-Möglichkeiten für VC-Gesellschaften zu verbessern, was unter den Beteiligten die Phantasie auf möglichst hohe Renditen 52 katalysierte. Politisch wurde diese Zeit u. a. durch das Nachfolgeprogramm des BJTU „Beteiligungskapital für kleine Technologieunternehmen" (BTU) geprägt aus dem Jahr 1995. Bei der näheren Betrachtung des Programmnamens wird ersichtlich, dass fortan das Unternehmensalter nicht mehr so bedeutend war, wie noch in der Vorgängerversion. Konkret wurde dieses Kriterium von 3 auf 10 Jahre angehoben, um mehr Technologieunternehmen den Zugang zu Beteiligungskapital zu 53 ermöglichen. Darüber hinaus war eine Novellierung des UBGG notwendig, die im Rahmen des Finanzmarktförderungsgesetzes 1998 erfolgte. Da durch den bisherigen Rechtsrahmen die wirtschaftspolitische Zielsetzung der gleichzeitigen Verbesserung von

49 50

51

52 53

Vgl. Baltzer (2000), S. 87. Vgl. BVK (2001) S. 6 und S. 61. Vgl. Frommann (2002), S. 23. Vgl. Rammer/Engel (2003), S. 3; Frommann (2002), S. 21 f. Die Vergabe der Finanzmittel erfolgte hierbei weiterhin über ein Refinanzierungs- und Koinvestitionsmodell. Vgl. Nittka (2000), S. 45 f.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

17

der Eigenkapitalausstattung in den KMU und der Vermögensbildung privater An54 leger nicht erreicht wurde, konzentrierte man sich politisch in der Neufassung nur noch auf die Reduzierung der Eigenkapitalschwäche in den Unternehmen. Folglich stand die Deregulierung der Organisation und der Geschäftstätigkeit von 55 den UBGs im Fokus der Gesetzesmodifizierung. Zum einen eröffnete der Gesetzgeber den UBGs erweiterte Anlage- und somit auch Diversifikationsmöglichkeiten im Rahmen ihrer Investitionspolitik. Im Besonderen zu nennen sind die gesetzliche Fokussierung des Begriffs „Wagniskapitalbeteiligung" und die gleichzeitige Ausweitung möglicher Finanzierungsinstrumente auf nicht gesellschaftsrechtliche Beteiligungstitel, wie z. B. Genußscheine sowie die Möglichkeit sich an börsennotierten Unternehmen zu beteiligen. Auch konnten UBGs fortan leichter Auslandsbeteiligungen eingehen, da die bisherige Restriktion aufgehoben wurde, dass derartige Engagements einen mittelbaren Nutzen für inländische Investments vorweisen mussten. Die wohl wichtigsten Deregulierungen waren allerdings die Auflösung des Rechtsformzwangs zur AG sowie der Wegfall der gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitalersatzregulierung. Somit war fortan die Gründung einer UBG auch für Banken und Versicherungen interes56 sant, da diese dauerhaft die Mehrheit der Gesellschaftsanteile halten konnten. Weiterhin blieben die UBG von der Vermögens- und Gewerbesteuer befreit. Jedoch stellte diese Entlastung keinen Vorteil mehr gegenüber sonstigen Kapitalbeteiligungsgesellschaften dar. Daher führte der Gesetzgeber zudem Steuererleichterungen auf Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ein. Derartige Profite waren für UBG fortan steuerfrei, sofern diese unter den Anlageprämissen des UBGG reinvestiert wurden. Die hieraus entstandenen Steuerstundungseffekte konnten zudem schon nach einer Haltefrist von einem Jahr und nicht erst nach 6 Jahren in Anspruch genommen werden. Da jedoch Gewinne aus Beteiligungen an Personengesellschaften sowie aus laufenden Beteiligungserträgen von dieser Sonderregelung ausgeschlossen waren, blieb auch die Neufassung 57 des UBGG hinter den Forderungen der Marktakteure zurück. Folglich fanden die fixierten Neuregelungen unter den privatwirtschaftlichen Marktteilnehmern keine breite Akzeptanz. Jedoch gründeten Sparkassen, mit einem öffentlichen För58 derauftrag, regional agierende Beteiligungstöchter in Form einer UBG. 54 55

56 57 58

Vgl. Ritzer-Angerer (2004), S. 2383. Vgl. Vollmer (1998), S. 223. Zu weiteren Deregulierungen im Zuge der Novellierung des UBGG vgl. Vollmer (1998), S. 224-227. Vgl. Fanselow/Stedler (1998), S. 292 f.; Vollmer (1998), S. 228 f. Vgl. Fock (2006), S. 1542; Ritzer-Angerer (2004), S. 2385; Frommann (2002), S. 21.

18

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

2.1.3

Wachstums- und Konsolidierungsphasen ab dem Jahr 2000

Nach der Boom-Phase im Bereich der Frühphasenfinanzierungen zum Ende der 1990er Jahre mit ihrem Höhepunkt im Jahr 2000 setzte bereits zur zweiten Hälfte diesen Jahres die nächste Abschwungperiode ein. Die Ursache hierfür war die Bildung einer spekulativen Blase in Folge der nahezu zeitgleichen Einführung des Neuen Marktes, die Novellierung staatlicher Förderprogramme sowie die Verbreitung der Informationstechnologie und der hiermit verbundenen Vielzahl neu 59 geschaffener Geschäftsmodelle. Zu optimistische Unternehmensbewertungen für Startups machten enorme Kurskorrekturen in dem neuen Börsensegment notwendig. Noch nicht platzierte Unternehmensanteile mussten wiederum von den VC-Gesellschaften neu bewertet werden, woraufhin diese die Struktur ihrer Beteiligungsportfolios bereinigten. Diese Faktoren führten letztendlich zu großer 60 Ernüchterung unter den Beteiligten und zum Einbruch auf dem VC-Markt. Die zu einseitige Fokussierung auf Frühphasenfinanzierungen stellte die Beteiligungsgesellschaften erneut vor ein Problem, wie auch schon zum Ende der 1980er Jah61 re zu beobachten war. Empirisch können diese Aussagen anhand einer Analyse der frei verfügbaren Datenbasis des BVK unterlegt werden, in Form der jährlich veröffentlichten Jahresstatistiken zum Beteiligungsmarkt in Deutschland. Bei den folgenden Angaben bezüglich der durchgeführten Beteiligungsfinanzierungen wird dabei dem „Office-Approach" dieses Verbandes gefolgt, der die Investitionen sämtlicher in 62 Deutschland ansässiger Beteiligungskapitalgeber ausweist. Aus Abbildung 2 geht hervor, dass in den Jahren 2000 und 2001 jährlich insgesamt rund 4,5 Mrd. Euro Beteiligungskapital in Deutschland investiert wurden. 63 Der Großteil hiervon waren Finanzierungen im VC-Bereich. So konnten im Jahr 2000 ca. 3,2 Mrd. Euro an Seed-, Startup und Wachstumsfinanzierungen akquiriert werden. Bereits im Folgejahr zeigt sich jedoch schon der erwähnte Abwärtstrend in diesem Segment, gemessen an dem reduzierten Investitionsvolumen von

59 60

61

62 63

Vgl. Geigenberger (2006), S. 19. Vgl. Hummel/Helwing (2005), S. 4; Frommann (2002), S. 24. Vgl. Kapitel 2.1.2. Vgl. BVK (2010), S. 12. Unter Beachtung der in Kapitel 3.1.2 getroffenen Eingrenzung von VC-Finanzierungen werden in diesem Segment alle Finanzierungen der Seed-, Startup-, Later Stage VC- und Growth-Phase subsummiert. PE-Finanzierungen umfassen hingegen die Kapitalbereitstellung im Rahmen von Turnaround-, Replacement-, Bridge- und Buy-out-lnvestments.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

19

2,5 Mrd. Euro. 64 Mit dem Ende des Booms in der „New Economy" fiel das VCFinanzierungsvolumen im Jahr 2003 letztendlich bis unter 0,7 Mrd. ab und konnte sich hiervon bis zum Jahr 2005 nur leicht auf 1,25 Mrd. Euro erholen. Dieser Rückgang im Bereich der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen um knapp 2 Mrd. Euro konnte durch die Entwicklungen auf dem PE-Markt vorerst nicht kompensiert werden. So stieg das Finanzierungsvolumen in diesem Marktsegment nur moderat von 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2000 auf 1,8 Mrd. Euro im Jahr 2005 an. Aufgrund des starken Abwärtstrends im VC-Bereich war diese leichte Aufwärtsbewegung jedoch dafür ausreichend, dass seit 2002 in Deutschland wieder mehr Kapital für Spätphasenfinanzierungen bereitgestellt wird. Insgesamt führten die gegenläufigen Entwicklungen in beiden Marktsegmenten zu einer Reduzierung des Gesamtmarktvolumens auf dem Beteiligungsmarkt bis zum Jahr 2005 auf 3,0 Mrd. Die Ausnahme bildete das Jahr 2004, wo 2,8 Mrd. Euro PE und insgesamt knapp vier Mrd. Euro Beteiligungskapital investiert wurden.

Gesamtmarkt

Private Equity

Beteiligungsinvestitionen

VC Gesamt

Abbildung 2:

Entwicklung

in Deutschland von 2000-2012

Quelle:

Eigene Berechnungen nach Angaben BVK-Jahresstatistiken von 2001 bis 2013.

Seit dem Jahr 2006 ist wiederum eine deutliche Aufwärtsbewegung auf dem deutschen Beteiligungsmarkt zu erkennen (vgl. Abbildung 2). Diese basierte jedoch nun auf den hohen Zuwachsraten im PE-Bereich, wo sich das Investitionsvolumen von 1,8 Mrd. Euro (2005) auf 6,4 Mrd. Euro (2007) mehr als verdreifachte.

64

Seed- und Startup-Finanzierungen beliefen sich im Jahr 2000 auf 1,6 Mrd. Euro, womit Deutschland die führende Position in Europa einnahm. Vgl. Frommann (2002), S. 23.

20

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

Dieser enorme Anstieg führte dazu, dass im Jahr 2007 mit insgesamt knapp 7,5 Mrd. Euro investiertem Beteiligungskapital ein neuer Allzeithöchststand zu verzeichnen war. Der Ausbruch der Finanzkrise in selbigem Jahr führte diesem Aufwärtstrend jedoch ein abruptes Ende herbei. Im Ergebnis brach das Investitionsvolumen im Segment der Spätphasenfinanzierungen von dem Höchststand in 2007 auf 1,3 Mrd. Euro im Jahr 2009 ein. Die Ursachen hierfür waren einerseits die allgemein schlechten Rahmenbedingungen für PE-Gesellschaften im Hinblick auf das Einwerben neuer Finanzmittel (Fundraising), da institutionelle Investoren wie z. B. Kreditinstitute und Versicherungen ihr Engagement deutlich reduzierten.65 Andererseits gestaltete sich die erfolgreiche Betreuung der PU deutlich schwieriger, da PE-Gesellschaften zur Steigerung der EK-Rentabilität bei der Finanzierung der Beteiligungsmandate Leveraged Loans einsetzten. Diese Finanzierungsstruktur belastete die Bilanz der PU und engte den unternehmerischen Spielraum in einem ohnehin schwierigen makroökonomischen Umfeld zusätzlich 66 ein. Ausgehend von diesem Tiefststand im Jahr 2009 erholte sich das PESegment in den Folgejahren. So konnte sich das Investitionsvolumen in 2010 mehr als verdoppeln auf 3,3 Mrd. Euro. Nach der Stabilisierung im darauf folgenden Jahr (3,1 Mrd. Euro) nahm das Investitionsvolumen im Spätphasenfinanzierungsbereich in 2012 dann noch einmal auf über 4,2 Mrd. zu. Von diesen stark schwankenden Entwicklungen im PE-Segment unberührt zeigt sich seit dem Jahr 2005 ein konstant niedriges Investitionsniveau im VC-Bereich gegenüber der Boom-Phase zu Beginn des Jahrtausends (vgl. Abbildung 3). So wurden zwischen den Jahren 2005 bis 2012 stets zwischen 0,9 Mrd. Euro und knapp 1,6 Mrd. Euro investiert. Wie auch schon im PE-Bereich beobachtet, stellte im Zuge der Finanzkrise das Jahr 2009 mit einem VC-lnvestitionsvolumen von 0,9 67 Mrd. den Tiefststand dar. Hiervon ausgehend gab es in dem darauf folgenden Jahr einen deutlichen Anstieg auf knapp 1,6 Mrd. Euro an Investitionsmitteln. In den Folgejahren gingen die Investitionsaktivitäten im VC-Segment dann wieder leicht zurück bis auf 1,1 Mrd. Euro im Jahr 2012. Interessanterweise zeigt sich zudem bei einer genaueren Aufteilung der VC-lnvestments, dass die Summe der 68 Early Stage Finanzierungen seit dem Jahr 2007 mit 0,4 bis 0,5 Mrd. Euro p. a.

65

66 67

68

Im PE-Segment reduzierte sich das Fundraising von 3,6 Mrd. Euro im Jahr 2007 auf 0,7 Mrd. Euro in 2009. Vgl. BVK-Jahresstatistiken 2007 bis 2010. Vgl. Hummel/Effenberg (2011), S. 2 und S. 50. In 2009 lag das exakte Investitionsvolumen mit 0,91 Mrd. Euro noch leicht unter dem Volumen von 0,93 Mrd. ermittelt das Jahr 2006. Hierunter werden explizit nur Seed- und Startup-lnvestitionen erfasst.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

21

nahezu gleichbleibend verläuft. 69 Nach dem Boom-Jahren 2000 und 2001, wo jährlich noch deutlich über einer Mrd. Euro im Frühphasensegment investiert wurden, ist somit in diesem Bereich in der Langzeitbetrachtung eine gewissen Bodenbildung zu erkennen.

VC Gesamt

VC-lnvestitionen

Early Stage VC

Abbildung 3:

Entwicklung

in Deutschland von 2000-2012

Quelle:

Eigene Berechnungen nach Angaben BVK-Jahresstatistiken von 2001 bis 2013.

Von politischer Seite wurden in den Jahren nach der Jahrtausendwende v. a. die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Kapital- und Steuerrecht weiterentwickelt. Darüber hinaus beschloss man auch gesellschaftsrechtliche Gesetzesänderungen, die einen Einfluss auf den Beteiligungsmarkt hatten. 70 Exemplarisch zu nennen sind hierbei das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, welches am 1. November 2008 in Kraft trat und fortan die Gründung einer Unternehmergesellschaft (UG) ermöglichte. Darüber hinaus reagierte man auf die Missstände am Neuen Markt mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz zum 28. Oktober 2004, dass fortan eine Prospektpflicht unter bestimmten Voraussetzungen am Grauen Kapitalmarkt erforderte. Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, welches am 1. November 2005 in Kraft trat, diente wiederum der Erleichterung von Klageverfahren für Anleger bei Vorliegen fehlerhafter Kapitalmarktinformationen. Beide Gesetzesinitiativen dienten letztendlich dazu, das verloren gegangene Vertrauen privater Anleger in die Kapitalmärk69

70

Seit 2003 liegt das jährliche Early Stage Finanzierungsvolumen auch nur in einem Intervall von 0,3 bis 0,6 Mrd. Euro. Vgl. Abbildung 3. Vgl. Weitnauer (2011), S. 36.

22

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

te zurück zu gewinnen. Bezüglich der Regulierung von Kapitalbeteiligungsgesellschaften enthielt der Koalitionsvertrag 2005 die Vorgabe das UBGG zu einem PEGesetz weiterzuentwickeln. Vor diesem Hintergrund wurde 2008 das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) erlassen, welches dort definierten Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften steuerrechtliche Privilegien einräumte. Jedoch wurde diese Initiative aufgrund geografischer Restriktionen und inhaltlich zu selektiver Wirkungen von der Europäischen 71 Kommission verworfen. Um explizit dem starken Rückgang im Bereich der Frühphasenfinanzierung politisch entgegenzuwirken, wurde 2005 der High-Tech-Gründerfonds (HTGF) als Public Private Partnership vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technolo72 gie, der KfW Bankengruppe sowie einzelnen Industriekonzernen gegründet. Das Finanzierungsvolumen des Gründerfonds 1 belief sich insgesamt auf 272 Mio. Euro für eine Investitionsperiode von 6 Jahren. Mit dem Ablauf dieser Investitionsphase konnte Ende 2011 das Closing des Gründerfonds II realisiert werden mit einem verfügbaren Kapitalvolumen von ca. 300 Mio. Euro. Bezüglich der Finanzierungskonditionen ist festzuhalten, dass der HTGF initial bis zu 500.000 Euro 73 und insgesamt max. 2 Mio. Euro in kleine Unternehmen investiert, welche sich in der Seed-Phase befinden, d. h. deren operative Geschäftsaufnahme nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Darüber hinaus ist ein persönliches Commitment seitens der Unternehmensgründer gefordert in Höhe von 20 % bzw. in den östlichen Bundesländern inkl. Berlin in Höhe von 10 % der Finanzierungssumme. Die Hälfte von dem geforderten Eigenanteil kann dabei über weitere Seed-lnvestoren bereitgestellt werden. Mit der Finanzierung erwirbt der HTGF pauschal 15 % der Gesellschaftsanteile (nominal, ohne Unternehmensbewertung) und stellt den Restbetrag als Nachrangdarlehen bereit, wobei die Zinszahlungen in Höhe von 10 % p. a. für die ersten vier Jahre gestundet werden. Die gesamte Laufzeit des 74 Darlehens beträgt sieben Jahre. Hinsichtlich des Investitionsverhalten ist zum Stand 31.12.2011 festzuhalten, dass in den sechs Jahren 4102 Beteiligungsanfragen bei dem HTGF eingegangen sind, 71

72

73

74

Zu einer übersichtlichen Abhandlung der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf dem deutschen Beteiligungsmarkt vgl. Weitnauer (2011), S. 35-57. Die ersten Partner aus der Privatwirtschaft waren BASF, Deutsche Telekom und Siemens. In den letzten Jahren konnten jedoch weitere Industrieunternehmen als finanzielle Kooperationspartner gewonnen werden. Vgl. HGTF (2012). Kleine Unternehmen werden hier nach den Kriterien der EU-Kommission (max. 50 Mitarbeiter und Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Mio. Euro) abgegrenzt. Vgl. HTGF (2012).

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

23

wovon 3523 bereits nach der Erstprüfung abgelehnt wurden. Von den verbliebenen 579 Anfragen befanden sich 256 in dem weiteren Prüfungsprozess. Mit 18 potenziellen Beteiligungsmandaten war man zudem kurz vor dem Abschluss der Vertragsverhandlung. Bei weiteren 43 Unternehmen kam es zu keinem erfolgreichen Abschluss, so dass das finale Closing entfiel. Hieraus ergibt sich, dass der HTGF an der Seed-Finanzierung von 262 jungen Technologieunternehmen betei75 ligt gewesen ist (per 31.12.2011). Aufgrund dieser Zahlen ist festzuhalten, dass durch diese politische Initiative das Problem des Marktversagens im Frühphasen76 finanzierungsbereich reduziert werden konnte.

2.2

Staatliche VC-Fördermaßnahmen in Deutschland

2.2.1

Legitimation und Ausgestaltungsmöglichkeiten

Die Ausführungen zum Beteiligungs- bzw. VC-Markt in Deutschland haben gezeigt, dass dessen Entwicklungen von Beginn an durch staatliche Interventionen mit beeinflusst worden sind. Eine grundsätzliche wirtschaftspolitische Zielstellung war hierbei stets die Finanzierungssituation für junge und innovative KMU zu verbessern, um wichtige Impulse für die Stärkung des deutschen Mittelstands zu setzen. Schließlich ist bekannt, dass derartige Unternehmen einen positiven Einfluss auf das Innovationsverhalten, die Beschäftigungs- sowie Wettbewerbsstruk77 tur und im Gesamtergebnis auf das Wachstum einer Volkswirtschaft besitzen. Aufgrund derartiger positiver volkswirtschaftlicher Effekte sowie unter Beachtung 78 der Angebotslücke im Frühphasenfinanzierungsbereich, sind im Wesentlichen zwei Legitimationsgründe für staatliche VC-Fördermaßnahmen anzuführen. Aus den genannten positiven Externalitäten, v. a. den Spillover-Effekten die im Zuge der Forschung und Entwicklung (FuE) in jungen Technologieunternehmen auftreten, ergibt sich für politische Entscheidungsträger die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, in dem Unternehmergeist und Innovationsaktivitäten an79 geregt werden. Aufgrund der Kausalität, dass VC-Finanzierungen in diesem Eco-

75 76 77 78 79

Vgl. HTGF (2012). Vgl. Weitnauer (2011), S. 57. Vgl. Seidel (2011), S. 146-151; Schefczyk (2006), S. 16-18; Dannat (2004), S. 64 f. Vgl. Weitnauer (2011), S. 34; Dannat (2004), S. 70. Zum Ausgleich positiver Externalitäten über staatliche VC-Förderung vgl. Lerner (2002), S. 78.

24

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

80

system katalysierend wirken, ist schließlich nachgelagert die erste Legitimationsgrundlage für gezielte wirtschaftsfördernde Aktivitäten seitens der Politik in 81 diesem Segment zu begründen. Das zweite Argument für staatliche Fördermaßnahmen ist das Vorliegen von 82 Marktversagensbestandteilen im Frühphasenfinanzierungsbereich. So besteht in diesem Marktsegment ein grundsätzliches strukturelles Finanzierungsproblem aufgrund der Relation von Angebot und Nachfrage nach VC. Strukturbedingt bedeutet in diesem Zusammenhang, dass zwar allgemein ein Finanzierungsangebot für innovative Startups auf dem Markt existiert, diese jedoch nicht den Zugang erhalten bzw. ihren gesamten Finanzierungsbedarf hieraus nicht ausreichend ab83 decken können. Vor diesem Hintergrund sind kompensierende wirtschaftspolitische Fördermaßnahmen plausibel, wie z. B. die Zertifizierung der Qualität risikoreicher Gründungsvorhaben und folglich die Reduzierung der Informationskosten für private Investoren, um letztendlich deren Finanzierungsbereitschaft positiv zu 84 beeinflussen. Um die angeführten wirtschaftspolitischen Ziele zu erreichen, stehen die in Abbildung 4 dargestellten staatlichen Fördermechanismen zur Verfügung. Aus dieser Darstellung geht hervor, dass allgemein über die Ausgestaltung der rechtlichen und fiskalpolitischen Rahmenbedingungen, wie z. B. dem Steuer- und Insolvenzrecht, ein Einfluss auf das Geschehen am Beteiligungsmarkt ausgeübt werden kann. Neben diesen unspezifischen Fördermöglichkeiten besteht zudem die Option, einzelne Akteure auf dem VC-Markt gezielt zu unterstützen. Passive Instrumente umfassen hierbei Maßnahmen, welche privatwirtschaftliches Handeln incentivieren sollen, ohne dabei selbst (pro-) aktiv in den VC-Finanzierungsprozess einzugreifen. Hierunter zählen u. a. die dezidierte Festlegung gesellschaftsrechtlicher Sonderreglungen, wie z. B. im Zuge des UBGG fixiert wurde 80

81 82

83

84

Zu den Vorteilen von VC-Gesellschaften bei der Finanzierung innovativer Startups vgl. Lerner {2009), S. 50-55. Exemplarisch anzuführen ist zudem die Langzeituntersuchung (Zeitraum von 19812005) von Puri und Zarutskie. Diese gelangen u. a zu den empirischen Ergebnissen, dass VCfinanzierte gegenüber nicht VC-finanzierten US-Unternehmen einen deutlich positiveren Beschäftigungseffekt sowie auch geringere Ausfallquoten vorweisen. Vgl. Puri/Zarutskie {2012), S. 2284 f. Vgl. Schilder {2006), S. 6. Zur Notwendigkeit der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzip bei staatlicher VC-Förderung in Deutschland vgl. Dannat {2004), S. 274-277. Vgl. Mcglue {2002), S. 48 f. Vgl. Schilder {2006), S. 6 f. Zur Zertifizierungsfunktion staatlicher Fördermaßnahmen bei VCFinanzierungen vgl. Lerner {2002), S. 77 f. und Lerner {1999), S. 286. Die Argumentation zur Etablierung von spezialisierten Intermediären im VC-Markt, welche vorhandene Informationsasymmetrien und folglich Informationskosten für private Kapitalgeber reduzieren, um deren Investitionsbereitschaft anzuregen, ist zurückzuführen auf die Arbeit von Leland/Pyle {1977).

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

25

sowie die Ausgestaltung spezifischer (Re-)Finanzierungsprogramme für VCGesellschaften oder auch direkt für Startups. 85 Zudem kann politisch ein Einfluss auf das Anlageverhalten bestimmter Investorenklassen ausgeübt werden, ζ. B. über die Incentivierung spezifischer Anlagegrundsätze, um Kapitalströme in die Assetklasse VC zu lenken.86 Neben diesen passiven Fördermöglichkeiten besteht für politische Entscheidungsträger zudem die Option, direkt bzw. aktiv in den VCFinanzierungsprozess innovativer Startups einzugreifen. Dies erfolgt über die Finanzierung und in der Regel dem Management von staatlichen VC-Fonds, die über Syndizierungsmodelle private Akteure und deren Kapital aktivieren sollen.87 Exemplarisch anzuführen für den deutschen Markt sind hierbei die Beteiligungsaktivitäten des HTFG sowie der staatlich-geförderten VC-Gesellschaften in den einzelnen Bundesländern. 88

Abbildung 4: Übersicht staatliche VC-Interventionsmöglichkeiten Quelle:

86

87 88

Eigene Darstellung.

Exemplarisch zu nennen an dieser Stelle ist das ERP-Beteiligungsprogramm als Refinanzierungsund Risikoabdeckungsmöglichkeit für KBG. Vgl. Kapitel 2.1.1 und Schefczyk (2006), S. 112 f. Für Deutschland exemplarisch zu nennen ist Solvency II, wovon die Anlagemöglichkeiten von Versicherungsunternehmen betroffen sind. Vgl. Seidel (2011), S. 169-171; Für die USA ist an dieser Stelle die Lockerung des Employee Retirement Income Security Act im Jahr 1979 zu erwähnen ("prudent man rule"). Im Zuge dessen war es Investmentmanagern von Pensionsfonds möglich bis zu 10 % des verwalteten Finanzvolumen in die Assetklasse VC zu investieren, woraufhin deutliche Kapitalzuflüsse in diesem Segment verzeichnet wurden. Vgl. Gompers/Lerner (2000), S. 285. Vgl. Leleux/Surlemont (2003), S. 82; Roling (2001), S. 206 f. Vgl. Schefczyk (2006), S. 114-116.

26

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

Kapitelübergreifend ist abschließend festzuhalten, dass im Zuge der Entwicklung des deutschen Beteiligungsmarktes Maßnahmenbündel aus allen drei Bereichen 89 zum Einsatz gelangt sind. Unter Berücksichtigung der Zielstellung dieser Arbeit ist jedoch im Folgenden auf eine detaillierte Analyse der allgemeinen Rahmenbedingungen für VC-Marktteilnehmer zu verzichten. Vielmehr ist der Fokus der weiteren Untersuchung auf die Möglichkeiten und Grenzen staatlich geförderter VCGesellschaften bzw. Fonds zur Aktivierung bzw. Kompensierung privatwirtschaftlichem Engagement. Derartige VC-Geber sind definitionsgemäß entweder direkt von öffentlichen Institutionen finanziert oder weisen eine Verbindung zu För90 derbanken, Landesbanken und Sparkassen auf. Die historische Abhandlung hat hierbei gezeigt, dass die Vorgabe spezifischer VC-Marktrahmenbedingungen einen Einfluss auf die Gründung und das Wirken von Institutionen in dieser lnvestorengruppe besessen hat. So wurden MBG sowie auch KBG erst im Zuge des in 91 Kraft treten einzelner Beteiligungsmarktgesetze aktiv. Aus diesem Grund ist bei der Analyse des Verhaltens öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften dieser empirisch beobachtbare Zusammenhang mit zu berücksichtigen.

2.2.2

Möglichkeiten und Grenzen öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften

Gegenüber im Zeitablauf meist starren allgemeinen Rahmenbedingungen bzw. Förderprogrammen besitzt die finanzielle Unterstützung einzelner VCGesellschaften den Vorteil, dass diese im Rahmen ihrer Beteiligungsgrundsätze flexibler auf sich ändernde Marktanforderungen reagieren können. Durch diese Struktur reduziert sich die Gefahr, dass der Belebungseffekt auf privatwirtschaftliche VC-Aktivitäten nur zeitlich begrenzt ausfällt. Nicht selten kommt es hingegen bei den zuerst genannten staatlichen Förderinstrumenten zu dem Problem, dass einmal fixierte Förderrichtlinien als Reaktion auf die Momentaufnahme 92 schon nach kurzer Zeit nicht mehr marktkonform sind. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass durch die aktive Beteiligung am VCFinanzierungsprozess auf politischer Ebene zusätzliche Lerneffekte im operativen Bereich auftreten, die zur Fortentwicklung öffentlicher VC-Förderstrukturen und prozesse dienen können. Bei der Verabschiedung und Ausführung von allgemeinen gesetzlichen Rahmenbedingungen ist dies nur bedingt über z. B. die Imple93 mentierung von Fachgremien der Fall. Zudem bietet sich auf bilateraler Ebene 89 90 91

92 93

Vgl. Kapitel 2.1. Vgl. Kapitel 3.2.2. Vgl. Kapitel 2.1. Vgl. Leopold/Frommann (1998), S. 68. Abgeleitet aus den Ausführungen von Reling (2001), S. 201.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

27

die Option, Startups eben nicht nur Kapital sondern auch Managementunterstützung aktiv mit anzubieten, ein wesentliches Element für den Erfolg von Gründungsvorhaben. Bei allgemeinen bzw. passiven VC-Förderinstrumenten ist nicht bzw. nur bedingt und dann meist auch nur indirekt über die Einbindung von zu94 sätzlichen Akteuren möglich. Hinsichtlich der Grenzen einer (pro-) aktiven VC-Förderung über öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften ist die Frage aufzugreifen, inwiefern derartige Institutionen als glaubwürdige Zertifizierer bzw. Signalgeber agieren, um bestehende Informationsasymmetrien im Markt zu reduzieren. Sofern sie diese Funktion ausüben, bestände in erster Instanz die Möglichkeit Investitionen in Startups anzuregen, welche sonst keinen Zugang zu VC gefunden hätten. Über Syndizierungsmodelle mit privaten VC-Gesellschaften könnte in diesem Kontext zudem dem po95 tenziellen Herdenverhalten am Markt entgegengewirkt werden. Um diese Frage weiter zu vertiefen ist auf die besondere Struktur und Corporate Governance (CG) von öffentlich-geförderten VC-Fonds und deren möglichen Einfluss auf den operativen Finanzierungsprozess zu verweisen. Wie bereits zu Beginn dieses Abschnitts angeführt, kann über die Implementierung öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften im Zeitablauf zusätzliche Handlungsflexibilität gewonnen werden. Jedoch sind weiterhin grundlegende Förderrichtlinien einzuhalten. Aus dem Grundsatz der „Hilfe zur Selbsthilfe" ergibt sich die Restriktion, dass staatliche Subventionen, auch wenn über das Vehikel eines VC-Fonds bereitgestellt, temporär nur begrenzt und unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden dürfen. Die zeitliche Limitierung der Finanzmittel beugt dabei formal dem Problem der Dauersubventionierung und psychologisch zu erwartenden Gewöhnungseffekten vor. Eine weitere wesentliche Vergaberichtlinie ist, dass öffentliche VC-Finanzierungen private Aktivitäten nicht substituieren sondern kompensieren sollen. Aus diesem Grund sind politisch initiierte VC-Gesellschaften so aufzustellen, dass sie als Anschubfinanzierer eine Mobilisierung weiteren Kapitals nach sich ziehen. Sinnvolle Reglementierungen hierbei sind die Forderung privater Selbstbeteiligungen sowie das Auflegen eigener Finanzierungslimits, die idealerweise unter dem gewöhnlichen Finanzierungsbedarf 96 der Unternehmenszielgruppe liegen. Eine weitere grundlegende Anlagerestriktion für öffentlich-geförderte VC-Geber leitet sich aus der Regionalität staatlicher 94

95

96

Vgl. Betsch et al. (2000), S. 169. Zu diesem und noch weiteren Problemfeldern bei der Vergabe öffentlicher Fördermittel vgl. auch Schefczyk (2006), S. 116 f. Vgl. Lerner (2009), S. 70 f.; Jungwirth (2006), S. 81. Vgl. Dannat (2004), S. 277-280.

28

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

Finanzierungsmittel ab. Demnach sind nur Investments in dem regional vorgegebenen Einzugsgebiet möglich, welches sich meistens auf einzelne Bundesländer 97 und nur in Ausnahmefällen, wie bei dem HTGF, auf Gesamtdeutschland bezieht. Anhand derartiger wirtschaftspolitischer Vorgaben ist letztendlich eine vermischte Zielfunktion für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften abzuleiten, bestehend 98 aus finanziellen und nicht-finanziellen Motiven. Aufgrund dieser pluralistischen Zielstellungen gelangen bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften v. a. gebüh99 renbasierte und weniger erfolgsabhängige Vergütungssysteme zum Einsatz. Im Ergebnis ist daher anzunehmen, dass sich Investmentmanager öffentlichgeförderter VC-Geber anders Verhalten als private Venture Capitalists.

2.3

Synthese - praktische Relevanz des Untersuchungsgegenstandes

In diesem Kapitel wurde gezeigt, dass die Entwicklungen auf dem deutschen Beteiligungsmarkt seit Mitte der 1980er Jahre einem gewissen Zyklus folgen. Als eine Ursache für das Auftreten derartiger Investitionszyklen ist die Tendenz zum Herdenverhalten unter Kapitalbeteiligungsgesellschaften anzuführen. SAHLMAN UND STEVENSON umschreiben dieses Phänomen als „capital market myopia" und definieren hiermit eine Situation auf dem Kapitalmarkt, in der die Beteiligten die logischen Konsequenzen ihres individuell richtigen Investitionsverhaltens auf dem Gesamtmarkt ignorieren. Anders ausgedrückt ist die alleinige Investitionsentscheidung plausibel, jedoch nicht wenn man das (gleiche) Verhalten der anderen Marktakteure mit einbezieht. Im Ergebnis führt die „capital market myopia" zu einer Überfinanzierung des betroffenen Marktsegmentes und macht in der 100 Folge Korrekturmaßnahmen erforderlich. Bezogen auf die Entwicklungen auf dem deutschen Beteiligungsmarkt bedeutet dies, dass es Perioden gab, in denen die Marktteilnehmer ihr Investitionsverhalten zu stark auf einzelne Branchen und Unternehmensphasen konzentrierten. Da jedoch die Geschäftsmodelle bestimmter Unternehmenstypen und Technologiklassen nur ein endliches Erlöspotenzial besitzen, besteht folglich auch nur ein begrenzt rentables Investitionsvolumen. Dieses überschritt man in Folge des 97 98 99 100

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schilder (2006), S. 8 und Kapitel 2.1.3. Leleux/Surlemont (2003), S. 88. Leleux/Surlemont (2003), S. 82. Sahlman/Stevenson (1985), S. 13 sowie weiterführend auch Horne (1985), S. 626-629.

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND- ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

29

Trend- bzw. Herdenverhaltens, woraufhin die Durchschnittsrendite der Beteiligungskapitalgeber bis in den negativen Bereich sank. Erforderliche Korrekturmaßnahmen führten dann anschließend zu Abwanderungsentwicklungen in an101 dere lnvestitionsbereiche. Exemplarisch für dieses Herdenverhalten auf dem deutschen Beteiligungsmarkt zu nennen ist die Periode zur Jahrtausendwende, wo man sich auf die Finanzierung von Startups aus der Internetbranche fokussierte. Die zu einseitige Konzentration der Investitionsaktivitäten sowie teilweise überzogener Optimismus unter den Beteiligten machten in der Folge erhebliche Korrekturmaßnahmen notwendig und führten zu einem deutlichen Abkühlen der VC-lnvestitionsaktivitäten von 2001 bis 2003. Dass Frühphaseninvestoren seitdem deutlich zurückhaltender agierten, kann anhand des konstant niedrigen Investitionsvolumens p. a. in diesem Bereich bis zum Ende der Betrachtungsperiode erklärt werden. Neben der Feststellung dieser Investitionszyklen haben die Ausführungen zudem gezeigt, dass die Entwicklung des deutschen Beteiligungsmarktes von Beginn an durch politische Fördermaßnahmen geprägt ist. Bemerkenswerterweise hatten spezifische VC-Marktgesetze jedoch weniger eine Anreizwirkung für privatwirtschaftliche Marktteilnehmer sondern vielmehr für Akteure aus dem öffentlichen Umfeld ihr Engagement auf dem Beteiligungsmarkt auf- bzw. auszubauen. Darüber hinaus haben weitere politische Initiativen zur Gründung von VCGesellschaften in den einzelnen Bundesländern geführt. Im Jahr 2005 ging zudem der HTGF aus einer Public Private Partnership hervor, einer der aktivsten Seedphasenfinanzierer in Deutschland. Letztendlich haben alle diese förderpolitischen Maßnahmen dazu geführt, dass der deutsche Beteiligungsmarkt geprägt ist von einer Vielzahl öffentlich-geförderter VC-Geber. Als Ergebnis hieraus ist abschließend vorwegzunehmen, dass im Jahr 2012 ca. ein Drittel der identifizierten deutschen Beteiligungskapitalgeber im Segment der Früh- und Wachstumspha102 senfinanzierungen mit dem öffentlichen Sektor in Verbindung standen. Vor diesem historisch gewachsenen Hintergrund ist in diesem Kapital zudem dargestellt, dass bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften spezifische Anlagegrundsätze, CG- sowie hieraus ableitend Anreizstrukturen existieren. Im Kern agieren derartige Akteure mit einer anderen Zielstellung am Markt als private VCGeber. Im Falle gemeinsamer Investitionen respektive Syndizierungen von Akteuren aus beiden VC-Gesellschaftsgruppen - einem zu beobachtenden Phänomen 101 102

Vgl. Brinkrolf (2002), S. 51 f. Vg 1. Kapite 15.2.1.

30

VENTURE CAPITAL IN DEUTSCHLAND - ENTWICKLUNG UND STAATLICHE FÖRDERUNG

auf dem deutschen Beteiligungsmarkt1°3 - können sich hieraus Konflikt- aber auch Synergiepotenziale ergeben. Für den Fortgang der Untersuchung stellt sich in diesem Kontext die zentrale praxisorientierte Frage, inwiefern öffentlichgeförderte Venture Capitalists, aufgrund ihrer nicht marktkonformen Ziel- und Anreizstrukturen, als glaubwürdige Zertifizierer privatwirtschaftliches Engagement aktvieren oder nur kompensieren bzw. im Extremfall gar verdrängen. 104

103 104

Vgl. Kapitel 1.1. Zur Seeding- und Crowding-out Hypothese bei staatlichen Interventionen in den VC-Markt vgl. Leleux/Surlemont {2003), S. 84 f.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

3

31

Theoretische Ausgangsbasis und Einordnung der Untersuchung

Mit diesem Abschnitt werden die theoretischen Rahmenbedingungen sowie hieran anknüpfend die wissenschaftliche Einordnung der vorliegenden Arbeit formuliert. Eine Auswertung der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur dient zuerst dazu, das Begriffsverständnis von Venture Capital in Deutschland zu reflektieren. Daran anknüpfend erfolgt eine weiterführende untersuchungsrelevante Eingrenzung, die das Phasenmodell der idealtypischen Unternehmensentwicklung im Besonderen berücksichtigt. Im zweiten Unterabschnitt dieses Kapitels wird dann der Aufbau von VC-Gesellschaften näher erörtert, um v. a. die Spezifika der beiden relevanten VC-Gesellschaftsgruppen aus theoretischer Perspektive zu beleuchten. Darüber hinaus werden die grundsätzlichen Möglichkeiten der strategischen Positionierung von VC-Gebern anhand bisheriger Arbeiten in diesem Themengebiet diskutiert. Im darauffolgenden Abschnitt erfolgt die Einführung der strategischen Option des Syndizierens von VC-Finanzierungen. Anhand der einschlägigen Literatur werden hierzu eine Begriffsbestimmung sowie die wertende Einbettung dieser Kooperationsform in den VC-Finanzierungsprozess durchgeführt. Der letzte Unterabschnitt dieses Kapitels dient der Synthese der ausgearbeiteten theoretischen Rahmenbedingungen, um die wissenschaftliche Positionierung und hieraus ableitend den in der Einführung genannten Mehrwert der Untersuchung fundiert zu verdeutlichen.

3.1

Venture Capital

3.1.1

Wissenschaftliche Reflexion des Terminus technicus in der deutschen Literatur

In der wissenschaftlichen Literatur und Praxis werden die Begriffe Beteiligungskapitel, VC und Private Equity (PE) teils synonym, teils in einem unterschiedlichen Kontext genannt. Aufgrund dieser terminologischen Unschärfe ist es für eine Arbeit in diesem Themengebiet zuerst zielführend die Nutzung des Terminus VC in der deutschsprachigen Literatur zu analysieren, um zu einer Arbeitsdefinition zu gelangen. In Deutschland wurde dieser Begriff erstmals in den späten siebziger und den frühen achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus der angloamerikani-

32

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

105

sehen Geschäftspraxis übernommen. Kennzeichnend für diese Epoche war dabei der Versuch den Begriff VC in die deutsche Sprache zu übersetzen. So verwendete HARTMANN den Terminus „Wagniskapital" und betonte bereits die unternehmerische Betreuung, die mit der Vergabe von Eigenkapital (EK) zur Finanzierung von Innovationen mit hohen Risiken verbunden ist. Jedoch berücksichtigte dieser in seinen Ausführungen nicht die Charakteristika potenzieller Zielunter106 nehmen sowie die Möglichkeit eigenkapitalähnlicher lnstrumente. Darüber hinaus führt die Verwendung dieser Begrifflichkeit allgemein zu Missverständnissen, da mit einem Wagnis hoch riskante und unkalkulierbare Risiken einhergehen, was aus betriebswirtschaftlicher Perspektive den Anschein einer unseriösen 107 Vorgehensweise weckt. ALBACH wiederum konzentrierte sich auf die Charakteristika des zur Verfügung gestellten Kapitals und nutzte hierzu den Begriff „Risikokapital". Demnach umfasst diese Kategorie sämtliche Finanzierungsmittel, welche allgemein für das unternehmerische Risiko haften, womit auch hybride Finanzierungsformen Berück108 Einschränkend ist hierbei zu erwähnen, dass VC zwar eine sichtigung finden. Form von Risikokapital darstellt, jedoch nicht die Einzige, da u. a. über die Börse bereitgestelltes Aktienkapital sowie auch allgemeine risikoreiche Investitionen, unabhängig von der Rechtsform der Finanzmittel, als Haftungskapital dienen. Zudem wird der negative Aspekt des Risikos einseitig hervorgehoben, ohne die dazugehörige Chance mit zu berücksichtigen. Somit war die Verwendung von Wagnis- oder Risikokapital nicht zufriedenstellend, ebenso wie die begrifflichen Alternativen „Beteiligungskapital" oder „Investitionskapital", welche in diesem Kon109 text zu allgemein erscheinen. Aufgrund des semantischen Translationsproblems, den Charakter dieser speziellen Finanzierungsform zu verkürzen oder gar zu verfälschen, wurde der Begriff VC nach den anfänglichen Übersetzungsversuchen als eigenständiges Wort von Wis110 senschaftlern in den deutschen Sprachgebrauch übernommen. Der Rückgang im Segment der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen in Deutschland zum Ende der 1980er Jahre führte jedoch dazu, dass dem eigentlichem Verständnis

105

106 101

108 109 110

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schmidtke (1985), S. 32-34; Nathusius (1979), S. 23-37. Hartmann (1974), S. 74. Leopold/Frommann (1998), S. 4. Albach (1983), S. 6 f. Leopold/Frommann (1998), S. 5; Weber (2003), S. 12 f. Vater (2003), S. 14.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

33

111

von VC die praktische Relevanz abhanden kam. Dies wiederum hatte eine temporäre Gleichsetzung mit dem Begriff Beteiligungskapital zur Folge, worunter grundsätzlich sämtliche Finanzierungsformen auf dem deutschen Beteiligungsmarkt subsummiert werden. Mit dem Erreichen eines bestimmten Reifegrades des Beteiligungsmarktes zum Ende 1990er Jahre und der Bildung einzelner Teilmarktsegmente wurde jedoch diese synonyme Begriffsanwendung zunehmend hinterfragt. Im Ergebnis führte dies in der wissenschaftlichen Literatur zu einer fortan differenzierteren Auseinandersetzung mit den Begrifflichkeiten Beteili112 gungskapital, PE und VC. Vor diesem Hintergrund dient im Folgenden eine Reflexion deutschsprachiger Arbeiten dazu, dass gemeinsame Begriffsverständnis von VC mittels einer Gegen113 überstellung verwendeter konstitutiver Merkmale zu bestimmen. Die Grundlage der folgenden Ausführungen bildet hierbei Tabelle 1, anhand derer eine Trennung essentieller und weniger bedeutender Merkmale von VC vorgenommen wird. Bei der Betrachtung des ersten Blockes hinsichtlich der finanzierungsinhärenten Charakteristika von VC-lnvestitionen sind drei Aspekte von zentraler Bedeutung. Erstens führen alle Autoren an, dass bei einer VC-Finanzierung EK oder EKähnliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. In diesem Kontext wird besonders in den aktuelleren Arbeiten mit erwähnt, dass die Bereitstellung von VC nicht über organisierte Kapitalmärkte respektive Wertpapierbörsen erfolgt sondern explizit der Finanzierung nicht börsennotierter Unternehmen dient. Somit ist die VC-Finanzierungsstruktur durch die Bereitstellung von Anteilstiteln sowie Mezzaninen-Finanzierungsinstrumenten, wie z. B. Genussrechten und stille Betei114 ligungen, geprägt. Als zweites wesentliches Merkmal ist festzuhalten, dass es sich bei VC um eine zeitlich befristete Finanzierung handelt, was ebenfalls fast ausnahmslos in allen Arbeiten angeführt wurde. Hierbei wird grundsätzlich ein mittel- bis langfristiger Zeitraum genannt, ablesbar u. a. an den auffällig häufigen Angaben des Anlagehorizonts eines Venture Capitalists von 5 - 10 Jahren. Untrennbar verbunden mit der Bereitstellung von VC ist die aktive Managementun111

112

113

114

Zur rückläufigen Entwicklung der Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen in Deutschland vgl. Kapitel 2.1.2. Vgl. Vater (2003), S. 15; Nathusius (2001), S. 53. Bei der Analyse wird bewusst kein Anspruch auf eine vollständige historische Abarbeitung der Begriffsfindung von VC im deutschsprachigen Raum erhoben. Zu einer historischen Betrachtung vgl. Vater (2003), S. 13-15. Zu weiteren Definitionen in der angloamerikanischen Literatur vgl. u. a. Sahlman (1990), S. 473; Gompers/Lerner (2001), S. 145; Pearce/Barnes (2006), S. 6. Zu einer Übersicht möglicher hybrider Finanzierungsinstrument vgl. Rudolph (2004), S. 14-19.

34

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

terstützung des Portfoliounternehmen (PU), was ebenfalls ausnahmslos in allen Arbeiten als Finanzierungsmerkmal genannt wird. Hierzu erfolgt meist eine intensive Zusammenarbeit in den Unternehmensbereichen der strategischen Unternehmens-, Finanz- und Vertriebsplanung sowie auch im Personalwesen. Darüber hinaus von Bedeutung sind der Einsatz möglicher Netzwerkkontakte sowie die 115 Bereitstellung von Sachmitteln und administrativen Dienstleistungen. Bei der Betrachtung des Blocks lnvestoreninteressen fällt zuerst auf, dass v. a. die Autoren aktuellerer Arbeiten die Übernahme von vertraglich fixierten Kontrollund Mitspracherechten seitens VC-Gebern betonen (vgl. Tabelle 1). Dabei wird dem Venture Capitalist meist ein Mitgestaltungsvolumen eingeräumt, welches über seinem eigentlichen kapitalmäßigen Anteil liegt. Hierdurch wird eine gewisse Machtposition aufgebaut, um sicherzustellen, dass die Interessen des VC116 Gebers gewahrt sind. Anhand der Literatur weiterhin kennzeichnend für VClnvestoren ist, dass diese grundsätzlich auf laufende Zins- bzw. Dividendenzahlungen verzichten. Vielmehr verfolgen sie mit der Investition das Ziel, an der Wertsteigerung des PU zu partizipieren, in dem am Ende des Anlagezeitraums ein 117 Kapitalgewinn (Capital Gain) mit dem Ausstieg (Exit) erzielt wird. Vorzugsweise sind die Unternehmensanteile über die Börse zu veräußern, wobei auch der Verkauf an einen strategischen Investor oder an einen anderen Finanzinvestor in 118 Frage kommt. Abschließend ist für diesen Block festzuhalten, dass sich die Autoren nur selten darauf beziehen, dass VC-Geber Minderheitsbeteiligungen eingehen. Somit besitzt dieses Merkmal nur eine nachrangige Bedeutung bei der Definition von VC.

115

116 117

118

Vgl. Achleitner (2001), S. 517 f.; Nathusius (2001), S. 79. Vgl. Nathusius (2001), S. 79; Schefczyk (2006), S. 10. Vgl. Achleitner (2001), S. 514; Weitnauer (2007), S. 7. Zu einer Übersicht möglicher Exit-Optionen siehe u. a. Betsch et al. (2000), S. 58-60; Rudolph (2001), s. 508 f.

35

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Tabelle 1:

Konstitutive Elemente von Venture Capital im deutschen Sprachgebrauch VC-Finanzierungsmerkmale

Konstitutive Merkmale Venture Capital

c: CU ..c: ~ c: ..c: tlO

c:

:::J

Q:; ·;:;; c: 111 c: ;;::: c: CU !!

:::J

S-10

X

tlO

~

a:: c:

..c ·-

X

3-7

.... .... .E

:::J

tlO.Q

:::J

"'C

X

X

c:

0

:;::; -"'

Weimerskirch (1999)

Nathusius (2001)*

"'C

' Qj

111

c: ::::>

.!!?

'iii

·c:111

~

Spezifika Zielunternehmen

CU..._ .., CU

~

..c:

CU

·c: CU 111 ..... c: CU,_

LL

"2

c: CU t'.

:111

Investoreninteressen

CU CU

tlO

CU 111

"' c. "' E

..c:

c:'

....:::J

'(jj

i;2

~c !!CU :o E .... ..c: tlO CU

~E CU CU E ....

..c: c:

cu=>

c: "' ..._CU CU(>!!

t:

::::>

e tlO

"'

..c: u 111

~ ..... CU

"'C

0

"'c:tlO'

:::J "'C

c:

::::i

.....

l!'

X X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

c:

:::J

N

CU

..c CU

'ti"o 0

0

c: ..c: u CU

1L:' CU

> ·.;::::;

111

>

0

c: c: X

X

X

Q:;

·c:111

tlO :::J

X

"'

..c: u 111

~

"'

X

CU

:::J

1-

0

.....

3!

c: 0

N

..c

0

c: CU

~

CU tlO

c:

..c

>

>

> u"'

111

u

X X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

c:

0 .....

0

....>N

X

X

X

111

N

c:

X

X

Nathusius (200S)

:111

c:

X

X

Friedrich (200S)

c"'111 V')

X X

X

'iii

"'C

X

X

"'

:::J

::c

X

Baumgärtner (200S)

CU

:::J

l!'

X

Schefczyk (2004)

0..

"'CU ..c:

X

X

0

-"'

UJ

~'C'

~

CU !!

0 .....

UJ

0..

a:i

....:::J

X

Welpe (2004)

~ ........ 0

c. "' E

X

Weber (2003)

iil

....0CU

X

X

V')

111

·;:;; c:

X

Vater (2003)

Verhältnis VC zu PE

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X X X

6

X

X X

X

X

X X

7

s

10

9

* Hierbei wird dem Verständnis von „Venture Capital im engeren Sinne" gefolgt

Für den Bereich Spezifika des PU sind v. a. zwei konstitutive Merkmale zur Beschreibung von VC erkennbar. Erstens wird relativ häufig angeführt, dass die zu finanzierenden Unternehmen ein großes Wachstumspotenzial (Upside Potenzial) vorweisen müssen (vgl. Tabelle l}. Dieser Aspekt erscheint plausibel vor dem Hin-

36

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

tergrund, dass VC-lnvestoren grundsätzlich an der Wertsteigerung des PU partizipieren. In diesem Zusammenhang weckt ein dementsprechendes Wachstumspotenzial die lnvestorenphantasie eine hohe Rendite aus dem Investment zu erlösen. Jedoch gehen die Autoren in diesem Kontext deutlich seltener auf das hohe Risiko der zu finanzierenden Unternehmen (Downside Risk) und folglich auf die 119 Gefahr des Totalausfalls der VC-lnvestition ein. Dies ist bemerkenswert, da schließlich die einseitige Betonung der Chance ein zentraler Kritikpunkt bei den zu Beginn dieses Abschnittes angeführten Übersetzungsversuchen von VC in den deutschen Sprachgebrauch war. Als zweiter Aspekt hervorzuheben ist die Entwicklungsphase des PU. überwiegend führen die Autoren an, dass VC die Finanzierung von Unternehmen in der Gründungs- und Wachstumsphase umfasst (vgl. Tabelle 1). Spezielle Unternehmenssituationen, wie z.B. eine MBO-Finanzierung, werden hingegen nur vereinzelt mit VC in Verbindung gebracht. Diese inhaltliche Abgrenzung folgt im Besonderen dem angloamerikanischen Begriffsverständnis, wo VC explizit als ein Finanzierungsinstrument in der Früh- und Wachstumsphase von Unternehmen ange120 sehen wird. Abschließend fällt auf, dass knapp über die Hälfte aller Autoren als weiteres Unternehmensmerkmal einen gewissen Technologie- bzw. Innovationsbezug anführen. Dies vor dem Hintergrund, dass derartige Vorhaben grundsätzlich ein höheres Wachstumspotenzial vorweisen. Hiermit sind jedoch nicht ausschließlich Hightech-Unternehmen gemeint, sondern allgemein innovative Vorhaben, die gegenüber ihrer Branche ein überproportionales Wachstumspotenzial 121 besitzen. Fasst man die vergleichende Literaturanalyse deutschsprachiger Arbeiten zusammen, ist VC wie folgt zu verstehen: Venture Capital ist EK oder EK-ähnliches Finanzierungskapital, dass über einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont für innovative und technologieorientierte Unternehmen in einer frühen Entwicklungsphase, mit einem gleichzeitig erheblichen Wachstumspotenzial, bereitgestellt wird, verbunden mit einer aktiven Managementunterstützung seitens der VC-Geber, die mit umfangreichen Kontroll- und Mitspracherechten ausgestattet sind und das Ziel verfolgen, am Ende der Investitionsdauer eine signifikante Rendite aus der Wertseigerung des Unternehmenswertes zu erlösen.

119 120 121

Vgl. Nathusius (2005), S. 9; Achleitner/Nathusius (2004), S. 134. Vgl. Krebs (2012), S. 20, Schefczyk (2006), S. 8. Vgl. Nathusius (2005), S. 19-21; Weber (2003), S. 13.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

lnvestorenrendite aus Unternehmenswertsteigerung

Kontroll- und Mitspracherechte

Aktive Managementfunktion

37

großes Rendite-/ Wachstumspotenzial

1n novative (Technologie-) Unternehmen der Gründungsund Wachstumsphase

Venture Capital

Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnliche Instrumente

mittel- bis langfristiger Anlagehorizont

Abbildung 5: Konstitutive Merkmale Venture Capital Quelle:

Eigene Darstellung.

Die angeführten sieben konstitutiven Elemente von VC sind abschließend in Abbildung 5 dargestellt. übergreifend ist anhand der durchgeführten Literaturanalyse letztendlich festzuhalten, dass VC deutlich mehr als das bloße Bereitstellen finanzieller Mittel umfasst. In diesem Kontext erscheint die Aussage plausibel, diese besondere Art der Beteiligungsfinanzierung weniger als Finanzierungsform sondern eher als Finanzierungsmethode bzw. auch 11 Smart Money" zu betrachten.122 Für den Fortgang dieser Arbeit sind dabei zwei Erkenntnisse von besonderem Interesse. Zum einen müssen bei der nachfolgenden Analyse neben finanzauch managementtheoretische Aspekte berücksichtigt werden, um die aktiven unternehmerischen Unterstützungsleistungen mit zu beleuchten. Zum anderen erlaubt die Komplexität dieser Finanzierungsmethode sowie die teilweise fehlende Konkretisierung der Ausprägung einzelner konstitutiver Elemente von VC für VC-Geber eine Vielzahl von Handlungsoptionen, um sich auf dem Markt zu positionieren. Dies wiederum kann im Falle der Kooperation mit anderen VCGesellschaften zu besonderen Konflikt- aber auch Synergiepotenzialen führen, womit ein zentraler Untersuchungsaspekt dieser Untersuchung angesprochen ist.

122

Vgl. Weimerskirch (1999), S. 9.

38

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

3.1.2

Finanzierungsanlassbezogene Eingrenzung von Venture Capital

Bisher wurde das Verständnis des Begriffes VC in der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur diskutiert. Ein Aspekt der hierbei noch zu vertiefen ist, stellt die genaue Abgrenzung zwischen VC und der Assetklasse PE dar. Wie aus Tabelle 1 des vorherigen Abschnittes hervorgeht, existiert hierbei bis heute keine eindeutige Zuordnung. So verwenden 10 von 19 Autoren diese beiden Termini synonym, wohingegen in den verbliebenen neun Arbeiten VC abgrenzt wird von PE. Vor diesem Hintergrund ist im Folgenden explizit darzulegen, wie das Verhältnis von VC zu PE in dieser Arbeit gesehen wird - auch um eine zielführende Fokussierung auf bestimmte Segmente des Beteiligungsmarktes zu legen. Generell ist VC als ein Teilbereich des Marktes für Beteiligungskapital zu verstehen, der wiederum sämtliche Investitionen von Eigenkapitalgebern in nicht bör123 sennotierte Unternehmen umfasst. In der Diskussion der einschlägigen Literatur wurden zudem offensichtlich, dass VC die Finanzierung von aussichtsreichen Jung- und Wachstumsunternehmen umfasst. Mithilfe dieses konstitutiven Merkmals ist nachfolgend anhand so genannter Entwicklungsphasen bzw. Finanzierungsanlässe von Unternehmen eine Abgrenzung zwischen den Assetklassen PE und VC möglich. In Anlehnung an die deskriptiven Phasenmodelle zur Unternehmensentwicklung wird hierbei mithilfe bestimmter Variablenkonfigurationen der Status eines Unternehmens abgeleitet. Ausgehend hiervon und unter Berücksichtigung spezifischer Umfeldbedingungen ändern sich im Zeitverlauf die Ausprägungen einer oder mehrerer Variablen. Das Unternehmen erreicht eine neue positive oder auch negative Entwicklungsstufe. Der Vorteil dieses Vorgehens gegenüber mathematisch-formalen Modellen ist dabei der Einbezug qualitativer Einflussfaktoren, womit ein komplex strukturiertes Unternehmen besser abbildbar ist.124 In Fortführung dieser Vorüberlegungen bildet die Abbildung 6 die Arbeitsgrundlage für die nachfolgend beschriebene unternehmensphasenbezogene Abgrenzung von VC und PE. Aus dieser geht zuerst hervor, dass in der Beteiligungsfinanzierung übergeordnet die Gründungsphase (Early-Stage-), die Wachstums- bzw. Erweiterungsphase (Expansion-Stage) sowie die Reifephase (Late-Stage125 Eine trennscharfe Finanzierungen) von Unternehmen unterschieden werden.

123 124

125

Vgl. Engel/Hofacker {2001), S. 204; Nathusius {2001), S. 54. Zu einer Systematisierung von Wachstumsmodellen von Unternehmen vgl. Kaiser/Gläser {1999), s. 7-12. Vgl. Zemke {1995), S. 29, Schefczyk {2006), S. 25 f.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

39

Abgrenzung zwischen diesen Entwicklungsstufen ist jedoch nur bedingt möglich, 126 da die Übergänge zwischen diesen Entwicklungsstufen fließend verlaufen. Finanzierungs-1 Early Stage 1 Expansion 1 Late Stage phase ~)========v'\:~~==============~'\:~~======~"-1~========~1============: Seed fi~?'_ _ _s_ta_rt_-u_p_ _~// Expansion /1 Bridge Sonderanlässe Unternehmensziele

Entwicklung Geschäftskonzept und Prototyp

Aufbau Unternehmen Weiterentwicklung Produkt

Markteinführung

Wachstum/ Diversifikation

Vorbereitung Börsengang bzw. Verkauf

1

Eigentümerwechsel Sanierungen

Gewinn Cashflow Unternehmen l ' r - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Zeit

Verlust

Finanzierungsrisiko

Abbildung 6: Kategorisierung unternehmenszyklusorientierte Finanzierungsphasen Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung u. a. an Schmidtke (1985), S. 63; Zemke (1995), S. 29; Schefczyk (2000), S. 24; Brinkrolf (2002), S. 13.

Die Seed-Finanzierung, als Subphase der Early-Stage-Finanzierung, ist geprägt von 127 einem außerordentlich hohen Finanzierungsrisiko. Finanzielle Mittel, von z.B. 128 staatlichen Fördergesellschaften, werden benötigt, um die vorhandene Geschäftsidee weiterzuentwickeln und die Vorbereitungen für die Unternehmens129 gründung zu treffen. Zielsetzungen sind die Herstellung eines Produktprototyps bzw. das Vorbringen erster Forschungserfolge in der Wirkstoffentwicklung 130 bei Biotechnologieunternehmen. Darüber hinaus erfolgen die Ausarbeitung

126 127 128 129 130

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Achleitner (2001), S. 515. Achleitner (2000), S. 728. Rudolph (2001), S. 506. Brinkrolf (2002), S. 14. Rudolf/ Witt (2002), S. 166.

40

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

131

132

des Businessplans sowie die Besetzung des Managementteams. Auf der Grundlage des erarbeiteten Geschäftskonzeptes findet anschließend die Unternehmensgründung statt, womit der Übergang für den Eintritt in die nächste Entwicklungsstufe geschaffen ist. In der folgenden Startup-Phase, welche das zweite Subsegment der Early-StageFinanzierung darstellt, wird die Weiterentwicklung des Prototypen bis hin zur 133 Marktreife vollzogen bzw. die Teilzulassung eines bereits existierenden Wirk134 stoffs angestrebt. Durch diese ersten greifbaren Entwicklungserfolge sowie die bis dato gesammelten technischen und unternehmerischen Erfahrungen reduziert sich in diesem Abschnitt das Finanzierungsrisiko. Jedoch steigt auf der ande135 ren Seite meistens der lnvestitionsbedarf für den Aufbau der Unternehmensinfrastruktur und des Vertriebs, bei einem weiterhin hohen Marktrisiko, da der 136 proof of market (erste nennenswerte Produktumsätze) noch bevorsteht. Mit der Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für eine skalierbare Produktion sowie der Aufnahme erster Vertriebsaktivitäten erfolgt zudem das flie137 ßende Übertreten in die nächste Unternehmensentwicklungsstufe. In der anschließenden Expansion-Stage erfolgt idealerweise die Finanzierung der 138 großflächige Markteinführung des Produkts, die den weiteren Ausbau der Produktions- und Vertriebskapazitäten erfordert. Parallel werden die Marketingaktivitäten weiter intensiviert, um eine hohe Aufmerksamkeit und Marktpenetration zu erreichen. Ist der Markteintritt geglückt und somit das Marktrisiko erheblich 139 verringert, werden finanzielle Mittel für den Ausbau der Geschäftstätigkeit be140 nötigt, v. a. zur Realisierung aggressiver Wachstums- und Marketingziele. Die nunmehr nennenswerten Umsätze (proof of market) reichen jedoch meistens noch nicht als Innenfinanzierungsinstrument aus. In der Regel befindet sich das Unternehmen, u. a. aufgrund der erheblichen Marketingaufwendungen, noch in 131

132 133

134 135 136 137 138

139 140

Zu einer guten Übersicht der Anforderungen, die Investoren an einen Business Plan stellen vgl. Heiling/ Mayer (1999), S. 158-165. Vgl. Achleitner (2001), S. 515. Hierzu werden Beziehungen zu ersten Pilotkunden, Einkaufsquellen und Kooperationspartnern aufgebaut. Vgl. Nathusius (2001), S. 58. Vgl. Rudolf/ Witt (2002), S. 166 f. Vgl. Sidler (1997), S. 9. Vgl. Achleitner (2000), S. 728. Vgl. Schefczyk (2006), S. 24. Bei manchen Autoren ist noch die First-Stage-Phase separat mit aufgeführt. Diese ist in der Untersuchung in der Expansion-Stage mit eingeschlossen. Vgl. Achleitner (2000), S. 728; Betsch et al. (2000), s. 20. Vgl. Achleitner (2000), S. 728. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 14.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

41

141

der operativen Verlustzone, d. h. der Break-Even-Punkt ist noch nicht erreicht. Die Einnahmen sowie ein steigender Bekanntheitsgrad am Markt senken jedoch 142 das Finanzierungsrisiko für potenzielle lnvestoren und führen zu einer verbesserten Kreditwürdigkeit. Neben VC kommen daher in dieser Phase auch alternati143 ve Finanzierungsformen in Betracht. Dies wiederum lässt erste Ausstiegsmög144 lichkeiten für den Venture Capitalist entstehen. Wird in fortschreitender Entwicklung die Gewinnschwelle erreicht, kann dann auch FK in nennenswertem 145 Im Ergebnis ist diese UnternehUmfang zur Finanzierung genutzt werden. mensphase somit als Übergangsphase zu charakterisieren, in der ein zurückgehender Anteil von VC durch aufkommende alternative Finanzierungsoptionen kompensiert wird. Die Bedeutung von originären VC, als Früh- und Wachstumsphasenfinanzierung, verliert für das Unternehmen an Bedeutung. Die Kategorie der Late-Stage-Finanzierungen subsumiert wiederum Beteiligungen, bei denen Kapital zur Vorbereitung von Börsengängen (Bridge) oder auch zur 146 Überbrückung von Wachstumsschwellen zur Verfügung gestellt wird. Da es sich hierbei um etablierte Unternehmen mit einer demensprechend nachvollziehbaren Unternehmenshistorie handelt, sind nunmehr besondere Finanzierungskenntnisse auf Seiten der Investoren gefragt. Bilanzen und Geschäftsberichte dienen zur Unternehmensbewertung sowie zur Identifikation von Optimierungspotenzialen aufgrund spezieller Finanzierungsstrukturen. Aus dem operativen Geschäft lassen sich zudem Auszahlungen generieren, womit den Kapitalge147 bern eine zusätzliche Einnahmequelle offensteht. Das in den vorherigen Pha148 sen besonders ausgeprägte Technologie- und Marktrisiko ist kalkulierbar. Ebenfalls der Reifephase zugeordnet wird die Finanzierung von übernahmen gesamter Unternehmen oder auch nur einzelner Unternehmensbereiche. Zielobjekt derartiger Transaktionen sind meistens kleine bis mittlere Unternehmen oder Teileinheiten von Großunternehmen, welche nicht mehr in die Gesamtstrategie der Muttergesellschaft passen. Die finanziellen Mittel werden folglich für den Erwerb der Unternehmensanteile und die mit der Übernahme notwendigen Strukturveränderungen benötigt. Hinsichtlich der Herkunft des Managements, welches 141 142 143 144 145 146 147 148

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Achleitner (2001), S. 516. Achleitner (2000), S. 728. Betsch et al. (2000), S. 21. Nathusius (2001), S. 59 f. Eisele et al. (2002), S. 4. Schefczyk (2006), S. 24. Zemke (1995), S. 35. Achleitner (2001), S. 516.

42

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

nach der Übernahme den Geschäftsbetrieb leitet, sind Management Buy-Outs (interne Manager) und Management Buy-lns (unternehmensexterne Manager) zu unterscheiden. Da bei letztgenanntem Vorgehen auf das Wissen von Unternehmensinsidern größtenteils verzichtet wird, ist diese Form der Unternehmensübernahme deutlich risikoreicher zu bewerten. Andererseits besteht die Chance durch neue Perspektiven und Denkweisen bisher verborgene Wachstumspoten149 Des Weiteren von Bedeutung zur Klassifizierung von Überziale zu realisieren. nahmetransaktionen ist die zugrunde liegende Finanzierungsstruktur. Besteht ein Großteil der Finanzierungssumme aus FK, spricht man von einem Leveraged BuyOut, der wiederum besondere Finanzierungsrisiken, aber auch -chancen birgt. 150 der eine über dem Hierbei zu nennen ist die Ausnutzung des Leverage-Effekts, 151 FK-Zinssatz liegende Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals erfordert. Abschließend der Reifephase zuzuordnen sind Turnaround- und ReplacementFinanzierungen. Bei erstgenanntem Subsegment wird in Unternehmen investiert, welche sich in einer Krisensituation befinden. Folglich besteht ein erhöhter Zeitdruck für die Erfolgswirkung der Beteiligungsinvestition bei einer gleichzeitig 152 starken Einengung des strategischen und operativen Handlungsspielraums. Bei Replacemet-Finanzierungen werden hingegen die bestehenden Eigentumsver153 hältnisse ohne auslösenden Krisenmoment umstrukturiert. übergreifend ist festzuhalten, dass sämtliche Subphasen im Bereich der LateStage-Finanzierungen keine zu durchlaufenden Perioden sondern spezifische Unternehmenssituationen sind. Derartige Anlässe können in späteren Unternehmensphasen sowie streng genommen auch schon in einem frühen Entwicklungsstadium auftreten, wie z. B. bei dem frühzeitigen Börsengang eines Unternehmens. Zudem ist es möglich, dass v. a. Turnaround- und ReplacementFinanzierungen im dem Lebenszyklus einzelner Unternehmen wiederholt vorkommen. Auf der anderen Seite existiert eine Vielzahl von Unternehmen, bei denen im laufe ihrer Entwicklung bestimmte Finanzierungsanlässe nicht in Erscheinung treten, wie z. B. Bridge-Finanzierungen zur Vorbereitung von Börsengängen. All diese Aspekte widersprechen letztendlich einer eindeutigen Zuordnung in ein 149 150

151 152

153

Vgl. Nathusius (2001), S. 61 f. Der Leverage-Effekt besagt, dass die Optimierung der Kapitalstruktur über eine steigende Verschuldung erfolgen kann, solange die Gesamtkapitalrendite der Investition größer ist als die zu zahlenden Fremdkapitalzinsen. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 489-495. Vgl. Mittendorfer (2001), S. 141 und S. 148-150. Auf eine genauere Begriffsabgrenzung zwischen Sanierung, Turnaround und Restrukturierung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Für den interessierten Leser vgl. Behrens (2008), S. 70-74. Vgl. Achleitner (2001), S. 516.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

43

lineares Phasenkonzept. Folglich ist zur Charakterisierung der Late-StageFinanzierungen von Finanzierungsanlässen und nicht von Unternehmensphasen zu sprechen, einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal zur Gruppe der Early154 Stage und Expansion-Finanzierungen. Aus der Synthese der Erkenntnisse dieses und des vorherigen Abschnittes ist als theoretischer Ausgangspunkt der Untersuchung mitzunehmen, dass sich VC explizit auf die Finanzierung von Gründungsvorhaben und noch nicht etablierten 155 Wachstumsunternehmen bezieht (venture). Typische PE-Beteiligungsfälle stellen hingegen Sonderanlässe bei meist mittelständischen bis großen Unterneh156 men (non venture) mit einer entsprechenden Historie dar. Unter Berücksichtigung des angewandten Phasenmodells der Unternehmensfinanzierung ist der VCMarkt demnach als Teilsegment des Beteiligungsmarktes einzugrenzen, der die Finanzierung von Unternehmen aus der Seed-, Startup und Expansionsphase umfasst. Folglich ist in dieser Arbeit die Analyse des Verhaltens von Beteiligungskapitalgebern relevant, welche Investitionsaktivitäten in mind. einer der genannten drei Unternehmensphasen durchführen. Weiterhin bleibt festzuhalten, dass sich Early-Stage- und mit Abstrichen Expansion-Stage-Finanzierungen in ihrem Risiko-Rendite-Potenzial erheblich von PEInvestitionen unterscheiden. So sind bei der Finanzierung von Startups hohe technische und marktseitige Risiken zu berücksichtigen, die bei gestandenen Unternehmen mit einer dementsprechend bewertbaren Historie deutlich geringer ausfallen. Vor diesem Hintergrund ist der Einsatz von EK bzw. EK-ähnlichen Instrumenten absolut plausibel, da privatwirtschaftliche Finanzierungsalternativen aufgrund der unternehmensspezifischen Risiko-Rendite-Struktur nicht bzw. nur sehr begrenzt zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Einsatz öffentlicher Fördermaßnahmen im VC-Marktsegment gerechtfertigt, u. a. über die direkte Unterstützung bzw. Finanzierung von VC-Gesellschaften, wie in 157 Deutschland zu beobachten ist. Aus diesem Kontext heraus ist nun einerseits zu analysieren, welche konkreten Maßnahmen private als auch öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ergreifen, 154 155 156

157

Vgl. Pankotsch (2005), S. 25-28. Vg.1 Kapite 13.1.1. Es wird in der vorliegenden Untersuchung dem engeren Begriffsverständnis von Venture Capital gefolgt. Unter Venture Capital im weiteren Sinne versteht man alle Arten von Eigenkapitalinvestitionen, bei denen die Beteiligungsgesellschaft eine Minderheitenposition einnimmt. Je nach Transaktionsspezifika könnten somit auch Late-Stage-Finanzierungen hierunter fallen. Vgl. Nathusius (2001), S. 54; Achleitner (2001), S. 514. Vgl. Kapitel 2.1.

44

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

um in diesem hochgradig risikoreichen bzw. unsicheren Umfeld zu agieren. Neben der gesellschaftsspezifischen Ausrichtung der Investitions- und Betreuungsstrategie geht es dabei im Speziellen um die Handlungsoption der Syndizierung. All dies vor dem Hintergrund der Optimierung des Risiko-Rendite-Profils auf Beteiligungs- und diesem nachgelagert auf Portfolioebene.

3.2

VC-Gesellschaften - Aufbau und strategische Positionierungsmöglichkeiten

3.2.1

Struktur von VC-Gesellschaften

Nachdem die Gruppe der Adressaten von VC auf die Klasse innovativer Unternehmen von der Seed- bis zur Expansionsphase eingegrenzt wurde, ist nunmehr die Funktionsweise von VC-Gesellschaften aus theoretischer Perspektive zu beleuchten. Hierbei ist zu deren Grundstruktur vorweg anzuführen, dass auf dem deutschen VC-Markt überwiegend fondsorientierte Gesellschaftskonstruktionen existieren. Derartige Modelle zeichnen sich dadurch aus, dass zuerst die Kapitaleinwerbung für einen Investitionsfonds erfolgt (Fundraising) aus dem im Anschluss in einem hiervon losgelösten Verfahren diverse PU finanziert werden. Die Finanzmittel sind dabei zeitlich unbefristet (Evergreen Fonds) oder für einen be158 grenzten Zeitraum (Closed-End Fonds) zur Verfügung zu stellen. Weitere Besonderheit bei der Auflegung eines Closed-End Fonds ist zudem die Fixierung einer Zeichnungsfrist für die Investoren. Folglich kann die eingeworbene Finanzierungssumme während der Fondslaufzeit nur bedingt aufgestockt werden. Hingegen ist bei einem Evergreen Fonds die Aufnahme weiterer Investoren zur Aufsto159 Hinsichtlich der ckung des Investitionskapitals grundsätzlich immer möglich. Rechtsformgestaltung ist festzuhalten, dass in Deutschland aus steuer- und haftungsrechtlichen Aspekten VC-Fonds am häufigsten als GmbH & Co. KG gegründet werden. Die Investoren übernehmen dabei die Funktion des Kommanditisten.

158

159

Daneben besteht die Möglichkeit über projektorientierte Finanzvehikel Venture Capital zur Verfügung zu stellen, die für ein konkretes unternehmerisches Vorhaben konzipiert werden. Aufgrund besonderer Verhaltensrisiken und Abhängigkeiten zu den potenziellen Portfoliounternehmen sowie mangelnder Diversifikationsmöglichkeiten für die originären Kapitalgeber bei einem gleichzeitig hohen einzelfallbezogenen Verwaltungsaufwand ist auf dem deutschen VC-Markt eine Dominanz fondsbasierter Ansätze zu beobachten. Daher ist eine weitergehende Untersuchung projektorientierter Ansätze im Rahmen dieser Arbeit zu vernachlässigen. Zu einer ausführlichen Gegenüberstellung beider Finanzierungsvehikel vgl. Schefczyk {2004), S. 24-26 und Zemke {1995), S. 107-112. Vgl. Pankotsch {2005), S. 15; Zemke {1995), S. 117.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

45

Als Komplementär wird wiederum aus haftungsrechtlichen Gründen eine Verwal160 tungs GmbH eingesetzt. Rechtlich losgelöst von diesem Fondskonstrukt wird in der Regel eine unabhängige Managementgesellschaft gegründet, ebenfalls meistens in der Rechtsform einer GmbH, welche die operativen Tätigkeiten zur Steuerung des VC-Fonds übernimmt.161 Diese als Intermediär fungierende Managementgesellschaft ist folglich für die Auswahl, Betreuung und den Verkauf der einzelnen Beteiligungsmandate 162 verantwortlich. Jedoch behalten die originären Investoren einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftspolitik über das Engagement in Gremien, wie z. B. Anla163 ge- bzw. lnvestmentausschüssen. Für die zu erbringenden Leistungen erhält die Managementgesellschaft eine ver164 traglich fixierte Vergütung. Diese setzt sich aus der Management Fee und einer variablen Beteiligung am Gesamtgewinn des Fonds nach Abzug der Mindestver165 zinsung für die Investoren (Hurdle-Rate) zusammen. Je nach Ausgestaltung dieser Parameter können die Investoren demnach entsprechende monetäre Anreize für die Managementgesellschaft setzen, um deren Beteiligungsaktivität sowie die 166 Performanceorientierung zu forcieren. Die beschriebene zweigeteilte Struktur einer VC-Gesellschaft ist abschließend in Abbildung 7 noch einmal schematisch dargestellt. Aus dieser geht anschaulich hervor, dass die Managementgesellschaft als handelnder Akteur auf dem VCMarkt bzw. auf bilateraler Ebene zum PU in Erscheinung tritt. Die Finanzströme zu den Beteiligungsmandaten sowie den Investoren werden jedoch über die dahinterliegende Fonds-Gesellschaft abgewickelt. Zwischen beiden Gesellschaften 167 bestehen wiederum enge vertragliche sowie auch personelle Verbindungen. Diese strukturellen Verflechtungen bieten den originären Investoren eines VCFonds besondere Mitgestaltungs- und Eingriffsrechte bis auf die operative Geschäftstätigkeit der Managementgesellschaft, zu der vertraglich eigentlich nur 160 161

162 163 164

165 166 167

Vgl. Seidel (2011), S. 136 f. Auf die Möglichkeit des direkten Managements des VC-Fonds soll in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden. Zu einer Gegenüberstellung direkter und indirekter FondsmanagementOptionen vgl. Schefczyk (2006), S. 14 f. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 26 f. Vgl. Schefczyk (2006), S. 14. Die Management Fee beträgt i. d. R. 1 - 2,5 % des investierten Kapitals. Vgl. Brettei et al. (2005), s. 85. Vgl. Brettei et al. (2005), S. 84 f. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 68. Vgl. Baumgärtner (2005), S. 32 f.

46

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

eine indirekte Verbindung besteht. Nicht-monetäre Steuerungsinstrumente sind u. a. die Präsenz in Anlageausschüssen sowie ggf. die Mitsprache bei der Einstellung und Abberufung einzelner Managementpositionen. Auf monetärer Ebene kann wiederum über die Ausgestaltung des Honorarvertrags der Managementgesellschaft ein Einfluss auf die interne Vergütungs- und demnach Anreizstruktur ausgeübt werden. Wesentliche Steuerungsparameter hierbei sind die Höhe der Management Fee sowie die Erlösverteilung im Falle erzielter Fondsüberschüsse. VC-Gesellschaft

Auswahl/ Management

Honorar

Portfoliounternehmen Finanzierung Rückfluss aus Exit

Abbildung Quelle:

7:

Managementgesellschaft Beratungsvertrag/ Personal

FondsGesellschaft

Einflussnahme über Gremien

Investoren

Kapitaleinlage

„Verwaltungs GmbH"

Ausschüttung

Idealtypische Struktur von VC-Gesellschaften Eigene Darstellung in Anlehnung an Schefczyk (2006), S. 14, Baumgärtner (2005), S. 32 und Brinkrolf (2002), S. 26.

Die Aufdeckung des institutionellen Gefüges sowie im Speziellen die Erkenntnis, dass die Investorenstruktur einen entscheidenden Einfluss auf die Ausrichtung der operativen Geschäftstätigkeit der VC-Managementgesellschaft besitzt, sind zentrale Ergebnisse dieses Abschnittes, die im Folgenden aus theoretischer Perspektive noch tiefer beleuchtet werden. Die weiterführende Analyse gesellschaftsrechtlicher und steuerlicher Fragen ist hingegen im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter Gegenstand der Untersuchung. Daher wird für eine bessere Verständlichkeit die vorgenommene Trennung zwischen Management- und FondsGesellschaft wieder aufgehoben und hierfür die bisherigen Termini VCGesellschaft, VC-Geber oder Venture Capitalist weiter synonym genutzt. 3.2.2

Abgrenzung einzelner VC-Gesellschaftstypen in Deutschland

Gemäß den Ausführungen des Strategie Constituencies-Ansatz von PFEFFER UND SALANCIK folgen Organisationen v. a. den Interessen der Anspruchsgruppe, von

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

47

168

derer ihr Fortbestand im Wesentlichen abhängt. Zudem wurde bis dato gezeigt, dass die Geschäftsgrundlage von VC-Gesellschaften darin besteht, als Intermediär Kapitel von Investoren zu akquirieren, um dieses anschließend in innovative Gründungsvorhaben und noch nicht etablierte Wachstumsunternehmen zu investieren. Folglich basiert deren Existenz in erster Konsequenz darauf, dass 169 ihnen diese finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Diesen Überlegungen folgend sind die Investoren einer VC-Gesellschaft zugleich auch deren essentielle Anspruchsgruppe. Somit wird unter Berücksichtigung des Strategie Constituencies-Ansatz deutlich, dass die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit von VC-Gebern im Einklang mit der Interessenlage der Investoren erfolgt. Das man zur Absicherung der lnteressenslage auf lnvestorenseite zudem auf geeignete institutionelle Mitgestaltungs- und Eingriffsrechte zurückgreifen kann, haben die Ausführungen des vorangegangenen Abschnittes gezeigt. Vor dem Hintergrund der Zielstellung dieser Arbeit sowie der identifizierten zentralen Bedeutung der lnvestorenstruktur, ist im Folgenden dieses Differenzierungsmerkmal auf die in Deutschland agierenden VC-Gesellschaften anzuwenden. Grundsätzlich werden hierbei „independent", „captive" sowie als Mischform 170 „semi-captive" VC-Gesellschaften unterschieden. Eine schematische Abgrenzung dieser drei VC-Gesellschaftstypen ist in Abbildung 8 zu finden, die als Grundlage der folgenden Ausführungen dient. Hierbei ist vorweg anzumerken, dass neben der lnvestorenstruktur der hiermit verbundene Fundraisingprozess und im Ergebnis die Ausprägung der Finanzintermediationsfunktion als Abgrenzungsmerkmale dienen. Darüber hinaus steht die Aufdeckung der grundsätzlichen Zielstellung der jeweiligen VC-Gesellschaftsgruppe im Fokus der Analyse.

168 169 170

Vgl. Pfeffer/Salancik (1978). Vgl. Zemke (1995), S. 93. Vgl. Schefczyk (2004), S. 20 f.; Zemke (1995), S. 81 f.; Bovaird (1990), S. 159-164.

