Steuerrechtliche Reaktionen auf den Handel mit Verlustgesellschaften im Rechtsvergleich 9783504380458

Das Buch behandelt eingehend die derzeit noch gültige Verlustvernichtungsnorm des § 8c KStG, die von mehreren schwebende

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German Pages 380 [383] Year 2012

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Steuerrechtliche Reaktionen auf den Handel mit Verlustgesellschaften im Rechtsvergleich
 9783504380458

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Stefcm Schmitz Handel mit Verlustgesellschaften im Rechtsvergleich

Steuerfragen der Wirtschaft

Band 25

Steuerrechtliche Reaktionen auf den Handel mit Verlustgesellschaften im Rechtsvergleich von

Dr Stefan Daniel JosefSchmitz aus Marmagen

2012

Verl~

Dr.OftoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ht1p://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 3738-01, Fax 02211937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64126-9 ©2012 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfiiltigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen UDd die Einspeichenmg und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, altenmgsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Druck und Verarbeitung: Betz, Darmstadt Printed in Germany

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2011/2012 von der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen. Für die Publikation wurde das Manuskript überarbeitet und die deutsche Rechtslage betreffend aktualisiert. Neuere gesetzliche Entwicklungen sowie Rechtsprechung und Literatur konnten bis einschließlich April 2012 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen, Lehrstuhl für Unternehmenssteuerrecht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der mir eine externe Promotion ermöglicht hat. Sein offenes Ohr und seine wertvollen Anregungen waren eine stete Hilfe. Herrn Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Prof. Dr. Ulrich Prinz danke ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Ein besonderer Dank geht an Herrn Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Norbert Schneider, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, der insbesondere auch das Thema der Untersuchung angeregt hat. Dank schulde ich auch allgemein der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP und ihren Partnern und Mitarbeitern am Standort Köln. Die vorliegende Arbeit entstand während meiner dortigen Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Danken möchte ich auch dem IBFD Library and Information Center in Amsterdam und dem Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Finanzen in München, ohne deren hervorragende Bibliotheken die Arbeit sicher nicht möglich gewesen wäre. Ferner weise ich auf die großzügige finanzielle Unterstützung dieser Publikation hin. Ich danke insofern herzlich dem Freundeskreis der Düsseldorfer Juristischen Fakultät e.V., der die Veröffentlichung der Arbeit mit einem Promotionspreis unterstützt hat und der ESC – Esche Schümann Commichau Stiftung, Hamburg, die beabsichtigt, die Arbeit mit einem Förderpreis auszuzeichnen. Schließlich möchte ich mich bei allen bedanken, die in irgendeiner Art und Weise zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Insbesondere sei hier meine Mutter Elisabeth Linden genannt, die die Korrektur auf sich genommen und mich auch sonst stets unterstützt hat. Nicht zuletzt danke ich meiner Frau Bianca für ihre stete Ermunterung. Darüber hinaus danke ich meinem Vater Hans-Friedel Schmitz für seine Unterstützung und meiner gesamten Familie, ihr sei dieses Buch gewidmet. Marmagen, im Mai 2012

Stefan D. J. Schmitz V

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Inhaltsübersicht Vorwort ................................................................................................. Inhaltsverzeichnis ................................................................................. Abkürzungsverzeichnis ........................................................................

Seite V IX XXI

1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung .......................

1

A. Einleitung ......................................................................................... B. Problem des Handels mit Verlustgesellschaften ............................. C. Rechtsentwicklung ...........................................................................

1 4 5

2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers ........................................................

11

A. B. C. D. E. F. G.

Allgemeines ..................................................................................... Rechtsnatur und Regelungszweck ................................................... Anwendungsbereich ........................................................................ Voraussetzungen .............................................................................. Rechtsfolge ...................................................................................... Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven ...................................... Branchenspezifische Ausnahmen ....................................................

11 11 21 23 71 77 89

3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen für die steuerrechtliche Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften ....................................................

91

A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG ............................................. 91 B. Ergebnis und verfassungsrechtliche Grenzen für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften .................... 116

4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten .................................. 119 A. B. C. D. E. F.

Auswahl der Referenzstaaten .......................................................... Belgien ............................................................................................. Frankreich ........................................................................................ Großbritannien ................................................................................. Niederlande ...................................................................................... Österreich .........................................................................................

119 123 135 144 163 180 VII

Inhaltsübersicht

G. Schweiz ............................................................................................ 194 H. USA ................................................................................................. 198 I. Übersicht zu den vergleichbaren Regelungen der untersuchten ausländischen Staaten ...................................................................... 230

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse ...................................... 231 A. Grundlegende Gemeinsamkeiten und Unterschiede ....................... B. Regelungsbedürfnis für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Ob“) ........................................................... C. Ausgestaltung einer Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Wie“) ................................................... D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung ...............................

231 233 244 291

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick .. 313 A. Derzeitige Rechtslage in Deutschland ............................................. B. Rechtsvergleich ............................................................................... C. Leitlinien für eine sachgerechte Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften .................................................. D. Ausblick ...........................................................................................

313 316 321 323

Literaturverzeichnis ................................................................................ 325 Stichwortverzeichnis .............................................................................. 351

VIII

Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort ................................................................................................. V Inhaltsübersicht ..................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ........................................................................ XXI

1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung 

1

A. Einleitung 

1

B. Problem des Handels mit Verlustgesellschaften 

4

C. Rechtsentwicklung  I. BFH-Rechtsprechung bis 1966 .................................................... II. BFH-Rechtsprechung seit 1966 ................................................... III. Die BFH-Entscheidungen vom 29.10.1986 ................................. IV. Gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 4 KStG ab 1990 .................. V. Einführung des § 8c KStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 .......................................................................

5 5 6 7 8 9

2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers 

11

A. Allgemeines  B. Rechtsnatur und Regelungszweck  I. Rechtslage bis zum 31.12.2009 ................................................... 1. § 8c KStG ist keine Missbrauchsregelung .............................. 2. § 8c KStG als Verlustabzugsbeschränkung ............................ II. Rechtslage ab dem 1.1.2010 ........................................................

11 11 12 13 14 18

C. Anwendungsbereich 

21

D. Voraussetzungen  I. Schädlicher Beteiligungserwerb .................................................. 1. Ein Erwerber ........................................................................... a) Allgemein .......................................................................... b) Nahestehende Personen ..................................................... c) Erwerberkreis mit gleichgerichteten Interessen ................ aa) Gemeinsam verabredete Interessen ............................

23 23 23 23 25 27 27 IX

Inhaltsverzeichnis

bb) Anforderungen an die gleichgerichteten Interessen ... 2. Erwerbsgegenstand ................................................................. a) Gezeichnetes Kapital ......................................................... b) Mitgliedschaftsrechte ......................................................... c) Beteiligungsrechte ............................................................. d) Stimmrechte ....................................................................... 3. Unmittelbare oder mittelbare Übertragung ............................. a) Übertragung ....................................................................... b) Unmittelbar oder mittelbar ................................................ aa) Ad infinitum Betrachtung bei mittelbaren Übertragungen .................................................................... bb) Berechnung der Beteiligungsquoten bei mittelbaren Übertragungen ............................................................ cc) Fehlende mittelbare Änderung ................................... 4. Erwerb innerhalb von fünf Jahren .......................................... a) Zusammenfassung von Erwerben innerhalb von fünf Jahren ................................................................................. b) Mehrfache Übertragung nämlicher Anteile ....................... c) Nach einem Beteiligungserwerb entstandene Verluste ..... 5. Vergleichbarer Sachverhalt ..................................................... 6. Konzernklausel ....................................................................... a) Allgemeines ....................................................................... b) Übernehmender und übertragender Rechtsträger .............. c) Dieselbe Person ................................................................. d) Rechtsfolge ........................................................................ II. Sanierungsklausel ........................................................................ 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Potentielle Europarechtswidrigkeit ......................................... 3. Beteiligungserwerb ................................................................. 4. Zum Zweck der Sanierung ...................................................... 5. Sanierungsfähigkeit, Sanierungseignung und Sanierungsplan .......................................................................................... 6. Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen ...................... a) Befolgung einer Betriebsvereinbarung .............................. b) Lohnsummenregelung ....................................................... c) Wesentliche Betriebsvermögenszuführung durch Einlagen ............................................................................. 7. Einstellung des Geschäftsbetriebs oder Branchenwechsel ..... E. Rechtsfolge  I. Betroffene Verluste ......................................................................

X

27 30 30 31 34 35 36 36 39 39 40 42 44 44 47 47 49 51 51 52 53 56 56 56 59 60 62 64 65 65 66 68 69 71 71

Inhaltsverzeichnis

II. Behandlung der Verluste ............................................................. 1. Verlustkonstellation ................................................................ 2. Gewinnkonstellation ............................................................... III. Umfang des Verlustuntergangs ................................................... IV. Weitere Auswirkungen ................................................................

71 72 74 74 75

F. Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven  I. Allgemeines ................................................................................. II. Verschonungsbetrag .................................................................... 1. Ermittlung der stillen Reserven .............................................. a) Gemeiner Wert der Anteile ................................................ b) Steuerliches Eigenkapital .................................................. c) Sonderfall: Negatives steuerliches Eigenkapital ............... 2. Im Inland steuerpflichtige stille Reserven .............................. a) Allgemeines ....................................................................... b) Keine Unionsrechtswidrigkeit ........................................... 3. Mehrstufige Beteiligungsstrukturen ....................................... 4. Rückwirkungsverbot ...............................................................

77 77 79 79 80 81 82 83 83 85 85 88

G. Branchenspezifische Ausnahmen  I. Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften .................................... II. Finanzmarktstabilisierung ...........................................................

89 89 89

3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen für die steuerrechtliche Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften 

91

A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG  I. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG ............................................ 1. Verletzung des objektiven Nettoprinzips ................................ 2. Verletzung des Trennungsprinzips ......................................... a) Rechtslage bis zum 31.12.2009 ......................................... b) Rechtslage ab dem 1.1.2010 .............................................. 3. Ausnahme des Systemwechsels .............................................. 4. Rechtfertigung ......................................................................... a) Einnahmeerhöhung ............................................................ b) Missbrauchsabwehr ........................................................... aa) Rechtslage bis zum 31.12.2009 .................................. bb) Rechtslage ab dem 1.1.2010 ....................................... (1) Zweistufige Prüfung .............................................

91 92 94 97 97 99 100 101 102 103 103 103 103

XI

Inhaltsverzeichnis

(2) Missbrauchsmaterie ............................................. (3) Einhaltung der Grenzen der Typisierungsbefugnis ................................................................ c) Vereinfachung ................................................................... 5. Strukturelles Vollzugsdefizit .................................................. II. Vereinbarkeit mit Freiheitsgrundrechten ..................................... 1. Freiheitsrechtliche Dimension des Leistungsfähigkeitsprinzips .................................................................................... 2. Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) ................................. a) Steuerlicher Verlust als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG ....... b) Höhere Besteuerung als Eigentumsbeeinträchtigung ........ 3. Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ......................................... 4. Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ................. III. Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) .................................... 1. Art des Eingriffs ...................................................................... 2. Schwere des Eingriffs ............................................................. 3. Verletzung des Bestimmtheitsgebots ......................................

104 104 107 107 108 108 109 109 110 113 113 113 114 114 115

B. Ergebnis und verfassungsrechtliche Grenzen für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften  116

4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten  119 A. Auswahl der Referenzstaaten  119 B. Belgien  I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ............................................................................... II. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Erwerb oder Änderung der Kontrolle über eine Gesellschaft .................................................................................. aa) Begriff der Kontrolle .................................................. (1) Rechtliche Kontrolle ............................................ (2) Tatsächliche Kontrolle ......................................... bb) Erwerb oder Änderung ............................................... cc) Umfang der Kontrolländerung .................................... dd) Mittelbare Kontrolländerungen ..................................

XII

123 123 123 123 124 124 124 125 126 127 128 129

Inhaltsverzeichnis

b) Ausnahme bei rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Gründen .................................................................. aa) Abstellen auf Gesellschafts- oder Gesellschafterebene ........................................................................... bb) Rechtfertigende Gründe .............................................. 3. Rechtsfolge ............................................................................. C. Frankreich  I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ II. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Grundsätzliche Erwägungen .............................................. b) Konkretisierungen ............................................................. aa) Vollständiger Wechsel der Tätigkeit .......................... bb) Teilweiser Wechsel und Erweiterungen und Beschränkungen der Tätigkeit .................................... cc) Zeitliche Unterbrechung der Tätigkeit ....................... 3. Rechtsfolge ............................................................................. a) Verlustuntergang ............................................................... b) Sofortige Besteuerung ....................................................... D. Großbritannien  I. Neufassung des Körperschaftsteuerrechts ................................... II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ 1. Verlustausgleich und -rücktrag ............................................... 2. Verlustvortrag ......................................................................... a) Grundsätzliches ................................................................. b) Verlustverrechnung innerhalb desselben Gewerbes .......... III. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Anteilseignerwechsel und wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit (erste Alternative) .............................................................. aa) Anteilseignerwechsel .................................................. (1) Begriff des Anteils ............................................... (2) Erwerb innerhalb von drei Jahren ........................ (3) Verbundene Personen als „Erwerberkreis“ .......... (4) Mittelbare Anteilseignerwechsel ..........................

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150 150 151 152 153 154 XIII

Inhaltsverzeichnis

(5) Konzernklausel ..................................................... bb) Wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit ................................................. (1) Anknüpfungspunkte ............................................. (2) Änderung innerhalb des Dreijahreszeitraums ...... (3) Ausnahmen für wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen ................................................... (4) Beispielsfälle ........................................................ b) Anteilseignerwechsel nachdem die Geschäftstätigkeit geringfügig oder unbedeutend geworden ist (zweite Alternative) ........................................................... 3. Rechtsfolge ............................................................................. E. Niederlande  I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ II. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Begriff der Beteiligung ...................................................... b) Wesentliche Änderung der letztlichen Beteiligungen ....... aa) Wesentliche Änderung ............................................... bb) „Letztliche Beteiligungen“ ......................................... cc) Ausnahmen ................................................................. (1) Erbrecht oder eheliches Vermögensrecht ............ (2) Erhöhung einer bestehenden Beteiligung ............ (3) Gesellschaft wusste nicht von der Änderung und konnte hiervon nicht wissen ................................. 3. Ausnahmen für „aktive“ Gesellschaften ................................. a) Passive Kapitalanlagen-Test .............................................. b) Aktivitätstest ...................................................................... c) Aktivitätstest bei kürzlich begonnenen oder erworbenen Tätigkeiten ......................................................................... 4. Rechtsfolge ............................................................................. a) Grundsätzliche Rechtsfolge ............................................... b) Latente Verluste ................................................................. c) Erfüllung nur des Passive Kapitalanlagen-Tests ............... 5. Freiwillige Neubewertung ...................................................... III. Regelung zum Verlustrücktrag ....................................................

XIV

154 156 157 157 158 158

160 161 163 163 164 164 165 165 166 167 167 169 169 169 170 170 171 172 174 174 174 175 176 176 178

Inhaltsverzeichnis

F. Österreich  I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ II. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur ..... b) Wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur ....... aa) Allgemein ................................................................... bb) Verminderungen und Erweiterungen der wirtschaftlichen Einheit .............................................................. c) Wesentliche Änderungen der Gesellschafterstruktur ........ aa) Allgemein ................................................................... bb) Gesellschafterstruktur ................................................. cc) Änderung auf entgeltlicher Grundlage ....................... d) Gesamtbild der Verhältnisse .............................................. e) Sanierungsklausel .............................................................. f) Mantelkauf und Gruppenbesteuerung ............................... 3. Rechtsfolge ............................................................................. 4. Aufdeckung der stillen Reserven ............................................ G. Schweiz  I. Allgemeines zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften ........... II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ III. Mantelhandel ............................................................................... 1. Voraussetzungen ..................................................................... 2. Rechtsfolgen ........................................................................... H. USA  I. Allgemeines zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften ........... II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften ........................................................................................ III. Regelung zum Verlusthandel ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................ 2. Voraussetzungen ..................................................................... a) Erhöhung der Beteiligungsquote um mehr als 50 Prozentpunkte .................................................................... b) Prüfzeitraum ...................................................................... c) Änderung der Anteilseigner ............................................... d) Änderung der Eigenkapitalstruktur ...................................

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XV

Inhaltsverzeichnis

e) Begriff des Anteils ............................................................. aa) Rechte als Anteile ....................................................... bb) Ausnahmen für bestimmte Anteile ............................. f) Bestimmung der Beteiligungsquote der Anteilseigner ...... aa) Zusammenfassung der Beteiligungen einzelner Familienmitglieder ...................................................... bb) Transparente Betrachtung von Gesellschaften ........... g) 5 %-Anteilseigner .............................................................. aa) Allgemeines ................................................................ bb) Zusammenfassung von Publikumsgruppen ................ cc) Teilung von Publikumsgruppen ................................. dd) Anwendungsbeispiele ................................................. h) Ausnahmen ........................................................................ 3. Rechtsfolge ............................................................................. a) Betroffene Verluste ............................................................ b) Begrenzung der Verlustverrechnung ................................. aa) Grundsätzliches .......................................................... bb) Wert der Anteile ......................................................... c) Begrenzung auf „Null“ ...................................................... aa) Allgemein ................................................................... bb) Fortführung der Tätigkeit ........................................... cc) Weiternutzung der Wirtschaftsgüter ........................... d) Erhöhung der jährlichen Begrenzung ................................ 4. Ausnahme für Insolvenzfälle .................................................. 5. Besonderheiten bei Gruppenbesteuerung ............................... IV. Missbrauchsregelung (§ 269 IRC) ...............................................

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I. Übersicht zu den vergleichbaren Regelungen der untersuchten ausländischen Staaten  230

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse  231 A. Grundlegende Gemeinsamkeiten und Unterschiede  231 B. Regelungsbedürfnis für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Ob“)  I. Beschränkung des Verlusthandels ............................................... 1. Allgemein ................................................................................ 2. Wirtschaftlich gebotene Transparenzbetrachtung? ................. 3. Verbot der rechtlichen Verlustübertragung als Grund für die Verhinderung wirtschaftlicher Verlustübertragung ................ XVI

233 233 233 233 235

Inhaltsverzeichnis

4. Exkurs: „Handel mit Gewinngesellschaften“ ......................... II. Notwendigkeit einer speziellen Regelung ................................... III. Anderweitige Verlustbeschränkungen ......................................... 1. Gesellschafterebene ................................................................ 2. Gesellschaftsebene .................................................................. 3. Kein Regelungsbedürfnis ........................................................ C. Ausgestaltung einer Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Wie“)  I. Systematisierung .......................................................................... II. Vergleich und Analyse der einzelnen Merkmale ........................ 1. Tatbestand ............................................................................... a) Änderung auf Gesellschafterebene .................................... aa) Erforderliche Höhe der Änderung .............................. bb) Begriff der Beteiligung ............................................... cc) Übertragung vs. Änderung ......................................... dd) Erwerberkonzept vs. gesellschaftsbezogene Änderung .................................................................... ee) Besondere Anforderungen an die Gesellschafter bzw. Erwerber ............................................................. (1) Teilweise Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquoten ...................................................... (2) Bewertung ............................................................ ff) Erfassung mittelbarer Veränderungen ........................ gg) Mittelbare Übertragung vs. Änderung der Letztanteilseigner ................................................................ (1) Konzept der mittelbaren Übertragung .................. (2) Konzept der Änderung der Letztanteilseigner ..... (3) Bewertung ............................................................ (i) Grundsätzlich ................................................. (ii) Mittelbare Übertragungen nur bei ihrerseits schädlichen Anteilseignerwechseln? ............. hh) Fehlende mittelbare Änderung ................................... (1) Bedürfnis für eine Konzernklausel ...................... (2) Ausgestaltung einer Konzernklausel .................... ii) Ausnahmevorschriften ................................................ b) Änderung auf Gesellschaftsebene ..................................... aa) Anknüpfungspunkte .................................................... bb) Analyse ....................................................................... (1) Gegenstand der Anknüpfung auf Gesellschaftsebene ....................................................................

239 240 240 241 241 242 244 244 245 245 245 245 247 249 250 251 251 253 254 256 256 256 257 257 258 259 260 261 264 265 265 267 267

XVII

Inhaltsverzeichnis

(2) Vergleich einzelner Tatbestandsmerkmale .......... c) Zeitlicher Rahmen ............................................................. aa) Einzelfallentscheidung vs. vorgegebener starrer oder flexibler Zeitrahmen ................................................... bb) Zeitrahmen und fehlender Verlusthandel ................... d) Ausnahmevorschriften ....................................................... aa) Sanierungsklauseln im weiteren Sinne ....................... bb) „Wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen“ ............... cc) Rechtfertigung (durch fehlenden Missbrauch?) ......... 2. Rechtsfolge ............................................................................. a) Betroffene Verluste ............................................................ aa) Verlustvortrag, Verlustrücktrag, Verlustausgleich ..... bb) Ausschluss bestimmter Verluste bei fehlendem Verlusthandel .............................................................. cc) Zuordnung von Verlusten zu bestimmten Anteilsübertragungen ............................................................. dd) Latente Verluste .......................................................... b) Behandlung der Verluste ................................................... aa) Verlustuntergang vs. Einschränkung der Verlustnutzung ....................................................................... bb) Ausnahmen für stille Reserven ................................... (1) Vielfach spezielle Regelungen zu stillen Reserven ............................................................... (2) Verlusterhalt in Höhe stiller Reserven vs. Verlustverrechnung mit aufgelösten stillen Reserven ............................................................... cc) Sonstige Ausnahmen .................................................. D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung  I. Deutlich hervortretender Zweck .................................................. II. Beschränkung auf „echte“ Mantelkauffälle? ............................... III. Interdependenz zwischen Ermöglichung der Verlustnutzung und Schärfe einer Regelung ......................................................... IV. Gesellschafter- und/oder gesellschaftsbezogene Merkmale ........ 1. Anknüpfung allein auf Gesellschafterebene ........................... 2. Anknüpfung allein auf Gesellschaftsebene ............................. 3. Schlussfolgerung ..................................................................... V. Anknüpfungspunkte für gesellschaftsbezogene Merkmale und Verortung auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene .................. 1. Herausfiltern „gehandelter“ Verluste? ....................................

XVIII

268 269 270 271 273 273 276 277 279 279 279 281 282 282 284 284 285 285

286 289 291 291 291 293 296 296 297 297 299 299

Inhaltsverzeichnis

2. Änderung der Unternehmensidentität ..................................... a) Tatbestandslösung ............................................................. aa) Änderung der Unternehmensidentität ......................... bb) Zuführung einer neuen Einkunftsquelle ..................... cc) Verlusthandel trotz Unternehmensidentität ................ b) Rechtsfolgenlösung ........................................................... c) Unternehmensidentität und stille Reserven ....................... VI. Administrierbarkeit ...................................................................... 1. Mindestbeteiligungsquoten ..................................................... 2. Zeitlicher bzw. sachlicher Zusammenhang der Tatbestandsverwirklichung ........................................................................ 3. Insbesondere Administrierung mittelbarer Erwerbe ............... a) Allgemein .......................................................................... b) Begrenzung mittelbarer Änderungen .................................

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6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick  313 A. Derzeitige Rechtslage in Deutschland  313 B. Rechtsvergleich  316 C. Leitlinien für eine sachgerechte Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften  321 D. Ausblick  323 Literaturverzeichnis  I. Literatur Deutschland ..................................................................... II. Literatur Belgien ............................................................................ III. Literatur Frankreich ....................................................................... IV. Literatur Großbritannien ................................................................ V. Literatur Niederlande ..................................................................... VI. Literatur Österreich ........................................................................ VII. Literatur Schweiz ........................................................................... VIII. Literatur USA ................................................................................. IX. Literatur weitere Staaten ................................................................

325 325 342 343 344 345 346 346 347 348

Stichwortverzeichnis  351

XIX

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Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. a. E. AEUV a. F. A.F.T. AG AktG Alt. Anm. AO Art. AStG Az.

anderer Ansicht Amtsblatt (der Europäischen Union) Absatz am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte(r) Fassung Algemeen Fiscaal Tijdschrift (Zeitschrift Belgien) Aktiengesellschaft Aktiengesetz Alternative Anmerkung Abgabenordnung 1977 Artikel Außensteuergesetz Aktenzeichen

BB Bd. BewG BFH BFH/NV BFH/PR

Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesministerium der Finanzen Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise

BGB BGBl. BGH BGHZ BMF BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CGI CTA

Code Général des Impôts (Steuergesetzbuch Frankreich) Corporation Tax Act (Körperschaftsteuergesetz Großbritannien)

XXI

Abkürzungsverzeichnis

DB DBA DBG ders. d. h. Dipl. Diss. DJT DK DStJG DStR DStZ

Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Schweiz) derselbe das heißt Diplomarbeit Dissertation Deutscher Juristentag Der Konzern Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift)

EFG EGV ErbStG EStB EStG EStGB EU EuGH EuGHE

Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift) EG-Vertrag Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Der Einkommensteuer-Berater (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz Einkommensteuergesetzbuch (Belgien) Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungssammlung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften

f., ff. FG Fn. FR

folgende Finanzgericht Fußnote Finanz-Rundschau (Zeitschrift)

GbR gem. GesGB GewStG GeS

Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Gesetzbuch über Kapitalgesellschaften (Belgien) Gewerbesteuergesetz Zeitschrift für Gesellschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift Österreich) Grundgesetz gleicher Ansicht Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Gesetz GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Der GmbH-Steuerberater (Zeitschrift) Großer Senat

GG gl. A. GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB GrS XXII

Abkürzungsverzeichnis

Habil. HdbStR HGB h. M. HMRC hrsg. Hs. i. d. F. IBFD ICTA

Habilitationsschrift Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Her Majesty’s Revenue & Customs (britische Finanz- und Zollverwaltung) herausgegeben Halbsatz

i. S. d. (v.) IStR i. Ü. i. V. m. IWB i. w. S.

in der Fassung International Bureau of Fiscal Documentation Income and Corporation Taxes Act (Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz Großbritannien) Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland im Einzelnen im Ergebnis Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) insbesondere Insolvenzordnung Institut Finanzen und Steuern Internal Revenue Code (Bundessteuergesetzbuch USA) Internal Revenue Service (US-amerikanische Bundesfinanzverwaltung) im Sinne des (von) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Übrigen in Verbindung mit Internationale Wirtschafts-Briefe (Loseblatt) im weiteren Sinne

JbFSt JStG JZ

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Jahressteuergesetz Juristenzeitung (Zeitschrift)

KG KStG KStR

Kommanditgesellschaft Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien

m. a. W. m. E. m. w. N.

mit anderen Worten meines Erachtens mit weiteren Nachweisen

n. F.

neue(r) Fassung

IDW i. E. im Erg. Inf insbes. InsO IFSt IRC IRS

XXIII

Abkürzungsverzeichnis

NJW Nr. NWB

Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift)

o. a. o. Ä. öEStG o. g. öKStG ÖStZ OFD ÖZW

oben angegeben/angeführt oder Ähnlich(e) österreichisches Einkommensteuergesetz oben genannt(e) österreichisches Körperschaftsteuergesetz Österreichische Steuer-Zeitung Oberfinanzdirektion Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift Österreich)

Rev. anh. RFH RGBl. Rn. Rs. Rspr. RStBl.

Revision anhängig Reichsfinanzhof Reichsgesetzblatt Randnummer Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt

s. S. s. a. SP

siehe Seite(n); Satz, Sätze siehe auch Statements of Practice (Schreiben der britischen Finanzverwaltung) Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuerberater-Jahrbuch Steuerrecht kurzgefasst (Zeitschrift) Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern und Kantone und Gemeinden (Schweiz) ständige Rechtsprechung Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft International (Zeitschrift Österreich)

Stbg StbJb SteuK StHG st. Rspr. StuB StuW SWI T.F.R. Treas. Reg. Tz.

Tijdschrift voor Fiscaal Recht (Zeitschrift Belgien) Treasury Regulations (Steuerrichtlinien der USamerikanischen Finanzverwaltung) Textziffer

Ubg

Die Unternehmensbesteuerung (Zeitschrift)

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

UmwG UmwStG UntStRefG u. U.

Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmensteuerreformgesetz 2008 unter Umständen

v. vgl. VVDStRL

von, vom vergleiche Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtshof (Österreich)

VwGH Wet Vpb Wpg

Wet op de vennootschapsbelasting (Körperschaftsteuergesetz Niederlande) Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)

ZIP zit. z. B. z. T. zust. zutr.

Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert zum Beispiel zum Teil zustimmend zutreffend

XXV

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung A. Einleitung Das Phänomen des Handels mit Verlustgesellschaften stellt den Gesetzgeber auf die Probe. Durch eine Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die über steuerlich nutzbare Verluste verfügen, werden Verluste im wirtschaftlichen Ergebnis potentiell handelbar. Dieses Ergebnis ist für den Steuerstaat offenbar nicht hinnehmbar. Dabei wird ein Verlusthandel freilich nicht in allen Fällen von Anteilsübertragungen an Verlustgesellschaften vorliegen. Regelmäßig werden Anteile aus betriebswirtschaftlich sinnvollen und volkswirtschaftlich erwünschten Gründen übertragen werden und gerade nicht im Hinblick auf bestehende Verluste der Gesellschaft. Gerade in der richtigen Abgrenzung dieser Erwerbe zu Erwerben, die zur Übertragung steuerlicher Verluste erfolgen, liegt die Schwierigkeit, aber auch der Reiz, eine angemessene Gesetzesregelung zu finden, die nicht erwünschte Investitionen hindert, andererseits aber auch den Interessen des Staates angemessen Rechnung trägt. Dabei stellt die Regelung des § 8c KStG, die im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 eingeführt wurde,1 den bislang letzten unrühmlichen Schritt in einer langen Historie der Bekämpfung von „Verlustkäufen“ dar. Die Norm ersetzte die alte Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG und diente im Wesentlichen der Gegenfinanzierung der Körperschaftsteuersatzsenkung auf 15 %. Das veranschlagte Volumen des Gegenfinanzierungseffekts der Neuregelung von € 1,475 Mrd.2 wurde jedoch teuer erkauft. Die Norm entfernte sich wesentlich vom Regelungsziel ihrer Vorgängerregelungen, die ausgehend von einer ursprünglichen richterrechtlich vorgegebenen Rechtslage im Kern Missbrauchsregelungen waren, die den Handel mit Verlustmänteln verhindern sollten. So sah die Neukonzeption vor, dass allein aufgrund eines qualifizierten Gesellschafterwechsels Verluste auf Ebene der Gesellschaft untergehen sollten. Damit lag ein eklatanter Bruch des dem Ertragsteuerrecht zugrunde liegenden Trennungsprinzips vor, das eine getrennte Besteuerung einer Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern vorsieht. Ein Missbrauchszweck war nicht mehr erkennbar. Dies und zahlreiche ungeklärte Rechtsfragen innerhalb der Norm haben dazu geführt, dass die Norm in ihrer noch recht jungen Geschichte bereits heftige Kritik sowohl in ________________________

1 Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007, BGBl. I 2007, S. 1912. 2 BT-Drucks. 16/4841, S. 43.

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung

der rechtswissenschaftlichen als auch in der politischen Diskussion erfahren hat. Gesetzliche Änderungen ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Nachdem die Anwendbarkeit der Norm ausgehend von der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise zunächst teilweise für den Finanzsektor suspendiert wurde,3 führte die letzte steuerpolitische Maßnahme der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD (das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung4) noch zu einer Aufnahme einer allgemeinen Sanierungsklausel, die allerdings aufgrund einer Entscheidung der EU-Kommission aus Januar 2011 derzeit keine Anwendung findet.5 Bereits relativ kurze Zeit nach dieser Änderung wurde § 8c KStG durch die erste steuerpolitische Maßnahme der neuen Regierungskoalition der CDU/CSU und FDP (das Wachstumsbeschleunigungsgesetz6) abermals ergänzt, die kurze Zeit später durch Änderungen des JStG 20107 wiederum punktuell geändert und ergänzt wurde. Diese Änderungen mindern zwar die Probleme und nehmen „Druck aus dem Kessel“. Insbesondere in steuersystematischer Hinsicht bestehen aber weiterhin wesentliche Brüche fort,8 auch hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen besteht Nachbesserungsbedarf.9 Nicht zuletzt bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, so ist die Norm aufgrund eines Vorlagebeschlusses des FG Hamburg10 derzeit Gegenstand eines laufenden Normenkontrollverfahrens beim Bundesverfassungsgericht.11 ________________________ 3 Durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982. Daneben wurden sogar noch weitere Änderungen vorgenommen, die aber niemals in Kraft getreten sind (Ausnahmen für Wagniskapitalgesellschaften). 4 Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) v. 16.7.2009, BGBl. I 2009, S. 1959. 5 Entscheidung der Kommission v. 26.1.2011, K(2011)275 (endgültig). Dazu im Einzelnen 2. Kapitel: D. II. 1, S. 56. 6 Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, S. 3950. 7 Jahressteuergesetz 2010 v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, S. 1768. 8 Dabei hat die Steuersystematik nicht einen rein akademischen Selbstzweck. Es ist bemerkenswert, dass selbst im Zusammenhang mit Steuersenkungen steuerliche Systembrüche von Unternehmensseite besonders stark abgelehnt werden. Siehe dazu die Ergebnisse der Befragung zur Unternehmensteuerreform 2008 von Ortmann-Babel/ Bolik/Fuest, DStR 2010, 1865, 1867 f. 9 Anders Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFStSchrift Nr. 461, S. 8, nach dem nach den Änderungen ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf nicht länger besteht. 10 FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460. 11 Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11.

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A. Einleitung

In dieser Arbeit wird zunächst das Problem des Handels mit Verlustgesellschaften beschrieben, das trotz aller zwischenzeitlichen und aktuellen „Irrungen und Wirrungen“ immer noch die wesentliche Grundlage für die hier untersuchten gesetzgeberischen Maßnahmen darstellt.12 Hiervon ausgehend werden zunächst die bisherigen deutschen Lösungen (bzw. Lösungsversuche) dargestellt. Eine ausführlichere Untersuchung soll die derzeitige Rechtslage erfahren, an die sich die Analyse der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der jetzigen Regelung des § 8c KStG anschließt. Die dabei gefundenen Ergebnisse sollen dann dahingehend abstrahiert und verallgemeinert werden, inwieweit generell Regelungen zum Verlusthandel verfassungsrechtlich zulässig sind und welche Grenzen hier bestehen. Anschließend wird der oftmals hilfreiche sprichwörtliche Blick über den Tellerrand gewagt, der verschiedene Lösungswege für das Problem des Handels mit Verlustgesellschaften aufzeigen soll. Die Darstellung der Rechtslage in verschiedenen ausgewählten Referenzstaaten beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf das grundlegende Besteuerungskonzept, die Vorschriften der allgemeinen Verlustberücksichtigung und schwerpunktmäßig auf die Untersuchung der jeweiligen Vorschrift zur Beschränkung des Verlusthandels. An den folgenden Rechtsvergleich schließt sich dann die Analyse an, welche Leitlinien sich hieraus für eine sachgerechte Ausgestaltung einer Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften entnehmen lassen, die bei einer Neuregelung zu berücksichtigen sein könnten.13 Dabei ist die Ausgestaltung einer nationalen Regelung im Einzelnen freilich dem Gesetzgeber vorbehalten. Es soll auch ausdrücklich kein eigener Vorschlag einer angemessenen Lösung im Detail gemacht werden. Ziel der Untersuchung ist es, ________________________ 12 Methodisch folgt diese Untersuchung damit dem Ansatz der funktionellen Rechtsvergleichung, nach der die Ausgangsfrage rein funktional gestellt wird. Hierbei werden Rechtsinstitute nicht verglichen, weil sie als solche ähnlich sind, sondern weil sie die gleiche bzw. eine ähnliche Funktion haben. Vgl. zum Ganzen grundlegend und ausführlich Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung § 3 II (S. 33 ff.). Zur grundsätzlichen Kritik an diesem Ansatz etwa Dannemann, in Oxford Handbook of Comparative Law, S. 383, 389 ff. 13 Zwar gibt es rechtsvergleichende Untersuchungen zu § 8c KStG und zu § 8 Abs. 4 KStG a. F., s. etwa BDI/KPMG-Studie 2011, Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, Ein Vergleich des § 8c KStG mit entsprechenden Regelungen in ausgewählten Industrie- und Schwellenländern (im Internet abrufbar unter http://www.kpmg.de/ docs/20110623_BDI-KPMG-Studie_2011.pdf); Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG; Lenz, in Festschrift Herzig, S. 131 ff.; Wacke, Verlustabzug beim Mantelkauf. Diese sind im Wesentlichen allerdings lediglich kursorisch bzw. beschränken sich auf den Vergleich mit einem Staat (USA). Die vorliegende Untersuchung wählt dagegen einen breiteren Ansatzpunkt.

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung

den Horizont möglicher Lösungsansätze zu erweitern und vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme zu diskutieren.

B. Problem des Handels mit Verlustgesellschaften Das Problem des Handels mit Verlustgesellschaften ergibt sich ganz grundsätzlich aus zwei Faktoren: die Körperschaftsteuer ist eine Personensteuer und Beteiligungen an Körperschaften sind übertragbar. Das Körperschaftsteuergesetz (KStG) besteuert Körperschaften anknüpfend an ihre zivilrechtliche Selbständigkeit als eigenständige Steuersubjekte. Gewinne sind beim Steuersubjekt zu besteuern, Verluste sind beim Steuersubjekt zu berücksichtigen. Verluste sind negative Einkünfte und entstehen bei einem Überhang der Aufwendungen über die Erträge. Sie werden steuerlich im Rahmen des Verlustausgleichs und des Verlustabzugs berücksichtigt. Verlustausgleich ist der Ausgleich von Gewinnen und Verlusten innerhalb eines Veranlagungszeitraums (§ 2 Abs. 1 bis 3 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG).14 Unter Verlustabzug ist dagegen die interperiodische Verlustberücksichtigung zu verstehen (§ 10d EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG).15 Der Verlustabzug ist nach geltendem Recht möglich durch einen zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag und durch einen einjährigen Verlustrücktrag. Betragsmäßig ist der Verlustabzug im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung begrenzt nach § 10d Abs. 1 und Abs. 2 EStG. Dieses Recht auf den Verlustausgleich und -abzug steht grundsätzlich dem jeweiligen Steuersubjekt zu, d. h. im Rahmen der Einkommensteuer den natürlichen Personen, im Rahmen der Körperschaftsteuer den Körperschaften. Eine Übertragung auf rechtlich verschiedene Personen ist sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Körperschaftsteuer nicht zulässig.16 Dabei beinhaltet ein steuerlicher Verlust ein ________________________ 14 Vgl. J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 61. Der Verlustausgleich ist nicht mehr explizit als gesetzlicher Begriff genannt. Die Norm des § 2 Abs. 2 EStG 1934 (EStG v. 16.10.1934, RGBl. I S. 1005) enthielt noch eine ausdrückliche Regelung zum Verlustausgleich (ähnlich, aber ohne Nennung des Begriffs des Verlustes auch § 7 Abs. 3 EStG 1925 – EStG v. 15.8.1925, RBGl. I S. 189). Diese fiel aber durch das Einkommensteuerreformgesetz 1974 (v. 5.8.1974, BGBl. I 1974, S. 1769) weg, da der Verlustausgleich wegen der Systematik als selbstverständlich angesehen wurde, vgl. Söffing, Inf 1974, 385, 388. 15 Vgl. J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 62. 16 Insbesondere bei der Einkommensteuer betont die Rechtsprechung, dass dieses Recht höchstpersönlicher Natur sei und nach neuerer Rechtsprechung des BFH nicht einmal mehr dem Erben zustehen soll, s. Beschluss des GrS v. 12.7.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 606 (a. A. noch J. Lang, in Tipke/Lang, 19. Auflage, § 9 Rn. 63 m. w. N.); zur nicht möglichen Übertragbarkeit von Verlusten bei der Körperschaftsteuer s. bereits

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung

den Horizont möglicher Lösungsansätze zu erweitern und vor dem Hintergrund der aktuellen Probleme zu diskutieren.

B. Problem des Handels mit Verlustgesellschaften Das Problem des Handels mit Verlustgesellschaften ergibt sich ganz grundsätzlich aus zwei Faktoren: die Körperschaftsteuer ist eine Personensteuer und Beteiligungen an Körperschaften sind übertragbar. Das Körperschaftsteuergesetz (KStG) besteuert Körperschaften anknüpfend an ihre zivilrechtliche Selbständigkeit als eigenständige Steuersubjekte. Gewinne sind beim Steuersubjekt zu besteuern, Verluste sind beim Steuersubjekt zu berücksichtigen. Verluste sind negative Einkünfte und entstehen bei einem Überhang der Aufwendungen über die Erträge. Sie werden steuerlich im Rahmen des Verlustausgleichs und des Verlustabzugs berücksichtigt. Verlustausgleich ist der Ausgleich von Gewinnen und Verlusten innerhalb eines Veranlagungszeitraums (§ 2 Abs. 1 bis 3 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG).14 Unter Verlustabzug ist dagegen die interperiodische Verlustberücksichtigung zu verstehen (§ 10d EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG).15 Der Verlustabzug ist nach geltendem Recht möglich durch einen zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag und durch einen einjährigen Verlustrücktrag. Betragsmäßig ist der Verlustabzug im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung begrenzt nach § 10d Abs. 1 und Abs. 2 EStG. Dieses Recht auf den Verlustausgleich und -abzug steht grundsätzlich dem jeweiligen Steuersubjekt zu, d. h. im Rahmen der Einkommensteuer den natürlichen Personen, im Rahmen der Körperschaftsteuer den Körperschaften. Eine Übertragung auf rechtlich verschiedene Personen ist sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Körperschaftsteuer nicht zulässig.16 Dabei beinhaltet ein steuerlicher Verlust ein ________________________ 14 Vgl. J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 61. Der Verlustausgleich ist nicht mehr explizit als gesetzlicher Begriff genannt. Die Norm des § 2 Abs. 2 EStG 1934 (EStG v. 16.10.1934, RGBl. I S. 1005) enthielt noch eine ausdrückliche Regelung zum Verlustausgleich (ähnlich, aber ohne Nennung des Begriffs des Verlustes auch § 7 Abs. 3 EStG 1925 – EStG v. 15.8.1925, RBGl. I S. 189). Diese fiel aber durch das Einkommensteuerreformgesetz 1974 (v. 5.8.1974, BGBl. I 1974, S. 1769) weg, da der Verlustausgleich wegen der Systematik als selbstverständlich angesehen wurde, vgl. Söffing, Inf 1974, 385, 388. 15 Vgl. J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 62. 16 Insbesondere bei der Einkommensteuer betont die Rechtsprechung, dass dieses Recht höchstpersönlicher Natur sei und nach neuerer Rechtsprechung des BFH nicht einmal mehr dem Erben zustehen soll, s. Beschluss des GrS v. 12.7.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 606 (a. A. noch J. Lang, in Tipke/Lang, 19. Auflage, § 9 Rn. 63 m. w. N.); zur nicht möglichen Übertragbarkeit von Verlusten bei der Körperschaftsteuer s. bereits

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C. Rechtsentwicklung

latentes Steuerguthaben, das im Falle zukünftiger Gewinne aktiviert wird und vom betreffenden Steuersubjekt genutzt werden kann. Diese grundlegenden steuersystematischen Vorgaben können insbesondere bei Kapitalgesellschaften (neben anderen Körperschaften) zu einem Problem führen, wenn Anteile an diesen übertragen werden. Denn damit ist auch der wirtschaftliche Vorteil steuerlicher Verluste zumindest potentiell übertragbar. Zur Verdeutlichung soll hier der „klassische Fall“ des Mantelkaufs dienen, der im Wesentlichen Ausgangspunkt für die Entwicklung der entsprechenden Verlustbeschränkungsvorschriften war: Eine vermögenslose, nicht mehr tätige Kapitalgesellschaft verfügt über Verlustvorträge. Die Gesellschafter können oder wollen das im Verlustvortrag der Gesellschaft enthaltene latente Steuerguthaben nicht mehr aktivieren und übertragen daher die Anteile. Nach dem Erwerb führt der Erwerber der Gesellschaft neue Mittel zu und etabliert ein neues Unternehmen, um mit den Gewinnen dieses Unternehmens die vorhandenen Verlustvorträge nutzen zu können und so das latente Steuerguthaben zu nutzen.17 Insbesondere in Fällen wie diesen ist ersichtlich, dass Verluste über den Umweg der Übertragung von Anteilen potentiell handelbar sind.18 Dabei erwirbt der Erwerber einen steuerlichen Verlust und kann diesen mit Gewinnen seines Unternehmens verrechnen. Der Veräußerer generiert noch einen Gewinn für Anteile an einer an sich wertlosen Gesellschaft. Wirtschaftlich betrachtet ist die Übertragung des latenten Steuerguthabens eigentliches Ziel des Rechtgeschäfts. Einziger „Leidtragender“ ist dabei der Fiskus.

C. Rechtsentwicklung I. BFH-Rechtsprechung bis 1966 Das KStG enthielt ursprünglich keine Regelung zum Verlusthandel. Zunächst begegnete allein die Rechtsprechung dem oben skizzierten Problem des Mantelkaufs. Einer grundlegenden BFH-Entscheidung aus dem Jahr 1958 zufolge sollte es bei der Frage der Berechtigung eines Steuerpflichtigen zum Verlustabzug zwar grundsätzlich, aber nicht stets auf die zivilrecht________________________ Urteil des RFH v. 12.5.1936, I A 84/36, RStBl. 1936, 789; selbst bei Umwandlungen ist nach der Neufassung des § 12 Abs. 3 UmwStG durch das SEStEG eine Verlustnutzung nicht mehr möglich. 17 Vgl. zu diesem „klassischen“ Mantelkauffall etwa B. Lang, in Ernst & Young, § 8 Rn. 1252. 18 Vgl. auch BT-Drucks. 11/2157, S. 171.

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C. Rechtsentwicklung

latentes Steuerguthaben, das im Falle zukünftiger Gewinne aktiviert wird und vom betreffenden Steuersubjekt genutzt werden kann. Diese grundlegenden steuersystematischen Vorgaben können insbesondere bei Kapitalgesellschaften (neben anderen Körperschaften) zu einem Problem führen, wenn Anteile an diesen übertragen werden. Denn damit ist auch der wirtschaftliche Vorteil steuerlicher Verluste zumindest potentiell übertragbar. Zur Verdeutlichung soll hier der „klassische Fall“ des Mantelkaufs dienen, der im Wesentlichen Ausgangspunkt für die Entwicklung der entsprechenden Verlustbeschränkungsvorschriften war: Eine vermögenslose, nicht mehr tätige Kapitalgesellschaft verfügt über Verlustvorträge. Die Gesellschafter können oder wollen das im Verlustvortrag der Gesellschaft enthaltene latente Steuerguthaben nicht mehr aktivieren und übertragen daher die Anteile. Nach dem Erwerb führt der Erwerber der Gesellschaft neue Mittel zu und etabliert ein neues Unternehmen, um mit den Gewinnen dieses Unternehmens die vorhandenen Verlustvorträge nutzen zu können und so das latente Steuerguthaben zu nutzen.17 Insbesondere in Fällen wie diesen ist ersichtlich, dass Verluste über den Umweg der Übertragung von Anteilen potentiell handelbar sind.18 Dabei erwirbt der Erwerber einen steuerlichen Verlust und kann diesen mit Gewinnen seines Unternehmens verrechnen. Der Veräußerer generiert noch einen Gewinn für Anteile an einer an sich wertlosen Gesellschaft. Wirtschaftlich betrachtet ist die Übertragung des latenten Steuerguthabens eigentliches Ziel des Rechtgeschäfts. Einziger „Leidtragender“ ist dabei der Fiskus.

C. Rechtsentwicklung I. BFH-Rechtsprechung bis 1966 Das KStG enthielt ursprünglich keine Regelung zum Verlusthandel. Zunächst begegnete allein die Rechtsprechung dem oben skizzierten Problem des Mantelkaufs. Einer grundlegenden BFH-Entscheidung aus dem Jahr 1958 zufolge sollte es bei der Frage der Berechtigung eines Steuerpflichtigen zum Verlustabzug zwar grundsätzlich, aber nicht stets auf die zivilrecht________________________ Urteil des RFH v. 12.5.1936, I A 84/36, RStBl. 1936, 789; selbst bei Umwandlungen ist nach der Neufassung des § 12 Abs. 3 UmwStG durch das SEStEG eine Verlustnutzung nicht mehr möglich. 17 Vgl. zu diesem „klassischen“ Mantelkauffall etwa B. Lang, in Ernst & Young, § 8 Rn. 1252. 18 Vgl. auch BT-Drucks. 11/2157, S. 171.

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung

liche Identität ankommen, eine wirtschaftliche Betrachtung oder ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts könnten Abweichungen hiervon erfordern.19 Hierzu führte der BFH in einem obiter dictum zunächst aus, dass aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung steuerlich ein neuer, selbständiger Organismus entstehen könne, der zu einer Beendigung der alten Rechtspersönlichkeit führe und mit der Schaffung einer neuen Körperschaft verbunden ist, wenn sich alle oder fast alle die Kapitalgesellschaft tragenden Tatumstände ändern. Dies könne etwa dann der Fall sein, wenn ein praktisch bedeutungslos gewordener Mantel der Kapitalgesellschaft durch Zuführung neuen Vermögens eine völlig anders geartete Zweckbestimmung und Organisation erhält. Der BFH machte diese Ausführungen zur wirtschaftlichen Betrachtung (damals § 1 Abs. 2 StAnpG) aber im konkreten Fall (noch) nicht fruchtbar und stellte dogmatisch entscheidend darauf ab, dass der vorliegenden Gestaltung der Vorwurf eines Missbrauchs zu machen war (damals § 6 StAnpG, der im Wesentlichen nahezu wortgleich mit dem heutigen § 42 Abs. 1 Satz 1 AO ist20). Nach dieser Rechtsprechung sollte eine Anteilsübertragung in (krassen) Ausnahmefällen als missbräuchlich anzusehen sein, wenn diese allein den Zweck verfolgte, den Verlustabzug auf einen anderen schon bestehenden betrieblichen Organismus und Geschäftsbetrieb mit einem anderen Unternehmer zu übertragen und der Verlustabzug eigentliches Handelsobjekt der Gesellschafter war.21

II. BFH-Rechtsprechung seit 1966 Im Jahre 1966 vollzog der BFH dann eine dogmatische Abkehr vom Rückgriff auf die Missbrauchsvorschrift des § 6 StAnpG hin zu einer vom Sinn und Zweck22 geleiteten Auslegung des § 10d EStG und machte seine bereits in der Entscheidung aus dem Jahr 1958 angelegten Erwägungen zur wirtschaftlichen Identität nunmehr unmittelbar bei der Auslegung fruchtbar.23 ________________________ 19 BFH v. 8.1.1958, I 131/57 U, BStBl. III 1958, 97. 20 Zur Geschichte der sog. Missbrauchsvermeidungsvorschrift siehe insbes. Fischer, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 42 AO Rn. 1 ff. 21 Vgl. BFH v. 8.1.1958, I 131/57 U, BStBl. III 1958, 97; BFH v. 27.9.1961, I 6/60 BStBl. III 1961, 540; Anm. Grieger zu diesem Urteil in BB 1961, 1227. 22 Vgl. dazu Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N. (s. a. kritisch zur formelhaften Gleichsetzung von „Sinn und Zweck“ Drüen, JuS 1997, L 81, 82). 23 BFH v. 15.2.1966, I 112/63, BStBl. III 1966, 289; BFH v. 17.5.1966, I 141/63, BStBl. III 1966, 513; s. a. Keuk, StuW 1974, 350, 356.

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C. Rechtsentwicklung

Nach dem damaligen Verständnis des BFH setzte § 10d EStG nach seinem Sinn und Zweck nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Identität voraus, plastisch formuliert: „Der Verlustabzug gebührt nicht dem Rechtskleid, sondern dem verlusttragenden Unternehmen.“24 Dementsprechend sollte der Verlustabzug zu versagen sein, wenn die Kapitalgesellschaft ihr persönliches und sachliches Substrat änderte. Dies sollte der Fall sein, wenn die Kapitalgesellschaft ihre bisherigen Vermögenswerte im Wesentlichen verloren hatte und in dieser Lage neue Gesellschafter eintraten, die der Gesellschaft neue Mittel zuführten und sie wirtschaftlich belebten.25

III. Die BFH-Entscheidungen vom 29.10.1986 Diese Rechtsprechung überdauerte allerdings nur knapp zwei Jahrzehnte. So rückte der BFH in zwei Entscheidungen vom 29.10.1986 (im Anschluss an Knobbe-Keuk26) von dem Erfordernis der wirtschaftlichen Identität ab und gab seine diesbezügliche Auffassung ausdrücklich auf.27 Der BFH stellt kurz und prägnant fest: Die für den Verlustabzug nach § 10d EStG erforderliche Personenidentität einer Kapitalgesellschaft sei so lange zu bejahen, als ihre Zivilrechtsfähigkeit nicht erlösche.28 Das Erfordernis einer wirtschaftlichen Identität sei weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck des § 10d EStG zu entnehmen.29 In Konsequenz dieser Auffassung entfiel der Verlustabzug grundsätzlich erst dann, wenn die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht oder ihre Nichtigkeit rechtskräftig festgestellt wurde.30 Wenngleich sich die Stimmen in der Literatur über die Folgerungen aus diesen Urteilen im Einzelnen nicht völlig einig waren,31 hatte der I. Senat des BFH auf steuer________________________ 24 BFH v. 15.2.1966, I 112/63, BStBl. III 1966, 289. 25 Vgl. BFH v. 19.12.1973, I R 137/71, BStBl. II 1974, 181; B. Lang, in Ernst & Young, § 8 Rn. 1249. 26 Vgl. Keuk, StuW 1974, 350, 356; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 421. 27 Vgl. BFH v. 29.10.1986, I R 202/82, BStBl. II 1987, 308 und v. 29.10.1986, I R 318319/83, BStBl. II 1987, 310. 28 Vgl. BFH v. 29.10.1986, I R 318-319/83, BStBl. II 1987, 310. 29 Vgl. BFH v. 29.10.1986, I R 202/82, BStBl. II 1987, 308. 30 Vgl. BT-Drucks. 11/2157, S. 171; B. Lang, in Ernst & Young, § 8 Rn. 1251. 31 Vgl. nur Crezelius, JZ 1987, 731, 732; Feddersen, BB 1987, 1782; Kudert/Saakel, BB 1988, 1229, 1230; neben Einzelfragen, wie nach dieser Rechtsprechung ein Verlusthandel bewerkstelligt werden konnte, gehörte hierzu auch die Frage, ob trotz der BFH-Rechtsprechung § 42 AO wieder für Fälle anwendbar sein sollte, in denen ausschließlich ein Verlust gehandelt wurde.

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1. Kapitel: Problemlage und Rechtsentwicklung

lichem Gebiet „eine Büchse der Pandora geöffnet.“32 Als Folge der Urteile setzte ein reger Handel mit Verlustvorträgen ein.33

IV. Gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 4 KStG ab 1990 Um diesen Handel zu unterbinden und offenbar auch aus der Überlegung heraus, dass eine entsprechende Übertragung von Verlustvorträgen bei Einzelunternehmen gerade nicht möglich ist,34 normierte der Gesetzgeber schließlich den sog. Mantelkauf in § 8 Abs. 4 KStG,35 der grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 1990 Anwendung fand.36 Kernstück der Norm war die (Wieder-)Einführung des Tatbestandsmerkmals der wirtschaftlichen Identität als zwingendes Erfordernis für die Geltendmachung eines Verlustabzugs (§ 8 Abs. 4 Satz 1 KStG). Die wirtschaftliche Identität sollte insbesondere dann nicht vorliegen, wenn mehr als drei Viertel der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Gesellschaft danach ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt (§ 8 Abs. 4 Satz 2 KStG). Das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform 199737 führte schließlich zu einer Verschärfung der Norm, deren Grundkonzeption allerdings noch unberührt blieb. Hinsichtlich der Beteiligungsverhältnisse reichte nach der geänderten Fassung nunmehr bereits eine Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft aus, während auch die Fortführung des Geschäftsbetriebs (und nicht bloß die Wiederaufnahme) mit überwiegend neuem Betriebsvermögen als schädlich angesehen wurde.

________________________ 32 Vgl. Dötsch, in Festschrift Wassermeyer, S. 113. 33 Bei dem es nach Einschätzung von Kudert/Saakel zu einem „hemmungslosen“ Verlustabzug gekommen sein soll, BB 1988, 1229, 1230. Gocke spricht von einem „neuen Gewerbe in Gestalt eines blühenden Handels mit Verlustmänteln“, in Festschrift Wassermeyer, S. 10. 34 Vgl. BT-Drucks. 11/2157, S. 171. 35 Im Rahmen des Steuerreformgesetzes 1990 v. 25.7.1988, BGBl. I 1988, S. 1093. 36 Zudem erfasste die Regelung auch Sachverhalte, bei denen die Rechtsgeschäfte, die zum Verlust der wirtschaftlichen Identität geführt hatten, nach dem 23.6.1988 (Tag des Kabinettsbeschlusses) geschlossen worden waren (§ 54 Abs. 6 KStG). 37 Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2590.

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C. Rechtsentwicklung

V. Einführung des § 8c KStG durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 Die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG blieb bei der Finanzverwaltung, den Beratern und Steuerpflichtigen bis zuletzt ungeliebt. Auch wenn ein BMFSchreiben aus 199938 der Praxis zumindest vorübergehend mehr Rechtssicherheit verschaffte, erwies sich die Regelung aufgrund der Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen (Anteile, überwiegend neues Betriebsvermögen, Fortführung bzw. Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs) als schwer handhabbar und gestaltungsanfällig.39 Den „Todesstoß“ dürften der Regelung aber letztlich Entscheidungen des BFH gegeben haben, die sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten ließen und insbesondere auch eine Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 KStG nur bei einer unmittelbaren Übertragung der Anteile an der fraglichen Kapitalgesellschaft bejahten.40 Die Regelung erwies sich daher als allzu stumpfes Schwert in der Hand der Finanzverwaltung bei der Bekämpfung von Missbräuchen, konnte der Norm doch nun bereits damit – neben anderen Gestaltungen – wirksam begegnet werden, indem man eine Personen- oder Kapitalgesellschaft zwischenschaltete, deren Anteile dann übertragen wurden.41 Als Folge der Ausschaltung auch mittelbarer Erwerbe, handelte sich fortan die Folgen des § 8 Abs. 4 KStG nur noch ein, wer sich nicht auskannte oder schlecht beraten war.42 Im Jahr 2007 kam schließlich der Gesetzgeber zu der Auffassung, dass das Regime der Verlustabzugsbeschränkungsregelung einer grundlegenden Neuregelung bedurfte. Das war die Geburtsstunde der Grundkonzeption des heutigen § 8c KStG. Dabei entfiel das Erfordernis des seit 1966 etablierten Merkmals der wirtschaftlichen Identität nun vollständig.

________________________ 38 39 40 41

Vgl. BMF v. 16.4.1999, IV C 6-S 2745-12/99, BStBl. I 1999, 455. Dazu etwa Herzig, DStJG, Bd. 28 (2005), S. 195. Vgl. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 3. Vgl. Dötsch, in Festschrift Wassermeyer, S. 117, auch zur grundsätzlichen Kritik an dieser Rechtsprechung. Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 31 f., spricht plastisch von einem „Scherbenhaufen“, der nach der Auslegung des § 8 Abs. 4 KStG durch die Rechtsprechung zurückblieb. 42 Der damit im Raum stehende Vorwurf der „Dummensteuer“ ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Vgl. zum Begriff der Dummensteuer Rose, StbJb 1975/76, 41, 47; Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 185; Rose, in Festschrift Tipke, S. 153.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers A. Allgemeines Nach § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG sind nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nach einem schädlichen Beteiligungserwerb ganz oder teilweise nicht mehr abziehbar. Die Regelung knüpft damit grundsätzlich nur an Merkmale auf Ebene der Gesellschafter an (im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 KStG a. F.), die Rechtsfolge betrifft dann aber unmittelbar ausschließlich die Ebene der Gesellschaft.

B. Rechtsnatur und Regelungszweck Die Auslegung einer Norm erfolgt gemäß den herkömmlichen Auslegungskriterien anhand des Wortsinns, der systematischen Stellung, der Historie und des Sinn und Zwecks der Vorschrift (teleologische Auslegung), wobei hier zwar mitunter verschiedentliche Begrifflichkeiten gewählt werden, in der Sache aber weitgehende Übereinstimmung herrscht.1 Darüber hinaus gilt im Steuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, deren Inhalt im Wesentlichen darin besteht, Rechtsnormen, gesetzliche Tatbestände und die in ihnen verwendeten Begriffe nach ihrem wirtschaftlichen Sinn zu verstehen.2 Dabei wird die wirtschaftliche Betrachtungsweise nach heute h. M. nicht mehr als steuerrechtliches Spezifikum angesehen, sondern als Anwendungsfall der teleologischen Auslegung.3 Insbesondere wenn – und das ist bei § 8c KStG in erheblichem Maße der Fall – der Wortlaut der Regelung in wesentlichen Teilen nicht eindeutig ist oder gar unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden (worauf im Einzelnen noch zurückzukommen sein wird), kommt der teleologischen Auslegung eine gesteigerte Bedeutung zu.4 Diesbezüglich ergeben sich die vielbeklagten Anwendungsschwierigkeiten des § 8c KStG insbesondere auch daraus, dass es bislang nicht gelungen ist, die ________________________ 1 Siehe dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 320 ff.; für den Bereich des Steuerrechts insbesondere Drüen, Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 214 ff. und Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1240. 2 Vgl. Eibelshäuser, DStR 2002, 1426, 1429. 3 Insbesondere Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1284 ff.; Eibelshäuser, DStR 2002, 1426; J. Lang, in Tipke/Lang, § 5 Rn. 77. 4 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 344.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers A. Allgemeines Nach § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG sind nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nach einem schädlichen Beteiligungserwerb ganz oder teilweise nicht mehr abziehbar. Die Regelung knüpft damit grundsätzlich nur an Merkmale auf Ebene der Gesellschafter an (im Gegensatz zu § 8 Abs. 4 KStG a. F.), die Rechtsfolge betrifft dann aber unmittelbar ausschließlich die Ebene der Gesellschaft.

B. Rechtsnatur und Regelungszweck Die Auslegung einer Norm erfolgt gemäß den herkömmlichen Auslegungskriterien anhand des Wortsinns, der systematischen Stellung, der Historie und des Sinn und Zwecks der Vorschrift (teleologische Auslegung), wobei hier zwar mitunter verschiedentliche Begrifflichkeiten gewählt werden, in der Sache aber weitgehende Übereinstimmung herrscht.1 Darüber hinaus gilt im Steuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, deren Inhalt im Wesentlichen darin besteht, Rechtsnormen, gesetzliche Tatbestände und die in ihnen verwendeten Begriffe nach ihrem wirtschaftlichen Sinn zu verstehen.2 Dabei wird die wirtschaftliche Betrachtungsweise nach heute h. M. nicht mehr als steuerrechtliches Spezifikum angesehen, sondern als Anwendungsfall der teleologischen Auslegung.3 Insbesondere wenn – und das ist bei § 8c KStG in erheblichem Maße der Fall – der Wortlaut der Regelung in wesentlichen Teilen nicht eindeutig ist oder gar unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden (worauf im Einzelnen noch zurückzukommen sein wird), kommt der teleologischen Auslegung eine gesteigerte Bedeutung zu.4 Diesbezüglich ergeben sich die vielbeklagten Anwendungsschwierigkeiten des § 8c KStG insbesondere auch daraus, dass es bislang nicht gelungen ist, die ________________________ 1 Siehe dazu Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 320 ff.; für den Bereich des Steuerrechts insbesondere Drüen, Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 214 ff. und Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1240. 2 Vgl. Eibelshäuser, DStR 2002, 1426, 1429. 3 Insbesondere Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. III, S. 1284 ff.; Eibelshäuser, DStR 2002, 1426; J. Lang, in Tipke/Lang, § 5 Rn. 77. 4 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 344.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Rechtsnatur und den Regelungszweck der Norm eindeutig zu bestimmen. Darüber hinaus spielt der Zweck der Regelung eine bedeutende Rolle bei der Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Norm. Bei der Ermittlung des normativ maßgeblichen Sinnes des Gesetzes sind u. a. die Regelungsabsichten, Zwecke und Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers zu beachten, wobei die erkennbar getroffenen Wertentscheidungen maßgeblich sind.5 Darüber hinaus sind im Hinblick auf das Ziel einer sachgemäßen Auslegung u. U. objektive Zwecke des Rechts zu berücksichtigen, auch wenn sie dem Gesetzgeber nicht bewusst waren. Die vielbeschworene ratio legis meint also sowohl den Zweck als auch den vernünftigen Grund, das Prinzip einer Regelung.6 Im Hinblick auf § 8c KStG kann zwischen der Rechtslage vor Wachstumsbeschleunigungsgesetz7 (bis zum 31.12.2009) und hiernach unterschieden werden.

I. Rechtslage bis zum 31.12.2009 In der Literatur finden sich verschiedene Deutungsversuche zur Bestimmung der Rechtsnatur und des Regelungszwecks der Vorschrift. Dabei können im Grunde zwei große Meinungsgruppen unterschieden werden. Für die Rechtslage bis zum 31.12.2009, bei der ein schädlicher Beteiligungserwerb, d. h. eine bloße Änderung auf Gesellschafterebene, ausreichte, um die Folgen des § 8c KStG ungemildert auszulösen, ging die h. M. davon aus, dass es sich bei § 8c KStG im Gegensatz zur Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG nicht um eine Missbrauchsregelung handelt.8 Plastisch wird die Regelung als wertneutrale allgemeine Voraussetzung für den Verlustabzug9 ________________________ 5 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 328. 6 Vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 336. 7 Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) v. 22.12.2009, BGBl. I 2009, S. 3950. 8 BMF-Antwortschreiben v. 10.12.2008 zum IDW-Schreiben v. 31.10.2008, Ubg 2009, 71; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 15; Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 12; J. Lang, GmbHR 2012, 57, 61; Karl, BB 2012, 92, 95; Roth, Ubg 2011, 527, 529; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 677; Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 154 f., Haßa/Gosmann, DB 2010, 1198, 1199; Drüen, Ubg 2009, 23, 28; Gosch, BFH/PR 2009, 148; van Lishaut, FR 2008, 789; Möhlenbrock, Ubg 2008, 595, 597; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808; Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 263; Roser, DStR 2008, 1561, 1562; vorsichtig BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, DStR 2010, 2179 (weil nicht entscheidungserheblich), wonach jedenfalls für die bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung ein Missbrauchsvermeidungszweck „nicht ohne Weiteres anzunehmen“ sei. 9 Van Lishaut, FR 2008, 789.

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B. Rechtsnatur und Regelungszweck

oder rein technische Verlustvernichtungsregelung10 bezeichnet. Dabei lehne sich die Norm an die in § 10a GewStG für Personengesellschaften enthaltene Regelung (Merkmal der Unternehmeridentität) an und übertrage diese in modifizierter Form auf Körperschaften.11 Nach einer Mindermeinung (insbesondere von Suchanek vertreten) handelt es sich bei § 8c KStG dagegen im Kern um eine spezialgesetzliche Missbrauchsvorschrift, die (lediglich) in ihren Wirkungen weit über eine Missbrauchsverhinderung hinausgehe.12 1. § 8c KStG ist keine Missbrauchsregelung Die Qualifikation als Missbrauchsvorschrift wird im Wesentlichen damit begründet, dass § 8c KStG ausweislich der Gesetzesbegründung § 8 Abs. 4 KStG ersetzte, der die ungerechtfertigte Nutzung und den Handel mit Verlustvorträgen verhindern sollte.13 Diese simple Gleichung geht allerdings nicht auf, weder der objektiven Gesetzesfassung, noch den Gesetzesmaterialien kann entnommen werden, dass § 8c KStG als Missbrauchsvermeidungsvorschrift zu beurteilen ist. In der Gesetzesbegründung ist lediglich die Rede davon, dass die geltende Mantelkaufregelung (d. h. § 8 Abs. 4 a. F.) die ungerechtfertigte Nutzung und den Handel mit Verlustvorträgen verhindern soll, was der h. M. entsprach. Sodann wird lediglich darauf verwiesen, dass diese kompliziert und gestaltungsanfällig ist und daher künftig nur noch darauf abgestellt werde, ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken kann. Allein die Tatsache, dass § 8c KStG die „komplizierte und gestaltungsanfällige“ Missbrauchsvermeidungsvorschrift des § 8 Abs. 4 KStG a. F. ersetzt, macht diese aber nicht selbst zu einer solchen. Selbst wenn aber der Gesetzgeber die Vorschrift als Missbrauchsregelung (zur zielgenauen Verhinderung der ungerechtfertigten Nutzung und des Handels mit Verlustvorträgen) geplant hatte, wäre doch erforderlich, dass dieses Prinzip hinreichend erkennbar würde. Der Wortlaut gibt aber keinen Hinweis auf einen Missbrauchsverhinderungszweck. Wie Suchanek/Herbst richtig feststellen, regelt die Norm über die eigentlichen Missbrauchsfälle ________________________ 10 Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 263. 11 Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 15; van Lishaut, FR 2008, 789; Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 3; Roser, DStR 2008, 77. 12 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 3; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 864; wohl auch Lenz, in Festschrift Herzig, S. 131. 13 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, Jahresband 2008, § 8c KStG Rn. J 07-8; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 864. § 8 Abs. 4 KStG wurde jedenfalls von der h. M. als Missbrauchsregelung angesehen, vgl. BFH v. 27.8.2008, I R 78/01, DStR 2009, 158.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

hinaus auch andere Fälle, die mit einem Verlusthandel wenig bis nichts zu tun haben.14 Die Erfassung dieser Fälle abseits von Missbräuchen ist aber nicht nur eine Randerscheinung einer ansonsten auf Missbrauchsfälle angelegten Norm (gewissermaßen als Kollateralschaden), sondern bewusst gewollt. Es kann bei diesem Regelungsgehalt kaum davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe nur Missbrauchsfälle im Auge gehabt. Die Norm regelt vielmehr allein objektiv eine Beschränkung der Verlustberücksichtigung bei Körperschaften im Falle schädlicher Beteiligungserwerbe. Ein Missbrauch im Sinne eines Verlusthandels mag zwar im Einzelfall hiermit einhergehen; der schädliche Beteiligungserwerb ist aber weder objektiv noch subjektiv mit diesem zwingend verbunden. Es bestehen vielmehr bloße Schnittmengen, der Missbrauch und der schädliche Beteiligungserwerb sind als zwei sich überschneidende Kreise zu sehen. Ein schädlicher Beteiligungserwerb kann, muss aber nicht Missbrauch sein. Dagegen könnte allenfalls noch das Argument sprechen, dass einzelne Regelungen innerhalb der Norm auf eine Missbrauchsvermeidung zugeschnitten wären, was für den Charakter des § 8c KStG als Missbrauchsverhinderungsnorm sprechen könnte. Zu nennen sind hier insbesondere die Erfassung der vergleichbaren Sachverhalte und Zusammenfassung von nahe stehenden Personen und Personen mit gleichgerichteten Interessen zu einem Erwerber. Fraglich ist, ob dies dazu führt, dass § 8c KStG insgesamt den Charakter einer Missbrauchsnorm erhält. Die einzelnen Regelungen führen aber nicht zu einer Veränderung des Gesamtcharakters als objektiver Verlustbeschränkungsregelung, dieser bleibt weiterhin bestehen. Die Regelungen dienen zwar der Verhinderung von Umgehungen (s. u. D. I. 1. c) und D. I. 5.). Hierbei handelt es sich aber bloß um einzelne Regelungen innerhalb des unveränderten Grundprinzips der Gesamtnorm, die erreichen sollen, dass die Norm – die rein technisch wirkt – durch Gestaltungen umgangen wird. Im Ergebnis ist die Norm für die Rechtslage bis zum 31.12.2009 daher insgesamt nicht als Missbrauchsnorm zu qualifizieren; nur einzelne Regelungen innerhalb der Norm dienen der Verhinderung von Missbräuchen.15 2. § 8c KStG als Verlustabzugsbeschränkung Nach der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 liegt der Neuregelung des § 8c KStG „der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändert“.16 ________________________

14 Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 864. 15 So auch Roser, DStR 2008, 1561, 1562. 16 Siehe BT-Drucks. 16/4841, S. 76.

