Studien zum dritten Esra: Ein Beitrag zur Frage nach dem ursprünglichen Schluß des chronistischen Geschichtswerkes 9783666532450, 9783525532454


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Studien zum dritten Esra: Ein Beitrag zur Frage nach dem ursprünglichen Schluß des chronistischen Geschichtswerkes
 9783666532450, 9783525532454

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Karl-Friedrich Pohlmann Studien zum dritten Esra

KARL-FRIEDRICH POHLMANN

Studien zum dritten Esra Ein Beitrag zur Frage nach dem ursprünglichen Schluß des chronistischen Geschichtswerkes

VANDENHOECK & RUPRECHT IN G Ö T T I N G E N

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein 104. Heft der ganzen Reihe

Gedruckt m i t U n t e r s t ü t z u n g des M a r b u r g e r

Universitätsbundes

u n d der S t i f t u n g Volkswagenwerk © Vandenhoeck & R u p r e c h t , Göttingen 1970. — P r i n t e d in G e r m a n y . — Ohne

ausdrückliche G e n e h m i g u n g

des Verlages ist es n i c h t

gestattet,

das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem

Wege

zu vervielfältigen. G e s a m t h e r s t e i l u n g : H u b e r t & Co., G ö t t i n g e n

MEINEN

ELTERN

IN DANKBARKEIT GEWIDMET

Vorwort

Die vorliegende Untersuchung stellt die unveränderte Fassung meiner von der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg im Wintersemester 1 9 6 8 / 6 9 angenommenen Dissertation dar. Meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Otto Kaiser, gih mein besonderer Dank für alle Anregungen und Hilfen, mit denen er das Entstehen dieser Arbeit begleitete. Herrn Prof. D. Dr. Ernst Würthwein und Herrn Prof. D. Emst Käsemann sowie dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht danke ich für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe der Forschungen zur ReUgion und Literatur des Alten und Neuen Testaments. Marburg, im Juh 1 9 7 0

Karl-Friedrich Pohlmann

Inhalt

Vorwort

6

Einleitung

9

I. D i e Frage n a c h d e m Wert des dritten Esra für die R e k o n s t r u k t i o n der ursprünglichen c h r o n i s t i s c h e n Esraerzählung

14

A. B. C. D.

14 15 19 26

Das Problem Die Kompilationshypothese Die Fragmenthypothese Methodische Erwägungen

II. U n t e r s u c h u n g e n zur Frage der Abhängigkeit d e s dritten Esra v o n ....

32

A. Der Anfang des dritten Esra B. Der Schluß des dritten Esra C. Die Pagenerzählung 3 , 1 - 5 , 6 im dritten Esra a) Die Stellung im jetzigen Kontext b) Die Vorgeschichte (Der ursprüngUche Kern der Erzählung und seine späteren Überarbeitungen) c) Die Frage nach der Originalsprache d) Der Interpolationsvorgang D. Die Esraerzählung des dritten Esra a) Die Frage nach ihrer Abhängigkeit von der kanonischen Version . . . . b) Die bisherigen Belege für die Kenntnis der kanonischen Anordnung und ihre Überprüfung 1. Das Verhältnis von dritter Esra 5,7ff zu Neh 7,6ff 2. Das Verhältnis von Esr 2 zu Neh 7 3. Die Erwähnung des Attarates in dritter Esra 9,49 4. Dritter Esra 9,37 und das Verhältnis zu Neh 7,72/8,1 E. Zusammenfassung und Folgerungen

der k a n o n i s c h e n Fassung des chronistischen G e s c h i c h t s w e r k e s

32 34 35 36

III. D a s Z e u g n i s d e s J o s e p h u s A. Das Verhältnis der Darstellung des Josephus in Antiquitates XI zum dritten Esra a) Die Abhängigkeit vom Wortgebrauch des dritten Esra 1. DarsteUung 2. Zusammenfassung b) Die inhaltlichen Abweichungen 1. Darstellung 2. Ergebnisse und Folgerungen B. Das Verhältnis von Antiquitates XI, §§ 1 5 9 - 1 8 3 zu Neh 1 - 1 3 a) Darstellung b) Zusammenfassung und Ergebnis

37 48 50 53 53 54 54 57 64 66 71 74 74 76 76 90 91 91 113 114 114 124

8

Inhalt

IV. D i e ursprüngliche A b f o l g e der c h r o n i s t i s c h e n Esraerzählung A. Die Frage nach der Plazierung von Neh 8 a) Die Thesen b) Analyse von Neh 8 1. Der Aufbau des Kapitels 2. Die Intentionen des Chronisten in Neh 8 c) Die Feste im chronistischen Geschichtswerk B. Die Frage nach dem Schluß des chronistischen Geschichtswerkes a) Die Stellung der Nehemiadenkschrift im chronistischen Geschichtswerk b) Das Ziel des chronistischen Geschichtswerks V. Z u s a m m e n f a s s u n g Exkurs I

127 127 127 132 132 136 140 143 143 145 149

Der griechische Sprachgebrauch der I n t e r p o l a t i o n dritter Esra 3 , 1 - 5 , 6 u n d sein V e r h ä l t n i s z u m Übersetzungsgriechisch d e s

E x k u r s II

Kontextes

150

Zu Neh 8 , 1 - 1 2

151

Literaturverzeichnis

155

Einleitung

Dem chronistischen Geschichtswerk ist es nicht anders ergangen als den meisten Erzeugnissen israeHtisch-jüdischer Literatur. Im Laufe der Tradierungsgeschichte haben nachträglich kleinere und größere Zusätze, überhaupt Eingriffe verschiedener Art, dem ursprünglichen Grundbestande dieses Werkes ein mehr oder weniger verändertes Gesicht gegeben. Das Endergebnis ist die Geschichtsdarstellung, wie sie uns in den kanonischen Büchern l./2.Chr, Esr und Neh erhalten ist. Eine klare Abgrenzung des Ursprünglichen gegenüber sekundären Erweiterungen ist daher unumgänglich, wenn geklärt werden soll, in welcher Gestalt dieses Geschichtswerk aus der Hand seines Verfassers hervorgegangen ist. Erst wenn das gelungen ist, dürfte es möglich sein, die wesentlichen Intentionen zu erfassen und seine theologische Gesamtkonzeption richtig zu verstehen. In der vorUegenden Arbeit interessieren allerdings weniger die späteren Nachträge, die sich eindeutig in l./2.Chr nachweisen lassen'; es geht uns hier vielmehr um die bislang umstrittene Frage, in welcher Fassung die Verfasserpersönlichkeit, die wir gememhin als den Chronisten bezeichnen, ursprünglich den Bericht über die Neukonstituierung der Jerusalemer Kultgemeinde vorgelegt hat^. Wie jedem Leser auf den ersten Blick auffallen muß, kann nämlich die in den kanonischen Büchern Esr/Neh enthaltene Fassung kaum als ein Werk aus einem Guß angesehen werden. Das gilt besonders für die Darstellung der Ereignisse unter Esra und Nehemia (Esr 7 - 1 0 ; Neh 1 - 1 3 ) , deren Aufriß recht verwirrt und widerspruchsvoll erscheint^: 1

2

3

Man ist sich im allgemeinen einig, daß besonders in l . C h r l - 9 und l.Chr 2 3 - 2 7 nachträgliche Einschaltungen vorliegen müssen; vgl. z. B. Noth, Studien, S. 112 ff; Rudolph, Komm. Chronik, z.St.; Eißfeldt, Einleitung, S. 733. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß der Chronist, nachdem er die Geschichte seines Volkes bis zur Katastrophe im Jahre 587 v.Chr. (2.Chr 36) dargestellt hat, sein Werk anschließend noch fortsetzte; daß diese Fortsetzung von l./2.Chr in den Büchern Esr/Neh, in welcher Form auch immer, noch enthalten sein muß, beweisen schon die zahlreichen Gemeinsamkeiten des Sprachgebrauchs, des Stiles und der Gedankenwelt. Da außerdem Esr/Neh gerade von der Wiedergewinnung der Dinge berichten, deren Verlust am Ende von 2.Chr zu beklagen war, ist die Behauptung van den Bussches (Het Probleem van Kronieken, S. 26) nicht gerechtfertigt, die Zusammengehörigkeit von l./2.Chr und Esr/Neh sei „onvoldoende bewezen". Zwar stößt man auch schon bei der Lektüre von EST 1 - 6 , dem Bericht über die Rückkehr der Gola nach Jerusalem, über die Neueinrichtung des Opferkultes sowie über



Einleitung

Nach der Vorstellung Esras in Esr 7,1-5 erfährt der Leser, daß dieser bedeutende Mann mit Unterstützung des persischen Königs Artaxerxes als Anführer einer großen Karawane von Babylon nach Jerusalem zieht. Zur Durchführung verschiedener kultischer Maßnahmen in Jerusalem und Juda erhält Esra ein Legitimationsschreiben des Großkönigs, das außerdem noch zahlreiche besondere Vergünstigungen für die Juden enthält. Die Liste der an der Reise nach Jerusalem Beteiligten lesen wir in Esr 8,1-14. Nach kurzem Aufenthalt an einem Fluß und intensiven Vorbereitungen (Fasten, Gewinnung von Leviten, Verteilung der staatUchen und privaten Spenden sowie der Kultgeräte an das mitreisende Kultpersonal) erreicht der Zug ohne besondere Vorkommnisse Jerusalem, wo man zunächst drei Tage Ruhe hält. Daraufhin werden die mitgebrachten Schätze den zuständigen Männern im Tempel überantwortet und Opfer dargebracht. Anschließend benachrichtigt man die persische Provinzialverwaltung über die Verordnungen des Großkönigs. Nach ,^rledigung dieser Dinge" (Esr9,1a) muß Esra erfahren, daß das Volk, sowie Priester und Leviten teilweise in Mischehen lebt und sich der ,^ieilige Same" mit den Völkern des Landes eingelassen hat (Esr 9,2). Als Esra davon hört, zerreißt er seine Kleider; er wirft sich zu Boden und harrt völlig erschüttert bis zum Abendopfer aus. Währenddessen versammeln sich um ihn alle diejenigen, die wegen dieses Vergehens der Gola in Sorge und Furcht sind (Esr 9,4). So können sie alle das Gebet Esras vernehmen, zu dem er sich während des Abendopfers aufrafft (Esr 9,6-15). Die inzwischen immer größer gewordene Gemeinde bricht daraufhin in Weinen aus. Schließlich tritt ein Mann namens Schechanja hervor, um ein Schuldbekenntnis auszusprechen. Er macht zugleich den Vorschlag, die rechte Verfassung der Gemeinde dadurch wiederherzustellen, daß man sich verpflichtet, die fremdstämmigen Frauen und Kinder zu entlassen. Esra geht auf diesen Vorschlag ein und läßt die Führer des Юerus und der Laien schwören, daß sie entsprechend handeln werden (Esr 10,1-6). Unter Androhung von schweren Strafen bei Nichterscheinen (Esr 10,8) wird anschließend eine Versammlung angesetzt, zu der sich „alle Männer von Juda und Benjamin" auf dem Tempelplatz einfinden. Esra trägt die Anklage vor und verlangt das Eingeständnis der Schuld sowie die Auflösung der ungesetzlichen Mischehen als Zeichen des Gehorsams. Die versammelte Gemeinde stimmt zu; nur bittet man um Einsetzung einer besonderen Kommission (EST 10,14), da wegen der vielen Betroffenen und der ungünstigen Jahreszeit diese Angelegenheit kaum in „ein oder zwei Tagen" in Ordnung zu bringen sei. Diesem Vorschlag wird stattgegeben. Für die Untersuchung und Regelung der fraglichen FäHe braucht die den Beginn des Tempelbaus und seine glückliche Vollendung, auf manche Spannungen; dennoch gibt man sich im allgemeinen damit zufrieden, daß die vorliegende Textanordnung in allem wesentlichen auf die Hand des Chronisten selbst zurückgeht; so Noth, Studien, S. 123; Rudolph, Komm. Esra, S. XXII (nur wenige Einzelzusätze); vgl. aber Hölscher, HSAT, 2. Bd. 19234, s. 492b.

Einleitung

11

Kommission drei Monate. Das Verfahren kann am 1.1. abgescMossen werden. In der Liste Esr 10,18-43 finden wir die Namen derjenigen, die sich fremde Frauen genommen hatten. Der ursprüngliche Schluß von Esr 10 scheint verloren gegangen zu sein, da Vers 44 offensichtlich verstümmelt ist. Neh 1,1 setzt ganz unvermittelt mit der Geschichte Nehemias ein. In der Form eines Ichberichtes werden wir informiert, wie es dazu kam, daß Nehemia vom Perserkönig Artaxerxes als Statthalter nach Jerusalem entsandt wurde und dort den Wiederaufbau der Stadtmauer in Angriff nehmen konnte (Neh 1 - 2 ) . Wir erfahren weiterhin, wie es Nehemia allen Widerständen zum Trotz gelingt, das Werk glücklich zu vollenden und die Verteidigungsfähigkeit der Stadt wiederherzustellen (Neh 3 - 7 , 3 ) . In Neh 7 , 4 - 5 a lesen wir, daß die Stadt nur wenig bevölkert ist und Nehemia deswegen eine Volksversammlung nach Jerusalem einberuft. Daran anschließend (Neh 7 , 6 - 7 2 ) wird merkwürdigerweise das schon in Esr 2 vorliegende Geschlechterverzeichnis mitgeteilt, das jedoch hier gar nicht mit dem Kontext in Einklang zu bringen ist. Neh 8 taucht mit einem Male der seit Esr 10 nicht mehr erwähnte Esra wieder auf, der hier vor dem ganzen Volk, das sich im 7. Monat in Jerusalem versammelt hat, das „Gesetz Mose, das Jahwe Israel geboten hat", vorträgt. Am 1.7. liest er unter starker Anteilnahme der Gemeinde vom frühen Morgen bis zum Mittag daraus vor. Die bis dahin herrschende ernste Stimmung schlägt anschließend in große Freude um, so daß der Tag mit Essen und Trinken in einem großen Freudenfest ausklingen kann (Neh 8,12). Als sich am nächsten Tag die Familienhäupter bei Esra versammeln, um weiterhin aus dem Gesetz zu hören, stößt man auf das Gebot, am Fest im 7. Monat in Laubhütten zu wohnen (Neh 8,14). Es werden daher die entsprechenden Vorbereitungen getroffen, so daß schließUch das Fest vorschriftsmäßig begangen werden kann. Die ganze Gertieinde derer, die aus der Gefangenschaft zurückgekehrt sind, ist zugegen und beteiligt (Neh 8,17). Es herrscht „sehr große Freude" (Neh 8,17), und man liest „Tag um Tag" bis zum Ende des achttägigen Festes im Buch des Gesetzes Gottes (Neh 8,18). Von einer weiteren Versammlung am 20. Tag desselben Monats hören wir in Neh 9. In Sack und Asche sind jetzt die Kinder Israels zusammengekommen, um ihre Sünden und Vergehen zu beichten. Wiederum liest man aus dem Buch des Gesetzes Jahwes vor (Neh 9,3). Auf das lange Gebet (Neh 9 , 6 - 3 7 ) folgt ein Gemeindebeschluß (Neh 10), daß alle im Gesetz Gottes wandeln und die jeweiligen Anordnungen betreffs Mischehen, Sabbat und Abgaben einhalten sollen. Neh 11,1-2 scheint plötzlich wieder an Neh 7 , 4 - 5 a anzuknüpfen, da hier nun zu erfahren ist, wie die Vermehrung der Bevölkerung Jerusalems tatsächlich zustande kommt. Eine lange Liste der Bewohner Jerusalems und der resthchen jüdischen Ortschaften finden wir im Schluß des Kapitels (Neh 11,3-36). Weite-

12

Einleitung

res Listenmaterial, das über Priester und Leviten unterrichten will, enthält Neh 12,1-26. Nach langer Unterbrechung (Neh 6!) kommt jetzt Neh 12,27-43 wieder auf das Thema Mauerbau zu sprechen. Die hier geschilderte Einweihungsfeier wäre allerdings viel früher zu erwarten gewesen. Außerdem stellt man fest, daß in diesem Abschnitt gelegentlich wieder in der ersten Person berichtet wird, was seit Neh 7,5 nicht mehr der Fall war. Nach einigen Mitteilungen (Neh 12, 4 4 - 4 7 ) über die Bestellung von Amtleuten für die Abgaben an Priester und Leviten handelt Neh 13,1—3 noch einmal kurz von der Ausscheidung aller Fremdstämmigen aus der Gemeinde, obgleich diese Angelegenheit doch mit Esr 10 abgeschlossen schien. Der Rest des Kapitels (Neh 13,4-31) erzählt wieder ganz in der Ichform. Nehemia befaßt sich hier in erster Linie mit kultischen Fragen. Er bemüht sich um die Beseitigung von Mißständen im Tempel, um die Abgaben für die Leviten (Neh 13,4-14), besonders aber und mit äußerst wirksamen Methoden um die Einhaltung des Sabbats (Neh 13,15-22). Im abschließenden Teil (Neh 13,23-31) ist erneut von Ehen mit ausländischen Frauen die Rede. Wir lesen hier jedoch nur, daß Nehemia seinen Volksgenossen schwere Vorwürfe macht; die Möglichkeit einer Auflösung dieser Ehen scheint er gar nicht in Betracht gezogen zu haben. Innerhalb dieser Darstellung der Ereignisse unter Esra und Nehemia fällt zunächst ganz besonders die merkwürdige Stellung der Kapitel Neh 8—10 im jetzigen Kontext auf. Da sie von ihrem Inhalt und Stil her sehr nahe mit Esr 7—10 verwandt erscheinen und sich zugleich von der Eigenart der ersten sieben Kapitel des Neh-Buches stark abheben, steht man vor der Frage, ob sie nicht einst mit der Esrageschichte Esr 7 - 1 0 in Verbmdung gestanden haben können. Jedenfalls smd diese Kapitel am jetzigen Ort problematisch, was auch schon daraus hervorgehen dürfte, daß die eigentliche Fortsetzung von Neh 7,5 offensichtlich in Neh 11 vorliegt. Dann liegt es aber nahe. Neh 8 - 1 0 un jetzigen Textzusammenhang als Einschaltung aufzufassen. Soweit ist man sich zwar in der Forschung bei der Beurteilung des vorliegenden Tatbestandes im allgemeinen einig; die weitergehende Frage allerdings, wie man sich denn den gegenwärtigen Zustand und die Entstehung der Darstellung in dieser Form zu erklären habe, wird noch eifrig diskutiert. So geben úávNoth'^ und Kellermann^ damit zufrieden, daß im wesentlichen der Chronist selbst für alle diese Merkwürdigkeiten verantwortlich zu machen ist; andere wiederum, wie Rudolph^, rechnen mit späteren versehentlichen Textumstellungen, wobei jedoch der eigentlich chronistische Textbestand erhalten gebUeben sei, es also nur darauf ankäme, die ursprüngHche Reihenfolge wieder4 5 6

Noth, Studien, S. 128. Kellermann, Nehemia, S. 32. Rudolph, Komm. Esra, S. XXII.

Einleitung

13

herzustellen. Hölscher^ und Mowinckel^ vertreten dagegen die Auffassung, daß die vorliegende Textgestalt dieses Teiles der chronistischen Geschichtsdarstellung lediglich das Ergebnis einer nachchronistischen redaktionellen Überarbeitung ist. Ein späterer Redaktor habe hier durch Zusätze und Umstellungen das Originalwerk des Chronisten sehr stark verändert. Hölscher, HSAT, 2. Bd. 1923", S. 493ff. Mowinckel, Studien, I, S. 29ff.

I. Die Frage nach dem Wert des 3 E für die Rekonstruktion der chronistischen Esraerzählung

A. Das Problem In der Diskussion des oben vorgestellten Fragenkomplexes spielt seit je eine Schrift eine große Rolle, die uns die griechische Übersetzung des Alten Testamentes neben dem kanonischen Esr/Neh-Buch (Εσδρας β) unter der Bezeichnung Εσδρας a überliefert h a t ' . Mit Hieronymus pflegt man sie jetzt im allgemeinen 3. Esra zu nennen (im folgenden 3 E)^. Sie setzt abrupt ein mit dem Bericht des Passafestes unter Josia (= 2.Chr 35,Iff) und folgt genau der chronistischen Darstellung der Ereignisse bis zum Ende von 2.Chr 36. Daraufhin lesen wir den gesamten Inhalt des Esrabuches, allerdings in etwas abweichender Reihenfolge. An 3 E 9,36 (EST 10,44) schließt sich dann unter Auslassung von Neh 1 - 7 direkt das 8. Kapitel des Neh-Buches an, welches jedoch nur zu Hälfte mitgeteilt wird, da 3 E in 9,55 (= Neh 8,13) mitten im Satz abbricht. Zur Verdeutlichung der Parallelität von Chr/Esr/Neh und der Textgestalt des 3 E mag folgende Tabelle^ dienen: 3E 3E 3E 3E 3E 3E 3E 3E 3E 3E

1,1-20 l,21f 1,23-55 2,l-3a 2,3b-11 2,12-26 3,1-5,6 5,7-71 6,1-9,36 9,37-55

2.Chr 35,1-19 = ohne Parallele 2.Chr 35,20-36,21 = 2.Chr36,22f = Esr 1,1-3a = Esr 1,3b-11 = Esr 4 , 7 - 2 4 = ohne Parallele Esr 2,1-4,5 = Esr 5,1-10,44 = Neh 7,72-8,13a =

Von der großen Einschaltung 3 E 3,1-5,6 zunächst abgesehen fällt besonders auf, daß 3 E gerade dort, wo die Anordnung in den kanonischen Büchern problematisch ist (Esr 7 - 1 0 ; Neh 1 - 7 ; 8 - 1 0 ; 11-13), eine abweichende Reihenfolge 1 2

3

Vgl. die Septuaginta-Codices BSA. Die Bezeichnung 3. Esta (liber tertius Esdrae) erklärt sich so, daß Hieronymus Handschriften kannte, in denen die Aufteilung des msprünglich einheitlichen Esr/Neh-Buches schon vorgenommen war und die so entstandenen Teile als 1. und 2. Buch Esra betitelt waren (vgl. Prologus galeatus in üb. Samuel et Malachim praef., BibUa Sacra 5,5). Der Einfachheit halber folgen wir der Verszählung der Septuagintaausgabe von Rohlfs.

Die Kompilationshypothese

15

bietet. Da Neh 1 - 7 in 3 E fehlt, steht Neh 8 (= 3 E 9,37ff) in direkter Verbindung mit der sogenannten Esraerzählung Esr 7 - 1 0 (= 3 E 8,1-9,36). Seit Michaelis haben daher zahheiche Forscher angenommen, daß sich hier in griechischer Übersetzung ein Teil einer ursprünglicheren Fassung des chronistischen Esrabuches, wenn auch nur fragmentarisch, erhalten habe, der es uns ermögliche, die originale Abfolge der Darstellung des Chronisten in diesen Passagen zu rekonstruieren''. Eine ebenso beachtliche Reihe namhafter Wissenschaftler allerdings widerspricht dieser Ansicht, indem sie sich an die. Behauptung Bertholdts hält, daß 3 E lediglich das Produkt eines Kompilators sei, der unter Verwendung der kanonischen Bücher Chr/Esr/Neh aus tendenziösen Gründen mehrere Abschnitte daraus neu zusammenstellte'. Das würde natürlich bedeuten, daß 3E nur noch bei der Entscheidung von textkritischen Fragen eine Rolle spielen könnte, sonst aber bei literarkritischen Problemen des Esr/Neh-Buches völlig unberücksichtigt bleiben müßte. Ein kurzer Überblick über die bisherige Auseinandersetzung um den 3 E soll uns die vorliegende Problematik verdeutlichen und den Weg zeigen, den wir einschlagen müssen, wenn wir hier erneut die Frage zu beantworten suchen, wie sich diese Textgestalt des 3 E erklären läßt und in welchem Verhältnis sie zu der kanonischen Version steht.