48

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Ausprägungsformen Venture Capital Gesellschaften Independent

lnvestorenstruktur

Ablauf Fundraising

Ausprägung Finanzintermediation

Gesellschaftsformen

Dominierende Zielstellung

Semi-Captive

Captive

1

1

1

Multiple, flexible Finanzbeziehungen zu diversen Investoren

Feststehende Finanzbeziehungen zu fixiertem lnvestorenkreis

Integrierter Bestandteil der Konzernorganisation/ singuläre Finanzbeziehung

1

1

1

Öffentliches Fundraising am Kapitalmarkt

Nicht öffentliches Fundraising innerhalb des 1nvestorenkreises

Geschlossenes Fundraising über Muttergesellschaft

1

1

Echter Finanzintermediär

Unechter Finanzintermediär

1

1

1

Private Semi-Captive/ öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften

Corporate VCGesellschaften/ Institutionelle captive VC-Gesellschaften

1

1

1

Rendite

Rendite/ (regionale) Wirtschaftsförderung

Strategische Ziele/ Rendite

Unabhängige, privatwirtschaftliche VC-Gesellschaften

Unechter Finanzintermediär

Abbildung 8: Kategorisierung einzelner VC-Gesellschaftstypen in Deutschland Quelle:

Eigene Darstellung.

Independent VC-Gesellschaften sind weder in eine Konzernorganisation einge171 bunden, noch übernehmen sie wirtschaftspolitische Aufgaben. Eigentumsrechtlich befinden sich die Gesellschaften mehrheitlich in den Händen ihrer geschäftsführenden Eigentümer. Das Einwerben von Kapital erfolgt auf dem Wege des aktiven Fundraising über den Kapitalmarkt. Hierzu werden in der Regel zeit172 an denen verschiedene Investoren Anteile lich befristete Fonds aufgelegt, zeichnen können, woraus grundsätzlich eine breite Kapitalgeberstruktur die Folge 173 ist. Da derartige VC-Gesellschaftstypen demnach Finanzbeziehungen zu mehreren Kapitalanbietern und -nachfragern unterhalten, bezeichnet man diese auch 174 als echte Finanzintermediäre. Typische Investoren für derartige VC-Gesellschaftsmodelle sind institutionelle Kapitalmarktakteure, wie z. B. Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Diese suchen im Rahmen einer diversifizierten Investitionsstrategie nach renditestarken Anlagealternativen abseits kapital-

171

172 173 174

Vgl. Brinkrolf (2002), S. 24. Vg 1. Kapite 13.2.1. Vgl. Zemke (1995), S. 84. Zur Abgrenzung zwischen echten und unechten Finanzintermediären vgl. Schefczyk (2006), S. 86.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

49

markttypischer Assetklassen, wie z. B. Aktien und Anleihen von börsennotierten 175 Folglich werden mit der Kapitalbereitstellung im Besonderen Unternehmen. renditeorientierte Ansprüche an das Handeln der VC-Gesellschaft gerichtet. Aufgrund einer derartigen lnvestorenstruktur ist demnach die Erwirtschaftung möglichst hoher Rückflüsse als die dominierende Zielstellung in den Anlagegrundsät176 zen von unabhängigen VC-Gesellschaften anzunehmen. Captive VC-Gesellschaften agieren als Tochtergesellschaften in übergeordneten Konzernstrukturen. Die gebundenen Trägerschaften betreiben kein aktives Fundraising, sondern stehen in einem engen finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu der Muttergesellschaft. Aufgrund dieser lnvestorenstruktur werden derartige 177 VC-Gesellschaftstypen auch unechte Finanzintermediäre genannt. Die Geschäftsführer bzw. Professionals der VC-Gesellschaft sind dabei nicht deren Eigentümer, sondern angestellte Manager des Konzerns. Folglich werden die zu treffenden Anlageentscheidungen nicht selbstständig, sondern in Absprache mit einem Gremium getroffen, in dem wiederum Entscheidungsträger des Konzerns 178 vertreten sind. Je nach Branchenzugehörigkeit des Konzerns verfolgen derartige VC-Geber unterschiedliche Anlageziele. VC-Tochtergesellschaften von Industrieunternehmen (Corporate VC-Gesellschaften) dienen v. a. der übergeordneten Innovationsstrategie des Konzerns. Investments werden demnach durchgeführt, um frühzeitig den Zugang zu technologischen Innovationen zu erhalten, z.B. über strategische Partnerschaften bzw. im Extremfall durch Akquisitionen von vielversprechenden Startups, die über das Handeln der unternehmenseigenen VCGesellschaft angestoßen werden. Im Falle einer derartigen Gesamtkonzernstrategie ist die Maximierung der Kapitalrendite auf VC-Gesellschaftsebene eher von 179 Bei Captive VC-Gesellschaften von Finanzinstitutionachrangiger Bedeutung. nen stehen wiederum renditeorientierte Ziele aber auch die Komplettierung und Ausweitung bestehender Produktangebote der Muttergesellschaft im Fokus der 180 Anlagestrategie. Bei Semi-Captive VC-Gesellschaften handelt es sich um eine Mischform aus den beiden vorangegangenen Kategorisierungen. Diese Einordnung liegt darin begründet, dass bei diesem Typus ein wohl definierter, feststehender Kreis von In175 176 177 178 179

180

Vgl. Seidel (2011), S. 159 f.; Baumgärtner (2005), S. 44 f. Vgl. Nathusius (2005), S. 27. Vgl. Schefczyk (2006), S. 86. Vgl. Zemke (1995), S. 85. Den Zugang zu technologischen Innovationen bezeichnet man auch als „Window on technology." Vgl. Weitnauer (2011), S. 9.; Nittka (2000), S. 37. Vgl. Baumgärtner (2005), S. 43 f.; Zemke (1995), S. 85 f.

50

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

vestoren das Investitionskapital für die Gesellschaft bereitstellt. Da hierfür kein öffentliches Fundraising am Kapitalmarkt erfolgt, werden derartige Gesellschafts181 strukturen demnach als unechte Finanzintermediäre klassifiziert. Wie bei den Captive VC-Gesellschaften agieren die Investmentmanager als Angestellte, welche für die Evaluierung und Betreuung der PU zuständig sind. Die Auswahlentscheidung wird hingegen von einem Beirat gefällt, in dem die Investoren ein bedeutendes Stimmrecht besitzen. Folglich wird die Anlagestrategie von der Zusammensetzung des Gesellschafter- bzw. des lnvestorenkreis wesentlich determiniert, wobei bei privaten Semi-Captive VC-Gesellschaften wiederum finanzielle 182 Renditeziele im Fokus stehen. Einen Spezialfall innerhalb der Klasse der Semi-Captive VC-Gesellschaften stellen öffentlich-geförderte VC-Geber dar. Der Gesellschafterkreis besteht hierbei aus staatlichen Körperschaften und Banken, die wiederum unter öffentlichem Einfluss stehen, wie z. B. Landesbanken. Durch die Nähe zu dem öffentlichen Sektor 183 wird die Anlagestrategie durch regional politische Zielvorgaben beeinflusst, die in der Regel die Förderung von Unternehmensgründungen und Technologieent184 wicklungen umfassen. Somit verfolgen Semi-Captive VC-Gesellschaften die komplett oder als Public Private Partnership zu einem bestimmten Teil mit öf185 fentlichen Finanzmitteln ausgestattet sind wirtschaftspolitische Aufgaben. Vor diesem Hintergrund ist schließlich davon auszugehen, dass finanzielle Renditeziele bei der Ausrichtung der Geschäftspolitik nicht der dominierende Parameter 186 sind. Neben dieser formalen CG-Struktur ist zudem auch noch die Personalpolitik an sich bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften anzusprechen. Hierbei ist davon auszugehen, dass aus dem direkten staatlichen Umfeld Mitarbeiter sowie auch Beiräte rekrutiert werden. Diese Auswahlprozedur beeinflusst wiederum die gesamte Unternehmenskultur sowie die Ausführung und Überwachung der In187 vestitions- bzw. Managementaktivitäten bei öffentlich-geförderten VC-Gebern.

181 182 183 184 185 186

187

Vgl. Nathusius (2005), S. 25 f. Vgl. Zemke (1995), S. 86. Vgl. Bascha/Walz (2002), S. 19. Vgl. Nittka (2000), S. 38. Vgl. Schilder (2006), S. 4; Brinkrolf (2002), S. 23; Bascha/Walz (2002), S. 19. In diesem Kontext gelangen Bascha und Walz zu dem Ergebnis, dass öffentlich-geförderte VCGesellschaften von vornherein deutlich geringere Renditeanforderungen stellen. Vgl. Bascha/Walz (2002), s. 20 f. Vgl. Leleux/Surlemont (2003), S. 82. Allgemein zur Abhängigkeit von Human Capital und Managementverhalten in VC-Gesellschaften vgl. Bottazzi et al. (2008), S. 489 und S. 498.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

51

Für den weiteren Verlauf der Arbeit ist festzuhalten, dass eine tiefergehende Analyse von Corporate VC-Gesellschaften, deren Kapitalgeber aus strategischen Motiven handeln, nicht erfolgt. Fortan wird der Untersuchungsfokus gemäß der definierten Zielstellung zum einen auf die Gruppe privater (Independent) VCGesellschaften gerichtet, deren grundlegende Zielstellung die Erwirtschaftung einer angemessenen Rendite ist, um die Anforderungen ihrer Investoren zu erfüllen. Zum anderen ist die Geschäftspolitik öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften zu analysieren, die durch wirtschaftspolitische Ziele beeinflusst wird. Schon alleine die Gegenüberstellung dieser grundlegenden Zielstellungen beider VC-Gesellschaftsgruppen führt zu der Annahme, dass sich deren Aufbau und Aktivitäten im Rahmen des definitorischen Handlungsspielraums von VC unter188 scheiden werden. Dies führt unmittelbar zu der Frage, welche Synergieeffekte oder andererseits Konfliktpotenziale bei der gemeinsamen Kooperation beider VC-Gesellschaftsgruppen entstehen können, einem verbreiteten Phänomen auf dem deutschen VC-Markt. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ist zunächst der Handlungsspielraum für VC-Gesellschaften bei der Ausrichtung ihrer Geschäftspolitik näher zu beleuchten. Danach wird explizit der Sonderfall der Syndizierung als spezielle strategische Option aus theoretischer Perspektive vertieft.

3.2.3

Optionen der Strategiewahl für VC-Gesellschaften

Die vorangegangenen Abschnitte zeigten, dass VC-lnvestitionen u. a. durch ein besonders hohes Risiko-Rendite-Potenzial gekennzeichnet sind. VC-Gesellschaften müssen demnach bei der Finanzierung von Startups erhebliche Finanzierungsrisiken189 beachten sowie Renditepotenziale identifizieren bzw. diese im Rahmen ihrer Managementunterstützung aktivieren. Vor dem Hintergrund dieses speziellen Anforderungsprofil ist im Folgenden aufzuzeigen, welche grundsätzlichen Strategien VC-Gesellschaften zur Verfügung stehen, um mit den Risiko- und Renditepotenzialen auf Betreuungs- und Portfolioebene optimal umzugehen. Hierzu dient eine Analyse einschlägiger wissenschaftlicher Arbeiten in diesem Teilbereich der VC-Marktforschung.

188

189

Bezüglich des möglichen Handlungsspielraums bei der Ausgestaltung von VC-Finanzierungen aufgrund der gegebenen Interpretationsmöglichkeiten einzelner Merkmale von Venture Capital vgl. Kapitel 3.1.1. In diesem Abschnitt soll keine dezidierte Analyse der Finanzierungsrisiken bei VC-Finanzierungen erfolgen, da hierauf noch genauer eingegangen wird. Siehe hierzu die Ausführungen in den Kapiteln 4.1.1 und 4.1.2.

52

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Methodisch ist dabei vorweg anzuführen, dass bewusst kein Anspruch auf eine lückenlose historische Aufarbeitung erhoben wird. Vielmehr dient die Reflexion der ausgewählten Arbeiten dazu, den evolutionären Prozess der VC-Forschung in dem Bereich des Beteiligungs- und Portfoliomanagements von VC-Gesellschaften wiederzugeben. Folglich war das zentrale Selektionskriterium für die Auswahl einzelner Studien, dass diese mind. eine der beiden angesprochenen Untersuchungsebenen umfänglich analysiert haben. Unter Berücksichtigung der theoretischen Zielstellung sowie der gestellten Auswahlanforderungen hat die Recherche der wissenschaftlichen Literatur zu den Ergebnissen in Tabelle 2 geführt, die als Ausgangsbasis der nachfolgenden Ausführungen dient. Dabei wird im Folgenden auf eine detaillierte Auseinandersetzung mit einzelnen Studieninhalten verzichtet, da diese noch später in den entsprechenden Abschnitten erfolgt. übergreifend zeigt die Auswertung eine leichte Dominanz von wissenschaftlichen Arbeiten, die sich auf das Betreuungsverhalten von VC-Gebern fokussieren. Aufgrund des methodischen Vorgehens ist diese Aussage jedoch als nicht repräsentativ zu werten. Bei der Analyse der Erkenntnisfortschritte dieser Studien im Zeitverlauf ist festzuhalten, dass zu Beginn die Aufdeckung konkreter Betreuungsinhalte im Fokus stand. Exemplarisch hierfür ist die Arbeit von GORMAN und SAHLMAN anzuführen, die u. a. zu dem Ergebnis gelangten, dass VC-Geber ihre PU bei der Bildung von lnvestorennetzwerken, der strategischen Geschäftsplanung sowie 190 der Zusammensetzung des Managementteams unterstützen. In den darauffolgenden Arbeiten wurde zunehmend deutlich, dass sich das Angebot der Managementunterstützung bei VC-Gesellschaften deutlich unterscheidet, wie z. B. 191 aus der Studie von BRINKROLF über den deutschen VC-Markt hervorging. Auch die Langzeituntersuchung von LERNER über den amerikanischen Markt gelangt zu diesem Ergebnis. Darüber hinaus sind in dieser Arbeit sowie in der Studie von GOMPERS externe Parameter genannt, wie z. B. die geografische Distanz zum PU sowie die Spezifität der Geschäftsidee, welche die Betreuungsintensität beeinflussen.192

190 191 192

Vgl. Gorman/Sahlman {1989), S. 237. Vgl. Brinkrolf {2002), S. 204. Vgl. Lerner {1995), S. 316; Gompers {1995), S. 1485 f.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Tabelle 2:

~

Q

Ausgewählte Arbeiten zu strategischen Handlungsoptionen von VCGesel/schaften Sample

Gorman/ Sahlman (1989)

49VCG

Norton/ Tenenbaum (1993)

98VCG

Gompers (1995)

Lerner {1995)

Brinkrolf {2002)

Kanniainen/ Keuschnigg {2003)

Weber {2003)

5chefczyk (2004)

Welpe {2004)

Baumgärtner {2005)

Pankotsch (2005)

Cumming (2006)

Jungwirth (2006)

Bottazi/ Da Rin/ Heilmann {2008)

Thamm {2009)

53

USA

USA 794PU USA 271 Biotech-PU USA

59 PU inkl. VCG Deutschland

-

Fokus

VCG

Untersuchungsfokus

-

Beteiligungsebene

VCG fokussieren ihre Unterstützung v. a. auf die Bildung von lnvestorenteams für Finanzierungsrunden, die Ausarbeitung der Geschäftsstrategie und das Management Recruiting

-

Portfolioebene

VCG tendieren zu einer Spezialisierungsstrategie um Reputation, Wissen und Netzwerkstrukturen aufzubauen

-

Beteiligungsebene

Der Anteil intangibler Assets in PU korreliert positiv mit der Betreuungsaktivität der VCG, welche kostenintensiv ist

-

Beteiligungsebene

VCG generieren Mehrwert für die PU aufgrund eines professionellen Monitorings, dessen Ausmaß über externe Einflüsse (Änderung Management, geografische Distanz) beeinflusst wird

Private VCG

Beteiligungsebene

Unabhängige VCG unterschieden sich deutlich in ihrem Managementangebot, welches oftmals verhältnismäßig gering ausgeprägt ist - Kontrollaktivitäten werden von den PU positiv wahrgenommen

-

51 VCG USA 40VGG* Deutschland 268 PU Deutschland

Deutschland

33 VCG (157 PU) Deutschland

214 VC-Fonds Kanada 103 VCG DACH 119VCG Europe

-

-

Private VCG

-

Kernergebnisse für die eigene Untersuchung

Modelltheoretische Ableitung von Trade-off Beziehungen zwiPortfolio- und Beteisehen Betreuungsaufwand und Portfoliogröße bei VCG, welche ligungsebene diese in ihr Entscheidungskalkül einbeziehen

Portfolioebene

Festlegung der dominanten Spezialisierungsstrategie bei VCG muss langfristig erfolgen, um positive Effekte zu erzielen (Reputation, Wissen, Netzwerkeffekte)

Managementqualifikation seitens VCG und Betreuungsintensität Portfolio- und Beteisowie anreizkompatible Verteilung der Gesellschaftsanteile sind ligungsebene wesentliche Erfolgsparameter für die Wertentwicklung des PU Beteiligungsebene

Motivation und Erfahrung der Lead-VCG haben die größte Bedeutung für die erfolgreiche Unterstützung und Entwicklung des PU

Private VCG

Branchenspezialisierung dominiert bei gleichzeitig nur rudimentäPortfolio- und Betei- ren Diversifikationsbestrebungen unter VCG ligungsebene Intensive Betreuungsaktivitäten ohne jedoch einen messbaren Wertbeitrag v. a. im kaufmännischen/ strategischen Bereich

Private/ öffentlichgeförderte VCG

Identifikation vorteilhafter Betreuungspakte (operative Unterstützungs- oder aber reine Finanzierungsfunktion) gegenüber Beraterrolle, die anhand vertraglicher Regelungen sowie VCG-interner Managementressourcen auszuwählen sind

-

Kein

Kein

-

Beteiligungsebene

Portfoliostrukturen bei VCG werden bestimmt durch die CharakPortfolio- und Beteiteristika des VC-Fonds, die Eigenschaften der PU, die Nutzung der ligungsebene Finanzierungsinstrumente und des Marktumfeldes Portfolio- und Betei- VCG verfolgen wissensabhängige Portfolio- und hiervon ausgeligungsebene hend Betreuungsstrategien

Beteiligungsebene

Private VCG mit mehr spezifischer Erfahrung weisen eine höhere Betreuungsaktivität auf als captive VCG; positiver Zusammenhang zwischen Aktivität der VCG und der Entwicklung des PU

Portfolioebene

Modelltheoretische Identifikation des Einflusses der gesellschaftsinternen Parameter Wertschöpfungsabsicht und leistungsfähigkeit einer VCG auf die Vorteilhaftigkeit der Diversifikations- oder 5pezialisierungsstrategie

* hier ist die aktuellere Stichprobe von 2002/2003 angeführt

54

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

In der dritten Evolutionsstufe bzgl. des Beteiligungsverhaltens von VCGesellschaften wird dann überwiegend untersucht, welche Auswirkungen einzelne Betreuungsinhalte bzw. -strategien auf die Performance der PU besitzen. Aus den Arbeiten geht dabei hervor, dass die Managementqualifikationen, v. a. die kaufmännischen Fähigkeiten sowie die Motivation des Venture Capitalists in diesem Kontext einen positiven Einfluss besitzen. Bei zuletzt genanntem Aspekt wird zudem die Bedeutung einer anreizkompatiblen Gesellschafterstruktur und somit die Interdependenz zu dem vorgelagerten Vertragsverhandlungsprozess verdeutlicht.193 Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Studie von PANKOTSCH, der mittels einer schriftlichen Befragung das Betreuungsverhalten von 33 deutschen Beteiligungsgesellschaften bei 157 Beteiligungsinvestitionen auswertete. Die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung für die eigene Studie sind die Ableitung von drei idealtypischen Betreuungsstrategien mit einem unterschiedlichen Performancebezug. Aus seinen Untersuchungsergebnissen gelangt PANKOTSCH zu dem Schluss, dass VC-Geber ihre PU erfolgreicher betreuen, wenn sie sich entweder nur auf deren Finanzierung oder die operative Betreuung konzentrieren. Das Verfolgen einen reinen Beraterfunktion, kennzeichnend durch die Unterstützung im strategischen Bereich sowie bei der Netzwerkbildung, ist als Betreuungsstrategie hingegen weniger geeignet. Demnach besitzt die Betreuungsin194 tensität des Venture Capitalist keinen Einfluss auf die Performance der PU. Den Ausgangspunkt für Studien, welche das Portfoliomanagement von VCGesellschaften untersuchen, stellt die Arbeit von NORTON und TENENBAUM. In ihrer Arbeit über das Verhalten von 98 US-amerikanischen VC-Gesellschaften gingen sie der grundlegenden Frage nach, ob diese zum Management von portfolioinhärenten Risiken eher kapitalmarkttheoretische Diversifikations- oder aber informationsökonomische Spezialisierungsmaßnahmen ergreifen. Im Ergebnis gelangten sie zu dem Ergebnis, dass die befragten VC-Geber aufgrund ihres Geschäftsmodells die Spezialisierung ihrer Investitionsaktivitäten bevorzugen, um Wissen sowie Reputation und Netzwerke zur Reduktion des Portfoliorisikos fokussiert aufzubauen.195 Zu vergleichbaren Resultaten gelangen auch WEBER mit einer erneuten Befragung von 51 US-amerikanischen VC-Gesellschaften sowie BAUMGÄRTNER, der das Verhalten deutscher Venture Capitalists untersuchte. Darüber hinaus ge193

194 195

Vgl. Bottazzi et al. (2008), S. 498 und S. 511; Welpe (2004), S. 217 f.; Schefczyk schlägt in diesem Zusammenhang die Stellung der VC-Gesellschaft als starken (Minderheits-)Gesellschafter vor, um erhebliche Einflussnahmemöglichkeiten zu erhalten und zugleich keinen Motivationsverlust im Unternehmerteam zu erzeugen. Vgl. Schefczyk (2004), S. 392 f. Vgl. Pankotsch (2005), S. 247. Vgl. Norton/Tenenbaum (1993), S. 441.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

55

langen sie zu dem Erkenntnisgewinn, dass die Spezialisierung der Investitionstä196 tigkeiten in frühen Finanzierungsphasen von Vorteil erscheint. Diese Aussage wird u. a. bestätigt in der modelltheoretischen Untersuchung von KANNIAINEN und KEUSCHNIGG, mit der Begründung, dass bei VC-Finanzierungen hohe Informationsdefizite auf Seiten des VC-Gebers bestehen, welche dieser durch Spezialisierung reduzieren möchte. Darüber hinaus zeigen sie, dass zwischen der Portfoliozusammensetzung und der Betreuungsintensität eine Trade-offBeziehung besteht und stellen somit zwischen beiden Ebenen eine Verbindung 197 her. Angelehnt an diese modelltheoretischen Ausführungen ist in der letzten Evolutionsstufe hinsichtlich der Forschungen zur Portfoliosteuerung bei VCGesellschaften eine ganzheitliche Analyse der Ausgestaltung einzelner Beteiligungsbeziehungen im Kontext spezifischer Portfoliostrukturen festzustellen. Exemplarisch für diese forschungsmethodische Erweiterung zu nennen ist einerseits die Arbeit von JuNGWIRTH, welche das Verhalten von 103 VC-Gesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz untersuchte. Zentrale Ergebnisse ihrer Studie sind das Aufzeigen wissensinduzierter Portfolio- und hieran anknüpfend Betreuungsstrategien sowie die Identifikation weiterer Trade-offBeziehungen innerhalb des zweistufigen Strategiebildungsprozesses. Bemerkenswert ist zudem ihr Resultat, dass bei Vorliegen einer bestimmten Wissensausstattung in VC-Gesellschaften die Spezialisierung der Investitionsaktivitäten nicht effizient erscheint, womit sie aufzeigt, wann genaue Diversifikationsstrate198 gien bei der Bereitstellung von VC überlegen sind. Zum anderen ist die Untersuchung von CuMMING über den kanadischen VC-Markt anzuführen, der explizit die Arbeit von KANNIAINEN und KEUSCHNIGG aufgreift und die darin theoretisch abgeleiteten Trade-off-Beziehungen empirisch bestätigt. Ausgehend von der Bildung optimaler Portfoliogrößen entwickelt er zudem ein Entscheidungsmodell für die effiziente Betreuungsintensität bei VC-Finanzierungen. Die Grundaussage dieses Modells ist, dass VC-Geber ihre Betreuungsintensität an der zu erwartenden

196 197 198

Vgl. Weber (2003), S. 196 f.; Baumgärtner (2005), S. 283 f. Vgl. Kanniainen/Keuschnigg (2003), S. 531. Vgl. Jungwirth (2006), S. 44-46, S. 123 und S. 134-136; Thamm (2009) gelangt in seiner modelltheoretischen Arbeit zu einer ähnlichen Aussage. Dieser bezieht sich dabei auf den Parameter Leistungsfähigkeit einer VC-Gesellschaft, welcher das Ausmaß spezifischen Wissens explizit berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund schlägt für weniger leistungsfähige VC-Geber eine Diversifikationsstrategie mit nur einem geringen Betreuungsaufwand vor. Für leistungsstarke VC-Gesellschaften ist hingegen eine Konzentration der Investitionsaktivitäten vorteilhaft inkl. einer intensiveren Unterstützung, mit dem Ziel den individuellen Wertbeitrag zu maximieren. Vgl. Thamm (2009), S. 232-234.

56

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

199

Performance des Beteiligungsmandats ausrichten. Dieses Modell stellt zugleich die Ausgangsbasis zur Beschreibung des Beteiligungsverhaltens von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften dar und wird in Kapitel 4.2.2.2 weiter vertieft. Die Analyse der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur hat gezeigt, dass auf der Portfolio- sowie auch der Beteiligungsebene für VC-Gesellschaften jeweils zwei grundsätzliche strategische Handlungsoptionen zur Risikosteuerung und Wertsteigerung der PU zur Verfügung stehen. Für das allgemeine Portfoliomanagement ist zwischen kapitalmarkttheoretischen Diversifikations- oder aber informationsökonomischen Spezialisierungsmaßnahmen abzuwägen. Auf Einzelbeteiligungsebene ist hingegen zwischen einer intensiven Betreuung mit Übernahme operativer Tätigkeiten (Hands-on) und einem eher passiven Verhalten, fokussierend auf Finanzierungsaufgaben sowie dem Beteiligungs-Monitoring (Handsoff), abzuwägen. Das strategische Dilemma für VC-Geber besteht in diesem Kontext darin, dass sowohl innerhalb der Ausrichtung der Portfolio- und Betreuungsstrategie sowie auch zwischen diesen beiden Handlungsebenen Trade-offBeziehungen zu berücksichtigen sind. Für die empirische Positionierung der eigenen Arbeit ist zudem bemerkenswert, dass von den Untersuchungen über den deutschen VC-Markt nur die Arbeit von PANKOTSCH die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften explizit mit einbezieht. Zu dieser Studie muss jedoch einschränkend angeführt werden, dass PANKOTSCH auf die institutionellen Charakteristika dieser speziellen VC-Gebergruppe nur bedingt eingeht aufgrund seiner Zielstellung, die unterschiedlichen Betreuungskonzepte am VC-Markt und nicht die grundsätzliche strategische Ausrichtung zu beleuchten. Folglich bleiben die strategischen Handlungsoptionen auf Portfo200 Alle weiteren Arbeiten über den deutschen VClioebene unberücksichtigt. Markt nehmen keine Einschränkung auf spezifische VC-Gesellschaftsgruppen bzw. konzentrieren sich explizit auf die Gruppe privater VC-Geber. Somit wird mit der Zielgruppenfokussierung der eigenen Arbeit eine bisherige empirische Lücke bei den bestehenden Untersuchungen über den deutschen VC-Markt belegt. Abschließend ist für die wissenschaftliche Positionierung der vorliegenden Studie anzuführen, dass alle genannten Arbeiten die strategische Positionierung bzw. einen Teilbereich hiervon fast ausnahmslos isoliert auf Einzelgesellschaftsebene beleuchten. Die Frage nach möglichen Syndizierungsstrategien und deren mögli199

200

Vgl. Cumming (2006), S. 1119 und S. 1086. Die isolierte Betrachtung der Betreuungsphase nennt Pankotsch selbst als eine bewusst gewählte Eingrenzung seiner Untersuchung. Vgl. Pankotsch (2005), S. 251.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

57

ehe gesellschaftsspezifischen Ursachen wurden bisher eher nur am Rande beleuchtet. WELPE wiederum untersucht explizit die Bedeutung des Lead-Investors für die erfolgreiche Betreuung des PU und berücksichtigt hiermit indirekt das verbreitete Syndizierungsmodell unter deutschen VC-Gebern. Den Prozess der 201 Syndizierung auf VC-Gesellschaftsebene grenzt sie jedoch in ihrer Analyse aus. Vor diesem Hintergrund ist es das wissenschaftliche Ziel dieser Arbeit gesellschaftsspezifische Syndizierungsstrategien detailliert im Kontext der strategischen Positionierung zu beleuchten, um diese von BAUMGÄRTNER explizit genannte 202 Forschungslücke zu bereichern.

3.3

Syndizierung

3.3.1

Begriffsbestimmung im Kontext von Venture Capital

Im dem vorangegangenen Abschnitt wurde gezeigt, dass für VC-Gesellschaften bei der Ausübung ihrer Portfolio- und Betreuungsstrategie spezifische Trade-offBeziehungen auftreten, die ihr Handeln restringieren. Vor diesem Hintergrund offenbart die Syndizierung von VC-Finanzierungen die Möglichkeit, dass Dilemma bei der Strategiewahl auf Einzelgesellschaftsebene zu entschärfen, wie im Folgenden aufgezeigt wird. Um den Terminus der Syndizierung genau zu bestimmen, ist zuerst das hieraus entstehende Syndikat zu beschreiben und anschließend auf den Kontext von VC zu übertragen. Vorweg ist hierbei anzuführen, dass eine derartig titulierte Institution im deutschsprachigen Raum eher mit negativen Assoziationen in Verbindung gebracht wird. So ist einerseits unter dem Begriff eines Syndikats ein geschäftlich 203 Angetarnter Zusammenschluss von Verbrecherorganisationen umschrieben. dererseits werden im wirtschaftlichen Bereich besonders straff organisierte Kartellformen mit gemeinsamen Organisationseinheiten über diesen Terminus de204 klariert. Im Gegensatz zu dieser negativen Begriffsinterpretation existierte im angloamerikanischen Raum schon relativ früh ein breites und neutrales Verständnis zur Beschreibung dieser speziellen Kooperationsform. Als Ausgangspunkt hierfür ist die Definition von W1LSON zu nennen, der ein Syndikat wie folgt charakterisiert: 201 202 203 204

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Welpe (2004), S. 30 f. und S. 216 f. Baumgärtner (2005), S. 280. Duden (2006), S. 989. Wöhe/Döring (2010), S. 259; Gabler Wirtschaftslexikon (2010), S. 2941.

58

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

„ We shall define a syndicate to be a group of individual decision makers who must make a common decision under uncertainty, and who, as a result, will receive jointly a payoff tobe shared among them. "205 Demnach ist ein Syndikat allgemein als ein zeitlich befristeter Zusammenschluss von Akteuren zu umschreiben, die unter Unsicherheit eine gemeinsame Entscheidung zur Durchführung einer Transaktion treffen im Hinblick auf eine zu teilende Rendite. Da diese weit gefasste Definition von WILSON auf viele unterschiedliche Wirtschaftsbereiche zutrifft, ist in einem weiteren Schritt eine Konkretisierung dieses Terminus auf den Finanzbereich vorzunehmen. Den obigen Ausführungen hierbei folgend ist ein Syndikat demnach als ein zeitlich befristeter Zusammenschluss von mehreren Kapitalgebern zu verstehen, welche unter Unsicherheit eine simultane Investitionsentscheidung treffen und in der Höhe ihres Kapitalanteils am Investi206 tionserfolg sowie auch -misserfolg partizipieren. In der Praxis sind Syndikate nach diesem Verständnis häufig im Bankwesen zur Abwicklung großvolumiger Geschäftsvorhaben vorzufinden wie z.B. der Kredit207 vergabe oder aber bei der Platzierung von Wertpapieremissionen. Jedoch wird meist der Terminus des Konsortiums und weniger des Syndikats verwendet, möglicherweise vor dem Hintergrund der eingangs angeführten negativen Begriffsassoziationen im deutschsprachigen Raum. Explizit für die FK-Vergabe haben sich zudem noch die Termini syndizierte Kredite oder Konsortialkredite etabliert. Institutionell betrachtet schließen sich hierbei immer mehrere Kreditinstitute zu einem Konsortium respektive Syndikat zusammen, um ihre finanziellen Ressourcen zur Abwicklung einer spezifischen Banktransaktion zu bündeln. Bankspezifische Gründe für derartige Kooperationen sind die Steigerung der Finanzierungskraft in der Außenwahrnehmung sowie die Verbesserung der gesellschaftsinter208 Darüber hinaus existieren gesetzlichen Rahmenbedingunnen Risikostreuung. gen, welche die Geschäftspolitik der Banken restringieren. So ist in der Großkredit- und Millionenkreditverordnung des Kreditwesensgesetzt (KWG) gesetzlich fixiert, dass ein Kredit an einen Kunden oder eine Gruppe verbundener Kunden 209 max. 25 % des EK der vergebenen Bank entsprechen darf. Fokussiert man die Ausführungen nunmehr auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist zuerst festzustellen, dass der Begriff der Syndizierung im Bereich 205 206 207 208 209

Siehe Wilson {1968), S. 119. Vgl. Nathusius {2005), S. 35. Vgl. Krebs {2012), S. 37. Vgl. Achleitner {2000), S. 516-518. Vgl. Großkredit- und Millionenkreditverordnung {GroMiKV) des KWG; v. a. §§ 1 und 2 GroMiKV.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

59

der VC-Forschung und Praxis ebenfalls verbreitet zur Anwendung gelangt. Alternativ wird in diesem Kontext auch der Terminus des „Co-Venturing" häufig genannt.210 Daher werden diese beiden Begriffe in der vorliegenden Arbeit fortan synonym verwendet. Die Nutzung beider Termini führt jedoch streng genommen wieder zu einem Abrücken von dem eingangs beschriebenen Syndikat. Diese terminologische Abweichung ist dahingehend zu rechtfertigen, dass weniger die statische Beschreibung der Institution, sondern vielmehr eine prozessuale Betrachtung syndizierter VC-Finanzierungen in der Wissenschaft und Praxis von be211 sonderem Interesse ist. Für eine genauere Begriffsbestimmung bietet sich im Folgenden die Fortentwicklung der Auswertung von KREBS an, welcher die Nutzung des Syndizierungsbegriffs in der überwiegend englischsprachigen aber auch deutschen Wissenschaftsliteratur diskutiert. In dieser methodisch interessanten Analyse nutzt er die vier Themengebiete: Charakteristika der Investition, Eigenschaften der VC-lnvestoren, Aspekte der Beteiligung und Zielsetzungen der Syndizierungspartner um ein gemeinsames Begriffsverständnis von syndizierten VC-Finanzierungen abzuleiten. Jedoch zeigt die nachfolgende Zuordnung der einzelnen Merkmalsausprägungen, dass die gewählten Themengebiete teilweise zu fragmentiert ausgewählt sind. Aus diesem Grund ist für den Fortgang dieser Arbeit und in Anlehnung an die genannte Studie von KREBS eine eigens weitentwickelte verdichtete Klassifizierung anzuwenden. In dieser wird der Syndizierungsbegriff anhand der Kategorien In212 vestitions- und institutionelle Merkmale definiert. Investitionsmerkmale

Hinsichtlich der Investitionsmerkmale einer syndizierten VC-Finanzierung ist zuerst festzuhalten, dass es sich um eine simultane Investitionsentscheidung der beteiligten VC-Geber handeln muss. Die Analyse von KREBS zeigt hierzu, dass dieses Merkmal fast ausnahmslos in der wissenschaftlichen Literatur genannt wird. BRANDER ET AL nutzen dieses Kriterium gar dazu, um zwischen Syndizierungen im engeren und weiteren Sinne zu unterscheiden. In der weiter gefassten Definition sind demnach gemeinsame Finanzierungsentscheidungen subsummiert, welche 213 zeitlich versetzt in verschiedenen Finanzierungsrunden getroffen werden. Andere Autoren schließen derartige Finanzierungskonstellationen jedoch explizit von dem Syndizierungsbegriff aus. Die vorliegende Arbeit folgt diesem Verständ210

211 212 213

Vgl. u. a. Weitnauer (2011), S. 30; Lockett/Wright (2001), S. 375; Bygrave (1987), S. 140-144. Vgl. Nathusius (2005), S. 36. Vgl. sowie auch im Felgenden Krebs (2012), S. 37-40. Vgl. Brander et al. (2002), S. 439.

60

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

nis, womit die zeitgleiche Investitionsentscheidung als essentielles Merkmal an214 zusehen ist. Die weiteren Investitionsmerkmale syndizierter VC-Finanzierungen leiten sich unmittelbar aus der zugrundeliegenden Definition von VC ab. Folglich werden bei Syndizierungen EK bzw. EK-ähnliche Finanzierungsmittel bereitgestellt, verbunden mit der Übernahme von Managementaktivitäten seitens der beteiligten VCGesellschaften.215 Aufgrund des Einsatzes derartiger Finanzierungsinstrumente ist abschließend für diese Kategorie auch die anteilsmäßige Partizipation der VCGeber am Gewinn oder Verlust der syndizierten VC-lnvestition kennzeichnend. Somit sind im Ergebnis Syndizierungen im VC-Bereich durch eine (anteilige) Si216 multanität der Kapitalflüsse geprägt. Institutionelle Merkmale

Bezüglich der institutionellen Struktur syndizierter VC-Finanzierungen ist festzuhalten, dass es sich um eine Einzeltransaktion handelt, bestehend aus mind. 3 Akteuren. Einhellig wird hierbei in der wissenschaftlichen Literatur die Beschränkung auf ein einzelnes Zielunternehmen genannt. Die lnvestorenstruktur muss wiederum aus mind. 2 oder mehr VC-Gesellschaften bestehen. Darüber hinaus vertiefen einige Autoren auch dezidiert die Rollenverteilung innerhalb des lnvestorennetzwerkes und unterscheiden zwischen dem Lead- und Co-bzw. Non-Lead Investor. Erstgenanntem werden hierbei die Führungsrolle bei der Unterstützung des PU sowie auch die zentrale Koordinationsfunktion innerhalb des lnvestorennetzwerkes zugesprochen. Co-Investoren nehmen hingegen eine eher passivere 217 Rolle ein. Die beschriebenen Merkmale einer Syndizierung unter VC-Gebern sind in Abbildung 9 noch einmal schematisch dargestellt. zusammenfassend haben die Ausführungen hierzu gezeigt, dass mind. zwei VC-Gesellschaften eine simultane Entscheidung über die Finanzierung von einem konkreten Beteiligungsmandat treffen. Jeder VC-Geber übernimmt dabei die wirtschaftliche Verantwortung über seinen Anteil an der Finanzierungssumme, die typischerweise in Form von EK bzw. EK-ähnlichen Finanzierungsmitteln bereitgestellt wird. Bei der anschließen-

214

215 216

217

Vgl. u. a. Nathusius (2005), S. 37; De Clercq/Dimov (2004), S. 243; Seppä (2003), S. 6; Lockett/Wright (2001), S. 375 f.; Lerner (1994), S. 17. Vgl. Friedrich (2005), S. 19 und Kapitel 3.1.1. Krebs beschreibt in diesem Zusammenhang ein Syndikat auch als eine „Schicksalsgemeinschaft". Siehe Krebs (2012), S. 36. Vgl. Weitnauer (2011), S. 30; Friedrich (2005), S. 19; Nathusius (2005), S. 50 f.; Welpe (2004), S. 30; Manigart et al. (2002), S. 7; Brander et al. (2002), S. 424.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

61

den Unterstützung des PU tauschen sich die VC-Gesellschaften in einem meist hierarchischen Syndizierungsnetzwerk aus und übernehmen je nach Funktion bedarfsweise einzelne Koordinations- sowie Managementaufgaben. Hierbei besitzt der Lead-Investor grundsätzlich die zentrale Ausführungskompetenz als primärer Ansprechpartner des Beteiligungsmandats. Mind. zwei VC-Gesellschaften (hierarchische Struktur)

Simultane 1nvestitionsentscheidu ng

Übernahme von Management- und - - - - - 1 Netzwerka ktivitäten

Anteilige Partizipation an Gewinn/ Verlust

Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnliche Instrumente

Abbildung 9: Konstitutive Merkmale einer Syndizierung unter VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung.

Abschließend sei auch noch einmal darauf zu verweisen, dass im VC-Bereich mit der Nutzung der Termini Syndizierung bzw. Co-Venturing die Bedeutung der prozessualen Betrachtung syndizierter VC-Finanzierungen betont wird. Vor diesem Hintergrund ist im Folgenden der für VC-Gesellschaften idealtypische Ablauf von Syndizierungen darzustellen.

3.3.2

Ablauf und Rollenverteilung syndizierter VC-Finanzierungen

3.3.2.1

Phasen einer VC-Finanzieurng aus der Perspektive von VCGesellschaften

Um den Prozess der Syndizierung näher zu beleuchten ist es zielführend, voran den idealtypischen Ablauf einer VC-Finanzierung aus der Perspektive des VC218 Gebers zu skizzieren. Hierzu zeigt die Abbildung 10, dass Beteiligungsfinanzierungen in VC-Gesellschaften generell über fünf Einzelprozesse durchgeführt wer218

Darüber hinaus kann der Prozess der VC-Finanzierung auf der Ebene der Portfoliounternehmen sowie aus der Sichtweise der Investoren betrachtet werden. Eine überblicksartige Abhandlung hierzu findet man in Pankotsch (2005), S. 29-35.

62

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

den, die wiederum den Subphasen der Auswahl bzw. Investition, Betreuung und Desinvestment zugeordnet werden können. Die Kapitalakquise (Fundraising) ist hingegen grundsätzlich als ein separater Prozess im Vorfeld der Investitionsaktivitäten anzusehen, da in Deutschland überwiegend fondsorientierte Gesellschaftskonstruktionen existieren, wie in einem vorherigen Abschnitt bereits beschrieben wurde. 219 Übergreifend ist zudem anzumerken, dass die dargestellten Abläufe weniger als ein linearer Prozess sondern vielmehr als Kreislauf zu verstehen sind, den VC-Gesellschaften im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit mehrmals durchlaufen. 220 Hiervon losgelöst sind im Folgenden die Tätigkeiten von VC-Gesellschaften in den drei genannten Subphasen einer VC-Finanzierung kurz erläutert, bevor diese in den Kontext einer Syndizierung gebracht werden. Auswahl/ Investition

Fundraising /) Kapitalakquise

Suche nach Investoren Auflegung von Fonds

Abbildung Quelle:

//

Deal Flow

Einholen von Informationen über potentielle Beteiligungsmandate

10: Idealtypsicher

Prüfung

Grobprüfung Feinprüfung (Due Diligence) Bewertung

Decision Making

Beteiligungsstrukturierung

))

Betreuung

Desinvestment

Beteiligungsmanagement

Exit

Kontrolle (Monitoring) Management-Support

Verkauf des Beteiligungsmandats

Vertragsverhandlung

Ablauf einer VC-Finanzierung für VC-Gesellschaften

Eigene Darstellung in Anlehnung an Schefczyk (2006), S. 24; Nathusius (2005), S. 30; Brinkrolf (2002), S. 25.

Auswahl Grundvoraussetzung für erfolgreiche Investitionsaktivitäten einer VC-Gesellschaft ist die Sicherstellung eines ausreichend großen Deal Flow. Hierzu sind zuerst Informationen über potenzielle Beteiligungsmandate einzuholen, dem sogenannten Sourcing. Aktiv erfolgt dies ζ. B. über direkte Anfragen bei Netzwerkpartnern, wie ζ. B. Inkubatoren oder anderen VC-Gebern. Bei der passiven Suche bekommen VC-Gesellschaften hingegen Beteiligungsanfragen aus ihrem Netzwerk zugesendet bzw. erhalten Initiativanfragen direkt von kapitalsuchenden Unternehmen. 221

219 220 221

Vgl. Kapitel 3.2.1. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 25. Vgl. Nathusius (2005), S. 29 f.; Betsch et al. (2000), S. 119 f.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

63

Liegt eine Beteiligungsanfrage vor findet zuerst eine Grobprüfung der Unterlagen statt. Dabei werden in kurzer Zeit die Eckdaten des Startups mit den eigenen An222 ob eine Weiterverfolgung des lagegrundsätzen abgeglichen und entschieden, 223 Vorhabens lohnenswert ist. Nur ca. 25 % der gestellten Anfragen gelangen dann in die nachfolgende Due Diligence. In dieser werden der Kontakt zu den Unternehmensgründern vertieft und sämtliche Unternehmensangaben, auch durch 224 die Hinzunahme externer Experten, hinsichtlich ihrer Plausibilität überprüft. Da 225 hiermit Kosten für die VC-Gesellschaft verbunden sind, verlangt diese parallel ein Exklusivitätsrecht von dem potenziellen PU. Hierzu wird ein Term Sheet aufgesetzt, in dem die Rechte und Pflichten der Beteiligten festgehalten sind. Darüber hinaus werden auch schon die Eckdaten einer möglichen Beteiligung festgehalten.226 Mit Abschluss der Due Diligence setzen mit ca. 8 % der anfragenden PU konkrete 227 Hierbei sind der Kapitalbedarf, künftige AuszahVertragsverhandlungen ein. 229 lungsmeilensteine228, die Anteilsverteilung sowie künftige Kontroll- und Ver230 mögensrechte für die VC-Gesellschaft genau zu fixieren. Gelangen beide Par231 teien zu einer Einigung, erfolgt die Vertragsunterzeichnung. Dies geschieht im 232 Durchschnitt mit ca. 3 % der anfragenden Unternehmen.

222

223 224 225

226

227 228

229

230 231

232

Vater stellt hierzu fest, dass die Grobprüfung bei VC-Gesellschaften durchschnittlich nicht länger als 3,5 Stunden dauert. Vgl.Vater (2003), S. 182. Vgl. Schefczyk (2000), S. 27. Vgl. Betsch et al. (2000), S. 124 f. Im Durchschnitt veranschlagt man Kosten für die Due Diligence in Höhe von 1-3 % der Investitionssumme. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 29. Z. B. verlangt die VC-Gesellschaft ein Exklusivitätsrecht von dem anfragenden Unternehmen für die Dauer des Prüfungs- und Verhandlungsprozesses. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 29. Mit derartigen Maßnahmen wird die Gefahr des "Hold-up" reduziert, welche im Prüfungsprozess aufgrund der Existenz von "Sunk Costs" existiert. Vgl. dazu Betsch et al. (2000), S. 125. Vgl. Schefczyk (2006), S. 29. VC-Finanzierungen werden grundsätzlich gestaffelt ausgezahlt (Staging), um die Finanzierungsrisiken aus Sicht der VC-Gesellschaft zu reduzieren. Vgl. Nathusius (2005), S. 32 f. Vgl. Rudolf et al. (2002), S. 32 f.; Neben einer am Unternehmenswert ausgerichteten Anteilsverteilung werden bei Frühphasenfinanzierungen auch pauschale Bewertungsansätze genutzt. Vgl. hierzu die Finanzierungskonditionen des HTGF (2014) sowie des Frühphasenfonds Brandenburg (2014). Vgl. Tallau (2007), S. 17. In diesem Kontext zu erwähnen ist u. a. die Arbeit von Smith, in der zum Vorschein kommt, das attraktive Startups mehr als ein Beteiligungsangebot vorliegen haben und demnach auch einen Selektionsprozess unter potenziellen Kapitalgebern zum Teil durchführen können. Vgl. Smith (1999), s. 1. Vgl. Schefczyk (2006), S. 29.

64

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Betreuung Nachdem der Beteiligungsvertrag unterzeichnet ist, beginnt die Betreuung des PU. Hierbei übernimmt der Venture Capitalist im Wesentlichen zwei Aufgabenfelder. Zum einen überwacht er fortlaufend die geschäftlichen Aktivitäten des Beteiligungsmandats, u. a. im Hinblick auf die Erreichung der vertraglich fixierten 233 Meilensteine (Monitoring). Zum anderen werden bestimmte Management234 dienstleistungen angeboten, um das PU bedarfsweise zu unterstützen (Value Adding). Typische nicht-finanzielle Beiträge sind strategische Beratungsaktivitäten sowie die Bereitstellung von spezifischen Marktinformationen und Kontaktnetzwerken.235 Primäre Zielstellung dieser Value-Adding Aktivitäten ist die Mitgestaltung einer positiven Entwicklung des Beteiligungsmandats. Zudem können ausgemachte Defizite im Management des PU kompensiert werden. Je nach Ausprägung einzelner Betreuungsinhalte unterscheidet man bei VC-Gesellschaften grundlegend zwischen einer eher überwachenden Hands-off- und einer proakti236 ven Hands-on-Betreuungsstrategie.

Desinvestment Die finale Wertschöpfungsaktivität im Prozess einer VC-Finanzierung ist der vornherein anvisierte Verkauf respektive Exit des Beteiligungsmandats. Dies geschieht in Abhängigkeit von der Entwicklung des PU sowie den extern gegebenen Rah237 menbedingungen meistens nach einer mehrjährigen Beteiligungsphase. Der Veräußerungserfolg bzw. der Rückfluss finanzieller Mittel, der erzielt werden kann, ist letztendlich die entscheidende Einflussgröße auf die Gesamtportfolio238 rendite des VC-Fonds. Aufgrund dieses direkten Performancebezugs haben Tätigkeiten seitens einer VC-Gesellschaft zur Vorbereitung und Durchführung eines erfolgreichen Exits eine besondere Bedeutung im Wertschöpfungsprozess der VCFinanzierung.239 Wahrzunehmende Aufgaben sind hierbei u. a. die fortlaufende Suche nach einem optimalen Verkaufszeitpunkt sowie aktive und passive Ma240 nagementdienstleistungen, um den Verkaufsprozess strukturiert zu begleiten.

233 234 235 236

237 238 239 240

Vgl. Nathusius (2005), S. 33. Vgl. hierzu auch schon die Ausführungen in Kapitel 3.1. Vgl. Betsch et al. (2000), S. 132 f. Vgl. Pankotsch (2005), S. 63 f. Auf eine detaillierte Beschreibung beider Betreuungsstrategien wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, da dies Gegenstand des Kapitels 4.2.2.2.1 ist. Vgl. Brinkrolf (2002), S. 32. Vgl. Betsch et al. (2000), S. 135. Vgl. Nathusius (2001), S. 83. Vgl. Pankotsch (2005), S. 70.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

65

Im Idealfall wird der Verkauf des PU über einen Börsengang angestrebt (IPO), da hierin das höchste Renditepotenzial liegt. Jedoch ist ein Exit über diesen Kanal nur in Einzelfällen möglich. Daher wird oftmals von VC-Gesellschaften der Verkauf des Unternehmens an einen strategischen Investor respektive Industrieunternehmen angestrebt (Trade Sale). Eine weitere Exit-Option ist der Verkauf der Unternehmensanteile an einen anderen Finanzinvestor (Secondary Purchase). Hiermit verbunden ist jedoch eine deutlich niedrigere Performance, da der neue Investor ebenfalls nur zeitlich befristet investiert und demnach noch Wertsteigerungspotenziale aus dem Kaufpreis für sich erkennen muss. Ein noch geringeres Renditepotenzial birgt der (Rück-) Verkauf der Unternehmensanteile an die Unternehmensgründer (Buy Back), da hiermit grundsätzlich deutliche Abstriche beim Verkaufspreis verbunden sind. Dieses Verkaufsverhalten deutet somit oftmals auf eine nicht optimale Entwicklung des PU hin, da man keinen externen Käufer finden konnte. Die letzte Exit-Option für VC-Gesellschaften ist die Liquidation (Abschreibung) des Beteiligungsmandats. Diese Situation stellt das absolute Negativszenario für VC-Geber dar, der den Totalverlust seiner finanziellen Mittel 241 zu beklagen hat. Folglich ist diese Option kein echter Exit-Kanal sondern vielmehr die Ultima Ratio für VC-Gesellschaften, um weitere Verluste aus dem Beteiligungsinvestment zu begrenzen. 3.3.2.2

Phasen einer Syndizierung aus der Perspektive von VC-Gesellschaften

Gemäß des ausgearbeiteten Syndizierungsverständnisses stellen in einer Finanzierungsrunde mind. zwei VC-Gesellschaften Kapital für ein Beteiligungsmandat zur Verfügung und bieten diesem in der Folge Unterstützungsdienstleistungen 242 gemeinschaftlich an. Folglich durchlaufen die beteiligten VC-Geber parallel zueinander komplett den im vorherigen Abschnitt beschriebenen VCFinanzierungsprozess, wobei dieser nunmehr zusätzlicher institutioneller Rege243 lungen und Abstimmungsverfahren bedarf. Diesen Ausführungen folgend unterscheidet NATHus1us beim Ablauf einer Syndizierung die Strukturierung sowie das anschließende Management von Syndikaten. Diese Kategorisierung soll auch in den nachfolgenden Ausführungen angewendet werden, wie aus Abbildung 11

241

242 243

Vgl. Schefczyk (2006), S. 38; Nathusius (2005), S. 33 f.; Pankotsch (2005), S. 70 f.; Brinkrolf (2002), S. 32 f.; Prester (2002), S. 63 f. Vg 1. Kapite 13.3.1. Vgl. Krebs (2012), S. 41.

66

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

244

ersichtlich wird. Zudem geht aus Darstellung die angesprochene Parallelität zum originären VC-Finanzierungsprozess schematisch hervor.

Phasen einer VC-Finanzierung

Phasen einer Syndizierung

Auswahl/ Investition Deal Flow

)

Prüfung

) Decision Making

1

1

)

Betreuung

>

Beteiligungsmanagement

\

1

l

Desinvestment

>

Exit

~)_ _ _s_tr_u_kt_u_ri_er_u_ng_d_e_r_Sy_n_d_iz_ie_ru_n_g_ _ _}i,~2_ _M_an_a_g_em_en_t_d_er_S_y_nd_i_zi_er_u_ng_~) Initiierung der Syndikatsbildung Auswahl des/-r Syndizierungspartner

Implementierung und Management der multilateralen Beziehungsgefüge

(vertragliche) Ausgestaltung der Syndizierungsstruktur

ggf. Anpassungsmaßnahmen zur Erreichung der Syndizierungsziele Beendigung der Syndizierung durch (anteilsmäßige) Veräußerungen ggf. Aufkündigung der Kooperation aufgrund von Differenzen

Abbildung 11: Idealtypischer Ablauf einer syndizierten VC-Finanzierung für VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung an Krebs (2012), S. 41; Nathusius (2005), S. 39.

Strukturierung der Syndizierung Ausgangspunkt für Syndizierungen ist die Prüfung einer Beteiligungsanfrage, die eine Venture Capitalist im Auswahlprozess aus seinem Umfeld aktiv eingeholt 245 oder auch passiv zugespielt bekommt. Gelangt dieser anschließend im Zuge der Grobprüfung bzw. Due Diligence zu der Einschätzung, dass die Hinzunahme weiterer VC-Geber notwendig und positiv zu bewerten ist, wird in Absprache mit dem anfragenden Unternehmen die Kontaktaufnahme zu potenziellen Co246 Investoren initiiert. Der initial angefragte Venture Capitalist übernimmt in diesem Prozess als sog. Lead-Investor eine wichtige Mittlerfunktion, da dieser zum einen sein Kontaktnetzwerk hierfür aktiviert und zum anderen mit der eigenen Beteiligungseinschätzung die erfolgreiche Ansprache der Co-Investoren beein244

245 246

Vgl. Nathusius (2005), S. 38. Krebs verteilt den Ablauf einer Syndizierung gar auf fünf Phasen. Die Schritte der Initiierung des Syndikats, der Auswahl des Syndikatspartners sowie der Ausgestaltung der Syndizierungsstruktur sind im Folgenden der Phase der Strukturierung einer Syndizierung zugeordnet. Die Prozesse der Implementierung bzw. des Managements und der Beendigung des Syndikats können wiederum insgesamt in die Phase des Managements einer Syndizierung zusammengefasst werden. Zu der dezidierten Kategorisierung vgl. Krebs (2012), S. 41. Vg 1. Kapite 13.3.2.1. Vgl. Krebs (2012), S. 42.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

67

247 flusst. Für die Identifikation und Evaluation geeigneter Syndizierungspartner sollte zudem ein standardisiertes Auswahlverfahren mithilfe eines kriterienbasierten Anforderungsprofil zum Einsatz gelangen. Hierbei ist sicherzustellen, dass in dem zu bildenden lnvestorennetzwerk sämtliche erfolgsrelevante Ressourcen für die anstehende Syndizierung abgedeckt werden, woraus sich erneut der Stel248 lenwert der Beteiligungsprüfung im Vorfeld seitens des Lead-Investors ableitet. Wurden die potenziellen Co-Investoren identifiziert und erfolgreich angesprochen, sind anschließend exklusiv oder auch parallel Gespräche über das mögliche Co-Venturing durchzuführen. Gelangt man hierbei zu dem Ergebnis die gemeinsame Finanzierung durchführen zu wollen, setzen die Vertragsverhandlung über die konkrete Ausgestaltung der Syndizierungsstruktur ein. In diesem nunmehr multilateralen Verhandlungsprozess nimmt der Lead-Investor aufgrund seines besonders tiefen Kenntnisstandes wieder eine Führungsrolle ein, v. a. in den Gesprächen zwischen sämtlichen VC-Gesellschaften und dem zu finanzierenden 249 PU. Das Ziel besteht letztendlich darin, ein verbindliches Rechts- bzw. Vertragsgefüge zu ratifizieren, in dem die Rechte und Pflichten aller Syndizierungspartner geregelt sind im Hinblick auf die erfolgreiche Entwicklung des Beteili250 gungsmandats. Management der Syndizierung

In der anschließenden Managementphase der Syndizierung ist der Lead-Investor, als Hauptkapitalgeber, wieder der zentrale Ansprechpartner für das PU und gleichzeitig im Syndikat hauptverantwortlich für dessen Monitoring und Beratung.251 Die Co-Investoren übernehmen eine passivere Rolle und erfüllen aus der Perspektive des Beteiligungsmandats vorrangig eine Finanzierungsfunktion. Einschränkend ist hierbei jedoch zu erwähnen, dass in der Praxis die Rollenwahrnehmung der beteiligten VC-Gesellschaften in einer Syndizierung variieren kann. Einflussgrößen hierauf sind die Beratungsbedürfnisse des PU sowie die zur Verfügung stehenden Ressourcen im Syndikat. Besitzt ein Co-Investor z. B. besondere Branchenkenntnisse für das Beteiligungsmandat ist es zielführend diesen bei Fra252 gen zur Markt- und Wettbewerbssituation in stärkerem Maße einzubeziehen.

247 248 249

250 251 252

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Nathusius (2005), S. 38. Friedrich (2005), S. 37-40. Nathusius (2005), S. 38. Krebs (2012), S. 43. Metrick/Yasuda (2010), S. 91. Friedrich (2005), S. 20.

68

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

Neben der Ausgestaltung der Betreuungsbeziehungen zum PU muss während der Syndizierung zudem ein effizientes Koordinations- und Managementsystem zur Steuerung des nunmehr multilateralen Beziehungsgefüges implementiert werden. So sind z. B. wichtige Entscheidungen, die das Beteiligungsmandat betreffen, in einem lnvestorengremium gemeinsam zu beschließen. Im Zeitverlauf ist zudem darauf zu achten, dass sämtliche Syndizierungspartner ihre vertraglich vereinbarten Managementdienstleistungen termin- bzw. bedarfsgerecht erbringen. Des Weiteren können ggf. Anpassungsmaßnahmen erforderlich werden im Hinblick auf die zu leistende Managementunterstützung oder auch im Zuge einer sich ändernden Syndikatsstruktur aufgrund des (unvorhergesehenen) vorzeitigen Ausscheidens einzelner Syndizierungspartner. Abschließend ist die Beendigung einer Syndizierung über den gemeinsam abgestimmten Exit des Beteiligungsmandats 253 zu koordinieren, also die Veräußerung der Unternehmensanteile pro rata. Aufgrund der unmittelbaren Performancewirkung dieser Wertschöpfungsstufe für die beteiligten VC-Gesellschaften eines Syndikats sind hierbei im Besonderen auf die Ausgestaltung und Einhaltung einzelner Vertragsbestandteile zu achten, wie 254 z. B. die Fixierung der Mitveräußerungsrechte und -pflichten. zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Syndizierungen unter VC-Gesellschaften zu einer deutlichen Komplexitätssteigerung des ohnehin umfassenden VC-lnvestitionsprozesses führen. Diese basiert zum einen darauf, dass mind. zwei VC-Geber parallel Finanzierungsprozesse anstoßen müssen, welche sie idealerweise zueinander synchronisieren können. Existieren z. B. schon bei der Strukturierung einer möglichen Syndizierung unterschiedliche Entscheidungswege und zeiten, u. a. im Hinblick auf die Auswahl des gemeinsam zu finanzierenden Beteiligungsmandats, kann dies schon im Vorfeld der eigentlichen Kooperationsbeziehung zum Abbruch führen. Zum anderen sind Syndizierungen allgemein geprägt durch ein multilaterales Beziehungs- und demnach lnteressensgeflecht im Gegensatz zur bilateralen Investoren-Unternehmens-Struktur bei VCEinzelinvestitionen. Zur effizienten Bewältigung dieser zusätzlichen Komplexität haben die Ausführungen gezeigt, dass hierzu spezifische Koordinationsmechanismen erforderlich sind. In diesem Kontext übernimmt der Lead-Investor als Mitinitiator einer Syndizierung innerhalb des Syndikats eine zentrale Mittlerfunktion. Sowohl in der Strukturierungs- als auch der späteren Managementphase einer

253 254

Vgl. Krebs (2012), S. 45. Vg 1. Kapite 14.2.2.3.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

69

syndizierten Finanzierung agiert dieser als zentraler Ansprechpartner für das PU 255 und die beteiligten Co-lnvestoren.

3.3.3

Syndizierungsmotive für VC-Gesellschaften

Nachdem dargestellt ist, dass Syndizierungen zu einer Komplexitätssteigerung des VC-lnvestitionsprozesses und folglich zu einem Mehraufwand führen, sind nunmehr die Beweggründe zu erläutern, die VC-Gesellschaften zur Bildung derartiger Syndikate veranlassen. Analog zu dem bisherigen forschungsmethodischen Vorgehen erfolgt hierzu eine Reflexion wissenschaftlicher Arbeiten in diesem Forschungsmetier, wobei kein Anspruch auf eine lückenlose Darstellung erhoben wird. Vielmehr beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf Studien, die in der noch folgenden Hypothesenbildung zum Syndizierungsverhalten von besonderer Relevanz sind. Darüber hinaus ist anzumerken, dass in diesem Abschnitt die einzelnen Syndizierungsmotive einführend dargelegt werden. Eine ausführliche Diskussion erfolgt dann wie bereits angesprochen in den Teilabschnitten des Kapitels 4.2.3. Für die effiziente Abhandlung der ausgewählten Beiträge ist es darüber hinaus zielführend vorweg eine Kategorisierung zur Systematisierung einzelner Syndizierungsmotive einzuführen. MANIGART ET AL. sowie LOCKET und WRIGHT nutzen in ihren Arbeiten hierfür finanztheoretische und ressourcenorientierte Klassifizierungen.256 Eine derartige Systematisierung offenbart jedoch methodische Mängel, da die Zuordnung einzelner Syndizierungsmotive teilweise unvollständig bleibt und nicht eindeutig ist, wie NATHus1us in ihrer Arbeit treffend feststellt. Sie schlägt an dieser Stelle eine Kategorisierung der Beweggründe hinsichtlich der Erfolgswir257 kung auf Portfolio- oder aber Beteiligungsebene vor. Allerdings ist auch diese Strukturierung nicht frei von Überschneidungen, da sich bestimmte Syndizierungseffekte auf das gesamte Geschäftsfeld einer VC-Gesellschaft auswirken und 258 demnach beide Handlungsebenen gleichermaßen beeinflussen können. Aufgrund dieser methodischen Problemstellung wird in Anlehnung an die genannten Arbeiten im Folgenden eine eigens weitentwickelte Kategorisierung eingeführt. In dieser werden die Anreize zum Co-Venturing von Beteiligungsinvestments auf der Gesellschafts-, Portfolio- oder aber Beteiligungsebene zugeordnet. Diese Metho255

256 257 258

Zur herausragenden Bedeutung des Lead-Investors in der Betreuung der Portfoliounternehmen vgl. auch noch einmal die zentralen Ergebnisse aus der Arbeit von Welpe (2004), S. 216-218. Vgl. Manigart et al. (2002), S. 3-7; Lockett/Wright (2001), S. 376-380. Eine ähnliche Kategorisierung nutzt auch Krebs in seiner Untersuchung. Vgl. Krebs (2012), S. 46. Beispielhaft zu nennen ist das Motiv der Reputationsverbesserung, auf welches in der vorliegenden Arbeit noch explizit eingegangen wird. Vgl. Nathusius (2005), S. 76-79.

70

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

dik erlaubt eine vollständige Systematisierung einzelner Syndizierungsmotive im Kontext bisheriger wissenschaftlicher Arbeiten wie Tabelle 3 zeigt. Die dort angeführte Auflistung ausgewählter Studien dient als Grundlage der folgenden Ausführungen. Tabelle 3:

Ausgewählte Arbeiten zu Syndizierungsmotiven von VC-Gesel/schaften Mögliche Syndizierungseffekte

Gesellschaftsebene

....u•

ra "' ,_ GI

1- .....

.,,c GI 3: 0 c: c:

"'C

tlO "'C

2~

~~ "' GI "'C ,_

Quellen

..c o~ ..... u tlO GI GI C:

>er:: "üi

c:

o=

.... .E

GI

~

"'GI "'C

:;:::; ra

~ 3: 2.2 GI LL.

c: 0

....::::1

c.

er::GI

t>O·ra GI GI

iJ!c X

X

•.!..

::::1 "'C "'C 0

E

Bygrave (1987) Lerner (1994)

.s:: u .....

"Qj

~

Beteiligungsebene

Portfolioebene

X

:§~

"'c.. ::l~Glc: "'C ::::1 t:'. .Q b.O Qj QJ 1Q

§'N ~~

_..c:..c·;,~ Qj ~

....c:

tlO

GI

c:

::::1 .....

,_ GI GI "'C

.~

b.O

GI C:

~2

GI GI

c: "' ~ ~ c: .... ..c 0 5 Qj ::e

VILL.>>

"'> GI ~ ::; Qj er:: N VI

X

X

X

X

"'c:tlO

..c c:

,_ GI

E

"Qj

~

tlO

ra

:'5 § "'C .... tlO

~.:::.

aJ ·;::; c: "'C C: GI

t>O

ra ....

c: c: ·-

GI ::::1 ·LL. ....

·iji•-5 3: GI ·"'~]' ~.!:!:.E

X

Brander et al. (2002)

X

X

X

X

Manigart et al. (2002)

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

Friedrich (2005)

X

X

X

X

X

X

Nathusius (2005)

X

X

X

X

X

X

X

Fritsch/ Schilder (2006)

X

Manigart et al. (2006)

X

Hochberg et al. (2007)

X

Hartmann-Wendels/ Keienburg (2009) Dimov/ Milanov (2010)

X

Tykvova/ Schertler (2011)

X

X

Hopp/ Rieder (2011) Krebs (2012)

X

X

X

X

X

Casamatta/ Haritchabalet (2007)

X

X

X

X

X

X

X

GI

.!!!' .... ·-GItlO .s:: u ....

·- ra "' ..... ........ u "'

·2 GI

'raE

al

"'

X

X

Jääskeläinen et al. (2006)

tlO

c:

::::1

X

De Clercq/ Dimov (2004)

X

d..

(!'

X

X

Casamatta/ Haritchabalet (2004)

~

~ ~:c

X

X

::::1 .....

c: E ~

X

X

'

GI

E

Lockett/ Wright (2001)

Seppä (2003)

Sonstiges

X X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

71

Für den Bereich der Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene sind Bewegründe anzuführen, die sich nicht einzeln auf die Zusammensetzung des Beteiligungsportfolios oder aber eine spezifische Beteiligungsbeziehung, sondern übergreifend auf die gesamte Geschäftstätigkeit von VC-Gesellschaften beziehen. Demnach sind hiervon sowohl die Phase des Fundraising neuer Finanzmittel als auch 259 der eigentliche Investitionsprozess betroffen. In diesem Kontext wird von knapp einem Drittel aller Autoren das Syndizierungsmotiv der Reputationsverbesserung angeführt. Der gedankliche Hintergrund hierzu ist, dass sich das hohe Ansehen eines Syndizierungspartners auf die eigene VC-Gesellschaft ausstrahlen 260 kann. Darüber hinaus wird genauso oft das direkt mit der Reputation eines VCGebers in Verbindung stehende Motiv genannt, über Co-Venturing den Zugang zu bereits bzw. absehbar erfolgreichen PU zu erhalten. Hiermit wird das Ziel verfolgt, den eigenen Track Record zu Lasten der wahren Performance künstlich aufzuwerten, um bei künftigen Fundraisingaktivitäten dementsprechende Erfolgsge261 schichten präsentieren zu können (sog. Window Dressing). Auf Portfolioebene sind Syndizierungsmotive zusammenzufassen, welche allgemein das Investitionsverhalten und im Ergebnis die Zusammensetzung des Beteiligungsportfolios von VC-Gesellschaften beeinflussen. Die Auswertung der einschlägigen Literatur zeigt hierzu, dass in ca. drei Viertel aller Studien zwei positive Syndizierungseffekte auf diesem Handlungslevel genannt werden. Zum einen können Syndizierungen eingesetzt werden, um über die Syndizierungspartner den Zugang zu attraktiven Beteiligungsanfragen zu erweitern und somit einen 262 dementsprechend großen Deal Flow sicherzustellen. Das Volumen des Pools von Investitionsanfragen stellt letztendlich eine mitentscheidende Ressource dar, 263 um in dem stark selektiven Auswahlprozess die Wahrscheinlichkeit attraktiver 264 Beteiligungsanfragen auf einem dauerhaft hohem Niveau zu halten. Zum anderen ist angeführt, dass Co-Venturing-Modelle zur Senkung einzelfallspezifischer Finanzierungsrisiken eingesetzt werden können, in dem man das Finanzierungsvolumen in dem Syndikat aufteilt. Hieraus ergeben sich zusätzliche gesellschaftsspezifische Investitionsspielräume, um bei der Portfoliogestaltung risikosenkende Diversifikationseffekte zu erzielen, die andernfalls aufgrund eines limitierten Fondsvolumens nur bedingt realisierbar sind. Anders ausgedrückt ergibt sich für 259

260 261 262 263 264

Vg 1. Kapite 13.3.2.1. Vgl. Nathusius (2005), S. 84. Vgl. Seppä (2003), S. 117; Lerner (1994), S. 17. Vgl. Lockett/Wright (2001), S. 378 f. Vg 1. Kapite 13.3.2.1. Vgl. Krebs (2012), S. 56.

72

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

VC-Geber über Syndizierungen die Möglichkeit eine größere Anzahl an PU zu fi265 nanzieren und somit ein diversifizierteres Beteiligungsportfolio aufzubauen. In der dritten Kategorie von Syndizierungsmotiven sind solche zusammenzufassen, welche einen Einfluss auf die konkrete Beziehung zwischen VC-Gesellschaft und dem einzelnen PU besitzen. Hierbei geht es im Kern um Anreize für den Austausch von finanziellen und nicht-finanziellen Ressourcen zwischen VCGesellschaften, die in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erfolg einzelner Beteiligungsinvestitionen stehen. Mittelbar wirkt sich dieser Austauschprozess dann auch wieder auf die Performance des Gesamtportfolios sowie die Außen266 darstellung des VC-Gebers aus. Im Vorfeld einer Beteiligungsentscheidung besteht demnach die Möglichkeit durch das Hinzuziehen weiterer Investoren die Informationsbasis in der Due Diligence auszuweiten, um eine fundiertere Auswahlentscheidung zu treffen. LERNER führt in diesem Kontext zudem an, dass alleine schon die Einführung eines „Mehraugenprinzips" zu einem strengeren und 267 folgerichtig verbesserten Auswahlprozess führt. Während der Beteiligungsphase können Syndikate wiederum positive Effekte im Prozess der Managementunterstützung sowie abschließend beim Beteiligungsverkauf hervorrufen, da mehrere VC-Geber mit einem spezifischen Erfahrungs- und Wissenshintergrund zur 268 Verfügung stehen. Neben dem Austausch nicht-finanzieller Ressourcen vor als auch während einer Beteiligungsbeziehung, den fast alle Studien als Vorteil einer Syndizierung anführen, ist auch das konkrete Kapitalbeschaffungsmotiv als Anreiz auf Beteiligungsebene zu erläutern, welches in einem Viertel aller Arbeiten thematisiert wird. Hierbei sind im Kern die erweiterten Finanzierungsmöglichkeiten eines Syndikats gemeint, um den (perspektivischen) Gesamtfinanzierungsbedarf eines PU, also auch die möglichen Anschlussfinanzierungsrunden, leichter durch269 führen zu können. Abschließend ist festzuhalten, dass bereits eine Vielzahl von Arbeiten in dem Forschungsmetier der VC-Syndizierung existiert, wobei eine Dominanz angloamerikanischer Studien erkennbar ist. Die überblicksartige Gegenüberstellung hat zudem gezeigt, dass die Anreize zum Co-Venturing für VC-Geber in dem Austausch nicht-finanzieller und finanzieller Ressourcen bestehen, wobei deren Effekte auf den gesamten VC-lnvestitionsprozess bis hin zu dem vorausgehenden Fundraising

265 266 267 268 269

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Manigart et al. (2002), S. 3. Nathusius (2005), S. 76. Lerner (1994), S. 17. Brander et al. (2002), S. 426. Hochberg et al. (2007), S. 252.

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

73

wirken können. Vor dem Hintergrund dieser interdependenten Kausalbeziehungen ist es umso bemerkenswerter, dass bis auf die Arbeit von DE CLERCQ und D1Mov die genannten Studien das Syndizierungsverhalten bzw. Teilaspekte hiervon separat und nicht im Kontext der strategischen Gesamtausrichtung von VCGesellschaften beleuchten. Jedoch ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Investitions- sowie Beteiligungsverhalten die Syndizierungsstrategie beeinflussen 270 bzw. gar determinieren. Anders ausgedrückt kann ein Venture Capitalist Syndizierungen dazu nutzen, seine gesellschaftsspezifische Gesamtstrategie zu flankieren.271 Hiermit ist ein grundlegender Kausalzusammenhang für die eigene Untersuchung offengelegt.

3.4

Synthese - wissenschaftliche Relevanz des Untersuchungsgegenstandes

In Kapitel 2.3 wurde die Frage aufgeworfen, inwiefern öffentlich-geförderte VCGesellschaften in Deutschland einen belebenden bzw. zumindest kompensierenden oder aber einen verdrängenden Effekt auf das Handeln privater VC-Geber ausüben. Als Bezugspunkt ist hierbei explizit das verbindliche und kapitalaktivierende Kooperationsinstrument der Syndizierung auswählt worden - einem verbreiteten Phänomen auf dem deutschen VC-Markt. Vor diesem Hintergrund diente das Kapitel 3 nunmehr dazu, das wissenschaftstheoretische Fundament der Untersuchung zu legen. Aus der Analyse der einschlägigen Literatur wurde hierzu zuerst der Terminus technicus bzgl. des Finanzierungsinstruments VC ausgearbeitet. Dabei zeigte sich, dass es sich um eine besondere Art der Beteiligungsfinanzierung handelt, die eher als Finanzierungsmethode zu verstehen ist, mit erheblichen finanziellen als auch managementtechnischen Ausgestaltungsspielräumen. Diese Handlungsoptionen beziehen sich auf die Ausrichtung des Investitionsverhalten und hieran anknüpfend die Festlegung einer adäquaten Betreuungsstrategie, wie die weitere Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Literatur zum Vorschein gebracht hat. In diesem Zusammenhang wurde auch noch einmal der Einfluss der lnvestorenstruktur auf die strategische Positionierung von VC-Gesellschaften verdeutlicht, z. B. über die Festlegung spezifischer Anlagegrundsätze sowie die Beteiligung in Anlage- bzw. Investmentausschüssen. Folglich konnte die grundlegende 270

271

Vgl. De Clercq/Dimov (2004), S. 246. Vgl. Jungwirth (2006), S. 64.

74

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

These der differenzierten strategischen Positionierung privater und öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften weiter verplausibilisiert werden. Vor diesem Hintergrund wurde anschließend das Instrument der Syndizierung im Zuge der Bereitstellung von VC theoretisch beleuchtet. Für die weitere Untersuchung sind hieraus drei Erkenntnisse im Besonderen hervorzuheben. Zum einen ist deutlich geworden, dass syndizierte VC-Finanzierungen zu einer deutlichen Komplexitätssteigerung des ohnehin umfassenden Investitionsprozesses führen, da in einem nunmehr multilateralen Beziehungsgefüge zusätzliche Koordinationsund Abstimmungsmechanismen notwendig werden. Hieraus ergibt sich wiederum die plausible Schlussfolgerung, dass VC-Gesellschaften bei Syndizierungen besondere Konfliktpotenziale vor als auch während der Kooperation beachten müssen. Zum anderen zeigte die weitere Analyse des akademischen Wissensstandes, dass bei Syndizierungen gegenüber Einzelinvestitionen positive Synergieeffekte über den gesamten VC-lnvestitionsprozess im finanziellen und nichtfinanziellen Bereich auftreten können. Abschließend wurde unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse erläutert, dass VC-Gesellschaften nur Syndizierungen eingehen, sofern die Ausweitung der lnvestorenanzahl nach dem Abgleich des eigenen Geschäftsprofils mit den Bedürfnissen des anfragenden Unternehmens zu einem wahrnehmbaren Mehrwert führt. Die Motivation zum Co-Venturing einer VC-lnvestition wird also durch die strategische Positionierung der initiierenden VC-Gesellschaft mit determiniert. Anhand dieser Erkenntnisse ist für den Fortgang der Arbeit mitzunehmen, dass für VC-Geber Situationen auftreten können in denen eine Syndizierung deutliche Synergieeffekte und demnach eine klaren Mehrwert bietet. Andererseits kann aber auch der Fall eintreten, dass von einem Co-Venturing mit einem bestimmten Syndizierungspartner abgesehen wird, da kein man sich keinen Zusatznutzen hieraus verspricht bzw. gar zusätzliche Konfliktpotenziale befürchtet. Unter Berücksichtigung der eingangs angeführten Praxisleitfrage besteht im Folgenden die Forschungsdesiderata dieser Arbeit darin, zuerst das strategische Profil privater und öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften im Kontext pluralistischer Theorieansätze abzuleiten. In diesem Forschungsumfeld ist anschließend zu beleuchten, inwiefern Syndizierungsstrategien von beiden VC-Gesellschaftsgruppen zur Optimierung der eigenen Geschäftstätigkeit bzw. speziell zur Verbesserung des Risiko-Rendite-Profils innerhalb des originären VC-Finanzierungsprozesses eingesetzt werden. Hiermit benannt sind die beiden zentralen wissenschaftstheoretischen Fragestellungen dieser Arbeit. Die Untersuchung dieser beiden Aspekte ermöglicht abschließend eine Antwort auf die kardinale Praxisleitfrage, inwiefern öf-

THEORETISCHE AUSGANGSBASIS UND EINORDNUNG DER UNTERSUCHUNG

75

fentlich-geförderte VC-Geber für private VC-Gesellschaften als nutzenstiftende Syndizierungspartner agieren können. Vor dem Hintergrund dieser Forschungsdesiderata trägt die vorliegende Arbeit aus zweierlei Hinsicht zu einer Erweiterung des aktuellen Wissenstandes in der (deutschen) VC-Forschung bei. Zum einen hat die Analyse der akademischen Literatur zu der Erkenntnis geführt, dass bisher keine Arbeit im deutschsprachigen Raum eine Gegenüberstellung des strategischen Profils inkl. des Syndizierungsverhalten der ausgewählten VC-Gesellschaftsgruppen derartig in den Fokus rückt. Die genannten Studien im Forschungsmetier der Untersuchung des Beteiligungsund Portfoliomanagements von VC-Gesellschaften zeigen eine eher einseitige Konzentration auf die Gruppe privater VC-Geber oder beleuchten die institutionellen Hintergründe nur am Rande. Die Spezifika öffentlich-geförderter Venture 272 Capitalists werden hingegen meist von der Untersuchung ausgegrenzt. Neben der speziellen Zielgruppenfokussierung ist zum anderen hervorzuheben, dass bisherige Forschungsarbeiten, v. a. aus dem angloamerikanischen Sprachraum, das Syndizierungsverhalten stets losgelöst von der Ressourcenausstattung und hieran anknüpfend der gesamtstrategischen Ausrichtung des Venture Capita273 lists analysieren. Somit hat man bisher zwar einzelne Syndizierungsmotive beleuchtet, jedoch nicht explizit eine Aussage darüber getroffen, wie diese im Kontext des Gesamtprofils einer VC-Gesellschaft zu bewerten sind. Mit Hilfe des gewählten Untersuchungsdesigns, eine integrative Untersuchung der Syndizierungsstrategien in dem institutionellen sowie strategischen Gesamtkontext der ausgewählten VC-Gesellschaftsgruppen durchzuführen, soll diese Arbeit einen Erkenntniszuwachs in diesem identifizierten Forschungsfeld generieren. Die leitende Hintergrundfrage hierzu lautet, inwiefern VC-Gesellschaften Syndizierungen einsetzen, um die Ressourcenbasis im VC-lnvestitionsprozess zu optimieren, wobei hierzu allgemein die Strategien der Fokussierung oder aber der Erweite274 rung des Ressourcenbestandes zu debattieren sind.

272

273 274

Vg 1. Kapite 13.2.3. Vg 1. Kapite 13.3.3. Vgl. Jääskeläinen (2012), S. 449 f. und S. 456 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

4

77

Theoriebasierte Herleitung der Hypothesen zu Strategiewahl und Syndizierungsmotiven

Nachdem in Kapitel 3 das theoretische Fundament dieser Arbeit gelegt worden ist, dient der folgende Abschnitt dazu, die Hypothesen bzgl. der Strategiewahl und des Syndizierungsverhaltens von privaten und öffentlich-geförderten VCGesellschaften zu formulieren. Hierzu wird als inhaltliche Basis zunächst der theoretische Bezugsrahmen dieser Arbeit gespannt. Darauf aufbauend erfolgt die theoriegestützte Ableitung der Arbeitshypothesen für die empirische Untersuchung. Die ausgearbeiteten Thesen werden dann zum Abschluss dieses Kapitels noch einmal überblicksartig zusammengefasst.

4.1

Theoretischer Bezugsrahmen

Das Ziel dieser Arbeit ist die theoretische und empirische Analyse der Syndizierungsmotive von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften im Kontext ihres gesamtstrategischen Profils. Hierzu ist vorweg noch einmal zu erwähnen, dass VC weniger als reine Finanzierungsform, sondern eher als Finanzierungsmethode verstanden wird, da neben der Bereitstellung von Kapital, die nicht-finanziellen Unterstützungsleistungen seitens der VC-Geber den Erfolg ei275 nes Beteiligungsinvestments mit determinieren. Ausgehend von diesen Vorüberlegungen ist eine pluralistische Theoriearchitektur anzuwenden, die sowohl finanz- als auch managementtheoretische Konzepte mit einbezieht. Für die Auswahl der in Abbildung 12 dargestellten Theorieansätze entscheidend waren dabei die zentralen Erkenntnisse, die aus der Reflexion des akademischen Wissensstands im Vorfeld gewonnen werden konnten. Bei der Analyse der strategischen Handlungsoptionen von VC-Gesellschaften wurde deutlich, dass auf Portfolioebene zwei partiell divergierende Strategieempfehlungen zur Steuerung der Finanzierungsrisiken existieren. Zum einen wird dem Venture Capitalist die informationsökonomische Spezialisierung seiner Investitionsaktivitäten angeboten, deren Logik auf dem theoretischen Konzept der

275

Vgl. Kapitel 3.1.1.