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B. Rechtsnatur und Regelungszweck

Zudem soll die Neuregelung die Rechtsanwendung vereinfachen.17 Der Gedanke des Rückschlusses aus dem wirtschaftlichen Engagement der Anteilseigner auf die wirtschaftliche Identität wird verdeutlicht durch die Ausführungen im allgemeinen Teil des Gesetzentwurfs. Künftig werde nur noch darauf abgestellt, „ob ein neuer Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken kann und es so prinzipiell in der Hand hat, die Verwertung der Verluste zu steuern“.18 Nach Auffassung des Gesetzgebers soll also die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement ihrer Anteilseigner bestimmt werden. Dieses Argument mag bei einer Ein-Mann-GmbH noch nachvollziehbar sein (wenngleich wegen des Trennungsprinzips nicht richtig), spätestens bei einer börsennotierten Gesellschaft ist es das nicht mehr.19 Der Begriff der wirtschaftlichen Identität einer Gesellschaft entstammt ersichtlich der Vorgeschichte der Norm aus den bisherigen Verlustbeschränkungsregelungen, die bestimmt waren von dieser wirtschaftlichen Identität. Der Gesetzgeber versucht wohl nun, dieses Prinzip gewissermaßen hinüberzuretten, indem er es auf § 8c KStG für anwendbar erklärt, wobei sich die wirtschaftliche Identität aber entgegen aller bisheriger Überlegungen nun allein nach der Ebene der Anteilseigner bestimmen soll. Dabei sollte man dem Begriff der wirtschaftlichen Identität an sich m. E. keine allzu große Bedeutung zumessen. Der Gesetzgeber hat sich hier „alter“ Begriffe bedient, um ein „neues“ Prinzip einzuführen. Entscheidend ist und bleibt, dass im Rahmen des § 8c KStG allein die Ebene der Anteilseigner über die Verlustnutzung entscheidet. Zu Recht sieht die Literatur hierin den Versuch, einen Gedanken der Unternehmeridentität, wie bei den Personengesellschaften im Gewerbesteuerrecht, auch im Rahmen des Körperschaftsteuerrechts einzuführen20 (was man bezogen auf § 8c KStG als „Anteilseigneridentität“ bezeichnen könnte). Dass dies systematisch zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind, scheint dabei zweitrangig zu sein.21 Denn auf der einen Seite steht die Betrachtung der Personengesellschaft als transparentes Gebilde der letztlich maßgeblichen Mitunternehmer (freilich mit gewissen Verselbständigungen), auf der anderen Seite steht die Kapitalgesellschaft, die sowohl ________________________ 17 18 19 20

BT-Drucks. 16/4841, S. 76. Siehe BT-Drucks. 16/4841, S. 34 f. Vgl. eingehend dazu Neyer, BB 2007, 1415; Rödder, Ubg 2008, 595. Vgl. van Lishaut, FR 2008, 789; Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 3; Roser, DStR 2008, 77. 21 Zudem werden Körperschaften gegenüber Personengesellschaften benachteiligt, weil das Kriterium der Unternehmeridentität bei Personengesellschaften nur für Verluste im Rahmen der Gewerbesteuer gilt.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

rechtlich als auch steuerrechtlich verselbständigt ist. Dieser Gedanke ist aber zumindest insoweit anzuerkennen. Inwieweit er für eine verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit sorgen kann, steht auf einem anderen Blatt. Für den Gesetzgeber ist entscheidend, dass neue Anteilseigner maßgebend auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken können und es so in der Hand haben, die Verwertung der Verluste zu steuern. Nimmt man diesen Gedanken einmal hin, bedeutet dies Folgendes: Durch den Beteiligungserwerb wird die Möglichkeit erworben, auf die Geschicke der Kapitalgesellschaft einwirken zu können. Diese mögliche Einwirkung ist im Hinblick auf die Erwerbsgrenzen von 25 % und 50 % darin zu sehen, dass Beschlüsse, die mit qualifizierter Mehrheit zu fassen sind, verhindert werden können (bzgl. der 25 %-Grenze, sog. Sperrminorität22) bzw. aktiv Beschlüsse, die der einfachen Mehrheit bedürfen, gefasst werden können (bzgl. der 50 %-Grenze). Diese damit auch in der objektiven Gesetzeslage typisierte Möglichkeit zur Einwirkung hat in den Augen des Gesetzgebers zur Folge, dass der neue Anteilseigner es prinzipiell in der Hand hat, die Verwertung der Verluste zu steuern. „Verwertet“ werden die Verluste, indem sie mit Gewinnen verrechnet werden, die in einer Zeit entstehen, in der die „Anteilseigneridentität“ nach Maßgabe des § 8c KStG nicht mehr gegeben ist. Dies leitet über zu dem Schluss, dass mit der Regelung verhindert werden soll, dass neue Anteilseigner wirtschaftlich von den Alt-Verlusten (d. h. den Verlusten aus der Zeit vor dem schädlichen Beteiligungserwerb) profitieren.23 Diesem Gedanken steht auch nicht entgegen, dass die gesamten Verluste der Gesellschaft betroffen sind und nicht nur diejenigen, die auf die erworbenen Anteile entfallen. Die vom Gesetzgeber bestimmte Anteilseigneridentität bestimmt sich eben nach Maßgabe des § 8c KStG. Dass die gesamten Verluste untergehen, ist als Kollateralschaden zu sehen, den die Regelung in Kauf nimmt. Ob man im letzten Schritt § 8c KStG als Verlustabzugsbeschränkung,24 als Verlustvernichtungsregelung,25 als Sanktion26 oder als Verlustnutzungsvoraussetzung27 ansieht, ist mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks und der Intention, die man mit seiner Aussage ausdrücken möchte (was insbe________________________ 22 Bei einer AG können mit einer Beteiligung von mehr als 25 % grundsätzlich etwa Beschlüsse der Hauptversammlung (§ 179 Abs. 2 AktG) oder Kapitalmaßnahmen (§§ 182 Abs. 1, 193 Abs. 1, 207 Abs. 2, 221 Abs. 1 AktG) verhindert werden; bei einer GmbH etwa die Satzungsänderung (§ 53 Abs. 2 GmbHG). 23 Ähnlich auch Altrichter-Herzberg, GmbHR 2008, 857, 860. 24 So Müller-Gatermann, Stbg 2007, 145, 153. 25 So Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 263. 26 So Möhlenbrock, Ubg 2008, 595, 597. 27 So etwa van Lishaut, FR 2008, 789; Roser, DStR 2008, 1561, 1562.

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B. Rechtsnatur und Regelungszweck

sondere für die Begriffe der Vernichtung und der Sanktion gilt). In der Sache bestehen letztlich keine Unterschiede. Nach meinem Dafürhalten sollte die Norm tendenziell als Verlustabzugsbeschränkungsregelung angesehen werden, wofür auch die amtliche Überschrift des § 8c KStG, nach der der „Verlustabzug bei Körperschaften“ geregelt wird, spricht. Zusammengefasst ergeben sich folgende Aussagen: (i) § 8c KStG stellt eine rein technische Verlustabzugsbeschränkungsregelung dar. (ii) Die Regelung soll verhindern, dass neue Anteilseigner (bzw. allgemein gesprochen Erwerber) nach einem schädlichen Beteiligungserwerb Alt-Verluste wirtschaftlich nutzen können, weil diese die Möglichkeit erlangt haben, die Verwertung der Verluste zu steuern. Der letzte Punkt beschreibt dabei zwei Seiten einer Medaille. Einerseits ist erforderlich, dass der Erwerber jedenfalls die abstrakte Möglichkeit haben muss, die Alt-Verluste mittels ihrer erworbenen Beteiligung überhaupt in irgendeiner Weise wirtschaftlich zu nutzen („Vermögens-Komponente“).28 Andererseits muss der Erwerber die abstrakte Möglichkeit haben, die Verwertung der Verluste durch einen hinreichenden Einfluss zu steuern („Einfluss-Komponente“). Beide Komponenten finden auch im objektiven Gesetzesinhalt Niederschlag. Dies gilt für die Verbindung zur späteren Verlustnutzung allein deshalb, weil § 8c KStG einen Verlustuntergang zur Folge hat. Ein Verlustuntergang macht fiskalisch aber nur Sinn, weil Verluste spätere Gewinne und damit die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern. Ein Verlustuntergang, obwohl nicht die Gefahr besteht, dass Erwerber insoweit an Gewinnen teilhaben und die Verluste nutzen können, wäre aber sinnwidrig. Auch die Einflusskomponente findet sich in der objektiven Gesetzesfassung. Zunächst ist aus den verschiedenen aufgezählten Erwerbsgegenständen (Anteile am gezeichneten Kapital, die regelmäßig auch eine entsprechende Einflussnahme ermöglichen, Mitgliedschafts- und Beteiligungsrechte, Stimmrechte) ersichtlich, dass der Gesetzgeber vom Regelfall ausgeht, in dem der Erwerber eine Einflussnahmemöglichkeit erhält. Dies wird auch durch die Erwerbsgrenzen bestätigt. Denn deren Höhe ist nur dann nicht als völlig willkürlich anzusehen, zieht man die Folgen, die mit einer entsprechenden Beteiligung von mehr als 25 % bzw. 50 % regelmäßig verbunden sind in Betracht (Sperrminorität bzw. Möglichkeit der Beschlussfassung). Damit diese Anknüpfung aber Sinn macht, muss auch materiell eine entsprechende Einflussnahmemöglichkeit bestehen. ________________________ 28 Dagegen spricht auch nicht die Erfassung der isolierten Übertragung von Stimmrechten, näher dazu s. u. 2. Kapitel: D. I. 2. d), S. 35.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Ob ein hinreichender möglicher Einfluss vorliegt, muss dann jeweils nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden, eine generelle Beschränkung dahingehend, dass der Erwerber stets Stimmrechte erhalten muss,29 ist angesichts des Wortlauts, der diese auch isoliert erfasst, aber nicht sachgerecht. Zu beachten ist, dass die Möglichkeit der Einflussnahme durch den Gesetzgeber im Erwerbstatbestand typisiert ist. Zum einen gilt dies der Höhe nach, der Anteilseigner kann sich im Einzelfall etwa nicht darauf berufen, dass in der betreffenden Gesellschaft Beschlüsse stets mit 75 %iger Mehrheit zu fassen sind. Zum anderen gilt dies aber auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Engagements als solchem. Dass sich dieses bei einem schädlichen Beteiligungserwerb ändert, ist so gesetzlich typisiert, auch wenn dies tatsächlich nicht der Fall sein mag – was insbesondere in Konzernsachverhalten, bei denen der oberste Anteilseigner gleich bleibt, geradezu ins Auge sticht (wenngleich diese nun durch die Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG nunmehr unschädlich sind, liegt doch dem Grunde nach ein schädlicher Beteiligungserwerb vor).

II. Rechtslage ab dem 1.1.2010 Die Norm des § 8c KStG hat durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bedeutende Änderungen ab dem 1.1.2010 erfahren, die zum einen eine Konzernklausel und einen Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven vorsehen und zum anderen die zeitlich unbegrenzte Gültigkeit der (bereits in 2009 durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung befristet eingeführten) Sanierungsklausel. In der Literatur wird zum Teil auch für die Rechtslage ab dem 1.1.2010 daran festgehalten, dass § 8c KStG weiterhin keine Missbrauchsregelung darstelle.30 Andere Stimmen in der Literatur sehen dagegen eine gewandelte Bedeutung durch die Änderungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes hin zu einer Missbrauchsregelung, die gegen den Verlusthandel gerichtet ist31 bzw. sehen ihre vorherige Auffassung ________________________ 29 So etwa Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 262. 30 Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 14; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22; Hey, DStJG Bd. 33 (2010), S. 157; Roth, Ubg 2011, 527, 529; Sistermann/ Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2635; unausgesprochen auch Rätke, in Mössner/ Seeger, § 8c KStG Rn. 12. 31 Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 76; Schmitz, DStZ 2011, 324, 327 ff.; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 7f; Neyer, BB 2012, 615, 617; Breuninger, JbFfSt 2010/2011, 333, 336 f.; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561, 562; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 74; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 15; Dörr, NWB 2010, 184, 193; Haßa/Gosmann, DB 2010, 1198, 1199; Franz, BB 2010, 991, 997; Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFSt-Schrift Nr. 461, S. 75.

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B. Rechtsnatur und Regelungszweck

hierdurch bestätigt32. Heike Jochum geht dagegen davon aus, der Gesetzgeber habe nicht den Anteilseignerwechsel als Missbrauch typisiert, sondern die wirtschaftliche Identität der Verlustgesellschaft, von der der Gesetzgeber die Verlustnutzung abhängig mache.33 M. E. ist der Auffassung zuzustimmen, die eine gewandelte Bedeutung des § 8c KStG erkennt. Zunächst ist zu konstatieren, dass eine Norm ihren Charakter ändern kann.34 Dass den Gesetzesmaterialien nichts zu einer geänderten Zielsetzung der Norm zu entnehmen ist, ist dabei unschädlich, entscheidend ist der objektiv erkennbare Sinn und Zweck des Gesetzes.35 Hierbei wirken aber die objektiven Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz insofern auf die Gesamtregelung zurück, als diese nun gegen einen Verlusthandel gerichtet ist.36 Dafür sprechen insbesondere die Regelungen zum Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven. Diese besagen, dass ein Verlust insoweit erhalten bleibt, als er die stillen Reserven der Gesellschaft nicht übersteigt. Die stillen Reserven sollen wiederum aus dem Entgelt für den Erwerb der Beteiligung zu errechnen sein. Die Norm geht hier davon aus, dass soweit stille Reserven vergütet werden, eben keine Verluste vergütet werden. Diese können daher insoweit nicht eigentlicher Gegenstand des Anteilserwerbs sein. Soweit aber keine stillen Reserven vergütet werden, ist dies grundsätzlich darauf zurückzuführen, dass ein Verlust „gekauft“ wird, dieser soll daher untergehen. Für diese Interpretation sprechen auch die weiteren Änderungen. Die Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG ist ausweislich der Gesetzesbegründung auf Fälle beschränkt, in denen die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen ist.37 Negativ formuliert bedeutet dies, dass die Regelung nicht anwendbar ist, wenn eine Verschiebung von Verlusten auf Dritte vorliegt. Stellt man aber auf eine Verschiebung von Verlusten ab, weist dies in der Zusammenschau mit den Regelungen zu den stillen Reserven wiederum auf einen Handel mit Verlusten hin.38 Ein solcher liegt bei ________________________

32 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 3; wohl auch Cortez/Brucker, BB 2010, 734. 33 Jochum, FR 2011, 497, 502. 34 Drüen, Ubg 2010, 543, 549. 35 Vgl. BVerfG v. 11.2.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238; dazu auch Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 232 m. w. N. 36 A. A. Drüen, Ubg 2010, 543, 549, nach dem ein solcher stillschweigender Systemwechsel gerade mit Blick auf die Vorgeschichte und den ersten abrupten Systemwechsel fragwürdig erscheint. 37 BT-Drucks. 17/15, S 19. 38 Nach Franz, BB 2010, 991, 998 soll der geänderte Charakter sogar vor allem durch die Konzernklausel begründet worden sein.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

konzerninternen Transaktionen aber nicht vor, da die letztlichen Anteilseigner und damit die letztlichen wirtschaftlich Begünstigten nicht wechseln, die Norm ist insofern damit folgerichtig. Aus der Zusammenschau der Änderungen ergibt sich ein Sinn und Zweck der gesamten Regelung dahingehend, dass diese gegen den Handel mit Verlustgesellschaften gerichtet ist.39 Auch das Argument gegen eine gewandelte Bedeutung, dass dieser neue Zweck nicht im Wortlaut erkennbar wird,40 ist abzulehnen. Dies gilt zum einen für die Konzernklausel. Dass deren Wortlaut nicht alle Fälle erfasst, in denen gemäß dem Zweck eine Verlustverschiebung auf Dritte ausgeschlossen ist, spricht nicht gegen diesen Zweck, sondern ist eine Frage der Auslegung und Reichweite dieser Regelung (dazu s. u.). Zum anderen wird gerade beim Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven auch im Wortlaut erkennbar, dass insoweit ein Verlustuntergang nicht notwendig ist. Wenn dies der Fall sein soll, stellt sich aber die Frage nach dem Warum dieser Folge. Dies kann sinnvoll nur damit beantwortet werden, dass soweit stille Reserven vergütet werden, Verluste gerade nicht vergütet werden, womit ein Verlusthandel insoweit ausgeschlossen ist. Trotz der gewandelten Bedeutung und dem Zweck der Regelung bleiben die obigen Ausführungen insofern von Bedeutung, als es auch weiterhin für die Frage, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, darauf ankommt, ob neue Anteilseigner nach einem schädlichen Beteiligungserwerb Alt-Verluste in irgendeiner Weise wirtschaftlich nutzen können, weil diese die Möglichkeit erlangt haben, die Verwertung der Verluste zu steuern. Auch nach Inkrafttreten der Änderungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes sind die oben beschriebenen beiden Seiten der Medaille in Form der „VermögensKomponente“ und in Form der „Einfluss-Komponente“ bei der Prüfung des Tatbestands zu beachten. Dies wird sogar bestätigt durch den jetzigen Gesetzeszweck der Verhinderung des Handels mit Verlustgesellschaften, der diese beiden Komponenten erst recht voraussetzt.

________________________ 39 So auch Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 76. 40 So Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 14.

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C. Anwendungsbereich

C. Anwendungsbereich Die Regelung des § 8c KStG regelt ihrem Wortlaut und der amtlichen Überschrift gemäß den Verlustabzug bei Körperschaften. Der Wortlaut scheint daher eindeutig auf eine Anwendung der Vorschrift nur auf Körperschaften zu verweisen. Gleichwohl ist die Finanzverwaltung der Auffassung, dass § 8c KStG auf Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 1 Abs. 1 KStG anzuwenden ist, d. h. auch auf Anstalten und Stiftungen.41 Anderer Ansicht ist dagegen die Literatur, die sich im Wesentlichen auf den Wortlaut beruft.42 Tatsächlich ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Regelung über den Wortlaut hinaus auch auf andere Steuerpflichtige i. S. d. § 1 Abs. 1 KStG ausgedehnt werden sollte. Neben der Erwähnung bloß der Körperschaften in der gesetzlichen Regelung spricht dafür, dass ein schädlicher Beteiligungserwerb die Übertragung von Anteilen am gezeichneten Kapital, von Mitgliedschaftsrechten, Beteiligungsrechten oder Stimmrechten erfordert. Hieraus ergibt sich aber die logische Einschränkung, dass nur Körperschaften, an denen ein solcher Beteiligungserwerb überhaupt möglich ist, unter die Regelung fallen.43 Die Norm ist damit nicht anwendbar auf Körperschaftsteuersubjekte,44 an denen keine Personen mit den genannten Rechten beteiligt sein können, d. h. auf Personenvereinigungen und Vermögensmassen (Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen). Kein Streit besteht hingegen darüber, dass die Anwendung des § 8c KStG nicht davon abhängt, ob eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht vorliegt.45 In beiden Fällen findet bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Verlustbeschränkung statt. Für beschränkt Steuerpflichtige gilt dies freilich nur dann, soweit die Körperschaft nicht nur Einkünfte mit abgeltendem ________________________ 41 Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 1. 42 Vgl. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 25; B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 16.3; Gosch, in Gosch, § 8c KStG Rn. 11; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 18; Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 263; Suchanek, GmbHR 2008, 292; a. A. wohl Dötsch/Pung, DB 2008, 1703, 1704; siehe jetzt aber Dötsch, in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 20 „angreifbare Verwaltungsauffassung“. 43 Vgl. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 18. 44 Das sind im Ergebnis alle juristischen Personen, die eine korporationsrechtliche Struktur aufweisen, wobei dem Katalog des § 1 Abs. 1 KStG abschließende Wirkung zukommt. Vgl. dazu Sauter, in Erle/Sauter, § 1 KStG Rn. 7. 45 Vgl. nur BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 1; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 20; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 19.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Steuerabzug erzielt (etwa aus einer im Inland belegenen Betriebstätte46), da ansonsten keine Verluste festgestellt wurden bzw. solche im Grundsatz ohnehin nicht ausgeglichen werden können.47

________________________ 46 Vgl. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 16.1. 47 Vgl. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 26.

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D. Voraussetzungen

D. Voraussetzungen I. Schädlicher Beteiligungserwerb Ein schädlicher Beteiligungserwerb ist gegeben, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % bzw. 50 % (zu den sich ergebenden unterschiedlichen Rechtsfolgen s. u.) des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (§ 8c Abs. 1 Sätze 1 und 2 KStG). 1. Ein Erwerber a) Allgemein § 8c KStG erfordert eine Übertragung an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen. Einem Erwerber gleichgestellt ist eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen (§ 8c Abs. 1 Satz 3 KStG). Diese erwerberbezogene Betrachtungsweise steht im Gegensatz zur Vorgängerregelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F., die lediglich eine Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile gefordert hatte, unabhängig davon, ob an einen oder mehrere Erwerber.48 Als Erwerber kommen zunächst natürliche und juristische Personen in Betracht. Zu Personengesellschaften als mögliche Erwerber hatte der BFH entschieden, dass die aus ertragsteuerlicher Sicht transparente Behandlung der Personengesellschaft und die anteilige unmittelbare Zurechnung der Beteiligung an der Untergesellschaft zu den Obergesellschaftern (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) im Zusammenhang des § 8 Abs. 4 KStG a. F. unbeachtlich ist.49 Maßgebend im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG a. F. sei vielmehr eine zivilrechtliche Betrachtungsweise, da lediglich auf die formale Übertragung der qualifizierten Anteilsmehrheit auf einen oder auf mehrere andere Gesellschafter abgestellt werde. Auf die Rechtsform des neuen Anteilseigners komme es nicht an, für ein teleologisch eingeschränktes Verständnis bestehe auch insoweit keine Veranlassung. In diesem Zusammenhang stellt sich erstens die Frage, ob diese Rechtsprechung auch auf § 8c KStG anwendbar ist und zweitens, ob die zivilrechtliche Betrachtungsweise vollumfänglich gilt. Die erste Frage ist m. E. zu bejahen. Auch § 8c KStG stellt nur auf die formale Übertragung der Anteile (zum Begriff der Anteile im Einzelnen s. u.) ab und der Telos des § 8c KStG gibt im Vergleich mit § 8 Abs. 4 KStG erst recht keinen Anlass zu einer ein________________________ 48 Schwedhelm, in Streck (6. Auflage), § 8 Rn. 152. 49 BFH v. 20.8.2003, I R 81/02, BStBl. II 2004, 614.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

schränkenden Auslegung. Die zweite Frage zielt darauf, ob jede zivilrechtlich rechtsfähige Personengesellschaft Erwerber in diesem Sinne sein kann, oder ob dies nur für Mitunternehmerschaften im Sinne des Ertragsteuerrechts gilt. Nach neuerer Rechtsprechung des BGH ist auch die GbR als zivilrechtlich rechtsfähig anzusehen, soweit sie durch ihre Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.50 Damit sind grundsätzlich alle Personengesellschaften als rechtsfähig anzusehen, soweit sie nicht als bloße Innengesellschaften zu qualifizieren sind. Die Frage ist aber, ob deshalb auch alle Personengesellschaften als Erwerber in diesem Sinne in Betracht kommen. Zwar sind die Ausführungen des BFH in der genannten Entscheidung allgemein gehalten, jedoch geben sie diesbezüglich letztlich keinen Aufschluss, da der Streitfall eine Mitunternehmerschaft betraf (Erwerber war eine KG). Eine Lösung muss sich daher an allgemeinen Prinzipien orientieren. Im Ertragsteuerrecht ist die Mitunternehmerschaft nach heute ganz h. M. partiell verselbständigt.51 Die Personengesellschaft ist zwar nicht Steuersubjekt, aber ihre Zivilrechtsfähigkeit ist bei der Bestimmung des Einkommensteuerobjekts zu beachten, sie ist „insoweit Steuerrechtssubjekt“ bei der Einkunftsart und der Einkünfteermittlung.52 Damit dürfte die Erfassung von Mitunternehmerschaften im Einklang mit der BFH-Entscheidung relativ problemlos zu bejahen sein. Fraglich bleibt aber die Erfassung von bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften. Die partielle Verselbständigung ist (zumindest nach bislang h. M.) nicht für die vermögensverwaltende Personengesellschaft vollzogen worden.53 Diese sind steuerlich nach wie vor gewissermaßen ein Nullum, wobei die von der vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern unmittelbar zugerechnet werden. Dies gilt uneingeschränkt, eine getrennte Zurechnung i. S. v. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist hier erforderlich. Bei Mitunternehmerschaften gilt diese Zurechnung aber grundsätzlich nicht. Die Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen werden der Personengesellschaft als Gewinnermittlungssubjekt zugerechnet, soweit nicht eine andere Zurechnung erforderlich ist.54 Diese Wertung ist – trotz der zivilrechtlichen Rechts________________________ 50 51 52 53

BGH v. 29.1.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = DB 2001, 423. Hey, in Tipke/Lang, § 18 Rn. 11. GrS des BFH v. 3.7.1995, GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617. Dazu allgemein ausführlich Kuhn, Die steuerrechtliche Behandlung vermögensverwaltender Gesamthandsgemeinschaften, S. 40 ff.; Engel, Vermögensverwaltende Personengesellschaft und ertragsteuerrechtliche Selbständigkeit, S. 84 ff. 54 Etwa um eine Gewerblichkeit von Wirtschaftsgütern herbeizuführen, die im Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft gehalten werden, aber von einem Gesellschafter einer anderen gewerblichen Personengesellschaft über-

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D. Voraussetzungen

fähigkeit – auch für Zwecke des § 8c KStG zu beachten. Personengesellschaften sind damit nur ein Erwerber, wenn sie als Mitunternehmerschaften anzusehen sind.55 Allerdings wird bei einem Erwerb durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft im Regelfall anzunehmen sein, dass die Gesellschafter wegen des gemeinsamen Zwecks der Personengesellschaft gleichgerichtete Interessen i. S. d. § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG verfolgen und damit einen Erwerberkreis bilden, was ebenfalls zur Schädlichkeit führt (dazu s. u.).56 b) Nahestehende Personen § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG erfasst auch die Übertragung an die dem Erwerber nahe stehende Personen. Im Ergebnis werden damit die Erwerbe dieser Personen zusammengerechnet.57 Es handelt sich bei den nahe stehenden Personen um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im KStG selbst nicht definiert wird. Es ist daher fraglich, welche Personen unter diesen Begriff zu fassen sind. Denkbare Möglichkeiten sind insoweit der Rückgriff auf die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 AStG zu nahe stehenden Personen,58 die Heranziehung von Kriterien, die auch im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung gelten59 oder eine autonome Auslegung im Rahmen des § 8c KStG.60 Bei einer autonomen Auslegung soll ein Nahestehen gegeben sein, wenn eine andere Person die Beteiligung wirtschaftlich betrachtet im Interesse des Erwerbers erwirbt, wofür als Auslegungshilfe § 30 WpÜG heranzuziehen sein soll.61 ________________________

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lassen werden, an der er ebenfalls beteiligt ist (Bilanzierungskonkurrenz) – hier erfolgt eine Zurechnung zum Gesellschafter, womit das Wirtschaftsgut als Sonderbetriebsvermögen qualifiziert; vgl. BFH v. 30.8.2007, IV R 50/05, BStBl. II 2008, 129, ausführlich auch Schneider, Sonderbetriebsvermögen, S. 216 f. Gl. A. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 24; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 12; wohl auch B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 25.1. Vgl. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 12; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 87b; nach BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 24 soll wohl die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks i. S. d. § 705 BGB stets ausreichen. Vgl. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 48. Etwa Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933, 1934. So auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf des UntStRefG 2008, BR-Drucks. 220/07 (Beschluss), S. 21. Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 25; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 14; wohl auch B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 26. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 49 ff. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 50.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Für eine Heranziehung des § 1 Abs. 2 AStG fehlt eine gesetzliche Grundlage, § 8c KStG enthält keinen entsprechenden gesetzlichen Verweis. Auch sonst ist das AStG nicht generell im Rahmen des KStG anzuwenden. Eine Anwendung könnte sich daher nur aus einer Analogie ergeben, die erstens eine planwidrige Unvollständigkeit (Lücke) voraussetzt und zweitens eine vergleichbare Rechtslage.62 Zunächst ist bereits die Planwidrigkeit der Unvollständigkeit – die in Form der fehlenden Definition besteht – zu verneinen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber planwidrig eine Definition unterlassen hat, die nun mittels Analogieschlusses mit einer Regelung des AStG zu füllen wäre. Zudem geht es bei der Regelung des § 1 Abs. 2 AStG darum, Geschäftsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen in diesem Sinne daraufhin zu prüfen, ob sie dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und sie gegebenenfalls für steuerliche Zwecke insoweit anzupassen. Das Zusammenrechnen der Erwerbe nahe stehender Personen zielt jedoch darauf ab, dass die Norm nicht umgangen werden soll, indem nahe stehende Personen jeweils für sich einen unschädlichen Erwerb vornehmen. Der Begriff der nahestehenden Personen ist damit im Rahmen der üblichen Methodik auszulegen. Dabei ist zunächst zuzugeben, dass der Begriff normspezifisch auszulegen sein sollte. Auch ist die Überlegung zutreffend, dass ein Zusammenrechnen mehrerer Erwerber nur dann gerechtfertigt ist, wenn wirtschaftlich betrachtet ein Erwerb durch „einen“ Erwerber vorliegt.63 In diesem Zusammenhang spricht dann aber nichts dagegen, die Grundsätze für ein Nahestehen bei verdeckten Gewinnausschüttungen auf die hier vorliegende Fallkonstellation zu übertragen, sie darf nur nicht unbesehen übernommen werden. Nach den Grundsätzen zur verdeckten Gewinnausschüttung reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst.64 Übertragen auf § 8c KStG bedeutete dies, dass eine Beziehung des Erwerbers zu einem anderen Erwerber den Schluss zulässt, diese habe den Erwerb beeinflusst. Dabei kann die Beziehung familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.65 Das Nahestehen muss aber bereits vor dem Anteilserwerb oder anlässlich dieses bestehen.66 Hiermit wird verdeutlicht, dass allein der zeitgleiche Anteilserwerb kein Nahestehen begründet.67 ________________________

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Vgl. nur Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 345 und 365. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 49. H 36 KStH 2004 „Nahe stehende Person“. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 26. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 25. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 26.

D. Voraussetzungen

c) Erwerberkreis mit gleichgerichteten Interessen Darüber hinaus wird eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen als ein Erwerber fingiert (§ 8c Abs. 1 Satz 3 KStG). Diese Regelung war im ursprünglichen Gesetzentwurf noch nicht enthalten und ist auf Initiative des Bundesrates aufgenommen worden, um Umgehungsgestaltungen zu verhindern, bei denen mindestens vier Erwerber („Erwerberquartett“), die nicht nahestehende Personen sind, die Anteile erwerben.68 Zunächst stellt sich die Frage, zu welchem Zeitpunkt die gleichgerichteten Interessen bestehen müssen und ob bzw. wie diese geäußert werden müssen. In einem zweiten Schritt ist dann zu untersuchen, welche Anforderungen an die gleichgerichteten Interessen zu stellen sind, d. h. worin die Interessen bestehen müssen, damit sie mehrere Erwerber zu einem Erwerber i. S. d. § 8c KStG zusammenfassen. aa) Gemeinsam verabredete Interessen Im Gegensatz zu den nahe stehenden Personen ist hinsichtlich des Zeitpunktes entscheidend, dass die Erwerber beim Erwerb gemeinsame Interessen verfolgen.69 Denn die gleichgerichteten Interessen führen zur Gleichstellung der Erwerbergruppe mit einem Erwerber. Diese Rechtsfolge wirkt wiederum auf die Voraussetzung insofern zurück, als die Gleichstellung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die konkreten Erwerbe bereits mit gleichgerichteten Interessen vorgenommen werden. Damit die schwerwiegende Folge der Zusammenfassung zu einem Erwerber greifen kann, ist aber mehr als ein zufälliges Zusammentreffen mehrerer Einzelinteressen erforderlich, die zwar dieselbe Richtung aufweisen (und in diesem Sinne eine gleiche Richtung besitzen), aber nicht abgestimmt sind.70 Die Gleichstellung mit einem Erwerber ist auch hier nur dann gerechtfertigt, wenn mehrere Erwerber wie ein Erwerber handeln, was erfordert, dass die Interessen in einem gewissen Maße vereinbart werden müssen, so dass es sich m. E. um gemeinsam verabredete Interessen handeln muss. Ein schriftlicher Vertrag ist hierbei nicht zu fordern, ausreichend sollte eine konkludente Vereinbarung sein.71 bb) Anforderungen an die gleichgerichteten Interessen Fraglich ist allerdings, welche Qualität diese gleichgerichteten – gemeinsamen – Interessen haben müssen. Laut Finanzausschuss des Bundestags werden Erwerbe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen zusam________________________

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Siehe Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 220/07 (Beschluss), S. 21. Gl. A. Roser, DStR 2008, 1561, 1566. Roser, DStR, 2008, 1561, 1566. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 19.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

mengefasst, um Gestaltungen zu vermeiden, bei denen eine Anwendung des § 8c KStG vermieden werden soll.72 Indiz für gleichgerichtete Interessen sei z. B. die gemeinsame Beherrschung einer Kapitalgesellschaft von Erwerbern. Fasst man die Verhinderung von Umgehungsgestaltungen ins Auge, liegt nahe, dass die Regelung hiernach nur solche Fälle erfassen soll, in dem das gemeinsame Interesse auf eine Verlusterhaltung bei der Verlustgesellschaft gerichtet ist. Allerdings stößt die Begründung des Finanzausschusses bereits das Tor auf zu einer Betrachtung in einem weiteren Sinne, indem sie als Beispiel die gemeinsame Beherrschung als Indiz für die gleichgerichteten Interessen ansieht. Als (äußerst) weite Auslegungsalternative wäre denkbar, jede Form der gleichgerichteten Interessen als ausreichend zu erachten, womit das bloße Vereinbaren irgendwelcher gemeinsamen Interessen (etwa wirtschaftliche, rechtliche, familiäre, kulturelle, sportliche oder sonstige Interessen73) zur Schädlichkeit führte.74 Eine weitgehende Betrachtung scheint die Finanzverwaltung anzustellen, nach der von gleichgerichteten Interessen regelmäßig dann auszugehen ist, wenn eine Abstimmung zwischen den Erwerbern stattgefunden hat.75 Die Interessen müssten nicht auf den Erhalt der Verlustvorträge gerichtet sein und lägen z. B. vor, wenn mehrere Erwerber einer Körperschaft zur einheitlichen Willensbildung zusammenwirken. Indiz für das Vorliegen gleichgerichteter Interessen sei auch die gemeinsame Beherrschung der Körperschaft. Einschränkungen hinsichtlich der erforderlichen Qualität der Interessen enthält das BMF-Schreiben nicht, wenngleich wohl nicht davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung bei einer entsprechenden Abstimmung der Erwerber tatsächlich alle die oben genannten – z. T. abstrusen – Fälle erfassen wird. Gegen die Berücksichtigung jeder Art der Interessen ist zunächst einzuwenden, dass der Tatbestand damit nahezu uferlos würde. So würden auch Anteilserwerbe mehrerer Personen zum Zweck der Sanierung, zur Erhöhung der Kapitalbasis, zur Abwehr feindlicher Übernahmen unter diesen Begriff fallen.76 Bei einer derart weiten Auslegung würde der Begriff der gleichgerichteten Interessen zudem völlig konturenlos, was insbesondere auch verfassungsrechtlich bedenklich wäre.77 Andererseits ist fraglich, ob tatsächlich ________________________ 72 BT-Drucks. 16/5491, S. 22. 73 Hans, FR 2007, 775, 779. 74 Vgl. etwa zunächst den Entwurf des BMF-Schreibens zu § 8c KStG, Tz. 28, bei der „jeder Umstand“ ausreichen sollte, um gleichgerichtete Interessen anzunehmen. 75 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 27. 76 Vgl. van Lishaut, FR 2008, 789, 798. 77 Vgl. Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933, 1934.

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D. Voraussetzungen

nur auf die Verlusterhaltung als gemeinsames Interesse abgestellt werden kann. In der Literatur wird vorgeschlagen, dass ein erwerbsbezogenes Zusammenwirken im Zeitpunkt des Erwerbs vorliegen muss, bei dem ernstliche wirtschaftliche Interessen an der Kapitalgesellschaft verfolgt werden.78 Dabei kämen als Orientierungskriterien einer Koordination der Gesellschafter in Betracht Gestaltungen, die entweder eine besondere Berichtspflicht auslösen (nach IAS 24.5, DRS 13) oder aber einen besonderen Schutz der anderen Gesellschafter begründen (§ 30 WpÜG, § 22 WpHG, Grundsätze des „acting in concert“).79 Eine unfreiwillige bzw. erzwungene Koordination der Erwerber sei aber jedenfalls nicht hierunter zu fassen. Nach anderen Stimmen sollen jedenfalls solche Fälle ausgeklammert werden, bei denen schlicht ein gemeinsames Interesse in die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft besteht.80 Für das Vorliegen einer Erwerbergruppe sei ein sachlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Erwerben in Form eines auf Einflussnahme auf die betroffene Verlustkörperschaft gerichteten gemeinsamen Willens der einzelnen Erwerber notwendig.81 Für ein Anknüpfen an das gemeinsame Interesse an einem Verlusterhalt spricht aber entscheidend der Sinn und Zweck82 der Vorschrift. Soll diese einen Handel mit Verlusten verhindern, besteht kein Erfordernis einer Zusammenfassung mehrerer Erwerber, wenn diese die Beteiligungen aus anderen Gründen als solchen des Verlusterhalts erwerben. Dies gilt nicht nur zur Rechtslage ab dem 1.1.2010, ab dem sich die Norm gegen einen Verlusthandel richtet, sondern auch für die davor geltende Rechtslage. Denn insoweit war das Grundprinzip des § 8c KStG zwar nicht als Missbrauchsregelung zu begreifen. Mit der Erweiterung des Begriffs der Erwerber auch auf Erwerbergruppen mit gleichgerichteten Interessen wurde aber eine andere Ebene angesprochen. Die einzelne Regelung des Satzes 3 innerhalb des Grundprinzips ist nach dem objektiv erkennbaren Willen des Gesetzgebers davon getragen, Umgehungen zu verhindern.83 Diese Erkenntnis, dass innerhalb einer Norm insoweit jeweils verschiedene Zwecke verfolgt werden, ist nicht wider________________________ 78 Roser, DStR 2008, 1561, 1566. 79 Roser, DStR 2008, 1561, 1566. 80 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 87c; van Lishaut, FR 2008, 789, 798; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 19. 81 Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 19. 82 Zum Sinn und Zweck als Auslegungskriterium im Steuerrecht Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N. 83 § 8c Abs. 1 Satz 3 KStG als Missbrauchs-/Umgehungsregelung bezeichnen auch van Lishaut, FR 2008, 789, 798 Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897, 900; Hans, FR 2007, 775, 779; von Freeden, in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2008, S. 530; a. A. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 86a.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

sprüchlich.84 Denn die Regelung wurde nachträglich eingefügt und insbesondere auch mit einer besonderen Begründung versehen.85 Bejahte man einen Widerspruch, stellte sich doch die Frage, ob eine neutrale Regelung nicht so ausgestaltet werden kann, dass sie möglichst umgehungsfest ist, ohne dass sie selbst den Charakter einer solchen Regelung annimmt bzw. dass die Umgehungs- oder Missbrauchsregelung dadurch ihren Charakter als eine solche verliert. Eine solche Schlussfolgerung wäre aber nicht sachgerecht. Daher kann die Regelung des Satzes 3 auch für die Rechtslage bis zum 31.12.2009 als Umgehungsregelung aufgefasst werden. Eine Umgehung des § 8c KStG mittels eines Erwerbs durch ein Quartett liegt aber nur dann vor, wenn sie darauf gerichtet ist, Verluste zu erhalten, indem ein schädlicher Beteiligungserwerb vermieden wird. Die gleichgerichteten – gemeinsamen – Interessen mehrerer Erwerber müssen sich folglich darauf richten, die Verluste zu erhalten bzw. die Verluste zu nutzen.86 2. Erwerbsgegenstand Als Erwerbsgegenstand nennt § 8c KStG das gezeichnete Kapital, Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte an einer Körperschaft. a) Gezeichnetes Kapital Gezeichnetes Kapital ist nach der handelsrechtlichen Legaldefinition des § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB das Kapital, auf das die Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft gegenüber den Gläubigern beschränkt ist. Gezeichnetes Kapital in diesem Sinne haben nur Kapitalgesellschaften, d. h. für deutsche Gesellschaften die AG, SE, KGaA (Grundkapital, § 152 Abs. 1 Satz 1 AktG) und die GmbH (Stammkapital, § 42 Abs. 1 GmbHG).87 Da dieses selbst eben „Eigenkapital“ ist und entsprechend nicht übertragen werden kann, ist unter Übertragung des gezeichneten Kapitals die Übertragung der jeweiligen Beteiligung des Gesellschafters am gezeichneten Kapital zu verstehen.88 Der Wortlaut der Regelung ist hier insoweit eindeutig, als tatsächlich nur Anteile am gezeichneten Kapital zu erfassen sind. Die im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG a. F. geführte Diskus________________________ 84 So aber Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 86a. 85 Vgl. auch van Lishaut, FR 2008, 789, 798. 86 Gl. A. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 84.4; Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897, 900; Hans, FR 2007, 775, 779. 87 Vgl. Förschle/Hoffmann, in Beck’scher Bilanzkommentar, § 272 Rn. 10. 88 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 20; Suchanek, in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8c KStG Rn. 24; Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Die Unternehmensteuerreform 2008, S. 175.

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sion, wie der dort nicht näher definierte Begriff der Anteile zu interpretieren ist,89 erübrigt sich damit.90 Andere Rechte können freilich unter die anderen Tatbestandsvarianten zu subsumieren sein. Umstritten ist, ob mit der Anteilsübertragung auch Stimmrechte übergehen müssen. Teile der Literatur sind der Auffassung, dass dies der Fall sein muss.91 Danach ist etwa die Übertragung stimmrechtsloser Vorzugsaktien von § 8c KStG nicht erfasst. Anderer Ansicht sind dagegen die Finanzverwaltung und Teile der Literatur, nach denen die Übertragung stimmrechtsloser Vorzugsaktien erfasst sein soll.92 Für letztgenannte Auffassung spricht zunächst der Wortlaut des § 8c KStG, dem diese Einschränkung selbst nicht zu entnehmen ist. Allerdings ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck93 der Vorschrift der Wortlaut insoweit teleologisch zu reduzieren. Zwar ist bei der Übertragung die „Vermögenskomponente“ gegeben, der neue Anteilseigner partizipiert (mittelbar) an der Verwertung der Verluste durch seine Gewinnbeteiligung. Fraglich ist aber die „Einfluss-Komponente“, d. h. ob der stimmrechtslose Anteilsinhaber die Möglichkeit eines hinreichenden Einflusses hat. Dabei ist auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzustellen, allein das Fehlen des Stimmrechts begründet für sich noch keine fehlende Einflussmöglichkeit. Sofern dem Anteilseigner aber nicht etwa durch andere Abreden Einflussmöglichkeiten zuteilwerden, werden die Einflussmöglichkeiten im Regelfall als nicht ausreichend zu qualifizieren sein. Damit sind stimmrechtslose Vorzugsaktien grundsätzlich nicht einzubeziehen. b) Mitgliedschaftsrechte Da der Begriff des gezeichneten Kapitals Kapitalgesellschaften betrifft, liegt nahe, dass der Begriff der Mitgliedschaftsrechte in das Gesetz aufgenommen wurde, weil der Anwendungsbereich der Norm neben Kapitalgesellschaften auch andere Körperschaften erfasst, bei denen Mitgliedschaftsrechte bestehen (insbesondere bei Vereinen und Genossenschaften), die übertragen werden können.94 Dass jedenfalls diese erfasst werden sollen, ist auch im Schrift-

________________________

89 Dazu siehe nur Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 Rn. 49 m. w. N. 90 Gl. A. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 20; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 809. 91 Vgl. B. Lang, DStZ 2007, 652, 653; Neumann, GmbH-StB 2007, 249, 253; Zerwas/ Fröhlich, DStR 2007, 1933; Dörr, NWB 2007, 2649, 2653; Lenz, Ubg 2008, 24, 26, Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261, 263; Olbing, in Streck, § 8c KStG Rn. 11. 92 Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 8; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 40; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 20; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 36. 93 Alllgemein dazu Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N. 94 Vgl. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 40.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

tum relativ einmütig95. Umstritten ist allerdings, inwieweit dem Merkmal darüber hinaus auch Bedeutung für Kapitalgesellschaften zukommt. Mitgliedschaftsrechte könnten hier die in den jeweiligen Anteilen enthaltenen Mitverwaltungsrechte (insbesondere das Recht zur Teilnahme an Versammlungen der Gesellschafter, das Stimmrecht, Auskunfts- und Einsichtsrechte) und Vermögensrechte (Anspruch auf Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft und dem Liquidationserlös) der Gesellschafter sein.96 Ein Teil der Literatur ist aber der Auffassung, dass der Begriff der Mitgliedschaftsrechte nur bei Körperschaften, die nicht Kapitalgesellschaften sind, Anwendung findet.97 Die Begriffe stünden damit in einem Exklusivitätsverhältnis zueinander. Andere Stimmen in der Literatur und wohl auch die Finanzverwaltung gehen demgegenüber davon aus, dass ebenjene Individualrechte auch bei Kapitalgesellschaften erfasst sind.98 Zunächst ist zu konstatieren, dass der mögliche Wortsinn eine Erfassung der Mitgliedschaftsrechte auch bei Kapitalgesellschaften nicht ausschließt. Wie der Blick in die gesellschaftsrechtliche Literatur bestätigt, sind die Mitgliedschaftsrechte auch bei Kapitalgesellschaften im obigen Sinne anerkannt.99 Es ist nicht ersichtlich, warum im Bereich des § 8c KStG ein anderes Verständnis angezeigt sein sollte. Darüber hinaus wirft dieser Streit aber die grundlegende Frage nach dem Verhältnis der verschiedenen Erwerbsgegenstände zueinander auf, der wegen des Sachzusammenhangs an dieser Stelle erörtert werden soll. Es stellt sich generell die Frage, ob dann, wenn ein Sachverhalt unter einen Erwerbsgegenstand zu subsumieren ist, eine Anwendung der anderen Erwerbsgegenstände ausscheidet. Dies wäre dann der Fall, wenn dem Gesetz ein Stufenverhältnis zu entnehmen wäre. Denn die simple Übertragung von gewöhnlichen Anteilen am Kapital führt im Regelfall zur Übertragung von Mitgliedschafts-, Beteiligungs- und Stimmrechten, so dass eine Anwendung aller Tatbestände denkbar ist. Soll aber ein Tatbestand den anderen verdrängen, muss es zwischen diesen ein Stufenverhältnis geben. Der Wortlaut lässt ________________________ 95 Siehe etwa Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 32; Suchanek, in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8c KStG Rn. 24; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 40. 96 Vgl. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 21; Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, S. 175; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 809; Roser, DStR 2008, 77, 78. 97 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 24; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 809; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 20; wohl auch Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 40. 98 Vgl. Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, S. 175; BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 5. 99 Vgl. Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 11; Zöllner, in Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 45 Rn. 2.

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D. Voraussetzungen

eine solches allerdings nicht erkennen, die Erwerbsgegenstände sind durch ein schlichtes „oder“ verbunden. Unter systematischen Gesichtspunkten könnte man aber argumentieren, dass die Reihenfolge des Gesetzes die Anwendbarkeit vorgibt, m. a. W. liegt eine Übertragung von Anteilen am Kapital vor, sind die anderen Tatbestände ausgeschlossen. Eine solche direkte Stufenfolge ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, die verschiedenen Tatbestände stehen vielmehr gleichberechtigt nebeneinander. Auch der Sinn und Zweck100 spricht nicht für ein Stufenverhältnis. Zwar zielt die Regelung des § 8c KStG durch die Erfassung der verschiedenen Erwerbstatbestände darauf ab, Umgehungsmöglichkeiten möglichst zu vermeiden, indem nicht nur – wie bei § 8 Abs. 4 KStG a. F. – auf Anteile abgestellt wird. Daraus könnte man schließen, dass die anderen (quasi Anti-Umgehungs-)Tatbestände nur dann greifen, wenn der „eigentliche“ Tatbestand nicht erfüllt ist. Dies vernachlässigte aber das eigentliche Ziel, nämlich eine möglichst umfassende Regelung zu treffen, die möglichst viele Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erfassen.101 Gerade dies spricht jedoch dafür, dass die Begriffe selbständig nebeneinander stehen. Damit wird im genannten Fall der Übertragung gewöhnlicher Anteile freilich die erste Tatbestandsvariante verwirklicht, dem Grunde nach aber auch alle anderen Varianten. Ob diese Erfüllung dann selbst rechtliche Auswirkungen hat, richtet sich danach, ob hierdurch ein Mehr an Übertragung erfüllt wird.102 Daher mutet zwar die Aussage der Finanzverwaltung, diejenige Übertragung sei maßgebend, die die weitestgehende Anwendung des § 8c KStG erlaubt, außerordentlich profiskalisch an und wurde schon als „geniale neue Auslegungsregel für die Finanzverwaltung“ polemisiert,103 ihr ist aber im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings – und das ist eine wesentliche Einschränkung dieses extensiven Verständnisses – ist stets zu überprüfen, ob dieses Mehr der Übertragung im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 8c KStG zu einer Schädlichkeit führt, d. h., ob eben auch ein Mehr der Einfluss- und Vermögens-Komponente zu bejahen ist (dazu s. u. d)). Schließlich stellt sich die Frage, „wie viel“ Mitgliedschaftsrechte übertragen werden müssen, d. h. welches Gewicht diese haben müssen, um eine schädliche Übertragung auszulösen. Es dürfte einleuchten, dass jedenfalls die bloße Übertragung eines nicht wesentlichen Rechtes (etwa die bloße Über________________________ 100 Allgemein dazu Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N. 101 Hans, FR 2007, 775; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 21. 102 Folglich bedeutet das Nebeneinander der Tatbestände freilich nicht, dass es bezogen auf dieselben Anteile zu einem nochmaligen Beteiligungserwerb pro erfüllter Tatbestandsalternative kommt, vgl. Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 58. 103 Siehe Ceterum Censeo, FR 2007, 791.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

tragung von Einsichtsrechten) nicht die schwerwiegenden Folgen des § 8c KStG auslösen kann. Eine Abgrenzung kann sich wiederum nur aus einer teleologischen Auslegung ergeben. So muss die Übertragung von Mitgliedschaftsrechten dazu führen, dass dem Erwerber sowohl eine hinreichende Vermögenskomponente als auch eine Einflusskomponente zusteht. Die Vermögenskomponente setzt dabei voraus, dass der Erwerber einen Anspruch auf einen entsprechenden Anteil am Gewinn der Körperschaft erhält, während die Einflusskomponente voraussetzt, dass er einen hinreichenden Einfluss erlangt, der die Steuerung der Verlustverwertung jedenfalls abstrakt zu einem Mindestmaß ermöglicht. c) Beteiligungsrechte Den Begriff der Beteiligungsrechte kennt das Gesellschaftsrecht nicht.104 Die Verwendung dieses Begriffs schafft daher erhebliche Unklarheiten. Zum Teil werden die Waffen gestreckt, es sei „keine vernünftige Definition möglich“,105 bzw. der Begriff sei vollkommen unklar und kaum justiziabel.106 Geht man vom Wortlaut aus, muss es sich bei Beteiligungsrechten um alle Rechte handeln, die aus einer Beteiligung erwachsen. Dies entspricht im Wesentlichen auch dem bisherigen – untechnischen – Gebrauch des Begriffs der Beteiligungsrechte.107 Beteiligungsrechte sind damit nach zutreffender Auffassung Mitverwaltungsrechte (insbesondere das Recht zur Teilnahme an Versammlungen der Gesellschafter, das Stimmrecht, Auskunfts- und Einsichtsrechte) und Vermögensrechte (Anspruch auf Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft und dem Liquidationserlös).108 Ähnlich wie bei den Mitgliedschaftsrechten ist auch hier fraglich, ob die Anwendung des Merkmals der Beteiligungsrechte nur noch in Bezug auf solche Körperschaften in Betracht kommt, die nicht bereits von den vorgenannten Merkmalen erfasst werden,109 ob sie nur Körperschaften betreffen, die nicht Kapitalgesellschaften sind,110 oder ob sie grundsätzlich auch daneben bei diesen Anwendung finden.111 Gegen ein Exklusivitätsverhältnis der ________________________

104 105 106 107 108 109 110 111

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Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 21. Vgl. Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 810. Vgl. Roser, DStR 2008, 77, 78. Vgl. BFH v. 11.7.2006, VIII R 32/04, DStR 2006, 2163; BFH v. 21.9.2004, IX R 36/01, BStBl. II 2006, 12. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 34; Neyer, BB 2007, 1415, 1418. So Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 24. So Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Unternehmensteuerreform 2008, S. 175. So die wohl herrschende Literatur vgl. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 34; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 21; Neyer, BB 2007, 1415, 1418.

D. Voraussetzungen

beiden Begriffe sprechen dabei dieselben Erwägungen, die bereits zu den Mitgliedschaftsrechten angestellt wurden (dazu s. b)). Weiterhin stellt sich auch insoweit die Frage, in welchem Umfang Beteiligungsrechte übertragen werden müssen. Auch hier sollte sich eine Lösung einer am Sinn und Zweck112 der Vorschrift orientierten Auslegung ergeben. Jedenfalls die bloße Übertragung eines nicht wesentlichen Rechtes sollte nicht die schwerwiegenden Folgen des § 8c KStG auslösen. Daher muss, in Anlehnung an die zu den Mitgliedschaftsrechten entwickelten Grundsätze, die Übertragung von Beteiligungsrechten dazu führen, dass dem Erwerber sowohl eine hinreichende Vermögenskomponente (d. h. einen Anspruch auf einen entsprechenden Anteil am Gewinn) als auch eine Einflusskomponente (die jedenfalls abstrakt die Möglichkeit gewährt, die Verlustverwertung zu steuern) zusteht. d) Stimmrechte Stimmrechte sind als Erwerbsgegenstand gesondert erwähnt, obwohl sie bereits in den Begriffen des gezeichneten Kapitals (im Regelfall), der Mitgliedschafts- und der Beteiligungsrechte enthalten sind. Die gesonderte Erwähnung der Übertragung von Stimmrechten als dem Wortlaut nach selbständigem Merkmal innerhalb des Erwerbstatbestandes bereitet einige Schwierigkeiten. Die Erwähnung ist im Gesetzeswortlaut selbst nicht hinreichend mit den anderen Alternativen abgestimmt und wohl wesentlich dem Umstand geschuldet, § 8c KStG möglichst umgehungsfest zu machen. Es ist fraglich, welchen Anwendungsbereich die Übertragung von Stimmrechten hat. Die Regelung findet sicherlich Anwendung, wenn ein Gesellschaftskapital nicht vorhanden ist oder wenn eine isolierte Übertragung von Stimmrechten erfolgt, die zwar nach deutschem Gesellschaftsrecht grundsätzlich nicht zulässig ist (sog. Abspaltungsverbot),113 aber nach ausländischem Gesellschaftsrecht zulässig sein mag. Es wird aber vertreten, dass sich der Anwendungsbereich hierauf beschränke, d. h. ein Anwendungsbereich bestehe nur dort, wo ein Gesellschaftskapital nicht vorhanden ist,114 was im Ergebnis wieder auf die Exklusivitätsthese hinausliefe. Dieser ist aber aus den o. g. Gründen nicht zuzustimmen. Fraglich ist jedoch die Beurteilung, wenn ein Mehr an Stimmrechten übertragen wird (vgl. allgemein zur „Mehr“-Übertragung oben b)), etwa bei der Übertragung von Anteilen ________________________ 112 Nachweise s. Fn. 82. 113 Vgl. Bayer, in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 15 m. w. N. 114 Hans, FR 2007, 775, 776.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

mit Mehrfachstimmrecht.115 Hier findet die selbständige Alternative der Übertragung der Stimmrechte m. E. insoweit Anwendung, als nicht schon Stimmrechte mit den Anteilen am Kapital übertragen wurden.116 Bedenklich ist aber, dass eine ungemilderte Anwendung dieser Grundsätze zur Anwendung des § 8c KStG in Höhe der übertragenen Stimmrechte z. B. auch dann führte, wenn der Erwerber vermögensmäßig nur in Höhe seines Anteils beteiligt ist.117 Auch insoweit kann auf den Zweck der Regelung zurückgegriffen werden, der letztlich zu einer Einschränkung führt. Dem Erwerber muss hinsichtlich der Mehr-Stimmrechte auch eine entsprechende Vermögenskomponente eingeräumt erhalten. Dabei erfordert die Übertragung der Stimmrechte keine kapitalmäßige Beteiligung an der Gesellschaft.118 Die nach der hier vertretenen Auffassung erforderliche Vermögenskomponente kann sich indes aus anderen Umständen ergeben. Zu denken ist etwa an schuldrechtliche Abreden oder andere Instrumente, mit denen der neue Stimmrechtsinhaber wirtschaftlich an der Verwertung der Verluste (mittelbar) partizipiert. Diese Auffassung ist auch insbesondere konsistent mit dem Ziel, dass § 8c KStG möglichst Umgehungen verhindern will. Kommen dem Erwerber aber die Verluste der Körperschaft wirtschaftlich in keiner Weise unmittelbar oder mittelbar zugute, ist nach dem Zweck der Vorschrift auch bei einer Übertragung der Stimmrechte ein schädlicher Beteiligungserwerb insoweit zu verneinen. Der Begriff der Übertragung der Stimmrechte ist folglich teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass eine Schädlichkeit nur gegeben ist, wenn der Erwerber zusätzlich am Gewinn der Körperschaft partizipieren kann.119 3. Unmittelbare oder mittelbare Übertragung a) Übertragung Der Begriff der Übertragung wird denkbar weit verstanden und erfasst jeden Rechtsübergang auf eine andere Person, unabhängig davon, ob dieser entgeltlicher Natur ist.120 Fraglich ist, ob für den Begriff der Übertragung auf das zivilrechtliche oder das wirtschaftliche Eigentum abzustellen ist. Bei der ________________________

115 Dies wird als ein Hauptanwendungsfall der Übertragung von Stimmrechten angesehen, Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 22; Viskorf/Michel, DB 2007, 2561. 116 Ähnlich Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 22, der aber davon auszugehen scheint, dass soweit Stimmrechte mit Anteilen übergehen, der Tatbestand der Übertragung der Stimmrechte bereits nicht erfüllt ist. 117 Vgl. Hans, FR 2007, 775, 776; Viskorf/Michel, DB 2007, 2561. 118 Insoweit auch Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 41. 119 Ähnlich Viskorf/Michel, DB 2007, 2564. 120 Vgl. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 45; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 27.

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D. Voraussetzungen

Auslegung steuerrechtlicher Begriffe besteht nach zutreffender h. M. vom Grundsatz her keine Vermutung dafür, dass dem Zivilrecht entlehnte Tatbestandsmerkmale im Sinne des zivilrechtlichen Verständnisses zu interpretieren sind.121 Vielmehr bestimmt sich der Inhalt des Begriffs nach dem Regelungszweck der konkreten Norm, in die er eingebettet ist.122 Nur wenn diese Auslegung ergibt, dass das Steuerrecht den zivilrechtlichen Begriff „aufnimmt“, ist aufgrund der ausdrücklichen Anknüpfung der zivilrechtliche Begriffsinhalt maßgeblich.123 Betrachtet man das System der Erwerbsgegenstände, spricht zunächst gegen eine Einbeziehung auch wirtschaftlicher Umstände die Existenz der Tatbestandsvoraussetzung der vergleichbaren Sachverhalte, die im Wesentlichen wirtschaftlich vergleichbare Sachverhalte erfassen soll.124 Andererseits sucht aber § 8c KStG grundsätzlich solche Fälle zu erfassen, in denen neue Anteilseigner wirtschaftlich von Altverlusten profitieren könnten. Ob ein solches wirtschaftliches Profitieren gegeben ist, richtet sich aber nicht allein danach, ob die Anteile zivilrechtlich übergegangen sind. Dies verdeutlicht der Fall, in dem zwar eine zivilrechtliche Übertragung, nicht aber eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums anzunehmen ist.125 In diesem Fall besteht gar kein Bedürfnis für ein Eingreifen der Norm. Daher ist entscheidend – wie auch sonst üblich –, ob das wirtschaftliche Eigentum übertragen worden ist.126 Erfasst werden von der Regelung rechtsgeschäftliche Abtretungen der Anteile, einschließlich unentgeltlicher Vorgänge wie Schenkungen, ebenso ________________________ 121 BVerfG v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212; BFH v. 1.12.1994, V R 116/92, BStBl. II 1995, 220 (allgemein zur Frage des Begriffsverständnisses in verschiedenen Rechtsgebieten); s. a. Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 324; a. A. etwa Hallberbach, DStR 1999, 2125, 2129 (m. w. N.), die von einer Indizwirkung des Zivilrechts ausgeht. 122 BFH v. 10.11.1998, VIII R 6/96, BStBl. II 1999, 348; Weber-Grellet, StuW 1999, 311, 313; Kirchhof, in Festschrift Meyding, S. 18. 123 Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 324. 124 Vgl. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 27; Gosch, JbFSt 2008/2009, S. 230 f. 125 Auch die Vertreter eines zivilrechtlichen Übertragungsbegriffs verneinen in diesem Fall eine Übertragung i. S. d. § 8c KStG, vgl. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 27. Dogmatisch ergibt sich dieses Ergebnis allerdings nicht ohne weiteres, es müsste wieder über eine teleologische Reduktion begründet werden. Diesen – m. E. überflüssigen – „Umweg“ erspart man sich, stellt man von vornherein auf das wirtschaftliche Eigentum ab. 126 So auch die h. M., BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 5; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 47; Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 35; a. A. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 27, der auf das zivilrechtliche Eigentum abstellt.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Übertragungen im Wege der Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung.127 Ausgenommen sollen nach Verwaltungsauffassung lediglich Erwerbe durch erbrechtliche Vorgänge und Erwerbe im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sein, wenn diese voll unentgeltlich erfolgen, wobei bereits ein geringes Entgelt schädlich sein soll.128 Diese Einschränkung findet im Wortlaut keine Stütze. Die entsprechende Ausnahme solcher Vorgänge im Bereich des § 8 Abs. 4 KStG a. F. wurde noch damit begründet, in diesen Fällen liege ein Missbrauch nicht vor. Diese Begründung ist für die Rechtslage ab dem 1.1.2010 anzuerkennen, ein Verlusthandel ist in diesen Fällen ausgeschlossen, eine teleologische Reduktion daher zu befürworten. Für die Rechtslage vor dem 31.12.2009 ist diese Ausnahme aber fragwürdig, da § 8c KStG insgesamt bis zu diesem Zeitpunkt nicht als Missbrauchsvorschrift zu qualifizieren war. Der bis dahin geltende Telos als Verlustabzugsbeschränkung kann eine diesbezügliche Einschränkung nicht rechtfertigen. Der Sinn, dass neue Anteilseigner (bzw. allgemein gesprochen Erwerber) nach einem schädlichen Beteiligungserwerb Alt-Verluste nicht mehr sollen nutzen können, weil sie die Möglichkeit erlangt haben, die Verwertung der Verluste zu steuern, greift auch im Falle erbrechtlicher Vorgänge und bei Erwerben im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Damit läuft die Erfassung dieser Fälle auch nicht den gesetzlichen Wertungen zuwider, was Voraussetzung für eine sachliche Billigkeitsregelung wäre.129 Die Einschränkung war daher rechtswidrig.130 Der Begriff der Übertragung erfasst darüber hinaus auch die Sacheinlage von Anteilen und Anteilsübertragungen im Rahmen von Umwandlungen, wie Verschmelzungen und Spaltungen131, der Erwerb eigener Anteile132 und die Übertragung aufgrund eines Pflichtangebots nach § 35 WpÜG133. Zudem gilt als Übertragung nach § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG eine Kapitalerhöhung, soweit diese zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten am Kapital der Körperschaft führt. ________________________ 127 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 27; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 23. 128 Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 4. 129 Siehe nur von Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 227 AO Rn. 126 m. w. N. 130 Für Anteilsübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge wohl auch Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 29. 131 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897, 898; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 34. 132 Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 45. 133 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 31; B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 87.

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D. Voraussetzungen

In Bezug auf Stimmrechte ist fraglich, ob von einer Übertragung gesprochen werden kann bei Stimmrechtsvereinbarungen, Stimmrechtsbindungen und Stimmrechtsverzicht.134 Von einer Übertragung sollte gemäß allgemeinen Grundsätzen allerdings nur dann auszugehen sein, wenn das entsprechende Recht nach der „Übertragung“ tatsächlich einem anderen Rechtsträger im Sinne des wirtschaftlichen Eigentums zusteht.135 Eine lediglich faktische Übertragung ist nicht anzuerkennen. Dies gilt insbesondere für Fälle der Stimmrechtsbindungen und des Stimmrechtsverzichts, bei dem das Stimmrecht tatsächlich weiterhin dem Inhaber zusteht, dieser ist lediglich gebunden, es in einer bestimmten Weise auszuüben bzw. es gerade nicht auszuüben. Wegen der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit liegt in diesen Fällen aber regelmäßig ein vergleichbarer Sachverhalt vor. b) Unmittelbar oder mittelbar Erfasst werden zum einen unmittelbare Übertragungen, d. h. Erwerbe von Anteilen an einer Verlustgesellschaft selbst. Daneben wurden aber in bewusster Abkehr von der zu § 8 Abs. 4 KStG a. F. ergangenen Rechtsprechung136 in § 8c KStG ausdrücklich auch mittelbare Übertragungen aufgenommen. Mittelbare Übertragungen sind solche, bei denen die Anteile an der Verlustgesellschaft selbst zwar nicht übertragen werden (d. h. in den gleichen Händen bleiben), aber die Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, die Anteile an der Verlustgesellschaft hält. Der Erwerb von Anteilen auf einer höheren Beteiligungsstufe kann danach zu einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Ebene der niedrigeren Beteiligungsstufen führen, wenn Anteile in einem entsprechenden Umfang übertragen werden. Im Ergebnis führt damit die Übertragung von Anteilen an einer Muttergesellschaft dazu, dass die Anteile an Tochtergesellschaften ebenfalls als übertragen gelten. Dabei ist unerheblich, ob der mittelbare Erwerb über eine Personengesellschaft oder eine andere Körperschaft unternommen wird; eine Abschirmwirkung wird insoweit in keinem Fall erzielt.137 aa) Ad infinitum Betrachtung bei mittelbaren Übertragungen Im Gesetz ist keine Grenze angelegt, bei der die Betrachtung mittelbarer Übertragungen in einer Beteiligungskette endete. Damit können mittelbare ________________________ 134 So wohl Roser, DStR 2008, 77, 78; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 22. 135 Zu einer rein zivilrechtlichen Betrachtung bei Stimmrechten neigt Gosch, JbFSt 2008/2009, S. 230. 136 Nach BFH v. 20.8.2003, I R 61/01, BStBl. II 2004, 616 erfasste § 8 Abs. 4 KStG a. F. nur den unmittelbaren Anteilseignerwechsel. 137 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 22.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Erwerbe „bis zu den Sternen“ schädlich sein.138 Daran schließen sich auch praktische Probleme an: Die Erfassung und Kontrolle von Übertragungen von Anteilen bei mehr- und vielstufigen Beteiligungsketten. Dies kann zu schwierigen praktischen Problemen führen, wenn Anteile an einer ausländischen Gesellschaft übertragen werden, die über mehrere Beteiligungsstufen an einer deutschen Verlustgesellschaft beteiligt ist.139 Die Norm ist diesbezüglich schwer administrierbar.140 In der Literatur gab es deshalb verschiedentlich Versuche, diese ad infinitum-Betrachtung einzuschränken. So soll die Vorschrift auf einen Wechsel auf der 2. Stufe, d. h. einen Wechsel des ersten mittelbaren Anteilseigners beschränkt werden.141 Noch weitgehender fordern andere Literaturstimmen, dass § 8c KStG in verfassungskonformer Auslegung nur bei unmittelbaren Anteilseignerwechseln Anwendung finden sollte, weil für Fälle mittelbarer Anteilsübertragungen ein strukturelles Vollzugsdefizit bestünde142 (zur Frage des strukturellen Vollzugsdefizits s. 3. Kapitel: A. I. 5., S. 107). Eine solche Einschränkung ist dem Wortlaut aber nicht zu entnehmen und kann auch aus dem Zweck der Vorschrift nicht hergeleitet werden. Eine diesbezügliche Beschränkung der mittelbaren Erwerbe wird daher auch von der ganz h. M. nicht befürwortet.143 bb) Berechnung der Beteiligungsquoten bei mittelbaren Übertragungen Fraglich ist aber, wie die Beteiligungsquoten bei mittelbaren Übertragungen zu berechnen sind. Nach h. M. sind die Beteiligungsquoten mathematisch durchzurechnen.144 Nach einer Mindermeinung soll ein mittelbarer Erwerb nur dann vorliegen, wenn auf der Ebene der jeweiligen Körperschaft selbst ein schädlicher Beteiligungserwerb stattfindet.145 Damit würden Erwerbe an ________________________ 138 Dötsch/Pung, DB 2008, 1703, 1706; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 53. 139 Vgl. mit Beispielen Sedemund/Fischenich, BB 2008, 535, 536. 140 Vgl. auch Gosch, BFH-PR 2009, 148. 141 B. Lang, DStZ 2007, 652, 656 (allerdings wird diese Auffassung von ihr wohl nicht mehr vertreten, vgl. B. Lang, in Ernst &Young, § 8c KStG Rn. 47 ohne einen diesbezüglichen Hinweis); zustimmend Lenz, Ubg 2008, 24, 26; i. Erg. wohl auch Karl, BB 2012, 92, 98. 142 Kraft/Kraft, FR 2011, 841, 845. 143 Vgl. statt vieler nur Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 62. 144 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 12; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 69; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 47; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 25; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 40. 145 Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 865; Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 23; unklar Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 63.

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D. Voraussetzungen

Körperschaften, die selbst nicht die Voraussetzungen des § 8c KStG erfüllen, insoweit abschirmen. Nach einer wiederum anderen Ansicht soll dagegen entscheidend sein, dass entweder die vermittelnde Gesellschaft eine mehrheitliche Beteiligung an der Verlustgesellschaft hat oder der Erwerber bei der vermittelnden Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist.146 Beispiel:147 A ist zu 100 % an der M-GmbH beteiligt, die wiederum mit 13 % an der T1-GmbH beteiligt ist. Die M-GmbH hält zudem 38 % der Anteile an der T2-GmbH. Die T1-GmbH und die T2-GmbH halten jeweils 50 % der Anteile an der V-GmbH, die über steuerliche Verlustvorträge verfügt. A veräußert nun seine Anteile an B. Durchgerechnet hat B 25,5 % der Anteile an der V-GmbH erworben: über die M-GmbH und die T1-GmbH 6,5 % (13 % von 50 %) und über die M-GmbH und die T2-GmbH 19 % (38 % von 50 %). Ein schädlicher Beteiligungserwerb läge hiernach bei der V-GmbH vor. Stellt man dagegen darauf ab, dass auf Ebene der vermittelnden Beteiligungen ebenfalls ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegen muss, wäre § 8c KStG auf Ebene der V-GmbH nicht erfüllt, da die Änderung bei der T1-GmbH keinen schädlichen Beteiligungserwerb darstellt, der mittelbare Erwerb des 6,5 % Anteils wäre entsprechend nicht zu berücksichtigen. Stellt man darauf ab, dass entweder die vermittelnde Gesellschaft eine mehrheitliche Beteiligung an der Verlustgesellschaft hat oder der Erwerber an der vermittelnden Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist, läge ebenfalls kein schädlicher Beteiligungserwerb vor, da die vermittelnden Gesellschaften (T1-GmbH und T2-GmbH) keine mehrheitlichen Stimmanteile an der V-GmbH halten und A auch keine mehrheitliche Beteiligung an den vermittelnden Gesellschaften erworben hat. Gegen eine durchgerechnete Beteiligungsquote wird vorgebracht, dass § 8c KStG eine Missbrauchsnorm sei.148 Liege aber auf Ebene einer höher geordneten Gesellschaft kein schädlicher Beteiligungserwerb vor, könne dies auch auf Ebene der nachgeordneten Gesellschaften keine schädlichen Wirkungen entfalten, da dann ein Missbrauch auszuschließen sei. § 8c KStG sei insofern teleologisch zu reduzieren. Für die Rechtslage bis zum 31.12.2009 ist diese Auffassung bereits deshalb abzulehnen, da § 8c KStG bis zu diesem Zeitpunkt nicht als Missbrauchs________________________ 146 Olbing, in Streck, § 8c KStG Rn. 32. 147 Nach Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 23. 148 Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 865.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

regelung zu qualifizieren war. Aber auch für die Fassung ab dem 1.1.2010 ist auf die durchgerechnete Beteiligungsquote abzustellen. Zum einen ergibt sich aus dem Wortlaut keine entsprechende Einschränkung. Zum anderen sind die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion nicht erfüllt. Bei einer teleologischen Reduktion wird der zu weite Wortlaut des Gesetzes auf dessen engeren Zweck reduziert.149 Eine solche (den Wortlaut korrigierende) Auslegung setzt voraus, dass sich der Wortlaut – gemessen an seinem Zweck – als planwidrig zu weitgehend erweist, m. a. W., dass der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt wurde.150 Hier liegt eine solche planwidrige Lücke aber nicht vor. Der Gesetzgeber hat mit der Normierung des mittelbaren Erwerbs insoweit eine Typisierung getroffen, die nicht mittels einer teleologischen Auslegung zu korrigieren ist. Die andere genannte Auffassung geht davon aus, dass § 8c KStG auf die Einflussmöglichkeit abstellt, die nur bei einer entsprechenden Mehrheit auch bei einer mittelbaren Beteiligung gegeben sei.151 Dieser Auffassung ist zuzugeben, dass sie die eine Seite der Medaille des Zwecks der Vorschrift in den Mittelpunkt stellt. Gleichwohl ist auch hier insoweit keine Planwidrigkeit zu entdecken. Auch diese Auffassung findet im Wortlaut keine Stütze, der hier derart eindeutig gefasst ist, so dass kein Raum für eine einschränkende Auslegung bleibt. cc) Fehlende mittelbare Änderung Bei der Frage, ob ein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegt, kommt es (vorbehaltlich der zum 1.1.2010 eingeführten Konzernklausel) nicht darauf an, ob und inwieweit eine Übertragung auch mittelbar zu einer Änderung führt.152 Dies betrifft sowohl unmittelbare als auch mittelbare Übertragungen. Hierunter fallen Konstellationen, bei denen die Anteile an einer Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar übertragen werden, es aber letztlich zu keiner Änderung der obersten Anteilseigner bzw. einer Konzernobergesellschaft kommt. Dieses Ergebnis erscheint insbesondere bei rein konzerninternen Re- und Umstrukturierungen wenig sinnvoll. Aus diesem Grund ist die Erfassung dieser Fälle besonders umstritten. Es wurden daher Überlegungen laut, ob sich dieses Ergebnis mittels Auslegung vermeiden ließe. ________________________ 149 Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 382. 150 BFH v. 19.6.2002, III R 28/99, BStBl. II 2002, 753; BFH v. 1.3.2005, VIII R 25/02, BStBl. II 2005, 436. Verfassungsrechtlich ist die teleologische Reduktion ausdrücklich durch das BVerfG anerkannt, vgl. etwa BVerfG v. 7.4.1997, 1 BvL 11/96, NJW 1997, 2230 m. w. N. 151 Olbing, in Streck, § 8c KStG Rn. 32. 152 Vgl. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 11; Suchenek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 22.