B. Die

Kompilationshypothese

Alle Anhänger dieser Hypothese vertreten gemeinsam die Auffassung, daß bei der Entstehung des 3 E die kanonischen Bücher Chr/Esr/Neh schon in ihrer jetzigen Gestalt vorgelegen haben. Um im folgenden unergiebige Wiederholungen zu vermeiden, beschränken wir uns darauf, nur die wichtigsten und ausführlichsten Arbeiten zu referieren^. 4 5 6

Im folgenden bezeichnen wir diese Auffassung als Fragmenthypothese. - Zu Michaelis s.u. S. 19. Diese Auffassung nennen wir künftig Kompilationshypothese. - Zu Bertholdt s.u. S. 16. Von den übrigen zahlreichen Anhängern der Kompilationshypothese seien hier nur genannt: O. F. Fritzsche (Kurzgefaßtes exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des Alten Testamentes. 1. Lieferung, Leipzig 1851), E, Bertheau (Die Bücher Esra, Nehemia und Esther. KeH 17. Lieferung, Leipzig 1862), H. Ewald (Geschichte des Volkes Israel, 4. Bd., 3. Ausgabe. Geschichte Ezra's und der Heüigherrschaft in Israel bis Christus. Göttingen 1864), C. F. Keil (Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die kanonischen und apokryphen Schriften des Alten Testamentes3. Frankfurt 1873), W. Vatke (Historisch-kritische Einleitung in das Alte Testament. Nach Vorlesungen herau^egeben von H. G. S. Preiss, Bonn 1886), O. Zöckler (Die Apokryphen des Alten Testaments, München 1891), Ed. König (Einleitung in das Alte Testament mit Einschluss der Apokryphen . . . Bonn 1893), 5. R. Driver (Einleitung in die Litteratur des Alten Testaments, Berlin 1896), S. Oettli (Die geschichtlichen Hagiographen,

16

Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

Bertholdt'^, auf dessen Urteil sich die meisten späteren berufen, hat seine Ansicht folgendermaßen begründet: scheint der gegenwärtige Anfang des Buches mit seinem Ende in einer nothwendigen Verbindung zu stehen, und ich glaube, daß man nur allein dadurch, daß man das Buch bei seinem gegenwärtigen Anfange und Ende beläßt, einen Plan oder Zweck in die Arbeit des Compüators, den er ohnfehlbar gehabt haben muß, hineinbringen kann. Er wollte eine Geschichte des Tempels von der letzten Epoche des legalen Cultus an bis zur Wiederaufbauung desselben und zur Wiedereinrichtung des vorgeschriebenen Gottesdienstes darinnen aus älteren Werken zusammensetzen; deswegen beginnt er mit der von Josiah angestellten Passahfeier; denn diese war der letzte legale Actus im ersten Tempel . . . der vorschriftsmäßige Cultus (war) aber erst dadurch auf die künftigen Zeiten ganz fest und sicher gestellt, daß zu Nehemias Zeit die Priester und Leviten in ihre alten Besitzungen eingewiesen wurden und die Verlesung der Thora gesetzlich verordnet ward. Aus dieser Ursache Schloß nun der Verfasser sein compiliertes Werk mit Eitu:ückung des Abschnittes aus Neh VII,73VIII,12 . . . Während man früher vermutet hatte, daß 3E eine aus den kanonischen Büchern hebräisch und aramäisch zusammengesetzte Textgestalt voraussetze', die erst daim übersetzt worden sei, will Bertholdt Kompilator und Übersetzer als eine Person verstehen. Während des Übersetzungsvorganges könne nämhch erst das Sonderstück des 3E, die Pagenerzählung (3E 3,1-5,6), „ein philosophisch-moralisches Räsonnement, in ein historisches Gewand gehüllt, nach dem Geschmacke der Alexandriner" das entweder vom Übersetzer selbst verfaßt worden sei oder diesem aus einer verlorenen Schrift bekannt war, eingerückt worden sein. Lediglich in diesem Punkt meint Bayer ^^ den Ausführungen Bertholdts nicht zustimmen zu können. Er kommt in seiner ausführlichen Untersuchung zu dem Ergebnis, daß mit einer 3 E entsprechenden, aus den kanonischen Büchern schon semitisch kompilierten Vorlage gerechnet werden müsse. Bayer ist wie Torrey Nördlingen 1889), E. Schürer (Geschichte des jüdischen Volkes, Bd. III, Leipzig 1904 H. Guthe (in Kautzsch' Apokryphen I, Tübingen 1900), H. Schneider (Die Bücher Esra und Nehemia, HSchAT IV,2, Bonn 1959), A. Weiser (Einleitung in das Alte Testament, Göttingen 1963 5), O. Eißfeldt (Einleitung in das Alte Testament, Tübingen 19643), F. Michaeli (Les livres des Chroniques, d'Esdras et de Néhémie. Commentaire de l'Ancien Testament XVI. Neuchâtel 1967). 7 8

9 10 11 12

L. Bertholdt, Historisch-kritische Einleitung in sämmtliche kanonische und apokryphische Schriften des alten und neuen Testaments. Dritter Theil, Erlangen 1813, S. 1 0 0 5 - 1 0 1 3 . AaO, S. 1011. - Die beiden letzten Worte des 3 E και έπισυνήχ'9'ησαν sind nach Berthold eventuell aus dem folgenden Vers 13 (Neh 8) geflossen, könnten aber als Abkürzung der Erzählung angesehen werden (aaO, S. 1012). Dem über 3 E 9,55 hinausführenden Bericht des Josephus sei keine besondere Bedeutung zuzumessen. Joh. Morinus, Exercitationes bibücae . . . , 1633, S. 528. AaO, S. 1008. Bayer, Das dritte Buch Esdras . . . 1911. Torrey, Ezra Studies, Chicago 1910; vgl. dazu unten S. 23.

Die Kompilationshypothese

17

Überzeugt, daß man für die Pagenerzählung 3 E 3,1—5,6 eine aramäische Vorlage anzunehmen hat. Der Verfasser dieses der Targumliteratur nahestehenden Gebildes'^ sei gleichzeitig der Interpolator; dieser aber müsse, wie aus der Stellung der Interpolation und den darauf beruhenden Umstellungen ersichtlich sei, auch der Kompilator des gesamten 3 E sein. Existierte also zunächst eine hebräischaramäische Kompilation, wie Bayer meint, dann können demnach Kompilator und griechischer Übersetzer nicht identisch sein. Die griechische Übersetzung des 3 E sei „um die Wende des ersten vorchristlichen Jahrhunderts" entstanden"*; darauf deute die sprachhche und lexikaHsche Verwandtschaft besonders mit dem zweiten Makkabäerbuch. Allerdings sei die Parallelübersetzung Εσδρας β wesentlich jünger, da diese erst von Theodotion angefertigt worden sei. Walde ' ' bestimmt zwar das Alter des 3 E ähnlich wie Bayer, indem er an eine Abfassung in der zweiten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts denkt; er hält jedoch Εσδρας β für die ältere Übersetzung, da sie aus der Zeit vor oder um 150 v.Chr. stamme'®. 3 E verdanke seine Entstehung einem besonderen tendenziösen Anliegen. Walde kommt hier wieder auf die schon von Bertholdt vertretene Auffassung zurück, daß 3 E das Produkt eines kompilierenden Übersetzers sei; diesem habe keine andere Vorlage zur Verfügung gestanden als die im MT erhaltene Version des chronistischen Geschichtswerkes, die er aus „tendenziösen Gründen" geändert haben wollte, , 3 s sollten die letzten herrlichen Tage des Tempels und Gottesdienstes in Verbindung gebracht werden mit der Wiederherstellung der religiösen Verhältnisse im jüdischen Gemeinwesen nach dem E x i l . " " Allerdings plädiert Walde^^ anders ús Bertholdt und Bayer'^^ dafür, daß zum ursprünglichen Schluß des 3 E doch noch Neh 8,13—18 gehört habe. Es sei aber nicht erlaubt, sich hier auf Josephus zu berufen (Ant. XI, § 157f), da dieser Autor zwar 3 E weitgehend folge, jedoch auch etwaige Lücken in der Darstellung selbständig ausfülle. Neh 8 , 1 3 - 1 8 ,4iat Josephus nicht in 3 Esd vorgefunden, wie die Zusammenfassung dieser fünf Verse in einen Satz bezeugt, sondern er hat nach dem nächsten Zusammenhang in Neh ergänzt"^'. Die Begründung für seine Armahme, daß 3 E einst noch Neh 8 , 1 3 - 1 8 umfaßte. 13

14 15 16 17 18 19 20 21

Vgl. Bayer, aaO, S. 113 „Meines Erachtens enthält dieser Pagenstreit nichts anderes als den Niederschlag einer Reflexion über die in den Büchern Esther und Daniel erzählten Begebenheiten." Bayer, aaO, S. 155. Walde, Die Esdrasbücher der Septuaginta . . . 1913. WaWe, aaO, S. 51. Waide, aaO, S. 158. Walde aaO, S. 158. S.o. S. 16. Bayer. aaO, S. 91ff. Walde, aaO, S. 157. - Bayer (aaO, S. 91f) fand bei Josephus lediglich bestätigt, „daß un ersten christlichen Jahrhundert das Buch genau so weit reichte, als es heute reicht".

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Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

findet Walde vielmehr darin, daß gerade der Ausklang mit der Festfreude in Neh 8,18 hervorragend mit der Tendenz des 3 E übereinstimme^^. Kuch. Rudolph^^ argumentiert im wesentlichen nicht anders als seine Vorgänger. „3 Esr behandelt . . . die drei Herstellungen des jüdischen Gottesdienstes und der religiösen Organisation unter Josia, Serubabel und Esra, während er Nehemia, dessen Hauptleistung auf politischem Gebiet lag, nicht berücksichtigte. Von da aus ist auch die Art semer Auswahl vollkommen verständlich. Daß er mit der Passahfeier Josias beginnt . . . ist Absicht, ebenso, daß er mit der Gesetzesverlesung Esras und der anschließenden Festfeier endigt."^'' Für den Abschnitt 3 E 3,1—5,3 lasse sich das Griechische als Grundsprache nachweisen^', so daß damit ein Beleg für die ursprüngliche Unabhängigkeit der Pagenerzählung vom übrigen 3 E, der sich ja als Übersetzung aus dem hebräischen und aramäischen MT erweise, gegeben sei. Rudolph ist überzeugt, daß der „Kompilator" des 3 E bereits die jetzige Verknüpfung von Neh 7 mit Neh 8 kannte, daß folglich die im 3 E gebotene Reihenfolge E s r 7 - 1 0 / N e h 8 durch nachträgliche Umstellungen entstanden sein muß. Daher verdiene 3 E sachlich und in der Anordnung des Stoffes nirgends den Vorzug vor der kanonischen Darstellung und trage daher in dieser Beziehung auch nichts zur Aufhellung der Probleme der kanonischen Esr/Neh-Bücher bei. Wenn Josephus die Version des 3 E benutze und auswerte, so sei das mit seiner Vorliebe für besseres Griechisch zu erklären^®. Außerdem könne hier auch die für hellenistische Leser interessante Pagenerzählung den Ausschlag dazu gegeben haben. Jedenfalls seien daraus keine weiteren Schlüsse zu ziehen. Die Frage nach dem Alter von 3 E lasse sich nicht eindeutig beantworten; immerhin spreche einiges dafür, daß 3 E in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts v.Chr. entstanden sein müsse Wenn auch die Ansichten der Anhänger der Kompilationshypothese in manchen Punkten durchaus nicht übereinstimmen, so können wir doch folgende Grundzüge in ihrer Beurteilung des 3 E hervorheben: 1. Ganz allgemein nimmt man an, daß 3 E eine sehr alte Übersetzung ist; man rechnet entweder damit, daß sie eine genaue entsprechende, aus den kanonischen Büchern hebräisch-aramäisch kompilierte Vorlage voraussetzt, oder man glaubt, daß in einem Zuge direkt aus dem MT kompiliert und übersetzt wurde 22 23 24 25 26 27 28

Vgl. Walde aaO, S. 15 8f. Rudolph, Komm. Esra. Vgl. die Einleitung S. IV-XIX. Rudolph, Komm. Esra, S. XIV. - 3 E soll ursprünglich mit Neh 8,12 geendet haben. Rudolph, Komm. Esra, S. X. Rudolph, Komm. Esra, S. XVII. Rudolph, Komm. Esra, S. XVII. Die von Keil (aaO) vertretene Ansicht, daß der Verfasser des 3 E einen LXX-Text ausgewertet habe (so auch im Anschlufi an Keil später Vatke, Zöckler und Schürer·, letzterer hat später revoziert), ist seit Nestles Untersuchungen (Marginalien, S. 2 3 - 5 1 ) endgültig widerlegt und daher später auch nie mehr vertreten worden.

Die Fragmenthypothese

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2. Die meisten sind überzeugt, daß Anfang und ЗсЫиБ des 3 E so erhalten geblieben ist, wie vom Übersetzer bzw. Kompilator beabsichtigt, daß also der Einsatz mit dem Passahfest des Josia ebenso gewollt ist wie der Ausklang mit Neh 8,1-12. 3. Die Pagenerzählung 3 E 3,1-5,6 wird von allen als Interpolation angesehen, die vom Kompilator oder kompilierenden Übersetzer bei Entstehung des 3 E vorgenommen wurde, wobei die schon vorliegende kanonische Textanordnung Esr 1—6 verändert worden sei. Hier bestätige sich in besonders auffallender Weise der kompilatorische Charakter des 3 E . Die Frage, in welcher Sprache die Erzählung über den Pagenwettstreit ursprünglich abgefaßt war, wird verschieden beantwortet. 4. Dem Zeugnis des Josephus wird, abgesehen davon, daß hier das hohe Alter des griechischen 3 E bestätigt wird, keine besondere Bedeutung zugemessen. Da man Josephus die Keimtnis der kanonischen Bücher Esr/Neh unterstellt, meint man darauf verzichten zu müssen, aus seiner Darstellung Ant. XI, 1 — 158 Rückschlüsse auf 3 E zu ziehen. 5. Der im 3 E vorliegende Anschluß von Neh 8 an Esr 10 wird vom „Anliegen des Kompüators" her erklärt, die Wiederherstellung des jüdischen Gottesdienstes nach dem Exil darzustellen. Neh 1—7 sei deswegen ausgelassen worden, weil hier vorwiegend von politischen Unternehmen berichtet werde.

C. Die

Fragmenthypothese

Die Grundvoraussetzung dieser Hypothese ist die Annahme, daß Einsatz und Abschluß des 3 E in seiner vorliegenden Gestalt so nicht ursprünglich sein können. Diesen Emdruck hatte schon Michaelis^'', wenn er feststellt, im 3 E habe wohl „ehedem noch mehr . . . gestanden, nicht blos die ganze im Buche Nehemiae befindliche und dort nicht hingehörende Geschichte von Esra, sondern auch sein Tod"^®. Dafür spreche die Darstellung des Josephus in Ant. XI, 1 - 1 5 8 : „Da Josephus nicht blos sagt, Esra sey gestorben, sondern auch diesen Umstand der Zeit hinzusetzt, so muß der doch wol davon gelesen haben; andere Bücher aber als unsere waren nach seiner eigenen Aussage von der Zeit nicht übrig''." Außerdem sei nirgends festzustellen, „daß er (Josephus) je die griechische Übersetzung des canonischen Buches gebraucht habe"'^; Josephus halte sich vielmehr immer an die nach Michaelis' Meinung besonders gute Übersetzung des 29 30 31 32

J. D. Michaelis, AaO, S. 45. AaO, S. 45. AaO, S. 41.

Deutsche Übersetzung des Alten Testaments, Göttingen 1783, IS.Theil.

20

Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

3 E. Man müsse annehmen, daß dieser Schrift ein hebräischer Grundtext vorgelegen habe. „Hätten wir es also noch Hebräisch übrig, so könnte es wol seyn, daß wir es zum Canon r e c h n e t e n A l l diese Momente sind für Michaelis Grund genug, 3 E Beachtung zu schenken und diese Schrift in seiner Übersetzung des Alten Testamentes bei der Bearbeitung des hebräischen Esrabuches mitzuberücksichtigen. Man finde im 3E bestätigt, daß Neh 1—7 offensichtlich erst später in den jetzigen Textzusammenhang eingeschoben sein müßten, die ursprüngliche Reihenfolge Esr 10,44/Neh 8 also nachträglich geändert worden sei. „Nachdem ich aber bemerkte, daß das apokryphische Buch die Geschichte (Neh 8) hier (an 3 E 9,36 = Esr 10,44 anschließend) habe, konnte ich kaum mehr daran zweifeln, daß sie hierher und nicht in das achte Capitel Nehemiae gehöre . . . Ich glaube also, ich sey es der Berichtigung der Geschichtskunde schuldig, sie hier einzurücken, soweit ich sie im apokryphischen Buch finde . . . " ^ Interessant ist auch Michaelis' Beurteilung des Sonderstücks 3 E 3,1-5,6, der sogenannten Pagenerzählung: „Das sonst verehrenswürdige, sehr gut übersetzte apokryphische Buch, wird hier äußerst verächtlich, vermuthlich nicht aus Schuld des Schriftstellers, sondern durch ein jüngeres Einschiebsel Von Einzelfragen abgesehen, hat sich an dieser Argumentationsweise bis heute im wesenthchen nichts geändert. Trendelenburg^^ wies zunächst noch auf den merkwürdigen Einsatz des 3 E hin. Er hielt es für wahrscheinlich, daß auch „der Anfang . . . nicht auf unsere Zeiten gekommen ist"^^, da es ihm sonderbar vorkam, daß die Erzählung erst mit dem Passahfest des Josia einsetzt und nicht gleich mit dessen erstem Regierungsjahr. Daher sei anzunehmen, daß auch noch 2.Chr 34 zum Anfang des 3 E gehört habe. „Auf diese Weise hätten wir also nur noch ein betraechtliches Bruchstück aus einer groeßeren Geschichte, deren Anfang vielleicht bis in viel fruehere Zeiten hinaufging^®." Dähne geht noch weiter und sieht in 3 E ein Fragment einer Übersetzung des Alten Testamentes, „die anfänglich mehrere, vielleicht alle Bücher desselben umfaßte und sie in reinerer Sprache, gewandterem Ausdrucke uns zum Theil treuer wiedergab als die LXX, aber in der Folgezeit theñs durch absichtÜche Veränderungen und Zusätze, theils durch zufällig ungünstige Verhältnisse, welche beide wie bekannt auch auf die LXX vielfach ihren Einfluß äußerten und von 33 34 35 36 37 38 39

AaO, S. 41. Michaelis, aaO, S. 43. Michaelis, aaO, S. 20. Trendelenburg, Über den apokryphischen Esras, in: J. G. Eichhorns „Einleitung in die apokryphen Schriften des Alten Testaments", Leipzig 1795, S. 335-371. Trendelenburg, aaO, S. 345. Trendelenburg, aaO, S. 346. A. F. Dähne, Geschichtliche Darstellung der jüdisch-alexandrinischen Religions-Philosophie. 2. Abteilung, Halle 1834, S. 1 1 6 - 1 2 5 .

Die Fragmenthypothese

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einer Übersetzung, die nicht durch öffentÜchen Gebrauch geheiligt und fixiert war, noch weniger abgehalten werden konnten, in den völlig ordnungs- und zwecklosen Zustand versetzt worden ist, in welchem sie uns jetzt vorliegt, zumal da wir nur ein Stück von ihr besitzen'"'®. Hier wird also auch die Frage nach den ältesten griechischen Übersetzungen mitberücksichtigt . Eine erste wirklich ausführliche Untersuchung des gesamten Fragenkomplexes unternahm 1850/51 Treuenfels'^^. ^ie Michaelis berücksichtigt auch er besonders den Umstand, daß Josephus in seiner Darstellung Ant. XI, §§ 1 - 1 5 8 3 E als Quelle benutzt. Treuenfels meint feststellen zu können, „daß Josephus den jetzt verlorenen Rest des E. A. (Esra apocryphus = 3 E) noch gehabt und aus ihm den Rest seines betreffenden Kapitels (5, §§ 6 - 8 ) geschöpft hat"''^. Die MögUchkeit, daß ihm für seinen über 3 E hinausgehenden Bericht die kanonischen Bücher vorgelegen haben könnten, scheidet für Treuenfels schon deswegen aus, weil Josephus bei deren Benutzung die Ursache der Verwirrung im 3 E hätten entdecken müssen, dann aber der Mühe enthoben gewesen wäre, diese Verwirrungen und Widersprüche zu beseitigen. Ferner bestätige eine Überprüfung des Verhältnisses der Darstellung des Josephus zum kanonischen Buche Nehemia, daß dieser es nicht gekannt haben könne. Denn da Josephus den Tod Esras erwähnt und anschließend vom Wirken Nehemias berichtet, widerspreche das der Konzeption des kanonischen Nehemiabuches, wo ja außer in Kapitel 8 auch in 12,26 und 12,36 Esra und Nehemia als Zeitgenossen genannt sind und nebeneinander auftreten. Weiterhin stelle sich heraus, daß bei Josephus ein großer Teil der Geschichte Nehemias, wie wir sie kennen, fehle, daß er in manchem, was er aus Nehemias Leben erzählt, vom Nehemiabuche abweiche. Er habe daher den ganzen Stoff der Nehemiageschichte nur aus 3 E geschöpft und nicht auch noch die kanonische Version eingesehen''^. Es finde sich bei Josephus auch nicht die geringste Spur einer Benutzung dieser Schrift, auch da nicht, wo er den stärksten Anlaß gehabt hätte, sie vergleichend zur Hand zu nehmen. Wenn also der uns heute vorliegende 3 E nicht mehr die Geschichte Nehemias enthalte, so sei er ganz offensichtlich verstümmelt auf uns gekommen. Josephus habe jedenfalls alles, was er über Nehemia berichtet, aus jenem verlorenem Schluß des 3 E gewonnen. 3 E sei also nur noch fragmentarisch erhalten'*'. 40 41

42 43 44 45

ДвЛпе.ааО, S. 119/120. Vgl. schon Hugo Grotius, Annot. in Vet. Test., Amsterdam 1644, der in einer Note zu 2 . a i r 3 5 , 6 behauptet, unsere griechische Übersetzung der Chronik sei die des Theodotion, während jene zwei Kapitel (3E 1 = 2.ChT35-36), wie sie 3E biete, „ex LXX" stammten (das ausführliche Zitat vgl. bei G. Gerlemann, Studies in the Septuagint. II. Chronicles, Lund 1946, S. 3 - 4 ) . Treuenfels, Der Orient X (1850) und XI (1851). Vgl. das Literaturverzeichnis! Treuenfels, aaO, 1850, Sp. 652. Treuenfels, aaO, 1850, Sp. 774. Treuenfels, aaO, 1851, Sp. 103.