78

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

neoinstitutionalistischen Agency-Theorie beruht. Zum anderen kann eine kapitalmarkttheoretische Diversifikationsstrategie verfolgt werden, deren theoretischer Hintergrund in der neoklassischen Portfoliotheorie begründet liegt. Auf dem Betreuungslevel ist wiederum ein wohl dossierter Einsatz spezifischer Managementressourcen zur Optimierung des Risiko-Rendite-Potenzials einzelner Beteiligungsmandate abzuwägen. In diesem Zusammenhang sind die managementtheoretischen Ansichten des Resource-based View mit in die Untersuchung einzubeziehen. Abschließend sind diese theoretischen Denkmuster um Teilaspekte des Finance-based View und des Institutional-based View zu erweitern. Somit können die möglichen Einflüsse des institutionellen Umfeldes sowie im Speziellen der Investorenstruktur auf das strategische Verhalten privater und öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften mit erklärt werden.

Abbildung Quelle:

12: Ausgewähltes

Theorieset der Untersuchung

Eigene Darstellung in Anlehnung an Krebs (2012), S. 41; Nathusius (2005), S. 39.

In dem Kontext des inAbbildung 12 dargestellten Theoriesets ist abschließend festzuhalten, dass die ausgewählten theoretischen Ansätze ebenfalls zur Erklärung des Syndizierungsverhaltens dienlich sind. Schließlich bietet sich mit diesem Instrument eine spezielle strategische Option für VC-Gesellschaften, um aufkommenden Engpässen beim Investitions- bzw. auch Betreuungsverhalten zu begegnen. Folglich können mithilfe des aufgesetzten Theoriegebildes Aussagen darüber abgeleitet werden, inwiefern private und öffentlich-geförderte VC-Geber Syndizierungen zur Fokussierung oder aber Komplementierung ihrer Ressourcenbasis und demnach Verhaltensmuster einsetzen.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

4.1.1

79

Portfoliotheorie

Den Ausgangspunkt für eine kapitalmarktorientierte Portfoliogestaltung durch Diversifikation einzelner Risikopositionen stellt die von MARKOWITZ entwickelte Portfolio Selection Theorie dar. In seiner bedeutenden Arbeit untersucht dieser Entscheidungssituation unter Risiko, welche durch das µ-cr-Prinzip erfasst werden, wobei µ den Erwartungswartungswert der Rendite und a die Standardabweichung beschreibt. Unter den Annahmen normalverteilter Renditen sowie eines risikoaversen und nutzenmaximierenden Verhaltens auf lnvestorenseite wird normativ die Struktur effizienter Portfolien beschrieben. Diese liegen vor, wenn bei einem gegebenen Erwartungswert µ keine geringere Standardabweichung a bzw. wenn bei einer gegebenen Standardabweichung a kein höherer Erwar276 tungswertµ erreicht werden kann. Für die Zusammensetzung des Gesamtportfolios ist abschließend anzumerken, dass sich der Erwartungswert der Rendite aus der Summe aller anteiligen Erwartungswerte von jedem einzelnen Investiti277 onsobjekt ergibt. Das Risiko berechnet sich hingegen aus den stochastischen Abhängigkeiten der jeweiligen Erträge zueinander, gemessen an den Kovarianzen, wobei hierfür aus Gründen einer besseren Veranschaulichung grundsätzlich 278 der Korrelationskoeffizient genutzt wird. Basierend auf den Erkenntnissen der Portfolio Selection Theorie und unter Einbezug einer sicheren Kapitalanlagemöglichkeit entwickelten SHARPE, LINTNER und 279 MOSSIN das Capital Asset Pricing Model (CAPM). Dieses 11 Kernstück der Kapitalmarkttheorie"280 stellt im Wesentlichen ein Gleichgewichtsmodell über die Preisbildung am Kapitalmarkt dar, dass Aussagen über eine angemessene Risikovergü281 tung ermöglicht. Für diese Arbeit besonders relevant ist dabei der strukturierte Ansatz für die Bewertung und Reduzierung von Risiken bei der Portfoliogestaltung von Investoren. Hierzu unterscheidet das CAPM zwischen dem nicht reduzierbaren systematischen Markt- und dem unsystematischen (unternehmensspezifischen) Risiko. Den Ausführungen des Modells weiter folgend besteht für Investoren die Mög276 277

278

279 280 281

Zum Effizienzkriterium der Portfolio Selection Theorie vgl. auch Betsch et al. (2000), S. 110. Anstelle des Begriffs Wertpapier ist auch die Nutzung des Terminus Investitionsobjekt zulässig, um eine Investitionsprogrammplanung unter Berücksichtigung von Risiko zu beschreiben. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 252 f. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 252-254. Zu einer ausführlichen Herleitung der Portfolio Selection Theorie vgl. Markowitz (1952), S. 78 ff. Vgl. Sharpe (1964); Lintner (1965); Mossin (1966). Siehe Baumgärtner (2005), S. 75. Vgl. Brealey et al. (2006), S. 161 f.

80

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

lichkeit, das Gesamtportfoliorisiko durch die Diversifikation nicht miteinander 282 korrelierter Unternehmensrisiken zu reduzieren, wie in Abbildung 13 illustriert. Der risikosenkende Diversifikationseffekt ist dabei umso ausgeprägter, je mehr nicht voneinander abhängige unternehmensspezifische Risiken in ein Portfolio 283 aufgenommen werden bzw. desto weniger diese miteinander korrelieren. Den theoretischen Idealfall stellt letztendlich die vollständige Eliminierung des unsystematischen Unternehmensrisikos dar. Somit wäre als einzige Risikogröße nur noch das systematische Marktrisiko existent, woraus letztendlich in Verbindung mit dem Marktpreis für die Risikoübernahme die Prämie des Investors berechnet 284 wird. Standardabweichung der Portfoliorendite

systematisches Risiko ~------------------

Anzahl der Investitionsobjekte im Portfolio

Abbildung 13: Diversifikationseffekt auf Portfolioebene Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung an Brealey et al. (2006), S. 163.

Um im Folgenden eine Wertung hinsichtlich der Aussagekraft des CAPM in realen Entscheidungssituationen vorzunehmen, sind vorweg die zentralen Annahmen 285 dieses Modells zu skizzieren. Diese lauten wie folgt: 1)

2)

282 283 284 285

Wie im Rahmen der Portfolio Selection Theorie bereits benannt, wird den Investoren ein risikoaverses Verhalten unterstellt bei dem gleichzeitigem Versuch am Ende der Planperiode den Risikonutzen ihres Vermögens zu maximieren. Wie ebenfalls schon bei der Vorstellung der Portfolio Selection Theorie angeführt, weisen die Renditen der Wertpapiere eine Normalverteilung

Vgl. Brealey et al. (2006), S. 162 f. Vgl. Hartmann-Wendels (1987), S. 27. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 263 f.; Baumgärtner (2005), S. 77 f. Zum Felgenden vgl. Perridon et al. (2009), S. 262.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

3)

4) 5)

6)

81

vor, worüber die Investoren homogene Erwartungen haben. Zudem werden die Marktpreise der Wertpapiere als nicht individuell beeinflussbar wahrgenommen. Es existiert eine risikolose Kapitalanlage- und Kreditaufnahmemöglichkeit zum risikolosen Zinssatz, die Investoren unbeschränkt nutzen können. Eine vorgegebene Menge an Wertpapieren wird auf dem Kapitalmarkt gehandelt, die beliebig teilbar sind. Auf dem Kapitalmarkt herrscht Friktionsfreiheit; d. h. Transaktionsaktionskosten sind vernachlässigbar. Darüber hinaus fallen für Investoren keine Informationsbeschaffungskosten an - gleichzeitig ist der Markt informationseffizienten. Kapitalmarktunvollkommenheiten durch Steuern und Vorschriften, die den Handel von Wertpapieren beeinträchtigen, sind ebenfalls nicht zu beklagen.

Trotz dieser strengen Annahmen, die nur begrenzt auf reale Investitionsentscheidungen zutreffen, besitzt das mittlerweile vor ca. 50 Jahren entwickelte CAPM in 286 der modernen Kapitalmarkttheorie bis heute einen hohen Stellenwert. zugleich war es die Ausgangsbasis einer Vielzahl weiterer bedeutender Arbeiten, die versucht haben einige der genannten Modellprämissen zu entschärfen, wie z. B. das Multi-Beta CAPM von SHARPE oder die Arbitrage Pricing Theorie von 287 Ross. Für den Fortgang dieser Arbeit besonders interessant sind dabei die komplementären Ausführungen des Generalized CAPM, dass auf den Arbeiten von MERTON und LEVY basiert. So zeigt LEVY in seinem erweiterten Modell, dass fixe Transaktionskosten, v. a. in Form des Aufwands der Informationsbeschaffung und -auswertung über bestimmte Anlageobjekte, eine Segmentierung von lnves288 Dieses Ergebnis greift MERTON auf und begründet torenportfolios herbeiführen. das teilweise selektive Investitionsverhalten dahingehend, dass auf Kapitalmärkten keine vollständige Informationseffizienz existiert. In diesem Umfeld tendieren Investoren zu Anlagemöglichkeiten, über die sie zu relativ geringen Kosten aus289 reichende Informationen einholen können. Für den Fortgang der eigenen Arbeit bleibt somit festzuhalten, dass im Rahmen des Generalized CAPM spezifische

286 287 288

289

Vgl. Baumgärtner (2005), S. 79. Vgl. Sharpe (1977), S. 127-134; Ross (1976), S. 341-356; Perridon et al. (2009), S. 268-277. In diesem Kontext stellt das traditionelle CAPM einen Sonderfall dar, wo keine Transaktionskosten auftreten. Vgl. Levy (1978), S. 644-651. Vgl. Merton (1987), S. 485-494.

82

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Informationskosten angeführt werden, die einer vollständigen Portfoliodiversifikation entgegenstehen. Neben dem hohen Stellenwert in der Kapitalmarktforschung sind die wesentlichen Erkenntnisse des CAPM auch in der Anlagepraxis von Investoren für die Risikobeurteilung von Kapitalanlagen sowie die Performance-Messung übernommen worden. Förderlich hierzu waren die akzeptable Aussagekraft einzelner Implikationen trotz der genannten strengen Prämissen sowie die relativ einfache Struktur und Verständlichkeit des Modells. Vor allem konnte die Aussage der Risikoeffizienzsteigerung durch diversifizierende Investitionsmaßnahmen auch auf unvollkommenen Kapitalmärkten empirisch nachgewiesen werden. Somit sind die Handlungsempfehlungen des CAPM und auch dessen Modifizierungen für Kapitalmarktinvestoren zur Risikooptimierung der Investitionsaktivitäten von Bedeutung.290 Auch für VC-Gesellschaften verspricht die Reduzierung des unsystematischen Risikos durch die Diversifikation titelspezifischer Einflussgrößen zunächst ein erhebliches Potenzial das Risiko-Rendite-Profil ihres Gesamtportfolios zu optimieren. Schließlich birgt jedes einzelne PU ein hohes unternehmensspezifisches Investitionsrisiko, womit in den Portfolien von VC-Gebern eine große Menge unsystematischer Risiken existieren. Durch die bewusste Kombination negativ korrelierender Beteiligungsinvestments bestünde folglich für VC-Gesellschaften die Option, nachteilige Entwicklungen einzelner Beteiligungsmandate durch positiv perfor291 Konkret können in der Investitionsmatrix eines Venmande PU auszugleichen. ture Capitalists über geografische, lebenszyklusphasen- sowie branchenorientierte Diversifikationsmaßnahmen derartige risikosenkende Gesamtportfolioeffekte 292 erzielt werden. In letzter Konsequenz ist hierbei abzuleiten, dass in dem theoretischen Kontext der Portfolio Selection Theorie und des CAPM für VC-Geber die überlegene Investitionsstrategie darin bestehen würde, möglichst diversifiziert in Vorhaben mit einem hohen systematischen Marktrisiko zu investieren. Gemäß den bisherigen theoretischen Ausführungen wäre somit die größtmögliche Risikoprämie im Kapitalmarkt zu vergüten bei einer gleichzeitigen maximalen Redu293 zierung titelspezifischer Einzelrisiken.

290 291 292 293

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Weber (2003), S. 104. Norton/Tenenbaum (1993), S. 433 f. Rudolph (2001), S. 511; Räbel (1986), S. 181 f. Jungwirth (2006), S. 39.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

83

Jedoch deckt sich eine solche Empfehlung nicht mit bisherigen empirischen Er294 kenntnissen bei der Analyse des Investitionsverhaltens von VC-Gesellschaften. Die Ursachen hierfür sind letztendlich in den zugrundeliegenden Prämissen der angeführten Theoriestränge zu finden. Im Speziellen trifft die angenommene Informationseffizienz und Vollkommenheit des Marktes nicht auf das Investitions295 umfeld von VC-Gebern zu. Auch die Ausführungen von LEVY und MERTON, welche für die Analyse des Investitionsverhaltens von VC-Gesellschaften mit zu berücksichtigen sind, mildern diesen Umstand nur begrenzt, da weiterhin Einflüsse untersucht werden, die sich auf die direkte Beziehung zwischen (originärem) Investor und Kapitalnehmer beziehen. Zudem zielt die Diskussion darauf ab, Faktoren zu analysieren, welche eine vollständige Diversifikation limitieren. Institutionelle Aspekte sowie alternative Strategieempfehlungen werden hingegen nur am Rande thematisiert. Die größte Einschränkung neoklassischer Theorieansätze für diese Arbeit ist jedoch, dass strukturelle Informationsunterschiede und hieraus entstehende Verhaltenskonflikte, welche ein wesentlicher Legitimationsgrund für die Existenz von Finanzintermediären und demnach auch von VC-Gesellschaften 296 sind, im Rahmen neoklassischer Theorieansätze nicht erklärt werden. Hierzu ist das komplementäre Gedankengut der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie zu berücksichtigen, im Speziellen der Agency-Theorie, die im Folgenden vorgestellt wird.

4.1.2

Agency-Theorie

Wie bereits angeführt, ist das Modell eines perfekten (Kapital-)Marktes auf das Investitionsumfeld von VC-Gesellschaften nicht übertragbar. Vielmehr prägt eine Vielzahl von Marktunvollkommenheiten das Geschehen, v. a. strukturelle Informationsunterschiede zwischen den Beteiligten, deren Untersuchung Gegenstand der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie ist. Das Ziel der theoretischen Ansätze dieser Forschungsströmung besteht letztendlich darin, zweckorientierte formelle Regeln und informelle Normen zu analysieren (Institutionen), im Hin294

295

296

Vgl. hierzu die Ausführungen des Kapitels 3.2.3. wo u. a. zum Vorschein kam, dass VCGesellschaften eher eine Spezialisierung ihrer Investitionsaktivitäten favorisieren. Weitere Mängel bei der Anwendung des CAPM im Kontext der Portfoliogestaltung von VCGesellschaften sind, dass keine bzw. nur vereinzelt Marktdaten zur Bestimmung einzelner Parameter existieren, wie z. B. für die Ableitung des ß-Faktor und die Normalverteilung von Renditen ausgeschlossen werden kann. Vgl. Baumgärtner (2005), S. 84 f. Streng genommen führen VC-Gesellschaften im lichte der neoklassischen Finanztheorie zu Effizienzverlusten in der eigentlich direkten Beziehung zwischen Investor und Kapitalnehmer. Demnach hätten sie in diesem theoretischen Kontext keine Daseinsberechtigung. Vgl. Pape (2001), S. 629 f.

84

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

297

blick auf ein ökonomisch optimales Verhalten einzelner Marktakteure. Dabei unterscheidet man im Rahmen der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie 298 299 die Property-Rights- , die Transaktionskosten- und die Agency-Theorie, wobei in der VC-Forschung v. a. der zuletzt genannte Theorienansatz zur Anwendung gelangt, um dass Beziehungsgefüge zwischen den beteiligten Akteuren zu analysieren.300 Der Grund hierfür ist, dass potenzielle Effizienzverluste explizit anhand von strukturellen Informationsunterschieden erklärt werden, eine für (syndizierte) VC-Finanzierungen charakteristische Situation. Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit ebenfalls auf das theoretische Fundament dieses Ansatzes zurückgegriffen. Ausgangspunkt der Agency-Theorie ist die Existenz einer Prinzipal-AgentBeziehung zwischen mind. zwei Akteuren. Die erste Voraussetzung hierfür ist, dass ein Wirtschaftssubjekt (Agent) im Auftrag eines Anderen (Prinzipals) handelt, womit deren individuelle Nutzenfunktionen miteinander korrelieren. Zusätzlich wird angenommen, dass der Agent über einen besseren lnformationstand in der Beziehung verfügt, was ihm einen individuellen Handlungs- und Entscheidungsspielraum offenbart. Da beide Parteien eine individuelle Nutzenmaximierung anstreben, besteht in dem skizzierten Beziehungsgefüge die Gefahr, dass

297 298

299

300

Vgl. Richter/Furubotn (1999), S. 3-8. Die Proberty-Rights-Theorie geht zurück auf die Arbeit von Coase (1960). Im Kern beschreibt dieser Ansatz, dass neben physischen Gütern auch abstrakte Eigentums-, Verfügungs- sowie Handlungsrechte Gegenstand einer Markttransaktion sein können. In diesem Kontext unterscheidet man das Nutzungsrecht, das Veränderungsrecht, das Ertragsrecht aus der Nutzung sowie das Veräußerungsrecht an einem Gut. Das Ziel dieses Theoriestrangs ist es, die ökonomisch effiziente Entstehung und Verteilung der angeführten Verfügungsrechte innerhalb eines bestehenden Wirtschaftssystems zu beschreiben. Vgl. Picot et al. (2003), S. 46; Furubotn/Pejovich (1972), S. 1137-1141. Die Transaktionskostentheorie basiert auf der Arbeit von Coase (1937). Jedoch wurde die angewandte Argumentation in der Folge auch auf weitere Forschungsgebiete ausgeweitet, wie z. B. auf die Analyse von Finanzbeziehungen. Vgl. Williamson (1988), S. 568 ff. Allgemein werden im Rahmen dieses Theorieansatzes die Kosten analysiert, welche im Zuge einzelner Leistungsbeziehungen bei der Übertragung von Verfügungsrechten entstehen. Zu beachten ist, dass nicht der eigentliche Übergang eines physischen Gegenstands, sondern die prozessuale Ausgestaltung der Transaktion untersucht wird, wobei in den Phasen der Anbahnung, Vereinbarung, Abwicklung, Kontrolle und Anpassung Informations- und Kommunikationskosten anfallen, welche die Effizienz der gewählten Austauschform beeinflussen. Das Ziel der Transaktionskostentheorie besteht letztendlich in der Suche nach der idealen Austauschbeziehung, in derer die Transaktionskosten auf ein Minimum reduziert sind. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 178. Vgl. Pankotsch (2005), S. 80; De Clercq/Sapienza (2001), S. 108. Zusätzlich ist noch die in der Literatur oftmals erwähnte Arbeit von Cable und Shane anzuführen. In dieser wird das Beziehungsfüge bei VC-Finanzierungen anhand des Gefangendilemmas beschrieben, welches aus der Spieltheorie bekannt ist. Da dieser Theorieansatz jedoch seither nicht konsequent weiter genutzt wurde, soll auf Ausführungen hierzu verzichtet werden. Vgl. Cable/Shane (1997).

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

85

der Agent nicht immer im Interesse des Prinzipals handeln wird, sofern dies seinem eigenen Nutzenkalkül widerspricht. Für Letztgenannten resultiert hieraus das Problem, dass er diese (künftigen) Verhaltensrisiken aufgrund seines nachtei301 ligen Informationsstandes nur begrenzt einschätzen kann. Daher sind gemäß der Agency-Theorie Maßnahmen zu ergreifen, welche die Informationsstände und Interessenlagen der beteiligten Akteure angleichen, wofür Agency-Kosten anfallen, deren Höhe letztendlich die Effizienz einzelner Institutionen bestimmen.302 Dem Prinzipal können Aufwendungen zur Überwachung des Agenten entstehen (monitoring-costs). Letztgenannter kann wiederum Maßnahmen ergreifen, welche dem Prinzipal die eigene Qualität sowie das persönliche Commitment signalisieren (bonding-costs). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass trotz dieser Aktivitä303 ten weiterhin imperfekte Informationslagen existieren, die dazu führen können, dass eigentlich vorteilhafte Transaktionen nicht oder nur teilweise erfolgen. Hiermit verbunden sind Wohlfahrtsverluste (resiudal-loss), die ebenfalls bei der 304 Abschließend ist zu beachten, Bewertung einzelner Institutionen einfließen. dass die aufgeführten Kostenarten in einem interdependenten Beziehungsgefüge stehen. Beispielsweise können die Monitoring-Aufwendungen des Prinzipals durch glaubwürdige Garantieleistungen seitens des Agenten reduziert werden. Darüber hinaus führen sämtliche Maßnahmen, welche den Informationsstand des Prinzipals erhöhen, zu einer Reduzierung potenzieller Wohlfahrtsverluste, da 305 dieser die Vorteilhaftigkeit der Austauschbeziehung besser abschätzen kann. Für das weitere Vorgehen ist es dienlich die möglichen Konfliktsituationen zwischen Agent und Prinzipal im Zeitablauf zu analysieren. Hierzu unterscheidet die Agency-Theorie mögliche nicht-kooperative Anreizstrukturen, welche vor und 306 Diese Klassifizierung ist Abbilnach dem Vertragsabschluss auftreten können. dung 14 zu entnehmen, die als Grundlage der nachfolgenden Ausführungen dient.

301 302 303

304 305 306

Vgl. Ross (1973), S. 134 f. Vgl. Picot et al. (2003), S. 56. Die Unvollkommenheit des Informationsstandes unter den beteiligten Akteuren verhindert stets eine Pareto-effiziente Lösung möglicher Agency-Probleme. Vgl. Ross (1973), S. 138. Vgl. Jensen/Meckling 1976), S. 308 f. Vgl. Picot et al. (2003), S. 56. Vgl. Spremann (1990), S. 566.

86

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Agency-Konflikte

1

1

1

1

1

VOR Vertragsabschluss

NACH Vertragsabschluss

1

1

1

1

1nformation sproblem des Prin zipal

1

1

1

Hidden Information

Hidden Action

Hidden Intention

1

1

1

Qualitätsunsicherheit

Verhaltensunsicherheit

Verhaltensunsicherheit

1

1

1

1

Überwachungsmöglichkeiten und kosten 1

Adverse Selektion

Moral Hazard

Hold-up

1

1

1

Verborgenheit von Eigenschaften

Ursac he 1

Konti ikt

1

Lösun gs-/ Handlungso ptionen

-

Signalling {Agent) Bonding {Agent) Screening {Prinzipal) - Seif Selection

- Bonding {Agent) - Monitoring {Prinzipal) - lnteressensangleichung

Ressourcenabhängigkeit 1

-

Reputation {Agent) Interessenangleichung {Sicherheiten)

Abbildung 14: Überblick Agency-Probleme und Handlungsempfehlungen Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung Picot et al. {2003), S. 59.

Vor dem Eingehen einer Geschäftsbeziehung existiert für den Prinzipal das Prob307 lem der Qualitätsunsicherheit, da entscheidungsrelevante Informationen des Vertragsgegenstands sowie die Eigenschaften des Agenten teilweise im Verbor308 Die Gefahr suboptimale Entscheidungen zu treffen, führt dabei genen bleiben. 309 zu einer systematischen Störung der Agency-Beziehung bis hin zum Problem der Adversen Selektion, wie AKERLOF {1970) in seinem populären Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes aufzeigt. Demnach bewerten die Prinzipale wegen der unzureichenden Informationsbasis sämtliche Marktangebote mit der zu erwarteten Durchschnittsqualität. Dies veranlasst Anbieter überdurchschnittlicher Qualität den Markt zu verlassen, woraufhin die Durchschnittsqualität weiter sinkt. In der Folge werden die Prinzipale ihre Preisvorstellung weiter nach unten anpassen, was wiederum die nunmehr qualitativ höherwertigen Anbieter aus dem Markt treibt. Dieser Prozess der Negativauslese kann letztendlich bis zum Zusammen310 bruch des Marktes führen.

307 308 309 310

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Stigler {1961), S. 224. Spremann {1990), S. 567. Jungwirth {2006), S. 9. Akerlof {1970), S. 489-491.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

87

Zur Lösung des Problems der Adversen Selektion sind Maßnahmen zu ergreifen, die verdeckte Informationen offen legen, wobei die Agency-Theorie das Signal311 ling, die Seif Selection sowie das Screening unterscheidet. Beim Signalling of312 fenbart der Agent freiwillig Informationen über die Qualität seines Angebots. Hierbei liegt die Annahme zugrunde, dass qualitativ hochwertige Anbieter kostengünstig Signale produzieren können, wohingegen schlechte Vertragspartner unverhältnismäßig hohe Aufwendungen für irreführende Informationen aufbrin313 gen müssen. Beim Screening übernimmt hingegen der Prinzipal die Initiative, indem er entweder eigenständig Informationen produziert oder sich diese über externe Dienstleister beschafft. Darüber hinaus kann der Prinzipal die verborgenen Eigenschaften des Agenten teilweise über eine geschickte Verhandlungsführung und Vertragsgestaltung aufdecken. Letztgenanntem wird dabei ein Wahlrecht über verschiedene Handlungsoptionen zur Auswahl gestellt, die so konzipiert sind, dass durch die Seif Selection des Agenten Rückschlüsse auf dessen 314 Qualität gezogen werden können. Neben der vorvertraglichen Qualitätsunsicherheit, muss der Prinzipal auch nach dem Vertragsabschluss bestimmte Verhaltensrisiken des Agenten befürchten, welcher dieser verborgen (Moral Hazard) oder gar offensichtlich (Hold-up) ausnutzt.315 Das Problem des Moral Hazard kann auftreten, wenn für den Prinzipal nicht das Verhalten, sondern nur die Ergebnisse des Agenten nachvollziehbar sind. Dieses Bewertungsproblem ist in der Realität permanent zu befürchten, da der Erfolg bzw. Misserfolg von Aktivitäten meist von externen Faktoren mit beeinflusst wird. Diese intransparente Komplexität offenbart dem Agenten einen erweiterten Verhaltens- und Entscheidungsspielraum, den dieser opportunistisch 316 auszunutzen kann. Das Problem des Hold-up beschreibt wiederum die offensichtliche Ausnutzung bestehender Abhängigkeiten und Vertragslücken durch den Agenten. Der Prinzipal kann in dieser Situation das Verhalten seines Vertragspartners genau beobachten und bewerten, jedoch nicht dementsprechend 317 intervenieren oder dieses gar sanktionieren. Zurückzuführen ist dies einerseits auf die Komplexität und Unsicherheit in der Realität, welche die Ausformulierung 311

312 313 314 315 316 317

Die grundlegende Arbeit hierzu geht zurück auf Spence (1973), welcher die Auswirkungen von Signalen auf das Gleichgewicht des Arbeitsmarktes analysiert. Vgl. Spence (1973), S. 355 f. Vgl. Picot et al. (2003), S. 57. Vgl. Baumgärtner (2005), S. 92 f. Vgl. Pankotsch (2005), S. 82. Vgl. Hummel/Helwing (2004), S. 162. Vgl. Picot et al. (2003), S. 58. Vgl. Spremann (1990), S. 569.

88

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

vollständiger Verträge unmöglich macht. Andererseits können durch irreversible Vorleistungen des Prinzipals einseitige Abhängigkeiten auftreten, die zu einer Störung innerhalb der Agency-Beziehung führen. Die Spezifität der Investition ist in diesem Fall der risikoauslösende Faktor, womit eine logische Verknüpfung zum 318 Transaktionskostenansatz hergestellt wird. Zur Lösung der Konfliktpotenziale nach Vertragsabschluss schlägt die AgencyTheorie zum einen wieder gesteigerte Informationsaufnahmehandlungen vor, um die bestehenden Informationsasymmetrien im Zeitablauf anzugleichen. Hiermit angesprochen sind Monitoring- als auch Bonding-Aktivitäten der beteiligten Akteure, wie z. B. die Implementierung von weitrechenden Informations- und Kontrollmechanismen.319 Darüber hinaus können Maßnahmen ergriffen werden, welche die lnteressensdivergenzen zwischen Agent und Prinzipal reduzieren. Dies kann über die Errichtung von lncentivierungssystemen erfolgen, welche positive Anreize auf das Verhalten des Agenten ausüben, wie z. B. die Erfolgsbeteiligung 320 bei der Erreichung vertraglich fixierter Erfolgsziele. Zudem können auch langfristige Kooperationsbeziehungen eine Interessenharmonisierung zwischen Agent und Prinzipal herbeiführen, da für Letzteren nunmehr die Möglichkeit besteht, 321 das Verhalten nachhaltig aktiv zu beeinflussen und zu fördern. Fernerhin entstehen gegenseitige Abhängigkeiten, welche ebenso dazu beitragen, opportunis322 tische Verhaltensweisen einzudämmen. Der letzte Ansatzpunkt zur Reduzierung nachvertraglicher Agency-Konflikte besteht in der Beschränkung des Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Agenten. Dies kann über vertragliche Zustimmungsvorbehalte und Mitentscheidungsrechte erfolgen, wobei jedoch zu bedenken ist, dass mit zunehmender Einschränkung des Agenten, die eigentlichen Vorteile aus dessen Beschäftigung reduziert werden. Somit ist auf die adä323 quate Ausgestaltung derartiger Rechte und Pflichten im Besonderen zu achten. überträgt man die Erkenntnisse der Agency-Theorie auf den Kontext (syndizierter} VC-Finanzierungen ist zuerst anzumerken, dass diese durch mehrere Prinzipal-Agent-Beziehungen geprägt sind, mit einer sich teilweise ändernden Rollen-

318 319

320 321

322

323

Vgl. Picot et al. (2003), S. 59; Spremann (1990), S. 573 f. Vgl. Nathusius (2005), S. 60. Vgl. Pankotsch (2005), S. 84-86. Vgl. Stummer (2002), S. 57 f. Vgl. Picot et al. (2003), S. 59. Es sind gegenseitige Abhängigkeiten aufzubauen, da die einseitige Abhängigkeit des Prinzipals gegenüber dem Agenten kaum reduzierbar ist. Dies liegt darin begründet, dass letztgenannter definitionsgemäß stets im Auftrag des Prinzipals handelt. Vgl. Pankotsch (2005), s. 85. Vgl. Pankotsch (2005), S. 85.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Zuteilung, wie Abbildung 15 zeigt. 324 In der Außenbeziehung, die das Verhältnis zwischen Entrepreneur und dem VC-Geber beschreibt, ist davon auszugehen, dass erstgenannter als Agent im Auftrag der Kapitalgeber handelt, welche als Prinzipale für einen erheblichen Anteil des wirtschaftlichen Risikos haften. 325 Der Unterschied zwischen einer einfachen und einer syndizierten VC-Finanzierung besteht in diesem Zusammenhang letztendlich darin, dass in erstgenanntem Fall nur eine bilaterale Verbindung auftritt, wohingegen bei letztgenannter Finanzierungskonstellation multilaterale Beziehungsgefüge zu beachten sind. : Innenbeziehung : I

VCG II Co-Investor

! !

* Prinzipal ;

Prinzipal

Prinzipal S* A g e n t

VCG η Co-Investor S Prinzipal ;

j i !

;

VCG I Lead-Investor ! j

Außenbeziehung

! Agent i

! i

Prinzipal ! Agent ,

Agent \

Portfoliounternehmen

Abbildung Quelle:

15: Prinzipal-Agent

Beziehungen bei syndizierten VC-Finanzierungen

Eigene Darstellung in Anlehnung an Schefczyk (2006), S. 56; Nathusius (2005), S. 50.

Bezüglich der Informationsausstattung ist anzunehmen, dass der Entrepreneur einen erheblichen Wissensvorsprung gegenüber den VC-Gebern besitzt, der auch im Verlauf der Beteiligungsbeziehung nicht vollständig abgebaut werden kann bzw. nur unter prohibitiven Wissenstransferkosten. Aus dieser Konstellation heraus sind auf Seiten des Unternehmers zur Maximierung seines individuellen Nutzen Kooperationsdefizite zu befürchten, wie ζ. B. das Zurückhalten von Informationen sowie auch das Festhalten an unrentablen Entwicklungsprojekten zur Steigerung der (wissenschaftlichen) Reputation.326 Die Arbeit von CABLE und SHANE aufgreifend ist hierbei einschränkend zu erwähnen, dass während der Beteili324 325 326

Vgl. Schefczyk (2006), S. 56 f. Vgl. Chan (1983), S. 1545-1547. Vgl. Hummel/Helwing (2004), S. 159; Roling (2001), S. 26 f. sowie Cable/Shane (1997), S. 148-150. Zu einer Definition und dezidierten Beschreibung von Wissenstransferkosten zur Reduzierung von Agency-Konflikte η vgl. Christie et al. (2003), S. 5 f.

90

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

gungsdauer auch bei VC-Gebern Kooperationsdefizite auftreten können, wie z. B. die Beschränkung zugesagter Managementunterstützung sowie weiterer finanzi327 eller Mittel. Da in der vorliegenden Arbeit jedoch explizit die Perspektive von VC-Gesellschaften eingenommen wird, soll dieses Anreizproblem in der Außenbeziehung bei VC-Finanzierungen vernachlässigt werden. Auch das Innenbeziehungsgefüge eines Syndikats, welches das Verhältnis der einzelnen VC-Gesellschaften zueinander beschreibt, ist durch das Auftreten von Prinzipal-Agenten-Beziehungen geprägt, wie ebenfalls aus Abbildung 15 hervorgeht.328 Zurückzuführen ist dies auf die in Kapitel 3.3.2.2 angeführte hierarchische lnvestorenstruktur bestehend aus Lead- und Co-Investoren. Erstgenannter ist hierbei grundsätzlich wesentlich stärker in die Auswahl und Betreuung des PU involviert. Aus dieser Position heraus resultiert sein Informationsvorsprung gegenüber den Co-Investoren, welche grundsätzlich auf die Kompetenz des LeadInvestors vertrauen. Im Ergebnis agiert der Lead-Investor somit grundsätzlich als besser informierter Agent im Auftrag der anderen Syndikatspartner. Abschließend ist jedoch anzuführen, dass bei spezifischen Sachfragen die Informations329 vorteile auch bei einzelnen Co-Investoren liegen können. Beispielsweise würde ein VC-Geber, der sich auf eine bestimmte Branche spezialisiert hat, bei Fragen zu diesem Markt stets mehr Kenntnisse gegenüber einem branchendiversifizierten Lead-Investor besitzen. Hiermit angesprochen ist final die grundsätzliche Strategieempfehlung, die sich aus der neoinstitutionalistischen Agency-Theorie ableitet. Diese besagt, dass Finanzintermediäre wie z. B. VC-Gesellschaften auf unvollkommenen Kapitalmärkten dann eine Existenzberechtigung haben, wenn sie aufgrund von Spezialisierungsvorteilen eine Reduzierung der angeführten Effizienzverluste herbeiführen.330 Konkret sollten VC-Geber demnach ihre Investitionsaktivitäten auf einzelne Branchen oder Finanzierungsphasen konzentrieren, um als „informed investors" gegenüber „uninformed investors" wesentlich geringere Informationskosten bei der Beurteilung und Betreuung von Beteiligungsmandaten zu verursachen.331 Abschließend ist festzuhalten, dass die Ausführungen der Agency-Theorie im Kontext (syndizierter) VC-Finanzierungen einen hohen Erklärungsgehalt besitzen. 327 328 329 330 331

Vgl. Cable/Shane (1997), S. 150 f. Vgl. Schefczyk (2006), S. 56. Vgl. Nathusius (2005), S. 50-52. Vgl. van Horne (1985), S. 621 f. Vgl. Chan (1983), S. 1560; Weber (2003), S. 107.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

91

Sowohl zwischen PU und VC-Geber, als auch innerhalb eines Syndikats treten 332 Das Ausmaß der problematischen InformatiPrinzipal-Agent-Beziehungen auf. onsasymmetrien wird dabei im Wesentlichen von dem Informations- und Erfahrungsstand der beteiligten Venture Capitalists determiniert. Vor diesem Hintergrund favorisiert die Agency-Theorie die Strategie der Spezialisierung, ein in bisherigen Studien zum Verhalten von VC-Gesellschaften beobachtetes Phänomen.333 Aufgrund der großen Bedeutung und den geforderten Aufbau von spezifischem Know-how zeigt sich interessanterweise auch eine inhaltliche Verknüpfung zum Resource-based View, der nachfolgend beschrieben wird. 4.1.3

Resource-based View

Die Grundidee des Resource-based View (RBV) geht zurück auf die Arbeit von PENROSE, die Unternehmen als einen Pool von Ressourcen charakterisiert, welche unlimitierte produktive Opportunitäten (productive opportunity) ausschöpfen. Das Unternehmenswachstum wird letztendlich durch die begrenzte Ressourcenbasis determiniert, die somit kontinuierlich zu erweitern ist. Methodisch ist noch zu vertiefen, dass nicht die Ressource an sich zum Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile führt, sondern die Art und Weise der Nutzung, welche durch die 334 organisationalen Fähigkeiten des Unternehmens determiniert wird. Hierbei folgt der RBV der Prämisse, dass grundsätzlich ökonomisch-rationale Entschei335 dungsmuster in Organisationen vorzufinden sind. Hinzu kommt die Annahme unvollkommener Faktormärkte, womit eine Einschränkung der Ressourcenmobilität einhergeht. Diese Prämisse sowie die Tatsache, dass Unternehmen verschiedene Historien aufweisen, führen letztendlich dazu, dass innerhalb einer Branche bzw. einer strategischen Gruppe unterschiedliche Ressourcenbestände existieren.336 Vor diesem Hintergrund ist die Unternehmensperformance das Ergebnis des effizienten Einsatzes bzw. der gegenüber dem Wettbewerb strategisch vor337 teilhaften Kombination unternehmensinterner Ressourcen. Dieses grundlegende Paradigma des RBV ist in Abbildung 16 noch einmal schematisch veranschaulicht.

332 333 334 335 336 337

Vgl. hierzu auch noch Arthurs/Busenitz (2003), S. 150-152 sowie Krebs (2012), S. 63-65. Vg 1. Kapite 13.2.3. Vgl. Penrose (1959), S. 24-33. Vgl. Sontag (2012), S. 192. Vgl. Collis (1991), S. 50 f.; Bamberger/Wrona (1996), S. 132. Vgl. Rasche/Wolfrum (1994), S. 502.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

92

Market-based View (External Analysis): (Market) Structure

t

Conduct

t

Performance

Resource-based View (Interna! Analysis): Resource

t

Conduct

t

Performance

Abbildung 16: Gegenüberstellung Kernhypothesen des Market- und Resource-based View

Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung an Rasche (2002), S. 385; Barney (1991), S. 100.

Nach der grundlegenden Arbeit von PENROSE dauerte es jedoch weitere 20 Jahre 338 erhöhte Aufmerksamkeit in der bis diese ,,inside-out orientierte Denkhaltung" Forschung erhielt. Die Ursache hierfür war der bis dahin starke Einfluss der industrieökonomischen Theorie, der ein marktorientiertes Denken zugrunde liegt. So wurde bis zum Ende der 1980er Jahre der Erfolg von Unternehmen vornehmlich durch die Positionierung am Produktmarkt und hieraus ableitend externen Marktdeterminanten erklärt, wie z. B. der Branchenattraktivität, basierend auf 339 dem Grundverständnis des Market-based View. Zur Analyse der Branchenattraktivität und zur Ausrichtung der Unternehmensstrategie diente dabei das von PORTER initiierte 11 Structure-Conduct-Performance-Paradigma." In diesem werden die Auswirkungen der Mark- und Wettbewerbsbedingungen (Structure) und des Verhaltens der Wettbewerber (Conduct) in einen kausalen Zusammenhang zu den unternehmenseigenen Zielen (Performance) gebracht, wie ebenfalls in Abbildung 16 vergleichend zum RBV dargestellt ist. Aufgrund dieser Kausalität determinieren letztendlich die extern gegebenen Variablen der Markt- und Wettbewerbsstruktur den Prozess der unternehmensinternen Strategiefindung (Outside-in-Denkweise).340 Zusätzlich gilt beim Market-based View die Annahme der vollkommenen Ressourcenmobilität, d. h. Konkurrenten haben stets Zugang zu

338 339 340

Siehe Rasche/Wolfrum (1994), S. 502. Vgl. Brühl et al. (2008), S. 1. Vgl. Porter (1980), S. 3-33; Rasche/Wolfrum (1994), S. 502.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

93

wettbewerbsrelevanten Ressourcen, womit hierauf basierende Vorteile zeitnah 341 wegkonkurriert werden können. Für die Weiterentwicklung des RBV leistete dann Mitte der 1980er Jahre die Arbeit von WERNERFELT einen zentralen Beitrag, welcher den Gedanken von PENROSE aufgriff und konkret dessen Bedeutung im Rahmen des strategischen Managements von Unternehmen beschrieb. Bespielhaft ist die von ihm beschriebene Kausalitätskette zu nennen, aus der Beschaffenheit einzelner Ressourcen 342 Markterschließungs- als auch Kooperationsstrategien abzuleiten. Hiermit schaffte WERNERFELT schließlich auch die inhaltliche Verknüpfung des Begriffs Re343 source-based zur Beschreibung unternehmerischer Organisationsformen. In diesem Zusammenhang ebenfalls anzuführen ist die Arbeit von RuMELT, welcher u. a. noch einmal betont, dass nicht die Ressource allein, sondern deren Kombination und spezifischer Einsatz die Einzigartigkeit des Unternehmens und somit 344 das Potenzial strategischer Wettbewerbsvorteile bestimmt. Beide Autoren vernachlässigen jedoch eine genauere Begriffsdefinition von (strategischen) Res345 sourcen und verfolgen eher ein sehr weit gefasstes Verständnis. Diesen Kritikpunkt aufgreifend, konkretisiert BARNEY, als ein bedeutender Vertreter des RBV, den Ressourcenbegriff und erweitert den Grundgedanken des strategischen Wettbewerbsvorteils um den Aspekt der zeitlichen Dauerhaftigkeit. In diesem Kontext formuliert er zudem konkrete Anforderungen, die Ressourcen erfüllen müssen, um strategisch von Bedeutung zu sein. Demnach müssen diese a) wertvoll (valuable), b) knapp (rare), c) unvollständig imitierbar (imperfectly imitable) und d) strategisch schwer substituierbar (non-substituable) sein, um als Quelle dauerhafter Wettbewerbsvorteile zu dienen (sustained competitive advantage).346

341

342 343 344 345

346

Vgl. Bamberger/Wrona {1996), S. 130-132; Barney {1991), S. 100. Demnach wird die Ressourcenausstattung in dem strategischen Entscheidungsprozess von Unternehmen nur am Rande berücksichtigt. Da jedoch die eigene Untersuchung die Auswirkungen der spezifischen Ressourcenbasis bei VC-Gesellschaften mit in den Fokus stellt, ist dieser zentrale Kritikpunkt am Market-based View zugleich auch ausschlaggebend dafür, dass der Ansatz im Folgenden nicht weiter berücksichtigt wird. Vgl. Wernerfelt {1984), S. 171-175. Vgl. Weber {2007), S. 44. Vgl. Rumelt {1984), S. 557 f. Z. B. versteht Wernerfelt eine Ressource "as anything which could be thought of as a strength or weakness of a given firm." Siehe Wernerfelt {1984), S. 172. Vgl. Barney {1991), S. 101-103. und 105 f.

94

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Als wertvoll ist eine Ressource einzustufen, wenn deren Einsatz dazu führt, die von dem Kunden wahrnehmbare Effizienz und/ oder Effektivität des Unternehmens respektive des Produktangebots zu verbessern. Unter Knappheit wird verstanden, dass man bei der Erreichung eigener strategischer Unternehmensziele, auf lnputgüter zurückgreifen kann, die einzigartig oder für Wettbewerber zumindest nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Um einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil zu erzielen, ist zudem darauf zu achten, dass die eingesetzten Ressourcen vor künftigen lmitationsversuchen der Wettbewerber geschützt sind. Positiv hierbei wirken die Unternehmenshistorie, das Ausmaß der Abhängigkeiten innerhalb des Ressourceneinsatzes (soziale Komplexität) sowie die Unklarheit über den konkreten Beitrag einzelner Ressourcen zu dem strategischen Wettbewerbsvorteil (kausale Ambiguität). Neben der unvollständigen lmitierbarkeit ist abschließend anzuführen, dass für Konkurrenten ex-post nicht die Möglichkeit bestehen darf, einfach auf einem ähnlichen Beschaffungsweg oder aufgrund von Innovationsprozessen eine identische Ressourcenposition zu erreichen. Dies würde im Zeitablauf zur Substituierbarkeit und hieran anknüpfend zu einer Ver347 wässerung der vorteilhaften Wettbewerbspositionierung führen. Vor dem Hintergrund dieses Anforderungskatalogs formuliert FREILING in seiner Arbeit eine umfassende Ressourcendefinition. Demnach ist: 11 von Ressourcen im Kontext des RBV dann zu sprechen, wenn (in Märkten beschaffbare) lnputgüter durch Veredelungsprozesse zu unternehmenseigenen Merkmalen für Wettbewerbsfähigkeit weiterentwickelt worden sind und die Möglichkeit besteht, Rivalen 48 von der Nutzung dieser Ressourcen in nachhaltiger Weise auszuschließen. 't3 Auf die konkrete Ausprägung einzelner Ressourcenarten wird an dieser Stelle bewusst verzichtet. Jedoch formuliert FREILING hiermit ein Bedingungsraster, um 349 strategisch relevante Ressourcen in einem ersten Schritt zu identifizieren, dessen Berücksichtigung im Fortgang der Untersuchung anzuwenden ist. In einem zweiten Schritt ist dann eine Kategorisierung hinsichtlich der Beschaffenheit einzelner Ressourcenarten vorzunehmen. Hierzu ist wieder auf die Arbeit von BARNEY zu verweisen, der Ressourcengruppen einer Unternehmung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit in physische, organisationale sowie Human-Ressourcen

347 348 349

Vgl. Brühl et al. (2008), S. 5-7; Rasche/Wolfrum (1994), S. 503-507; Barney (1991), S. 106-112. Siehe Freiling (2001), S. 22. Vgl. Freiling (2001), S. 15-22; Weber (2007), S. 45.

95

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

unterteilt. 350 Diese Kategorisierung greifen BAMBERGER und WRONA auf und verfeinern die Klassenbildung in physische, finanzielle sowie intangible Ressourcen. Zudem grenzen sie die einzelnen Kategorien anhand der Merkmale Kapazität, Flexi351 bilität sowie Abnutzbarkeit voneinander ab. Auch wenn weiterhin eine absolut trennscharfe Kategorisierung hieraus nicht möglich ist, erlaubt dieses Vorgehen 352 zumindest eine ausreichende Zuordnung einzelner Unternehmensressourcen. Daher soll diese Klassifizierung nachfolgend als Grundlage dienen, die schematisch auch noch einmal in Abbildung 17 abgetragen ist. Kriterien

1

Ressourcen

1

1

Kapazität

H

Physisch

begrenzt

1

1

Flexibilität

H

variiert

1

1

Abnutzbarkeit

H

ja

intern

begrenzt

vollkommen flexibel

ja

extern

begrenzt

beschränkt flexibel

ja

Vermögen

teilweise unbegrenzt

unflexibel

Fähigkeiten

unbegrenzt

flexibel

Finanziell

lntangibel

nein wertsteigernd

Abbildung 17: Kriterienbasierte Abgrenzung einzelner Ressourcenarten Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung an Bamberger/Wrona (1996), S. 133.

Physische Ressourcen umfassen gemäß den Zugang zu Rohmaterialien und notwendigen Produktionsanlagen. 353 Fernerhin wird auch der geografische Standort 354 des Unternehmenssitzes dieser Kategorie zugewiesen. Kennzeichnend für der-

350

351

352 353 354

Vgl. Barney (1991), S. 101. Einen ersten Beitrag hierzu leisteten bereits Hafer und Sehendei, die physische, organisationale, finanzielle, technologische und Human-Ressourcen unterscheiden. Grant greift diese Ausführungen auf und erweitert die fünf aufgeführten Ressourcentypen um die Unternehmensreputation. Die Ausführungen von Barney stellen demnach eine Fortführung und zugleich Verdichtung dieser Arbeiten dar. Vgl. Hafer/Sehendei (1978), S. 8 ff.; Grant (1991), S. 119. Darüber hinaus wird die Klasse der organisationalen Ressourcen genannt. Diese sollen im Folgenden innerhalb der Kategorie intangibler Ressourcen mit berücksichtigt werden, da diese hiermit direkt in Verbindung stehen. Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 132-134. Diese zusammengefasste Kategorisierung der beiden Subressourcen ist angelehnt an das Vorgehen von Friedrich (2005), S. 6466. Vgl. Brühl et al. (2008), S. 18. Vgl. Friedrich (2005), S. 64. Vgl. Barney (1991), S. 101.

96

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

artige Ressourcen sind deren begrenzte Kapazität sowie eine variierende Flexibilität. So kann z. B. zwischen verschiedenen regionalen Unternehmensstandorten gewählt, häufig jedoch eine globale physische Präsenz nicht realisiert werden. Abschließendes Merkmal physischer Ressourcen ist deren grundsätzliche Abnutzungserscheinung, wie dies v. a. für die Verarbeitung von Rohmaterialen zu355 trifft. Finanzielle Ressourcen kategorisieren BAMBERGER und WRONA hinsichtlich der Mit356 telherkunft in Innen- und Außenfinanzierung. Die Innenfinanzierung erfolgt einerseits aus Zahlungsüberschüssen in dem betrieblichen Leistungsbereich, die durch laufende Umsatz- und Betriebsauszahlungen sowie durch sonstige einmali357 ge Liquiditätserlöse gewonnen werden. Anderseits können im Finanzbereich freie liquide Mittel aus Überschüssen bei Zinszahlungen sowie durch Tilgungs358 und Liquidationseinzahlungen entstehen. In der Außenfinanzierung dienen wiederum Einlagen der Unternehmenseigner, Beteiligungen von Gesellschaftern 359 sowie Kreditaufnahmen bei Gläubigern als Finanzierungsquellen. Kennzeichnend für finanzielle Ressourcen ist, dass diese begrenzt verfügbar, jedoch aber relativ flexibel einsetzbar sind. Einschränkend ist hierbei zu erwähnen, dass die Flexibilität durch die Einflussnahmemöglichkeit externer Kapitalgeber restringiert werden kann. Das abschließende Charaktermerkmal finanzieller Mittel ist deren vollständige Abnutzung bei Gebrauch, wobei häufig eine unmittelbare Ressourcentransformation erfolgt, wie dies z. B. für die Investition in Sachanlagen zutrifft.360 In der Kategorie intangibler Ressourcen sind final sämtliche immaterielle Vermö361 genswerte zusammenzufassen, die einem Unternehmen zur Verfügung stehen. Den Arbeiten von HALL folgend unterscheidet man anhand der individuellen Zurechenbarkeit hierbei zwei Untergruppen. Personenunabhängige Vermögenswerte („Assets") bilden den Bestand an Geschäftsverträgen bzw. -geheimnissen, Datenbanken und gewerblichen Schutzrechten, bestehend aus z. B. Patenten oder Marken. Das Wissen der Mitarbeiter, das organisationale Netzwerk sowie die ge-

355 356

357 358 359 360 361

Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 133. Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 134. Weitere Kategorisierungsmerkmale sind die Rechtsstellung der Kapitalgeber, die Fristigkeit, das Verhältnis von finanzieller Ausstattung und Finanzierungsbedarf sowie der Finanzierungsanlass. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 357-359. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 471. Vgl. Friedrich (2005), S. 65. Vgl. Perridon et al. (2009), S. 359. Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 134. Vgl. Edvinsson/Malone (1997), S. 41-47.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

97

lebte Unternehmenskultur stellen hingegen personenabhängige Fähigkeiten („Skills ") und Kompetenzen („Competencies") eines Unternehmens dar. Auch die Gesamtreputation des Unternehmens ist dieser Kategorie zuzuordnen, wobei eine trennscharfe Abgrenzung gegenüber den personenunabhängigen Vermö362 genswerten nur eingeschränkt möglich ist. Vielmehr ist grundsätzlich von der Korrelation auszugehen, dass mit steigender Unternehmensgröße die Reputation zunehmend als Vermögenswert wahrgenommen wird, da die personengebundene Zurechenbarkeit verwässert. Für die Charakterisierung intangibler Ressourcen ist zuerst anzumerken, dass diese im Vergleich zur physischen und finanziellen Ausstattung von Unternehmen eine weniger bzw. gar unbegrenzte Kapazität haben. So wirken sich z. B. der Markenname oder das Wissen der Mitarbeiter auf mehrere Produkte bis über das ganze Unternehmen aus. Hinsichtlich der Anpassungsfähigkeit ist davon auszugehen, dass personenabhängige Fähigkeiten grundsätzlich flexibel, personenunab363 hängige Vermögenswerte hingegen unflexibel sind. Die größte Besonderheit intangibler Ressourcen liegt jedoch in den nicht auftretenden Verbrauchserscheinungen. Teilweise kann sogar von einer inversen Beziehung im Abnutzungsverhalten ausgegangen werden. Zutreffend ist dies u. a. für die Fähigkeiten der Mitarbeiter, welche durch die alltägliche Anwendung nicht verbraucht werden, sondern sich eher erweitern, da Erfahrungs- und Lerneffekte auftreten. Die Nichtnutzung würde hingegen zum Vergessen von Wissen und Routinen führen, womit 364 insgesamt ein Rückgang des vorhandenen Know-how zu beklagen wäre. überträgt man das gedankliche Gerüst des RBV auf den Untersuchungskontext, so sind die in Abbildung 18 dargestellten, strategisch relevanten Ressourcen für VC-Gesellschaften zu identifizieren, die im Folgenden näher erläutert werden. Zuerst ist hierbei anzuführen, dass VC-Geber nicht wie typische Industrieunternehmen agieren, welche Rohmaterialen und Produktionskapazitäten für ihren Geschäftszweck benötigen. Daher ist in der Kategorie physischer Ressourcen lediglich der Unternehmensstandort zu berücksichtigen. Dies vor dem Hintergrund, dass durch die geografische Lage des Unternehmenssitzes, die Geschäftstätigkeit

362 363

364

Vgl. Hall (1993), S. 608 f.; Hall (1992), S. 136-139. Beispielswiese ist das Patent eines Unternehmens kurz- und mittelfristig meist nur in einem begrenzten Anwendungsgebiet anwendbar, wohingegen die Fähigkeiten der Mitarbeiter relativ kurzfristig auf sich ändernde Umstände angepasst werden können. Vgl. Bamberger/Wrona (1996), S. 133 f.; Probst (1997), S. 17. Auch ungenutzte Marken und Patentrechte können einen Wertverlust erleiden, sofern sie kommerziell nicht eingesetzt werden, aufgrund der abnehmenden Wahrnehmung im Geschäftsverkehr.

98

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

des VC-Gebers beeinflusst wird, wie z. B. die Ausübung der Managementunter365 stützung. Ressourcenarten

~-P_h_ys_is_ch_e_R_e_ss_o_u_rc_en_~I

'-

1

Finanzielle Ressourcen

1

--------~I ~--A-uß-en-ft-"na-n-zi-er-un-g-~ Standort

(1 nvestorenstruktu r)

._I_ln_t_an_g_ib_le_R_e_s_so_u_rc_e_n___. Reputation Know-how der Mitarbeiter Organisationales Netzwerk

Abbildung 18: Ressourcenbasis von VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung.

Hinsichtlich des Stellenwertes finanzieller Ressourcen ist zuerst anzuführen, dass diese für VC-Gesellschaften aufgrund des erläuterten Geschäftsmodells von herausragender Bedeutung sind. Zudem wurde bereits aufgezeigt, dass die Finanzmittel zur Ausübung der Geschäftstätigkeit über außenstehende Investoren ein366 geworben werden müssen. Hieraus leitet sich ab, dass für VC-Geber die Basis der Finanzmittelausstattung das Instrument der Außenfinanzierung über Stammkapitalbeteiligungen bzw. rücklagenwirksame Einlagen ist. Innenfinanzierungen sowie auch die Einwerbung von Fremdkapitel sind hingegen zu vernachlässigen.367 Weiterhin ist zu bedenken, dass Kapital in seiner physischen Form nicht vollständig der Ressourcendefinition des RBV entspricht, da man Rivalen in erster Instanz nicht von der Nutzung ausschließen kann. Daher ist eine inhaltliche Ausweitung anzuwenden, die den exklusiven Zugang zu spezifischen Investoren für die Ressource der Außenfinanzierung mit einbezieht (vgl. Abbildung 18). Da VCGesellschaften prinzipiell nur zu einer bestimmten lnvestorenklasse bzw. -gruppe 368 Zugang haben, kann somit das geforderte Ausschlussprinzip als ausreichend erfüllt angenommen werden. Für die Eingrenzung intangibler Ressourcen von VC-Gesellschaften ist festzuhalten, dass personenunabhängige Subressourcen, wie z. B. Verträge oder auch Schutzrechte, aufgrund des Geschäftsmodells keine strategische Relevanz besit-

365 366 367 368

Vgl. Friedrich (2005), S. 81. Vg 1. Kapite 13.2.1. Vgl. hierzu auch Friedrich (2005), S. 83. Zur Bedeutung und Einflussnahme der originären Investoren bei VC-Gesellschaften vgl. Kapitel 3.2.2.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

99

369

zen. Anders verhält sich dies im Segment personenabhängiger Ressourcen. Zuerst ist die Reputation anzuführen, die durch persönliches Handeln langfristig aufgebaut werden muss und von besonderer Bedeutung für VC-Gesellschaften ist, da hiervon deren gesamte Geschäftspolitik beeinflusst wird, wie z. B. der Er370 folg beim Auflegen neuer Beteiligungsfonds. Darüber hinaus ist für VC-Geber das Know-how der Investmentmanager von strategischer Relevanz. Hierunter werden das personenbezogene Wissen sowie die Erfahrungswerte zusammengefasst, die zur Finanzierung und Managementunterstützung der Beteiligungsmandate erfolgskritisch sind. Aufgrund des dominierenden Einsatzes dieser Ressourcenart in der Investitionsphase wird die Gesamtperformance von VC371 Gesellschaften im Besonderen von dieser Schlüsselressource determiniert. Abschließend ist das organisationale Netzwerk als dritte autonome Ressource in dieser Kategorie zu berücksichtigen, worunter die (meist langfristig) aufgebauten 372 persönlichen Beziehungen eines Unternehmens zusammengefasst werden. Bei VC-Gebern sind dies v. a. die bestehenden Verbindungen der Investmentmanager zu anderen VC-Marktakteuren, um z. B. Informationen auszutauschen oder eben auch Syndizierungen durchzuführen. Unternehmensinterne Netzwerke besitzen hingegen keine strategische Relevanz, da bei VC-Gesellschaften aufgrund der ge373 ringen Unternehmensgröße hieraus keine Synergieeffekte zu erwarten sind. Zum aktuellen Erkenntnisstand ist festzuhalten, dass der RBV, zur Erklärung der Strategiewahl und des Erfolgs von Unternehmen, im Speziellen auf die Analyse unternehmensinterner Ressourcen abzielt, worin der entscheidende untersuchungsrelevante Vorteil gegenüber dem Market-based View begründet liegt. Vor diesem Hintergrund wurde anschließend aufgezeigt, dass der RBV einen hohen Erklärungsgehalt besitzt, um die Konstitution von VC-Gesellschaften zu beschreiben. Hierbei kam zum Vorschein, dass die Kapitalausstattung inkl. des spezifischen lnvestorenzugangs sowie die Ausprägung intangibler personenabhängiger Ressourcen besonders kritische Erfolgsfaktoren für den Geschäftsbetrieb von VCGebern sind. Welche Auswirkungen diese Erkenntnisse bei der Strategiewahl von

369 370

371

372

373

Vgl. Friedrich (2005), S. 84 f. Vgl. Hall (1993), S. 610. Allgemein zur Bedeutung von Reputation für das Einwerben weiterer Ressourcen vgl. Saxton (1997), S. 445. Bei VC-Gesellschaften ist die Reputation prinzipiell als personenabhängig anzusehen, aufgrund der relativ geringen Unternehmensgröße. Vgl. Hall (1993), S. 608 f. Zum Einfluss des Know-how auf die Performance von VC-Gesellschaften vgl. Zarutskie (2010), S. 169. Vgl. Friedrich (2005), S. 89. Vgl. Hall (1992), S. 138.

100

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

VC-Gesellschaften sowie auf die Motivlage bei der Initiierung syndizierter Finanzierungen haben, ist im weiteren Verlauf dieser Arbeit zu analysieren. 4.1.4

Weitere untersuchungsrelevante managementtheoretische Aspekte

Für die Anwendung des RBV ist wertend noch einmal festzustellen, dass dieser Ansatz für die eigene Untersuchung aufgrund der inhaltlichen Breite einbezogener unternehmensinterner Ressourcenkategorien ausgewählt wurde. Jedoch muss vor dem Hintergrund dieses hohen Allgemeinheitsgrades einschränkend in Kauf genommen werden, dass die universelle Erklärung sämtlicher Ressourcen374 einflüsse auf das Verhalten von VC-Gebern nur bedingt möglich ist. So kann z. B. der Erfolgsbeitrag des Know-hows auf die Geschäftstätigkeit von VC375 Gesellschaften nicht exklusiv sondern nur als Teilaspekt analysiert werden. Des Weiteren ist die alleinige Berücksichtigung des RBV als ein statisches Konzept schon alleine vor dem Hintergrund komplexer Umwelt- sowie zunehmend dynamischer Wettbewerbsbedingungen als suboptimal einzustufen. In diesem Kontext fasst ROSIKE treffend zusammen, dass 11 die ressourcenbasierten Ansätze häufig aufgrund ihrer mangelnden Dynamik sowie der zu geringen Berücksichtigung von veränderlichen Unternehmensumwelten kritisiert und als 376 komparativ-statisch bezeichnet" werden. Auch RASCHE beschreibt die Situation ähnlich und fordert hieraus die Konsequenz einer pluralistischen Anwendung managementtheoretischer Konzepte in der heutigen Zeit, in dem er wie folgt argumentiert: 11 Während in der Vergangenheit der Unternehmenserfolg aus dem Blickwinkel des strategischen Managements häufig monodogmatisch untersucht wurde drängt sich vor dem Hintergrund eines hyperdynamischen Wettbewerbs ein forschungspluralistischer Ansatz aut um das institutionelle überleben unter derart komplexen Bedingungen zumindest unscharf zu erklären und zu prognosti1377 Vor dem Hintergrund dieser Aussagen sind im Folgenden die bisherizieren. ' gen Erkenntnisse des RBV um weitere untersuchungsrelevante managementthe378 oretische Aspekte zu komplementieren. 1

374 375

376 377 378

Vgl. Friedrich (2005), S. 74 f. Im Gegensatz hierzu ist die Arbeit von Jungwirth anzuführen, welche exklusiv den Einfluss des Wissensbestands bei der Strategiewahl von VC-Gesellschaften untersucht. Vgl. Jungwirth (2006). Siehe Rüsike (2012), S. 41. Siehe Rasche (2002), S. 383 f. Auf eine Diskussion sämtlicher Perspektiven strategischer Managementkonzepte wird hingegen verzichtet. Diese findet sich u. a. in Hoskisson et al. (1999). Zu einer konzentrierten Abhandlung spezifischer Vorteilsmerkmale sowie Komplementaritäten zwischen sämtlichen wesentlichen Forschungsrichtungen im Bereich des strategischen Managements vgl. Rasche (2002), S. 383-394.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

101

Zuerst ist hierbei anzuführen, dass der RBV, als ein eben statischer Ansatz, schon alleine im Zuge seiner Weiterentwicklung auf sich dynamisch verändernden Märkten verschiedene Untergruppen hervorgebracht hat, wie z.B. die Konzepte des Knowledge-based View und des Competenced-based View. Im Rahmen des erstgenannten Ansatzes wird die Hypothese vertreten, dass Know-how als die strategisch relevanteste Ressource anzusehen ist, da dieses, speziell das implizite Wissen, nur schwer transferiert werden können, wohingegen andere Ressourcen aufgrund der Dynamik auf den vorgelagerten Faktormärkten schnell replizierbar 379 Ein Mehrwert dieses Ansatzes ist somit die weitere Konkretisierung des sind. Ressourcenbegriffes Wissen. Darüber hinaus wird der Aufbau und das Management von Know-how intensiv diskutiert, womit im Gegensatz zum RBV eine dy380 namische Komponente in dem Konzept enthalten ist. Der Competenced-based View betont wiederum, dass Ressourcen nur strategisch wertvoll sind, sofern aus 381 deren Kombination einzigartige Fähigkeiten sowie Kompetenzen entstehen. Dieses Konzept fokussiert somit die Optimierung der sozialen Komplexität und kausalen Ambiguität des Ressourceneinsatzes, um bei dynamischen Faktormärkten strategische Wettbewerbsvorteile aufrechtzuerhalten. Die aus dem RBV weiterentwickelten Perspektiven hinsichtlich des dynamischen Aufbaus und dem Management von Know-how sind im Fortgang der Untersuchung mit zu berücksichtigen. Komplementär sind darüber hinaus die Ausführungen des Finance-based View zu beachten, der die bisherigen Darstellungen um die finanzielle Dimension erweitert und explizit auf die Erfolgswirkung von CG-Strukturen eingeht. Die Kernhypothese dieses Ansatzes besagt, dass die finanzielle Performance einer Unternehmung bestimmt wird durch die Vertragsbeziehungen mit ihren Kapitalgebern und entscheidenden Führungsorganen, wie z. B. Aufsichtsgremien. In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass letztendlich effektive CG-Strukturen bei einer Kapitalbereitstellung, im Sinne der optimalen Ausgestaltung einzelner Mitbestimmungsund Vermögensrechte, die Finanzierung von risikoreichen Vorhaben erst möglich 382 machen - dem klassischen VC-Szenario. überträgt man diese Erkenntnisse auf den gewählten Untersuchungsgegenstand so sind zwei interdependente Aspekte von hoher Relevanz identifizierbar. Priorisiert ist im Rahmen dieser Arbeit die Frage zu beantworten, welchen Einfluss unterschiedliche CG-Mechanismen von 379

380 381 382

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Brühl et al. (2008), S. 7 f.; Grant (1996), S. 112-119. Sontag (2012), S. 190. Barreto (2010), S. 258-260. hierzu ausführlicher Rasche (2002), S. 389 f.

102

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

VC-Gebern auf deren Investitionsperformance besitzen. Die dahinterliegende lnvestorenstruktur der VC-Gesellschaft ist dann als verhaltensbeeinflussende Nebenbedingung ebenfalls mit in die Analyse einzubeziehen. Abschließend sind zudem die Erkenntnisse des lnstitutional-based View mit in die Untersuchung einzubeziehen. Die Vertreter dieses Ansatzes folgen der Kernhypothese, dass über vertragliche Instrumente mit internen und externen Stakeholdern die performanceorientierte Ausrichtung der Unternehmensstrategie positiv oder auch negativ beeinflusst werden kann. Vor diesem Hintergrund nimmt der Ansatz streng genommen eine Querschnittsfunktion in dem aufgezeigten managementtheoretischen Korsett ein, da derartige politische Prozesse und hierin einzudämmende opportunistische Verhaltensweisen sowohl in der Markt- als 383 auch der Ressourcen- und Finanzdimension auftreten. Für diese Arbeit von besonderer Prägnanz ist dabei die erweiterte Perspektive für den Prozess der Entscheidungsfindung.384 So gehen die bisher vorgestellten managementtheoretischen Konzepte von ökonomisch-rationalen Entscheidungen in Organisationen aus. Der lnstitutional-based View vertritt nun die Prämisse, dass für Unternehmen externe soziale Einflussfaktoren bestehen, welche die Variationsmöglichkeiten einer derartig effzienz- und nutzenorientierten Strategiefindung beschränken können, wie z.B. politische Rahmenbedingungen oder auch allgemein öffentliche 385 Meinungsbilder. Im Kontext des ausgewählten Untersuchungsgegenstandes wird somit ein weiterer Blickwinkel gegeben um den Einfluss des institutionellen Umfeldes auf die Ausrichtung der Gesamtstrategie zu erklären, der besonders bei der Analyse des Verhaltens öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften von hoher Relevanz ist. Im Rahmen der anstehenden Untersuchung ist nunmehr zu analysieren werden, inwiefern die angeführten finanz- und managementtheoretischen Ansätze das konkrete Verhalten von öffentlich-geförderten und privaten VC-Gesellschaften in 386 dem adressierten Forschungsmetier erklären. Anschließend sind diese Ergebnisse in ein vereinendes „Aussagemodell" zu überführen, um mit dieser Arbeit einen forschungsmethodischen Mehrwert zu bieten sowie hieraus wissenschaftlich-fundierte Implikationen für das Praxisgeschehen abzuleiten. 383

384 385 386

Darüber hinaus existiert noch die Dimension Wettbewerb aufgrund des Competitor-based View. Dieses Konzept ergänzt im Wesentlichen den Market-based View um eine fokussierte Wettbewerbsorientierung. Auf eine weitere Diskussion dieses Ansatzes wird im Folgenden aufgrund der geringeren Relevanz für die eigene Untersuchung verzichtet. Vgl. Rasche (2002), S. 387 f. und 391 f. Zu einer ausführlichen Diskussion des lnstitutional-based View vgl. Sontag (2012), S. 192-195. Vgl. Oliver (1997), S. 700. Vgl. hierzu Kapitel 3.4.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

4.2

103

Theoriegestützte Hypothesenbildung

Basierend auf den Aussagen der vorherigen Teilabschnitte ist im Folgenden die theoriebasierte Aufstellung der Arbeitshypothesen vorzunehmen, die in Kapitel 5 empirisch beleuchtet werden. übergeordneter Bezugspunkt der anstehenden Ausführungen ist hierbei die in der Einleitung formulierte erste Forschungsleitfrage der Untersuchung. Diese lautete wie folgt:

1}

Welche Bedeutung haben finanzielle und nicht-finanzielle Syndizierungsmotive für private und öffentlich-geförderte VCGesellschaften im Kontext ihrer jeweiligen strategischen Ausrichtung?

Um diese zentrale Fragestellung im Kontext des aufgesetzten theoretischen Bezugsrahmens beantworten zu können, sind das gesamtstrategische Verhalten sowie hieraus ableitend einzelne Syndizierungsmotive der angeführten VCGesellschaftsgruppen zu analysieren. Aus diesem Anlass wurden sekundär drei weitere Forschungsfragen formuliert, die gleichzeitig die Struktur der folgenden Unterabschnitte bilden:

Strukturmerkmale: Inwiefern unterscheidet sich die verfügbare Ressourcenausstattung privater und öffentlich-geförderter VCGesellschaften? Strategische Positionierung: Welchen Einfluss haben die Trägerschaft sowie die vorhandene Ressourcenbasis auf das strategische Verhalten privater und öffentlichgeförderter VC-Geber? Syndizierungsverhalten: Welche Motive existieren für private und öffentlich-geförderte VCGeber zum Syndizieren ihrer Beteiligungsinvestments? 4.2.1

Strukturmerkmale

Gemäß den Ausführungen in den Teilabschnitten des Kapitels 4.1 wird das Handeln von VC-Gesellschaften von deren individueller Ressourcenausstattung determiniert. Durch deren effiziente Nutzung entstehen im Zeitablauf individuelle Fähigkeiten, die zum Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile dienen. Erfolgskritisch bei (syndizierten) VC-Finanzierungen sind zudem die aufkommenden Anreizprobleme im Innen- sowie auch Außenverhältnis der Austauschbeziehungen.

104

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

In diesem Kontext wurde die Bedeutung des Know-how auf Seiten des Venture Capitalist deutlich, dass als spezifische Ressource zur Reduzierung der Informationsdefizite und demnach der Anreizkonflikte beiträgt. Darüber hinaus ist dargelegt, dass die Finanzausstattung unter Mitberücksichtigung der originären lnvestorenstruktur sowie die vorhandenen Netzwerkbeziehungen die Geschäftstätigkeit von VC-Gesellschaften beeinflussen. Unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Ressourcenarten werden im Folgenden theoriebasierte Hypothesen hergeleitet, die mögliche strukturelle Unterschiede zwischen öffentlich-geförderten und privaten VC-Gebern erklären. Somit ist es möglich, den Einfluss der Trägerschaft auf die grundsätzliche Konstitution der beiden VC-Gesellschaftsgruppen nachzuvollziehen. Hiermit umschrieben ist die erste Forschungsfrage dieser Untersuchung. Diese lautete wie folgt:

Inwiefern unterscheidet sich die verfügbare Ressourcenausstattung privater und öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften? Den obigen Ausführungen folgend ist abschließend für eine bessere Orientierung anzumerken, dass in den jeweiligen Unterkapiteln zwischen dem Human- und Financial Capital sowie dem organisationalen Netzwerk von VC-Gesellschaften unterschieden wird.

4.2.1.1

Human Capital und entrepreneuriale Kompetenz als strategische Aktivposten

Grundlage dieses Abschnittes ist die angenommene Kausalität, dass der aggregierte Wissensstand eines Unternehmens respektive einer VC-Gesellschaft einen bedeutenden Einfluss auf die Ausübung der Geschäftstätigkeit besitzt. Die Ursache hierfür liegt allgemein darin, dass ausgehend von dem gebundenen Knowhow, Chancen und Risiken in der Unternehmensumwelt wahrgenommen werden, 387 die das unternehmerische Handeln rechtfertigen oder limitieren. Wie hierzu in Kapitel 4.1.3 ausgeführt, umfasst der Wissensstand eines Unternehmens allgemein den aggregierten Bestand des personengebundenen Human Capitals, wobei sich dieses wiederum aus den Fachkenntnissen und Erfahrungswerten der Mitar388 beiter zusammensetzt. Diese Definition ist für das weitere Vorgehen jedoch zu unpräzise. Daher wird eine weitere Unterkategorisierung zwischen allgemeinem und spezifischem Wissen eingeführt.

387 388

Vgl. Jensen/Meckling (1996), S. 19 und S. 25 f. Vgl. Edvinsson/Malone (1997), S. 34 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

105

Diese Unterscheidung geht zurück auf HAYEK, der in seiner grundlegenden Arbeit die geeignete Wirtschaftsordnung für eine effiziente Nutzung vorhandener Ressourcen diskutiert. Indem er spezifisches Know-how als das zeit- und raumgebundene idiosynkratische Wissen einzelner Wirtschaftssubjekte kategorisiert, gelangt er zu dem Schluss, dass die Markt- gegenüber der Planwirtschaft vorzuziehen ist. Diese Überlegenheit liegt darin begründet, dass in einem freien Marktsystem individuelle Anreize sowie institutionelle Voraussetzungen geschaffen sind, um das spezifische Wissen einer Volkswirtschaft situativ und ortsspezifisch effizient einzusetzen. In der Planwirtschaft fehlen hingegen geeignete Transfersysteme, um die optimale Wissensausstattung adäquat an die Zentralverwaltung weiterzugeben, womit stets volkswirtschaftliche Effizienzverluste zu beklagen 389 sind. Diese grundlegende Problematik übertragen JENSEN und MECKLING in ihrer Arbeit auf organisationale Strukturen und thematisieren zur Abgrenzung von allgemeinen und spezifischen Wissen den Prozess des Wissenstransfers, welcher von HAYEK nicht weiter beschrieben ist. Sie verstehen hierunter die effektive Aneignung von Know-how bis hin zu der adäquaten Anwendung seitens des Wissensempfängers. Die bloße Kommunikation von Informationen genügt demnach nicht. Bei der weiteren Analyse des Prozesses der Wissensübernahme führen sie zudem an, dass hiermit Transferkosten verbunden sind, die letztendlich darüber entscheiden, ob Aufgaben delegiert oder aber nach Aneignung des hierfür notwendigen Know-how selbst ausgeführt werden. Die Übertragung von spezifischem Wissen verursacht dabei besonders hohe Transferkosten. Hierunter kategorisieren sie, wie bereits von HAYEK angeführt, idiosynkratisches Wissen, aber auch wissenschaftliche Kenntnisse und Erfahrungswerte. In diese Klassifizierung von Spezialwissen fallen z. B. industriespezifische Kenntnisse und Erfahrungen in den Bereichen FuE-, Marketing- oder aber auch Produktion, welche notwendig sind, um neue Produkte erfolgreich am Markt einzuführen. Allgemeines Wissen wiederum kann mit einem relativ geringen Aufwand übertragen werden, wobei dies generell für Informationen mit einem hohen Aggregationsniveau zutrifft, wie 390 z. B. Mengen und Preise. JuNGWIRTH greift diese Argumentation auf und wendet das Konzept der Wissenskategorisierung explizit auf die Konstitution von VC-Gesellschaften an. Dabei erweitert sie die Definition des allgemeinen Wissens dahingehend, dass nicht das

389 390

Vgl. Hayek (1945), S. 519-530. Vgl. Jensen/Meckling (1996), S. 17-22.

106

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Aggregationsniveau, sondern der verbindliche Wissensstock innerhalb einer Gemeinschaft das Ausmaß der Wissenstransferkosten reduziert. Dieser kann als die branchenspezifische Allgemeinbildung zur Ausübung einer Tätigkeit verstanden werden. Für VC-Geber stellt dies das Basiswissen über die Gründung und Finanzierung innovativer Startups dar. Zur Kategorisierung von spezifischem Wissen folgt sie im Wesentlichen dem Verständnis von JENSEN und MECKLING. Zudem argumentiert sie, dass die Kombination aus wissenschaftlichen Know-how und Erfahrungswissen im Besonderen das Spezialwissen eines VC-Gebers beeinflussen. 391 Hiermit widerlegt sie die Einordnung von Hayek. Dieser war der Auffassung, dass man reine wissenschaftliche Kenntnisse problemlos über die Zusammenstellung eines Expertenteams verfügbar machen kann. Der Prozess des Wissenstransfers wäre demnach zu vernachlässigen, womit er diesen Wissensbereich als unspezifisch ansieht. 392 Wissensausprägung/ Qualifikation

Ausprägung

Abbildung 19: Zusammenhang zwischen spezifischem und allgemeinem Wissen Quelle:

Eigene Darstellung in Anlehnung an Jungwirth (2006), S. 36.

Da die von JUNGWIRTH angewandte Wissensunterteilung in weiteren Arbeiten ähnlich zu beobachten ist, wie z. B. bei der Untersuchung von ZARUTSKIE zum Zusammenhang zwischen der Performance und dem Human Capital von VCGesellschaften, wird dieses Verständnis auch auf die eigene Arbeit übertragen, 393 391 392 393

Vgl. Jungwirth (2006)^.33-35. Vgl. Hayek (1945), S. 521 f. Vgl. Zarutskie (2010), S. 157-160; Zur Abgrenzung und Untersuchung einzelner Wissensbestandteile vgl. Gibbons/Waldmann (2004), S. 203-207; Neal (1995); Lazear (1995), S. 260-265.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

107

wie in Abbildung 19 schematisch erfolgt. Unter spezifischem Wissen sind demnach industrienahe Kenntnisse zusammengefasst, die durch ein hierfür notwendiges Studium oder durch branchenbezogene Erfahrungen erlangt werden. Fachkenntnisse über die Gründung und Finanzierung von jungen Unternehmen sind hingegen als branchenspezifische Allgemeinbildung einzustufen und folglich als Basiswissen des Venture Capitalists zu verstehen. Abschließend ist anzumerken, dass der Übergang zwischen den beiden Wissensausprägungen fließend verläuft 394 (vgl. ebenfalls Abbildung 19). Bezieht man die theoretischen Vorüberlegungen nunmehr auf den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, ist zu vermuten, dass öffentlich-geförderte VCGeber eher allgemeines Gründungs- und Finanzierungswissen bündeln. Dies liegt einerseits darin begründet, dass derartige Gesellschaften aus dem Umfeld öffentlicher Banken, Sparkassen oder gar Ministerien heraus gegründet werden. Folglich ist naheliegend, dass auch bei der Rekruitierung von Mitarbeitern auf den 395 Personenkreis in diesem Milieu zurückgegriffen wird. Andererseits besteht für potenzielle Mitarbeiter mit besonderen Industriekenntnissen aus ökonomischer Perspektive eher der Anreiz, eine Anstellung in einer privaten VC-Gesellschaft zu 396 suchen, da dort ihr Spezialwissen grundsätzlich höher vergütet wird. Dieser Zusammenhang kann damit begründet werden, dass mit der Einstellung eines Experten, neben dem Basiswissen, zusätzliches spezifisches Know-how in der VC-Gesellschaft aufgebaut wird. Folglich sollte sich der externe wissensabhängige Aufwand bei der Auswahl und Betreuung der PU reduzieren, da man hierfür nun auf interne Expertise zurückgreifen kann. Dieses unternehmensbezogene Einsparpotenzial sollte sich wiederum dann positiv auf die Höhe des individuellen Experteneinkommens auswirken. Bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften muss jedoch die Einkommensstruktur mit den Interessen der Trägerschaft abgestimmt werden, womit der Verhandlungsspielraum bei Gehaltsverhandlungen limitiert ist. Hingegen können private VC-Geber grundsätzlich höhere Gehälter zahlen, sofern diese gerechtfertigt sind. Im Ergebnis ist sogar anzunehmen, dass zwischen dem Ausmaß des Spezialwissens eines Investmentmanager und der Wahrscheinlichkeit einer Anstellung bei einer öffentlichgeförderten VC-Gesellschaft eine negative Korrelation besteht.

394 395 396

Vgl. Jungwirth (2006), S. 36. Vgl. Schilder (2006), S. 4 und S. 10; Kapitel 2.2.2. Vgl. Jungwirth (2006), S. 82.

108

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Abschließend ist aus den Ausführungen in diesem Abschnitt für den Fortgang der Untersuchung folgende Arbeitshypothese aufzustellen: Hl:

Öffentlich-geförderte VC-Geber weisen gegenüber privaten VCGesellschaften einen geringeren Anteil an Spezialwissen auf.