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D. Voraussetzungen

Teilweise wird vorgeschlagen, dass ein schädlicher Beteiligungserwerb nur dann vorliegen soll, wenn sich die Anteilseigner am Ende einer Beteiligungskette entsprechend ändern, was teilweise mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift begründet wird153, teilweise mit einer gebotenen verfassungskonformen Interpretation.154 Zum anderen wird in der Literatur vielfach zwischen dem Wechsel von einem mittelbaren in ein unmittelbares Beteiligungsverhältnis und der Verkürzung der Beteiligungskette unterschieden. Hinsichtlich der ersten Konstellation ist anzumerken, dass sie auch noch für Erwerbe nach dem 31.12.2009 eine Rolle spielt in Konstellationen, in denen das für die Anwendung der Konzernklausel erforderliche Vier-Personenverhältnis155 nicht gegeben ist. Der Wechsel von einer mittelbaren in eine unmittelbare Beteiligung wird von der h. M. als schädlicher Vorgang aufgefasst.156 Der Fall der Verkürzung der Beteiligungskette hat zunächst die gleiche Konstellation vor Augen (denn auch im Fall des Wechsels von einem mittelbaren in ein unmittelbares Beteiligungsverhältnis handelt es sich um die Verkürzung der Beteiligungskette), sie wird aber von einer vielfach vertretenen Auffassung anders behandelt (d. h. als unschädlich eingestuft), wenn mittelbar die gleichen Anteilsinhaber beteiligt blieben und es sich vor und nach der Übertragung um eine mittelbare Beteiligung handelte.157 M. E. ist eine einschränkende Auslegung des § 8c KStG für die Rechtslage ab 2010 (d. h. nach Inkrafttreten des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes) nicht möglich. Der Wortlaut verlangt lediglich eine unmittelbare oder mittelbare Übertragung. Liegt eine solche aber vor, kommt es nicht darauf an, ob sich mittelbar weiter oben in der Beteiligungsstruktur auch etwas ändert. Dies geht auch aus der Gesetzesbegründung hervor, nach der Übertragungen auch dann nicht unberücksichtigt bleiben sollen, wenn sich die mittelbare ________________________ 153 154 155 156

So Ballwieser/Frase, BB 2009, 1502, 1507. So J. Lang, GmbHR 2012, 57, 59. Umstritten, dazu s. u. 2. Kapitel: D. I. 6., S. 51. Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 22; Dötsch, in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 57; Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 152; Busch, JbFSt 2008/2009, S. 226; Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194, 1200; a. A. Dieterlen/Winkler, GmbHR 2007, 815, 816. 157 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 22; Rätke, in Mössner/ Seeger, § 8c KStG Rn. 152; Busch, JbFSt 2008/2009, S. 226 f.; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 47; Schick/Franz, DB 2008, 1987, 1989; Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Die Unternehmenssteuerreform 2008, S. 180; Rödder, DStR 2007, Beihefter zu Heft 40, 1, 13; Neumann/Stimpel, GmbHR 2007, 1194, 1200; a. A. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 57; Schön, JbFSt 2008/2009, S. 230; Gosch, JbFSt 2008/2009, S. 230.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Beteiligung nicht ändert.158 Mit einer Transparenzbetrachtung hin zum Ende der Beteiligungskette würde aber die vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigte Konzernbetrachtung durch die Hintertür eingeführt. Eine anderweitige einschränkende Auslegung, die für die Jahre 2008 und 2009 aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist,159 scheitert ab dem Jahr 2010 an der ausdrücklich normierten Konzernklausel. Diese sieht keine Transparenzbetrachtung vor, sondern stellt (zu) strenge Voraussetzungen für eine Unschädlichkeit auf und liefe bei einem einschränkenden Verständnis der mittelbaren Übertragungen vollständig leer. 4. Erwerb innerhalb von fünf Jahren a) Zusammenfassung von Erwerben innerhalb von fünf Jahren Nach § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG ist erforderlich, dass der schädliche Beteiligungserwerb innerhalb von fünf (Zeit-)Jahren erfolgt. Alle Erwerbe durch die erfassten Erwerber im o. g. Sinne in einem Fünfjahreszeitraum werden zusammengefasst.160 Zwar ist im BMF-Schreiben und in der Literatur oftmals die Rede davon, dass der Fünfjahreszeitraum mit dem ersten Beteiligungserwerb durch einen Erwerberkreis beginnt,161 praktisch wird allerdings grundsätzlich nach jedem Erwerb retrospektiv geprüft, ob innerhalb der letzten fünf Jahre Beteiligungserwerbe erfolgt sind, deren Umfang die Schädlichkeitsgrenze übersteigt.162 Entsprechend der Eingangsformulierung des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG „unabhängig von Satz 1“ gilt für jeden der beiden Tatbestände des Satzes 1 (Übertragung von mehr als 25 %) und des Satzes 2 (Übertragung von mehr als 50 %) ein gesonderter Fünfjahreszeitraum.163 Das bedeutet, dass sobald Beteiligungserwerbe die Schädlichkeitsgrenze des Satzes 1 innerhalb der fünf Jahre erreichen, Verluste nach Satz 1 insoweit untergehen. Diese Erwerbe sind damit für Zwecke des Satzes 1 verbraucht, eine erneute Be________________________ 158 BT-Drucks. 16/4841, S. 76. 159 Für die Rechtslage der Jahre 2008 und 2009 ist in verfassungskonformer Auslegung bei mittelbaren Übertragungen, in denen sich mittelbar (d. h. oberhalb in der Beteiligungskette) keine Änderung ergibt, ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht anzunehmen, näher dazu Drüen/Schmitz, Ubg 2011, 921, 926 f. 160 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 16. 161 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 17; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 72b; Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 528. 162 Ähnlich Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 21. 163 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 72a; BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 20.

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D. Voraussetzungen

schränkung nach Satz 1 kann sich nur aus neuen (d. h. danach erfolgenden) Beteiligungserwerben von mehr als 25 % innerhalb von fünf Jahren ergeben.164 Ein „Verbrauch“ tritt aber nicht im Hinblick auf den Tatbestand des Satzes 2 ein, dieser ist eben nach der gesetzlichen Anordnung „unabhängig“. Ergeben sich nach Verwirklichung des Satzes 1 innerhalb von fünf Jahren weitere Beteiligungserwerbe, die zusammen mit den Erwerben i. S. d. Satzes 1 die Schädlichkeitsgrenze des Satzes 2 überschreiten, so gehen die Verluste ab diesem Zeitpunkt vollständig verloren. Mit dieser Regelung kann aber der Umfang des Verlustuntergangs von der Reihenfolge der Beteiligungserwerbe abhängen:165 Erwirbt A 24 % der Anteile an der V-GmbH und innerhalb von fünf Jahren weitere 26 %, gehen Verluste in Höhe von 50 % verloren. Erwirbt A dagegen zunächst 26 %, gehen 26 % der nicht genutzten Verluste verloren, der Beteiligungserwerb ist aber insoweit verbraucht. Ein späterer Erwerb von 24 % ist damit nicht schädlich. Der Vorwurf der „Dummensteuer“ steht daher insoweit im Raum166 und ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings soll in der zweiten Alternative nach Auffassung der Finanzverwaltung die Gesamtplanrechtsprechung des BFH Anwendung finden,167 die dazu führen würde, dass die an sich vorliegenden zwei Erwerbe zu einem Erwerb verklammert werden, so dass auch hier 50 % der Verluste untergehen würden. Die Rechtsfigur des Gesamtplans wurde richterrechtlich entwickelt168 und ist entsprechend nicht gesetzlich definiert. Von der Literatur wird ein Gesamtplan in Ableitung der BFH-Rechtsprechung konkretisiert als eine Mehrzahl von Rechtsgeschäften, die auf einer einheitlichen Planung (einem Gesamtplan) beruhen und in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen und daher zu einem einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang zusammengefasst werden.169 Neben diesen grundsätzlichen Voraussetzungen, die im Wesentlichen Tatsachenfragen sind, ist (u. a.) aber nach der Rechtsprechung und der herrschenden Literatur erforderlich, dass der Steuerpflichtige die Durchführung der Teilakte (die durch den Gesamtplan zusammengefasst ________________________ 164 165 166 167 168

Vgl. Dötsch/Pung, DB 2008, 1703. Vgl. Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 528. Dötsch/Pung, DB 2008, 1703, 1709. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 19. Vgl. etwa BFH v. 6.9.2000, IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229; BFH v. 31.7.2002, X R 103/96, BFH/NV 2003, 26; BFH v. 27.7.2004, IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192; BFH v. 8.6.2006, IX B 121/05, BFH/NV 2006, 1655. 169 Vgl. F. Dötsch, FR 2007, 589, 595; Spindler, DStR 2005, 1; Schmieszek, in Beermann/Gosch, § 42 AO Rn. 102.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

werden) beherrscht.170 Dies erscheint in diesem Fall fraglich, da Steuerpflichtiger die Verlustgesellschaft ist, die Beteiligung aber von den Anteilseignern erworben wird. Aus diesem Grund wird z. T. die Anwendbarkeit der Gesamtplanrechtsprechung abgelehnt.171 Dieser Gedanke ist aber nicht durchschlagend, da für die Frage der Beherrschbarkeit nicht auf die Gesellschaft abzustellen ist. Allgemein ist nicht entscheidend, dass der jeweilige Steuerpflichtige den Gesamtplan hat und beherrscht, sondern der Initiator.172 Die üblicherweise genannten Rechtsprechungsfundstellen knüpfen zwar an den Steuerpflichtigen an, allerdings nur, weil derjenige auch den Steuertatbestand verwirklicht. Eine Folge des alleinigen Abstellens auf den Erwerber durch § 8c KStG ist aber, dass der Tatbestand völlig unabhängig vom Zutun der Gesellschaft verwirklicht wird. Alleine die Anteilseigner haben es in der Hand, die Rechtsfolgen eintreten zu lassen, insoweit ist entsprechend auch auf sie abzustellen, wenn es um die Verklammerung mehrerer Erwerbe durch einen Gesamtplan geht. Allerdings sollte der Gesamtplan hier gleichwohl keine Anwendung finden. Die Figur des Gesamtplans ist kein Konstrukt mit einheitlicher Rechtsfolge, ein Gesamtplan findet Beachtung bei der teleologischen Auslegung von Einzelsteuergesetzen, im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und darüber hinaus auch bei Prüfung der §§ 41 Abs. 2 (Scheingeschäft) und 42 AO (Gestaltungsmissbrauch).173 Hier kommt allein eine Anwendung im Rahmen von § 42 AO in Betracht174. Fraglich ist aber, ob dieser hier überhaupt anwendbar ist. Für die Rechtslage bis zum 31.12.2009 ist dies der Fall, da § 8c KStG als Nicht-Missbrauchsregelung die Anwendung des § 42 AO nicht ausschließen konnte. Für den Zeitraum ab dem 1.1.2010 kommt es aber insoweit zu einer grundsätzlichen Verdrängung von § 42 AO, da der Verlusthandel insoweit abschließend geregelt ist. § 42 AO kommt selbst nach der Neufassung des § 42 Abs. 1 Satz 3 AO durch das JStG 2008 nicht zur Anwendung, wenn die Voraussetzungen einer speziellen Missbrauchsnorm nicht erfüllt sind, die aber den Missbrauch an sich erfassen soll.175 ________________________ 170 Vgl. BFH v. 27.10.2005, IX R 76/03, BStBl. II 2006, 359; Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114, 122 m. w. N.; Kugelmüller-Pugh, FR 2007, 1139, 1143; Spindler, DStR 2005, 1, 4. 171 Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 529. 172 Vgl. Fischer, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 42 AO Rn. 367. 173 Etwa Förster/Schmidtmann, StuW 2003, 114. 174 So auch Pohl, GmbHR 2009, 132, 134. 175 Im Einzelnen umstritten, ausführlich dazu Drüen, in Tipke/Kruse, Vor § 42 AO Rn. 13 f. m. w. N.; ders., StuW 2008, 154, 160. Für die Altfassung des § 42 AO bejahte der BFH eine Abschirmwirkung spezialgesetzlicher Vorschriften, vgl. BFH

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D. Voraussetzungen

Eine Anwendbarkeit trotz der grundsätzlichen Verdrängung wegen „Missbrauchs der Missbrauchsvorschrift“176 sollte hier aber ebenfalls nicht in Betracht kommen, da die Konsequenzen auf einer bewussten Differenzierung des Gesetzgebers beruhen.177 b) Mehrfache Übertragung nämlicher Anteile Die sog. Mehrfachübertragung nämlicher Anteile beschreibt den Fall, dass Anteile, die für Zwecke der Beurteilung der Schädlichkeit der Anteilsübertragung im Fünfjahreszeitraum bereits berücksichtigt worden sind, nochmals übertragen werden. Hierzu wird vertreten, dass die nochmalige Übertragung nämlicher Anteile nicht mehr schädlich sein soll, da die mit dem Anteil verbundenen Verluste bereits untergegangen sind.178 Eine solche Verbindung der Verluste mit bestimmten Anteilen besteht aber gerade nicht, die Verluste stehen eben als Ganzes der Körperschaft zu. Damit ist auch die mehrfache Übertragung nämlicher Anteile schädlich.179 c) Nach einem Beteiligungserwerb entstandene Verluste Nach dem Wortlaut der Regelung ist der Untergang des Verlustvortrags gänzlich unabhängig von der tatsächlichen Verlustentstehung, d. h. es ist nicht erforderlich, dass bzw. inwieweit zum Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs tatsächlich Verluste bestanden. Beispiel 1:180 A erwirbt 50 % der Anteile an der V-GmbH im Gewinnjahr 2008. In den Jahren 2009 bis 2012 erwirtschaftet die V-GmbH ausschließlich Verluste. Im Jahr 2013 erwirbt A nochmals 1 % der Anteile. Dieser Erwerb führt nach dem Wortlaut dazu, dass der nicht genutzte Verlustvortrag aus ________________________

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v. 20.3.2002. I R 63/99, BStBl. II 2003, 50; hieran ändert sich bei echten Spezialvorschriften nichts, vgl. Drüen, Ubg 2008, 31, 34. Drüen, in Tipke/Kruse, § 42 AO Rn. 20b; s. a. Hey, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 166. Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 85; Pohl, GmbHR 2009, 132, 134; im Erg. gl. A. Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 529; kritisch auch Dötsch, in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 76; a. A. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 58.3; Hey, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 166. Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 23; Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 56; Kroniger/Braun, BB 2010, 2336, 2338; Altrichter-Herzberg, GmbHR 2010, 799, 802. So auch BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 22; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 50; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 30; Neumann, GmbH-StB 2007, 249, 253. Angelehnt an Beußer, DB 2007, 1549, 1551.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

den Jahren 2009 bis 2012 vollständig untergeht, obwohl die Änderung gegenüber den Verlustjahren lediglich 1 % beträgt.181 Beispiel 2: Die V-GmbH verfügt zum 31.12.2009 über steuerliche Verluste von 200. A erwirbt am 1.1.2010 20 % der Anteile. In 2010 erleidet die V-GmbH weitere Verluste i. H. v. 100. Am 1.1.2011 erwirbt A weitere 35 % der Anteile. Auch hier kommt es am 1.1.2011 nach dem Wortlaut zum Untergang aller Verluste i. H. v. 300. Fraglich ist, ob sich dieses Ergebnis mithilfe einer teleologischen Auslegung vermeiden lässt. Dazu müsste in die Regelung gewissermaßen hineingelesen werden, dass auch innerhalb des Fünfjahreszeitraums nur solche Beteiligungserwerbe berücksichtigt werden, die nach Entstehung eines Verlustes erfolgen (so die herrschende Literatur182). Gegen eine solche Auslegung spricht der Wortlaut der Regelung, die eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Allerdings ist die Regelung insoweit einer teleologischen Auslegung zugänglich. Bei einer Konstellation wie der beschriebenen kommen die AltVerluste, die nach dem Wortlaut untergehen, nicht in einem erforderlichen Umfang (mehr als 25 % bzw. 50 %) neuen Anteilseignern wirtschaftlich zugute. Soweit die Anteilseigner bereits im Zeitraum der Verlustentstehung beteiligt waren, besteht nach Sinn und Zweck183 der Vorschrift kein Grund, dass sie die Alt-Verluste nicht wirtschaftlich nutzen sollen dürfen. Im Gegenteil, es ist nach dem Zweck geboten, dass soweit sie die Verluste wirtschaftlich als Anteilseigner zu tragen haben, auch weiterhin nutzen können. In Beispiel 1 läge nach dieser Auslegung kein schädlicher Beteiligungserwerb vor, da nur ein Erwerb von 1 % zu berücksichtigen wäre. In Beispiel 2 gingen zum 1.1.2011 zunächst Verluste i. H. v. 200 unter, da hinsichtlich dieser eine Übertragung von 55 % der Anteile vorliegt (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG). Hinsichtlich der in 2010 entstandenen Verluste i. H. v. 100 liegt aber ________________________ 181 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 17 und 23; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 74. 182 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 72c; Suchanek, in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8c KStG Rn. 21; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 50; AltrichterHerzberg, GmbHR 2010, 799, 802; Dörr, NWB 2007, 2649, 2656; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 813; Altrichter-Herzberg, GmbHR 2008, 857, 860; Benz/Rosenberg, in Blumenberg/Benz, Die Unternehmensteuerreform 2008, S. 188; Beußer, DB 2007, 1549, 1551; gegen eine solche Auslegung Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 74; Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 529. 183 Dazu allgemein Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N.

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nur eine Übertragung von 35 % innerhalb von fünf Jahren vor, diese gehen damit zu 35 % unter (§ 8c Abs. 1 Satz 2 KStG).184 5. Vergleichbarer Sachverhalt Bei dem Merkmal des vergleichbaren Sachverhalts handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Als Folge der Schwierigkeiten der Auslegung und der damit verbundenen Streitanfälligkeit der alten Mantelkaufregelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. wurde § 8c KStG als (angebliche) „Vereinfachungsregelung“ eingeführt.185 Doch statt nunmehr auf schwierige offene Tatbestandsmerkmale zu verzichten, wird sich wiederum einer Generalklausel bedient, um letzte vermeintliche Missbräuche zu verhindern.186 Wie auch sonst bleibt die Auslegung und Auffüllung einer solchen Generalklausel der Verwaltung und Rechtsprechung überlassen. Hieraus resultieren wiederum jahrelange Unsicherheiten und Unklarheiten, bis sich eine entsprechende Auslegung herauskristallisiert hat und sich die Praxis hierauf einstellen kann. Dies erscheint insbesondere deshalb problematisch, da bereits der sonstige Tatbestand sehr weitreichend und unbestimmt gefasst wurde und daher fraglich ist, ob eine Generalklausel den Anwendungsbereich über die ausdrücklichen Merkmale hinaus noch weiter ausdehnen kann. Nach einer Auffassung in der Literatur verbleibt daher für die vergleichbaren Sachverhalte kein Raum mehr.187 Diese Auffassung ist allerdings abzulehnen. Grundsätzlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein ausdrücklich normiertes Tatbestandsmerkmal vollständig leer läuft.188 Zudem ist eine entsprechende Auslegung des Merkmals möglich, bei der ein Anwendungsbereich verbleibt. Zunächst ist der vergleichbare Sachverhalt subsidiär zu den anderen Erwerbstatbeständen. Soweit die ausdrücklich genannten Erwerbsgegenstände bereits als übertragen gelten, findet die Alternative des vergleichbaren Sachverhalts keine Anwendung. Denn diese ist sprachlich selbständig im Tatbestand abgegrenzt („oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor“) und dient lediglich dazu, wirtschaftlich vergleichbare Fälle zu erfassen, die nicht bereits als Übertragung eines Erwerbsgegenstandes anzusehen sind. Durch das Adjektiv „vergleichbar“ wird eine Vergleichbarkeit mit einer solchen gefor________________________ 184 185 186 187

Siehe auch Altrichter-Herzberg, GmbHR 2010, 799, 802 f. BT-Drucks. 16/4841, S. 75. Hey, StbJb 2007/2008, 19, 54. Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933, 1935; Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897, 899 f. 188 Etwa Puppe, Kleine Schule des juristischen Denkens, S. 71 („Postulat der Nichtredundanz“).

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

dert. Hier muss eine Vergleichbarkeit sowohl in Bezug auf den Erwerbsgegenstand vorliegen als auch in Bezug auf die Übertragung. Beide Merkmale können alternativ oder auch kumulativ „überwunden“ werden, sofern eine entsprechende Vergleichbarkeit vorliegt. Beim Erwerbsgegenstand kommt es darauf an, ob dem Erwerber eine vergleichbare Position eingeräumt wird, bei der Übertragung, ob die Gestaltung übertragungsvergleichbar ist. Dies muss etwas sein, was kein Erwerb ist, aber gleichwohl zur „Übertragung“ führt, wobei ein weites wirtschaftliches Verständnis angebracht erscheint, da die Formulierung bewusst weit gefasst ist.189 In diesem Zusammenhang muss sich dann an den oben herausgearbeiteten Merkmalen zur Rechtsnatur der Norm orientiert werden, d. h. ob und inwieweit andere Personen als bisher von den Verlusten profitieren. Entsprechend sind hier insbesondere Anteilsverschiebungen (wobei Anteil hier im Sinne der Erwerbsgegenstände des § 8c KStG zu verstehen ist) erfasst, bei denen es zu keiner Übertragung kommt. Hierunter fällt etwa der Erwerb oder die Einziehung eigener Anteile, Kapitalherabsetzungen, Stimmrechtsvereinbarungen und -bindungen oder der Stimmrechtsverzicht.190 Da durch die ausdrücklich genannten Erwerbsgegenstände gesellschaftsrechtliche Beteiligungen bereits nahezu vollständig abgedeckt sind, können auch schuldrechtliche Vereinbarungen unter den Begriff der vergleichbaren Sachverhalte subsumiert werden. Hierbei finden allerdings die o. g. Vermögenskomponente und hier dann auch die Einflusskomponente gesteigerte Bedeutung, diese müssen beide vorhanden sein, soll ein Sachverhalt als vergleichbar erfasst werden. Dabei sollten strenge Maßstäbe angelegt werden, um eine uferlose Anwendung der Norm zu verhindern.191 Die Merkmale des einen Erwerbers oder diesem nahe stehende Person und des Fünfjahreszeitraums können aber nicht durch eine Vergleichbarkeit ersetzt werden. Zwar spricht für eine Ersetzbarkeit wiederum die Satzstellung. Allerdings hat der Gesetzgeber mit diesen Merkmalen eine insoweit abschließende Wertung getroffen. Die Norm stellt eben eine erwerberbezogene Betrachtungsweise an. Zudem ist der Begriff der nahe stehenden Person bereits hinreichend offen, um wirtschaftlich äquivalente Fälle zu erfassen. Entsprechendes gilt für die Fünfjahresfrist, mit der der Gesetzgeber eine (ohnehin recht lange) Regelung geschaffen, die es zu beachten gilt. Beim ver________________________ 189 Vgl. Gosch, JbFSt 2008/2009, S. 230. Vgl. Richter/Escher, FR 2011, 760 zur Frage, ob erbschaftsteuerlich motivierte Poolverträge einen vergleichbaren Sachverhalt auslösen können. 190 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 7; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 38 f. 191 So auch Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 48.

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gleichbaren Sachverhalt wird demnach der Zeitraum durch das einer Anteilsübertragung vergleichbare Ereignis ausgelöst.192 6. Konzernklausel a) Allgemeines Für Erwerbe bis 31.12.2009 enthält § 8c KStG keine Konzernklausel. Der Gesetzgeber hatte sich zunächst ausdrücklich gegen eine Konzernbetrachtung ausgesprochen, da eine solche „zu verwaltungsaufwändig und gestaltungsanfällig“ sei.193 Nachdem eine Konzernklausel von Wissenschaft und Wirtschaft vehement gefordert worden war, wurde eine solche in Form des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz schließlich eingeführt. Die Konzernklausel findet zeitlich Anwendung für Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 (§ 34 Abs. 7b Satz 2 KStG). Für Beteiligungserwerbe in den Jahren 2008 und 2009 gilt § 8c KStG damit insoweit ungemildert. Nach § 8 Abs. 1 Satz 5 KStG liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht vor, wenn an dem übertragenden und an dem übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person zu jeweils 100 Prozent mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Der Norm liegt der Gedanke zugrunde, dass die Übertragung einer Verlustgesellschaft innerhalb eines Konzerns unschädlich sein soll, da deren Verluste wirtschaftlich auch von diesem Konzern getragen werden.194 Die Regelung erfordert nach ihrem Wortlaut mindestens vier an einem schädlichen Beteiligungserwerb beteiligte Personen. Erstens die von § 8c KStG betroffene Verlustgesellschaft, zweitens einen übertragenden Rechtsträger, drittens einen übernehmenden Rechtsträger und viertens die an diesen Rechtsträgern beteiligte Person. Damit ist aber bereits angesprochen, dass die Regelung – jedenfalls nach ihrem Wortlaut – keine umfassende Befreiung konzerninterner Sachverhalte enthält, sondern explizite Voraussetzungen für die Befreiung von den Folgen des § 8c KStG aufstellt. Mit der Anknüpfung an die vier Personen hat die Regelung als Leitbild offenbar die Übertragung von Anteilen zwischen Schwestergesellschaften in einem dreistufigen Konzernaufbau vor Augen.195

________________________ 192 193 194 195

Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 72d. BT-Drucks. 16/4841, S. 76. Zutr. Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561, 563. Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633.

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b) Übernehmender und übertragender Rechtsträger Fraglich ist zunächst, wie die Begriffe des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers zu verstehen sind. Diese Begriffe kommen in § 8c KStG nur im Rahmen der Konzernklausel vor. In Abs. 1 Satz 1 und 2 ist dagegen die Rede von „Erwerber“ und „Person“, der „Rechtsträger“ findet hier keine Entsprechung. Die Begrifflichkeiten scheinen nicht abgestimmt und sind in systematischer Hinsicht zu kritisieren; es liegt jedenfalls nahe, dass bei der Wahl der Begriffe das Umwandlungsrecht Pate gestanden hat (vgl. etwa § 2 UmwG und § 1 Abs. 2 UmwStG). Gleichwohl ist hier keine Einschränkung des Begriffs im Sinne des Umwandlungsrechts zu machen, der Begriff des Rechtsträgers umfasst ausgehend vom Wortlaut entsprechend des allgemeinen Verständnisses grundsätzlich alle Personen, die Träger von Rechten (und Pflichten) sein können.196 Dies sind neben juristischen Personen grundsätzlich auch Personengesellschaften, die als Personenhandelsgesellschaften (zumindest teil-)rechtsfähig sind (§ 124 HGB), was nunmehr seit einiger Zeit (analog) auch für die Außen-GbR gilt.197 Fraglich ist aber, ob auch natürliche Personen erfasst sind.198 Diese sind zwar freilich Rechtsträger, allerdings ist erforderlich, dass eine andere Person an dem jeweiligen Rechtsträger beteiligt ist, was bei natürlichen Personen von vornherein ausgeschlossen ist. Entsprechend werden natürliche Personen von einem Teil der Literatur hier ausgeklammert.199 Nach einer anderen Auffassung sollen natürliche Personen dagegen erfasst sein.200 Begründet wird dies damit, dass nach der Gesetzesbegründung alle Umstrukturierungen erfasst werden sollen, die ausschließlich innerhalb eines Konzerns vorgenommen werden, an dessen Spitze eine einzelne Person oder Gesellschaft steht.201 Da nach Sinn und Zweck der Vorschrift aber keine Verlustverschiebung auf Dritte drohe, wenn am übertragenden und übernehmenden Rechtsträger dieselbe Person beteiligt ist, müsse dies erst recht in dem Fall ________________________ 196 Franz, BB 2010, 991, 994; Bien/Wagner, BB 2010, 923, 924. 197 Seit dem Urteil des BGH v. 29.1.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = DB 2001, 423 ganz h. M., vgl. nur Westermann, in Erman, Vor § 705 Rn. 18 mit umfangreichen w.N.; Personengesellschaften als mögliche Erwerber wurden vom BFH auch bereits unter Geltung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. erfasst, vgl. BFH v. 20.8.2003, I R 81/02, BStBl. II 2004, 614. Gl. A. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 46; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 13. 198 Zu diesem Problem insbesondere für die Gestaltungsberatung Breuninger, StbJb 2010/2011, 313, 314. 199 B. Lang, DK 2010, 35, 36; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 13; Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2628; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633. 200 Dörr, NWB 2010, 184, 187. 201 Vgl. BT-Drucks. 17/15, S. 19.

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gelten, in dem an dem übertragenden oder übernehmendem Rechtsträger keine andere Person beteiligt ist oder – wie bei einer natürlichen Person – sein kann.202 Diese Auffassung ist abzulehnen. Sie missachtet zum einen den Wortlaut der Vorschrift. Zudem verschweigt sie den Zusammenhang, in dem die Aussage in der Gesetzesbegründung, dass die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen sein muss, steht. Denn nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung ist die Regelung auf Fälle beschränkt, in denen die Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen ist, was als Ergebnis der Tatsache angeführt wird, dass im Falle des Hinzutritts neuer Gesellschafter oder beteiligter konzernfremder Dritter die Regelung nicht greift. Daraus, dass die Regelung nach dieser Aussage auf Fälle beschränkt ist, in denen die Verschiebung von Verlusten ausgeschlossen ist, kann aber nicht abgeleitet werden, dass die Regelung nun für alle Fälle gelten soll, in denen die Verschiebung von Verlusten ausgeschlossen ist. Die Erfassung aller dieser Fälle kann folglich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien hergeleitet werden. Natürliche Personen kommen damit weder als übertragender noch als übernehmender Rechtsträger in Betracht. Damit sind Übertragungen unter unmittelbarer Beteiligung von natürlichen Personen schädlich. c) Dieselbe Person An dem übernehmenden und übertragenden Rechtsträger muss dieselbe Person zu jeweils 100 % mittelbar oder unmittelbar beteiligt sein. Ist neben dieser Person ein Dritter an einem dieser Rechtsträger beteiligt, scheidet eine Anwendung aus. Dies gilt auch dann, wenn der Dritte nur einen Zwerganteil hält, was rechtspolitisch zu Recht kritisiert wird.203 Daher wird vorgeschlagen, in der Regelung stattdessen ein 95 %-Beteiligungserfordernis aufzunehmen (entsprechend der grunderwerbsteuerlichen Regelungen des § 1 Abs. 2a und Abs. 3 GrEStG)204 oder entsprechend der Systematik des § 8c KStG darauf abzustellen, ob eine Beteiligung Dritter von bis zu 25 % vorliegt – dann vollständiger Verlusterhalt – oder von mehr als 25 %, aber nicht mehr als 50 % – dann teilweiser Verlusterhalt in Höhe des übertragenen Anteils.205 Diese Vorschläge sind aber rechtspolitischer Natur und zielen auf eine Rechtslage de lege ferenda. De lege lata besteht kein Spielraum für eine vom 100 % Erfordernis einer Person abweichende Auslegung. ________________________ 202 203 204 205

Busch/Spiekermann, EStB 2010, 260, 261 f.; Dörr, NWB 2010, 184, 187. Vgl. Fey/Neyer, StuB 2010, 47, 50; Herzig/Bohn, DStR 2009, 2341, 2343. Herzig/Bohn, DStR 2009, 2341, 2343. B. Lang, DK 2010, 35, 40; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2634.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Als Person in diesem Sinne kommt grundsätzlich jede Rechtsperson (Rechtsträger) in Betracht, d. h. neben (den hier erfassten) natürlichen Personen auch juristische Personen und Personengesellschaften.206 Letztere allerdings nur in Form einer Mitunternehmerschaft. Vermögensverwaltende Personengesellschaften kommen auch trotz einer ggf. gegebenen zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit nicht als Rechtsträger in Betracht, insoweit ist die steuerliche Bruchteilsbetrachtung auch im Rahmen des § 8c KStG zu beachten (s. o. 1. a)).207 Nicht entscheidend ist aber, ob diese Person die Konzernspitze darstellt, eine Zwischenholding würde ebenfalls ausreichen.208 Dieselbe Person muss aufgrund des klaren Wortlauts eine vom übertragenden und übernehmenden Rechtsträger verschiedene Person sein.209 „Dieselbe Person“ kann also bei demselben Erwerb nicht gleichzeitig übertragender oder übernehmender Rechtsträger sein. Übertragungen von Anteilen unter unmittelbarer Beteiligung einer Konzernobergesellschaft, an der mehrere Personen beteiligt sind (z. B. börsennotierte Gesellschaften), scheiden daher aus dem Anwendungsbereich der Konzernklausel aus.210 Dies wird allerdings z. T. anders gesehen, der insoweit zu eng geratene Wortlaut sei im Wege der teleologischen Extension oder Analogie auch auf diese Fälle auszudehnen, da es nach dem gesetzgeberischen Plan keinen Zweifel geben könne, dass Übertragungen von der Konzernobergesellschaft auf nachgeordnete einhundertprozentige Untergesellschaften und umgekehrt ebenso begünstigt werden sollten.211 Dieser Auffassung ist zu widersprechen.212 Eine Nichterfassung dieser Fälle ist zwar rechtspolitisch höchst fragwürdig und begünstigt diejenigen Konzerne, die sich rechtzeitig eine hinreichende Beteiligungsstruktur aufgebaut haben (Stichwort Dummensteuer), gleichwohl ist sie geltendes Recht. Der Wortlaut der Regelung ist insoweit ein________________________ 206 B. Lang, DK 2010, 35, 37. 207 Gl. A. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 47; a. A. Dörr, NWB 2010, 184, 189; Franz, BB 2010, 991, 997. 208 Gl. A. Bien/Wagner, BB 2010, 923, 925. Die Gesetzesbegründung spricht von der Konzernspitze. Das bedeutet zum einen aber nicht, dass dies der einzige Anwendungsfall der Konzernklausel ist, zum anderen ist diese Einschränkung im Wortlaut nicht angelegt. 209 A. A. B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 120. 210 Vgl. auch Neumann, in Festschrift Streck, S. 103, 110; Schneider/Roderburg, FR 2009, 58, 59; wohl auch Kroniger/Braun, BB 2010, 2336. 211 So Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 46; Dörr, NWB 2010, 184, 190; Fey/Neyer, StuB 2010, 47, 51 f.; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 14; Bien/ Wagner, BB 2010, 923, 931; Franz, BB 2010, 991, 998; Busch/Spiekermann, EStB 2010, 260, 262; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8, 9. 212 Gl. A. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633.

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deutig und keiner anderen Auslegung zugängig. Der mögliche Wortsinn als Auslegungsgrenze weist gerade auf die erforderlichen mehreren Personen hin, die Grenze der teleologischen Auslegung wäre andernfalls auch hier überschritten. Der Zweck der Regelung ist in einem derart weiten Sinne, die ihm viele Literaturstimmen nachsagen, weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus dem Wortlaut ableitbar. Der Wille des Gesetzgebers (der insofern bereits noch nicht einmal in diesem Umfang aus der Gesetzesbegründung hervorgeht, vgl. oben b)) ist nur insoweit von Bedeutung, als er wenigstens andeutungsweise im Gesetz zum Ausdruck gekommen ist; er ist für die Auslegung nur insoweit maßgeblich, als er im Wortlaut und im Sinnzusammenhang des Gesetzes hinreichend bestimmt zum Ausdruck gekommen ist.213 Weiterhin ist umstritten, ob auch mehrere Personen unter den Begriff derselben Person zu fassen sind. Dies wird z. T. bejaht, wenn eine Personengruppe gleichgerichtete Interessen i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 3 KStG hat, da die Norm in diesem Fall mehrere Personen als einheitlich ansieht.214 Darüber hinaus plädieren Stimmen in der Literatur unter Berufung auf Sinn und Zweck der Regelung sogar für eine generelle erweiternde Auslegung, bei der der Begriff „dieselbe Person“ auch den Plural erfasst, wenn im konkreten Fall eine Verschiebung von Verlusten auf Dritte ausgeschlossen ist.215 Damit wären etwa Fälle erfasst, bei denen die Anteile an übernehmendem und übertragendem Rechtsträger von mehreren Personen unmittelbar gehalten werden. Auch hier kann aus den o. g. Gründen einer teleologischen Extension oder Analogie nicht zugestimmt werden.216 Im Rahmen der Konzernklausel weist der Wortlaut derart eindeutig auf den Singular hin, dass eine anderweitige teleologische Auslegung insoweit ausgeschlossen ist. Selbst die Gesetzesbegründung spricht davon, dass Umstrukturierungen, die ausschließlich innerhalb eines Konzerns vorgenommen werden, an dessen Spitze eine einzelne Person oder Gesellschaft steht.217

________________________ 213 BVerfG v. 17.5.1960, 2 BvL 11/59, BVerfGE 11, 126; BFH v. 20.4.2004, VII R 54/03, BFH/NV 2004, 1607; BFH v. 11.2.2009, I R 73/08, BStBl. II 2009, 516; Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 113 ff.; Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 235 m. w. N. 214 Orth, Ubg 2010, 169, 175; Busch/Spiekermann, EStB 2010, 260, 263. 215 Vgl. Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 78; Dörr, NWB 2010, 184, 188; Haßa/ Gosmann, DB 2010, 1198, 1199; Scheipers/Linn, Ubg 2010, 8, 10. 216 Auch Fey/Neyer, StuB 2010, 47, 51 gehen davon aus, dass nur einzelne Personen gemeint sind. 217 BT-Drucks. 17/15, S. 19.

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d) Rechtsfolge Sind die Voraussetzungen der Konzernklausel erfüllt, liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nicht vor. Dadurch werden jedenfalls solche Erwerbe aus dem Anwendungsbereich des § 8c KStG ausgenommen, die grundsätzlich unter Satz 1 oder Satz 2 fallen würden. Fraglich ist aber, ob die Regelung auch dazu führt, dass sog. „Zählerwerbe“ nicht zu berücksichtigen sind. Als Zählerwerbe werden Erwerbe bezeichnet, die für sich genommen noch nicht die Rechtsfolge des § 8c KStG auslösen, weil sie nicht im erforderlichen Umfang vorgenommen werden, aber im Hinblick auf spätere Erwerbe „gezählt“ werden und dann insoweit mit einem späteren Erwerb zur Schädlichkeit führen, wenn die Erwerbe innerhalb des Fünfjahreszeitraums vorgenommen werden. Durch die Aufnahme des Begriffs „schädlicher Beteiligungserwerb“, der vier Sätze zuvor legaldefiniert ist, ist man daran gebunden, auch nur solche schädlichen Erwerbe und damit eben keine Zählerwerbe zu berücksichtigen. Es kommt damit darauf an, ob im Zeitpunkt der letzten Übertragung, die zur Schädlichkeit führt, die Voraussetzungen der Konzernklausel erfüllt sind. Ob das so gewollt war, ist nicht ersichtlich, allerdings ist auch nicht das Gegenteil ersichtlich.218 Auch wenn rechtspolitisch ein anderes Ergebnis wünschenswert wäre, scheitert eine anderweitige Auslegung doch am klaren Wortlaut.219 Dies zeigt insbesondere auch ein Vergleich zur Rechtsfolge der Sanierungsklausel, die ausdrücklich nur den „Beteiligungserwerb“ ohne Bezug auf eine Schädlichkeit als unbeachtlich erklärt. Selbst wenn man von dem unwahrscheinlichen Fall ausgeht, dass der Gesetzgeber diese Differenzierung durch die sprachliche Gesetzesfassung nicht anlegen wollte, so ist sie doch objektives Recht geworden.

II. Sanierungsklausel 1. Allgemeines Nach § 8c Abs. 1a KStG ist für die Anwendung des Absatzes 1 ein Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft unbeachtlich. In der ursprünglichen Fassung des § 8c KStG war keine solche „Sanierungsklausel“ vorgesehen. Die Gesetzesbegründung verwies für Sanierungsfälle lediglich auf den sog. Sanierungs-Erlass220 und auf die ________________________ 218 A. A. wohl Bien/Wagner, BB 2010, 923, 928, nach denen diese Konsequenz „nicht gewollt sein kann“. Es ist bleibt aber fraglich, woraus sie das herleiten. 219 A. A. Dörr, NWB 2010, 184, 192; B. Lang, DK 2010, 35, 43; Bien/Wagner, BB 2010, 923, 928. 220 Siehe BMF v. 27.3.2003, IV A 6 - S 2140 - 8/03, BStBl. I 2003, 240. Der Sanierungs-Erlass wurde vom FG München als rechtswidrig eingeordnet, mit der Abschaf-

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Möglichkeit, den aus der Sanierung entstandenen Ertrag im Billigkeitswege nicht zu besteuern.221 Das Fehlen einer Sanierungsklausel bzw. eine nicht ausreichende Sanierungsklausel kann aber gravierende Folgen haben. Zum einen hat der Weg über den Sanierungs-Erlass für den Steuerpflichtigen den unübersehbaren Nachteil, dass er auf die Ermessensentscheidung des Finanzamts angewiesen ist. Zum anderen wirkt sich die Wirkungsweise des Sanierungs-Erlasses negativ gerade im Hinblick auf vorhandene Verlustvorträge aus. Denn dieser sieht einen Billigkeitserlass bzw. eine Stundung nur für die später anfallende Steuer vor. Das bedeutet aber, dass zunächst vorhandene Verlustvorträge zu verbrauchen sind und erst dann Billigkeitsmaßnahmen greifen können. Daher wurde die Angemessenheit der Lösung über diese Billigkeitsmaßnahme und das Fehlen einer ausdrücklichen Sanierungsklausel in § 8c KStG im Schrifttum zu Recht kritisiert.222 Nachdem der Bundesrat zunächst im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2009 einen ersten erfolglosen Vorstoß zur Einführung einer Sanierungsklausel gemacht hatte,223 war der zweite Versuch im Rahmen der Stellungnahme zum Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung224 von Erfolg gekrönt, die hierbei vorgeschlagene Sanierungsklausel wurde im Wesentlichen im Herbst 2009 Gesetz.225 Entscheidend dabei war, dass die Bundesregierung, die die besondere Brisanz des § 8c KStG insbesondere in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zunächst nur für be________________________

221 222 223 224 225

fung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. fehle eine Rechtsgrundlage, vgl. Urteil v. 12.12.2007, 1 K 4487/06, EFG 2008, 615 (Rev. anh. Az. VIII R 2/08). Der BFH hat in einer anderen Revisionssache nunmehr entschieden, dass ein Erlass trotz Abschaffung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. grundsätzlich möglich ist, BFH v. 14.7.2010, X R 34/08, BB 2010, 2205 (Rev. FG Köln v. 24.4.2008, 6 K 2488/06, EFG 2008, 1555). Zum Sanierungs-Erlass wurde allerdings konkret nur entschieden, dass die Entscheidung keine Billigkeitsmaßnahmen für unternehmerbezogene Sanierungen vorzusehen, nicht rechtswidrig ist (siehe jetzt aber BMF v. 22.12.2009, IV C 6 – S 2140/07/10001-01, BStBl. I 2010, 18 zu Rückausnahmen). Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten. BT-Drucks. 16/4841, S. 76. Vgl. nur Wiese, DStR 2007, 741. BR-Drucks. 545/08 (B), S. 49. BR-Drucks. 168/09 (B), S. 28 f. Durch das Gesetz zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen (Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung) v. 16.7.2009, BGBl. I 2009, S. 1959. Das Gesetz enthielt trotz seines irreführenden Titels als sog. Omnibusgesetz verschiedene steuerliche Regelungen, was darauf zurückzuführen ist, dass es die letzte steuerpolitische Maßnahme der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD in der 16. Legislaturperiode 2005–2009 war.

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sondere Bereiche (im Wesentlichen Finanzinstitute) erkannt hatte,226 die schädliche Wirkung der Norm im Hinblick auf Sanierungsfälle auch allgemein einsah.227 Die Sanierungsklausel war allerdings zunächst auf die Jahre 2008 und 2009 (mit – unproblematischer, da begünstigender – Rückwirkung) beschränkt. Nach dem Regierungswechsel Ende 2009 wurde diese zeitliche Beschränkung durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz aufgehoben, der Gesetzgeber hatte offenbar erkannt, dass ein Erfordernis für eine solche Regelung auch in wirtschaftlich „normalen“ Zeiten sinnvoll ist. Die Regelung sollte damit letztlich auf Beteiligungserwerbe ab 2008 – d. h. ab Inkrafttreten der Norm – zeitlich unbeschränkt Anwendung finden (§ 34 Abs. 7c Satz 1 KStG). Indes eröffnete die EU-Kommission im Februar 2010 wegen Zweifeln an der Vereinbarkeit der Sanierungsklausel mit den EU-Beihilferegelungen ein Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV228.229 Das BMF wendete § 8c Abs. 1a KStG daraufhin nicht mehr an.230 Im Januar 2011 entschied die EU-Kommission schließlich, dass die Sanierungsklausel nicht mit den unionsrechtlichen Beihilfevorschriften vereinbar sei.231 Die Bundesregierung hat gegen diese Entscheidung am 7. April 2011 Nichtigkeitsklage erhoben.232 Im Dezember 2011 wurde der Gesetzgeber im Hinblick auf das Verfahren tätig und ergänzte § 34 Abs. 7c KStG mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz233 um die Sätze 2 ff., nach denen § 8c Abs. 1a KStG nur anzuwenden ist, wenn eine rechtskräftige Entscheidung des Gerichts oder Gerichtshofs ________________________ 226 Zunächst wurden im Sinne einer Bereichsausnahme Erwerbe durch den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) oder durch eine andere inländische Gebietskörperschaft oder einer von dieser errichteten, mit dem SoFFin vergleichbaren Einrichtung, ausgenommen, siehe dazu unten 2. Kapitel: G. II., S. 89. 227 Siehe insbesondere die Begründung der Stellungnahme des Bundesrates, in der er ausführlich darlegt, dass § 8c KStG in der Krise als spezielles Restrukturierungshindernis wirkt, BR-Drucks. 168/09 (B), S. 29 f. 228 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der gemäß dem Vertrag von Lissabon den EG-Vertrag mit Wirkung ab dem 1.12.2009 ersetzt (eine konsolidierte Fassung findet sich im ABl. C 321 E v. 29.12.2009, S. 1). 229 Beschluss der Kommission v. 24.2.2010, C 7/2010 (ex NN 5/2010), ABl. C 90 v. 8.4.2010, S. 8. 230 BMF v. 30.4.2010, IV C 2 – S 2745-a/08/10005:002, DStR 2010, 928. 231 Entscheidung der Kommission v. 26.1.2011, K(2011)275 (endgültig), im Internet abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/235253/235253_ 1207490_86_2.pdf. 232 Rechtssache T-205/11, ABl. EU C 186, S. 28. 233 Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 7.12.2011, BGBl. I 2011, S. 2592.

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D. Voraussetzungen

der Europäischen Union den Beschluss der Europäischen Kommission für nichtig erklärt oder die Kommission selbst einen Beschluss fasst, mit dem weder die Aufhebung noch die Änderung der Sanierungsklausel gefordert wird. In beiden Fällen fände die Regelung damit auch für zurückliegende Veranlagungszeiträume Anwendung. 2. Potentielle Europarechtswidrigkeit Es ist zweifelhaft, ob § 8c Abs. 1a KStG234 wie von der Kommission behauptet tatsächlich nicht mit den Beihilfevorschriften des Unionsrechts vereinbar ist.235 Die Prüfung, ob eine beihilferechtlich unzulässige Maßnahme vorliegt, erfolgt in drei Schritten.236 Zunächst ist die Frage nach dem sog. Referenzsystem zu beantworten, d. h. wie das geltende Steuersystem den betreffenden steuerlichen Bereich im Allgemeinen bzw. im „Normalfall“ regelt.237 In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen und festzustellen, ob ein etwaiger Vorteil, der durch die Maßnahme gewährt wird, selektiven Charakter hat, wobei gegebenenfalls nachzuweisen ist, dass die Maßnahme insofern eine Ausnahme vom Referenzsystem darstellt, als sie zwischen Wirtschaftsteilnehmern differenziert, die sich im Hinblick auf das mit der Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. Liegt eine solche Ausnahme vor – was bedeutet, dass die Maßnahme prima facie selektiven Charakter zu haben scheint –, so ist in einem dritten Schritt zu prüfen, ob die Differenzierung durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems, in dessen Rahmen sie erfolgt, bedingt ist und daher gerechtfertigt sein könnte. ________________________ 234 Zu der im Rahmen dieser Untersuchung nicht behandelten Frage, ob § 8c KStG i. d. F. der Jahre 2008 und 2009 allgemein tatbestandlich mit dem Unionsrecht vereinbar ist siehe Drüen/Schmitz, GmbHR 2012, 485 ff. 235 Gegen eine Unionsrechtswidrigkeit Drüen, DStR 2011, 289, 291 f.; ders., Ubg 2010, 543, 544; Blumenberg/Haisch, FR 2012, 12, 14; Blumenberg/Kring, IFSt-Schrift Nr. 473, S. 56; Jochum, FR 2011, 497, 498; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 682; Ehrmann, DStR 2011, 5, 8; Hackemann/Momen, BB 2011, 2135, 2138 ff.; Marquart, IStR 2011, 445, 449; auch das FG Münster erkennt ernstliche Zweifel im Beschluss v. 1.8.2011, 9 V 357/11 K, G, EFG 2012, 165 (Beschwerde beim BFH anhängig unter Az. I B 150/11); der Kommissionsentscheidung zustimmend dagegen de Weerth, DB 2010, 1205, 1206. Zu den Rechtsbehelfmöglichkeiten betroffener Unternehmen gegen die Entscheidung der Kommission s. Linn, IStR 2011, 481, 482 ff.; Dörr, NWB 2011, 690, 697 f. 236 Dazu auch Drüen, DStR 2011, 289, 290; Ehrmann, DStR 2011, 5, 7 ff.; Marquart, IStR 2011, 445, 448 ff.; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 679 ff. 237 Vgl. hierzu und im Folgenden Entscheidung der Kommission v. 26.1.2011, K(2011)275 (endgültig), Rn. 50 ff., im Internet abrufbar unter http://ec.europa.eu/ competition/state_aid/cases/235253/235253_1207490_86_2.pdf.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Maßgebendes Referenzsystem ist nach Auffassung der EU-Kommission der Verlustabzug bei Körperschaften, bei denen es zu einem Beteiligungserwerb kommt.238 Hiervon ausgehend kommt sie zur Sanierungsklausel als ungerechtfertigter Ausnahme. Diese Sicht ist abzulehnen, da als Referenzsystem das objektive Nettoprinzip zugrunde zu legen ist, nach dem das Nettoeinkommen eines jeweiligen Steuersubjekts der Besteuerung zu unterwerfen ist.239 Dieses wird aber durch den Verlustausgleich und -abzug verwirklicht.240 Die Norm des § 8c KStG stellt nun selbst gerade eine Ausnahme hiervon dar und beschreibt nicht den Normalfall. Vielmehr hat die Sanierungsklausel als Ausnahme zu § 8c KStG die Rückkehr zum eigentlichen Normalfall zur Folge, nach dem die Verluste grundsätzlich beim Steuersubjekt zu berücksichtigen sind.241 Die Regelung stellt damit keine unzulässige Beihilfe dar242, es wird sich zeigen, ob die Entscheidung der Kommission Bestand haben wird. 3. Beteiligungserwerb Der Wortlaut des Abs. 1a verwendet den Begriff des Beteiligungserwerbs und nicht den Begriff des schädlichen Beteiligungserwerbs i. S. d. Abs. 1. Es ist daher fraglich, ob der Beteiligungserwerb i. S. d. Abs. 1a alle Fälle des schädlichen Beteiligungserwerbs i. S. d. Abs. 1 erfasst, d. h. insbesondere auch die vergleichbaren Sachverhalte und die Kapitalerhöhungen (so die herrschende Literatur und die Finanzverwaltung243), oder ob nur Erwerbe von Beteiligungen (im engsten Verständnis also von Stammkapital) gemeint sind.244 Für letzteres spricht zunächst der Wortlaut, der nicht die Legal________________________ 238 Entscheidung der Kommission v. 26.1.2011, K(2011)275 (endgültig), Rn. 66, im Internet abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/235253/ 235253_1207490_86_2.pdf. 239 Drüen, DStR 2011, 289, 291; Blumenberg/Haisch, FR 2012, 12, 15; Ehrmann, DStR 2011, 5, 8; Marquart, IStR 2011, 445, 449; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 682. 240 Zur verfassungsrechtlichen Dimension des Verlustausgleichs und -abzugs s. u. 3. Kapitel: A. I. 1, S. 94. 241 Drüen, DStR 2011, 289; ders., Ubg 2010, 543, 544; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561, 564; dies., GmbHR 2011, 673, 682; Hackemann/Momen, BB 2011, 2135, 2138. 242 Siehe Nachweise Fn. 235. 243 Vgl. OFD Rheinland v. 30.3.2010, S 2745-1007-St 131, GmbHR 2010, 557, Tz. 3; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 81; Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116; Fey/Neyer, DB 2009, 1368, 1370; Dörr, NWB 2009, 2050, 2052; Sistermann/ Brinkmann, DStR 2009, 1453; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2174; Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525, 526; Roser, FR 2009, 937, 938. 244 So Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 12.

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D. Voraussetzungen

definition des schädlichen Beteiligungserwerbs aufnimmt. Allerdings besteht der Zweck der Regelung vor dem Hintergrund, dass § 8c KStG als spezielles Restrukturierungshindernis wirkt,245 in der Erleichterung von Sanierungen im Sinne der Belohnung des freiwilligen Engagements eines Neugesellschafters.246 Dieser Zweck ist aber unabhängig davon erfüllt, ob ein Erwerber Stammkapital erwirbt, ob er sich mittels Kapitalerhöhung beteiligt, oder ob er sich mittels eines vergleichbaren Sachverhalts beteiligt. Im Übrigen spricht ein weiterer Punkt für diese Auslegung. Die Legaldefinition des schädlichen Beteiligungserwerbs i. S. d. Abs. 1 kann gewissermaßen aufgespalten werden: Bei der Übertragung eines Erwerbsgegenstandes im o. g. Sinn liegt ein „Beteiligungserwerb“ vor. „Schädlich“ wird dieser Beteiligungserwerb aber nur dann, wenn er die relevante Schwelle von 25 % bzw. 50 % innerhalb von fünf Jahren überschreitet. Ein Beteiligungserwerb im Sinne des § 8c KStG liegt damit in allen Fällen der Übertragung eines Erwerbsgegenstandes vor, unabhängig vom Umfang der Übertragung. Folgt man dieser Überlegung, leitet dies über zum weiteren Gedanken, dass nach § 8c Abs. 1a KStG alle Beteiligungserwerbe zum Zwecke der Sanierung unschädlich sind, unabhängig davon, ob die Erwerbsschwellen des Abs. 1 Satz 1 oder 2 überschritten sind. Das bedeutet, dass Erwerbe zum Zweck der Sanierung auch nicht als Zählerwerbe bei früheren oder nachfolgenden weiteren Anteilserwerben (innerhalb der Fünfjahresfrist) zu berücksichtigen sind (im Gegensatz zur Behandlung im Rahmen der Konzernklausel, dazu s. o.).247 Eine gesetzliche Aufnahme des Begriffs des schädlichen Beteiligungserwerbs machte diese Auslegung unmöglich, hierbei wären dann tatsächlich nur schädliche Erwerbe erfasst gewesen.248 Es handelt sich daher gerade nicht um eine Formulierungsschwäche.249 § 8c Abs. 1a KStG erwähnt nicht ausdrücklich die Erfassung von mittelbaren Erwerben. Dies ist nach der hier vertretenen Ansicht bereits deshalb unschädlich (d. h. auch mittelbare Erwerbe sind begünstigt), weil der Begriff des Beteiligungserwerbs i. S. d. Abs. 1a alle Übertragungen von Erwerbsgegenständen i. S. d. Abs. 1 erfasst, d. h. eben auch mittelbare.250 Im Übrigen ________________________ 245 BR-Drucks. 168/09 (B), S. 29. 246 BT-Drucks. 16/13429, S. 76. 247 So im Erg. auch Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 82; Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116; Dörr, NWB 2009, 2050, 2053; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2174. 248 A. A. in Bezug auf die Konzernklausel Dörr, NWB 2010, 184, 192, s. o. 249 So aber Roser, FR 2009, 937, 939. 250 Im Ergebnis auch Fey/Neyer, DB 2009, 1368, 1370; Dörr, NWB 2009, 2050, 2059; Roser, FR 2009, 937, 939.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

sieht auch die Gesetzesbegründung mittelbare Erwerbe als begünstigt an.251 Unklar ist aber, auf welcher Ebene die Sanierung durchgeführt werden muss. Teile der Literatur sind der Auffassung, bei einem nach Abs. 1a begünstigten Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft sei bei allen nachgeordneten Gesellschaften ein schädlicher Beteiligungserwerb zu verneinen.252 Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Rechtsfolge des Abs. 1a vorsieht, dass ein Beteiligungserwerb unbeachtlich ist. Wenn aber der Erwerb auf Ebene der Muttergesellschaft für § 8c KStG unbeachtlich sei, könne auf Ebene der Tochtergesellschaften – bei denen an sich „nur“ ein mittelbarer Erwerb vorliegt – bereits kein schädlicher Beteiligungserwerb vorliegen.253 Andere Teile der Literatur und die Finanzverwaltung verlangen bei einem mittelbaren Beteiligungserwerb eine eigenständige Prüfung der Sanierungsklausel auf Ebene jeder Gesellschaft, die über nicht genutzte Verluste verfügt.254 Insoweit spricht zum einen die Gesetzesbegründung eine deutliche Sprache, nach der stets Voraussetzung sein soll: „dass die inländische Körperschaft, die den Verlustvortrag erhalten will, saniert wird. Wird also z. B. eine Obergesellschaft saniert, die Untergesellschaft dagegen nicht, gilt auf der Ebene der Untergesellschaft weiterhin die Verlustabzugsbeschränkung.“255 Zudem spricht auch der Zweck der Regelung für eine eigenständige Prüfung auf jeder Ebene. Zweck ist es, Erwerbe zum Zweck der Sanierung zu begünstigen. Wird eine Gesellschaft aber tatsächlich nicht saniert, sondern nur eine ihr übergeordnete, ist dieser Zweck nicht erfüllt. 4. Zum Zweck der Sanierung Die Regelung setzt einen Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft voraus. Der Zweck einer Handlung ist ein subjektives Merkmal, hier die Sanierungsabsicht. Diese muss sich aber in der Erfüllung der Sanierungskriterien objektiv manifestieren.256 Durch das Abstellen auf die Sanierungsabsicht im Erwerbszeitpunkt ist aber auch gleichzeitig klargestellt, dass eine objektiv erfolgreiche Sanierung nicht ________________________ 251 BT-Drucks. 16/13429, S. 77. 252 Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2178; Roser, FR 2009, 937, 939 f.; wohl auch Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453, 1454. 253 Insbesondere Roser, FR 2009, 937, 939 f. 254 OFD Rheinland v. 30.3.2010, S 2745-1007-St 131, GmbHR 2010, 557, Tz. 8; Dötsch, JbFSt 2009/2010, S. 233; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 82; Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116. 255 BR-Drucks. 168/09 (B), S. 32. 256 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453, 1454.

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Voraussetzung ist.257 Eine Sanierung ist legaldefiniert als Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten (§ 8c Abs. 1a Satz 2 KStG). Wenn der Erwerb zum Zweck der Sanierung in diesem Sinne erfolgen soll, muss sich die Gesellschaft also bereits in diesem Stadium befinden. Es ist aber unklar, wann genau dies der Fall sein soll. Nach der Gesetzesbegründung ist die Sanierungsklausel insoweit tatbestandlich an das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO angelehnt, für den maßgeblichen Zeitpunkt, ab wann ein Erwerb begünstigt ist, sei auf die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts vor Inkrafttreten des MoMiG258 zur „Krise“ abzustellen.259 Der Gesetzeswortlaut verwendet dagegen die insolvenzrechtlichen Begriffe der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Hier sollte die vom Gesetzgeber gewollte Anknüpfung an das Insolvenzrecht grundsätzlich zu beachten sein. Diese hat durch den Wortlaut auch hinreichenden Niederschlag in der objektiven Gesetzeslage gefunden, das Gesetz hat die Begriffe hier „aufgenommen“.260 Eine weitere Anwendung der „Krise“ in diesem Teilbereich wie von der Gesetzesbegründung gewollt, ist aber nicht angezeigt und ist der objektiven Gesetzeslage auch nicht zu entnehmen. Mit dem MoMiG wurde eben das Eigenkapitalersatzrecht nach § 32a GmbHG a. F. abgeschafft. Es wäre wenig sinnvoll, die „Krise“, die einen zivilrechtlichen Ausgangspunkt hat, allein für das Steuerrecht zu konservieren.261 Das Insolvenzrecht beschreibt die Zahlungsunfähigkeit, die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung näher. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO). Eine Überschuldung liegt vor, ________________________ 257 Roser, FR 2009, 937, 940; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453, 1454. 258 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, S. 2026. 259 BT-Drucks. 16/13429, S. 76. 260 Vgl. zur Auslegung von Begriffen im Steuerrecht, die ihren Ursprung in anderen Rechtsgebieten haben, oben 2. Kapitel: D. I. 3. a), S. 36. 261 Nach Mückl/Remplik, FR 2009, 689, 692 soll die Krise dagegen insoweit zu beachten sein, als bei ihrem Vorliegen die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung gegeben sein soll. Hierzu zu Recht kritisch Dötsch, in Dötsch/ Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 114.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 InsO). Die Modifikation des letzten Halbsatzes (positive Fortführungsprognose) ist zeitlich beschränkt bis zum 31.12.2013.262 Eine Überschuldung i. S. d. § 8c Abs. 1a KStG ist nach Sinn und Zweck263 der Sanierungsklausel auch anzunehmen, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht, die lediglich die insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließt. Die insolvenzrechtliche Ausnahme hat den Zweck, dass Unternehmen, die im Rahmen der Finanz- und Wirtschaftskrise erhebliche Abwertungen vornehmen mussten und daher bilanziell überschuldet waren, aber gleichwohl im Wesentlichen wirtschaftlich gesund waren, von einer Insolvenz auszunehmen. Eine unbesehene Anwendung des Überschuldungsbegriffs auch auf § 8c KStG würde aber dessen Zweck, die Förderung von Sanierungen, geradezu konterkarieren. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Sanierungsklausel nur anwendbar ist, wenn das Unternehmen auch sanierungsfähig ist (dazu siehe sogleich), wäre es nicht sachgerecht, bei Vorhandensein einer positiven Fortführungsprognose § 8c KStG nicht anzuwenden.264 Gleichwohl greift die Sanierungsklausel mit dem Anknüpfen an einen Insolvenzantragsgrund erst sehr spät ein, oftmals ist in diesem Stadium „das Kind bereits in den Brunnen gefallen“. 5. Sanierungsfähigkeit, Sanierungseignung und Sanierungsplan Zusätzliche Voraussetzung für einen begünstigten Erwerb ist nach der Gesetzesbegründung, dass die Körperschaft nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten im Augenblick des Anteilserwerbs sanierungsfähig ist und die für die Sanierung in Angriff genommenen Maßnahmen objektiv geeignet sind, die Körperschaft in absehbarer Zeit aus der Krise zu führen.265 Dogmatisch können diese Voraussetzungen daraus abgeleitet werden, dass sich die Sanierungsklausel tatbestandlich an das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO anlehnt. Dieses löste das Sanierungsprivileg ________________________ 262 Die Ausnahme bei positiver Fortführungsprognose wurde durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982 eingeführt und war ursprünglich bis zum 31.12.2010 befristet. Die Befristung wurde dann durch das Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen v. 24.9.2009, BGBl. I 2009, S. 3151 bis zum 31.12.2013 verlängert. 263 Dazu allgemein Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 AO Rn. 218 f. m. w. N. 264 Gl. A. Eilers, StuW 2010, 205, 208; Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116, 2117; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453, 1454; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2178. 265 BT-Drucks. 16/13429, S. 76; BR-Drucks. 168/09(B), S. 31.

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des § 32a Abs. 3 Satz 3 GmbHG unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts vor MoMiG ab. Hierzu hatte der BGH aber die entsprechenden Voraussetzungen aufgestellt.266 Darüber hinaus wird ein begrüßenswerter Gleichklang mit den Erfordernissen des Sanierungs-Erlasses der Finanzverwaltung, der insoweit wiederum auf den Rechtsprechungsgrundsätzen zum aufgehobenen § 3 Nr. 66 a. F. beruht, erzielt. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Sanierungsfähigkeit und Sanierungseignung soll nach der Gesetzesbegründung in der Regel durch einen Sanierungsplan nachzuweisen sein.267 6. Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen Schließlich setzt die Sanierungsklausel die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen voraus. Dieses Merkmal wird durch § 8c Abs. 1a Satz 3 KStG konkretisiert und ist danach erfüllt, wenn eines der drei Merkmale erfüllt ist. a) Befolgung einer Betriebsvereinbarung Nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG muss die Körperschaft eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung befolgen. Fraglich ist, ob mit der Verwendung des Begriffs der geschlossenen Betriebsvereinbarung ein strenges arbeitsrechtliches Verständnis anzuwenden ist. Dies gilt zunächst für die Frage, ob überhaupt eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden kann. Nach § 77 Abs. 2 BetrVG können Betriebsvereinbarungen nur von Betriebsrat und Arbeitgeber beschlossen werden. Ein Betriebsrat wird nach § 1 BetrVG aber nur in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen Arbeitnehmern gewählt. Zudem stellt § 77 BetrVG bestimmte formelle Voraussetzungen auf (schriftliche Niederlegung des gemeinsamen Beschlusses, Unterzeichnung durch beide Seiten, Auslegung an geeigneter Stelle im Betrieb), die bei einem strengen Verständnis bei Nichteinhaltung ebenfalls zur Nichtanwendbarkeit des § 8c Abs. 1a KStG führten. Hier sollte differenziert werden. Zwar wird durch die Verwendung des arbeitsrechtlichen Begriffs der Betriebsvereinbarung dieser in den steuerlichen Kontext „aufgenommen“. Eine solche arbeitsrechtliche Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ist daher Voraussetzung für die An________________________ 266 BGH v. 21.11.2005, II ZR 277/03, BGHZ 165, 106 = DB 2006, 383. 267 BT-Drucks. 16/13429, S. 76; zu den Anforderungen an diesen Sanierungsplan s. etwa Dörr, NWB 2009, 2050, 2054 und Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2175 (Verweis auf die Mindestanforderungen des entsprechenden IDW Wirtschaftsprüfungsstandards) und OFD Rheinland v. 30.3.2010, S 2745-1007-St 131, GmbHR 2010, 557, Tz. 5 (nach der der IDW Wirtschaftsprüfungsstandard nicht in allen Fällen erforderlich ist).

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

wendbarkeit dieser Alternative. Gibt es keinen Betriebsrat, steht diese Alternative dem Steuerpflichtigen nicht offen.268 Eine Einhaltung der formellen Voraussetzungen ist aber grundsätzlich nicht erforderlich. Denn diese erfüllen besondere Schutzfunktionen für Betriebsrat und Arbeitnehmer, die aber nicht auf das Steuerrecht durchschlagen. Zudem hat § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 1 KStG zur Voraussetzung, dass die Betriebsvereinbarung befolgt wird. Bei einer tatsächlichen Befolgung wäre es aber für Zwecke der Sanierungsklausel nicht sachgerecht, auch die Einhaltung der formellen Voraussetzungen zu fordern.269 Die Betriebsvereinbarung muss aber eine Arbeitsplatzregelung enthalten. Der gesetzliche Wortlaut weicht geringfügig vom ursprünglichen Entwurf des Bundesrats ab, der noch eine Betriebsvereinbarung zum Erhalt von Arbeitsplätzen forderte.270 Diese Änderung sollte aber keine wesentlichen Auswirkungen haben, ein Erhalt von Arbeitsplätzen sollte auch nach der jetzt in Kraft getretenen Fassung erforderlich sein, da diese Alternative die Konkretisierung des allgemeinen Merkmals des Erhalts der wesentlichen Betriebsstrukturen ist.271 Nicht entscheidend ist allerdings der Umfang der zu erhaltenden Arbeitsplätze, ein solches Erfordernis ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Daher kann die Vereinbarung auch einen Arbeitsplatzabbau, sogar in erheblichem Maße, vorsehen.272 Es müssen aber zumindest irgendwelche Arbeitsplätze erhalten werden. Letztlich verlässt sich der Gesetzgeber aber hier insoweit auf die Parteien der Betriebsvereinbarung, die für einen Interessenausgleich sorgen, der dann auch für das Steuerrecht Beachtung finden kann. b) Lohnsummenregelung Nach § 8 Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG darf die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten. Für die Ermittlung der maßgeblichen Lohnsummen wird auf § 13a Abs. 1 ________________________

268 Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 87; Dörr, NWB 2009, 2050, 2056; Suchanek/ Herbst, Ubg 2009, 525, 530; Wittkowski/Hielscher, BRZ 2009, 421, 423; Mückl/ Remplik, FR 2009, 689, 694. 269 So zutr. auch OFD Rheinland v. 30.3.2010, S 2745-1007-St 131, GmbHR 2010, 557, Tz. 13. 270 BR-Drucks. 168/09 (B), S. 28. 271 Nach Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2175 soll die in Kraft getretene Gesetzesfassung weiter zu verstehen sein, unklar bleibt aber, welche Auswirkungen dies konkret nach sich ziehen soll. 272 Vgl. auch Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525, 530; Dörr, NWB 2009, 2050, 2056; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 88; Mückl/Remplik, FR 2009, 689.

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D. Voraussetzungen

Satz 3 und 4 und Absatz 4 des ErbStG verwiesen, was der Vereinfachung dienen soll.273 Ausgangslohnsumme ist nach § 13a Abs. 1 Satz 3 ErbStG die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer endenden Wirtschaftsjahre. Diese ist mit der Durchschnittslohnsumme der nächsten fünf Jahre zu vergleichen. Insoweit gilt ein Stichtagsprinzip, der Fünfjahreszeitraum ist gemäß der Vorgehensweise im Erbschaftsteuerrecht taggenau ab dem schädlichen Beteiligungserwerb zu berechnen (§§ 187, 188 BGB).274 Durch das Abstellen auf 400 % innerhalb von fünf Jahren ist aber nicht ein jährlicher Lohnsummenvergleich maßgebend, sondern dass die Voraussetzung im Durchschnitt über die gesamten fünf Jahre zu erfüllen ist. Ein Unterschreiten in einem Jahr kann folglich durch ein entsprechendes Überschreiten in einem anderen Jahr ausgeglichen werden.275 Nach § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist der Lohnsummenvergleich aber nicht anzuwenden, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder der Betrieb nicht mehr als 20 Beschäftigte276 hat.277 Es ist fraglich, wie diese Voraussetzung im Rahmen des § 8c Abs. 1a KStG zu verstehen ist. Teile der Literatur gehen davon aus, dass in diesem Fall die Erhaltung der wesentlichen Betriebsstrukturen stets gegeben sei, da die Lohnsummenklausel aufgrund des gesetzlichen Verweises keine Anwendung finde.278 Dies hätte allerdings zur Folge, dass der Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen im Ergebnis gar nicht mehr Voraussetzung wäre, obwohl Satz 2 dies gerade voraussetzt. Daher ist davon auszugehen, dass Betrieben, die die Größenkriterien nicht erfüllen, diese Option von vornherein erst gar nicht offen steht.279 Diesen Betrieben steht zudem auch die Erfüllung der anderen Alternativen offen. ________________________

273 BT-Drucks. 16/13429, S. 76. 274 Für das Erbschaftsteuerrecht s. Söffing, in Wilms/Jochum, § 13a ErbStG Rn. 41. 275 Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 1453, 1455. Die entsprechende Behandlung im Erbschaftsteuerrecht, (siehe dazu etwa Söffing, in Wilms/Jochum, § 13a ErbStG Rn. 40 und Zipfel/Lahme, DStZ 2009, 633) schlägt wegen des Verweises auch auf die Sanierungsklausel durch. 276 Vor Inkrafttreten des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes war diese Grenze bei 10 Beschäftigten angesiedelt. 277 Ausführlich dazu, wer als Beschäftigter in diesem Sinne gilt etc. s. etwa Abschnitt 8 Abs. 2 des Erlasses zur Umsetzung des Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuerund Bewertungsrechts v. 25.6.2009, BStBl. I 2009, 713. 278 So Fey/Neyer, DB 2009, 1368, 1370; Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116, 2118; Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525, 530; Dörr, NWB 2009, 2050, 2056. 279 Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 119; Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 88; Ortmann-Babel/Bolik/Gageur, DStR 2009, 2173, 2176; Mückl/ Remplik, FR 2009, 689, 695; auch OFD Rheinland v. 30.3.2010, S 2745-1007-St 131, Tz. 18.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

c) Wesentliche Betriebsvermögenszuführung durch Einlagen § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 1 KStG setzt voraus, dass der Körperschaft durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt wird. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht (§ 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 2 KStG). Die Betriebsvermögenszuführung muss nach dem eindeutigen Wortlaut durch Einlagen erfolgen. Begünstigt werden damit alle Vermögenszuführungen von außen, soweit sie steuerlich ein einlagefähiges Wirtschaftsgut darstellen.280 Hierunter fallen sowohl offene als auch verdeckte Einlagen. Darüber hinaus sollten aber auch Sacheinbringungen i. S. d. UmwStG begünstigte Einlagen in diesem Sinne sein.281 Sacheinlagen sollten entsprechend der allgemeinen Grundsätze gem. § 8 Abs. 1 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert zu bewerten sein (wie verdeckte Einlagen).282 Der auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Forderungsverzicht würde bereits nach allgemeinen Grundsätzen zu einer verdeckten Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung führen.283 Gleichwohl hat der Gesetzgeber – vielleicht aufgrund der „schlechten Erfahrungen“ mit der BFH-Rechtsprechung zu § 8 Abs. 4 KStG a. F. – ausdrücklich nochmals in § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 KStG geregelt, dass der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person der Zuführung von Betriebsvermögen gleichsteht, soweit die Verbindlichkeiten werthaltig sind. ________________________ 280 Nicht erfasst ist damit die Nutzungseinlage, soweit diese nicht als dingliche oder obligatorische Nutzungsrechte als Wirtschaftsgut anzusehen sind, vgl. BFH v. 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl. II 1988, 347. Damit ist z. B. die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Mitteln durch den Gesellschafter nicht begünstigt, was aber im Rahmen der Gestaltung vermieden werden kann, indem zunächst ein angemessenes Entgelt vereinbart wird, auf das dann innerhalb der zwölf Monate nach dem Erwerb verzichtet wird, vgl. Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116, 2119. 281 Dörr, NWB 2009, 2050, 2057. 282 Neyer, BB 2009, 2284, 2287; Dörr, NWB 2009, 2050, 2056; zur Bewertung verdeckter Einlagen s. BFH v. 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl. II 1988, 347 und v. 9.6.1997, GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307. A. A. dagegen Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525, 530: Bewertung mit dem gemeinen Wert nach § 9 BewG. Das BewG findet allerdings nur Anwendung, soweit in anderen Steuergesetzen – wie hier das EStG – besondere Bewertungsvorschriften enthalten sind (§ 1 Abs. 2 BewG). 283 Grundlegend BFH v. 9.6.1997, GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, s. a. BFH v. 16.5.2001, I B 143/00, BStBl. II 2002, 436, BMF v. 2.12.2003, IV A 2 - S 2743 5/03, BStBl. I 2003, 648.