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Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

Diese Beobachtungen veranlaßten Treuenfels zu einer Analyse des kanonischen Neh-Buches"®. Er kommt zu dem Ergebnis, daß Neh 8 - 1 0 dort erst sekundär eingeschaltet worden sind. Daraus sei zu folgern, daß die Anordnung des 3E (Esr 10/Neh 8) ursprünglicher sei als die der kanonischen Version. Da 3 E auch sonst von den kanonischen Schriften abweiche, ohne daß man dies mit seiner freieren Übersetzungsart erklären könne, müsse man also mit einer besonderen hebräisch-aramäischen Vorlage des 3 E rechnen, die sich von unserem Esr/NehBuch stark unterscheide. Das bestätige auch die Pagenerzählung 3 E 3,1-5,6, die, ursprünglich in hebräischer oder „chaldäischer" Sprache abgefaßt, schon mit dieser Vorlage verflochten gewesen sein müsse. Diese hebräische Fassung gehe auf einen Redaktor zurück, der „die Chronik und das damit noch verbunden gewesene B.Esra, an dessen Schlüsse sich Neh. Cap. 8 (in der ächten Verknüpfung) fand, benutzt hat"''''; die apokryphe Erzählung (3E 3,1-5,6) habe er eingeschaltet und außerdem die echte Denkschrift Nehemias, wie man sie aus der Darstellung des Josephus noch rekonstruieren könne, am Schluß angefügt. Uber die Person dieses Redaktors könne man nur noch Vermutungen anstellen. Seine Zeit sei wohl zwischen der Redaktion von Chr und Esr und der letzten Überarbeitung dieser Bücher durch den Redaktor des Nehemiabuches anzusetzen. Ähnlich wie Treuenfels urteilt nur wenig später auch Pohlmann'^^, für den 3 E „schon auf den ersten Blick nur als Bruchstück einer größeren Übersetzung" gelten kann'''. Da dem 3E als Übersetzung em anderer Text zu Grunde gelegen haben müsse, als ihn der kanonische Esra heute biete, sei damit zu rechnen, daß unsere Schrift noch in einer Zeit entstanden sei, in der der hebräische Text noch nicht so streng und gewissenhaft überwacht wurde. Offensichtlich habe es damals öfter verschiedene Rezensionen gegeben, so daß auch die Übersetzer bei der Anordnung und Übertragung des vorliegenden Stoffes mit größerer Freiheit vorgehen konnten. Wie es bei LXX von Jer, Dan und Esth selten gewiß sei, ob die Abweichungen der vorgelegenen Rezension oder der Schuld der Übersetzer zuzuschreiben seien, so auch bei 3 E. Als sich nach dieser Periode des ungebundenen Textes eine hebräische Textgestalt Geltung verschafft habe, die im wesentlichen mit MT übereinstimmte, sei eine weitere Übersetzung dieser Bücher angefertigt worden, weil eben 3 E jetzt in manchen Stücken vom MT abweicht und den Charakter einer zu freien Übersetzung trägt. Howorths zahlreiche Untersuchungen'" zu diesem Thema bringen im Grund nichts Neues. Seine Ansichten und Ergebnisse stimmen in den wesentlichsten 46 47 48 49 50

Treuenfels, aaO,Nt. 1-5. Treuenfels, aaO, 1851, Sp. 121. A.A. Pohlmann, Über das Ansehen des apokryphischen Buchs Esras, ThQ41,2, 1859, S. 2 5 7 - 2 7 5 . Pohlmann, aaO, S. 272. H. H. Howorth, zahheiche Artikel in „Proceedings . . 1 9 0 1 f f (vgl. das Literaturver-

Die Fragmenthypothese

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Punkten mit denen der bisher referierten Arbeiten überein''. 3 E sei ein Fragment einer alten LXX-Übersetzung, die einen besseren Text biete als die kanonischen Bücher und Εσδρας β mit seiner wörtlichen Übersetzung". Im Gegensatz zu diesen Schriften habe 3 E die richtige Reihenfolge der Ereignisse bewahrt. Howorth hält jedoch nicht nur die Anordnung Esr 10/Neh 8 für originalchronis t i s c h e r ist auch überzeugt, daß sich die Pagenerzählung im 3 E an ihrer richtigen SteUe befinde. Ihre aramäische Vorlage sei ohne Zweifel schon im Text des ursprünglich chronistischen Geschichtswerkes eingearbeitet gewesen^. Während sich. Marquart^^ mit dieser Beurteilung der Pagenerzählung einverstanden erklärte, hat Torrey hier alsbald Einspruch erhoben'^. In seiner Untersuchung der Pagenerzählimg kommt er zu dem Ergebnis, daß erst ein späterer diese in aramäischer Sprache abgefaßte Geschichte in den hebräisch-aramäischen Text des chronistischen Werkes interpoliert habe'''. Aber auch am Schluß hat nach Torreys Ansicht 3 E nicht mehr die ursprünglich chronistische Anordnung erhaben. Diese sei vielmehr, so das Ergebnis seiner Analyse des kanonischen Esr/Neh-Buches'®, folgende gewesen: Esr 7 - 8 ; Neh 7,70-8,18; Esr 9,1-10,44; Neh 9,1-10,40; Neh 1,1-7,69; Neh 11,1-13,31. Zu Beginn des letzten vorchristlichen Jahrhunderts sei diese chronistische Textgestalt durch versehentliche Umstellung von drei Kapitebi in das Nehemiabuch (Neh 8 - 1 0 ) und durch die Einarbeitung der aramäischen Pagenerzählung in Unordnung geraten. Wenig später habe irgendjemand versucht, diese drei Kapitel aus dem Gefühl heraus, daß sie im Neh-Buch am falschen Platze stehen, wieder mit der Esraerzählung zu verbinden. So sei die Textgestalt entstanden (Reihenfolge Esr 7—10; Neh 8), auf die die griechische Übersetzung des 3 E zurückgehe''. Zugleich sei aber die unkorrigierte Version erhalten geblieben, so daß zu Beginn der christlichen Zeitrechnung zwei Editionen des chronistischen Geschichtswerkes existierten, die

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zeichnis!); vgl. auch schon die Ausführungen in „The Academy . . . " 1893, ferner in „Transactions . . . " 1893 (vgl. das Literaturverzeichnis!). Neu ist lediglich der Hinweis, daß aller Wahrscheinlichkeit nach in der Hexapla des Origines das kan. Esrabuch zu Gunsten des 3 E ausgelassen war. Εσδρας β sei die Übersetzung des Theodotion (vgl. „The Academy . . . " 1893, S. 1 3 0 . „The Academy . . . " 1893, S. 524. „The Academy . . . " 1893, S. 106. J. Marquart, Fundamente israelitischer und jüdischer Geschichte, Göttingen 1896, 9. Die Organisation der jüdischen Gemeinde nach dem sogenannten Exil. S. 2 8 - 6 8 . Besonders erwähnenswert und im folgenden zu beachten ist Marquarts Beobachtung einer Anzahl von Glossen und Doppelübersetzungen im gegenwärtigen Text des 3 E (aaO, S. 44ff). C. C. Torrey, Ezra Studies, Chicago 1910. Torre;', Ezra Studies, S. 25. Vgl. hier schon Torrey, The Composition and the Historical Value of Ezra-Nehemia, BZAW Π, Gießen 1896; s. bes. S. 49f. Daß Neh 9 - 1 0 im 3E ursprünglich noch auf Neh 8 folgte, meint Torrey aus der von 3 E abhängigen Darstellung des Josephus entnehmen zu können.

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Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

sich lediglich in der Abfolge der Esraerzählung voneinander unterschieden, die jedoch noch beide die Pagenerzählung enthalten hätten (= kan. Bücher l./2.ChT, Esr und Neh und zweitens die Textanordnung, aus der 3 E nur einen Ausschnitt biete). Als sich allmählich unter den Juden die Idee eines abgeschlossenen Kanons, einer göttlich inspirierten Schrift, entwickelte, habe man vor der Frage gestanden, dieses chronistische Werk aufzunehmen oder abzulehnen. Einerseits war es eine Quelle, die gewisse Theorien einiger geistlicher Kreise belegen und unterstützen konnte, andererseits erschien es an manchen Stellen wenig vertrauenswürdig. Niemand konnte übersehen, daß die Pagenerzählung kaum in den Zusammenhang paßte und offensichtlich eine Interpolation war. Ebensolche Schwierigkeiten boten die verschiedenen Geschichten der beiden Männer Esra und Nehemia, da sich hier zwei nicht miteinander in Einklang zu bringende Versionen gegeünberstanden. Die einzige Möglichkeit, diese Widersprüche aufzuheben, habe in einer neuen Rezension bestanden, wobei die Interpolation der Pagenerzählung wieder rückgängig gemacht werden konnte. Damit sei natürlich auch die Rückversetzung der Artaxerxeskorrespondenz an ihren alten Platz verbunden gewesen. Daß man sich, was die Reihenfolge in der Esraerzählung betraf, für die Edition entschied, die die versehentliche Umstellung der drei Kapitel (Neh 8 - 1 0 ) aus der Esraerzählung ins Nehemiabuch nicht wieder rückgängig gemacht hatte, sei am besten damit zu begründen, daß die Inteφolation des Nehemianamens in Neh 8,8 und 10,1 schon bald nach der versehentlichen Versetzung ins Nehemiabuch vorgenommen worden war. 3 E sei also „simply a piece taken without change out of the middle of a faithful Greek translation of the Chronicler's History of Israel in the form which was generally recognized as authentic in the last century B. C. This was not, however, the original form of the History, but one which had undergone several important changes^"." Für Hölscher ^^ ist 3 E deswegen wichtig, weil er hier, anders als Torrey, das Ergebnis seiner Analyse des kanonischen Esr/Neh-Buches bestätigt findet. Diese ergab, daß die jetzige ungeordnete Gestalt der kanonischen Schriften so nicht aus der Hand des Chronisten hervorgegangen sein könne. In der ursprünglichen Fassung habe der Chronist „von den aus dem Exil Heimgekehrten nur zweierlei erzählt, nämlich den Tempelbau Serubabels (Esr 1-6+) und die Reform Esras (Esr 7 - 1 0 ; Neh 8)"®^. Die Denkschrift Nehemias sei also, ebenso wie die aramäischen Briefstücke, erst nachträglich in das chronistische Werk eingebettet 60 61

62

Torrey, Ezra Studies, S. 18. G. Hölscher, in: HSAT 2. Bd. Hosea bis Chronik, Tübingen 1923", S. 4 9 1 - 5 0 2 . - Auf Mowinckek frühere Untersuchungen in norwegischer Sprache (Statholderen Nehemia, Kristiania 1916) können wir hier leider nicht eingehen; wir beschränken uns im folgenden auf das Referat (vgl. die Seiten 25 f) der Ergebnisse seiner letzten ausführlichen Arbeiten zu den Problemen des Esr/Neh-Buches, die in den Jahren 1964f erschienen sind. Яо&сйег, aaO, S. 494.

Die Fragmenthypothese

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worden. „Neh 8 ist der ursprüngliche und stilistisch würdige Schluß des chronistischen Geschichtswerkes, welches hier ausklingt in gottesdienstlichen Feiern mit Gesetzesverlesung und Festjubel In dieses so vorliegende ursprüngüch chronistische Werk sei dann zunächst eine aramäische Briefsammlung eingearbeitet worden. Aus dieser Textgestalt habe sich sowohl 3 E als auch das heute kanonische Esr/Neh-Buch entwickelt. 3 E ist nach Hölscher also keineswegs eine willkürliche Auswahl aus den kanonischen Schriften l./2.Chr und Esr/Neh, sondern der „ganze ap. Esr geht . . . auf ein hebräisch-aramäisches Original zurück, und dieses Original war das chronistische Geschichtswerk in jener älteren Form, in der es von der Perserzeit nur die Geschichte Serubbabels und Esras darstellte, vermehrt durch die Einschaltung der aramäischen Pagenerzählung, femer vermehrt durch 1,21-22 und verändert durch Umstellung von 4,6—26. Von der alten alexandrinischen Übersetzung dieses Werkes ist unser ap. Esr nichts anderes als ein zufällig mitten herausgerissenes Stück Die Richtigkeit seiner Thesen sieht Hölscher durch das Zeugnis des Josephus bestätigt . Die neuesten Ausführungen zum 3 E finden wir in Mowinckels „Studien zu dem Buche Ezra-Nehemia"^. Der norwegische Alttestamentier hatte sich schon früher mit den in diesen Schriften vorliegenden Problemen beschäftigt®''. Er kommt auch jetzt wieder zu dem Ergebnis, daß 3 E, wie man aus dessen Anfang und Schluß ersehen könne, „ein Fragment der ältesten uns bekannten griechischen Übersetzung von dem chronistischen Geschichtswerke" ist. Ursprünglich habe diese Schrift wohl auch noch die beiden Chronikbücher enthalten®'. „Und wenn es nun als bewiesen gelten kann, daß 3 E nicht eine willkürliche Auswahl und sekundäre Zusammenstellung von Stücken aus dem chronistischen Geschichtswerke . . . ist, so besteht überhaupt kein Grund zu der Annahme, daß der Übersetzer das Stück 9,38ff von seinem ursprünglichen Platz losgerissen um es anderswo zu piazieren habe" (sie!)™. Ohne Zweifel habe also Neh 8 in der dem Übersetzer von 3 E vorliegenden Au^abe des chronistischen Geschichtswerkes dort gestanden, wo der Übersetzer dieses Kapitel habe stehen lassen ' ' . Das bedeute aber, daß eine hebräische Version des chronistischen Geschichtswerkes existiert haben müsse, in der Esrageschichte und Nehemiadenkschrift noch nicht wie jetzt in den kanonischen Büchern miteinander verknüpft 63 64 65 66

67 68 69 70 71

Hölscher, aaO, S. 494. Hölscher, aaO, S. 496. Hölscher, aaO, S. 496. S. Mowinckel, Studien zu dem Buche Ezra-Nehemia. I. Die nachchronistische Redaktion des Buches. Die Listen; II. Die Nehemiadenkschrift, Oslo 1964; III. Die Ezrageschichte und das Gesetz Moses, Oslo 1965. Mowinckel, Statholderen Nehemia, Kristiania 1916. Mowinckel, Studien I, S. 18. Mowinckel, Studien I, S. 19. Mowinckel, Studien I, S. 20. Mowinckel, Studien I, S. 21.

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waren, ja, daß höchstwahrscheinlich die Nehemiadenkschrift ursprünglich überhaupt nicht im Werk des Chronisten enthalten war. In 3 E habe sich also die originale Reihenfolge der chronistischen Esraerzählung erhalten. Diese Ansicht bestätige die Darstellung des Josephus (Ant. XI, 1-158), wo sich zeige, daß „Josephus die Zusammenflechtung der Ezra- und Nehemiageschichte im kanonischen E-N (Esr/Neh) nicht gekannt hat. Von einem Zusammenwirken der beiden Männer, wie sie (sie!) in Neh 7 - 1 2 behauptet wird, weiß Josephus nichts. Ezra ist nach ihm tod (!), ehe Nehemia nach Jerusalem kommt Die Grundzüge der Fragmenthypothese können wir jetzt wie folgt zusammenfassen: 1. Alle ihre Anhänger sind sich darin einig, daß 3 E nicht in seiner ursprünglichen Fassung überliefert worden sein kann. Der Anfang dieser Schrift sei ebenso weggebrochen wie ihr Schluß''^. 2. Vollkommene Übereinstimmung besteht darin, daß 3 E eine sehr alte Übersetzung sein muß, die auf eine entsprechende semitische Vorlage zurückgehen muß. 3. Die Pagenerzählung (3 E, 3,1-5,6) wird von allen w&eiHoworth undMarqmrt als Interpolation gewertet, die aber schon in die semitische Vorlage unserer Übersetzung eingearbeitet gewesen sei. 4. Die meisten Forscher entnehmen der Darstellung des Josephus (Ant. XI, 1-158 und 159ff), daß dieser in dem von ihm benutzten 3 E am Schluß noch mehr gelesen haben müsse. Die kanonischen Esr/Neh-Bücher habe er nicht gekannt. 5. Daß man 3 E besonderer Beachtung wert hält, beruht auf der allgemeinen Überzeugung, daß diese Schrift die ursprüngliche Reihenfolge der chronistischen Esraerzählung erhalten habe^"* und somit zur Lösung der in den kanonischen Büchern Esr/Neh enthaltenen Probleme herangezogen werden dürfe.

D. Methodische Erwägungen Hat der obige Überblick über die bisherige Auseinandersetzung um den 3 E ergeben, daß hinsichtlich der Beurteilung von Text, Alter und Übersetzungscharakter dieser Schrift weithin Einigkeit besteht, so können wir hier im Blick auf unsere Fragestellung auf eine erneute Untersuchung in dieser Richtung verzichten'^'. 72 73 74 75

Mowinckel, Studien I, S. 28. Lediglich Batten (ICC), dessen

Beurteilung des 3 E sonst mit der Fragmenthypothese übereinstimmt, hält 3 E 9,55 (= Neh 8,12) für den ursprünglichen Abschluß (aaO, S. 10). Anders Torrey, s.o. Mit Text und Textproblemen des 3 E haben sich folgende Untersuchungen besonders intensiv beschäftigt: Moulton, Über die Überlieferung und den textkritischen Werth

Methodische Erwägungen

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Fest steht, daß 3 E als griechische Übersetzung einer hebräisch-aramäischen Vorlage aufzufassen ist, deren Textgestalt — von Fragen der Anordnung abgesehen — im großen und ganzen dem masoretischen Text schon entsprach Wo Abweichungen vorzuliegen scheinen, erklären sie sich in fast allen Fällen durch die freie Übersetzungsart des 3 E. In diesem Punkt unterscheidet sich unsere Schrift in besonders auffälliger Weise von der Parallelübersetzung Εσδρας β. Schon Treuenfels'^'^ hat betont, „daß der Uebersetzer eher eine freie Bearbeitung als eine buchstäbliche Uebertragung hat geben wollen". Es ist „dem Uebersetzer des E. A. (3 E) eine größere Kenntnis der griechischen Sprache zuzuschreiben, als den Verfassern der LXX. Seine Sprache ist freilich vom klassischen Griechisch noch weit entfernt, aber er ist doch bestrebt, sich von dem Jargon (anders kann man es kaum nennen) der meisten Uebertragungen und von dem sklavischen Anschließen an die Wendungen und Ausdrücke des Originals frei zu machen''®." 3 E trägt also den griechischen Sprach- und Stilgesetzen in viel höherem Grade Rechnung als Εσδρας β. Denn der Verfasser dieser Übersetzung klebt am Worte; er versucht eine so wörtliche Übertragung zu erreichen, daß für einen griechischen Leser der Text oft unverständlich sein mußte. Die freiere Übersetzungsweise™ erschwert es uns zwar manchmal, den zu Grunde liegenden semitischen Text zu erkennen; doch läßt sich bei genauerem Hinsehen feststellen, daß scheinbare Abweichungen vom masoretischen Text der Bücher Chr/Esr/Neh auf freiere Wiedergabe zurückzuführen smd®". Jedoch scheint 3 E des dritten Esrabuches, ZAW 19, 1899, S. 2 0 9 - 2 5 8 ; Fortsetzung und Schluß in ZAW 20, 1 9 0 0 , S. 1-3S; Riessler, Der textkritische Wert des 3. Esrabuches, BZ 5 , 1907, S. 1 4 6 - 1 5 8 ; Bayer, Das dritte Buch Esdras und sein Verhältnis zu den Büchern EsraNehemia, Freiburg 1911; Walde, Die Esdrasbücher der Septuaginta, Freiburg 1 9 1 3 ; Tedesche, A Critical Edition of I Esdras, Diss. Yale University 1928. Zu berücksichtigen sind ferner: Jaœb, Septuaginta Studien zu Ezra, Diss. Breslau 1902; Pirot, Note sur la recension de Lucien d'Antioche dans Esdras-Néhémia, BibI 2, 1921, S. 3 5 6 - 3 6 0 ; Bewer, Der Text des Buches Ezra, F R L A N T N F 14, Göttingen 1922; Hawley, A Criticai Examination of the Peshitta Version o f the Book of Ezra, New York 1922; Allgeier, Beobachtungen am LXX Text der Bücher Esdras und Nehemias, Bibl 22, 1941, S. 2 2 7 251; Johannesen, Studier over Ezras og Nehemjas Historie, Kopenhagen 1946; Allrik, 1 Esdras according to Codex В and A as appearing in Zerubbabel's List in 1 Esdras 5 , 8 - 2 3 , ZAW 66, 1954, S. 2 7 2 - 2 9 2 . 76

Die Arbeitshypothese, daß 3 E eine hebräisch-aramäische Vorlage voraussetzt, die im wesentlichen der Textgestalt der masoretischen Bücher Esr/Neh entsprach, hat sich bewährt. Allerdings ist damit noch nichts über die Frage präjudiziert, welche inhaltliche Anordnung als die ursprünglichere anzusehen ist!

77 78

7>eue«/e/s,Orient XI, 1850, Sp. 249. Treuenfels, Orient XI, 1850, Sp. 282f. - Beispiele für die freie Übersetzungsart fmden wir bei Bayer, aaO, S. 12ff. Fofe's Behauptung (Enc. Bibl. II, 1901, Sp. 1490), daß am 3 E mehrere Übersetzer gearbeitet hätten, läßt sich nicht beweisen (so mit Rudolph, Komm. Esra, S. XV, Anm. 7). Vgl. Bewer, Text, S. 5 f .

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Die Frage nach der Bedeutung des dritten Esra

auch absichtlich geändert oder seine hebräisch-aramäische Vorlage verlesen zu haben®'. Andererseits lassen sich auch Stellen anfuhren, die ohne Zweifel einen besseren Text voraussetzen als wir ihn jetzt in MT vor uns haben Hinzuweisen ist hier noch auf eine besondere Eigenart des 3 E, die mit dem allgemeinen Übersetzungscharakter dieser Schrift zusammenzuhängen scheint, und die die Annahme bestätigt, daß 3 E eine sehr alte Übersetzung sein muß. Starke Unterschiede zwischen 3 E und Εσδρας β bestehen nicht nur deswegen, weil wir es im 3 E mit einer freieren Übersetzung zu tun haben (besseres Griechisch!); es fäHt auch ins Auge, daß für zahlreiche theologisch bedeutsame Begriffe der hebräischen Vorlage keine einheitliche griechische Terminologie verwendet wird, daß hier öfter griechische Begriffe auftauchen, die sonst kaum in den übrigen griechischen Übertragungen alttestamentlicher Schriften als Äquivalente für hebräische Termini begegnen. An folgenden Beispielen läßt sich dieser Tabestand besonders gut illustrieren: 1. In Εσδρας β wird DS, in welcher Verbindung und Bedeutung auch immer, ganz konsequent mit λαός wiedergegeben, während 3 E hier variiert. Wir lesen sowohl λαός (3E 1,7 = 2.Chr35,7; 3E 1,12 = 2.Chr35,12; 3 E 1,13 = 2.Chr 35,13; 3 E 1,47 = 2.Chr 36,14; 3 E 5,45 = Esr 2,70; 3 E 5,62 = Esr 3,13; 3 E 6,16 = Esr 5,12) als auch è'âpoç (3E 1,4 = 2.Chr35,3; 3 E 1,32 = 2.Chr 36,1 ; 3 E 5,9 = Esr 2,2; 3 E 2,3 = Esr 1,3; 3 E 5,69 = Esr 4,4; 3 E 8,10 = Esr 7,13; 3 E 8,13 = Esr 7,16; 3 E 8,65/66 = Esr 9,1; 3 E 8,84 = Esr 9,14; 3 E 8,89 = Esr 10,2; 3E 9,9 = Esr 10,11)®^ häufig begegnet auch πλήάος (3E 9,6 = Esr 10,9; 3 E 9,38 = Neh 8,1 ; 3 E 9,41 = Neh 8,3 u.ö.); öfters wird DS? auch freier übersetzt: Wir fmden ηάρτες (in 3E 8,23 = Esr 7,25; 3 E 9,45/46 = Neh 8,5; 3 E 9,54 = Neh 8,12 u. ö.), ferner taucht auf δήμος (3 E 9,53 = Neh 8,11) und όχλος (3E 5,63 = Esr 3,13). 2. Das griechische Äquivalent fur Vn¡7 ist in Εσδρας β regelmäßig έκκλησία, em Begriff, der in 3 E ganz fehlt. Dafür lesen wir entweder πάντες (3 E 5,41 = Esr 2,64) oder όχλος (3 E 8,88 = Esr 10,1), meistens jedoch πληι?ος (3 E 9,4 = Esr 10,8; 3 E 9,10 = Esr 10,12; 3 E 9,12 = Esr 10,14; 3 E 9,40 = Neh 8,2). 81 82 83

Vgl. hierzu die ausführlichen Untersuchungen von Bayer und Waldel Vgl. so auch Rudolph, Komm. Esra, S. XVI. Gerade die Übersetzung von DS7 mit e&vo και οί

οί

й'злэл l a w l о т д а о т п п у т о т o'iVni Vsns'·' Ьэт п ' г п з т о у л p i ОЛПУЗ •'Г-'Зй'Л Е'1ПЛ » n :0Л-ЛУЗ '^КЛЮ·' • ' m

Ìepei^

ΑβυΙται

και οί έκ τού

Ισραήλ

έν Ιερουσαλήμ

και έν τγι

Tfì νουμηνία

τού έβδομου

χώρα μψός

κ ai οί υίοί Ισραήλ έν ταις κατοικύαις

αυτών

(9,38) και συνήχΰη

...

. . ЛВОХ'Т (8,1)

Wenn man davon absehe, daß Sänger, Torhüter und Netinün fehlen, so übersetze 3 E 9,37 genau N e h 7 , 7 2 . Aber ganz im Gegensatz zu 3 E 5,45f (= Esr2,70) habe hier (3 E 9,37) ein Übersetzer die syntaktische Konstruktion der Periode mißverstanden, indem er die Zeitbestimmung ©лпл УП mit dem Vorhergehenden verbunden habe. „Ist es überhaupt denkbar, daß em Übersetzer, der in 5,45 richtig übersetzt hat, in 9,37 eine solche falsche Übersetzung gegeben h a b e ' ' ' ' ' ? " Er habe doch die Identität beider Stellen erkennen müssen, „wenn er überhaupt dieselbe Person war"'"®. Außerdem falle auf, daß beide Übersetzungen auch sonst sehr verschieden seien: =

3 E 5,45

3 E 9,37

Kai κατωκίσϋησαν

1ППЛ У П

=

3 E 5,46

••S/'airn

Ένστάντος τού έβδομου

και

κατ-

ώκησαν δέ

3 E 9,37

μηνός

τ-η

νουμηνίφ

τού

έβδομου

μηνός ОЛПУЗ

=

3 E 5,46

144 Mowinckel, Studien I, S. 22. 145 Mowinckel, Studien I, S. 22.

έν τοϊς ίδωις

3 Ε 9,37

έν ταίς

κατ-

Οίκίαις

αυτών

68

Zur Frage der Abhängigkeit des dritten Esra von den kanonischen Büchern

Derartige Abweichungen könnten nur auf verschiedene Übersetzer zurückgehen. Merkwürdig sei hier besonders der Ausdruck rf? νουμηνία τού έβδομου μηνός, wenn damit ©ΙΠΠ S?n wiedergegeben werden sollte, rf? νουμηρία begegne sonst in 3 E für trinV ЛПК DT'3, während ' ' V a ü n ϋΙΠΠ 1?П mit èvστάντος τού έβδομου μηνός übersetzt sei (3 E 5,45). Hier habe sich also ein zweiter Übersetzer bei der Interpolation an die Zeitbestimmung gebunden gefühlt, die er schon in der griechischen Übersetzung in 3 E 9,40 (= Neh 8,2) las. Wenn man 3 E 9,37 als späteren Zusatz nach MT ansehe, erkläre sich auch die syntaktisch merkwürdige Konstruktion. „Ein textbearbeitender Übersetzer, der nur den einen Vers 9,37 in den Text emfügen wollte, war beinahe gezwungen, den Vers, so gut es ging, als eine geschlossene syntaktische Einheit aufzufassen'"®. Er habe diese Worte ("УЗВТ! 0ТПП s?n) mit dem Vorhergehenden verbunden, „ - gewissermaßen s?n etc. als einen untergeordneten Zustandssatz, würden wir in unserer grammatischen Terminologie sagen — und ihn daher mit einer dativischen Zeitbestimmung wieder(ge)geben. Er hat mit seinem V. 37 den Zustand angegeben, in dem das Volk sich befand, nachdem die Sache mit den Mischehen 9 , 1 - 3 6 geordnet war und der große Tag in V. 38ff herankam. Zu dieser Auffassung war er einfach gezwungen, weil er V. 37 und nur diesen Vers nachtragen wollte, und das wollte er, weil er ihn in dem Text vermißte, diesen mit E-N (TM) vergleichend. Seine einzige Absicht war, seinen Text nach der Veritas Hebraica zu ergänzen und zu verbessern Daß es sich hier um eine Interpolation handeln müsse, werde auch von den folgenden Versen Neh 8 , 1 - 2 bestätigt. Der MT in Neh 8 habe eine doppelte Zeitangabe. In 7,72b 'Г'-зг'Л юппл s?n und in 8,2 •'Vnirn t n n V ППХ d t 3 . Die eigentliche Datierung sei ohne Zweifel die in Neh 8,2. Allerdings hinke sie hier etwas nach. Ihr ursprünglicher Platz sei also wohl vor 100Ν·Ί (V. 1) zu suchen. Versetzt worden sei sie erst von einem nachchronistischen Redaktor, der Neh 7 zusammen mit Neh 7,72 mit Neh 8 in Verbindung brachte. Hierin sei ihm der Inteφolator von 3 E 9,37 gefolgt'"®. Mowinckels These ist natürhch nicht unmöglich''". Doch müssen wir hier auf einige schwache Punkte hinweisen, die es uns geraten erscheinen lassen, nach einer besseren Lösung zu suchen. Die Annahme, daß wir in 3 E 9,37 mit einem zweiten Übersetzer zu rechnen hätten, der 3 E nach MT überarbeitet habe, beruht also auf der Überlegung, daß sich die Übersetzung von Neh7,72 (= 3 E 9,37) nicht von der Wiedergabe der Verse Esr2,70f in 3 E 5,45f unterscheiden darf, wenn hier ein und derselbe Übersetzer am Werk gewesen ist. Dieser Schluß ist jedoch nur möglich, falls 146 147 148 149

Mowinckel, Studien I, S. 22/23. Mowinckel, Studien I, S. 24. Mowinckel, Studien I, S. 24/25. Zu den Doppelübersetzungen und Zusätzen siehe schon oben S. 29.