4.2.1.2

Financial Capital

Nachdem mögliche Auswirkungen der Trägerschaft auf die Zusammensetzung des Managementteams respektive die Wissensstruktur diskutiert wurden, ist nun der Fokus auf die Verfügbarkeit finanzieller Ressourcen zu richten. Hierbei von Bedeutung sei jedoch nicht die absolute Höhe des potenziellen Finanzierungsvolumens, da diese absolute Größe nur eine bedingte Aussagekraft besitzt. Vielmehr sind mögliche Restriktionen beim Einsatz der Finanzmittel aufzuzeigen, die in Verbindung mit der lnvestorenstruktur einer VC-Gesellschaft stehen können. Finanzierungsquellen privater VC-Gesellschaften sind Privatinvestoren und insti397 tutionelle Anleger, wie z.B. Pensionsfonds oder Versicherungsunternehmen. Derartige lnvestorengruppen verfolgen mit ihrem Engagement vorrangig renditeorientierte Ziele. Hieraus leitet sich für private VC-Gesellschaften ebenfalls die grundsätzliche Zielstellung ab, eine möglichst hohe Fondsperformance zu erzielen, wie in Kapitel 3.2.2 beschrieben ist. Wie dies erreicht werden soll, ist im Private Placement Memorandum (PPM) zu erläutern. Mit diesem Dokument erfolgt die Ansprache potenzieller Investoren, wobei die zentralen Punkte der Fondskon398 zeption festzulegen sind, wie z. B. die anvisierte lnvestitionsstrategie. In diesem Kontext zu nennen sind der geografische, branchen- und phasenspezifische Investitionsfokus sowie auch mögliche Beschränkungen hinsichtlich der geplanten lnvestitionsvolumina. Somit fixiert eine private VC-Gesellschaft in dieser Situation, welche Restriktionen sie sich auferlegt, um strategisch kongruente lnvesto399 renkreise anzusprechen oder auch nicht. Sind die Finanzmittel eingeworben, können diese anschließend unter dem übergeordneten Ziel einer zeitadäquaten Renditemaximierung und gemäß der fixierten Investitionsstrategie wirtschaftlich effizient eingesetzt werden. Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften erhalten ihre Finanzmittel hingegen aus öffentlichen Quellen, wie z. B. aus Förderprogrammen der Europäischen Union (EU), des Bundes bzw. einzelner Bundesländer. Hiermit verbunden sind wirtschafts- und strukturpolitische Motive, welche darin münden, dass mit der Be397 398 399

Vgl. Kuckertz/Middelberg {2008), S. 557. Ausführlich zu den Inhalten des Private Placement Memorandum vgl. Seidel {2011), S. 113-124. Vgl. Kreuter {2008), S. 75 f.; Tausend {2006), S. 52-54.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

109

reitstellung der Finanzmittel bestimmte formale Anlagebeschränkungen einhergehen.400 Diese können sich u. a. auf die Branchenauswahl, das geografische Tätigkeitsgebiet, die Dauer der Kapitalüberlassung sowie auch die Höhe der lnvestitionsvolumina beziehen. Diese Restriktionen sind final dahingehend abzuwägen, auf staatlich legitime Art und Weise möglichst vielen Unternehmen den Zugang zu Venture Capital zu ermöglichen sowie allgemein das Innovationsökosystem zu 401 fördern. Anhand dieser wirtschaftspolitischen Zielstellungen ist anzunehmen, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften aufgrund ihrer lnvestorenstruktur angehalten sind, mit den zur Verfügung stehenden Finanzierungsmitteln eine relativ hohe Anzahl an PU zu finanzieren. JUNGWIRTH verwendet in diesem Zusammenhang den 402 Begriff des „Gießkannenfinanzierers". Empirisch bestätigt für den kanadischen VC-Markt wird diese Behauptung von CuMMING, der aufzeigt, dass öffentlichgeförderte Venture Capitalists, unter sonst gleichen Bedingungen, deutlich mehr 403 Beteiligungsmandate in ihrem Portfolio haben als private VC-Geber. Neben dieser direkten Investitionsvorgabe ist zudem davon auszugehen, dass „öffentliche Investoren", u. a. aufgrund politischer Verteilungsprinzipien, einzelnen VCGesellschaften insgesamt weniger Kapital zur Verfügung stellen. Private und institutionelle Investoren unterliegen nicht derartigen Vorgaben. Somit sollte es für privatwirtschaftlich organisierte VC-Geber eher möglich sein größere Fondsvolu404 mina einzuwerben. Ausgehend von den aufgezeigten lnvestorenkreisen, deren divergierender Erwartungshaltung sowie den Spezifika öffentlicher Förderprogramme ist somit anzunehmen, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften in einem besonderen finanziellen Spannungsfeld agieren. Dieses leitet sich daraus aus, dass grundsätzlich geringere Fondsvolumina zu erwarten sind, die zur Finanzierung einer größeren Anzahl von PU aufgeteilt werden müssen. Trifft dieser Sachverhalt zu, stehen für jedes einzelne Beteiligungsmandat ein deutlich geringeres Investitionsvolumen zur Verfügung. Hiermit umschrieben ist die nächste Hypothese dieser Arbeit, die wie folgt lautet:

H2:

400 401 402 403 404

Bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften stehen pro Portfoliounternehmen deutlich weniger Finanzmittel zur Verfügung. Vgl. Dannat {2004), S. 56. Vgl. Schilder {2006), S. 6-8 und S. 14; EU Kommission {2009), S. 2-4; Kapitel 2.2.2. Siehe Jungwirth {2006), S. 82. Vgl. Cumming {2006), S. 1084 und S. 1087. Vgl. Dannat {2004), S. 56.

110

4.2.1.3

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Netzwerkstrukturen

Das letzte Strukturmerkmal zur Beschreibung von VC-Gesellschaften stellt die Ausprägung der Netzwerkstrukturen dar. Wie hierzu in Kapitel 4.1.3 dargelegt, bestehen diese bei VC-Gebern im Wesentlichen aus der Anzahl bestehender Netzwerkbeziehungen zu anderen Marktakteuren, v. a. zu weiteren VCGesellschaften. In diesem Kontext ist zuerst festzuhalten, dass bei VC-Gebern bestehende Netzwerkstrukturen einen positiven Einfluss auf die Performance der eigenen Geschäftstätigkeit ausüben können. Dies zeigen HOCHBERG, lJUNGQv1st und Lu bei Ihrer Analyse des amerikanischen VC-Marktes. Demnach wiesen VC-Gesellschaften mit ausgeprägten Netzwerkstrukturen eine bessere Fondsperformance auf, die indirekt anhand des Exit-Anteils erfolgreicher Börsengänge bzw. Trade Sales ermittelt wurde. Als mögliche Ursachen hierfür nennen sie u. a. die verbesserten Monitoring- und Betreuungsmöglichkeiten, die sich aus der Kooperation mit an405 deren Venture Capitalists ergeben können. Setzt man die positive Korrelation zwischen der Fondsperformance eines VCGebers und der Ausprägung seines Netzwerkes voraus ist anzunehmen, dass eine starke Motivation zur Bildung von Netzwerkbeziehungen bei privaten Venture Capitalists existieren sollte. Schließlich ist deren Geschäftstätigkeit darauf ausgerichtet mit den verfügbaren finanziellen Ressourcen eine möglichst hohe Rendite 406 zu erwirtschaften. Auf der anderen Seite ist jedoch auch zu bedenken, dass das Engagement öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften daran gebunden sein sollte, privates Beteiligungskapital zu aktivieren. Diese Annahme leitet sich aus der Seeding-Hypothese ab, welche die Forderung stellt, dass öffentlich-geförderte Aktivitäten dazu dienen müssen, den Auf- und Ausbau eines privaten VC-Marktes 407 zu fördern. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten derartige Investoren ebenfalls 408 in einem gut funktionierenden Netzwerk zu agieren. Im Vergleich beider Gesellschaftsgruppen ist demnach festzuhalten, dass für privatwirtschaftliche VC-Gesellschaften ein indirekter Anreiz besteht, Netzwerkbeziehungen zu anderen VC-Gebern aufzubauen und zu pflegen. Hiermit kann ein positiver Effekt auf die eigene Fondsperformance einhergehen, der sich wiederum vorteilhaft im Fundraisingprozess bei der Positionierung gegenüber potenzi405

406 407 408

Hierzu analysierten sie die Exit-Struktur von über 3.000 VC-Fonds, die in dem Zeitraum zwischen 1980 bis 1999 in den USA aufgelegt wurden. Vgl. Hochberg et al. (2007), S. 252 und S. 270-272. Vg 1. Kapite 13.2.2. Vgl. Leleux/Surlemont (2003), S. 84; Kapitel 2.2.2. Vgl. Schilder (2007), S. 8.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

111

409 ellen Konkurrenten auswirkt. Aufgrund wirtschaftspolitischer Vorgaben existiert jedoch für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften direkt die Notwendigkeit zum Aufbau von Kooperationsbeziehungen mit anderen VC-Gebern. Folglich ist anzunehmen, dass für die zuletzt genannte lnvestorenklasse ein ausgeprägtes Netzwerk von größerem Stellenwert ist als wie für private Venture Capitalists. Um diese Aussage zu überprüfen, soll eine ganzheitliche Perspektive eingenommen werden, welche sowohl den Input zur Bildung von Netzwerkstrukturen als 410 auch das Ergebnis in Form bestehender Netzwerkbeziehungen berücksichtigt. Als lnputgröße dient hierbei der Zeitaufwand, der zum Aufbau und zur Pflege des eigenen Netzwerkes investiert wird. Bezugnehmend auf die oben getätigte Aussage ist folglich davon auszugehen, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften mehr Zeit für derartige Netzwerkaktivitäten investieren. Als Outputgröße soll die Anzahl von Beziehungen zu anderen Investoren betrachtet werden, um mit Hilfe der Ausführungen der Graphentheorie die Netzwerkpo411 sitionierung einer VC-Gesellschaft zu bestimmen. Diese Teildisziplin der Mathematik wird allgemein dazu genutzt, Beziehungen zwischen Objekten durch Graphen abzubilden, die aus Knoten und Kanten bestehen. Durch derartig formale Darstellungen bestehender Netzwerkstrukturen sind letztendlich Aussagen be412 züglich der Zentralität einzelner Objekte ableitbar. Auf die Graphentheorie zurückgreifend ist folglich zur Messung der Netzwerkpositionierung einzelner VC-Gesellschaften die Anzahl und Intensität von Verbindungen zu anderen VC-Gebern relevant. Der Grad der Zentralität des Venture Capitalists steigt dabei mit der Quantität und der Qualität seiner Netzwerkbeziehungen.413 Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass ein VC-Geber eine umso zentralere Netzwerkposition einnimmt, je mehr Beziehungen er unterhält und je intensiver der Austausch mit anderen Investoren erfolgt. Vor diesem theoretischen Hintergrund und der oben angeführten Kernaussage ist abschließend anzunehmen, dass öffentlich-geförderte gegenüber privaten VC-Gesellschaften eine zentralere Netzwerkposition einnehmen, aufgrund des stärker wirkenden formalen 409 410

411

412

413

Vgl. hierzu auch Lerner {1994), S. 18; Gompers {1996), S. 135. Dieses Vorgehen unterscheidet sich von bisherigen Arbeiten, welche sich entweder auf den Inoder aber den Output beziehen. Für eine Untersuchung bestehender Netzwerkstrukturen auf dem deutschen Beteiligungsmarkt vgl. Schilder {2007). Eine Analyse der Netzwerkstrukturen von amerikanischen VC-Fonds findet man in Hochberg et al. {2007). Dieses Vorgehen orientiert sich an der bereits angeführten Arbeit von Hochberg, Ljungqvist und Lu. Vgl. Hochberg et al. {2007), S. 255-258. Vgl. Brandes {2009), S. 345-355; Wasserman/Faust {1997), S. 92 ff. Vgl. Wasserman/Faust {1997), S. 178.

112

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Druck zum Aufbau dauerhafter lnvestorennetzwerke für die Aktivierung privater 414 Finanzmittel. Fasst man die formulierten Arbeits- und Detailhypothesen dieses Abschnittes zusammen, sind für die empirische Untersuchung folgende Aussagen mitzunehmen:

H3:

Ausgeprägte Netzwerkstrukturen haben für öffentlich-geförderte VCGesellschaften einen höheren Stellenwert als wie für private VC-Geber.

H3a: Öffentlich-geförderte VC-Geber investieren mehr Zeit für den Aufbau und die Pflege ihrer Netzwerkbeziehungen. H3b: Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften weisen quantitativ und qualitativ eine höhere Netzwerkzentralität auf. 4.2.2

Wettbewerbsvorteile durch strategische Positionierung

Die vorangegangen Ausführungen sind zu der Annahme gelangt, dass private und öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften, aufgrund ihrer Trägerschaft, spezifische Ressourcenbestände vorweisen. Weiterhin haben die theoretischen Ausführungen gezeigt, dass existierende Ressourcenheterogenitäten zu spezifischen Fähigkeiten führen, die wiederum zum Aufbau strategischer Wettbewerbsvorteile einzusetzen sind. Unternehmen respektive VC-Gesellschaften müssen diese spezifischen Ressourcen demnach bewusst aufspüren und ausnutzen, um sich erfolg415 reich in einem Marktsegment zu positionieren. In diesem Kontext sind im Folgenden ressourceninduzierte Strategien für private und öffentlich-geförderte VCGeber abzuleiten, womit der zweiten Forschungsfrage dieser Untersuchung nachgegangen wird. Diese lautete wie folgt:

Welchen Einfluss haben die Trägerschaft sowie die vorhandene Ressourcenbasis auf das strategische Verhalten privater und öffentlichgeförderter VC-Geber? Wie in den Unterabschnitten des Kapitels 3.3.2 angeführt, liegt der Fokus der Geschäftstätigkeit einer VC-Gesellschaft in der Auswahl und dem Management des Beteiligungsportfolios. Demnach ist die effiziente Portfoliosteuerung als erfolgskritischer Prozess anzusehen, um sich gegenüber potenziellen Konkurrenten erfolgreich abzugrenzen. Hierzu stehen dem Venture Capitalist eine Auswahl finan-

414 415

Vgl. Schilder (2006), S. 7. Vgl. Kapitel 4.1.3 und 4.1.4.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

113

zieller und nicht-finanzieller Leistungen zur Verfügung, deren Einsatz durch die 416 eigene Ressourcenausstattung limitiert ist. Auf Grundlage dieser Vorüberlegungen werden im Folgenden Hypothesen über das Risikoausmaß abgeleitet, welche öffentlich-geförderte und private VCGesellschaften bereit sind in ihr Portfolio aufzunehmen (Investitionsverhalten). Zudem werden theoriebasiert Verhaltensempfehlungen abgeleitet, wie mit den vorhandenen Portfoliorisiken umzugehen ist (Beteiligungsverhalten) und wie diese unter Berücksichtigung des Risiko-Rendite-Profils aus dem Beteiligungsbestand reduzierbar wären (Exit-Verhalten). 4.2.2.1

Investmentverhalten

4.2.2.1.1 Theoretische Vorüberlegungen Bisherige Ausführungen haben gezeigt, dass VC-Gesellschaften bei der Finanzierung von Startups erhebliche Finanzierungsrisiken beachten müssen. Diese umfassen systematische Markt- und unsystematische Unternehmensrisiken. Bei letztgenannter Risikoklasse kann man darüber hinaus zwischen den unternehmensspezifischen sowie den sich aus existierenden Informationsasymmetrien zu 417 einzelnen PU ableitenden Qualitäts- und Verhaltensrisiken unterscheiden. Des Weiteren wurden auch die beiden konträren Strategieempfehlungen erläutert, die VC-Geber zur Reduzierung der spezifischen Unternehmensrisiken einsetzen 418 können. Diese werden im Folgenden noch einmal kurz erläutert. Basierend auf den Erkenntnissen der Portfolio Selection Theorie und des CAPM besteht für VC-Gesellschaften die Option das Risiko im Gesamtportfolio über die Diversifikation ihrer Investitionsaktivitäten zu reduzieren. Der risikosenkende Diversifikationseffekt ist dabei umso ausgeprägter, je mehr nicht voneinander abhängige unternehmensspezifische Risiken in ein Portfolio aufgenommen werden bzw. desto weniger diese miteinander korrelieren. Übertragen auf die Investitionsmöglichkeiten von VC-Gebern ist hieraus die theoretische Empfehlung abzuleiten, dass zur Verfügung stehende Fondsvolumen möglichst breit in Unternehmen verschiedener Branchen, Lebensphasen oder Regionen zu investieren. Somit könnten auf der Ebene des Gesamtbeteiligungsportfolios risikosenkende Diversi419 fikationspotenziale ausgeschöpft werden.

416 417 418 419

Vgl. Baumgärtner (2005), S. 34. Vgl. Reling (2001), S. 26 f. Vg 1. Kapite 13.2.3. Vg.1 Kapite 14.1.1.

114

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Empirische Arbeiten zeigen jedoch, dass ein derartiges Investitionsverhalten bei VC-Gesellschaften in der Realität nicht dominierend ist. Beispielhaft zu nennen ist die Studie von NoRTON und TENENBAUM über den us-amerikanischen VC-Markt sowie die Untersuchung von BAUMGÄRTNER, der sich auf das Verhalten deutscher Venture Capitalists konzentriert. Beide Arbeiten gelangen voneinander unabhängig zu dem Ergebnis, dass kapitalmarkttheoretische Diversifikationsstrategien zur 420 Reduzierung von Portfoliorisiken von VC-Gebern nur bedingt verfolgt werden. Als Begründung hierfür ist anzuführen, dass VC-Gesellschaften relativ hohe Investments tätigen in Relation zu dem zur Verfügung stehenden Fondsvolumen. Diese Finanzierungskonstellation limitiert die Gesamtanzahl möglicher Beteiligungsfälle, was das Ausschöpfen von Diversifikationseffekten in nur geringem 421 Umfang möglich macht. Noch bedeutender ist allerdings der Aspekt, dass im Rahmen der Portfolio Selection Theorie bzw. des CAPM asymmetrische Informa422 tionsstände und demnach Verhaltensrisiken nicht berücksichtigt werden. Diese strengen Annahmen sind jedoch in der Realität nicht aufrechtzuhalten, da die unterschiedliche Ausprägung von Informationsständen ein wesentliches Charak423 teristikum für den Prozess der VC-Finanzierung ist. In diesem Kontext und in Anlehnung an die Ausführungen in Kapitel 4.1.2 werden anhand der Agency-Theorie Argumente für den Aufbau spezialisierter Portfolios abgeleitet. Im Kern der Betrachtung stehen dabei nunmehr das Ausmaß der Informationsasymmetrien und hieraus ableitend Maßnahmen zur Reduktion der von neoklassischen Finanzierungstheorien vernachlässigten Verhaltensrisiken. Als geeignete Strategie für VC-Gesellschaften in einem derartigen Investitionsumfeld wird die Spezialisierung der Investitionsaktivitäten empfohlen, um spezifisches Wissen und Erfahrung aufzubauen. Folglich reduziert sich der Informationsnachteil gegenüber potenziellen PU sowie hieraus folgend deren opportunistischer Verhaltensspielraum. Je spezialisierter dabei der Venture Capitalist, desto größer der positive Informationseffekt, der durch aufkommende Lerneffekte noch verstärkt wird. Darüber hinaus offenbart sich die Möglichkeit bei bestimmten Prozessabläufen, u. a. der Auswahl potenzieller Beteiligungsmandate, Economies of 424 Scale zu erzielen. Aus diesen Gründen erscheint die Spezialisierung von VC-

420 421 422 423 424

Vgl. Norton/Tenenbaum (1993), S. 441; Baumgärtner (2005), S. 283. Vgl. Reid (1998), S. 174-177. Zu den Annahmen des CAPM vgl. Copeland/Weston (1992), S. 194 sowie Kapitel 4.1.1. Vgl. Chan (1983), S. 1560 sowie Kapital 4.1.2. Vgl. Sahlman (1990), S. 499 f.; Norton/Tenenbaum (1993), S. 435.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

115

Gesellschaften auf unvollkommenen Beteiligungsmärkten als die vorteilhafte 425 strategische Option. Abschließend ist für diesen Abschnitt festzuhalten, dass sich die aufgezeigten strategischen Empfehlungen beider Theorieansätze nicht komplett ausschließen. Vielmehr ist zu hinterfragen ob positive Diversifikations- oder aber Informationseffekte den Erfolg der Geschäftstätigkeit in dem jeweils spezifischen Investitionsumfeld entscheidend beeinflussen. Aufgrund der allgemeinen Besonderheiten des VC-Finanzierungsprozesses ist jedoch davon auszugehen, dass agencytheore426 tische Aspekte einen größeren Einfluss im Strategiefindungsprozess besitzen. Treten allerdings Situationen auf, wo nur bedingt Informationsasymmetrien zwischen dem PU und dem Venture Capitalist existieren, fallen demnach auch nur geringe Wissenstransfer- und Agency-Kosten in der Investitionsphase an. In solch einer Konstellation können Diversifikationsmaßnahmen in den eingangs angeführten Dimensionen gegenüber der Fokussierung der Investitionsaktivitäten von 427 Vorteil sein. 4.2.2.1.2 Hypothesenbildung Die nachstehenden Ausführungen basieren auf der Erwartungshaltung, dass in privaten gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften ein höherer Anteil an Spezialwissen vorzufinden ist. Weiterhin sind die Charakteristika potenzieller Beteiligungsmandate zu berücksichtigen, wozu die Unterscheidung zwischen 428 Hightech- und Lowtech-Unternehmen zielführend ist. Erstgenannter Typus entwickelt und vermarktet Produkte, die einen hohen technologischen Neuheitsgrad besitzen. Darüber hinaus kennzeichnend für Hightech-Unternehmen sind überdurchschnittliche FuE-Aufwendungen sowie ein hoher Belegschaftsanteil von 429 qualifizierten und technisch versierten Akademikern. Lowtech-Unternehmen bieten hingegen technisch überschaubare Produkte bzw. Dienstleistungen auf konventionellen Absatzmärkten an. Derartige Geschäftsmodelle streben häufig die Expansion und Etablierung innerhalb einer bestimmten Region an und weisen 430 keine besonderen FuE-Aktivitäten sowie Mitarbeiterstrukturen auf.

425

426 427 428

429 430

Chan nennt in diesem Zusammenhang die Überlegenheit des "informed agents" gegenüber des "uninformed agents." Vgl. Chan (1983), S. 1545 und S. 1560. Vgl. Kanniainen/Keuschnigg (2003), S. 531. Vgl. Jungwirth (2006), S. 45. Diese Unterscheidung geht zurück auf die Studie von Arthur D. Little, in welcher erstmalig der Begriff "New Technology-Based Firms" definiert wird. Vgl. Arthur D. Little (1977). Vgl. u. a. Baruch (1997), S. 179-181; Storey/Tether (1998), S. 934; Lockett et al. (2002), S. 1011. Vgl. Jungwirth (2006), S. 43 f.

116

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Im Kontext der dominierenden Agency-Theorie ist nunmehr festzuhalten, dass sich aus dem zusammentreffen von dem Wissensstand der VC-Geber und Technologiegrad der PU die Höhe der Wissenstransfer- und Agency-Kosten determinieren. Je größer dabei der Abstand zwischen den beiden wissensabhängigen Einflussgrößen, desto höher auch der Aufwand für den Venture Capitalist potenzielle Qualitäts- und Verhaltensrisiken einzudämmen. Hieraus ableitend sollten VCGesellschaften Investitionsstrategien verfolgen, die deren wissensbasierte Kostenblöcke minimieren, unter Beachtung der potenziellen Opportunitätskosten in Form entgangener Beteiligungsgewinne. Würde man als VC-Geber hingegen nur die Reduzierung der Agency- und Wissenstransferkosten anstreben, wäre stets 431 die Auswahl einfacher und leicht zu betreuender Projekte opportun. Die Auswahl von Hightech-Unternehmen ist mit besonderen Risiken der Adversen Selektion verbunden. Häufig besteht das technologiespezifische Vorhaben 432 nur als Idee in den Köpfen der Gründer, die ein hohes Bildungsniveau besitzen. Aufgrund der Neuartigkeit des Vorhabens existieren zudem nur wenige Informationsquellen, um die Angaben der Unternehmer zu überprüfen. Folglich sind die bereitgestellten Informationen mit enormen Qualitätsrisiken behaftet, welche 433 die Bewertung der Erfolgspotenziale erschweren. Will sich ein VC-Geber einen adäquaten Überblick verschaffen, müssen Informationskosten in Kauf genommen werden, die positiv mit dem Technologiegrad des Projektes korrelieren. Branchenbezogen Kenntnisse und Erfahrungen des Venture Capitalists würden wiederum in dieser Situation das Ausmaß derartiger Kosten reduzieren, da man die In434 formationslage von vornherein besser einschätzen kann. Private VC-Gesellschaften, die erwartungsgemäß über mehr spezifisches Knowhow verfügen, besitzen demnach einen Informationsvorteil bei der Auswahl von Hightech-Projekten. Da sie annahmegemäß als Spezialist umfassender über eine Branche und deren Akteure informiert sind, können sie die Qualität eines einzelnen Vorhabens sowie die Fachkenntnisse der Gründer effizienter beurteilen. Auch sind in diesem Kontext allgemeine Marktrisiken besser prognostizierbar. Unter Berücksichtigung größerer Erwartungswerte respektive Gewinnpotenziale derartiger Geschäftsmodelle erscheint es für private VC-Gesellschaften zielführend, Projekte mit einem hohen Technologiegrad auszuwählen. Würden sie den wissensbasierten Wettbewerbsvorteil nicht ausnutzen und sich auf Lowtech431 432 433 434

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Jungwirth (2006), S. 31. Murray/Marriott (1998), S. 954 f. Reling (2001), S. 26. Hartmann-Wendels (1987), S. 17.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

117

Projekte fokussieren, wären Opportunitätskosten zu beklagen, in Form geringerer 435 Gewinnerwartungen, wie aus Abbildung 20 schematisch hervorgeht. Abschließend ist zu bedenken, dass der Aufbau von spezifischem Wissen mit (historischen) Kosten für VC-Gesellschaften einhergeht, die im Zeitverlauf durch das Auftreten interner Lerneffekte reduziert werden können, wie in Abschnitt 4.2.2.1.1 angeführt wurde. Vor diesem Kostenhintergrund sollten sich private VC-Geber, unter Berücksichtigung des Effizienzkriteriums, auf einzelne Hightech-Branchen 436 spezialisieren. Agency-/ Wissenstransferkosten und Opportunitätskosten

Agency-/ Wissenstransferkosten öffentlich-geförderte VC-Geber

Agency-/ Wissenstransferkosten private VC-Geber

Opportunitätskosten

LowtechUnternehmen

HightechUnternehmen

Abbildung 20: Angenommene Kostenstruktur der Portfoliozusammensetzung bei privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung.

Die Auswahl von Lowtech-Unternehmen ist hingegen mit geringen Informationsasymmetrien und somit auch nur überschaubaren Agency-Kosten verbunden. Das derartige Unternehmen geringere Gewinnpotenziale als Hightech-Vorhaben aufweisen und demnach höhere Opportunitätskosten zu beklagen sind (vgl. Abbildung 20), ist für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften nicht erfolgskritisch, da 437 weiterführende wirtschaftspolitische Ziele verfolgt werden. Auch erfordert ei435 436 437

Vgl. Gompers (1995), S. 1463; Jungwirth (2006), S. 45. Vgl. Jungwirth (2006), S. 45 f. Vgl. Kapitel 2.2.1. In diesem Zusammenhang kommen Bascha und Walz zu dem Ergebnis, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften deutlich geringere Renditeforderungen stellen. Vgl. Bascha/Walz (2002), S. 32.

118

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

ne derartige Investitionsstrategie nicht den kostenintensiven Aufbau spezifischen Fachwissens. Somit erscheinen kostenschonende, branchenübergreifende In438 vestments zur Reduzierung unsystematischer Unternehmensrisiken plausibel. Folglich sollten die Portfolios öffentlich-geförderter VC-Geber durch eine breitere Streuung charakterisiert sein. Dies wäre auch im Einklang mit der zusätzlichen wirtschaftspolitischen Zielstellung, einer möglichst großen Anzahl von Unter439 nehmen Beteiligungskapital zur Verfügung zu stellen. Nachdem die wissensbasierten Investitionsstrategien beider Akteursgruppen abgeleitet wurden, ist abschließend noch eine Aussage über das geografische Tätigkeitsgebiet zu treffen. Einerseits sind hierbei die regionalen Vorgaben staatlicher Förderprogramme zu nennen, die den Investitionsradius öffentlich-geförderter 440 VC-Gesellschaften häufig limitieren. Andererseits wurde eingangs dargestellt, dass Lowtech-Unternehmen die Expansion innerhalb einer bestimmten Region anstreben. Aus den beiden genannten Gründen sollten die Beteiligungsportfolios öffentlich-geförderter VC-Geber durch einen hohen Anteil regional ansässiger PU 441 geprägt sein. Für private VC-Gesellschaften besteht hingegen keine Notwendigkeit, sich regional zu beschränken. Weder auf Seiten der Investoren, noch auf Ebene der Zielunternehmen ist eine regionale Fokussierung gefordert. Eher erscheint eine geografische Ausweitung vorteilhaft, um mittels der überregionalen Finanzierung inhaltlich verwandter Geschäftsmodelle mögliche Synergieeffekte sowie auch geografische Diversifikationseffekte zu realisieren. Im Ergebnis ist folglich davon auszugehen, dass die Beteiligungsportfolios privater VC-Geber eine größere geografische 442 Streuung vorweisen. Aus den vorherigen Abschnitten lassen sich nunmehr die folgenden Arbeits- und Detailhypothesen zusammenfassen. Diese lauten wie folgt: H4:

Öffentlich-geförderte und private VC-Gesellschaften unterscheiden sich hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Beteiligungsportfolien.

H4a: Private VC-Gesellschaften fokussieren ihre Investitionsaktivitäten stärker auf Hightech-Unternehmen.

438 439 440 441 442

Vgl. Cumming (2006), S. 1087; Jungwirth (2006), S. 46. Vg 1. Kapite 12.2.1. Vgl. Schilder (2006), S. 14; Dannat (2004), S. 56. Vgl. Schilder (2006), S. 8. Vgl. Tykvova/Schertler (2011), S. 4.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

119

H4b: Die Beteiligungsportfolien öffentlich-geförderter VC-Geber weisen einen höheren Diversifizierungsgrad auf. H4c: Private VC-Geber investieren in einem geografisch weiter gefassten Einzugsgebiet. 4.2.2.2

Beteiligungsverhalten

4.2.2.2.1 Theoretische Vorüberlegungen Neben Kapital stellen VC-Gesellschaften ihren Beteiligungsmandaten auch Managementunterstützung zur Verfügung. Empirische Untersuchungen von BAUM und SILVERMANN über den amerikanischen und u. a. von PANKOTSCH über den deutschen VC-Markt gelangen dabei zu dem Ergebnis, dass die verfolgte Betreuungsstrategie einen Einfluss auf die Performance des PU besitzt. Jedoch zeigt sich kein 443 eindeutig überlegenes Beteiligungsverhalten. Vielmehr erfolgsentscheidend sind die strategische Konsistenz und die Bedarfsgerechtigkeit der angebotenen 444 Managementdienstleistungen, in Abgleich mit den Bedürfnissen des PU. Grundsätzlich stehen einem Venture Capitalist hierbei zwei alternative Betreuungsstrategien zur Verfügung. Bei der Verfolgung der Hands-off Beteiligungsstrategie konzentrieren VCGesellschaften ihre Managementaktivitäten primär auf die Pre-lnvestmentphase. Im Fokus steht folglich der Auswahlprozess potenzieller Beteiligungsmandate. Wie hierzu bereits in einem vorherigen Abschnitt gezeigt, erfolgt die Selektion in einem mehrstufigen Prozess von der Grobprüfung über die Due Diligence bis hin zur Vertragsverhandlung. Hierbei wenden VC-Geber eine Vielzahl von Kriterien an, um die Beteiligungsmandate zu evaluieren. Diese beziehen sich im Wesentlichen auf die Managementkompetenz, das Produkt- und Marktpotenzial sowie 445 den allgemeinen finanziellen Risiken der lnvestition. Von besonderer Bedeutung ist dabei die sorgfältige Bewertung des Managementteams, um potenzielle Verhaltensrisiken zu reduzieren und die Erfolgswahrscheinlichkeit des Invest446 ments zu steigern, wie aus der Studie von SMART hervorgeht. Im Zuge der Vertragsverhandlung sind wiederum Kontroll- und Vermögensrechte institutionell zu verankern, welche die effiziente Ausübung der Monitoring-Aktivitäten ermöglichen. Bedeutende Instrumente stellen hierbei das Staging der Finanzierungs443 444 445

446

Vgl. Baum/Silverman (2004), S. 431-433; Pankotsch (2005), S. 238-244. Vgl. Macmillan et al. (1988), S. 37 und S. 41; Jungwirth (2006), S. 48. Vgl. Kapitel 3.3.2.1 und Brettei (2002), S. 311; Knight (1994), S. 30-34 basierend auf der Arbeit von MacMillan et al. (1985). Vgl. Smart (1999), S. 72 f.

120

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

summe, Erlösverteilungsmechanismen für den Exit sowie die Zusicherung von 447 Bei der anMitsprachemöglichkeiten über ein entsprechendes Gremium dar. schließenden Betreuung fokussiert der Venture Capitalist sein Dienstleistungsangebot inhaltlich auf strategische Aufgaben, wie bereits von GoRMAN und SAHLMAN empirisch untersucht. Exemplarisch zu nennen sind die Unterstützung bei weiteren Finanzierungsrunden und bei der Zusammensetzung des Managementteams sowie die Mitgestaltung bei der fortlaufenden Entwicklung der Unternehmensstrategie.448 Das Ziel der Hands-off-Strategie besteht jedoch darin, diesen Expost-Betreuungsaufwand durch die zeitintensive Selektion qualitativ hochwerti449 ger Unternehmen möglichst gering zu halten. Erfolgt hingegen eine intensive Unterstützung in der Post-Investmentphase, betreut der Venture Capitalist seine Beteiligungsmandate Hands-on, in dem er die Rolle eines Beraters bzw. auch Coach mit finanziellen Interessen einnimmt. Wie bei der Hands-off-Strategie findet der Informationsaustausch mit dem PU hierzu 450 auf Top-Management-Ebene statt. Auch stehen die gleichen Instrumente für die Betreuung zur Verfügung, um die strategische Einflussnahmemöglichkeit abzusichern. Jedoch investiert der VC-Geber wesentlich mehr Zeit bei der Ausübung der Kontroll- und Mitgestaltungsrechte und ist allgemein umfassender über die Abläufe innerhalb der Beteiligungsmandate informiert. Abschließend ist zu bemerken, dass obwohl die Entscheidungen einen Einfluss auf operative Abläufe besitzen, die Ausübung des Tagesgeschäfts auch bei der Hands-on-Betreuung 451 stets im Management des PU angesiedelt bleibt. Ziel dieses zeitintensiven Managementsupports seitens des Venture Capitalists ist es, Schwächen innerhalb der PU zu reduzieren. Dies bedeutet, dass in einem weiterhin gründlichen, jedoch nicht dominanten Auswahlprozess auch Unternehmen ausgewählt werden, die eine geminderte Qualität aufweisen und diese dann durch ein gezieltes Beteiligungsmanagement zum Erfolg führt. Das Know-how des Venture Capitalist ist demnach von besonderer Bedeutung, um auf das PU abgestimmte Betreuungsdienstleistungen in entsprechender Güte anbieten zu können.452

447 448 449 450 451 452

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Tallau (2007), S. 18 f.; Kaplan/Strömberg (2003), S. 281 f.; Sahlman (1990), S. 503-506. Gorman/Sahlman (1989), 237. Jungwirth (2006), S. 49 f. Sahlman (1990), S. 506; Fried/Hisrich (1995), S. 102. u. a. Hellmann/Puri (2000), S. 963; Fried/Hisrich (1995), S. 102 f.; Lerner (1995), S. 302. Jungwirth (2006), S. 58.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Anhand der vorherigen Beschreibungen zeigt sich, dass die Zeitaufteilung der Managementaktivitäten in der Pre- und Post-Investmentsphase als Abgrenzungsmerkmal zwischen beiden Betreuungsstrategien dient, wobei ein fließender Übergang existiert. Weiterhin gilt der Fakt, dass Zeit für VC-Gesellschaften eine begrenzte Ressource darstellt. Aufgrund dieser Konstellation können folgende Trade-off-Beziehungen für die Betreuung der PU abgeleitet werden, die in Abbildung 21 schematisch dargestellt sind: 453 Betreuung

Abbildung 21: Trade-off Quelle:

Beziehungen bei der Portfoliobetreuung

Eigene Darstellung.

Bezogen auf den Gesamtbestand an Beteiligungsmandaten ist festzuhalten, dass sich die potenzielle Portfoliogröße verringert, sobald VC-Gesellschaften allgemein den Zeitaufwand für die Auswahl und die Betreuung einzelner PU steigern bzw. die Anzahl ihrer Investmentmanager reduzieren c. p. 4 5 4 Die zweite Trade-offBeziehung besteht darin, dass sich die zur Verfügung stehende Auswahlzeit für neue Beteiligungen reduziert, sobald ein größerer Aufwand in die Betreuung aktueller Beteiligungsmandate investiert wird c. p. 4 5 5 Vergleichend ist dabei festzuhalten, dass die Selektion eines Beteiligungsmandates grundsätzlich weniger zeitintensiv ist, als deren längerfristige Betreuung. Dies kann man anhand des Anstiegs der Betreuungsfunktion ablesen. Unter Beachtung dieser Kausalitäten

453

454

455

Das Optimierungsproblem begrenzte Zeit auf verschiedene Beteiligungsmandate zu verteilen, wird bereits von Sahlman thematisiert. Vgl. Sahlman (1990), S. 507. Vgl. Cumming (2006), S. 1084. Modelltheoretsich wird dieser Zusammenhang in der Arbeit von Kanniainen/Keuschnigg hergeleitet. Vgl. Kanniainen/Keuschnigg (2003). Vgl. Gifford (1998), S. 21; Gifford (1997), S. 463-467.

122

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

müssen VC-Gesellschaften entscheiden, ob sie sich entweder eher als Scout v. a. auf die Auswahl sowie die Absicherung der Finanzierung und die Besetzung wichtiger Managementpositionen konzentrieren, oder aber als Coach eine intensive 456 Betreuung anbieten mit Einflussnahme bis hin auf operative Abläufe in den PU. 4.2.2.2.2 Hypothesenbildung Neben den theoretischen Vorüberlegungen basiert die nachfolgende Hypothesenbildung auf der Annahme, dass private Venture Capitalists über einen größeren Fundus an Spezialwissen verfügen und verstärkt Hightech-Unternehmen finanzieren. Öffentlich-geförderte VC-Geber weisen hingegen einen geringeren Spezialisierungsgrad auf und diversifizieren ihr Engagement stärker in LowtechBereiche. Diese akteursspezifischen Investitionsstrategien ermöglichen eine optimale Portfoliogestaltung unter Berücksichtigung der Wissenstransfer-, Agency457 Vor diesem Hintergrund ist im Folgenden das optiund Opportunitätskosten. male Betreuungsverhalten von VC-Gesellschaften abzuleiten, wobei jedoch die 458 alleinige Betrachtung finanztheoretischer Aspekte nicht zielführend ist. Unter wirtschaftlichen Effizienzkriterien ist vielmehr der Betreuungsaufwand an das Gewinnpotenzial des Beteiligungsmandats auszurichten unter der Nebenbedingung der verfügbaren Ressourcenbasis. Diese Überlegung basiert auf der Arbeit von GOMPERS, welcher die Betreuungskosten von VC-Gebern in das Verhältnis zu den bestehenden Informationsasymmetrien setzt. Demnach fallen in der Beteiligungsphase Agency- sowie auch Monitoring-Aufwendungen in Form von Ver459 handlungs-, Planungs- und Controlling-Kosten an. Diesen Aspekt greifen KANNIAINEN und KEUSCHNIGG auf und leiten modelltheoretisch die optimale Portfoliogröße von VC-Gesellschaften ab. Hierbei zeigen sie, wie mit zunehmender Anzahl der Beteiligungsmandate der zeitliche Managementaufwand pro Beteiligung verwässert und folglich die Agency-basierten Portfoliorisiken ansteigen. Zudem weisen sie theoretisch nach, dass VC-Geber ihren Betreuungsaufwand in der Erwartungshaltung zunehmender Rückflüsse steigern. Reduziert sich hingegen die Renditeerwartung innerhalb des Beteiligungsportfolios, wird der Managementsupport ebenfalls verringert. Die hieraus frei werdenden Kapazitäten können dann zur Kompensation für den drohenden Gewinnrückgang in die Finanzierung 460 und Unterstützung anderer PU investiert werden. 456 457 458 459 460

Vgl. Baum/Silverman (2004), S. 413 f. Vg 1. Kapite 14.2.2.1.2. Vgl. Jungwirth (2006), S. 60. Vgl. Gompers (1995), S. 1463-1466. Vgl. Kanniainen/Keuschnigg (2003), S. 522 und S. 528-531.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

123

Auf diesen Arbeiten aufbauend fokussiert CUMMING in seiner Untersuchung die Analyse einzelner Beteiligungsbeziehungen und entwirft ein Entscheidungsmodell für die optimale Betreuungsintensität bei VC-Finanzierungen. Die Kernaussage dieses Modells ist, dass ein Venture Capitalist soviel Zeit und Mühe in die Unterstützung eines PU investiert, solange dieser Aufwand maximal dem erwarteten Kapitalrückfluss entspricht, den das Beteiligungsmandat zur Performance des Ge461 samtportfolio beiträgt. Für den Fortgang der Untersuchung ist hieraus die grundsätzliche Effizienzregel für VC-Gesellschaften abzuleiten, dass je größer das Gewinnpotenzial des Beteiligungsmandats, desto höher die Bereitschaft zum An462 gebot von Betreuungsdienstleistungen c. p. Dieser Zusammenhang ist in Abbildung 22 noch einmal schematisch verdeutlicht und wird nachfolgend für die jeweilige Akteursgruppe spezifiziert erläutert. Für private VC-Geber ist zuerst festzuhalten, dass trotz der verstärkten Anhäufung von spezifischem Wissen das Problem existiert, bei der Betreuung im Zeitablauf fortbestehende Informationsasymmetrien zum Management des PU auszugleichen. Zwar wird sich das Spezialwissen des Venture Capitalist durch jede neue Beteiligung steigern, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass sich dieses kom463 plett an das spezifische Fachwissen eines jeden Gründers angleicht. Dies liegt darin begründet, dass z. B. ein Spezialist aus dem naturwissenschaftlichen Bereich, aufgrund seiner akademischen und beruflichen Laufbahn, ein hohes Maß 464 an implizitem Wissen in seinem Fachgebiet besitzt. Meist blickt dieser auf mehrjährige Forschungstätigkeiten zurück und hat möglicherweise in diesem wissenschaftlichen Bereich promoviert. Erschwerend für eine Angleichung der Informationsstände kommt hinzu, dass der Gründer einen Anreiz besitzt, diesen 465 Informationsvorteil in gewisser Höhe aufrecht zu erhalten. Dies ermöglicht ihm eine gewisse Machtposition zur Durchsetzung seiner individuellen Ziele, wie z. B. dem Verlangen nach Selbstverwirklichung und Unabhängigkeit. Daher ist von seiner eingeschränkten Kooperationsbereitschaft bei der künftigen Zusammenarbeit 461 462

463

464

465

Vgl. Cumming (2006), S. 1086 f. Diese Verhaltensregel bezieht sich auf die allgemeine strategische Ausrichtung von VCGesellschaften und nicht auf Betreuungsintensitäten bei z. B. sich in der Krise befindenden Unternehmen. Zur Thematik des Turnaround Finance vgl. Behrens (2008). Zu potenziellen Lerneffekten bei Spezialisierungsstrategien von VC-Gesellschaften vgl. Kapitel 4.2.2.1.1. Implizites Wissen ist für jeden Akteur bzw. Organisation als besonders wertvoll einzustufen da dieses nur schwer transferiert werden kann. Gemäß den Ausführungen des Knowledge-based View liegt in der heutigen Informationsgesellschaft genau hier die Quelle strategischer Wettbewerbsvorteile. Vgl. Kapitel 4.1.4. Vgl. Jungwirth (2006), S. 61.

1

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

auszugehen.466 Aus diesem Kontext heraus ist die Betreuung der PU aus agencytheoretischer Perspektive nur unter Inkaufnahme hoher MonitoringKosten realisierbar. GEP/

Rückgang Portfoliogröße GEP = Σ erwartete Grenzerträge

GK = Σ erwartete Grenzkosten

Abbildung 22: Betreuungsintensität von VC-Gesellschaften eines Portfoliounternehmens Quelle:

in Relation zum Gewinnpotenzial

Eigene Darstellung in Anlehnung an Cumming (2006), S. 1087.

Da Hightech-Projekte jedoch erhebliche Gewinnpotenziale besitzen,467 werden private VC-Geber auch bereit sein, diesen Betreuungsaufwand zu investieren. Einerseits zur Kontrolle des Managements auf Seiten der PU. Andererseits um eigene spezifische Unternehmensressourcen, v. a. das Know-how der Investmentmanager, komplementär in den Entwicklungsprozess des Beteiligungsmandats einzubringen. Dies vor dem Hintergrund die Erfolgswahrscheinlichkeit und somit auch den zu erwartenden Kapitalrückfluss auf einem hohen Niveau zu halten bzw. gar weiter zu steigern. Beispielhaft zu nennen ist das Ausnutzen des Kontaktnetzwerkes zu Entscheidungsträgern innerhalb einer bestimmten Branche, um Pilotprojekte anzustoßen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit mit Hilfe des Expertenwissens auf Seiten des Venture Capitalists bei der Produkt- und Un466 467

Vgl. Gebhardt/Schmidt (2002), S. 241 f.; Roling (2001), S. 45. Vgl. Kapitel 4.2.2.1.2.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

125

ternehmensentwicklung Synergien mit dem Management des PU zu realisieren.468 In diesem Kontext weiterhin notwendig ist ein gründlicher Auswahlprozess. Schließlich erhöht das Expertenwissen die Erfolgswahrscheinlichkeit gute Projekte auszuwählen, wie in Kapitel 4.2.2.1.2 dargelegt. Diese Kompetenz ist auch bei der Verfolgung einer Hands-on-Strategie als Wettbewerbsvorteil gegenüber we469 niger spezialisierten Finanzintermediären auszunutzen. Das die Kombination einer intensiven Betreuung mit einem gründlichen Auswahlprozess bei VCGesellschaften ein erfolgreiches Vorgehen sein kann, ist den Arbeiten von BAUM und SILVERMAN sowie von KAPLAN ET AL. abzuleiten. Beide Untersuchungen gelangen zu dem Ergebnis, dass eine sorgfältige Auswahl der Beteiligungsmandate positive Auswirkungen auf die Gesamtperformance hat, da man die Erfolgswahrscheinlichkeit des Vorhabens besser abschätzen kann. Da man sich zudem tiefgehend mit den kritischen Einflussgrößen des Geschäftsmodells auseinandergesetzt hat, ist man anschließend auch in der Position während der Betreuungsphase inhaltlich einen größeren Mehrwert zu leisten bzw. auch schneller auf notwendige Anpassungsmaßnahmen zu reagieren, wie z. B. bei der Besetzung des Managementteams.470 Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ist zuerst festzuhalten, dass durch die stärkere Fokussierung auf Lowtech-Unternehmen geringere Wissenstransfer- und Agency-Kosten in der Betreuungsphase zu beklagen sind. Derartige Vorhaben sind definitionsgemäß für einen Investor leichter verständlich und überschaubarer in ihrer Komplexität. Da zudem die Gewinnpotenziale derartiger Unternehmen beschränkt sind, ist aufgrund der Projektauswahl die Verfolgung einer Betreuungsstrategie mit geringem Aufwand plausibel und effizient 471 Hinzu ist die wirtschaftspolitische Zielstellung zu berück(vgl. Abbildung 22). sichtigen, dass über derartige Institutionen VC, kompensierend zu privatwirtschaftlichen Angeboten, möglichst vielen Unternehmen zur Verfügung gestellt 472 werden soll. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass öffentlich-geförderte VCGeber relativ große Beteiligungsportfolios verwalten, unter Berücksichtigung der ihnen zur Verfügung stehenden Human Capital Ressourcen, wie auch schon in

468 469 470 471

472

Zu einzelnen Betreuungsinhalten vgl. u. a. Zarutskie (2010), S. 158 f. Vgl. Jungwirth (2006), S. 61. Vgl. Kaplan et al. (2009), S. 96-99 und S. 112; Baum/Silverman (2004), S. 433. Zu den Eigenschaften von Lowtech-Unternehmen vgl. Kapitel 4.2.2.1.2. Vgl. Lerner (2002), S. 80 f.; Kapitel 2.2.1.

126

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

473

der Untersuchung von CUMMING über den kanadische Markt empirisch gezeigt. Unter Berücksichtigung dieser Umfeldbedingungen erscheint die Verfolgung der oben abgeleiteten Betreuungsstrategie als einzig realistische Option für diese VCGesellschaftsgruppe. Eine intensive Betreuung der Beteiligungsmandate würde in dem dargestellten Szenario ansonsten schnell zu einer Überlastung der Investmentmanager führen. Einschränkend ist noch zu erwähnen, dass öffentlich-geförderte VC-Geber durch ihr Investitionsverhalten verstärkt in Konkurrenz mit anderen Finanzmarktakteuren treten, wie z. B. privaten Investoren und Kreditinstituten, die ebenfalls das Finanzierungsrisiko derartiger Projekte angemessen einschätzen können. Dabei soll die Annahme gelten, dass umso höher die Qualität des Vorhabens, desto größer die Bereitschaft von Seiten dieser Investoren, Finanzierungsmittel zu adä474 quaten Konditionen bereitzustellen. Vor dem Hintergrund private Aktivitäten nicht durch öffentliches Engagement zu verdrängen, ist an öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften die Forderung zu stellen, eher in Lowtech-Unternehmen min475 Da jedoch derer Qualität zu investieren, die Finanzierungsprobleme besitzen. bei derartigen Projekten eine anschließende Betreuung zur Reduktion der unternehmensspezifischen Schwachstellen im Zeitablauf umso mehr notwendig ist, werden öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften im Rahmen ihrer Möglichkeiten Managementdienstleistungen anbieten. Aufgrund der Annahme relativ großer Beteiligungsportfolios verwässern diese allerdings pro Beteiligungsmandat. Im Ergebnis ist somit davon auszugehen, dass Investmentmanager von öffentlichgeförderten VC-Gesellschaften subjektiv einen relativ hohen individuellen Zeitanteil in die Betreuung investieren, absolut jedoch nur wenig Zeit für jedes einzelne PU zur Verfügung haben. In diesem Spannungsfeld ist die Annahme plausibel, dass sie sich auf das Angebot grundlegender Managementdienstleistungen beschränken. Aus den geschilderten zusammenhängen ergeben sich für diesen Abschnitt die nachfolgenden Arbeits- und Detailhypothesen: HS:

Private VC-Geber verfolgen gegenüber öffentlich-geförderten VCGesellschaften eine stärker fokussierte Hands-on-Betreuungsstrategie.

HSa: Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften investieren einen geringeren Zeitaufwand in die Betreuung einzelner Portfoliounternehmen. 473 474 475

Vgl. Cumming (2006), S. 1111 f. Vgl. Jungwirth (2006), S. 62. Zum Problem des Crowding-out von privatem Kapital durch öffentliche Finanzierungsmittel vgl. u. a. Lerner (2009), S. 149.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

127

H5b: Private VC-Gesellschaften bieten ein breiteres Spektrum an Managementdienstleistungen. 4.2.2.3

Exit-Verhalten und Performance

4.2.2.3.1 Theoretische Vorüberlegungen Die Ausführungen in Kapitel 3.3.2.1 haben gezeigt, dass der VC-lnvestmentzyklus für VC-Gesellschaften mit dem Exit der Beteiligung endet. Der Prozess des Beteiligungsverkaufs entscheidet letztendlich welchen Gewinn bzw. auch Verlust der Venture Capitalist mit seinem Engagement erzielt. Vor dem Hintergrund des direkten Performancebezuges besitzt dieser Wertschöpfungsprozess demnach eine besondere Bedeutung im Zuge der strategischen Positionierung von VCGesellschaften. In diesem Kontext sind im Folgenden adäquate Strategien zur Vorbereitung und Durchführung von Unternehmensverkäufen theoriebasiert ab476 zuleiten. Hierbei ist zuerst anzuführen, dass VC-Geber aufgrund der meist mehrjährigen Beteiligungshaltedauer einer hohen Unsicherheit ausgesetzt sind, was die Entwicklung und Prognose des Unternehmensverkaufs anbelangt. Will man die Vielzahl der im Zeitablauf dynamischen Einflussfaktoren angemessen berücksichtigen, muss letztendlich eine hohe Komplexität und Diskontinuität bei der Festle477 gung der Exit-Strategie in Kauf genommen werden. Ausgehend hiervon könnte man zu der Annahme gelangen, dass für VC-Gesellschaften eine frühzeitige Strategiewahl und Ausrichtung ihres Exit-Verhaltens ineffizient ist. Jedoch zeigt u. a. die Untersuchung von WALL und SMITH über den europäischen VC-Markt, dass die Festlegung von Exit-Szenarien sowie deren zielorientierte Verfolgung die Probleme und folglich Risiken des Beteiligungsverkaufs reduzieren. Das Fehlen industrieller Käufer ist z. B. dahingehend zu mindern, dass man sich von vornherein über eine mögliche strategische Zielgruppe im Klaren ist und das PU frühzeitig auf die Anforderungen dieser Klientel ausrichtet. Folglich erleichtert sich die spätere Ansprache potenzieller Interessenten für den Beteiligungsverkauf, wenn deren Interesse nicht gar schon während der Beteiligungsphase im 478 Zuge von z. B. Entwicklungskooperation geweckt wurde. Bezüglich des genauen Zeitpunktes zur Formulierung der anvisierten ExitStrategie ist somit festzuhalten, dass diese idealerweise bereits vor der Beteili-

476 477 478

Vgl. Betsch (2000), S. 135. Vgl. Prester (2002), S. 68 f. Vgl. Wall/Smith (o. J.), S. 6 f.

128

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

gungsentscheidung vorliegen sollte. Nur wenn der Venture Capitalist so frühzeitig Klarheit über das Ziel seines Beteiligungsengagements hat, kann dieser seine Investitions- und Betreuungsaktivitäten auch zielführend auf dieses Exit-Szenario 479 Dies allerdings nur, wenn der VC-Geber hierfür auch die notwendiausrichten. ge Legitimationsgrundlage besitzt, in Form eines adäquaten Beteiligungsvertrag in dem nachfolgende Interventions- und Managementmöglichkeiten festgehalten 480 sind. Das die zielkonforme Ausgestaltung des Beteiligungsvertrages von elementarer Bedeutung für das Zustandekommen des zeitlich begrenzten Beteiligungsinvestments ist, stellt BLACK und G1LsoN modelltheoretisch dar. Demnach gründet die Beziehung zwischen VC-Geber und Entrepreneur auf dem zeitlich befristeten Austausch von Kontroll- und Mitspracherechten sowie Unternehmensanteilen gegen Kapital und Know-how. Anders formuliert, besteht für den häufig unerfahrenen Unternehmer die Möglichkeit, durch die vorübergehende Aufgabe der alleinigen Unternehmenskontrolle beim Aufbau seines Unternehmens von dem externen Wissen und der Reputation des Venture Capitalist zu profitieren. Der VC-Geber will jedoch im Gegenzug die Risiken seines Investments für die Laufzeit der Beteiligung effizient steuern und die Strategie des PU auf ein gewünschtes, meist ren481 diteträchtiges Exit-Szenario ausrichten. Ausgehend von diesen Interessenlagen zeigen BLACK und GILSON, dass der IPO die optimale Exit-Option ist, da dieser für beide Parteien ein erstrebenswertes Ziel darstellt. Dem Entrepreneur bietet sich im Erfolgsfall eine Rückkaufoption auf die Unternehmenskontrolle, um den temporären Machtverlust zu beheben. Für VC-Gesellschaften birgt dieser Exit-Kanal hingegen das höchste Renditepotenzial. Vor diesem Hintergrund gelangen die Autoren zu dem Schuss, dass ein vitaler Kapitalmarkt als zugänglicher Exit-Kanal 482 erfolgsentscheidend für einen funktionierenden VC-Markt ist. JENG und WELLS greifen dieses modelltheoretische Ergebnis in ihrer Untersuchung zu möglichen Einflussfaktoren für VC-lnvestments auf und bestätigen in der empirischen Analyse von VC-Aktivitäten in über 21 ausgewählten Ländern einen po483 sitiven Zusammenhang zwischen der IPO- und VC-Aktivität. Bei einer differenzierteren Betrachtung zeigt sich jedoch, dass diese Korrelation bei Spätphasenfi479 480 481 482 483

Vgl. Cumming/Johan (2008), S. 1213 f.; Nathusius (2001), S. 83. Zu einzelnen Betreuungsstrategien bei VC-Gesellschaften vgl. Kapitel 4.2.2.2.1. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Finance-based View in Kapitel 4.1.4. Vgl. Black/Gilson (1998), S. 257-264. Zu den ausgewählten Ländern zählen u. a. Deutschland, Israel, Frankreich, Japan, Großbritannien und die USA. Die weiteren untersuchten Einflussfaktoren sind Arbeitsmarktrahmenbedingungen, Bilanzierungsstandards, private Pensionsfonds, staatliche Programme sowie die Entwicklung des BIP. Vgl. Jeng/Wells (2000), S. 256-258.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

129

nanzierungen zu beobachten ist. Klassische VC-lnvestments in frühen Unternehmensphasen werden hiervon deutlich weniger beeinflusst. Vor diesem Hintergrund stellen sie als weitere lukrative Exit-Option die Bedeutung von Trade Sales heraus, v. a. in europäischen Ländern, von denen ebenfalls ein positiver Anreiz 484 auf die VC-lndustrie ausgeht. Jedoch ist hierbei einschränkend zu erwähnen, dass Trade Sales gegenüber IPOs grundsätzlich ein geringeres Renditepotenzial 485 für VC-Gesellschaften bieten. Darüber hinaus ergeben sich bei einem Trade Sale besondere Anreizprobleme zwischen dem VC-Geber und dem Entrepreneur, da bei der Nutzung dieses Exit-Kanals die Unternehmenskontrolle auf den industriellen Käufer übertragen wird. Der Gründer verliert in diesem Szenario die Rückkaufoption auf die Kontroll- und Mitspracherechte, welche er zeitlich befristet auf den Venture Capitalist übertragen hat. Im Ergebnis reduziert sich somit sein 486 nichtmonetärer Gewinn, wie BASCHA und WALZ modelltheoretisch aufzeigen. Diesen negativen Anreizeffekt bei der Durchführung von Trade Sales sollten VCGesellschaften idealerweise schon bei der Vertragsgestaltung berücksichtigen, wie CuMMING in seiner Untersuchung von 223 europäischen VC-lnvestments aufzeigt. Demnach begünstigen stark ausgeprägte Kontroll- und Mitspracherechte für den Venture Capitalist die Wahrscheinlichkeit am Ende der Beteiligungsdauer das Beteiligungsmandat über einen Trade Sale zu veräußern. Hierbei von besonderer Bedeutung ist die Option das Management des PU austauschen zu können, womit sich in dem angewandten Regressionsmodell die Wahrscheinlichkeit eines Trade Sales um knapp 40 % erhöht. Gleichzeitig verringert sich die Gefahr, mit der Beteiligung einen Totalverlust zu erleiden. Aus Portfolioperspektive führen weitreichende vertraglich fixierte Einflussnahmemöglichkeiten somit zu einer Steigerung des Kapitalrückflusses und final zu einer verbesserten Performance 487 der VC-Gesellschaft. Die Ursache hierfür liegt darin begründet, dass sich durch eine zielorientierte Vertragsgestaltung die Machtposition des VC-Gebers in der anschließenden Betreuungs- und Veräußerungsphase erhöht. Folglich kann die488 ser seine Interessen gegenüber dem Management des PU besser durchsetzen. Die hiermit angesprochene lntensivphase des Beteiligungsverkaufs, im Speziellen das Verhalten des Venture Capitalist, ist ebenfalls dezidiert in der Analyse zu berücksichtigen. Hierzu unterscheidet die eingangs erwähnte Untersuchung von 484

485 486 487 488

Vgl. Jeng/Wells (2000), S. 254-256, S. 276 und S. 285. Zur Bedeutung des Trade Sale auf dem deutschen Beteiligungsmarkt vgl. Hummel/Effenberg (2011), S. 36 f. Vgl. Cumming/Johan (2008), S. 1214; Black/Gilson (1998), S. 164; Timmons/Bygrave (1992), S. 167. Vgl. Bascha/Walz (2001), S. 289-291. Vgl. Cumming (2008), S. 1968 f. und S. 1978. Vgl. Cumming/Johan (2008), S. 1220.

130

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

WALL und SMITH zwei mögliche Ausprägungsformen. Das eine Extrem besteht darin, mit Beteiligungsbeginn pro aktiv das potenzielle Ausstiegsszenario durch eine intensive Betreuung zu forcieren. Der VC-Geber ist hierzu stets über das Geschehen in dem PU informiert und beeinflusst nachhaltig die Unternehmensstrategie im Hinblick auf das geplante Exit-Szenario. Zum Ende der Beteiligungsdauer erfolgt eine proaktive Betreuung des PU bei der Vorbereitung und Durchführung des Exit, z. B. durch die Initiierung und Teilnahme an Verkaufsverhandlungen. Die Aktivitäten werden zudem in einem internen Reporting der VC-Gesellschaft systematisch festgehalten. Das Ziel dieser Verhaltensform ist letztendlich die Maximierung des Kapitalrückflusses. Das andere Extrem ist wiederum geprägt durch ein passives Vorgehen des Venture Capitalist. Dieser verfolgt keine spezifische Exit-Option und hält sich demnach auch mit seinen Unterstützungsdienstleistungen zurück. Bietet sich die Möglichkeit zum Beteiligungsausstieg, nutzt er diese intuitiv, wobei eine angemessene, zum Teil auch schon vertragliche fixierte Rück489 zahlung des investierten Kapitals die oberste Priorität haben. Abschließend ist festzuhalten, dass sich die beiden erläuterten Verhaltensweisen hinsichtlich des investierten Zeitaufwands unterscheiden. Wie bereits angeführt, stellt die Ressource Zeit für VC-Geber jedoch eine knappe Ressource dar. Die hieraus abgeleitete Trade-off-Beziehung für VC-Gesellschaften, die zwischen dem Zeitbudget für die Betreuung einzelner PU besteht gilt folglich auch für die Allokation der Exit-Aktivitäten und muss demnach in das gesellschaftsspezifische Ent490 scheidungskalkül einbezogen werden. 4.2.2.3.2 Hypothesenbildung In Fortführung zu den Ausführungen der bisherigen Abschnitte basiert die Hypothesenbildung auf der Erwartungshaltung, dass auf dem deutschen VC-Markt v. a. die Veräußerung der Unternehmensanteile an einen industriellen bzw. strategischen Käufer angestrebt wird. Ein Börsengang erscheint hingegen nur in Ausnahmefällen möglich und ist folglich nicht als dominant geplantes Exit-Szenario 491 anzunehmen. Darüber hinaus wurde theoriebasiert abgeleitet, dass für private VC-Gesellschaften eine fokussierte und betreuungsaufwendige HightechInvestitionsstrategie vorteilhaft erscheint. Hinsichtlich der Beteiligungsportfolios öffentlich-geförderter VC-Geber besteht zudem die Hypothese, dass diese quantitativ wesentlich umfangreicher und durch einen höheren Anteil an Lowtech489

490 491

Vgl. Wall/Smith (o. J.), S. 6; Zu möglichen Aufgaben von VC-Gebern bei der Veräußerung ihrer Beteiligungsmandate vgl. Nathusius (2001), S. 83 f. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum lnstitutional-based View in Kapitel 4.1.4. Vg 1. Kapite 14.2.2.3.1.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

131

Unternehmen gekennzeichnet sind. Aufgrund dieser Portfoliostruktur ist fernerhin theoriebasiert zu vermuten, dass für diese VC-Gesellschaftsgruppe ein geringerer Betreuungsaufwand pro Beteiligungsmandat effizient und realistisch erscheint.492 Unter Berücksichtigung dieser Vorüberlegungen und in Anlehnung an das in Kapitel 4.2.2.2.2 angewandte Betreuungsmodell von CUMMING werden private VCGesellschaften, unter der Prämisse der Gewinnmaximierung, ihr PU grundsätzlich dann veräußern, sobald die Kosten für die Bereitstellung zusätzlicher Managementunterstützung höher ausfallen, als der hieraus zu erwartende Unternehmenswertzuwachs.493 Analog hierzu wird der private Venture Capitalist auch im Prozess des Beteiligungsverkaufs seinen Aufwand an der Höhe des potenziellen Kapitalrückflusses ausrichten. In diesem Zusammenhang wirkt das grundsätzlich hohe Gewinnpotenzial von Hightech-Unternehmen begünstigend. Dieses setzt für private VC-Gesellschaften einen Anreiz, sich aktiv zu engagieren, womit sich 494 die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Exits zusätzlich erhöht. Als Gründe hierfür sind das (spezifische) Wissen und die Erfahrung des Venture Capitalist anzuführen, die den Veräußerungsprozess professionalisieren. Darüber hinaus reduziert das Engagement auch bestehende Informationsasymmetrien zwischen dem PU und dem potenziellen Neukäufer, für den die Bewertung von Hightech-Projekten ebenfalls eine besondere Herausforderung darstellt, 495 Durch die Reputation der wie schon für den VC-Geber zu Beteiligungsbeginn. VC-Gesellschaft können in diesem Szenario positive Signale über die Qualität des Unternehmens ausstrahlen, woraufhin sich die Auswahl- im Speziellen die Qualitätsrisiken für den Kaufinteressenten reduzieren. Die Voraussetzung hierfür jedoch ist, dass der Venture Capitalist in der Vergangenheit bereits einen gewissen Track Record erzielt hat. Frühere Misserfolge können andernfalls zu negativen 496 Signaleffekten bei künftigen Verkaufsprozessen führen. Da private VC-Geber bereits vor Beteiligungsbeginn Klarheit über die Betreuungsund Exit-Strategie haben sollten, ist hieraus folgendes Vertrags- bzw. Verhand492 493

494 495 496

Vgl. Kapitel 4.2.2.1.2 und Kapitel 4.2.2.2.2. Abweichende Verhaltensweisen können z. B. bei der Wahrnehmung eines "Windows of Opportunity" sowie bei eigenen Fundraisingaktivitäten auftreten. Vgl. Cumming/Maclntosh {2003), S. 516 f.; Cumming {2006), S. 1086 f. Vgl. Cumming/Johan {2008), S. 1213. Zum Informationsproblem von VC-Gesellschaften bei der Beteiligungsauswahl vgl. Kapitel 4.2.2.1.1. Zum Problem asymmetrischer Informationslagen bei der Veräußerung von Unternehmensanteilen durch VC-Gesellschaften vgl. Cumming/Maclntosh {2003), S. 517 f. und S. 521. Zur Rolle des Venture Capitalist als "Reputational lntermediary" vgl. Black/Gilson {1998), S. 254 f.

132

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

lungsmanagement bei der Aufsetzung des Beteiligungsvertrags anzunehmen. Zur Absicherung der aktiven Kontroll- und Einflussnahmemöglichkeit sowie der Durchführung eines priorisierten Trade Sale ist übergreifend eine vertraglich fixierte starke Machtposition für private VC-Geber wichtig. Hierbei von Bedeutung sind allgemeine Kontroll- und Mitwirkungsrechte, die zur Sicherstellung einer ausgeprägten Verhandlungsmacht in der Investitionsphase dienen. Darüber hinaus ist anzunehmen, dass private VC-Gesellschaften besonders auf Vermögensrechte achten, welche die eigene Machtposition im Zeitablauf sowie die Maxi497 mierung des investierten Kapitals begünstigen. Aufgrund dieser Ansprüche an den Beteiligungsvertrag ist abschließend davon auszugehen, dass mit dem Management des potenziellen PU eine intensive Vertragsverhandlung erfolgt. Der hieraus entstehende Aufwand ist wiederum mit dem möglichen Gewinnpotenzial 498 des Beteiligungsmandats abzuwägen. Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber ist nunmehr anzuführen, dass diese auch weiterführende wirtschaftspolitische Zielstellungen verfolgen. Durch diese mehrdimensionalen Anforderungen verwässert folglich der Druck sich ex499 klusiv auf das Performanceziel zu fokussieren. Im Ergebnis führt dies dazu, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften im Zuge des Investitionsprozesses ge500 minderte Renditeanforderungen an die PU stellen. Darüber hinaus liegt der Untersuchung die Erwartung zugrunde, dass diese Akteursgruppe nur bedingt Managementunterstützung anbieten kann aufgrund der begrenzter vorhandenen 501 Human-Ressourcen. Aufgrund des schwächeren Gewinnstrebens sowie der nur begrenzt möglichen Unterstützung ist im Ergebnis anzunehmen, dass für öffentlich-geförderte VC-Geber der Einsatz reiner Eigenkapitalinstrumente und die Fokussierung auf den Verkauf des Beteiligungsmandats an einen strategischen Käu502 fer nicht so stark von Bedeutung sind. Demnach sollte für diese Gruppe die Ausgestaltung von Vermögensrechten einen geringeren Stellenwert besitzen. Auch der Anspruch nach Kontroll- und Einflussnahmemöglichkeiten geht zurück bzw. ist durch den verstärkten Einsatz von 497

498 499 500 501 502

Zur Bedeutung eines effizienten Vertragsdesign für VC-Gesellschaften sowie einer Übersicht möglicher Vertragsbestandteile vgl. Cumming (2008), S. 1949 und S. 1952-1955; Gompers (1997), S. 3 f. sowie Kapitel 4.1.4. Vgl. Gompers (1995), S. 1464. Vgl. Jungwirth (2006), S. 82; Hege (2003), S. 7. Vgl. Dannat (2004), S. 56. Vg 1. Kapite 14.2.2.2.2. Bettignies zeigt modelltheoretisch, inwiefern das Ausmaß komplementärer Managementdienstleistungen zwischen VC-Gesellschaft und Portfoliounternehmen einen Einfluss auf die Auswahl des Finanzierungsinstruments besitzen sollte. Vgl. Bettignies (2008), S. 159-161.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

133

Mezzanine-Kapital nur begrenzt einzufordern. Daher ist bei öffentlichgeförderten VC-Gebern davon auszugehen, dass größtenteils standardisierte Beteiligungsverträge mit geringeren Einflussnahmemöglichkeiten zum Einsatz gelangen, mit dem Ziel einen angemessenen Kapitalrückflusses abzusichern. Ein positiver Nebeneffekt aus diesem Vorgehen ist die Reduzierung des Aufwands für die Vertragsgestaltung und -verhandlung unter Berücksichtigung der knappen Ressource Zeit. Auch für den operativen Prozess des Beteiligungsverkaufs ist ein geringeres Engagement öffentlich-geförderter VC-Geber anzunehmen. Dieses leitet sich aus der abgeschwächten Gewinnfokussierung sowie dem niedrigeren Renditepotenzial von Lowtech-Unternehmen ab. Die hieraus resultierenden geringeren Gewinnerwartungen auf lnvestorenseite stehen in der Folge einem aufwendigen Vorgehen entgegen, gemäß dem bereits angeführten Betreuungsmodell von CuMMING. Unter der Annahme, dass öffentlich-geförderte VC-Geber verstärkt im Lowtech-Segment investiert sind, treten im Verkaufsprozess der PU auch nur geringere Informationsasymmetrien auf, die ein verstärktes Engagement bzw. eine 503 Vor diesem Signalwirkung des Venture Capitalist unbedingt erfordern würden. Gesamthintergrund erscheinen für diese Akteursgruppe auch andere Exit-Kanäle mit einem geringeren Durchführungsaufwand und Renditepotenzial interessant, solange auf Gesellschaftsebene ein angemessener Kapitalrückfluss generiert 504 wird. Fasst man die vorherigen Ausführungen zusammen, so sind für den Fortgang der Untersuchung nachfolgende Arbeits- und Detailhypothesen festzuhalten: H6:

Private VC-Gesellschaften investieren gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern einen größeren Veräußerungsau/wand und sind erfolgreicher beim Exit ihrer Beteiligungsmandate.

H6a: Private VC-Gesellschaften investieren mehr Zeit in die Vorbereitung und Durchführung des Beteiligungsverkaufs. H6b: Private VC-Geber legen mehr Wert auf die Ausgestaltung der Kontroll- und Vermögensrechte zu Beteiligungsbeginn. H6c: Private VC-Gesellschaften beeinflussen aktiver den Prozess des Beteiligungsverkaufs. H6d: Private VC-Geber besitzen eine bessere performanceabhänge Exit-Struktur. 503

504

Lowtech-Unternehmen bieten definitionsgemäß technisch überschaubare Produkte oder Dienstleistungen an. Vgl. Kapitel 4.2.2.1.2. Vgl. Wall/Smith (o. J.), S. 6.

134

4.2.3

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Syndizierungsmotive

Nachdem die Konstitution und grundsätzliche strategische Ausrichtung von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften abgeleitet wurde, ist im Folgenden deren Syndizierungsverhalten, als spezielle strategische Option, im Rahmen des gewählten Theoriesets zu erläutern. Hierbei wird die Zielstellung verfolgt, Hypothesen zur Beantwortung der dritten Forschungsfrage dieser Arbeit aufzustellen. Diese lautete wie folgt:

Welche Motive existieren für private und öffentlich-geförderte VCGeber zum Syndizieren ihrer Beteiligungsinvestments? Für die Beantwortung diese Fragestellung ist übergreifend zu beachten, dass effizient handelnde VC-Gesellschaften vor der Initiierung bzw. dem Beitritt in ein Syndikat stets eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen. Folglich wird nur ein CoVenturing eingegangen, sofern der zu erwartende Syndizierungsnutzen größer ist, als der in Kauf zu nehmende Mehraufwand. Daraus leitet sich letztendlich die Entscheidungsregel ab, dass die Wahrscheinlichkeit zum Syndizieren umso größer wird, je mehr die (indirekten) monetären Vorzüge die Syndizierungskosten übersteigen.sos Syndizierungskosten sind hierbei in Form eines erhöhten Koordinationsaufwands sowie eines geringeren individuellen Erfolgsbeitrags zu berücksichtigen. Zuerst genannte Kostenposition ergibt sich aus der Ausweitung interner und externer 06 Austauschbeziehungen im VC-Finanzierungsprozess.s Die Reduzierung des individuellen Erlöspotenzials resultiert wiederum aus der Einladung von mind. einem Co-Investor und die hiermit einhergehende Teilung der Finanzierungssumme. Folglich werden von jedem einzelnen VC-Geber weniger Unternehmensanteile erworben, womit der individuelle Anteil am potenziellen Exit-Erlös sinkt. Neben diesen monetären Einbußen reduziert die Ausweitung der lnvestorenanzahl zudem auch die Reaktionsgeschwindigkeit und die gesellschaftsspezifische Durch07 setzungsfähigkeit während der Beteiligungsphase.s Diese Faktoren sind als indirekter Syndizierungsaufwand ebenfalls mit in das Entscheidungskalkül einzubeziehen. Zur Kategorisierung der strategischen Vorzüge des Co-Venturing ist auf die Ausführungen des Kapitels 3.3.3 zu verweisen. Demnach existieren Syndizierungsmotive für VC-Gesellschaften auf Gesellschafts-, Portfolio- und Beteiligungsebene, 505 506 507

Vgl. Nathusius (2005), S. 75; Brander et al. (2002), S. 426. Vg 1. Kapite 13.3.2.2. Vgl. Casamatta/Haritchabalet (2004), S. 10 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

135

wie in Abbildung 23 noch einmal schematisch dargestellt ist. Diese Einteilung erlaubt einerseits eine vollständige Erfassung möglicher Einflussparameter auf das Syndizierungsverhalten von VC-Gesellschaften. Andererseits können hiermit Querverbindungen zu den bisher aufgezeigten strategischen Handlungsfeldern von VC-Gebern geschaffen werden, wie ebenfalls aus der Darstellung hervorgeht.

Abbildung 23: Syndizierungsmotive Quelle:

für VC-Gesellschaften

als strategische Option

Eigene Darstellung.

In anderen Worten zusammengefasst zeigt die Abbildung 23, dass Syndizierungen für VC-Gesellschaften eine strategische Option darstellen, mit der existierende Ressourcenrestriktionen und unternehmensspezifische Portfoliorisiken (zusätzlich) reduziert werden können. Jedoch wurde auch angeführt, dass gleichzeitig der zu erwartende Rückfluss aus der Beteiligungsinvestition sinkt bei zusätzlich auftretenden Koordinations- und Agency-Kosten. All diese Faktoren muss der Venture Capitalist im Vorfeld einer Syndizierung in sein Entscheidungskalkül einbeziehen. Daher werden im Folgenden sämtliche angeführte Syndizierungsmotive anhand der umfangreichen wissenschaftlichen Literatur detailliert reflektiert. 5 0 8 Die angewandte Kategorisierung in Abbildung 23 dient dabei als Strukturierungshilfe für eine effiziente Abhandlung. 4.2.3.1

Motive auf Gesellschaftsebene

4.2.3.1.1 Theoretische Vorüberlegungen Wie bereits in einem vorherigen Kapital angeführt, beziehen sich Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene nicht einzeln auf die Zusammensetzung des Betei508

Vgl. Kapitel 3.3.3.

136

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

ligungsportfolios oder aber eine spezifische Beteiligungsbeziehung, sondern übergreifend auf das gesamte Tätigkeitsfeld einer VC-Gesellschaft. Demnach können hiervon sämtliche Bereiche des Geschäftsmodells betroffen sein, angefangen beim Fundraising neuer Finanzmittel bis hin zum Exit eines Beteiligungs509 mandats. Unter Berücksichtigung dieser Ausgangsbedingung ist zuerst auf die allgemeine Reputation einer VC-Gesellschaft einzugehen, die als bedeutende intangible Ressource, in einem Umfeld geprägt von Informationsasymmetrien, Qualitätssignale 510 an potenzielle Geschäftspartner sendet. In der Phase des Fundraising profitiert ein VC-Geber insofern von seinem Ansehen, dass hierdurch die Wahrscheinlich511 keit der Kapitaleinwerbung positiv beeinflusst wird. Der Hintergrund hierzu ist, dass originäre Investoren bei der Verfolgung ihrer individuellen Anlagestrategie vor dem Entscheidungsproblem stehen, welcher VC-Gesellschaft sie finanzielle Mittel überlassen. Dabei achten sie bei der Due Diligence potenzieller Fonds u. a. auf die Erfahrung und das Standing des Managements sowie auf den bisherigen Investitionserfolg, welcher sich in der Performance des Track Records widerspiegelt.512 Beide Aspekte entscheiden letztendlich darüber, ob eine VC-Gesellschaft als erfolgreich wahrgenommen wird und demnach eine hohe Reputation besitzt oder nicht. In der Investitionsphase begünstigt ein dementsprechendes Standing die Auswahl und Ansprache qualitativ hochwertiger PU und somit wiederum auch die künftige Erfolgswahrscheinlichkeit der Investmentaktivitäten. Hierzu zeigt SMITH in seiner Untersuchung von 136 über VC finanzierter Unternehmen, dass über 71 % mehr als ein, und knapp 54 % sogar mehr als drei Angebote von VC-Gebern erhielten. Im weiteren Verlauf gelangt dieser zu dem Ergebnis, dass für die befragten Unternehmer die Reputation des Venture Capitalist ein wichtiges Kriterium für die 513 Entscheidung zu einer Zusammenarbeit darstellte. übergreifend ist somit festzuhalten, dass ein hohes Ansehen als VC-Geber das Attraktivitätsniveau gegenüber potenziellen Investoren und PU steigert, womit Vorteile für künftige Geschäftsbeziehungen einhergehen. Demnach stellt die Verbesserung der eigenen

509 510

511 512

513

Vg 1. Kapite 13.3.2.1. Vgl. hierzu u. a. die theoretischen Ausführungen der Agency-Theorie und des Resource-based View in Kapitel 4.1.2 und 4.1.3. Vgl. Nahata (2009), S. 3 f. Weitere Kriterien sind die u. a. die künftige Investitionsstrategie, die Volatilität der Renditen, die persönliche Beteiligung des Managements am Fonds sowie die Ausgestaltung der lnvestorenrechte und des Reportings. Vgl. Kreuter (2008), S. 75-79. Vgl. Smith (1999), S. 1-5 und S. 11.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

137

Reputation ein erstrebenswertes Motiv für VC-Gesellschaften bei der Syndizierung von Beteiligungsinvestitionen dar. Hinsichtlich der Ausstrahlung von Reputation ist bekannt, dass sich diese zum einen auf direktem Weg über den sogenannten Spill-over-Effekt überträgt. Dieser besagt, dass das Handeln eines Wirtschaftssubjektes bestimmte Auswirkungen 514 auf die externe Wahrnehmung eines Mithandelnden besitzen kann. Für die Syndizierung von VC-lnvestments bedeutet dies, dass durch die Kooperation mit einem angesehenen VC-Geber ein positives Signal an außenstehende Marktteilnehmer gesendet wird. Man kooperiert schließlich mit einem in der Vergangenheit erfolgreichen Investor. Im Ergebnis steigert sich das Ansehen der eigenen Gesellschaft als gefragter Investmentpartner und folglich das Standing für die 515 Aufnahme künftiger Geschäftsbeziehungen. Das dieser Ausstrahlungseffekt real existiert, auch in Finanzbeziehungen, geht u. a. aus der Untersuchung von HousroN hervor. Dieser zeigte anhand einer Event Study, dass die Reputation eines Finanzpartners positiv auf das Ansehen eines Anderen wirkt. Die Ursache hierfür sieht dieser darin, dass durch die Kooperation gemeinschaftlich positive Signale an den Markt gesendet werden, welche in der 516 Folge die existierenden Informationsasymmetrien reduzieren. Hierbei ist zu bedenken, dass das Ausmaß dieses Übertragungseffekts negativ mit der Ausprägung der eigenen Reputation korreliert. Demnach profitiert eine VC-Gesellschaft mit einem niedrigen Ansehen in stärkerem Maße von der hohen Reputation seiner Syndizierungspartner, als renommierte VC-Geber, die bereits über ein entsprechendes Ansehen verfügen. Für letztgenannte besteht gar die Gefahr, durch Kooperationen mit weniger angesehenen Partnern eigene Reputationsverluste in 517 Form eines negativen Spill-over-Effekts zu erleiden. Neben dem direkt wirkenden Spill-over-Effekt besteht zudem auch indirekt die Möglichkeit über Syndizierungen seine eigene Reputation zu steigern. Zu Beginn dieses Abschnittes wurde hierzu angeführt, dass der Track Record als Indikator zur Bestimmung der Qualität einer VC-Gesellschaft dient. Demnach kann durch die Verbesserung dieser Performancekennzahl, ein positiver Effekt auf die Reputation gegenüber potenziellen lnvestorengruppen erzielt werden. Diese Kausalität schlägt sich nieder in der sogenannten Window-Dressing-Strategie, welche 514

515 516 517

Vgl. Franke (2002), S. 31 f. Darüber hinaus zum Phänomen des Wissens-Spill-over vgl. Kaiser (2002), s. 126 f. Vgl. Nathusius (2005), S. 84. Vgl. Houston (2003), S. 330 f. Vgl. Krebs (2012), S. 50 f.; Nathusius (2005), S. 85.

138

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

auf die Arbeit von LAKONISHOK ET AL. zurückzuführen ist. Diese untersuchten das Verhalten von über 769 amerikanischen Pensionfonds-Managern, die sich einer jährlichen Evaluation ihrer Investmentstrategie stellen mussten. Im Bewusstsein dieser Beurteilung zeigten sich, vor jedem Quartals- und im Speziellen zum Jahresende, besondere Handlungsaktivitäten, welche darauf abzielten, eine bessere Portfolioperformance kurzfristig abzubilden. Erreicht wurde dies, indem man Aktien mit einem besonders positiven Verlauf den im vergangenen Zeitfenster kaufte und Assets mit einer negativen Entwicklung veräußerte. Besonders ausgeprägt war diese Strategie bei Managern von kleineren Pensionsfonds. Als Erklärung hierfür nennen LAKONISHOK ET AL die relativ hohen Monitoring-Kosten, welche mit Überwachung derartiger Fonds einhergehen. Da Investoren nur bedingt bereit sind, diese Aufwendungen aufzubringen, ergeben sich für die Manager derartiger Pensionsfonds folglich erweiterte Handlungsspielräume, welche diese verstärkt 518 zu ihrem Vorteil nutzen. Da zur Managementüberwachung von VC-Fonds ebenfalls relativ hohe Monitoring-Kosten anfallen, kann die Window-Dressing-Strategie als ein geeignetes Syn519 dizierungsmotiv für VC-Gesellschaften angesehen werden. Venture Capitalists treten hierzu in späteren Finanzierungsrunden bei bereits vielversprechenden Unternehmen als neuer Co-Investor in Erscheinung. Die zu erwartende Rendite sowie der eigene Managementsupport seitens der VC-Gesellschaft spielen in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr geht es darum, ei520 nen erfolgreichen Exit für eigene Marketingzwecke auszunutzen. Empirisch wurde dieses Verhaltensmuster bei VC-Gesellschaften von LERNER untersucht, der hierzu die Abfolge mehrerer VC-Finanzierungsrunden von über 271 Biotechnologie-Unternehmen analysierte. Als Ergebnis zeigte er, dass erfahrene VC-Geber in späteren Runden eher zum ersten Mal investieren, wenn sich der Wert des PU vorher stark erhöht hatte. Der Anreiz an der bisher erfolgreichen Unternehmensentwicklung zu partizipieren und öffentlich zu vermarkten war somit größer, als der Nachteil zu einem relativ hohen Unternehmenswert erstmals Unternehmensanteile zu erwerben und eine geringe bis gar negative zu er521 wartende Rendite in Kauf zu nehmen. SEPPÄ wiederum greift in seiner Untersuchung diese Ergebnisse auf und widerlegt die Window-Dressing Hypothese aus betriebswirtschaftlicher Effizienzperspekti518 519 520 521

Vgl. Lakonishok et al. (1991), S. 229-231. Vg 1. Kapite 13.3.3. Vgl. Lerner (1994), S. 18. Vgl. Lerner (1994), S. 24-26.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

139

ve. Hierzu analysierte er das Investitionsverhalten und die Performance der 100 erfolgreichsten amerikanischen VC-Geber in dem Zeitraum von 1986 bis zum Jahr 2000. Seine Ergebnisse zeigen, dass VC-Gesellschaften mit einem hohen Portfolioanteil von Frühphasenfinanzierungen, Effizienzgewinne beim Aufbau öffentlich gelisteter Unternehmen durch Syndizierungen erzielen. In Anlehnung an die Arbeit von LERNER müssten diese Effizienzvorteile jedoch bei VC-Gebern mit einem 522 hohen Anteil von Spätphasenfinanzierungen besonders ausgeprägt sein. Einschränkend ist hierbei festzuhalten, dass die Verfolgung einer WindowDressing Strategie bei VC-Gesellschaften nicht auf der Ausnutzung von Effizienzvorteilen bzw. der Steigerung der Performance beruht, sondern in der Schaffung von positiven, externen Marktinformationen zur Beeinflussung potenzieller lnvestoren.523 Aufgrund dieser teilweise widersprüchlichen Ergebnisse erscheint es jedoch umso interessanter, die Window-Dressing-Strategie als ein mögliches Motiv im Rahmen des Syndizierungsverhaltens von privaten und öffentlichgeförderten VC-Gesellschaften zu analysieren.