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D. Voraussetzungen

Die Wesentlichkeitsgrenze von 25 % gilt nur insoweit, als 100 % der Anteile erworben werden. Wird nur ein Anteil an der Körperschaft erworben, ist nur der entsprechende Anteil des Aktivvermögens zuzuführen (§ 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 3 Satz 3 KStG). Schließlich mindern nach Satz 5 Leistungen der Kapitalgesellschaft, die innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens erfolgen, den Wert des zugeführten Betriebsvermögens. Wird dadurch die erforderliche Zuführung nicht mehr erreicht, führt die Zuführung insgesamt nicht mehr zur Begünstigung. Der Begriff Leistungen der Kapitalgesellschaft findet sich terminologisch wieder in § 27 KStG und sollte daher auch entsprechend auszulegen sein. Daher sind hier alle Auskehrungen erfasst, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, d. h. neben offenen auch verdeckte Gewinnausschüttungen, Einlagenrückgewähr und Kapitalrückzahlungen.284 7. Einstellung des Geschäftsbetriebs oder Branchenwechsel Nach § 8c Abs. 1a Satz 4 KStG liegt keine Sanierung vor, wenn die Körperschaft ihren Geschäftsbetrieb im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs im Wesentlichen eingestellt hat oder nach dem Beteiligungserwerb ein Branchenwechsel innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erfolgt. Diese Ausnahme soll Fälle erfassen bei denen lediglich der Mantel einer unternehmenslosen Körperschaft verwendet wird, in denen letztlich eine „wirtschaftlichen Neugründung“ im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BGH vorliegt.285 Zur Einstellung des Geschäftsbetriebs vertrat die Finanzverwaltung zu § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995, der voraussetzte, dass der Betrieb in einem nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird, die Auffassung, dass eine Einstellung des Geschäftsbetriebs vorliegt, wenn die Gesellschaft im wirtschaftlichen Ergebnis aufgehört hat werbend tätig zu sein, d. h. wenn die Tätigkeit entweder insgesamt aufgegeben wurde oder die verbleibende Tätigkeit im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit nur noch als unwesentlich anzusehen ist.286 Der BFH hatte sich dieser Auffassung wohl im Wesentlichen angeschlossen, ließ es aber konkret offen, ob es ausreichte, dass die verbleibende Tätigkeit im

________________________ 284 Dörr, NWB 2009, 2050, 2058. 285 BT-Drucks. 16/13429, S. 77 unter Verweis auf BGH v. 7.7.2003, II ZB 4/02, BGHZ 155, 318. 286 BMF v. 25.3.1998, IV B 7 - S 1978 - 21/98, BStBl. I 1998, 268, Tz. 19.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

Vergleich zur bisherigen Tätigkeit nur noch als unwesentlich anzusehen ist.287 Diese Definition sollte auch hier Anwendung finden.288 Der Branchenwechsel war bislang kein gesetzlicher Begriff, er war aber bereits im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG a. F. insofern von Bedeutung, als er von Verwaltung und Rechtsprechung für die Frage der wirtschaftlichen Identität und der Erhaltung des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs herangezogen wurde.289 Der Branchenwechsel war insoweit nur Unterfall der (schädlichen) Einstellung des Geschäftsbetriebs, womit die zusätzliche Erwähnung des Branchenwechsels letztlich nur klarstellende Bedeutung hat.290

________________________ 287 BFH v. 5.6.2003, I R 38/01, BStBl. II 2003. 822; v. 21.11.2006, I R 16/05, BFH/NV 2007, 1062. 288 S. a. Roser, FR 2009, 937, 944; Suchanek/Herbst, Ubg 2009, 525, 531. 289 Vgl. BMF v. 16.4.1999, IV C 6-S 2745-12/99, BStBl. I 1999, 455, Tz. 18; BFH v. 13.8.1997, I R 89/96, BStBl. II 1997, 829 und v. 5.6.2007, I R 106/05, BStBl. II 2008, 986. 290 Vgl. auch Ziegenhagen/Thewes, BB 2009, 2116, 2120.

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E. Rechtsfolge

E. Rechtsfolge Liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb vor, sind die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar. Dieser Wortlaut weist auf eine Differenzierung hin. Zu unterschieden ist, (i) welche Verluste betroffen sind und (ii) die Behandlung dieser Verluste.

I. Betroffene Verluste Von den Folgen des § 8c KStG sind die nicht ausgeglichenen und nicht abgezogenen Verluste betroffen. Entsprechend der allgemeinen ertragsteuerlichen begrifflichen Differenzierung zwischen Verlustausgleich und Verlustabzug sind nicht ausgeglichene Verluste solche, die im laufenden Jahr bis zum schädlichen Beteiligungserwerb angefallen sind291. Nicht abgezogene Verluste sind dagegen solche, die in den Vorjahren entstanden sind und nur noch im Rahmen des interperiodischen Verlustabzugs verrechnet werden können. Nicht betroffen sind dagegen Verluste, die nach einem schädlichen Beteiligungserwerb anfallen, da sie in diesem maßgeblichen Zeitpunkt noch gar nicht entstanden waren. Diese Verluste können folglich mit vorherigen Gewinnen verrechnet werden, auch im Rahmen des Verlustrücktrags.292

II. Behandlung der Verluste Die betroffenen Verluste sind dem Wortlaut nach nicht mehr abziehbar, dies ist die eigentliche Rechtsfolge. Mit der Verwendung des Begriffs „abziehbar“ nimmt die Vorschrift Bezug auf den Verlustabzug, d. h. lediglich auf die interperiodische Verlustverrechnung. Es ist fraglich, welche Folgerungen sich aus diesem Befund ergeben. Die Rechtslage stellt sich eindeutig dar, wenn der schädliche Beteiligungserwerb auf den 31.12. eines Jahres fällt. In diesem Fall sind die bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Verluste nicht mit Gewinnen in Folgejahren verrechenbar. Unklar ist allerdings die Behandlung von unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerben. Eindeutig ist noch die Konstellation, dass ein auf den 31.12. des Vorjahres festgestellter Verlustvortrag nicht mehr mit Gewinnen verrechenbar ist, die nach dem ________________________ 291 Für den Untergang der nicht ausgeglichenen Verluste s. a. BFH v. 30.11.2011, I R 14/11, DStR 2012, 450 (obiter dictum). 292 Gl. A. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 56; Suchanek, in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 8c KStG Rn. 36; Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 97; B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 72.2; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 815; a. A. Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 368.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

schädlichen Beteiligungserwerb innerhalb dieses Jahres anfallen. Schwieriger sind andere Konstellationen zu beurteilen, zu denen es bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb kommen kann. Denkbar ist hier, dass bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ein Verlust (Verlustkonstellation) oder ein Gewinn anfällt (Gewinnkonstellation). 1. Verlustkonstellation Ein Verlust bis zum schädlichen Beteiligungserwerb ist jedenfalls nicht mit Gewinnen verrechenbar, die in Folgejahren nach dem schädlichen Beteiligungserwerb anfallen, denn insoweit müsste dieser im Rahmen des Verlustabzugs geltend gemacht werden, was nach dem Wortlaut ausgeschlossen ist. Umstritten ist aber, ob der Verlust zurückgetragen werden darf. Die Finanzverwaltung lehnt dies ab.293 Die Literatur folgt dem allerdings zu Recht mehrheitlich nicht, danach ist ein Verlustrücktrag insoweit weiterhin möglich.294 Zwar ist zuzugeben, dass durch die wörtliche Bezugnahme auf den Verlustabzug auch der Verlustrücktrag betroffen ist. Vor dem Hintergrund des Zwecks der Vorschrift ist die Norm aber insoweit teleologisch zu reduzieren. Dies gilt sowohl für die Rechtslage bis zum 31.12.2009 als auch für die Zeit hiernach. Nicht genutzte Verluste sollen nicht mehr mit Gewinnen verrechnet werden, die nach einem schädlichen Beteiligungserwerb entstehen. Für eine Beschränkung der Verrechnung mit Gewinnen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, besteht aber kein Grund, diese sind noch dem wirtschaftlichen Engagement der vorherigen Gesellschafter zuzurechnen.295 Diesbezüglich fehlt es eben an der erforderlichen Möglichkeit des Erwerbers die Verwertung der Verluste zu steuern. Ebenfalls umstritten ist die Frage des Verlustausgleichs, d. h., ob ein Verlust vor dem schädlichen Beteiligungserwerb mit einem hiernach anfallenden Gewinn desselben Jahres verrechnet werden darf. Die h. M. ist der Auffassung, dass § 8c KStG ein Verlustausgleichsverbot enthält,296 wie es im Übrigen in § 8 Abs. 4 Satz 4 KStG ausdrücklich enthalten war. § 8c KStG ________________________ 293 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 30. 294 Siehe nur Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 78; B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 73; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 58; Neyer, BB 2009, 415, 416; a. A. Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 386. 295 Vgl. Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 60. 296 Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 96; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 77; Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 365; Kutt/Möllmann, DB 2009, 2564, 2566; BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 31. Zur Frage der Anwendung des § 8c KStG in den Fällen, in denen der Verlust bei einer Organgesellschaft anfällt Benz, Ubg 2011, 772, 774 f.

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E. Rechtsfolge

enthält aber gerade keine solche ausdrückliche Regelung. Im Gegenteil, der Wortlaut spricht nur von einem Abzugsverbot. Dies wird auch durch die amtliche Überschrift bestätigt, die nur vom Verlustabzug spricht. Auch die Gesetzesbegründung erwähnt im Text nur den Begriff der Abzugsbeschränkung,297 lediglich im Rahmen des Beispiels ist vom Verlustausgleichsverbot die Rede.298 Selbst wenn aber das Ziel des Gesetzgebers darin bestand, auch ein solches Verlustausgleichsverbot zu normieren, was vor dem Hintergrund des Regelungszwecks und der vorherigen Regelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. in der Tat nahe liegt, findet dies im objektiven Gesetzesinhalt keine Stütze. Sollte sich der Gesetzgeber im Rahmen der unsystematischen Vorschrift des § 8c KStG begrifflich verrannt haben und unsystematisch mit der Nicht-mehr-Abziehbarkeit auch den Verlustausgleich gemeint haben, so kann dies aber nicht dem Steuerpflichtigen zum Nachteil gereichen. Der Wortlaut in Verbindung mit der amtlichen Überschrift ist eindeutig und insoweit – anders als oben – keiner teleologischen Extension zugänglich.299 Im Übrigen läuft auch die Erwähnung nicht ausgeglichener Verluste hierdurch nicht leer, sind die betroffenen laufenden Verluste in Folgejahren doch nicht mehr abziehbar. Allerdings könnte sich durch eine Verwaltungsregelung faktisch eine wenigstens teilweise Berücksichtigung dieser Verluste innerhalb eines Jahres ergeben.300 Nach Tz. 32 des BMF-Schreibens zu § 8c KStG ist bei einem unterjährigen Beteiligungserwerb der Verlust des gesamten Wirtschaftsjahres zeitanteilig aufzuteilen.301 Jedenfalls dann, wenn sich für das gesamte Jahr ein Verlust ergibt (in dieser Konstellation also, wenn der vorherige Verlust den nachfolgenden Gewinn übersteigt), kann der Steuerpflichtige durch die vom BMF gestattete Vorgehensweise den Ausgleich der Verluste erreichen. Beispiel: Bis zum schädlichen Beteiligungserwerb am 30.9. fällt ein Verlust von 100 an, danach ein Gewinn von 20. Insgesamt ergibt sich ein Jahresverlust von 80. Bei einer zeitanteiligen Aufteilung ergibt sich insoweit ein Verlustuntergang von 60 (9/12 v. 80), damit bleibt ein Verlust von 40, der bei strikter Anwendung der Verwaltungsauffassung zum Verlustausgleich an sich untergehen müsste, verschont. Ergibt sich aber insgesamt kein Jahresverlust, ist fraglich, ob Verwaltung auch dann diesen Grundsatz anwendet, da hier kein Verlust des „gesamten Wirtschaftsjahres“ aufgeteilt ________________________ 297 BT-Drucks. 16/4841, S. 76: „Der Abzugsbeschränkung unterliegt der Verlustvortrag […], sowie der laufende Verlust […].“ 298 Siehe Beispiel in BT-Drucks. 16/4841, S. 76. 299 Gl. A. Neyer, BB 2009, 415, 417; ders., DStR 2010, 1600. 300 Neyer, DStR 2010, 1600, 1601. 301 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 32.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

werden kann. Insofern könnte man sich auf den Standpunkt stellen, die Ergebnisse seien genau abzugrenzen. 2. Gewinnkonstellation Ein Gewinn vor dem schädlichen Beteiligungserwerb kann mit dem BFH und der h. Lit. entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung mit alten Verlustvorträgen verrechnet werden.302 Entsprechend dem Zweck der Norm ist darauf abzustellen, dass insoweit den neuen Anteilseignern keine AltVerluste zugutekommen in dem Sinne, dass diese mit Gewinnen verrechnet werden, die im Zeitraum ihres wirtschaftlichen Engagements erzielt werden. Es wird lediglich eine Verrechnung der Ergebnisse erreicht, die vollständig vor dem Beteiligungserwerb entstanden sind. Ein Verlustausgleich dieses Gewinns ist möglich, da ein später entstandener Verlust nicht von § 8c KStG betroffen ist (s. o.). Grenzte man aber die Ergebnisse zeitanteilig ab, käme man trotzdem zu einem teilweisen Verlustuntergang, wenn sich insgesamt ein Jahresverlust ergibt. Von dieser von der Finanzverwaltung befürworteten Aufteilungsmethode kann aber durch die Darlegung einer anderen, wirtschaftlich begründeten Aufteilung (etwa ein Zwischenabschluss) abgewichen werden.303

III. Umfang des Verlustuntergangs Hinsichtlich des Umfangs des Verlustuntergangs ist eine gestufte Rechtsfolge vorgesehen. Bei einem Beteiligungserwerb von mehr als 25 %, aber von nicht mehr als 50 %, erfolgt ein anteiliger Untergang der nicht genutzten Verluste in Höhe des jeweiligen Beteiligungserwerbs. Werden z. B. 30 % erworben, gehen 30 % der nicht genutzten Verluste unter. Bei einem Beteiligungserwerb von mehr als 50 % gehen die Verluste vollständig verloren.

________________________ 302 BFH v. 30.11.2011, I R 14/11, DStR 2012, 450; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 56; Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 36; Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 97; B. Lang, in Ernst & Young, § 8c KStG Rn. 72.2; Neyer, DStR 2011, 654, 655; Meiisel/Bokeloh, BB 2008, 808, 815; a. A. BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 31; Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 368. 303 BMF v. 4.7.2008, IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Tz. 32; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 79.

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E. Rechtsfolge

IV. Weitere Auswirkungen Über den Untergang der körperschaftsteuerlichen Verluste hinaus entfaltet § 8c KStG erhebliche Folgewirkungen in anderen Bereichen.304 Nach § 10a Satz 10, 1. Halbsatz GewStG ist § 8c KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge entsprechend anzuwenden, so dass der körperschaftsteuerliche Verlustuntergang im Ergebnis auch einen gewerbesteuerlichen Verlustuntergang nach sich zieht.305 Das zeitigt insbesondere auch bilanzielle Folgen. Seit dem BilMoG306 hat sich die Bilanzierung latenter Steuern maßgeblich geändert. Nunmehr sind bei der Aktivierung latenter Steuern steuerliche Verlustvorträge zu berücksichtigen, soweit innerhalb der nächsten fünf Jahre eine Verlustverrechnung zu erwarten ist (§ 274 Abs. 1 Satz 4 HGB).307 Steht aber am Bilanzstichtag bereits hinreichend sicher fest, das es zu einem Verlustuntergang nach § 8c KStG kommen wird, so sind auf die Verlustvorträge, die voraussichtlich verloren gehen, keine aktiven latenten Steuern zu bilden.308 Kommt es zu einem schädlichen Beteiligungserwerb, sind entsprechend aktivierte Steuern erfolgswirksam aufzulösen. Der Untergang des gewerbesteuerlichen Fehlbetrags gilt nach § 10a Satz 10, 2. Halbsatz GewStG309 zudem auch für eine Mitunternehmerschaft, soweit deren Fehlbetrag einer Körperschaft unmittelbar oder einer Mitunternehmerschaft, soweit an dieser eine Körperschaft unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligt ist, zuzurechnen ist. Der Gesetzgeber wollte hiermit auf Fälle reagieren, in denen Mitunternehmerschaften dazu genutzt wurden, Verluste gegen § 8c KStG „abzuschirmen“:310 Vor der Regelung des § 10a Satz 10, 2. Halbsatz GewStG hatte ein schädlicher Beteiligungserwerb an einer Körperschaft, die an einer verlustbringenden Mitunternehmerschaft beteiligt war, keine Auswirkungen auf den gewerbesteuerlichen Verlust der Mitunternehmerschaft, der somit be________________________ 304 Ausführlich zu den Auswirkungen und zum Verhältnis des § 8c KStG zu sonstigen steuerlichen Vorschriften Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 14. 305 Dazu Kleinheisterkamp, in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rn. 91 ff. 306 Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25.5.2009, BGBl. I 2009, S. 1102. 307 Dazu etwa Scheffler, in Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, Vor A Rn. 142; Kozikowski/Fischer, in Beck’scher Bilanzkommentar, § 274 HGB Rn. 40 ff. 308 Kozikowski/Fischer, in Beck’scher Bilanzkommentar, § 274 HGB Rn. 43; Kühne/ Melcher/Wesemann, Wpg 2009, 1057, 1058. 309 Nachträglich eingefügt durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, S. 2794; zeitlich ist diese Regelung nach § 36 Abs. 9 Satz 10 GewStG anwendbar auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 28.11.2008. 310 Kleinheisterkamp, in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rn. 77.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

stehen blieb. Dies wurde offenbar steuergestalterisch genutzt,311 was der Gesetzgeber mit der Erweiterung des § 10a Satz 10 GewStG unterbinden wollte und daher (auch) insoweit eine rein technische Anknüpfung des Gewerbesteuerrechts an § 8c KStG verwirklicht hat.312 Darüber hinaus findet § 8c KStG auch auf Zinsaufwendungen Anwendung, die wegen der Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) nicht abziehbar waren und deshalb grundsätzlich als Zinsvortrag vorgetragen werden können, so dass auch diese im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs untergehen (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG). Die damit im Zusammenhang mit dem Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG (dazu sogleich) auftretende Problematik, mit welchen Verlusten bzw. Zinsvorträgen vorhandene stille Reserven zuerst zu verrechnen sind, löst § 8a Abs. 1 Satz 3, 2. Halbsatz KStG dahin, dass zuerst eine Verrechnung mit den nicht genutzten körperschaftsteuerlichen Verlusten zu erfolgen hat und erst danach eine Verrechnung mit einem Zinsvortrag.313

________________________ 311 Siehe etwa Behrend/Arjes/Nogens, BB 2008, 367. 312 Kritisch dazu Kleinheisterkamp, in Lenski/Steinberg, § 10a GewStG Rn. 77. 313 Dazu etwa Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 156d; Neumann, in Festschrift Streck, S. 103, 114.

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F. Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven

F. Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven I. Allgemeines Nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG kann ein nicht abziehbarer nicht genutzter Verlust abweichend von Satz 1 und Satz 2 abgezogen werden, soweit er bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 1 die anteiligen und bei einem schädlichen Beteiligungserwerb im Sinne des Satzes 2 die gesamten zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs vorhandenen im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft nicht übersteigt. Die Regelung wurde durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eingeführt und ist auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anwendbar (§ 34 Abs. 7b Satz 2 KStG). Sie findet aber nicht wie die anderen nachträglich eingefügten Abmilderungen (Sanierungsklausel, Konzernklausel) auf Tatbestandsseite, sondern auf Rechtsfolgenseite Anwendung. Bei Anwendbarkeit des Satzes 6 liegt nach wie vor ein schädlicher Beteiligungserwerb vor, allerdings gehen nicht genutzte Verluste nicht vollständig verloren, sondern können in Höhe der stillen Reserven auch mit Einkünften nach dem schädlichen Beteiligungserwerb ausgeglichen und abgezogen werden, sie bleiben also erhalten. Dabei ist nicht erforderlich, dass die stillen Reserven aufgedeckt werden, es reicht aus, dass sie bestehen. Die stillen Reserven stehen daher für Zwecke des § 8c KStG immer wieder zur Verfügung.314 Der Gedanke des Verlusterhalts in Höhe der stillen Reserven ist nicht im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes erstmals aufgekommen, sondern war bereits im Eckpunktepapier der Bund Länder Arbeitsgruppe unter Führung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und des damaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück enthalten, die letztlich die Grundlagen für die spätere Unternehmensteuerreform 2008 erarbeitete.315 Entsprechend gab es im Entwurfsstadium des § 8c KStG im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008 Überlegungen, eine solche Regelung einzuführen.316 Der Gedanke kehrte dann wieder in Form des § 8c Abs. 2 KStG, der durch das MoRaKG317 noch in 2008 eingeführt wurde, allerdings niemals ________________________

314 Vgl. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 76a. 315 Vgl. Eckpunktepapier v. 3.11.2006, Anlage, S. 2. Danach war als Rechtsfolge ein anteiliger Verlustuntergang vorgesehen, bezogen auf den Teil des Verlustvortrags, der die im Unternehmen vorhandenen stillen Reserven übersteigt. 316 Eisgruber, DStZ 2007, 630. 317 Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, S. 1672.

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in Kraft getreten ist (s. u. G. I.). Diese Norm sah ebenfalls einen Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven für bestimmte Unternehmen vor, allerdings zeitlich auf fünf Jahre gestreckt. Daran anknüpfend unternahm im März 2009 die FDP Fraktion als Oppositionspartei einen Vorstoß, die Regelung des Abs. 2 für alle Unternehmen zu öffnen und die zeitlichen Beschränkungen fallen zu lassen.318 Ergebnis wäre eine Vorschrift gewesen, die im Kern der heutigen entspricht, die dann nach dem Regierungswechsel von CDU/CSU und SPD zu CDU/CSU und FDP nach der Bundestagswahl im September 2009 durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz eingeführt wurde. Die Gesetzesbegründung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes äußert sich zum gedanklichen Hintergrund der Regelung dahingehend, dass durch diese kein zusätzliches Verlustverrechnungspotential übergeht, da den Verlusten die vorhandenen stillen Reserven gegenüberstehen.319 Zudem könnte auf die Begründung zum angesprochenen FDP-Gesetzentwurf zurückgegriffen werden, die die Rechtfertigung einer solchen Klausel damit beschreibt, dass die im Verlustvortrag und im laufenden Verlust abgebildeten Aufwendungen in einem ursächlichen Zusammenhang mit den künftigen Gewinnerwartungen stehen.320 Als möglicher alternativer Hintergrund wird in der Literatur auch diskutiert, dass es bei vorhandenen stillen Reserven bereits bisher durch Gestaltungen vor einem schädlichen Beteiligungserwerb möglich war, die Weiternutzung von Verlusten zumindest zeitlich gestreckt zu ermöglichen (durch sog. „loss refreshing“321).322 ________________________ 318 Siehe Gesetzentwurf v. 27.3.2009, BT-Drucks. 16/12525. 319 BT-Drucks. 17/15, S. 19. 320 Gesetzentwurf v. 27.3.2009, BT-Drucks. 16/12525. Hierauf greifen auch etwa Frey/ Mückl, GmbHR 2010, 71, 74 und Herzig/Bohn, DStR 2009, 2341, 2343 zurück. 321 Bei dem sog. loss refreshing wird vorübergehend ein Gewinn erzeugt, der zunächst genutzt wird, um vorhandene Verluste vor dem Untergang noch nutzen zu können. Dieser Gewinn wird im (steuergestalterischen) Idealfall nach dem schädlichen Beteiligungserwerb wieder zu Aufwand. Beispiel hierfür ist die Zuschreibung vorheriger Teilwertabschreibungen vor dem Beteiligungserwerb und die nachfolgende Teilwertabschreibung. Auch die Gewährung zinsloser Gesellschafterdarlehen kann wegen der damit einhergehenden gewinnwirksamen Abzinsung in Betracht kommen. Zu diesen und anderen Vermeidungsstrategien s. IDW, Beiheft zu FachnachrichtenIDW 12/2009, S. 2 ff.; Förster, DStZ 2011, 49, 54; Jacob/Pasedag, WPg 2010, 92 etwa analysieren die Generierung von Abschreibungspotential durch einen dem Beteiligungserwerb vorgelagerten Asset Deal und der damit verbundenen Aufdeckung stiller Reserven in ökonomischer Hinsicht. 322 Vgl. zu dieser These Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2630.

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II. Verschonungsbetrag Verschont werden die nicht genutzten Verluste in Höhe der stillen Reserven. Nicht genutzte Verluste sind in Abs. 1 Satz 1 legaldefiniert als bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte (die hier allerdings nicht gesondert ermittelt werden müssen, da es sich um die von § 8c KStG betroffenen Verluste handelt). Der Verschonungsbetrag ermittelt sich im ersten Schritt aus den stillen Reserven der Körperschaft (dazu sogleich). In einem zweiten Schritt ist entscheidend, ob an sich die Rechtsfolgen des Satzes 1 oder des Satzes 2 eingreifen. Liegt nur ein anteiliger Verlustuntergang i. S. d. Satzes 1 vor, so sind stille Reserven auch nur entsprechend dieses prozentualen Anteils zu berücksichtigen. Gehen die Verluste dagegen nach Satz 2 vollständig unter, sind die stillen Reserven vollständig zu berücksichtigen. 1. Ermittlung der stillen Reserven § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG enthält eine Regelung zur Ermittlung der stillen Reserven. Danach sind die stillen Reserven grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem anteiligen (bei einem Fall des Satz 1) oder gesamten (bei einem Fall des Satz 2) in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesenen Eigenkapital und dem auf dieses Eigenkapital jeweils entfallenden gemeinen Wert der Anteile an der Körperschaft herzuleiten. Satz 8 enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass das Eigenkapital der Körperschaft negativ ist (dazu s. u. c)). Die Ableitung aus dem gemeinen Wert der Anteile überrascht, sollen doch Verluste in Höhe der stillen Reserven der Körperschaft verschont bleiben. Stille Reserven der Körperschaft würden sich nach allgemeinen Grundsätzen aber grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert bzw. Teilwert der Wirtschaftsgüter und dem niedrigeren Buchwert ergeben. Im gemeinen Wert der Anteile werden dagegen regelmäßig nicht allein (noch nicht einmal hauptsächlich) die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter der Körperschaft erfasst.323 Vielmehr werden hier auch künftige Gewinnaussichten etc. abgebildet. Das Abstellen auf den Wert der Anteile ist daher dem Grunde nach unsystematisch. Da der gemeine Wert der Anteile aber regelmäßig dem Veräußerungspreis entnommen werden kann, handelt es sich hierbei zum einen um eine Vereinfachungsregelung, die im Hinblick auf die Praktikabilität dazu dient, auf________________________ 323 Vgl. auch Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551; Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 76i.

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wendige Unternehmensbewertungen entbehrlich zu machen.324 Die Regelung typisiert hier insofern, als sie für den Regelfall unterstellt, dass die stillen Reserven der Körperschaft durch den Preis der Anteile abzüglich Eigenkapital der Gesellschaft abgebildet werden. Die Vereinfachung wird freilich nur dann erreicht, wenn der gemeine Wert (allerdings wie üblicherweise) aus dem Entgelt für die Anteile abgeleitet werden kann. Zudem führt die Regelung dazu, dass ein eigenständiger Begriff der stillen Reserven für diesen Bereich eingeführt wird.325 Die Regelung ist daher auch nicht nur Vereinfachungsregelung zur Ermittlung der eigentlich maßgebenden stillen Reserven der Körperschaft. Durch die Anknüpfung an den gemeinen Wert der Anteile beinhaltet sie auch eine Wertung dahingehend, dass nicht nur die in der Vergangenheit wirtschaftlich entstandenen, aber nicht realisierten, Gewinne weiterhin für eine Verlustverrechnung zur Verfügung stehen sollen, sondern dass auch insoweit eine Verlustverrechnung gewährleistet sein soll, als künftige Gewinnaussichten vergütet werden.326 a) Gemeiner Wert der Anteile Das Gesetz ordnet die Verwendung des gemeinen Werts der Anteile an. Da das Ertragsteuerrecht keine besondere Definition des gemeinen Werts vorsieht,327 muss insoweit das BewG herangezogen werden (§ 1 Abs. 1 BewG).328 Der gemeine Wert wird nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei notierten Wertpapieren ist der gemeine Wert der Börsenkurs (§ 11 Abs. 1 BewG).329 Sind die Anteile dagegen nicht notiert, lässt sich aus § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG schließen, dass der gemeine Wert aus zurückliegenden Verkäufen abgeleitet werden kann. Entsprechend äußert sich die Gesetzesbegründung, nach der im Regelfall das für die Anteile gezahlte Entgelt zugrunde zu legen ist.330 Bei einer Übertragung von weniger als 100 % kann ________________________ 324 So auch der Finanzausschuss in seinem Bericht zum JStG 2010, BT-Drucks. 17/3549 v. 28.10.2010, 31. 325 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 136; Brinkmann, Ubg 2011, 94, 95. Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174, 176 weisen zutreffend darauf hin, dass Satz 8 darüber hinaus eine besondere Legaldefinition des Begriffs der stillen Reserven enthält, der zur Anwendung kommt, wenn das Eigenkapital der Körperschaft negativ ist. 326 Ähnlich auch Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 136. 327 Vgl. Knittel, in Gürsching/Stenger, § 9 BewG Rn. 6. 328 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2636; Brinkmann, Ubg 2011, 94, 95. 329 Dazu Mannek, in Gürsching/Stenger, § 11 BewG Rn. 49; Rössler/Troll, § 11 BewG Rn. 11. 330 BT-Drucks. 17/15, S. 19.

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dieser Wert dann hochgerechnet werden. Diese Ableitung aus Verkäufen wird jedenfalls dann zu Ergebnissen führen, die der Besteuerung zugrunde zu legen sind, wenn es sich um Veräußerungen zwischen fremden Dritten handelt. Bei Geschäften zwischen nahe stehenden Personen stellt sich dagegen stets die Frage der Fremdüblichkeit, was gegebenenfalls auch zur Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen führen kann.331 Deshalb und weil allgemein das Entgelt von der Verhandlungsposition der Vertragsparteien abhängig ist, handelt es sich insgesamt bei der Herleitung aus dem Entgelt nicht um eine unwiderlegliche Vermutung.332 Der Nachweis eines (höheren) Wertes ist daher möglich.333 Dabei ist der Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG), was gemäß der anerkannten Grundsätze der Unternehmensbewertung durchzuführen ist.334 Aus der grundsätzlichen Anknüpfung an das Entgelt für die Anteile könnte sich aus systematischer Sicht aber ein Problem ergeben. So könnte ein Erwerber einen vorhandenen Verlust erhalten, indem er den Verlustvortrag vergütet und damit die stillen Reserven i. S. d. § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG erhöht. Damit führte die Regelung dazu, dass der Fall der gerade verhindert werden soll, durch die Regelung ermöglicht wird. Allerdings greift diese Überlegung zu kurz. Es lohnt sich für einen Erwerber nicht, einen Verlustvortrag zu erwerben, da er immer nur einen Vorteil in Höhe des Steuersatzes – i. H. v. ca. 30 % – generiert, aber den Betrag des Verlusterhalts immer zu 100 % vergüten muss.335 Es kommt daher gerade nicht zur Rettung des Verlustabzugs für Mantelkäufe. b) Steuerliches Eigenkapital Vom gemeinen Wert der Anteile ist das gesamte bzw. anteilige in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesene Eigenkapital abzuziehen. In der ursprünglichen Entwurfsfassung wurde noch auf das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abgestellt. Problematisch hieran wäre gewesen, dass eine Steuerbilanz nicht zwingend zu erstellen ist, da es nach § 60 Abs. 2 EStDV ausreicht, die Ansätze der Handelsbilanz durch Zusätze und ________________________ 331 Dörr, NWB 2009, 184, 194. 332 Vgl. bereits BR-Drucks. 567/07 (B), S. 18 zur vergleichbaren Regelung des § 8c Abs. 2 KStG; Roser, EStB 2010, 265, 268. 333 Watermeyer, GmbH-StB 2010, 132, 136; Roser, EStB 2010, 265, 268. 334 BT-Drucks. 17/15, S. 19; Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2631; Dörr, NWB 2009, 184, 194; Brinkmann, Ubg 2011, 94, 95 (auch zur Zulässigkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens nach §§ 199 bis 203 BewG). 335 So auch Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 61.

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Anmerkungen den steuerlichen Vorschriften anzupassen. Durch die jetzige Fassung wird dies nunmehr berücksichtigt.336 c) Sonderfall: Negatives steuerliches Eigenkapital Bereits ca. ein Jahr nach Verkündung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes wurde durch das JStG 2010337 mit Satz 8 eine Ergänzung der Regelungen zum Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven aufgenommen, die mangels besonderer Anwendungsregelung nach § 34 Abs. 1 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2010 und damit ab Inkrafttreten der Stille-ReservenKlausel Anwendung findet. Nach § 8c Abs. 1 Satz 8 KStG soll die grundsätzliche Ermittlungsmethode des Satzes 7 keine Anwendung finden, wenn das Eigenkapital der Körperschaft negativ ist.338 In diesem Fall ist statt auf den gemeinen Wert der Anteile auf den gemeinen Wert des Betriebsvermögens der Körperschaft zurückzugreifen. Dabei ist wegen der Anknüpfung an das Betriebsvermögen und nicht an einzelne Wirtschaftsgüter auf den Veräußerungspreis (§ 9 Abs. 2 BewG) des Betriebsvermögens als Ganzes abzustellen.339 Die Gesetzesbegründung führt zur Begründung dieser Sonderregelung aus, dass die Ermittlungsvorschrift des Satzes 7 nur in „typischen“ Fällen zu zutreffenden Ergebnissen führe.340 In „untypischen“ Fällen könnten sich rechnerisch stille Reserven ergeben, ohne dass eine Körperschaft betriebswirtschaftlich über stille Reserven verfügt. Der Gesetzgeber hatte dabei insbesondere Fälle wie den folgenden vor Augen: Bei einer Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit negativem Eigenkapital, deren Geschäftsbetrieb bereits stark reduziert oder sogar eingestellt wurde und die Beteiligung daher zu einem symbolischen Kaufpreis von 1 € verkauft wird, ergeben sich für Zwecke der Verschonungsregelung stille Reserven in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis (1 €) und dem negativen Eigenkapital.341 Diese „untypischen“ Fälle werden nunmehr insoweit typisiert, als sie vorliegen sollen, wenn das Eigenkapital der Körperschaft negativ ist. Insoweit muss ________________________ 336 Vgl. Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 75. 337 Jahressteuergesetz 2010 v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, S. 1768. 338 Schmitz, DStZ 2011, 325, 326; Brinkmann, Ubg 2011, 94, 99; Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174, 176. 339 Vgl. auch Gröger, BB 2010, 2926, 2927; Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 63. 340 BT-Drucks. 17/3549, S. 31. 341 Hötzel, JbFSt 2010/2011, 153. Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174, 177 bezweifeln, dass die Neuregelung tatsächlich dazu führt, dass in solchen Fällen stille Reserven i. S. der Verschonungsregelung nicht vorliegen.

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die Vereinfachung zurückstehen und es hat eine Ermittlung des gemeinen Werts des Betriebsvermögens zu erfolgen. 2. Im Inland steuerpflichtige stille Reserven a) Allgemeines Nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG sind nur im Inland steuerpflichtige stille Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft zu berücksichtigen. In der ursprünglichen Gesetzesfassung nach dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz sollten die stillen Reserven „des inländischen Betriebsvermögens“ zu berücksichtigen sein. Ein Unterschied zwischen den beiden Formulierungen besteht insofern, als es für die Frage, ob stille Reserven steuerpflichtig sind, nicht darauf ankommt, ob das Betriebsvermögen inländisch ist.342 Dies wird besonders deutlich im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht, in der grundsätzlich auch ausländisches Betriebsvermögen der deutschen Besteuerung unterliegt (vorbehaltlich etwaiger DBA-Regelungen). Mit dem JStG 2010 wurde die Regelung daher entsprechend geändert. Zeitlich fand die geänderte Fassung mangels gesonderter Anwendungsregelung nach § 34 Abs. 1 KStG ab dem Veranlagungszeitraum 2010 und damit ab Inkrafttreten der Verschonungsregelung Anwendung, die damit niemals in der Form in Kraft getreten, in der sie ursprünglich beschlossen wurde.343 Diese Änderung durch das JStG 2010 ist steuersystematisch richtig, weil hierdurch auch im Wortlaut zum Ausdruck kommt, dass sämtliche Regelungen zum Verlusterhalt auf die Steuerpflicht der stillen Reserven abstellen. Zuvor erschien die Regelung mit der Grundregelung zur Ermittlung der stillen Reserven in Satz 7 (der unverändert blieb) wenig abgestimmt, bei der es darauf ankommt, dass die gemeinen Anteile an der Körperschaft nur insoweit zu berücksichtigen sind, als sie im Inland steuerpflichtig sind. Diese Anordnung konnte man als Konkretisierung des Satzes 6 verstehen,344 womit es auch hier nur zur Berücksichtigung von im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven angekommen wäre und es insoweit der Neuregelung nicht bedurft hätte, oder als eigenständige Anordnung, die Satz 6 unberührt ließ.345 Ein Ab________________________ 342 Vgl. Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 76c. 343 Dazu Schmitz, DStZ 2011, 325, 326; s. a. Brinkmann, Ubg 2011, 94, 96 f.; Suchanek/Jansen, GmbHR 2011, 174 ff. 344 So Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 60; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 75; Fey/ Neyer, StuB 2010, 47, 53; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 16; Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2630. Dafür sprach insbesondere auch die Gesetzesbegründung, nach der die Regelung „auf die im Falle einer Realisierung im Inland steuerpflichtigen stillen Reserven beschränkt“ sein sollte, s. BT-Drucks. 17/15, S. 19. 345 So Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG Rn. 76c, 76n.

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stellen allein auf inländisches Betriebsvermögen ohne dass es auf die Frage des deutschen Besteuerungsrechts angekommen wäre, hätte auch schwerwiegende europarechtliche Bedenken zur Folge gehabt.346 Im Ergebnis sind damit zum einen solche stille Reserven nicht berücksichtigungsfähig, die dem deutschen Besteuerungsrecht durch die Regelungen eines DBA entzogen sind. Dies kann allerdings nur dann gelten, wenn das DBA insoweit die Freistellungsmethode vorsieht.347 Denn bei Anwendung der Anrechnungsmethode unterliegen die stillen Reserven der deutschen Besteuerung, es kommt lediglich zur Anrechnung der ausländischen Steuer. Nicht berücksichtigt werden damit auch bei beschränkt Steuerpflichtigen solche stillen Reserven, die von vornherein nicht in Deutschland steuerpflichtig sind. Darüber hinaus werden auch stille Reserven, deren Steuerfreiheit aufgrund nationaler Regelungen angeordnet ist, nicht berücksichtigt. Hierunter fallen insbesondere von der Verlustgesellschaft gehaltene Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften, deren Veräußerung nicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn führt (§ 8b Abs. 2 KStG). Dies ergibt sich auch unmittelbar aus der Gesetzesbegründung348 und soll verhindern, dass es zu einem Kaskadeneffekt kommt.349 Ein solcher stellte sich sonst ein, da die in den Wirtschaftsgütern der nachgeordneten Gesellschaft enthaltenen stillen Reserven nicht nur bei dieser zu berücksichtigen wären, sondern über den Beteiligungswert auch bei der übergeordneten Gesellschaft. Umstritten ist, ob hierbei die nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG im Ergebnis steuerpflichtigen 5 % zu berücksichtigen sind.350 Dies sollte nicht der Fall sein,351 da es sich insoweit um ein typisierendes pauschales Abzugsverbot für Betriebsausgaben handelt und keine partielle Steuerpflicht.352 ________________________ 346 Vgl. B. Lang, DK 2010, 35, 43. Insoweit wäre aber an eine – m. E. unproblematisch mögliche – unionsrechtskonforme Auslegung zu denken gewesen. 347 Ausführlich zum Ganzen Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 75. 348 BT-Drucks. 17/15, S. 19. 349 Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 76; Wittkowski/Hielscher, DB 2010, 11, 17. 350 Dafür Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 62; Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 60; B. Lang, DK 2010, 35, 43; Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2631; dagegen Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 140; Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 82. 351 Gl. A. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 140; Eisgruber/Schaden, Ubg 2010, 73, 82. 352 Vgl. BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224; a. A. Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109, 110. Der Sache nach führt die Regelung im Ergebnis freilich dazu, dass nur 95 % steuerbefreit sind, rechtstechnisch handelt es sich aber um eine 100 %-Befreiung, für die lediglich ein pauschales Betriebsausgabenabzugsverbot in Höhe von 5 % greift.

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b) Keine Unionsrechtswidrigkeit In der Literatur wird angemahnt, die Beschränkung auf im Inland steuerpflichtige stille Reserven stünde im Widerspruch zum Unionsrecht.353 Tatsächlich ist eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 54 AEUV354) durch die Regelung zu bejahen. Verwehrt man den Vorteil des Verlusterhalts für ausländische stille Reserven, könnte es für Unternehmen weniger attraktiv sein, von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch zu machen und in anderen Mitgliedstaaten Betriebsstätten zu gründen.355 Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung setzt einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses und die Verhältnismäßigkeit der Regelung voraus. Zwingender Grund des Allgemeininteresses kann die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten sein.356 Den Entscheidungen zu nationalen Gruppenbesteuerungssystemen kann entnommen werden, dass Verluste in einem Mitgliedstaat grundsätzlich nur dann berücksichtigt werden müssen, wenn auch die Gewinne der Steuerpflicht unterliegen (Ausnahme: die sog. finalen Verluste).357 Dies kann auf die hier vorliegende Konstellation insofern übertragen werden, dass geregelt werden darf, dass Verluste nur insoweit erhalten bleiben, als auch die mit diesem im ursächlichen Zusammenhang stehenden stillen Reserven (vgl. Zweck, s. o. I.) der deutschen Steuerpflicht unterliegen.358 3. Mehrstufige Beteiligungsstrukturen Problematisch ist die Behandlung in mehrstufigen Strukturen.359 Liegt ein mittelbarer schädlicher Beteiligungserwerb vor, sind die stillen Reserven auf Ebene der jeweiligen Verlustgesellschaft zu ermitteln.360 Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und auch aus der Systematik. § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG führt dazu, dass bei mittelbaren Erwerben auf jeder Stufe ein Beteiligungserwerb vorliegt. Satz 6 sieht in diesem Falle vor, dass Verluste in Höhe der stillen ________________________ 353 Vgl. Scheunemann/Dennisen/Behrens, BB 2010, 23, 28; zweifelnd auch Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 71. 354 Ehem. Art. 43 und 48 EGV. 355 Die geringere Attraktivität einer solchen Maßnahme reicht nach der EuGH-Rechtsprechung bereits aus, um eine Beschränkung anzunehmen, vgl. etwa EuGH v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, DStR 2010, 427. 356 Vgl. nur EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, DStR 2005, 2168; EuGH v. 25.2.2010, C-337/08, X Holding, DStR 2010, 427. 357 Vgl. EuGH v. 15.5.2008, C-414/06, Lidl Belgium, BStBl. II 2009, 692. 358 Im Ergebnis gl. A. Dörr, NWB 2010, 184, 196; Haßa/Gosmann, DB 2010, 1198, 1202. 359 Dazu mit Beispielsfällen etwa Breuninger, StbJb 2010/2011, 313, 315 ff. 360 Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 61; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 76.

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Reserven trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs erhalten bleiben. Dieser Verlusterhalt ist korrespondierend ebenfalls auf jeder Stufe nach den Verhältnissen der jeweiligen betroffenen Gesellschaft zu berücksichtigen. Zu einer mehrfachen Berücksichtigung stiller Reserven kommt es hierbei nicht, da in Anteilen an Kapitalgesellschaften enthaltene stille Reserven wegen ihrer Steuerfreiheit (§ 8b Abs. 2 KStG) nicht zu berücksichtigen sind. Nach der Gesetzesbegründung bildet aber bei einem mittelbaren Erwerb die Summe der in den untergeordneten Unternehmen ermittelten stillen Reserven eine Obergrenze, die die im Kaufpreis bzw. im Unternehmenswert der erworbenen Gesellschaft enthaltenen stillen Reserven nicht übersteigen darf.361 Diese Obergrenze wird teilweise in der Literatur abgelehnt, da sie im Gesetz keine Stütze habe.362 In der Tat kann die Gesetzesbegründung nicht wortlautgetreu Anwendung finden. Denn etwa bei Holdingstrukturen liefe Satz 6 vollständig leer, da die einzigen in der Holdinggesellschaft enthaltenen stillen Reserven in den Anteilen gebunden, diese aber nicht zu berücksichtigen sind. Entsprechend würde die Obergrenze 0,– € betragen, so dass in den Untergesellschaften keine stillen Reserven anzusetzen wären.363 Dieses vom Wortlaut der Regierungsbegründung vorgegebene Ergebnis überzeugt weder dogmatisch noch vom wirtschaftlichen Ergebnis her. Maßgebend sind grundsätzlich allein die Verhältnisse auf Ebene der jeweiligen Gesellschaft. Eine sinnvolle Bedeutung kann die fragliche Passage der Gesetzesbegründung nur dann erhalten, wenn sie im Zusammenhang gelesen wird. Die Aussagen zur Obergrenze befinden sich im Absatz und im Zusammenhang mit der Frage, wie die stillen Reserven zu bewerten sind. Hierzu führt die Gesetzesbegründung aus, dass der gemeine Wert im Regelfall dem gezahlten Entgelt entsprechen wird.364 Ist diese Ableitung aus dem Entgelt nicht möglich, soll der Steuerpflichtige zum Nachweis des gemeinen Werts eine Unternehmensbewertung vorlegen können.365 Mit der Obergrenze soll also erreicht werden, dass eine Ermittlung des gemeinen Werts der Anteile an den unmittelbar und mittelbar erworbenen Gesellschaften in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen nicht dazu führen darf, dass der insgesamt ________________________ 361 BT-Drucks. 17/15, S. 19. 362 Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551, 553; Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 61; Fey/Neyer, StuB 2010, 47, 53; B. Lang, DK 2010, 35, 42; grundlegend anders Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 151, nach dem die Gesellschaften gedanklich zu konsolidieren sein sollen, wobei bei Ermittlung der stillen Reserven der Muttergesellschaft der Buchwert der Tochtergesellschaft nicht zu berücksichtigen sein soll, sondern stattdessen die stillen Reserven der Tochtergesellschaft. 363 Vgl. Haßa/Gosmann, DB 2010, 1198, 1204. 364 BT-Drucks. 17/15, S 19. 365 BT-Drucks. 17/15, S 19.

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F. Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven

gezahlte Preis für die Anteile an der erworbenen Obergesellschaft überschritten wird.366 Hierdurch werden Kaskadeneffekte vermieden, die ansonsten auftreten könnten.367 Allein in diesem Zusammenhang kann eine Obergrenze zu berücksichtigen sein, so dass mit Ewald Dötsch im Ergebnis eine Obergrenze in dem Sinne anzuerkennen ist, dass „die Summe der gemeinen Werte der Anteile an der erworbenen Obergesellschaft (ohne die darin mit repräsentierten gemeinen Werte der Anteile an den nachgeordneten Gesellschaften) und die Anteile an den nachgeordneten Gesellschaften nicht höher sein darf als der Kaufpreis der Anteile an der Obergesellschaft“.368 Wegen des alleinigen Zwecks der Verhinderung von Kaskadeneffekten kommt es bei der Ermittlung der Obergrenze auch nicht darauf an, ob die stillen Reserven steuerpflichtig sind.369 Ein weiteres Problem ergibt sich in der Anwendung auf Organschaftsstrukturen. Geht man idealtypisch von einer reinen Holdinggesellschaft als Organträgerin aus, so wären bei dieser keinerlei stille Reserven zu berücksichtigen, da die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven nicht steuerpflichtig sind. Die Literatur befürwortet hier aber eine Einbeziehung der stillen Reserven der Organgesellschaften.370 Denn die am Organschaftsverhältnis Beteiligten bleiben zwar selbst Steuersubjekte, deren Einkommen getrennt zu ermitteln ist, gleichwohl wird dem Organträger das Einkommen nach § 14 zugerechnet. Wegen dieser Zurechnung bilden sich aber alle Verluste des Organkreises, die während der Organschaft entstanden sind beim Organträger.371 Die stillen Reserven der einzelnen Wirtschaftsgüter bilden sich dagegen auf Ebene der einzelnen Organgesellschaften. Eine Außerachtlassung dieser stillen Reserven beim Organträger wäre daher unbillig. Diese sind damit beim Organträger zu erfassen.372 Dies entspricht i. Ü. auch der Handhabung der Finanzverwaltung, nach der bei § 8 Abs. 4 KStG a. F. das Aktivvermögen der Organgesellschaft in vollem Umfang beim Organträger ein________________________ 366 Wagner, DB 2010, 2751, 2755; Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551, 554 f. 367 Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG KStG Rn. 76j. 368 Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8c KStG KStG Rn. 76j; in diesem Sinne auch Wagner, DB 2010, 2751, 2755; Rödder/von Freeden, Ubg 2010, 551, 554 f. 369 Dörr, NWB 2010, 184, 197; Sistermann/Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2637. 370 Breuninger, StbJb 2010/2011, 313, 318; Frey/Mückl, GmbHR 2010, 71, 76; Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 61; Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2631. 371 Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 61. 372 Vgl. auch Neumann, in Festschrift Streck, S. 103, Roser, EStB 2010, 265, 269; Haßa/Gosmann, DB 2010, 1198, 1203; B. Lang, DK 2010, 35, 43; Dörr, NWB 2010, 184, 197; Schneider/Roderburg, FR 2010, 58, 61; Scheunemann/Dennisen/ Behrens, BB 2010, 23, 29; Bien/Wagner, BB 2009, 2626, 2631; Sistermann/ Brinkmann, DStR 2009, 2633, 2626.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

zubeziehen war (im Rahmen der Prüfung, ob neues Betriebsvermögen überwiegt).373 Korrespondierend dürfen die beim Organträger berücksichtigten stillen Reserven aber dann nicht mehr bei den Organgesellschaften berücksichtigt werden, da es ansonsten zu einer Mehrfachberücksichtigung käme.374 4. Rückwirkungsverbot Nach § 8c Abs. 1 Satz 9375 KStG ist bei der Ermittlung der stillen Reserven nur das Betriebsvermögen zu berücksichtigen, das der Körperschaft ohne steuerrechtliche Rückwirkung, insbesondere ohne Anwendung des § 2 Abs. 1 des Umwandlungssteuergesetzes, zuzurechnen ist. Diese – im ursprünglichen Entwurf noch nicht enthaltene – Regelung soll dazu dienen, dass die grundsätzlich gegebene Möglichkeit, Umwandlungen mit steuerlicher Rückwirkung zu versehen, nicht dazu missbraucht wird, der Gesellschaft nachträglich höhere stille Reserven „zu verschaffen“.376

________________________ 373 374 375 376

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BMF v. 16.4.1999, IV C 6 – S 2745-12/99, BStBl. I 1999, 455, Tz. 9. Vgl. Bien/Wagner, BB 2009, 2627, 2631. Bis zum Inkrafttreten des JStG 2010 war die Regelung in Satz 8 enthalten. BT-Drucks. 17/147, S. 9.

G. Branchenspezifische Ausnahmen

G. Branchenspezifische Ausnahmen I. Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften Kurz nachdem § 8c KStG ursprünglich völlig ungemildert in Kraft getreten war, wurde im August 2008 in Abs. 2 durch das MoRaKG377 eine erste Ausnahmevorschrift vorgesehen. Ziel war die Förderung von Wagniskapitalbeteiligungen auch auf steuerlichem Gebiet.378 Die Norm setzte neben anderen – recht engen – Merkmalen voraus, dass der Beteiligungserwerb durch eine Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaft an einer Zielgesellschaft erfolgte, die jeweils die Erfordernisse i. S. d. Wagniskapitalbeteiligungsgesetzes erfüllen mussten. Folge war ein zeitlich auf fünf Jahre gestreckter Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven. Allerdings stand die Vorschrift unter dem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt der EU-Kommission. So sollte § 8c Abs. 2 KStG auch erst an dem Tag in Kraft treten (frühestens am Tag der Verkündung), an dem die EU-Kommission über die Zulässigkeit dieser Maßnahme entschieden hatte (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 MoRaKG). Die EU-Kommission entschied aber am 30.9.2009, dass die Vorschriften eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen.379 Entsprechend der zeitlichen Anwendungsregelung trat § 8c Abs. 2 KStG damit niemals in Kraft.380

II. Finanzmarktstabilisierung Im Zusammenhang mit der weltweiten Finanzmarktkrise, die spätestens ab September 2008 zu schwerwiegenden Verwerfungen führte381 und sich nur wenig später zur allgemeinen Wirtschaftskrise ausdehnen sollte, wurde die zeitlich erste steuerliche Sanierungsvorschrift zu § 8c KStG im Rahmen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes (FMStG)382 geschaffen. Diese sah allerdings nur eine Bereichsausnahme von § 8c KStG vor. Nach dem durch das ________________________ 377 Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, S. 1672. 378 Vgl. BT-Drucks. 16/6311, S. 26. 379 Entscheidung der Kommission v. 30.9.2009, K(2009) 7387, ABl. 2010, L 6, S. 32. 380 Vgl. zum Ganzen insbesondere Dörr, NWB 2009, 3499, 3504. 381 Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang: der sog. „Schwarze Montag“ am 15.9.2008. Stichworte sind die Insolvenz von Lehman Brothers, der Aufkauf von Merrill Lynch und der Bedarf der AIG nach Überbrückungskrediten in Milliardenhöhe; siehe dazu „Chronologie der Finanzkrise“, http://www.spiegel.de/wirtschaft/ 0,1518,578642,00.html. 382 Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982.

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2. Kapitel: Aktueller Regelungsversuch des deutschen Steuergesetzgebers

FMStG neu eingeführten § 14 Abs. 3 Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG)383 bleiben die Verluste von begünstigten Finanzinstituten – insbesondere Banken – trotz eines schädlichen Beteiligungserwerbs erhalten, wenn der Erwerb und der Rückerwerb von Stabilisierungselementen (insbesondere von Anteilen) durch den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) erfolgt oder durch eine andere inländische Gebietskörperschaft oder einer von dieser errichteten, mit dem SoFFin vergleichbaren Einrichtung.384 Nach der Gesetzesbegründung wurde hierdurch das Ziel des Gesetzes „die Finanzmärkte zu stabilisieren“ unterstützt.385 Der Gesetzgeber hatte hier erstmals die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 8c KStG als ein Sanierungshindernis in Krisensituationen erkannt, was dann später zur allgemeinen Sanierungsklausel führte.

________________________ 383 Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz) v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, S. 1982. S. hierzu Eilers/Bühring, DStR 2009, 137, 139; Goksch/Gröger/Schuck, DB 2008, 2668; Rodewald, BB 2009, 356. 384 Die ursprünglich auf Erwerbe und Rückerwerbe durch den SoFFin beschränkte Bereichsausnahme wurde in § 14 Abs. 3 Satz 2 FMStFG durch das Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung (v. 16.7.2009, BGBl. I 2009, S. 1959) auf andere inländische Gebietskörperschaften oder von diesen errichtete Rettungsinstitutionen, die mit dem SoFFin vergleichbar sind, erweitert. 385 Begründung zum Gesetzentwurf Finanzmarktstabilisierungsgesetz, BT-Drucks. 16/10600, S. 10.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen für die steuerrechtliche Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften Bevor die Regelungen der einzelnen anderen Staaten verglichen werden und eine Analyse erfolgt, ob und wie das Problem des Verlusthandels sachgerecht geregelt werden kann, sollen zunächst die verfassungsrechtlichen Grenzen einer solchen Regelung beleuchtet werden. Denn bei der Frage der sachgerechten Ausgestaltung einer Norm sind stets auch die nationalen verfassungsrechtlichen Vorgaben (hier des Grundgesetzes) zu beachten. Dabei gibt es verfassungsrechtlich nur Grenzen, die dem Gesetzgeber aufgezeigt sind. Dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbleibt grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Konkretisierung allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsätze. Es geht dem Verfassungsrecht nicht darum, eine bestimmte Besteuerung vorzuschreiben, dem Verfassungsrecht ist dies sogar verwehrt. Es kann daher im Rahmen einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht darum gehen, einen bestimmten (ggfs. rechtspolitisch wünschenswerten) Zustand als verfassungsrechtliches Gebot zu postulieren. Das Verfassungsrecht setzt nur Schranken, innerhalb derer sich eine Regelung bewegen muss.1 In diesem Zusammenhang soll zunächst die aktuelle Regelung des § 8c KStG auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand gestellt werden. Sodann wird untersucht, inwieweit dem rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Normierung einer Regelung zum Verlusthandel allgemein Grenzen gesetzt sind.

A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG Das FG Hamburg hat mit Beschluss vom 4. April 2011 § 8c KStG in der Fassung der Jahre 2008 und 2009 dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt.2 Das Bundesverfassungsgericht wird sich daher in absehbarer ________________________ 1 Vgl. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 49. 2 FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460, Az. beim BVerfG 2 BvL 6/11. Entsprechende Verfahren ruhen im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des BVerfG vgl. BFH v. 28.10.2011, I R 31/11, BFH/NV 2012, 605. Das FG Münster hat mit Beschluss v. 1.8.2011, 9 V 357/11 K, G, EFG 2012, 165 im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Zweifel (sowie wegen der unionsrechtlichen Bedenken gegen die

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

Zeit mit der Norm beschäftigen. Im Hinblick auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts soll daher im Folgenden der Frage nachgegangen werden, ob § 8c KStG (ggfs. in welcher Fassung) mit der Verfassung zu vereinbaren ist. Die Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG kann einerseits gleichheitsrechtlich unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), und andererseits freiheitsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) in Zweifel gezogen werden.

I. Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Trotz dieser missverständlichen Formulierung beinhaltet der allgemeine Gleichheitssatz nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz, d. h. Rechtsanwendungsgleichheit, sondern auch Gleichheit vor dem Gesetzgeber, d. h. Rechtssetzungsgleichheit, was sich nicht zuletzt aus Art. 1 Abs. 3 GG ergibt.3 Dabei gilt der Gleichheitssatz auch für Kapitalgesellschaften (Art. 19 Abs. 3 GG).4 Für das Steuerrecht folgt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hieraus, dass die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet sein muss. Die Steuerpflichtigen müssen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden.5 Dabei hat der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum.6 Diese grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers wird insbesondere im Bereich des Ertragsteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit ________________________

3 4 5 6

Sanierungsklausel, dazu 2. Kapitel: D. II. 2, S. 59) Aussetzung der Vollziehung gewährt. Das FG Sachsen hatte im Urteil v. 16.3.2011, 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457 hingegen einen Verfassungsverstoß abgelehnt. S. bereits BVerfG v. 23.10.1951, 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14; Osterloh, in Sachs, GG, Art. 3 Rn. 75; Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Art. 3 Rn. 1a. Ungeachtet der Formulierung „Menschen“, vgl. BVerfG v. 8.4.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; Sachs, in Sachs, Art. 19 Rn. 71; Hey, in Festschrift Herzig, S. 7. Ständige Rechtsprechung, s. BVerfG v. 27.6.1991, BVerfGE 84, 239; BVerfG v. 22.6.1995; BVerfGE 93, 134. Siehe nur BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, StBW 2010, 1065; BVerfG v. 27.6.1991, BVerfGE 84, 239; BVerfG v. 22.6.1995, BVerfGE 93, 121.

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A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG

und durch das Gebot der Folgerichtigkeit.7 Die Folgerichtigkeit, nach der eine konsequente Beachtung selbst gesetzter Wertentscheidungen des Gesetzgebers erforderlich ist,8 wird erst in neueren Urteilen als solche bezeichnet.9 In früheren Urteilen bediente sich das Bundesverfassungsgericht noch des Begriffs der Systemgerechtigkeit.10 Beide Begriffe sind aber wohl synonym zu verstehen.11 Bislang nicht vollständig geklärt ist, wie das objektive Nettoprinzip,12 nach dem der Ertragsbesteuerung nur das Nettoeinkommen, d. h. der Saldo aus Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen, unterliegt, in diese verfassungsrechtlichen Vorgaben einzuordnen ist. Die herrschende Literatur geht davon aus, dass das objektive Nettoprinzip Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips ist und deshalb selbst unmittelbar verfassungsrechtlich verankert ist.13 Das Bundesverfassungsgericht hat es dagegen bisher regelmäßig vermieden, eindeutig Stellung zum Verfassungsrang zu nehmen und die

________________________ 7 Ständige Rechtsprechung, s. BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, StBW 2010, 1065; BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; BVerfG v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111; BVerfG 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a. BVerfGE 122, 210. 8 Vgl. Kirchhof, HdbStR Bd. V, § 118 Rn. 178; Isensee, 57. DJT 1988, S. N 38; Battis, in Festschrift H. P. Ipsen, S. 11, 20; Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, S. 163 ff.; Papier, StuW 1984, 315, 318. Eingehend zum Gebot der Folgerichtigkeit jüngst Englisch, in Festschrift Spindler, S. 167, 170 ff. 9 Etwa ab BVerfG v. 27.6.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239; BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, 136; ausführlich hierzu Prokisch, in Festschrift Vogel, S. 294 ff.; Bieber, Die Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung des steuerrechtlichen Verlustausgleichs und Verlustabzugs, S. 30 ff. 10 Zunächst sprachlich noch etwas schwächer vom System des Steuerrechts ausgehend, vgl. BVerfG v. 17.1.1957, 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, 55; BVerfG v. 24.1.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331; später dann umso deutlicher s. BVerfG v. 22.2.1984, 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214: „Zwar führt Systemwidrigkeit für sich allein noch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Verletzung der vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit kann aber einen solchen Verstoß indizieren.“ 11 Prokisch, in Festschrift Vogel, S. 306, Starck, in v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 3 Abs. 1 Rn. 44; Schön, StuW 1995, 366, 371; a. A. dagegen Drüen, in Festschrift Spindler, S. 29, 42 ff. 12 Das subjektive Nettoprinzip, das den Abzug unvermeidbarer Privataufwendungen gebietet (vgl. nur J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 69), ist für das Unternehmenssteuerrecht qua definitionem irrelevant, s. a. Drüen, Ubg 2009, 23, 25. 13 Vgl. dazu J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 54; ders., StuW 2007, 3, 4; Englisch, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 92 f.; Hey, StbJB 2007/2008, 19, 48; Schön, FR 2001, 381, 382; a. A. etwa S. Schneider, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 87, 89.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

Frage offen gelassen.14 Das objektive Nettoprinzip entfaltet aber auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insofern Wirkung, als es sich um eine gesetzgeberische Grundentscheidung handelt, an die der Gesetzgeber grundsätzlich im Rahmen der Folgerichtigkeit gebunden ist.15 Dabei gilt das objektive Nettoprinzip über § 8 Abs. 1 KStG auch für das Körperschaftsteuerrecht.16 In der Sache ergeben sich damit keine nennenswerten Unterschiede: So ist im ersten Fall der unmittelbaren verfassungsrechtlichen Fundierung des objektiven Nettoprinzips eine sachliche Rechtfertigung erforderlich wegen ebenjenem Verfassungsverstoß. Im zweiten Fall bedarf es einer Rechtfertigung, weil der Gesetzgeber wegen des Folgerichtigkeitsgebots an seine frühere Grundentscheidung gebunden ist.17 1. Verletzung des objektiven Nettoprinzips Die Regelung des § 8c KStG könnte gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen, indem die Norm die Verlustnutzung im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs ganz oder teilweise ausschließt. Schließt man sich entgegen der hier vertretenen Auffassung der h. M. an, die in § 8c KStG auch ein Verlustausgleichsverbot enthalten sieht, liegt bereits insoweit eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips vor. Denn das objektive Nettoprinzip gebietet jedenfalls als einfachgesetzliches Prinzip die Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen. Bei einem Verlust handelt es sich um einen Überhang der Erwerbsaufwendungen über die Erwerbseinnahmen. Die Körperschaftsteuer knüpft an das Ergebnis eines Veranlagungszeitraums, d. h. eines Kalenderjahres an. Wenn § 8c KStG die Verrechnung von Verlusten mit Gewinnen innerhalb eines Veranlagungszeitraums untersagt, läge insoweit eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips vor. Fraglich ist aber, ob dies auch in Bezug auf die Versagung des Verlustvortrags gilt. Insofern wäre etwa denkbar, anzunehmen, dass die Verluste als bereits in dem Veranlagungszeitraum berücksichtigt angesehen werden, in dem sie angefallen sind. Für diesen Veranlagungszeitraum fallen schließlich ________________________ 14 BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; BVerfG v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111; BVerfG 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210; s. a. Hey, StbJb 2007/2008, 19, 48 (m. w. N.). 15 Siehe die in Fn. 14 genannten Entscheidungen. 16 BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, StBW 2010, 1065; BFH v. 21.11.1983, GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160; BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, DStR 2010, 2179; Hey, in Festschrift Herzig, S. 7, 10; dies., DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109, 110; Brete, DStZ 2009, 692, 694; Heger, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 117, 118. 17 Vgl. BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; BVerfG 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210.

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A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG

keine Steuern an, die Verluste wären entsprechend bereits berücksichtigt worden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip einen interperiodischen Verlustabzug gebietet. Eine starke Auffassung in der Literatur geht davon aus, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip idealiter eine Totalgewinnbesteuerung erfordert.18 Die Abschnittsbesteuerung sei nur technische Ausgestaltung dieses an sich gebotenen (aber nicht praktikablen) Totalitätsprinzips.19 Entsprechend müssen Verluste, die das Totaleinkommen mindern, interperiodisch zwingend Berücksichtigung finden, was grundsätzlich die Forderung nach einem zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag nach sich zieht.20 Eine andere Literaturauffassung sieht das Abschnittsprinzip dagegen als materielles Prinzip an, für das sich der Gesetzgeber entschieden habe.21 Die Leistungsfähigkeit ist hiernach grundsätzlich innerhalb eines Besteuerungszeitraums zu bemessen.22 Allerdings fordert auch diese Auffassung grundsätzlich zumindest punktuelle Durchbrechungen und Abmilderungen von einem strengen Abschnittsprinzip, da ein solches oftmals zu willkürlichen Besteuerungsfolgen führte.23 Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts besteht zwischen dem (dem geltenden Recht zugrunde liegenden) Abschnittsprinzip und dem Grundsatz des abschnittsübergreifenden Nettoprinzips ein Spannungsverhältnis.24 Bei der Auflösung dieses Spannungsverhältnisses sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, den Widerspruch zwischen der Abschnittsbesteuerung und dem Grundsatz der Besteuerung nach dem (abschnittsübergreifenden) Nettoprinzip einseitig zugunsten des Nettoprinzips aufzulösen.25 Für die hier relevante Untersuchungsfrage muss im Ergebnis aber nicht entschieden werden, inwieweit das Leistungsfähigkeitsprinzip zwingend einen ________________________

18 Tipke, StuW 1971, 2, 16. 19 J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 44, 62; ders., Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, S. 190; Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. II, S. 669 jeweils m. w. N. 20 Vgl. Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 263. 21 Vgl. Schick, Der Verlustrücktrag, S. 13; F. Dötsch, DStR 2008, 641, 642; Kirchhof, in Kirchhof, § 2 Rn. 120. 22 Vgl. etwa Kirchhof, StuW 1985, 319, 322; differenzierend Drüen, Periodengewinn und Totalgewinn, S. 85 ff., nach dem aber diesbezüglich ein verfassungsrechtlicher Optimierungsauftrag an den Gesetzgeber gerichtet ist, der ein starres Prinzip der Abschnittsbesteuerung verbietet. 23 Schick, Der Verlustrücktrag, S. 16; Drüen, Periodengewinn und Totalgewinn, S. 101. 24 BVerfG v. 22.7.1991, 1 BvR 313/88, DStR 1991, 1278; vgl. dazu auch F. Dötsch, DStR 2008, 641, 642. 25 BVerfG v. 22.7.1991, 1 BvR 313/88, DStR 1991, 1278. Auch der GrS des BFH führte in seinem Beschluss v. 17.12.2007, GrS 2/04, DStR 2008, 545 zur sog. Vererblichkeit von Verlustvorträgen nach § 10d EStG den Gesichtspunkt dieses Spannungsverhältnisses an, ließ allerdings dahingestellt sein, wie dieses aufzulösen sei.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

interperiodischen Verlustabzug gebietet. Der Gesetzgeber hat den Verlustabzug einfachgesetzlich normiert und ist im Rahmen der Folgerichtigkeit grundsätzlich an diese Entscheidung gebunden. Will er einem Steuerpflichtigen das Recht auf den Verlustabzug unter bestimmten Voraussetzungen versagen, ohne dass ansonsten ein allgemeiner Systemwechsel anzunehmen ist, bedarf es hierfür sachlicher Gründe. Die o. g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die zur Beschränkung des Verlustvortrags auf fünf Jahre erging, besagt im Umkehrschluss eben auch nicht, dass der Gesetzgeber berechtigt ist, den genannten Widerspruch einseitig zugunsten der Abschnittsbesteuerung aufzulösen. Bei der Abwägung der Prinzipien begründet das Bundesverfassungsgericht die schließlich angenommene verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit ausdrücklich auch damit, dass entsprechende Verluste nicht sofort völlig verloren gingen, sondern zunächst zeitlich gestreckt genutzt werden konnten und dann erst nach einer gewissen Zeit gänzlich verloren gingen. Darüber hinaus entschied das BVerfG zur Verlustbeschränkung nach § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG a. F., dass der völlige Ausschluss der Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen, die in verschiedenen Veranlagungszeiträumen anfallen, verfassungswidrig sei, wenn die Aufwendungen im selben Jahr der Erwerbseinnahmen abzugsfähig gewesen wären und keine Rechtfertigung hierfür zu finden ist.26 Aus diesen Entscheidungen kann gefolgert werden, dass der Verlustabzug jedenfalls in einem Kernbereich verfassungsrechtlich geschützt ist.27 Indem § 8c KStG die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes vollständig versagt, ohne dass die Möglichkeit einer Nutzung in späteren Jahren besteht, greift sie in diesen Kernbereich ein und verletzt daher das objektive Nettoprinzip.28 Darüber hinaus ergeben sich verfassungsrechtlich zu beachtende schwerwiegenden Folgen des § 8c KStG im Zusammenspiel mit der sog. Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG, die den Verlustvortrag betragsmäßig begrenzt. Nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG können Verluste in folgenden Veranlagungszeiträumen nur bis zu einem Betrag von 1 Mio. € uneingeschränkt verrechnet werden, darüber hinaus nur bis zu 60 % des 1 Mio. € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte. Durch diese betragsmäßige Einschränkung des Verlustvortrags gehen Verluste zwar nicht unter, es kommt ________________________

26 BVerfG v. 30.9.1998, 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88. 27 Vgl. auch BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826; BFH v. 11.2.1998, I R 81/97, BStBl. II 1998, 485. 28 Im Ergebnis so auch J. Lang, GmbHR 2012, 57, 60 f.; Köplin/Sedemund, BB 2011, 1894; Kessler/Hinz, FR 2011, 1771, 1772; Roth, Ubg 2011, 527, 533; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 17 ff.; Drüen, Ubg 2009, 23, 25; Oenings, FR 2009, 606, 608; F. Dötsch, DStR 2008, 641, 643; Schwedhelm, GmbHR 2008, 404, 405; Hey, BB 2007, 1303, 1306.

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jedoch zu einer weiteren zeitlichen Streckung der Verlustnutzung. Diese ist bereits an sich verfassungsrechtlich bedenklich,29 wird aber jedenfalls dann äußerst verfassungskritisch, wenn andere tatsächliche Umstände30 bzw. Rechtswirkungen31 dazu führen, dass die an sich verrechenbaren Verluste – die trotz ausreichender Gewinne allein wegen der Mindestbesteuerung noch nicht verrechnet werden durften – endgültig untergehen.32 Ein solcher Definitiveffekt tritt auch im Fall der Verwirklichung des § 8c KStG ein. Für diesen Fall hat der BFH hat in einem AdV-Beschluss vom 26.8.2010 daher eine verfassungskonforme Auslegung des § 10d Abs. 2 EStG vorgenommen,33 die die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 19.10.2011 – beschränkt für AdV-Zwecke – auch für sonstige Fälle eintretender Definitiveffekte übernommen hat.34 2. Verletzung des Trennungsprinzips a) Rechtslage bis zum 31.12.2009 Die Regelung des § 8c KStG knüpft in der für Beteiligungserwerbe bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung ausschließlich an die Verhältnisse der Anteilseigner an, die Verhältnisse der Gesellschaft selbst (diese ist schließlich Steuersubjekt) sind völlig irrelevant. Die (auch steuerrechtliche) Selbständigkeit der Gesellschaft wird insoweit negiert, was grundsätzlich zu einem Verstoß gegen das dem geltenden Körperschaftsteuersystem zugrunde liegende Trennungsprinzip führt.35 Dies ist zum einen als Verstoß gegen die ________________________ 29 Für eine Verfassungswidrigkeit J. Lang, in Tipke/Lang, § 9 Rn. 66; Lang/Englisch, StuW 2005, 3, 9 ff.; Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 355 ff.; ders., StuW 2012, 18, 22 ff.; für eine Verfassungsmäßigkeit dagegen Lambrecht, in Kirchhof, § 10d Rn. 4. 30 Z. B. bei Objektgesellschaften, die lediglich ein Projekt realisieren und dann liquidiert werden, vgl. Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10d EStG Rn. 13. 31 Wie z. B. der Verlustuntergang nach § 8c KStG, vgl. Kempf/Vogel, in Lüdicke/Kempf/ Brink, Verluste im Steuerrecht, S. 81. 32 Für eine Verfassungswidrigkeit in diesen Fällen Seewald, in Festschrift Spindler, S. 775, 784; Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10d EStG Rn. 13 (für Verluste bei Objektgesellschaften); Kempf/Vogel, in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, S. 81; Wendt, DStJG Band 28, S. 76 ff. 33 BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826. 34 BMF v. 19.10.2011, IV C 2 – S 2741/10/10002, BStBl. I 2011, 974. 35 Vgl. FG Hamburg v. 4.4.2011, 2K 33/10, EFG 2011, 1460; Hey, BB 2007, 1303, 1307; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 870; Schwedhelm, GmbHR 2008, 404, 406; Oenings, FR 2009, 606, 609; Roth, Ubg 2011, 527, 531; Kessler/Hinz, DB 2011, 1771, 1772; Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 105 f., 208, m. w. N. a. A. J. Lang, GmbHR 2012, 57, 60; Jochum, FR 2011, 497, 502 f.