Die Esraerzählung des dritten Esra

69

eindeutig feststeht, daß 3 E 9,37 wirklich auf Neh 7,72 in der vorliegenden Form zurückgeht. Das gerade scheint mir gegen Walde, Rudolph und Mowinckel sehr fraglich. Wir können zunächst mit Sicherheit nachweisen, daß sich die Wortwahl dieses umstrittenen Verses 3 E 9,37 durchaus nicht vom sonstigen Sprachgebrauch des 3 E abhebt'^''. KaTOUieiv begegnet a u c h in 3 E 2,12 {κατά

τών

κατοικούντων

èu τη

Ιουδαία

και Ιερουσαλήμ = Esr4,6 d V c t t i miìT' • ' з с Vs?) fur und bezeichnet dort im Partizip „die Bewohner", hat folglich auch hier die Bedeutung „wohnen, l e b e n " " ' . Während also κατοικίσύησαι^ in 3 E 5,45 eine Aktion ausdrücken soU (sich ansiedeln, Wohnung nehmen), wird an dieser Stelle ein Zustand kons t a t i e r t ' " . Die Übersetzung muß hier lauten: „Und die Priester, Leviten usw. wohnten

in . . . "

A u c h èv τοις

κατοικίαις

αύτών

für а л п у з

(vgl. in 3 E 9 , 1 2 = Esr 1 0 , 1 4

VDI) ist gutes 3 E-Griechisch. Wenn AfowncAre/'" auch noch rf? νονμψίφ του έβόμου μηνός als Stütze für die Annahme eines interpolierenden Übersetzers anführen will, so Ueße sich darauf verweisen, daß diese Datierungsart doch auch sonst in 3 E v o r k o m m t a l s o an sich hier nicht ungewöhnlich ist. 3 E übersetzt hiermit immer . . . ΕΊΠ*? 1ΠΧ DVa. Nichts anderes dürfte hier gemeint sein, und es besteht kein Anlaß, an die Wiedergabe von '5?·'31ΓΠ i n n Л m , wie wir Neh 7,72 lesen, zu denken. Es ist also nicht einzusehen, warum 3 E 9,37 aus sprachlichen Gründen als nachträglich interpoliert aufgefaßt werden muß. Folglich kann dieser Vers ebensogut auf den Übersetzer des 3 E zurückgehen, dem wir diese griechische Fassung, wie sie uns vorliegt, zu verdanken haben. Sind aber von dieser Seite her keinerlei Bedenken gegen diesen Vers vorzubringen, so bleibt noch zu fragen, ob denn unbedingt Neh 7,72 in der Verbindung mit der Liste Neh 7 , 6 - 7 1 als das hebräische Äquivalent von 3 E 9,37 angegeben werden muß. Mir scheinen schon die vorhandenen Abweic h u n g e n ' ' ' dagegen zu sprechen. Außerdem läßt sich zeigen, daß gerade dieser Vers als unbedingt notwendiges Verbindungsglied zwischen der im 3 E vorausgehenden Uste (3 E 9 , 1 8 - 3 6 = Esr 10,18-44) und dem in 3 E 9,38ff Folgenden aufgefaßt werden kann, also aus Neh 7,72 nicht noch nachträglich hier in den 150 Gegen Mowinckel, der hier zu sehr von dem Gedanken abhängig ist, 3 E 9,37 müsse auf Neh 7,72 zurückgehen! 151 Immerhin erwähnenswert ist es, daß κατοικίΤν für in Εσδρας β 1 - 1 0 überhaupt nicht begegnet. 152 So και κατίνκησαυ in Ruth 1,4 für nt^VD Dtt? U î ^ l ; vgl. auch 2.Kön 16,6; 2.ChT 19,4 und öfter. 153 Mowinckel, Studien I, S. 22. 154 Vgl. 3 E 5,55 (ohne Parallele; siehe dazu Bayer, aaO, S. 83); 8,6; 9,16. 155 S. o. die synopt. Gegenüberstellung!

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Zur Frage der Abhängigkeit des dritten Esra von den kanonischen Büchern

Text des 3E eingedrungen ist. Es spricht alles dafür, daß dieser Vers'^® hier seine ursprüngliche Stellung hat. Daher haben wir keinen Grund, 3 E 9,37 in irgendeinen Zusammenhang mit Neh 7 zu bringen. Wir erwarten nach der Wiedergabe der liste in 3E (9,18-36) eine Zwischenbemerkung, die zu den in 3E 9,38ff berichteten Ereignissen (= Neh8,Iff) überleitet'". So dürfte dieser Vers den Leser zunächst darüber informieren wollen, daß die wichtige Angelegenheit der Mischehen endgültig geregelt ist; denn ,^riester und Leviten und die aus Israel"'®® halten sich inzwischen wieder an ihren jeweiligen Wohnsitzen auf'®'. Andererseits war diese Feststellung auch schon deswegen nötig, weil der Chronist auf diese Weise betonen kann, daß sich nicht nur die Jerusalemer zu der in 3E 9,38ff (= Neh 8,Iff) beschriebenen Versammlung einfanden, sondern eben auch sämthche zur Gemeinde gehörenden Bewohner der umliegenden Städte und Dörfer, die zusammen mit den Jerasalemem aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren (vgl. Neh 8,17), und die darum nach der Vorstellung des Chronisten das eigentliche Israel darstellten'^. Allerdings dürfen wir nicht übersehen, daß 3 E 9,37 jetzt nicht mehr in der ursprünglichen Fassung vorliegt. Die Datierung rfi νουμηνια τού έβδομου μηνός . . . ist nicht nur deshalb auffällig, weil sie die syntaktische Ordnung des ganzen Satzes stört, sondern sie ist auch an sich überflüssig. Die eigentliche Zeitangabe lesen wir in 3 E 9,40 (= Neh 8,2). Dagegen läßt sich nicht einwenden, daß sie hier ,^nerkwürdig nachhinkt" und daß sie wohl ihren ursprünglichen Platz vor 1£30Ν·4 (Neh 8,1) gehabt haben müsse . Das widerlegt schon der Umstand, daß auch sonst ähnliche Nachd a t i e r u n g e n b e i m Chronisten nicht selten sind'^^. Am einfachsten erklärt sich dieses rfi νουμψίο- τού έβδομου μηνός in Vers 37, wenn wir hier zunächst mit einer Randglosse eines Überarbeiters oder auch nur eines Abschreibers'^ 156 157 158 159

Siehe unten die Rekonstruktion! Vgl. so schon Treuenfels, Orient XII, 1851, Sp. 44, Anm. 321. Vgl. 3 E 9,18.23.26; vgl. auch die Anm. 166 unten. Natürlich sind hier auch die miteingeschlossen, die mit den Mischehen nichts zu tun hatten. - Vgl. Esr 2,70 (3 E 5,45); auch dieser Vers konstatiert, daß die Rückwanderung und die damit zusammenhängenden Maßnahmen abgeschlossen sind; vgl. ähnlich 2.Chr 31,1b, wo nach dem Bericht über die Entfernung der Kulthöhen (unter Hiskia) zum Abschluß der ganzen Aktion erwähnt wird, daß „alle Israeliten jeder zu seinem Besitztum in ihre Städte zurückkehrten".

160 Vgl. 2.Chr 30,1 If (30,18ff), wo der Chronist ebenso hervorhebt, daß sich nicht nur Jerusalem und Juda an diesem Passafest beteiligen; ähnUch 2.ChT 7,8; 11,16; 15,9f; 35,18. 161 Vgl. Mowinckel, Studien I, S. 25; siehe aber auch Studien III, S. 47, wo Mowinckel eine Nachdatierung doch immerhin für möglich hält. 162 Hier werden beim Chronisten erzähltechnische Gründe eine Rolle spielen (vgl. ähnlich Mowinckel, Studien III, S. 47). 163 Vgl. 2.Chr 3,2 (s. dazu l . K ö n 6 , l , wo die Datierung vorausgeht); 5,3; 15,9f; Esr 3,6; 7,9. 164 Wahrscheinlich war das erst im 3 E selbst und nicht schon in dessen hebräischer Vorlage der FaU.

Zusammenfassung und Folgerungen

71

rechnen. Jemand meinte hier offensichtlich anmerken zu müssen, daß die Datierung in 3 E 9,40 (= Neh 8,2) zu spät komme. Durch die versehentliche Aufnahme dieser Glosse in den Text des sonst vernünftigen Verses kam es zu dieser syntaktisch und sachlich unsinnigen Feststellung. Wenn wir uns so entscheiden, erhalten wir einen vernünftigen und auch angesichts des Kontextes sinnvollen Satz, dessen Herleitung aus Neh7,72 weder nötig noch beweisbar ist^^^ Eine Rückübersetzung dieses Verses και κατώκησαν oi iepeiç καΐ oi Aevhai και oi έκ τού Ισραήλ έν Ιερουσαλήμ και èv Tf¡ χώρζΐ και οί υιοί Ισραήλ èv ταΙς κατοικΐαις αύτών ins Hebräische der Vorlage des 3 E müßte dann folgendermaßen aussehen: : п л п у з Ькп::?·' -"m n n a a i ' ® '

ПУП p i n-^Vm п'члэп lawi

Unsere Überprüfung der Stellen, mit denen man für 3 E die Kenntnis der kanonischen Version nachweisen möchte, hat also ergeben, daß diese sich jeweils auch ohne Hinzuziehung der Textgestalt der kanonischen Bücher (Esr7-10 und Neh 1-13) erklären lassen. Folglich bestätigt nichts die Behauptung, diese kanonischen Schriften hätten als Ausgangstext bei der Entstehung des 3 E zur Verfügung gestanden.

E. Zusammenfassung und Folgerungen 1. Bisher steht eindeutig fest, daß Anfang und Schluß des 3 E in der vorliegenden Fassung nicht ursprünglich sein können. 3 E ist ein Fragment \ Für eine mit Absicht vorgenommene Abgrenzung oder Beschränkung lassen sich keine Beweise beibringen. 2. Die sogenannte Pagenerzählung 3 E 3,1-5,6 ist zweifellos im gegenwärtigen Textzusammenhang des 3 E als eme Interpolation aufzufassen. Mit größter Wahrscheinlichkeit dürfen wir annehmen, daß diese Einschaltung und die damit verbundene Umstellung nicht von dem Übersetzer, auf den 3 E zurückgeht, vorgenommen wurde, sondern erst von einem späteren Bearbeiter der griechischen Übersetzung des 3 E. Dem lnteφolatoг dieses Stückchen ging es nicht um eine Umgestaltung der griechischen Textgestalt dieser Schrift, die ursprünglich Esr 1 - 6 entsprochen haben muß, sondern lediglich darum, dieses apokryphe Geschicht165 Vgl. schon Treuenfels, Orient XII, 1851, Sp. 44. 166 Wenn in diesem Vers nicht alle an den Mischehen beteiligten Gruppen aufgezählt werden, so könnte das einerseits auf Textausfall zurückgeführt werden; andererseits übergeht auch 3 E 5,45 die Gruppen der iepóSούλοι (vgl. 3 E 5,29) und der υιοί παίδων Σαλωμωμ (3 E 5,33) aus der Remigrantenliste. 167 Zur Übersetzung von Л П » mit χώρα vgl. 3 E 6,8 = Esr 5,8; 3 E 6,22 = Esr 6,2; 3 E 8,13 = Esr 7,16; abweichend 3E 5,7 = Esr 2,1. 3 E 6,16 übersetzt П К э Ь о V 3 3 (Est 5,13) mit βοίοιλεύοντος Κύρου χώρας Βαβυ\ωνία τά τών Ιεροσολύμων τείχη. (§ 183) schließt Josephus seine Darstellung der Ereignisse unter X e r x e s ^ . b) Zusammenfassung

und Ergebnis

Es ließ sich zeigen, daß die Kapitel Neh 1 - 7 , 4 Josephus wohl in der gleichen Form vorlagen, wie sie auch uns im kanonischen Neh-Buch überliefert sind. Die festgestellten Abweichungen bewegen sich durchaus in den bei Josephus übHchen Bahnen^"'. Wir fanden auch hier kleinere ausschmückende Zusätze (vgl. die §§ 159.161.163.167.168.171); gelegentlich kürzt und rafft Josephus die Darstellung der Vorlage (vgl. das Gebet Nehemias in Neh 1; Neh 2,12ff; Neh 3), wie wir das auch schon für 3 E ausmachen konnten. Юе1пеге Äriderungen haben erzähltechnische Gründe. Nicht berücksichtigt hat Josephus die Berichte über die inneijerusalemischen Probleme in Neh 5,1-13 (Nehemias Vorgehen gegen die sozialen Mißstände). Ebensowenig geht er auf einige Passagen in Neh 6 ein (Verleumdungen, falsche Propheten und Konspirateure im eigenen L^er), obgleich sich hier doch noch Anklänge nachweisen lassen. Derartige Schilderungen waren allerdings auch nur geeignet, das bisher so positiv gezeichnete Bild der Jerusalemer Juden wieder zu v e r z e r r e n ( v g l . besonders den Ausklang in Ant.XI, §§ 157-158). Die Josephus vorliegende Textgestalt von Neh 1 - 7 hat sich lediglich von der kanonischen Fassung dadurch unterschieden, daß sie Nehemia nicht nur als den 199 Vgl. hier die These Mowinckels, Studien II, S. 32f, daß sich in seiner Vorlage Neh 1 3 , 1 0 - 1 4 „an die in 7 , 4 - 5 a und der verlorenen Fortsetzung dieser Verse berichteten Maßnahmen angeschlossen hat" (S. 33). 200 Die sich anschließende Wiedergabe des Estherbuches verlegt die Handlung nach Susa (unter Artaxerxes). 201 Vgl. oben zu 3E. 202 Vgl. hier auch Mowwcfce/, Studien II, S. 11.

Das Verhältnis von Antiquitates XI, §§ 1 5 9 - 1 8 3 zu Neh 1 - 1 3

125

Erbauer der Stadtmauer Jerusalems auftreten läßt, sondern ihn auch als den Vollender des Tempels betrachtet . Der abschließende Bericht des Josephus über die Ereignisse zur Zeit Nehemias weicht allerdings in besonderem Maße von der Darstellung Neh 7,5-13,31 ab. Wir erfahren bei ihm nichts von den Vorgängen, die in Neh 9 (Bußfeier), Neh 10,1—31 (Verpflichtungserklärung in Sachen Mischehen), 13,1—3; 13,23—27 (weitere Mischehenprobleme), 10,32; 13,15—21 (Sabbatentheiligung) geschildert sind; ebensowenig hören wir von Nehemias zweitem Aufenthalt in Jerusalem (Neh 13,ef^. Sicherlich muß man berücksichtigen, daß Neh 9 für Josephus keinen besonders interessanten und verwertbaren Stoff enthielt, daß die Mischehenfrage schon unter Esra behandelt und geklärt war, jetzt also derartige Nachrichten kaum noch emmal auftauchen durften. Ferner könnten apologetische Gründe eine Rolle gespielt haben, Neh 10,32 und 13,15-21 auszulassen, da ja diese Stücke Jerusalem in keinem guten Licht erscheinen lassen. Daß wir aber nicht die geringsten Spuren oder Anklänge nachweisen könnMi, die auf eine Kenntnis dieses Materials deuten, ist zumindest auffálHg. Unverständlich wäre vor allem, wenn wir Josephus die Benutzung der kanonischen Version des Neh-Buches unterstellen würden, daß wir von ihm nichts von Nehemias zweiten Aufenthalt in Jerusalem hören. Warum er eine derart interessante Notiz unterschlagen haben sollte, ist völlig uneinsichtig (vgl. die Ansetzung eines zweiten Aufenthaltes Zorobabels in Babylon und eine zweite Reise nach Jerusalem, die ^τ zusätzlich zum 3E berichtet!)! Wir müssen aber auch bei den bisherigen Feststellungen noch in Betracht ziehen, daß wir aU das eben angeführte Material gerade in den Passagen der kanonischen Version fanden (Neh 8—12), denen die Vorstellung von einem Nebeneinanderund Zusammenwirken Esras und Nehemias zu Grunde liegt. Wie wir oben sahen, weiß Josephus davon jedoch nichts. Da nicht der geringste Anlaß für ihn bestehen konnte, dieses Nebeneinander von Esra und Nehemia, wie es im Kanonischen Neh-Buch dargestellt ist, durch § 158ff in ein Nacheinander umzukonstraieren, müssen wir, wenn wir den vorliegenden Textbestand erklären wollen, annehmen, daß Josephus in der Tat nicht von der Darstellung des heute kanonischen Neh-Buches ausgegangen ist. Seine Vorlage für diesen Teil seines Werkes wich vor allem darin von der kanonischen Version ab, daß sie die jetzige Komposition Neh 8 - 1 2 nicht enthielt. Daß die Fortsetzung von 3 E mit dieser Fassung der Nehemiadenkschrift nicht ursprünglich sein kann und somit hier eine nachträgliche Aneinanderreihung 203 S. XI, § 165 und § 169. 204 Daß die Notizen über Sanballat und seine Gesinnungsgenossen im Nehemiabericht des Josephus konsequent eliminiert worden sind, haben wir schon oben angemerkt (s. o. S. 121).

126

Das Zeugnis des Joscphus

vorliegen dürfte eine Notiz belegen (§§ 165 und 169), die Nehemia mit dem Aufbau des Tempels in Verbindung bringt^"®. Eine ähnliche Tradition hat sich auch noch 2.Makk 1,18ff erhalten. Derartige ,apokryphe' Ausschmükkungen des Stoffes der Nehemiadenkschrift waren jedoch nur m ö g l i c h s o lange man die Darstellung des kanonischen Esrabuches und die des 3 E , besonders die Kapitel 3 E 2 - 7 (= Esr 1 - 6 ) nicht kannte oder nicht berücksichtigen mußte, die Nehemiadenkschrift also noch nicht mit dem chronistischen Geschichtswerk verknüpft oder verklammert worden war. Wir können also festhalten: Josephus hat für seine Darstellung Ant. XI, §§ 1 — 158 nur 3 E benutzt und nicht auch noch die kanonischen Bücher zusätzlich herangezogen. Aus der Art der Wiedergabe der Nachrichten über Nehemia (§§ 1 5 9 183) geht vielmehr hervor, daß er die kanonischen Bücher Esr/Neh überhaupt nicht gekannt hat. 3 E konnte er in einer Textgestalt auswerten, die noch den jetzt verlorenen, auf 3 E 9 , 5 5 folgenden Schluß enthielt, der im wesentlichen Neh8,13—18 entsprach. Von einer Verklammerung der Esrageschichte mit dem Stoff der Nehemiadenkschrift weiß Josephus nichts. Daß er das bei ihm begegnende chronistische Gut aus 1. und 2.Chr aus derselben Version (= 3 E) geschöpft hat, läßt sich zwar nicht beweisen, es spricht aber auch nichts gegen diese Annahme^"®. Angesichts der bisher gewormenen Ergebnisse läßt sich nicht mehr bezweifeln, daß die Vorlage des 3 E eme von den kanonischen Büchern unabhängige und infolge ihrer sachlich geschlossenen Textanordnung auch ursprünglichere Version dieses Teiles des chronistischen Geschichtswerkes sein kann. Zu fragen bleibt jedoch, ob der Darstellung des 3 E auch'die innere Wahrschemlichkeit einer originalen Textfolge innerhalb der Esraerzählung zugesprochen werden darf. Hält die Anordnung des 3 E einer Überprüfung stand, die als Kriterien innerchronistische Grundzüge und Intentionen ansetzt? Kommt hier das besondere theologische Anliegen des Chronisten zu seinem Recht oder stehen dem feststellbare Diskrepanzen im Wege? Es geht uns im folgenden um die Frage nach der Möglichkeit eines direkten Anschlusses von Neh 8 an Esr 10, wie er im 3 E vorliegt. Von ihrer Beantwortung hängt es letztlich ab, ob wir 3 E die Priorität gegenüber der kanonischen Fassung zusprechen dürfen. 205 Ob diese Reihenfolge von 3 E und Nehemiadenkschrift schon in einer, wie Hölscher behauptet ( s . o . S. 91), von Josephus benutzten MittelqueUe feststand oder erst von Josephus selbst geschaffen wurde, läßt sich nicht mehr feststellen. 206 Vgl. dazu oben S. 116f. - Man wird damit zu rechnen haben, daß die Formulierungen той серой то Xelnov προσοίκοΒομήσαι (§ 165) und то λβΐψανον той lepov τ ε λ ε ι ώ σ ω (§ 169) schon Harmonisierungsversuche sind. Wenn Josephus diese Notiz nicht ganz wegfallen lassen wollte, so war im Rückblick auf 3 E 2 - 7 (= Esr 1 - 6 ) eine derartige Nachricht über Nehemia nur in der von Josephus gebotenen Form möglich. 207 Daß es sich hier um originale Bestandteile der Nehemiadenkschrift handelt, ist kaum anzunehmen! 2 0 8 S. dazu o . S. 7 6 f f .

IV. Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

A. Die Frage nach der Plazierung von Neh 8 a) Die Thesen Noth^ und neuerdings iuch Kellermann^ bestreiten implizit, daß die Anordnung der EsraerzäЫung, wie sie im 3 E vorliegt, ursprünglich chronistisch sei, indem sie die Auffassung vertreten, die jetzige kanonische Fassung der Bücher Esr/Neh gehe auf den Chronisten selbst zurück. Noth ist der Ansicht, daß die Esraerzählung vom Chronisten selbst geschaffen wurde. Dabei hätten jedoch die „Nehemiamemoiren" schon vorgelegen und „auf die Esrageschichte in Esr 7 - 1 0 eingewirkt, wie vor allem die Aufnahme der offenbar aus Neh 2,8.18 stammenden Redensart ,die (gute) Hand Gottes ruhte auf jm.' in Esr 7,6(9).28; 8,18.22.31 zeigt"^ Diese Abhängigkeit spreche an sich schon gegen die Aufnahme einer Originalquelle in Esr 7 - 1 0 und für die Abfassung durch den Chronisten, der die Nehemiamemoiren gekannt und verarbeitet habe. Auch Neh 8—10 sei kein Stück aus einer „Esradenkschrift", sondern nur ein weiterer Abschnitt der Erzählung des Chronisten über Esra; „in der Tat treffen wir hier wiederum auf Sprache und Stil, Anschauungswelt und Interessen von Chr, und der Inhalt des Erzählten weist zurück lediglich auf die uns schon bekannten Quellen von Chr (Esr 7,12-26 und Nehemiamemoiren), jedoch nicht auf eine weitere SonderqueUe über Esra. AUe Schwierigkeiten des Abschnitts lösen sich am einfachsten von der Voraussetzung aus, daß er ein Werk von Chr ist" Г Die so auffällige Stellung des Esraabschnittes Neh 8ff inmitten der Nehemiageschichte finde ihre beste Erklärung, wenn man die Einordnung dieser Kapitel 1 2 3 4

Noth, Studien, S. 1 4 5 - 1 4 8 Kellermann, Nehemia, S. 89ff. Noth, Studien, S. 147. Den sachlich harten Übergang von Neh 8 zu Neh 9, der auf die Freude des Laubhüttenfestes nach zwei Tagen unvermittelt die Bußstimmung und das Bewußtsein der Gesetzesübertretung folgen läßt, meint Noth (Studien, S. 148f) damit erklären zu können, „daß Chr von der auf den Neujahrstag (8,2) angesetzten Gesetzesverlesung durch Esra mit anschließender Gesetzeserklärung durch die Leviten aus eigentlich auf die große Buße der Gemeinde hinzielte, zunächst aber die im siebenten Monat nun einmal fälligen Feiern des Neujahrstages und des Laubhüttenfestes, für die die Bußstimmung nicht am Platze war, glaubte absolvieren lassen zu müssen, um dann freilich alsbald die nur zurückgehaltene Buße stattfinden zu lassen." Vgl. aber dazu unten S. 136ff, wo wir nachweisen können, daß von „absolvieren lassen" gar keine Rede sein kann.