4.2.3.1.2 Hypothesenbildung Zur Ableitung der Arbeitshypothesen ist zuerst anzuführen, dass private VCGeber ihre Finanzmittel, wie bereits angeführt, grundsätzlich direkt bei privaten und institutionellen Investoren einsammeln. Da die Asset Allocation derartiger 524 Kapitalgeber v. a. auf der Relation von Risiko und Rendite beruht, ist die bisherige Performance einer VC-Gesellschaft ein essentielles Qualitätsmerkmal für den Erfolg ihrer Fundraisingaktivitäten. Der vorzeigbare Track Record dient demnach als wichtiges Abgrenzungskriterium gegenüber konkurrierenden VC-Gebern, um neues Kapitel für die eigene Gesellschaft einzuwerben und die Geschäftstätigkeit 525 aufrecht zu erhalten. Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften werben dagegen ihr Investitionskapital (zumindest teilweise) aus öffentlichen Finanzquellen ein, u. a. aus Ministerien mit 526 wirtschaftspolitischen Aufgaben. Derartige Kapitalgeber fundieren ihre Auswahlentscheidung nur bedingt auf harten Performancekennzahlen, da sie mit der 527 Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel wirtschaftspolitische Zwecke verfolgen. Aufgrund dieser mehrdimensionalen Zielstellung an öffentlich-geförderte VC522 523 524 525 526 527

Vgl. Seppä (2003), S. 123 und S. 140. Vgl. Lakonishok et al. (1991), S. 227. Zum Prozess der Asset Allocation bei institutionellen Investoren vgl. Tausend (2006), S. 45-48. Vgl. hierzu auch Lerner (1994), S. 18; Gompers (1996), S. 135. Vgl. Dannat (2004), S. 55 f. Vgl. Matz (2002), S. 76.

140

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Gesellschaften verwässert folglich die Bedeutung der Performancehistorie als er528 Darüber hinaus ist zu beachfolgskritisches Merkmal im Fundraisingprozess. ten, dass bei der Einwerbung von öffentlichen Finanzmitteln die direkte Beziehung zwischen VC-Gesellschaft und dem originärem Investor aufgelöst wird, da es sich hierbei in der Regel um Steuereinnahmen handelt, die von der anonymen Gesellschaft aufgebracht werden. Kommt es bspw. zu dem Totalausfall eines Investments steht kein direkter Interessenvertreter bereit, vor dem sich öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften rechtfertigen müssen. Vielmehr ist das Investitionsverhalten primär von den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern zu legi529 timieren, welche treuhänderisch über die Steuereinnahmen verfügen. Abschließend ist zudem für den deutschen Beteiligungsmarkt anzuführen, dass öffentliche Finanzmittel grundsätzlich regional an dort ansässige VC-Gesellschaften 53 vergeben werden. °Folglich reduziert sich die Anzahl konkurrierender VC-Geber und somit der Wettbewerbsdruck beim Fundraising. Auch für den Auswahlprozess potenzieller Beteiligungsmandate ist anzunehmen, dass öffentlich-geförderte gegenüber privaten VC-Gesellschaften einer schwächer ausgeprägten Konkurrenzsituation ausgesetzt und somit weniger auf die eigene Reputation als Abgrenzungsmerkmal angewiesen sind. Der bereits angeführten Seeding-Hypothese folgend ist dies damit zu begründen, dass öffentliches Handeln idealerweise privatwirtschaftliches Engagement aktiviert bzw. zu531 Folglich sollten öffentlichmindest komplementiert und nicht verdrängt. geförderte VC-Geber dann agieren, wenn Unternehmen nicht ausreichend privates Kapital akquirieren können. In diesen Situationen erscheint die Reputation der Finanzierungspartner von nachrangiger Bedeutung. Das Unternehmen konnte bisher keine ausreichende privatwirtschaftliche Finanzierungsbereitschaft stimulieren und ist folglich nicht in der Verhandlungsposition einzelne Kapitalgeber auszuwählen. Vorrangige Zielstellung ist vielmehr die Kombination von öffentlichem und privatem Engagement, um überhaupt eine VC-Finanzierung in ausreichendem Maße zu akquirieren. Tritt das Problem der zu geringen privaten Investitionsbereitschaft nicht auf bzw. sind kapitalsuchende Unternehmen gar in der komfortablen Situation aus mehreren Investoren auswählen zu können, sollten sich öffentlich-geförderte VC-

528 529 530

531

Vgl. Jungwirth (2006), S. 82; Manigart et al. (2002), S. 297 und S. 308 f. Vgl. Jungwirth (2006), S. 81. Die Ausnahme bilden die beiden Fonds der High-Tech-Gründerfonds, die vorrangig über das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie der KfW finanziert sind. Vgl. HTGF (2014). Zur Seeding- und Crowding-out-Hypothese öffentlichen Handelns vgl. Kapitel 2.3.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

141

Gesellschaften hingegen idealerweise aus dem Geschehen zurückziehen. Andernfalls ist das Allokationsproblem zu befürchten, privates durch öffentliches Kapital 532 zu verdrängen. Für die miteinander konkurrierenden privaten VCGesellschaften dient in dem folgenden Akquiseprozess wiederum die Reputation als ein wichtiges Abgrenzungsmerkmal, da auch kapitalsuchende Unternehmen vorzugsweise VC-Geber auswählen, die ein hohes Ansehen aufgrund ihres Track 533 Records besitzen. Darüber hinaus zeigt Hsu auf, dass Unternehmensgründer renommierte VC-Gesellschaften nicht nur bei ihrer Auswahl, sondern auch in der sich anschließenden Vertragsverhandlung bevorzugen, in Form geringerer Unter534 nehmensbewertungen in Höhe von 10 - 14 %. Insgesamt ist somit festzuhalten, dass die Reputation der eigenen Gesellschaft, im Prozess des Fundraising operationalisiert anhand des Track Records, für private VC-Geber von höherer Bedeutung ist. Die Gründe hierfür bei der Kapitalakquise sind die fokussierte Renditeorientierung von privaten und institutionellen Investoren, die direkte Beziehung zwischen originärer Finanzquelle und VCGesellschaft sowie die stärker ausgeprägte Wettbewerbssituation. Letzteres zeigt sich auch für den Auswahlprozess potenzieller PU. Vor diesem Hintergrund wären private VC-Geber in ihrer Geschäftstätigkeit auch von einem Reputationsverlust stärker betroffen, der durch einen negativen Spill-over-Effekt auftreten kann. Um diesem vorzubeugen, ist zu empfehlen, stärker auf die Auswahl der möglichen Syndizierungspartner zu achten. Infolge dieser zusammenhänge sollten Syndizierungsmotive, die das eigene Ansehen steigern bzw. den aktuellen Status sichern, bei privaten VC-Gesellschaften stärker ausgeprägt sein. Die Arbeits- und Detailhypothesen für diesen Abschnitt lauten daher wie folgt: Hl:

Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene haben für private VCGesellschaften eine stärkere Bedeutung als wie für öffentlich-geförderte VC-Geber.

Hla: Die Verbesserung des eigenen Track Records als Syndizierungsmotiv ist für private VC-Gesellschaften von größerer Bedeutung. Hlb: Private VC-Gesellschaften achten bei Syndizierungen stärker auf mögliche Reputationseffekte.

532 533 534

Vgl. Lerner (2009), S. 149; Leleux/Surlemont (2003), S. 84 und Kapitel 2.3. Vgl. Smith (1999), S. 5 sowie die Ausführungen in Kapitel 4.2.3.1.1. Vgl. Hsu (2004), S. 1807.

142

4.2.3.2

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Motive auf Portfolioebene

4.2.3.2.1 Theoretische Vorüberlegungen Für die folgenden Ausführungen von Bedeutung sind Motive, welche auf Ebene des Investitionsverhaltens und im Ergebnis auf die Zusammensetzung des Beteiligungsportfolios von VC-Gesellschaften wirken. Demnach ist zu untersuchen, inwiefern das Syndizieren von VC-Finanzierungen genutzt wird, um einerseits den Zugang zu neuen Beteiligungsobjekten zu verbessern und andererseits eine Senkung des Portfoliorisikos herbeizuführen. Hiermit angesprochen sind die Steigerung des Deal Flow sowie die Verbesserung der Portfoliodiversifikationsmöglichkeiten.535 In den Ausführungen zum RBV in Kapitel 4.1.3 ist angeführt, dass der Zugang zu potenziellen Beteiligungsmandaten für VC-Gesellschaften im Zuge der Standortwahl eine wichtige Ressource für die eigene Geschäftstätigkeit darstellt. Besonders in Phasen, die geprägt sind durch einen hohen Wettbewerb zwischen VCGebern um gute PU, stellt sich die Herausforderung, dass Angebot qualitativ 536 hochwertiger Beteiligungsmöglichkeiten aufrechtzuerhalten. Umso höher dabei der Pool von Investitionsanfragen, desto größer tendenziell auch die Wahr537 scheinlichkeit künftig erfolgreiche PU auszuwählen. Für das Syndizierungsmotiv der Steigerung des Deal Flow ist im Folgenden das Prinzip des Reziprozitätsmechanismus zu erläutern, der den gegenseitig bedingten Ressourcenaustausch zwischen mind. 2 Akteuren beschreibt. Hierbei wird auf die Zusicherung einer vertraglichen Gegenleistung verzichtet. Vielmehr beruht die Kooperationsbereitschaft auf dem Grundgedanken, dass alle Beteiligten durch einen wechselseitigen Austausch spezifischer Ressourcen profitieren. Demnach ist man bereit einem anderen Akteur z. B. wichtige Informationen zur Verfügung zu stellen in der Erwartungshaltung hierfür in der Zukunft eine Gegenleistung zu erhalten. Bleibt diese aus, ist aufgrund des aufkommenden Ungleichgewichts davon auszugehen, dass die informelle Kooperationsbeziehung abgebrochen wird. Der in Vorleistung getretene Akteur stellt vorerst keine weiteren Ressourcen zur Verfügung und konzentriert sich vielmehr auf die Zusammenarbeit mit Netzwerkpartnern, zu denen ein ausgeglichenes informelles Austausch538 verhältnis besteht.

535 536 537 538

Vg 1. Kapite 13.3.3. Vgl. Lockett/Wright (2001), S. 378 f. Vgl. Friedrich (2005), S. 26; Seppä (2003), S. 155. Vgl. Piskorski (2004), S. 15.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

143

überträgt man dieses Prinzip auf das Kooperationsverhalten von VCGesellschaften, unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung eines stetigen Deal Flow, ist davon auszugehen, dass diese aktiv andere VC-Geber zu Syndizierungen einladen, in der Erwartungshaltung künftig ebenfalls zu gemeinsamen Investments eingeladen zu werden. Letztendlich soll durch diesen fortdauernden Austauschprozess der Deal Flow gesteigert bzw. in wettbewerbsintensiven Phasen 539 zumindest gehalten werden. Für den Aufbau eines nachhaltigen informellen Austauschs ist dabei zu beachten, dass nur attraktive Beteiligungsanfragen mit einem hohen Erfolgspotenzial weiter geleitet werden, da nur somit beim Sourcing neuer Investments positive Effekte entstehen. Sind die Investmenteinladungen von minderer Qualität hat dies für potenzielle Syndizierungspartner keinen Vorteil. Vielmehr entsteht ein zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand für das Screening dieser Vorhaben ohne dabei neuen Deal Flow zu generieren. Dem Reziprozitätsmechanismus folgend wird der Empfänger die Kooperationsbeziehung 540 zu der absendenden VC-Gesellschaft einstellen. Des Weiteren ist zu beachten, dass der Reziprozitätsmechanismus seine Wirkung nicht unilateral sondern eben reziprok entfaltet. Bezogen auf den Kontext des CoVenturing von VC-Finanzierungen bedeutet dies, dass eine VC-Gesellschaft als Empfänger von attraktiven Beteiligungsanfragen diese auch erwidern und mit investieren sollte. Andernfalls verliert die sendende VC-Gesellschaft die Motivation künftig Beteiligungsanfragen weiterzuleiten. In dieser Konstellation würde die Passivität des Empfängers zum Abbruch der informellen Kooperationsbeziehung 541 führen. Das dieses Verhalten auf Seiten der passiven VC-Gesellschaft jedoch nicht immer als ein Kooperationsdefizit zu bewerten ist, kann der Untersuchung von PISKORSKI entnommen werden. Dieser zeigt, dass VC-Geber, die in einem großen Netzwerk agieren und ein hohes Ansehen genießen eher dazu neigen, weitergeleitete Beteiligungsanfragen von anderen VC-Gesellschaften nicht zu erwidern. Der Grund für dieses Verhalten ist, dass der zentral agierende Venture Capitalist aus seinem Netzwerk überdurchschnittlich viele Investmentangebote erhält. Daher kann dieser im Ergebnis aus einer größeren Menge von Syndizierungseinladungen schöpfen und sich demnach nur auf die attraktivsten Anfragen konzentrieren. Der bilaterale Reziprozitätsmechanismus zu einzelnen VC542 Gesellschaften verliert in dieser Situation an Wirkungskraft. 539 540 541 542

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hochberg et al. (2007), S. 296. Nathusius (2005), S. 89 f. Nathusius (2005), S. 90. Piskorski (2004), S. 35-37.

144

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Auf der Seite des einladenden VC-Gebers ist, neben der zu Beginn dieses Ab543 zudem die schnittes erläuterten Reduzierung des Erlös- und Machtpotenzials, Gefahr anzuführen, dass mit der Weitergabe von Informationen in der Selektionsphase eine zusätzliche Wettbewerbssituation zwischen den beteiligten VC544 Gesellschaften auftritt. Erhält eine VC-Gesellschaft Informationen zu einer besonders attraktiven Beteiligungsmöglichkeit, könnte diese es sogar vorziehen, dem PU ein alleiniges Investmentangebot zu unterbreiten. Die Syndizierungseinladung würde in diesem Fall aus der Perspektive des absendenden VC-Gebers zu 545 einer Reduzierung des eigenen Deal Flow führen. Dieses negativ auf den Reziprozitätsmechanismus wirkende Anreizproblem kann einerseits durch den Aufbau von Vertrauen reduziert werden. Die bereits zitierte Untersuchung von PISKORSKI zeigt hierzu, dass in der Vergangenheit erfolgreich durchgeführte Syndizierungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen auch künftig ge546 genseitig Syndizierungseinladungen auszusprechen und zu erwidern. Dieses Verhalten liegt darin begründet, dass im Austausch von Deal Flow Informationen aus der Historie heraus Routine und Vertrauen zueinander aufgebaut wurden. Man ist bereits gegenseitig in Vorleistung getreten und hat erste gemeinsame Finanzierungsrunden erfolgreich durchgeführt. Folglich ist ein beidseitiges Interesse vorhanden, die sich bewährte informelle Kooperationsbeziehung fortzuführen.547 Andererseits ist einschränkend auf das potenzielle Anreizproblem anzuführen, dass von Beginn an ein vertrauensvoller und fairer Umgang mit Insiderinformationen zu attraktiven Deal Flow Möglichkeiten notwendig ist, um nachhaltige Kooperationsbeziehungen aufzubauen. Sollte eine VC-Gesellschaft weitergeleitete Informationen zu einer attraktiven Beteiligungsmöglichkeit zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen, wird diese keine weiteren Einladungen mehr von diesem Partner bzw. aus dem Netzwerk erhalten. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die sich nichtkooperativ verhaltende VC-Gesellschaft den Zugang zu einer attraktiven Deal Flow Quelle und möglicherweise hiermit gar die Option verliert, dass eigene geografische Tätigkeitsgebiet durch Syndizierungen effizient auszuweiten. So zeigen

543 544 545 546

547

Vg 1. Kapite 14.2.3. Vgl. Casamatta/Haritchabalet {2004), S. 10 f. Vgl. Nathusius {2005), S. 91. Die Bedingung hierfür ist, dass die VC-Gesellschaften ein vergleichbares Standing und Netzwerk haben. Andernfalls tritt das bereits beschriebene Problem auf, dass sich der überlegene Syndizierungspartner in der Austauschbeziehung weniger engagiert. Vgl. Piskorski {2004), S. 16 und S. 35. Vgl. Manigart et al. {2002), S. 7.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

145

bspw. SoRENSON und STUART, dass VC-Gesellschaften über ihr Netzwerk leichter 548 Insiderinformationen zu nicht in ihrer Region ansässigen PU erhalten. Eng mit diesen Ausführungen verknüpft, besonders im Hinblick auf die Auswei549 tung des geografischen Tätigkeitsgebiets, ist die Möglichkeit durch Syndizierungen zusätzliche Diversifikationspotenziale auszuschöpfen um damit eine Sen550 kung des Portfoliorisikos zu erzielen. In dem Kapitel 4.1.1 und den Unterabschnitten des Kapitels 4.2.2.1 wurde hierzu angeführt, dass für VC-Gesellschaften bei der Finanzierung von PU systematische Markt- und sowie unsystematische Unternehmensrisiken auftreten. Letztgenannte Risikoklasse wird zudem nach Unternehmensrisiken i. e. S. sowie nach den informationsbedingten Qualitäts- und Verhaltensrisiken unterschieden. Weiterhin ist in diesem Abschnitt erläutert, wie durch die Diversifikation nicht miteinander korrelierender Unternehmensrisiken i. e. S. ein finanztheoretisches Instrument zur Verfügung steht, die Portfoliostruktur im Rahmen des eigenen Risikomanagements zu optimieren. Jedoch wurde im Folgenden auch gezeigt, dass für VC-Geber diese Form der Risikosenkung aufgrund des besonderen Geschäftsmodells nur begrenzt existiert. Einerseits agieren VC-Gesellschaften mit dem Anspruch ihre Beteiligungsmandate aktiv zu unterstützen, was sie von anderen Kapitalgebern, wie z. B. Banken differenziert. Durch das intensive Monitoring erhöhen sie die Erfolgswahrscheinlichkeit der PU und demzufolge auch den zu erwartenden Kapitalrückfluss. Jedoch erfordert ein derartiger Managementansatz den Einsatz personeller Ressourcen, die wiederum meist nur sehr begrenzt vorhanden sind. Vergrößert ein VC-Geber die Anzahl der zu betreuenden Unternehmen in seinem Portfolio, reduziert sich die durchschnittlich zur Verfügung stehende Betreuungszeit pro Beteiligungsmandat c. p. Dies führt wiederum dazu, dass sich die Investitionsrisiken erhöhen und die Erfolgswahrscheinlichkeit verringert, da man das PU nur bedingt unter551 stützen kann. In Abhängigkeit von der verfolgten Betreuungsstrategie einer VCGesellschaft kann diese Kausalität die Ausweitung des Beteiligungsportfolios limitieren.552 Andererseits sind VC-Geber besonderen finanziellen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Hohe Investitionssummen müssen aufgebracht werden, um entsprechende

548 549 550 551 552

Vgl. Sorenson/Stuart {2008), S. 290 f. Vgl. Manigart et al. {2002), S. 6. Vg 1. Kapite 13.3.3. Vgl. Kanniainen/Keuschnigg {2003), S. 522. Zur Abgrenzung zwischen der Hands-on- und Hands-off-Betreuungsstrategie vgl. Kapitel 4.2.2.2.1.

146

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

553

Unternehmensanteile sowie Kontroll- und Vermögensrechte zu erwerben. Erschwerend kommt hinzu, dass die eingeworbenen Finanzmittel von VCGesellschaften grundsätzlich deutlich geringer sind im Verhältnis zu den Fondsvo554 lumina von bspw. institutionellen Kapitalmarktinvestoren. Auch Fondsauflagen, wie z. B. eine Limitierung der Gewichtung einzelner Beteiligungsinvestitionen auf 10 - 15 % des Gesamtportfolios, führen nur zu einer bedingt großen Anzahl von Beteiligungsmandaten und demnach zu begrenzten Diversifikationsmög555 lichkeiten. Das VC-Geber zusätzliche Ressourcen nutzen würden, um das eigene Portfolio zu erweitern, kann der bereits an anderer Stelle erwähnten Arbeit von CuMMING entnommen werden. Dieser zeigt in seiner Untersuchung eine positive Korrelation zwischen der Anzahl der zur Verfügung stehenden Investmentmanager und der Portfoliogröße auf. Darüber hinaus gelangt er zu dem empirischen Befund, dass bei VC-Gesellschaften eine Erhöhung der Investitionssumme um 10 Mio. USD durchschnittlich zu einer Erweiterung des Beteiligungsportfolios um zwei 556 zusätzliche Mandate führt. Da jedoch der gesellschaftsinterne Aufbau zusätzlicher finanzieller Ressourcen schwierig und nur langfristig realisierbar ist, können in diesem Kontext Syndizierungen eingesetzt werden, um die limitierte Finanzmittelausstattung kurzfristig 557 über andere VC-Gesellschaften zu erweitern. Bezogen auf das einzelne Investment beschreibt dieses traditionelle finanztheoretische Syndizierungsmotiv die 558 Teilung der Finanzierungssumme und demnach auch des lnvestitionsrisikos. Da sich das gesellschaftsspezifische Kapitalvolumen für einzelne Beteiligungsinvestitionen reduziert, würden fortan auf Portfolioebene mehr Finanzmittel für weitere Investitionen zur Verfügung stehen. Im Ergebnis können größere Beteiligungsportfolien aufgebaut und dementsprechend Diversifikationseffekte erzielt wer559 Hierbei ist finanzden, die zu einer Senkung des Portfoliogesamtrisikos führen. theoretisch die Empfehlung auszusprechen, die zusätzlichen finanziellen Kapazi553 554 555

556

557

558 559

Vgl. Kaplan/Strömberg {2003), S. 287 f. Vgl. Lockett/Wright {2001), S. 377. Hartmann-Wendels und Keienburg kommen in ihrer Untersuchung über den deutschen VC-Markt zu dem Ergebnis, dass eine VC-Gesellschaft im Durchschnitt 16 Portfoliounternehmen betreut. Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg {2009), S. 653 f. Die Untersuchung bezieht sich auf den kanadischen VC-Markt. Vgl. Cumming {2006), S. 1091 und S. 1113. Das Syndizierungsmotiv zusätzliche personelle Ressourcen für die Auswahl und das Monitoring der Portfoliounternehmen zu erhalten wird in Kapitel 4.2.3.3.1 noch explizit beschrieben. Vgl. Lockett/Wright {2001), S. 376. Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg {2009), S. 653; Manigart et al. {2002), S. 3.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

147

täten bei künftigen Investments auf verschiedene Branchen und Regionen aus560 Da hierfür zuweiten, um größtmögliche Diversifikationseffekte zu erzielen. wiederum ein breiter und qualitativ hochwertiger Deal Flow notwendig ist, wird an dieser Stelle noch einmal die Interdependenz zu diesem bereits angeführten Syndizierungsmotiv deutlich. 4.2.3.2.2 Hypothesenbildung Für die Ableitung der Arbeitshypothesen ist aus Perspektive privater VCGesellschaften zuerst festzuhalten, dass der Zugang zu einer hohen Anzahl von erfolgsversprechenden Beteiligungsmandaten die Grundvoraussetzung für den Erfolg der eigenen Geschäftstätigkeit ist. Die Aufrechterhaltung eines adäquaten Deal Flow und demnach die größere Auswahl an Investitionsmöglichkeiten erhöht letztendlich die Wahrscheinlichkeit eine positive Fondsperformance zu er561 zielen, welche von privaten bzw. institutionellen Investoren gefordert wird. Stagniert bzw. reduziert sich gar die Anzahl erfolgsversprechender Beteiligungsanfragen, wird es für private VC-Geber schwieriger, die zur Verfügung stehenden Finanzmittel erfolgreich zu investieren. Der aufkommende Investitionsdruck kann in der Folge dazu führen, weniger rentabel erscheinende Projekte zu finanzieren 562 bzw. im Bieterwettkampf höhere Unternehmensbewertungen zu akzeptieren. Beide Verhaltensweisen führen letztendlich zu dem Ergebnis, dass sich die Fondsperformance und demzufolge die Zufriedenheit der originären Investoren reduzieren. Vor diesem Hintergrund scheint die Ausweitung der Zugangsmöglichkeiten zu neuen Beteiligungsmandaten für private VC-Gesellschaften ein erstrebenswertes Syndizierungsmotiv zu sein. Jedoch ist davon auszugehen, dass die primäre Zielstellung der Renditemaximierung sowie das besonders stark ausgeprägte kompetitive Umfeld die Wirkungsweise des Reziprozitätsmechanismus bei privaten VC-Gesellschaften einschränken. Wie bereits angeführt, reduziert die Weitergabe von Informationen zu potenziellen Investmentangeboten das eigene Renditepotenzial, da man bei einer sich anschließenden Syndizierung die Finanzierungssumme und demzufolge auch die Unternehmensanteile aufteilt. Darüber hinaus wurde bereits theoriebasiert abgeleitet, dass private VC-Geber allgemein einem stärkeren Wettbewerb um

560 561 562

Vgl. Friedrich (2005), S. 22. Vgl. Gottschalg/Kreuter (2006), S. 3. So zeigen Gompers und Lerner in ihrer Untersuchung von über 4.000 VC-lnvestments in den Jahren 1987 bis 1995, dass ein Anstieg zur Verfügung stehender Investitionsmittel höhere Unternehmensbewertungen zur Folge hatte. Vgl. Gompers/Lerner (2000), S. 283, S. 305 und S. 312.

148

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

563

potenzielle Beteiligungsmandate ausgesetzt sind. Die Weiterleitung von Beteiligungsanfragen an außenstehende Investoren würde diese Konkurrenzsituation aus eigener Initiative heraus weiter verschärfen. Aufgrund dieser Ansprüche und Umfeldbedingungen ist anzunehmen, dass bei privaten VC-Gebern die Bereitschaft zur Weiterleitung attraktiver Beteiligungsangebote nur eingeschränkt vorhanden ist, sofern keine finanziellen Restriktionen existieren. Je nach Beteiligungsfall werden private VC-Gesellschaften demnach genau abwägen, ob und mit welchem VC-Geber eine potenzielle Syndizierung angestrebt wird, wobei im Ergebnis ein klarer wirtschaftlicher Mehrwert identifizierbar sein muss. Bezogen auf den Reziprozitätsmechanismus bedeutet dies, dass private VC-Geber nur Syndizierungseinladungen in der Erwartungshaltung aussprechen, sofern sie hieraus einen deutlichen Mehrwert in Form des künftigen Zugangs zu lukrativen In564 vestments erkennen. Diese ausgeprägte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist bei privaten VCGesellschaften auch für die Reaktion auf erhaltene Syndizierungseinladungen anzunehmen. Demnach werden diese weitergeleitete Beteiligungsanfragen mit einem klar erkennbaren wirtschaftlichen Mehrwert erwidern. Bei weniger lukrativen Syndizierungseinladungen ist hingegen nur bedingt eine Reaktion zu erwarten, da dem zusätzlichen Mehraufwand kein entsprechendes Erlöspotenzial gegenüber steht. Durch das Mitwirken bei derartigen Finanzierungsrunden würde sogar die Gefahr auftreten, einen Reputationsverlust durch den bereits beschrie565 benen negativen Spill-over Effekt zu erleiden. Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ist zuerst bemerkenswert, dass die Aufrechterhaltung bzw. Ausweitung des Deal Flow zur Steigerung der Portfolioperformance nicht derartig von Bedeutung ist als wie für private VCGeber. Jedoch besteht für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften die wirtschaftspolitische Vorgabe so zu agieren, dass für junge, innovative Unternehmen 566 privates Kapital aktiviert wird. Hieraus ist die Forderung abzuleiten, dass derartige VC-Geber möglichst umfassend weitere VC-Marktakteure über beteiligungs567 würdige Investmentanfragen informieren sollten.

563 564 565 566 567

Vg 1. Kapite 14.2.3.1.2. Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg (2009), S. 651. Zur Übertragung von Reputation bei VC-Syndizierungen vgl. Kapitel 4.2.3.1.1. Vgl. Lerner (2002), S. 77 f. Vgl. Schilder (2006), S. 6-9; Dannat (2004), S. 55.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

149

Konkret bedeutet dies, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften angehalten 568 Syndizierungen durchzuführen. liegen Investsind mit anderen Kapitalgebern mentangebote vor, besteht demzufolge schon ein formal-politischer Druck diese an zusätzliche Investoren weiterzuleiten, sofern noch kein weiterer Investor die Absicht erklärt hat Kapitel bereitzustellen. Ist bereits mind. ein Kapitalgeber gefunden, sollten öffentlich-geförderte VC-Geber grundsätzlich auf Einladungen von diesem bzw. der lnvestorengruppe reagieren sofern das PU bestimmte Mindestanforderungen erfüllt, um kompensierend tätig zu werden. Hierbei förderlich auf die Syndizierungsbereitschaft wirken die geringeren Performanceansprüche, die 569 allgemein den Maßstab für zu erwidernde Investmenteinladungen reduzieren. Folglich ist auch eine deutlich höhere Reagibilität seitens öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften auf weitergeleitete Beteiligungsanfragen zu erwarten. Im Ergebnis erscheint final die Annahme plausibel, dass der auf informeller Ebene wirkende Reziprozitätsmechanismus zum Austausch von Deal Flow Informationen als Motiv für das Syndizieren von VC-lnvestment bei dieser VC-Gesellschaftsgruppe deutlich stärker ausgeprägt ist. Hinsichtlich des zweiten Motivs auf Portfolioebene wurde bereits aufgezeigt, dass VC-Gesellschaften basierend auf ihrem Geschäftsmodell und den managementtheoretischen Ausführungen des RBV unter besonderen personellen und finanziellen Restriktionen agieren. Aufgrund dieser Limitationen ist es meist nicht möglich ein entsprechend großes Beteiligungsportfolio aufzubauen, um vorteilhafte Diversifikationseffekte zu erzielen. Hieraus ist das finanztheoretische Motiv abzuleiten, diesen Engpass durch Syndizierungen zu reduzieren und bisher nicht mög570 liche Diversifikationspotenziale auszuschöpfen. Für die Gruppe privater VC-Geber ist hierbei vorweg anzuführen, dass aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen und gestellten Performanceansprüche eine auf Hightech-Unternehmen fokussierte Gesamtinvestitionsstrategie vorteilhaft erscheint. Diese Spezialisierung ermöglicht die optimale Ausnutzung des spezifischen Wissensstock, da Agency-, Wissenstransfer sowie Opportunitätskosten optimiert und strategische Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Investo571 ren aufgebaut werden können. Vor dem Hintergrund dieser Gesamtstrategie

568

569 570 571

Hierbei ist zu erwähnen, dass nicht nur mit privaten VC-Gesellschaften gemeinsame Investments durchgeführt werden können, sondern auch mit anderen lnvestorenklassen, wie z. B. Business Angels. Vgl. Schilder (2006), S. 8. Vgl. Bascha/Walz (2002), S. 21. Vg 1. Kapite 14.2.3.2.1. Vg 1. Kapite 14.2.2.1.2.

150

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

bietet das Co-Venturing von VC-lnvestments zur Ausweitung des Brancheninvestitionsfokus keine Vorteile für private VC-Gesellschaften. Zwar ist auf der einen Seite das Portfoliogesamtrisiko durch die Hinzunahme nicht positiv miteinander korrelierender Unternehmensrisiken reduzierbar. Jedoch müssten auf der anderen Seite durch fehlende Fachkenntnisse gemäß der Agency-Theorie zusätzliche Qualitäts- und Verhaltensrisiken in Kauf genommen werden, in Abhängigkeit des Branchentechnologiegrads. Final ist zu befürchten, dass der positive Diversifikationseffekt durch die zusätzlichen Risiken überkompensiert wird und im Ergebnis das Gesamtportfoliorisiko steigt. Dieser Gesamtzusammenhang ist in Abbildung 572 wo deutlich wird, dass der risikosen24 noch einmal schematisch dargestellt, kende Diversifikationseffekt (ß U-RISK) bei Beteiligungsportfolien mit einem hohen Anteil an Hightech-Unternehmen kleiner ist, als die zusätzlich in Kauf zu nehmenden Qualitäts- bzw. Verhaltensrisiken (ß V/Q-RISK Hightech). Auch die Kooperation mit einem branchenerfahrenen Lead-Investor würde dieses agencytheoretische Informations- und Anreizproblem nur bedingt lösen bzw. gar nur verlagern, da man in diesem Fall von dessen Wissen und Handlungen abhän573 Darüber hinaus tritt als Co-Investor auch der Konflikt zum dem Angig ist. spruch auf, als aktiver VC-Geber auf dem Markt in Erscheinung zu treten, da diese Rolle in der Regel von dem Lead-Investor übernommen wird. Sollte zusätzlicher Beratungsbedarf auftreten, wird grundsätzlich der Co- von dem Lead-Investor kontaktiert und nicht von dem PU selbst, womit auch die direkte Beziehung zu 574 dem Beteiligungsmandat verwässert. Im Ergebnis ist für private VCGesellschaften letztendlich zu befürchten, dass in der Rolle des Co-Investors bei branchenfremden Investments der strategische Wettbewerbsvorteil besonderer Managementfähigkeiten sowie die Wahrnehmung als spezialisierter und aktiver 575 VC-Geber verwässert. In Anbetracht dieser zusammenhänge ist zusammenfassend anzunehmen, dass der Syndizierungsanreiz der zusätzlichen Portfoliodiversi576 fikation bei privaten VC-Gesellschaften weniger stark ausprägt ist.

572

573

574 575 576

Zur Trade-off Beziehung zwischen dem risikoreduzierenden Diversifikationseffekt und den Agencybzw. Transaktionskosten vgl. Jungwirth (2006), S. 32; Lockett/Wright (2001), S. 377. Vgl. Nathusius (2005), S. 50 f. Zum Problem doppelt gelagerter Agency-Beziehungen bei syndizierten VC-lnvestments vgl. Kapitel 4.1.2. Vgl. Nathusius (2005), S. 196-199. Vgl. Manigart/De Clercq (2007), S. 202. Diversifikationsansätze hinsichtlich der Verteilung auf einzelne Unternehmensphasen werden in den theoretischen Ausführungen nicht thematisiert, da sich die Untersuchung auf VCGesellschaften mit einer Fokussierung auf Früh- und Wachstumsphasenfinanzierungen konzentriert.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

151

Verhaltens (V) - und Qualitätsrisiken (Q)

Unternehmensrisiken

I •

I • •

Δ Diversifikation

Δ V/Q-RISK Hightech > Δ U-RISK > Δ V/Q-RISK Lowtech

Abbildung 24: Verlauf von Verholtens-, Quolitäts- und Unternehmensrisiken Portfoliodiversifikation Quelle:

bei

Eigene Darstellung.

Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber ist zuerst zu bemerken, dass aufgrund der zur Verfügung stehenden Ressourcen und der wirtschaftspolitischen Vorgaben eine möglichst diversifizierte und stärker auf Low-Tech-Unternehmen ausgerichtete Gesamtinvestitionsstrategie angenommen wird. Dies führt dazu, dass derartige Investoren in einem Umfeld mit geringeren Informationsasymmetrien und demzufolge auch überschaubareren Verhaltensrisiken agieren. In diesem Kontext ist ein strategischer Wettbewerbsvorteil, in Form spezifischer Managementdienstleistung, nur schwer zu etablieren. Aufgrund der anzunehmenden großen Anzahl zu betreuender PU fehlen zudem meist auch die notwendigen personellen Ressourcen für eine zeitintensive Betreuung. 577 Unter Berücksichtigung dieser grundsätzlichen strategischen Ausrichtung erscheint das Syndizieren von VC-Finanzierungen zur Erweiterung der Portfoliodiversifikation für öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften aus zwei Gründen von Vorteil zu sein. Zum einen ist durch die Ausweitung des branchenbezogenen Investitionsfokus in weitere Lowtech-Bereiche eine Senkung des Gesamtportfoliorisikos möglich, da die positiven Diversifikationseffekte nunmehr die nur gering hinzukommenden Qualitäts- und Verhaltensrisiken überkompensieren. Dieser Gesamtzusammenhang geht ebenfalls aus der Abbildung 24 hervor, wo nunmehr der risikosenken577

Vgl. Kapitel 4.2.2.2.2.

152

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

de Diversifikationseffekt (~ U-RISK) bei Beteiligungsportfolien mit einem hohen Anteil an Lowtech-Unternehmen größer ist, als die zusätzlich in Kauf zu nehmenden Qualitäts- bzw. Verhaltensrisiken (~ V/Q-RISK Lowtech). Zum anderen agieren öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften unter der finanziellen Zielvorgabe, Kapital in möglichst viele Gründungsvorhaben zu investieren, um positive volks578 wirtschaftliche Effekte zu erzielen. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich Anlagegrundsätze existieren, welche die Höhe der max. Investitionssumme pro Betei579 ligungsmandat limitieren. Unter Berücksichtigung dieser restriktiveren finanziellen Rahmenbedingungen können sich öffentlich-geförderte VC-Geber durch eine Teilung der Finanzierungssumme zusätzliche Investitionsspielräume schaffen. Darüber hinaus vergrößert sich mit jeder Syndizierung der wirtschaftspolitisch anvisierte Hebeleffekt privater Investitionsmittel. Begünstigend kommt hinzu, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften nicht als Lead-Investor agieren müssen. In der passiven Haltung als Co-Investor würde kein Konflikt zu der angenommenen Betreuungsstrategie entstehen, die darin 580 Ein Probbesteht den PU einen allgemeinen Managementsupport anzubieten. lem würde nur auftreten, wenn öffentlich-geförderte VC-Geber auf dem VCMarkt als Zertifizierer agieren, in dem sie die Vorauswahl und Qualitätssignalisierung einzelner Hightech-Unternehmen für private Investoren übernehmen. Zum einen hierfür notwendig wäre ein spezifischer Wissensstock. Zum anderen erfordert dieser Ansatz eine auf einzelnen Branchen fokussierte lnvestitionsstrategie.581 Es ist jedoch anzunehmen, dass beide Bedingungen von öffentlich582 geförderten VC-Gesellschaften nicht bzw. nur bedingt erfüllt werden. Aus den vorangegangenen Ausführungen zu den potenziellen Syndizierungsmotiven auf Portfolioebene sind für die empirische Untersuchung folgende Arbeitsund Detailhypothesen zusammenzufassen: HB:

Syndizierungsmotive zur Verbesserung der Portfoliostruktur sind bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften stärker ausgeprägt als wie bei privaten VC-Gebern.

HBa: Für öffentlich-geförderte VC-Geber besteht ein stärkerer Anreiz zum Austausch von Deal Flow Informationen, v. a. zur Weitergabe von Beteiligungsanfragen. 578 579 580 581 582

Vgl. Rudolph/Haagen (2006), S. 337. Vgl. exemplarisch hierfür EU-Kommission (2009), S. 3 f. Vg 1. Kapite 14.2.2.2.2. Vgl. Lerner (2009), S. 69-71; Jungwirth (2006), S. 81; Lerner (1999), S. 293 f. Vgl. Kapitel 4.2.1.1 sowie Kapitel 4.2.2.1.2.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

153

HBb: Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Diversifikationspotenziale auszuschöpfen besitzt für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert. 4.2.3.3

Motive auf Beteiligungsebene

4.2.3.3.1 Theoretische Vorüberlegungen Nachdem in den vorherigen Abschnitten Syndizierungsmotive im Fokus standen, welche sich übergreifend auf VC-Gesellschaften bzw. deren gesamte Portfoliostruktur auswirken, ist jetzt die Perspektive auf das Beteiligungslevel und somit direkt auf die Beziehung zwischen VC-Gebern und deren PU zu richten. Wie hierzu in Kapitel 3.3.3 angeführt sind Syndizierungsmotive auf Beteiligungsebene dahingehend zu unterscheiden, ob diese vor Beteiligungsbeginn oder während der 583 Betreuungsphase ihre Wirkung entfalten, womit die Strukturierung der nachfolgenden Ausführungen vorgegeben ist. Vor dem Beteiligungsbeginn in der Pre-lnvestment-Phase können Kooperationen mit anderen VC-Gesellschaften dazu dienen, zusätzliche Unterstützung bei der Due Diligence einzuholen und somit die Qualität der Auswahlentscheidung zu 584 verbessern. Konkret geschieht dies durch die wiederholte Prüfung und Bewertung der Unternehmensinformationen in einem mehrstufigen Prozess an dem verschiedene Venture Capitalists beteiligt sind. Das Einholen einer mind. zweiten Meinung dient somit der Reduzierung bestehender Informationsasymmetrien 585 und folglich des Problems der Adversen Selektion. Das mehrstufige Prozesse und Hierarchien das Potenzial besitzen, die Qualität einer Entscheidung grundsätzlich positiv zu beeinflussen, zeigten bereits SAH und STIEGLITZ in ihrem modelltheoretischen Aufsatz. Hierzu untersuchten sie das Entscheidungsverhalten von Individuen in einer Poly- und einer Hierarchie. Das zentrale Ergebnis ihrer Analyse ist, dass effizientere Auswahlentscheidungen dann zustande kommen, sobald Projekte von mind. zwei verschiedenen Akteuren begutachtet werden, da automatisch unterschiedliche Meinungsbilder in den Be586 wertungsprozess einlaufen. Umso komplementärer dabei der Wissens- und Erfahrungshintergrund der Gutachter, desto umfangreicher die in den Prozess einfließenden Informationen und desto fundierter der Auswahlentscheidung. 583 584 585

586

Vgl. hierzu auch Nathusius (2005), S. 76; Lockett/Wright (2001), S. 378. Vg 1. Kapite 13.3.3. Zur Selection-Hypothese bei VC-Finanzierungen vgl. Casamatta/Haritchabalet (2007), S. 369; Brander et al. (2002), S. 424 und S. 430-432. Vgl. hierzu auch Lerner (1994), S. 17.

154

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Darüber hinaus wird dargelegt, dass im Vergleich beider Entscheidungsarchitekturen der Auswahlprozess in einer Hierarchie grundsätzlich strenger verläuft. Dies führt im Ergebnis dazu, dass Projekte von minderer Qualität besser erkannt und abgelehnt werden. Die wenigen ausgewählten Vorhaben zeichnen sich hingegen durch eine besonders hohe Erfolgswahrscheinlichkeit aus, da deren Qualität 587 sämtliche Gutachter überzeugen musste. Die aufgeführten Vorzüge einer hierarchischen Entscheidungsarchitektur sind auf den Auswahlprozess bei syndizierten VC-Finanzierungen wie folgt übertragbar. Zum einen ist von einer hierarchischen Entscheidungsfindung auszugehen, welche sich aus der Rollen- und Aufgabenverteilung von Lead- und Co-Investor ableitet.588 Zum anderen sollte es für VC-Gesellschaften möglich sein, durch eine bewusste Auswahl der Syndizierungspartner einen komplementären Wissens- und Erfahrungsstand innerhalb des lnvestorennetzwerkes aufbauen zu können. Durch einen gegenseitigen Austausch von Know-how kann folglich in der Due Diligence das potenzielle Beteiligungsmandat aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet 589 Für den Ausund ein umfangreiches Risiko- und Renditeprofil erstellt werden. wahlprozess bei syndizierten VC-Finanzierungen wäre es z. B. von Vorteil, wenn ein VC-Geber besondere Kenntnisse im technischen Bereich und ein anderer wiederum in der kaufmännischen Bewertung der Beteiligungsanfragen hat. Somit ließen sich die Fähigkeiten beim Screening der Unterlagen sinnvoll komplementieren, die Gefahr der Auswahl von wenig erfolgsversprechenden Unternehmen reduzieren und indirekt ein positiver Effekt auf die Erfolgswahrscheinlichkeit des 590 gesamten Beteiligungsportfolio erzielen. Wie eingangs angeführt existieren neben der Verbesserung der Auswahlentscheidung auch Syndizierungsanreize für VC-Gesellschaften, welche erst in der Betreuungsphase ihre Wirkung entfalten. Hiermit angesprochen sind jetzt die für eine VC-Finanzierung charakteristischen Value-Adding Aktivitäten in der Betreuungsphase, die durch Syndizierungen qualitativ und quantitativ erweiterbar 591 sind.

587

588 589 590 591

Der Nachteil gegenüber der Entscheidungsarchitektur einer Polyarchie liegt wiederum darin, dass aufgrund des strengeren Auswahlprozesses die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass auch gute Projekte abgelehnt werden. Zu dezidierteren Ausführungen vgl. Sah/Stiglitz (1986), S. 716-721. Vgl. Kapitel 3.3.2.2 und 4.1.2. Vgl. Dimov/Milanov (2010), S. 333 f; Bygrave (1987), S. 139 f. Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg (2009), S. 652; Nathusius (2005), S. 94 f. Zur Value-Adding Hypothese bei syndizierten VC-Finanzierungen vgl. Brander et al. (2002), S. 426 und S. 434-436.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

155

Der Hintergrund ist, dass VC-Geber aufgrund ihrer limitierten Ressourcenbasis nur begrenzt kosten- und zeitintensive Managementdienstleistungen anbieten 592 Auch können, wie bereits in einem vorherigen Abschnitt angeführt wurde. können einzelne VC-Gesellschaften meist nicht alle Beratungsbedarfe ihrer Beteiligungsmandate fachlich befriedigen, da neben kaufmännischem Know-how spezifische Fach- und Branchenkenntnisse hierzu notwendig sind. Die so auftretenden Beratungsdefizite können entweder zeitlich begrenzt durch den gezielten Einkauf von Expertenwissen oder aber kontinuierlich durch die Aufnahme weiterer Venture Capitalists in den lnvestorenkreis geschlossen werden. Im Ergebnis können VC-Gesellschaften durch Syndizierungen somit die zur Verfügung stehenden Managementressourcen für das Monitoring und die Betreuung fachlich als 593 auch zeitlich ausweiten. Ein darüberhinausgehender positiver Nebeneffekt für VC-Gesellschaften besteht zudem darin, während der Zusammenarbeit von den Syndizierungspartnern selbst von diesen zu lernen und das eigene spezifische 594 Wissen zu erweitern. Die notwendige Bedingung hierfür ist bei der Auswahl der Syndizierungspartner wiederum darauf zu achten, dass sich das Wissen und der Erfahrungshintergrund ergänzen, um ein komplementäres Angebot an Managementunterstützung an595 bieten zu können. Vorstellbar ist z. B. die Konstellation, dass ein Venture Capitalist spezifische Kenntnisse für den Produktionsaufbau, ein anderer hingegen aus dem Bereich Vertrieb und Marketing in der Betreuungsphase einbringt. Unter diesen Voraussetzungen kann das jeweilige gesellschaftsspezifische Know-how genutzt werden, um die Value-Adding Aktivitäten aus dem lnvestorennetzwerk in der Betreuungsphase optimal zu erweitern. liegen keine additiven bzw. komplementären Fähigkeiten zwischen den beteiligten VC-Gesellschaften vor, ist auf inhaltlicher Ebene nur von einem geringen positiven Betreuungseffekt auszugehen.596 Anhand der Value-Adding Hypothese ist in dieser Konstellation die Vorteilhaftigkeit und Nachhaltigkeit einer Syndizierung nur eingeschränkt anhand 597 der quantitativen Ressourcenausweitung zu rechtfertigen.

592 593 594 595

596 597

Vg 1. Kapite 14.2.2.2.1. Vgl. Lockett/Wright (2001), S. 378. Vgl. Manigart et al. (2002), S. 7 f. Siehe hierzu auch die Ausführungen zu Beginn dieses Abschnittes bezogen auf die komplementierenden Screening Eigenschaften von VC-Gesellschaften. Vgl. Nathusius (2005), S. 99. Beiz formuliert die Kooperation von sich in ihren Fähigkeiten nicht sinnvoll ergänzenden Akteuren wie folgt: "Der Blinde und der Lahme geben ein schlechtes Gespann, auch wenn sie sich ergänzen." Beiz (1999), S. 7.

156

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Neben komplementären Managementfähigkeiten ist es grundsätzlich von Vorteil, wenn mind. ein VC-Geber aus dem Syndizierungsnetzwerk seinen Unternehmenssitz in der geografischen Nähe des PU hat. Dies offenbart bei der Betreuung die Möglichkeit auf Insiderwissen und -informationen des regional agierenden Venture Capitalist zurückgreifen zu können. Empirisch ist diese Kausalität u. a. in der Untersuchung von TvKvovfi. und ScHERTLER zu beobachten. Diese gelangen zu dem zentralen Ergebnis, dass VC-Gesellschaften Syndizierungen einsetzen um international mit jeweils lokal ansässigen VC-Gebern zu investieren. Als wesentlichen Vorteil dieser Kooperationsstrategie führen sie an, dass gegenüber Standalone-lnvestments keine eigene ausgeprägte länderspezifische Erfahrung benötigt wird. Hierfür dient die Expertise des ortsansässigen Syndizierungspartners, der vertraut sein sollte mit regionalen Praktiken, Marktgegebenheiten und potenziel598 len Netzwerkpartnern. Aber auch für den deutschen VC-Markt zeigt sich, dass lokal ansässige VC-Geber beliebt als Syndizierungspartner genutzt werden, wie der Arbeit von FRITSCH und 599 SCHILDER zu entnehmen ist. Diese gelangen erstens zu dem Ergebnis, dass eine positive Korrelation zwischen der Anzahl engagierter VC-Geber und der geografischen Entfernung zu dem finanzierten PU besteht. zweitens zeigen sie, dass in einem lnvestorennetzwerk die Wahrscheinlichkeit einer Syndizierung steigt, je näher ein VC-Geber an dem Sitz des PU angesiedelt ist. Lokalspezifisches Wissen sowie regionale Netzwerkstrukturen scheinen in dieser Situation jedoch nur von zweitrangiger Bedeutung zu sein, da deutschlandweit gleiche Rahmenbedingungen für sich untereinander meist persönlich kennende Venture Capitalists existieren. Hieraus leitet sich ab, dass die geografische Nähe zum PU neben der Bereitstellung des Managementangebots v. a. das Monitoring vereinfachen, da in dieser lnvestorenstruktur regionale Distanzen, Zeitaufwand und demzufolge die Betreuungskosten reduziert werden können. Im Ergebnis sind Fehlentwicklungen des Beteiligungsmandats durch den lokal ansässigen Syndizierungspartner schneller zu erkennen und in erster Instanz auch effizienter zu bekämpfen, womit das 600 Ausfallrisiko des Investments reduziert wird. Neben dem Austausch nicht-finanzieller Ressourcen können Syndizierungen zudem eingesetzt werden, um ausreichend Kapital für einzelne Beteiligungsfälle 598

599

600

Darüber hinaus fallen für ortsansässige VC-Geber während der Betreuung geringere Informationskosten an, aufgrund der regionalen Nähe zu dem Beteiligungsmandat sowie dem lokal ansässigen informellen Netzwerk. Vgl. Tykvova/Schertler {2011), S. 4 und S. 22 f. Hierzu untersuchten sie 313 in Deutschland getätigte VC-Finanzierungen in den Jahren 2004 und 2005. Vgl. Fritsch/Schilder {2006), S. 3. Vgl. Fritsch/Schilder {2006), S. 8-12.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

157

bereitzustellen. Dieses Motiv auf Beteiligungsebene ist aus den besonderen finanziellen Restriktionen abzuleiten, unter denen VC-Gesellschaften agieren. Wie bereits dargelegt, besteht für diese die Herausforderung relativ limitierte Fondsvolumina auf eine gewisse Anzahl an PU zu verteilen, sofern man Diversifikationsund folglich Risikosenkungspotenziale ansatzweise ausschöpfen will. Auf institutioneller Ebene sind derartige Überlegungen letztendlich auf Portfoliolevel in der Investitionspolitik verankert, z. B. durch die Vorgabe bestimmter Finanzierungs601 grenzen. Auf Einzelbeteiligungsebene führt dies zu einer Einengung des finanziellen Spielraums, so dass oftmals der geforderte Kapitalbedarf eines einzelnen PU von ei602 nem VC-Geber allein nicht finanziert werden kann. Vor diesem Hintergrund besagt das Kapitalbeschaffungsmotiv, dass VC-Gesellschaften Syndizierungen durchzuführen, um den (perspektivischen) Gesamtfinanzierungsbedarf des PU leichter aufbringen zu können. Ausgangspunkt ist demnach der anzunehmende Kapitalbedarf während der gesamten Betreuungsphase einzelner Beteiligungsmandate, nicht das zugrundeliegende Finanzierungsrisiko bzw. die Risikooptimierung der Portfoliostruktur, worin die Abgrenzung zu dem bereits angeführten Di603 versifikationsmotiv auf Portfolioebene liegt. Neben den angeführten Vorteilen, die für das Syndizieren von VC-Finanzierungen auf Beteiligungsebene sprechen, sind abschließend wieder die Abgabe von Unternehmensanteilen und demnach von Renditepotenzial, die Schaffung zusätzlichem Wettbewerbs sowie die Erhöhung des Koordinationsaufwand als ein604 schränkende Faktoren anzuführen. Neben diesen Nachteilen ist für den Austausch nicht-finanzieller Ressourcen auf Beteiligungsebene zudem das Trittbrettfahrerproblem zu befürchten. Demnach kann es für eine einzelne VC-Gesellschaft von Vorteil sein, keine aufwändige Due Diligence durchzuführen und sich auf das Urteil der anderen VC-Geber zu verlassen. Während der Betreuungsphase besteht wiederum ein individueller Anreiz, die eigenen Betreuungs- und Monitoring-Aktivitäten mit dem Kalkül zu reduzieren, dass diese von den anderen VCGesellschaften aus dem lnvestorennetzwerk übernommen werden. In beiden Situationen nutzt der als Trittbrettfahrer agierende Venture Capitalist die nicht605 finanziellen Ressourcen der Syndizierungspartner zu seinen Gunsten aus. 601 602 603 604 605

Vg 1. Kapite 14.2.3.2.1. Vgl. Friedrich (2005), S. 21 f.; Nathusius (2005), S. 83; Brander et al. (2002), S. 426 f. Vgl. Nathusius (2005), S. 87 f. sowie Kapitel 4.2.3.2.1. Vg 1. Kapite 14.2.3. Vgl. Nathusius (2005), S. 97 und S. 100.

158

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Dieses Kooperationsproblem bei Syndizierungen wird zu Teilen in der Arbeit von KAPLAN und STRÖMBERG empirisch bestätigt. Diese zeigen in ihrer Untersuchung eine negative Korrelation zwischen dem individuellen Engagement einer VCGesellschaft und der Anzahl der beteiligten Finanzierungspartner. Umso größer demnach das Syndizierungsnetzwerk, desto geringer die Motivation einzelner VCGeber Value-Adding Aktivitäten anzubieten. Die Free-Riding-Hypothese ist jedoch nur zum Teil zu bestätigen, da die Autoren als Grund für dieses Moral Hazard Problem nicht das allgemeine Verhaltensmuster von Venture Capitalists anführen. Als Ursache nennen sie hingegen, dass mit zunehmender lnvestorenanzahl der Unternehmensanteil und demzufolge das Renditepotenzial für den einzelnen 606 VC-Geber verwässert. Folgt man nunmehr dem in Kapitel 4.2.2.2.2 vorgestellten Betreuungsmodell von CuMMING, ist die Reduzierung der Betreuungsaktivitäten somit als Anpassungsmaßnahme zu verstehen, um wieder ein Gleichgewicht zwischen Aufwand und zu erwartenden Rückfluss herzustellen. Demnach liegt dem beobachteten Verhalten kein egoistisches, sondern vielmehr ein rational607 ökonomisches Kalkül zugrunde. 4.2.3.3.2 Hypothesenbildung Für die Ableitung der Arbeitshypothesen ist zuerst noch einmal festzuhalten, dass VC-Geber bei der Auswahl einzelner Beteiligungsmandate in einem besonders unsicheren Umfeld agieren. Neben allgemeinen Finanzierungsrisiken erschweren Qualitäts- und Verhaltensrisiken, aufgrund bestehender Informationsasymmetrien zwischen Unternehmer und Venture Capitalist, die Bewertung einzelner Beteiligungsanfragen. Beispielsweise ist das agencytheoretische Anreizproblem zu befürchten, dass die Angaben zur Unternehmensentwicklung in den eingereichten Unterlagen zu optimistisch dargestellt werden, um den Unternehmenswert 608 aufzuwerten. Die Schwierigkeit der Einschätzung einer Beteiligungsanfrage wird für einen VC-Geber dabei umso größer, je höher der Innovations- und Neuheitsgrad einer Beteiligungsanfrage ist, da hiermit das Ausmaß bestehender Informationsasymmetrien zu- und die Verfügbarkeit historischer Unternehmensdaten abnimmt. Konkret bedeutet dies, dass je höher der Hightech-Grad eines Startups, desto größer die potenzielle Unsicherheit, mit der eine VC-Gesellschaft kon609 frontiert ist.

606 607 608 609

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Kaplan/Strömberg {2004), S. 2200-2204. auch Cumming {2006), S. 1086 f. Rudolph/Haagen {2006), S. 332. Jungwirth {2006), S. 44 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

159

Unsicherheit auf Seiten des VC-Gebers stellt wiederum einen wesentlichen Treiber für das Syndizieren von VC-Finanzierungen dar. Modelltheoretisch wird dieses Verhaltensmuster in der Arbeit von CASAMATIA und HARITCHABALET erklärt. Kann ein Venture Capitalist demnach die Qualität eine Beteiligungsanfrage nur unzureichend einschätzen, ist das Einholen einer zweiten Meinung bei der Due Diligence im Rahmen einer Syndizierungseinladung eine empfehlenswerte Kooperationsstrategie.610 Neben den oben angeführten Charakteristika des PU führen sie zudem an, dass auch der persönliche Erfahrungshintergrund des VC-Gebers selbst dessen Unsicherheit beeinflusst. Steigen demnach die gesammelten Erfahrungswerte, wird der Venture Capitalist selbstbewusster bei der Bewertung eingehender Beteiligungsangebote. Folglich sinkt der subjektiv wahrgenommene Mehrwert einer zweiten Meinung, um sich vor einer Fehleinschätzung abzusichern.611 Für den deutschen VC-Markt bestätigt die Arbeit von HOPP und RIEDER empirisch die angeführten zusammenhänge zwischen Alter sowie Innovationsgrad eines PU und der Unsicherheit sowie der Syndizierungsbereitschaft eines VC-Gebers. Hierzu untersuchten die Autoren 1485 VC-lnvestments in deutsche Unternehmen in den Jahren 1996 bis 2005. In ihrer Analyse gelangen sie zu dem Ergebnis, dass eine negative Korrelation zwischen dem Alter der Portfoliomandate zum Zeitpunkt der Einstiegsfinanzierung und der Bereitschaft zur Syndizierung bei VCGebern existiert. Darüber hinaus fanden Sie heraus, dass in den innovativen Branchen der Biotechnologie und Softwareentwicklung deutlich höhere Syndizie612 rungsquoten vorzufinden sind. Vor diesen Hintergründen ist nunmehr anzuführen, dass für private VCGesellschaften eine geografisch weiter gefasste und verstärkt auf HightechUnternehmern fokussierte Gesamtinvestitionsstrategie angenommen wird. Mit dieser grundsätzlichen Ausrichtung erscheint ein optimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen möglich, unter Berücksichtigung eines adäquaten 613 Risiko- und Performanceprofil auf Portfolioebene. Auf dem Level einzelner Beteiligungen hat ein derartiges Investitionsverhalten jedoch zur Folge, oftmals 610

611 612

613

Vgl. Casamatta/Haritchabalet (2007), S. 369. Darüber hinaus ist bereits die Arbeit von Bygrave (1998) anzuführen, der dieses Phänomen grundlegend anhand der Anzahl existierender Netzwerkbeziehungen zwischen VC-Gesellschaften verdeutlicht. Vgl. Bygrave (1988), S. 137 und S. 143-146. Vgl. Casamatta/Haritchabalet (2007), S. 373-377. In der weiterführenden Analyse zeigen sie zudem eine signifikant positive Abhängigkeit zwischen der Anzahl der Investoren und der lndustrievariable "Biotechnologie". Vgl. Hopp/Rieder (2011), S. 3092 und S. 3096. Vg 1. Kapite 14.2.2.1.2.

160

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

größere Entfernungen sowie höhere Informationsasymmetrien zu dem einzelnen 614 In diesem Zusammenhang Beteiligungsmandat in Kauf nehmen zu müssen. wird zudem angenommen, dass private VC-Gesellschaften durch die Bündelung von Expertenwissen in bestimmten Branchen- und Technologiefeldern einen Teil dieser Unsicherheit reduzieren und sich gegenüber anderen Investoren einen 615 strategischen Wettbewerbsvorteil aufbauen. Jedoch ist davon auszugehen, dass zu dem Unternehmensgründer eines Hightech-Unternehmens, welcher meist auf eine mehrjährige Forschertätigkeit zurückblickt, weiterhin ein gewisses 616 Informationsdefizit bestehen bleibt. überträgt man nun die theoretischen Vorüberlegungen aus dem vorherigen Abschnitt sowie die eingangs angeführten Erkenntnisse auf das relativ unsichere Investitionsumfeld, erscheint das Einholen einer zweiten Meinung im Rahmen einer Syndizierung für private VC-Geber plausibel zu sein. Einerseits um ein umfassenderes Informationsbild zu erhalten, andererseits um die Strenge des Auswahlprozesses allein schon durch das „Mehraugenprinzip" zu erhöhen. Die stärkere Selektion würde im Ergebnis dazu führen, dass nur Beteiligungsanfragen finanziert werden, die von allen Syndizierungspartnern als ausreichend qualifiziert eingeschätzt werden, womit die Ablehnungsquote steigt und gleichzeitig das Risi617 ko einer Fehlinvestition zurückgeht. Die Bedingung hierfür ist jedoch, dass der hinzugezogene Venture Capitalist ebenfalls über einen gewissen Fundus an spezifischem Know-how verfügt. Nur unter diesen Voraussetzungen kann die Wissensbasis auf Seiten der VC-Geber 618 erweitert und die Qualität in der Due Diligence gesteigert werden. Andernfalls würden die Syndizierungskosten in Form von Gewinnteilung und aufkommendem Kooperationsaufwand den nur gering ausfallenden Erkenntnisgewinn übersteigen.619 In dieser Situation wäre das Hinzuziehen eines weiteren Venture Capitalist nicht profitabel und demnach abzulehnen. Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften wird aufgrund ihrer Trägerschaft sowie der spezifischen Ressourcenausstattung eine regional begrenzte und verstärkt diversifizierte Lowtech-Gesamtinvestitionsstrategie angenom614

615 616 617 618 619

Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg (2009), S. 652. Auf die Vorteile eines lokal ansässigen Syndizierungspartners bei der Betreuung einzelner Beteiligungsmandate wird nachfolgend noch speziell eingegangen. Vg 1. Kapite 14.2.1.1. Vgl. Jungwirth (2006), S. 61. Vgl. Lockett/Wright (2001), S. 378; Lerner (1994), S. 17 und Kap. 4.2.3.3.1. Vgl. Dimov/Milanov (2010), S. 334; Nathusius (2005), S. 96. Vgl. Jungwirth (2006), S. 65.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

161

620

men. Geringere geografische Distanzen und schwächer ausgeprägte Informationsasymmetrien zu den Unternehmensgründern sind die Folge. Demnach sollten öffentlich-geförderte VC-Geber in einem deutlich überschaubareren Investitionsumfeld agieren. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Anreiz für eine Syndizierung zur Verbesserung der Informationslage und demnach der Due Diligence geringer ausgeprägt ist als wie bei privaten VC-Gesellschaften. Würden sich öffentlich-geförderte VC-Geber unter der angenommenen Ressour621 cenausstattung einer breiten und allgemeinen Wissensbasis hingegen auf die Auswahl von Hightech-Unternehmen konzentrieren und versuchen über Syndizierungen den Zugang zu Expertenwissen zu erhalten, wäre sogar eine doppelt gelagertes Agentenproblem zu befürchten. Der oben bereits angeführten Wissensverteilung folgend, wird ein technisch versierter Unternehmensgründer in seinem Spezialgebiet stets einen gewissen Wissensvorsprung gegenüber privaten als auch öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften besitzen. Zwischen den VCGebern wiederum wird angenommen, dass sich privatwirtschaftliche Akteure gemäß des RBV durch den Aufbau eines spezifischen Wissensstock einen strategischen Wettbewerbsvorteil aufbauen, um Hightech-Unternehmen besser einschätzen können. Im Ergebnis sind für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften sowohl die Aussagen des Unternehmensgründer als auch die Einschätzungen pri622 vater Syndizierungspartner somit nur teilweise nachvollziehbar. Folgt man in diesem Kontext den Ausführungen von BRANDER ET AL, die argumentieren, dass profitorientierte Venture Capitalists nur erfolgskritische Beteiligungsanfragen syndizieren, würde sich in dieser Wissens- und Auswahlkonstellation für öffentlich-geförderte VC- Geber das Problem der Adversen Selektion nicht reduzieren 623 sondern sogar erhöhen. Insgesamt ist zu konstatieren, dass für private VC-Gesellschaften das Syndizierungsmotiv zur Verbesserung der Informationslage vor Beteiligungsbeginn stärker ausgeprägt sein sollte. Für öffentlich-geförderte VC-Geber scheinen Informations- und demnach auch Verhaltensrisiken im Rahmen der angenommenen Ge620 621 622 623

Vg.1 Kap. 4.2.2.1.2. Vg.1 Kap. 4.2.1.1. Vgl. Jungwirth (2006), S. 66. Brander et al. zeigen in ihrem Modell, dass wenn ein VC-Geber eine Beteiligungsanfrage durchweg als positiv bewertet, er dieses Projekt alleine finanzieren wird. Andernfalls würden unnötigerweise Kosten in Form einer Gewinnteilung und des erhöhten Koordinationsaufwandes in Kauf genommen werden, ohne hierfür einen Mehrwert bei der Beteiligungsauswahl zu erhalten. Der Venture Capitalist hat sich bereits für die Finanzierung entschieden und müsste hierfür keine weiteren Informationen einholen. Vgl. Brander et al. (2002), S. 430-433.

162

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

samtinvestitionsstrategie ein geringeres Problem darzustellen. Auch aus wirtschaftspolitischer Perspektive ist keine Argumentation für dieses Syndizierungsmotiv zu finden. Eher wäre durch eine geäußerte Skepsis gar eine kontraproduktive Signalwirkung zu befürchten, die hemmend auf die Aktivierung privatwirtschaftlichen Engagements wirken kann. Betrachtet man nun die Betreuungsphase und hinterfragt das Syndizierungsmotiv immaterielle Ressourcen für die Verbesserung der Value-Adding Aktivitäten auszutauschen ist festzuhalten, dass für private VC-Geber die größeren geografische Distanzen und Informationsasymmetrien weiterhin bestehen bleiben. Darüber hinaus wird in dieser Arbeit der Hypothese gefolgt, dass private Venture Capitalists ihre PU deutlich intensiver betreuen, um v. a. ihr spezifisches Wissen möglichst gewinnbringend in die erfolgreiche Weiterentwicklung des Beteiligungs624 mandats zu investieren. Unter diesen Rahmenbedingungen sind zwei vorteilhafte Aspekte für das Syndizieren von VC-Finanzierungen abzuleiten. Zum einen prägt Unsicherheit weiterhin das Investitionsumfeld privater VCGeber. Diese resultiert daraus, dass man auf die Auskunfts- und allgemeine Kooperationsbereitschaft des Unternehmensgründers angewiesen ist, dieser jedoch nicht alle Informationen preisgeben wird, um für das Gründungsvorhaben unentbehrlich zu bleiben. Legt der Gründer sein komplettes implizites Wissen als für 625 ihn strategische Ressource offen, besteht für ihn Gefahr, dass er durch andere Personen ausgewechselt wird, sobald bestimmte Vorgaben bei der Unterneh626 Darüber hinaus sind bei technisch mensentwicklung nicht erreicht werden. versierten Unternehmensgründungen mit einem akademischen Hintergrund zu Beteiligungsbeginn oftmals konträre Zielvorstellungen zwischen den Akteuren zu befürchten, welche die Kooperationsbereitschaft einschränken. Gründer streben in dieser frühen Phase oftmals noch nach persönlicher Anerkennung für ihre wissenschaftlichen oder technischen Entwicklungen bzw. nach der Perfektion ihres Produktes. VC-Gesellschaften hingegen fokussieren von Beginn an eine möglichst 627 effiziente kommerzielle Verwertung der Produkt- bzw. Gründungsidee. Die aufgezeigten geografisch bedingten Unsicherheitsfaktoren sowie die daraus drohende Anreizproblematik können nun durch Syndizierungen mit lokal ansässigen VC-Gebern reduziert werden. Diese gewährleisten vor Ort ein intensiveres Monitoring und im Falle aufkommender Probleme eine schnellere persönliche 624 625 626 627

Vg 1. Kap. 4.2.2.2.2. Vgl. hierzu auch die Ausführungen zum Knowledge-based View in Kapitel 4.1.4. Vgl. Jungwirth (2006), S. 61. Vgl. Rudolph/Haagen (2006), S. 332; Gebhardt/Schmidt (2002), S. 240 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

163

Intervention. Darüber hinaus sollte allein schon die Präsenz eines Venture Capitalist in der Nähe des Unternehmensgründers einen positiven Einfluss auf dessen Kooperationsbereitschaft haben, da dieser bei unkooperativen Verhalten schneller Gefahr läuft ertappt zu werden. Umso weiter demnach die Entfernung zwischen privatem VC-Geber und PU, desto größer der positive Effekt eines regional 628 ansässigen Syndizieru ngspa rtners. Zur Reduzierung technisch bedingter Unsicherheit sowie für die Unterstützung der PU steht privaten VC-Gesellschaften wiederum ihr eingangs angeführtes Spezialwissen zur Verfügung. Diese Spezialisierung führt letztendlich dazu, dass man 629 sich auf das Angebot einzelner Value-Adding Aktivitäten konzentrieren muss. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für die Betreuung komplexer Beteiligungsvorhaben, wie dies Hightech-Projekte sind, sämtliche Unterstützungsbedarfe der PU nicht ausreichend bedient werden können. Auch ist in diesem Kontext ein um630 fassendes inhaltliches Monitoring nur schwer realisierbar. Vor diesem Hintergrund erscheinen Syndizierungen für private VC-Geber zur Ausweitung und Verbesserung der Value-Adding Aktivitäten während der Betreuungsphase plausibel. Umso stärker der Fokus privater VC-Geber, desto größer dabei der potenzielle Mehrwert, den diese aus der Syndizierung mit anderen VC-Gesellschaften schöp631 fen können. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich das Wissen und die Erfahrungen der Syndizierungspartner komplementieren müssen. Ein spezialisierter privater VCGeber sucht demnach verstärkt nach einem Spezialisten in einem additiven Betreuungsfeld, um qualitativ einen nachhaltig positiven Value-Adding Effekt zu erzielen.632 Besitzt ein privater Venture Capitalist z. B. besondere Branchen- und Markexpertise für die Einführung neuer Produkte, erscheint es plausibel mit einem technisch versierten VC-Geber zu kooperieren, der die Produktentwicklung 633 erfolgreich vorantreibt. Auch könnten VC-Gesellschaften von Nutzen sein, die bekannt sind für die Durchführung erfolgreicher Exits, um die Entwicklung der PU frühzeitig dahingehend auszurichten bzw. das eigene Kontaktnetzwerk im Zuge des Beteiligungsverkaufs gewinnbringend einzusetzen. Akteure mit allgemeinem Gründungs- und Finanzierungswissen stiften hingegen beim Monitoring als auch

628 629 630 631 632 633

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Fritsch/Schilder (2006), S. 8-10. De Clercq/Dimov (2004), S. 246. Nathusius (2005), S. 98. De Clercq/Dimov (2004), S. 246. Jungwirth (2006), S. 66. De Clercq/Dimov (2004), S. 246.

164

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

bei der aktiven Betreuung von Hightech-Unternehmen nur einen geringen 634 Mehrwert. Ausgehend von der abgeleiteten Gesamtinvestitionsstrategie sind öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften in der Betreuungsphase hingegen mit geringeren geografischen Distanzen sowie niedrigeren Informationsasymmetrien konfrontiert.635 Hieraus kann abgeleitet werden, dass allgemein ein schwächer ausgeprägtes Unsicherheitsproblem besteht. Durch die regionale Nähe sollte es zudem auch möglich sein, im Rahmen des Monitoring schneller auf Fehlentwicklungen 636 persönlich reagieren zu können. Der Anreiz zum Syndizieren für eine qualitative Verbesserung der Value-Adding Aktivitäten erscheint aus dieser Perspektive somit geringer ausgeprägt zu sein. Jedoch wurde bei der theoriebasierten Ableitung der Betreuungsstrategie von öffentlich-geförderten VC-Gebern das Problem offenbart, dass diese aufgrund wirtschaftspolitischer Vorgaben relativ große Unternehmensportfolien betreuen, in Anbetracht ihrer personellen Ressourcenbasis. Hieraus wurde letztendlich der Schluss gezogen, dass für eine intensive Managementunterstützung während der Beteiligungsphase keine ausreichenden Managementkapazitäten zur Verfügung 637 stehen. Vor diesem Hintergrund erscheinen Syndizierungen für öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften alleine schon zur quantitativen Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten von Bedeutung zu sein. Dabei steht nicht die fokussierte Auswahl von VC-Gebern mit einer besonderen Expertise im Fokus, sondern vielmehr die Suche nach allgemeiner Unterstützung, um die angeführten personell bedingten Restriktionen in der Betreuungsphase zu lockern. Hinsichtlich des Kapitalbeschaffungsmotivs ist festzuhalten, dass private VCGeber aufgrund der Kapitalherkunft eine finanziell weniger limitierte Gesamtinvestitionsstrategie verfolgen können. Im Fundraisingprozess ist durch ein schlüssiges und renditeorientiertes PPM zu überzeugen und nicht durch das Einhalten 638 bestimmter förderpolitischer Grundsätze. Demnach wird angenommen, dass bei Bedarf und im Einklang mit der formulierten Investitionsstrategie auch höhe639 re Kapitalvolumina in einzelne Beteiligungsmandate investiert werden. Im Ergebnis ist somit davon auszugehen, dass private VC-Geber ausreichend finanzielle

634 635 636 637 638 639

Vgl. Vg.1 Vgl. Vgl. Vgl. Vg.1

Nathusius (2005), S. 102. Kap. 4.2.2.1.2. Fritsch/Schilder (2006), S. 9 f. Kapitel 4.2.2.2.2; Cumming (2006), S. 1087. Kreuter (2008), S. 75 f.; Tausend (2006), S. 52-54. Kap. 4.2.1.2.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

165

Mittel für die Finanzierung einzelner PU bereitstellen können, solange ihre wirtschaftlichen Renditemaßstäbe erfüllt sind. Folglich soll angenommen werden, dass für private VC-Gesellschaften das Kapitalbeschaffungsmotiv als Syndizierungsanreiz weniger stark ausgeprägt ist. Aufgrund ihrer finanziellen Unabhängigkeit müssen sie weniger darauf achten, ob ein Syndizierungspartner auch bei künftigen Finanzierungsrunden ausreichend Kapital mit zur Verfügung stellen kann. Im Gegenteil kann sogar von der künftigen finanziellen Zurückhaltung profitiert werden. Sollte sich ein Syndizierungspartner bei Folgefinanzierungsrunden nicht beteiligen, besteht nämlich die Option, bei einer Kapitalerhöhung von dessen Verwässerung zu profitieren und seine indivi640 duelle Beteiligungsquote zu erhöhen. Öffentlich-geförderte VC-Geber sind hingegen angehalten, möglichst vielen Unternehmen den Zugang zu Venture Capital zu ermöglichen. Größere Beteiligungsportfolien sind die Folge, womit sich die zur Verfügung stehenden Finanzmittel 641 pro Beteiligungsmandat reduzieren. Zudem werden bei der Auflegung öffentlich-geförderter VC-Fonds von vornherein Investitionsgrenzen für einzelne Beteiligungsfälle festgelegt, um förderrechtliche Richtlinien einzuhalten, wie v. a. das 642 Ziel der Aktivierung von privatem Kapital. Im Ergebnis ist demnach anzunehmen, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften auf Beteiligungsebene schneller an Ihre Investitionsgrenzen stoßen und den Finanzierungsbedarf einzelner PU 643 nicht alleine abdecken können. Aus den genannten Gründen sollte daher für diese VC-Gesellschaftsgruppe der Anreiz über Syndizierungen zusätzliche mone644 täre Unterstützung einzuwerben stärker ausgeprägt sein. Fasst man die Ausarbeitungen des vorherigen Abschnitts zusammen, sind abschließend folgende Arbeits- und Detailhypothesen für die empirische Untersuchung zu übernehmen:

640

641 642

643 644

Zur Anteilsverwässerung bei VC-Folgefinanzierungsrunden sowie speziell zur Wirkungsweise der Anti-Dilution-Regelung vgl. Leisen {2012), S. 22-27. Vgl. Cumming {2006), S. 1111 f. und Kapitel 4.2.1.2. Vgl. EU-Kommission {2008), S. 3 f.; Schilder {2006), S. 8 f; Leleux/Surlemont {2003), S. 84 f. Darüber hinaus sind beispielhaft die aktuellen Finanzierungskonditionen des High-Tech Gründerfonds zu nennen, als größten öffentlich-geförderten VC-Geber in Deutschland, der grundsätzlich max. 2 Mio. Euro pro Beteiligungsmandat investieren darf. Vgl. HTGF {2014). Zur Legitimation und Ausgestaltung öffentlich-geförderter VC-Fonds vgl. auch Kapitel 2.2.2. Vgl. hierzu die allgemeinen Ausführungen von Friedrich {2005), S. 23.

166

H9:

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Auf Beteiligungsebene sind nicht-finanzielle Syndizierungsmotive für private VC-Gesellschaften und finanzielle Anreize für öffentlichgeförderte VC-Geber von größerer Bedeutung.

H9a: Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Informationen vor Beteiligungsbeginn zur Verbesserung der Auswahlentscheidung einzuholen besitzt für private VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert. H9b: Die gezielte Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten mittels Syndizierungen ist für private VC-Geber von größerer Bedeutung. H9c: Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften achten stärker darauf, über Syndizierungen die Folgefinanzierungsmöglichkeiten der Portfoliounternehmen zu verbessern.

4.2.4

Arbeitshypothesen im Überblick

In den vorherigen Abschnitten dieses Kapitels wurden anhand der recherchierten Literatur die Ressourcenausstattung, die Gesamtstrategie sowie die hiermit in Verbindung stehende strategische Option der Syndizierungsbereitschaft von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften abgeleitet. Aus dieser Diskussion heraus sind neun Arbeitshypothesen hervorgegangen, die teilweise in weitere Detailhypothesen aufgeteilt wurden. Für einen abschließenden Überblick sind diese in der folgenden Tabelle 4 noch einmal zusammengestellt.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Tabelle 4: Nr.

167

Überblick Arbeits- und Detailhypothesen für die empirische Untersuchung Hypothese

1

Öffentlich-geförderte VC-Geber weisen gegenüber privaten VC-Gesellschaften einen geringeren Anteil an Spezialwissen auf.

2

Bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften stehen pro Portfoliounternehmen deutlich weniger Finanzmittel zur Verfügung.

3

Ausgeprägte Netzwerkstrukturen haben für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert als wie für private VC-Geber. 3a

Öffentlich-geförderte VC-Geber investieren mehr Zeit für den Ausbau und die Pflege ihrer Netzwerkbeziehungen.

3b

Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften weisen quantitativ und qualitativ eine höhere Netzwerkzentralität auf. Öffentlich-geförderte und private VC-Gesellschaften unterscheiden sich hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Beteiligungsportfolien.

4 4a

Private VC-Gesellschaften fokussieren ihre Investitionsaktivitäten stärker Hightech-Unternehmen.

4b

Die Beteiligungsportfolien öffentlich-geförderter VC-Geber weisen einen höheren Diversifizierungsgrad auf.

4c

Private VC-Geber investieren in einem geografisch weiter gefassten Einzugsgebiet. Private VC-Geber verfolgen gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften eine stärker fokussierte Hands-on-Betreuungsstrategie.

s Sa

Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften investieren einen geringeren Zeitaufwand in die Betreuung ihrer Portfoliounternehmen.

Sb

Private VC-Gesellschaften bieten ein breiteres Spektrum an Managementdienstleistungen an. Private VC-Gesellschaften investieren gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern einen größeren Veräußerungsaufwand und sind erfolgreicher beim Exit ihrer Beteiligungsmandate.

G Ga

Private VC-Gesellschaften investieren mehr Zeit in die Vorbereitung und Durchführung des Beteiligungsverkaufs.

Gb

Private VC-Geber legen mehr Wert auf die Ausgestaltung der Kontroll- und Vermögensrechte zu Beteiligungsbeginn.

Ge

Private VC-Gesellschaften beeinflussen aktiver den Prozess des Beteiligungsverkaufs.

Gd

Private VC-Geber besitzen eine bessere performanceabhängige Exit-Struktur. Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene haben für private VC-Gesellschaften eine stärkere Bedeutung als wie für öffentlich-geförderte VC-Geber.

7 7a

Die Verbesserung des eigenen Track Records als Syndizierungsmotiv ist für private VC-Gesellschaften von größerer Bedeutung.

7b

Private VC-Gesellschaften achten bei Syndizierungen stärker auf mögliche Reputationseffekte. Syndizierungsmotive zur Verbesserung der Portfoliostruktur sind bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften stärker ausgeprägt als wie bei privaten VC-Gebern.

8 8a

Syndizierungsmotive zur Verbesserung der Portfoliostruktur sind bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften stärker ausgeprägt als wie bei privaten VC-Gebern.

8b

Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Diversifikationspotenziale auszuschöpfen besitzt für öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert.

168

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

Hypothese

Nr.

Auf Beteiligungsebene sind nicht-finanzielle Syndizierungsmotive für private VC-Gesellschaften und finanzielle Anreize für öffentlich-geförderte VC-Geber von größerer Bedeutung.

9 9a

9

b

9c

Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Informationen vor Beteiligungsbeginn zur Verbesserung der Auswahlentscheidung einzuholen besitzt für private VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert. Die gezielte Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten mittels Syndizierungen ist für private VC-Geber von größerer Bedeutung. Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften achten stärker darauf, über Syndizierungen die Folgefinanzierungsmöglichkeiten der Portfoliounternehmen zu verbessern.

Quelle: Eigene Darstellung.