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Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung zu werten.36 Zum anderen liegt in der Durchbrechung des Trennungsprinzips auch ein Verstoß gegen das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung.37 Denn der Gesetzgeber hat mit der (an das Zivilrecht anknüpfenden) Entscheidung, Körperschaften als selbständige Steuersubjekte zu behandeln, einen Steuergegenstand ausgewählt und damit eine Belastungsentscheidung getroffen. Damit setzt der Gesetzgeber seine Entscheidung zur Belastung der Gesellschaft als solcher nicht folgerichtig um, es liegt damit ein Verstoß gegen die Folgerichtigkeit vor. In der Literatur wird dagegen z. T. versucht, das alleinige Abstellen auf die Anteilseigner damit zu rechtfertigen, dass sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung der objektiven Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft an den Verhältnissen der Gesellschafter orientiere, was nicht nur bei Mitunternehmerschaften, sondern auch bei Körperschaften der Fall sei.38 Das Trennungsprinzip wird hier nicht als Belastungsentscheidung verstanden, die es folgerichtig zu beachten gilt, sondern vorrangig als rechtstechnisches Prinzip.39 Grundsätzlich sei auf die Leistungsfähigkeit der Anteilseigner, nicht die der Körperschaft abzustellen. Diese Überlegung geht aber von einem falschen Verständnis der Körperschaftsbesteuerung aus oder wendet dieses Verständnis jedenfalls unzulässigerweise nur im Teilbereich der Verlustnutzung von Körperschaften an. Nach dem geltenden Ertragsteuersystem ist Steuersubjekt die Gesellschaft als solche bzw. die natürliche Person als solche. Der Gesetzgeber besteuert das jeweilige Steuersubjekt als wirtschaftlich Leistungsfähigen. Die Körperschaftsteuer ist nach der gegenwärtigen gesetzlichen Ausgestaltung gerade keine Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter (etwa im Sinne einer Teilhabersteuer40), sondern eine der Kapitalgesellschaft als sol________________________ 36 Vgl. Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22; Drüen, Ubg 2009, 23, 28. 37 Gl. A. Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 5; Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 532; Hey, BB 2007, 1303. 38 So Möhlenbrock, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 346. 39 Möhlenbrock, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 347 ff. 40 Beim Modell der Teilhabersteuer werden sämtliche Gewinne entsprechend der individuellen Situation der Anteilseigner belastet. Die Körperschaftsteuer ist hierbei lediglich Vorauszahlung auf die eigentliche Einkommensteuer. Entwickelt wurde die Teilhabersteuer i. W. von Engels/Stützel, Teilhabersteuer; s. dazu auch Cronenberg, Die Teilhabersteuer, S. 29 ff.; Ketzel, Aktuelle Unternehmensbesteuerung, in Stützel S. 509, 519 ff.; Wenger, Teilhabersteuer, in Stützel, S. 525 ff.; hierzu und zu anderen Modellen hinsichtlich einer rechtsformneutralen Besteuerung (Betriebsteuer, Inhabersteuer) Sieker, DStJG, Bd. 25 (2002), S. 160 ff.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 210 ff.; Englisch, DStZ 1997, 778, 780 ff.; kritisch zu der Forderung nach rechtsformneutralen Besteuerung etwa Rose, in Festschrift Wacker, S. 49, 53 ff.

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cher auferlegte Steuer.41 Dies galt bereits unter dem Anrechnungsverfahren42 und gilt erst recht nach dem Übergang zum Halbeinkünfteverfahren, das insoweit zu einer noch stärkeren Betonung der steuerrechtlichen Eigenständigkeit der Körperschaften geführt hat. Ein grundsätzliches Abstellen auf die Anteilseigner ist vor dem Hintergrund des geltenden Rechts eben steuersystematisch falsch und lag insbesondere der Altfassung des § 8c KStG zugrunde, was man doch durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wenigstens teilweise gerade glaubte wieder überwunden zu haben. Die Folgerichtigkeit ist auch nicht deshalb gewahrt, weil sich die wirtschaftliche Identität der Gesellschaft im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs ändert. Dies soll zwar nach der Gesetzesbegründung zu § 8c KStG der Fall sein.43 Tatsächlich ist dies aber eine unhaltbare Unterstellung des Gesetzgebers. Die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft wird eben nicht allein von ihrer Gesellschafterstruktur bestimmt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft hängt nicht davon ab, wer Gesellschafter dieser ist. Die Kapitalgesellschaft kann nicht einmal Einfluss auf ihre Gesellschafter nehmen, es ist gerade umgekehrt.44 b) Rechtslage ab dem 1.1.2010 Seit dem 1.1.2010 besteht die Möglichkeit des Verlusterhalts in Höhe der stillen Reserven. Hiermit wird auf Rechtsfolgenseite letztlich ein gesellschaftsbezogenes Merkmal etabliert. Denn nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG sind die vorhandenen stillen Reserven des Betriebsvermögens der Körperschaft entscheidend.45 Dass diese grundsätzlich aus dem Entgelt für die Anteile berechnet werden sollen, ändert hieran nichts. Strenggenommen ist diese Wertermittlung zwar unsystematisch, da die stillen Reserven auf Ebene der Gesellschaft wiederum aus einem Umstand auf Gesellschafterebene abgeleitet werden. Nach der grundsätzlichen Gesetzeskonzeption handelt es sich aber um stille Reserven der Körperschaft. Lediglich bei deren Ermittlung ist (grundsätzlich) das Entgelt für die Anteile zu berücksichtigen, das ________________________

41 Vgl. auch BGH v. 2.6.2003, II ZR 85/02, BGHZ 155, 110. 42 BGH v. 2.6.2003, II ZR 85/02, BGHZ 155, 110; BGH v. 30.1.1995, II ZR 42/94, NJW 1995, 1088; z. T. wurde die Körperschaftsteuer auch als „Sicherungs“-Einkommensteuer bezeichnet, die eigentliche Besteuerung beim Leistungsfähigen – der natürlichen Person – setze erst bei Ausschüttung ein; vgl. Siegel/Bareis/Herzig/Schneider/ Wagner/Wenger, BB 2000, 1269. Diese Folgerung war allerdings eher den faktischen Ergebnissen geschuldet als der grundlegenden gesetzlichen Ausgestaltung. 43 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 76. 44 Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 532. 45 So auch Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFSt-Schrift Nr. 461, S. 76.

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im Übrigen eine praktikable Möglichkeit der Feststellung darstellt, die nach einem bestandenen Markttest zudem den tatsächlichen Wert besser darstellt als eine – weiterhin in diesem Rahmen mögliche – Unternehmensbewertung. Damit wird der Bruch des Trennungsprinzips freilich nicht behoben, die Norm stellt weiterhin grundsätzlich auf die Gesellschafterebene ab. Die auf der Rechtsfolgenseite ansetzende Ausnahme schwächt diesen Verstoß lediglich ab.46 Inwieweit dies zur Rechtfertigung führt, ist eine andere Frage (dazu s. 4. b) bb), S. 103). 3. Ausnahme des Systemwechsels Es ist aber fraglich, ob jede gesetzgeberische Maßnahme vor dem objektiven Nettoprinzip bzw. Trennungsprinzip gerechtfertigt werden muss oder ob und inwieweit der Gesetzgeber befugt ist, neue andere Prinzipien ggfs. partiell daneben zu etablieren. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist der Gesetzgeber befugt neue Regelungen einzuführen, ohne durch das Gebot der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein, wenn ein Systemwechsel vorgenommen wird.47 Einen solchen zulässigen Systemwechsel, der von den Fesseln der Folgerichtigkeit befreit und der Rechtfertigungsebene vorgelagert ist,48 erfordert aber ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung.49 Insbesondere dann, wenn bei im Übrigen unveränderten Grundentscheidungen eine von diesen abweichende Belastungsentscheidung lediglich in einem schmalen Teilbereich mit der Behauptung eines Systemwechsels begründet wird, bedarf es greifbarer Anhaltspunkte, die die resultierende Ungleichbehandlung rechtfertigen können.50 Nur bei einem Systemwechsel, der diese Anforderungen erfüllt, ist der Gesetzgeber nicht mehr gezwungen, die Wirkungen selbst gesetzter genereller Steuerprinzipien gegen sich gelten zu lassen. Eine generelle Aufweichung der Prüfungsintensität allein aufgrund fiskalischer Argumente und wegen eines behaupteten Systemwechsels ist nicht geboten.51 ________________________ 46 47 48 49 50 51

Siehe auch Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22; zust. Drüen, Ubg 2010, 543, 549. BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210. Vgl. Drüen, Ubg 2009, 23, 27. BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210; Röder, StuW 2012, 18, 29. Vgl. BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210. Für eine großzügigere Entscheidungskompetenz des Gesetzgebers tritt dagegen Nawrath, DStR 2009, 2, 3 ein. Danach soll der Gesetzgeber seine selbst gesetzten Steuerprinzipien bereits dann nicht mehr uneingeschränkt gegen sich gelten lassen müssen, „wenn in ihrem Windschatten dem Staat die fiskalische Basis entzogen wird“. Hierbei bleibt im Wesentlichen unklar, wann dies der Fall sein soll. Letztlich würde dies darauf hinauslaufen, dass ein Systemwechsel bereits dann zulässig wäre, wenn nur hinreichende fiskalische Gründe für diesen sprechen. Allein der Fiskal-

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Ein Systemwechsel könnte darin gesehen werden, dass der Gesetzgeber das Transparenzprinzip auch in Bezug auf Kapitalgesellschaften eingeführt hat. Dies könnte aber allenfalls in Bezug auf Verluste gesehen werden, da die Gesellschaft sonst weiterhin als eigenständiges Steuersubjekt besteuert wird, ohne dass es auf die Gesellschafter ankommt. Es ist zwar bereits vom Grundsatz her fraglich, ob eine Einführung eines Teilsystems der Transparenz nur in Bezug auf Verluste möglich wäre. Dies braucht hier allerdings letztlich nicht geklärt zu werden, da jedenfalls kein Mindestmaß an neuer Systemorientierung gegeben ist.52 Punktuelle Maßnahmen können nur dann als Systemwechsel akzeptiert werden, wenn ihnen ein Plan zugrunde liegt, der sie als Teilschritte hin zu einem neuen System erkennbar werden lässt.53 Der Gesetzgeber hat aber nicht und beabsichtigt auch nicht, in Bezug auf die Verlustberücksichtigung ein Transparenzprinzip einzuführen. Träger des Rechts auf Nutzung der steuerlichen Verluste bleibt nach wie vor die Gesellschaft, die Verluste verbleiben auf dieser Ebene. Wenn etwa ein Gesellschafter ausscheidet, kann er die Verluste nicht weiter nutzen, es besteht insoweit keine Transparenz.54 Zudem hat der Gesetzgeber das Transparenzprinzip auch sonst nicht auf Verluste ausgedehnt. Im Rahmen des SEStEG hat der Gesetzgeber mit Änderung des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG die Bedeutung der rechtlichen Identität der Gesellschaft und deren Selbständigkeit als maßgebliches Kriterium für die Verlustnutzung sogar gestärkt.55 Nach alledem stellt § 8c KStG eine punktuelle, systemwidrige und inkonsequente Abweichung vom Trennungsprinzip dar.56 Die Norm ist nicht als Ausdruck eines Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht zu begreifen. Es bedarf daher einer Rechtfertigung. 4. Rechtfertigung Die Beschränkung der Verlustberücksichtigung aufgrund einer Änderung auf Gesellschafterebene und die damit erfolgende Verletzung des objektiven Nettoprinzips und des Trennungsprinzips ist nicht schlechthin unzulässig. ________________________

52

53 54 55 56

zweck ist aber auch im Bereich des Systemwechsels gerade kein Grund für eine verfassungsrechtliche Zulässigkeit (zur fehlenden Rechtfertigungswirkung eines bloßen Fiskalzwecks s. sogleich). So auch FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460; Röder, StuW 2012, 18, 29; Roth, Ubg 2011, 527, 532; Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 171. Nochmals BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210. Schwedhelm, GmbHR 2008, 406; Hey, DStR 2009, Beihefter zu Heft 34, 109, 113. Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 370. Drüen, Ubg 2009, 23, 29; Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 515, 534 f.; Sedemund/ Fischenich, BB 2008, 537; FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460.

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Der Gesetzgeber kann von ihm selbst gesetzte Prinzipien beim Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen und sich dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen bedienen,57 m. a. W., die Verletzungen können gerechtfertigt sein. Dabei gilt im Bereich der Folgerichtigkeit keine bloße Willkürkontrolle. Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes.58 In Betracht kommt hier eine Rechtfertigung durch die Erzielung staatlicher Mehreinnahmen, die Missbrauchsabwehr59 und die Typisierung. Die vom Bundesverfassungsgericht auch mit grundsätzlich rechtfertigender Wirkung anerkannten außerfiskalischen Förderungs- und Lenkungszwecke60 liegen hier nicht vor, da eine gesetzgeberische Entscheidung hierfür nicht erkennbar ist. a) Einnahmeerhöhung Bei Einführung des § 8c KStG wurden die finanziellen Auswirkungen der Norm laut Gesetzesbegründung insgesamt mit einem Plus von 1,475 Mrd. Euro veranschlagt.61 Ausdrücklich berief sich der Gesetzgeber zwar nicht auf den Zweck der Erzielung von Mehrreinnahmen. Gleichwohl bildete § 8c KStG zusammen mit der Zinsschranke einen wesentlichen Teil der Gegenfinanzierung, die die finanziellen Auswirkungen der politisch gewollten Senkung der Steuersätze in Grenzen halten sollte. Allerdings reicht nach dem Bundesverfassungsgericht der fiskalische Zweck staatlicher Einnahmeerhöhung für sich alleine nicht aus, um ungleiche Belastungen zu rechtfertigen.62 Da es der Sache nach aber keinen Unterschied bedeutet, ob die Regelung unmittelbar der Erhöhung von Einnahmen dient oder dazu, dass eine Entlastung durch anderweitige Regelungen nicht zu hohe finanzielle Auswirkungen für den Staat hat, scheidet eine diesbezügliche Rechtfertigung damit aus. ________________________ 57 BVerfG v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00; BVerfGE 123, 111. 58 BVerfG v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00; BVerfGE 123, 111; BVerfG v. 21.6.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164; BVerfG v. 4.12.2002, 2 BvR 400/98 u. a., BVerfGE 107, 27. 59 Siehe grundlegend zu Art. 3 Abs. 1 GG als Maßstab für spezialgesetzliche Missbrauchsnormen Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 85 ff. 60 Vgl. nur BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; Drüen, Ubg 2009, 23, 26. 61 BT-Drucks. 16/4841, S. 43. 62 BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; BVerfG v. 12.5.2009, 2 BvL 1/00, BVerfGE 123, 111; BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a. BVerfGE 122, 210.

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b) Missbrauchsabwehr aa) Rechtslage bis zum 31.12.2009 Ausweislich der Gesetzesbegründung dient die Neufassung des § 8c KStG im Vergleich zur alten Regelung zum sog. Mantelkauf (§ 8 Abs. 4 KStG a. F.) der Vereinfachung der Rechtsanwendung.63 Die Altregelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. wurde nach h. M. und insbesondere auch vom Gesetzgeber des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 mit der Missbrauchsvermeidung gerechtfertigt.64 Wenn § 8c KStG Nachfolgevorschrift des § 8 Abs. 4 KStG a. F. ist, liegt daher der Gedanke nahe, dass § 8c KStG ebenfalls als Missbrauchsvorschrift zu qualifizieren ist. Dies wurde aber bereits oben wiederlegt (s. 2. Kapitel: B. I. 1., S. 13). Die Regelung des § 8c KStG war bis zum 31.12.2009 weder objektiv noch subjektiv als Missbrauchsvorschrift anzusehen und kann folglich auch nicht als solche gerechtfertigt werden.65 bb) Rechtslage ab dem 1.1.2010 (1) Zweistufige Prüfung Mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz hat § 8c KStG einen Bedeutungswandel erfahren und hat nun den Zweck, den Handel mit Verlustgesellschaften zu verhindern. Auch verfassungsrechtlich ist es nicht von Bedeutung, dass die Gesetzesmaterialien keinen Hinweis auf eine geänderte Bedeutung enthalten. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich das Gesetz und seine Wirkung, auf die Motive des Gesetzgebers kommt es nicht an.66 Durch den Bedeutungswandel stellt sich die Frage neu, ob § 8c KStG insoweit eine zulässige Typisierung eines Missbrauchsfalles darstellt. Dabei verstellt die Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Missbrauchsvorschrift realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen muss,67 den Blick darauf, dass hier m. E. zwei Prüfungsschritte zu be________________________

63 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 75. 64 BFH v. 14.3.2006, I R 8/05, BStBl. II 2007, 602; Hey, BB 2007, 1303, 1306; Wiese, DStR 2007, 741, 744; Kaeser, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 123; BT-Drucks. 16/4841, S. 34; a. A. Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8 Rn. 182; unentschieden Herzig, DStJG, Bd. 28 (2005), S. 195. 65 FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460; J. Lang, GmbHR 2012, 57, 61; Roth, Ubg 2011, 527, 531; Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, 2011, S. 154 f. 66 Für das Gebiet des Steuerrecht s. etwa BVerfG v. 11.2.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, 238; außerhalb des Steuerrechts s. etwa BVerfG v. 7.11.2007, 1 BvR 1840/07, NZS 2008, 530; BVerfG v. 16.2.1983, 2 BvE 1-4/83, BVerfGE 62, 1. 67 BVerfG v. 21.6.2006, BVerfGE 116, 164.

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achten sind. Zunächst ist festzustellen, ob die betreffende Regelung überhaupt als Missbrauchsregelung zu qualifizieren ist und was der Sache nach vom Gesetzgeber als missbräuchlich angesehen wird. Verkürzt könnte man hier von der zu regelnden „Missbrauchsmaterie“ sprechen. Diesbezüglich sollte es nur eine eingeschränkte verfassungsrechtliche Kontrolle im Sinne einer Willkürprüfung geben, da es sich letztlich um eine Wertentscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers handelt. Dem Grunde nach obliegt es dem Gesetzgeber, die zugrunde liegenden Wertentscheidungen auch für das Steuerrecht zu treffen, das Verfassungsgericht kann nicht seine Wertüberzeugungen über die des Gesetzgebers stellen. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Prüfung, ob der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Regelung seine Typisierungsbefugnis überschritten hat. In diesem Rahmen sind dann strengere verfassungsrechtliche Maßstäbe anzulegen. (2) Missbrauchsmaterie Zweck der Regelung ist seit dem 1.1.2010 die Verhinderung eines Handels mit Verlustgesellschaften (s. o. 2. Kapitel: B. I. 2., S. 1468). Es stellt sich die Frage, welche Gründe für die Qualifikation des Handels als Missbrauch sprechen. Dies ergibt sich daraus, dass eine Übertragung (und damit ein Handel) von Verlusten auf ein anderes Steuersubjekt nicht vorgesehen ist. Eine derartige direkte Übertragung eines Verlustes wäre rechtswidrig. Wenn aber die (steuer-)rechtlich wirksame Übertragung nicht möglich weil rechtswidrig ist, darf der Gesetzgeber auch die wirtschaftliche Übertragung von Verlusten über den Umweg der Anteilsübertragung verhindern. Diese Wertentscheidung des Gesetzgebers ist hinzunehmen. (3) Einhaltung der Grenzen der Typisierungsbefugnis Es stellt sich die weitere Frage, ob der Gesetzgeber diesen Missbrauch auch realitätsgerecht abgebildet hat. Zur Typisierungsbefugnis macht das Bundesverfassungsgericht mittlerweile stereotyp folgende Aussagen:69 „Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ________________________ 68 Wird wie von weiten Teilen der Literatur (dazu s. Fn. 30) entgegen der hier vertretenen Auffassung die gewandelte Bedeutung der Vorschrift hin zu einer Missbrauchsnorm abgelehnt, kann die Norm freilich auch ab 2010 nicht als Missbrauchsnorm gerechtfertigt werden. 69 BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767; BVerfG v. 9.12.2008, 2 BvL 1/07 u. a., BVerfGE 122, 210, jeweils m. w. N.

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ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen.“ Dabei darf die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigen. „Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für seine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild nehmen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.“70 Übertragen auf die hier fragliche Typisierung eines Missbrauchsfalles ist die Frage zu stellen, an welchem „Regelfall“ sich der Gesetzgeber zu orientieren hat, wie der „typische Fall“ aussieht, in dem ein Verlusthandel vorliegt. Hierbei ist in der Literatur oftmals zu beobachten, dass insoweit als Leitbild des Missbrauchsfalls der klassische Mantelkauffall angeführt wird, bei dem lediglich eine leere Hülle übertragen wird, die von einem Erwerber mit einer neuen Aktivität gefüllt wird.71 Eine Beschränkung auf diese Fälle erscheint aber für die Prüfung einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit zu eng. Allein weil die historische Entwicklung von solchen Fällen ausging, muss der klassische Mantelkauf nicht der Referenzfall sein, an dem es gesetzgeberische Maßnahmen zum Verlusthandel zu messen gilt. Vom Gesetzgeber wurde zulässigerweise als Missbrauch der Handel mit Verlustgesellschaften bestimmt. Die wirtschaftliche Übertragung von Verlusten mittels Gesellschaftsanteilen kann dabei alleiniger Grund für eine Übertragung von Anteilen und in diesem Sinne als klassischer Mantelkauf zu qualifizieren sein, er kann aber auch nur teilweise als Grund vorliegen. Es besteht aber von Verfassungs wegen keine Beschränkung der Typisierungsbefugnis in dem Sinne, dass nur Fälle erfasst werden dürften, in denen der Verlustkauf alleiniger oder nahezu alleiniger Grund für die Übertragung war. Der Gesetzgeber ist vielmehr befugt eine Typisierung dahingehend vorzunehmen, dass eine Verlustbeschränkung greift, soweit Verluste eigentlicher Gegenstand einer Übertragung sind. Dies ist freilich nicht im Sinne einer konkreten verfassungsrechtlichen Grenzziehung zu verstehen, so dass eine Verfassungswidrigkeit anzunehmen wäre, sofern die Norm auch Fälle erfasst, in denen tatsächlich keine Verluste gehandelt wurden. Die Außerachtlassung von Besonderheiten und eine Verallgemeinerung liegen eben im Wesen einer Typisierungs________________________ 70 Zuletzt BVerfG v. 12.10.2010, 1 BvL 12/07, StBW 2010, 1065. 71 Siehe nur Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 373; ders., StuW 2012, 18, 31; Seewald, in Festschrift Spindler, S. 775, 791.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

regelung. Eine entsprechende Regelung muss nur annäherungsweise hauptsächlich Fälle erfassen, in denen Verluste gehandelt werden. Dabei ist zwingend ein Tatbestandsmerkmal erforderlich, das auf Ebene des konkreten Steuersubjekts, d. h. der Gesellschaft, anknüpft. Ein vollständiges Ausblenden der Umstände auf Ebene des Steuersubjekts ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn ein entsprechender zulässiger Systemwechsel vorliegt, der hier gerade nicht gegeben ist (s. o. unter 3.). Dies ergibt sich zum einen aus dem Trennungsprinzip. Zum anderen – und das ist hier von wesentlicher Bedeutung – liegt nach einer Änderung nur auf Gesellschafterebene zwar möglicherweise ein Verlusthandel vor, es ist aber nicht typischerweise der Fall. Insofern hatte der Gesetzgeber im Falle des § 8c KStG i. d. F. vor dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz gerade nicht den typischen Missbrauchsfall zugrunde gelegt. Das gesellschaftsbezogene Merkmal (s. o.) des Verlusterhalts in Höhe der stillen Reserven führt nun dazu, dass soweit eine Vergütung über die stillen Reserven hinaus geleistet wird, die Verluste untergehen. Damit sucht die Vorschrift technisch daran anzuknüpfen, ob und inwieweit ein Verlusthandel gegeben ist. Hiermit wird ein Verlusthandel aber in zulässiger Weise typisiert. Die steuerlichen Vorteile der Typisierung stehen hier auch (noch) im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Der Gesetzgeber hat seine Typisierungsbefugnis damit nicht überschritten, die Regelung ist damit seit dem 1.1.2010 als Missbrauchsregelung gerechtfertigt.72 Hiermit ist freilich noch nichts darüber gesagt, ob die derzeitige Regelung rechtspolitisch sinnvoll ist und ob nicht ggfs. Änderungen insbesondere steuersystematisch geboten werden. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist aber nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat.73 Diese Grenzen wurden hier eingehalten. ________________________ 72 Nach Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22 sollen die Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz dagegen allenfalls die Eingriffsintensität in bestimmten Sachsituationen mindern. Brandis bezeichnet die Regelung aber auch „nur“ als verfassungsrechtlich bedenklich. Ähnlich zu den Änderungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, aber ohne ausdrücklichen Bezug zum Verfassungsrecht auch Drüen, Ubg 2010, 543, 549. 73 BVerfG v. 8.6.2004, 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412; BVerfG v. 8.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348 m. w. N. (st. Rspr.); s. a. BFH v. 8.11.2006, I R 69, 70/05 u. a., BStBl. II 2007, 662.

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c) Vereinfachung Ausweislich der Gesetzesbegründung zur Einführung der Regelung des § 8c KStG soll die Norm die Rechtsanwendung vereinfachen.74 Die Regelung ist gleichwohl nicht als Vereinfachungszwecknorm anzusehen. Denn Kern der Regelung ist die gesetzgeberische Entscheidung, den Verlustvortrag in bestimmten Situationen zu versagen. Der Gesetzgeber trifft hiermit eine Belastungsentscheidung, innerhalb derer er sich der Vereinfachung bedient. Zudem ist Vereinfachung kein Wert an sich.75 Sofern eine Vorschrift wie § 8c KStG schwerwiegende Verletzungen des objektiven Nettoprinzips und des Trennungsprinzips zur Folge hat, kann ein reiner Praktikabilitätsgewinn alleine diese Verstöße nicht rechtfertigen.76 Darüber hinaus ist fraglich, ob diese Vereinfachung angesichts der Verwendung wertungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe und sonstiger, oben skizzierter Probleme (wie z. B. die Schädlichkeit von mittelbaren Anteilsübertragungen etc. ohne Beschränkung auf Beteiligungsstufen) überhaupt tatsächlich erreicht wird.77 5. Strukturelles Vollzugsdefizit § 8c KStG wird in der Literatur teilweise eine Verfassungswidrigkeit wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits unterstellt,78 etwa in Extremfällen bei mittelbaren Übertragungen auf der zehnten oder noch höheren Beteiligungsstufe.79 Nach anderer Ansicht bedarf es dazu weiterer Erfahrungen in der Anwendung der Vorschrift.80 M. E. ist der Norm kein strukturelles Vollzugsdefizit vorzuwerfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell ver________________________ 74 BT-Drucks. 16/4841, S. 75. 75 Thiel, in Festschrift Schaumburg, S. 537. 76 Im Ergebnis a. A. wohl Jochum, FR 2011, 497, 502, nach der der Gesetzgeber mit § 8c KStG den Verlust wirtschaftlicher Identität einer Kapitalgesellschaft in zulässiger Weise typisierend und pauschalierend konkretisiert habe. 77 Vgl. auch Hey, BB 2007, 1303, 1307; Schwedhelm, GmbHR 2008, 404, 405; Gosch, BFH-PR 2009, 148. 78 Brendt, in Erle/Sauter, § 8c KStG Rn. 3; Roser, in Gosch, § 8c KStG Rn. 63; Gabel, Verfassungsrechtliche Maßstäbe spezieller Missbrauchsnormen im Steuerrecht, S. 127; Kessler/Hinz, DB 2011, 1771, 1774; Kraft/Kraft, FR 2011, 841, 856; Franz, BB 2010, 991; Sedemund/Fischenich, BB 2008, 535, 537. 79 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 22. 80 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 11b (nach dem ein strukturelles Vollzugsdefizit „abwegig“ sein soll).

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fehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen.81 Dieser Gesichtspunkt kommt hier insbesondere vor dem Hintergrund der Vollzugsschwierigkeiten im Ausland in Betracht. Ob das Finanzamt von einer mittelbaren Änderung der Anteilseigner aufgrund einer Änderung in der ausländischen Holdingstruktur erfahren wird, ist tatsächlich fraglich. Hiervon zu unterscheiden ist aber die Frage, ob diese tatsächlichen Schwierigkeiten zu einem – die Verfassungswidrigkeit auslösenden – strukturellen Vollzugsdefizit führen. Denn nach den diesbezüglich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist entscheidend, dass die rechtliche Gestaltung des Verfahrens, d. h. die normativen Regelungen Kontrollen weitgehend ausschließen.82 Erhebungsdefizite, die allein tatsächlicher Natur sind, ohne dass rechtliche Regelungen diese begründeten, sind nach bisheriger Rechtsprechung nicht ausreichend.83 Folglich ist entscheidend, ob den Finanzbehörden rechtliche Möglichkeiten zur Kontrolle zur Verfügung stehen. Nach einer Auffassung in der Literatur endet die Informationsverpflichtung im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach § 90 AO auf Ebene der unmittelbaren Gesellschafter.84 Für den reinen Inlandsfall stehen den Behörden aber andere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung über Anteilseignerwechsel zur Verfügung. Für einen Auslandsfall ist dies kritisch. Letztlich dürfte entscheidend sein, ob abkommensrechtliche Möglichkeiten der Informationsbeschaffung bestehen und ob sich die genannte Literaturauffassung durchsetzt.

II. Vereinbarkeit mit Freiheitsgrundrechten 1. Freiheitsrechtliche Dimension des Leistungsfähigkeitsprinzips Neben der Verankerung des Leistungsfähigkeitsprinzips im allgemeinen Gleichheitssatz werden teilweise Versuche unternommen, das Leistungsfähigkeitsprinzip bzw. das objektive Nettoprinzip auch unmittelbar freiheitsrechtlich zu verankern.85 Das Leistungsfähigkeitsprinzip soll sich aus einem Zusammenwirken von Demokratieprinzip, Sozialstaatsprinzip, Freiheits________________________ 81 82 83 84

Vgl. BVerfG v. 27.6.1991, BVerfGE 84, 239; v. 9.3.2004, BVerfGE 110, 94. Dazu eingehend Kraft/Kraft, FR 2011, 841, 843 ff. Vgl. BVerfG v. 27.6.1991, BVerfGE 84, 239; v. 9.3.2004, BVerfGE 110, 94. Vgl. Suchanek/Jansen, GmbHR 2009, 412; i. Erg. gl. A. Kraft/Kraft, FR 2011, 841, 845. 85 Lehner, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 5 ff.; ders., DStR 2009, 185, 189 ff.; s. a. Wendt, DStJG, Bd. 28 (2005), S. 51 m. w. N.

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rechten und den Gleichheitsrechten ergeben.86 Ob eine diesbezügliche zusätzliche Verankerung tatsächlich zu befürworten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn strengere verfassungsrechtliche Maßstäbe ergeben sich hierdurch regelmäßig nicht. Insbesondere kann durch die Anwendung von Freiheitsgrundrechten auch nicht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz etabliert werden. Denn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz versagt regelmäßig bei Steuergesetzen, da das allgemeine Einnahmeinteresse des Staates im Verhältnis zur Belastung des Steuerpflichtigen nicht relativierbar ist.87 Maßgebend ist allein, ob § 8c KStG bzw. ob entsprechende Normen vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips Bestand haben können. Diese Frage wurde bereits oben erörtert. 2. Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) a) Steuerlicher Verlust als Eigentum i. S. d. Art. 14 GG Nach Art. 14 Abs. 1 GG wird das Eigentum gewährleistet. Die Norm des § 8c KStG stellte jedenfalls dann einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG dar, wenn der Verlust selbst Eigentum in diesem Sinne wäre. Der Verlust ist aber nur vermögenswert (und damit von Art. 14 GG erfasst88), wenn dieser eine entsprechende Steuerminderung zur Folge hat. Diese kann sich aber nur daraus ergeben, dass der Steuerpflichtige einen hinreichenden Gewinn erzielt. Die Steuerminderung ist zwar latent vorhanden, der Steuerpflichtige hat aber keinen unmittelbaren Anspruch hierauf. Er muss erst einen entsprechenden verrechnungsfähigen Gewinn erwirtschaften. Die bei Verlustentstehung gegebene bloße Möglichkeit, die Verluste später ausgleichen zu können, ist keine grundrechtlich geschützte Vermögensposition i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG89, was auch dann gilt, wenn er bereits festgestellt worden ist.90 ________________________ 86 Vgl. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, S. 166 m. w. N.; ebenfalls (wohl darauf zurückgehend) BFH v. 9.5.2001, XI B 151/00, BStBl. II 2001, 553. 87 Tipke, Steuerrechtsordnung Bd. I, S. 418; Seer, FR 1999, 1280, 1285; Herzog, in Festschrift RFH/BFH, S. 109 ff.; BVerfG v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97 (Verhältnismäßigkeitsprinzip bietet jenseits erdrosselnder Steuern kaum greifbare Anhaltspunkte für eine Begrenzung); BVerfG v. 22.3.1983, 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, 343 („eine konkrete Verhältnismäßigkeitsprüfung im Sinne einer Abwägung der jeweiligen Interessen [ist] in der Tat nicht möglich“). Teilweise abweichend etwa Röder, StuW 2012, 18, 20. 88 Vgl. Wendt, in Sachs, Art. 14 Rn. 21. 89 BFH v. 26.6.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826. 90 Gl. A. FG Sachsen v. 16.3.2011, 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 11a; Wendt, DStJG, Bd. 28 (2005), S. 61; insoweit auch Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 308, der dann aber im Ergebnis von einem Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG bei Verlust-

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b) Höhere Besteuerung als Eigentumsbeeinträchtigung Eine Beeinträchtigung des Art. 14 Abs. 1 GG durch § 8c KStG könnte sich noch ergeben, wenn man den Verlustuntergang als Wirkung der Norm im Gefüge der Körperschaftsteuer betrachtet. Denn durch den Verlustuntergang erfolgt ein höherer Steuerzugriff. Entsprechend müsste die Körperschaftsteuer zunächst als Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG zu qualifizieren sein. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur konkrete Vermögenspositionen, nicht aber das Vermögen als solches.91 Da die Besteuerung aber nicht konkrete Vermögenspositionen entzieht, sondern nur abstrakte Zahlungspflichten auferlegt, ist der Schutzbereich von Art. 14 GG nach der tradierten Sichtweise des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht eröffnet, wobei eine – praktisch bislang nicht bedeutsam gewordene – Ausnahme für eine erdrosselnde bzw. konfiskatorische Steuer gelten soll.92 Es bleibt dann allerdings fraglich, warum bei der erdrosselnden Steuer ein Eingriff vorliegen soll, wenn der Schutzbereich noch nicht einmal betroffen sein soll.93 Die neuere Lehre sieht den Schutzbereich deshalb als eröffnet an, wobei dogmatisch z. T. darauf abgestellt wird, dass der Steuerzugriff eine Verminderung des Gesamtbestandes der im Vermögen zusammengefassten eigentumsgeschützten Positionen erzwinge.94 Andere sehen die Anknüpfung des Steuertatbestandes an das Eigentum (i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG) des Steuerpflichtigen als entscheidend an; geschützt sei insoweit seine Einkunftsquelle, die nicht in ihrem Bestand gefährdet werden dürfe.95 Einen deutlich weiteren Anwendungsbereich erfährt das Eigentumsgrundrecht, versteht man es dahingehend, dass es auch das Einkommen schützt, da die Besteuerung auf bereits erzieltes Einkommen – und damit auf Erworbenes – zugreift.96 In diesem Zusammenhang wurden mit dem vom Bundesverfassungsgericht im Vermögensteuerbeschluss97 aufgestellten sog. Halbteilungsgrundsatz in der ________________________

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verrechnungsbeschränkungen ausgeht. Im Ergebnis a. A. J. Lang, GmbHR 2012, 57, 62; Kessler/Hinz, DB 2011, 1771, 1773. Offen gelassen von FG Hamburg v. 4.4.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460. BVerfG v. 31.5.1988, 1 BvL 22/85, BVerfGE 78, 233; BVerfG v. 5.2.2002, 2 BvR 305/93 u. a., BVerfGE 105, 17; Wendt, in Sachs, Art. 14 Rn. 38. BVerfG v. 25.9.1992, 2 BvL 5/91 u. a., BVerfGE 87, 153; BVerfG v. 8.4.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; BVerfG v. 5.2.2002, 2 BvR 305/93 u. a., BVerfGE 105, 32; BVerfG v. 25.7.2007, 1 BvR 1031/07, NVwZ 2007, 1168. Vgl. Seer, FR 1999, 1280, 1283; Friauf, DStJG, Bd. 12 (1989), S. 22. So etwa Wendt, in Sachs, Art. 14 Rn. 38. Hiermit wird der Grundsatz, dass das Vermögen als solches nicht geschützt ist, freilich (m. E. allzu) sehr aufgeweicht. Schön, StuW 1995, 366, 372; Papier, in Maunz/Dürig, Art. 14 Rn. 170. Vgl. Seer, FR 1999, 1280, 1283. BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121.

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Literatur Hoffnungen geweckt, dass die Gesamtsteuerbelastung grundsätzlich im Sinne einer annähernd hälftigen Teilung als Obergrenze ausgestaltet sein müsse.98 Diese Hoffnungen sollten sich nicht bestätigen.99 Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts blieb trotz dieser Entwicklung bislang bei der herkömmlichen Sichtweise, die bereits die Eröffnung des Schutzbereichs ablehnte.100 Dagegen qualifizierte der Zweite Senat die Besteuerung als Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG.101 Als geschütztes Eigentum soll das durch die Erzielung des Einkommens Hinzuerworbene gelten.102 Denn Art. 14 Abs. 1 GG schütze das Recht, Vermögenspositionen innezuhaben. Knüpfe aber ein Steuergesetz tatbestandlich an das Innehaben einer solchen Vermögensposition an, greife es als rechtfertigungsbedürftige Inhalts- und Schrankenbestimmung in den Schutzbereich ein. Der Zweite Senat lässt aber mangels Entscheidungserheblichkeit offen, ob er von der Rechtsprechung des Ersten Senats abweicht (was eine Pflicht zur Anrufung des Plenums zur Folge gehabt hätte). Diese neuere Rechtsprechung des Zweiten Senats ist in ihrer Allgemeinheit nicht zu befürworten, jedenfalls sofern man nach wie vor von der Prämisse ausgeht, dass Art. 14 Abs. 1 GG nicht das Vermögen als solches schützt103. Die bloße Anknüpfung der Besteuerungsfolge an die Vermögensposition mag zwar den Schutzbereich eröffnen, sie stellt für sich genommen aber jedenfalls noch keine Beeinträchtigung dar.104 Art. 14 Abs. 1 GG enthält eine Bestands- und Nutzungsgarantie zugunsten des Eigentums.105 Will man aber eine Beeinträchtigung des Bestands oder der Nutzung der Vermögensposition annehmen, ist die bloße Besteuerungsfolge nicht ausreichend. Er________________________ 98 Zuerst Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), S. 213, 271 f.; Jachmann, StuW 1996, 97, 105; Vogel, NJW 1996, 1257, 1258; Seer, FR 1999, 1280, 1286. 99 Deutlich BVerfG v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97: „Der Wortlaut des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG („zugleich“) reicht zur Begründung einer mit Sinn und Zweck des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG sowie seiner Entstehungsgeschichte […] zu vereinbarenden Herleitung einer Höchstbelastungsgrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung nicht aus.“ 100 Siehe etwa BVerfG v. 8.4.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267. 101 BVerfG v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97. 102 Ausführlich dazu Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 149 ff. 103 Hiervon gehen im Wesentlichen gerade auch immer noch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus, eine andere Schlussfolgerung aus dem Vermögensteuerbeschluss zog noch Leisner, NJW 1995, 2591, 2594, nach dem nunmehr das Vermögen als Eigentum verfassungsrechtlich geschützt sein sollte. 104 So auch Wernsmann, NJW 2006, 1169, 1170. 105 Papier, in Maunz/Dürig, Art. 14 Rn. 172.

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forderlich ist eine Belastungswirkung, die derart hoch ist, dass sie einem klassischen Eigentumseingriff gleichgestellt werden muss.106 Nur dann kann von einer Beeinträchtigung des Bestands oder der Nutzung gesprochen werden. Im Ergebnis liegt nach derzeitiger Rechtslage durch die Besteuerung kein Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG vor. Selbst wenn man aber annimmt, die Körperschaftsbesteuerung stelle eine Beeinträchtigung der Eigentumsgarantie dar, kann diese doch grundsätzlich gerechtfertigt werden. Grundsätzlich rechtfertigen die Regelungen des KStG als Inhalts- und Schrankenbestimmungen die Steuerbelastung.107 Hier ist dann aber fraglich, wie eine einzelne Norm innerhalb dieses Regelungssystems zu beurteilen ist, die zu einer höheren Besteuerung führt. In Bezug auf § 8c KStG wäre denkbar darauf abzustellen, dass der Gesetzgeber eine Belastungsentscheidung getroffen hat, dass nur der (Netto-)Gewinn der Besteuerung unterliegt, wovon § 8c KStG wiederum eine Ausnahme macht, indem der Verlustabzug ausgeschlossen wird.108 Wendet man aber diese Überlegung an, trägt man das objektive Nettoprinzip auch in die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Zwar muss Art. 3 Abs. 1 GG vom Gesetzgeber auch bei Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG berücksichtigt werden.109 Hieraus ergeben sich dann aber keine anderen Folgen als oben zum objektiven Nettoprinzip ausgeführt.110 Es ergeben sich insbesondere auch keine strengeren Anforderungen aus dem im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 GG sonst zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da dieser regelmäßig bei Steuergesetzen versagt, denn das allgemeine Einnahmeinteresse des Staates ist im Verhältnis zur Belastung des Steuerpflichtigen nicht relativierbar (s. o. 1., S. 108).

________________________ 106 Jarass, in Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 32a; Wernsmann, NJW 2006, 1169, 1172. 107 Vgl. zum EStG und GewStG BVerfG v. 18.1.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97. 108 So wohl allgemein zu Durchbrechungen einer Belastungsgrundentscheidung als Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 152 ff.; für den Fall der Mindestbesteuerung Lehner, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 8. 109 BVerfG v. 2.3.1999, 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226. 110 Nach Röder, StuW 2012, 18, 20 soll die Heranziehung des Art. 3 Abs. 1 GG im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Art. 14 Abs. 1 GG dazu führen, dass das objektive Nettoprinzip auch freiheitsrechtlich abgesichert wird und „stärkt es in seiner Durchsetzungskraft“. Ob die zusätzliche „Absicherung“ tatsächlich zu einem stärkeren Schutz führt, als Art. 3 Abs. 1 GG ohnehin gewährt, ist m. E. allerdings fraglich.

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3. Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Ein Eingriff in Art. 12 GG kommt nicht in Betracht. Da es sich nicht um eine gezielte Beeinträchtigung der Berufsfreiheit handelt, die allenfalls faktische Einwirkungen auf diese haben kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine objektiv berufsregelnde Tendenz erforderlich.111 Dies ist bei Steuernormen der Fall, wenn sie Einfluss auf die Art und Weise der Berufsausübung nehmen.112 Die Regelung des § 8c KStG knüpft aber weder an bestimmte Berufe an, noch zielt sie auf Förderung und Lenkung bestimmter Berufstätigkeiten ab, sie erfasst vielmehr unterschiedslos alle Tätigkeiten. Eine objektiv berufsregelnde Tendenz ist in diesem Fall nicht anzunehmen,113 ein Eingriff in Art. 12 GG liegt damit nicht vor. 4. Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) Sofern man eine Anwendbarkeit des Art. 14 GG verneint,114 stellt die Besteuerung aber jedenfalls einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG dar. Für die Zulässigkeit dieses Eingriffs gilt aber auch hier nichts anderes.

III. Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) Die Verwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe „vergleichbarer Sachverhalt“ und „gleichgerichtete Interessen“ könnte gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Bestimmtheitsgebot verstoßen. Dieses verlangt vom Gesetzgeber, Vorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist.115 Der Betroffene muss die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag.116 Die Anforderungen im Einzelfall richten sich nach Art und Schwere des jeweiligen Eingriffs. Sie erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert. Je schwerwiegendere Auswirkungen ein Gesetz hat, desto ________________________ 111 Vgl. BVerfG v. 8.4.1997, 1 BvR 48/94, BVerfGE 95, 267; Mann, in Sachs, Art. 12 Rn. 95. 112 Zu Fällen, in denen dies angenommen wurde s. BVerfG v. 7.5.1998, 2 BvR 1876/91 u. a., BVerfGE 98, 83; BVerfG v. 7.5.1998, 2 BvR 1991/95 u. a., BVerfGE 98, 106. 113 BVerfG v. 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767. 114 Bejaht man eine Anwendbarkeit von Art. 14 Abs. 1 GG ist Art. 2 Abs. 1 GG insoweit subsidiär. 115 BVerfG v. 23.6.2010, 2 BvR 2559/08 u. a., ZIP 2010, 1596;. 116 BVerfG v. 3.3.2004, 1 BvF 3/92, BVerfGE 110, 33.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

höher sind die an die Gesetzesbestimmtheit und -klarheit zu stellenden Anforderungen.117 Für den Bereich des Steuerrechts müssen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die steuerbegründenden Tatbestände so bestimmt sein, dass der Steuerpflichtige die auf ihn entfallende Steuerlast vorausberechnen kann.118 Für eine Verfassungswidrigkeit ist aber erforderlich, dass eine Entscheidung für eine Auslegungsmöglichkeit der Norm den Rahmen der Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit den herkömmlichen Mitteln juristischer Methode zu bewältigen, sprengt.119 1. Art des Eingriffs Die Regelung des § 8c KStG soll zwar Vereinfachungsregelung sein, sie ist aber nicht als Vereinfachungszwecknorm anzusehen (s. o. I. 4. c), S. 107). § 8c KStG ist als Fiskalzwecknorm120 und damit als Eingriffsnorm anzusehen, für die besondere Anforderungen an Klarheit, Verständlichkeit, Praktikabilität und Justiziabilität zu stellen sind.121 2. Schwere des Eingriffs Zunächst ist zu konstatieren, dass § 8c KStG gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt (s. o.). Dies betrifft erstens hinsichtlich der Breitenwirkung nicht nur vereinzelte, völlig außergewöhnliche Sachverhalte, sondern vielmehr viele, alltägliche Anteilseignerwechsel. Zweitens hat die Norm für die betroffene Gesellschaft in tatsächlicher Hinsicht erhebliche negative finanzielle Auswirkungen, was insgesamt auf die Übertragung von Anteilen an der betroffenen Körperschaft durchschlägt.122 Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Untergang des Verlustvortrages nicht nur die Anteilseigner betrifft, die die betreffenden Anteile erwerben, sondern auch andere, die an diesem schädlichen Beteiligungserwerb unbeteiligt sind. Gerade hinsichtlich dieser Personen liegt ein schwerer Eingriff vor, gehen die Verlustvorträge doch ohne eigenes „Verschulden“ unter. ________________________ 117 Vgl. u. a. BVerfG v. 3.3.2004, BVerfGE 110, 33; v. 9.4.2003, BVerfGE 108, 52; BVerfG v. 19.3.2003, BVerfGE 108, 1. 118 Vgl. BVerfG v. 23.10.1986, BVerfGE 73, 388; BVerfG v. 9.11.1988, BVerfGE 79, 106, 120. 119 BVerfG v. 12.10.2010, 2 BvL 59/06, DB 2010, 2477. 120 Vgl. zu Fiskalzwecknormen allgemein J. Lang, in Tipke/Lang, § 4 Rn. 20. 121 Vgl. BFH v. 6.9.2006, BStBl. II 2007, 167, der konkrete Vorlagebeschluss wurde allerdings als unzulässig verworfen, BVerfG v. 12.10.2010, 2 BvL 59/06, DB 2010, 2477. 122 Vgl. auch Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 4.

114

A. Verfassungsmäßigkeit des § 8c KStG

3. Verletzung des Bestimmtheitsgebots Wegen der Art und Schwere des Eingriffs stehen insbesondere die Tatbestandsmerkmale des „vergleichbaren Sachverhalts“ und der „gleichgerichteten Interessen“ auf dem Prüfstand. Die genannten Begriffe sind durch die herkömmlichen Regeln der Auslegungskunst jedoch hinreichend konkretisierbar (s. o. 2. Kapitel: D. I. 1. c), S. 27 und 2. Kapitel: D. I. 5, S. 49). Dies gilt insbesondere auch für das Merkmal des vergleichbaren Sachverhalts, das durch die Verwendung des Begriffs der Vergleichbarkeit im Hinblick auf den vorherigen Tatbestand systematisch ausgelegt werden kann.123 Auch hinsichtlich der gleichgerichteten Interessen kann eine Entscheidung für eine der (zweifellos mehrfach gegebenen) Auslegungsmöglichkeiten mit den herkömmlichen Mitteln juristischer Methode bewältigt werden (nach hier vertretener Ansicht im Hinblick auf den Zweck der Norm). Auch wenn es sich um einen relativ schweren Eingriff handelt, ergibt sich eine grundsätzliche Verfassungswidrigkeit damit nicht.124 Gleichwohl sollte diesem insoweit Rechnung getragen werden, als die vorhandene Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe zu einer hinreichend vorsichtigen Anwendung führen sollte, damit die Norm nicht überschießende Konsequenzen hat.

________________________ 123 Das Bundesverfassungsgericht hebt in seinem Beschluss, in dem es die Richtervorlage des BFH zur Bestimmtheit des § 2 Abs. 3 EStG a. F. als unzulässig verwirft, nochmals ausdrücklich die Bedeutung der systematischen Auslegung hervor, wenn unklare Begriffe verwendet werden, siehe BVerfG v. 12.10.2010, 2 BvL 59/06, DB 2010, 2477. 124 Gl. A. Schwedhelm, GmbHR 2008, 404, 407; Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 28. A. A. etwa Hans, FR 2007, 775, 780.

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3. Kapitel: Verfassungsrechtliche Grenzen

B. Ergebnis und verfassungsrechtliche Grenzen für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften Die Norm des § 8c KStG ist in der Rechtslage bis zum 31.12.2009 verfassungswidrig.125 Für die Rechtslage ab dem 1.1.2010 ist die Regelung dagegen als Missbrauchsabwehrnorm verfassungsrechtlich gerechtfertigt.126 Dabei lassen sich die oben gefundenen Ergebnisse für die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung zur Verhinderung eines Handels mit Verlustgesellschaften wie folgt abstrahieren: 1. Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist der Gesetzgeber jedenfalls im Rahmen der Folgerichtigkeit grundsätzlich an die Besteuerung nach dem objektiven Nettoprinzip gebunden. Aus dem objektiven Nettoprinzip folgt die grundsätzliche Notwendigkeit sowohl der intraperiodischen als auch der interperiodischen Verlustberücksichtigung. 2. Normen, die ganz oder teilweise eine Verlustnutzung untersagen, verstoßen grundsätzlich gegen das objektive Nettoprinzip. 3. Der Gesetzgeber wäre aber befugt, einen Systemwechsel bei der Verlustberücksichtigung von Körperschaften einzuleiten, so dass in diesem (ggfs. Teil-)Bereich das objektive Nettoprinzip nicht mehr gelten wür________________________ 125 Gl. A. Suchanek, Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 5; Olbing, in Streck, § 8c KStG Rn. 1; Hey, in Tipke/Lang, § 11 Rn. 58; J. Lang, GmbHR 2012, 57, 61 f.; Karl, BB 2012, 92, 95; Drüen/Schmitz, Ubg 2011, 921, 922; Drüen, Ubg 2010, 534, 545; ders., Ubg 2009, 23, 28; Kessler/Hinz, FR 2011, 1771, 1774; Richter/Escher, FR 2011, 760, 761; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 59 ff.; Roth, Ubg 2011, 527, 533; Eilers, StuW 2010, 205, 210; Oenings, FR 2009, 606, 612; Sedemund/Fischenich, BB 2008, 535, 537; Schwedhelm, GmbHR 2008, 404, 405 ff.; Hey, BB 2007, 1303, 1306 f.; Suchanek/Herbst, FR 2007, 863, 869; Zerwas/Fröhlich, DStR 2007, 1933, 1935 f.; Wiese, DStR 2007, 741, 744; wohl auch Brandis, in Blümich, § 8c KStG Rn. 22 („verfassungsrechtlich bedenklich“); vorsichtig noch BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, DStR 2010, 2179 (weil nicht entscheidungserheblich): „durchaus […] verfassungsrechtliche Zweifel“; eine Verfassungsmäßigkeit nehmen dagegen Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 11 f., Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 36 und Möhlenbrock, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 344 ff. an. 126 Gl. A. Suchanek, Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 5; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 11 f. und Rätke, in Mössner/Seeger, § 8c KStG Rn. 36; für eine Verfassungswidrigkeit auch in der Fassung ab 2010 dagegen etwa J. Lang, GmbHR 2012, 57, 61; Röder, StuW 2012, 18, 31; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 64; Franz, BB 2010, 991; Roth, Ubg 2011, 527, 533.

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B. Ergebnis

4.

5.

6.

7.

8.

de.127 Etwa ein (Teil-)Transparenzprinzip in Bezug auf die Verlustberücksichtigung wäre aber konsequent umzusetzen. Erforderlich wäre ein Mindestmaß an neuer Systemorientierung. Der Gesetzgeber müsste klar benennen, welches System er anstrebt und dieses folgerichtig umsetzen. Hierbei wären dann auch Teilschritte zulässig. Sofern kein bzw. kein konsequenter Systemwechsel vorliegt, können entsprechende Regelungen zur Verlustnutzungsbeschränkung gerechtfertigt werden. Dabei scheidet der bloße Fiskalzweck von vornherein aus. Zulässig ist aber insbesondere ein Missbrauchsvermeidungszweck. In einem ersten Schritt ist der eigentliche Missbrauch zu benennen, d. h. was verhindert werden soll (die „Missbrauchsmaterie“). Hier kommt insbesondere die Verhinderung eines Handels mit Verlustgesellschaften in Betracht. In einem zweiten Schritt ist darauf zu achten, dass der Gesetzgeber seine Typisierungsbefugnis nicht überschreitet. Dabei ist von Verfassungs wegen keine Vorabfestlegung auf „klassische“ Mantelkauffälle geboten. Dem Grunde nach reicht die Typisierungsbefugnis zur Normierung einer Verlustbeschränkung in diesem Zusammenhang jedenfalls soweit Verluste eigentlicher Gegenstand einer Übertragung von Anteilen sind. Eine entsprechende Regelung muss nur annäherungsweise hauptsächlich Fälle erfassen, in denen Verluste gehandelt werden. Dabei ist wegen des Trennungsprinzips (sofern nicht insoweit ein Systemwechsel vorgenommen wird) stets ein Merkmal auch auf Gesellschaftsebene erforderlich. Normen zur Verlustbeschränkung sind zudem bestimmt zu fassen. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind möglichst zu vermeiden. Werden diese doch verwendet, ist darauf zu achten, dass die Kriterien für eine Auslegung (insbesondere der Zweck der Vorschrift) hinreichend deutlich werden.

________________________ 127 Ob ein solcher auch rechtspolitisch zu befürworten wäre, dazu s. u. 5. Kapitel: B. III. 3, S. 242.

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.

4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten A. Auswahl der Referenzstaaten Vor dem Hintergrund der skizzierten Probleme der gegenwärtigen Rechtslage soll im Folgenden der Frage nachgegangen werden, wie andere Staaten mit dem Problem des Verlusthandels verfahren. Hierfür ist zunächst eine Auswahl der Referenzstaaten zu treffen. Als erste Eingrenzung sollen hier grundsätzlich nur Staaten des westlichen Europas untersucht werden (mit Ausnahme der USA, dazu später). Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der geographischen und oftmals auch kulturellen Nähe, der wirtschaftlichen Verbundenheit und der Tatsache, dass diese Staaten regelmäßig über ein bereits entwickeltes Steuersystem verfügen. Nicht zuletzt wäre auch eine Materialbeschaffung für steuerrechtliche Regelungen in außereuropäischen Ländern weitaus schwieriger zu bewältigen, will man sich nicht nur auf absolute Grundsätze beschränken. Als Staaten des westlichen Europas sollen dabei die Staaten der Europäischen Union vor der EU-Erweiterung 20041 und die Schweiz angesehen werden. Von den relevanten Staaten der Europäischen Union kennen Griechenland2 und Luxemburg3 keine Beschränkung des Verlusthandels und scheiden deshalb aus. Aus den verbleibenden Staaten sollen solche exemplarisch herausgegriffen werden, die im Hinblick auf eine Regelung zum Verlusthandel besondere gesetzliche Konzepte oder Merkmale haben, die in gewisser Weise ein Alleinstellungsmerkmal begründen, das andere Staaten nicht oder nicht in dieser Art kennen. Daneben sollte die jeweilige Norm zumindest in ähnlicher Form theoretisch in das derzeitige Konzept der Körperschaftsbesteuerung integrierbar sein. Ziel soll es sein, ein möglichst breites Spektrum an verschiedenen Lösungsmöglichkeiten hinsichtlich der Ausgestaltung einer ________________________

1 Mitgliedstaaten waren bis zu diesem Zeitpunkt (in der Reihenfolge ihres Beitritts) Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Irland, Großbritannien, Griechenland, Portugal, Spanien, Österreich, Schweden und Finnland. Später beigetreten sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern, Bulgarien und Rumänien. 2 Mavraganis, in IBFD: The Taxation of Companies in Europe, Greece, Tz. 1.8. 3 In Luxemburg kann der Mantelkauf nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zwar den Tatbestand des Steuermissbrauchs erfüllen, vgl. Kleingarn/Daubenfeld, IStR-LB 2010, 84 f. Hierdurch ergibt sich aber vom Grundsatz her keine andere Rechtslage als in der Schweiz (dazu sogleich). Zudem hat sich diese Rechtslage in Luxemburg erst in jüngerer Zeit abgezeichnet, die vorherige instanzgerichtliche Entscheidung erwähnte die mögliche Erfüllung des Missbrauchstatbestands noch nicht und stellte allein auf die rechtliche Identität ab, s. Kleingarn/Daubenfeld, IStR-LB 2009, 96.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

entsprechenden Norm aufzuzeigen, ohne das derzeitige deutsche Körperschaftsteuersystem aus den Augen zu verlieren. Die schweizerische Vorschrift erfasst im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Staaten Fälle des Verlusthandels nur über eine allgemeine Missbrauchsregelung. Die belgische Regelung kennt dagegen eine spezielle Regelung, die im Tatbestand sehr weit ist, aber auch eine sehr weite Ausnahmeregelung beinhaltet, die im Wesentlichen eine Rückführung auf Missbrauchsfälle bedeutet. Die französische Regelung stellt geradezu diametral zum grundlegenden deutschen Ansatz ausschließlich auf die Ebene der Gesellschaft ab und nicht auf die Ebene der Gesellschafter. Dagegen knüpfen die restlichen Regelungen „klassisch“ sowohl auf Gesellschafter- als auch auf Gesellschaftsebene an. In diesem Rahmen ist die österreichische Norm in besonderer Weise mit der deutschen Altregelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. vergleichbar. Die niederländische Vorschrift ist dagegen sehr detailliert und weist einen sehr hohen Komplexitätsgehalt auf. Nimmt man diese Staaten als Referenzstaaten, bietet sich die Untersuchung anderer an sich relevanter Staaten nicht mehr zwingend an. Eine gesonderte Untersuchung der irischen Regelung (§ 401 Taxes Consolidation Act 1997) lohnt nicht, da diese wortgleich mit der britischen Vorschrift des ICTA 1988 ist (dessen Vorschriften über die Körperschaftsbesteuerung ohne sachliche Änderung in den CTA 2009 und 2010 sprachlich neu gefasst wurden).4 Dänemark,5 Finnland6 und Schweden7 setzen grundlegend nur eine Änderung auf Gesellschafterebene voraus, was insoweit dem Grunde nach identisch mit dem Konzept des § 8c KStG ist. Italien8 und Spanien9 knüpfen sowohl an Gesellschafter- als auch an Gesellschaftsebene an, was insoweit bereits bei der britischen, österreichischen und niederländischen Regelung untersucht wird. Die portugiesische Vorschrift10 knüpft zwar alternativ an ________________________ 4 Selbst auf dieselben Gerichtsentscheidungen wird verwiesen, vgl. Feeney, The Taxation of Companies, S. 369. Da Irland bis 1922 zum Vereinigten Königreich gehörte, sind wesentliche Elemente des irischen Steuersystems ohnehin generell vergleichbar mit den Regelungen des Vereinigten Königreichs, vgl. Ward, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, Ireland, 1.1.2. 5 Dazu Andersen, in IBFD, The Taxation of Companies in Europe, Denmark, Tz. 2.11.1.6. 6 Dazu Hiltunen, in IBFD, The Taxation of Companies in Europe, Finland, Tz. 1.1.3. 7 Dazu Nilsson, in IBFD, The Taxation of Companies in Europe, Sweden, Tz. 1.8.1. 8 Dazu IBFD, The Taxation of Companies in Europe, Italy, Tz. 1.8.1; Crazzolora, IStR 2012, 140, 143; Frei, IStR 2010, 242, 243 f. 9 Dazu de la Cueva González-Cotera/Cremades Leguina, in IBFD: The Taxation of Companies in Europe, Spain, Tz. 1.8.1. 10 Dazu KPMG, in IBFD, The Taxation of Companies in Europe, Portugal, Tz. 2.11.1.

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A. Auswahl der Referenzstaaten

eine Änderung auf Gesellschafter- oder Gesellschaftsebene an. Eine Untersuchung des Konzepts der alleinigen Änderung auf Gesellschaftsebene erfolgt aber bereits anhand der französischen Norm, zur alleinigen Änderung auf Gesellschafterebene gilt das oben Gesagte. Auch einzelne Merkmale dieser Staaten rechtfertigen keine eigene Untersuchung neben den gewählten Staaten. Die dänische Rechtsfolge, nach der Verluste nicht mehr mit sog. Netto-Investment Einkommen (Zinsen, Dividenden, steuerpflichtige Veräußerungsgewinne- und Verluste) verrechnet werden können, wäre dem derzeitigen Besteuerungssystem für Kapitalgesellschaften grundsätzlich fremd, man müsste allein für diesen (doch sehr beschränkten Teilbereich) das grundsätzlich einheitliche Einkommen aufteilen. Die italienische Ausnahmeregelung, nach der der Verlustuntergang dann keine Anwendung findet, wenn die Gesellschaft im Jahr der (für die Änderung auf Gesellschafterebene entscheidenden) Übertragung der Stimmrechte Bruttoerlöse erwirtschaftet und Personalaufwendungen getätigt hat, die höher sind als 40 % des Durchschnittswerts der letzten zwei Jahre vor der Anteilsübertragung11, ist in ähnlicher Form ebenfalls in Regelungen der anderen untersuchten Staaten enthalten. Eine Verknüpfung zu bestimmten Umsatzkennzahlen im Rahmen einer Ausnahme findet sich bei der niederländischen Regelung, die Verknüpfung zum Arbeitsplatzerhalt findet sich auch bei der österreichischen und der deutschen Vorschrift (jeweils im Rahmen der Sanierungsklausel). Des Weiteren wird bereits bei der belgischen Norm die Möglichkeit eines Verlusterhalts bei Vorliegen wirtschaftlicher Gründe für die Anteilsübertragung wie in Finnland und Portugal (in beiden Fällen ist allerdings eine behördliche „Genehmigung“ des Verlusterhalts erforderlich) untersucht. Die spanische Regelung kennt zwar eine besondere Rechtsfolge, nach der ein Verlustvortrag in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags untergeht, der sich aus dem Wert der Einlagen der Gesellschafter in das Eigenkapital (in Höhe des prozentualen Anteils der erworbenen Beteiligung) und dem Erwerbswert dieser Beteiligung ergibt.12 Die Regelung findet damit grundsätzlich nur dann Anwendung, wenn der Veräußerer einen Verlust erzielt, wobei dies im Sinne aller „historischer“ Verluste auf Gesellschafterebene zu ver________________________ 11 Siehe etwa Crazzolara, IStR 2012, 140, 143. 12 So der Wortlaut der Vorschrift und spanische Literaturquellen (CISS, Atlas Fiscal, CO026916, Tz. 2; Huidobro Arreba, in Impuesto sobre Sociedades, S. 530; Pla Vall/Salvador Cifre, Impuesto sobre Sociedades, S. 306). Die Erläuterungen in IBFD, Taxation of Companies in Europe, Spain, Tz. 1.8.1., die eher auf eine umgekehrte Ermittlung hindeuten, sind hier missverständlich formuliert, die Formulierung von Sedlaczek, IWB F. 5, Spanien, Gr. 2, 341, 342 ist nicht richtig.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

stehen ist, da nicht die konkreten Anschaffungskosten des veräußernden Gesellschafters maßgeblich sind. Diese Folge erklärt sich daraus, dass die Norm eine doppelte Berücksichtigung von Verlusten verhindern soll: zum einen die Verlustberücksichtigung auf Ebene der Gesellschaft und zum anderen auf Ebene der Gesellschafter.13 Mit der Verhinderung einer doppelten Verlustnutzung entfernt sich die Norm aber entscheidend davon, den Handel mit Verlusten zu verhindern und bietet sich daher für diese Untersuchung nicht an. Auch die besondere Rechtsfolge der schwedischen Regelung, nach der Verluste untergehen, soweit sie 200 % des Kaufpreises für die Anteile übersteigen, rechtfertigt keine gesonderte Untersuchung dieser Norm, da diese pauschale Herangehensweise zu sehr vergröbert und sich die Besonderheiten hierin erschöpfen. Eine Untersuchung der amerikanischen Rechtslage führt freilich über die eigentlich gesetzten geographischen Grenzen hinaus. Dies hängt – neben der auch hier gegebenen engen wirtschaftlichen Verbundenheit – mit den Besonderheiten des Regelungskonzepts zusammen, die eine Analyse lohnenswert macht. Die amerikanische Norm lässt ebenfalls eine Änderung auf Gesellschafterebene ausreichen, führt aber dann lediglich zu einer Verlustbeschränkung, die sämtliche Verluste weiterhin bestehen lässt und ihre Nutzung bis zum allgemeinen Auslaufen der Verlustvortragsfrist lediglich zeitlich streckt. Eine zusätzliche Änderung auf Gesellschaftsebene führt aber dann zu einer schärferen Rechtsfolge.

________________________ 13 CISS, Atlas Fiscal, CO026916, Tz. 2.

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B. Belgien

B. Belgien I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Belgische Kapitalgesellschaften unterliegen der Körperschaftsteuer (impôt sur les sociétés/vennootschapsbelasting), geregelt im belgischen Einkommensteuergesetzbuch 1992 (EStGB). Diese sind selbst subjektiv steuerpflichtige Personen (Art. 2 § 5 (a) EStGB), damit gilt auch hier das Trennungsprinzip. Nach Art. 206 § 1 EStGB kann ein Verlust vom Gewinn jedes folgenden Jahres abgezogen werden. Der Verlustvortrag ist damit zeitlich und der Höhe nach unbegrenzt möglich.14 Der Verlustausgleich unterliegt ebenfalls keinen Einschränkungen. Ein Verlustrücktrag ist dagegen nicht möglich.15

II. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines Das belgische Recht sieht in Art. 207 Abs. 3 EStGB eine Regelung zum Verlusthandel vor. Danach sind betriebliche Verluste grundsätzlich nicht mehr abzugsfähig, wenn ein Erwerb oder eine Änderung der Kontrolle über die Gesellschaft eintritt. Die Norm knüpft zunächst nur an eine Änderung auf Ebene der Beteiligten an, eine Änderung auf Ebene der Gesellschaft ist grundsätzlich nicht erforderlich,16 allerdings ist eine (sehr weite) Ausnahmeregelung vorgesehen (im Einzelnen siehe unten). Der Zweck der Regelung wird zwar im Gesetzgebungsverfahren nicht genannt.17 Er wird aber von der Rechtsprechung und der allgemeinen Ansicht in der Literatur in der Verhinderung des Handels mit Verlusten gesehen.18 Ausdrücklich wird zur Erläuterung auch hier auf den „klassischen“ Mantelkauf abgestellt.19 Ohne die Regelung sei es möglich, Anteile an einer inaktiven Gesellschaft zu erwerben, die noch vortragsfähige Verluste hat, und dann eine neue gewinnträchtige Tätigkeit von dieser Gesellschaft ausüben zu lassen. Damit könnte eine ________________________ 14 Couturier/Peeters, Belgisch Belastingrecht, Rn. 311 (S. 443); Offermanns, The Taxation of Companies in Europe, Belgium, 1.8.1. 15 Offermanns, The Taxation of Companies in Europe, Belgium, 1.8.1. 16 Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1195. 17 Vgl. Messiaen, T.F.R. 2009, Nr. 356, S. 170, 172. 18 Siehe Hof van Beroep te Gent v. 9.9.2008, T.F.R. 2009, nr. 356, S. 168; van Crombrugge, Beginselen van de vennootschapsbelasting, S. 145; ausführlich insbesondere Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 17 f. m. w. N.; Verstraelen/Rainer, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, Belgien, S. 58. 19 Vgl. zum Ganzen van Crombrugge, Beginselen van de vennootschapsbelasting, S. 145.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Verrechnung der Gewinne aus der neuen Tätigkeit mit den Vortragsverlusten erreicht werden. Diesen Handel mit „schlafenden“ Verlustgesellschaften wollte der Gesetzgeber verhindern.20 Allerdings wurde die erste diesbezüglich erlassene Norm des Art. 206 § 3 EStGB vom Schiedshof21 wegen des Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot für nichtig erklärt.22 Die heutige Regelung gilt seit dem 1.1.1997.23. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Entstehung und die Nutzung von Verlusten nur abhängig von der rechtlichen Identität der Gesellschaft, die den Verlust erlitten hat. 2. Voraussetzungen Nach Art. 207 Abs. 3 EStGB sind abweichend von Art. 206 EStGB vorherige betriebliche Verluste im Falle des Erwerbs oder der Änderung der Kontrolle einer Gesellschaft in einem Besteuerungszeitraum, die keinen rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht, weder von den Gewinnen dieses Zeitraums noch von denen eines anderen späteren Besteuerungszeitraums abzugsfähig. Hierbei sind auch mittelbare Änderungen zu berücksichtigen. Nach dem Wortlaut ist nicht erforderlich, dass der Erwerb oder die Änderung in einem bestimmten Umfang erfolgen muss. a) Erwerb oder Änderung der Kontrolle über eine Gesellschaft aa) Begriff der Kontrolle Zum Begriff der Kontrolle soll auch für Zwecke des Art. 207 EStGB auf die Vorschriften des Gesetzbuchs über Kapitalgesellschaften (GesGB) zurückgegriffen werden.24 Kontrolle ist in Art. 5 § 1 GesGB definiert als die rechtliche oder tatsächliche Befugnis, maßgebenden Einfluss auf die Einsetzung der Mehrheit der Vorstände oder Geschäftsführer oder auf die Richtung der Geschäftsführung auszuüben. Diese Grundregel wird konkretisiert ________________________ 20 Van Crombrugge, Beginselen van de vennootschapsbelasting, S. 145. 21 Der 1980 gegründete Schiedshof wird seit Mai 2007 als Verfassungsgerichtshof bezeichnet. Siehe Informationen des Gerichts auf der offiziellen Internetseite http:// www.arbitrage.be/. 22 Schiedshof v. 11.12.1996, nr. 70/96, Belgisch Staatsblad vom 19.12.1996. Siehe dazu auch Gemis, A.F.T. 1997, 209. 23 Art. 207 Abs. 3 EStGB wurde eingefügt durch Art. 29 des Königlichen Erlasses v. 20.12.1996, Belgisch Staatsblad v. 31.12.1996. 24 Bericht an den König für den Königlichen Erlass v. 20.12.1996, Belgisch Staatsblad v. 31.12.1996, ed. 4, S. 32643; Administratieve circulaire v. 15.12.2000, Ci.RH.421/ 521.807, Tz. 5 (die sog. circulaires, also „Rundschreiben“ von der belgischen Finanzverwaltung können etwa mit den deutschen BMF-Schreiben verglichen werden); van Crombrugge, Beginselen van de vennootschapsbelasting, S. 145; Couturier/ Peeters, Belgisch Belastingrecht, Rn. 312 (S. 443).