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

dem Chronisten selbst zuschreibe^. Noth gibt zwar zu, daß „diese Erzählung erst die Erfüllung der Mission Esras nach Esr 7,14.25f (vgl. schon 7,10) bringt und damit auf das engste mit der in Esr 7 - 1 0 stehenden Esrageschichte zusammengehört"®. Das liege so offen auf der Hand, daß die vielfach vorgeschlagene Versetzung dieser Kapitel in das Esrabuch, d.h. die Annahme, daß sie im Werke des Chronisten ursprünglich dort gestanden hätten, ohne weiteres einleuchtend zu sein scheine. Da jedoch die sachliche Zusammengehörigkeit von Neh 8ff mit Esr 7 - 1 0 so stark ins Auge falle, „daß schlechterdings nicht zu verstehen wäre, wie ein späterer Bearbeiter dazu hätte kommen sollen, eine vermeintlich vorhanden gewesene Nachbarschaft dieser beiden Stücke nachträglich zu beseitigen", kann man nach Noth für die überlieferte Anordmmg nur den eigentlichen Autor des Gesamtwerkes, d.h. den Chronisten verantwortlich machen''. Diese Auffassung von der literarischen Arbeitsweise des Chronisten kann ich jedoch nicht teilen. Noth ist zwar darin zuzustimmen, daß Esr 7 - 1 0 und Neh 8 vom Chronisten verfaßt worden sind®; da die sachliche Nähe dieser Kapitel nicht zu übersehen ist, was ja auch Noth anmerkt, müssen sie wohl zunächst zusammengehört haben. Also wird ursprünglich eine vom Chronisten konzipierte Esrageschichte vorgelegen haben. In diesem Falle ist es aber wenig wahrscheinlich, daß gerade der Chronist diesen von ihm selbst zusammengestellten Erzählstoff anschließend wieder auseinandergerissen haben sollte, um ihn mit der Nehemiadenkschrift zu verklammern. WennTVor/i feststellt: „Die durch die Vornahme dieser Einschaltung bewirkte Ineinanderverschränkung der Tätigkeiten Esras und Nehemias beruht offenbar auf dem Gedanken, daß das Hauptwerk Esras, das Geltendmachen des Gesetzes, erst vorgenommen wurde, als durch den vollendeten Mauerbau Nehemias der Bestand und die Sicherheit der nachexilischen Gemeinde gewährleistet schien'.", so ist damit zwar ein Grund gefunden, der erklären könnte, warum überhaupt eine derartige „Ineinanderverschränkung" zustande kam. Das berechtigt jedoch nicht zu der Annahme, daß nur der Chronist und niemand sonst für die vorliegende Textanordnung des Esr/Neh-Buches verantwortlich gemacht werden könne. Gegen Noths und Keilermanns These ist an dieser Stelle schon folgender Einwand vorzubringen'": Letzterer hat mit Recht hervorgehoben, daß „als Ge5 6 7 8

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Noth, Studien, S. 149. Noth, Studien, S. 127. Noth, Studien, S. 128. So auch Torrey (The Composition), Hölscher (HSAT, 2. Bd. 1923'») und Kellerrmnn, die mit einer rein chronistischen Fiktion rechnen. Nach Kapelrud (vgl. Authorship, S. 95) ist eine Esratradition vom Chr (od. chron. Kreisen) aufgenommen und derart bearbeitet worden, daß ihre Rekonstruktion heute nicht mehr möglich ist. Noth, Studien, S. 128. Vgl. auch unten S. 143ff.

Die F r a g e n a c h d e r P l a z i e r u n g v o n N e h 8

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staltungsprinzip des Esraberichtes . . . die Parallelisierung und Überbietung zur Nehemiageschichte" vorherrsche". Gerade dann leuchtet es aber gar nicht ein, daß der Chronist hier eine Schrift mit einer bestimmten Konzeption (Nehemiadenkschrift), die er durch eine Gegenkonzeption zu überbieten und abzuwerten sucht, anschheßend sogar noch in sein eigenes Werk (Esrageschichte) einarbeitet Ί Spricht also bisher alles dagegen, daß die jetzt kanonische Anordnung auf den Chronisten zurückgeht'^, so wird man die stark ins Auge fallende Zusammengehörigkeit von Neh 8 mit Esr 7—10 so erklären müssen, daß eben Neh 8 mit diesen Kapiteb in direkter Verbindung gestanden hat, als der Chronist seine Esrageschichte vorlegte. Aber auch jetzt bestehen hier noch verschiedene Möglichkeiten der Anordnung. Zahlreiche Gelehrte'"* halten die im 3 E vorliegende Abfolge für nicht ursprünglich chronistisch und plädieren stattdessen für die Reihenfolge Esr 7 - 8 ; Neh 8; Esr 9 - 1 0 ; Neh 9 - 1 0 ; Neh Iff. Rudolph begründet seine Einordnung von Neh 8 zwischen Esr 8 und 9 mit dem Hinweis auf eine jetzt bessere Folge der chronologischen Angaben dieser Kapitel. Die Einleitung von Esr 9,1 ,^iach Erledigung dieser Dinge" sei reichlich unbestimmt. ,,Das letzte Datum war der 4.5. (8,33 verghchen mit 7,9), das nächste (20.9.) kommt in 10,9, und alles, was davor in Kap. 9 und 10 erzählt wird, hat sich in ganz wenigen Tagen ( 1 + 3 Tage: 9,4f. 10,8f.) abgespielt, so daß 4 1/2 Monate zwischen 8,33 und Kap. 9 liegen. Dieser Zeitraum ist durch 8,35f längst nicht ausgefüllt. Also ist hier durchaus Raum für weitere Begebenheiten, und wir werden sehen, daß die Gesetzesverkündigung und die Feier des Laubhüttenfestes im 7. Monat (Neh 7,72-8,18) hier unterzubringen i s t ' \ " Rudolph geht also davon aus, daß Esra vom persischen König mit der Verklmdigung oder Emführung des Gesetzes „in deiner Hand" in der Provinz Juda beauftragt worden war. Wenn wir nun in Neh 8 von einer Gesetzesvorlesung hörten, die auf die Hörer einen starken Eindruck macht, so handele es sich hier offensichtlich um den zu erwartenden Bericht über die ,Einführung des von Esra mitgebrachten Gesetzes""'. Die Wirkung auf die Hörer sei darauf zurückzuführen, „daß 11

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Kellermann, Nehemia, S. 69; so auch Bousset, Die Religion des Judentums, 1903, S. 139; Hölscher, HSAT, 2. Bd. 1923", S. 494; vgl. auch Noth, Studien, S. 147; Mowinckel, Studien III, S. 109 (vgl. schon Ezra den Skriftlaerde, Kristiania 1916, S. 62ff). Außerdem wäre dann eine Vorordnung der Nehemiageschichte vor Esr 7 - 1 0 viel geschickter gewesen! Zu den Einwänden gegen diese von Snaith (ZAW 63, 1951, S. 64f und SVT 14, S. 250) vertretene These s.u. S. 143ff. Vgl. unten S. 144. Torrey, Ezra Studies, S. 253ff; Kittel, Geschichte III, 2, S. 567ff und S. 588ff; Schaeder, Esra der Schreiber, S. l l f und besonders Rudolph, Komm. Esra, S. 142ff, mit dessen Argumentation wir uns im folgenden hauptsächlich auseinandersetzen wollen. Rudolph, Komm. Esra, S. 85. Rudolph, Komm. Esra, S. 149.

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ihnen das Gehörte neu war (das braucht aber nicht zu heißen, daß das Gesetz an sich neu war, sondern nur, daß die Hörer es nicht mehr wußten)" Erst während dieser Lesung seien sich dann wohl die meisten der Teilnehmer des mißlichen Tatbestandes der verbotenen Mischehen bewußt geworden. Also ist nach Rudolph die Gesetzeslesung überhaupt erst der Anlaß gewesen, der die ganze Mischehenfrage ans Tageslicht brachte. Daher hat Neh 8 seiner Ansicht nach Esr 9 - 1 0 vorauszugehen. Auf diese Weise ergebe sich ein in sich geschlossenes Gesamtbild: „Nachdem Esra am 1.5. in Jerusalem angekommen ist (Esr 7,9) und die notwendigen Vorbereitungen getroffen hat, beginnt er am 1.7. (Neh 8,2) entsprechend seinem Auftrag mit der Verkündigung des Gesetzes, um dann im 9. Monat (Esr 10,6) oder schon etwas früher . . . die von dem eben verkündeten Gesetz verlangte Aufhebung der Mischehen in die Wege zu leiten. Der 7. Monat von Neh 8 gehört also nicht ins 2., sondern ins 1. Jahr der Ankunft Esras . . D i e jetzige kanonische Textfolge sei durch versehentliche Umstellung entstanden". Bei diesem Lösungsversuch geht Rudolph in erster Linie von historischen Erwägungen aus. Das ist jedoch nicht unproblematisch, da wir es in diesem Teil des chronistischen Geschichtswerkes eben mit der literarischen Fixierung der Gedanken und Vorstellungen des Chronisten über die Rekonstitution der nachexilischen Gemeinde zu tun haben und nicht mit historisch zuverlässiger Geschichtsschreibung An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, wenn man der Überzeugung ist, daß der Chronist hier schon vorliegendes Material (Esramemoiren o.ä.), das eventuell sogar einen historischen Kern enthielt, ausgewertet hat^'. Folglich haben wir zunächst bei einer Rekonstruktion der Originalabfolge der chronistischen Esraerzählung das besondere Anliegen des Chronisten und seine speziellen Intentionen zu berücksichtigen, wie wir sie aus den vorausgehenden Teilen seines Werkes erarbeiten können^^; auf eine historischchronologisch wahrscheinliche Reihenfolge der Ereignisse ist weit weniger zu achten. Gegen Rudolphs Lösung ist von vornherein einzuwenden, daß jedenfalls Uterarisch nichts auf einen Textausfall zwischen Esr 8 und 9 hindeutet; denn aus Esr 9,1 nV« mVaDI läßt sich keineswegs herauslesen, daß ursprünglich im 17 18 19 20

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Rudolph, Komm. Esra, S. 149. Rudolph, Komm. Esra, S. 143. Rudolph, Komm. Esra, S. 15 und 143f. Hölscher (HSAT, 2. Bd. 1923^, S. 542), Noth (Studien, S. 129f), Kapelrud (Authorship, S. 9 4 - 9 7 ) , Kellermann (Nohemia, S. 28ff) halten Neh 8 für rein chronistische Schöpfung; dieser Auffassung schließe ich mich an; vgl. dazu das Folgende! So z. B. Rudolph, Komm. Esra, S. lOlf; Mowinckel, Studien III, S. 15ff. Es ist bekannt, daß der Chronist seine Vorlagen (Kön) nach bestimmten theol. Gesichtspunkten umordnet.

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Vorausgehenden über Esr 8,33—36 hinaus noch von mehreren wichtigen Ereignissen erzählt worden sein mußte^^. Aber auch aus dem sogenannten Artaxerxesedikt^·* (Esr 7 , 1 2 - 2 6 ) können wir keineswegs entnehmen, daß nach der Mitteilung von der Ankunft Esras in Jerusalem sofort anschließend ein Bericht über die von ihm jetzt „entsprechend semem Auftrag" vorgenommene Verlesung oder Verkündigung eines Gesetzes zu erwarten wäre. Selbst wenn man mit der Echtheit größerer Teile des Artaxerxeserlasses rechnet und daraufhin den Versuch unternmimt, eine historisch-chronologische Abfolge aus deren Angaben zu rekonstruieren, so läßt sich doch den hier angewandten Formulierungen nichts anderes entnehmen, als daß Esra die Verhältnisse in Juda und Jerusalem untersuchen soll (Esr 7,14: Auf Beschluß des Königs und seiner sieben Ratgeber wird Esra entsandt, П "inVx т з D b c n ' V l ΙΙΠ'' b s ΚΊρη*? η τ η ) . Galling spricht hier von einer „,kirchlichen' Visitation"^^ „Den Maßstab, nach dem Esra seine Visitation durchführen soll, gibt das in seiner Hand befindliche Gesetz des Himmelsgottes ab. Dieses Gesetz wird wie selbstverständlich m Esras Hand vorausgesetzt; nichts deutet darauf hin, daß Esra ein neues (etwa von ihm redigiertes) Gesetz dazu verwenden wird^^." Man ist also nicht einmal, wenn man hier wie Galling historisch argumentiert und einen historisch wahrscheinlichen Handlungsablauf zu rekonstruieren versucht, zu der Annahme gezwungen, daß der Regelung der Mischehenfrage eine Bekanntmachung eines oder des Gesetzes vorauszugehen hatte. Davon ist m dem Erlaß nirgends die Rede. Daher kann bei Galling Neh 8 ohne weiteres an Esr 10 anschließen: „Ehe Esra aus Jerusalem fortging, hat er auf Wunsch des ,ganzen Volkes' zu einem (erst nachträghch festgelegten?) Termin das Gesetz verlesen (Neh 8 , l f f ) " . "

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So mit Noth, Studien, S. 126, Anm. 1; vgl. zu dieser Formel auch 2.Chr 7,1; 20,23; 24,14; 29;29; 31,1. Auf eine genaue Analyse dieses Erlasses und die Diskussion seiner Echtheit müssen wir hier verzichten. Vgl. hier besonders Meyer, Entstehung, S. 60ff, der sich besonders für die Echtheit eingesetzt hat; ferner Schaeder, Esra der Schreiber, S. 55; Galling, Studien, S. 1 6 5 - 1 7 8 rechnet mit einem cchten Grundbestand und versucht eine Rekonstruktion des „für Esra bestimmten Königserlasses" (S. ίΠ), Mowinckel, Studien III, S. 1 1 3 - 1 1 7 nimmt an, daß eine gewisse jüdische Retouschierung stattgefunden habe (S. 117). Besonders Torrey (Ezra Studies, S. 140fO und Hölscher (HSAT 2. Bd. 1923", S. 517) halten diesen ,i;rlaß" für unecht; ebenso Nöldeke, DLZ 45, 1924, Sp. 1 8 4 9 - 5 6 . Galüng, Studien, S. 170. Galling, Studien, S. 169f. Galling, Studien, S. 181; „Mit diesem Fest (vgl. Dtn 3 1 , 1 0 0 findet die Mission Esras Krönung und Ende." (ebd.). - Nach Galling (Studien, S. 183, Anm. 1; vgl. auch Komm. Chronik, Esra, Nehemia, S. 232) fehlte der Stoff des Nehemiabuches in der ursprünglichen Fassung des chronistischen Geschichtswerkes.

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Da sich also zeigt, daß man wie Rudolph und Galling auf dem Wege liistorischer Erwägungen zu verschiedenen Lösungen gelangen kann, scheint mir der Versuch aussichtsreicher, vorerst nur auf das besondere Anliegen des Chronisten bei der Abfassung dieses Teiles seines Werkes zu achten. Wir werden zunächst zeigen, daß Rudolphs Auffassung^® von Neh 8 anfechtbar ist und den Intentionen des Chronisten nicht gerecht wird. Dagegen sprechen schon ganz eindeutig sämtliche Einzelzüge des geschilderten Handlungsablaufes. Es wird sich ergeben, daß es dem Chronisten hier nicht um eine Promulgierang des Gesetzes geht, sondern daß er seinen Lesern das ideale Verhalten der nachexilischen Jerusalemer Kultgemeinde vor Augen halten will. b) Analyse von Neh 8 1. Der A u f b a u des K a p i t e l s ^ ' Neh 8 gliedert sich in die beiden Abschnitte a) Die Versammlung am 1.7. (Neh 8,1-12) und b) Das Laubhüttenfest (Neh 8,13-18). a) Die Versammlung am 1.7. (Neh 8 , 1 - 1 2 ) Hier können wir wiederum in zwei Unterabschnitte aufteilen: α) Die Gesetzeslesung (Neh 8 , 1 - 8 ) und ß) Die Entlassung der Gemeinde (Neh 8 , 9 - 1 2 ) . α) Die Gesetzeslesung In den Versen l a - 2 werden wir über die äußeren Voraussetzungen für die folgende Gesetzeslesung unterrichtet. Es versammelt sich das ganze Volk einmütig vor dem Wassertor^® (Vers la). Man fordert Esra auf, das Buch des Gesetzes Moses zu holen . Dieser kommt der Aufforderung nach und bringt die Tora vor die versammelte Gemeinde (Vers 2b). Jetzt erst erfahren wir den Zeitpunkt dieser Begebenheiten. Man schreibt den 1.7. (Vers Vers 3 vermerkt nicht eigentlich den Beginn der Lesung, sondern nach der Wiederholung der Ortsangabe (Wassertor) die Dauer der Lesung ^^ und die Aufmerksamkeit der Zuhörer. 28 29 30 31 32

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Auch die Tatsache, daß nach chronistischer Vorstellung dieses Gesetz immer in Jerusalem vorhanden war, gibt schon zu Bedenken gegen Rudolphs Argumentation Anlaß. Das Kapitel ist als einheitliche Komposition anzusehen, deren Geschlossenheit wir zu berücksichtigen haben. Zum Problem dieser Ortsangabe vgl. den Exkurs II. Das erinnert an den Aufruf zur Toralektion im Synagogengottesdienst. Vgl. dazu Billerbeck, ZNW 1964, S. 1 4 3 - 1 6 1 , besonders S. 152f. Diese Nachdatierung ist beim Chronisten durchaus möglich (vgl. oben S. 70, Anm. 163). Hier scheint dazu ein erzähltechnisches Anliegen vorzuliegen; erst durch die Kenntnis dieses Datums weiß ja der Leser, worum es hier eigentlich geht. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Versammlung, sondern um eine Zusammenkunft im Festmonat. Vers 1 steht also nicht im Widerspruch zu dem, was im folgenden (Verse 4fO erst im einzelnen geschildert wird. Hölschers Streichung (HSAT, 2. Bd. 19234, s . 546, zSt;

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In Vers 4a betritt Esra die hölzerne Kanzel; zu seiner Rechten wie zu seiner Linken werden mehrere^, offensichtlich bedeutende Personen erwähnt (Vers Vers 5a: Esra rollt die Buchrolle auf^^; währenddessen erhebt sich die Gemeinde (Vers 5b). Esra spricht (Vers 6a) einen Lobpreis Jahwes, den die Gemeinde mit erhobenen Händen (Vers 6b) durch „Amen, Amen" bestätigt Man verneigt sich und fáUt vor Jahwe nieder (Vers 6 c ) ' ' . Vers 7 ist deswegen schwierig, weil hier die Unterweisung durch die Leviten der Lesung in Vers 8 vorauszugehen scheint. Rudolph^'^ und Mowincket° rechnen an dieser Stelle mit einem Eingriff des Chronisten in seine Vorlage wo er die Leviten zu wenig berücksichtigt gefunden habe. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß ein nachchronistischer Bearbeiter diese Bemerkung eingeflochten hat''^. Vers 8 berichtet den genauen Vorgang der Lesung. Esra''' übersetzt den hebräischen Texf*^ für die Gemeinde, die aufmerksam zuhört. vgl. auch Mowinckel, Studien III, S. 52) ist unbegründet (vgl. Rudolph, Komm. Esra, S. 146; Kellermann, Nehemia, S. 27). 34 Die Zahl der Namen in Vers 4 schwankt zwischen zwölf, dreizehn und vierzehn. 35 Auch hier ist wieder die Berührung mit dem Synagogengottesdienst zu beachten (vgl. Mt 23,6). 36 Vgl. Meg 32^ Bar. 37 Vgl. Billerbeck, ZNW 1964, S. 154. 38 Zum Niederfallen der (Gemeinde vgl. Billerbeck, ZNW 1964, S. 1 - 1 7 , Ein Tempelgottesdienst in Jesu Tagen! Nach Billerbecks Darstellung warfen sich während der Rezitierung des Morgen-Sch®ma's - Billerbeck bezeichnet diesen Vorgang als „kleine gottesdienstliche Feier der Priesterschaft" (S. 7) - die auf dem Tempelberg Anwesenden jeweils nach den Lobsprüchen („Gepriesen seist du, Herr, der . . . ") nieder und antworteten „Gepriesen sei der Name seines herrlichen Reiches immer und ewig!"; vgl. aaO, S. 7. 39 Rudolph, Komm. Esra, S. 147. 40 Mowinckel, Studien III, S. 53 und 54, Anm. 1. 41 Anders Kellermann, Nehemia, S. 27, der Vers 7 und sein Verhältnis zu Vers 8 genauso auffassen möchte wie das Verhältnis von Vers 3 zu den Versen 4ff. „8,8 erläutert das Unternehmen der Leviten in 8,7 als Vorlesen und Übersetzen, so daß beide Verse . . . als chron Gut eng zusammengehören" (ebd.). 42 Vgl. so auch Hölscher, HSAT, 2. Bd. 1923'», S. 546 zSt. 43 Der Plural ISnp'T ist sekundär. - Zu beachten bleibt, daß in dem jetzt (chronistisch oder nachchionistisch) überarbeitet vorliegenden Vers die Leviten selbst aus der Tora vorlesen. Das ist doch wohl so auszulegen, daß der hier eingreifende Interpret oder Überarbeiter nicht der Auffassung sein konnte, daß Esra jetzt neu und zum ersten Male das Osetz verkünde; diese vorgenommene Überarbeitung war ja wohl nur möglich, weil der dafür Verantwortliche eben nicht an ein besonderes Ereignis, sondern an eine normale Lesung dachte! 44 Vgl. dazu Billerbeck, ZNW 1964, S. 155. 45 Zur Frage, welche Texte hier herangezogen wurden, sei darauf verwiesen, daß nach Billerbeck (Komm. IV, 1, S. 154) in der jüdischen Tradition an den Festen die Gesetzesstellen vorgelesen wurden, die sich auf das jeweilige Fest bezogen. Das war für den 1.7. Lev23,23ff; vgl. hier auch Mowinckel, Studien III, S. 52, Anm. 3.