Gemäß der Zielstellung dieser Arbeit, das Syndizierungsverhalten als integrativen Bestandteil der strategischen Ausrichtung von VC-Gesellschaften zu untersuchen, ist aus den angeführten Arbeits- und Detailhypothesen noch einmal folgendes Wirkungsgefüge für den Fortgang der Untersuchung festzuhalten: Aus der Trägerschaft bzw. der lnvestorenstruktur einer VC-Gesellschaft sind eine spezifische Ressourcenausstattung abzuleiten, bestehend aus dem Human Capital, dem Zugang zu finanziellen Ressourcen sowie der Netzwerkstruktur. Die besondere Ressourcenbasis sowie differenzierte Zielvorgaben führen dann unter Einbezug management- und finanztheoretischer Konzepte zu gesellschaftsspezifischen Unterschieden bei der Ableitung der Gesamtstrategie, bestehend aus Investitions-, Betreuungs- inkl. des Exit-Verhaltens. Vor diesem Hintergrund ergeben sich wiederum Differenzen bei der Wertschätzung einzelner Syndizierungsmotive. Dabei kann über die Syndizierungsstrategie Einfluss auf die Außendarstellung der Gesellschaft an sich sowie im Speziellen auf das Investitions-, Betreuungs- sowie das Exit-Verhalten ausgeübt werden. Die für diese Arbeit grundlegenden Kausalitätsbeziehungen im Wirkungsgefüge der abgeleiteten Arbeitshypothesen sind abschließend in Abbildung 25 für eine bessere Orientierung noch einmal schematisch zusammengefasst.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - THEORIE

169

Abbildung 25: Überblick zum Zusammenhang der Arbeitshypothesen dieser Untersuchung Quelle:

Eigene Darstellung.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

5

171

Empirische Untersuchung

In dem vorangegangen Kapitel wurde das Wirkungsgefüge zwischen Trägerschaft, Ressourcenausstattung, strategischer Positionierung und dem Syndizierungsverhalten bei privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften aus theoretischer Perspektive beleuchtet. Die hierzu ausgearbeiteten Arbeits- und Detailhypothesen werden nun in diesem Abschnitt empirisch untersucht. Hierzu wird zuerst der Ablauf der Untersuchung und die hieraus gewonnen Stichprobe vorgestellt. Anschließend werden die Auswertungen und Ergebnisse der Datenauswertung auf der jeweiligen Untersuchungsebene präsentiert. Den Abschluss bildet eine überblicksartige Zusammenfassung der ausgewerteten Hypothesen.

5.1

Methodik der Untersuchung

5.1.1

Zielgruppe

Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist die Aufdeckung einer möglichen Kausalbeziehung zwischen Trägerschaft, Ressourcenausstattung, strategischem Verhalten und Syndizierungsmotive bei öffentlich-geförderten und privaten VCGesellschaften. Der zugrundeliegenden Definition von VC in Kapitel 3.1 folgend, wird hierbei die Finanzierung von Unternehmen in der Seed-, Startup- und Expansionsphase fokussiert. Demnach sind für die empirische Analyse öffentlichgeförderte und private Kapitelbeteiligungsgesellschaften relevant, die ihren Hauptsitz in Deutschland unterhalten und Finanzkapital in mind. einer dieser Phasen zur Verfügung stellen. Ausgehend von dieser grundsätzlichen Kategorisierung wurde zur Ermittlung der relevanten Grundgesamtheit in einem ersten Schritt das Mitgliederverzeichnis des BVK gescreent. Diese Plattform dient als wichtige Informationsquelle für kapitalsuchende Unternehmen. Demnach besteht für den Großteil deutscher Beteiligungsgesellschaften das Interesse, sich in diesem Verband zu registrieren, da sich hieraus künftige Deal Flow Möglichkeiten ergeben. Um die Kapitalbeteiligungsgesellschaften wie eingangs beschrieben zu selektieren, wurde im Folgenden auf die angebotenen Informations- und Suchfunktionen zurückgegriffen. In einem ersten Screening galt es die ordentlichen Mitglieder des Verbandes auszuwählen, welche als Investoren Kapital zur Verfügung stellen. Assoziierte Mitglieder hingegen übernehmen reine Beratungsdienstleistungen

172

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

und sind folglich von der Untersuchung auszuschließen. Im Ergebnis konnten in dieser Phase knapp 200 Beteiligungsgesellschaften identifiziert werden. Da der BVK jedoch als Interessenvertretung der gesamten deutschen PE Branche fungiert, wurden in einem zweiten Schritt Kapitalbeteiligungsgesellschaften von der Untersuchung ausgeschlossen, die explizit angaben, nur in Unternehmensspätphasen aktiv zu sein. Aus diesem Vorgehen reduzierte sich die Anzahl relevanter Beteiligungskapitalgeber auf 144. Ausgehend von dieser Basis wurde in einem nächsten Schritt auf die Datenbank von Gründerszene.de zurückgegriffen, einer speziellen Website im Gründungsfinanzierungsbereich, die ebenfalls öffentlich zugänglich ist. Auch hier diente die angebotene Suchfunktion zur Identifikation von Investoren der Früh- und Wachstumsphase von Unternehmen. Die hieraus ermittelten Kapitalgeber galt es einerseits mit der bestehenden Datenbasis abzugleichen, um Doppelnennungen auszuschließen. Andererseits wurden eigenen Recherchen durchgeführt, um den institutionellen Charakter der verbliebenen Investoren zu ermitteln. Ließ sich eindeutig eine Spätphasenfokussierung der Gesellschaft erkennen bzw. handelte es sich bei den Kapitalgebern um Corporate VC-Gesellschaften bzw. Privatpersonen, wurden diese aus der Grundgesamtheit eliminiert. Für die verbliebenen institutionellen VC-Geber galt es festzustellen, ob diese ihr Kapital vorrangig von öffentlichen Institutionen oder privaten Investoren erhalten. Im Ergebnis konnten somit weitere 61 relevante Beteiligungsgesellschaften identifiziert werden. Nach Abschluss dieses mehrstufigen Screeningprozesses ergab sich somit eine Grundgesamtheit von 205 Beteiligungsgesellschaften.

5.1.2

Erhebungsinstrument

Die in Kapitel 4.2 formulierten Arbeitshypothesen beziehen sich auf nicht direkt beobachtbare zusammenhänge in einem mehrdimensionalen Kontext, dass von der Analyse einzelner Strukturmerkmale über die strategische Positionierung bis hin zu den Einflussfaktoren auf das Eingehen syndizierter Finanzierungen reicht. Für die Untersuchung eines derart breiten Spektrums prinzipiell geeignet sind das persönliche oder telefonische Interview sowie die schriftliche Befragung. Im Rahmen dieser Arbeit wurde dabei die letzte Option mittels eines standardisierten Fragebogens ausgewählt. Methodisch interessant in diesem Zusammenhang sind die Anonymität sowie der verhältnismäßig geringe Zeitaufwand für die Befragungsteilnehmer und demnach eine relativ hohe Akzeptanz als auch gute Anwendbarkeit, wie aus bisherigen Ar-

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

173

645

beiten hervorgeht. Darüber hinaus ist mit einem derartigen Vorgehen die Be646 einflussung der Teilnehmer durch den Interviewer auszuschließen. Nachteilig ist hingegen, dass es sich um Selbstauskünfte handelt, die von subjektiven Werten und Einstellungen beeinflusst sind. Zudem besteht inhaltlich die Gefahr, dass vorgegebene Antwortmuster als schematisch und missverständlich wahrgenommen werden, was die Qualität der Aussagen reduzieren kann bis hin zum Auslassen einzelner Antwortkategorien. Auch kann aufkommender Nachfragebedarf 647 nur bedingt befriedigt werden. Um die angeführten Nachteile angemessen zu berücksichtigen wurde Anfang des Jahres 2012 ein längerfristiger Prozess für die Erstellung eines Fragebogens initiiert. Dieser umfasste zunächst die Ausarbeitung eines ersten Entwurfes. Um Unklarheiten und methodische Mängel zu reduzieren sowie die Bearbeitungszeit zum Ausfüllen des Fragebogens abzuschätzen, erfolgte anschließend die Durchführung eines Pre-Test. Hierzu konnte zur Minderung von Missverständnissen und terminologischen Unklarheiten auf die Einschätzung von zwei erfahrenen Managern aus dem Beteiligungsgeschäft zurückgegriffen werden. Darüber hinaus diente der Input von fünf Mitarbeitern aus dem wissenschaftlichen Umfeld dazu, methodische Mängel und weiterführende Fragen zu überprüfen. Die aus diesem iterativen Prozess gewonnenen Anregungen und Ergänzungen führten zu einer inhaltlichen und methodischen Überarbeitung des Fragebogens. Letztendlich nahm der gesamte Ablauf der Fragebogenerstellung ca. 6 Monate in Anspruch. Im Ergebnis wurde ein standardisierter Fragebogen entworfen, der möglichst einfach und verständlich gestaltet ist. Zur besseren Orientierung für die Teilnehmer diente eine Kategorisierung der 30 Fragen auf die vier Themenblöcke: Allgemeine Angaben, Investmentpolitik- und Beteiligungsverhalten, Syndizierungsverhalten und Exit-Verhalten. Sofern Mehrfachantworten erforderlich sind, ist dies bei jeder Frage separat als Hinweis gekennzeichnet. Zudem wurde bei den verwendeten Antwortskalen darauf geachtet, dass jede Abstufung verbal und numerisch beschrieben ist, wobei die Anwendung des Skalenniveaus innerhalb des Fragebogens möglichst einheitlich erfolgte. Weiterhin ist zu erwähnen, dass der konstante Einsatz unipolarer Skalen mit einer geraden Anzahl von Antwortkategorien 648 dem Problem der Antworttendenz zur Mitte bei den Teilnehmern vorbeugte. 645

646 647 648

Für den deutschsprachigen Raum exemplarisch zu nennen sind die Arbeiten von Friedrich (2005); Pankotsch (2005); Welpe (2004). Vgl. Eisele et al. (2002), S. 7. Vgl. Pankotsch (2005), S. 152. Vgl. Kallus (2010), S. 40-55.

174

5.1.3

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Erhebungsablauf

Nach der Fertigstellung des Fragebogens wurde dieser im Juli 2012 per Post an die als Zielgruppe identifizierten Beteiligungsgesellschaften versandt. Adressaten waren entweder die laut eigenen Recherchen ermittelten Geschäftsführer der einzelnen Gesellschaften oder persönlich bekannte Investmentmanager. In diesem Schritt zeigte sich, dass einige Adressen veraltet waren sowie einige Gesellschaften die Teilnahme ablehnten, da sich deren Geschäftsmodell grundlegend geändert hatte bzw. eine reine Spätphasenfokussierung vorlag. Dies führte dazu, dass sich die relevante Grundgesamtheit der Befragung auf 172 VCGesellschaften reduzierte. An den Versand anknüpfend startete nach einer Frist von vier Wochen eine telefonische Nachfassaktion. Hierzu wurden die ermittelten Ansprechpartner kontaktiert, nach deren grundsätzlicher Bereitschaft gefragt und Hilfestellung bei der Beantwortung der Fragen angeboten. Mit diesem Vorgehen sollte die Motivation zur Retournierung des Fragebogens gesteigert werden. Da die Fragebögen bei den Gesellschaften auf postalischen Weg teilweise verloren gingen, wurde diese noch einmal nach Rücksprache via E-Mail an die Ansprechpartner direkt versandt. War nach zwei bis drei Wochen des ersten Anrufs kein Rückläufer eingegangen, wurde ein zweites Mal telefonisch Kontakt aufgenommen, um ein letztes Mal die Motivation zur Teilnahme an der Untersuchung anzuregen. Verlief dieses Gespräch nicht eindeutig positiv, wurde ab diesem Moment von einer weiteren Kontaktaufnahme abgesehen. Nach Abschluss des mehrstufigen Datenerhebungsprozesses im November 2012 hatten sich insgesamt 49 Beteiligungsgesellschaften an der Umfrage beteiligt. Bei der ersten Durchsicht der eingegangenen Fragebögen zeigte sich jedoch bei zwei Gesellschaften, dass diese als fokussierte Spätphaseninvestoren agieren. Ein weiterer Fragebogen musste aufgrund der hohen Unvollständigkeit aus der Stichprobe genommen werden. Für die anstehende Datenauswertung kann somit im Ergebnis auf 46 Fragebögen zurückgegriffen werden.

5.2

Untersuchungsergebnisse

5.2.1

Merkmale und Repräsentativität der Stichprobe

In Tabelle 5 sind die wesentlichen Strukturmerkmale der Stichprobe tabellarisch dargestellt. Demnach nahmen an der Untersuchung insgesamt 46 VCGesellschaften teil. Im Durchschnitt waren diese seit über 11 Jahren auf dem Be-

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

175

teiligungsmarkt tätig. Über die Hälfte der befragten VC-Geber gründete sich seit dem Jahr 2000. Wiederum knapp 50 % der Befragungsteilnehmer nahmen in den 1990er Jahren die Geschäftstätigkeit auf. Lediglich zwei Gesellschaften sind seit den 1980er Jahren auf dem Beteiligungsmarkt aktiv. Aufgrund der Ausgewogenheit von älteren und jungen Gesellschaften gibt es bei diesem Merkmal keinen Anhaltspunkt, die Repräsentativität der Stichprobe in Frage zu stellen. Tabelle 5:

Merkmale Stichprobe

Merkmal

N

MW

Min

Median

Max

SD

Alter

46

11,61

2

12,00

30

6,209

Mitarbeiter

46

6,51

2

4,50

36

6,321

Portfoliounternehmen

46

31,41

2

15,50

216

45,257

Quelle: Eigene Berechnung.

Bezüglich der Mitarbeiterstruktur ist festzuhalten, dass bei den befragten Teilnehmern zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 2 und 39 Investmentmanager beschäftigt waren. Ein Mittelwert (MW) von 6,5 bzw. der Median von 4,5 zeigt jedoch, dass überwiegend eine geringe Anzahl von Mitarbeitern pro VCGesellschaft angestellt ist. Diese rechtsschiefe Verteilung liegt auch bei der Anzahl der gehaltenen PU vor. Aufgrund der hohen Standardabweichung bei diesem Strukturmerkmal ist auf den Median zu verweisen. So hatte die Hälfte der befragten VC-Gesellschaften zum Erhebungszeitpunkt bis zu 15,5 Unternehmen unter Management. Da aufgrund der Zusammensetzung der Grundgesamtheit zu den 2 angeführten Merkmalen jedoch keine Vergleichszahlen aus anderen Statistiken vorliegen, können hieraus keine Schlussfolgerungen auf die Repräsentativität geschlossen werden. Jedoch kann hierzu die Rücklaufquote und -verteilung mit der Grundgesamtheit 649 verglichen werden. Die ermittelte Grundgesamtheit im Juli 2012 belief sich auf 205 Beteiligungsgesellschaften. Im Zuge des Erhebungsablaufes reduzierte sich diese auf 172 Kapitalgeber, da Briefe teilweise nicht zustellbar waren bzw. die befragten Beteiligungsgesellschaften explizit mitteilten, nicht (mehr) in der Früh650 ader Wachstumsphase aktiv zu sein. Bezogen auf diese Nettogrundgesamtheit entspricht die Rücklaufzahl von 46 verwertbaren Fragebögen einer Quote von 26,7 %.

649 650

Vgl. zu diesem Vergehen u. a. Friedrich (2005), S. 129 f. Vg.1 Kapite 15.1.3.

176

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Vergleicht man die Struktur beider Quellen ist zunächst noch einmal auf die Kategorisierung beider Akteursgruppen einzugehen. Zur Einteilung, ob es sich um eine öffentlich-geförderte oder private Beteiligungsgesellschaft handelt, wurde bei der Zusammenstellung der Grundgesamtheit analysiert, woher der überwiegende Kapitalanteil stammt. Als öffentlich-gefördert gelten dabei Gesellschaften, die eine Verbindung zu öffentlichen Institutionen, Förderbanken, Landesbanken und 651 Sparkassen aufweisen. Bei den beiden letztgenannten lnvestorenklassen ist jedoch einschränkend zu erwähnen, dass trotz der Vermischung von renditeorientierten und förderpolitischen Zielen eine stärkere Renditefokussierung zu ver652 muten ist, um langfristig am Markt erwerbstätig zu sein. Um die angeführte Kategorisierung in der Stichprobe durchzuführen, wurde explizit nach der Herkunft des überwiegenden Anteils der Finanzmittel gefragt. Tabelle 6:

Rücklaufquote und -verteilung Gesamt

Quelle

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

N

Anteil

N

Anteil

Grundgesamtheit

172

114

66,3%

58

33,7%

Stichprobe

46

30

65,2%

16

34,8%

Quelle: Eigene Berechnung.

Unter Berücksichtigung dieser Klassifizierung ist gemäß Tabelle 6 festzuhalten, dass in der Grundgesamtheit 33, 7 % aller Beteiligungsgesellschaften aus dem Umfeld öffentlich orientierter Institutionen stammen. In der Stichprobe beträgt dieser Anteil 34,8 %. Der Anteil privater Gesellschaften belief sich folglich in beiden Quellen auf ca. zwei Drittel. Die ermittelte hohe Rücklauf- und die ähnliche Verteilungsquote können folglich als ein Indiz für eine gute Repräsentativität der Stichprobe bewertet werden.

5.2.2

Strukturmerkmale

5.2.2.1

Human Capital

Ein wesentliches Merkmal zur konstitutiven Beschreibung von VC-Gesellschaften ist der aggregierte Wissensstand. Um diesen zu ermitteln zielte ein Teil des Fragebogens darauf ab, die Anzahl sowie qualitativ den Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund der Investmentmanager zu hinterfragen. Hierzu wurde einerseits nach der Gesamtanzahl der Mitarbeiter gefragt. Andererseits sollten die

651 652

Vg 1. Kapite 13.2.2. Vgl. Schefczyk (2004), S. 255.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

177

Teilnehmer Angaben zu Studienabschlüssen sowie früheren Tätigkeiten vor dem Eintritt in die VC-Gesellschaft machen. In Anlehnung an das Vorgehen in den Arbeiten von JUNGWIRTH und ZARUTSKIE galt es die so ermittelten Listen in einem nächsten Schritt hinsichtlich der Wissensausprägung zu kategorisieren. Unter allgemeinem Aufgabenwissen wurden Studienabschlüsse in den Fachgebieten Betriebswirtschaft und Jura zusammengefasst. Ausbildungen als Ingenieur oder im naturwissenschaftlichen Bereich gelten wiederum als Indikator für spezifische Wissensbestandteile. Hinsichtlich des Erfahrungshintergrundes ist zudem angenommen, dass vorherige Tätigkeiten in den Bereichen VC bzw. Finanzdienstleistungen allgemeine Erfahrungswerte über die Finanzierung von Unternehmen generieren. Waren Investmentmanager vor ihrer Beschäftigung hingegen führend in einem Startup, einer Management- oder Strategieberatung sowie bereits in einer bestimmten Industrie beschäftigt, wurde dies als ein spezifischer Erfahrungshintergrund gewertet. Der so ermittelte Anteil von allgemeinen und spezifischen Wissensträgern wurde abschließend in Relati653 on zur Gesamtbeschäftigung gesetzt. Tabelle 7:

Human Capital

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Anzahl Investmentmanager

30

5,32

4,00

3,485

16

8,75

5,50

9,391

Anteil spez. Wissen

30

0,259

0,250

0,249

16

0,222

0,157

0,228

Anteil spez. Erfahrung

30

0,612

0,633

0,301

16

0,227

0,125

0,256

Quelle: Eigene Berechnung.

Aus Tabelle 7 geht zuerst hervor, dass in öffentlich-geförderten VCGesellschaften mit einer durchschnittlichen Anzahl von 8,75 deutlich mehr Mitarbeiter beschäftigt werden, als wie bei privaten Kapitalgebern. Betrachtet man im Folgenden die genauere Wissensverteilung zeigt sich, dass der überwiegende Anteil der Investmentmanager in beiden Gruppen ein Jura oder Betriebswirtschaftslehrestudium absolviert haben. Mitarbeiter mit einer spezifischen Ausbildung sind hingegen in der Minderheit, wobei der Anteil bei privaten mit durchschnittlich 25,9 % leicht über dem Wert öffentlich-geförderter VC-Geber (MW = 22,2 %) liegt. Verstärkt wird diese Tendenz durch das Ergebnis, dass bei über der Hälfte aller öffentlich-geförderten Teilnehmer nur 15, 7 % der Mitarbeiter ein Studienabschluss als Ingenieur oder Naturwissenschaftler besitzen. 653

Vgl. Zarutskie (2010), S. 157-159; Jungwirth (2006), S. 102 f. sowie Kapitel 4.2.1.1.

178

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Eine noch größere Differenz zeigt sich bei der Frage, inwiefern eine spezielle (Industrie-) Erfahrung vorliegt. Bei privaten VC-Gesellschaften haben durchschnittlich 61,2 % der Mitarbeiter bereits als Manager in bestimmten Beratungsfeldern bzw. Industriezweigen oder im FuE-Bereich spezifische Erfahrungen sammeln können, wohingegen dieser Anteil bei öffentlich-geförderten VC-Gebern durchschnittlich 22,7 % beträgt. Noch gravierender wird dieser Unterschied bei einem Vergleich der Medianwerte, der bei privaten VC-Gesellschaften 63,3 % und bei öffentlich-geförderten VC-Gebern nur 12,5 % beträgt. Im Ergebnis sind somit eindeutige Indizien zu erkennen, dass in privaten VCGesellschaften Expertenwissen, v. a. spezifische Erfahrungswerte, deutlich stärker vorhanden sind. Folglich kann die erste Hypothese dieser Untersuchung bestätigt werden. 5.2.2.2

Financial Capital

Die Frage nach dem zur Verfügung stehenden Finanzkapital wurde mittels des konzipierten Fragebogens indirekt ermittelt. Der Hintergedanke hierbei war, dass das aktuell zur Verfügung stehende Fondsvolumen als Momentaufnahme nur einen bedingten Aussagegehalt zur Feststellung der gesamten Finanzkraft besitzt. Zum einen da aktuelle Fundraisingaktivitäten diese zeitpunktbezogene Aussage verzerren könnten. Zum anderen da die alleinige Betrachtung des Fondsvolumens, losgelöst von der Geschäftstätigkeit, zu einer fehlerhaften Interpretation führen kann. So ist ein hohes Fondsvolumen nicht einfach gleichzusetzen mit einer starken Finanzkraft, da z. B. sehr viele Unternehmen hieraus finanziert werden müssen c. p. Die Einschränkung der Zeitpunktbezogenheit wurde mit der Frage nach dem investierten Fondsvolumen seit Bestehen der Gesellschaft umgangen. Um die Gefahr der Fehlinterpretation zu reduzieren, sollten die befragten VC-Geber anschließend die Gesamtanzahl der PU angeben, die bisher finanziert wurden. Anhand dieser Angaben berechnete sich im Folgenden die Investitionsquote, welche angibt, wie viel Kapital ein Beteiligungsmandat im Durchschnittlich erhalten halt. Letztendlich kann mit Hilfe dieser Kennzahl abgelesen werden, wie viel Finanzmittel die befragten VC-Gesellschaften seit ihrem Bestehen im Durchschnitt für ein Unternehmen zur Verfügung gestellt haben.

179

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 8:

Financial Capital

Merkmal

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG

Investitionsquote (Mio.€}

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

27

3,491

1,774

3,346

15

1,016

0,773

0,767

Quelle: Eigene Berechnung.

Bezüglich der Untersuchungsergebnisse ist zuerst zu erwähnen, dass vier Befragungsteilnehmer keine bzw. nur zu einer von zwei Variablen Angaben gemacht haben. Folglich reduzierte sich der Stichprobenumfang bei dieser Frage auf 42 Befragungsteilnehmer. Im Ergebnis zeigt sich in Tabelle 8, dass öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften im Durchschnitt deutlich weniger Kapital in ein Unternehmen investieren. So werden mit 1,02 Mio. Euro nicht einmal ein Drittel der Summe wie bei privaten VC-Gebern bereitgestellt, wo durchschnittlich knapp 3,5 Mio. Euro in ein PU flossen. Jedoch zeigt sich bei der zuletzt genannten Gesellschaftsgruppe ein deutlich heterogeneres Bild, was anhand der Standardabweichung von 3,35 Mio. Euro abgelesen werden kann. Diesen Aspekt berücksichtigend ist auf die Medianwerte zu verweisen. Auch dieser Vergleich führt letztendlich zu dem Ergebnis, dass private VC-Geber, mit einem Median von 1,77 Mio. Euro, deutlich mehr Finanzkapital für jedes einzelne Unternehmen zur Verfügung stellen. Der Großteil öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften investiert hingegen deutlich unter 0,8 Mio. Euro pro Beteiligungsmandat. Abschließend ist somit festzuhalten, dass öffentlich-geförderte VC-Geber deutlich weniger Kapital zur Finanzierung eines Unternehmens zur Verfügung stellen (können). Diese Erkenntnis lässt die Aussage zu, die zweite Arbeitshypothese dieser Untersuchung zu bestätigen. 5.2.2.3

Netzwerkstruktur

Um die Bedeutung sowie die Ausprägung von Netzwerkstrukturen für die befragten VC-Gesellschaften zu erfassen, müssen mehrere Indikatoren betrachtet werden. In ganzheitlicher Perspektive sind hierbei der investierte Zeitaufwand für die Netzwerkpflege als lnputgröße sowie die Anzahl existierender Netzwerkstrukturen als Output-Parameter seitens der befragten VC-Geber für die folgende Analyse von Bedeutung. Um den relativen Zeitaufwand zu messen, den die VC-Geber durchschnittlich in die Pflege und den Aufbau ihrer Netzwerkbeziehungen investieren, mussten die Befragungsteilnehmer ihr gesamtes Zeitbudget auf typische Aufgabenfelder eines

180

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

654

Venture Capitalists verteilen. Durch dieses Vorgehen kann die Bedeutung einzelner Tätigkeitsfelder indirekt berechnet werden durch den Anteil des relativen Zeitaufwands für das einzelne Aufgabengebiet am insgesamt zur Verfügung stehenden Zeitbudget. Umso höher demnach der relative Zeitaufwand für eine Aufgabe, desto größer deren Stellenwert im Gesamttätigkeitsfeld des VC-Gebers. Die Bewertung des Outputs erfolgt durch die Ableitung von zwei Parametern un655 ter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus der Graphentheorie, um eine Aussage über die quantitative und qualitative Netzwerkzentralität zu treffen. Einerseits von Bedeutung ist demnach die Gesamtanzahl aller lnvestorenbeziehungen, welche die befragten VC-Gesellschaften unterhalten. Um einen einheitlichen Referenzzeitpunkt vorzugeben, wurde hierzu nach der Anzahl von Kooperationsbeziehungen bei der Initiierung von Syndizierungen gefragt. Die Entscheidungsregel lautet folglich, dass umso mehr Beziehungen ein VC-Geber zu anderen Investoren für gemeinsame Investments unterhält, desto höher ist dessen quantitative 656 Netzwerkzentralität. Um im weiteren Verlauf der Netzwerkstrukturanalyse die Qualität der Kooperationsbeziehungen zu bewerten, mussten die Befragungsteilnehmer nicht nur die Anzahl von Kooperationsbeziehungen angeben, sondern diese auch nach der Frequenz des Auftretens kategorisieren. Regelmäßige Kontakte zu anderen VCGesellschaften sind hierbei als starke Bindungen (Strang Ties) und gelegentliche Kooperationsbeziehungen als schwache Bindungen (Weak Ties) charakterisiert. Dieses Vorgehen erlaubt eine Aussage über die qualitative Netzwerkzentralität, gemessen an dem Anteil regelmäßiger bzw. starker Austauschbeziehungen. Hiermit verbunden ist eine robustere Netzwerkstruktur, da intensive Kooperationsbeziehungen zu mehr Intimität und Vertrauen zwischen den Beteiligten führen. 657

654

655 656 657

Die Aktivitäten lauteten: Kapitalakquise, Deal-Auswahl, Betreuung der Portfoliounternehmen, ExitBetreuung, interne Aufgaben und Netzwerkpflege. Auf die weiteren Aktivitäten und deren zeitlicher Aufwand wird in der weiteren Auswertung noch explizit eingegangen. Zu den Aufgaben, welche direkt den VC-Finanzierungsprozess betreffen vgl. auch 3.3.2.1. Vg 1. Kapite 14.2.1.3. Vgl. Seppä (2003), S. 154 f. Vgl. Haythornthwaite (2002), S. 386.

181

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 9:

Netzwerkstrukturen (In- und Output-Parameter)

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

30

0,112

0,100

0,066

16

0,103

0,100

0,083

Gesamtanzahl Ties

22

16,21

12,00

13,77

14

17,86

16,00

15,33

Anteil Streng Ties

22

0,500

0,500

0,250

14

0,347

0,367

0,210

Input: rel. Zeitaufwand Netzwerk Output:

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 9 zeigen zuerst, dass beide Gesellschaftsgruppen einen ähnlich großen Zeitaufwand in den Aufbau und die Pflege ihres Netzwerkes investieren. Für dieses Aufgabengebiet liegt der berechnete MW für den relativen Zeitanteil am Gesamtzeitbudget bei der Gruppe privater VC-Gesellschaften mit 11,2 % nur geringfügig über dem Wert öffentlich-geförderter VC-Geber von 10,3 %. Die weitere Analyse zeigt zudem identische Medianwerte von exakt 10 %. Für die Auswertung der Netzwerkstruktur ist vorweg festzuhalten, dass neun Befragungsteilnehmer hierzu keine Angaben gemacht haben. Darüber hinaus wurden die Angaben einer privaten VC-Gesellschaft nach einer ersten Auswertung aus der Stichprobe genommen, da deren Angaben die berechneten MW um das 2,5-fache überstiegen und somit das Ergebnis stark verfälscht hätten. Betrachtet man die Ergebnisse in Tabelle 9 ist festzuhalten, dass öffentlichgeförderte VC-Geber mit durchschnittlich 17,86 Austauschbeziehungen zu anderen VC-Gesellschaften eine höhere quantitative Netzwerkzentralität aufweisen. Das lnvestorennetzwerk privater Venture Capitalists ist im Durchschnitt mit 16,21 VC-Gebern rund 10 % kleiner. Die Detailanalyse der Netzwerkstruktur für diese lnvestorengruppe zeigt jedoch eine stärker ausgeprägte qualitative Netzwerkzentralität. Demnach fokussieren private VC-Gesellschaften deutlich stärker den Aufbau regelmäßiger Austauschbeziehungen, die im Durchschnitt 50 % aller Netzwerkbeziehungen darstellen. Bei öffentlich-geförderten VC-Gebern besteht das lnvestorennetzwerk hingegen nur zu gut einem Drittel aus regelmäßigen Austauschbeziehungen (MW = 34, 7 %). Demnach ist deren Netzwerkstruktur durch die Präsenz eher unregelmäßiger und weniger fokussierter Austauschbeziehungen zu anderen VC-Gesellschaften geprägt. Insgesamt ist zu konstatieren, dass private Venture Capitalists geringfügig mehr Zeit in den Aufbau und Pflege von kleineren, aber auch nachhaltigeren Netzwerkstrukturen investieren. Öffentlich-geförderte VC-Geber agieren hingegen in

182

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

größeren Netzwerkstrukturen, die jedoch weniger Verbindlichkeit ausstrahlen. Demnach scheinen derartige Kapitalgeber mehr an der quantitativen Ausweitung (quantitative Netzwerkzentralität), weniger jedoch an der Dauerhaftigkeit der Austauschbeziehung (qualitative Netzwerkzentralität) interessiert. Dieses Verhalten erscheint plausibel, da öffentlich-geförderte Venture Capitalists schon mit der Einstiegsfinanzierung privates Kapital aktivieren sollten und somit stetig auf der 658 Suche nach Finanzierungspartnern sind. Für die Auswertung bleibt abschließend noch festzuhalten, dass aufgrund dieser Ergebnisse die dritte Arbeitshypothese der Untersuchung abzulehnen ist. Beide Detailhypothesen hinsichtlich der gruppenspezifischen Bedeutung und Ausprägung von Netzwerkstrukturen konnten nicht bzw. nur teilweise bestätigt werden.

5.2.3

Strategische Positionierung

5.2.3.1

Investitionsverhalten

Die Bestimmung des Investitionsverhaltens erfolgt anhand der Struktur des Beteiligungsportfolios und der Nutzung spezifischer Finanzierungsinstrumente seitens der befragten VC-Gesellschaften. Zur Beschreibung des Portfolios sind konkret die Komplexität, der Diversifizierungsgrad sowie das geografische Tätigkeitsgebiet zu ermitteln. Von einer dezidierten Untersuchung der Investitionsphasen wird hingegen abgesehen, da in der Stichprobe aufgrund des angewandten Forschungsdesigns von vornherein nur VC-Gesellschaften mit einem speziellen Fokus auf die Früh- und Wachstumsphase berücksichtigt wurden. Um eine Aussage über den Komplexitätsgrad innerhalb des Portfolios der befragten VC-Gesellschaften treffen zu können, wurde in einem zweistufigen Fragedesign zuerst nach der Gesamtanzahl der PU gefragt. Anschließend sollten diese Beteiligungsmandate auf 16 vorgegebene Branchen aufgeteilt werden. In Anlehnung an das Vorgehen des BVK sowie an die Arbeit von JuNGWIRTH wurden diese 659 in der Auswertung nach High- und Lowtech-Sektoren kategorisiert. Dieser Vorgehensweise folgend konnte die Variable „Hightech" gebildet werden, die den prozentualen Anteil von Beteiligungsmandaten aus Hightech-Branchen im Gesamtportfolio angibt. Dabei gilt, dass umso höher dieser Wert gegen eins strebt, desto stärker ist die Hightech-Fokussierung des VC-Gebers c. p. 658 659

Vgl. Schilder (2007), S. 7 f. Als Hightech-Branchen wurden die Bereiche Life Science, Medizintechnik, Unterhaltungs-/ Kommunikationstechnik, Software und Cleantech zusammengefasst. Lowtech-Segmente sind dahingegen Industrieerzeugnisse und -dienstleistungen, Chemie/ Werkstoffe, Konsumgüter/ Handel sowie Verbraucher-, Finanz- und sonstige Dienstleistungen. Vgl. BVK (2006), S.1; Jungwirth (2006), S. 4143 und S. 104.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

183

Die Bestimmung des geografischen Tätigkeitsgebietes erfolgte anschließend nach einem ähnlichen Prozess. Ausgehend von dem gesamten Unternehmensbestand sollten die VC-Geber Auskünfte über die Anzahl regionaler, deutschlandweiter 660 und internationaler Beteiligungsfälle tätigen. Anhand der prozentualen Verteilung der aufgelisteten Regionen konnte im Folgenden der geografische Fokus der Befragungsteilnehmer ermittelt werden. Um abschließend zur Charakterisierung des Beteiligungsportfolios noch den Diversifizierungsgrad zu ermitteln, galt es die Anzahl der verschiedenen Branchen zu bestimmen, in denen eine VC-Gesellschaft investiert war. Dies erfolgte anhand der oben beschriebenen Anforderung an die Befragungsteilnehmer, ihr Portfolio auf 16 vorgegebene Industrien aufzuteilen, was der maximalen Punktzahl entspricht. Jede Branche erhielt dabei einen Punkt, sofern im Portfolio ein Unternehmen aus diesem Segment gehalten wurde. Die Entscheidungsregel für die Analyse lautet folglich, dass umso höher dieser Punktwert, in desto mehr Branchen ist die befragte VC-Gesellschaft investiert und umso ausgeprägter ist folglich der Portfoliodiversifizierungsgrad. Neben der Analyse der Portfoliostruktur ist weiterhin der Stellenwert einzelner Finanzierungsmittel zu analysieren, da hiervon Anreizwirkungen auf das anschlie661 ßende Beteiligungs- und Exit-Verhalten ausgehen. So führt die Bereitstellung von EK zu dem Interesse den Unternehmenswert zu steigern, um die eigenen Anteile am Ende des Beteiligungsverhältnisses gewinnmaximierend zu veräußern. Wird das Portfoliounternehmen hingegen über Mezzanine Kapital oder gar FK finanziert, besteht für die VC-Gesellschaft vorrangig die Zielstellung, die vereinbarten Rückzahlungen fristgerecht zu erhalten. Folglich ist die Sicherstellung der operativen Geschäftstätigkeit von höchster Priorität. Der laufende Kapitalabfluss reduziert zudem das künftige Investitionspotenzial. Folglich können die Motivation und das Handeln von Mezzanine- bzw. FK-Gebern die Unternehmenswertstei662 gerung einschränken, was nicht im Interesse der EK-lnvestoren ist. Um auf diese Anreizproblematik einzugehen, galt es die Befragungsteilnehmer nach der Nutzung spezifischer Finanzierungsinstrumente zu fragen. Hierzu sollten diese einschätzen, wie viel Prozent des investierten Gesamtvolumens mittels EK, Mezzanine Kapital und FK den PU zur Verfügung gestellt wurde. Aus diesen Ver-

660 661 662

Internationale Engagements sind zusammengefasst europaweite und globale Investments. Vg 1. Kapite 14.2.2. Vgl. Kußmaul/Richter (2000), S. 1197 f.

184

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

hältniszahlen kann letztendlich der Stellenwert der einzelnen Finanztitel für die jeweilige VC-Gesellschaft abgeleitet werden.

Tabelle 10:

Investitionsverhalten

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Hightech

30

0,761

0,935

0,323

16

0,558

0,569

0,344

Diversifizierungsgrad

30

3,87

3,00

2,432

16

7,81

7,50

2,949

Regional

30

0,094

0,000

0,262

16

0,741

1,000

0,416

Deutschlandweit

30

0,745

0,882

0,333

16

0,239

0,000

0,393

International

30

0,161

0,062

0,258

16

0,006

0,000

0,019

EK

30

0,814

0,915

0,226

16

0,448

0,450

0,374

Mezzanine

30

0,051

0,000

0,151

16

0,514

0,550

0,411

FK

30

0,135

0,050

0,182

16

0,038

0,000

0,083

Portfoliostruktur:

Geografische Verteilung:

Anteil Finanzmittel:

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 10 zeigen, dass in den Portfolien privater VC-Geber durchschnittlich ein deutlich höherer Anteil an Hightech-Unternehmen zu finden ist. In dieser VC-Gesellschaftsgruppe sind über 76 % der PU einer HightechBranche zuzuordnen, wohingegen dieser Anteil bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften knapp 56 % beträgt. Vor dem Hintergrund dass eine verstärkte Hightech-Fokussierung den Mehreinsatz von spezifischem Know-how erfordert, 663 womit wiederum Kosten für den Wissensaufbau einhergehen, ist es plausibel, dass sich private VC-Geber deutlich stärker auf einzelne Branchen fokussieren. Durchschnittlich ist deren Kapital nur auf knapp vier verschiedene Industrien verteilt. Öffentlich-geförderte Venture Capitalists streuen ihre Aktivitäten hingegen auf deutlich mehr Branchen, möglicherweise aufgrund der Zielstellung einer brei664 Bei ten Anzahl von Unternehmen Beteiligungskapital zur Verfügung zu stellen. dieser Akteursgruppe ist der Portfoliodiversifizierungsgrad mit durchschnittlich 7,8 mehr als doppelt so hoch.

663 664

Vg 1. Kapite 14.2.2.1.2 Vgl. Schilder (2006), S. 7 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

185

Bei der Untersuchung der geografischen Verteilung der Investitionsaktivitäten zeigt sich, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften in einem engen Einzugsgebiet agieren. Durchschnittlich knapp 75 % ihrer PU haben ihren Sitz in der gleichen Region (vgl. Tabelle 10). Die restlichen Beteiligungsmandate sind fast ausnahmslos in Deutschland anzufinden. Internationale Engagements spielen somit keine Bedeutung für diese Akteursgruppe. Hingegen sind private VC-Geber v. a. deutschlandweit aktiv, abzulesen an dem Anteil nationaler Beteiligungsengagements von durchschnittlich knapp 75 % des gesamten Portfoliobestandes. Aber auch internationale Investments sind für diese Gesellschaftsgruppe von Bedeutung. So haben durchschnittlich 16,1 % der PU ihren Sitz im Ausland. Aufgrund dieses weiter gefassten geografischen Tätigkeitsgebietes sind regionale Engagements, mit 9,4 % aller Beteiligungsinvestitionen, nur von nachrangiger Bedeutung. Auch hinsichtlich der Bedeutung einzelner Finanzierungsinstrumente zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den beiden Akteursgruppen. Für private VCGesellschaften ist der Einsatz von EK von höchster Priorität. Durchschnittlich über 80 % des investierten Gesamtvolumens wird über diese Finanzierungsform den PU zur Verfügung gestellt. Die Vergabe von FK (13,5 %} sowie Mezzanine Kapital (5,1 %} besitzt hingegen nur einen geringen Stellenwert und wird demnach meist nur ergänzend eingesetzt. Ein deutlich heterogeneres Bild zeigt sich hingegen, wenn man die Aufteilung des investierten Kapitals bei öffentlich-geförderten VCGebern analysiert. Bemerkenswert hierbei ist, dass 51,4 % des Investitionsvolumens über Mezzanine-Kapital bereitgestellt wird. Dieser Wert verdeutlicht die hohe Bedeutung stiller Beteiligungen in diese Akteursgruppe. Auf der anderen Seite führt dies jedoch dazu, dass nur 44,8 % der Finanzierungsmittel als EK eingesetzt werden. Somit besitzt diese Finanzierungsform für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften eine signifikant geringere Bedeutung. Abschließend ist anzumerken, dass in dieser Gesellschaftsgruppe reine FK-Finanzierungen (3,8 %) auch nur äußerst selten zum Einsatz gelangen. Fasst man die dargestellten Untersuchungsergebnisse zusammen, so ist die vierte Hypothese dieser Untersuchung, welche auf das gesellschaftsspezifische Investitionsverhalten abzielt, in großen Teilen zu bestätigen. Private VC-Geber fokussieren deutlich stärker die Finanzierung von Hightech-Unternehmen, wohingegen öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ein nahezu ausgeglichenes Portfolio besitzen im Hinblick auf den Technologiegrad. Darüber hinaus sind bei der zuletzt genannten Akteursgruppe ein deutlich höherer Diversifizierungsgrad und eine eindeutige regionale Fokussierung zu erkennen.

186

5.2.3.2

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Beteiligungsverhalten

Wie zu Beginn dieser Arbeit dargelegt, stellt das aktive Management der Beteiligungsmandate ein konstitutives Element von VC-Finanzierungen dar. Durch Monitoring und Betreuung soll die Erfolgswahrscheinlichkeit der PU und folglich die 665 Performance des investierten Kapitals gesteigert werden. Jedoch verursachen die angebotenen Unterstützungsdienstleistungen, in Abhängigkeit von den Unternehmenscharakteristika und der VC-Gesellschaft, einen unterschiedlich hohen Zeit- und Kostenaufwand. Unter Berücksichtigung dieser Kausalität wurde in Kapital 4.2.2.2.2 ein akteurspezifisches Beteiligungsverhalten hypothetisch aufgezeigt. Die dabei abgeleiteten Arbeits- und Detailhypothesen sind im Folgenden in einem zweistufigen Vorgehen empirisch zu analysieren. In einem ersten Schritt wird der Input beleuchtet, der anhand des Zeit- und Personalaufwands operationalisierbar ist. Anschließend erfolgt eine Untersuchung hinsichtlich der Bedeutung einzelner Managementdienstleistungen innerhalb des Betreuungsprozesses. Um den Aufwand zu analysieren, den VC-Gesellschaften in die Betreuung ihrer PU investieren, sind mehrere Variablen zu berücksichtigen. Zuerst von Bedeutung ist die Höhe des Deal Flow, da diese einen Indikator für den Arbeitsaufwand im Auswahlprozess darstellt. Neben der Anzahl gestellter Anfragen ist hierbei auch die Menge der Neuengagements zu bestimmen, da sich aus diesen beiden Kennzahlen die Bewilligungsquote berechnen lässt. Diese erlaubt letztendlich Rückschlüsse auf die Aktivität sowie die Strenge des Auswahlprozesses bei den befragten VC-Gebern. Da das Management der Beteiligungsmandate personengebunden erfolgt, wurde für die Analyse des Betreuungsprozesses zuerst die Anzahl der PU pro Investmentmanager berechnet. Diese Verhältniszahl kann einfach gebildet werden, da aus dem Fragebogendesign die Gesamtanzahl für beide Variablen zur Verfügung steht. Hieraus lässt sich zunächst eine grundsätzliche Aussage über das allgemein zur Verfügung stehende Zeitbudget treffen, welches pro Beteiligungsmandat investiert werden kann. Daran anknüpfend schließt sich die Analyse hinsichtlich der Hands-on-Fokussierung der Befragungsteilnehmer an. Wie in Kapitel 5.2.2.3 werden zu der Beantwortung dieser Frage die Angaben der VC-Gesellschaften bezüglich der aufgabenspezifischen Zeitverteilung genutzt. Den Ausführungen bei der Hypothesenbildung folgend ist anschließend der Zeitanteil der für die Betreuung der PU aufgebracht wird, mit dem zeitlichen Aufwand der Beteiligungsauswahl in 666 Relation zu stellen. Anhand der Berechnung dieser Verhältniszahl kann der 665 666

Vgl. Kapitel 3.1. Vg 1. Kapite 14.2.2.2.

187

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Stellenwert beider Aufgaben im Investitionsprozess vergleichend abgeleitet werden. Beträgt der berechnete Wert 1, bedeutet dies, dass für die Betreuung sowie die Auswahl der Beteiligungsmandate ein gleich hoher Zeitaufwand aufgebracht wird. Sobald der Wert größer als 1 ist, wird mehr Zeit in das Management der PU investiert. Die VC-Gesellschaft verfolgt demnach eine Hands-on getriebene Betreuungsstrategie c. p. Folglich lautet die Entscheidungsregel für die Auswertung, dass je höher der Wert über 1 liegt, desto stärker ausgeprägt ist die Hands-on 667 Fokussierung der VC-Gesellschaft. Tabelle 11:

Beteiligungsau/wand

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Anfragen

29

435,62

400,00

338,79

16

181,56

135,00

182,87

Neuengagements

29

2,69

3,00

2,84

16

10,06

5,00

11,66

Unternehmen/ Manager

30

3,63

2,76

3,06

16

11,24

4,76

15,44

Hands-on-Fokussierung

29

1,74

1,33

1,05

16

1,46

1,25

0,97

Deal Flow

Betreuung

Quelle: Eigene Berechnung.

Aus Tabelle 11 geht für den Auswahlprozess hervor, dass private VCGesellschaften im Jahr durchschnittlich 435 Anfragen erhalten haben. Bemerkenswerterweise entspricht dies mehr als dem Dappelten wie bei öffentlichgeförderten VC-Gebern, die 181 Investitionsangebote zu beantworten hatten. Interessant ist im Folgenden der Zusammenhang, dass private VC-Gesellschaften, trotz der Höhe an Beteiligungsanfragen, im Durchschnitt nur knapp 3 Neuengagements eingegangen sind. Dies entspricht einer Bewilligungsquote von 0,6 %. Bei öffentlich-geförderten VC-Gebern hingegen liegt die Quote mit rund 10 Neuengagements bei 5,5 %. Dieser deutlich höhere Wert führt zu der Schlussfolgerung, dass beide Akteursgruppen möglicherweise die gleichen Kriterien bei der Beteiligungsauswahl berücksichtigen, private VC-Geber jedoch deutlich strenger 668 in deren Beurteilung sind.

667 668

Zu diesem Vorgehen vgl. Jungwirth (2006), S. 107. Im Wesentlichen lassen sich die Auswahlkriterien in die Dimensionen Unternehmerpersönlichkeit und Teamzusammensetzung, Produkt bzw. Service, Marktpotenzial sowie Finanzen kategorisieren. Vgl. Brettei (2002), S. 311 f.

188

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Hinsichtlich des Betreuungsaufwandes zeigt Tabelle 11 erwartungsgemäß, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften, im Verhältnis zu ihren personellen Ressourcen, einen relativ großen Portfoliobestand ausweisen. In dieser Gesellschaftsgruppe ist ein Investmentmanager im Durchschnitt für mehr als 11 Beteiligungsmandate verantwortlich. Hierbei zu beachten ist jedoch das heterogene Antwortverhalten, welches sich in der hohen Standardabweichung widerspiegelt. Aus diesem Grund ist auf den Median zu verweisen, der bei 4,76 liegt. Dieser Wert entspricht gegenüber der Gruppe privater VC-Geber jedoch immer noch fast dem Doppelten, wo bei der Hälfte aller Befragungsteilnehmer ein Investmentmanager bis zu max. 2,76 Beteiligungsmandate zu betreuen hat. Die aufgezeigten Ergebnisse führen zu dem Schluss, dass bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften, aufgrund der Relation von personellen Ressourcen zu der Anzahl der Beteiligungsmandate, grundsätzlich deutlich weniger Betreuungszeit auf Einzelbeteiligungsebene zur Verfügung steht. Betrachtet man zudem die Relation von Auswahl- zu Betreuungszeitaufwand (vgl. Tabelle 11) ist festzuhalten, dass private VC-Geber eine deutlich stärkere Handson-Betreuungsstrategie verfolgen. In dieser Gesellschaftsgruppe liegt der berechnete MW von 1, 74 für die Variable Hands-on-Fokussierung deutlich über dem Wert von 1,46, der für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ermittelt wurde. Unter Berücksichtigung des ohnehin größeren Zeitbudget, welches pro Beteiligungsmandat zur Verfügung steht, ist folglich davon auszugehen, dass private VC-Geber signifikant mehr Zeit in die Betreuung ihrer Beteiligungsmandate investieren. Jedoch zeigen die Ergebnisse auch, dass öffentlich-geförderte VCGesellschaften ebenfalls deutlich mehr Zeitaufwand in die Betreuung ihrer aktuellen Beteiligungsmandate investieren, als für die Auswahl neuer Investments. Folglich ist die Hands-on-Betreuung der PU für beide VC-Gesellschaftsgruppen als die dominierende Beteiligungsstrategie zu identifizieren. Nach der Analyse des Betreuungsaufwandes stehen nun die angebotenen Betreuungsinhalte der VC-Geber im Fokus der Auswertung. Zur Operationalisierung dieser Fragestellung galt es zuerst typische Betreuungsaufgaben von VCGesellschaften zu bestimmen. In diesem Prozess wurden zehn verschiedene Aufgabenpakete aus der Literatur als wesentlich identifiziert, die Tabelle 12 abzule669 sen sind. Bei der Konzipierung des Fragebogens wurde daran anknüpfend die Frage formuliert, welche Bedeutung die einzelnen Aufgaben in der Betreuungs669

Zu einzelnen Betreuungsinhalten respektive Value-Adding Aktivitäten von VC-Gesellschaften vgl. u. a. Schefczyk (2006), S. 35-37; Pankotsch (2005), S. 62 f.; Betsch et al. (2000), S. 132-134; Fried/Hisrich (1995), S. 107 f.; Gorman/Sahlman (1989), S. 236 f.

189

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

phase besitzen. Um eine entsprechende Meinungsvielfalt zu erhalten, musste der jeweilige Stellenwert in eine aufsteigende Skala von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) kategorisiert werden. Folglich gilt für die Auswertung die Entscheidungsregel, dass umso näher der Punktwert an den Maximalwert 6 heranreicht, desto größer die Bedeutung des einzelnen Aufgabenpaketes im Betreuungsprozess.

Tabelle 12:

Stellenwert einzelner Betreuungsinhalte

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Strategische Planung

30

5,53

6,00

0,681

16

4,19

5,00

1,642

Operative Planung

30

4,50

4,50

1,137

16

3,63

4,00

1,668

Personal Recruitment

30

4,27

4,00

1,202

16

2,94

3,00

1,526

Finanzierungssupport

30

5,13

5,00

0,681

16

4,69

5,00

1,078

Unternehmens- und Marketingstrategie

30

4,33

4,00

0,922

16

3,31

4,00

1,352

Kontaktbeschaffung

30

3,70

4,00

1,264

16

2,81

2,50

1,471

Kaufmännisches Netzwerk

30

4,03

4,00

1,299

16

4,19

4,00

0,981

Technisches Netzwerk

30

3,77

4,00

1,135

16

2,63

2,50

1,204

Initiierung strategischer Partnerschaften

30

4,30

4,00

1,119

16

3,25

3,50

1,238

Proaktive Exit-Planung

30

4,77

5,00

1,006

16

3,06

3,00

1,526

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 12 zeigen, dass private VC-Geber ihre PU v. a. in den Bereichen strategische Planung (MW = 5,53) und Finanzierung (MW = 5,13) unterstützen. Aber auch die weiteren Aufgabenpakete, wie z. B. die Hilfestellung bei operativen Fragestellungen sowie das Personal Recruitment, besitzen eine hohe Bedeutung in der Betreuung, da fast ausnahmslos MW von größer als vier berechnet wurden. Hiervon ausgeschlossen sind lediglich die allgemeine Vermittlung von Kontakten (MW =3, 70) sowie die Einbringung des Netzwerkes bei technischen Problemstellungen (MW =3, 77). Für öffentlich-geförderte VC-Geber zeigt sich hingegen eine gewisse Schwerpunktsetzung im Betreuungsangebot. Die Befragungsteilnehmer dieser Gruppe konzentrieren ihre Value-Adding Aktivitäten auf die Bereiche Finanzierung (MW = 4,69) und strategische Planung (MW = 4,19) sowie die Bereitstellung von Kontakten bei kaufmännischen Fragestellungen (MW =4,19). Alle weiteren Aufgabenpakete besitzen jedoch eine deutlich geringere Wertschätzung in der Be-

190

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

treuungsphase. Hervorzuheben in diesem Kontext sind die allgemeine Kontaktbeschaffung, die Einbringung technologischer Expertise sowie die Unterstützung beim Personal Recruitment, wo die berechneten MW zum Teil deutlich unterhalb eines Wertes von drei liegen. Im Vergleich beider Akteursgruppen ist komprimiert zuerst festzuhalten, dass die angeführten Betreuungsinhalte für private VC-Gesellschaften fast ausnahmslos 670 einen höheren Stellenwert besitzen. Öffentlich-geförderte VC-Geber stufen lediglich die Einbringung des Netzwerkes bei kaufmännischen Fragestellungen als gering wichtiger ein (MW-Differenz =0,16). Alle anderen Betreuungsaufgaben werden von privaten VC-Gesellschaften durchweg als bedeutender bewertet. Eine im Vergleich geringere MW-Differenz zeigt sich im Bereich der Finanzierungsunterstützung (MW-Differenz = 0,44). Deutlich differenzierterer ist hingegen schon die Wahrnehmung der Aufgabenpakte operative Planung (MWDifferenz =0,87) sowie bei der allgemeinen Kontaktbeschaffung (MWDifferenz =0,89). Bei allen weiteren Aufgabenbereichen sind die MW-Differenzen größer als eins, was eine deutlich höhere Wertschätzung seitens privater VCGesellschaften zum Ausdruck bringt. Die größten Meinungsdifferenzen sind hierbei für die Value-Adding Aktivitäten der strategische Planung (MWDifferenz =1,34) sowie des Personal Recruitment (MW-Differenz =1,33) und im Besonderen bei der proaktiven Exit-Planung (MW-Differenz =1, 71) abzulesen. Diese Ergebnisse sind bemerkenswert, da neben der Finanzierungsfunktion im VC-lnvestmentprozess die strategische Management- und Exit-Unterstützung als besondere erfolgskritische Dienstleistungen von VC-Gebern angesehen werden.671 Betrachtet man die Ergebnisse in diesem Abschnitt zusammengefasst, so sind eindeutige Indizien für die Bestätigung der fünften Arbeitshypothese und deren Detailaussagen zu finden. Zum einen investieren Manager privater VCGesellschaften deutlich mehr Zeit in die Betreuung ihrer Beteiligungsmandate. Zum anderen hat der Managementsupport in der Betreuungsphase für diese VCGesellschaftsgruppe allgemein einen deutlich höheren Stellenwert. Öffentlichgeförderte VC-Geber fokussieren das ohnehin geringere Zeitbudget hingegen auf einzelne Aufgaben, v. a. die Sicherstellung der ausreichenden Unternehmensfinanzierung. Auch die Übernahme strategischer Aufgaben wird im Rahmen des engen Zeit- und Personalbudgets als relativ wichtig erachtet - jedoch bei weitem 670 671

Zur Mittelwertdifferenzanalyse siehe Anhang 1. Vgl. Cumming/Johan (2008), S. 1213 f.; Pankotsch (2005), S. 62 f.; Prester (2000), S. 63 sowie Kapitel 3.3.2.1.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

191

nicht so bedeutend wie für private VC-Gesellschaften. Darüber hinaus zeigte sich, dass öffentlich-geförderte VC-Geber bei der Auswahl ihrer Beteiligungsmandate weniger strenge Beurteilungsstandards anwenden und demnach einer größeren Unternehmenszielgruppe die Möglichkeit bieten, VC einzuwerben. 5.2.3.3

Exit-Verhalten

In dem vorangegangenen Kapitel wurde deutlich, dass die proaktive ExitUnterstützung der Beteiligungsmandate von den beiden VC-Gesellschaftsgruppen 672 Ausgehend von dieser komprisignifikant unterschiedlich wertgeschätzt wird. mierten Aussage wird im Folgenden der Prozess des Beteiligungsverkaufs detailliert betrachtet. Diese dezidierte Untersuchung ist zielführend für die Gesamtanalyse, da mit dem Exit des PU die Investitionsphase abschließt. Dieser Prozess stellt somit die finale und für die Portfoliorendite essentielle Wertschöpfungsak673 tivität dar. Da sich VC-Gesellschaften über ihre Exit-Erfolge respektive ihren 674 Track Record final bei Investoren platzieren, ist somit diese erfolgskritische Phase explizit bei der strategischen Positionierung zu beleuchten. Zur besseren Strukturierung erfolgt die Untersuchung des Exit-Verhaltens der Befragungsteilnehmer über ein dreistufiges Vorgehen. Zuerst wird die grundlegende Motivation für VC-Gesellschaften zur Auswahl bestimmter Exit-Optionen analysiert. In der zweiten Stufe ist die Intensität der sich hieran anschließenden Unterstützungsleistungen im Verkaufsprozess zu untersuchen, um somit den Aufwand für den Beteiligungsverkauf zu beleuchten. Von Bedeutung in diesem Kontext sind die Variable Zeit sowie der Einsatz möglicher Steuerungs- und Unterstützungselemente seitens der befragten VC-Gesellschaften. Abschließend steht die Portfolioperformance der VC-Gesellschaften im Fokus der Analyse, um eine Aussage über den Output des bis dato untersuchten Exit-Verhaltens treffen zu können. 5.2.3.3.1 Ziele Um das Verhalten der Befragungsteilnehmer bei der Auswahl eines bestimmten Exit-Kanals zu hinterfragen, wurden auf Basis der Literaturanalyse sowie der Anmerkungen aus dem durchgeführten Pre-Test insgesamt sieben Motive identifi675 ziert, die beim Verkauf eines Beteiligungsmandats von Bedeutung sind. Im Wesentlichen sind dies Einflussfaktoren mit einem direkten oder indirekten Bezug 672

673 674 675

Vg 1. Kapite 15.2.3.2. Vgl. Betsch et al. (2000), S. 135; Nathusius (2001), S. 83 f. sowie Kapitel 4.2.2.3.1. Vgl. Gompers (1996), S. 135 f. Vgl. Baumgärtner (2005), S. 247-254; Prester (2002), S. 69-117.

192

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

auf die Rendite, welche sich aus den Variablen Verkaufserlös, Risiko und Zeit be676 Darüber hinaus wurde das Motiv der Reputationssteigerung mit rechnen lässt. berücksichtigt, da auch das eigene Ansehen übergreifend den Erfolg von VC677 Gesellschaften mit beeinflussen kann. Zur weiteren Operationalisierung der Fragestellung wurde bei der Konzipierung auf das bereits vorgestellte Fragendesign zurückgegriffen. Folglich sollten die VC-Gesellschaften über ein Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) den Stellenwert einzelner Motive für die Auswahl des Exit-Kanals kategorisieren. Für die Interpretation der Ergebnisse gilt demnach die Entscheidungsregel, dass umso näher der MW an einen Punktwert von 6 heranreicht, desto bedeutender ist das Motiv im Prozess des Beteiligungsverkaufs. Tabelle 13:

Motive bei der Auswahl des Exit-Kanals

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Max. Verkaufserlös

30

5,63

6,00

0,669

14

4,21

4,50

1,528

Geringer Aufwand

30

2,90

3,00

1,213

14

2,86

3,00

1,099

Geringe Zeitdauer

30

3,23

3,00

1,040

14

2,93

3,00

1,328

Sicherheit Rückzahlung

30

4,07

4,00

1,258

14

3,93

4,00

1,439

Geringe Komplexität

30

2,67

2,50

1,028

14

3,07

3,00

1,385

Interessengleichklang PU

30

4,37

4,00

1,066

14

4,29

4,50

0,914

Reputationsgewinn

30

3,57

3,50

1,478

14

3,29

3,00

1,541

Quelle: Eigene Berechnung.

Tabelle 13 zeigt, dass die Maximierung des Verkaufserlöses das dominierende Motiv für private VC-Gesellschaften ist. Dies wird einerseits durch den hohen MW von 5,63 deutlich. Andererseits offenbart die geringe Standardabweichung von 0,669 ein besonders homogenes Antwortverhalten in der Wertschätzung dieses Kriteriums. Zudem von Bedeutung, wenn auch mit deutlichem Abstand zum Maximierungskalkül, ist der Interessengleichklang mit dem PU (MW = 4,37) sowie die gesicherte Rückzahlung des investierten Kapitals (MW = 4,07). Dass private VC-Geber bei der Verfolgung der bisher angeführten Motive bereit sind viel Zeit und Mühe zu investieren, ist wiederum daraus abzuleiten, dass die Auswahlkriterien eines zügigen Exit, geringen Arbeitsaufwands sowie ein niedriger Komplexitätsgrad keine bzw. nur eine geringe Bedeutung besitzen. So liegen die berechneten MW für diese Merkmale zum Teil deutlich unter einem Wert von 3. 676 677

Vgl. Schefczyk (2006), S. 153-161. Vgl. hierzu Gompers (1996), S. 135-137 sowie die Ausführungen in Kapitel 4.2.2.3.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

193

Für die Gruppe der öffentlich-geförderten VC-Geber ist aus Tabelle 13 zu erkennen, dass die Maximierung des Verkaufserlöses zwar von großer, jedoch aber nicht von dominanter Bedeutung ist. Vielmehr sind derartige Kapitalgeber an einem Interessengleichklang mit dem PU interessiert (MW =4,29). Erst an zweiter Stelle rangiert das monetäre Maximierungskalkül (MW = 4,21). Darüber hinaus von Bedeutung ist die sichere Rückzahlung des investierten Kapitels mit einem berechneten MW von 3,93. Die weiteren Kriterien spielen eher eine nachrangige Bedeutung bei der Auswahl des Exit-Kanals. Im Speziellen sei an dieser Stelle wieder auf die Motive Zeitdauer und allgemeiner Arbeitsaufwand hingewiesen, wo die berechneten MW unterhalb von 3 liegen. Vergleicht man die Ergebnisse aus Tabelle 13 gruppenübergreifend ist zuerst festzuhalten, dass fast ausnahmslos sämtliche Auswahlkriterien von privaten VC678 Gesellschaften als bedeutender eingestuft werden. Nur das Motiv der geringen Komplexität bei der Auswahl des Exit-Kanals besitzt für öffentlich-geförderte VCGeber einen höheren Stellenwert (MW-Differenz = 0,40}. Bei den Kriterien Arbeitsaufwand und Interessengleichklang mit dem Management des PU ist zudem ein fast homogenes Antwortverhalten zwischen beiden Gruppen zu beobachten, da hier die berechneten MW-Differenzen geringer als 0,1 sind. Alle weiteren Motive stufen die befragten privaten VC-Gesellschaften als zum Teil signifikant bedeutender ein. Einerseits hervorzuheben ist hierbei die Beurteilung eines positiven Reputationseffektes, der mit der Durchführung eines prestigeträchtigen Exit 679 eintreten kann (MW-Differenz = 0,28). Andererseits ist das Kriterium der geringen Zeitdauer zu erwähnen, wo die MW-Differenz 0,30 beträgt. Dieses Antwortverhalten kann u. a. Ausdruck eines stärkeren Effizienzstrebens privater VCGeber sein. Die größte MW-Differenz von 1,42, welche über die Durchführung eines t-Tests als signifikant bestätigt wurde, ist jedoch bei der Einschätzung des monetären Maximierungskalkül abzulesen. Dieses Motiv ist für private VC-Geber von absoluter Priorität, für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften von wichtiger aber bei weitem nicht herausragender Bedeutung. 5.2.3.3.2 Aufwand Um den Aufwand respektive die Intensität zu bestimmen, den VC-Gesellschaften in den erfolgreichen Verkauf ihrer Beteiligungsmandate investieren, müssen zwei Faktoren berücksichtigt werden. Erstens ist der Zeitaufwand zu ermitteln, der für den abschließenden Wertschöpfungsprozess aufgebracht wird. Zweitens ist zu 678 679

Zur Mittelwertdifferenzanalyse siehe Anhang II. Vgl. Gompers (1996), S. 136.

194

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

hinterfragen, welche Bedeutung spezifische Steuerungs- und Unterstützungselemente im Zuge des Beteiligungsverkaufs für die jeweiligen VC-Gesellschaftstypen besitzen. Anhand der Ausprägungen dieser Merkmale ist abschließend eine Aussage über die Formalität des Verkaufsprozesses möglich. Die grundlegende Entscheidungsregel hierbei lautet, dass umso größer der investierte Zeitaufwand und je bedeutender der Einsatz bestimmter VC-Managementtools, desto formaler das Vorgehen bei der Veräußerung der Beteiligungsmandate.

Zeitaufwand Der Zeitaufwand wird in der folgenden Auswertung sowohl direkt als auch indirekt ermittelt. Direkt erfolgt dies über die Frage, welchen relativen Zeitanteil ein Investmentmanager in die Exit-Unterstützung seiner Beteiligungsmandate investiert. Hierzu wurde wieder auf das bereits in Kapitel 5.2.2.3 eingeführte Vorgehen zurückgegriffen. Demnach sollten die befragten VC-Gesellschaften angeben, wie sie grundsätzlich die zur Verfügung stehende Zeit auf die verschiedenen Aktivitäten im VC-Managementprozess verteilen. Als konkrete steht dieses Mal die Vorbereitung und Durchführung des Beteiligungsverkaufes im Fokus. Diese Variable kann folglich einen Wert zwischen 0 und 100 Prozent einnehmen. Da jedoch Investmentmanager von VC-Gesellschaften verschiedene Aufgaben verantworten, sind Werte von deutlich unter 100 Prozent zu erwarten. Darüber hinaus wurde gefragt, ab welchem Zeitpunkt VC-Gesellschaften grundsätzlich mit der Exit-Planung für ihre Beteiligungsmandate beginnen. Mithilfe dieser Timing-Frage kann indirekt eine Aussage über den zeitlichen Aufwand für den Exit-Prozess getroffen werden, da eine bewusste Exit-Strategie in einem frühen Stadium die nachfolgenden Aktivitäten des Investmentmanager mit beeinflussen. Demnach korreliert ein frühzeitig fixiertes Exit-Szenario mit einem erhöhten (indi680 rekten) zeitlichen Aufwand c. p. Zur Operationalisierung dieser Kausalität wurden die VC-Geber in der Untersuchung gefragt, ab wann diese mit der ExitPlanung für ihre Beteiligungsmandate beginnen. Eine entsprechende Meinungsbildung hinsichtlich der vorgegebenen Momente ist durch die zeitliche Kategorisierung auf dem Skalenniveau von 1 (nie) bis 6 (immer) ableitbar. Die Entscheidungsregel für die Auswertung lautet demnach, dass umso höher der Punktwert für einen bestimmten Zeitpunkt, desto häufiger stellt dieser Moment den Beginn der Exit-Planungen dar.

680

Vgl. Cumming/Johan (2008), S. 1213-1215.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 14:

195

Zeitliche Planung Exit-Prozess

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

30

15,71

10,00

16,37

30

7,50

7,50

6,32

„.vor Vertragsgestaltung

30

4,30

5,00

1,664

14

3,29

3,50

1,939

„.mit Beteiligungsbeginn

30

3,27

3,00

1,680

14

3,07

3,00

1,492

„.nach ca. der Hälfte der Zielhaltedauer

30

3,43

3,50

1,755

14

3,07

3,00

1,859

„.bei der Wahrnehmung „Exit-Window"

30

4,17

5,00

1,877

14

3,71

4,50

1,816

„.nach Kontaktaufnahme durch Dritte

30

3,93

4,00

1,911

14

3,79

4,00

1,805

Zeitaufwand Exit allg. Beginn der Exit-Planung:

Quelle: Eigene Berechnung.

Tabelle 14 zeigt, dass private VC-Gesellschaften gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern deutlich mehr Zeit für die Veräußerung ihrer Beteiligungsmandate aufbringen. Investmentmanager der erstgenannten Gruppe investieren mit durchschnittlich 15,7 % ihrer zur Verfügung stehenden Zeit einen doppelt so hohen Zeitanteil in den Exit-Prozess, als die Mitarbeiter in öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften, wo ein MW von 7,5 % abzulesen ist. Dieses Ergebnis wird noch verstärkt wenn man bedenkt, dass private VC-lnvestmentmanager grundsätzlich ein größeres Zeitbudget für einzelne Beteiligungsmandate zur Verfügung 681 haben, aufgrund der geringeren Anzahl zu betreuender PU. Auch hinsichtlich des Timings geht aus Tabelle 14 hervor, dass private VC-Geber einer frühzeitigen Exit-Planung insgesamt einen deutlich höheren Stellenwert beimessen. Dies kann zuerst daran abgelesen werden, dass die berechneten MW für sämtliche Zeitpunkte zum Teil deutlich über den Werten der öffentlichgeförderten VC-Geber liegen. Als zweites Indiz für dieses Verhalten dient die gruppenspezifische Rangfolge. Messen private VC-Gesellschaften der proaktiven Exit-Planung bereits vor dem Beteiligungsbeginn die höchste Priorität bei (MW = 4,30), nehmen öffentlich-geförderte VC-Geber v. a. dann Exit-Aktivitäten auf, wenn sich ihnen externe Möglichkeiten bieten. Dies kann durch die Kontaktaufnahme seitens Dritter (MW =3, 79) bzw. auch durch die Wahrnehmung eines Exit-Window (MW = 3, 71) sein. Diese Zeitpunkte sind zwar auch für private VCGesellschaften von Bedeutung - jedoch erst in zweiter Instanz. Die proaktive Exit-

681

Vgl. Kapitel 5.2.3.2.

196

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Planung vor Beteiligungsbeginn spielt hingegen für öffentlich-geförderte Investoren mit einem berechneten MW von 3,29 nur eine nachrangige Bedeutung. Abschließend ist zu erwähnen, dass für beide Akteursgruppen die Zeitpunkte des Beteiligungsbeginns bzw. nach der Hälfte der Zielhaltedauer nur einen relativ geringen Stellenwert für die Aufnahme der Exit-Vorbereitungen besitzen. Abzulesen ist dies an den berechneten MW von zum Teil deutlich unter einem Wert von

3,50. Kontroll- und Vermögensrechte

Nachdem der Zeitaufwand untersucht ist, den VC-Gesellschaften in den Exit ihrer Beteiligungsmandate investieren, stellt sich nun die Frage, auf welche Instrumente sie zurückgreifen, um den Prozess mitzugestalten sowie eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Hierbei von Bedeutung sind die bereits zu Beteiligungsbeginn ausgehandelten Kontroll- und Vermögensrechte, die eine zielgerichtete Steue682 Um diese Fragestellung rung des Exit-Prozesses positiv beeinflussen können. empirisch zu untersuchen, wurden zuerst literaturbasiert acht für den Exit relevante Kontroll- und Vermögensrechte identifiziert. Vier dieser Klauseln beziehen sich auf die Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten während der Beteiligungsphase. Die anderen vier Vertragsbestandteile entfalten ihre Wirkung hingegen erst im Exit-Prozess und wirken sich somit direkt auf die Höhe möglicher Rück683 flüsse aus. Um eine Meinungsbildung unter den Befragungsteilnehmern abzuleiten, wurde bei dem anschließenden Fragendesign dann wieder das bekannte Skalenniveau von 1 (geringe Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) angewendet. Demnach erscheint eine Vertragsklausel umso bedeutender, desto höher der berechnete MW ist, wobei max. ein Wert von 6 erreicht werden kann.

682 683

Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 4.2.2.3.1. Vgl. Cumming (2008), S. 1949-1956; Schefczyk (2006), S. 29-34; Brinkrolf (2002), S. 110-112 und S. 190f.

197

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 15:

Bedeutung einzelner Vertragsbestandteile

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Option zur Auswechslung des Management

30

4,40

4,50

1,610

16

2,81

2,50

1,515

Mehrheit Aufsichtsrat-/ Beiratssitze

30

3,10

3,00

1,729

16

1,75

1,00

1,238

Mehrheit Stimmrechte

30

2,80

2,50

1,669

16

1,31

1,00

0,479

Vorzugsstimmrechte

30

3,17

3,00

1,821

16

2,38

1,00

1,962

Mitveräußerungspflichten

30

5,23

5,50

0,971

16

4,19

5,00

2,040

M itve rä u ße ru ngsrechte

30

5,40

6,00

0,894

16

4,31

5,00

1,852

Buy-Back-Konditionen

30

2,30

2,00

1,264

16

3,44

3,50

1,504

Verwässerungsschutz

30

4,63

5,00

1,564

16

3,75

4,00

1,949

Kontrollrechte:

Vermögensrechte:

Quelle: Eigene Berechnung.

Betrachtet man die Ergebnisse in Tabelle 15 zeigt sich, dass private VC-Geber bei Beteiligungsbeginn großen Wert auf die Ausgestaltung der Vermögensrechte legen. Hierbei besonders von Bedeutung sind das Recht eigene Unternehmensanteile partizipativ mit zu veräußern (Tag-Along-Regelung MW = 5,40) bzw. andere Anteilseigner bei Vorliegen eines Verkaufsangebotes zum Verkauf ihrer Anteile zu zwingen (Drag-Along-Regelung MW =5,23). Dieses Ergebnis wird durch das homogene Antwortverhalten noch verstärkt, was darauf zurückzuführen ist, dass die Standardabweichungen für beide Merkmale unterhalb von eins liegen. Darüber hinaus für private VC-Gesellschaften von Bedeutung ist die Absicherung, dass während der Beteiligungsphase in weiteren Finanzierungsrunden die eigenen Unternehmensanteile nicht verwässern und sich somit das Erlöspotenzial im Falle eines Exit reduziert (MW =4,63). Die Verhandlung über Buy-BackKonditionen (MW =2,30) besitzt hingegen als einziges Vermögensrecht nur eine geringe Bedeutung für derartige Investoren. Dies kann zum Teil daran begründet werden, dass private VC-Geber v. a. über eine Eigenkapitalfinanzierung am Unternehmen beteiligt sind und nicht über Mezzanine-Kapital in Form stiller Beteiligungen.684 Betrachtet man abschließend den Stellenwert einzelner Kontrollrechte fällt auf, dass lediglich die Option das Management auszuwechseln (MW = 4,40) für private VC-Gesellschaften von hoher Bedeutung ist. Weitere Kontrollregelun684

Vgl. Kapitel 5.2.3.1.

198

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

gen besitzen hingegen nur einen untergeordneten Stellenwert, da die berechneten MW deutlich unter einem Wert von 3,50 liegen. Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber geht aus Tabelle 15 eine vergleichbare Rangfolge hervor. Demnach steht bei Vertragsverhandlungen die Ausgestaltung der Vermögensrechte im Fokus. Am wichtigsten hierbei sind wiederum das Fixieren von eigenen Mitveräußerungsrechten (MW = 4,31) sowie von pflichten für weitere Anteilseigner (MW =4,19) bei Vorliegen von Angeboten potenzieller Käufer. Auch der Schutz vor Vermögenseinbußen durch Verwässerung der eigenen Unternehmensanteile ist an dritter Position liegend noch relativ bedeutsam (MW = 3,75). Zudem ist interessant, dass die Verständigung über BuyBack-Konditionen (MW =3,44) gleich danach ebenfalls als relativ wichtiger Vertragsbestandteil angesehen wird. Dies kann wiederum anhand der Ergebnisse in Abschnitt 5.2.3.1 erklärt werden, die zeigten, dass öffentlich-geförderte VCGeber wesentlich forcierter Mezzanine-Kapitel in Form von z. B. stillen Beteili685 Darüber gungen einsetzen, wo derartige Regelungen oft zum Einsatz gelangen. hinaus ist für diese lnvestorengruppe bemerkenswert, dass Kontrollrechte durchweg nur eine geringe Bedeutung besitzen. Für diese Merkmale liegen die berechneten MW deutlich unterhalb von drei. Besonders einig sind sich dabei die öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften über die Wertschätzung der Option, die Mehrheit der Stimmrechte einzufordern. Diese wird als nahezu irrelevant (MW = 1,31) erachtet bei einem bemerkenswert homogenen Antwortverhalten, ablesbar anhand der Standardabweichung von 0,479. Unterzieht man abschließend die Bedeutung einzelner Vertragsbestandteile einem gruppenübergreifenden Vergleich, zeigt sich zwar insgesamt eine fast identische Rangfolge, jedoch auch zum Teil signifikante MW-Differenzen bei der jewei686 ligen Beurteilung einzelner Kontroll- bzw. Vermögensrechte. Demnach stufen private VC-Geber die dominanten Vermögensrechte der Einflussnahme bei Mitveräußerungsprozessen (Drag- und Tag-Along-Regelung) signifikant bedeutender ein. Auch der Schutz vor einen möglichen Verwässerung wird als deutlich wichtiger erachtet (MW-Differenz = 0,88). Für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften besitzt hingegen einzig die Ausgestaltung der Buy-Back-Konditionen einen wesentlich höheren Stellenwert. Die berechnete MW-Differenz beträgt für dieses Merkmal 1,14 zugunsten dieser lnvestorengruppe. Für den Bereich der Kontrollrechte ist zuerst festzuhalten, dass sämtliche berechnete MW-Differenzen, mit Ausnahme der Forderung nach Vorzugsstimmrechten, deutlich über einem Wert 685 686

Vgl. Prester (2000), S. 73. Zur Mittelwertdifferenzanalyse siehe Anhang III.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

199

von eins liegt zugunsten der Gruppe privater VC-Geber. Im Detail ist eine MWDifferenz von 1,59 abzulesen für die Einflussnahme auf die Managementzusammensetzung im Zeitverlauf. Darüber hinaus zeigt sich für die Forderung nach der Mehrheit der Stimmrechte ein signifikanter MW-Unterschied, der auf den nahezu bedeutungslosen Stellenwert auf Seiten öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften zurückzuführen ist. Steuerungs- und Unterstützungselemente

Bisher wurde der Einsatz von Instrumenten diskutiert, die zu Beginn der Beteiligungsbeziehung fixiert werden und einen Einfluss auf die Durchführbarkeit bestimmter Exit-Szenarien sowie die hiermit verknüpfte Vermögensverteilung besitzen. Im Folgenden stehen nun konkrete Aktivitäten im Fokus der Untersuchung, die VC-Gesellschaften unmittelbar vor bzw. während des Verkaufsprozesses unternehmen können, um die Erfolgswahrscheinlichkeit und folglich den 687 Um dieser Fragestellung nachzugehen Rückfluss aus dem Exit zu optimieren. wurden in einem ersten Schritt sieben relevante Tätigkeitsfelder identifiziert, die 688 In einem Rückschlüsse auf das Aktivitätsniveau einer VC-Gesellschaft zulassen. zweiten Schritt sollten die Befragungsteilnehmer anschließend ihre Wertschätzung hinsichtlich der jeweiligen Aktivität auf dem bekannten Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) zum Ausdruck bringen. Im Ergebnis lässt sich somit der Stellenwert einzelner Unterstützungselemente ableiten. Hierbei gilt, dass umso größer der berechnete MW, desto bedeutender der Stellenwert der betreffenden Aktivität im Exit-Prozess. Zuerst bemerkenswert aus den Ergebnissen in Tabelle 16 ist, dass alle Unterstützungsaktivitäten für den erfolgreichen Prozess des Beteiligungsverkaufs von privaten VC-Gesellschaften als ziemlich wichtig eingeschätzt werden. Kleine Abstriche sind nur im Hinblick auf die Wertschätzung eines ausgereiften Controllings der Exit-Aktivitäten sowie der parallelen Vorbereitung von zwei Ausstiegsszenarien (Dual-Track-Ansatz) zu machen, wo die Auswertung MW in Höhe von 4,00 bzw. 3,97 ergab. Auf der anderen Seite ist für private VC-Geber die Kommunikation mit dem PU (MW = 5,20) besonders wichtig. Darüber hinaus von hoher Bedeutung sind aktive Unterstützungsmaßnahmen in Form von Direktansprachen potenzieller Kaufinteressenten (MW =4,70) und der Durchführung eigener Markt- und Wettbewerbsrecherchen (MW =4,60). Auch der Einsatz externer Berater, aus der Perspektive einer VC-Gesellschaft eher ein passives Instrument, 687 688

Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 4.2.2.3.1. Vgl. Nathusius (2001), S. 93 f.; Wall/Smith (1997), S. 6.

200

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

wird als wichtig erachtet (MW =4,40), aber nicht so bedeutend wie die bereits genannten aktiven Managementtools. Tabelle 16:

Bedeutung einzelner Managementinstrumente im Exit-Prozess

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Eigene Markt- und Wettbewerbsa na lysen

30

4,60

4,50

1,163

13

3,69

4,00

1,548

Aktive Käuferansprache

30

4,70

4,00

0,988

13

3,77

4,00

1,787

Einsatz externer Berater

30

4,40

4,50

1,221

13

3,54

3,00

1,664

Dual Track

30

3,97

4,00

1,159

13

2,92

3,00

1,382

Systematische Suche nach Exit-Windows

30

4,30

4,00

1,119

13

3,23

3,00

1,787

Exit-Controlling

30

4,00

4,00

1,203

13

2,92

3,00

1,498

Kommunikation mit PU

30

5,20

5,50

0,925

13

4,62

5,00

1,325

Quelle: Eigene Berechnung.

Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber ist vorweg zu beachten, dass drei Gesellschaften keine Angaben zu dieser Frage gemacht haben und womit sich die Teilstichprobe auf 13 Teilnehmer reduziert. Innerhalb dieser Gruppe zeigt die Auswertung in Tabelle 16 zudem eine relativ hohe Heterogenität, was zum einen die Wertschätzung einzelner Aktivitäten aber auch das Antwortverhalten der einzelnen Befragungsteilnehmer zueinander betrifft. Abzulesen ist die zuletzt genannte Beobachtung anhand der relativ hohen Standardabweichung bei den einzelnen Merkmalen, die im Vergleich teilweise deutlich über den Werten privater VC-Geber liegt. Hinsichtlich des Stellenwertes einzelner Tätigkeiten zeigt sich im Detail, dass auch für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber der Austausch mit dem PU die höchste Priorität besitzt (MW = 4,62). Danach folgen mit jedoch deutlich geringerer Wertschätzung die aktiven Unterstützungsmaßnahmen der Käuferansprache (MW =3, 77) und die Durchführung eigener Markt- und Wettbewerbsanalysen (MW = 3,69) sowie der eher passive Support über den Einsatz auf externes Expertenwissen (MW =3,54). Weitere Exit-Managementtools, v. a. aber die Vorbereitung mehrerer Ausstiegsszenarien und das Controlling der Aktivitäten (MW betragen jeweils 2,92), haben für öffentlich-geförderte VCGesellschaften keine große Bedeutung. Im Vergleich beider lnvestorengruppen zeigt sich somit eine gleiche Rangfolge in der Kategorisierung der einzelnen Instrumente. Jedoch offenbart die Analyse der MW-Differenzen deutliche Unterschiede hinsichtlich der individuellen Wertschät-

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

201

689

Im Ergebnis messen private VC-Gesellschaften zung einzelner Aktivitäten. durchweg allen aufgeführten Unterstützungsleistungen einen deutlich höheren Stellenwert bei. Für die aktiven Maßnahmen der Verfolgung einer Dual-TrackStrategie, dem Einsatz eines Exit-Controllings sowie der systematischen Ausschau nach Exit-Windows liegen die berechneten MW am deutlichsten zugunsten privater VC-Geber auseinander. Die MW-Differenz für das zuletzt genannte Unterstützungstool weist sogar eine statistische Signifikanz auf. Signifikant ist auch der MW-Unterschied bei der aktiven Käuferansprache, welcher 0,93 beträgt. Darüber hinaus berechnen sich deutliche MW-Differenzen von 0,91 für die Aufgabe eigene Markt- und Wettbewerbsanalysen durchzuführen sowie von 0,86 hinsichtlich der Bedeutung externe Berater mit in den Verkaufsprozess einzubeziehen. Der geringste Meinungsunterschied zwischen beiden Akteursgruppen zeigt sich für die Bedeutung einer ausreichenden Kommunikation mit dem PU, wobei auch für dieses weiche Merkmal die berechneten MW um 0,58 zugunsten den Angaben privater VC-Gesellschaften auseinander liegen. 5.2.3.3.3 Performance Die bisherigen Ergebnisse zum Exit-Verhalten haben zusammengefasst gezeigt, dass private VC-Gesellschaften einen größeren Aufwand investieren mit dem Ziel den Verkaufserlös zu maximieren. Öffentliche-geförderte VC-Geber agieren hingegen passiver und mit einer geringeren Renditefokussierung. Im Kontext dieser zentralen Erkenntnis stellt sich nun die Frage, ob sich ein derartiges Verhaltensmuster auch wirklich in der Performance der Befragungsteilnehmer widerspiegelt. Hierzu geeignet erscheint die Untersuchung der historischen Fondsrendite von VC-Gesellschaften, da diese Kennzahl als wesentlicher Erfolgsparameter bei 690 Fundraisingaktivitäten dient. Jedoch ist die Nutzung dieses Parameters problematisch, da die Aussagebereitschaft von VC-Gebern zu dieser für sie äußerst 691 bedeutenden Kennzahl nur bedingt vorhanden ist. Aus diesem Grund sollen in Anlehnung an bisherige Arbeiten alternative Indikatoren genutzt werden, die eine indirekte Aussage über die Fondsperformance zulassen. Dazu wird im Folgenden der Track Record der Befragungsteilnehmer analysiert, um eine perfor692 manceabhängige Exit-Verteilung zu bestimmen.