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B. Belgien

durch mehrere gesetzliche Vermutungen hinsichtlich der rechtlichen und der tatsächlichen Kontrolle (dazu sogleich). Wegen der Anknüpfung an das GesGB wurde von einer Mindermeinung vertreten, dass der gesellschaftsrechtliche Kotrollbegriff keine Anwendung auf natürliche Personen findet,25 wobei nunmehr allerdings als geklärt gelten darf, dass dies nicht der Fall ist.26 (1) Rechtliche Kontrolle Art. 5 § 2 GesGB enthält fünf unwiderlegbare Vermutungen für das Vorliegen einer rechtlichen Kontrolle, die in folgenden Fällen anzunehmen ist: 1. Die rechtliche Kontrolle ergibt sich aus dem Besitz der Mehrheit der Stimmrechte von den insgesamt ausgegebenen Anteilen an einer Gesellschaft. Diese Alternative ist der in der Praxis der häufigste Anwendungsfall. Entscheidend ist hier nicht der Kapitalanteil als solcher, sondern die Stimmrechte (wenngleich sich diese auch in Belgien üblicherweise entsprechen). Sind verschiedene Arten von Anteilen ausgegeben worden, erfolgt die Berechnung, ob eine Mehrheit der Stimmrechte in diesem Sinne vorliegt, allein anhand der stimmberechtigten Anteile.27 Eigene Anteile und Anteile, die von Tochtergesellschaften gehalten werden, sind bei der Berechnung der insgesamt ausgegebenen Anteile nicht zu berücksichtigen (Art. 7 § 1 Abs. 3 GesGB). Beispiel:28 A hält 46 % der Anteile an B. B hält 10 % eigene Anteile. A hat daher einen maßgebenden Kontrollanteil an B von 51 % (46 % von 90 %), da die von B gehaltenen eigenen Anteile nicht zu berücksichtigen sind. 2. Ein Gesellschafter hat das Recht die Mehrheit der Vorstände oder der Geschäftsführer zu ernennen oder zu entlassen. Dieses Recht kann entweder auf Gesellschaftsvertrag beruhen oder auf anderen vertraglichen Gründen.29 Ist ein solches Recht zu bejahen, ist die Höhe der Beteiligung ________________________ 25 So Gemis, A.F.T. 1997, 209, 217 ff. 26 Vgl. etwa Hof van Beroep te Gent v. 9.9.2008, T.F.R. 2009, nr. 356, S. 168; Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 21 f. m. w. N.; Rulingcommissie, Beslissing v. 4.12.2007, Nr. 700.408. Bei der sog. Rulingkommission (eigentlich Amt für vorausgehende Beschlüsse in Fiskalsachen) handelt es sich um eine besondere Einrichtung der belgischen Finanzverwaltung, die – vergleichbar der deutschen verbindlichen Auskunft – im Vorhinein verbindliche Beschlüsse zur steuerlichen Behandlung eines bestimmten, noch nicht verwirklichten Sachverhalts fassen kann, die dann anonymisiert veröffentlicht werden und so als Interpretationshilfe dienen können, vgl. dazu etwa Kluwer, Aangiftegids Vennootschapsbelasting, S. 276. 27 Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1196. 28 Nach Mercken/Siau, Boekhouding en financiele rapportering, S. 228. 29 Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1196.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

unbeachtlich. Nicht ausreichend ist allerdings ein bloßes Vorschlagsrecht.30 3. Ein Gesellschafter verfügt nach dem Gesellschaftsvertrag der betroffenen Gesellschaft oder aufgrund einer Vereinbarung mit dieser über die Kontrollbefugnisse über die Gesellschaft. Das Verfügen über Kontrollbefugnisse ist gegeben, wenn ein Mutterunternehmen einen beherrschenden Einfluss auf ihr Tochterunternehmen hat.31 Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Alternativen ist hier nicht das Stimmrecht oder das Benennungs- bzw. Entlassungsrecht entscheidend, sondern die Möglichkeit, Kontrollbefugnisse aufgrund gesellschaftsvertraglicher oder anderer vertraglicher Bedingungen auszuüben. 4. Ein Gesellschafter verfügt aufgrund einer Vereinbarung mit anderen Gesellschaftern der betroffenen Gesellschaft über die Mehrheit der Stimmrechte von den insgesamt ausgegebenen Anteilen an einer Gesellschaft. Damit können auch Stimmrechtsübereinkommen zur Schädlichkeit führen. Erfasst werden hier etwa Fälle, in denen ein Gesellschafter zwar nicht die Mehrheit der Stimmrechte besitzt, aber über die Ausübung der Stimmrechte endgültig mit anderen (Minderheits-)Anteilseignern gemäß dem Stimmrechtsübereinkommen entschieden wird. Auch hier sind wie oben eigene Anteile und Anteile, die von Tochtergesellschaften gehalten werden, bei der Berechnung der insgesamt ausgegebenen Anteile nicht zu berücksichtigen (Art. 7 § 1 Abs. 3 GesGB). 5. Im Fall der gemeinschaftlichen Kontrolle, die definiert ist als eine Kontrolle, die Anteilseigner ausüben, wenn diese vereinbart haben, dass Entscheidungen über die Richtung der Geschäftsführung der betroffenen Gesellschaft nicht ohne gemeinschaftliche Zustimmung getroffen werden können (Art. 9 Satz 1 GesGB).32 Hierunter fallen insbesondere gemeinschaftliche Tochterunternehmen, die unter der Kontrolle mehrerer Muttergesellschaften stehen. (2) Tatsächliche Kontrolle Liegt eine rechtliche Kontrolle nicht vor, kann sich die Kontrolle auch aus tatsächlichen Gründen ergeben. Hierunter fallen grundsätzlich alle Möglichkeiten der Ausübung von Kontrolle, wobei hier auf andere als die o. g. rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse abgestellt werden kann (Art. 5 § 3 ________________________ 30 Plateau/van Herck, Consolidatie boekhouden, S. 21. 31 Plateau/van Herck, Consolidatie boekhouden, S. 21. 32 Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1196.

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B. Belgien

Abs. 1 GesGB), insbesondere können persönliche Bindungen und andere tatsächliche Umstände zu berücksichtigen sein.33 Auch hinsichtlich der tatsächlichen Kontrolle ist eine gesetzliche Vermutung vorgesehen. Nach Art. 5 § 3 Abs. 2 GesGB wird eine tatsächliche Kontrolle vermutet, wenn ein Gesellschafter auf der vorletzten und der letzten Gesellschafterversammlung der Gesellschaft Stimmrechte ausgeübt hat, die die Mehrheit der Stimmrechte von den auf der Gesellschafterversammlung vertretenen Anteilen ausmacht. Diese Vermutung ist allerdings – im Gegensatz zur Vermutung für die rechtliche Kontrolle – widerlegbar. Die Vermutung greift etwa dann, wenn ein Anteilseigner eine erhebliche Beteiligung an der Verlustgesellschaft hat, die zwar an sich keine Mehrheitsbeteiligung darstellt, aber zur Mehrheit auf den Gesellschafterversammlungen geführt hat, weil sich die restlichen Anteile im öffentlichen Streubesitz befinden.34 bb) Erwerb oder Änderung Die gesetzliche Regelung knüpft an den Erwerb oder die Änderung der Kontrolle an. Wodurch dieser Erwerb oder die Änderung erfolgt ist grundsätzlich unbeachtlich, in Betracht kommen Veräußerungen, Einbringungen oder andere Vorgänge.35 So betraf etwa ein Beschluss der Rulingkommission36 den Fall, dass eine Kontrolländerung durch eine Kapitaleinbringung herbeigeführt wurde.37 Allerdings findet die Vorschrift nur Anwendung auf freiwillige Übertragungen von Anteilen, so dass etwa der Erwerb durch Erbschaft nicht betroffen ist.38 Fraglich ist das Verhältnis der Begriffe Erwerb und Änderung zueinander, die vom Grundsatz her gleichberechtigt nebeneinander erwähnt werden. Tatsächlich hat einerseits ein Erwerb immer auch eine Änderung der Kontrolle zur Folge, dagegen beinhaltet eine Änderung der Kontrolle zwar regelmäßig, aber eben nicht immer einen Erwerb.39 Bei einem extensiven Verständnis könnten entsprechend auch solche Fälle erfasst werden, in denen nur eine Änderung der Kontrolle erfolgt, ohne dass eine andere Per________________________ 33 34 35 36 37

Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1196. Plateau/van Herck, Consolidatie boekhouden, S. 21. Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1195. Zur Rulingkommission s. Fn. 26. Siehe zu einem solchen Fall Rulingcommissie, Beslissing v. 31.3.2009, Nr. 900.079. Vgl. auch Administratieve circulaire v. 15.12.2000, Ci.RH.421/521.807, Tz. 11. 38 Van Crombrugge, Beginselen van de vennootschapsbelasting, S. 145. 39 Gemis, A.F.T. 1997, 209, 223.

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son die Kontrolle erworben hat. Beispiel wäre etwa ein Börsengang, bei dem vorher eine Person die Kontrolle über die Gesellschaft ausübte, nach dem Börsengang aber niemand die Kontrolle in diesem Sinne hat, weil die Mehrheit der stimmberechtigten Anteile in Streubesitz übergegangen sind.40 Letztlich wendet man in der Praxis dieses extensive Verständnis allerdings nicht an, von einer Änderung in diesem Sinne wird nur dann ausgegangen, wenn nach einer solchen eine oder mehrere Personen die Kontrolle im o. g. Sinne innehaben.41 Der Begriff der Änderung hat bei diesem Verständnis einen eigenen Anwendungsbereich in Fällen, in denen zunächst niemand die Kontrolle über die Gesellschaft innehatte, diese dann aber von einem erworben wird. Hier existierte eben vorher keine Kontrolle, sie konnte entsprechend auch nicht erworben werden.42 Beispiel: A und B sind zunächst zu jeweils 50 % beteiligt; B erwirbt nun den Anteil des A. cc) Umfang der Kontrolländerung Der Wortlaut der Vorschrift enthält keine Anforderungen an den Umfang der erforderlichen Kontrolländerung. Daher findet die Vorschrift grundsätzlich Anwendung in dem Zeitpunkt, in dem die Kontrolle erworben wird bzw. wenn sich eine Änderung dieser ergibt, ohne dass es einer bestimmten Quote der Änderung bedarf.43 Im Extremfall führt daher sogar folgendes Beispiel zur Erfüllung der Voraussetzung:44 A und B sind zu jeweils 50 % an einer Verlustgesellschaft beteiligt. Nun erwirbt B von A 1 % seiner stimmberechtigten Anteile. B erwirbt damit die Kontrolle über die Gesellschaft, der Tatbestand wäre damit streng nach dem Wortlaut erfüllt. In der Literatur wird insoweit teilweise für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift plädiert, da ein Handel von Verlusten gerade in solchen Fällen nicht vorliege, zudem liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor.45 Hier werde deutlich, dass der Bezug auf das Gesellschaftsrecht insoweit verfehlt sei.46

________________________ 40 41 42 43

Gemis, A.F.T. 1997, 209, 223. Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 25; Gemis, A.F.T. 1997, 209, 223. Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 25. Couturier/Peeters, Belgisch Belastingrecht, Rn. 312 (S. 443); Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 26; anders Sedlaczek, IWB, F. 5, Belgien, Gr. 2, 263, 264 nach dem mehr als 50 % der Stimmrechte auf neue Eigentümer übergehen müssen. 44 Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 26. 45 So Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 26 f.; kritisch auch Gemis, A.F.T. 1997, 209, 222 f. 46 Vgl. auch Gemis, A.F.T. 1997, 209, 213 f., 223.

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dd) Mittelbare Kontrolländerungen Erfasst sind nicht nur unmittelbare Änderungen der Kontrolle über eine Gesellschaft, sondern auch mittelbare Änderungen.47 Nach Art. 7 § 1 Nr. 1 GesGB werden mittelbare Kontrollbefugnisse, d. h. solche, die über eine Tochtergesellschaft ausgeübt werden, ebenfalls zu den direkten Kontrollbefugnissen gezählt.48 Dabei muss der in diesem Zusammenhang entscheidende sog. Kontrollanteil49 von der Beteiligungsquote unterschieden werden.50 Die Beteiligungsquote gibt die Beteiligung der Muttergesellschaft am Gewinn und Vermögen der Tochtergesellschaft wieder, mithin das finanzielle Interesse. Die Beteiligungsquote wird bei mittelbaren Beteiligungen daher berechnet durch die Multiplikation der jeweiligen nachfolgenden Beteiligungsquoten, er wird also durchgerechnet. Der hier maßgebende Kontrollanteil drückt dagegen die Abhängigkeit von Mutter- und Tochtergesellschaft aus und bestimmt sich regelmäßig nach dem Stimmrechtsanteil. Dieser wird nicht durchgerechnet, sondern es ist entscheidend, ob und inwieweit einer Obergesellschaft die Mehrheit der Kontrollbefugnisse auf der jeweiligen Ebene innerhalb einer Beteiligungskette zuzurechnen sind, was damit begründet wird, dass die entsprechende Kontrollmehrheit die Macht gibt, über den gesamten von der Tochtergesellschaft gehaltenen Anteil zu bestimmen.51 Allein hinsichtlich des Kontrollanteils muss eine Mehrheit vorliegen, die Beteiligungsquote ist grundsätzlich irrelevant52. Daher kann ohne weiteres eine Mehrheit der Kontrollbefugnisse vorliegen, ohne dass einer Muttergesellschaft eine entsprechende Beteiligung an einer Enkelgesellschaft zusteht. Besteht neben einer unmittelbaren auch eine mittelbare Beteiligung, sind diese freilich zusammenzurechnen, auch hierbei gelten die gleichen Grundsätze.

________________________ 47 Vgl. etwa Administratieve circulaire v. 15.12.2000, Ci.RH.421/521.807, Tz. 10. Rulingcommissie, Beslissing v. 16.12.2008, Nr. 800.408 und v. 13.10.2009, Nr. 900.354. 48 Daneben werden auch Kontrollbefugnisse, die eine „Zwischenperson“ hält, als direkt gehalten angesehen nach Art. 7 § 1 Nr. 2 GesG. Die „Zwischenperson“ ist etwa vergleichbar mit einem Treuhänder nach deutschem Verständnis (vgl. Art. 7 § 2 GesG). 49 Dieser Begriff wird von der belgischen Literatur nahezu durchgängig verwendet, s. etwa Rombaut, Consolidatie, S. 41. 50 Zum Ganzen Plateau/van Herck, Handboek Consolidatie, S. 46; Mercken/Siau, Boekhouding en financiele rapportering, S. 230. 51 Vgl. Mercken/Siau, Boekhouding en financiele rapportering, S. 228. 52 Gemis, A.F.T. 1997, 209, 216.

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Beispiel 1:53 M hält 60 % der stimmberechtigten Anteile an T, die wiederum 70 % der stimmberechtigten Anteile an der E hält. M hält in diesem Fall einen Kontrollanteil und eine Beteiligung von 60 % an der T. An der E hält M aber einen Kontrollanteil von 70 % (der gesamte von der T gehaltene Anteil ist zu berücksichtigen, da M die Kontrollmehrheit über diese hat), während ihre durchgerechnete Beteiligung insoweit nur 42 % (60 % von 70 %) beträgt. Beispiel 2:54 M hält 60 % der stimmberechtigten Anteile an X und 35 % der stimmberechtigten Anteile an Y. An dieser hält auch X 25 % der stimmberechtigten Anteile. Hier hält M einen Kontrollanteil an X (der der Beteiligung entspricht) von 60 %. An Y hält M einen Kontrollanteil von 60 % (35 % direkt und über die X deren weitere 25 %), während die durchgerechnete Beteiligung nur 50 % beträgt. Nicht vollständig geklärt ist, ob Änderungen der Kontrolle innerhalb einer Beteiligungskette auch schädlich sind, wenn sich mittelbar keine Änderungen ergeben. Rein nach dem Wortlaut tritt bei einer Kontrolländerung auf einer Ebene innerhalb einer Beteiligungsstruktur bei dieser und bei allen nachgeordneten Gesellschaft eine solche ein. Entsprechend sieht die Finanzverwaltung auch solche internen Änderungen als schädlich an, nimmt diese dann aber im Rahmen der Ausnahme (die bei rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Bedürfnissen greift, dazu s. u.) aus.55 Hierfür spricht, dass nach dem Bericht an den König im Gesetzgebungsverfahren Fälle der Kontrolländerung innerhalb eines Konzerns die Ausnahmevorschrift erfüllen sollen, sofern der Konzern buchhalterisch konsolidiert wird.56 Hiermit wird implizit deutlich gemacht, dass diese Fälle aber grundsätzlich schädlich ________________________ 53 Nach Mercken/Siau, Boekhouding en financiele rapportering, S. 230. 54 Angelehnt an Rombaut, Consolidatie, S. 42 f. 55 Zunächst hatte die Finanzverwaltung eine Kontrolländerung in diesen Fällen weder ausdrücklich bejaht noch verneint, sondern lediglich die Ausnahme als gegeben angesehen, vgl. Rulingcommissie, Beslissing v. 31.3.2005, Nr. 400.281. Mittlerweile hat sie aber ausdrücklich bejaht, dass auch solche konzerninternen Umstrukturierungen eine Kontrolländerung darstellen, s. Rulingcommissie, Beslissing v. 4.12.2007, Nr. 700.103 – hier wurde die Ausnahme aber als erfüllt angesehen. 56 Bericht an den König für den Königlichen Erlass v. 20.12.1996 (mit dem die Regelung eingeführt wurde), Belgisch Staatsblad v. 31.12.1996, ed. 4, S. 32643. Die sog. Berichte an den König („Verslag aan de Koning“) enthalten Interpretationen der gesetzlichen Regelungen, die allerdings selbst für Gerichte nicht bindend sind (vergleichbar etwa den Gesetzesmaterialien im deutschen Recht).

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sind. Hiergegen wird von einem Teil der Literatur eingewendet, dass solche Fälle nach Sinn und Zweck bereits nicht den Tatbestand der Kontrolländerung erfüllen sollen. Der „Endkontrollierende“ sei in einer solchen Situation sowohl vor als auch nach der Änderung derselbe, von einem Verlusthandel könne nicht gesprochen werden.57 Auch im Gesellschaftsrecht hätte die so festgestellte Kontrolle auf jeder Ebene letztlich keine Bedeutung, entscheidend sei hier allein, wer die letztliche Kontrolle innehabe, die Betrachtung erfolge auch hier bis zur letzten Muttergesellschaft oder den natürlichen Personen. Jedenfalls dann, wenn ein Konzern „buchhalterisch konsolidiert“ im Sinne des Berichts an den König (dazu s. u.) wird, bestehen aber praktisch zwischen den zwei Auffassungen keine Unterschiede. b) Ausnahme bei rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Gründen Die Verlustbeschränkung findet keine Anwendung, wenn der Erwerb oder die Änderung der Kontrolle über die Gesellschaft rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Bedürfnissen entspricht. Bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass jedenfalls die Fälle, die hierzu im Bericht an den König zu dem Gesetz enthalten sind, diese Voraussetzung erfüllen:58 Danach soll eine Kontrolländerung gerechtfertigt sein, wenn sich die Verlustgesellschaft in der Krise befindet und wenigstens teilweise die Arbeitsplätze und die Tätigkeit des vormals ausgeübten Unternehmens erhalten werden. Ebenfalls begünstigt ist nach diesem Bericht ein Kontrollwechsel infolge der Übertragung von Anteilen oder von Geschäftsführern, wenn sich dieser innerhalb eines Konzerns vollzieht, der buchhalterisch konsolidiert wird. Das hier genannte Merkmal der buchhalterischen Konsolidierung soll nach Auffassung der Finanzverwaltung erfüllt sein, wenn die inländischen Gesellschaften einen konsolidierten Jahresabschluss in Übereinstimmung mit der sog. Konzernrechnungslegungsrichtlinie59 oder einen vergleichbaren konsolidierten Abschluss erstellen.60 Dies ist etwa der Fall bei einem nach US-GAAP erstellten konsolidierten Abschluss.61 ________________________ 57 Vgl. zum Ganzen Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 22. 58 Bericht an den König für den Königlichen Erlass v. 20.12.1996, Belgisch Staatsblad v. 31.12.1996, ed. 4, S. 32643. Siehe auch Verstraelen/Rainer, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, Belgien, S. 59. 59 Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 (Konzernrechnungslegungsrichtlinie), ABl. Nr. L 193 v. 18.7.1983, S. 1–17. 60 Administratieve circulaire v. 15.12.2000, Ci.RH.421/521.807, Tz. 15. 61 Rulingcommissie, Beslissing v. 4.12.2007, Nr. 700.103.

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aa) Abstellen auf Gesellschafts- oder Gesellschafterebene Es ist allerdings derzeit nicht vollständig klar, wie die Regelung über diese Fälle hinaus anzuwenden und auszulegen ist. Es ist bereits vom Ansatzpunkt her umstritten, ob die finanziellen oder wirtschaftlichen Gründe auf Gesellschafts- oder Gesellschafterebene erfüllt sein müssen. Die belgische Finanzverwaltung (insbesondere die Rulingkommission) stellt hier auf die Ebene der Gesellschaft ab.62 Von der Literatur wird gegen diese gesellschaftsbezogene Sichtweise eingewandt, dass Gründe für die Kontrolländerung nur die Anteilseigner haben können, wobei z. T. auf den Veräußerer, z. T. auf den Erwerber und z. T. auf Veräußerer, Erwerber und Gesellschaft abgestellt wird, wobei Umstände auf Ebene der Gesellschaft nur als Indiz für die Gründe auf Gesellschafterebene zu berücksichtigen seien.63 In der bisherigen (sehr spärlichen64) Rechtsprechung hat sich die Rechtbank Antwerpen dahingehend geäußert, dass die rechtfertigenden Gründe zumindest auch auf Ebene der Gesellschaft vorliegen müssen (was in dem Fall gegeben war).65 Das das Urteil der Rechtbank Antwerpen bestätigende Urteil des Hof van Beroep te Antwerpen stellt nur auf die Verhältnisse auf Gesellschaftsebene ab.66 Der Hof van Beroep te Gent stellte dagegen auf die Gesellschafter ab67 (die Vorinstanz der Rechtbank Brügge hatte in diesem Fall noch geurteilt, es sei auf die Gesellschaft abzustellen68). bb) Rechtfertigende Gründe Die Reichweite der rechtfertigenden Gründe ist neben den vom Bericht an den König genannten Fällen ebenfalls unklar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es regelmäßig darauf an, dass die Tätigkeit und die Arbeitsplätze der Gesellschaft vor der Kontrolländerung auch nach dieser beibehalten werden.69 Im Ergebnis verlangt die Finanzverwaltung hier ________________________ 62 63 64 65 66 67 68 69

Administratieve circulaire v. 15.12.2000, Ci.RH.421/521.807, Tz. 17. Siehe Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 33 ff. m. w. N. Vgl. Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1197. Rb Antwerpen v. 31.3.2008 (nur elektronisch unter http://www.fiscalnet.be); vgl. dazu Messiaen, T.F.R. 2009, Nr. 356, 170, 174. Hof van Beroep te Antwerpen v. 26.10.2010, T.F.R. 2011, nr. 397. Hof van Beroep te Gent v. 9.9.2008, T.F.R. 2009, nr. 356, S. 168; siehe zu dieser Entscheidung auch Messian, T.F.R. 2009, 170 ff. Vgl. Rb Brügge 28.2.2006, Fisc. Koer. (Fiscale Koerier) 2006, (Nr. 5), 448. Wegen des Umstands der Fortführung von Tätigkeit und des Erhalts Arbeitsplätzen als Erfüllung der Ausnahme siehe Rulingcommissie, Beslissing v. 27.4.2010, Nr. 2010.114; v. 2.2.2010, Nr. 900.475; v. 30.6.2009, Nr. 900.134; v. 16.12.2008, Nr. 800.408; v. 16.12.2008, Nr. 800.388; v. 4.12.2007, Nr. 700.408; v. 13.12.2007, Nr. 700.396.

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üblicherweise eine Form der Unternehmensidentität.70 Daneben werden (in Anknüpfung an den Bericht an den König) andere Fälle als begünstigt angesehen, so insbesondere bei gruppeninternen Umstrukturierungen, die zu Kontrolländerungen führen71 oder etwa, wenn die Kontrolländerung zu wirtschaftlich günstigeren Bedingungen für die Gesellschaften führt.72 Die bislang ergangene Rechtsprechung versteht die Ausnahme dagegen z. T. bedeutend weiter. Die im Bericht an den König aufgeführten Fälle sollen lediglich als Beispiele zu verstehen sein.73 Im bereits oben angesprochenen Urteil des Hof van Beroep te Gent hatte dieser entscheiden, dass das Erfordernis der rechtmäßigen finanziellen oder wirtschaftlichen Bedürfnisse bereits dann erfüllt sein soll, wenn der Kontrollwechsel nicht lediglich wegen steuerlicher Gründe erfolgt ist.74 In diesem Fall hatte eine Verlustgesellschaft (V-BVBA75) ihre Tätigkeit, die im Handel und der Herstellung von Kinderschuhen bestand, eingestellt, war allerdings Eigentümerin eines günstig gelegenen Geschäftsgebäudes, an dessen Nutzung die G-BVBA interessiert war, deren Haupttätigkeit im Verkauf von Kinderkleidung bestand. Die Gesellschafter der G-BVBA erwarben daraufhin sämtliche Anteile an der V-BVBA und übertrugen die gewinnbringende Tätigkeit der G-BVBA auf die V-BVBA. Die Finanzverwaltung lehnte die begehrte Verrechnung der Verluste ab. Entsprechend der o. g. Linie der Finanzverwaltung argumentierte sie, der Erwerb sei nicht darauf gerichtet gewesen, die Tätigkeit der V-BVBA weiter zu führen, der Kontrollwechsel sei daher nicht durch finanzielle oder wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt. Der Hof van Beroep folgte dieser Argumentation im Gegensatz zur Vorinstanz nicht. Zunächst könne aus dem Gesetzeswortlaut nicht gefolgert werden, dass die Art der Unternehmenstätigkeit beibehalten werden müsse. Eine Fortführung der Tätigkeit sei nicht Voraussetzung für das Vorliegen von finanziellen oder wirtschaftlichen Gründen. Die Vorgehensweise im vorliegenden Fall sei in erster Linie als Versuch anzusehen, einen größeren Standort zu finden, um dort die Kinderkleidung der G-BVBA zu verkaufen. Eine Steuerumgehung als Motiv könne dagegen nicht gesehen werden. Deshalb sei nicht durch die ________________________ 70 Vgl. Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1197; Kluwer, Aangiftegids Vennootschapsbelasting, S. 277 f. 71 Vgl. Rulingcommissie, Beslissing v. 4.12.2008, Nr. 700.103. 72 Vgl. Rulingcommissie, Beslissing v. 31.3.2009, Nr. 900.079. 73 Hof van Beroep te Gent v. 9.9.2008, T.F.R. 2009, nr. 356, S. 168. 74 Hof van Beroep te Gent v. 9.9.2008, T.F.R. 2009, nr. 356, S. 168. 75 Die Besloten Vennootschap met Beperkte Aansprakelijkheid (BVBA, bzw. französisch Société Privée à Responsabilité Limitée, SPRL) ist vergleichbar mit der deutschen GmbH.

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Finanzverwaltung bewiesen, dass der Kontrollwechsel keinen rechtmäßigen finanziellen und wirtschaftlichen Bedürfnissen entspreche. Dem Vernehmen nach folgt die Finanzverwaltung aber weiterhin ihrer strengeren Auffassung. Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten, insbesondere wie die höchste Rechtsinstanz (Hof van Cassatie), der bislang – überraschenderweise – noch keine Entscheidung zu dieser Norm gefällt hat, einmal über die Auslegung der Norm entscheiden wird. 3. Rechtsfolge Nach Art. 207 Abs. 3 EStGB sind vorherige betriebliche Verluste weder von den Gewinnen des Besteuerungszeitraums, in dem die Kontrolländerung erfolgt, noch von den Gewinnen späterer Besteuerungszeiträume abzugsfähig. Die Regelung erfasst damit nur vorgetragene Verluste.76 Die betroffenen Verlustvorträge gehen aber bereits mit Beginn des Besteuerungszeitraums verloren, in dem der Kontrollwechsel erfolgt.77 Sie können damit auch nicht mehr mit Gewinnen bis zu diesem Zeitpunkt verrechnet werden. Nach dem Wortlaut der Regelung ist der Verlustausgleich im Jahr der Kontrolländerung aber ebenfalls nicht betroffen, bis zum Zeitpunkt der Kontrolländerung aufgelaufene Verluste bleiben damit mit Gewinnen nach diesem Zeitpunkt verrechenbar. Auch in Belgien wird bemängelt, dass die Verluste in jedem Fall vollständig untergehen, womit wirtschaftlich auch andere Gesellschafter betroffen sind, die unverändert an der Gesellschaft beteiligt sind und bleiben.78 Neben dem Verlustuntergang sind noch andere Abzüge betroffen, die nicht mehr geltend gemacht werden können (im Einzelnen handelt es sich hierbei um folgende Abzüge, die wegen nicht oder nicht ausreichend vorhandener Gewinne noch nicht geltend gemacht werden konnten: der sog. Investitionsabzug nach Art. 72 EStGB und der Abzug für Risikokapital nach Art. 205 quinquies EStGB).

________________________ 76 Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1258; den Verlustrücktrag kann die Norm nicht betreffen, da das belgische Recht einen solchen nicht vorsieht. 77 Vgl. Chevalier, Vademecum Vennootschapsbelasting, S. 1258. 78 Vgl. Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 27.

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C. Frankreich I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Französische Kapitalgesellschaften unterliegen der Körperschaftsteuer, der impôt sur les sociétés (IS), geregelt im französischen Steuergesetzbuch (Code Général des Impôts – CGI). Diese sind selbst subjektiv steuerpflichtige Personen (Art. 205, 206-1 CGI), damit kommt auch hier das Trennungsprinzip zur Anwendung.79 Verluste einer Kapitalgesellschaft sind grundsätzlich innerhalb eines Veranlagungszeitraums mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten zu verrechnen.80 Kann ein Verlust nicht ausgeglichen werden, wird dieser grundsätzlich zeitlich unbegrenzt vorgetragen (Art. 209-1 CGI).81 Bis zum 31.12.2003 war der Verlustvortrag auf maximal fünf Jahre begrenzt, mit Ausnahme des Anteils am Verlust, der auf tatsächlich vorgenommenen Abschreibungen beruhte; insoweit war der Verlustvortrag zeitlich unbegrenzt zulässig.82 Für Verluste, die ab dem 1.1.2004 entstehen bzw. zu diesem Zeitpunkt noch vortragsfähig waren (d. h. noch nicht untergegangen waren), ist diese zeitliche Begrenzung weggefallen. Damit ist auch die gesonderte Behandlung der Abschreibungsverluste obsolet. Auf Antrag kann der Verlust auch zurückgetragen werden (Art. 220 quinquies CGI). Der Rücktrag ist begrenzt auf den nicht ausgeschütteten Gewinn der drei vorangegangenen Wirtschaftsjahre.83 Dabei ist mit dem ältesten Jahr zu beginnen.84 Der Rücktrag führt allerdings nicht zur sofortigen Rückzahlung zu viel bezahlter Steuern, sondern zu einer Steuergutschrift („créance fiscale“), die innerhalb der nächsten fünf Jahre angerechnet werden kann. Dabei ergibt sich der Betrag der Steuergutschrift aus der Anwendung des Steuersatzes des Verlustjahres und nicht des Jahres, auf das der Rücktrag erfolgt.85 Sofern der Erstattungsbetrag nicht innerhalb von fünf Jahren vollständig angerechnet werden kann (weil kein hinreichendes Volumen vor________________________ 79 Einen Überblick zur französischen Kapitalgesellschaftsbesteuerung geben etwa Schwedhelm/Fraedrich, steueranwaltsmagazin 2007, 131. 80 Vgl. Hellio/Thill, Steuern in Frankreich, Rn. 292, 373. 81 Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 575 (S. 226); Robert, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, France, Tz. 1.8.1.1. 82 Vgl. Hellio/Thill, Steuern in Frankreich, Rn. 292, 373. 83 Schwedhelm/Fraedrich, steueranwaltsmagazin 2007, 131, 134. 84 Hellio/Thill, Steuern in Frankreich, Rn. 374. 85 Vgl. Hellio/Crucifix, in Mennel/Förster, Frankreich, Rn. 238; ausführlich Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 576 ff. (S. 227 f.).

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handen ist), wird der Restbetrag nach fünf Jahren erstattet.86 Voraussetzung für die Verlustnutzung ist grundsätzlich die rechtliche Identität der Gesellschaft.87 Beispiel:88 Eine Gesellschaft erzielt im Jahr 2007 ein Ergebnis von Null, in 2008 einen Gewinn von € 300.000, in 2009 von € 450.000 und in 2010 einen Verlust von € 600.000. Die Gesellschaft hat in den Jahren 2008 und 2009 € 100.000 bzw. € 150.000 ausgeschüttet. Die Gesellschaft beantragt nun, den Verlust des Jahres 2010 weitestmöglich zurückzutragen. Zur Ermittlung der Steuergutschrift aus dem Verlustrücktrag wird zunächst vom Gewinn des ältesten Gewinnjahres 2008 (€ 300.000) der Ausschüttungsbetrag (€ 100.000) abgezogen, womit ein Betrag von € 200.000 verbleibt. In 2009 verbleibt ein Betrag von € 300.000 (€ 450.000 Gewinn abzüglich € 150.000 Ausschüttung). Der Gesamtbetrag von € 500.000 steht für einen Verlustrücktrag zur Verfügung. Die Steuergutschrift aus dem Verlustrücktrag errechnet sich nun aus dem Steuersatz von 33 1/3 % v. € 500.000 und beträgt damit € 166.666. Die nicht verbrauchten € 100.000 Verlust aus 2010 werden dann vorgetragen.

II. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines In Frankreich bestand vor 1986 keine Regelung, die die Nutzung von Verlusten im Hinblick auf einen Verlusthandel einschränkte. Allerdings hatte die Rechtsprechung seit einer Entscheidung in 1971 in ständiger Rechtsprechung das Prinzip einer Unternehmensidentität als Voraussetzung für den Verlustabzug entwickelt: Danach war eine Gesellschaft nicht mehr als die gleiche anzusehen, wenn sich sowohl die Anteilseigner als auch die ________________________ 86 Robert, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, France, Tz. 1.8.1.2. Im Rahmen eines Konjunkturprogramms konnten Steuergutschriften aus einem Verlustrücktrag des bis zum 30.9.2009 abgeschlossenen Jahres auf Antrag schon 2009 zurückgezahlt werden, s. Hellio/Crucifix, in Mennel/Förster, Frankreich, Rn. 238. 87 Ausnahmsweise können Verluste im Fall der Fusion oder einer gleichgestellten Transaktion, die unter Art. 210 A CGI fällt, auf die übernehmende Gesellschaft übertragen werden (Art. 209-2 CGI). Voraussetzuung ist eine Genehmigung des Finanzministers nach Art. 1649 nonies CGI, die erteilt wird, wenn die Transaktion aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist und aus anderen als steuerlichen Gründen erfolgt und die Tätigkeit, aus der die Verluste resultieren, mindestens drei Jahre von der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt wird (Art. 209-2 Buchst. a und b CGI). 88 Nach Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 579 (S. 228).

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Tätigkeit wesentlich geändert hatten.89 Für die Geltendmachung eines Verlustabzugs waren diese beiden Bedingungen kumulativ zu erfüllen, d. h. fehlte es an einer, war ein Verlustabzug nicht möglich, ein vorhandener Verlustvortrag entfiel damit.90 Diese Rechtsprechung diente im Ergebnis der Verhinderung eines Handels mit Verlusten.91 In 1986 wurde dann die spezielle Regelung des Art. 221-5 CGI eingeführt,92 die zur Folge hat, dass das Unternehmen einer Gesellschaft als eingestellt gilt, wenn ein Wechsel des Gesellschaftszwecks oder der tatsächlichen Tätigkeit der Gesellschaft eintritt. Die Regelung führte damit zu einer deutlichen Verschärfung, ein Wechsel der Anteilseigner ist nicht mehr erforderlich, ausreichend ist die bloße Aktivitätsänderung.93 Obwohl die Regelung des Art. 221-5 CGI nicht an einen Anteilseignerwechsel anknüpft, war es das Ziel des Gesetzgebers, zu vermeiden, dass ein Markt für Verlustgesellschaften entsteht, deren einziger Wert in einem verrechenbaren Verlust besteht.94 In der Literatur wird angeführt, andernfalls seien Annoncen zu befürchten, die wie folgt lauteten: „Verkaufe eine Gesellschaft mit steuerlichen Verlusten in Höhe von € xxx für einen guten Preis.“95 Der Zweck der Regelung besteht also darin, den Handel mit Verlusten zu verhindern. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Rechtsfolge der Unternehmenseinstellung nicht nur Folgen für den Verlustvortrag hat, sondern darüber hinaus auch insbesondere die Konsequenz hat, dass stille Reserven im Zeitpunkt der Einstellung grundsätzlich zu besteuern sind, was allerdings in der Regel vermieden werden kann (s. u.). In diesem Rahmen sollen freilich im Wesentlichen die Folgen für die Verlustnutzung untersucht werden.

________________________ 89 Grundlegend Conseil d’État v. 26.11.1971; n° 79981, Revue de droit fiscal 1972, comm. 77; s. a. Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 444 f.; ausführlich zur Rechtsentwicklung Meiler, Der Missbrauch von Verlustvorträgen und seine Vermeidung in der Europäischen Union, S. 107 ff. m. w. N. 90 Conseil d’État v. 6.6.1990; n° 92501, Revue de droit fiscal 1991, comm. 138; Lefebvre, Gestion des déficits, Rn. 960 (S. 266) m. w. N.; Meiler, Der Missbrauch von Verlustvorträgen und seine Vermeidung in der Europäischen Union, S. 107. 91 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 445. 92 Durch Art. 8 des Finanzgesetzes 1986 (loi de finances pour 1986, n° 85-1403 vom 30.12.1985). 93 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 445. 94 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 10; Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 446; Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1260 (S. 496). 95 So wörtlich Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1260 (S. 496).

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2. Voraussetzungen Nach Art. 221-5 CGI führt der Wechsel des Gesellschaftszwecks oder der tatsächlichen Tätigkeit einer Gesellschaft zur Einstellung der Geschäftstätigkeit. Weitere Voraussetzungen oder Konkretisierungen sind nicht normiert. Es handelt sich damit um eine Generalklausel, die – entsprechend der kontinentaleuropäischen Rechtstradition – insbesondere durch die Rechtsprechung konkretisiert wurde und wird. a) Grundsätzliche Erwägungen Zunächst ist zu konstatieren, dass stets nur ein tatsächlicher Wechsel der Tätigkeit entscheidend ist.96 Damit ist zugleich aber auch die Bedeutung der Alternative „Wechsel des Gesellschaftszwecks“ angesprochen. Nach Art. 1835 Satz 2 Code Civil muss der Gesellschaftsvertrag den Zweck der Gesellschaft enthalten.97 Fraglich ist nun, ob es insoweit allein auf die formale Bestimmung des Gesellschaftszwecks im Gesellschaftsvertrag ankommt, d. h. ob eine Änderung stets dann anzunehmen ist, wenn der Zweck geändert wird und umgekehrt insoweit keine Änderung vorliegen soll, wenn eine bloße tatsächliche Änderung des Zwecks erfolgt. Entsprechend des bereits genannten Grundsatzes kommt es ausschließlich auf die tatsächliche Tätigkeit der Gesellschaft an, die bloße Änderung im Gesellschaftsvertrag ist nicht entscheidend.98 Im Gegenzug ist ein Wechsel der Tätigkeit trotz Beibehaltung des formalen Gesellschaftszwecks schädlich. Die Änderung der Tätigkeit einer Gesellschaft führt nur dann zu einem Wechsel in diesem Sinne, wenn diese grundlegend ist, d. h. sie muss ein gewisses Maß erreichen.99 Zur Feststellung, ob dies der Fall ist, bedarf es der Prüfung der ökonomischen Umstände des Einzelfalls jeweils vor und nach einer Änderung.100

________________________ 96 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 446; De la Villeguérin et. al., Fiscal 2008, S. 138; Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1261 (S. 496); Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 10. 97 Vgl. auch Fradin/Geffroy, Traité du droit fiscal de l’entreprise, Rn. 108 (S. 155). 98 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 13; Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1261 (S. 496); Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 400 (S. 44). 99 Hellio/Thill, Steuern in Frankreich, Rn. 372; Lefebvre, Gestion des déficits, Rn. 965 (S. 268); Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 11. 100 Lefebvre, Gestion des déficits, Rn. 970 (S. 270).

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b) Konkretisierungen aa) Vollständiger Wechsel der Tätigkeit Eine grundlegende Änderung der Tätigkeit liegt vor, wenn eine Gesellschaft bei einem Branchenwechsel ihre ursprüngliche Tätigkeit vollständig aufgibt und eine neue Tätigkeit aufnimmt.101 Dies ist etwa dann regelmäßig gegeben, wenn ein Produktionsbetrieb nunmehr Dienstleistungen erbringt und umgekehrt.102 Dies gilt selbst dann, wenn das gleiche Produkt betroffen ist, so wurde ein Wechsel bejaht bei einer Gesellschaft, die ursprünglich Küchen produzierte und später nur noch die Einrichtung und den Handel mit Küchen betrieb.103 Als weitere Beispiele aus der Rechtsprechung für einen Wechsel sind zu nennen: ursprünglich wurde ein Restaurant betrieben, später der Handel mit Fischartikeln; vorher wurde eine Immobilienfirma betrieben, jetzt eine Druckerei; vorher ein Verlag, jetzt eine Werbefirma; vorher die Produktion von Haushaltsgeräten, jetzt Marketing; vorher ein Großhandel mit Webwaren, jetzt (nach Entlassung aller Angestellten) ein Einzelhandel.104 Umgekehrt führt eine Änderung lediglich der Art der Produkte grundsätzlich nicht zu einem qualifizierten Wechsel, wenn das Unternehmen weiterhin in derselben Branche tätig ist (z. B. wurde zunächst mit Möbelstoffen gehandelt, später wurden dann generell importierte Textilien verkauft).105 Freilich ist der Begriff der Branche nur ein Anhaltspunkt, dieser darf insbesondere auch nicht zu weit gefasst werden. So wurde ein Wechsel der Tätigkeit bejaht, wenn die Tätigkeit zunächst darin bestand, Pkw zu verkaufen und zu reparieren und später dahingehend eine Änderung erfolgte, dass nunmehr Reifen runderneuert wurden.106 Ein Wechsel liegt auch vor, wenn ein Unternehmen seine gewerbliche Tätigkeit einstellt und daraufhin die Betriebsmittel nur noch vermietet oder sein (insbesondere Immobilien-)Vermögen verwaltet.107 In diesem Zusammen________________________

101 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 446; Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 11. 102 Leffers/Bricet, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, Frankreich, S. 160; Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 10. 103 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 446. 104 Zu diesen (und weiteren) Beispielen s. Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 11, Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 404 (S. 45) und Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1265 ff. (S. 497 f.) jeweils m. w. N. auf die einschlägige Rechtsprechung. 105 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 446. 106 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 406 (S. 45); Lefebvre, Gestion des déficits, S. 268. 107 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 404 (S. 45); Lefebvre, Gestion des déficits, S. 268.

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hang ist auch zu beachten, dass die Umwandlung einer operativen Gesellschaft in eine Holdinggesellschaft durch Ausgliederung von Teilbetrieben einen qualifizierten Wechsel darstellt, wenn sich die Tätigkeit der Gesellschaft danach im Wesentlichen nur noch auf das Halten und Verwalten der Beteiligungen beschränkt.108 Umgekehrt führt auch die Erweiterung der Tätigkeiten von einer bloßen Holdinggesellschaft hin zu einer operativen Tätigkeit (hier Marketing und Management) zu einem Wechsel.109 Nicht zu einem Wechsel führen die bloße Ernennung von neuen Geschäftsführern, der Erwerb einer neuen Geschäftsimmobilie, neue Lieferanten und die bloße Verlegung des Sitzes der Gesellschaft.110 bb) Teilweiser Wechsel und Erweiterungen und Beschränkungen der Tätigkeit Wird die ursprüngliche Tätigkeit nicht vollständig eingestellt, sondern weitergeführt, liegt ein Wechsel vor, sobald die ursprüngliche Tätigkeit nur noch einen geringen Anteil an der Gesamttätigkeit ausmacht.111 Hier wird etwa der Fall angeführt, in dem ursprünglich eine Bar-Café-Brasserie betrieben wurde, die dann als Franchise-Restaurant ohne den Bar-Café Bereich weitergeführt wurde.112 Fraglich ist, wie die Erweiterung und Beschränkung der betrieblichen Tätigkeit zu beurteilen ist. Die bloße Aufnahme einer weiteren Tätigkeit zur ursprünglichen Tätigkeit hinzu führt grundsätzlich nicht zu einem Wechsel der Tätigkeit.113 Zum Beispiel liegt ein Wechsel nicht vor, wenn ein Einzelhandel mit Kleidung sein Sortiment durch Schuhe erweitert.114 Dabei soll nicht erforderlich sein, dass die neue Tätigkeit von geringerer Bedeutung sein muss als die alte Tätigkeit.115 Eine Grenze gilt auch hier im Sinne des vorher beschriebenen Absatzes, d. h. ein Wechsel ist dann zu bejahen, wenn die Erweiterung dazu führt, dass die ursprüngliche Tätigkeit nur noch einen geringen Teil der Gesamttätigkeit ausmacht.116 ________________________ 108 Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1266 (S. 497); Leffers/Bricet, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, Frankreich, S. 160. 109 De la Villeguérin et. al., Fiscal 2008, S. 138; Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1266 (S. 497). 110 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, S. 45. 111 Lefebvre, Gestion des déficits, S. 268. 112 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 12. 113 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 12; Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 448. 114 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, S. 45. 115 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 448. 116 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, S. 45.

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Im Gegenzug führt die bloße Aufgabe einer einzelnen Tätigkeit grundsätzlich nicht zu einem Wechsel, jedenfalls dann nicht, wenn die aufgegebene Tätigkeit eine geringere Bedeutung hat als die verbleibenden.117 Als Beispiel aus der Rechtsprechung wird angeführt, dass kein Wechsel anzunehmen war bei einer Gesellschaft, die ursprünglich einen Supermarkt betrieb und nur die Metzgerei in demselben Gebäude weiterführte, auch wenn die Umsätze des (restlichen) Supermarkts 80 % der Gesamtumsätze ausgemacht hatten.118 cc) Zeitliche Unterbrechung der Tätigkeit Die bloße zeitliche Unterbrechung der Tätigkeit führt grundsätzlich nicht zu einem Wechsel der Tätigkeit.119 Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie durch den Wunsch motiviert ist, das Überleben des Unternehmens und seinen Fortbestand zu gewährleisten.120 Die ursprüngliche Tätigkeit muss damit endgültig und vollständig aufgegeben werden, um einen Wechsel herbeizuführen. Als Beispiel aus der Rechtsprechung, in dem kein Wechsel vorlag, wird angeführt, dass ein Unternehmen seine Haupttätigkeit (Einzelhandel für Bekleidung) zunächst für 3 Jahre eingestellt hatte, während dieser Zeit weiterhin eine Nebentätigkeit ausübte (Einrichtung von Schaufensterauslagen in anderen Bekleidungsgeschäften), um die Haupttätigkeit dann nach dieser Zeit wieder aufzunehmen.121 Ebenso war die bloße Unterbrechung eines Handels mit Bekleidung für 31 Monate nicht als Einstellung einer alten und Aufnehmen einer neuen Tätigkeit zu beurteilen.122 3. Rechtsfolge a) Verlustuntergang Ist der Tatbestand erfüllt, gilt das Unternehmen einer Gesellschaft als eingestellt. Diese fiktive Unternehmenseinstellung hat zunächst zur Konsequenz, dass Verluste aus der Zeit vor der Einstellung nicht mehr mit danach anfallenden Gewinnen verrechnet werden können.123 Für steuerliche Zwecke ________________________ 117 Oudenot, Fiscalité approfondie des sociétés, S. 448; Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 405 (S. 45); Lefebvre, Gestion des deficits, Rn. 978 (S. 271). 118 Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 405 (S. 45) m. w. N. 119 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 13. 120 Lefebvre, Gestion des deficits, Rn. 977 (S. 270). 121 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 13, m. w. N. 122 Serlooten, Juris-Classeur fiscal, fascicule 1104-10, S. 13; De la Villeguérin et. al., Fiscal 2008, S. 138 m. w. N. 123 Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1261 (S. 496); De la Villeguérin et. al., Fiscal 2008, S. 138.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

entsteht eine neue Gesellschaft,124 es erfolgt im Grunde ein sauberer Schnitt zwischen der Zeit vor und nach der Einstellung. Damit ist der innerperiodische Verlustausgleich betroffen, ebenso entfällt ein vorhandender Verlustvortrag. Auch ein Verlustrücktrag, d. h. eine Verrechnung von Verlusten aus der neuen Tätigkeit mit Gewinnen aus der alten Tätigkeit, ist nicht mehr möglich. Steuergutschriften aus einem bereits erfolgten Verlustrücktrag (vgl. dazu oben) können allerdings trotz des Wechsels der Tätigkeit weiterhin auf künftige Steuerforderungen angerechnet werden.125 b) Sofortige Besteuerung Daneben sind Gewinne des laufenden Jahres, in dem das Unternehmen als eingestellt gilt, sofort zu besteuern (Art. 221-2 Satz 1 i. V. m. Art. 201-1 Satz 1 CGI). Die Gesellschaft hat innerhalb von sechzig Tagen nach der Einstellung eine Steuererklärung abzugeben (Art. 201-1 Satz 2, 3. Alternative CGI). Zu diesen sofort zu versteuernden Gewinnen gehören auch die stillen Reserven des Unternehmens, die damit aufzulösen sind.126 Diese sofortige Besteuerung erfolgt aber dann nicht, wenn (i) keine Änderung an der Buchführung vorgenommen wird (d. h. die Buchwerte fortgeführt werden) und (ii) die künftigen Gewinne ebenfalls der französischen Besteuerung unterliegen (Art. 221bis Abs. 1 CGI).127 Die Erfüllung der ersten Voraussetzung bereitet bei einer fiktiven Unternehmenseinstellung wegen eines Tätigkeitswechsels in der Praxis regelmäßig keine Schwierigkeiten, da die Buchwerte problemlos fortgeführt werden können. Ihre Bedeutung erklärt sich daraus, dass die Unternehmenseinstellung wegen eines Tätigkeitswechsels nur ein Fall der fiktiven Unternehmenseinstellung ist, deren Folgen in der genannten Norm geregelt werden. Daneben kann sich eine solche insbesondere auch aus einer Auflösung, Umwandlung, die die Schaffung einer neuen juristischen Person zur Folge hat, Verschmelzung, oder einer Verlegung des Sitzes oder einer Betriebsstätte ________________________ 124 Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1263 (S. 497); zivilrechtlich entsteht dagegen keine neue juristische Person, s. Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 400 (S. 44). 125 Vgl. Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 401 (S. 45); Fradin/Geffroy, Traité du droit fiscal de l’entreprise, Rn. 109 (S. 157); Sedlaczek, IWB, F. 5, Frankreich, Gr. 2, 1457, 1459. 126 Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1262 (S. 497); Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 400 (S. 44). 127 Vgl. hierzu auch De la Villeguérin et. al., Fiscal 2008, S. 138; Dictionnaire permanent, gestion fiscal, Rn. 400 (S. 44) und Cozian, Précis de fiscalité des enterprises, Rn. 1262 (S. 497).

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ins Ausland ergeben (vgl. Art. 221-2 CGI). In diesen Fällen ergeben sich weitere Probleme bei Erfüllung der Voraussetzungen zur Vermeidung der sofortigen Besteuerung.128 Kommt es gleichwohl zu einer sofortigen Besteuerung der Gewinne und der stillen Reserven, können diese mit den bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verrechneten Gewinnen verrechnet werden.

________________________ 128 Diese sollen hier nicht weiter besprochen werden.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

D. Großbritannien I. Neufassung des Körperschaftsteuerrechts Das britische Steuerrecht wurde seit 1997 einer grundlegenden Überarbeitung durch das sog. Tax Law Rewrite Project unterzogen. Ziel dieses Projektes war es, die wesentlichen Gesetze über die direkte Besteuerung deutlicher zu formulieren und damit eine einfachere Anwendung zu ermöglichen, wobei das Recht an sich, d. h. der Regelungsgehalt als solcher gerade nicht geändert werden sollte.129 Im Ergebnis handelt es sich um eine Neuordnung des Besteuerungssystems und um lediglich sprachliche Änderungen (wenngleich auch in einem weitreichendem Umfang). Auch das Körperschaftsteuerrecht, das bislang im Income and Corporation Taxes Act 1988 (ICTA) enthalten war, wurde einer Neufassung unterzogen.130 Der erste Teil des „neuen“ Körperschaftsteuerrechts, der Corporation Tax Act 2009 (CTA 2009) trat zum 1.4.2009 in Kraft und enthält die grundlegenden Vorschriften zur Besteuerung von Körperschaften (insbesondere hinsichtlich Körperschaftsteuerpflicht, Gewinnermittlungszeitraum, Vorschriften zu Einkunftsarten und -ermittlung). Der zweite Teil, der Corporation Tax Act 2010 (CTA 2010), erhielt am 3.3.2010 den sog. Royal Assent und trat am 1.4.2010 in Kraft. Dieser zweite Teil vervollständigt die Neufassung der Körperschaftsbesteuerung und enthält im Wesentlichen Vorschriften über die Verlustbehandlung, über Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften, über verschiedene Vergünstigungen wie etwa den Gruppenabzug (group relief) und andere spezielle Regelungen. Trotz der Neufassung kann wegen des erklärten Ziels, das Recht als solches nicht zu verändern, im Rahmen der Analyse weiterhin auf die Literatur zu den entsprechenden Vorgängerregelungen und die hierzu ergangene Recht________________________ 129 Siehe HMRC (Her Majesty’s Revenue & Customs, britische Finanz- und Zollverwaltung), Simon’s Weekly Tax Intelligence 2009, 608 ff.; im Internet auch unter http://www.hmrc.gov.uk/rewrite/ abrufbar. 130 Grundsätzlich kennt das britische Steuerrecht keine Kodifikationen von Einzelsteuergesetzen, als Rechtsquelle dienen im Wesentlichen die jährlichen Finance Acts. Nur in größeren Zeitabständen werden die zu einer Steuerart gehörenden Bestimmungen zu einer Art Einzelsteuergesetz zusammengefügt, vgl. hierzu Alberts, in Mennel/ Förster, Großbritannien, Rn. 4. Allerdings gilt die Körperschaftsteuer als sog. „nonpermanent duty“, sie bedarf daher der jährlichen Billigung durch einen Finance Act (Finanzgesetz). In diesen werden dann – neben der grundsätzlichen Anordnung, das eine entsprechende Steuer erhoben wird – teilweise die Vorschriften des jeweiligen Gesetzes ersetzt, geändert oder ergänzt.

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sprechung abgestellt werden. Soweit trotzdem Unterschiede bestehen, werden diese gesondert erwähnt.

II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Kapitalgesellschaften unterliegen in Großbritannien der Körperschaftsteuer (corporation tax). Diese sind selbst subjektiv steuerpflichtige Personen (§ 2 (1) CTA 2009),131 damit gilt auch hier das Trennungsprinzip. Bis zum 1.4.2009 sah das britische Körperschaftsteuerrecht noch eine sog. Schedulenbesteuerung vor.132 Die unterschiedlichen Schedulen wurden mit dem CTA 2009 abgeschafft, die steuerlichen Normen differenzieren aber nach wie vor nach der Art der Einkünfte.133 Diese werden in unterschiedliche Kategorien eingeordnet, etwa gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus Vermögen, Einkünfte aus Darlehnsbeziehungen etc. (vgl. hierzu etwa § 1 (2) CTA 2009). Wegen der in der Praxis überragenden Bedeutung und der Vergleichbarkeit zu anderen Staaten erfolgt im Rahmen dieser Untersuchung allerdings nur eine Betrachtung der gewerblichen Verluste. Entsteht im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit ein Verlust, bestehen dem Grunde nach drei Möglichkeiten zur Berücksichtigung dieses Verlustes: Verlustausgleich, Verlustrücktrag und Verlustvortrag (dazu siehe sogleich). Hingewiesen sei noch auf die Sonderregelungen für Veräußerungsverluste. Diese werden zunächst mit sämtlichen Veräußerungsgewinnen desselben Wirtschaftsjahres verrechnet134. Hiernach nicht genutzte Veräußerungsverluste sind zeitlich unbegrenzt in Folgejahre vorzutragen und mit zukünftigen Veräußerungsgewinnen derselben Gesellschaft zu verrechnen (§ 2 (2) TCGA135).136 Ein Verlustrücktrag und ein Ausgleich mit anderen Einkünften ________________________ 131 S. a. Alberts, in Mennel/Förster, Großbritannien, Rn. 201. 132 Die Einkünfte werden dabei in einzelnen Schedulen getrennt ermittelt und dann als Gesamtheit dem Tarif oder einzelnen Sondersätzen unterworfen, siehe dazu noch Alberts, in Mennel/Förster, Großbritannien, Rn. 211. 133 Obuoforibo, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, United Kingdom, Tz. 1.2.1.; Explanatory Notes (Gesetzesmaterialien) zum CTA 2009, Rn. 16 (die Explanatory Notes zum CTA 2009 sind im Internet abrufbar unter http://www.legislation.gov. uk/ukpga/2009/4/pdfs/ukpgaen_20090004_en.pdf.). 134 Walton (Hrsg.), Tolley’s Capital Gains Tax 2008-09, 42.1, S. 534. 135 Taxation of Chargeable Gains Act 1992. 136 Vgl. Walton (Hrsg.), Tolley’s Capital Gains Tax 2008-09, 42.1, S. 534; Eyre, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, S. 165, 175.

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ist dagegen grundsätzlich nicht vorgesehen137. Hintergrund dieser Sonderbehandlung ist, dass Veräußerungsgewinne einem ermäßigten Sondersteuersatz unterliegen. Die wirtschaftlich korrespondierenden Veräußerungsverluste sollen sich entsprechend nur zu diesem begünstigten Steuersatz auswirken können, indem sie normal besteuerte Einkünfte nicht mindern. Hinsichtlich dieser Verluste gelten ebenfalls Verlustbeschränkungsregelungen, die im Wesentlichen Anwendung finden, wenn eine Gesellschaft Mitglied einer steuerlichen Gruppe wird, aus dieser ausscheidet oder sich die Kontrolle über die Gesellschaft ändert.138 1. Verlustausgleich und -rücktrag Nach § 37 (3) (a) CTA 2010 kann eine Gesellschaft beantragen, dass ein Verlust mit den gesamten Gewinnen des Gewinnermittlungszeitraums, in dem der Verlust entstanden ist, ausgeglichen wird. Daneben ist auf Antrag auch ein Rücktrag möglich: dabei erfolgt eine Verrechnung mit den gesamten Gewinnen aus vorangegangenen Gewinnermittlungszeiträumen, soweit die Gewinne innerhalb von zwölf Monaten vor dem Verlustentstehungszeitraum erzielt wurden (§ 37 (3) (b) CTA 2010). Aufgrund der Wirtschaftskrise gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 23.11.2008 und vor dem 24.11.2010 enden, stattdessen generell eine Rücktragsfrist von drei Jahren (§ 23 i. V. m. Schedule 6 (3) (1) Finance Act 2009).139 Dieser erweiterte Rücktrag ist aber betragsmäßig auf £ 50.000 p. a. begrenzt. Durch die Erweiterung auf die Möglichkeit der Verrechnung mit den gesamten Gewinnen ist bei dem Verlustausgleich und dem Verlustrücktrag auch eine Verrechnung mit anderen als gewerblichen Einkünften möglich.140 Ein Rücktrag ist allerdings nur zulässig, soweit der Verlust nicht in demselben Gewinnermittlungszeitraum abgezogen werden kann (§ 37 (4) CTA 2010). Der Verlustausgleich geht damit dem Verlustrücktrag vor.141 Eine gesonderte Rücktragsfrist gilt zudem für Verluste, die bei Einstellung der ge________________________ 137 Obuoforibo, in IBFD, The Taxation of Companies in Europe, United Kingdom, 1.8.2., vgl. aber Walton (Hrsg.), Tolley’s Capital Gains Tax 2008-09, 13.4, S. 157 und 42.4, S. 535. Danach kann unter bestimmten Voraussetzungen doch eine Verrechnung von Veräußerungsverlusten mit gewerblichen Einkünften erfolgen. 138 Walton (Hrsg.), Tolley’s Capital Gains Tax 2008-09, 28.18, S. 404 ff. 139 Vgl. auch Roxburgh, European Taxation 2009, 389, 390. 140 Hyland/Walton (Hrsg.), Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.6, S. 879. 141 Vgl. Finney, UK Taxation for Students, S. 224; Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.6, S. 879; vgl. auch die Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 161 zu Clause 37 (die Explanatory Notes zum CTA 2010 sind im Internet abrufbar unter http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2010/4/pdfs/ukpgaen_20100004_en. pdf).

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werblichen Tätigkeit noch nicht verbraucht wurden (sog. „terminal losses“). Verluste, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor der Einstellung erlitten wurden, können bis zu drei Jahre zurückgetragen werden (§ 39 CTA 2010). 2. Verlustvortrag a) Grundsätzliches Der Verlustvortrag ist in § 45 CTA 2010 geregelt. Sind nach dem Verlustausgleich und dem Verlustrücktrag noch nicht verbrauchte Verluste vorhanden, sind diese grundsätzlich zeitlich unbeschränkt vorzutragen (§ 45 (3) und (4) CTA 2010).142 Dabei ist die Verrechnung in folgenden Besteuerungszeiträumen aber nur mit Gewinnen desselben Gewerbes möglich,143 d. h. in Fällen, in denen die Gesellschaft unterschiedliche gewerbliche Tätigkeiten ausübt, ist für jede dieser Tätigkeiten ein eigenes Verlustkonto zu führen.144 Voraussetzung für den Verlustvortrag ist, dass dieselbe Gesellschaft ein Gewerbe fortführt und mit diesem der Körperschaftsteuer unterliegt (§ 45 (1) CTA 2010).145 Stellt also eine Gesellschaft ihr Gewerbe vollständig ein, können Verluste nicht mehr vorgetragen werden. Sie können allerdings im Rahmen des Verlustrücktrags als terminal losses maximal drei Jahre zurückgetragen werden (§ 39 (1) (a) CTA 2010).146 Beruht die Einstellung des Gewerbes aber darauf, dass das Gewerbe auf eine andere Gesellschaft übertragen wurde, kann der Verlustvortrag ggfs. auch von der anderen Gesellschaft genutzt werden. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist, dass die übernehmende Gesellschaft der Körperschaftsbesteuerung unterliegt und dass das Gewerbe vor und nach der Übertragung (unter Beachtung bestimmter zeitlicher Grenzen) zu mindestens 75 % denselben Personen „gehört“ (vgl. ________________________ 142 Unter Geltung des ICTA erfolgte die Reihenfolge der Berücksichtigung grundsätzlich in umgekehrter Reihenfolge. Nach § 393 ICTA erfolgte zunächst ein automatischer Verlustvortrag. Die Gesellschaft konnte aber beantragen, dass zunächst ein Verlustausgleich oder ein Verlustrücktrag erfolgte (letzterer subsidiär zum Verlustausgleich), § 393A ICTA. Da in der Praxis dieser Antrag in aller Regel gestellt wurde, behandelt die jetzige Regelung zunächst den Verlustausgleich und -rücktrag und dann erst den Vortrag, vgl. Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 154. 143 Vgl. Obuoforibo, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, United Kingdom, Tz. 1.8; BDO Stoy Hayward’s Yellow Tax Guide 2008-09, TA 1988 s 393; Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.5 (S. 877). 144 Obuoforibo, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, United Kingdom, Tz. 1.8.1. 145 Gordon/Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:24, S. 1188. 146 Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.1.5.

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§ 940 CTA 2010).147 Das Gewerbe „gehört“ denselben Personen, wenn sie entsprechend an der abgebenden und übernehmenden Gesellschaft beteiligt sind. b) Verlustverrechnung innerhalb desselben Gewerbes Eine Verrechnung von Verlusten im Rahmen des Verlustvortrags ist nur mit Gewinnen desselben Gewerbes möglich. Liegt eine vollständige Einstellung des Gewerbes vor, sind die Verluste nicht mehr vortragsfähig. Neben diesem Fall kann auch eine Änderung der Tätigkeiten dazu führen, dass nicht mehr dasselbe Gewerbe anzunehmen ist.148 Wird ein vom Grundsatz her einheitliches Gewerbe ausgeübt, ist dies allerdings nur für Ausnahmefälle anzunehmen, in denen eine Änderung der gewerblichen Tätigkeit erfolgt, die derart elementar ist, dass die Änderung als Beendigung der Tätigkeit verbunden mit der Aufnahme einer neuen Tätigkeit angesehen werden kann.149 Dies kann etwa dann anzunehmen sein, wenn ein plötzlicher Anstieg oder eine plötzliche Abnahme des Umfangs oder eine wesentliche Änderung der Art der gewerblichen Tätigkeit zu einer Einstellung dieser und zur Aufnahme einer neuen gewerblichen Tätigkeit führt und sich diese Änderung als dauerhaft erweist.150 Ob Änderungen dazu führen, dass nicht mehr dieselbe gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, ist letztlich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden und hängt vom Umfang der Änderung ab.151 Exemplarisch zum Ganzen ist der Fall Gordon & Blair Ltd. v Inland Revenue,152 der, obgleich die Entscheidung aus dem Jahr 1960 stammt, in der Praxis immer noch als prägender Fall angeführt wird.153 In diesem Fall braute eine Brauerei A zunächst eigenes Bier, das es an eigene Gaststätten ________________________ 147 Ausführlich dazu etwa Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.10 (S. 883 ff.); Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.1.4 und E4. 148 IBFD, Steuerberater Handbuch Europa, Vereinigtes Königreich, Rn. 113; s. a. Kawthar Consulting Ltd. v HMRC, Sp C [2005] SSCD 524. 149 Whitehouse, Revenue Law Principles and Practice, S. 151. 150 Malcolm, The Taxation of Small Businesses, S. 125; Business Income Manual BIM70565 (bei den sog. Manuals handelt es sich um (sehr umfangreiche) Erläuterungen der britischen Finanzverwaltung (HRMC) zu steuerlichen Regelungen. Diese sind im Internet abrufbar unter http://www.hmrc.gov.uk/thelibrary/manuals-a-z.htm. 151 Smailes/Walton, Tax Losses, CT 6.9, S. 119; Gordon & Blair Ltd. v Commissioners of the Inland Revenue, [1962] S.C. 267. 152 Gordon & Blair Ltd. v Commissioners of the Inland Revenue [1962] S.C. 267. 153 Vgl. etwa Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.5, S. 877; Smailes/ Walton, Tax Losses, CT 6.9, S. 119.

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bzw. an durch Lieferverträge verbundene Gaststätten und allgemein am Markt vertrieb. Aufgrund der eingetretenen Verlustsituation stellte die Brauerei A ihre Brautätigkeit ein und bezog das Bier nun von einer anderen Brauerei B. Dieses Bier wurde entsprechend den Wünschen der Brauerei A gebraut, von dieser abgefüllt und nach wie vor an dieselben Kunden abgesetzt. Auch der Markenauftritt, Werbemaßnahmen etc. änderten sich nicht. Trotzdem entschied das Gericht, dass das Wesentliche der gewerblichen Tätigkeit im Brauen des Bieres für den Verkauf bestand. Diese Tätigkeit wurde als eingestellt angesehen. Stattdessen wurde die vormals nur ergänzende Vertriebstätigkeit nun zur alleinigen Tätigkeit und damit eine neue gewerbliche Tätigkeit aufgenommen. Damit konnten die Verluste aus der vorherigen Tätigkeit nicht mit der neuen Tätigkeit verrechnet werden. Kurz gesagt, Verluste aus der Brautätigkeit konnten nicht mit Gewinnen aus der Flaschenabfüllung verrechnet werden.154 Ein aktuellerer Fall ist Kawthar Consulting Ltd. v HMRC.155 Hierbei handelte eine Gesellschaft ursprünglich (vor 1996) mit Computern und Computersoftware. Ab dem Jahr 1998 erbrachte die Gesellschaft dann IT-Beratungsleistungen. Hier wurde entschieden, dass die ausgeübten Tätigkeiten nicht Ausdruck einer „organischen Einheit eines [einheitlichen] Gewerbes“ waren, sondern dass die Änderungen dazu führten, dass es sich nicht mehr um dasselbe Gewerbe handelte. Eine Verlustverrechnung im Rahmen des Verlustvortrags war damit nicht mehr möglich.

III. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines Wenngleich die Voraussetzung, dass eine Verrechnung von Verlusten nur mit Gewinnen desselben Gewerbes erfolgen kann, im britischen Steuerrecht nicht als Beschränkung im eigentlichen Sinne wahrgenommen wird, sondern vielmehr als Voraussetzung, die es zu erfüllen gilt, handelt es sich aus deutscher Sicht bereits um eine Einschränkung der Verlustverrechnung. Das britische Steuerrecht kennt aber auch eine spezielle Regelung zum Verlusthandel. Die §§ 673 ff. CTA 2010 (ehem. §§ 768 ff. ICTA) sehen eine Beschränkung der Nutzung gewerblicher Verluste vor, wenn ein schädlicher Anteilseignerwechsel und eine Änderung der Geschäftstätigkeit vorliegt, d. h. die Regelung verlangt sowohl Änderungen auf Gesellschafts- als auch auf Gesellschafterebene. Die Voraussetzungen dafür sind in § 673 CTA 2010 ________________________ 154 Whitehouse, Revenue Law Principles and Practice, S. 151. 155 Kawthar Consulting Ltd. v HMRC, Sp C [2005] SSCD 524.

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normiert, während die Rechtsfolge in § 674 CTA 2010 geregelt ist. Die Vorschriften gehen letztlich auf § 30 des Finance Act 1969 zurück.156 Ziel der britischen Regelungen war und ist es, sog. „Verlustkäufen“ in Fällen entgegenzuwirken, in denen der Kauf einer Gesellschaft nicht wegen des Werts der Vermögensgegenstände oder des Gewerbes als solchem erfolgt, sondern vollständig oder wenigstens teilweise wegen ihrer nicht verbrauchten Verluste.157 2. Voraussetzungen Nach § 673 CTA 2010 geht ein Verlustvortrag verloren bzw. ein Verlustausgleich und ein Verlustrücktrag sind nicht mehr möglich, wenn innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ein Anteilseignerwechsel erfolgt und sich der Geschäftsbetrieb oder die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlich ändert (entweder früher oder später innerhalb des Dreijahreszeitraums) (erste Alternative) oder ein Anteilseignerwechsel zu einem Zeitpunkt erfolgt, nachdem die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft geringfügig oder unbedeutend geworden ist und vor einem erheblichen Wiederaufleben des Gewerbes (zweite Alternative). a) Anteilseignerwechsel und wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit (erste Alternative) Die erste Alternative setzt nach § 673 (2) CTA 2010 voraus, dass auf Ebene der Gesellschafter ein Anteilseignerwechsel vorliegt und auf Ebene der Gesellschaft eine wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit. aa) Anteilseignerwechsel Das Merkmal des Anteilseignerwechsels ist wegen seiner grundlegenden Bedeutung für die entsprechenden Vorschriften über die Verlustbeschränkung158 in § 719 CTA 2010 besonders definiert. Ein Anteilseignerwechsel kommt in drei (alternativen) Fällen in Betracht: ________________________ 156 Vgl. Gordon/Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:29, S. 1192 und Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2066. 157 Vgl. Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2078; Company Taxation Manual CTM06305 (zu den sog. Manuals s. Fn. 150); Gordon/Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:29, S. 1192; Smailes/Walton, Tax Losses, CT 7.2, S. 141. 158 Neben den bereits angesprochenen und hier näher behandelten Regelungen knüpfen auch andere Missbrauchsvorschriften an das Merkmal des Anteilseignerwechsels an, die eine Verrechnung verbieten (§§ 677 ff. CTA 2010). Dies sind im Wesentlichen

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(a) Eine einzelne Person erwirbt mehr als die Hälfte der Anteile am gezeichneten Kapital159 einer Gesellschaft (§ 719 (2) CTA 2010). Entscheidend ist, dass mehr als die Hälfte der Anteile am gezeichneten Kapital hinzuerworben werden.160 (b) Mehrere Personen erwerben jeweils mindestens 5 % der Anteile am gezeichneten Kapital und die Summe dieser (erworbenen) Anteile beträgt mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals (§ 719 (3) CTA 2010). (c) Mehrere Personen erwerben Anteile am gezeichneten Kapital und die Summe dieser (erworbenen) Anteile beträgt mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals. Dabei sind Erwerbe von weniger als 5 % nicht zu berücksichtigen, es sei denn, es handelt sich um eine Erhöhung einer bisherigen Beteiligung, die zusammen mit dem erworbenen Anteil mindestens 5 % beträgt (§ 719 (4) CTA 2010). Diese etwas kryptische Regelung erfasst in Abgrenzung zu (b) solche Fälle, in denen nicht mindestens 5 % der Anteile erworben werden, aber bereits bestehende Beteiligungen aufgestockt werden, so dass als Folge des Erwerbs mindestens 5 % der Anteile gehalten werden.161 Die 5 %-Grenze der beiden letzten Alternativen hat den Zweck, dass der Erwerb von geringen Beteiligungen nicht geprüft werden muss, insbesondere bei Gesellschaften, deren Anteile öffentlich gehandelt werden.162 Zudem sind von der Regelung ausgenommen Erwerbe im Rahmen einer Erbfolge oder auf Grund unentgeltlicher Schenkungen, d. h. diese haben von vornherein keine schädliche Wirkung (§ 720 (5) (6) CTA 2010).163 (1) Begriff des Anteils Die Grundregelung der § 719 CTA 2010 erfasst ihrem Wortlaut nach nur Anteile am gezeichneten Kapital. Verbliebe es dabei, gäbe es erheblichen ________________________

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160 161 162 163

aufgelaufene, nicht mit gewerblichen Einkünften im Zusammenhang stehende Zinsaufwendungen und noch nicht berücksichtigte Managementkosten, vgl. auch Eyre, in Deloitte, Unternehmenskauf im Ausland, Großbritannien, S. 137; Company Taxation Manual CTM06340. Im Originalwortlaut „ordinary share capital“, was etwa mit Grundkapital übersetzt werden kann. Hier wird wegen der Neutralität des Begriffs bezüglich der Gesellschaftsformen der deutsche handelsrechtliche Begriff des gezeichneten Kapitals verwendet. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.7 und ausführlich Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2232 ff. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887. Company Taxation Manual CTM06340. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Gestaltungsspielraum. So könnte ein Erwerber zwar nominell nur 50 % der Anteile erwerben (und damit unter der Grenze des Anteilseignerwechsels bleiben), ihm könnten aber zusätzliche Stimmrechte o. Ä. eingeräumt werden, so dass er die Gesellschaft im Ergebnis faktisch beherrscht. Um diesen oder anderen Gestaltungen entgegenzuwirken, sieht § 721 CTA 2010 eine Erweiterung des Anwendungsbereiches vor. Die Regelung ist vor dem Hintergrund der Missbrauchsvermeidung bewusst weit gefasst164 und setzt voraus, dass Personen (unerheblich ob Gesellschafter oder Nichtgesellschafter) außerordentliche Rechte aufgrund des Gesellschaftsvertrags innehaben und aus diesem Grund die Anknüpfung an das gezeichnete Kapital keine angemessene Möglichkeit ist, um festzustellen, ob ein erheblicher Wechsel der Personen stattgefunden hat, denen die Verluste der Gesellschaft schließlich zugutekommen (§ 721 (2) und (3) CTA 2010).165 In diesen Fällen sind alle Arten von gezeichnetem Kapital (etwa auch Vorzugsanteile oder andere besondere Anteile), Stimmrechte oder andere Arten besonderer Einflussmöglichkeiten an Stelle des (gewöhnlichen) gezeichneten Kapitals zu berücksichtigen (§ 721 (4) CTA 2010).166 (2) Erwerb innerhalb von drei Jahren Ob entsprechende Anteile erworben wurden, richtet sich allein danach, ob das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist (§ 726 CTA 2010). Wodurch der Erwerb erfolgt, ist grundsätzlich unbeachtlich, ein solcher liegt auch vor bei einer Kapitalerhöhung oder bei anderen Umstrukturierungen des Stammkapitals, die zu einem Erwerb führen (§ 720 (3) CTA 2010). Erwerbe führen nur dann zu einem schädlichen Anteilseignerwechsel, wenn sie innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren erfolgen. Zur Feststellung, in welcher Höhe ein Erwerb vorliegt, werden zwei beliebige Zeitpunkte innerhalb des Dreijahreszeitraums betrachtet. Der Erwerb ergibt sich dann aus der Differenz zwischen der Beteiligungshöhe zum späteren Zeitpunkt und der Beteiligungshöhe zum früheren Zeitpunkt (§ 720 (2) Satz 1 CTA 2010). Zwischenzeitliche Erwerbe oder Veräußerungen bleiben dabei unberücksichtigt (§ 720 (2) Satz 2 CTA 2010).167 Bei Kapitalerhöhungen oder Umstrukturierungen werden entsprechend die Beteiligungsquoten vor und nach der Maßnahme verglichen (§ 720 (3) CTA 2010). Zur Berechnung des Dreijahreszeitraums kommt es allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an, sondern grund________________________ 164 165 166 167

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Vgl. Company Taxation Manual CTM06340. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887. Smailes/Walton, Tax Losses, CT 7.5, S. 145.