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ß) Die Entlassung der Gemeinde Die Verse 9 - 1 0 werden als ein die gottesdienstliche Handlung abschließender Zuspruch Esras verstanden werden müssen"®. In Vers 9a wird auf den Festcharakter dieses Tages hingewiesen; Trauern und Weinen, die Stimmung, die die Gemeinde bei der Lesung überkam"'', sind jetzt nicht angebracht (Vers 9b). Vielmehr (Vers 10) werden die Zuhörer mit der Aufforderung entlassen (13*?), gut zu essen und zu trinken und auch denen, die nichts haben"®, durch Gaben die Teilnahme an diesem Festmahl zu ermöglichen, da dieser Tag für Jahwe geheiligt war. „Die Freude Jahwes (oder: an Jahwe) ist eure Schutzwehr", schließt diesen Zuspruch ab"'. Vers 11 hören wir wieder von den Leviten, die wohl die Worte Esras noch einmal unterstreichen sollen'®. In Vers 12 scheint die gottesdienstliche Handlung schon beendet; denn die Gemeinde kommt der Aufforderung Esras nach: Man bricht auf, um zu essen und zu trinken und ein großes Freudenfest zu veranstalten. b) Das Laubhüttenfest (Neh 8 , 1 3 - 1 8 ) Der Anschluß an das Vorausgehende (Neh 8 , 1 - 1 2 ) ist nicht nur durch die Datierung gesichert; auch Stil und Charakter, femer die gleiche Stimmung in beiden Abschnitten sprechen für den engen Zusammenhang und einheitliche Komposition. Neh 8 , 1 3 - 1 8 können wir wieder untergliedern: α) Die Vorbereitungen (Neh 8 , 1 3 - 1 6 ) und ß) Das Fest (Neh 8,17-18). 46

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Vers 9 ist allerdings nicht in der ursprünglichen Fassung erhalten. Die Verbform TDN'I setzt ebenso wie der Kontext (Vers 10) nur ein Subjekt voraus, während der vorliegende Vers neben Esra auch noch Nehemia und die Leviten erwähnt. Ursprünglich war hier nur von Esra die Rede (vgl. Rudolph, Komm. Esra, S. 148; Mowinckel, Studien I, S. 47; Kellerrmnn, Nehemia, S. 27f). Nehemia ist in jedem Fall nachträglich interpoliert, wahrscheinlich aber erst, als Neh 8 seine jetzige Stellung im Nehemiabuch erlangt hatte. Aber auch die Leviten können aus Neh 8,11, wenn man sie dort für ursprünglich ansehen darf - was jedoch auch nicht sicher ist - vorgezogen sein. - Vgl. oben S. 65ff. Zum „Weinen" der Gemeinde vgl. unten S. 136, Anm. 63. S. dazu u. S. 137, Anm. 64. Man wird hier an die im Synagogengottesdienst auf die Lesung folgende kurze und paränetische Ansprache erinnert (vgl. Lk4,15.17ff.31.44; s. dazu Billerbeck, Komm. zSt, S. 172; ders. in ZNW 1964, S. 158 ,Дп ihrer ältesten Gestalt waren die freien Ansprachen ziemhch kurz und kunstlos. Der Vortragende reproduzierte etwa die vorgelesenen Schriftlektionen, an sie, je nachdem, anknüpfend, Mahnungen, Drohungen und Tröstungen."). Dieser Vers scheint allerdings die enge Verbindung zwischen V. 10 und V. 12 (Zuspruch und Mahnung Esras - die Aufnahme seiner Worte in der Gemeinde) aufzuheben; außerdem sagt er nichts neues oder weiterführendes aus.

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α) Die Vorbereitungen (Neh 8,13-16) Am 2.7. (Vers 13a) finden sich die Familienhäupter'' bei Esra ein, „um auf die Worte des Gesetzes achtzugeben" (Vers 13b)'^. Bei der Lesung (Vers 14) stößt man auf die Bestimmmg (mina 31ПЭ), am Laubhüttenfest im 7.Monat in Hütten zu wohnen®^. Diese Anweisungen zum Hüttenbau läßt man nun in allen Städten und in Jerusalem bekanntgeben (Vers 15)^. Vers 16 berichtet uns die Ausführungen dieser Anordnungen. Das Volk besorgt sich das fur den Hüttenbau nötige Material (Laubwerk); die Hütten selbst schlägt man auf den Dächern, Vorhöfen und Vorhöfen des Tempels sowie auf den Plätzen vor dem Wassertor und dem Ephraimtor auf''. ß) Das Fest (Neh 8,17-18) Nach Vers 17a ist die ganze Gemeinde ("7П|7Л Vd) beteiligt. Das Außerordentliche dieses Festes wird noch durch Vers 17b herausgestellt: „Seit den Tagen Josuas, des Sohnes Nuns, hatten die Israeliten nicht in dieser Weise verfahren bis auf jenen Tag''." Es herrscht sehr große Freude (Vers 17c) und man liest Tag um Tag in der Tora Gottes (Vers 18); am achten Tag wird die Schlußfeier üDwas gehalten. 51

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Ob die „Priester und Leviten" erst später in den Text eingedrungen sind, mag offen bleiben. Kellennann, Nehemia, S. 28, Anm. 110 (gegen Hölscher, HSAT, 2. Bd. 1923", S. 547, Anm. c) sieht hier keinen sekundären Zusatz. Neh 8,13b ist keineswegs so aufzufassen, als ob der Chronist hier daraufhinweisen möchte, daß „die weltlichen und geistlichen Spitzen des Volkes . . . das Gesetz in erster Linie kennen und sich einprägen" mußten {Rudolph, Komm. Esra, S. 150), weil es ihnen neu war (vgl. Э1ЛЭЭ Esr 3,2.4 und 6,18 ЗПЭЭ, woraus eindeutig hervorgeht, daß der Chronist „das Buch des Gesetzes Moses" als bekannt und in Gebrauch voraussetzt). Der Chronist will vielmehr illustrieren, wie ^leu' und vorbildlich die Gemeinde mit diesem Gesetzbuch umgeht. Bei allem, was geschieht oder geschehen soll, achtet man auf die Tora (vgl. Jos 1,8). Das Laubhüttenfest soll ЗШЭЭ gefeiert werden (zu 31ЛЭЭ vgl. 2.Chr 30,18; 34,21; 35,26). Es ist ein Zug besonderer Frömmigkeit, den der Chronist hier hervorheben will (vgl. auch Neh 8,18). Wahrscheinlich ist hier doch an Lev 23 gedacht. Vers 15 wäre nach MT („und daß sie verkündigen und ausrufen sollten") noch als Zitat „aus dem Gesetz, das Jahwe durch Mose geboten hatte", aufzufassen. Da eine derartige Anweisung jedoch im Pentateuch nicht zu finden ist, wird man wohl (mit Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923", S. 541; Rudolph, Komm. Esra, S. ISO, Mowinckel, Studien III, S. 61, Anm. 1) mit dem Apparat BHK^ ändern und lesen: „da ließen sie kundtun und ausrufen . . . ", was auch gut in den Zusammenhang paßt. Eine Bekanntmachung an das an dieser Lesung nicht beteiligte Volk mußte ja in jedem Falle berichtet werden (Außerdem würde auch ein nicht verivizierbares Schriftzitat aus den Gesetzeskorpora nicht mit 31ЛЭЭ enden!). Aus diesen Ortsangaben geht klar hervor, daß dieses Laubhüttenfest nach der Intention des Chronisten nur in Jerusalem gefeiert wurde (so auch Galling, Komm. Chronik, Esra, Nehemia, S. 235). Vgl. zu dieser Feststellung S. 147ff.

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2. Die I n t e n t i o n e n des Chronisten in Neh 8 Wir haben oben schon darauf hingewiesen, daß Neh 8 als kompositorische Einheit aufzufassen ist. Dennoch woñen wir zunächst Neh 8,1-12 noch einmal für sich betrachten. Daß Neh8,1-12 ein gottesdienstlicher Vorgang geschildert w i r d " , dürfte bisher deutlich geworden sein. Die versammelte Gemeinde weiß jeweils ganz genau, wie sie sich bei allen Handlungen zu verhalten hat. Außerdem fehlen in der Darstellung des Chronisten jegliche Äußerungen der Überraschung oder auch der Verwunderung und Bestürzung'®, wie wir sie bei ungewohnten Aktionen oder Neuerungen und Konfrontation mit Ungewohntem wie der Neueinführung des Gesetzes erwarten müßten. Die ganze Art der Darstellung ist nur zu verstehen, wenn der Chronist hier nicht an einen emmaUgen besonderen Akt einer Promulgierung des Gesetzes gedacht hat, sondern eine gottesdienstliche Lesung am Neujahrstag vor Augen hat. Dazu kommt, daß besonders die Nähe und Ähnlichkeit zahlreicher Einzelzüge der geschilderten Veranstaltung zum späteren jüdischen Synagogengottesdienst a u f f ä l l t M a n wird daher annehmen müssen, daß der Chronist diese Szene Neh 8,1-12 in Anlehnung an die synagogale Gottesdienstform seiner Zeit gestaltet hat®". Unverkennbar ist dazu der paradigmatische Charakter der vom Chronisten beschriebenen Szenerie. Wie selbstverständlich kommt die ganze Gemeinde in Jerusalem zusammen; niemand fehlt®'. An den gottesdiensthchen Vorgängen sind die Versammelten in einzigartiger Weise beteiligt®^. Dem Chronisten schwebt ganz offensichtlich die ideale Gemeinde vor, so wie sie sein soll. Sehnsucht und Verlangen nach der Tora (Neh 8,1b; vgl. auch 8,18), Aufmerksamkeit (Neh 8,3b), Ehrfurcht vor der Tora (Neh 8,5b), Demut (Neh 8,6b), Einsicht und Verständnis (Neh 8,8) und Gehorsam gegenüber den Leitern der Gemeinde (Neh 8,9ff) sowie Bußfertigkeit (Weinen und Trauer)®^ 57 58 59 60

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Vgl. zu den Einwänden, die gegen diese Auffassung vorgebracht worden sind, den Exkurs II. Vgl. dagegen Josias Reaktion nach der Auffindung des Gesetzbuches (2.Chr 34,19)! So auch Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923^, S. 543; Galling, Komm. Chronik, Esra, Nehemia, S. 233 und RGG^, Bd. IV, Sp. 1397; Kellermann, Nehemia, S. 29f. Gegen Rudolph, der behauptet, daß sich die spätere synagogale Praxis in Anlehnung an Neh 8 , 1 - 1 2 entwickelt habe (Komm. Esra, S. 149). Dann müßte aber der hier beschriebene Vorgang ein Produkt chronistischer Phantasie sein. - Die besondere Art der chron. Darstellung scheint eher mit ätiologischen Tendenzen zusammenzuhängen (so mit Kellermann, Nehemia, S. 30). „Zugleich mit dem Stand der Schriftgelehrten und der unterweisenden Leviten rechtfertigt der Chron auch die Anfänge der Synagoge zu seiner Zeit durch Rückprojektion in die kanonische Anfangszeit" (ebd.). Vgl. dagegen 2.Chr 30, besonders die Verse lOff; ferner Esr 10,7ff. Vgl. dagegen 2.Chr 30,18ff. Nach Rudolph (Komm. Esra, S. 149) wäre im Falle eines Neujahrsgottesdienstes das Weinen des Volkes (Neh 8,9) nicht zu verstehen. Daß es zur Sitte des Neujahrsfestes

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und Freigebigkeit (Neh 8,12)^ sind ihre hervorstechendsten Merkmale. Berücksichtigen wir all diese Momente, so ist Neh 8 unmöglich als protokollartiger gehöre, sei nicht anzunehmen. Rudolph will diese Stimmung damit erklären, daß die Gesetzesworte, die Esra vorlas, auf die versammelte Gemeinde einen niederschmetternden Eindruck machten. Sie fingen an zu weinen, „sei es daß ihnen schmerzlich der Abstand zum Bewußtsein kam, der sie von der Erfüllung der gehörten Gebote trennte, sei es daß sie vor den Strafen, die dem Gesetzesübertreter drohten, erschraken" (S. 149). Rudolph sieht also dieses Weinen als ein Indiz dafür an, daß die Mischehenangelegenheit noch nicht geregelt sein kann, daß sich vielmehr die Gemeinde jetzt erst dieses Überstandes bewußt wird. Daher ihre Tränen! Das ist allerdings eine Interpretation, die keinerlei Anhaltspunkte am Text selbst hat. Wie die Bemerkung „denn alles Volk weinte, als es die Worte der Tora vernahm" (Neh 8,9b) aufzufassen ist, geht eben aus dem näheren Kontext nicht eindeutig hervor. Aber selbst wenn man annehmen will, daß das Weinen oder die Bußstimmung in direktem Zusammenhang mit den Mischehen steht, was im Text nicht ausgesprochen ist, so wäre das noch längst kern Beleg für die Richtigkeit von Rudolphs Einordnung von Neh 8 zwischen Esr 8 und 9. Trauer und Bußstimmung sind wohl auch nach Beseitigung des die Verschuldung verursachenden Tatbestandes möglich (vgl. 2.Chr 30,15b das Bekenntnis der Schuld nach der Beseitigung des die Schuld verursachenden Tatbestandes!), zumal wir hier die Schilderung einer paradigmatisch frommen Gemeinde vor uns haben. Man wird außerdem berücksichtigen müssen, daß die Szene am Neujahrstag spielt. Zu den festen rituellen Zügen des Neujahrsfestes dürften sowohl das bußfertige Weinen als auch das freudige Festmahl gehört haben (vgl. so Mowinckel, Studien III, S. 57f; zum kultischen Weinen generell siehe Hvidberg, Weeping and Laughter in the Old Testament, zu Neh 8 vgl. S. lOlf; zum Neujahrstag vgl. besonders Mowinckel, Studien III, S. 50ff, dort weitere Literatur!). Vielleicht wird man auch nicht ganz ausschließen dürfen, daß der Chronist hier einen Gefühlszustand der erbaulichen Rührung, der durch die feierliche Gesetzeslektion verursacht ist, zu schildern beabsichtigt (so Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923'', S. 543b). Zu erinnern ist hier ferner an Esr 3,12: „Und viele von den betagten Priestern, Leviten und Sippenhäuptern, die das frühere Haus noch gesehen hatten, weinten laut, als nun dies Haus vor ihren Augen gegründet wurde. Viele aber jauchzten mit Freuden . . . " Bei der Grundsteinlegung zum Tempel mischte sich also, so die Darstellung des Chronisten, die Festfreude mit Wehmut. Es scheint sich hier um eine Trauer zu handeln, die aus der Erinnerung an die Vergangenheit und die Versäumnisse der Väter resultiert (vgl. Esr 9,7 ; Erinnerung und Weinen scheinen auch in Ps 137,1 zusammenzuhängen; vgl. hier Schottroff, ,Gedenken' im Alten Orient und im AT, S. 144; auch in Num 11,5; Ps42,5; 77,6f; Jes 43,18 „führte das Gedenken zur Klage über die verlorene Vergangenheit"). - Es dürfte schwierig zu entscheiden sem, an welches dieser Momente der Chronist hier besonders gedacht haben mag. Sicher ist jedoch, daß nichts im Text so auszulegen ist, als habe die Gemeinde erst jetzt während der Verlesung des Gesetzes ihren schuldhaften Charakter erkannt, worüber sie nun in Tränen ausbreche. Der Ausklang der Feier (große (Freude!) sowie das sich anschließende Laubhüttenfest verbieten diese Interpretation. Der schuldverursachende Tatbestand mußte beseitigt sein (Esr 9 - 1 0 ) , damit es überhaupt zu einer derartigen Veranstaltung, die natürlich auch einen Bußcharakter trägt, und zur Feier des Laubhüttenfestes kommen konnte (vgl. ähnlich die Reihenfolge in 2.Chr 2 9 - 3 0 , wo der Feier des Passafestes die Maßnahmen zur Wiederherstellung des rechten Gottesdienstes vorausgehen!). 64

Aus der FormuUerung l"? ]1Э1 I'mV ГПЮ mV®! in Neh 8,10 (vgl. dazu Ges. Kautzsch,

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

Bericht über eine Neueinführung des Gesetzes durch Esra in einem einmaligen Akt aufzufassen; es handelt sich vielmehr um die Schilderung eines vorbildlichen Gemeindegottesdienstes mit Gesetzeslesung am Neujahrstag. Es soll außerdem gezeigt werden (Neh 8,13-18), wie das Laubhüttenfest in ganz einzigartiger Weise gefeiert werden konnte. Auch hier schildert der Chronist das Verhalten der Gemeinde und ihrer Ältesten als beispielhaft®'. Deswegen legt der Chronist auf die Bemerkung Wert, daß man seit den Tagen Josuas das Fest in dieser Weise nicht begangen habe, femer, daß „eine sehr große Freude" herrschte, daß die Schlußversammlung иаю?ээ gehalten wurde. Also nicht nur der Umstand, daß in Neh 8,1—12 nichts auf eine Neueinführung des Gesetzes durch Esra deutet, spricht gegen eine Einordnung des Kapitels zwischen Esr 8 und 9, sondern auch die hier vom Chronisten vorgenommene Idealisierung der Gemeinde. Es ist unvorstellbar, daß dieser die Gemeinde zunächst in ein derart günstiges Licht rückt, um anschließend mit der für diese Gemeinde höchst peinlichen Mischehenangelegenheit diese so positive Zeichnung wieder zu verwischen. Die Unmöglichkeit der Rudolph 'sehen Einordnung unseres Kapitels finden wir noch bestätigt, wenn wir femer den Hinweis auf die „große Freude" (Neh 8,12 und 17) genügend beachten, mit der die Gemeinde bei der Sache ist. Neh 8,12 wird die „große Freude" explizit in einem Atemzuge mit dem Essen und Trinken der Gemeinde erwähnt. Auch sonst wissen wir aus dem Alten §§ 152v und 155n) entnimmt Rudolph (Komm. Esra, S. 145), „daß so und so viele für das improvisierte Festmahl nicht gerüstet sind". Das zeige, „daß ein einmaliger außerordentlicher Fall" (ebd.) vorliege. Man wird hier jedoch Rudolphs Übersetzung „ . . . sendet Anteile an die, die nichts bereit h a b e n " anfechten müssen. LXX und 3 E lesen hier beide . . . roîç μή '¿χουσιν ... und geben damit den Hinweis, wie die etwas unklare hebräische FormuUerung aufzufassen ist. Gemeint sind diejenigen, ,,die nichts Bereitetes haben", d . h . „die nichts zubereiten k o n n t e n " , und zwar nicht, wie Rudolph meint, weil sie keine Zeit hatten, etwas vorzubereiten (daher bei Rudolph der Ausdrude „improvisiert"!), sondern weil sie überhaupt nichts hatten (die meisten Kommentare übersetzen auch richtig „ . . . denen, die nichts haben . . . "). Wenn eine generelle Aufforderung zum Essen und Trinken und zur Freigebigkeit möglich ist, so doch nur deswegen, weil nach Ansicht des Verfassers Vorbereitungen getroffen worden sind und man dazu auch zeitlich in der Lage war. Daß hier improvisiert werde, ist in den Text hineingelesen (vgl. 2.Chr 30,17, wo der Chronist ausdrücklich anmerkt, wenn etwas nicht seinen geregelten Verlauf nimmt). Wenn einige Festteilnehmer nicht gerüstet waren, so eben aus materiellen Gründen. Das bestätigt auch die Formel 1Π 7©1 m i ö (vgl. Esther 9,19; 9,22). Es muß sich hier um das Austeilen von Gaben an die Bedürftigen handeln (so auch Mowinckel, Studien III, S. 59). Fette Speisen und süße Getränke dürften außerdem kaum in so kurzer Zeit herbeizuschaffen sein. Sie werden nur zu besonderen Anlässen zubereitet, und dazu braucht es Zeit! Hier läßt sich nichts improvisieren. 65

Vgl. besonders Neh 8 , 1 6 - 1 8 .

Die Frage nach der Plazierung von Neh 8

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Testament, daß sich Freude und Рг0Ы1сЬке11 für den Israeliten in Essen und Trinken ausweisen*^. Wenn wir uns jetzt an Esr 10,6 zurückerinnern, wo wir negativ die gleiche Verbindung vorfinden (Esra kann weder essen noch trinken, weil er über die Verschuldung der Gememde durch die Mischehen bekümmert und betrübt ist), so müßte es uns (bei Einordnung von Neh 8 zwischen Esr 8 und 9) mehr als sonderbar vorkommen, daß Esra sogar in Kenntnis der Zustände (so Rudolphl) zur fröhUchen Begehung des Festes auffordert (Neh 8,9ff) und damit offensichtlich seine Trauer für später (Esr 10,6) aufspart. In einer Darstellung, für die der Chronist verantwortlich zeichnet, sind derartige Verhaltensschilderungen undenkbar und nicht zu erwarten. Man denke hier nur an 2.Chr 30, wo deutlich wird, welche Maßnahmen nach chronistischer Anschauung vorzunehmen smd, wenn bei der Begehung eines Festes nicht alle Voraussetzungen gegeben sind, die besonders von selten der teilnehmenden Gemeinde zu erfüllen waren. Wenn der Chronist in Neh 8 von ähnlichen Maßnahmen zur Entschuldigung der Gememde nichts erwähnt, so wird man daraus zu entnehmen haben, daß eben sämtUche Festteilnehmer kultfähig waren und nicht im Zustande der Verschuldung zum Fest zusammengekommen sind. Die Mischehenangelegenheit ist kein Problem mehr. Die Regelung dieser Frage muß in der chronistischen Fassung der Esraerzählung schon vor den in Neh 8 geschilderten Ereignissen im 7. Monat berichtet worden sein; das bedeutet, daß Neh 8 auf Esr 7 - 1 0 folgen muß. Daß dieses Kapitel direkt an Esr 10 anschließt und dies die emzig wahrscheinliche Reihenfolge der chronistischen Esraerzählung überhaupt nur sein kann, ergibt sich außerdem noch ganz emdeutig, wenn wir den Gesamtaufriß des chronistischen Werkes beachten und einen Einblick in dessen eigenthche Gedanken und Tendenzen zu gewinnen versuchen. Wir müssen uns vorwiegend die Charakteristika in den Blick rücken, durch die sich die Konzeption des Chronisten vom deuteronomistischen Geschichtswerk abhebt. Hier fäUt uns die starke Vorliebe für die großen israeUtischen Jahresfeste auf (2.Chr 7; 2.Chr 30; 2.Chr 35; Esr 3 , 1 - 7 ; Esr 6 , 1 9 - 2 2 ; Neh 8). Während wir in den deuteronomistischen Parallelstücken nur kurze Hinweise auf diese Feste finden, lesen wir beun Chronisten darüber ausführliche Berichte. Interessant ist besonders die ausführliche Schilderung eines Passafestes unter Hiskia (2.Chr 30), worüber in der Vorlage (2JCön 18—20) überhaupt nichts verlautet. Es soll daher versucht werden, durch eine kurze vergleichende Betrachtung dieser Festschüderungen und ihres jeweiligen Kontextes sowie die Herausarbeitung gemeinsamer Grundzüge die Kriterien zu gewinnen, die ims Rückschlüsse auf die ursprüngliche Stellung von Neh 8 (Laubhüttenfest) mnerhalb des chronistischen Geschichtswerkes ermögUchen.

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Vgl. z . B . Dtn 12,7; l.Sam 1,7; Dan 10,2.

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

c) Die Feste im chronistischen

Geschichtswerk

M e n Berichten über die Begehung dieser Feste ist offensichthch gemeinsam, daß der Chronist das rechte, beispielhafte und damit für ihn erwähnenswerte Feiern von einer nach seiner Auffassung besonderen geschichtHchen Situation und Konstellation abhängig macht. In der Schilderung der Feierhchkeiten anläßlich der Einweihung des Tempels unter Salomo (2.Chr 5 - 7 ; vgl. l . K ö n 8 ) hören wir zum ersten Mal von emer Feier des Laubhüttenfestes (2.Chr 7 , 8 - 1 0 ; vgl. l.Kön 8,650®"'. Daß der Chronist Salomo und seine Zeit mit besonderer Liebe zeichnet, ist bekannt. Im Gegensatz zur Vorlage erfahren wir weder etwas über die peinliche Art seiner Thronbesteigung ( l . K ö n 1) noch über seinen blutigen Regierungsbegmn ( l . K ö n 2), schon gar nichts von semen persönUchen Schwächen und poÜtischen Einbußen (vgl. LKön 11). Der Leser steht vielmehr vor dem Bild des frommen, gesegneten, machtvoll regierenden Herrschers*^®, der den Tempel erbaute und dessen Reichtum und Wohlstand als Folge seiner Frömmigkeit einmalig sind. 67

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Der Chronist hat hier I X ö n 8 übernommen; aber während dort unklar bleibt, wie sich das „Fest" (vgl. l.Kön 8,2 = 2.Chr 5,3), d.h. das Laubhüttenfest, zeitlich zum Fest der Tempelweihe verhielt, hält der Chronist beides scharf auseinander und fügt zum siebentägigen Laubhüttenfest nach Lev 23,36b.39b; Nu 29,35 die Schlußfeier des achten Tages hinzu (Vers 9a; vgl. Neh 8,18). Wenn wir innerhalb der Berichte über David, dessen außergewöhnliche Stellung im chronistischen Denken außer Zweifel steht (vgl. dazu von Rad, Geschichtsbild, S. 119132; ferner Botterweck, Zur Eigenart der chronistischen Davidsgeschichte, ThQ 136,3, 1956, S. 402-435), die Erwähnung eines Festes vermissen, so widerspricht das nur scheinbar unserer These. Es wird sich zeigen, daß jeweils nur nach Tempelbau oder Restaurationsarbeiten am Tempel (eine Ausnahme ist lediglich Neh 8; aber hier konnte nach der vorausgehenden Darstellung ja auch nicht schon wieder eine Tempelrestauration angesetzt werden!) oder überhaupt Reformen von einem Fest berichtet wird. Nun hat der Chronist zwar Davids Bemühungen um die Ermöglichung des Tempelbaus besonders hervorgehoben (daß er damit Salomo das eigentliche Verdienst des Tempelbaus abspreche, wie von Rad [aaO, S. 129] behauptet, scheint mir überinterpretiert. Eine Erklärung für die Konzeption des Chronisten [Tempelbauvorbereitungen Davids] ist wohl schon darin zu sehen, daß nach seiner Vorstellung ein derart guter, lange mit Macht regierender und somit von Jahwe angezeichneter König, den schon die Vorlage mit Tempelbauvorhaben in Verbindung bringt, unmöglich nicht das Seine zur Verwirklichung dieses großen Werkes beigetragen hat. Ähnlich gestaltet der Chronist den Bericht über Hiskias Bemühungen um den Tempel aus [vgl. 2.Chr 29 mit 2.Kön 18,1-6|. Ein guter König hat sich immer, so der Chronist, um den Tempel bemüht. Bei David war das aber nicht anders möglich, als daß er hier vorbereitende Arbeiten ausführen ließ!); es läßt sich aber nicht übersehen, daß (auch nach chronistischer Anschauung) der eigentliche Hochpunkt die Ausführung und Vollendung des Tempelbaus selbst war. Spannungs- und Erzählungsgefälle alles Vorherberichteten zielen auf die Mitteilung des erfolgreichen Abschlusses unter Salomo (siehe besonders 2.Chr 7,10.11). Erst der Bericht über die Fertigstellung des Tempels charakterisiert das nachfolgende Laubhüttenfest als ein Fest, wie es eben nicht immer gefeiert wurde.