689 690 691 692

Zur Mittelwertdifferenzanalyse siehe Anhang IV. Vgl. Gottschalg/Kreuter {2006), S. 3. Vgl. Hummel/Effenberg {2011), S. 38 f. Zu dem Vorgehen die Performance von VC-Gesellschaften indirekt aus deren Track Record zu bestimmen vgl. Zarutskie {2010), S. 157 f.; Cumming/Johan {2008), S. 1213; Cumming/Maclntosh {2003), S. 513-516; Gompers/Lerner {2001), S.159 sowie überblicksartig Krebs {2012), S. 74-76.

202

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Um diese Fragestellung zu operationalisieren wurden die befragten VC-Geber gebeten, die Exit-Struktur der vergangenen 10 Jahre bzw. seit Gründung der Gesellschaft anzugeben. Hierzu galt es zuerst die Gesamtanzahl durchgeführter Beteiligungsverkäufe zu bestimmen und im Anschluss daran eine Verteilung auf die 693 fünf möglichen Exit-Kanäle vorzunehmen. An die bisherigen Untersuchungen anknüpfend wurden in der Auswertung die einzelnen Exit-Kanäle anschließend hinsichtlich ihrer angenommenen Erfolgswirkung auf die Portfolioperformance kategorisiert. Erfolgreiche Beteiligungsverkäufe sind demnach die Börsenplatzierung des PU (IPO) oder der Verkauf der Unternehmensanteile an einen industriellen bzw. strategischen Investor (Trade Sale). Neutrale Exits mit einer geringeren sowie teilweise auch negativen Performance sind die Veräußerung der Unternehmensanteile an einen anderen Finanzinvestor (Secondary Purchase) sowie der Rückkauf durch die Altgesellschafter (Buy Back). Die Abschreibung der Beteiligungsmandate hat hingegen stets einen negativen Einfluss auf die Portfolioper694 formance, da hiermit ein Totalverlust des Investments verbunden ist. Abschließend konnte durch die vorliegenden Daten und Klassifizierungen der Anteil jeder performanceabhängigen Exit-Klasse an dem gesamten Track Record berechnet werden. Aus Tabelle 17 geht zuerst hervor, dass bei der Analyse der Exit-Struktur die Angaben von nur 35 VC-Gesellschaften berücksichtigt werden können. Diese hatten zum Erhebungszeitpunkt über 1106 Exits durchgeführt. Die Gründe für die reduzierte Stichprobe liegen darin, dass 7 VC-Geber bisher keine Exits realisiert haben und bei 4 Gesellschaften nur unvollständige Daten hinsichtlich der Verteilung des Track Record auf die einzelnen Exit-Kanäle vorlagen. Daher wurden die Teilangaben der zuletzt genannten Befragungsteilnehmer von der Auswertung ausgeschlossen. Die Ergebnisse aus Tabelle 17 zeigen, dass öffentlich-geförderte VC-Geber in ihrer Historie mit im Durchschnitt über 57 Exits mehr als dreimal so viele Beteiligungsabgänge vorweisen als private VC-Gesellschaften (MW = 18,17). Da jedoch für beide Gesellschaftsgruppen sehr hohe Standardabweichungen zu beobachten sind, ist der Auswertungsfokus auf den Median zu richten. Dieser reduziert deutlich die hohen Exit-Raten, die sich noch bei der MW-Analyse gezeigt haben, nicht jedoch die gruppenübergreifende Relation zueinander. So konnte die Hälfte der

693

694

Mögliche Exit-Kanäle für VC-Gesellschaften sind IPO, Trade Sale, Secondary Purchase, Buy Back und Abschreibung. Vgl. Kapitel 3.3.2.1. Die Kategorisierung erfolgte in Anlehnung an das Vergehen von Zarutskie (2010), S. 158; Cumming/Johan (2008), S. 1213.

203

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

befragten privaten VC-Geber bisher max. 6 Beteiligungsverkäufe durchführen. Bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften liegt der Median hingegen mit über 19 realisierten Exits wieder mehr als dreimal so hoch. Dieses Ergebnis erscheint plausibel vor dem Hintergrund, dass die Beteiligungsportfolien öffentlichgeförderter VC-Geber deutlich größer sind und somit automatisch eine höhere 695 Fluktuation verlangen. Tabelle 17:

Performanceabhängige Exit-Verteilung

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Gesamtanzahl Exits

23

18,17

6,00

41,05

12

57,33

19,50

102,51

Anteil IPO

23

0,084

0,000

0,141

12

0,048

0,024

0,057

Anteil Trade Sale

23

0,435

0,400

0,325

12

0,247

0,205

0,218

}'; Anteil erfolgreicher Exits

23

0,519

0,500

0,350

12

0,295

0,233

0,257

Anteil Secondary Purchase

23

0,098

0,000

0,235

12

0,014

0,000

0,024

Anteil Buy Back*

23

0,047

0,000

0,087

12

0,315

0,222

0,272

}'; Anteil neutraler Exits

23

0,145

0,000

0,235

12

0,329

0,256

0,265

Abschreibungsquote

23

0,348

0,333

0,320

12

0,392

0,400

0,182

*Signifikanter MW-Unterschied bei durchgeführtem t-Test Quelle: Eigene Berechnung.

Betrachtet man ausgehend von der Gesamtanzahl durchgeführter Exits die qualitative, sprich erfolgswirksame, Verteilung der Beteiligungsverkäufe, ist zuerst bemerkenswert, dass private VC-Gesellschaften mit durchschnittlich 51,9 % über die Hälfte ihrer Beteiligungsmandate über einen erfolgreichen Exit-Kanal veräußern konnten. Dominierend ist hierbei der Trade Sale als Verkaufskanal (MW = 43,5 %), wie auch in den theoretischen Ausführungen angenommen. Ein 696 IPO erfolgt hingegen nur äußerst selten (MW =8,4 %}. Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften konnten hingegen nur knapp 30 % ihrer PU erfolgreich verkaufen, wobei ca. 25 % davon durchgeführte Trade Sales waren. Nicht einmal 5 % der

695

696

Diese Aussage lässt sich daraus ableiten, dass in öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften durchschnittlich mehr Investmentmanager angestellt sind, wobei jeder einzelne mehr Beteiligungsmandate zu betreuen hat. Vgl. Kapitel 5.2.2.1 und Kapitel 5.2.3.2. Vg 1. Kapite 14.2.2.3.

204

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Beteiligungsmandate konnte hingegen über eine IPO erfolgreich platziert werden. Im Ergebnis bleibt somit festzuhalten, dass der Anteil erfolgreicher Exits bei privaten VC-Gebern über 20 % höher ist, als wie bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften. Dieses Delta wird bei öffentlich-geförderten VC-Gebern jedoch nicht alleine durch eine höhere Abschreibungsquote kompensiert. Zwar ist diese mit 39,2 % höher als wie bei privaten VC-Gesellschaften mit durchschnittlich 34,8 %. Allerdings zeigt sich eben nur eine MW-Differenz von 4,4 Prozentpunkten. Vielmehr ist in der Exit-Struktur öffentlich-geförderter VC-Geber ein deutlich höherer Anteil neutraler Beteiligungsverkäufe zu identifizieren. So werden im Durchschnitt knapp ein Drittel der PU über diese weniger renditeträchtige Exit-Kategorie veräußert. Bei privaten VC-Gebern liegt der Anteil neutraler Exits hingegen bei nur 14,5 %. Der auffällig hohe Anteil dieser Exit-Klasse bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften ist dabei im Besonderen auf die Nutzung von Buy Back Optionen zurückzuführen, worüber im Durchschnitt 31,5 % der Beteiligungsmandate veräußert werden. Für private Venture Capitalist hat die Nutzung dieses Exit-Kanals mit einem Anteil am gesamten Track Record von nicht einmal 5 % nahezu keine Bedeutung. Im gruppenübergreifenden Vergleich berechnet sich folglich bei der Nutzung dieses neutralen Exit-Kanals eine signifikante MW-Differenz von über 2G Prozentpunkten. Abschließend ist noch festzuhalten, dass die Option des Secondary Purchase für private VC-Geber mit einem Track Record Anteil von knapp 10 % nur eine geringe Bedeutung besitzt und von öffentlich-geförderten VCGesellschaften mit nicht einmal 2 % der Gesamtabgänge so gut wie gar nicht genutzt wird. Fasst man die Ausführungen zum Exit-Verhalten der befragten VC-Geber zusammen ist festzuhalten, dass ausgehend von dem bei privaten VC-Gesellschaften dominierenden monetären Maximierungskalkül die Arbeitshypothese G dieser Untersuchung bestätigt werden kann. Eingangs zeigte sich, dass diese Gesellschaftsgruppe der frühzeitigen Exit-Planung einen höheren Stellenwert beimisst sowie auch deutlich mehr Zeit in den eigentlichen Verkaufsprozess investiert. Darüber hinaus ist für private Venture Capitalists der Einsatz spezifischer Managementinstrumente zur Unterstützung des Exits wesentlich bedeutender, als für öffentlich-geförderte VC-Geber. Letztgenannte präferieren vor als auch während der Verkaufsphase eine deutlich passivere Rolle {Bestätigung Detailhypothese Ga und Ge). Um ihre Interessen zu wahren, legen private VC-Gesellschaften darüber hinaus schon zu Beginn der Beteiligungsbeziehung einen höheren Stellenwert auf die Ausgestaltung einzelner Vermögens- und Kontrollrechte {Bestäti-

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

205

gung Detailhypothese Gb). Hierzu ist weiterhin bemerkenswert, dass diese Gesellschaftsgruppe u. a. die Option zur Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Managements deutlich wichtiger einstuft. Dies vor dem Hintergrund, dass eine derartige Klausel besonders positiv auf die Durchführbarkeit von Trade Sales 697 wirken kann. Ausgehend von diesen Ergebnissen zeigte sich abschließend, dass private VC-Geber eine deutlich bessere performanceabhängige Exit-Struktur vorweisen (Bestätigung Detailhypothese Gd), die in dem deutlich höheren Anteil durchgeführter Trade Sales begründet liegt. Darüber hinaus ist auch eine leicht geringere Abschreibungsquote festzustellen. Bei öffentlich-geförderten VCGesellschaften ist abschließend noch der besonders hohe Anteil von erfolgsneutralen Buy Backs bemerkenswert.

5.2.4

Syndizierungsmotive

Nachdem die gesamtstrategische Ausrichtung privater und öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften unter Berücksichtigung der gesellschaftsspezifischen Ressourcenausstattung untersucht wurde, soll nunmehr deren Syndizierungsverhalten, als spezielle strategische Option analysiert werden. Hierzu sind empirisch identifizierbare Aussagen zu ermitteln hinsichtlich der in Kapitel 4.2.3 abgeleiteten Arbeits- und Detailhypothesen. Methodisch ist hierbei vorweg anzuführen, dass sowohl direkte Merkmalsausprägungen als auch indirekt ermittelte Parameter für die Analyse genutzt werden, die an entsprechender Stelle detailliert beschrieben sind. Darüber hinaus ist vorweg anzuführen, dass vier VC-Gesellschaften zum Erhebungszeitpunkt noch keine Syndizierungen durchgeführt hatten und demnach keine weiteren Angaben zu diesem Fragenblock machten. Folglich reduzierte sich die Stichprobe von 46 auf 42 Befragungsteilnehmer.

5.2.4.1

Motive auf Gesellschaftsebene

Wie in den Abschnitten des Kapitels 4.2.3.1 beschrieben, können Syndizierungen bzw. die Auswahl des Syndizierungspartners dazu genutzt werden, die Reputation der eigenen VC-Gesellschaft zu beeinflussen. Der hiermit angesprochene Spillover-Effekt kann dabei positiv aber auch negativ seine Wirkung entfalten. Darüber hinaus wurde angeführt, dass die Reputation v. a. für private VC-Geber beim Auflegen neuer Investitionsfonds eine hohe Bedeutung besitzt. In diesem Kontext ist die Verbindung zwischen der subjektiv wahrnehmbaren Reputation und dem objektiv messbaren Track Record eines Venture Capitalists deutlich geworden, den private sowie auch institutionelle Investoren bei der Fondsauswahl als Quali697

Vgl. Cumming (2008), S. 1948 und S. 1950 sowie Kapitel 4.2.2.3.2.

206

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

tätsmerkmal heranziehen. In diesem Zusammenhang sind für die empirische Analyse sowohl der Spill-over-Reputationseffekt als auch die konkrete Verbesserung des eigenen Track Records als Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene zu 698 hinterfragen. Für die Operationalisierung dieser Fragestellung wurden die VC-Gesellschaften zunächst direkt gefragt, inwiefern beide Motive losgelöst voneinander für das Syndizieren von Bedeutung sind. Darüber hinaus sollten die Befragungsteilnehmer den Stellenwert einzelner Kriterien bei der Auswahl ihrer Syndizierungspartner angeben, wobei für diesen Abschnitt explizit die Merkmale Reputation 699 sowie internationale Ausrichtung im Fokus stehen. Somit ist die Bedeutung des Spill-over-Effekts für die Befragungsteilnehmer auch auf indirektem Wege empirisch nachvollziehbar. Bei der Fragebogenkonzipierung wurde dann das bei der Analyse des Betreuungs- bzw. Exit-Verhaltens verwendete Fragendesign fortgeführt. Auf einer Skala von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) konnten demnach die jeweiligen Antwortmöglichkeiten für eine entsprechende Meinungsvielfalt kategorisiert werden. Folglich gilt bei der Ergebnisauswertung die Interpretationsregel, dass je näher der berechnete MW oder Median an den Wert von 6 heranreicht, desto größer die Bedeutung des einzelnen Syndizierungsmotivs bzw. desto wichtiger das Kriterium für die Auswahl des Syndizieru ngspa rtners. Die Ergebnisse in Tabelle 18 zeigen zuerst, dass sowohl das Motiv durch Syndizierungen einen positiven Reputationseffekt zu erzielen, als auch die Verbesserung des eigenen Track Records für beide VC-Gesellschaftsgruppen nur eine mittelmäßige Bedeutung besitzen. Bei privaten VC-Gebern liegen die berechneten MW bei 3,07 (Reputationsgewinn) bzw. bei 3,11 (Verbesserung des Track Records). Bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften ist der ermittelte MW für das Motiv der Reputationssteigerung mit 3,07 identisch mit dem Ergebnis privater VC-Geber. Das Verfolgen einer Window Dressing Strategie, d. h. die Verbesserung des eigenen Track Records mittels Syndizierungen, besitzt hingegen für öffentlichgeförderte Venture Capitalists einen etwas geringeren Stellenwert. Der MW liegt bei diesem Motiv mit 3,07 leicht hinter dem Ergebnis privater VC-Geber zurück. 698

699

Gompers formuliert den Zusammenhang zwischen der bewussten Verbesserung des Track Record und der Reputationssteigerung einer VC-Gesellschaft als "Grandstanding Hypothese". Vgl. Gompers

{1996), s. 135-138. Bei der Frage nach dem Stellenwert einzelner Syndizierungsmotive sowie nach der Bedeutung bestimmter Kriterien bei der Auswahl des Syndizierungspartners handelte es sich um Komplexfragen mit weiteren Merkmalen. Deren Bedeutung wird im Rahmen der Untersuchung des Syndizierungsverhaltens auf den nachfolgenden Ebenen analysiert.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 18:

207

Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Motive: Reputationsgewinn

27

3,07

3,00

1,492

15

3,07

3,00

1,033

Verbesserung Track Record

27

3,11

3,00

1,396

15

3,07

3,00

1,163

Hohe Reputation

27

4,26

4,00

0,984

15

4,27

4,00

1,033

Internat. Ausrichtung

27

3,22

3,00

1,219

15

2,73

3,00

1,335

Auswahlkriterien:

Quelle: Eigene Berechnung.

Betrachtet man nunmehr die indirekten Parameter der Partnerauswahl bei Syndizierungen ist zuerst festzuhalten, dass das Ansehen sowohl für private als auch für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellt. Deutlich wird dies an den hohen berechneten MW auf die Frage, welche Bedeutung die Reputation des Syndizierungspartners bei dessen Auswahl hat, die für beide Gruppen mit 4,26 bzw. 4,27 nahezu identisch sind. Unter Berücksichtigung der vorherigen Ergebnisse kann hieraus einerseits interpretiert werden, dass sich die befragten VC-Geber des Spill-over-Effekts bewusst sind und zumindest negative Auswirkungen auf ihr eigenes Ansehen vermeiden wollen. Andererseits ist anzunehmen, dass die Befragungsteilnehmer eine positive Korrelation zwischen der Reputation des Syndizierungspartners und dem (künftigen) wirtschaftlichen Erfolg des gemeinsam finanzierten PU annehmen. Dass diese Überlegung durchaus plausibel erscheint, kann anhand der Arbeit von FRIEDRICH begründet werden, der in seiner Untersuchung über den deutschen Beteili700 gungsmarkt genau dieses Wirkungsgefüge empirisch nachweist. Darüber hinaus zeigt die Auswertung, dass private VC-Geber deutlich stärker auf die internationale Ausrichtung ihrer Syndizierungspartner als zusätzliches Quali701 tätsmerkmal achten. Auch mit diesem Merkmal wieder eng verknüpft ist die Verbesserung der Erfolgswahrscheinlichkeit des PU, da man z. B. von internationalen Kontaktnetzwerken und Erfahrungen bei einer anvisierten internationalen 700

701

Dieser gelangt sogar zu dem Ergebnis, dass die Reputation des Syndizierungspartners die Ressource mit dem stärksten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg des gemeinsam finanzierten Beteiligungsmandats ist. Vgl. Friedrich (2005), S. 167. Dieser Kausalität liegt die Annahme zugrunde, dass die internationale Ausrichtung einer VCGesellschaft von anderen Marktakteuren als eine grundsätzlich positive Eigenschaft wahrgenommen wird.

208

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Expansionsstrategie profitieren kann. Für die Gruppe privater VC-Gesellschaften liegt der berechnete MW für dieses Kriterium bei 3,22. Aus den Antworten öffentlich-geförderter VC-Geber wurde hingegen ein MW von 2,73 ermittelt, womit die MW-Differenz 0,49 beträgt. Somit zeigt sich bei diesem Merkmal die größte Diskrepanz in der gruppenspezifischen Wertschätzung. Als ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist die stärkere international orientierte Investitionsstrategie privater VC-Gesellschaften anzuführen, die aus der in Kapitel 5.2.3.1 ermittelten Portfoliostruktur erkennbar ist. Diesen Aspekt gilt es für die folgenden Auswertungen gedanklich mitzunehmen. Gruppenübergreifend finden sich insgesamt nur geringe Indizien dafür, dass private VC-Geber Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene stärker fokussieren als öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften. Für das Motiv der Verbesserung des eigenen Track Records beträgt die MW-Differenz gerade einmal 0,04 zu Gunsten privater Venture Capitalists. Hinsichtlich des Motivs der Reputationsverbesserung liegen sogar identische MW aus der empirischen Analyse vor. Interessant ist, dass für beide VC-Gesellschaftsgruppen eine Steigerung des eigenen Ansehens weniger wichtig erachtet wird, als das Auswahlkriterium der wahrnehmbaren Reputation des Syndizierungspartners. Das Verhaltensmuster stärker auf die Reputation des Partners zu achten, um keinen negativen Spill-over Effekt zu erleiden, könnte ein Indiz dafür sein, dass die Mehrheit der Befragungsteilnehmer in der Stichprobe bereits über ein hohes Ansehen verfügen. Folglich wird die Absicherung der 702 eigenen Reputation als wichtig erachtet, deren Steigerung hingegen weniger. Darüber hinaus zeigte sich, dass private VC-Gesellschaften, möglicherweise getrieben von der eigenen Investitionsstrategie, deutlich stärker auf die internationale Ausrichtung ihrer Syndizierungspartner achten. Im Ergebnis können somit die Arbeitshypothese 7 und deren Detailhypothesen nur schwach bestätigt werden, da die vermuteten Abweichungen in dem gruppenspezifischen Antwortverhalten lediglich gering ausfallen. 5.2.4.2

Motive auf Portfolioebene

Die Ausführungen in den Abschnitten des Kapitels 4.2.3.2 haben gezeigt, dass VCGesellschaften Syndizierungen einsetzen können, um unter Risikogesichtspunkten die Struktur ihres Beteiligungsportfolios zu verbessern. Hiermit angesprochen ist zum einen die Sicherstellung eines adäquaten Deal Flow in Form einer angemessenen Anzahl von Beteiligungsanfragen für eine entsprechend breite Auswahl an Investitionsmöglichkeiten. Zum anderen können sich neue Investitionsspiel-

702

Vgl. Nathusius (2005), S. 87.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

209

räume zur Ausweitung des Beteiligungsportfolios ergeben, um risikosenkende Diversifikationseffekte zu erzielen, die aufgrund bestehender Ressourcenrestriktionen andernfalls nur schwer realisierbar sind. Unter Berücksichtigung der spezifischen Umfeldbedingungen sowie der vermuteten Investitionsstrategie wurde abschließend die Arbeitshypothese aufgestellt, dass für öffentlich-geförderte VCGesellschaften die beiden angeführten Syndizierungsmotive einen höheren Stellenwert besitzen. Zur Beantwortung der hieraus abgeleiteten Detailhypothesen empfiehlt es sich, die Ausprägung der genannten Syndizierungsmotive auf Portfolioebene in zwei voneinander losgelösten Schritten zu analysieren. Zuerst wird explizit auf die Bedeutung des Deal Flow Motivs für die befragten VC-Gesellschaften eingegangen. Anschließend steht im Untersuchungsfokus, inwiefern die VC-Geber Syndizierungen nutzen, um bewusst eine zusätzliche Diversifizierung ihres Beteiligungsportfolios zu erzielen. 5.2.4.2.1 Deal Flow In den bisherigen theoretischen Ausführungen wurde eine positive Verbindung zwischen der Syndizierungsintensität und dem Deal Flow von VC-Gesellschaften 703 Vor diesem Hintergrund ist in einem ersten Analyseschritt zu unhergestellt. tersuchen, ob eine solche Beziehung auch für die Befragungsteilnehmer dieser Untersuchung besteht. Um die Syndizierungsintensität abzubilden wurden die VC-Geber nach der Syndizierungsquote gefragt, die den Anteil der über CoVenturing finanzierter Beteiligungsmandate an der Gesamtanzahl aller PU angibt. Als Variable für den Deal Flow diente die Anzahl der Beteiligungsanfragen, welche die befragten VC-Gesellschaften im Jahr prüfen. Die hieraus berechneten Korrelationen für die unterschiedlichen Stichproben sind in Tabelle 19 dargestellt. Die Auswertung dieses Tableaus zeigt, dass sowohl für die Gruppe privater VCGesellschaften als auch für die Klasse öffentlich-geförderter VC-Geber ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl der Beteiligungsanfragen und der Syndizierungsquote besteht. Für zuletzt genannte Gesellschaftsgruppe ist hierbei ein stark positiv ausgeprägter Koeffizient auf statistisch signifikantem Niveau zu beobachten. Für die Gruppe privater VC-Gesellschaften zeigt sich hingegen ein schwächer ausgeprägter positiver Zusammenhang.

703

Vgl. hierzu u. a. Kapitel 4.2.3.2.1.

210

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 19:

Bivariate Analyse Deal Flow und Syndizierungsquote Syndizierungsquote

Sample

Korrelation nach Pearson

N

Koeffizient

Anzahl der Anfragen

29

0,188

Privat

16

0,639*

Öffentlich-gefördert

*Signifikant auf dem Niveau von 0,05 Quelle: Eigene Berechnung.

Um nunmehr zu analysieren, inwiefern die befragten VC-Geber den aufgedeckten positiven Zusammenhang zwischen der Syndizierungsintensität und dem Deal Flow in ihrer Syndizierungsstrategie verfolgen, sind mehrere Parameter für die Auswertung von Bedeutung. In diesem Kontext ist vorweg noch einmal die Wirkungsweise des Reziprozitätsmechanismus zu erläutern, da hieran die Operationalisierung des Deal Flow Motivs abgeleitet wird. Bezogen auf das Verhalten von Venture Capitalists sagt dieser im Kern aus, dass man Informationen zu potenziellen Beteiligungsmandaten an andere VC-Geber weiterleitet, in der Erwartung, dass sich diese ebenfalls durch die Weitergabe von Beteiligungsanfragen hierfür 704 revanchieren. Auf direktem Wege wurde dieser Austauschmechanismus insofern operationalisiert, dass die Befragungsteilnehmer Angaben machen sollten, welche Bedeutung die Steigerung des eigenen Deal Flow sowie die Einladung früherer Syndizierungspartner zu gemeinsamen Investments für sie besitzt. Auf der bekannten Skala von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) konnte wiederum ein entsprechendes Meinungsbild aus dem Antwortverhalten abgeleitet werden. Umso höher demnach der MW oder Median, desto wichtiger der jeweilige Teilaspekt für die befragten VC-Geber zum Syndizieren ihrer Investments. Zur Untersuchung des Deal Flow Motivs auf indirektem Wege wurde ein Reziprozitätskoeffizient anhand bestehender lnvestorenbeziehungen abgeleitet. Zur Operationalisierung dieser Kennzahl mussten die VC-Gesellschaften angeben, mit wie vielen anderen VC-Gebern sie bei Investments gelegentlich oder auch regel705 mäßig kooperieren. Zudem galt es die Syndizierungsbeziehungen dahingehend zu klassifizieren, ob sie durch eigenes (aktiv) oder durch das Engagement des an706 Aus diesem Verhältnis deren VC-Gebers (passiv) zustande gekommen sind. 704 705

706

Vg 1. Kapite 14.2.3.2.1. Anhand dieser Parameter wurde auch schon die Netzwerkstruktur und -stabilität analysiert. Vgl. Kapitel 5.2.2.3. Dieses Vorgehen orientiert sich an bestehenden Praktiken zur Analyse von Netzwerkstrukturen. Vgl. Wasserman/Faust (1997), S. 202.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE- EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

211

wurde der Reziprozitätskoeffizient ermittelt, als Indikator für das Kooperationsverhalten der befragten VC-Geber zum Austausch von Deal Flow lnformationen.707 Liegt dieser Koeffizient bei einem Wert von 1, spricht dies für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Anzahl von aktiven und passiven Syndizierungsbeziehungen. Ein Koeffizient von größer eins bedeutet, dass die VCGesellschaft mehr passive Syndizierungsbeziehungen unterhält und demnach häufiger von Partnern aus ihrem Netzwerk zu gemeinsamen Investments eingeladen wird. Ist der Koeffizient hingegen kleiner als 1, unterhält der VC-Geber mehr aktive Syndizierungsbeziehungen und tritt demnach verstärkt als Initiator von Syndizierungen in Erscheinung. Ausgehend von diesen Vorarbeiten zeigen die Ergebnisse in Tabelle 20, dass öffentlich-geförderte VC-Geber beide Seiten des Reziprozitätsmechanismus exakt genauso stark Wertschätzen. Sowohl die Bedeutung des Motivs über Syndizierungen den eigenen Deal Flow zu steigern als auch der Anreiz bekannte Finanzierungspartner wieder zu gemeinsamen Investments einzuladen wurden mit einem MW von 3,40 als gleich bedeutsam eingestuft. Dieses ausgewogene Verhältnis zwischen aktiver und passiver Rollenwahrnehmung bei der Initiierung von Syndizierungen spiegelt sich auch in dem ermittelten Reziprozitätskoeffizienten wider, der mit 1,062 nahezu ausgeglichen ist. Hieraus kann geschlossen werden, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften als gefragte Syndizierungspartner verhältnismäßig häufig von anderen VC-Gebern zu gemeinsamen Investments ange708 sprochen werden. Im Umkehrschluss ist jedoch auch festzuhalten, dass hinsichtlich der Initiierung von Syndizierungen die Gruppe öffentlich-geförderter VCGesellschaften nicht durch ein besonderes proaktives Verhalten auffällt, was an709 hand wirtschaftspolitischer Vorgaben plausibel erschien.

707

708

709

Hochberg et al. unterscheiden in diesem Zusammenhang die Begriffe "indegree" (Anzahl der Einladungen für eine VC-Gesellschaft) und "outdegree" (Anzahl der Einladungen von einer VCGesellschaft). Vgl. Hochberg et al. (2007), S. 257. VC-Gesellschaften, die verhältnismäßig häufig zu Syndizierungen eingeladen werden, genießen annahmegemäß einen guten Ruf. Man greift gerne auf sie als verlässliche Finanzierungspartner zurück. Vgl. hierzu im weiteren Sinne Wasserman/Faust (1997), S. 202. Vgl. Schilder (2006), S. 8 und Kapitel 4.2.3.2.2.

212

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 20:

Syndizierungsmotiv Deal Flow

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Steigerung eigener Deal Flow

27

3,37

3,00

1,418

15

3,40

4,00

1,183

Einladung bekannter Syndizierungspartner

27

3,59

4,00

1,338

15

3,40

4,00

1,242

Reziprozitätskoeffizient

24

0,858

1,000

0,612

15

1,062

1,000

0,480

Quelle: Eigene Berechnung.

Für die Gruppe privater VC-Geber zeigen die Ergebnisse in Tabelle 20, dass diese das Motiv der Steigerung des eigenen Deal Flow fast genauso bedeutsam einstufen, wie öffentlich-geförderte Venture Capitalists. Der berechnete MW beträgt für dieses Merkmal 3,37 (MW-Differenz = 0,03}. Bemerkenswert ist zudem, dass private VC-Geber mehr Wert darauf legen, Syndizierungseinladungen an potenzielle Finanzierungspartner weiterzuleiten. Für diesen Kooperationsanreiz wurde ein MW von 3,59 ermittelt, der über dem berechneten Ergebnis für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften liegt (MW-Differenz =0,19). Folglich ist aus der direkten Befragung mitzunehmen, dass für private VC-Geber die proaktive Initiierung von Syndizierungen einen höheren Stellenwert einnimmt. Dieses Meinungsbild ist auch in dem Verhalten privater VC-Gesellschaften bei der Initiierung von Syndizierungen zu erkennen. Ausdruck hierfür ist der berechnete Reziprozitätskoeffizient von 0,858, welcher deutlich unter dem Paritätswert liegt. Folglich unterhalten private VC-Geber deutlich mehr aktive Syndizierungsbeziehungen und stoßen verstärkt gemeinsame Investments durch die Weitergabe von Informationen zu Beteiligungsangeboten an, als das sie von anderen VCGesellschaften hierzu eingeladen werden. Dieser stärker ausgeprägte Aktivitätsgrad bei privaten VC-Gebern ist insofern bemerkenswert, da diese durch die Weitergabe von Informationen zu interessanten Beteiligungsanfragen aus eigener Initiative heraus eine zusätzliche Wettbe710 werbssituation aufbauen. Auf der anderen Seite könnte diese Beobachtung jedoch auch Ausdruck eines funktionierenden Reziprozitätsmechanismus sein. Wenn letztere Interpretation zutrifft, müsste das aktive Kooperationsverhalten auf positive Resonanz aus dem lnvestorennetzwerk stoßen und zu einem Anstieg 711 der Weitergabe von Beteiligungsanfragen aus diesem Umfeld führen. Folglich 710

711

Vgl. Casamatta/Haritchabalet {2007), S. 377 f. Vg 1. Kapite 14.2.3.2.1.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

213

müsste ein positiver Zusammenhang zwischen dem Reziprozitätskoeffizienten und dem Deal Flow, gemessen an der Anzahl der Beteiligungsanfragen, zu beobachten sein. Vor diesem gedanklichen Hintergrund wurde für die beiden Variablen eine Korrelationsanalyse durchgeführt. Tabelle 21:

Bivariate Analyse Deal Flow und Reziprozitätskoeffizient Reziprozitätskoeffizient

Korrelation nach Pearson

N

Koeffizient

Anzahl der Anfragen

29

0,217

16

- 0,065

Sample

Privat Öffentlich-gefördert

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 21 zeigen, dass dieser Zusammenhang für die Gruppe privater VC-Gesellschaften leicht besteht. Die Analyse zeigt für diese lnvestorengruppe einen positiv ausgeprägten Korrelationskoeffizienten. Einschränkend ist anzuführen, dass dieser statistisch nicht signifikant ist. Trotzdem scheint für private VC-Geber der angeführte positive Deal Flow- gegenüber dem negativen Wettbewerbseffekt etwas stärker ausgeprägt zu sein. Für die Klasse öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften zeigt sich hingegen ein schwach ausgeprägter negativer Zusammenhang zwischen beiden Variablen, der ebenfalls statistisch nicht signifikant ist. Demnach besteht für diese Gruppe kein positiver Zusammenhang zwischen dem eigenen Aktivitätsniveau bei der Initiierung von Syndizierungen und der Anzahl eingegangener Beteiligungsanfragen. Insgesamt ist für das Deal Flow Motiv bei Syndizierungen zu konstatieren, dass private gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern dem aktiven Weiterleiten von Beteiligungsanfragen einen höheren Stellenwert beimessen. Die formulierte Detailhypothese 8a, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften den Austausch von Deal Flow Informationen aktiver betreiben, ist somit abzulehnen. In Anleh712 nung an die Seeding Hypothese wirft dies abschließend die Frage auf, ob zuletzt genannte Venture Capitalists aktiver beim Informationsaustausch von Beteiligungsanfragen agieren sollten, um mehr privates Kapital zu aktivieren. Auch vor dem Hintergrund, dass private VC-Geber durch ihr aktiveres Verhalten zumindest teilweise auf positive Resonanz aus ihrem lnvestorennetzwerk stoßen.

712

Zum aktivierenden Handeln von öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften vgl. u. a. Kapitel 4.2.1.3 und Kapitel 4.2.3.1.2.

214

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

5.2.4.2.2 Diversifikation Das zweite mögliche Syndizierungsmotiv auf Portfolioebene ist die Ausschöpfung zusätzlicher Diversifikationspotenziale. Hierzu wurde in den theoretischen Ausführungen beschrieben, dass VC-Gesellschaften aufgrund ihres Geschäftsmodells nur eine begrenzte Anzahl von Beteiligungsmandaten finanzieren können. Vor diesem Hintergrund erscheinen Syndizierungen finanztheoretisch plausibel, um den limitierten finanziellen Spielraum auszuweiten. Folglich wäre der Aufbau hinreichend großer Beteiligungsportfolios wahrscheinlicher, um positive Diversifikationseffekte zu erzielen. Jedoch ist in den theoretischen Aussagen auch angeführt, dass eine Senkung des Gesamtportfoliorisikos mit Hilfe der Ausnutzung des Diversifikationseffektes nur im Einklang mit der Gesamtinvestitionsstrategie mög713 lich ist. Weitet eine VC-Gesellschaft ihre Investitionsaktivitäten über Syndizierungen auf unbekannte Branchen aus, in denen relativ hohe Informationsasymmetrien zu befürchten sind, kann sich im Ergebnis das inhärente Finanzierungsrisiko im Gesamtportfolio erhöhen. Dieser Fall tritt ein, wenn die zusätzlich in Kauf zu nehmenden Verhaltensrisiken die positiven Diversifikationseffekte übersteigen.714 Zudem ist der Venture Capitalist in diesem neuen Investitionsumfeld bei der Auswahl und Betreuung der PU auf das Engagement anderer VC-Geber angewiesen, da ihm hierfür die notwendige Expertise fehlt. Dem diversifizierenden VC-Geber droht in dieser passiven Haltung gar die Aufgabe eigener strategischer Wettbewerbsvorteile, sofern sich dieser bisher durch die intensive Betreuung 715 seiner Beteiligungsmandate am Markt positioniert hat. In dieser Situation erscheint das Verfolgen einer Diversifikationsstrategie über z. B. Syndizierungen 716 nicht plausibel. Vor diesem Hintergrund galt es die Befragungsteilnehmer zuerst danach zu fragen, welche Rolle sie bei Syndizierungen übernehmen. Unterschieden wurde hierbei zwischen dem aktiven Lead bzw. Co-Lead sowie dem passiven Non-Lead Investor mit oder auch ohne Betreuungsaufgaben. Um zu analysieren, wie häufig die befragten VC-Gesellschaften eine der genannten Rollen übernehmen, sollten diese die Frequenz auf einem Skalenniveau von 1 (nie) bis 6 (immer) angeben. Umso näher demnach die berechneten Durchschnittswerte an einen Wert von 6 heranreichen, desto häufiger treten die befragten VC-Gesellschaften in dieser Funktion bei Syndizierungen in Erscheinung.

713

714 715

716

Vgl. Jääskeläinen (2012), S. 446 f. sowie Kapitel 4.2.3.2.1. Vgl. Jungwirth (2006), S. 44 f. Vg 1. Kapite 14.2.3.2.2. Vgl. Norton/Tenenbaum (1993), S. 435.

215

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 22:

Rollenwahrnehmung bei Syndizierungen

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Lead oder Co-Lead

25

4,84

5,00

0,800

15

4,13

4,00

1,060

Non-Lead mit Betreuung

25

2,92

3,00

1,077

15

2,73

3,00

1,438

Non-Lead ohne Betreuung

25

1,60

1,00

0,816

15

1,87

2,00

0,990

Rollenwahrnehmung:

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 22 zeigen zuerst, dass für private VC-Gesellschaften bei Syndizierungen nur Rollen mit einem aktiven Betreuungsteil in Frage kommen. Im Durchschnitt übernehmen diese fast immer den Part des Lead oder Co-Lead Investors (MW = 4,84). Falls private VC-Geber sich doch einmal in die Rolle des Non-Lead Investors begeben, dann grundsätzlich nur in Verbindung mit der Übernahme einzelner Betreuungsaufgaben (MW = 2,92). Die Funktion des absolut passiven Non-Lead Investors ohne jegliche Betreuungsaufgaben und demnach das Auftreten als reiner Kapitalgeber wird von den befragten privaten VCGesellschaften hingegen fast nie wahrgenommen (MW = 1,60). Bei der Auswertung der Antworten öffentlich-geförderter VC-Geber ist die gleiche Rangfolge zu beobachten. Auf der einen Seite agieren die Befragungsteilnehmer dieser Gruppe sehr häufig in der Rolle des aktiven Lead oder Co-Lead Investors (MW =4,13). Deutlich seltener aber noch in gewisser Häufigkeit übernehmen sie bei Syndizierungen die Funktion des Non-Lead Investor mit Betreuungsaufgaben (MW = 2, 73). Auf der anderen Seite sind sie fast nie in der Rolle des passiven Non-Lead Investors ohne weitere Betreuungsaufgaben zu sehen (MW = 1,87). Im gruppenübergreifenden Vergleich ist festzuhalten, dass zwar eine gleiche Hierarchie existiert was die Wahrnehmung einzelner Rollen bei Syndizierungen anbelangt, jedoch die befragten privaten VC-Gesellschaften deutlich häufiger die Funktion eines aktiven Investors übernehmen. So zeigt sich für die Häufigkeit, als aktiver Lead oder Co-Lead Investor zu agieren eine MW-Differenz von 0,71, obwohl für beide Gruppe diese Syndizierungsrolle von oberster Priorität ist. Auch für die Frequenz als Non-Lead Investor mit Betreuungsaufgaben aufzutreten ist eine MW-Differenz von immerhin noch 0,19 zu Gunsten der Gruppe privater VCGeber zu beobachten. Für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften zeigt sich hingegen nur bei der Rollenwahrnehmung des passiven Non-Lead Investors eine stärkere Häufigkeitsausprägung (MW-Differenz = 0,27). Dies liegt jedoch nicht in

216

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

der Frequenz des Auftretens begründet, sondern vielmehr darin, dass die befragten privaten Venture Capitalists dieser passiven Kapitalgeberfunktion bei Syndizierungen fast gar keine Bedeutung beimessen. Nachdem das Rollenverständnis bei Syndizierungen ausgewertet ist, steht nunmehr explizit die Bedeutung des Diversifikationsmotivs im Fokus der Analyse. Hierzu wurden die Befragungsteilnehmer zum einen direkt befragt, welche Bedeutung die mögliche Ausweitung des Diversifikationsspielraums zur Risikobegrenzung als Syndizierungsanreiz besitzt. Zum anderen galt es auf indirektem Wege den Stellenwert der beiden Einflussfaktoren zu hinterfragen, deren Ausprägung sich unmittelbar auf das Diversifikationspotenzial auswirken kann. Wie zu Beginn dieses Abschnittes angeführt ist dies einerseits der finanzielle Spielraum bzw. dessen Einengung, der durch den Kapitalbedarf des PU beeinflusst wird, womit das erste Merkmal genannt ist. Andererseits wurde angeführt, dass VC-Gesellschaften Syndizierungen zur Ausweitung ihres eigenen Investitionsradius einsetzen können, sofern dies mit der verfolgten Gesamtinvestitionsstrategie im Einklang steht. Hiermit umschrieben ist der zweite Einflussfaktor auf das Diversifikationsmotiv bei Syndizierungen. Die Bedeutung der genannten Merkmale sollten die Befragungsteilnehmer wieder auf dem bekannten Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) kategorisieren, um hieraus ein entsprechendes Meinungsbild abzuleiten. Umso höher demnach die berechneten Parameter, desto größer der Stellenwert des zugehörigen Merkmals für die jeweilige VC-Gesellschaftsgruppe. Tabelle 23:

Syndizierungsmotiv Diversifikation

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Verbesserte Diversifikationsmöglichkeiten

27

4,67

4,00

0,877

15

4,33

4,00

1,113

Hoher Kapitalbedarf zu eigenem Fondsvolumen

27

5,11

5,00

0,974

15

4,33

4,00

1,113

27

3,37

3,00

1,497

15

2,60

3,00

1,121

Strategische Erweiterung des Investitionsfokus

Quelle: Eigene Berechnung.

Die Ergebnisse in Tabelle 23 zeigen zuerst, dass das Diversifikationsmotiv bei Syndizierungen insgesamt von hoher Bedeutung ist. Die berechneten MW beider Befragungsgruppen liegen deutlich über dem Wert von vier. Im gruppenübergreifenden Vergleich zeigt sich zudem, dass für private VC-Gesellschaften

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

217

(MW = 4,67) die Verbesserung der Diversifikationsmöglichkeiten einen höheren Stellenwert einnimmt, als für öffentlich-geförderte VC-Geber (MW = 4,33). Im Ergebnis ergibt sich eine MW-Differenz von 0,34. Betrachtet man die möglichen Einflussfaktoren für diese Beobachtung ist festzuhalten, dass v. a. die Begrenzung des finanziellen Risikos bzw. die Einengung des eigenen finanziellen Spielraums im Zuge der Kapitalanforderungen der Beteiligungsmandate von hoher Bedeutung ist. Für die Gruppe privater VC-Geber ergibt sich ein MW von 5,11 bei einer relativ geringen Standardabweichung. Folglich sind sich die Befragungsteilnehmer dieser lnvestorengruppe dem hohen Stellenwert dieser Einflussgröße fast durchgängig bewusst. Auch für öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften dominiert der finanzielle Aspekt, wobei der berechnete MW von 4,33 deutlich unter dem Ergebnis bei der Gruppe privater VCGeber liegt (MW-Differenz = 0,78). Interessanterweise zeigt sich diese unterschiedliche Wertschätzung zwischen den Befragungsgruppen auch bei dem strategisch ausgerichteten Motiv, mithilfe von Syndizierungen den eigenen Investitionsfokus zu erweitern. Insgesamt wird dieser Aspekt jedoch deutlich geringer wertgeschätzt im Vergleich zur Möglichkeit den Finanzaufwand zu reduzieren. Erachtet die Gruppe privater VC-Gesellschaften dieses Merkmal mit einem MW von 3,37 noch als relativ wichtig, spielt es für öffentlich-geförderte VC-Geber nur eine nachrangige Bedeutung, gemessen an einem MW von 2,60. Insgesamt ist hieraus eine zu dem vorherigen Merkmal fast identische MW-Differenz von 0, 77 zwischen den Befragungsgruppen ableitbar. Um festzustellen, ob diese Aussagen auch in dem strategischen Verhalten der VCGesellschaften zu erkennen sind, wurde anhand geeigneter Parameter eine Korrelationsanalyse durchgeführt. Als Variable zur Messung der Syndizierungsintensität von den Befragungsteilnehmern dient die direkt erhobene Syndizierungsquote. Das Ausmaß der Portfoliodiversifikation wird wiederum durch den Diversifizierungsgrad bestimmt, der bereits bei der Analyse des Investitionsverhaltens 717 ermittelt wurde. Anhand der Korrelation dieser beiden Parameter lässt sich erkennen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Syndizieren von VC-lnvestments und der Ausweitung des branchenbezogenen Investitionsfokus besteht. Dem oben dargestellten Antwortverhalten der Befragungsteilnehmer folgend ist hierbei ein positives Ergebnis zu erwarten.

717

Der Diversifizierungsgrad gibt die Anzahl der Branchen an, in denen eine VC-Gesellschaft investiert ist. Vgl. Kapitel 5.2.3.1.

218

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Darüber hinaus soll die Beziehung zwischen der Syndizierungsintensität und möglichen finanziellen Restriktionen analysiert werden. Hierzu wurden die bereits genannten 16 Branchen anhand ihres anzunehmenden Kapitalbedarfs klassifiziert.718 Charakteristisch für kapitalintensive Sektoren ist dabei die Entwicklung und Herstellung von wissensintensiven Produkten auf dem neuesten Stand der Technik. Dienstleistungen sowie die Herstellung weniger komplexer Produkte fal719 len demnach nicht in diese Kategorie. Mit Hilfe dieser Kategorisierung war es anschließend möglich die Anzahl kapitalintensiver Unternehmen und demnach deren Anteil an dem Gesamtportfolio der befragten VC-Gesellschaften zu bestimmen. Im Folgenden wurde angenommen, dass VC-Geber mit einem höheren Anteil derartiger Beteiligungsmandate häufiger an finanzielle Grenzen stoßen und demzufolge regelmäßiger nach Syndizierungspartnern Ausschau halten, um das Investment durchzuführen. Folglich ist zwischen dem Anteil kapitalintensiver Unternehmen am Gesamtportfolio und der Syndizierungsquote eine positive Korrelation zu erwarten. Ein derartiger Zusammenhang wäre auch konform zu dem direkten Antwortverhalten der befragten VC-Gesellschaften. Tabelle 24:

Bivariate Analyse Syndizierungsquote und Diversifikationsmöglichkeiten

Korrelation nach Pearson

Anteil kapitalintensive Unternehmen

Diversifizierungsgrad

Syndizierungsquote

Sample

N

Koeffizient

27

0,201

Privat

15

0,673*

Öffentlich-gefördert

27

- 0,257

Privat

15

0,168

Öffentlich-gefördert

*Signifikant auf dem Niveau von 0,01 Quelle: Eigene Berechnung.

Für das Sample öffentlich-geförderter VC-Geber ist der positive Zusammenhang zwischen Kapital- und Syndizierungsintensität eindeutig zu erkennen, belegbar anhand des stark positiven und statistisch signifikanten Korrelationskoeffizienten in Tabelle 24. Umso größer demnach der Portfolioanteil kapitalintensiver Beteiligungsmandate, desto höher die Syndizierungsquote unter den Befragungsteil718 719

Vg 1. Kapite 15.2.3.1. In der Untersuchung sind folgende Branchen als kapitalintensiv eingestuft: Hardware - Unterhaltungselektronik, Biotechnologie, Medizin (Technik), Medizin (Pharmazie), Cleantech und Chemie/ Werkstoffe. Weniger kapitalintensiv sind hingegen die Sektoren: Software - Consumer Internet, Kommunikationstechnologie, allgemeine Unternehmens- und Industrieerzeugnisse, Konsumgüter Handel sowie sämtliche Dienstleistungsbereiche.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

219

nehmern dieser lnvestorenklasse. Folglich findet man eine eindeutige Bestätigung für die Aussage, dass zwischen der Kapitalintensität der PU und der Syndizierungsbereitschaft öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ein positiver Zusammenhang besteht. Auch für die Gruppe privater VC-Geber zeigt sich in Tabelle 24 ein positiver Zusammenhang zwischen dem Portfolioanteil kapitalintensiver Unternehmen und der Syndizierungsquote. Jedoch ist dieser deutlich schwächer ausgeprägt auf einem statistisch nicht signifikanten Niveau. Anhand dieses Ergebnisses kann demnach die Aussage, dass zwischen dem Kapitalbedarf der Beteiligungsmandate und der Syndizierungsbereitschaft privater Venture Capitalists ein Zusammenhang besteht, nicht bzw. nur bedingt erklärt werden. Als eine mögliche Begründung für diese Abweichung zwischen dem Antwort- und dem tatsächlichem Syndizierungsverhalten privater VC-Gesellschaften ist deren durchschnittliche Kapitalausstattung anzuführen. Wie hierzu in Kapitel 5.2.2.2 empirisch belegt, investieren private gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern im Durchschnitt rund dreimal so viel Kapital in ihre Beteiligungsmandate. Folglich führen die Kapitalanforderungen potenzieller Beteiligungsmandate, egal aus welcher Branche kommend, bei privaten VC-Gebern deutlich seltener zu finanziellen Engpässen, die sie zum Syndizieren drängen würden. Im Ergebnis verwässert durch diese höhere Finanzmittelausstattung der vermutete positive Zusammenhang zwischen dem Portfolioanteil kapitalintensiver Unternehmen und der Syndizierungsquote. Von daher findet sich anhand dieser Parameter keine eindeutige Übereinstimmung zu der direkten Aussage privater VC-Gesellschaften, dass die Höhe des Kapitalbedarfs der Beteiligungsmandate ein wichtiges Syndizierungsmotiv darstellt. Weiterhin zeigt die Korrelationsanalyse anhand der Angaben öffentlichgeförderter VC-Geber den erwarteten positiven Zusammenhang zwischen dem Diversifizierungsgrad und der Syndizierungsquote. Dieser ist jedoch deutlich schwächer, als die zuvor aufgedeckte Korrelation zwischen der Syndizierungsund Kapitalintensität. Bemerkenswerterweise spiegelt diese Rangfolge das direkte Antwortverhalten dieser Gesellschaftsgruppe wider, welche die Reduzierung des Finanzierungsaufwands als Syndizierungsmotiv deutlich wichtiger erachten, als die Ausweitung des Investitionsfokus. Für die Gruppe privater VC-Geber zeigt sich hingegen ein schwach ausgeprägter negativer Zusammenhang zwischen der Syndizierungsintensität und dem Diversifizierungsgrad. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass zwischen der Syndizierungsquote und der Fokussierung auf einzelne Branchen bei privaten VCGesellschaften eine positive Kausalbeziehung besteht. Ein derartiges Ergebnis

220

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

spiegelt auf den ersten Blick nicht das direkte Antwortverhalten dieser Gesellschaftsgruppe wider. Es ist jedoch daran zu erklären, dass direkt nur die Frage gestellt wurde, inwiefern Syndizierungen zur Ausweitung des strategischen Investitionsfokus eingesetzt werden. Genauere Vorgaben, ob dies über industrielle oder aber geografische Diversifikationsmaßnahmen erfolgen soll, waren nicht vorgegeben. Da dieses Motiv insgesamt für relativ wichtig erachtet wurde, jedoch nunmehr festgestellt ist, dass zwischen der Syndizierungsintensität und dem Diversifizierungsgrad kein positiver Zusammenhang besteht, ist folglich anzunehmen, dass private Venture Capitalists Syndizierungen zur geografischen Aus720 weitung ihrer Investitionstätigkeiten einsetzen. Vor diesem Hintergrund ist das Ergebnis der Korrelationsanalyse auch eine Bestätigung für das bereits theoretisch abgeleitete Verhaltensmuster privater VCGeber, welches besagt, dass Syndizierungen nicht genutzt werden, um den eigenen Branchenradius auszuweiten. Man möchte nicht Gefahr laufen, aufgrund fehlenden (Spezial-) Wissen sich in die Abhängigkeit eines branchenerfahrenen Investors zu begeben. Darüber hinaus sehen private Venture Capitalists wahrscheinlich auch das Problem, dass man in diesem fremden Investitionsumfeld wichtige Managementfunktionen abgeben muss und somit eigene strategische 721 Wettbewerbsvorteile aufgibt. Als ein Indiz hierfür ist das Ergebnis der zu Beginn dieses Abschnittes untersuchten Rollenwahrnehmung bei Syndizierungen anzuführen. Für die Gruppe privater VC-Geber ist hierbei deutlich geworden, dass diese fast ausschließlich an einer aktiven und direkten Verbindung zu dem PU interessiert sind (vgl. Tabelle 22). Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass unter den befragten VC-Gesellschaften das Diversifikationsmotiv insgesamt einen hohen Stellenwert einnimmt um Syndizierungen einzugehen. Bei dezidierterer Betrachtung sind es v. a. finanzielle sowie risikopolitische Diversifikationsaspekte, die auf die Syndizierungsbereitschaft wirken, abgeschwächt hingegen strategische Beweggründe der Portfoliogestaltung. Gruppenvergleichend ist festzuhalten, dass sowohl die Verbesserung der Diversifikationsmöglichkeiten an sich als auch die hiermit in Verbindung stehenden Einflussfaktoren für private VC-Geber eine höhere Bedeutung besitzen. Somit ist die Detailhypothese Sb dieser Untersuchung abzulehnen. In dieser wurde eine stärkere Ausprägung der Syndizierungsanreize zur Schaffung neuer Diversifikationsund Finanzierungsspielräume für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber 720

721

Vgl. Friedrich (2005), S. 22; Zur Abhängigkeit zwischen regionaler Distanz und Syndizierungen bei VC-lnvestments vgl. Fritsch/Schilder (2006), S. 10-12. Vg 1. Kapite 14.2.3.2.2.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

221

formuliert. Da in dem Abschnitt 5.2.4.2.1 zudem keine Indizien für die Unterstützung der Detailhypothese 8a gefunden wurden, ist folglich die Arbeitshypothese 8 dieser Untersuchung, bezogen auf die gruppenspezifische Ausprägung der Syndizierungsmotive auf Portfolioebene, insgesamt zu verneinen. 5.2.4.3

Motive auf Beteiligungsebene

In Kapitel 4.2.3.3 wurde theoretisch dargelegt, dass für VC-Gesellschaften Syndizierungsmotive existieren, die sich direkt auf die Beziehung zu dem PU beziehen. Demnach können VC-Geber durch den gegenseitigen Austausch von finanziellen und nicht-finanziellen Ressourcen die positive Wertentwicklung einzelner Beteiligungsmandate fokussieren. Nach dem Zeitpunkt innerhalb einer Beteiligungsbeziehung wurde zudem unterschieden, ob diese Motive in der Pre- oder der Postinvestment Phase auftreten. Vor dem Beteiligungsbeginn können VCGesellschaften Unterstützung von potenziellen Syndizierungspartnern für die Due Diligence einholen, um die Qualität der Auswahlentscheidung zu erhöhen. Während der Beteiligungsphase besteht wiederum die Option, durch das Syndizieren mit weiteren Venture Capitalists das Managementangebot für die PU qualitativ sowie auch quantitativ zu erweitern. Darüber hinaus kann durch eine Ausweitung der lnvestorenanzahl der Kapitalbedarf des Beteiligungsmandats leichter gedeckt werden im Hinblick auf Folgefinanzierungsrunden in einen längerfristigen Betreuungsprozess. Unter Berücksichtigung institutsspezifischer Umfeldbedingungen wurde abschließend die Arbeitshypothese aufgestellt, dass auf Beteiligungsebene der Austausch nicht-finanzieller Ressourcen für private VC-Geber und die Aufstockung von Finanzmitteln für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften als Syndizierungsmotiv von größerer Bedeutung sind. Diese Arbeitshypothese sowie die hieraus abgeleiteten Detailhypothesen sollen im Folgenden in einem mehrstufigen Verfahren empirisch untersucht werden. Zuerst ist zu analysieren, inwiefern die befragten VC-Gesellschaften Syndizierungen einsetzen, um das Auswahlproblem im Vorfeld der Investitionsentscheidung zu reduzieren. Anschließend steht im Fokus, welchen Stellenwert die befragten VC-Geber dem Motiv der möglichen Komplementierung ihrer Value-Adding Aktivitäten beimessen. Den Abschluss bildet die gruppenspezifische Analyse hinsichtlich der Bedeutung der zusätzlichen Kapitalbeschaffung, um dem Beteiligungsmandat in der Betreuungsphase ausreichend finanzielle Ressourcen bereitzustellen.

222

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

5.2.4.3.1 Auswahlentscheidung Das erste mögliche Syndizierungsmotiv auf Beteiligungsebene für VCGesellschaften ist die Verbesserung der Auswahlentscheidung vor Vortragsabschluss, welche durch die Kooperation mit weiteren VC-Gebern möglich ist. Wie hierzu in den theoretischen Ausführungen dargestellt, geschieht dies durch die Etablierung eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses. In diesem werden die eingereichten Unterlagen des PU mehrmals von verschiedenen Investoren geprüft. Sollten die beteiligten Venture Capitalists zusätzlich über unterschiedliches Expertenwissen verfügen, vergrößert sich der Informationsstand im lnvestorennetzwerk. Folglich sind auch dezidiertere Aussagen über das Risiko- und Renditepotenzial der Beteiligungsanfrage möglich. Insgesamt können VC-Gesellschaften somit durch Syndizierungen die Strenge als auch inhaltliche Fundierung der Due Diligence steigern und folglich die Qualität der Auswahlentscheidung verbessern.722 Vor diesem Hintergrund wurden die Befragungsteilnehmer zunächst direkt danach gefragt, welche Bedeutung für sie eine bessere Fundierung der Auswahlentscheidung durch die Hinzunahme von mind. einem weiteren VC-Geber hat. Das auch bei dieser Frage angewandte Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) diente wiederum für die Ableitung eines aussagekräftigen Meinungsbildes innerhalb der befragten VC-Gesellschaftsgruppen. Umso höher hierbei die berechneten Durchschnittswerte ausfallen, desto bedeutender das Motiv für die befragten VC-Geber im Zuge der Initiierung von Syndizieren, wobei das Maximum bei einem Wert von 6 erreicht ist. Tabelle 25:

Syndizierungsmotiv Verbesserung der Auswahlentscheidung

Merkmale

Bessere Fundierung der Auswah !entscheid u ng

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

27

3,00

3,00

1,144

15

3,00

3,00

1,069

Quelle: Eigene Berechnung.

Bemerkenswerterweise zeigen die Ergebnisse in Tabelle 25 ein nahezu identisches Antwortverhalten zwischen den befragten VC-Gesellschaftsgruppen. Demnach wird das Einholen einer weiteren Meinung von privaten sowie auch öffentlich-geförderten VC-Gebern als mittelmäßig bedeutsames Syndizierungsmotiv angesehen. Ablesebar ist dies an denen für beide lnvestorengruppen berechneten MW sowie auch Medianwerten von exakt 3,00. 722

Vgl. Kapitel 4.2.3.3.1.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

223

Um das Meinungsbild der Befragungseilnehmer indirekt zu validieren, ist zunächst noch einmal anzuführen, dass VC-Gesellschaften gemäß der Agency723 Theorie generell vor dem Auswahlproblem der Adversen Selektion stehen. Dieses ist umso ausgeprägter, je unsicherer sich das Investitionsumfeld darstellt, welches wiederum durch die verfolgte Investitionsstrategie bzw. den Charakteristika der PU determiniert wird. Zum einen von Bedeutung ist hierbei die Unternehmensphasenfokussierung des VC-Gebers. Liegt die Konzentration der Investitionsaktivitäten auf Frühphasenfinanzierungen, ist dieser mit einer höheren Unsicherheit konfrontiert, da noch keine historischen Unternehmensdaten bzw. auch nur vage Informationen hinsichtlich des Produkt-Markt-Potenzials vorliegen. Bei gestandenen Unternehmen in der Spätphase könnte auf derartige Daten zurück724 gegriffen werden. Zum anderen führt eine verstärkte Hightech-Fokussierung zu besonderen Auswahl- und Finanzierungsrisiken und demnach zu einer stärker ausgeprägten Unsicherheit auf Seiten des VC-Gebers. Einerseits da das Verständnis für derartige Vorhaben besondere Technologiekenntnisse voraussetzt und man im Besonderen von den Informationen sowie dem Know-how der Unternehmensgründer abhängig ist. Andererseits sind häufig noch hohe Investitionen notwendig sowie eine Vielzahl unternehmerischer Risiken zu überwinden, um die 725 vorhandene Technologie in ein marktreifes Produkt weiter zu entwickeln. Unter Berücksichtigung dieser Vorüberlegungen soll im Folgenden untersucht werden, ob die befragten VC-Geber Syndizierungen einsetzen, um ihre eigene Unsicherheit zu reduzieren. Sollte dies zutreffen, ist dies gleichzeitig ein Indiz für das Motiv, die eigene Deal Auswahl durch das Einholen zusätzlicher Auskünfte von anderen VC-Gesellschaften besser zu fundieren und das Problem der Adversen Selektion zu reduzieren. Der Einfluss der Unternehmensphasenfokussierung kann in der Untersuchung direkt anhand der Syndizierungsquote bestimmt werden. Aus den bereits genannten Studien des BVK ist bekannt, dass in den Jahren 2009 - 2013 die Syndizierungsquote auf dem deutschen Beteiligungsmarkt fast ausnahmslos unter 726 30 % lag. In diesen Marktuntersuchungen sind jedoch die Aktivitäten von registrierten Früh- und Spätphaseninvestoren gesammelt festgehalten. In der hier vorliegenden Arbeit wurde bewusst der Fokus auf VC-Gesellschaften gelegt, die

723 724

725 726

Vg.1 Kapite 14.1.2. Vgl. Hartmann-Wendels/Keienburg (2009), S. 652; Cumming (2006), S. 1088. Vgl. Jungwirth (2006), S. 41 f; Schmidt (2003), S. 1148. Die einzige Ausnahme war das Jahr 2010, wo eine Syndizierungsquote von 30,7 % festgestellt wurde. Vgl. BVK Jahresstatistiken von 2009 bis 2013.

224

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

konzentriert in der Früh- oder Wachstumsphase von Unternehmen investieren. Den oben stehenden Ausführungen folgend agieren derartige Investoren somit in einem unsicheren Investitionsumfeld und sollten demnach stärker an Kooperationen sowie Einschätzungen von anderen Investoren interessiert sein. Diesen Ausführungen folgend müsste in der Stichprobe dieser Untersuchung eine höhere Syndizierungsquote vorliegen. Tabelle 26:

Syndizierungsquote

Merkmale

Syndizierungsquote

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

27

0,591

0,660

0,383

15

0,520

0,500

0,383

Quelle: Eigene Berechnung.

Dass ein derartiger Zusammenhang zwischen einer stärkeren Frühphasenfokussierung und einer höheren Syndizierungsaktivität besteht, kann Tabelle 26 entnommen werden. Im Ergebnis liegt die Syndizierungsquote in dem Sample dieser Untersuchung bei über 50 % und somit deutlich über den oben angeführten Gesamtmarktdaten. Zudem ist bemerkenswert, dass die durchschnittliche Syndizierungsquote der befragten privaten VC-Gesellschaften 59,1 % beträgt. Diese Quote übersteigt den berechneten MW für die Gruppe öffentlich-geförderter VCGeber um rund sieben Prozentpunkte (MW =52,0 %). Betrachtet man die Medianwerte beider Gruppen, ist gar eine Differenz von 16 Prozentpunkten abzulesen. Folglich weisen in dieser Untersuchung private Venture Capitalists interessanterweise eine deutlich stärkere Syndizierungsaktivität auf. Als ein Grund für diese höhere Syndizierungsaktivität kann der stärkere HightechFokus dieser lnvestorengruppe angeführt werden, wie in Kapitel 5.2.3.1 empi727 Hiermit angesprochen ist die zweite mögliche Einrisch zu beobachten war. flussgröße auf die Unsicherheit eines VC-Gebers und demnach möglicherweise auch auf dessen Syndizierungsbereitschaft. Um diesen Zusammenhang näher zu untersuchen soll die Korrelation zwischen dem Technologiebezug des Investors sowie der Syndizierungsintensität ermittelt werden. Hierzu wird auf die bereits berechnete Variable „Hightech" zurückgegriffen, die den Anteil von Beteiligungs728 Die Syndizierungsfällen aus Hightech-Bereichen im Gesamtportfolio anzeigt. aktivität des Venture Capitalist wird wiederum anhand der Syndizierungsquote 727

728

Die Portfolien privater VC-Gesellschaften wiesen im Durchschnitt einen Anteil an HightechUnternehmen von über 75 % nach, wohingegen bei öffentlich-geförderten VC-Gebern etwas mehr als Hälfte aller Beteiligungsmandate dem Hightech-Bereich zugeordnet werden konnten. Zur genauen Herleitung vgl. Kapitel 5.2.3.1.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

225

gemessen. Folgt man den oben angeführten Vorüberlegungen ist dabei anzunehmen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen beiden Variablen besteht. Der Hintergrund hierzu ist, dass mit einer zunehmenden Hightech-Orientierung größere Informationsasymmetrien und demnach ein höheres Ausmaß an Unsicherheit für den VC-Geber zu befürchten sind. Folglich kann das Commitment eines weiteren Investors im Zuge einer Syndizierung die eigene Auswahlentscheidung zusätzlich absichern. Die Ergebnisse der Korrelationsanalyse in Tabelle 27 zeigen eindeutig den positiven Zusammenhang zwischen der Syndizierungsintensität der befragten VCGesellschaften und deren Hightech-Fokussierung. Hervorzuheben ist dabei der stark positive und statisch signifikante Korrelationskoeffizient für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber. Aber auch aus dem Antwortverhalten privater VCGesellschaften lässt sich ein positiver Zusammenhang ablesen. Dieser ist jedoch deutlich schwächer ausgeprägt, auf einem statistisch nicht signifikanten Niveau. Folglich erscheint das Unsicherheitsproblem bei der Finanzierung von HightechUnternehmen stärker für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Geber zu existieren. Eine mögliche Interpretationsmöglichkeit für dieses Ergebnis ist, dass derartige Investoren über deutlich weniger spezifische Branchenexpertise verfügen, wohingegen private VC-Gesellschaften eher als Spezialisierten in einer Branche 729 agieren. Aufgrund dieser Wissensunterschiede tritt das Unsicherheits- und somit das Selektionsproblem viel schwächer in Erscheinung. Daher erscheint bei zuletzt genannter lnvestorengruppe ein schwächer ausgeprägter positiver Zusammenhang zwischen der Syndizierungsaktivität und der Hightech-Fokussierung plausibel. Tabelle 27:

Bivariate Analyse Syndizierungsquote und Hightech-Anteil Syndizierungsquote

Sample

Korrelation nach Pearson

N

Koeffizient

Portfolioanteil HightechUnternehmen

27

0,286

Privat

15

0,798*

Öffentlich-gefördert

*Signifikant auf dem Niveau von 0,01 Quelle: Eigene Berechnung.

Insgesamt ist somit festzuhalten, dass das Syndizierungsmotiv der Verbesserung der Informationslage vor Beteiligungsbeginn von den befragten VC729

Vgl. Kapitel 5.2.2.1 und Kapitel 5.2.3.1.

226

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Gesellschaften durchweg als mittelmäßig bedeutsam erachtet wird. Auf indirektem Auswertungsweg zeigte sich jedoch in -dem Antwortverhalten der Befragungsteilnehmer, dass zwischen deren Syndizierungsaktivität und der Einflussgröße Unsicherheit ein positiver Zusammenhang besteht. Folglich ist anzunehmen, dass Syndizierungen eingesetzt werden, um mehr Informationen im Vorfeld der Beteiligungsauswahl zu erhalten. Gruppenvergleichend ergaben sich bei der direkten Nachfrage zum Stellenwert dieses Motivs identische Durchschnittswerte. Auf indirektem Auswertungsweg zeigte sich v. a. für die Gruppe öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Unsicherheit des Investitionsumfeldes und der Syndizierungsintensität. Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse kann die Detailhypothese 9a nicht bestätigt werden und ist somit abzulehnen. 5.2.4.3.2 Value-Adding Aktivitäten Neben der Verbesserung der Auswahlentscheidung vor Beteiligungsbeginn, können VC-Gesellschaften Syndizierungen auch dazu nutzen, nicht-finanzielle Ressourcen während der Investitionsphase auszutauschen. Durch die komplementäre Aufstockung von Know-how und Zeit im lnvestorennetzwerk sowie auch eine mögliche Reduzierung geografischer Distanzen zu dem Beteiligungsmandat kann die Kontrolle und Unterstützung der PU während der Betreuungsphase bis zum 730 Exit intensiviert werden. Die Abgrenzung zum Motiv der Informationsverbesserung im Vorfeld der Investitionsentscheidung besteht demzufolge darin, die Beteiligungs- und mittelbar die Portfolioperformance nicht durch einen verbesserten Auswahlprozess, sondern durch die Optimierung der Value-Adding Aktivitä731 ten positiv zu beeinflussen. Um dieses Syndizierungsmotiv auf Beteiligungsebene in der Untersuchung zu operationalisieren, mussten die VC-Gesellschaften direkt angeben, welchen Stellenwert sie der Möglichkeit beimessen, über Syndizierungen die MonitoringAktivitäten zu optimieren. Zudem sollten die Befragungsteilnehmer auch explizit benennen, welche Bedeutung für sie eine Verbesserung bzw. Ausweitung der Exit-Möglichkeiten im Zuge der Kooperation mit anderen Investoren hat. Um darüber hinaus indirekt auf die Wertschätzung einzelner Aspekte der ValueAdding Hypothese zu schließen, wurden die Befragungsteilnehmer gebeten, die Bedeutung einzelner Kriterien für die Auswahl ihrer Syndizierungspartner einzuschätzen. Die für diesen Abschnitt relevanten Partnermerkmale sind dabei die lokale Nähe zum PU sowie Erfahrung und Kontakte in die VC-Branche bzw. in die 730 731

Vgl. De Clercq/Dimov (2004), S. 246 und Kapitel 4.2.3.3.1. Vgl. Brander et al. (2002), S. 434; Manigart et al. (2002), S. 5 f.

227

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

für das Beteiligungsmandat relevante Industrie. Um ein entsprechendes Meinungsbild unter den befragten VC-Gebern zu erhalten, wurde wieder auf das bekannte Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) zurückgegriffen. Demnach lautet die Entscheidungsregel für die nachfolgende Auswertung, dass umso höher die berechneten Durchschnittswerte, desto größer die Anreizwirkung des betreffenden Merkmals für die Befragungsteilnehmer zum Eingehen syndizierter Finanzierungen bzw. desto wichtiger das Partnerauswahlkriterium. Tabelle 28:

Syndizierungsmotiv Optimierung der Va/ue-Adding Aktivitäten

Merkmale

Private VCG

Öffentlich-geförderte VCG

N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

Optimierung Betreuung/ Monitoring

27

3,19

3,00

1,039

15

3,07

3,00

1,100

Verbesserung der EXITMöglichkeiten

27

3,74

4,00

1,259

15

3,07

3,00

1,223

Lokale Nähe zum PU

27

2,78

3,00

1,553

15

3,60

3,00

1,765

Erfahrung/ Kontakte VCBranche

27

4,22

5,00

1,396

15

4,20

4,00

1,146

Erfahrung/ Kontakte relevante Industrie

27

4,48

5,00

1,051

15

4,47

5,00

0,834

Motive:

Auswahlkriterien:

Quelle: Eigene Berechnung.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse in Tabelle 28 fällt zuerst auf, dass die Erfahrung sowie das Kontaktnetzwerk des Syndizierungspartners für die Befragungsteilnehmer insgesamt von sehr hoher Bedeutung sind. In der weiteren Analyse zeigt sich hierbei, dass spezifische Branchenkenntnisse sowie Netzwerke zu potenziellen Industriepartnern von privaten als auch öffentlich-geförderten VCGebern als besonders wichtig angesehen werden. Belegbar ist dies anhand der berechneten MW von jeweils knapp 4,50. Auch allgemeine VC-Marktkenntnisse und Kontakte zu anderen Investoren werden von den Befragungsteilnehmern als bedeutend eingestuft. Jedoch liegen für diese Auswahlfaktoren die berechneten MW mit 4,22 (private VC-Geber) und 4,20 (öffentlich-geförderter VC-Geber) deutlich unter den vorher genannten MW-Angaben. Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass die befragten privaten VC-Gesellschaften der lokalen Nähe des Syndizierungspartners deutlich weniger Beachtung schenken. Ablesebar ist dies

228

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

anhand des MW von 2, 78. Für öffentlich-geförderte VC-Geber hat dieses Auswahlkriterium einen deutlich höheren Stellenwert, gemessen an dem MW von 3,60. Insgesamt sind die ersten Ergebnisse somit als Indiz für die Bestätigung der Value-Adding Hypothese zu werten, da die Befragungsteilnehmer bei der Auswahl ihrer Syndizierungspartner die inhaltliche und spezifische Ausweitung vorhandener Managementressourcen als durchaus wichtig einstufen. Analysiert man die Wertschätzung einzelner Motive in Tabelle 28 zeigt sich, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften die Verbesserung des Monitoring der Beteiligungsmandate sowie der Exit-Möglichkeiten nur als mittelmäßig bedeutsam einschätzen. Interessanterweise berechnen sich für beide Merkmale identische MW von 3,07 und auch gleiche Medianwerte von 3,00. Anders sieht hingegen das Meinungsbild privater VC-Geber aus. Zum einen schätzen diese das Motiv der Verbesserung des Betreuungsangebots allgemein als etwas wichtiger ein, wenn auch weiterhin nur auf mittelmäßigem Niveau. Ablesbar ist dies an dem berechneten MW von 3,19. Zum anderen sieht diese lnvestorengruppe in der Verbesserung bzw. Ausweitung der Exit-Möglichkeiten eindeutig den stärksten nicht-finanziellen Anreiz auf Beteiligungsebene, um Syndizierungen einzugehen. Für dieses Teilmotiv wurde ein MW von 3, 74 berechnet, womit sich eine MWDifferenz zu den Angaben öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften von 0,67 ergibt. Diese Beobachtung wird durch die zusätzliche Berücksichtigung des Median noch verstärkt, der bei der Gruppe privater Venture Capitalists einen Wert von 4,00 hat. Aufgrund der deutlich stärkeren Anreizwirkung dieses partiellen Syndizierungsmotivs bei privaten VC-Gebern soll abschließend untersucht werden, ob sich die gewünschte Verbesserung der Exit-Möglichkeiten auch tatsächlich in der performanceabhängigen Exit-Struktur der Befragungsteilnehmer niederschlägt. Mögliche positive Syndizierungseffekte in diesem Kontext wären zum einen Signaleffekte an potenzielle Käufer, welche von einer Kooperation mit angesehenen VC732 Gesellschaften ausgehen können. Zum anderen kann das hinzugewonnene Kontaktnetzwerk begünstigend wirken, da z. B. bei einem anvisierten Trade Sale ein größerer Pool an Ansprechpartnern zur Verfügung steht. Folglich verringern sich Suchprozesse und somit der Zeitaufwand für die beteiligten VC-Geber. Darüber hinaus besteht allgemein die Option komplementäres Wissen und Erfahrung 733 aus dem lnvestorennetzwerk zielführend einzusetzen. Sind diese Aussagen zutreffend sowie vor dem Hintergrund, dass auch schon während der gesamten Be732 733

Zur Übertragung von Reputation bei syndizierten Finanzierungen vgl. auch Kapitel 5.2.4.1. Vgl. Nathusius (2005), S. 102 f.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

229

treuungsphase eine bessere Kontrolle und Unterstützung der PU möglich ist, so ist anzunehmen, dass syndizierte Investments eine höhere Erfolgsquote vorweisen.734 Um diesen Zusammenhang zu untersuchen soll, in Anlehnung an das Vorgehen in Kapitel 5.2.3.3.3, ein Vergleich zwischen der performanceabhängigen ExitVerteilung von syndizierten und Standalone-lnvestments durchgeführt werden. Hierzu galt es die dort genutzten Daten in zwei Schritten aufzubereiten. Erstens sind im Folgenden nur VC-Gesellschaften berücksichtigt, welche sowohl die ExitStruktur insgesamt als auch separat bei syndizierten Investments angegeben haben. Durch die Anwendung dieses Auswahlfilters reduzierte sich die Stichprobe von 35 auf 16 Befragungsteilnehmer, welche bis zum Erhebungszeitpunkt insge735 samt 937 Exits durchgeführt hatten. zweitens galt es die Exit-Struktur bei Standalone-lnvestments aus den vorliegenden Daten indirekt zu berechnen. Dazu wurden die Angaben der Befragungsteilnehmer zur Exit-Verteilung bei Syndizierungen von der Gesamtverteilung durchgeführter Beteiligungsverkäufe subtrahiert. Die hieraus berechneten Residualwerte zeigen als Teilmenge im Ergebnis die Exit-Struktur bei Standalonelnvestments, da dies die einzige Investitionsmöglichkeit neben der Durchführung von Syndizierungen ist. Im Anschluss an diese Arbeitsschritte konnte die performanceabhängige Exit-Struktur beider Investitionsmodelle berechnet werden. Dabei wurde wieder zwischen erfolgreichen {IPO, Trade Sale) und neutralen ExitKanälen (Secondary Purchase, Buy Back) sowie eindeutig negativ auf die Perfor736 mance wirkenden Abschreibungen differenziert. Die Ergebnisse in Tabelle 29 zeigen eindeutig, dass syndizierte Investments eine verbesserte Exit-Struktur nach sich ziehen. Für die Gruppe privater VC-Geber ist ein Anstieg des Anteils erfolgreicher Exits um knapp 20 % von durchschnittlich 46, 7 % auf knapp 65 % abzulesen. Darüber hinaus geht die Abschreibungsquote von 35,8 % auf 30,4 % zurück. Bemerkenswerterweise reduziert sich zudem der Anteil neutraler Exits von 17,6 % auf nur noch 5,1 %. Auch für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften zeigt sich ein deutlicher Anstieg des Anteils erfolgreicher Exits von durchschnittlich 16,2 % auf 29,5 %. Im Gegenzug verrin734 735

736

Vgl. Brander et al. {2002), S. 426 und S. 435 f. Die Stichprobe reduzierte sich bereits vorher von 46 auf 35 VC-Gesellschaften, da 7 VC-Geber zum Erhebungszeitpunkt noch keine Exits durchgeführt hatten und bei 4 VC-Gesellschaften unvollständige Angaben vorlagen. Vgl. Kapitel 5.2.3.3.3. Zum begründeten Vorgehen der indirekten Performanceberechnung bei VC-Gesellschaften über die Kategorisierung einzelner Exit-Kanäle vgl. Kapitel 5.2.3.3.3.

230

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

gern sich die Abschreibungsquote um knapp 10 Prozentpunkte von 42,8 % auf 34,6 % sowie auch der Anteil neutraler Exits von 41,0 % auf 35,9 %. Tabelle 29:

Vergleich performanceabhängige Exit-Verteilung von Standalone- und syndizierten Investments

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

}'; Anteil erfolgreicher Exits

9

0,467

0,625

0,380

7

0,162

0,130

0,173

}'; Anteil neutraler Exits

9

0,176

0,151

0,197

7

0,410

0,304

0,303

Abschreibungsquote

9

0,358

0,375

0,309

7

0,428

0,400

0,263

}'; Anteil erfolgreicher Exits

9

0,646

0,750

0,352

7

0,295

0,212

0,364

}'; Anteil neutraler Exits

9

0,051

0,000

0,081

7

0,359

0,182

0,445

Abschreibungsquote

9

0,304

0,250

0,348

7

0,346

0,333

0,378

Standalone-lnvestments:

Syndizierte-Investments:

Quelle: Eigene Berechnung.

Insgesamt sind aus der Analyse heraus starke Indizien dafür zu finden, dass Syndizierungen aufgrund des Austauschs nicht-finanzieller Ressourcen mit anderen VC-Gebern einen fördernden Einfluss auf den Betreuungs- sowie Exit-Prozess ausüben und im Ergebnis positiv auf die performanceabhängige Exit-Verteilung wirken. Derartige Syndizierungsvorteile, v. a. die fokussierte Verbesserung der Exit-Möglichkeiten, werden dabei stärker von den befragten privaten VC-Gebern wahrgenommen und ebenso wertgeschätzt. Die Optimierung allgemeiner Kontroll- und Monitoring-Aufgaben im Zuge von Syndizierungen besitzt hingegen für beide Gesellschaftsgruppen nur eine mittelmäßige Bedeutung, wobei die Gruppe privater VC-Gesellschaften diesen Kooperationsanreiz ebenfalls etwas stärker in ihr Syndizierungskalkül mit einbezieht. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse kann die Detailhypothese 9b dieser Untersuchung bestätigt werden. In dieser wurde die Aussage getroffen, dass für private Venture Capitalists der Austausch nichtfinanzieller Ressourcen für die gezielte Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten ein stärkeres Syndizierungsmotiv darstellt. 5.2.4.3.3 Finanzmittelbeschaffung Als letztes Syndizierungsmotiv auf Beteiligungsebene soll untersucht werden, welcher Kooperationsanreiz in dem potenziellen Austausch finanzieller Ressourcen besteht, um dem gemeinsam finanzierten PU über die Betreuungsphase hin-

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

231

weg ausreichend Kapital in Aussicht zu stellen. Hierbei steht nicht der Zeitpunkt 37 der Einstiegsfinanzierung,7 sondern vielmehr das langfristige Kalkül im Fokus, mit dauerhaft finanzstarken Partnern Syndizierungen durchzuführen, um auch bei künftigen Finanzierungsrunden gemeinsam agieren zu können. Der Hintergrund dieser Motivation ist die finanzielle Absicherung der geplanten Entwicklung des PU sowie auch die Vermeidung einer potenziellen Verwässerung der Gesell738 schafterstruktur durch die Hinzunahme neuer lnvestoren. Zur Operationalisierung dieses Syndizierungsmotivs wurde den Befragungsteilnehmern zum einen direkt die Frage gestellt, welcher Stellenwert für sie die Verbesserung der Folgefinanzierungsmöglichkeiten bei der Initiierung syndizierter Finanzierungen besitzt. Zum anderen sollten die befragten VC-Gesellschaften wieder die Bedeutung einzelner Partnerauswahlkriterien angeben, um indirekt Indizien für oder gegen das Kapitalbeschaffungsmotiv ableiten zu können. Relevante Merkmale für diesen Abschnitt sind die Anforderung, dass der Syndizierungspartner über ausreichend Beteiligungskapital zur dauerhaften Finanzierung verfügt. Darüber hinaus wurde gefragt, inwiefern vergleichbare Lebenszyklen der finanzierenden Fonds von Bedeutung sind. Der Hintergrund hierzu war, dass finanzielle Restriktionen im Zeitablauf auftreten können, sobald VC-Fonds von der 739 Investitions- in die Desinvestitionsphase gelangen. Um ein aussagefähiges Meinungsbild unter den befragten VC-Gebern zu erhalten, galt es den Stellenwert der einzelnen Einflussfaktoren seitens der Befragungsteilnehmer auf dem bekannten Skalenniveau von 1 (keine Bedeutung) bis 6 (sehr große Bedeutung) einzuordnen. Umso höher demnach der Punktwert der berechneten Parameter bei einem Maximum von 6, desto stärker die von diesem Merkmal ausgehende Anreizwirkung für das Eingehen syndizierter Finanzierungen bzw. umso wichtiger das Kriterium bei der Auswahl des Syndizierungspartners. Aus Tabelle 30 geht zuerst hervor, dass die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierungskraft im Zeitablauf für beide VC-Gesellschaftsgruppen ein sehr bedeutendes Syndizierungsmotiv darstellt. Die berechneten MW für das Merkmal die Folgefinanzierungsmöglichkeiten zu verbessern liegen bei beiden Gesellschaftsgruppen deutlich über 4,50. Zusätzlich sind Medianwerte von jeweils 5,00 abzulesen, was den besonders hohen Stellenwert untermauert. Gruppenvergleichend ist festzuhalten, dass die befragten öffentlich-geförderten VC-Geber die737

738 739

Die Reduzierung des Kapitalaufwands zum Einstiegszeitpunkt wurde als Einflussgröße des Diversifikationsmotivs betrachtet. Vgl. Kapitel 5.2.4.3.2. Vg 1. Kapite 14.2.3.3.1. Vgl. Velten (2010), S. 61 f.