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sätzlich auf den Zeitpunkt der jeweiligen Rechtsgeschäfte (§ 725 (4) CTA 2010). Dies gilt auch für den Abschluss von Optionsverträgen; hier kommt es nicht darauf an, wann die Option ausgeübt wird, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (§ 725 (5) CTA 2010). (3) Verbundene Personen als „Erwerberkreis“ Hinsichtlich der letzten beiden Alternativen des Anteilseignerwechsels (Erwerbe durch mehrere Personen), sind die Anteile sog. verbundener Personen zusammenzufassen, die damit – nach deutscher Diktion – einen Erwerberkreis bilden (§ 720 (4) CTA 2010). Damit soll verhindert werden, dass die 5 %-Grenze künstlich umgangen wird, indem die Anteile auf rechtlich verschiedene Personen aufgeteilt werden.168 Der Begriff der verbundenen Person ist in § 1122 CTA 2010 legaldefiniert. Nach § 1122 (2) (a) CTA 2010 gelten Gesellschaften als miteinander verbunden, wenn dieselbe Person beide Gesellschaften beherrscht.169 Dabei ist ausreichend, wenn die Beherrschung über die jeweiligen Gesellschaften zusammen mit anderen verbundenen Personen ausgeübt wird (§ 1122 (2) (b) und (c) CTA 2010). Daneben gelten Gesellschaften auch dann als verbunden, wenn eine Personengruppe die jeweiligen Gesellschaften beherrscht (§ 1122 (2) (d) CTA 2010).170 Dies gilt nicht nur, sofern die Personengruppen personengleich sind, sondern auch, wenn die Mitglieder der jeweiligen Personengruppe wiederum verbundene Personen sind. Eine Gesellschaft ist mit einer natürlichen Person verbunden, wenn die natürliche Person die Gesellschaft alleine oder zusammen mit verbundenen Personen beherrscht (§ 1122 (3) CTA 2010). Bei natürlichen Personen gelten nach § 1122 (5) CTA 2010 als verbunden der Ehegatte bzw. der „civil partner“171, andere bestimmte Verwandte und deren Ehegatten bzw. civil partner und Verwandte des Ehegatten bzw. des civil partners. ________________________ 168 Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887. 169 Der Begriff der Beherrschung ist in § 1124 CTA 2010 legaldefiniert. Danach liegt eine Beherrschung einer Person über eine Gesellschaft vor, wenn die Person durch die Beteiligung oder durch Stimmrechte an dieser Gesellschaft oder einer anderen Gesellschaft bewirken kann, dass die Geschäfte der Gesellschaft nach den Wünschen der Person ausgeführt werden. Das gleiche gilt, wenn sich diese Möglichkeit der Einwirkung aus (irgendwelchen) anderen Befugnissen ergibt, die sich aus „Urkunden, die die Gesellschaft regeln“ (also insbesondere aus dem Gesellschaftsvertrag) ergeben. 170 Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 19.6, S. 392. 171 Die „civil partnership“ ist eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft, vergleichbar mit der Ehe (in Deutschland etwa mit der Lebenspartnerschaft vergleichbar).

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(4) Mittelbare Anteilseignerwechsel Die Grundregel des Absatzes 1 der Vorschrift knüpft lediglich an die unmittelbare Beteiligungsstruktur der Gesellschaft an.172 Die Regelung des § 723 CTA 2010 führt aber im Ergebnis dazu, dass ein Anteilseignerwechsel i. S. d. § 719 CTA 2010 auf Ebene einer Muttergesellschaft auch auf nachgeordnete Tochtergesellschaften durchschlägt.173 Liegt ein Anteilseignerwechsel i. S. d. § 719 CTA 2010 vor, gelten die Anteile an Gesellschaften, die diese Gesellschaft hält (Tochtergesellschaften) nach § 723 (3) und 4 CTA 2010 gleichzeitig ebenfalls als erworben. Als erworben gilt entweder die gesamte von der Muttergesellschaft gehaltene Beteiligung (wenn ein Fall des § 719 (2) CTA 2010 vorliegt174) oder die durchgerechnete Beteiligung, soweit sie anteilig auf die einzelnen Erwerber der Muttergesellschaft entfällt (wenn ein Fall des § 719 (3) oder (4) CTA 2010 vorliegt175).176 Dabei gilt als Anteilseignerwechsel auch ein solcher, der sich durch die Anwendung dieser Regelungen ergibt (§ 723 (2) CTA 2010).177 Das bedeutet, dass aus dem schädlichen Anteilserwerb einer Gesellschaft ohne weiteres schädliche Anteilserwerbe an den Tochtergesellschaften resultieren können, vorausgesetzt, dass entsprechende Beteiligungsquoten betroffen sind.178 Ein schädlicher Erwerb greift damit nicht nur bei den unmittelbar gehaltenen Beteiligungen der Gesellschaft, sondern auch bei den Anteilen, die die Tochtergesellschaften halten (Enkelgesellschaften) und Anteile, die diese halten usw. (5) Konzernklausel Die Regelungen zur Beschränkung der Verlustnutzung finden allerdings unter bestimmten Voraussetzungen keine Anwendung bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns. Ein an sich schädlicher Anteilseignerwechsel bleibt unberücksichtigt, wenn eine (Mutter-)Gesellschaft unmittelbar vor und nach dem Anteilseignerwechsel unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 75 % am gezeichneten Kapital der (Tochter-)Gesellschaft beteiligt ist, deren Anteile erworben werden (§ 724 (1) CTA 2010).179 Es erfolgt damit ein Vergleich zwischen den Zeitpunkten unmittelbar vor und nach dem an ________________________ 172 173 174 175 176 177 178 179

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Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2247. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.10. D. h. ein Erwerb durch eine Person. D. h. ein Erwerb durch mehrere Personen. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 834. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.10. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.10. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.9.

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sich schädlichen Anteilseignerwechsel. Ist die oberste Gesellschaft, die die Anteile in einem entsprechenden Umfang hält, in diesen Zeitpunkten identisch, hat der Anteilseignerwechsel grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Verlustnutzung.180 Um einem diesbezüglichen eventuellen Missbrauch vorzubeugen,181 findet die Regelung allerdings nur dann Anwendung, wenn der Muttergesellschaft bei Ausschüttungen mindestens 75 % aller Gewinne der Tochtergesellschaft und im Falle einer Liquidation mindestens 75 % aller Wirtschaftsgüter der Tochtergesellschaft zustehen, die für eine Auskehrung zur Verfügung stehen (§ 724 (2)–(5) CTA 2010). Die Höhe der Beteiligung errechnet sich aus dem jeweiligen Anteil der Gesellschaften in der Beteiligungskette. Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel: Gegeben sei folgende Struktur:

Als Umstrukturierungen sind z. B. denkbar: Die Anteile an der T 1-Ltd. werden von der M-Ltd. an die Holding übertragen. Die Holding hielt zunächst mittelbar über die M-Ltd. 75 % und nach der Übertragung unmittelbar 75 % an der T 1-Ltd. und ist damit ausreichend an dieser beteiligt. Ein schädlicher Anteilseignerwechsel liegt damit nicht vor. Die Anteile an der E-Ltd. werden auf die Holding übertragen. Diese war vorher mittelbar zu 76 % (100 % von 95 % von 80 %) beteiligt und ist nunmehr entsprechend unmittelbar beteiligt. Nicht unter die Ausnahmeregelung fiele etwa eine Übertragung der Anteile der T 2-Ltd. an der E-Ltd. auf die T 1-Ltd. In diesem Fall liegt zunächst ein Wechsel des unmittelbaren Anteilseigners in qualifiziertem ________________________ 180 Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 887. 181 Vgl. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.9.

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Umfang vor (vormals T 2-Ltd., jetzt T 1-Ltd.). Hinsichtlich der Konzernausnahme war die M-Ltd. zunächst zwar zu 76 % (80 % von 95 %) an der E-Ltd. beteiligt. Nach der Übertragung hält sie allerdings nur noch 60 % (80 % von 75 %) und damit weniger als die erforderlichen 75 %. Damit läge insoweit ein schädlicher Anteilseignerwechsel vor. bb) Wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit Neben einem schädlichen Anteilseignerwechsel verlangt § 673 (2) CTA 2010, dass innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren eine wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit eintritt. Eine wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit liegt nach § 673 (4) CTA 2010 insbesondere vor bei (a) einer wesentlichen Änderung der Art des Betriebsvermögens, der Dienstleistungen oder der Betriebsanlagen oder (b) einer wesentlichen Änderung des Kundenstamms, des Absatzes oder des Marktes. Die grundsätzliche Interpretation des Begriffs der wesentlichen Änderung beruht im Wesentlichen auf case law. Danach ist in einem ersten Schritt anhand qualitativer Merkmale zu prüfen, ob eine Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit erfolgt ist.182 In einem zweiten Schritt ist dann anhand quantitativer Merkmale zu prüfen, ob diese Änderung wesentlich ist.183 Wesentlich bedeutet dabei mehr als bedeutend („significant“) und weniger als elementar („fundamental“).184 Dass eine elementare Änderung ________________________ 182 Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 888. 183 Willis (Inspector of Taxes) v Peeters Picture Frames, (1962) 56 T.C. 436; vgl. auch Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.4. Auch die Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2086 verweisen auf diesen Fall und auf Purchase (Inspector of Taxes) v Tesco Stores Ltd. (1984) 58 T.C. 46 – dazu s. a. Fn. 184). Die Gesetzesformulierung bezüglich der Voraussetzung der wesentlichen Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit wurde wörtlich aus der Vorgängerfassung übernommen, um sicherzustellen, dass diese beiden Fälle als case law auch weiterhin Anwendung finden. Diese gelten damit auch für die neue Fassung des § 673 CTA 2010 weiter. 184 Purchase (Inspector of Taxes) v Tesco Stores Ltd., (1984) 58 T.C. 46. Dieser Fall wird regelmäßig als maßgeblich (auch) für Zwecke des § 673 CTA 2010 bzw. § 768 ICTA zitiert, vgl. Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2086; BDO Stoy Hayward’s Yellow Tax Guide 2008-09, TA 1988 s 768; Gordon/Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:29, S. 1193; Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.5. Dabei ging es in diesem Fall nicht um die Verlustverrechnung, sondern um eine ganz andere steuerliche

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nicht eine wesentliche Änderung in diesem Sinne darstellt mutet zunächst seltsam an, erklärt sich aber daraus, dass bei einer elementaren Änderung ein Verlustabzug bereits nach allgemeinen Voraussetzungen nicht mehr möglich ist (s. o. II. 2. b), S. 148). Für die Praxis sehr wichtige Konkretisierungen dieser Grundsätze enthält zudem das sog. Statement of Practice 10/91 (SP 10/91). Bei den Statements of Practice handelt es sich um Schreiben der britischen Finanzverwaltung, mit denen diese ihre Interpretation der gesetzlichen Vorschriften darlegt.185 Die Statements of Practice sind damit etwa vergleichbar mit den deutschen BMF-Schreiben. (1) Anknüpfungspunkte Ob eine wesentliche Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtschau für den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden.186 § 673 (4) CTA 2010 konkretisiert dabei die allgemeine Voraussetzung der wesentlichen Änderung. Bereits der Wortlaut weist aber darauf hin, dass diese Merkmale nicht abschließender Natur sind.187 Im Rahmen der Prüfung, ob eine wesentliche Änderung vorliegt, können folglich auch andere Umstände als die ausdrücklich genannten zu berücksichtigen sein. Das SP 10/91 nennt hier etwa die Belegenheit der Betriebsgebäude, die Identität der Zulieferer, des Managements oder der Belegschaft oder die Art der gehaltenen Kapitalanlagen (zu Beispielsfällen s. u. (4), S. 158).188 (2) Änderung innerhalb des Dreijahreszeitraums Eine Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit ist nur zu berücksichtigen, wenn sie innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren erfolgt. Dabei sind die Umstände zwischen zwei Zeitpunkten innerhalb von drei Jahren zu vergleichen, innerhalb derer auch der Tag des Anteilseignerwechsels liegt.189 Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen die Änderung zu einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt, als auch dann, wenn die Änderung das Ergebnis eines allmählichen Prozesses ist. Es ist sogar ausreichend, wenn dieser Prozess außerhalb des Dreijahreszeitraums begonnen hat (§ 673 (4) Satz 2 ________________________

185 186 187 188 189

Norm, bei der sich allerdings auch die Frage stellte, ob eine wesentliche Änderung der gewerblichen Tätigkeit erfolgt war. Vgl. SP 10/91, Tz. 1; die Schreiben sind abrufbar unter http://www.hmrc.gov.uk/ practitioners/sop.pdf. Vgl. SP 10/91, Tz. 5; Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 888. Vgl. Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.4. SP 10/91, Tz. 3. SP 10/91, Tz. 4.

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CTA 2010). Die Erstreckung über diesen Zeitraum ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sukzessive Änderungen nicht zur Versagung der Verlustverrechnung nach allgemeinen Grundsätzen führen, da sie regelmäßig nicht als Einstellung der gewerblichen Tätigkeit zu qualifizieren sind (vgl. oben II. 2. b), S. 148).190 Daraus folgt, dass die Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit nicht zwingend nach dem Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels erfolgen muss. Dieser kann auch drei Jahre vor diesem Zeitpunkt stattgefunden bzw. begonnen haben, wobei im letzteren Fall sogar ein Beginn vor der Dreijahresfrist ausreichend sein kann. Für die Praxis stellt sich hier die Notwendigkeit, bei Unternehmenskäufen zu untersuchen (im Regelfall im Rahmen der steuerlichen Due Diligence), ob in den drei Jahren vor dem geplanten Erwerbsdatum ein diesbezüglicher Wechsel stattgefunden hat. (3) Ausnahmen für wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen Um wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen eines Unternehmens nicht zu behindern, soll aber nach Ansicht der britischen Finanzverwaltung eine wesentliche Änderung nicht gegeben sein, wenn die Änderung allein aus dem Grund erfolgt, die Effizienz des Unternehmens zu steigern oder die Änderungen bloß dazu dienen, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten.191 Ebenfalls soll keine wesentliche Änderung vorliegen, wenn das Unternehmen seine Produktpalette rationalisiert, indem es unprofitable Einheiten streicht und diese gegebenenfalls durch andere ersetzt, die diesen jedenfalls ähnlich sind.192 (4) Beispielsfälle Verdeutlicht wird das Verständnis der Norm zudem durch eine Reihe von Beispielsfällen im SP 10/91, auf die sich die Praxis im Wesentlichen eingestellt hat.193 Danach liegt etwa keine wesentliche Änderung im o. g. Sinne vor, wenn ein Unternehmen – seine drei veralteten Fabriken aufgibt, um in einer neuen Fabrik zu produzieren (Effizienzsteigerung), – im Rahmen der Produktion von Küchengeräten Emaille durch Kunststoff ersetzt (Schritt halten mit der technischen Entwicklung), ________________________ 190 Company Taxation Manual CTM06370. 191 SP 10/91, Tz. 7; vgl. auch Gordon/Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:29, S. 1193. 192 SP 10/91, Tz. 8. 193 Siehe zu den Beispielsfällen SP 10/91, „Examples“ a) – i).

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das mit Pkw handelt, die gehandelte Marke der Pkw wechselt, aber noch denselben Markt bedient (keine wesentliche Änderung in der Art des Betriebsvermögens, mit dem gehandelt wird), das Glühbirnen und Leuchtstoffröhren herstellt, sich nun alleine auf die Herstellung von Leuchtstoffröhren konzentriert, vorausgesetzt, diese haben auch vorher den größeren Teil der Produktion ausgemacht (Rationalisierung der Produktpalette ohne wesentliche Änderung des Betriebsvermögens, mit dem gehandelt wird) oder dessen Geschäft daraus besteht, börsennotierte Anteile an Gesellschaften und Sicherheiten zu halten, Änderungen in seinem Portfolio vornimmt (keine Änderung der Geschäftstätigkeit).

Dagegen soll eine wesentliche Änderung vorliegen, wenn ein Unternehmen, – das mit Limousinen handelt dazu übergeht, einen Handel mit Traktoren zu betreiben (wesentliche Änderung der Art des Betriebsvermögens, mit dem gehandelt wird), – das eine Gaststätte betreibt dazu übergeht, eine Diskothek in dem umgebauten Gaststättengebäude zu betreiben (wesentliche Änderung in der Art der Dienstleistung oder in den betriebenen Betriebsgebäuden), – das Schweine für deren Eigentümer mästet, dazu übergeht, Schweine anzukaufen und für den Weiterverkauf zu mästen (wesentliche Änderung in der Art des Gewerbes von einem Dienstleister hin zu einem Produzenten), – das in börsennotierte Anteile investiert dazu übergeht, in Sachwerte zu investieren (Änderung in der Art der Kapitalanlage). Illustrativ ist zudem der bereits angesprochene Fall folgender Fall Willis (Inspector of Taxes) v Peeters Picture Frames Ltd.194 In diesem Fall ging es darum, ob eine Änderung der Kunden der Gesellschaft zu einer wesentlichen Änderung des Geschäftsbetriebs geführt hatte. Ursprünglich bestand der (verlustbringende) Geschäftsbetrieb der Gesellschaft in der Herstellung und im Vertrieb von Bilderrahmen. Die Anteile an dieser Gesellschaft wurden von der Muttergesellschaft eines Konzerns erworben, deren Tochtergesellschaften ebenfalls in diesem Markt tätig waren. Nach diesem Anteilseignerwechsel veräußerte die betroffene Gesellschaft ihre Produkte nahezu ausschließlich an die Vertriebsgesellschaften des Konzerns (die dann die Produkte am Markt vertrieben) zum Preis der Herstellungskosten plus eines ________________________ 194 Willis (Inspector of Taxes) v Peeters Picture Frames Ltd., (1962) 56 T.C. 436; vgl. dazu auch ausführlich Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.4 f.

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geringfügigen Gewinnaufschlags. Zuvor hatte sie ihre Leistungen am Markt gegenüber der Allgemeinheit erbracht. Auf den ersten Blick liegt hier eine Änderung der Kundschaft von der Allgemeinheit zu Gesellschaften innerhalb des Konzerns vor. Im Ergebnis wurde trotzdem eine schädliche Änderung verneint, was in erster Linie mit den Besonderheiten des Falles zu erklären ist. Denn letztlich wurden die Produkte nach wie vor am Markt vertrieben, es wurde lediglich eine Gesellschaft für Zwecke des Vertriebs zwischengeschaltet. Die Endkunden waren dieselben wie vorher. Wäre die Gesellschaft nach dem Anteilseignerwechsel nicht in ebenjenen Konzern eingebunden gewesen, wäre das Ergebnis wohl anders gewesen.195 Denn in diesem Fall wäre nicht bloß eine Gesellschaft zwischengeschaltet worden: Der Vertrieb wäre zwar ebenfalls nicht mehr direkt an den Endkunden erfolgt, aber an andere Gesellschaften nach Art eines Großhandels. Daher sollte in einem solchen Fall eine wesentliche Änderung zu bejahen sein.196 Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft die Produkte mit einem (wohl angemessenen) Gewinnaufschlag an die Vertriebsgesellschaften veräußerte. Wären die Preise dagegen erheblich höher oder niedriger gewesen, hätte ebenfalls eine wesentliche Änderung bejaht werden müssen.197 Denn andernfalls bestünde die Möglichkeit die alten Verlustvorträge der Gesellschaft mit Gewinnen, die innerhalb des Konzerns anfallen, zu verrechnen. Dazu könnte man die Verlustgesellschaft entsprechend der o. g. Vorgehensweise in den Konzern integrieren und sodann Gewinne auf diese verlagern, indem man erhöhte Preise abrechnet. Im Ergebnis darf es aber keinen Unterschied machen, ob die Nutzung alter Verlustvorträge erreicht wird, indem man die Tätigkeit auf die Verlustgesellschaft selbst verlagert (und somit unzweifelhaft eine wesentliche Änderung herbeiführt) oder die Tätigkeit zwar beibehält, aber Gewinne, die aus Tätigkeiten anderer Gesellschaften resultieren auf die Verlustgesellschaft verlagert.198 b) Anteilseignerwechsel nachdem die Geschäftstätigkeit geringfügig oder unbedeutend geworden ist (zweite Alternative) Die zweite Alternative setzt nach § 673 (3) CTA 2010 voraus, dass auf Ebene der Gesellschaft ein Anteilseignerwechsel zu einem Zeitpunkt erfolgt, nach________________________ 195 Vgl. auch Bramwell et al., Taxation of Companies and Company Reconstructions, A9.2.5. 196 Vgl. Company Taxation Manual CTM06370. 197 Vgl. Company Taxation Manual CTM06370. 198 Vgl. auch Company Taxation Manual CTM06370.

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dem die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft geringfügig oder unbedeutend199 geworden ist und vor einem erheblichen Wiederaufleben des Gewerbes. Hinsichtlich der Voraussetzungen für einen Anteilseignerwechsel kann uneingeschränkt nach oben verwiesen werden, ein Unterschied besteht insoweit nicht. Hinsichtlich der Änderung der Geschäftstätigkeit erfasst die Norm denklogisch nicht solche Fälle, bei denen die Tätigkeit vollständig eingestellt wurde, hier ist eine Verlustverrechnung bereits nach allgemeinen Grundsätzen (sogar ohne Anteilseignerwechsel) nicht möglich. Die Finanzverwaltung hat aber regelmäßig Schwierigkeiten nachzuweisen, dass eine Tätigkeit tatsächlich vollständig eingestellt wurde, da sich die betroffene Gesellschaft regelmäßig darauf berufen kann, dass sie beabsichtigt, ihre Tätigkeit wieder aufzunehmen, was zu berücksichtigen ist, wenn später keine elementare Änderung erfolgt.200 Die Regelung des § 673 (3) CTA 2010 zielt nun auf diese Fälle ab, indem sie ausreichen lässt, dass die Geschäftstätigkeit geringfügig oder unbedeutend geworden ist. Für die Anwendung dieser Alternative kommt es nicht auf die Einhaltung eines Dreijahreszeitraums an. Es reicht aus, dass ein schädlicher Anteilseignerwechsel erfolgt, nachdem die Geschäftstätigkeit geringfügig oder unbedeutend geworden ist. Die zeitliche Abfolge ist damit eine andere als in § 673 (2) CTA 2010. Im Rahmen des § 672 (3) CTA 2010 ist zeitlich zwingend zunächst eine Einstellung der Geschäftstätigkeit erforderlich. Erst nach diesem Zeitpunkt darf der schädliche Anteilseignerwechsel erfolgen. Eine beliebige Reihenfolge, wie sie § 673 (2) CTA 2010 vorsieht, ist nicht ausreichend. Die Regelung greift zudem nicht ein, wenn das das Gewerbe zuvor wieder aufgelebt ist. Insoweit versteht Sedlaczek die Regelung wohl miss; seinem Verständnis nach setzt die Regelung voraus, dass der erhebliche Aufschwung (das Wiederaufleben) nach dem Anteilseignerwechsel erfolgen muss.201 3. Rechtsfolge Die Rechtsfolge der Vorschrift betrifft zum einen den (interperiodischen) Verlustabzug als auch den (innerperiodischen) Verlustausgleich.202 § 674 (3) ________________________ 199 Im Originalwortlaut: „small or negligible“. 200 Vgl. Kirk & Randall Ltd. v Dunn, 8 T.C. 663 und auch Robryston Brickworks Ltd. v CIR 51 T.C. 230 (wenngleich der letztgenannte Fall heute wohl unter die Regelung des § 673 CTA 2010 fallen würde, da die Anteile an der Gesellschaft veräußert wurden). Siehe auch Company Taxation Manual CTM06390. 201 Sedlaczek, IWB, F. 5, Großbritannien, Gr. 2, 431, 433. 202 Vgl. Hyland/Walton, Tolley’s Corporation Tax 2008-09, 48.13, S. 889; Gordon/ Montes-Manzano, Tiley & Collison’s UK Tax Guide 2008-09, 25:29, S. 1193.

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CTA 2010 sieht vor, dass das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft, in dem der schädliche Anteilseignerwechsel stattfindet, in ein Wirtschaftsjahr vor und ein Wirtschaftsjahr nach dem Anteilseignerwechsel aufzuteilen ist und die Gewinne und Verluste entsprechend aufzuteilen sind.203 Verluste, die aus der Zeit vor einem schädlichen Anteilseignerwechsel stammen, können weder mit Gewinnen aus der Zeit nach diesem Anteilseignerwechsel ausgeglichen werden (§ 674 (1) CTA 2010) noch können diese mittels eines Verlustvortrags mit späteren Gewinnen verrechnet werden (§ 674 (2) CTA 2010). Ebensowenig kann ein Verlustrücktrag erfolgen, d. h. Verluste aus der Zeit nach dem Anteilseignerwechsel können nicht zurückgetragen und mit Gewinnen aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel verrechnet werden (§ 674 (1) CTA 2010). Letzteres dient dazu, „Gewinnkäufe“ zu verhindern, indem Anteile an einer Gesellschaft, die Gewinne erwirtschaftet, veräußert werden und die Gesellschaft sodann neue Tätigkeiten aufnimmt, die zu Verlusten führen (insbesondere bei hohen Anfangsverlusten).204

________________________ 203 Dabei hat die Aufteilung des Wirtschaftsjahres nur Wirkung für die Anwendung dieser Vorschriften, Smailes/Walton, CT 7.2, S. 142. 204 Company Taxation Manual CTM06450; Explanatory Notes zum CTA 2010, Rn. 2089.

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E. Niederlande I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Das niederländische Steuerrecht sieht ebenfalls ein eigenes Regime für die Besteuerung von Gesellschaften vor. Niederländische Kapitalgesellschaften unterliegen der Körperschaftsteuer (vennootschapsbelasting), geregelt im Gesetz über die Besteuerung von Gesellschaften (Wet op de vennootschapsbelasting 1969 – Wet Vpb). Die Kapitalgesellschaften sind selbst subjektiv steuerpflichtige Personen (Art. 1 Wet Vpb), damit gilt auch hier grundsätzlich das Trennungsprinzip.205 Die Verlustberücksichtigung ist dem Grunde nach in Art. 20 Wet Vpb geregelt. Ein Verlust ergibt sich, wenn die Berechnung des Gewinns einen negativen Betrag ergibt (Art. 20 Abs. 1 Wet Vpb). Der Verlustausgleich unterliegt in den Niederlanden keinen Einschränkungen, grundsätzlich können alle Erträge durch Verluste gemindert werden.206 Hinsichtlich des Verlustabzugs sieht die niederländische Regelung seit dem 1.1.2007 vor, dass ein Verlust mit dem Gewinn des vorangegangenen Jahres und dem Gewinn der neun folgenden Jahre verrechnet wird, wenn der Verlust von der Finanzbehörde festgestellt wurde (Art. 20 Abs. 2 Wet Vpb). Die Rücktragsfrist beträgt damit ein Jahr, die Vortragsfrist neun Jahre.207 Vor 2007 betrug die Rücktragsfrist drei Jahre, während der Vortrag zeitlich unbegrenzt möglich war.208 Es bestehen grundsätzlich keine anderweitigen Einschränkungen der Verlustverrechnung, insbesondere auch keine betragsmäßigen Begrenzungen.209 Der Verlustrücktrag hat Vorrang vor dem Verlustvortrag, soweit in ________________________ 205 Spierts/van Helvoirt, in Mennel/Förster, Niederlande, Rn. 301. 206 Vgl. Müller, The Netherlands in International Tax Planning, S. 107. 207 Offermanns/Vanhaute, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, Netherlands, Tz. 1.8.1. 208 Für Verluste, die vor dem 1.1.2007 entstanden sind, besteht eine Übergangsregelung, nach der Verluste, die im Jahr 2002 oder früher entstanden sind, spätestens in 2011 geltend gemacht werden können, vgl. Offermanns/Vanhaute, in IBFD, Taxation of Companies in Europe, Netherlands, Tz. 1.8.1. 209 Vgl. Müller, The Netherlands in International Tax Planning, S. 107. Es gilt allerdings eine Einschränkung für Verluste von (Holding-)Gesellschaften, deren Tätigkeiten während des gesamten Jahres zu mindestens 90 % aus dem Halten von Beteiligungen oder der Finanzierung von verbundenen Gesellschaften bestand. Diese können nur mit Gewinnen aus Jahren verrechnet werden, in denen die entsprechenden Tätigkeiten ebenfalls in einem entsprechendem Umfang ausgeübt wurden, vgl. dazu etwa IBFD, Steuerberater Handbuch Europa, Niederlande, Rn. 94.

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dem vorangegangenen Jahr ein verrechenbarer Gewinn erzielt wurde.210 Im Rahmen der Wirtschaftskrise wurde die Rücktragsfrist für die Jahre 2009 und 2010 auf drei Jahre erhöht, machte eine Gesellschaft von diesem Wahlrecht Gebrauch, verkürzte sich die Vortragsfrist auf sechs Jahre.211 Später wurde diese Erweiterung auch auf das Jahr 2011 ausgedehnt.212

II. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines Art. 20a Wet Vpb sieht eine Regelung zum Verlusthandel vor, nach der Verluste aus vorangegangenen Jahren nicht mehr verrechenbar sind, wenn eine wesentliche Änderung der letztlichen Beteiligungen stattgefunden hat. Die Norm stellt zunächst nur auf eine Änderung auf Ebene der Beteiligten ab. Eine Änderung auf Ebene der Gesellschaft ist zwar grundsätzlich nicht erforderlich, bei fehlender Änderung auf Gesellschaftsebene kann aber eine Ausnahmeregelung greifen (im Einzelnen siehe unten). Zweck der niederländischen Regelung ist es, den Handel mit Verlustgesellschaften zu verhindern.213 Auch in den Niederlanden steht hinter der Vorschrift der Gedanke, dass bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich die Möglichkeit besteht, dass durch die Übertragung von Anteilen an (nahezu) leeren Gesellschaften andere Anteilseigner als die ursprünglichen Anteilseigner von den bestehenden Verlusten profitieren können,214 was vom niederländischen Fiskus als missbräuchlich angesehen wurde bzw. wird.215 Dabei ruft die Einstufung als Missbrauch in den Niederlanden Kritik hervor. So wird argumentiert, dass die Struktur des Körperschaftsteuerrechts es nun einmal mit sich bringe, dass die alten Anteilseigner die verrechenbaren Verluste noch zu Geld machen können.216 Gleichwohl hat der niederländische Gesetzgeber Regelungen getroffen, um den Handel mit Verlustgesellschaften zu verhindern. Ursprünglich existierte hierzu die Regelung des Art. 20 ________________________ 210 Vgl. Guiljam et. al., Belastingrecht voor ondernemers, S. 240 f. 211 IBFD, European Tax Handbook 2011, Netherlands, Tz. 1.5.1. 212 IBFD, European Tax Handbook 2011, Netherlands, Tz. 1.5.1; dazu bereits IStR-LB 2010, 44. 213 Vgl. Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 1; van Horzen, Verliesverrekkening in de vennootschapsbelasting, S. 66; Heithuis, De handel in verlies- en herinvesteringsreservelichamen, S. 1. 214 Vgl. Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 2. 215 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 1; Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.0.C.a.a1. 216 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 6; s. a. Essers/ Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 1.

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Abs. 5 Wet Vpb, die allerdings in der Praxis relativ leicht umgangen werden konnte.217 Dies ergab sich insbesondere auch durch die restriktive Auslegung der Norm durch die niederländischen Gerichte, was dann schließlich auch den Anlass für eine Neuregelung gab.218 Die jetzige Regelung des Art. 20a Wet Vpb ersetzte schließlich die Regelung des Art. 20 Abs. 5 Wet Vpb und ist zum 1.1.2001 in Kraft getreten.219 2. Voraussetzungen Nach Art. 20a Abs. 1 Wet Vpb sind Verluste aus vorangegangenen Jahren abweichend von Art. 20 Wet Vpb nicht mehr verrechenbar, wenn sich die letztlichen Beteiligungen an der steuerpflichtigen Gesellschaft im Vergleich mit den Verhältnissen zu Beginn des ältesten Jahres, aus dem noch nicht verrechenbare Verluste bestehen (ältestes Verlustjahr) wesentlich (d. h. zu mindestens 30 %) geändert haben. a) Begriff der Beteiligung Art. 20a Abs. 1 Wet Vpb stellt auf eine Änderung der Beteiligungen ab. Der Begriff der Beteiligung wird entsprechend seiner Auslegung in anderen Normen des Wet Vpb, in denen er ebenfalls verwendet wird, materiell ausgelegt.220 Entscheidend ist damit nicht allein die formale Stellung als Anteilseigner bzw. Gesellschafter.221 Ob eine Beteiligung in diesem Sinne vorliegt, richtet sich insbesondere nach der finanziellen Beteiligung an der Verlustgesellschaft.222 Darüber hinaus kommt es auf die „Verfügungsmacht“ über die Verlustgesellschaft und die Gewinn- und Verlustbeteiligung an.223 Als Einzelfälle werden in der Literatur diesbezüglich insbesondere die folgenden diskutiert. Grundsätzlich nicht unter die Regelung fallen soll der Wechsel von bloßen Gläubigern der Gesellschaft (durch die Abtretung der jeweiligen Forde________________________ 217 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 2. 218 Van Horzen, Verliesverrekkening in de vennootschapsbelasting, S. 65 f. 219 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 1.18; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 2; Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.0.C.a.a1. 220 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2; Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 805; Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.3. 221 Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 463. 222 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 805. 223 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2.3; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 52.

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rung). Denn nach einer noch zur Vorgängerregelung ergangenen Entscheidung des Hoge Raad,224 die auch für die jetzige Regelung anwendbar sein soll, soll sich durch den Wechsel der Gläubiger keine Situation ergeben, in der der Gewinn der Gesellschaft nicht mehr den ursprünglichen Anteilseignern zugutekommt.225 Liegen aber etwa Darlehensforderungen vor, die ein Recht auf Gewinnbeteiligung vorsehen, sind diese unter bestimmten Voraussetzungen als Eigenkapital anzusehen, was dazu führt, dass eine Beteiligung i. S. d. Art. 20a Wet Vpb anzunehmen ist.226 Auch Vorzugsanteile unterliegen dem Grunde nach der Einbeziehung unter den Begriff der Beteiligung.227 Dabei kann sogar die Umwandlung von Stammaktien in Vorzugsaktien den Verlustuntergang zur Folge haben, wenn sich aus der Umwandlung eine qualifizierte Änderung der Beteiligungsverhältnisse ergibt (zur Bemessung der Beteiligungshöhe insbesondere bei verschiedenen Arten von Anteilen s. u.).228 Die Einräumung von Optionen wird von der h. M. als Beteiligungsänderung in diesem Sinne behandelt, wenn der Optionsgeber nur noch rechtlicher Inhaber des Anteils ist, das wirtschaftliche Eigentum an dem betreffenden Anteil aber bereits auf den Optionsnehmer übergegangen ist.229 b) Wesentliche Änderung der letztlichen Beteiligungen Die niederländische Regelung stellt auf eine wesentliche Änderung der letztlichen Beteiligungen im Vergleich mit den Verhältnissen zu Beginn des ältesten Verlustjahres ab. In zeitlicher Hinsicht ist stets ein Vergleich anzustellen zwischen dem Beginn des ältesten Verlustjahres und dem Moment der wesentlichen Änderung der Beteiligungen.230 ________________________ 224 Der Hoge Raad ist das in Steuersachen letztinstanzlich zuständige Gericht in den Niederlanden. 225 Vgl. Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 805 mit Verweis auf Hoge Raad v. 15.2.1984, BNB 1984/130. 226 Vgl. Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 463. 227 Vgl. Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2.3. 228 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 52. 229 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 53; Smit/ Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2.8; dazu auch Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.1 mit Hinweis auf a. A., nach der es auf die Ausübung der Option ankommen soll. 230 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.4.

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aa) Wesentliche Änderung Die Wesentlichkeitsgrenze für eine solche Änderung liegt bei 30 %, d. h. eine Änderung von mindestens 30 % der Beteiligungen ist bereits ausreichend.231 Durch die Anknüpfung an bloße Änderungen erfasst die Norm nicht nur Übertragungen, sondern grundsätzlich jede Art der Änderung der Beteiligungsverhältnisse, etwa die Ausgabe neuer Anteile, Kapitalherabsetzungen oder auch Verschmelzungen und Spaltungen.232 Fraglich ist aber die Bemessung der Änderung, wenn verschiedene Arten von Anteilen bestehen, etwa Stammaktien und Vorzugsaktien. In Betracht kommt ein Abstellen auf die nominale Höhe der Beteiligung oder auf den tatsächlichen Wert der Beteiligung, der bei den Stammaktien wegen des Stimmrechts i. d. R. höher sein dürfte.233 Nach Ansicht des Staatssecretaris van Financiën und der Literatur kommt es auch hier darauf an, ob und inwieweit eine Änderung im Hinblick auf die maßgeblichen Bezugsgrößen der Verfügungsmacht über die Verlustgesellschaft, das Gewinnbezugsrecht und die Gewinnverteilung vorliegt.234 Eine Übertragung von Anteilen, die gemessen am Nominalwert noch keine wesentliche Änderung darstellt, kann daher doch zu einer solchen führen, wenn die wesentliche Änderung in Bezug auf die maßgebende finanzielle Beteiligung vorliegt.235 bb) „Letztliche Beteiligungen“ Das Abstellen auf letztliche Beteiligungen bewirkt, dass als Beteiligte grundsätzlich nur natürliche Personen in Frage kommen. Sind an der Verlustgesellschaft andere Gesellschaften beteiligt, sind folglich nicht die unmittelbaren Beteiligungsverhältnisse entscheidend, sondern die Beteiligungsverhältnisse auf der jeweils obersten Beteiligungsebene. Es wird damit für die Frage, ob eine wesentliche Änderung der Beteiligungen vorliegt, nicht auf die direkt Beteiligten abgestellt, sondern es erfolgt eine transparente Betrachtung durch die einzelnen beteiligten Gesellschaften hindurch zu den

________________________ 231 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 804; Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.B.a1. 232 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 804; Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2. 233 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 51. 234 Ausführlich mit dem Beschluss des Staatssecretaris van Financiën im Wortlaut Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2.5 ff. 235 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 805.

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letztlich dahinterstehenden natürlichen Personen als Anteilseignern.236 Eine Ausnahme hiervon besteht grundsätzlich nur für Stiftungen (da an diesen keine Personen beteiligt sind) und für andere Beteiligte, an denen keine Beteiligungen bestehen können.237 Diese Betrachtung durch die gesamte Beteiligungskette ist freilich besonders bei großen Konzernen sehr aufwändig, insbesondere etwa dann, wenn sich die Anteile an der Holdinggesellschaft im Streubesitz befinden. Eine diesbezügliche explizite Ausnahme – etwa für börsennotierte Gesellschaften – existiert nicht.238 Unter Umständen greift aber in Fällen, in denen Anteile an einer Konzerngesellschaft erhöht werden, die Ausnahmeregelung des Art. 20a Abs. 2 Buchst. b Wet Vpb (dazu s. u. cc) (2)). Der Gesetzgeber bezweckte mit dieser Regelung u. a., dass die Übertragung von Anteilen an einem Tochterunternehmen innerhalb eines Konzerns nicht von der Regelung erfasst wird.239 Ebenfalls findet die Regelung etwa auch dann keine Anwendung, wenn die Anteile an der Verlustgesellschaft in eine neue (Holding-)Gesellschaft eingebracht werden, an der die Anteilseigner in gleicher Weise beteiligt sind.240 Es handelt sich in diesem Fall lediglich um die bloße Änderung von einer unmittelbaren in eine mittelbare Beteiligung, die letztlichen Beteiligungsverhältnisse bleiben aber unverändert. Ebenfalls liegt entsprechend keine Änderung im umgekehrten Fall vor, d. h. mittelbare Beteiligungen, die nunmehr unmittelbar gehalten werden. Damit sind solche Umstrukturierungen nur dann vom Verlustuntergang nach Art. 20a Abs. 1 Wet Vpb betroffen, wenn mindestens 30 % der Anteile an der Verlustgesellschaft letztlich in andere Hände geraten.

________________________ 236 Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.B.b1; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 48; Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.1.5; Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2. Insofern ist die Außerung von Lenz, in Festschrift Herzig, S. 131, 138, dass die Regelung mittelbare Übertragungen nicht erfasst, zumindest missverständlich. 237 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.1.6; Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.B.b3; Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2. 238 Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.2. 239 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 805; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 49. 240 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 49; Mobach/ Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.B.b1.

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cc) Ausnahmen Die niederländische Regelung sieht drei Ausnahmen vor, bei deren Eingreifen eine wesentliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse trotz Vorliegens der allgemeinen Voraussetzungen nicht anzunehmen ist. (1) Erbrecht oder eheliches Vermögensrecht Nach Art. 20a Abs. 2 Buchst. a Wet Vpb bleiben für die Anwendung des Art. 20a Abs. 1 Wet Vpb Beteiligungsänderungen unberücksichtigt, die auf Erbrecht oder ehelichem Vermögensrecht (insbesondere Übertragungen im Rahmen von Ehescheidungen241) beruhen. Unter die Begünstigung für Erbfälle fallen auch Erbschaften aufgrund eines Legats242 (das das niederländische Erbrecht im Gegensatz zum deutschen Erbrecht vorsieht). (2) Erhöhung einer bestehenden Beteiligung Eine wesentliche Änderung der Beteiligungen bleibt auch außer Betracht, soweit die Änderung der letztlich Beteiligten auf einer Erhöhung der Beteiligung einer natürlichen Person oder einer Rechtspersönlichkeit beruht, die bereits am Beginn des ältesten Verlustjahres zu mindestens einem Drittel an der Verlustgesellschaft letztlich beteiligt war (Art. 20a Abs. 2 Buchst. b Wet Vpb). Der Gesetzgeber geht in dieser Situation davon aus, dass die Erhöhung der Beteiligung regelmäßig nicht darauf gerichtet ist, um von den Alt-Verlusten zu profitieren.243 Zu beachten ist, dass das Gesetz hier von natürlichen Personen und [anderen] Rechtspersönlichkeiten spricht. Im Ergebnis wird damit eine Ausnahme von dem sonst geltenden Grundsatz der transparenten Betrachtung gemacht. Denn Rechtspersönlichkeit in diesem Sinne sind auch Gesellschaften. Erhöht eine Gesellschaft ihre mindestens 1/3-Beteiligung, endet die transparente Betrachtung auf dieser Stufe, es wird also nicht durchgeschaut auf die natürlichen Personen als oberste Anteilseigner.244 In diesem Fall bringt die Regelung wesentliche Erleichterungen, weil die Gesellschaft keine Prüfung anstellen muss, ob sich ihre letztlich Beteiligten geändert haben.245

________________________ 241 Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 463. 242 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 811. 243 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 3.2.1. 244 Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 463. 245 Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.B.b2.

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Beispiel:246 Konzern A und Konzern B gehen ein gemeinsames Joint Venture ein und gründen zu diesem Zweck die JV-B.V.247, an der A und B zu jeweils 50 % beteiligt sind. Nachdem die JV-B.V. Verluste erlitten hat, scheidet B aus, A übernimmt diesen 50 % Anteil. Zunächst liegt zwar eine wesentliche Änderung der Beteiligungen vor, 50 % der Anteile befinden sich nunmehr in neuen Händen. Allerdings hielt A – als Rechtspersönlichkeit – bereits im ältesten Verlustjahr mindestens ein Drittel der Anteile an der JV-B.V. Die Verluste gehen damit nicht unter, es ist daher von vornherein nicht nötig, die ganze Beteiligungskette hindurch auf die natürlichen Personen als Anteilseigner hindurchzuschauen. (3) Gesellschaft wusste nicht von der Änderung und konnte hiervon nicht wissen Eine weitere Ausnahme besteht für Fälle, in denen die Gesellschaft nichts von der Änderung der Beteiligungsverhältnisse wusste und dies auch nicht wissen konnte (Art. 20a Abs. 3 Wet Vpb). Diese Ausnahme zielt erkennbar insbesondere auf börsennotierte Gesellschaften ab, die oftmals nicht wissen (können), ob sich ihr Anteilseignerbestand in qualifizierter Weise geändert hat.248 3. Ausnahmen für „aktive“ Gesellschaften Liegt eine wesentliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse vor, findet die Verlustbeschränkung nur dann Anwendung, wenn die Verlustgesellschaft passiv ist oder umgekehrt formuliert bleiben Verluste erhalten, wenn die Gesellschaft eine „aktive“ Gesellschaft ist.249 Zur Feststellung, ob die Gesellschaft aktiv in diesem Sinne ist, erfolgt eine Prüfung auf Vermögensund Tätigkeitsebene der Verlustgesellschaft. Konkret müssen der sog. Passive Kapitalanlagen-Test und der Aktivitätstest250 erfüllt sein. Die Voraussetzungen sind dabei grundsätzlich kumulativ zu erfüllen, m. a. W. zum vollständigen Verlusterhalt führt nur das Bestehen beider Tests (siehe aber zur Folge, wenn nur der Passive Kapitalanlagen-Test erfüllt ist unten 4. c)). ________________________ 246 Vgl. hierzu Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 50; auch Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4. 247 Die Besloten Vennootschap (B.V.) ist etwa vergleichbar mit der deutschen GmbH. 248 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 68. 249 Vgl. Müller, The Netherlands in International Tax Planning, S. 108. 250 Vgl. zu den Begriffen Guiljam et. al., Belastingrecht voor ondernemers, S. 241.

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a) Passive Kapitalanlagen-Test Der Passive Kapitalanlagen-Test bezieht sich auf die Vermögensebene der Gesellschaft und setzt voraus, dass die Aktiva251 der Verlustgesellschaft im Verlustentstehungsjahr für einen Zeitraum von mindestens neun Monaten nicht überwiegend (d. h. nicht zu mehr als 50 %252) aus Kapitalanlagevermögen bestanden haben (Art. 20a Abs. 4 Hs. 1 Wet Vpb). Zusätzlich muss diese Voraussetzung im Jahr der Verlustverrechnung erfüllt sein, auch hier dürfen die Wirtschaftsgüter nicht für mindestens neun Monate überwiegend aus Kapitalanlagevermögen bestehen (Art. 20a Abs. 6 Wet Vpb). Ob das Kapitalanlagevermögen überwiegt, ist nicht anhand der Buchwerte festzustellen, sondern anhand des Verkehrswertes der Wirtschaftsgüter.253 Zum Kapitalanlagevermögen in diesem Sinne gehören alle Aktiva, die keine Funktion bei der Ausübung des Unternehmens erfüllen, sondern die im Hinblick auf die Erzielung einer Rendite gehalten werden, die bei normaler aktiver Vermögensverwaltung erzielt werden kann.254 Bei der Beurteilung, ob Kapitalanlagevermögen in diesem Sinne vorliegt, sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse auf Ebene der Gesellschaft selbst entscheidend und nicht die Verhältnisse auf Konzern- oder Gruppenebene, was allerdings nicht gilt im Falle einer steuerlichen Einheit (niederländische Gruppenbesteuerung), bei der die Betrachtung auf Ebene der Muttergesellschaft erfolgt.255 Ausnahmen für an sich passives Kapitalanlagevermögen gelten für Unternehmen, bei denen derartige passive Investments zum Unternehmensgegenstand gehören (etwa Banken und Versicherungen).256 Der Begriff des Kapitalanlagevermögens ist in Art. 20a Abs. 8 Buchst. a Wet Vpb für zwei Fälle gesetzlich konkretisiert. Danach sind zum einen sog. liquide Mittel als Kapitalanlagevermögen anzusehen. Unter den Begriff der liquiden Mittel fallen allerdings nicht betriebsgebundene liquide Mittel, da ________________________ 251 Der von der niederländischen Literatur gewählte Begriff der passiven Kapitalanlagen bezieht sich also nicht auf die Aktiv- oder Passivseite der Bilanz. Der Begriff bezieht sich vielmehr auf die Art der aktiven Vermögensgegenstände und ihre Funktion im Unternehmen. 252 Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 6.1. 253 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 815. 254 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 813; Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4.1.2; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 73 unter Hinweis auf die diesbezügliche Auffassung des Staatssecretaris van Financiën. 255 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4.1.8. 256 Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 464.

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diese eine Funktion im Unternehmen erfüllen.257 Zum anderen sind auch unbewegliche Wirtschaftsgüter Kapitalanlagevermögen, wenn diese dazu bestimmt sind, direkt oder indirekt einer anderen Gesellschaft, die nicht mit der Verlustgesellschaft verbunden ist, zur Verfügung zu stehen. Das Gesetz lässt hier ausdrücklich eine entsprechende Verwendungsbestimmung ausreichen, eine tatsächliche diesbezügliche Verwendung ist nicht erforderlich.258 Aus der Einschränkung dieser Bestimmung auf eine Überlassung an nicht verbundene Gesellschaften kann allerdings nicht im Umkehrschluss geschlossen werden, dass eine Überlassung an verbundene Gesellschaften innerhalb eines Konzerns (z. B. wie häufig die Überlassung von Grundstücken durch eine selbständige Konzernimmobiliengesellschaft, auf die die Grundstücksverwaltung ausgelagert wurde) damit stets als aktives Vermögen, d. h. nicht als Kapitalanlagevermögen anzusehen wäre.259 Auch hier kommt es auf die tatsächlichen Umstände an. In zeitlicher Hinsicht erfolgt ausschließlich eine Betrachtung der Jahre der Verlustentstehung und der Verlustverrechnung. Nicht entscheidend sind damit die Verhältnisse in den (gegebenenfalls) dazwischenliegenden Jahren oder in den davor oder danach liegenden Jahren.260 b) Aktivitätstest Der Aktivitätstest betrifft die Tätigkeitsebene der Gesellschaft und enthält zwei Komponenten, eine objektive und eine subjektive: Objektiv wurde unmittelbar vor der wesentlichen Änderung der Beteiligungen der gesamte Umfang der Tätigkeit der Gesellschaft nicht auf weniger als 30 % des gesamten Umfangs der Tätigkeit zu Beginn des ältesten Verlustjahres i. S. d. Absatzes 1 gemindert (Art. 20a Abs. 4 Buchst. a Wet Vpb). Die Tätigkeit darf also vor der Änderung auf Gesellschafterebene nicht um mehr als 70 % reduziert worden sein. Zusätzlich bestand subjektiv im Zeitpunkt der wesentlichen Änderung der Beteiligungen nicht die Absicht, die Tätigkeit der Gesellschaft innerhalb von drei Jahren nach der wesentlichen Änderung auf weniger als 30 % des gesamten Umfangs der Tätigkeit zur Zeit des ältesten Verlustjahres zu mindern (Art. 20a Abs. 4 Buchst. b Wet Vpb). ________________________ 257 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 814. 258 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 814. 259 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 81; Smit/ Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4.1.3. 260 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 78 f.; Smit/ Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4.1.

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Der Aktivitätstest erfolgt ebenfalls auf Ebene der konkreten Gesellschaft, nicht auf Konzern- oder Gruppenebene, aber – sofern eine solche besteht – auf Ebene der Muttergesellschaft bei einer steuerlichen Einheit (vgl. auch oben a)).261 Bei der Prüfung, ob die alte, verlustverursachende Tätigkeit im entsprechenden Umfang gemindert wurde, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Aus der Gesetzgebungshistorie ergibt sich, dass hier etwa die Personalausstattung, die Kunden, der Umsatz und die Wirtschaftsgüter der Gesellschaft zu berücksichtigen sein können.262 Welche Faktoren schließlich ausschlaggebend sind, hängt vom konkreten Unternehmen ab.263 Zum Beispiel wird bei arbeitsintensiven Unternehmen – insbesondere Beratungsunternehmen – regelmäßig die Personalausstattung ausschlaggebend sein, während bei energieintensiven Unternehmen vor allem der Umsatz und der Materialbedarf entscheidend sein werden.264 Fraglich ist wegen des Abstellens auf den Umfang der Tätigkeit, ob es (noch) auf die Art dieser Tätigkeit ankommt, m. a. W. stellt sich die Frage, ob eine Änderung des Unternehmensgegenstandes bei unverändertem Umfang auch schädlich ist. Dies wird in der Literatur mit Hinweis auf den Wortlaut verneint.265 Darüber hinaus erfordert der Aktivitätstest die Erfüllung einer subjektiven Komponente. Danach ist die Absicht schädlich, die Tätigkeit der Gesellschaft in einem entsprechenden Umfang innerhalb von drei Jahren nach der wesentlichen Änderung der Beteiligungen zu reduzieren. Diese Voraussetzung wurde vom Gesetzgeber aufgenommen, um zu verhindern, dass die Reduzierung der Tätigkeit im Hinblick auf die Nutzung der Verlustvorträge lediglich verschoben wurde, aber bereits beabsichtigt ist.266 In zeitlicher Hinsicht bestehen insoweit drei Anknüpfungspunkte. Die fragliche Absicht muss zum Zeitpunkt der wesentlichen Änderung der Beteiligungen bestanden haben. Die Prüfung der alten verlustverursachenden Tätigkeit als Vergleichsmaßstab erfolgt im ältesten Verlustjahr. Sodann muss sich die Absicht darauf beziehen, die Tätigkeit innerhalb der nächsten drei Jahre nach der wesentlichen Änderung der Beteiligungen entsprechend zu mindern. Durch das Abstellen auf ein subjektives Merkmal kommt es im Grundsatz nicht darauf an, ob tatsächlich innerhalb der nächsten drei Jahre eine Minde________________________ 261 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 4.2.3. 262 Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.C.c1.II; Post/Tippelhofer, Intertax 2008, 462, 464. 263 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 85. 264 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 817. 265 Post, De handel in verlieslichamen, S. 86. 266 Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.C.c2.II.

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rung der Tätigkeit erfolgt.267 Allerdings weist eine spätere diesbezügliche tatsächliche Änderung darauf hin, dass eine Absicht bereits im Zeitpunkt der wesentlichen Änderung der Beteiligungen vorlag und der Steuerpflichtige in diesem Fall regelmäßig nachzuweisen hat, dass dies nicht der Fall war.268 c) Aktivitätstest bei kürzlich begonnenen oder erworbenen Tätigkeiten Art. 20a Abs. 7 Wet Vpb enthält eine spezielle Regelung bezüglich des Aktivitätstests, die eine Modifikation hinsichtlich der maßgebenden Vergleichstätigkeit der Gesellschaft vorsieht. Die Regelung betrifft Fälle, in denen die Grundtätigkeit einer Gesellschaft (darunter ist die umfangreichste Tätigkeit zu verstehen) im ältesten Verlustjahr oder in den drei davor liegenden Jahren begonnen oder erworben wurde. In diesem Fall muss der Umfang der Tätigkeit im Jahr der wesentlichen Änderung der Beteiligungen mit dem Verlustjahr, in dem der Umfang der Tätigkeit am größten ist, verglichen werden.269 Hinter der Regelung steht die Überlegung, dass die Tätigkeit im ältesten Verlustjahr oftmals noch relativ gering ist (insbesondere bei neu gegründeten Unternehmen) und daher als Vergleichsmaßstab wenig geeignet und für den Fiskus ungünstig ist.270 Dass als Vergleichsmaßstab das Jahr mit der gemessen am Umfang größten Tätigkeit ist, bedeutet freilich eine erhebliche Verschärfung der Regelung.271 4. Rechtsfolge a) Grundsätzliche Rechtsfolge Nach Art. 20a Abs. 1 Wet Vpb sind Verluste aus vorangegangenen Jahren mit Beginn des Jahres der wesentlichen Änderung der Beteiligungen nicht mehr verrechenbar. Ein Verlustvortrag geht damit unter. Erfolgt eine wesentliche Beteiligungsänderung während eines laufenden Jahres, stellen sich zwei Fragen: erstens, ob Verluste aus vorangegangenen Jahren noch mit Gewinnen des laufenden Jahres verrechnet werden können, die bis zu diesem Zeitpunkt erzielt werden und zweitens, ob ein Verlust, der im Jahr der Beteiligungsänderung bis zu diesem Zeitpunkt angefallen ist, mit späteren Gewinnen verrechnet werden kann. ________________________ 267 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 92. 268 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 92. 269 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 7. 270 Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.C.c3. 271 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 96.

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E. Niederlande

Angesichts des deutlichen Wortlauts entschied der Hoge Raad, dass Verluste aus vorangegangenen Jahren in jedem Fall mit Beginn des Jahres, in dem die wesentliche Beteiligungsänderung stattfindet, untergehen und auch nicht für eine Verrechnung mit Verlusten des laufenden Jahres bis zu dieser Beteiligungsänderung zur Verfügung stehen.272 Der Umstand, dass sich die Regelung gegen den Handel mit Verlustgesellschaften richte, rechtfertige keine vom Wortlaut abweichende Beurteilung, auch die Gesetzgebungshistorie spreche nicht hierfür.273 Zur Frage, ob Verluste des laufenden Jahres, die bis zur wesentlichen Beteiligungsänderung angefallen sind, auch unter die Beschränkung fallen, hatte der Hoge Raad zur Vorgängerregelung des Art. 20 Abs. 5 Wet Vpb unter Berufung auf den Zweck entschieden, dass diese Verluste nicht mit Gewinnen desselben Jahres verrechnet werden können.274 Damit bewirkte die wesentliche Beteiligungsänderung auch innerhalb eines Jahres eine Zäsur. Es ist aber fraglich, ob diese Rechtsprechung auch auf die heutige Regelung übertragbar ist. Die Literatur wendet sich angesichts des Wortlauts, der nur einen Untergang der Verluste aus den vorangegangenen Jahren anordnet, gegen eine Geltung dieser Rechtsprechung auch für Art. 20a Wet Vpb.275 Für diese Auffassung spricht insbesondere die o. g. Entscheidung des Hoge Raad, nach der der Wortlaut in Bezug auf die erfassten Verluste eindeutig ist und auch der Zweck der Vorschrift – der gerade Grund für die alte Rechtsprechung war – hierüber nicht hinweghilft.276 Verluste des laufenden Jahres, die bis zur wesentlichen Beteiligungsänderung angefallen sind, wären hiernach mit Gewinnen nach dieser Änderung in demselben Jahr und in den folgenden Jahren verrechenbar. b) Latente Verluste In den Niederlanden wird diskutiert, ob auch latente Verluste von der Beschränkung erfasst sind, d. h. Verluste, die zu Beginn des Jahres der wesentlichen Beteiligungsänderung latent vorhanden, aber nicht realisiert waren.

________________________

272 Hoge Raad v. 21.11.2008, NTFR 2008/2229, V-N 2008/56.22; vgl. auch Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 809. 273 Hoge Raad v. 21.11.2008, NTFR 2008/2229, V-N 2008/56.22. 274 Vgl. dazu Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 2.6 und Heithuis, De handel in verlies- en herinvesteringsreservelichamen, S. 26 jeweils mit Verweis auf Hoge Raad v. 28.4.1993, BNB 1993/214. 275 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 809; Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.A.f. 276 So insbesondere Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 37 f.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Unter Geltung der Vorgängerregelung hatte der Hoge Raad entschieden, dass ein Liquidationsverlust, der nach dem relevanten Anteilseignerwechsel realisiert wurde, aber bereits vor diesem latent vorhanden war, nicht mit Gewinnen nach diesem Anteilseignerwechsel verrechnet werden konnte.277 Es ist umstritten, ob diese Rechtsprechung auch auf Art. 20a Wet Vpb anwendbar ist. Zum Teil ist man der Auffassung, dass die Entscheidung für die heutige Regelung keine Bedeutung hat,278 andere vertreten dagegen, dass die Grundsätze auch weiterhin Geltung beanspruchen.279 c) Erfüllung nur des Passive Kapitalanlagen-Tests Eine Sonderregelung sieht Art. 20a Abs. 11 Wet Vpb für den Fall vor, dass die Verlustgesellschaft nur den Passive Kapitalanlagen-Test besteht, nicht aber den Aktivitätstest (dazu s. o. 3.). Ist dies der Fall, sind Alt-Verluste auf Antrag der Gesellschaft mit Gewinnen nach der wesentlichen Beteiligungsänderung verrechenbar, soweit diese Gewinne auf Tätigkeiten beruhen, die bereits unmittelbar vor der wesentlichen Beteiligungsänderung ausgeübt wurden.280 Im Ergebnis beinhaltet die Regelung damit Erleichterungen für Situationen, in denen zwar die Tätigkeit um mehr als 70 % gemindert wurde, aber das Aktivvermögen nicht überwiegend passive Kapitalanlagen enthielt.281 Spätere Gewinne aus der ursprünglichen Tätigkeit können auch weiterhin mit den Alt-Verlusten verrechnet werden, eine Verrechnung mit Gewinnen aus neuen Tätigkeiten ist dagegen nicht möglich.282 5. Freiwillige Neubewertung Kann die Gesellschaft Verluste ab einem Zeitpunkt wegen der Anwendung des Art. 20a Wet Vpb nicht mehr mit Gewinnen nach diesem Zeitpunkt verrechnen, besteht für sie die Möglichkeit, auf den der wesentlichen Beteili________________________ 277 Hoge Raad v. 9.4.2004, nr. 39406, BNB 2004/218. Ausführlich dazu Van Wagensveld/Brands, Weekblad Fiscaal Recht 2005, 246 und van Horzen, Verliesverrekkening in de vennootschapsbelasting, S. 102. 278 So van Wagensveld/Brands, Weekblad Fiscaal Recht, 246, 250; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 108. 279 Vgl. Beschluss des Staatssecretaris van Financiën v. 6.5.2008, BNB 2008/176, im Wortlaut abgedruckt bei Mobach/Sillevis, Cursus Belastingrecht, 4.0.1.A.g; van Horzen, Verliesverrekkening in de vennootschapsbelasting, S. 103 und Essers/ Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 3. 280 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 11.1. 281 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 97. 282 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 820; Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 97.

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gungsänderung unmittelbar vorangegangenen Zeitpunkt die Buchwerte der Wirtschaftsgüter bis maximal auf den Verkehrswert neu zu bewerten, es sei denn, diese Erhöhung würde zu einer Erhöhung der Buchwerte der Verbindlichkeiten führen (Art. 20a Abs. 12 Wet Vpb). Darüber hinaus kann eine vorhandene Reinvestitionsrücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden, was auch in Kombination mit der Neubewertung der Wirtschaftsgüter möglich ist.283 Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass Verluste aus der Zeit vor der wesentlichen Beteiligungsänderung insoweit verrechnet werden können, als stille Reserven vorhanden sind, die in der Zeit vor dieser Beteiligungsänderung entstanden sind.284 Mit dem durch die Neubewertung realisierten Gewinn können sodann die in diesem Moment verfügbaren Verluste verrechnet werden, da der Gewinn nach der Regelung unmittelbar vor der Beteiligungsänderung entsteht.285 Ein hiernach evtl. noch verbleibender Verlust – wenn die Gesellschaft nicht über hinreichende stille Reserven verfügt – geht danach allerdings unter.286 Betragsmäßig kann die Neubewertung bis maximal zum Verkehrswert der Wirtschaftsgüter vorgenommen werden, sie kann aber auch nur teilweise vorgenommen werden, d. h. sie muss insbesondere nicht höher erfolgen, als verrechenbare Verluste bestehen.287 Darüber hinaus ist es sogar möglich, gezielt einzelne Wirtschaftsgüter neu zu bewerten, was sich freilich insbesondere bei solchen anbietet, die schnell abschreibbar sind, um den step up möglichst schnell zu nutzen.288 Die Neubewertung ist allerdings nur dann möglich, wenn sie nicht zu einer Erhöhung der Buchwerte der Verbindlichkeiten führt. Hierbei wurde etwa an den Fall gedacht, in dem eine Gesellschaft Anteile an einer börsennotierten Gesellschaft hält und einem Dritten Call-Optionen289 auf diese Anteile gewährt hat. Eine Aufwertung der Anteile wäre nur dann möglich, soweit ________________________ 283 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 12.1. 284 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 821. 285 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 12. 286 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 104. 287 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 12. 288 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 106; Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 822. 289 Eine sog. Call-Option ist eine Kaufoption, bei der der Käufer der Option das Recht hat, die Anteile innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder an einem bestimmten Zeitpunkt zu einem im Voraus festgelegten Preis zu kaufen.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

diese nicht mit einer Erhöhung des Buchwerts der Optionsverpflichtung verbunden ist, die wiederum den Gewinn negativ beeinflusst.290

III. Regelung zum Verlustrücktrag Art. 20a Abs. 9 Wet Vpb enthält eine entsprechende Regelung für die Behandlung eines Verlustrücktrags bei einer wesentlichen Beteiligungsänderung, die aber einige Besonderheiten aufweist, die es daher sinnvoll erscheinen lassen, sie gesondert zu behandeln. Im Übrigen ist die Zielrichtung dem Grunde nach gewissermaßen umgekehrt. Zielt die Beschränkung des Verlustvortrags darauf, dass Alt-Verluste nach einer Beteiligungsänderung nicht mit zukünftigen Gewinnen verrechnet werden sollen, geht es bei der Beschränkung des Verlustrücktrags darum, dass ein Unternehmen, das laufende Verluste erwirtschaftet, nicht in einer Gesellschaft untergebracht werden soll, die in der Vergangenheit steuerpflichtige Gewinne erwirtschaftet hat.291 Ohne diese Bestimmung wäre es entsprechend möglich, Verluste mittels des Verlustrücktrags mit Gewinnen aus der Zeit vor der Beteiligungsänderung zu verrechnen. Art. 20a Abs. 9, 1. Hs. Wet Vpb ordnet die entsprechende Anwendung der Absätze 1 bis 3 an und untersagt so den Rücktrag eines Verlustes aus einem Jahr, in dem eine wesentliche Beteiligungsänderung erfolgt, in vorangegangene Jahre. Die Verlustverrechnung mit einem Gewinn aus vorangegangenen Jahren ist folglich ausgeschlossen, wenn sich die letztlichen Beteiligungen an der Verlustgesellschaft im Verlustjahr zu mindestens 30 % verglichen mit dem vorangegangenen Jahr geändert haben.292 Durch die Bezugnahme auf die Absätze 2 und 3 ist eine wesentliche Beteiligungsänderung auch hier nicht gegeben, wenn die unter II. 2. b) cc). genannten Ausnahmen greifen (Erbrecht und eheliches Vermögensrecht, Erhöhung einer bestehenden Beteiligung und Nichtwissen von der Beteiligungsänderung). Die Ausdehnung der Verlustrücktragsfrist für bestimmte Jahre (s. o. I., S. 163) machte es notwendig, dass nunmehr auf die Beteiligungsquote der vorangegangenen Jahre (und nicht nur des vorangegangenen Jahres) abgestellt wird.293 Die Absätze 1 bis 3 behandeln allerdings nur die Frage, ob eine schädliche wesentliche Änderung der letztlichen Beteiligungen vorliegt. Der Verlust________________________ 290 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 822. 291 Essers/Stevens, Fiscaal commentaar: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 9; Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 823. 292 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 823. 293 Dazu Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a, vor Rn. 1, Änderungen 2010.

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E. Niederlande

erhalt für „aktive“ Gesellschaften wird dagegen erst in Absatz 4 aufgeführt. Allerdings sieht Absatz 9 insofern eine eigene vergleichbare Ausnahmeregelung vor, bei deren Vorliegen ein Verlustrücktrag trotz einer an sich schädlichen wesentlichen Beteiligungsänderung möglich ist. Erste Voraussetzung hierfür ist, dass die Tätigkeit der Gesellschaft in dem „dazwischenliegenden Zeitraum“ nicht eingestellt wurde oder nahezu eingestellt (d. h. zu mindestens 90 %294) worden ist (Art. 20a Abs. 9 Buchst. a Wet Vpb). „Dazwischenliegend“ in diesem Sinne ist der Zeitraum zwischen dem vorangegangenen Gewinnjahr und dem Jahr, in dem der Verlust erlitten wurde.295 Daneben muss die Voraussetzung des Art. 20a Abs. 9 Buchst. b Wet Vpb kumulativ vorliegen, nach der während eines Zeitraums von mindestens neun Monaten im Jahr der Verlustentstehung und in dem Jahr, in dem der Gewinn erzielt wurde, die Aktiva der Gesellschaft nicht überwiegend (d. h. nicht zu mehr als 50 %) aus Kapitalanlagevermögen bestehen. Zum Begriff des Kapitalanlagevermögens gilt hier das oben zu II. 3. a) Gesagte. Als Folge der Verkürzung der Rücktragsfrist auf ein Jahr kann die Regelung mittlerweile nur noch dann zur Anwendung kommen, wenn im Jahr der wesentlichen Beteiligungsänderung ein Verlust entstanden ist, den der Steuerpflichtige mit dem Gewinn des vorangegangenen Jahres verrechnen will.296

________________________ 294 Bouwman, Wegwijs in de Vennootschapsbelasting, S. 823. 295 Smit/Teunissen, Fiscale Encyclopedie de Vakstudie: Vennootschapsbelasting, Art. 20a Rn. 9.3.1. 296 Post, De handel in verlieslichamen en de houdsterverliesregeling, S. 104.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

F. Österreich I. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Das österreichische Steuerrecht ähnelt in seinen Grundsätzen und oft auch in Einzelheiten stark dem deutschen Steuerrecht, wenngleich es sich emanzipiert hat.297 Dem Grunde nach unterliegen österreichische Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuer, geregelt im KStG (im Folgenden öKStG). Diese sind selbst subjektiv steuerpflichtige Personen (§ 1 Abs. 1 öKStG), damit kommt auch hier das Trennungsprinzip zur Anwendung.298 Im Rahmen der Einkommensermittlung sind Verluste zunächst innerperiodisch auszugleichen.299 Eine Beschränkung besteht insoweit nicht. Der Verlustabzug erfolgt seit 1991 durch einen zeitlich unbegrenzten Verlustvortrag (§ 18 Abs. 6 öEStG i. V. m. § 8 Abs. 4 öKStG).300 Die Möglichkeit des Verlustvortrags besteht zwar dem Grunde nach nur für betriebliche Einkünfte, d. h. solche aus einer der drei betrieblichen Einkunftsarten (§ 18 Abs. 6 S. 3 i. V. m. §§ 4–14 öEStG)301. Dies hat praktisch aber bei Kapitalgesellschaften keine Bedeutung, da diese grundsätzlich nur betriebliche Einkünfte erzielen (§ 7 Abs. 3 öKStG).302 Der Verlustvortrag ist zudem im Rahmen der sog. Mindestbesteuerung betragsmäßig begrenzt.303 Ein Verlustrücktrag wird da________________________ 297 Vgl. Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, Einleitung, Rn. 5 ff. 298 Kirchmayr, in Mennel/Förster, Österreich, Rn. 177. 299 Grundsätzlich sind die Einkünfte zunächst horizontal (innerhalb der einzelnen Einkunftsart) und dann vertikal (die verschiedenen Einkunftsarten untereinander) auszugleichen (§ 2 Abs. 2 öEStG). Dies hat allerdings in Österreich (ebenso wie in Deutschland) jedenfalls bei Kapitalgesellschaften keine Bedeutung, da Körperschaften, die zur Rechnungslegung verpflichtet sind (nach §§ 189, 190 Unternehmensgesetzbuch – UGB jedenfalls Kapitalgesellschaften) nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen nach § 7 Abs. 3 öKStG (ähnlich der deutschen Regelung des § 8 Abs. 2 KStG a. F.). Der Verlustausgleich ergibt sich damit letztlich bereits aus der allgemeinen Einkommensdefinition nach § 7 Abs. 2 öKStG, vgl. auch KStR 2001, Rn. 344. 300 Davor war der Verlustvortrag auf sieben Jahre begrenzt, vgl. Doralt, EStG, § 18 Rn. 282, 307; Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 270. 301 Vgl. Doralt/Renner, in Doralt, EStG, § 18 Rn. 285; KStR 2001, Rn. 1177. 302 Siehe Fn. 299. 303 Dem Grunde nach ähnlich der deutschen Regelung zum Verlustvortrag. Der Höhe nach können in Österreich ab 2001 75 % des Gesamtbetrags der Einkünfte mit vortragsfähigen Verlusten ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 2b Nr. 2 öEStG). Darüber hinaus gehende Verluste sind weiter vorzutragen; näher dazu Doralt/Renner, in Doralt, EStG, § 2 Rn. 177/17 ff.; Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 268/1.