Die Frage nach der Plazierung von Neh 8

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Unter Hiskia läßt der Chronist ohne Anhaltspunkte in seiner Vorlage ein Passafest stattfinden. Zuvor war über die bedeutenden Maßnahmen Hiskias zu Wiederherstellung des Tempelkultes (Reinigung des Tempels, Weihe, Opfer) berichtet worden. Schon 2.Kön 18ff (vgl. Jes 36ff) galt Hiskia als der paradigmatisch fromme, allein auf Jahwe vertrauende König. Die Meinung des Chronisten über ihn und seine Zeit finden wir in 2.Chr 31,20f („Also tat Hiskia in ganz Juda und tat, was recht, gut und wahrhaftig war vor dem Herrn, seinem Gott. Und in allem Tun, das er anfing, am Dienst des Hauses Gottes nach dem Gesetz und Gebot, zu suchen seinen Gott, handelte er von ganzem Herzen; darum hatte er auch Glück.") und 2.Chr 32,27ff („Und Hiskia wurde überaus reich und angesehen und verschaffte sich Schätze an Silber und Gold und Edelsteinen . . . denn Gott hatte ihm sehr reiche Mittel verliehen" [Vers 29]). Auch hier ist der Reichtum dieses frommen Königs als Hinweis auf eine gesegnete Epoche zu verstehen! Die zunächst folgende Erwähnung eines Festes (Passafeier! 2.Chr 35)®® führt uns in die Zeit des Josia. Das vorausgehende Kapitel (34) schildert die Kultreformen Josias (2.Chr34,3—7 Entfernung der Fremdkulte; 34,8—33 Restaurationsarbeiten am Tempel, das Gesetzbuch, die Veφflichtung des Volkes)™. ÄhnUch wie Hiskia war auch Josia schon in der Vorlage des Chronisten als eine der großen Ausnahmen in der Reihe der Könige Judas vorgestellt worden (2.Kön 22,2 und 2.К0П 23,25). Der Chronist hebt sein vorbildliches Verhalten besonders hervor: „Denn im achten Jahr seines Königreichs, da er noch jung war, fing er an zu suchen den Gott seines Vaters David, und im zwölften Jahr fing er an zu reinigen Juda und Jerusalem von den Höhen und Ascherabildern und Götzen und gegossenen Bildern . . . " (2.Chr 34,3). Ferner heißt es: „Und Josia tat weg alle Greuel aus allen Landen der Kinder Israel und schaffte, daß alle, die in Israel gefunden wurden, dem Herrn ihrem Gott dienten. Solange Josia lebte, wichen sie nicht von Jahwe, dem Gott ihrer Väter, ab" (2.Chr 34,33). 69

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Entgegen der ausführlichen Schilderung in 2.Chr 35 finden wir in der Vorlage des Chronisten nur einen sehr kurzen Hinweis auf ein Passafest unter Josia (2.Kön 23, 21-23). Hatte der Deuteronomist sich nicht vorstellen können, daß Josias Reform ohne das neuaufgefundene Gesetzbuch geschehen sei und finden wir deshalb bei ihm den Bericht Uber die Entdeckung dieses Gesetzbuches allem vorangestellt (2.Kön 22), so sah der Chronist in der Auffmdung dieses göttlichen Buches eine Antwort, eine Belohnung Jahwes für das fromme Tun des Königs. Die Berichte der Vorlage über die Reformen Josias sind zu einer einheitlichen Geschichte zusammengeschweißt, auf die als Lohn und Siegel die Auffindung des Buches folgt. „So ist zweifellos das geschlossenste Bild gezeichnet: Bekehrung - Reform - Auffindung - Bund - Passah. Aber neben dem im Zentrum stehenden Gedanken der Belohnung durch das Buch, das den König so ausführlich von Jahwes HeUswillen unterrichtet, führt dem Chronisten auch sichtlich die Freude an einem innerlich geschlossenen Bild des letzten frommen Davididen die Feder" (v.Rad, Geschichtsbild, S. 14).

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

Esr 3,4 ist wieder von einem Laubhüttenfest die Rede. Es handelt sich allerdings nur um eine sehr kurze, einschubartige Notiz („Und sie hielten das Laubhüttenfest, wie geschrieben steht") innerhalb des Berichtes über die Errichtung des Brandopferaltares und den Neubeginn des Opferdienstes nach der Rückkehr der Exiherten. Obgleich hier möglicherweise em späterer Zusatz vorliegt'", ist doch unmerhin zu berücksichtigen, daß an dieser Stelle der chronistischen Darstellung wenn auch kein Hoch- so doch ein Wendepunkt innerhalb der Geschichte seines Volkes vorliegt. Auf die nächste Passafeier im chronistischen Geschichtswerk stößt der Leser in Esr 6,19—22, direkt im Anschluß an die Erzählung von der Vollendung des Tempelbaus und seiner Einweihung (Esr 6,13-18). Daß mit der Wiedererrichtung des Tempels für den Chronisten ein besonderer Abschnitt nachexilischer Geschichte zu semem guten Ende gekommen ist, muß nicht erst besonders hervorgehoben werden. Es handelt sich also um ein besonderes Fest, das deswegen eine Erwähnung rechtfertigt, weil jetzt erst Tempel und Kult wieder als Voraussetzung für das Funktionieren der Jerusalemer Kultgemeinde gegeben sind. Es ist unübersehbar, daß der Chronist jeweils an den Hochpunkten der Geschichte seines Volkes, wie er sie sieht, die Feier eines Festes berichtet''^. Das gilt aber dann wohl nicht nur für die Feste unter Salomo, Hiskia, Josia und fiir das Passafest nach der Einweihung des zweiten Tempels (Esr 6), sondern ohne Zweifel auch für das Laubhüttenfest in Neh 8. Daß der Chronist dieses Fest auf der gleichen Ebene bewertet wie die vorausgegangenen, ergibt sich schon daraus, daß hier der Hinweis auftaucht, die Israeliten hätten solches seit den Tagen Josuas nicht getan (vgl. 2.Chr 30,26 und 2.Chr 35,18, wo wir ähnliche Anmerkungen finden!)'''. Dafür spricht ferner die auffallende Betonung der Freude (n'olii ΠΠίΐΒ» 1Х?з), die an diesem Fest herrschte'"'. 71

Hölschers Verdacht, daß es sich hier um einen späteren Zusatz handeln könnte (HSAT, 2. Bd., 1923'', S. 511, Anm. c), scheint mir nicht ganz unberechtigt. Daß der Chronist diesem Fest jedenfalls keine außerordentliche Bedeutung zumißt, ist schon deswegen unübersehbar, weil hier nur das reine Faktum, das „Daß", mitgeteilt wird; wir vermissen die sonst immer üblichen Vermerke über die Freude, das Verhalten des Volkes usf.

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Natürlich ist daraus nicht zu entnehmen, daß nach chronistischer Vorstellung zu den übrigen Zeiten diese Feste ausgefallen oder die Festzeiten überhaupt nicht beachtet worden seien. Dagegen sprechen schon die in 2.Chr 30,26, 2.ChT 35,18 und Neh 8,17 auftauchenden Hinweise des Chronisten („so nicht . . . seit den Tagen . . . "), womit der Chronist doch nur ausdrücken wiU, daß nur jeweils an diesen Zeitpunkten ein derartiges Fest auf besondere und damit erwähnenswerte Weise gefeiert werden konnte. Vgl. zu dieser „Formel" unten S. 147. Vgl. Neh 8,17; 2.Chr 7,10; 2.Chr 30,26; Esr 6,22. - Die Schilderung des Passafestes unter Josia (2.Chr 35) enthält keinen Hinweis auf die Freude der versammelten Gemeinde. Das wird damit zusammenhängen, daß sich der Chronist hier schon gehemmt fühlt, da er ja nur wenig später die schon vorher angekündigte Katastrophe (vgl. 2.Chr

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Die Frage nach dem Schluß des chronistischen Geschichtswerkes

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Wenn jedoch alle diese Neh 8 vorausgegangenen Feste vom Chronisten jeweils nach der Erwähnung von Arbeiten am Tempel oder kultischen Reformmaßnahmen geschildert werden und somit offensichtlich nach seiner Auffassung überhaupt erst die Voraussetzungen für die rechte Feier gegeben sind''', so müssen wir das bei einer Einordnung von Neh 8 in die vom Chronisten ursprünglich konzipierte Darstellung mitberücksichtigen. Das bedeutet aber, daß Neh 8 nicht zwischen Esr 8 und 9 gestanden haben kann, wie Rudolph und andere behaupten, sondern als der nach der Reinigung des Volkes (Mischehen! Esr 9 - 1 0 ) zu erwartende Bericht aufzufassen ist, der jetzt den Leser darüber informiert, wie sich das wiederhergestellte Heilsverhältnis zwischen Jahwe und seiner Gemeinde in der Begehung dieses Festes manifestiert. Also wird die Stellung von Neh 8 hinter Esr 10 sowohl durch die Tendenzen und das Stimmung^efálle dieses Kapitels selbst als auch von der gesamtchronistischen Konzeption her bestätigt.

B. Die Frage nach dem Schluß des chronistischen Geschichtswerkes a) Die Stellung der Nehemiadenkschrift im chronistischen Geschichtswerk Da der ursprüngliche Anschluß von Neh 8 an Esr 10 in jedem Falle als gesichert anzusehen ist, stehen wir jetzt vor der Frage, wie und ob denn überhaupt eine weitere Fortsetzung des chronistischen Geschichtswerkes mittels des im NehBuch überUeferten Stoffes noch denkbar ist. Eine Entscheidung dürfte deswegen nicht schwer sein, weil einerseits feststeht, daß noch längere Zeit eine Version der Nehemiageschichten existiert haben muß, die in keiner Berührung mit dem chronistischen Geschichtswerk stand'®; zum andern fällt auf, daß das chronistische Anliegen mit den Tendenzen und der Grundeinstellung der Nehemiadenkschrift nicht gut in Einklang zu bringen ist. Den Chronisten interessierte für seinen Zweck weniger die Wiedererstarkung Jerusalems als politische Größe, und wie diese durch den Wiederaufbau der Stadtmauer und bevölkerungspolitische Maßnahmen gegen die Widerstände feindlicher Nachbarn erreicht worden war; ihm ging es vielmehr um die Bedingungen, die eine ideale Jerusalemer Kultge-

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3 4 , 2 8 ) berichten muß! Zugleich erheUt daraus, daß es sich bei der Erwähnung der Freude eben nicht um eine gedankenlose Notiz handelt, die eben immer bei der Schilderung eines Festes (im Blick auf Dtn 12,7; 1 6 , 1 1 . 1 5 ) erforderlich war. Die positive Beurteilung dieser Zeitpunkte als Lichtpunkte einer seit Salomo sonst so finsteren Vergangenheit seines V o l k e s (vgl. Esr 9, besonders Vers 7) ist darin begründet, daß schon in der Vorlage des Chronisten hier jeweils von kultischen Reformmaßnahmen oder paradigmatisch frommen Verhalten (Hiskia 2.Kön 18,5; Josia 2.Kön 2 3 , 2 5 ) die Rede war. S. oben S. 7 2 und 125 f.

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

meinde zu erfüllen hatte (rechte Einstellung zu Tempel^^ und Gesetz^®), wollte sie Jahwe auf ihrer Seite haben. Denn richtige Kultausübung und echte Gesetzesfrömmigkeit hatten nach chronistischer Vorstellung zur Folge, daß Jahwe selbst den Schutz und die Sicherung seiner Gemeinde in die Hand nahm ™. Von eigenen Sicherungsmaßnahmen hält der Chronist nicht v i e l ^ ; nach seiner Auffassung widerspricht solches Verhalten dem geforderten Vertrauen auf Jahwe, das allein die Gewähr bieten kann, daß dieser sich seinem Volke zuwendet und ihm hilft®'. Wäre die Nehemiadenkschrift vom Chronisten noch selbst in sein Werk eingearbeitet worden, so müßte man von vornherein schon mit viel stärkerer Überarbeitung und chronistischer Retusche rechnen®^. So ist es z . B . wenig wahrscheinhch, daß der Chronist Neh 1 , 2 - 3 in der jetzigen Form hätte durchgehen lassen. Heißt es dort: „Es kamen zu mir Hanani, einer von meinen Brüdern, und Männer aus Judäa. Da fragte ich sie über die Juden (οηΐΠ'Ή bu), den entronnenen Rest, der von der Wegführung übrig geblieben war, und über Jerusalem. Da antworteten sie mir: Die Ubriggebliebenen, welche von der Gefangenschaft dort in der Provinz ( П П а З ) Übriggeblieben sind, smd in großem Unglück und in Schande", so widersprechen diese Formulierungen®^ der chronistischen Vorstellung, daß sämtliche wirklichen Juden in Juda und Jerusalem von den heüngekehrten Exulanten abstammen, weswegen sie vom Chronisten als Gola (oder nVlin •'in) bezeichnet werden®^. Ohne Zweifel wäre wohl auch vom

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Vgl. 2.Chr 6; zu beachten sind hier auch die Berichte über Restaurationsarbeiten am Tempel (2.Chr 24; 29; 34). Vgl. l.Chr 22,12f; 28,7f; 29,19; 2.Chr 6,16; 7,19; 12,1; 13,11; 14,3; 17,7ff; 31,21; 34,31; Esr 7,10; Neh 8. Vgl. besonders 2.Chr 17,7-11! - Siehe auch Kellermann, Nehemia, S. 95: „Der Sitz der Theokratie hat im Grunde den Schutz des nehemianischen Mauerwalles nicht nötig." Vgl. 2.Chr 16,7ff; 16,12; 17,10ff; 20; Esr 8,21-23.31. Die immerhin mit erwägenswerten Gründen vorgetragene These, die wir oben schon erwähnten (s. S. 129, Anm. 11), daß die chronistische Esraerzählung als eine „Antidarstellung" zu den Berichten der Nehemiadenkschrift aufzufassen ist, kann unsere Feststellung, daß sich die Vorstellungen des chronistischen Geschichtswerkes und die der Nehemiadenkschrift nicht miteinander in Einklang bringen lassen, nur bestätigen. Kellermann stellt zwar richtig fest, daß die gesamte Esrageschichte „den Eindruck einer bewußten Desavouierung Nehemias" macht {Kellermann, Nehemia, S. 95), zieht daraus allerdings nicht die nötigen Folgerungen (s. schon o. S. 129). So auch Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923"^, S.494. - Aus diesem Grund ist auch die von Snaith (The Date of Ezra's Arrival in Jerusalem, ZAW 63, 1951, S. 64f; vgl. auch SVT 14, S. 250) vertretene These nicht haltbar, in der ursprünglich chronistischen Fassung der Entstehungsgeschichte der Jerusalemer Kultgemeinde sei Neh 1 - 7 , 7 2 und Neh 9 - 1 3 zwischen Esr 1 - 6 und Esr 7-10/Neh 8 zu lesen gewesen. Gemeint ist ganz eindeutig, daß die palästinischen Juden hier Nachkommen derer sind, die von der Deportation verschont geblieben waren (vgl. hierzu Mowinckel, Studien III, S. 106fO. Vgl. Est 1,11; 4,1; 6,19; 8,35; 9,4; 10,7.8; vgl. auch Neh 8,17!

Die Frage nach dem Schluß des chronistischen Gcschichtswerkes

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Chronisten die Salomo in ein schlechtes Licht rückende Notiz Neh 13,26 getilgt worden; wir erinnern uns nur, wie er in 1 .Chr 29—2.Chr 9 diesen König ganz im Gegensatz zur Vorlage als einen gottgesegneten Herrscher ohne Fehl dargestellt hat. Daß wir ferner kaum etwas über die peinlichen Zustände in Jerusalem erfahren hätten, die in Neh 13,4ff geschildert werden, wenn dieses Kapitel durch die Hand des Chronisten gegangen wäre, ist mir deswegen keine Frage, weil nach der Idealzeichnung der Jerusalemer Kultgemeinde in Neh 8 ein Bericht über erneute Mißstände nicht mehr zu erwarten ist; es ist kaum anzunehmen, daß ein und derselbe Autor seinen Lesern zunächst das Bild einer paradigmatisch frommen Gemeinde vor Augen malt, um dann nur wenig später derselben Gemeinde Vergehen und Fehler anzulasten, von deren Bereinigung er schon längst berichtet hatte. Die Nehemiadenkschrift hat also ursprünglich nichts mit dem originalchronistischen Werk zu tun. Die jetzige Verklammemng geht auf spätere nachchronistische Redaktion zurück. Ein Bearbeiter dieses Teiles des chronistischen Geschichtswerkes war der Meinung, Esra und Nehemia seien Zeitgenossen gewesen®'; ihm war aufgefallen, daß in beiden Darstellungen (Esraerzählung des Chronisten und Nehemiadenkschrift) Esra und Nehemia unter einem Perserkönig Artaxerxes agieren, der beiden in gleicher Weise wohlgesonnen und auch sonst judenfreundlich eingestellt war. Ferner erschien ihm die Thematik beider Berichte die gleiche oder doch eine verwandte zu sein. Man denke nur an die Mischehen, die sowohl unter Esra als auch unter Nehemia ein brennendes Problem gewesen zu sein schienen. Außerdem mochte er in einem Werk über die Neukonstituierung der Jerusalemer Kultgemeinde nicht den Bericht von der Wiedererstellung der Jerusalemer Stadtmauer durch Nehemia missen; das Ergebnis einer so motivierten sekundären Verknüpfung der chronistischen Esraerzählung mit dem Stoff der Nehemiadenkschrift liegt uns vor in der Fassung der kanonischen Bücher Esr/ Neh®^

bj Das Ziel des chronistischen

Geschichtswerkes

Unsere Untersuchung hat bisher ergeben, daß Neh 8 einst die direkte Fortsetzung von Esr 10 gewesen sein muß, daß femer der Stoff der Nehemiadenkschrift erst nachträglich ins chronistische Geschichtswerk aufgenommen worden ist. Um die Frage beantworten zu können, an welchem Punkt und mit welchem Ereignis der Chronist ursprünglich sein Geschichtswerk enden Üeß, müssen wir davon ausgehen, daß ihn zur Abfassung eines solchen Werkes bestimmte Motive bewegt haben; wir schließen dabei allerdings von vornherein aus, daß der Chronist seine 85 86

So mit Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923^, S. 49S; Mowinckel, Studien I, S. 45ff. Zum Redaktionsprozeß vgl. Hölscher, HSAT, 2. Bd., 1923'', S. 498; ferner Mowinckel, Studien I, S. 4 5 f f .

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistischen Esraerzählung

Geschichtsdarstellung lediglich zur Unterhaltung in müßigen Stunden oder zur Befriedigung an der nationalen Geschichte konzipierte®^. Im allgemeinen charakterisiert man sein Anliegen damit, daß es ihm darum gehe, „die Jerusalemer Kultgemeinde als echte Nachfolgerin jenes alten legitimen ,Israer (zu) erweisen"®®. Seine Darstellung verfolge den Zweck, „die Entstehung des neuen Gottesvolkes zu schildern, wie es nach Gottes Willen sein soll"®'. Daß der Chronist in der Tat diese Absicht hat, läßt sich nicht gut bestreiten. Hier ist in jedem Falle eine Grundintention der Arbeit des Chronisten richtig gesehen, so daß wir an diesem Punkt ein Kriterium haben, an dem wir die Richtigkeit einer Antwort auf die Frage nach dem ursprünglichen Schluß seines Werkes überprüfen können. Hatten wir oben festgestellt, daß der Chronist in Neh 8 die ideale Gemeinde'® vor Augen hat, und beachten wir ferner, wie für ihn die Entstehungsgeschichte dieser nachexilischen Gemeinde über die Rückkehr aus dem Exil, die Wiedererrichtung des Tempels (Esr 1 - 6 ) und die Reinigung der Gemeinde (Esr 7 - 1 0 ) bis hin zur feierlichen Verlesung des Gesetzes am Neujahrstage und die Begehung des Laubhüttenfestes mit „sehr großer Freude" (Neh 8), „wie man solches seit den Tagen Jesuas, des Sohnes Nuns, bis auf diesen Tag nicht getan hatte" (Neh 8,17b), verläuft, so wird man nicht nur zugeben, daß im BHck auf das Gesamtwerk in Neh 8 ein besonderer Höhepunkt im Leben der nachexilischen Gemeinde geschildert werden soll, sondern sich auch fragen, ob darüberhinaus eine weiterfuhrende Darstellung überhaupt noch erwartet werden darf und im Sinne der bisherigen Konzeption möglich ist. Ein besserer Schluß dieses Werkes, dem es um die Legitimierung der Jerusalemer Kultgemeinde als der Nachfolgerin jenes alten Israel geht, dürfte kaum vorstellbar sein. Die Entstehung^eschichte des 87

Wir haben auch hier zu beachten, „daß die israelitische Geschichtsschreibung nicht an der wissenschaftlichen Erkenntnis des geschichtlichen Verlaufs und den ihm immanenten Kräften interessiert war, sondern am Verhältnis der geschichtlichen Vorgänge zum Ziel der Geschichte. Daher entstehen die Gliederung der Geschichte nach Epochen und die Reflexion auf deren Bedeutung für das Ganze und schließlich der eschatologische Ausblick auf das Ende der Geschichte, in dem ihr Sinn begründet ist. Die Geschichtsschreibung ist getragen von dem Bewußtsein der Verantwortung der Gegenwart angesichts des Erbes der Vergangenheit an Segen und Fluch und angesichts der Zukunft, die Heil oder Verderben bringen wird. Daher ist die Geschichtsschreibung . . . Predigt an das Volk, die jedem seine Verantwortung einschärft." Vgl. Bultmann, Das Urchristentum im Rahmen der antiken Religionen, Zürich 1949, S. 19.

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So Noth, Studien, S. 174; vgl. auch Rudolph, Komm. Esra, S. XVI: Die Zeitgenossen des Chronisten „sollen lernen, daß die nachexilische Gemeinde das Recht hat, sich als das wahre Israel zu fühlen". Rudolph, Komm. Chronik, S. XXIII. Wir können hier eine Formulierung Rudolphs (vgl. Komm. Esra, S. XXIII) leicht abwandeln: Es ist die Gemeinde, die sich um ihren Tempel als ihren Mittelpunkt schart und von allem fremden Wesen geschieden ganz auf die Einhaltung des göttlichen Gesetzes ausgerichtet ist.