232

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

sem Syndizierungsmotiv eine leicht höhere Wertschätzung beimessen, ablesbar an dem MW von 4,87, welcher knapp über den berechneten Angaben privater VC-Gesellschaften (MW =4, 74) liegt. Tabelle 30:

Syndizierungsmotiv dauerhafte Sicherstellung der Finanzierungskraft

Merkmale

Öffentlich-geförderte VCG

Private VCG N

MW

Median

SD

N

MW

Median

SD

27

4,74

5,00

1,023

15

4,87

5,00

1,302

Ausreichend Kapital

27

4,89

5,00

1,013

15

4,47

4,00

1,125

Vergleichbare Lebenszyklusphase der Fonds

27

3,67

4,00

1,617

15

3,47

3,00

1,125

Motiv: Verbesserung Folgefinanzierungsmöglichkeiten

Auswahlkriterien:

Quelle: Eigene Berechnung.

Betrachtet man hingegen die Ausprägungen zu den einzelnen Auswahlkriterien in Tabelle 30 zeigt sich, dass private VC-Gesellschaften deutlich stärker auf die nachhaltige Finanzkraft ihrer Syndizierungspartner achten. Abzulesen ist dies an dem MW von 4,89 sowie dem Median von 5,00 hinsichtlich der Wertschätzung, dass Syndizierungspartner über ausreichend Beteiligungskapital zur dauerhaften Finanzierung der PU verfügen sollten. Auch die Gruppe öffentlich-geförderter VCGeber misst diesem Auswahlfaktor einen hohen Stellenwert bei. Jedoch liegen der MW mit 4,47 sowie der Median mit 4,00 deutlich unter den vorher genannten Angaben. Darüber hinaus fällt auf, dass gruppenübergreifend die Bedeutung des Auswahlkriteriums gleicher lnvestmentfondslaufzeiten gegenüber den bisherigen Wertschätzungen abfällt. Für private (MW =3,67) sowie auch öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften (MW =3,47) ist diese Anforderung von deutlich geringerem Interesse, wobei die berechneten Parameter immer noch auf einen relativ hohen Stellenwert schließen lassen. Die Begründung für diese Beobachtung könnte darin liegen, dass VC-Fonds grundsätzlich so konzipiert sind, dass sie nach dem Auslaufen ihrer Investitionsphase noch Finanzreserven für Folgefinanzie740 rungsrunden zurückhalten. Auch agieren VC-Gesellschaften des Öfteren mit 741 Parallelfonds, die weitere Folgeinvestments übernehmen können. Beide Aspekte reduzieren letztendlich das Anschlussfinanzierungsrisiko im Zuge des Aus-

740 741

Vgl. Seidel (2011), S. 122 f. Zu historischen Beispielen von Parallelfonds auf dem Beteiligungsmarkt vgl. Jesch (2004), S. 118.

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

233

laufens der Investitionsperiode eines VC-Fonds. Somit sind die Auswertungsergebnisse hinsichtlich der geringeren Bedeutung gleicher Fondslaufzeiten als Auswahlkriterium plausibel. Insgesamt ist zu konstatieren, dass unter den befragten VC-Gesellschaften das Kapitalbeschaffungsmotiv einen sehr hohen Anreiz zum Syndizieren darstellt. Man ist anscheinend stark daran interessiert mit finanzstarken Partnern zu agieren, um die ausreichende Finanzierung des PU auch im Zeitablauf aus dem Syndikat heraus bedienen zu können. Im Vergleich beider Gesellschaftsgruppen kann dabei nicht eindeutig festgestellt werden, für wen das Kapitalbeschaffungsmotiv einen höheren Stellenwert besitzt. Einerseits stuft die Gruppe öffentlichgeförderter VC-Geber die Verbesserung der Folgefinanzierungsmöglichkeiten als wichtiger ein. Andererseits achten die befragten privaten VC-Gesellschaften stärker auf die Finanzausstattung ihrer Syndizierungspartner. Folglich kann der Detailhypothese 9c dieser Untersuchung nur teilweise zugestimmt werden. In dieser wurde auf Seiten öffentlich-geförderter VC-Geber ein stärkerer Anreiz vermutet, über Syndizierungen die Folgefinanzierungsmöglichkeiten der PU zu verbessern. Da zudem in den vorangegangen Abschnitten die Detailhypothesen 9a verworfen und 9b bestätigt wurden, kann übergreifend der Arbeitshypothese 9 nur teilweise zugestimmt werden. 5.2.5

Ergebnisüberblick Hypothesenauswertung

Die in den vorherigen Abschnitten ausgearbeiteten empirischen Ergebnisse zu den Arbeits- und Detailhypothesen dieser Untersuchung sind in der folgenden Tabelle 31 noch einmal überblicksartig dargestellt. Aus dieser geht hervor, dass 6 der 9 Arbeitshypothesen bestätigt werden konnten. Einer Hypothese wurde zudem teilweise zugestimmt. Zwei Hypothesen mussten im Zuge der empirischen Analyse hingegen verworfen werden. Bei der vergleichenden Analyse der strategischen Positionierung von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften konnten bemerkenswerterweise sämtliche Hypothesen zum Investitions-, Betreuungs- und Exit-Verhalten bestätigt werden (Arbeits- und Detailhypothesen 4-6). Auf dieser Untersuchungsebene ist somit eine vollständige Übereinstimmung zwischen den theoretisch abgeleiteten und empirisch beobachteten Verhaltensmustern festzuhalten.

234

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Tabelle 31: Nr.

Überblick der Ergebnisse zu den Arbeits- und Detailhypothesen Hypothese

Ergebnis

1

Öffentlich-geförderte VC-Geber weisen gegenüber privaten VC-Gesellschaften einen geringeren Anteil an Spezialwissen auf.

Bestätigt

2

Bei öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften stehen pro Portfoliounternehmen deutlieh weniger Finanzmittel zur Verfügung.

Bestätigt

3

Ausgeprägte Netzwerkstrukturen haben für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert als wie für private VC-Geber.

Nicht Bestätigt

3a

Öffentlich-geförderte VC-Geber investieren mehr Zeit für den Ausbau und die Pflege ihrer Netzwerkbeziehungen.

Nicht Bestätigt

3b

Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften weisen quantitativ und qualitativ eine höhere Netzwerkzentralität auf.

Teilweise Bestätigt

4

Öffentlich-geförderte und private VC-Gesellschaften unterscheiden sich hinsichtlich der Zusammensetzung ihrer Beteiligungsportfolien.

Bestätigt

4a

Private VC-Gesellschaften fokussieren ihre Investitionsaktivitäten stärker auf HightechUnternehmen.

Bestätigt

4b

Die Beteiligungsportfolien öffentlich-geförderter VC-Geber weisen einen höheren Diversifizierungsgrad auf.

Bestätigt

4c

Private VC-Geber investieren in einem geografisch weiter gefassten Einzugsgebiet.

Bestätigt

Private VC-Geber verfolgen gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften eine stärker fokussierte Hands-on-Betreuungsstrategie.

Bestätigt

Sa

Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften investieren einen geringeren Zeitaufwand in die Betreuung ihrer Portfoliounternehmen.

Bestätigt

Sb

Private VC-Gesellschaften bieten ein breiteres Spektrum an Managementdienstleistungen an.

Bestätigt

6

Private VC-Gesellschaften investieren gegenüber öffentlich-geförderten VC-Gebern einen größeren Veräußerungsaufwand und sind erfolgreicher beim Exit ihrer Beteiligungsmandate.

Bestätigt

6a

Private VC-Gesellschaften investieren mehr Zeit in die Vorbereitung und Durchführung des Beteiligungsverkaufs.

Bestätigt

6b

Private VC-Geber legen mehr Wert auf die Ausgestaltung der Kontroll- und Vermögensrechte zu Beteiligungsbeginn.

Bestätigt

6c

Private VC-Gesellschaften beeinflussen aktiver den Prozess des Beteiligungsverkaufs.

Bestätigt

6d

Private VC-Geber besitzen eine bessere performanceabhängige Exit-Struktur.

Bestätigt

7

Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene haben für private VC-Gesellschaften eine stärkere Bedeutung als wie für öffentlich-geförderte VC-Geber.

(schwach) Bestätigt

7a

Die Verbesserung des eigenen Track Records als Syndizierungsmotiv ist für private VC-Gesellschaften von größerer Bedeutung.

(schwach) Bestätigt

7b

Private VC-Gesellschaften achten bei Syndizierungen stärker auf mögliche Reputationseffekte.

(schwach) Bestätigt

s

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Hypothese

Nr.

235

Ergebnis

Syndizierungsmotive zur Verbesserung der Portfoliostruktur sind bei öffentlichgeförderten VC-Gesellschaften stärker ausgeprägt als wie bei privaten VC-Gebern.

Nicht Bestätigt

Sa

Für öffentlich-geförderte VC-Geber besteht ein stärkerer Anreiz zum Austausch von Deal Flow Informationen, v. a. zur Weitergabe von Beteiligungsanfragen.

Nicht Bestätigt

Sb

Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Diversifikationspotenziale auszuschöpfen besitzt für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert.

Nicht Bestätigt

9

Auf Beteiligungsebene sind nicht-finanzielle Syndizierungsmotive für private VCGesellschaften und finanzielle Anreize für öffentlich-geförderte VC-Geber von größerer Bedeutung.

Teilweise Bestätigt

9a

Das Syndizierungsmotiv zusätzliche Informationen vor Beteiligungsbeginn zur Verbesserung der Auswahlentscheidung einzuholen besitzt für private VC-Gesellschaften einen höheren Stellenwert.

Nicht Bestätigt

9b

Die gezielte Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten mittels Syndizierungen ist für private VC-Geber von größerer Bedeutung.

Bestätigt

9c

Öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften achten stärker darauf, über Syndizierungen die Folgefinanzierungsmöglichkeiten der Portfoliounternehmen zu verbessern.

Teilweise Bestätigt

s

Quelle: Eigene Darstellung.

Zu deutlich heterogeneren Ergebnissen gelang indessen die gegenüberstellende Analyse des Syndizierungsverhaltens der befragten VC-Gesellschaftsgruppen. Die Arbeitshypothese 7 bezüglich der Ausprägung einzelner Syndizierungsmotive auf Gesellschaftsebene konnte insgesamt schwach bestätigt werden, da für sämtliche Detailhypothesen Zustimmungstendenzen gefunden wurden. Bei der Untersuchung der Syndizierungsanreize auf Portfolioebene mussten hingegen sämtliche theoretische Aussagen verworfen werden. übergreifend ist demnach festzuhalten, dass im Vergleich beider Gesellschaftsgruppen für private VC-Geber Syndizierungsmotive zur Verbesserung der Portfoliostruktur einen durchweg höheren Stellenwert besitzen. Die letzte Arbeitshypothese dieser Untersuchung, welche den Mehrwert von Syndizierungen auf dem Beteiligungslevel zum Gegenstand hatte, wurde wiederum teilweise bestätigt, da den Detailhypothesen 9b sowie auch 9c (teilweise) zugestimmt werden konnte. Die Detailhypothese 9a galt es hingegen zu verwerfen. übergreifend ist hierzu festzustellen, dass das Informationsbeschaffungsmotiv im Vorfeld einer Beteiligung zur Verbesserung der Auswahlentscheidung sowie die allgemeine Verbesserung der Finanzmittelausstattung in einem Syndikat für öffentlich-geförderte VC-Geber stärkere Syndizierungsanreize bieten. Für private VC-Gesellschaften stellt hingegen der gezielt komplementäre Ressourcenaustausch im Zuge der Investitionsphase zur qualitativen Ausweitung der Value-Adding Aktivitäten ein stärkeres Syndizierungsmotiv dar.

236

STRATEGIEWAHL UND SYNDIZIERUNGSMOTIVE - EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG

Mit den genannten und in Tabelle 31 zusammengefasst dargestellten Aussagen zu den einzelnen Arbeits- und Detailhypothesen ist das Kapitel 5 zu schließen. Im Kern zeigte die empirische Untersuchung, die in Kapitel 4.2.4 aufgestellte Kausalitätskette, wenn auch mit teilweise anders erwarteten Variablenausprägungen. Grundsätzlich ist demnach festzuhalten, dass private und öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften sich in ihrer konstitutionellen Ressourcenausstattung unterscheiden (Arbeits- und Detailhypothesen 1-3). Ausgehend hiervon wurden Differenzen bei der strategischen Ausrichtung der Geschäftspolitik zwischen beiden Gesellschaftsgruppen identifiziert. In diesem Gesamtkontext zeigte sich abschließend auch eine unterschiedliche Anreizstruktur hinsichtlich der Syndizierung und demnach Kooperation mit anderen VC-Gebern. Diese zentralen Propositionen sind im Folgenden umfassend zu interpretieren sowie im Rahmen des wissenschaftstheoretischen und praxisorientierten Verständnisses dieser Arbeit einzuordnen.

ERGEBNISINTERPRETATION

6

237

Wissenschaftstheoretische und praxisorientierte Ergebnisinterpretation

Bisher ist die Kausalkette zwischen Trägerschaft, Ressourcenausstattung, strategischer Positionierung und dem Syndizierungsverhalten bei privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften theoretisch erläutert und zu großen Teilen empirisch bestätigt. Das folgende Kapitel dient nunmehr dazu, die zentralen Einzelergebnisse in den wissenschaftstheoretischen sowie abschließend auch praxisorientierten Gesamtkontext der Arbeit zu bringen, um dem gesetzten Forschungsziel gerecht zu werden. Hierzu erfolgt zunächst eine Gesamtinterpretation der Untersuchungsergebnisse vor dem Hintergrund, das Syndizierungsverhalten im Zusammenhang mit der gesamtstrategischen Ausrichtung von VCGesellschaften zu beleuchten. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sind anschließend in den wissenschaftstheoretischen Rahmen dieser Arbeit einzuordnen, um auch die Güte des ausgewählten Theoriesets final zu bewerten. Ausgehend hiervon werden abschließend praxisorientierte Handlungsempfehlungen für die Ausrichtung öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften abgeleitet.

6.1

Gesamtinterpretation der Untersuchungsergebnisse

Für die Gesamtinterpretation der empirischen Ergebnisse sind zunächst die Kernaussagen hinsichtlich der Ressourcenausstattung sowie hieraus folgend der strategischen Positionierung von öffentlich-geförderten und privaten VCGesellschaften in Form gruppenspezifischer lnvestorenprofile komprimiert zu verdeutlichen. Hieran anknüpfend werden die zentralen Ergebnisse hinsichtlich des Syndizierungsverhaltens der Befragungsteilnehmer aufgegriffen und unter Berücksichtigung der identifizierten Gesamtstrategie interpretiert. Zur Erstellung gruppenspezifischer lnvestorenprofile sind zunächst die in Kapitel 5 untersuchten Merkmale der Arbeitshypothesen 1- 6 konzeptionell zusammenzufügen. Hierzu wurden 10 aussagekräftige Charakteristika bestimmt, die das Profil der befragten privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften vergleichend beschreiben. Diese Profileigenschaften, deren Inhalt sowie die zur Beschreibung integrierten Variablen aus der empirischen Untersuchung sind in Ta-

238

ERGEBNISINTERPRETATION

belle 32 zusammengefasst dargestellt. Diese Übersicht dient als Grundlage für die folgenden Ausführungen. Tabelle 32:

Übersicht Profileigenschaften VC-Gesel/schaften

Profileigenschaft

Inhalt

lntergierte Variablen 1. Anzahl Investmentmanager

Know-how

Quantität und Spezifität personeller Ressourcen

Financial Capital

Gesellschaftsspezifisches Finanzierungsvolumen

Netzwerk

Netzwerkaktivitäten {In- und Output)

Hightech

Hightech-Fokussierung

1. Anteil Hightech-Unternehmen

Diversifikation

Ausmaß der Branchendiversifikation

1. Diversifizierungsrad

Regionalität

Regionale Fokussierung lnvestitionsaktivtäten

1. Anteil regionaler Investments

EK-Fokussierung

Bedeutung reiner EK-Finanzierungsinstrumente

1. EK-lnvestmentanteil

2. Anteil spez. Know-how

1. Investitionsquote 1. Zeitaufwand Netzwerkpflege 2. Netzwerkstrukturen

1. rel. Anzahl Manager pro PU Hands-on-Support

Beschreibung des Betreuungsverhaltens

2. zeitliche Hands-on-Fokussierung 3. Stellenwert Betreuungsinhalte

1. Zeitaufwand Exit-Aktivitätsn ivea u

Beschreibung des Exit-Verhaltens

2. Stellenwert Kontroll- und Vermögensrechte 3. Stellenwert Steuerungs- und Unterstützungselemente

Performance

Renditeorientierung und Exit-Struktur

1. Stellenwert Renditemaximierung 2. Exit-Verteilung

Quelle: Eigene Darstellung.

Für die Abgrenzung der Ressourcenausstattung dienen die drei Merkmale Knowhow, Financial Capital und Netzwerk. Unter dem Know-how wird die Quantität und Spezifität personeller Ressourcen subsummiert. Hierbei von Bedeutung sind die Variablen Anzahl Investmentmanager sowie deren akademischer und beruflicher Hintergrund. Das Financial Capital bezieht sich auf das gesellschaftsspezifische Finanzierungsvolumen, welches an der durchschnittlichen historischen Investitionsquote pro Beteiligungsmandat bestimmt wurde. Die Profileigenschaft Netzwerk fasst abschließend den investierten Zeitaufwand für die Netzwerkpflege sowie die Ausprägung der Netzwerkstrukturen zusammen, gemessen an der quantitativen und qualitativen Netzwerkzentralität. Zur komprimierten Erläuterung des gesellschaftsspezifischen Investitionsverhaltens dienen vier Charakteristika. Die Portfoliostruktur wird anhand der bekannten Merkmale Hightech-Fokussierung und Branchendiversifizierungsgrad beschrieben. Darüber hinaus von Bedeutung ist die Regionalität des VC-Gebers,

ERGEBNISINTERPRETATION

239

welche aus der geografischen Verteilung der getätigten Investitionen abgeleitet wird. Finanzielle Spezifika werden abschließend durch die EK-Fokussierung deutlich gemacht, welche den Investitionsanteil reiner Eigenkapitalinstrumente darstellt. Das Beteiligungsverhalten der VC-Gesellschaften ist anhand der verdichteten Profileigenschaft Hands-on-Support beschrieben. Dieses Merkmal subsummiert sämtliche Variablenausprägungen hinsichtlich des potenziell möglichen und ermittelten Betreuungsaufwands. Von Bedeutung sind demnach die zur Verfügung stehenden zeitlichen sowie personellen Ressourcen als auch die Charakteristika der angebotenen Value-Adding Aktivitäten. Für die Abgrenzung des Exit-Verhaltens der befragten VC-Gesellschaftsgruppen dienen die Merkmale Exit-Aktivitätsniveau und Performance. Unter erstgenannter Profileigenschaft werden der relative Zeitaufwand sowie sämtliche Unterstützungsmaßnahmen im Zuge des Beteiligungsverkaufs subsummiert. Von Bedeutung sind demnach die Variablenausprägungen zu den Fragen nach der zeitlichen Planung, dem Einsatz spezifischer Kontroll- und Vermögensrechte sowie der Bedeutung einzelner Steuerungs- und Unterstützungselemente. Das Merkmal Performance fasst abschließend die Renditeorientierung und Aussagen zur ExitStruktur der befragten VC-Gesellschaften zusammen.

6.1.1

lnvestorenprofil privater VC-Gesellschaften

Das lnvestorenprofil der Gruppe privater VC-Gesellschaften ist in Abbildung 26 742 abgetragen, als Basis der nachfolgenden Ausführungen. Aus dieser geht hervor, dass die Ausprägung der Profileigenschaft Know-how insgesamt recht hoch bewertet wird, zurückzuführen auf den signifikanten Anteil von Expertenwissen unter den Investmentmanagern im Hinblick auf spezifische Branchenerfahrungswerte.743 Darüber hinaus wurde festgestellt, dass private VC-Geber pro Beteiligungsmandat ein recht hohes Finanzierungsvolumen bereitstellen, gemessen an 744 der berechneten lnvestitionsquote. Die Ausprägung des Strukturmerkmals Netzwerk ist hingegen als mittelmäßig einzustufen, da kein auffällig hoher Zeitaufwand in den Aufbau und die Pflege von kleineren aber robusten Netz745 werkstrukturen investiert wird.

742 743 744 745

Zu einer detaillierten Bewertung der einzelnen Parameter siehe Anhang V. Vg 1. Kapite 15.2.2.1. Vg 1. Kapite 15.2.2.2. Vg 1. Kapite 15.2.2.3.

ERGEBNISINTERPRETATION

240

Abbildung 26: Strategisches Profil privater VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung.

Ausgehend von dieser spezifischen Ressourcenbasis zeigten sich bei der Analyse des Investitionsverhaltens privater VC-Gesellschaften auf Hightech-Unternehmen konzentrierte Spezialisierungstendenzen. Folglich ist die Profileigenschaft Hightech mit hoch und das Merkmal Diversifikation mit gering einzustufen. Darüber hinaus agiert diese Investorengruppe deutschlandweit, was zur geringen Ausprägung der Eigenschaft Regionalität führte. Zuletzt ist der sehr hohe Anteil von EKFinanzierungen zu nennen, der für die Gruppe privater VC-Geber festgestellt wurde und dementsprechend in dem Investorenprofil so berücksichtigt ist. 746 Für die Betreuungsphase ist festzuhalten, dass private VC-Gesellschaften sehr viel Zeit und Mühe in die Unterstützung ihrer Beteiligungsmandate investieren. Belegbar ist dies anhand der ermittelten stark ausgeprägten Hands-on-Fokussierung der Betreuungsaktivitäten, die aufgrund der günstigeren Relation zwischen der Anzahl verfügbarer Investmentmanager und zu betreuender PU auch in der Durchführung realistisch erscheint. Zudem bezeichnend für private VC-Geber ist, 746

Vgl. Kapitel 5.2.3.1.

ERGEBNISINTERPRETATION

241

dass diese ihren Beteiligungsmandaten ein breites Angebot von Unterstützungsdienstleistungen anbieten, welches über rein strategische Beratungsinhalte mit 747 Finanzierungsfunktion deutlich hinausgeht. Diese Ergebnisse rechtfertigen die sehr hohe Einstufung der Profileigenschaft Hands-on-Support. Hinsichtlich des Exit-Verhaltens hat die empirische Untersuchung gezeigt, dass private VC-Gesellschaften besonders viel Zeit in die frühzeitige Planung des Beteiligungsverkaufs investieren und anschließend diesen Prozess mit umfassenden Managementmaßnahmen unterstützen. Daher ist das Exit-Aktivitätsniveau bei dieser VC-Gebergruppe als eine sehr stark ausgeprägte Profileigenschaft zu bewerten. Hinsichtlich des Merkmals Performance ist abschließend festzuhalten, dass private Venture Capitalists ihr Engagement priorisiert anhand der Zielstellung der Renditemaximierung ausrichten. Darüber hinaus zeigte die weitere Ana748 lyse einen relativ hohen Anteil erfolgreicher Exits in Form von Trade Sales. Beide Aussagen begründen letztendlich die ebenfalls sehr hoch einzuschätzende Profileigenschaft Performance.

6.1.2

lnvestorenprofil öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften

Das lnvestorenprofil für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften in Abbildung 27 zeigt, dass die Ausprägung der Profileigenschaft Know-how als mittelmäßig einzustufen ist. Die Begründung hierfür liegt darin, dass in dieser lnvestorengruppe im Vergleich zwar durchschnittlich mehr Investmentmanager beschäftigt werden, diese jedoch einen deutlich geringeren Anteil an Spezialwissen 749 vorweisen im Hinblick auf spezifische Branchenerfahrungswerte. Im weiteren Untersuchungsverlauf haben die Auswertungen eine relativ geringe historische Investitionsquote zum Vorschein gebracht. Daher ist das Merkmal Financial Capi750 tal nur als niedrig ausgeprägt zu bewerten. Abschließend ist zur Beschreibung der Konstitution öffentlich-geförderter VC-Geber anzuführen, dass diese im Vergleich zu privaten VC-Gesellschaften einen fast identischen Anteil ihres Zeitbudgets in den Aufbau von relativ großen Netzwerkstrukturen investieren. Jedoch zeigte die weitere Analyse eine geringere Netzwerkstabilität, da überwiegend 751 Diese Untersugelegentliche Austauschbeziehungen unterhalten werden.

747 748 749 750 751

Vg 1. Kapite 15.2.3.2. Vg 1. Kapite 15.2.3.3. Vg 1. Kapite 15.2.2.1. Vg 1. Kapite 15.2.2.2. Vg 1. Kapite 15.2.2.3.

ERGEBNISINTERPRETATION

242

chungsergebnisse begründen letztendlich die mittelmäßige Einstufung der Profileigenschaft Netzwerk. Know-how

Performance

Sehr hoch

y*

Exit-Aktivitätsniveau

/ *

\

hoch » ••

/

\

**

*

*

11I ^ φ

•••••••• gering

*

·

Hands-on-Support

*

\

** *

*

y

y

\

EK-Fokussierung

\ '

%f *

[:;;

;

y / "'X /

\

\ \ \

/

^Yrt-rrTTT

\

\

\

"I j //

/





\

\

\ \

\

\\

\

\

/

\

\

\

·

V

y

rf

Financial Capital

Λ **

/ \

*

\

/

mittel \

*

/

\

V

/

/

V

Hightech

y .***

Regionalität

Diversifikation

Abbildung 27: Strategisches Profil öffentlich-geförderter Quelle:

VC-Gesellschaften

Eigene Darstellung.

Vor dem Hintergrund dieses spezifischen Ressourcenbestandes und der Trägerschaft zeigen die Portfolien öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften deutliche Diversifikationstendenzen. Belegbar ist dies zum einen anhand der relativ hohen Branchenanzahl, in denen derartige Kapitalgeber durchschnittlich investiert sind, womit die hohe Bewertung der Profileigenschaft Diversifikation gerechtfertigt ist. Zum anderen wurde ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Anteil finanzierter Low- und Hightech-Unternehmen im Portfolio festgestellt. Daher ist das Merkmal Hightech nur als mittelmäßig eingestuft. Die Analyse des geografischen Investitionsgebietes zeigte wiederum eindeutig die regionale Fokussierung derartiger Investoren, was die starke Ausprägung der Profileigenschaft Regionalität zur Folge hat. Hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Finanzierungsinstrumente wurde abschließend deutlich, dass öffentlich-geförderte VC-Geber den Großteil ihres Kapitals als Mezzanine-Kapital bereitstellen und weniger in Form reiner

ERGEBNISINTERPRETATION

243

752

EK-Finanzierungen. Dieses Untersuchungsergebnis führt zu der nur durchschnittlichen Ausprägung des Merkmals EK-Fokussierung. Zur Beschreibung des Betreuungsverhaltens öffentlich-geförderter Venture Capitalists ist die Ausprägung der komprimierten Profileigenschaft Hands-on-Support als mittelmäßig einzustufen. Die Ursachen hierfür sind einerseits die festgestellte geringere Hands-on-Fokussierung in dieser lnvestorenklasse. Andererseits stehen für eine intensive Betreuung einzelner Beteiligungsmandate nur bedingt personelle und demzufolge begrenzte zeitliche Ressourcen zur Verfügung. Diese stärker ausgeprägten Ressourcenrestriktionen plausibilisierten schließlich auch das empirische Ergebnis, dass die befragten öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften ihre Betreuungsinhalte deutlich stärker auf finanzielle und allgemeine strategische Unterstützungsaktivitäten fokussieren. Weitere Dienstleistungen im kaufmännischen Bereich, wie z. B. die proaktive Unterstützung im Exit-Prozess, sind 753 hingegen nur nachrangig von Bedeutung. Bei der anschließenden detaillierten Analyse des Exit-Verhaltens öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften ist aufgefallen, dass diese nur einen relativ geringen Zeitanteil in dieses Aufgabengebiet investieren. Im Ergebnis zeigte dann die empirische Untersuchung, dass derartige Investoren den Prozess des Beteiligungsverkaufs v. a. über Vermögensrechte und passive Managementinstrumente und weniger durch aktive Mitgestaltung versuchen zu beeinflussen. Aus diesem Grund ist für die Profildarstellung ein nur leicht über dem Mittelmaß liegendes Exit-Aktivitätsniveau anzusetzen. Abschließend zeigte die Analyse, dass für öffentlich-geförderte VC-Geber beim Beteiligungsverkauf die Renditemaximierung nicht von oberster Priorität ist. Vielmehr spielen auch weiche Faktoren eine Rolle, wie z.B. die Harmonisierung der lnteressenslage mit dem PU. Dieses weniger renditefokussierte Verhalten spiegelt sich auch in der Exit-Struktur wider, wo ein deutlich geringerer Anteil erfolgreicher Exits ermittelt wurde, der zu großen Teilen durch einen auffällig hohen Anteil neutraler Beteiligungsverkäufe kompen754 siert ist. Anhand dieser Untersuchungsergebnisse kann letztendlich die mittelmäßige Ausprägung der Profileigenschaft Performance gerechtfertigt werden.

752 753 754

Vg 1. Kapite 15.2.3.1. Vg 1. Kapite 15.2.3.2. Vg 1. Kapite 15.2.3.3.

244

6.1.3

ERGEBNISINTERPRETATION

Vergleich der Investorenprofile

Nachdem die gruppenspezifischen Investorenprofile separat vorgestellt sind, sollen diese abschließend noch einmal vergleichend gegenübergestellt werden. Die Grundlage für die folgenden Aussagen bildet hierbei die Abbildung 28, in der die Profilbilder öffentlich-geförderter und privater VC-Gesellschaften noch einmal übereinander liegend abgetragen sind.

— Private VC-Gesellschaften

Performance

Know-how

Regionalität

Diversifikation

— Öffentlich geförderte VC-Gesellschaften

Abbildung 28: Vergleich Investorenprofile Quelle:

Eigene Darstellung.

Für die Charakterisierung privater VC-Gesellschaften ist zusammenfassend festzuhalten, dass diese ausgehend von einer spezifischeren Wissensausstattung stärker die Finanzierung von Hightech-Unternehmen fokussieren. Darüber hinaus stehen durchschnittlich mehr finanzielle Mittel zur Verfügung, um über reine EKBeteiligungen dementsprechend hohe Unternehmensanteile zu erwerben. Dieses Finanzierungsverhalten und das hieraus resultierende höhere Risiko-RenditePotenzial im Gesamtportfolio begründen letztendlich ein stärkeres Engagement auf Beteiligungsebene bis hin zum Exit des PU. Das Resultat dieses fokussierten

ERGEBNISINTERPRETATION

245

Investitions- und Betreuungsverhalten ist letztendlich ein erfolgreicherer Track Record, aufgrund der Häufigkeit durchgeführter Trade Sales. Basierend auf einer geringer ausgeprägten spezifischen Wissensbasis und unter dem Einfluss wirtschaftspolitischer Zielvorgaben verfolgen öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften eine deutlich diversifiziertere Investitionsstrategie, sowohl was die allgemeine Branchenanzahl als auch die Quantität der finanzierten PU anbelangt. Dies hat zur Folge, dass in den Portfolien dieser lnvestorenklasse vermehrt Unternehmen mit einem geringeren Hightech-Bezug zu finden sind. Das fragmentiertere Investitionsverhalten führt dann im Ergebnis dazu, dass für einzelne Beteiligungsmandate deutlich weniger Kapital zur Verfügung steht und demnach in der Regel geringere Unternehmensanteile erworben werden. Unter der zusätzlichen Berücksichtigung des relativ hohen Anteils von Mezzanine-Kapital als Finanzierungsinstrument ist in letzter Konsequenz davon auszugehen, dass die Beteiligungsportfolien von öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften durchschnittlich ein geringeres Risiko-Rendite-Potenzial aufweisen. In diesem Zusammenhang plausibel erscheint die empirische Erkenntnis, dass in dieser lnvestorengruppe weniger Ressourcen in die Betreuung einzelner PU investiert werden, zumal die hierfür notwendigen Kapazitäten auch nur bedingt vorhanden sind. Das skizzierte Investitions- und Beteiligungsverhalten sowie auch die geringeren Performanceansprüche, welche die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften verfolgen, haben in letzter Konsequenz einen weniger erfolgreichen Track Record zur Folge, gemessen anhand des deutlich geringeren Anteils durchgeführter Trade Sales. Im Gesamtüberblick ist somit zu konstatieren, dass für die Gruppe privater VCGesellschaften im Kern ein geschlossenes strategisches Profil erkennbar ist. Den Ausgangspunkt bildet eine branchenfokussierte und EK-intensive Investitionsstrategie, um signifikante Anteile an vorzugsweise Hightech-Unternehmen mit einem relativ hohen Gewinnpotenzial zu erwerben. Vor diesem Hintergrund ist aus ökonomischem Kalkül für derartige Investoren in der anschließenden Beteiligungsphase eine intensive Hands-On Betreuung legitim. Aufgrund der Spezialisierung haben sie die hierfür notwendigen quantitativen und v. a. auch spezifischen personellen Ressourcen respektive Wissens- und Erfahrungswerte. Das Engagement folgt dabei stets der Zielstellung den Unternehmenswert zu maximieren, um rendite- und prestigeträchtige Exits durchzuführen. Die Ergebnisse für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften führen zu dem Schluss, dass diese eher als regionale „Gießkannenfinanzierer" und weniger als glaubwürdige „Zertifizierer" agieren. Diese Erkenntnis deckt sich mit Ergebnis-

246

ERGEBNISINTERPRETATION

755

sen bisheriger Arbeiten in diesem Forschungsmetier. Es überwiegt demnach die Zielstellung, einer relativ breiten Unternehmenszielgruppe VC zur Verfügung zu stellen. Dieses Vorgehen ist aus wirtschaftspolitischer Perspektive plausibel oder gar erwünscht, führt jedoch auch zu einer Reduzierung des Renditepotenzials, was wiederum die Motivation des Venture Capitalists für eine intensive Betreuung schwächt. Verstärkt wird die eher passive Haltung auf Beteiligungsebene durch den verstärkten Einsatz von Mezzanine-Finanzierungsinstrumenten sowie der personell und somit auch zeitlich limitierten Ressourcenbasis. Aus diesem Grund werden meist nur einzelne Betreuungsinhalte punktuell angeboten. Die mehrdimensionale Zielstellung der Geschäftspolitik sowie hieran angelehnt die weniger fokussierte Investitions- und Betreuungsstrategie führen schließlich dazu, dass eine eindeutige strategische Positionierung öffentlich-geförderter VCGesellschaften nur bedingt zu erkennen ist. 6.1.4

Einordnung des Syndizierungsverhaltens im Kontext der Gesamtstrategie

Nachdem die Profile von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften dargestellt sind, ist im Folgenden die Ausprägung einzelner Syndizierungsmotive als Teil der Gesamtstrategie komprimiert zu erläutern. Hierzu wurden die wesentlichen Anreize und Partnerauswahlkriterien auf ihrer jeweiligen Wirkungsebene in Abbildung 29 noch einmal zusammengefasst dargestellt. Diese Übersicht bildet die Grundlage für die anschließenden Ausführungen, die um weitere Ergebnisse aus der empirischen Untersuchung punktuell erweitert werden. Auf Gesellschaftsebene ist festzuhalten, dass sowohl private als auch öffentlichgeförderte VC-Geber sehr stark auf die Reputation ihrer Syndizierungspartner achten. Dies jedoch weniger zur Steigerung des eigenen Ansehens, sondern möglicherweise eher mit der subjektiven Wahrnehmung, durch die Zusammenarbeit mit einem angesehenen Venture Capitalist die Erfolgswahrscheinlichkeit des Investments positiv beeinflussen zu können. An dieser Stelle wirkt die Reputation des VC-Gebers als Qualitätssignal auf der horizontalen Marktebene zu anderen VC-Gesellschaften. Darüber hinaus zeigt sich, dass private VC-Geber deutlich stärker an Partnerschaften mit international tätigen Investoren interessiert sind.

755

Vgl. u. a. Cumming {2006), S. 1111 f.; Jungwirth {2006), S. 81 f.; Schilder {2006), S. 9.

247

ERGEBNISINTERPRETATION

f

'

Reputationsgewinn Verbesserung Track Record

Gesellschaftsebene

Hohe Reputation Syndizierungspartner 1nternational e Ausrichtung

\.

/

'

Steigerung Deal Flow Einladung früherer Syndizierungspartner Verbesserung Diversifikationsmöglichkeiten Hoher Kapitalbedarf zu eigenem Fondsvolumen

Portfolioebene

Erweiterung des Investitionsfokus Bessere Fundierung der Auswahlentscheidung Optimierung Betreuung/ Monitoring Verbesserung Exit-Mögl i eh keiten Lokale Nähe zum PU Erfahrung/ Kontakte Syndizierungspartner in VC-Branche Erfahrung/ Kontakte Syndizierungspartner in Industrie Verbesserung Folgefinanzierungsmöglichkeiten für PU Ausreichend Kapitel des Syndizierungspartners Vergleichbare Lebenszyklusphase Fonds

Beteiligungsebene

1

• Private VC-Gesellschaften

2

3

4

5

6

• Öffentlich geförderte VC-Gesellschaften

Abbildung 29: Überblick Einflussfaktoren auf Syndizierungen unter VC-Gesellschaften Quelle:

Eigene Darstellung (Skalenniveau: 1 =keine Bedeutung; 6 =sehr große Bedeutung).

Betrachtet man die Parameter auf Portfolioebene fällt zuerst auf, dass für die Befragungsteilnehmer, v. a. jedoch für die Gruppe privater VC-Geber, das Diversifikationsmotiv von herausragender Bedeutung ist. Die weitere Analyse zeigte allerdings, dass Syndizierungen bei der zuletzt genannten lnvestorengruppe keine Branchendiversifikationseffekte hervorrufen. Vielmehr wurde ein positiver Zusammenhang zwischen der Syndizierungsintensität und der Branchenspezialisie756 rung festgestellt. Vor dem Hintergrund, dass die befragten privaten VCGesellschaften stärker auf die internationale Ausrichtung ihrer Finanzierungspartner achten, kann somit final die Kausalbeziehung abgeleitet werden, dass diese über Syndizierungen die geografische Diversifikation ihrer Investmentaktivitäten vorantreiben wollen. Abschließend ist für die Portfolioebene bemerkenswert, dass die Bereitschaft zum Austausch von Beteiligungsanfragen bei privaten VC-Gebern stärker ausgeprägt ist, als wie bei öffentlich-geförderten VC756

Vgl. Kapitel 5.2.4.2.2.

248

ERGEBNISINTERPRETATION

Gesellschaften, welche eigentlich ein besonderes Interesse darin haben sollten, privates Kapital für potenzielle Beteiligungsmandate zu aktivieren. Darüber hinaus zeigte die weitere Analyse, dass private VC-Gesellschaften durch diese aktivere Kooperationsbereitschaft keine negativen Wettbewerbseffekte erleiden. Vielmehr konnte sogar ein positiver Zusammenhang zu dem verfügbaren Deal Flow 757 festgestellt werden. Auf Beteiligungsebene zeigte sich, dass die Verbesserung der Folgefinanzierungsmöglichkeiten einen positiven Einfluss auf die Syndizierungsbereitschaft der befragten VC-Gesellschaften besitzt. Darüber hinaus achten beide VCGesellschaftsgruppen sehr stark auf die Erfahrung und das Kontaktnetzwerk ihrer Finanzierungspartner. Für private VC-Geber wird dabei das Kalkül offensichtlich, dass die hinzugewonnenen Ressourcen v. a. im Prozess des Exits einen Mehrwert 758 bieten sollten. Das Motiv der Verbesserung der Exit-Möglichkeiten besitzt für diese VC-Gebergruppe einen deutlich höheren Stellenwert als wie für öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften. In diesem Kontext konnten zudem Anhaltspunkte gefunden werden, dass Syndizierungen einen positiven Einfluss auf die perfor759 manceabhängige Exit-Struktur besitzen. Das hinzugewonnene Ressourcen bei Syndizierungen zur Optimierung der Auswahl und Betreuung der Beteiligungsmandate einen Mehrwert bieten wurde auf direktem Befragungsweg hingegen nur als mittelmäßig bedeutsam festgestellt. Jedoch zeigten weitergehende Analysen, dass Unsicherheit ein Treiber für das Syndizieren ist und folglich die Adverse Selektion Hypothese, v. a. für die Gruppe 760 öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften, bestätigt werden kann. Des Weiteren ist für diese lnvestorenklasse die Kooperation mit regional ansässigen Investoren von Interesse, möglicherweise um festgestellte personelle bzw. zeitliche Engpässe bei der Betreuung der PU zu reduzieren. Dass private VC-Gesellschaften in diesem Kontext als Syndizierungspartner geeignet wären, konnte abschließend daran abgeleitet werden, dass diese im Besonderen ein Interesse daran haben, als Lead- bzw. Co-Lead Investor zu agieren. Jedoch ist abschließend auch das Konfliktpotenzial zu benennen, welches darin besteht, dass öffentlich-geförderte VCGeber diese Rolle bei Syndizierungen ebenfalls sehr häufig für sich beanspru757 758

759 760

Vgl. hierzu auch Kapitel 5.2.4.2.1. Konkret können z. B. Kontakte zu großen Industrieunternehmen und demnach potenziellen strategischen Partnern in späteren Phasen die Durchführung eines Trade Sale erleichtern. Ein größeres Netzwerk in die Finanz-, v. a. die VC-lndustrie erhöht wiederum die Möglichkeiten für erfolgreiche Secondary Purchase Transaktionen. Vgl. Nathusius (2005), S. 103. Vg 1. Kapite 15.2.4.3.2. Vg 1. Kapite 15.2.4.3.1.

ERGEBNISINTERPRETATION

249

761

chen. Fraglich in diesem Zusammenhang bleibt, wie sie diese Funktion umfassend ausfüllen können, vor dem Hintergrund der angesprochenen limitierten (personellen) Ressourcenbasis. Im Kontext der Gesamtstrategie ist abschließend für private VC-Gesellschaften festzuhalten, dass diese im Rahmen ihrer Syndizierungsstrategie finanzkräftige Co-Investoren mit einem hohen Ansehen suchen, möglichst um zusätzliche geografische Diversifikationsmöglichkeiten zu erhalten. Eine Ausweitung des branchenbezogenen Investitionsfokus besitzt hingegen keinen bzw. nur einen geringen Syndizierungsanreiz, da hiermit ein Verlust von (wissensbasierten) strategischen Wettbewerbsvorteilen zu befürchten ist. Das möglicherweise langfristig am Markt etablierte Gesellschaftsprofil würde bei derartigen Kooperationsbeziehungen und demnach der inhaltlichen Ausweitung der Investitionsaktivitäten verwässern. Vor diesem Hintergrund sehen private VC-Gesellschaften in der verbesserten Auswahl und Betreuung ihrer Beteiligungsmandate durch Syndizierungen auch nur bedingt einen Vorteil, da eben hierin ihre Kernkompetenz begründet liegt. Die Ausnahme hiervon stellt die Möglichkeit dar, über das Co-Venturing zusätzliche Unterstützung für den erfolgreichen Exit des Beteiligungsmandats zu erhalten. Dieses Syndizierungsmotiv wird von privaten Venture Capitalists relativ deutlich geäußert, wobei weniger die zusätzliche Managementunterstützung sondern vielmehr die Einbringung des Kontaktnetzwerkes von Bedeutung erscheint. Die zu beobachtende Wertschätzung zusätzlicher Exit-Potenziale in einem Syndikat ist plausibel vor dem Hintergrund, dass private VC-Geber die priorisierte Zielstellung der Renditemaximierung verfolgen. Für die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ist hingegen eine eher regional fokussierte und auf die Absicherung der Finanzierung des Beteiligungsmandats ausgerichtete Syndizierungsstrategie erkennbar. Der erste Aspekt ist im Kontext der Gesamtstrategie auf die starke Regionalität sowie der restriktiven eigenen personellen Ressourcen zurückzuführen. Man sucht regionale und aktive Syndizierungspartner, um bei der Verfolgung der eigenen Investitions- und Betreuungsstrategie entlastet zu werden. Weniger plausibel erscheint vor diesem Hintergrund jedoch die relativ hohe Bedeutung der Lead- bzw. Co-Lead lnvestorenrolle bei Syndizierungen für diese lnvestorengruppe. Das stark ausgeprägte Kapitalbeschaffungsmotiv auf Beteiligungsebene spiegelt wiederum die eigenen finanziellen Restriktionen sowie den wirtschaftspolitischen Auftrag der Aktivierung von privatem Kapital wider. 761

Vgl. Kapitel 5.2.4.2.2.

250

ERGEBNISINTERPRETATION

Darüber hinaus wünschen sich öffentlich-geförderte VC-Geber allgemein von dem Netzwerk und der Erfahrung des Syndizierungspartners zu profitieren. Eine wertende Aussage, zu welchem Zeitpunkt die zusätzlichen Ressourcen einen besonderen Mehrwert für diese lnvestorengruppe darstellen, ist jedoch nicht möglich, da die positiven Syndizierungseffekte in sämtlichen Subphasen einer VCFinanzierung gleichbedeutend wahrgenommen werden. Abschließend ist noch bemerkenswert, dass für öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ein starker Syndizierungsanreiz in der Optimierung der Portfoliostruktur zu finden ist. Hierbei steht jedoch nicht die geografische Ausweitung sondern vielmehr eine branchenorientierte Diversifikation im Fokus. Vor dem Hintergrund einer weniger auf Hightech-Unternehmen spezialisierten Investitionsstrategie bietet sich mit diesen Verhalten eher die Möglichkeit, risikosenkende Diversifikationseffekte zu erzielen, die bei alleinigem Investieren aufgrund finanzieller Restriktionen nur schwer bzw. nicht erreichbar wären.

6.2

Theoretische Schlussfolgerungen Erklärungsgehalt des gewählten Theoriesets

Nachdem das Syndizierungsverhalten im Kontext der Gesamtstrategie von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften erläutert wurde, sind die erlangten Erkenntnisse im Folgenden in den theoretischen Bezugsrahmen dieser Arbeit wertend einzuordnen. Als Grundlage hierzu dient die Abbildung 30, in der die strategischen Profile beider Gesellschaftsgruppen im Rahmen der möglichen Handlungsspielräume sowie dem genutzten Theorieset abstrahiert positioniert sind. In Kapitel 6.3.1 wird dieses vereinende Aussagemodell dahingehend erweitert, dass explizit die Syndizierungsstrategien privater VC-Geber abgebildet werden, um hieraus dann final praxisorientierte Handlungsempfehlungen für die Ausrichtung öffentlich-geförderter VC-Geber abzuleiten. Für die strategische Positionierung privater VC-Gesellschaften ist festzuhalten, dass zur Erklärung des Investitionsverhaltens v. a. agencytheoretische Ausführungen zu berücksichtigen sind, aufgrund der deutlich vorzufindenden Spezialisierungstendenzen. Eine Ausweitung des Investitionsfokus dient meist nur der Ausschöpfung geografischer nicht aber inhaltlicher Diversifikationseffekte, womit Aspekte neoklassischer Finanzierungstheorien nur am Rande wirken. Auf der Ebene des Beteiligungsmanagements besitzt der RBV eine hohe Aussagekraft, da ausgehend von der zur Verfügung stehenden Ressourcenbasis, v. a. im Hinblick auf die personelle Ausstattung, die Vorteilhaftigkeit einer fokussierten Hands-on-

251

ERGEBNISINTERPRETATION

Betreuungs-strategie theoretisch als auch empirisch nachgewiesen werden konnte. Darüber hinaus konnte im Vergleich zur Gruppe öffentlich-geförderter VCGeber beobachtet werden, dass eine strengere CG in Form eines stärkeren Fokus auf die Implementierung einzelner Vermögens- und Mitwirkungsrechte sowie deren Ausübung einen positiven Effekt auf die Performance besitzt. In diesem Kontext besitzen die Ausführungen des Finance-based View eine gute Erklärungskraft. Die Ausführungen des Institutional-based View sind hingegen für die Gruppe privater VC-Gesellschaften weniger von Relevanz, wie die Untersuchung gezeigt. Zum einen hierzu anzuführen ist die nur geringer Unternehmensgröße, womit intern Stakeholder-Gruppen, wie sie bei großen Unternehmen machtvoll zu finden sind, schlicht und ergreifend nicht existieren. Meist sind das Managementteam gleichzeitig die Gründer und Partner der Gesellschaft. Zum anderen sind im unternehmensexternen Umfeld keine bedeutenden Stakeholdergruppen zu finden, die ökonomisch-rationalen Entscheidungsprozessen im Wege stehen würden. Einzig die Gruppe der originären Investoren ist mit einer dementsprechenden Rendite zu befriedigen, womit wieder der Einfluss des Finance-based View deutlich wird. Investitionsverhalten (Risiko-Management)

AgencyTheorie

j

Portfoliotheorie

Spezialisierung

Strategische Optionen Theorieansätze

Reputation

Diversifikation

Institutional-based View

Hands-off

Ressource-based View

Hands-on

Betreuungsverhalten (Performance-Management)

Finance-based View

Abbildung 30: Einordnung der Investorenprofi le in den theoretischen Bezugsrahmen Quelle:

Eigene Darstellung

252

ERGEBNISINTERPRETATION

Zur Erklärung des strategischen Profils öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften zeigt sich hingegen eine gewisse Tendenz zur branchenbezogenen Diversifikation wodurch finanztheoretische Konzepte der neoklassischen Portfoliotheorie zur Steuerung der Gesamtrisikoposition stärker in den Vordergrund rücken (vgl. Abbildung 30). Darüber hinaus ist in der weiteren Analyse deutlich geworden, dass der stärker diversifizierte Investitionsansatz dieser VC-Gesellschaftsgruppe auch in der institutionellen Einbettung begründet liegt. Öffentlich-geförderte VC-Geber müssen im Besonderen den Ansprüchen politischer Anspruchsgruppen nachkommen, welche ihre wirtschaftspolitischen Interessen über institutionalisierte Gremien wahren. Da in diesem Umfeld ökonomisch-rationale Entscheidungen nicht immer möglich erscheinen, ist an dieser Stelle auf die Aspekte des lnstitutional-based View zurückzugreifen. Somit können eben auch soziale und politische Einflussfaktoren zur Erklärung des Strategieimplementierungsprozesses berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund dieses multifokalen Anspruchsfeldes zeigte sich zudem, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften im Rahmen ihrer Ressourcenmöglichkeiten versuchen Managementunterstützung in einem gewissen Umfang anzubieten. Jedoch stoßen sie dabei aufgrund der großen Portfoliovolumina und der allgemeineren Wissensbasis schnell an quantitative sowie auch inhaltliche Grenzen, woraus sich deren Positionierung auf der Abszisse zwischen den beiden Konzepten möglicher Betreuungsstrategien ableitet (vgl. Abbildung 30). In diesem Kontext besitzen die Ausführungen des RBV ebenfalls einen hohen Erklärungsgehalt - jedoch um aufzuzeigen, dass Akteure dieser VC-Gebergruppe, aufgrund ihrer Ressourcenbasis und der (politisch) geforderten Positionierung, keine strategische Wettbewerbsvorteile aufbauen können. Somit besitzt die Gruppe öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften als Kooperationspartner für privatwirtschaftliche VC-Geber eher nur eine mittelmäßige Attraktivität bzw. Reputation, wie ebenfalls aus der Darstellung hervorgeht. Ein weiterer Grund für das geringere Attraktivitätsniveau ist letztendlich auch in dem untersuchten Track Record dieser Gesellschaftsgruppe zu finden. Wie bereits oben angeführt, brachte die Arbeit die Beobachtung zum Vorschein, dass bei öffentlich-geförderten VCGebern übergreifend eine schwächer ausgeprägte CG-Struktur sowie auch eine schlechtere performanceabhängige Exit-Struktur vorzufinden sind. Hierbei sei noch einmal auf die punktuelle Erklärungskraft des Finance-based View für dieses zu beobachtete Phänomen verwiesen. Im Gesamtkontext ist abschließend festzuhalten, dass der verwendete theoretische Bezugsrahmen bestehend aus finanz- und managementtheoretischen Konzepten einen hohen Erklärungsgehalt besitzt, um das multifokale Management von privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften zu erklären. Hinsicht-

ERGEBNISINTERPRETATION

253

lieh des spezifischen Einflusses einzelner Ansätze auf das strategische Verhalten zeigten sich zudem unterschiedliche Wirkungstiefen. So besitzt die Agency Theorie sowie auch der RBV eine hohe Erklärungskraft zur Beschreibung des Verhaltens privater VC-Gesellschaften. Portfoliotheoretische Aspekte und Einflüsse des lnstitutional-based View kamen wiederum stärker bei der Analyse öffentlichgeförderter VC-Geber zum tragen. Insgesamt ist somit zu konstatieren, dass die Vorteilhaftigkeit einzelner Strategieempfehlungen nicht allgemeingültig, sondern aus dem jeweiligen Gesamtkontext des einzelnen Akteurs bzw. der spezifischen Akteursgruppe abgeleitet werden muss.

6.3

Praktische Schlussfolgerungen Optimierungsmöglichkeiten für direkte staatliche VC-Fördermaßnahmen

Abschließend für diese Arbeit sind mögliche Verbesserungspotenziale in der künftigen Kooperation zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gebern in Deutschland aufzuzeigen. Im Kern ist hierbei die zweite Forschungsleitfrage dieser Untersuchung aufzugreifen und zu beantworten. Diese lautete noch einmal wie folgt:

Wie kann das Syndizierungspotenzial zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften gesteigert werden? 6.3.1

Syndizierungsstrategien und Optimierungspotenziale für die Kooperation zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften

Aus dem gezeichneten lnvestorenprofil sowie dem speziell untersuchten Syndizierungsverhalten beider VC-Gesellschaftsgruppen können final deren Syndizierungsstrategien ebenfalls abstrahiert in dem theoretischen Bezugsrahmen positioniert werden. Mit Hilfe dieses methodischen Vorgehens ist eine Antwort auf die zu Beginn dieser Arbeit gestellte Frage zu geben, inwiefern VC-Geber über Syndizierungen eine Fokussierung oder aber Erweiterung des gesellschaftsspezifischen 762 Abschließend werden dann anhand der Ressourcenbestandes favorisieren. identifizierten Syndizierungsstrategien privater VC-Gesellschaften und dem strategischen Profil öffentlich-geförderter VC-Geber Optimierungspotenziale für das Co-Venturing zwischen beiden Akteursgruppen heraus gearbeitet. 762

Vgl. Kapitel 3.4.

254

ERGEBNISINTERPRETATION

Zur Ableitung der übergreifenden Syndizierungsstrategie öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ist zuerst noch einmal festzuhalten, dass für diese eine problematische ,,Stuck in the middle Position" skizziert wurde im Hinblick auf die Aus763 richtung der Investitions- und Betreuungsstrategie. Aus diesem Spannungsfeld heraus, ist für diese VC-Gebergruppe die allgemeine Ausweitung der finanziellen sowie auch nicht-finanziellen Ressourcenbasis durch die Initiierung von Syndikaten als übergreifendes Handlungsmuster abzuleiten. Im Wesentlichen besteht das Ziel ihrer Syndizierungsstrategie darin, finanzkräftige Investitionspartner zu finden, mit denen man zusammen regional fokussiert agieren und gleichzeitig zusätzliche Diversifikationspotenziale ausschöpfen kann. Somit wird man im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen und der fehlenden Spezialisierung den Mindestanforderungen des institutionellen respektive politischen Umfelds am ehesten gerecht, privates Engagement zu stimulieren. Vor diesem Hintergrund plausibel ist die Beobachtung, dass in dieser VC-Gebergruppe zum Teil deutlich geringere Anforderungen an die potenziellen Syndizierungspartner gestellt werden. Für die Gruppe privater VC-Gesellschaften sind aus den empirischen Ergebnissen heraus zwei wesentliche Syndizierungsstrategien abzuleiten, die im Folgenden anhand der Abbildung 31 erläutert werden. Zum einen interessant sind demnach Syndizierungspartner, die Kapital im Zeitverlauf und nicht nur bei der Einstiegsfinanzierung bereitstellen können sowie im Rahmen der Managementunterstützung zurückhaltend agieren. Hierzu dienlich sind längerfristige bzw. nachhaltige lnvestorenbeziehungen, auch vor dem Hintergrund ein strategisch kongruentes Betreuungsverhalten zu etablieren. Weniger von Bedeutung ist in diesem Kontext, ob es sich bei dem Syndizierungspartner um eine auf die gleiche Branche wie der private VC-Geber spezialisierte oder aber diversifizierte VC-Gesellschaft handelt, da der private Venture Capitalist die aktive Führungsrolle in dem Syndi764 kat eben für sich beansprucht. (Position Sl in Abbildung 31).

763 764

Vgl. Kapitel 6.2. Diese Aussage ist übereinstimmend mit der Beobachtung, dass private VC-Gesellschaften deutlich mehr regelmäßige Austauschbeziehungen mit anderen Investoren unterhalten. Vgl. Kapitel 5.2.2.3.

255

ERGEBNISINTERPRETATION

Investitionsverhalten (Risiko-Management)

AgencyTheorie

Spezialisierung

Portfoliotheorie

Diversifikation

Reputation

Strategische Optionen Theorieansätze

Institutional-based View

Abbildung 31: Syndizierungsstrategien Quelle:

Betreuungsverhalten Hands-off

Ressource-based View

Hands-on

(Performance-Management)

Finance-based View

privater VC-Gesellschaften

Eigene Darstellung

Zum anderen sind Syndizierungspartner gefragt, die bei der Betreuung von überwiegend Hightech-Unternehmen inhaltlich einen fokussierten Mehrwert bieten (Position S2 in Abbildung 31). In diesem Kontext konkret zu nennen sind Kooperationen mit anderen VC-Gebern, die geografische Expansionsmöglichkeiten sowie auch die Ausweitung potenzieller Exit-Optionen ermöglichen, ζ. B. durch den Zugang zu Industrieunternehmen als potenzielle strategische Käufer. 765 Die Unterstützung bei der Deal Selektion sowie auch bei allgemeinen Managementaktivitäten stellen hingegen nur bedingt Syndizierungsanreize dar. Die Ursache hierfür liegt darin, dass private Venture Capitalists die Rolle des betreuenden Lead bzw. Co-Lead-Investors wie bereits erwähnt meistens für sich beanspruchen, um sich strategisch als aktiver Investor am VC-Markt zu positionieren. Zudem ist übergreifend in das Anforderungsprofil privater VC-Gesellschaften aufzunehmen, dass diese sehr genau auf die Reputation ihrer Syndizierungspartner achten (Position S1 und S2). Die Wahrnehmung hierüber wird wiederum stark von der objektiven Einflussgröße des bisherigen Track Records bzw. historischer Performancewerte beeinflusst. 765

In diesem Zusammenhang erscheinen Syndizierungen mit Corporate VC-Gesellschaften reizvoll, da diese im Auftrag großer Industrieunternehmen agieren. Vgl. Kapitel 3.2.2 und Nathusius (2005), S. 103.

256

ERGEBNISINTERPRETATION

übergreifend ist für das Syndizierungsverhalten privater VC-Gesellschaften abschließend festzuhalten, dass diese die Expansion der finanziellen sowie die fokussierte Anreicherung der nicht-finanziellen Ressourcenausstattung favorisieren. Auf der Ebene intangibler Ressourcen sollten Syndizierungspartner demnach einen eindeutigen Mehrwert in Form von spezifischem Know-how und auch interessanten Netzwerkkontakten bieten, um für private VC-Geber attraktiv zu sein. Vergleicht man nunmehr die gestellten Anforderungen seitens privater VCGesellschaften mit dem empirisch abgeleiteten lnvestorenprofil öffentlichgeförderter VC-Geber zeigen sich die in Abbildung 31 skizzierten Defizite, die im Folgenden erläutert werden. Zuerst ist hierbei anzuführen, dass diese VCGebergruppe über die gesamte Beteiligungsdauer hinweg nur bedingt als finanzkräftiger Syndizierungspartner agieren kann, wie die Lücke zur Position 51 ausdrückt. Dies vor dem Hintergrund, dass eher die Anschubfinanzierung von Unter766 nehmen im Fokus ihrer Investitionsaktivitäten steht. Unter der Prämisse sich auf die „Hilfe zur Selbsthilfe" zu beschränken ist zudem anzunehmen, dass der Aufbau langfristiger lnvestorenbeziehungen bei öffentlich-geförderten Venture Capitalists weniger im Fokus steht. Man benötigt kein intensives, sondern eher ein breites Netzwerk an potenziellen Finanzierungspartnern, um zu einem bestimmten Zeitpunkt möglichst stimulierend auf dem VC-Markt zu wirken. In diesem Zusammenhang erscheint die ermittelte größere Anzahl an gelegentlichen Austauschbeziehungen zu weiteren VC-Gebern plausibel. Der empirisch beobachtete stärker ausgeprägte Branchendiversifikationseffekt führt darüber hinaus zu dem inhaltlichen Problem, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften nur bedingt spezifische Marktkenntnisse sowie Erfahrungswerte aufbauen können und somit eher als allgemeiner Finanzierungspartner ohne ein spezifisches Profil wahrgenommen werden (Lücke zur Position 52 in Abbildung 31). An diesem Punkt stößt die Tendenz hinzu einer „Gießkannenfinanzierungsstrategie" letztendlich an ihre logischen Ressourcengrenzen. Vor diesem Gesamtbild ist inhaltlich die Wahrnehmung einer VC-aktivierenden Zertifizierungsfunktion von öffentlich-geförderten VC-Gebern nur sehr begrenzt möglich. Erschwerend für die Aktivierung privatwirtschaftlichen Engagements erscheint zudem die politisch auferlegte Regionalität, die in dieser Untersuchung ebenfalls festgestellt wurde. Auf dem deutschen VC-Markt kann man hiermit keine spezifischen Anreize für eventuelle geografische Diversifikationsbestrebungen privater VC-Gesellschaften setzen. Auch auf inhaltlicher Ebene sind aus diesem Vorgehen heraus kaum Vorteile in Form von z. B. engeren Monitoring-Aktivitäten 766

Vgl. hierzu auch noch einmal Dannat (2004), S 278-280.

ERGEBNISINTERPRETATION

257

zu erkennen. So haben private VC-Geber in der lokalen Nähe des Syndizierungspartners letztendlich mit den geringsten Syndizierungsanreiz gesehen. Das gravierendste Problem in der Wahrnehmung von öffentlich-geförderten VCGesellschaften als gefragte Syndizierungspartner scheint jedoch in der spezifischen Anreiz- sowie CG-Struktur zu liegen. So wurde empirisch eine deutlich geringere lncentivierung zur Durchführung renditemaximierender Exits beobachtet. Einerseits ist dieses Anreizproblem anhand der festgestellten Finanzierungsstrukturen zu erklären. An dieser Stelle sind v. a. die begrenzteren Beteiligungsvolumina für Einzelinvestments zu nennen. Diese führen auf lnvestorenseite zu einem deutlich geringeren Renditepotenzial und reduzieren folglich deren Motivation, den Prozess des Beteiligungsverkaufs intensiv zu unterstützen. Anderseits kam zum Vorschein, dass die möglichst erfolgreiche Veräußerung einzelner Beteiligungsmandate sowie hieran anknüpfend die Renditemaximierung des lnvestorenkapitals bei öffentlich-geförderten VC-Gebern nur eines von mehreren Zielen auf deren Agenda ist. Aufgrund dieser privatwirtschaftlichen Anreizdefizite ist bei Syndizierungen mit öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften für private Venture 767 Capitalists im Besonderen das Trittbrettfahren zu befürchten. Sollten zuerst genannte Investoren ihr Engagement reduzieren und in Folge dessen ein Misserfolg bei einem Beteiligungsinvestment eintreten, könnte diese die Verfolgung der weiteren wirtschaftspolitischen Ziele als Rechtfertigung hierfür angeben, sofern hierzu überhaupt die Notwendigkeit aufkommt. Private VC-Geber werden hingegen anhand ihrer erwirtschafteten Performance gemessen und können sich demnach bei Misserfolg nicht auf weiter gefasste, weichere Zielstellungen berufen.16s zusammengefasst ist zu konstatieren, dass anhand der empirischen Ergebnisse dieser Untersuchung Indizien dafür zu finden sind, dass öffentlich-geförderte VCGesellschaften nur begrenzt dem gewünschten Syndizierungspartnerprofil privater VC-Geber entsprechen. Als besonders kritisch für das Eingehen gemeinsamer Finanzierungsbeziehungen sind dabei die folgenden Charakteristika auf Seiten öffentlich-geförderter Venture Capitalists identifiziert wurden:

767 768

1)

Limitierter Finanzierungsspielraum über die Gesamtbeteiligungsdauer

2)

Regionalität der Investitionsaktivitäten schränkt geografische Diversifikationspotenziale ein

Zum Free-Rider Problem bei Syndizierungen vgl. Kapitel 4.2.3.3.1. Vgl. hierzu auch die weitergefassten Ausführungen von Lerner (2009), S. 137-145.

258

ERGEBNISINTERPRETATION

3)

Limitierte und unspezifische Managementunterstützung mit insgesamt nur geringem inhaltlichen Mehrwert im Zuge einer zu allgemeinen Marktpositionierung

4)

Nicht marktkonforme CG- bzw. Anreizstrukturen, v. a. im Hinblick auf die Durchführung rentabler Exits

6.3.2

Implikationen für die strategische Positionierung öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften

Im Folgenden ist zu diskutieren, welche staatlichen Handlungsmöglichkeiten ergriffen werden können, um die abgeleiteten Kooperationshemmnisse zwischen privaten und öffentlich-geförderten VC-Gesellschaften zu reduzieren und das Potenzial von VC-lnvestitionsaktivitäten in Deutschland zu steigern. Für die strukturierte Abhandlung einzelner Implikationen ist es hierbei zielführend, sich an den im vorherigen Abschnitt angeführten kooperationshemmenden Charakteristika öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften chronologisch zu orientieren. Vorweg sei noch anzuführen, dass in diesem Abschnitt Denkanstöße formuliert sind, die auf den Ergebnissen dieser Arbeit und den gesammelten Erkenntnissen des Autors im Zuge des Besuches mehrerer wissenschaftlicher Workshops sowie der Ausübung strategischer und operativer Tätigkeiten im Bereich der Inkubation von Gründungsvorhaben basieren.

Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten In dieser Arbeit kam zum Vorschein, dass öffentlich-geförderte VC-Geber unter besonderen finanziellen Restriktionen agieren, um einer breiten Anzahl von Unternehmen VC zur Verfügung zu stellen. Jedoch schränkt dies auch deren Attraktivität ein, als solventer Syndizierungspartner in künftigen Finanzierungsrunden in Erscheinung zu treten und ggf. privatwirtschaftliches Engagement nachhaltig zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund ist der Denkanstoß anzuregen, die Finanzierungsmöglichkeiten öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften auszuweiten. Einerseits kann dies darüber erfolgen, dass man im Vergleich zu bestehenden Finanzierungsmodalitäten die Mindestvolumina sowie auch die formalen Anforde769 rungen an die finanzierbaren PU erweitert. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass eine derartige unternehmensphasenübergreifende Ausweitung der Finanzierungsaktivitäten für bestehende öffentlich-geförderte VC-Fonds aufgrund för769

Exemplarisch zu nennen ist die Beteiligungsgrenze des High-Tech Gründerfonds, als größten öffentlich-geförderten VC-Geber in Deutschland, der grundsätzlich max. 2 Mio. Euro pro Beteiligungsmandat investieren kann. Darüber hinaus darf die Aufnahme der operativen Geschäftstätigkeit des PU bei der ersten Finanzierungsrunde max. ein Jahr zurückliegen. Vgl. HTGF (2014).

ERGEBNISINTERPRETATION

259

derpolitischer Vorgaben respektive aktuell lautender Anlagegrundsätze nicht legitim wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Implementierung von zusätzlichen Investitionsvehikeln anzuregen, welche explizit auf die Finanzierung erster Wachs770 tumsschritte ausgerichtet sind. Dabei kann abschließend nicht geklärt werden, ob man hierfür auch zusätzliche VC-Managementgesellschaften beauftragen oder aber auf die bestehende Infrastruktur zurückgreifen sollte. Für die Ausweitung des Finanzierungsspielraums existierender öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften ist als wesentlicher Vorteil anzuführen, dass dies deren Attraktivität als Syndizierungspartner für private VC-Geber direkt steigern kann. Darüber hinaus entstehen im Zuge einer längerfristigen Betreuung einzelner PU geringere Effizienzverluste beim Abbau von Informationsdefiziten, sofern die personellen Ressourcen im Zeitablauf konstant bleiben. In einem derartigen Szenario kann der öffentlich-geförderte Venture Capitalist in späteren Phasen den bereits vorher aufgebauten Informationsstand über das Beteiligungsmandat nutzen, wohingegen sich ein neuer VC-Geber wieder komplett mit den Unternehmensspezifika auseinandersetzen müsste. Eingrenzend ist diesem Denkanstoß allgemein das Argument entgegenzusetzen, mit einer unternehmensphasenspezifischen Ausweitung öffentlich-geförderter Finanzierungsaktivitäten, das Prinzip der ,,Hilfe zur Selbsthilfe" und den nachgelagerten Grundsatz der Anschubfinanzierung zu verwässern. Im Extremfall könnte gar das Problem entstehen, dass Unternehmen in ihrer kompletten Entwicklung über öffentlich-geförderte VC-Geber finanziert werden, obwohl für diese eigentlich gar kein privatwirtschaftliches Interesse besteht. Anders ausgedrückt würde sich eine besondere ,,Rückfalloption" für am freien Markt nicht finanzierbare Unternehmen bieten, womit die Gefahr der wirtschaftspolitischen Fehlallokation finanzieller Ressourcen zunimmt. Um derartige ,,Förderpyramiden" bei der Unternehmensfinanzierung zu vermeiden, müssen klar definierte Grenzen sowie auch intelligente Finanzierungskonditionen bei der Auflegung der VC-Fonds definiert werden. In diesem Kontext zu nennen sind konkrete Merkmale für Wachstumsunternehmen, wie z. B. das max. Unternehmensalter bzw. nicht zu überschreitende Umsatzvolumina. Der Einsatz rückläufiger Anteilsquoten bei Syndizierungen in späteren Unternehmensphasen würde darüber hinaus mehr privatwirtschaftliches Engagement einfordern. So könnte in den Anlagegrundsätzen öffentlich-geförderter Wachstumsphasenfonds festgelegt werden, dass diese nur einen Minderheitsanteil von z.B. 25 % der Fi770

Hiermit sind speziell Series A und Series B-Finanzierungsrunden im Volumen von ca. 2-10 Mio. Euro gemeint, wo allgemein ein Finanzierungsengpass in Deutschland diskutiert wird.

260

ERGEBNISINTERPRETATION

nanzierungssumme übernehmen dürfen und demnach der Großteil von privaten 71 Investoren zu tragen ist,7 womit sich die Gefahr potenzieller Mitnahmeeffekte 772 reduziert.

Ausweitung des geografischen Investitionsfokus In dieser Arbeit wurde der regionale Investitionsfokus öffentlich-geförderter VCGesellschaften empirisch bestätigt. Gleichzeitig zeigte die Untersuchung, dass für private VC-Geber die Ausschöpfung geografischer Diversifikationsmöglichkeiten einen wesentlichen Syndizierungsanreiz darstellt, v. a. im Hinblick auf internationale Expansionsmöglichkeiten. Vor diesem Hintergrund erscheint die geografische Ausweitung der Investitionsaktivitäten öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften geeignet zu sein, deren Attraktivität als Syndizierungspartner zu steigern. Da staatliche Fördermaßnahmen jedoch exklusiv zur Mobilisierung von VC in Deutschland dienen dürfen ist dieser Denkanstoß nur begrenzt umsetzbar. Eine internationale Ausrichtung der Investitionstätigkeiten öffentlich-geförderter VCGesellschaften ist nicht im Sinne des öffentlichen Finanzinteresses und somit prinzipiell auszuschließen. Auch auf nationaler Ebene erscheint eine Expansion nur möglich, sofern die Finanzmittel von Institutionen auf Bundes- nicht aber Landesebene zur Verfügung gestellt werden. In diesem Kontext ist zudem zu bedenken, dass trotz einer regionalen Ausweitung des Investitionsgebiets für private VC-Geber grundsätzlich keine zusätzlichen Syndizierungsanreize in Form neu erschöpfbarer geografischer Diversifikationsmöglichkeiten entstehen, da diese bereits deutschlandweit oder gar international aktiv sind, wie die empirische Untersuchung gezeigt hat. Jedoch würde eine geografische Expansion für öffentlich-geförderte VCGesellschaften die Möglichkeit bieten, direkte Skaleneffekte bei der Ausübung der Geschäftstätigkeit zu erzielen. Dies vor dem Hintergrund einer überschaubaren Marktgröße bzw. Deal Flow Potenzial in Deutschland. Exemplarisch für ein derartiges Modell zu nennen ist der deutschlandweit agierende HTGF. Denkbar wären aber auch schon bundeslandübergreifende Initiativen zur Auflegung von VC-Fonds für eine bestimmte Region. Dieser Denkanstoß hätte den Anreiz, geografisch bedingte Restriktionen zu reduzieren und zumindest teilweise effizienz771

772

Ein derartiges Vorgehen kann wirtschaftspolitisch dahingehend begründet werden, dass in einer späteren Unternehmensphase das Entwicklungs- sowie Innovationsrisiko und demnach auch etwaige Marktversagensbestandteile zurückgehen. Zur Gefahr von Mitnahmeeffekten bei öffentlich-geförderten VC-Aktivitäten vgl. Gaida {2002), s. 289 f.

ERGEBNISINTERPRETATION

261

steigernde Skaleneffekte zu erzielen. Zudem könnten bei einer intelligenten Standortwahl weiterhin regionalspezifische Vorzüge angeboten werden im Hinblick auf das Monitoring einzelner Beteiligungsmandate. Darüber hinaus sei in diesem Kontext noch die Handlungsempfehlung anzuregen, dass öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften ihr Netzwerk und Attraktivitätsniveau zu ausländischen VC-lnvestoren weiter ausbauen sollten, um bisher möglicherweise weniger erschöpfte Syndizierungspotenziale zu aktivieren. Für zuletzt genannte Investoren würde die Zusammenarbeit mit einem in Deutschland aktiven Venture Capitalist die Ausnutzung geografischer Diversifikationseffekte offerieren. Des Weiteren können in derartigen Syndikaten auf Beteiligungsebene interessante Optionen bei der Internationalisierung der Geschäftstätigkeit einzelner PU auftreten, da man auf landesspezifische Marktkenntnisse und Netzwerke des ausländischen VC-Gebers zurückgreifen kann. Abschließend sei hierbei noch zu berücksichtigen, dass die angeregte nationale Ausweitung des Investitionsfokus öffentlich-geförderter VC-Geber auch in diesem Kontext von Vorteil erscheint, um von internationalen Investoren besser wahrgenommen zu werden. Angleichung der Management- und CG-Strukturen an Marktanforderungen

In dieser Untersuchung wurde das Spannungsfeld thematisiert, dass öffentlichgeförderte VC-Gesellschaften sowohl förderpolitische als auch privatwirtschaftliche Anforderungen erfüllen müssen. In der empirischen Analyse zeigte sich hieran anknüpfend die Problematik, dass derartige Investoren aufgrund einer eher allgemeinen Marktpositionierung bei Syndizierungen nur bedingt einen inhaltlichen Mehrwert bieten können. Der höhere Branchendiversifikationsgrad sowie allgemein die relative Größe der Beteiligungsportfolios limitieren im Ergebnis eine spezifische und zeitaufwendige Betreuung einzelner PU. Darüber hinaus wurde deutlich, dass die multidimensionale Zielfunktion und hieraus folgend nicht marktkonforme CG-Strukturen bei öffentlich-geförderten VC-Gebern im Widerspruch zu den Anforderungen von privaten VC-Gesellschaften stehen. Exemplarisch hierbei zu nennen sind die weniger strenge Deal Selektion, die geringer spezialisierte gesellschaftsinterne Personalstruktur und im Ergebnis die deutlich schwächere Fokussierung auf die Realisierung renditemaximierender Exits. Vor diesem Hintergrund ist zuerst anzuregen, dass strategische Profil öffentlichgeförderter VC-Gesellschaften stärker zu fokussieren. Hierzu ist im Vorfeld die Entscheidung zu treffen, ob über derartige Institutionen auf privatwirtschaftliches VC-Engagement kompensierend oder aktivierend gewirkt werden soll. Verfolgt direkte staatliche VC-Förderung das Ziel, private VC-Aktivitäten zu kompen-

262

ERGEBNISINTERPRETATION

sieren, sind v. a. die beiden vorher genannten Denkanstöße zu beachten. Öffentlich-geförderte VC-Geber sind demnach mit ausreichend Kapitel auszustatten in einem ggf. weiter gefassten geografischen Tätigkeitsgebiet. Bei Syndizierungen mit privaten VC-Gesellschaften sollten sie eher eine passive Finanzierungsfunktion einnehmen, um kompensierend auf schon bestehende Marktaktivitäten zu wirken. Das Ergebnis wäre eine Annäherung an das bevorzugte Syndizierungs773 partnerprofil „Sl" seitens privater VC-Geber in Abbildung 31. Für die Auswahl zu fördernder Branchen ist es in diesem Kontext empfehlenswert, solche zu bestimmen wo bereits eine kritische Menge an privatwirtschaftlichem Engagement existiert, welches dementsprechend gehebelt werden kann. Anhand der Ergebnisse dieser Arbeit sind dabei die Bereiche Software und Kommunikationstechno774 logie zu nennen, wo ein Großteil privater VC-Gesellschaften bereits aktiv ist. Soll hingegen über staatliche VC-Förderung privatwirtschaftliches Engagement aktiviert werden, müssen seitens öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften positive (Informations-) Signale gesendet werden. Die Ausübung einer solchen Zertifizierungsfunktion kann jedoch nur über eine eindeutige strategische Positionie775 rung erreicht werden. Hierzu bedarf es zunächst einer gezielten Branchenfokussierung, deren Auswahl eine besondere Herausforderung ist. In Anbetracht der Untersuchungsergebnisse erscheint dabei aus zwei Aspekten eine Spezialisierung auf die bislang unterrepräsentierten Hightech-Bereiche der Biotechnologie-, 776 Medizintechnik- und Pharmabranche interessant. Einerseits können nur in dementsprechend wissensintensiven Bereichen durch Spezialisierung Signaleffekte erzeugt werden, die zu einer Reduzierung der Informationskosten auf Seiten privater VC-Geber führen. Andererseits vermeidet man durch die unpopuläre Branchenfokussierung die Gefahr Herdeneffekte zu 777 erzeugen bzw. zu verstärken. Von der Auswahl privatwirtschaftlich bislang überhaupt noch nicht erschlossener Technologiebereiche ist hingegen abzuraten, da private VC-Gesellschaften Syndizierungen weniger dazu nutzen, ihren branchenbezogenen Investitionsfokus auszuweiten. Hiermit verbunden wäre für sie die Aufgabe strategischer bzw. wissensbasierter Wettbewerbsvorteile. Folglich

773 774

775

776

777

Vg 1. Kapite 16.3.1. Eine Teilanalyse der Portfoliostruktur privater VC-Gesellschaften zeigte, dass über 50 % der finanzierten Portfoliounternehmen aus einer dieser drei Branchen stammen. Vgl. Anhang VI. Eine ausreichende Kapitalausstattung ist an dieser Stelle vorausgesetzt und soll nicht weiter vertieft werden, da dieser Aspekt schon angeführt wurde. Eine Teilanalyse der Portfoliostruktur privater VC-Gesellschaften zeigte, dass nur 11 % der finanzierten Portfoliounternehmen aus einer dieser drei Branchen stammen. Vgl. Anhang VI. Vgl. auch Lerner {2009), S. 70 f.

ERGEBNISINTERPRETATION

263

sind keine bzw. kaum aktivierende Impulse aus einer derartig marktfremden Branchenfokussierung zu erwarten. Vielmehr wäre gar die Gefahr zu befürchten, durch staatlich subventionierte Investitionsaktivitäten und den Aufbau von Expertise zusätzliche Markteintrittsbarrieren für privatwirtschaftliche Investoren zu erzeugen. Neben einer gezielten Branchenauswahl ist darüber hinaus zu bedenken, dass Spezialwissen und Reputation nur langfristig und anhand bestehender Marktkonformitäten aufgebaut werden können. Daher wäre bei der Implementierung derartig spezialisierter öffentlich-geförderter VC-Gesellschaften im Besonderen eine nachhaltig stabile strategische Ausrichtung anzuregen, um tiefgehende Marktkenntnisse zu erlangen und den Zugang zu spezifischen Netzwerkstrukturen zu erhalten. Darüber hinaus sind die Personal- sowie CG- bzw. Anreizstrukturen stärker an die gegebenen Marktbedingungen anzupassen. In diesem Kontext entscheidend ist die markkonforme Ausgestaltung einzelner VC-Finanzierungskonditionen, um eine performanceorientierte Exit-Orientierung stärker zu honorieren. Parallel hierzu sollten erfolgsabhängige Vergütungsmodelle noch stärker etabliert werden, um auf Ebene des Managements monetäre Anreize zu setzen und somit auch Spezialisten lukrative Verdienstmöglichkeiten zu bieten, die es verstärkt zu werben gilt. Für eine qualitativ höherwertige CG sind zudem auch wichtige Überwachungs- und Kontrollorgane, wie z.B. lnvestorengremien, mit Experten zu besetzen und marktkonform zu vergüten. Das Ziel sollte letztendlich darin bestehen, öffentlich-geförderte VC-Gesellschaften stärker an die institutionelle Struktur privater VC-Geber anzugleichen, um mehr als gleichwertiger Syndizierungspartner und weniger als „kompensierender Gießkannenfinanzierer" wahrgenommen zu werden. Im Ergebnis würde somit zumindest partiell eine Angleichung an das von privaten VC-Gebern bevorzugte Syndizierungspartnerprofil 778 „S2" in Abbildung 31 erreicht werden. Ist der beschriebene Aufbau derartig spezialisierter und markkonformer VCGesellschaften aufgrund der angeführten Langfristigkeit politisch nicht realisierbar, wäre als letzter Denkanstoß die institutionelle Trennung zwischen der Finanzierungs- und Managementfunktion anzuregen, wie in Abbildung 32 dargestellt. Dies ist möglich, da sich das Gesamtkonstrukt einer VC-Gesellschaft grundsätzlich aus einer Fonds- und Managementgesellschaft zusammensetzt, wie in einem 779 vorherigen Abschnitt dieser Arbeit beschrieben.

778 779

Vg 1. Kapite 16.3.1. Vg 1. Kapite 13.2.1.

264

ERGEBNISINTERPRETATION

Auswahl/ Management

Honorar

Portfoliounternehmen Finanzierung

Rückfluss aus Exit

i

Private Managementgesellschaft



Quelle:

32: Direkte

öffentliche

Öffentliche Investoren