89 90

Die Frage nach dem Schluß des chronistischen Geschichtswerkes

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neuen Gottesvolkes klingt hier aus mit der Feststellung, daß sich die neue Gemeinde mit gottesdienstlichen Feiern, mit Gesetzeslesung und Festjubel konstituiert h a t " . Diese Auffassung wird m . E . auch durch die auffällige Bemerkung des Chronisten bestätigt, daß „die Israeliten seit den Tagen/esMos'^, des Sohnes Nuns, nicht also getan hatten bis auf jenen Tag", und daß „sehr große Freude" herrschte (Neh 8,17b). Einen vergleichbaren formelhaften Rückverweis finden wir zum ersten Mal im chronistischen Geschichtswerk in 2.Chr 30,26, wo der Chronist nach dem Bericht über die Passafeier des Hiskia anmerkt: „So war eine große Freude in Jerusalem, denn seit den Tagen Solomos, des Sohnes Davids, des Königs von Israel, hatte sich solches zu Jerusalem nicht mehr ereignet." Der Chronist vergleicht hier also ganz eindeutig die Epoche unter Hiskia mit der Zeit Salomos'^. In 2.Chr 35,18, wiederum im Anschluß an die Schilderung einer Passafeier (unter Josia) begegnet noch einmal eine ähnliche Notiz: „Und seit den Tagen Samuels'^ war kein solches Passa in Israel gefeiert worden, und kein König von Israel hatte ein solches Passa gefeiert, wie es Josia feierte mit den Priestern und Leviten und ganz Juda und den anwesenden Israeliten und den Bewohnern von Jerusalem." Es mag dahingestellt bleiben, worin der Chronist das Besondere der josianischen Passafeier gesehen haben w o l l t e ' ' ; deutlich ist in jedem Falle auch hier, daß durch diese Parallelisierung mit den Tagen Samuels die Ereignisse unter Josia und seine Zeit in einem besonderen Licht erscheinen sollen. Stellen wir diese formelhaften Wendungen der Reihenfolge entsprechend, wie wir sie im chronistischen Geschichtswerk lesen (2.Chr 3 0 ^ 6 ; 2.Chr 35,18; Neh 8,17b), nebeneinander, so ergibt sich, daß der Chronist hier offensichtlich von der Vorstellung einer bestimmten Abfolge der bedeutendsten Epochen der Geschichte seines Volkes ausgeht. Ihre Repräsentanten sind Josua (Neh 8,17b), Samuel (2.Chr 35,18), Salomo (2.Chr 30,26), Hiskia (2.Chr 30,26), Josia (2.Chr 35,18), ¿"sra (Neh 8,17b). Wir beobachten, daß der jeweils dem vorausgehenden Rückverweis folgende auf eine noch weiter zurückliegende Idealzeit anspielt: 91 92 93

94 95

Vgl. Hölscher, HSAT, 2. Bd., igaS·*, S. 494 und 544. Nur an dieser Stelle begegnet für den Nachfolger Moses die Lesart yw.''. Siehe auch 2.Chr 32,27ff (vgl. 2.Chr 9,13fO und 2.Chr 32,23 (vgl. 2.Chr 9,23f), wo der Chronist die Erfolge Hiskias beschreibt und sie mit denen Salomos fast auf eine Stufe stellen kann. Vgl. hier die Vorlage des Chronisten 2.Kön 23,22 („seit den Tagen der Richter"). Rudolph (Komm. Chronik, S. 329) denkt an „die Anordnungen des Königs, die die Leviten so stark in den Vordergrund schoben"; Goettsberger (Komm. Chronik, s. 384) meint, „daß das neu aufgefundene Gesetzbuch des Mose es (das Passa) anregte und der frische Eindruck seiner Verlesung der Feier die Form gab, um das josianische Pascha zu einer Denkwürdigkeit emporzuheben, die Chr und Kg ihm zubilligen".

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Die ursprüngliche Abfolge der chronistisclien Esraerzälilung

2.Chr 30,26 2.Chr 35,18 Neh 8,17b

Hiskia Josia Esra

-

Salomo Samuel Josua

Beachten wir diese doch wohl durchdachte Schematisierung, so wird man sich kaum mit der Erklärung zufrieden geben können, daß der Chronist in Neh 8 mit dieser Bemerkung, die den Leser an die Zeit Josuas erinnert (Neh 8,17b), lediglich das Neue an diesem Fest betonen wollte, nämlich, „daß die Hütten auch für die Landbevölkerung nach Jerusalem verlegt wurden, so daß sich nun die gesamte Feier in der Hauptstadt voUzog"'®. Wenn wir die Aussagen in 2.Chr 30,26 und 2.Chr 35,18 mitberücksichtigen, so können wir Neh 8,17b nur so auffassen, daß der Chronist hier die m diesem Kapitel geschilderte Gesamtsituation mit keiner anderen vergleichen zu können meint als eben mit der Zeit, als sich Israel nach dem Auszug aus Ägypten'^ und der Landnahme unter Josua im Lande konstituiert hatte. Diese Auffassung empfiehlt sich auch deswegen, weü wir auch sonst in der vom Chronisten konzipierten Entstehungsgeschichte des neuen Israel Anspielungen finden, die an die Frühzeit Israels, an Exodus und Landnahme erinnern wollen'®; es liegt dann aber nahe. Neh 8,17b hiermit in Verbindung zu bringen. Diese Bemerkung wäre in diesem Falle als ein Hinweis des Chronisten zu verstehen, daß der von ihm dargestellte Prozeß der Neuwerdung Israels, ein Geschehen, das, von Gott selbst in Gang gesetzt (vgl. Esr 1,1), als eine dem Exodus vergleichbare Großtat Jahwes zu werten ist, hier vollendet und abgeschlossen ist. 96 97 98

Rudolph, Komm. Esra, zSt. Vgl. Neh 8,17a --aiffn D''3tPn. Vgl. Rudolph, Komm. Esra, S. 6; daß der Chronist dieses Anliegen hat, ist besonders von Vogt (Studie zur nachexilischen Gemeinde in Esra-Nehemia, Werl 1966, 5 3 f f ) betont worden.

V. Zusammenfassung

3 E ist ein Fragment einer sehr alten griechischen Übersetzung, die ursprünglich die gleiche Anordnung der Geschichte über die Wiedererrichtung des Tempels enthielt, wie sie im kanonischen Esrabuch in den Kapitehi 1 - 6 überhefert ist. Die jetzigen Abweichungen des 3 E in diesem Teil von der kanonischen Fassung Esr 1 - 6 erklären sich so, daß von einem späteren Bearbeiter des 3 E die sogenannte Pagenerzählung griechisch in diese Übersetzung eingeschaltet wurde, wobei zwecks Beseitigung der damit entstandenen Widersprüche einige Umstellungen erforderlich wurden. Die Frage, warum die Textanordnung der Esrageschichte im 3 E (= Esr 7—10/ Neh 8) mit der Reihenfolge der kanonischen Bücher, die ein Nebeneinander der Wirksamkeit Esras und Nehemias schildern, nicht übereinstimmt, ist so zu beantworten, daß 3 E eine ältere Version der chronistischen Esraerzählung tradiert, in die der Stoff einer Geschichte Nehemias noch nicht wie später in den kanonischen Esr/Neh-Büchern aufgenommen war. Es lassen sich im 3 E keinerlei Anhaltspunkte finden, die daraufhin deuten, daß diese Schrift das gleichzeitige Auftreten Esras und Nehemias voraussetzt, daß überhaupt der Übersetzer des 3E die kanonische Version gekannt und dann umgestaltet hat. Von diesem Nebeneinander Esras und Nehemias, wie es in den kanonischen Büchern geschildert wird, war auch Josephus noch nichts bekannt. Bei der Abfassung seiner Antiquitates konnte et lediglich 3 E (noch mit dem jetzt verlorenen Schluß, der Neh8,13-18 entsprach) auswerten. Die von ihm benutzte Quelle, aus der er sein Material über Nehemia und seine Zeit schöpfte, war noch nicht mit dem chronistischen Geschichtswerk verbunden. Das kanonische Neh-Buch ist also erst das Produkt einer nachchronistischen Redaktion, die den Bericht über die Wiedererrichtung der Jerusalemer Stadtmauer (Nehemiadenkschrift) mit der Darstellung der Neukonstituierung der nachexilischen Jerusalemer Kultgemeinde, wie der Chronist sie sieht, verknüpfte und, indem sie Esra und Nehemia gleichzeitig als führende Persönlichkeiten in Jerusalem auftreten läßt, ineinander verschachtelte. Die Esraerzählung in der Anordnung, wie sie uns im 3 E bezeugt wird (ind. Neh 8,13-18), ist die ursprüngliche Fassung der vom Chronisten konzipierten Entstehungsgeschichte der nachexilischen Jerusalemer Kultgemeinde nach der Wiedererrichtung des Tempels. Diese Schilderung der Neuwerdung Israels, die der Chronist mit dem Exodusgeschehen vergleicht, endete mit Neh 8.

EXKURS I

Der griecЫsche Sprachgebrauch der Interpolation 3 E 3,1—5,6 und sein Verhältnis zum Übersetzungsgriechisch des Kontextes Für einen Vergleich kommt hier nur 3 E 4,42—5,3 in Frage, da nur in diesem Teil der Interpolation Themen behandelt werden, von denen auch sonst im 3 E die Rede ist. Der eigentliche Pagenwettstreit muß deswegen unberücksichtigt bleiben, weil diese eigenständige Erzählung schon wegen ihres Inhaltes keinerlei Gemeinsamkeiten in der Diktion mit dem übrigen Kontext haben karm, Besonderheiten also auch nichts beweisen würden. Daß 3,1—5,3 nicht durch die Hand des Übersetzers der übrigen Teile des 3 E gegangen sein kann, darf meines Erachtens aus folgenden auffallenden FormuUerungen geschlossen werden: In 3 E 4,59 heißt es . . . και èyù σος οίκέτης. οίκέτης begegnet sonst im З Е nur noch in 3,19 (Pagenerzählung!). Das hebräisch/ aramäische Äquivalent dafür ist ohne Zweifel las? / TDS. Beides wird jedoch in den übrigen Partien des 3 E regelmäßig mit παις wiedergegeben (vgl. Esr 2,55 = 3 E 5,33; Esr 2,58 = 3 E 5,35; Esr 2,65 = 3 E 5,41 ; Esr 5,11 = 3 E 6,12; Esr 9,11 = 3 E 8,79). Dazu kommt, daß Zorobabel, von dem ja hier in 3 E 4,59 die Rede ist(!), in 3 E 6,26 ausdrücklich als παις τού κυρίου bezeichnet wird (ohne Äquivalent im hebräischen Text Esr 6,7). Ferner fällt auf, daß in 3 E 3 , 1 - 5 , 3 Titel auftauchen (τοπάρχης 3,2.14; 4,47. 48.49; σατράτιης 3,2.14.21 ; 4,47.49; στρατηγός 3,2.14; 4,47; δυνατός 4,49), die sonst im 3 E nicht vorkommen; andererseits vermissen wir gerade in 3 E 4,47ff (Schreiben des Darius an die verantwortlichen Männer in Köle Syrien und Phönizien) Amtsbezeichnungen, die sonst im 3 E (vgl. nur 3 E 6,22ff) gebräuchlich sind, wie z.B. die übliche Titulatur έπαρχος für ЛПЗ. Die άρχτυοί οίκου ττατριών κατά φυλάς αυτών m 3 Ε 5,1 sind sonst im 3 E nicht belegt; offensichtlich ist aber das gleiche gemeint wie in 3 E 5,65.67 (τιγούμβνοί των πατριών); 8,28 (oí τιροίγγούμενοι κατά τάς πατριός αυτών) und 9,16 (τγγούμβνοι τών -πατριών αυτών). Für ολοκαυτώματα καρττούσΰαι (nur hier in 3 E 4,52) Uest 3 E àvoxpépeiv ολοκαυτώματα (5,5; vgl. auch 8,15), was der normale Sprachgebrauch sein dürfte (vgl. nur 2.Chr [LXX] 9,4; 23,18; 35,14 u.ö.). 3 E 4,56 fällt auf: και πάσι τοϊς φρουρούσι την ηόλιν. Da im näheren Kontext Priester (4,53) und Leviten (4,55) erwähnt sind, dürfte hier an die „Torhüter"

Exkurs II Zu Neh 8 , 1 - 1 2

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(nns?©) gedacht sein (vgl. die Reihenfolge in 3 E = Esr 7,7 und 3 E 8,22 = Esr 7,24); diese werden aUerdings im 3 E regelmäßig mit ΰυρωροί wiedergegeben. 3 E 4,60 wird Gott als δεστιότης των πατέρων angeredet, was in den übrigen Teilen nie geschieht (vgl. 3 E 1,48 ó iJeôç των πατέρων αύτών für TlVx тгт' ПЛТППК [= 2.Chr 36,15]; 3 E 8,25 κύρως für •'ЛЬк ΠΙΠ' [= Esr 7,27]; 3 E 8,57 τφ κυρίω των πατέρων ημών für -"nVx mn'-V [= Esr 8,28]; 3E 9,8 τω κυρίω âecô τών πατέρων ημών für аэ'^лак 'nVs тгТ''? [= Esr 10,11]).

EXKURS

II

Zu Neh 8 , 1 - 1 2 Wir hatten oben' festgestellt, daß in Neh 8,1-12 ein gottesdienstlicher Vorgang geschildert wird. Rudolph^ will diese Auffassung schon deswegen als widerlegt ansehen, weñ Versammlung und Gesetzesverlesung nicht auf dem Tempelplatz stattgefunden hätten, sondern auf dem Platz vor dem Wassertor. Diese Platzwahl spreche dagegen, daß in Neh 8,1 — 12 ein normaler Neujahrsgottesdienst beschrieben werde; denn diesen hätte der Chronist sicher auf den Tempelplatz verlegt. Wenn das hier nicht der Fall sei, so „offenbar um allen, auch den kultisch Unreinen, die Teilnahme zu ermöglichen" ^ Dieses Wassertor sei an der Ostseite des Königspalastes zu lokaHsieren, „von wo aus sich der Platz wahrschemlich (sie!) bis zur östlichen Stadtmauer erstreckte"''. Rudolphs Argumentation ist jedoch nicht zwingend. Zunächst einmal läßt sich nicht eindeutig beweisen, daß das Wassertor nichts mit dem Tempelareal zu tun haben kann; sodann ist die Behauptung, daß eine Versammlung sämtlicher Bewohner von Jerusalem und Juda nicht auf dem Tempelplatz stattgefunden habe, an sich schon wenig einleuchtend. Das Wassertor wird außer in Neh 8 noch in Neh 3,26 und 12,37 erwähnt ^ Beide Stellen schließen auf jeden Fall aus, daß damit ein Tor der Stadtmauer gemeint sein könnte®. Das sieht natürlich auch Rudolph aber auf Grund von Neh 12^7 1 Siehe oben S. 136. 2 Rudolph, Komm. Esra, S. 145; vgl. auch schon Kittel, Geschichte III, 2, S. 589ff. 3 Rudolph, Komm. Esra, S. 145. 4 Rudolph, Komm. Esra, S. 145. 5 Vgl. Burrows, JBL 54, 1935, S. 2 9 - 3 9 . 6 Vgl. Neh 3,26: Die Stadtmauer wird ausgebessert „bis gegenüber dem Wassertor im Osten". 7 Ättdo/pA, Komm. Esra, S. 119.

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Exkurs II Zu Neh 8 , 1 - 1 2

und 40 müssen wir mindestens annehmen, daß der vor diesem Tor befindliche Platz zum Tempel führt „oder schon zu seinen Vorhöfen gehörte"®. Da bisher leider noch keine einzige Lokalisierung innerhalb des alten Jerusalems mit eindeutiger Sicherheit feststeht' und man sich hier noch überall im Bereich der Hypothesen bewegt, die alsbald durch neuere Ausgrabungen schon wieder überholt sein können, werden wir uns hier damit begnügen, die Möglichkeit eines Zusammenhanges von Tempel und Wassertor aufzuzeigen'®. Daß der Versammlungsort und somit das Wassertor in einer Verbindimg mit dem Tempel stehen muß, ist im Grunde von vornherein zu erwarten. Wo sonst als vor dem Tempel oder auf dem Tempelareal konnte sich das in Neh 8 Geschilderte noch abspielen?! Wir müssen iäsi Mowinckels Argument akzeptieren, daß es wohl keinen für eine öffentliche, die ganze Gemeinde angehende Kundgebung geeigneteren Platz gab als eben den Tempelplatz Selbst wenn wir mit Rudolph annehmen würden, daß an der Versammlung kultisch Unreine beteiligt waren, worüber wir allerdings im Text nichts lesen, also auch nichts derartiges herauslesen sollten, so müßte damit durchaus noch nicht der Tempelplatz als Versammlungsort ausfallen. Daß man sich auch in unreinem Zustande auf dem Tempelplatz versammeln konnte, ist ganz eindeutig durch 2.ChT 30,8.18; Esr 10,Iff und 10,9ff bewiesen. Um so mehr dürfen wir das für eine Gemeinde erwarten, die in ein derart günstiges Licht gerückt wird und sich in allem so vorbildlich verhält. Zu klären wäre noch, warum wir in 3 E 9,38.41 für Ίίΐίΰ ''JS'? ΊΒ^Ν 21ΠΊΠ V x D''î3n (Neh 8,1) die Übersetzung èni то εύρύχωρον τον πρός άνατόλάς τού Ιερού ιτυλώι>ος lesen. Mowinckel will diese Identifizierung des Wassertores mit dem O s t t o r a u f einen Irrtum des Übersetzers zurückführen'^, der hier an die ähnliche Situation von Esr 3,1 denke, wo''' das Osttor erwähnt ist. Man dürfe aber doch vermuten, daß „irgendeine positive Kunde des Übersetzers dahinter liege" und er „eine gewisse Lokalkunde von den Verhältnissen in Jerusalem gehabt" habe'^ Zwar sei die Identifizierung beider Tore unrichtig, doch habe der Übersetzer von 3 E darin recht, daß eben beide Tore auf den Tempelplatz führten'®. 8 9 10

11 12 13 14 15 16

So Schneider, Komm. Esra und Nehemia, S. 180. So Kosmala, Artikel: Jerusalem, in: Bibl. Hist. Handwörterbuch, Bd. II. Zu Einzelfragen der Topographie Jerusalems vgl. hier Simons, Jerusalem in the Old Testament, 1952; Vincent-Steve, Jerusalem de l'Ancien Testament I-III, 1 9 5 4 - 1 9 5 6 ; weitere Literatur siehe bei Kosmala, Artikel: Jerusalem! Mowinckel, Studien I, S. 38. Das Osttor begegnet sonst nur noch als Tempeltor; zu Ez 11,1 vgl. Fohrer, Komm. zSt („Zugang zum äußeren Vorhor'). Mowinckel, Studien 1, S. 39. Nach 3 E 5,46 rekonstruiert! Vgl. Mowinckel, Studien I, S. 36. Mowinckel, Studien I, S. 38. Mowinckel, Studien I, S. 39.

Е х к ш з П Zu Neh 8 , 1 - 1 2

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Mir scheint jedoch eine andere Erklärung der 3 E-Lesart immerhin erwägenswert. Man muß sich die Frage stellen, ob nicht die Gleichsetzung von Osttor und Wassertor eine gewisse Berechtigung hat. Doppelbezeichnungen für Tore, Plätze und dergleichen sind nicht selten". Vielleicht besteht auch hier die Möglichkeit, die beiden verschiedenen Bezeichnungen mit ein und demselben Tor in Verbindung zu bringen. Nach Midd II 6 und Schek VI 3 wäre das genau der Fall. Entsprechend der dort gegebenen Aufzählung ist das Wassertor „das am weitesten nach Osten zu liegende der vier von Süden her vom ,Tempelberg' in das eigenthche Heiligtum fuhrenden Tore" . Somit wären nach Midd II 6 die Bezeichnungen Wassertor und Osttor leicht miteinander in Einklang zu bringen". Auf die Frage, wie sich die Bezeichnung Wassertor erklärt, geben Midd II 6 und Schek VI 3 zwei Antworten: 1. „Weil man durch es die Wasserkanne mit der Spende am Laubhüttenfest hereinbrachte" und 2. ,4Durch (dies)es (Tor) rieselt das Wasser, das einst unter der Schwelle des Tempelhauses hervorkommen wird". Die zweite Antwort steht natürlich in engstem Zusammenhang mit den Aussagen von Ez 47,lff^°. Wie man sich hier auch entscheidet^', die Möglichkeit der Identität von Ost- und Wassertor ist damit gegeben. Zugleich fmden wir auch hier in diesen rabbinischen Quellen noch einmal bestätigt, daß dieses Tor in jedem Falle eine Rolle im Kult spielt und sich somit auf dem Tempelareal be fmden muß. Fragt man nun, warum 3 E es hier nicht bei einer Übersetzung von a''an beläßt (wie Εσδρας β ,,είς то ττλάτος то βμπβοσύεν πύλης той ύδατος"), so müssen wir überlegen, ob seine Lesart nicht im Blick auf seinen Leserkreis (hellenistische Juden in Ägypten?) erforderiich war. Zwar konnte bei den in Palästina ansässigen Juden die Beziehung des Wassertores zum Tempel als bekannt vorausgesetzt werden; aber bei den in Palästina nicht heimischen Juden, die Jerusalem selten oder nie gesehen hatten, war allerdings damit zu rechnen, daß sie bei der Lektüre die Ortsangabe „vor dem Wassertor" nicht richtig deuteten, seine Beziehung zum Tempel nicht erkannten. Wir hätten also hier im 3 E keine Änderung aus tendenziösen Gründen, wie die Vertreter der Kompilationshypothese immer wieder behaupten, sondern lediglich eine für den neuen Leserkreis deutlichere „Übersetzung". Weiterhin kann es sich nach Rudolph^^ in Neh 8,1 ff auch deswegen nicht um eme Zusammenkunft zur gottesdienstlichen Feier am Neujahrstag handehi, weil 17

18 19 20 21

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Vgl.Neh3,31 .^ufsichtstor" ( I p S ö n Ί Π ^ ) mitNehl2,39 „Wachttor" (ΠΊΟΐΐΠ ПУ1Р); zur Gleichsetzung von „Fischtor" (Neh 3,3) und ,i;phrainitor" (Neh 12,39) vgl. AviYona, lEJ 4, 1954, S. 242. Siehe Bomhäuser, Sukka, S. 130f. Vgl. hier auch Billerbeck, Komm. II, S. 620ff. S. Bornhäuser, Sukka, S. 131. Mowinckel denkt hier bei der Beantwortung der Frage, warum ein Tor, das praktisch mit der Wasserversorgung nichts zu tun hatte, Uberhaupt Wassertor genannt werden konnte, an die erste Erklärung (Studien I, S. 39). Rudolph, Komm. Esra, S. 145.

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Exkurs II Zu Neh 8 , 1 - 1 2

hier die für diesen Tag vorgeschriebenen Opfer (Lev 23,25; Nu 29,2ff) nicht erwähnt seien. Auch diesen Einwand können wir nicht gelten lassen. Wenngleich das Interesse des Chronisten an Opfern und Opfergaben während der kultischen Feiern unübersehbar i s t s o finden wir bei ihm jedoch auch Berichte über hochkultische Begebenheiten, in denen er eine besondere Erwähnung der dargebrachten Opfer offensichtlich nicht für nötig hält, weil sie hier an sich als selbstverständlich schon aus der Situation zu erschließen waren. Das ist ganz eindeutig der Fall m Esr 6 , 1 9 - 2 2 , der Schilderung des Passafestes nach der Einweihung des Tempels, und ebenso in Neh 8 , 1 3 - 1 8 (Laubhüttenfest). Der Tempelkult funktionierte längst wieder wie in Esr 3,3ff (vgl. auch Esr 6,17f; 9,4) ausdrücklich konstatiert worden war. So erübrigte sich ein besonderer Hinweis auf die anläßlich von kultischen Ereignissen dargebrachten Opfer. Ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten war der Opferkult im Tempel jetzt eine Selbstverständlichkeit. Wenn der Chronist besonders in 2.Chr immer wieder die Opfer der wenigen gerechten Könige (Salomo, Asa, Josaphat, Hiskia und Josia) herausstreicht, dann ganz eindeutig deshalb, weil er so hervorheben kann, wie selten doch in der Vergangenheit am legitknen Tempelkult festgehalten wurde. Es gab eben nur einige wenige Ausnahmen, von denen zu berichten es sich lohnte, die allerdings dann auch wieder als Vorbilder dienen konnten und sollten. Immer wieder ist von der Herstellung des unterbrochenen oder nicht beachteten Altardienstes die Rede^"*. Seit der Rückkehr aus dem Exil (Esr 3,2ff) und der Wiedererrichtung des Tempels (Esr 6,17f) war nach chronistischer Auffassung der Tempelkult ununterbrochen „wie es im Buche des Mose geschrieben steht" (6,18b) aufrecht erhalten worden. Daher kann der Chronist jetzt sowohl für Esr 6 , 1 9 - 2 0 (vgl. diesen Bericht über das Passafest mit 2.Chr 30 und 35!) wie auch für Neh 8 , 1 - 1 2 und 1 3 - 1 8 auf Selbstverständliches verzichten. Nur auf besondere und außerordentliche Opfer wie die der Remigranten aus Babylon, die Esra begleiteten (Esr 8,35), meint er noch hinweisen zu müssen. 23 24

S. besonders 2.Chr 2 9 , 2 0 f f ; 3 0 , 1 5 f f ; 35,7ff; 3 5 , 1 6 f f . Vgl. 2.Chr 15,8 Asas Erneuerung des Altares, anschließend (in 15,10) eine Versammlung im dritten Monat und Opfer; 2 3 , 1 8 bestellt Jojada Priester und Leviten für den Dienst im Tempel, „dem Herrn Brandopfer zu bringen, wie es geschrieben steht im Gesetz Mose . . . "; 2 4 , 1 4 „und sie opferten Brandopfer alle Zeit im Hause des Herrn, solange Jojada lebte."; 29,7 klagt Hiskia, daß man „die Türen an der Vorhalle zugeschlossen und die Lampen ausgelöscht und kein Räucherwerk geräuchert und dem Gott Israels kein Brandopfer im Heiligtum dargebracht" habe; 33,16 stellt Manasse „den Altar des Herrn wieder her und opferte darauf Dankopfer und Lobopfer und befahl Juda, daß sie dem Herrn, dem Gott Israels, dienen sollten."; 3 5 , 1 0 „So wurde (unter Josia) der Gottesdienst geordnet".

Literaturverzeichnis

Die Abkürzungen für öfter herangezogene Kommentare und Monographien sind jeweils in Klammern beigefügt. Zu den bibliographischen Abkürzungen vergleiche man das Abkürzungsverzeichnis in RGG3.

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