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F. Österreich

gegen nicht gewährt. Voraussetzung für einen Verlustabzug ist stets die rechtliche Identität der Körperschaft, ein Übergang auf eine rechtlich verschiedene Person ist nicht möglich.304

II. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines Ursprünglich existierte in Österreich keine spezielle Regelung zur Verhinderung von Verlustkäufen. Die heutige Regelung des § 8 Abs. 4 Nr. 2 öKStG gilt erst seit dem Jahr 1989 (damals als Nr. 3 eingeführt). Ausgangspunkt für die gesetzliche Regelung war ein Urteil des VwGH305 aus 1986, das die bis dahin vertretene Auffassung, der Verlustabzug sei bei fehlender wirtschaftlicher Vergleichbarkeit des Unternehmens zu versagen, verwarf.306 Nach dieser Rechtsprechung sollte der Verlustabzug einer Körperschaft auch bei totalem Untergang ihrer wirtschaftlichen Identität erhalten bleiben, auch bei einem Gesellschafterwechsel sollte es allein auf die zivilrechtliche Rechtssubjektivität ankommen.307 Der Verlustabzug sei ein höchstpersönliches Recht des Steuerpflichtigen, das unabhängig von der wirtschaftlichen Identität weiterzuführen sei. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes bedürfe einer gesonderten gesetzlichen Regelung. Mit dieser Entscheidung war – wie in Deutschland – das Tor zur Übertragbarkeit von Verlusten geöffnet. Diese Konsequenz führte dann zur Einführung des § 8 Abs. 4 öKStG,308 die stark an die alte deutsche Vorschrift zum Mantelkauf (§ 8 Abs. 4 KStG i. d. F. vor dem UntStRefG 2008 – s. o.) erinnert. Der Zweck der Regelung besteht darin, rechtsgeschäftliche Verlustverwertungen außerhalb wirtschaftlich begründbarer Fälle zu unterbinden.309 Nach § 8 Abs. 4 Nr. 2 öKStG steht der Verlustabzug der Gesellschaft ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem ihre Identität infolge eines Mantelkaufs nicht mehr gegeben ist. Die Regelung „schafft für Extremfälle, in ________________________ 304 KStR 2001, Rn. 1177. 305 Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ist die höchste Rechtsinstanz für Steuerstreitigkeiten in Österreich. 306 Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 12. 307 VwGH v. 4.6.1986, 84/13/0251 und v. 22.9.1987, 87/14/0063. Bemerkenswert ist das zeitliche Zusammentreffen der Urteile der höchsten Steuergerichte Deutschlands und Österreichs; der BFH fällte seine entscheidenden Urteile am 29.10.1986, s. o. 308 Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 275/1. 309 Vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 8 KStG 1988, 622 BlgNR XVII. GP, S. 18. Die Gesetzesbegründung im Wortlaut auch bei Novacek, Der Verlust im österreichischen Abgabenrecht, S. 140. Zum Zweck auch Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192 und Wolf, ÖZW 2002, 38, 39.

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denen eine vollkommene Strukturänderung einer Körperschaft mit einer Veränderung der Eigentümerstellung auf entgeltlicher Grundlage im Zusammenhang steht, eine Rechtsgrundlage zur Versagung des Verlustvortragsrechts bei der zivilrechtlich ident bleibenden Körperschaft.“310 Trotz des Zwecks der Vorschrift erfordert die Regelung nicht, dass der Kauf von Gesellschaftsanteilen ausschließlich zum Zweck des Erwerbs von Verlustabzügen erfolgt.311 Es handelt sich um eine rein gegenständliche Norm, die eine rein objektive Sichtweise statuiert und bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig von den zugrundeliegenden Motiven den Verlustabzug untersagt312. Zusammengefasst bewirkt der Mantelkauftatbestand den Untergang der Verlustvorträge bei einer gesamthaften wesentlichen Änderung der Strukturen der Körperschaft (organisatorisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich) auf entgeltlicher Grundlage innerhalb eines überschaubaren kurzen Zeitraums bei unverändert zivilrechtlichem Weiterbestand.313 2. Voraussetzungen § 8 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 öKStG setzt voraus, dass die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (Mantelkauf). a) Wesentliche Änderung der organisatorischen Struktur Eine Änderung der organisatorischen Struktur liegt vor bei einer Änderung, d. h. einem Austausch, im Bereich der willensbildenden Organe einer Körperschaft.314 Entscheidend ist danach eine Änderung der Leitungs- und Verwaltungsfunktionen (gesetzliche Vertreter) einer Körperschaft.315 In diesem Zusammenhang sind also im Wesentlichen Änderungen im Vorstand bzw. in der Geschäftsführung oder im Aufsichtsrat zu berücksichtigen.316 Da der Gesellschafterwechsel als Änderung der Gesellschafterstruktur gesondert erfasst wird, ist dieser hier nicht zu berücksichtigen.317 ________________________

310 311 312 313 314 315 316 317

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Vgl. VwGH v. 9.7.2008, 2005/13/0045. VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135. Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 246. Vgl. KStR 2001, Rn. 1177; VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 247. Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 285. KStR 2001, Rn. 1180. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. Vgl. Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 247.

F. Österreich

Die Wesentlichkeitsgrenze ist überschritten, wenn alle oder die überwiegende Mehrheit der geschäftsleitenden Funktionäre in einem Zug oder bei Vorliegen eines inneren Zusammenhangs fraktioniert ersetzt werden.318 Dies soll jedenfalls ab einem Wechsel von 75 % anzunehmen sein, wobei auch ein geringeres Maß ausreichen soll, wenn die anderen Kriterien der wirtschaftlichen Identität stärker ausgeprägt sind.319 Teilweise wird auch vorgeschlagen, die Grenze von den konkreten Gegebenheiten des Falles, insbesondere der Rechtsform der betroffenen Gesellschaft, abhängig zu machen.320 Vollzieht sich die wesentliche Änderung nicht auf einmal, sondern in mehreren Etappen, führt sie dann zur Schädlichkeit, wenn die Änderungen in einem inneren Zusammenhang stehen.321 b) Wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur aa) Allgemein Das Merkmal der wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Struktur bereitet wegen seiner Unbestimmtheit in der Praxis häufig Schwierigkeiten.322 Der Begriff umfasst jedenfalls Änderungen des Unternehmensgegenstandes, d. h. der Unternehmenstätigkeit i. w. S.323 Dabei ist stets die tatsächliche Tätigkeit der Gesellschaft entscheidend, die satzungsmäßige Tätigkeit und bloße Absichten sind dagegen unbeachtlich.324 Darüber hinaus sind nach h. M. nicht nur Änderungen der Tätigkeit als solche zu berücksichtigen, sondern auch anderweitige Änderungen des betrieblichen Umfangs, die anhand von Parametern wie Betriebsvermögen, Umsatz und Auftragsvolumen festzustellen sind.325 Zusammengefasst liegt eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur nach Auffassung der Finanzverwaltung und der herrschenden Literatur vor, wenn die aus Vermögen und Tätigkeit gebildete wirtschaftliche Einheit einer Körperschaft im Hinblick auf sämtliche bisherige Tätigkeitsbereiche verloren geht.326 Dabei bezieht sich die wirtschaftliche Struktur________________________ 318 319 320 321 322 323

KStR 2001, Rn. 1180. BMF v. 21.3.1994, ecolex 1994, 431; Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. Vgl. Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 14. Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 286. Vgl. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. Vgl. Wolf, ÖZW 2002, 38, 41; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 254. 324 VwGH v. 26.7.2006, 2004/14/0151; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 16. 325 KStR 2001, Rn. 1181; Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193; a. A. Wolf, ÖZW 2002, 38, 41, nach dem ausschließlich auf die Tätigkeit der Gesellschaft abzustellen sein soll. 326 KStR 2001, Rn. 1180; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 249 m. w. N.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

änderung auf die gesamte Kapitalgesellschaft, nicht auf einzelne Betriebe einer Gesellschaft. Eine Änderung bei einem einzelnen Betrieb führt damit nur zu einer Schädlichkeit, wenn dieser einen wesentlichen Teil der betroffenen gesamten Körperschaft ausmacht.327 Die Frage, ob Änderungen der Tätigkeit oder des Vermögens jeweils alleine ausreichend sind oder ob beide Merkmale kumulativ vorliegen müssen, kann nicht einheitlich beantwortet werden. So soll im Falle eines vollständigen Wechsels des Unternehmensgegenstandes auch dann eine wesentliche wirtschaftliche Strukturänderung vorliegen, wenn das Vermögen der Gesellschaft im Wesentlichen gleich geblieben ist (Beispiel: aus einem Verlag wird ein Möbelhandel).328 Im Gegenzug soll ebenfalls eine schädliche Strukturänderung vorliegen, wenn der Unternehmensgegenstand zwar beibehalten wurde, aber das Betriebsvermögen derart vergrößert wurde, dass insoweit nicht mehr von einem identischen Betrieb gesprochen werden kann, da die Regelung des § 8 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 öKStG ansonsten durch einen Handel mit Verlustmänteln in derselben Branche umgangen werden könnte.329 Außerhalb dieser Extremfälle, in denen ein vollständiger Wechsel des Unternehmensgegenstandes oder eine außerordentliche Vergrößerung des Betriebsvermögens vorliegt, sind damit regelmäßig beide Merkmale heranzuziehen.330 Bei einer sukzessiven Änderung der wirtschaftlichen Struktur ist darauf abzustellen, ob zwischen den einzelnen Veränderungen ein innerer Zusammenhang besteht. Mangelt es an diesem, liegt keine wesentliche Änderung vor. In diesem Zusammenhang ist noch bedeutsam, dass Änderungen, die bereits der „Voreigentümer“ vorgenommen hat, grundsätzlich unbeachtlich sind, aber dann zur Schädlichkeit führen, wenn sie in Absprache mit dem „Folgeeigentümer“ vorgenommen wurden,331 was dann vorliegen soll, wenn die Änderungen im Interesse des Folgeeigentümers vorgenommen werden.332 ________________________ 327 KStR 2001, Rn. 1187; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 15; Ressler/ Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 251. 328 Vgl. Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 288; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 16. 329 Vgl. Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 254; Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 288; a. A. Wolf, ÖZW 2002. 38, 41. 330 Vgl. Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 288. 331 KStR 2001, Rn. 1181 a. E. Der Begriff des „Vor-“ bzw. „Folgeeigentümers“ bezieht sich auf die Gesellschafterstruktur; danach sind „Voreigentümer“ in diesem Sinne die Gesellschafter vor einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur i. S. d. § 8 Abs. 4 öKStG. Entsprechendes gilt für den „Folgeeigentümer“. 332 Wolf, ÖZW 2002, 38, 42.

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bb) Verminderungen und Erweiterungen der wirtschaftlichen Einheit Allgemein kann sich eine Änderung in zwei Richtungen ergeben: Einerseits kann sich die wirtschaftliche Einheit vermindern bis hin zu einer Beendigung dieser, entweder mit oder ohne die nachfolgende Schaffung einer neuen Einheit.333 Andererseits kann sich die bestehende wirtschaftliche Einheit erweitern.334 In beiden Fällen sind sowohl quantitative als auch qualitative Änderungen erfasst.335 Die bloße Verminderung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit durch den „Voreigentümer“ ist zunächst ebenso unbedenklich wie durch den „Folgeeigentümer“.336 Schafft aber der Folgeeigentümer eine zusätzliche wirtschaftliche Einheit in einer anderen Branche, soll nach Verwaltungsauffassung eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur vorliegen, wenn die neue Einheit gegenüber der bisherigen erheblich, d. h. um mindestens 75 %, überwiegt.337 Entsprechendes gilt dem Grunde nach auch für die bloße Beendigung der bisherigen wirtschaftlichen Einheit, die ebenfalls unbedenklich ist, soweit und solange, bis der Folgeeigentümer eine neue wirtschaftliche Einheit schafft, nachdem die alte durch ihn oder durch den Voreigentümer beendet wurde. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur soll auch dann nicht vorliegen, wenn ein ruhender Betrieb, der sich nach wie vor in betriebsbereitem Zustand befindet, lediglich reaktiviert wird (sofern keine Änderung des Unternehmensgegenstandes vorliegt).338 Ob die Erweiterung einer übernommenen und weitergeführten wirtschaftlichen Einheit überhaupt zu einer Änderung der wirtschaftlichen Struktur führt, ist umstritten. Die Finanzverwaltung und die herrschende Literatur gehen dem Grunde nach hiervon aus, wenn die Erweiterung kurzfristig erfolgt (was sowohl bei quantitativen als auch bei qualitativen Erweiterungen gelten soll). Im Hinblick auf die erforderliche Wesentlichkeit soll aber erst eine Erweiterung von mindestens dem Dreifachen als schädlich anzusehen sein.339 Eine längerfristige Erhöhung soll dagegen nach Auffassung der

________________________ 333 334 335 336 337 338 339

KStR 2001, Rn. 1181. Vgl. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 249. KStR 2001, Rn. 1181. KStR 2001, Rn. 1181. Vgl. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. KStR 2001 Rn. 1181; Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 289.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Finanzverwaltung jedenfalls bei quantitativen Erweiterungen unschädlich sei,340 nach a. A. soll es auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommen.341 Fraglich ist, worauf sich die Erweiterung konkret beziehen muss. Wenngleich wie oben erwähnt generell auf die wichtigsten wirtschaftlichen Parameter abgestellt werden kann, ist in der Praxis die Zusammensetzung des Betriebsvermögens bedeutend.342 Dabei ist in Österreich letztlich nicht geklärt, welche Wirtschaftsgüter in diesem Zusammenhang als Betriebsvermögen zu berücksichtigen ist.343 Damit ist insbesondere der auch in Deutschland geführte Streit angesprochen, ob nur aktives oder auch passives Betriebsvermögen zu berücksichtigen sein soll und ob nur Anlage- oder auch Umlaufvermögen zu erfassen ist. Entsprechend der ganz h. M. zu § 8 Abs. 4 (des deutschen) KStG a. F. wird auch in Österreich für ein Abstellen nur auf die Aktiva plädiert, wobei unklar ist, ob diese auch das Umlaufvermögen umfassen soll.344 c) Wesentliche Änderungen der Gesellschafterstruktur aa) Allgemein Der Begriff der wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage erfasst grundsätzlich jede Art von Gesellschafterwechseln. Damit sind nicht nur Übertragungen von Anteilen, sondern grundsätzlich auch Kapitalerhöhungen von der Vorschrift erfasst.345 Auch Übertragungen innerhalb der bereits beteiligten Gesellschafter fallen unter die Norm. Veräußert also A seinen 95 % Anteil an der X-GmbH an den B, der bisher die restlichen 5 % hielt, liegt eine Änderung der Gesellschafterstruktur in diesem Sinne vor.346 Generell ist auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen abzustellen. Dabei werden nicht nur Änderungen der Gesellschafterstruktur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst, sondern auch sukzessive Veränderungen. Voraussetzung ist allerdings, dass ein innerer Zusammenhang (Teile der Literatur sprechen hier von einer kausalen Verbindung) mit den übrigen Tatbestandsmerkmalen besteht.347 ________________________ 340 341 342 343 344

KStR 2001, Rn. 1181. Vgl. Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 17. Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 255 f. Vgl. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193. Vgl. Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 193 und ausführlich Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 17. 345 Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 290 f. 346 Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 290. 347 KStR 2001, Rn. 1182; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 257.

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bb) Gesellschafterstruktur Die gesetzliche Regelung stellt auf die Struktur der Gesellschafter ab. Dementsprechend sollen Veränderungen bei Genussrechten, sonstigem Partizipationskapital oder stillen Beteiligungen nicht zu berücksichtigen sein.348 Dafür soll insbesondere auch sprechen, dass diese Rechte keine für Gesellschafter typischen Mitspracherechte vermitteln und damit keine Einflussnahme auf die Gesellschaft dergestalt ermöglichen, dass die neuen Gesellschafter eine organisatorische und wirtschaftliche Strukturänderung herbeiführen können.349 Maßgebend sind folglich Veränderungen bei stimmberechtigten Gesellschaftsanteilen.350 Von einer wesentlichen Änderung ist nach Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung auszugehen, wenn sich mehr als 75 % des Grund- oder Stammkapitals ändert.351 Diese Grenze soll nach dem VwGH und der Literatur aber nur als Richtwert dienen, es sei auch hier stets auf die Verhältnisse des Einzelfalls abzustellen.352 Fraglich ist die Behandlung des mittelbaren Gesellschafterwechsels, d. h. die Situation, in der sich nicht der unmittelbare Gesellschafterbestand ändert, sondern der Gesellschafterbestand auf Ebene einer übergeordneten Gesellschaft. Der mittelbare Gesellschafterwechsel soll nicht schädlich i. S. d. Mantelkauftatbestandes sein, wenn die übergeordnete Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft ist.353 Begründet wird dies damit, dass der Wortlaut eine Erfassung nicht zulasse und hierüber auch nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise hinweghelfen könne.354 Zudem könnten über eine Erfassung mittelbarer Gesellschafterwechsel auch „harmlose“ rein betriebswirtschaftlich veranlasste Konzernumstrukturierungen als schädlich angesehen werden. Der Mantelkauftatbestand sei aber nicht imstande, zwischen (im wirtschaftlichen Sinne) schädlichen und unschädlichen Mantelkäufen zu unterscheiden, da er ausschließlich an die Verwirklichung rein objektiver Merkmale anknüpfe.355 Hiergegen soll auch nicht das Argument sprechen, dass ________________________ 348 Wolf, ÖZW 2002, 38, 40 m. w. N. 349 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 257; Wolf, ÖZW 2002, 38, 40. 350 Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 290; Wolf, ÖZW 2002, 38, 40. 351 KStR 2001, Rn. 1182. 352 VwGH v. 18.12.2008, 2007/15/0090, ähnlich auch Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 195; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 19. 353 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 257 m. w. N.; Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 195 m. w. N.; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 41 f. 354 Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 196. 355 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 260.

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dem Mantelkauftatbestand durch die einfache Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft begegnet werden könne. Denn in diesem Fall sei bereits die Zwischenschaltung einer Gesellschaft als Änderung der Gesellschafterstruktur anzusehen, die bei innerem Zusammenhang mit den übrigen Tatbestandsmerkmalen zur Schädlichkeit führt.356 Mittelbare Gesellschafterwechsel sollen aber erfasst sein, wenn die entsprechenden Gesellschafter über eine Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind. In diesem Falle bestehe in Österreich die normative Grundlage für einen Durchgriff (§ 24 Abs. 1 Buchst. e BAO357).358 Bemerkenswert ist, dass zum Thema des mittelbaren Gesellschafterwechsels bislang weder Gerichtsentscheidungen ergangen sind, noch hat sich die Finanzverwaltung hierzu ausdrücklich offiziell geäußert. cc) Änderung auf entgeltlicher Grundlage Die Änderung der Gesellschafterstruktur muss nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut auf entgeltlicher Grundlage erfolgen (i. d. R. Kauf oder Tausch). Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch Erbschaft oder Schenkung ist damit im Umkehrschluss nicht erfasst359. In Abgrenzung der Schenkung zu einem entgeltlichen Erwerb soll aber der Kauf zu einem symbolischen Betrag erfasst sein.360 Zudem ist zu berücksichtigen, dass „Kaufleute einander nichts zu schenken pflegen“.361 Dementsprechend führt auch die Gewährung eines wirtschaftlichen Ausgleichspostens (anstelle eines „klassischen Entgelts“) wie etwa die Übernahme einer Haftung oder Garantien des Altanteilseigners zur Entgeltlichkeit.362 Auch Anteilserwerbe im Rahmen einer Kapitalerhöhung sind grundsätzlich erfasst. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung jedenfalls dann, wenn die Anteile im Rahmen der Kapitalerhöhung außerhalb des gesetzlichen Bezugsrechts erworben werden, da in diesem Fall ein Tausch nach ________________________ 356 Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 197. 357 Die Vorschrift lautet: Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen ungeteilt gehören, sind diesen so zuzurechnen, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Die Höhe der Bruchteile ist nach den Anteilen zu bestimmen, zu denen die beteiligten Personen an dem Vermögen ungeteilt berechtigt sind, oder, wenn die Anteile nicht feststellbar sind, nach dem Verhältnis dessen, was den beteiligten Personen bei Auflösung der Gemeinschaft zufallen würde. 358 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 261. 359 VwGH v. 9.7.2008, 2005/13/0045; Wolf, ÖZW 2002, 38, 40. 360 VwGH v. 9.7.2008, 2005/13/0045. 361 BMF v. 22.10.1992, SWK 1993, A 40; VwGH v. 9.7.2008, 2005/13/0045. 362 Vgl. VwGH v. 9.7.2008, 2005/13/0045.

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§ 6 Nr. 14 Buchst. b) öEStG vorliegt.363 Eine Entgeltlichkeit ist auch dann anzunehmen, wenn sämtliche weitere Gesellschafter auf ihr eigenes Bezugsrecht verzichten.364 Ebenfalls erfasst von der Regelung sind Erwerbe aufgrund von Einbringungen oder aufgrund eines Anteilstauschs im Rahmen einer Umwandlung, da diese als entgeltlich anzusehen sind.365 d) Gesamtbild der Verhältnisse Voraussetzung für einen Mantelkauf ist, dass die wirtschaftliche Identität (konkretisiert durch die Tatbestandsmerkmale der organisatorischen, wirtschaftlichen und der Gesellschafterstruktur) nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr gegeben ist. Aus diesem Erfordernis wird zum einen gefordert, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.366 Bei den Merkmalen der organisatorischen und wirtschaftlichen Strukturänderung sollen bereits geringere Änderungen ausreichend sein, wenn die anderen Merkmale dafür stärker ausgeprägt sind.367 Dies soll allerdings nicht für das Merkmal der Änderung der Gesellschafterstruktur gelten, bei dem stets eine wesentliche Änderung vorliegen muss.368 Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die einzelnen Tatbestandsmerkmale in zeitlicher Hinsicht verwirklicht werden müssen. Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass eine bestimmte Reihenfolge der Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale nicht erforderlich ist, die zeitliche Reihenfolge ist vielmehr grundsätzlich unbeachtlich.369 Ebenso müssen die Änderungen grundsätzlich nicht innerhalb eines bestimmten Zeitfensters erfolgen. Entscheidend ist aber, dass zwischen den einzelnen Strukturänderungen ein planmäßiger innerer Zusammenhang besteht.370 Hierbei kommt dem zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen sich die Änderungen vollziehen, eine Indizwirkung zu.371 Werden die Merkmale innerhalb einer kurzen Zeit (etwa innerhalb eines Jahres) verwirklicht, wird grundsätzlich von einem Mantelkauf auszugehen sein.372 Je länger sich dagegen die Verwirklichung der Merkmale hinzieht, desto mehr müssen andere Umstände herangezogen ________________________

363 KStR 2001, Rn. 1182. 364 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 259; Renner, in Quantschnigg/ Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 291. 365 KStR 2001, Rn. 1182. 366 KStR 2001, Rn. 1183. 367 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 248. 368 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 257. 369 VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135; KStR 2001, Rn. 1183. 370 KStR 2001, Rn. 1183. 371 VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135. 372 KStR 2001, Rn. 1183.

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werden, um die notwendige Kausalität der aufeinander aufbauenden Merkmale nachzuweisen.373 In Anwendung dieser Grundsätze hat der VwGH einen Mantelkauf selbst in einem Fall bejaht, in dem zwar zwischen Änderung der organisatorischen Struktur und dem Gesellschafterwechsel eine Zeitspanne von mehr als fünf Jahren lag, der innere Zusammenhang aber sehr stark ausgeprägt war.374 e) Sanierungsklausel Die österreichische Regelung enthält in § 8 Abs. 4 Nr. 2 Satz 3 öKStG eine Sanierungsklausel. Danach treten die Rechtsfolgen trotz Erfüllung der organisatorischen, wirtschaftlichen und Gesellschafterstrukturänderung nicht ein, wenn diese Strukturänderungen zum Zwecke der Sanierung der Kapitalgesellschaft mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen. Erste Voraussetzung für die Sanierungsklausel ist, dass überhaupt ein vor den Strukturänderungen existierender Betrieb mit Arbeitsplätzen vorhanden war. Nach Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung sind darüber hinaus Sanierungsmaßnahmen erforderlich, die dem Tatbestand des seinerzeitigen § 36 öEStG a. F.375 entsprechen.376 Diese Vorschrift des § 36 öEStG enthielt eine Steuerbefreiung für Gewinne, die aus dem Schuldenerlass zum Zwecke der Sanierung entstanden sind. Sanierungsmaßnahmen waren nach der Rechtsprechung des VwGH nur dann begünstigt, wenn die Absicht bestand, durch diese die wirtschaftliche Gesundung eines Unternehmens herbeizuführen (Sanierungsabsicht), das vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stand (Sanierungsbedürftigkeit) und der Schuldenerlass geeignet war, die Unternehmensverluste zukünftig zu vermeiden (Sanierungseignung).377 Allerdings verneinen Teile der Literatur die Anwendung dieser Grundsätze innerhalb der Sanierungsklausel mit Hinweis auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Norm.378 Darüber hinaus ist umstritten, ob für die ________________________ 373 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 245; VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135. 374 VwGH v. 26.7.2005, 2001/14/0135. 375 I. d. F. vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. 1996 (Nr. 201/1996). 376 KStR 2001, Rn. 1188. 377 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 265 m. w. N. Für den deutschen Steuerrechtler ergeben sich mehr als deutliche Parallelen zum aufgehobenen § 3 Nr. 66 EStG a. F., der teilweise (unzureichend) durch den sog. Sanierungserlass der Finanzverwaltung (v. 27.3.2003, IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl. I 2003, S. 240) „ersetzt“ wird und hinsichtlich der Voraussetzungen für einen Erlass an die zu § 3 Nr. 66 EStG a. F. entwickelten Grundsätze anknüpft. 378 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 265.

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Anwendbarkeit der Sanierungsklausel eine Vergleichbarkeit des Betriebs vor und nach den erfolgten Strukturmaßnahmen gegeben sein muss, etwa vergleichbar der alten deutschen Sanierungsklausel in § 8 Abs. 4 Satz 3 KStG a. F., die voraussetzte, dass die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt.379 Ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist, dass die Sanierung das Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze haben muss. Mit Hinweis auf den Wortlaut wird in der Literatur geltend gemacht, dass lediglich auf das Bemühen einer Sanierung abzustellen sei, ein tatsächlicher Erfolg der Arbeitsplatzerhaltung sei nicht erforderlich.380. Die Voraussetzung soll aber nicht erfüllt sein, wenn die Arbeitnehmer nur kurzfristig weiterbeschäftigt werden.381 Daran dürfte richtig sein, dass eine nur kurzfristige Weiterbeschäftigung ein schwerwiegendes Indiz für die von Anfang an fehlende Absicht sein wird. Jedenfalls soll es nach heute h. M. nicht auf die Übernahme konkreter Arbeitnehmer ankommen, sondern darauf, ob der Erhalt unter Berücksichtigung einer ortsbezogenen, regionalpolitischen Betrachtung erfolgt. Ein wesentlicher Teil der erhaltenen Arbeitsplätze soll insbesondere nach Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung bei mindestens 25 % der ursprünglichen Arbeitsplätze gegeben sein.382 f) Mantelkauf und Gruppenbesteuerung Österreich hat 2005 die sog. Gruppenbesteuerung anstelle der bis dahin geltenden (nach deutschem Vorbild ausgestalteten) Organschaft eingeführt. Die Gruppenbesteuerung führt grundsätzlich dazu, dass das Einkommen der einzelnen Gruppenmitglieder nur auf Ebene des Gruppenträgers versteuert wird.383 Hinsichtlich des Mantelkauftatbestandes ist zwischen der Ebene des Gruppenträgers und der Ebene der Gruppenmitglieder zu unterscheiden. Kommt es auf Ebene des Gruppenträgers zu einem Mantelkauf, gehen sämtliche Verlustvorträge bei diesem verloren, auch wenn Teile der Verluste bei Gruppenmitgliedern entstanden sind und unabhängig davon, ob auf Ebene der Gruppenmitglieder ein Mantelkauf vorliegt.384 Bei Prüfung der Frage, ob der Tatbestand des Mantelkaufs auf Ebene des Gruppenträgers verwirklicht ________________________ 379 Vgl. dazu (ablehnend) Wolf, ÖZW 2002, 38, 43 m. w. N.; Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 28. 380 Wolf, ÖZW 2002, 38, 42; Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 197. 381 KStR 2001, Rn. 1188; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 266. 382 KStR 2001, Rn. 1188. 383 Vgl. Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung, S. 18. 384 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 274 m. w. N.

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ist, ist allerdings die gesamte wirtschaftliche Struktur des Gruppenträgers zu berücksichtigen, zu der auch die Beteiligungen an den Gruppenmitgliedern gehören. Machen diese einen wesentlichen Teil aus, bleiben aber unverändert, kommt es grundsätzlich nicht zur wirtschaftlichen Strukturänderung. Kommt es dagegen auf Ebene eines Gruppenmitglieds zu einem Mantelkauf, gehen die Vor- und Außergruppenverluste des Gruppenmitglieds verloren.385 Werden die Merkmale über mehrere Ebenen hinweg verwirklicht, kommt es nicht zur Versagung des Verlustabzugs, weder auf Ebene des Trägers noch auf Ebene der Mitglieder. Entscheidend ist damit, dass die Tatbestandsmerkmale des Mantelkaufs auf Ebene einer Kapitalgesellschaft verwirklicht werden. 3. Rechtsfolge Der Verlustabzug steht der Körperschaft ab dem Zeitpunkt des Mantelkaufs nicht mehr zu. Damit gehen sämtliche Verlustvorträge verloren, ein teilweiser Untergang kommt nicht in Betracht. In zeitlicher Hinsicht bestehen zwei Unklarheiten: erstens, ob auch Verluste des laufenden Jahres betroffen sind und zweitens, zu welchem Zeitpunkt die betroffenen Verluste untergehen. Nach der Rechtsprechung des VwGH sind nur solche Verlustvorträge betroffen, die bereits vor dem Veranlagungszeitraum angefallen sind, in dem der Mantelkauf verwirklicht wurde.386 Damit sind Verluste, die im Jahr des Mantelkaufs anfallen, nicht von der Regelung betroffen, diese sind ausgleichsfähig und darüber hinaus uneingeschränkt vortragsfähig.387 Eine Aufteilung laufender Verluste in Verluste vor und Verluste nach dem Mantelkauf ist nicht zulässig.388 Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die betroffenen Verluste untergehen, stellt sich naturgemäß nicht, wenn der Mantelkauf (d. h. sämtliche Strukturänderungen) innerhalb eines Wirtschaftsjahres verwirklicht wird. Denn aufgrund der Nichtaufteilung der Verluste kann der genaue Zeitpunkt dahingestellt bleiben. Wenn sich die Strukturänderungen allerdings über ein Wirtschaftsjahr hinaus erstrecken, geht die österreichische Finanzverwaltung davon aus, dass der Verlustvortrag ab jenem Wirtschaftsjahr verloren geht, in dem das erste Tatbestandsmerkmal des Mantelkaufs gegeben ist.389 In der Literatur ________________________ 385 386 387 388 389

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Massoner, Der Mantelkauf im Abgabenrecht, S. 39. VwGH v. 22.12.2005, 2002/15/0079. Renner, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, § 8 Rn. 284. Twardosz, GeS 2006, 128, 131; Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 197. KStR 2001, Rn. 1184.

F. Österreich

wird hingegen vertreten, dass die Rechtsfolgen erst in dem Zeitpunkt eintreten, in dem sämtliche Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sind.390 4. Aufdeckung der stillen Reserven Nach § 8 Abs. 4 Nr. 2 Satz 4 öKStG sind Verluste jedenfalls insoweit abzugsfähig, als infolge der Änderung der wirtschaftlichen Struktur bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Änderung stille Reserven steuerwirksam aufgedeckt werden. Hiermit soll eine sachgerechte Regelung für die Besteuerung der im Zuge der wirtschaftlichen Strukturänderung aufgedeckten stillen Reserven geschaffen werden, auf die schließlich mitunter die Verlustvorträge zurückzuführen sind.391 Die Aufdeckung der stillen Reserven soll nicht nur durch die Veräußerung des verlusterzeugenden Betriebs erfolgen können, sondern auch durch die Veräußerung anderer, nicht mehr benötigter Wirtschaftsgüter und durch Zuschreibungen in der Bilanz.392

________________________ 390 Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 197; Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 271. 391 Ressler/Stürzlinger, in Lang/Schuch/Staringer, § 8 Rn. 273. 392 Novacek, Der Verlust im österreichischen Abgabenrecht, S. 142.

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G. Schweiz I. Allgemeines zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften Das schweizerische Steuersystem ist geprägt durch den vorgegebenen Staatsaufbau. Steuern werden von Bund, Kantonen und Gemeinden erhoben.393 Der Bund erhebt aufgrund des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG) eine Gewinnsteuer von den juristischen Personen (vgl. Art. 1 Buchst. b DBG). Kapitalgesellschaften sind damit selbst steuerpflichtig, es gilt grundsätzlich das Trennungsprinzip.394 Daneben sind die Kantone verpflichtet, von juristischen Personen eine Gewinnsteuer zu erheben.395 Diese Verpflichtung ergibt sich daraus, dass die Kantone und Gemeinden generell bei der Ausübung der Steuererhebungskompetenz an Bundesrecht gebunden sind. Dies folgt aus dem am 1.1.2001 nach einer Übergangsfrist endgültig in Kraft getretenen Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern und Kantone und Gemeinden (StHG), das unmittelbar anwendbar ist, wenn das kantonale Recht widerspricht (Art. 72 StHG).396 Dieses StHG ist im Wesentlichen dem DBG ähnlich, was insbesondere für die Bereiche Steuerpflicht, Steuerobjekt und Steuerbemessungsgrundlage gilt.397 Im Folgenden werden wegen der Vergleichbarkeit mit anderen Staaten die Regelungen des Bundes und des StHG untersucht, die einzelnen kantonalen Regelungen sind aber im Wesentlichen vergleichbar, da die Normen des StHG zur Verlustberücksichtigung keine wesentlichen Abweichungen erlauben.398

II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Die Verlustberücksichtigung ist in Art. 67 Abs. 1 DBG (wortgleich mit Art. 25 Abs. 2 StHG) geregelt, nach dem vom Reingewinn der Steuerperiode Verluste aus sieben der Steuerperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abgezogen werden können, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten. Im letzten Halbsatz ist der vorrangige Verlustausgleich angesprochen, der keinen Be________________________ 393 394 395 396 397 398

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Vgl. Reich, Steuerrecht, § 7 Rn. 1. Kolb, in Mennel/Förster, Schweiz, Rn. 265. Vgl. Brand, in Investitions- und Steuerstandort Schweiz, S. 12. Näher dazu Reich, Steuerrecht, § 4 Rn. 18 ff. Vgl. Brand, in Investitions- und Steuerstandort Schweiz, S. 12. Dazu etwa Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 25 Rn. 28 ff.

G. Schweiz

schränkungen unterliegt.399 Ein Verlustvortrag ist der Regelung zufolge für sieben Jahre möglich, der ansonsten keinen Beschränkungen unterliegt.400 Die Verluste sind zu verrechnen, sobald und soweit ein Gewinn anfällt.401 Ein Verlustrücktrag ist dagegen nicht vorgesehen.402 Im Rahmen von Sanierungen besteht darüber hinaus die Möglichkeit einer außerordentlichen zeitlich unbefristeten Verlustverrechnung nach Art. 67 Abs. 2 DBG (wortgleich mit Art. 25 Abs. 3 StHG). Danach können auch Verluste früherer Jahre mit Gewinnen verrechnet werden, die aus Leistungen zum Ausgleich einer Unterbilanz im Rahmen einer Sanierung resultieren. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass ein Unternehmen, das im Zusammenhang mit einer Sanierung Leistungen erhält, nur deshalb einen Sanierungsgewinn versteuern muss, weil ein Teil seiner Verluste vor mehr als sieben Jahren angefallen ist.403

III. Mantelhandel Das schweizerische Steuerrecht kennt keine ausdrückliche Bestimmung zur Verhinderung eines Handels mit Verlustgesellschaften. Eine Verrechnung von Verlusten ist aber dann nicht mehr möglich, wenn ein sog. Mantelhandel vorliegt, der zwar nicht als solcher kodifiziert ist, aber den Tatbestand der Steuerumgehung erfüllt.404 Dies gilt sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die kantonalen Steuern.405 Der Mantelhandel in diesem Sinne ist aber grundsätzlich nicht mit dem Mantelkauf (alter) deutscher bzw. österreichischer Prägung zu vergleichen.406 Denn zum einen sind tatsächlich nur Fälle eines reinen „Mantels“ erfasst und zum anderen be________________________ 399 Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 8. 400 Bühlmann, in Investitions- und Steuerstandort Schweiz, S. 43. Wegen des ausdrücklichen Wortlauts des § 25 Abs. 2 StHG ist es Kantonen nicht erlaubt, die Verlustverrechnungsperiode zu verkürzen. Tatsächlich haben sämtliche Kantone die siebenjährige Frist übernommen, s. Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 25 Rn. 28. 401 Reich, Steuerrecht, § 20 Rn. 31. 402 Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 8. 403 Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 26. 404 Lampert, Die Verlustverrechnung von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, S. 24; Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 17. 405 Reich, Steuerrecht, § 13 Rn. 137 m. w. N. 406 Kubaile/Suter/Jakob, Der Steuer- und Investitionsstandort Schweiz, S. 155.

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schränken sich die Folgen des Mantelhandels nicht nur auf die Möglichkeit der Verlustverrechnung, sondern generell auf die steuerliche Existenz der Gesellschaft. 1. Voraussetzungen Ein Mantelhandel liegt vor, wenn ein Unternehmen in liquide Form gebracht wird, die bisherigen Anteilseigner die Gesellschaft jedoch nicht formell liquidieren, sondern die Beteiligungsrechte an einen Dritten oder an einen bisherigen Minderheitsaktionär veräußern, welcher mit der Gesellschaft eine Unternehmenstätigkeit ausübt.407 Es ist unerheblich, ob die Mehrheit der Beteiligungsrechte in einem oder mehreren Paketen veräußert wird, d. h. es soll ebenfalls ein Mantelhandel zu bejahen sein, wenn verschiedene Verkäufer zusammenwirken. Ebenfalls soll ein bloßes zeitliches Auseinanderfallen der Veräußerungen als solches die Annahme eine Mantelhandels nicht verhindern.408 2. Rechtsfolgen Die für diese Untersuchung bedeutsamste Folge des Mantelhandels liegt darin, dass vor dem Mantelhandel erlittene Verluste nicht mehr mit später erzielten Gewinnen verrechnet werden können.409 Dies ergibt sich allerdings nur mittelbar aus der eigentlichen Folge des Mantelhandels. Handels- bzw. zivilrechtlich kommt es (mangels einer formellen Liquidation) zwar zu keiner Änderung, steuerrechtlich wird der Mantelhandel allerdings wie eine Liquidation mit anschließender Neugründung behandelt.410 Daraus folgt, dass die Steuerpflicht für die veräußerte Gesellschaft zunächst endet und die Steuerpflicht für die neue Gesellschaft mit dem Erwerb der Anteile beginnt.411 Damit können Verluste der alten Gesellschaft nur mit bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Gewinnen verrechnet werden. Gewinne, die im Rahmen der ________________________ 407 Lampert, Die Verlustverrechnung von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, S. 24 mit Verweis auf den Entscheid des Bundesgerichts v. 24.2.1984, ASA 52, S. 649; Kubaile/Suter/Jakob, Der Steuer- und Investitionsstandort Schweiz, S. 154; Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 17 m. w. N. 408 Lampert, Die Verlustverrechnung von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, S. 24. 409 Mäusli-Allenspach/Oertli, Das schweizerische Steuerrecht, S. 185. 410 Brülisauer/Kuhn, in Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Art. 67 Rn. 17; Mäusli-Allenspach/Oertli, Das schweizerische Steuerrecht, S. 176; Kubaile/Suter/Jakob, Der Steuer- und Investitionsstandort Schweiz, S. 154. 411 Mäusli-Allenspach/Oertli, Das schweizerische Steuerrecht, S. 176.

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Liquidation anfallen – insbesondere die in diesem Zug realisierten stillen Reserven – sind ebenfalls noch verrechenbar.412 Die neue Gesellschaft kann aber nicht mehr die Verluste der alten liquidierten Gesellschaft verrechnen. Auf Ebene der Anteilseigner wird dem Veräußerer zwar kein Liquidationsüberschuss ausgezahlt, dieser wird aber wirtschaftlich vom Erwerber in Form des Kaufpreises gezahlt.413 Dem Veräußerer wird daher, wenn es sich um eine natürliche Person handelt, eine geldwerte Leistung in Höhe der Differenz zwischen Veräußerungserlös und Nennwert der Beteiligung zugerechnet.414 Beim Erwerber liegt in Höhe des Kaufpreises eine Kapitaleinlage vor.415

________________________ 412 Lampert, Die Verlustverrechnung von juristischen Personen im Schweizer Steuerrecht, S. 57. 413 Reich, Steuerrecht, § 13 Rn. 137. 414 Kubaile/Suter/Jakob, Der Steuer- und Investitionsstandort Schweiz, S. 155. 415 Mäusli-Allenspach/Oertli, Das schweizerische Steuerrecht, S. 176.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

H. USA I. Allgemeines zur Besteuerung von Kapitalgesellschaften Das US-Steuerrecht ist nicht einheitlich geregelt. Die Steuerhoheit ist auf die Gebietskörperschaften Bund, Bundesstaaten und Gemeinden aufgeteilt.416 Jede dieser Gebietskörperschaften hat im Bereich des Steuerrechts eine eigene Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungshoheit.417 Die meisten der Bundesstaaten und einige Gemeinden machen von ihrer Möglichkeit, selbst eine Körperschaftsteuer zu erheben Gebrauch.418 Die sich hieraus ergebende Mehrfachbelastung ist systemimmanent und gewollt.419 Allerdings sind die Steuersätze der Bundesstaaten im Vergleich zu den Steuersätzen auf Bundesebene im Bereich der Körperschaftsteuer relativ gering.420 Zudem knüpfen die Vorschriften der Bundesstaaten regelmäßig an die bundesstaatlichen Vorschriften an, wenngleich sie diese oftmals modifizieren.421 Auch die Regelungen zur Verlustberücksichtigung und -beschränkung der Einzelstaaten entsprechen in den USA in weiten Teilen denen des Bundesrechts, da diese z. T. ausdrücklich Bezug auf die bundesstaatliche Regelung nehmen oder in anderen Einzelstaaten kaum sprachliche Unterschiede bestehen.422 Dies und die Vergleichbarkeit mit den anderen hier behandelten Jurisdiktionen, die eine solche Diversifizierung der körperschaftsteuerlichen Regelungen nicht kennen, rechtfertigt es, dass sich die vorliegende Untersuchung auf die Regelungen des Bundesrechts beschränkt. Die folgenden Ausführungen behandeln daher stets das bundesstaatliche Steuerrecht, wie es im Wesentlichen im Internal Revenue Code 1986 (IRC – Bundessteuergesetzbuch) niedergelegt ist. Der IRC differenziert zwar formal dem Grunde nach nicht zwischen der Besteuerung von natürlichen Personen und Kapitalgesellschaften, beide unterliegen der Bundeseinkommensteuer und sind als solche subjektiv steuer________________________ 416 Thiele, Einführung in das US-amerikanische Steuerrecht, S. 23; eingehend zu den Formen der bundesstaatlichen Besteuerung Dendorfer, IStR 2001, 545. 417 Jesch/Striegel, Grundlagen des US-amerikanischen Steuerrechts, Rn. 5 (S. 32). 418 Dendorfer, IStR 2001, 545. 419 Thiele, Einführung in das US-amerikanische Steuerrecht, S. 23. 420 Vgl. die Auflistung der Steuersätze bei IBFD, Global Corporate Tax Handbook 2010, United States, Tz. 3.3. (S. 1075). 421 Vgl. Kroschel, Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten, S. 48. 422 Vgl. hierzu instruktiv Amdur, Construction and Application of State Corporate Income Tax Statutes Allowing Net Operating Loss Deductions, 33 A.L.R. 5th 509, der die einzelstaatlichen Regelungen zum Verlustabzug mit den bundesstaatlichen Regelungen vergleicht.

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pflichtige Personen.423 Gleichwohl erfolgt wegen der Besonderheiten der jeweiligen Steuersubjekte auch im amerikanischen Recht bei einer Vielzahl von Vorschriften eine Differenzierung.424

II. Allgemeines zur Verlustberücksichtigung bei Kapitalgesellschaften Verluste werden nach US-Steuerrecht grundsätzlich im Rahmen der Abzüge von den Bruttoerträgen abgezogen (§ 165 (a) IRC). Bestimmte Veräußerungsverluste (primär aus Finanzanlagevermögen) können dagegen nur mit Veräußerungsgewinnen verrechnet werden (§ 165 (f) IRC i. V. m. § 1211 (a) IRC). Diese Sonderbehandlung ergibt sich wie bei der britischen Regelung daraus, dass Veräußerungsgewinne einem ermäßigten Steuersatz unterliegen und sich die mit diesen wirtschaftlich korrespondierenden Veräußerungsverluste nur im Rahmen dieses Steuersatzes auswirken sollen (vgl. oben D. II., S. 145).425 Im Folgenden bleiben die Sonderregelungen für diese Veräußerungsgewinne und -verluste außer Betracht, untersucht werden nur die Verluste aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit (sog. net operating losses). Bleiben nach dem Verlustausgleich Verluste unberücksichtigt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit des Verlustabzugs nach § 172 IRC. Seit dem Taxpayer Relief Act 1997 werden Verluste grundsätzlich in chronologischer Reihenfolge zwei Jahre zurück- und zwanzig Jahre vorgetragen (§ 172 (b) (1) (A) IRC).426 Das bedeutet, dass ein Verlust zunächst mit Gewinnen im zweiten dem Verlustjahr vorangehenden Veranlagungszeitraum zu verrechnen ist. Verbleibt ein Verlust, ist dieser im ersten dem Verlustjahr vorangehenden Veranlagungszeitraum zu verrechnen. Ein hiernach verbleibender Verlust ist sodann vorzutragen (§ 172 (b) (2) IRC). Auf die Anwendung des Verlustrücktrags kann zwar verzichtet werden. Das Wahlrecht kann aller________________________ 423 Jesch/Striegel, Grundlagen des US-amerikanischen Steuerrechts, Rn. 381 (S. 191). Daneben gelten Besonderheiten durch die sog. „check the box“-Regelungen, nach denen bestimmte, an sich zivilrechtlich selbständige Gesellschaften („S Corporations“ [„S“ = small]) auf Antrag wie eine Personengesellschaften, d. h. transparent besteuert werden können („check the box“ ~ „Kästchen ankreuzen“). Vgl. dazu ausführlich Kroschel, Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten, S. 325; Flick, IStR 1998, 110. Im Rahmen dieser Untersuchung sind freilich allein die Regelungen zur Verlustbeschränkung bei Kapitalgesellschaften, die als solche besteuert werden, von Relevanz. 424 Kroschel, Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten, S. 317. 425 Jesch/Striegel, Grundlagen des US-amerikanischen Steuerrechts, Rn. 218 (S. 141). 426 Dies gilt für Veranlagungszeiträume, die nach dem 5.8.1997 beginnen; zuvor betrug die Frist für den Verlustrücktrag drei Jahre und für den Verlustvortrag 15 Jahre.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

dings nur insgesamt ausgeübt und betragsmäßig nicht begrenzt werden (§ 172 (b) (3) IRC). Als Reaktion auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise wurde die Verlustrücktragsfrist für Verluste aus Steuerjahren, die nach dem 31.12.2007 endeten und vor dem 1.1.2010 begannen, auf vier Jahre erhöht.427 Sogar ein Rücktrag in das fünfte vorhergehende Jahr war zulässig, dieser war allerdings betragsmäßig begrenzt auf 50 % des Einkommens dieses Jahres. Voraussetzung für die Geltendmachung eines Verlustabzugs ist grundsätzlich die rechtliche Identität der Körperschaft, die den Verlust erlitten hat mit der Körperschaft, die diesen geltend macht.428 Zudem gehen alle steuerlichen Merkmale einer Körperschaft verloren (mithin auch ihre Verlustvorträge nach § 172 IRC), wenn diese für steuerliche Zwecke als vollständig liquidiert anzusehen ist.429 Eine Liquidation in diesem Sinne liegt bereits in dem Zeitpunkt vor, in dem die Gesellschaft zwar (noch) zivilrechtlich bestehen bleibt, das Unternehmen aber nicht weiter fortgeführt wird, sondern nur noch die schwebenden Geschäfte beendigt, Vermögensgegenstände veräußert, Verbindlichkeiten beglichen werden und das Restvermögen an die Gesellschafter verteilt wird (§ 1.332-2 (c) Sätze 4–6 Treas. Reg.430). Dies gilt sogar dann, wenn auf die Verteilung eines geringen Restvermögens verzichtet wird, um die Gesellschaft formal als Rechtspersönlichkeit zu erhalten.431 Ausnahmsweise besteht nach § 381 (a) IRC bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen aber gleichwohl die Möglichkeit, das Recht auf den Verlustabzug auf rechtlich verschiedene Kapitalgesellschaften zu übertragen.432 ________________________ 427 Worker, Homeownership, and Business Assistance Act of 2009 (P.L. 111-92). 428 Vgl. Silverman, PLI No. 14322, S. 31; Kroschel, Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten, S. 404. 429 Vgl. Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 285. 430 Bei den Treasury Regulations handelt es sich um grundsätzlich rechtsverbindliche Steuerrichtlinien der US-amerikanischen Finanzverwaltung (vgl. § 7805 (a) IRC), es sei denn, diese sind lediglich vorgeschlagen („proposed regulations“) sind, die noch keine verbindliche Wirkung entfalten; näher hierzu Thiele, Einführung in das USamerikanische Steuerrecht, S. 28. 431 Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 180; Kroschel, Die Federal Income Tax der Vereinigten Staaten, S. 405. 432 So geht das Recht zum Verlustabzug (neben anderen steuerlichen Merkmalen) bei der Liquidation einer untergeordneten Gesellschaft auf ihre Muttergesellschaft über, wenn diese zu mindestens 80 % an der untergeordneten Gesellschaft beteiligt war (§ 381 (a) (1) IRC). Daneben findet nach § 381 (a) (2) IRC ein Übergang auch bei Umwandlungen i. S. d. § 368 (a) (1) (A), (C), (D), (F) und (G) IRC statt. Diesen Umwandlungsvorgängen gemein ist, dass sie steuerneutral durchgeführt werden können. Näher zum Ganzen Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 286;

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III. Regelung zum Verlusthandel 1. Allgemeines Vor Einführung spezieller Vorschriften, die in bestimmten Fällen die Verlustnutzung versagen, wurde die Problematik des Verlusthandels im Wesentlichen durch case law gelöst.433 Der US Supreme Court traf hierzu maßgebliche Entscheidungen, deren wesentliche Aussage war, dass die Berechtigung zum Verlustabzug nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Identität voraussetzt.434 Daneben bestand und besteht eine klassische Missbrauchsregelung für Fälle des Verlustkaufs nach § 269 IRC (dazu s. u. IV., S. 228). Die (in der Praxis und in der literarischen Aufarbeitung) wichtigste Vorschrift zur Begrenzung der Verlustnutzung ist aber die Regelung des § 382 IRC, die durch den IRC 1954 eingeführt wurde und deren heutige Fassung auf den Tax Reform Act 1986 zurückgeht.435 Nach § 382 (a) IRC darf das steuerpflichtige Einkommen einer Körperschaft nach einem Anteilseignerwechsel durch Verluste aus der Zeit vor diesem Anteilseignerwechsel nur bis zur Höhe einer bestimmten Begrenzung (der sog. § 382 IRC-Begrenzung) gemindert werden. Ist diese Grundaussage des § 382 (a) IRC noch generalklauselartig gefasst, werden die Voraussetzungen und Folgen der Vorschrift in den folgenden Absätzen in einem Umfang weiter ausgeführt, der für den kontinentaleuropäische Gesetzestexte gewöhnten Leser geradezu überraschend ist, auch wenn freilich gerade im Bereich des Steuerrechts die Detailliertheit auch hierzulande deutlich zugenommen hat.

________________________ Silverman, PLI No. 14322, S. 33; zu den verschiedenen Umwandlungen s. Huber, Die Stellung der A-, B- und C-reorganizations im US-amerikanischen Steuerrecht und ihre Pendants im deutschen (Umwandlungs-)Steuerrecht. 433 Entsprechend der anglo-amerikanischen Rechtstradition des common law, hierzu siehe i. E. Hay, US-Amerikanisches Recht, Rn. 19 ff. (S. 7 ff.); Elsing/Van Alstine, US-amerikanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Rn. 55 ff. (S. 38 ff.). Im common law System besteht grundsätzlich eine Bindung von Untergerichten an die Rechtsgrundsätze höherer Gerichte. 434 Insbesondere der Fall Libson Shops, Inc. v. Koehler, 353 U.S. 382 (1957), in dem das Gericht entschied, dass ein Verlustabzug nicht zu gewähren sei, wenn das verlustträchtige Unternehmen nicht im Wesentlichen mit dem Gewinne generierenden Unternehmen identisch ist (business continuation rule) – sog. Libson Shops doctrine. Ausführlich dazu Wacke, Verlustabzug beim Mantelkauf, S. 198 f. Die Literatur ist sich nicht sicher, ob die Libson Shops doctrine auch weiterhin neben den besonderen Regelungen anwendbar ist, vgl. Silverman, PLI No. 14322, S. 41 f. Die praktische Relevanz dieser Frage ist aber denkbar gering. 435 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.42 [1].

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Der heutigen Regelung des § 382 IRC liegen mehrere Erwägungen zugrunde:436 Grundlegend wird auch hier die Verhinderung der willkürlichen Übertragung von Verlustvorträgen mittels sog. Firmenmäntel genannt, da ein Erwerb von Anteilen zum Zweck der Erlangung steuerlicher Vorteile als missbräuchlich anzusehen sei. Die Verlustnutzung soll eingeschränkt werden, wenn die Anteilseigner, die die Verluste einer Gesellschaft wirtschaftlich zu tragen hatten, nicht mehr die Kontrolle über die Gesellschaft haben.437 Als weiterer Grund wird angeführt, dass im Falle der freien Übertragbarkeit von Verlustvorträgen die gebotene Neutralität des Steuerrechts für unternehmerische Entscheidungen nicht mehr gewährleistet wäre. Denn andernfalls würden mitunter Unternehmen nicht aus betriebswirtschaftlich sinnvollen Gründen erworben, sondern allein, um die Steuerbelastung zu senken. Darüber hinaus wird als Ziel die Verhinderung von sog. WindfallProfits438 angeführt, die auf Kosten des Steuerstaates erzielt werden. Denn der Wert der steuerlichen Verlustvorträge wird regelmäßig nicht vollständig im Kaufpreis für die Anteile enthalten sein. Bei Nutzung der vollständigen Verlustvorträge generiert der Erwerber so einen Windfall-Profit.439 Daneben soll verhindert werden, dass ein Unternehmen Verluste eines anderen, nicht mit ihm verbundenen Unternehmen geltend machen kann. Dies wird damit begründet, dass die Regelungen zum Verlustabzug allein Nachteile ausgleichen sollen, die sich aus einer strengen Anwendung des Prinzips der Jahresbesteuerung (in den USA als „annual accounting system“ bezeichnet) ergeben. Ohne besondere Beschränkungen würden Steuerpflichtige aber nicht beabsichtigte Vorteile dergestalt erlangen, dass Gewinne eines Unternehmens auf ein anderes, nicht mit diesem verbundenen Unternehmen übertragen werden könnten. Dies stünde im Widerspruch zum alleinigen Ziel des Verlustabzugs, der daher in diesen Fällen eingeschränkt wird. 2. Voraussetzungen Einzige Voraussetzung für die Auslösung der Folgen des § 382 IRC ist das Vorliegen eines Anteilseignerwechsels (sog. „ownership change“440). Ein solcher Anteilseignerwechsel liegt nach § 382 (g) IRC vor, wenn sich un________________________ 436 Vgl. zu den verschiedenen Begründungen Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.42 [2]; Silverman, PLI No. 14322, S. 51 ff. 437 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 821. 438 Als sog. Windfall-Profit wird ein unverhoffter Gewinn bezeichnet, der insbesondere ohne eigenes Zutun erzielt wird. 439 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 834. 440 Die wörtliche Übersetzung des Begriffs „ownership change“ = Eigentümerwechsel wird hier nicht übernommen, da nach hiesiger Begrifflichkeit Anteile nicht im „Eigentum“ von Gesellschaftern stehen.

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mittelbar nach einer Änderung der Anteilseigner441 (unter Beteiligung eines 5 %-Anteilseigners) oder nach einer Änderung der Eigenkapitalstruktur442 die Beteiligungsquote von einem oder mehreren 5 %-Anteilseignern um insgesamt mehr als 50 Prozentpunkte erhöht im Vergleich mit der niedrigsten Beteiligungsquote, mit der diese Anteilseigner innerhalb des sog. Prüfzeitraums beteiligt waren. a) Erhöhung der Beteiligungsquote um mehr als 50 Prozentpunkte Die Beteiligungsquote eines oder mehrerer 5 %-Anteilseigner muss sich innerhalb des Prüfzeitraums um 50 Prozentpunkte erhöhen. Dabei sind Erhöhungen der Beteiligungsquote bei mehreren 5 %-Anteilseignern zusammenzurechnen (§ 1.382-2T (c) (1) Treas. Reg.). Die Erhöhung der Beteiligungsquote errechnet sich aus dem Unterschied zwischen der Beteiligungsquote der Gesellschafter nach einer Änderung im Vergleich zur niedrigsten Beteiligungsquote, mit der diese innerhalb des Prüfzeitraums beteiligt waren.443 Anknüpfungspunkte der Erhöhung der Beteiligungsquote sind eine Änderung der Anteilseigner (siehe c)) und eine Änderung der Eigenkapitalstruktur (siehe d)). b) Prüfzeitraum Der Zeitraum, innerhalb dessen es zu einem Anteilseignerwechsel gekommen sein muss (sog. Prüfzeitraum), beträgt grundsätzlich drei Jahre.444 Nach jeder Änderung der Beteiligungsquote (an der ein 5 %-Anteilseigner beteiligt ist) ist retrospektiv zu prüfen, ob innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Stichtag eine Erhöhung der Beteiligungsquote um mehr als 50 Prozentpunkte stattgefunden hat.445 Ein kürzerer Zeitraum als drei Jahre kommt in zwei Fällen zur Anwendung. Zum einen, wenn innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein Anteilseignerwechsel erfolgt ist (§ 382 (i) (2) IRC). In diesem Fall beginnt der Prüfzeitraum frühestens am Tag nach diesem Anteilseignerwechsel, d. h. bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte Erhöhungen der Beteiligungsquoten sind nicht mehr zu berücksichtigen. Zum anderen beginnt der Prüfzeitraum nicht vor dem ersten Tag des ersten Steuerjahres, in dem steuerlich nutzbare Verluste entstanden sind (§ 382 (i) (3) IRC). Dabei fallen unter den Begriff der nutz________________________ 441 442 443 444

Sog. „owner shift“. Sog. „equity structure shift“. McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 824. Vgl. dazu auch McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 828. 445 Vgl. Avent/Simon, Corporate Business Taxation Monthly, März 2005, 1, 2.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

baren Verluste in diesem Sinne auch bisher nicht realisierte stille Lasten (die ebenfalls der § 382 IRC-Begrenzung unterliegen, s. u. 3. a)). c) Änderung der Anteilseigner Eine Änderung der Anteilseigner liegt grundsätzlich bei jeder Änderung der Beteiligungsquote an der Gesellschaft vor (§ 382 (g) (2) IRC). Zu berücksichtigen sind aber nur solche Änderungen, die zu einer Änderung der Beteiligungsquote einer Person führen, die entweder vor oder nach dieser Änderung als 5 %-Anteilseigner zu qualifizieren ist (zum Begriff des 5 %Anteilseigners siehe unten g)). Entsprechend der Anknüpfung an jede Änderung der Anteilseigner umfasst der Begriff nicht nur gewöhnliche Übertragungen von oder an 5 %-Anteilseigner, sondern z. B. auch Kapitalerhöhungen, die Ausgabe neuer Anteile, Kapitalherabsetzungen und die Änderung der Eigenkapitalstruktur, sofern diese die Beteiligungsquote eines 5 %-Anteilseigners betreffen (vgl. § 1.3822T (e) (1) (i) Treas. Reg.).446 Insbesondere letztgenannte Alternative überrascht, ist diese in § 382 (g) (1) IRC doch gesondert aufgeführt. Der Unterschied scheint zunächst darin zu bestehen, dass im Rahmen der Änderung der Anteilseigner die Beschränkung auf 5 %-Anteilseigner gilt. Allerdings ist – wie später noch weiter auszuführen sein wird – im Rahmen der Prüfung, ob ein Anteilseignerwechsel vorliegt, nur auf 5 %-Anteilseigner abzustellen (§ 382 (g) (4) IRC). Die gesonderte Erwähnung der Änderung der Eigenkapitalstruktur ist damit heutzutage überflüssig und ist nur für bestimmte Altfälle relevant, die hier außer Acht bleiben sollen.447 d) Änderung der Eigenkapitalstruktur Die Änderung der Eigenkapitalstruktur erfasst – unabhängig davon, ob man diese im Rahmen der gesonderten Alternative oder im Rahmen der allgemeinen Änderung der Anteilseigner erfasst – grundsätzlich jede Umstrukturierung i. S. d. § 368 IRC, die zu einer Änderung der Beteiligungsquote bei der Verlustgesellschaft führt (§ 382 (g) (3) (A) IRC i. V. m. § 1.382-2T (e) (2) (i) Treas. Reg.). Umstrukturierungen i. S. d. § 368 IRC sind zum einen Umwandlungen i. S. d. § 368 (a) (1) (A), (C), (D), (F) und (G) IRC.448 Zum ________________________

446 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [3] [a]. 447 Henderson/Goldring, Tax Planning for Troubled Corporations, § 508.2.3; Bittker/ Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [4]; Silverman, PLI No. 14322, S. 82. 448 Dies sind (i) Verschmelzungen durch Aufnahme oder durch Neugründung (A-reorganization), (ii) der Erwerb des (nahezu) gesamten Betriebsvermögens gegen die Gewährung von stimmberechtigten Anteilen an der aufnehmenden Gesellschaft oder

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anderen ist erfasst (i) der Erwerb aller Anteile an einer Gesellschaft gegen die Gewährung von Gesellschaftsanteilen, wenn die erwerbende Gesellschaft hiernach die Kontrolle über die erworbene Gesellschaft erhält und (ii) Kapitalerhöhungen. Neben den stets erfassten steuerpflichtigen Umstrukturierungen449 sind grundsätzlich auch steuerfreie Umstrukturierungen eingeschlossen (§ 382 (g) (3) (A) IRC).450 Davon ausgenommen sind allerdings bestimmte Aufspaltungen und formwechselnde Umwandlungen (§ 382 (g) (3) (A) (i) und (ii) IRC), die nicht zu einer Änderung in diesem Sinne und damit nicht zu einem Anteilseignerwechsel führen.451 e) Begriff des Anteils Die genannten Änderungen knüpfen stets an eine Änderung bei den Anteilen an der Verlustgesellschaft an. Der Begriff des Anteils erfasst gem. § 382 (k) (6) (A) IRC grundsätzlich jegliche Beteiligung am Eigenkapital der Gesellschaft. aa) Rechte als Anteile Darüber hinaus ist die Finanzverwaltung befugt, auch bestimmte Rechte als Anteile in diesem Sinne zu qualifizieren (§ 382 (k) (6) (B) IRC). In Ausführung dieser Befugnis werden nach § 1.382-2T (f) (18) (iii) Treas. Reg. Wandelanleihen, Vorverträge, Optionsscheine, andere Optionen und ähnliche Ansprüche bereits im Zeitpunkt ihrer Einräumung (und nicht erst bei Ausübung) in bestimmten Fällen als Anteil qualifiziert, wenn sie ein Recht zum Erwerb von Anteilen an der Gesellschaft gewähren. Voraussetzung hierfür ist, dass (i) die Rechte bereits im Zeitpunkt ihrer Gewährung an oder von einem 5 % Anteilseigner eine potentielle erhebliche Partizipation am ________________________

der zu mindestens 80 % an dieser beteiligten Muttergesellschaft (C-reorganization), (iii) die Übertragung des (nahezu) gesamten Betriebsvermögens gegen die Gewährung von Anteilen an der aufnehmenden Gesellschaft, wenn die übertragende Gesellschaft oder deren Anteilseigner unmittelbar nach der Transaktion mindestens zu 80 % an der aufnehmenden Gesellschaft beteiligt sind (D-reorganization), (iv) formwechselnde Umwandlungen von Kapitalgesellschaften (F-reorganization) und (v) Sanierungen, bei denen (nahezu) alle Wirtschaftsgüter einer Kapitalgesellschaft übertragen werden, über die ein Insolvenz- oder Vergleichsverfahren eröffnet wurde, wenn hiermit eine Sanierung der insolventen Gesellschaft bezweckt wird (G-reorganization). Vgl. dazu Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 229 ff. und McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 816. 449 D. h. solche Umstrukturierungen, die eine Realisierung der stillen Reserven zur Folge haben. 450 Vgl. Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 290. 451 Im Einzelnen handelt es sich um Aufspaltungen bzw. Umwandlungen im Rahmen von D-, F- und G-reorganizations (§ 382 (3) (A) (i) IRC) – siehe hierzu Fn. 448.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Wachstum der Gesellschaft vermitteln, (ii) die Behandlung dieser Rechte als Anteile zu einem Anteilseignerwechsel führt und (iii) der Verlust aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel höher ist als das Zweifache des Werts der Verlustgesellschaft multipliziert mit dem Zinssatz für langfristige steuerfreie Bonds (für den Monat, in dem die Änderung erfolgt).452 In diesem Zusammenhang ist die Regelung des § 382 (l) (3) (A) (iv) IRC zu beachten, nach der Optionen als ausgeübt gelten, wenn die Ausübung dieser Option zu einem Anteilseignerwechsel führt.453 Dies gilt ebenfalls für die den Optionen gleichgestellten Rechte, insbesondere Wandelanleihen, Vorverträge und andere vergleichbare Rechte (§ 382 (l) (A) letzter Satz IRC). Zweck dieser Vorschrift ist die Verhinderung von Missbräuchen.454 Unter diesem Gesichtspunkt wird diese sehr weitgehende Erweiterung des Anteilsbegriffs durch § 1.382-4 (d) (2) Treas. Reg. wieder eingegrenzt, nach der Optionen (bzw. die gleichgestellten Rechte) nur dann als ausgeübt gelten, wenn die Gewährung bzw. die Übertragung der Option mit dem Ziel erfolgt, einen Anteilseignerwechsel zu vermeiden, bzw. eine günstigere Anwendung der Vorschriften zu erreichen und eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:455 (i) Dem Optionsberechtigten wird bereits ein erheblicher Teil der Anteilsrechte eingeräumt (§ 1.382-4 (d) (3) Treas. Reg.). (ii) Der Optionsberechtigte hält unmittelbar oder mittelbar mehr als 50 % der Anteile an der Verlustgesellschaft, wenn man die Option als ausgeübt ansieht (§ 1.382-4 (d) (4) Treas. Reg.). (iii) Vor Ausübung der Option soll die Gesellschaft noch Einkommen oder Werte generieren (§ 1.382-4 (d) (5) Treas. Reg.). Denn mit einer Generierung von Einkommen oder Werten könnte es zu einer günstigeren Anwendung des § 382 IRC kommen, indem entweder die alten Verlustvorträge mit noch laufenden Gewinnen vor einem Anteilseignerwechsel gemindert werden können bzw. Werte geschaffen werden, die das Volumen der Verlustvorträge, die auch nach dem Anteilseignerwechsel genutzt werden können, erhöhen (zur Abhängigkeit der nutzbaren Verluste nach einem Anteilseignerwechsel vom Wert der Gesellschaft s. u. 3. b)). Auf den ersten Blick ist nicht klar, welchen Sinn den jeweiligen Regelungen im Zusammenspiel zukommt. Denn zum einen werden Optionen unter bestimmten Voraussetzungen bereits als Anteil behandelt, während sie ande________________________ 452 Dazu auch Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [7] [d]. 453 Vgl. hierzu Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [2] [e]. 454 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [3] [a]. 455 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 841.

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rerseits als ausgeübt gelten, was zur Folge hat, dass insoweit ebenfalls Anteile vorliegen.456 § 1.382-2T (f) (18) (iii) Treas. Reg. regelt insofern das Verhältnis der Regelungen zueinander. Danach sind Optionen nur dann unmittelbar als Anteile zu behandeln, wenn diese nicht der Vorschrift des § 1.382-2T (h) (4) Treas. Reg. unterfallen (die wiederum die fingierte Ausübung der Option behandelt). Die fingierte Ausübung geht damit der anderen Regelung vor. bb) Ausnahmen für bestimmte Anteile Ausgenommen vom Anteilsbegriff sind nicht wandelbare stimmrechtslose Anteile i. S. d. § 1504 IRC, die nur ein Gewinnbezugsrecht im Rahmen gewöhnlicher Ausschüttungen vermitteln und Kapitalrückzahlungen und Zahlungen im Rahmen der Liquidation nur bis zur Höhe des Ausgabepreises der Anteile vorsehen.457 Eine Änderung bei diesen Anteilen führt damit nicht zur Schädlichkeit.458 Im Ergebnis führt dies zu einem Ausschluss von Anteilen, die gesellschaftsrechtlich so gut wie keine Einflussmöglichkeiten vermitteln.459 Daneben hat die US-Finanzverwaltung von dem ihr nach § 382 (k) (6) (A) und (k) (6) (B) (ii) IRC eingeräumten Recht Gebrauch gemacht, bestimmte Anteile nicht als Anteile i. S. d. § 382 IRC zu qualifizieren (vgl. § 1.382-2T (f) (18) (ii) Treas. Reg.).460 Danach sind Anteile nicht zu berücksichtigen, wenn (i) die durch die Anteile vermittelte Partizipation an dem künftigen Wachstum der Gesellschaft unverhältnismäßig gering ist, wenn man den Wert der Anteile mit dem (anteiligen) Wert der gesamten ausgegebenen Anteile der Gesellschaft vergleicht, (ii) die Herausnahme der Anteile aus dem Anwendungsbereich dazu führt, dass ein Anteilseignerwechsel vorliegt und (iii) der Verlust aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel höher ist als der Wert, der sich aus dem Doppelten des Werts der Verlustgesellschaft multipliziert mit dem Zinssatz für langfristige Bonds (aus dem Monat, in dem die Änderung erfolgt) ergibt.461 ________________________ 456 Silverman, PLI No. 14322, S. 100. 457 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [7] [d]. 458 Silverman, PLI No. 14322, S. 87. 459 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 842. 460 Dazu auch McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 825. 461 Dieser Zinssatz findet im Rahmen der Rechtsfolge auch für die Bestimmung der § 382 IRC-Begrenzung Anwendung, dazu s. u. 4. Kapitel: H. III. 3. b), S. 218.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

Denkt man im Falle einer Herausnahme aus dem Anwendungsbereich zunächst daran, dass gewisse Anteile nicht berücksichtigt werden sollen, damit sie keine schädliche Wirkung entfalten, hat diese Regelung ein genau entgegengesetztes Ziel, wie sich insbesondere aus der zweiten Voraussetzung ergibt: sie führt dazu, dass erst ein Anteilseignerwechsel herbeigeführt wird.462 Dies wird erreicht, indem bestimmte Anteile nicht berücksichtigt werden womit sich nur ein entsprechend niedrigerer Prozentsatz der Beteiligungsquote im Umfang ändern muss. Beispiel:463 A hält die gesamten 100 Anteile an der Loss-Co. (Verlustgesellschaft). Am 1.1.2007 gibt die Loss-Co. 20 neue stimmberechtigte Vorzugsanteile (die 20 % des Werts der gesamten ausgegebenen Anteile ausmachen) an B aus. Am 30.6.2010 überträgt A 51 Anteile an C. Annahmen: Die neu ausgegebenen Anteile vermitteln eine unverhältnismäßig geringe Partizipation am künftigen Wachstum der Gesellschaft (gemessen am Wert der Anteile von 20 %) und die Freigrenze für die Verluste ist überschritten. Bei Ausgabe der neuen Anteile am 1.1.2007 bleiben diese nicht nach der obigen Verwaltungsregelung außer Betracht. Denn die Ausgabe führt nicht zu einem Anteilseignerwechsel, da sich die Beteiligungsquote nicht um mehr als 50 % erhöht. Bei der Übertragung der Anteile in 2010 an C läge unter Berücksichtigung der in 2007 ausgegebenen Anteile kein Anteilseignerwechsel vor. Denn in diesem Fall wären nur 42,5 % der Anteile (51 v. 120 Anteilen) übertragen worden, die Ausgabe der neuen Anteile wäre – da außerhalb des Zeitraums von drei Jahren – niemals berücksichtigt worden. Nimmt man diese Anteile aber aus, führt dies dazu, dass nicht 51 von 120, sondern 51 von 100 Anteilen übergegangen sind. Damit liegt ein Anteilseignerwechsel vor. Die Regelung dient der Missbrauchsvermeidung und speist sich aus der Befürchtung des Gesetzgebers, dass der Anteilseignerwechsel ansonsten durch Gestaltungen umgangen werden könnte.464 So könnte etwa vor einer Veräußerung das Eigenkapital so umstrukturiert werden, dass ein Anteilseigner nunmehr teilweise Anteile erhält, die keinen ihrem Nominalwert entsprechenden Anteil am künftigen Wachstum des Unternehmens vermitteln (im ________________________ 462 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [7] [d]. 463 Siehe Silverman, PLI No. 14322, S. 92. 464 Hierzu und zum Folgenden Silverman, PLI Order No. 14322, S. 98.

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Extremfall „Null“). Die restlichen Anteile könnten sodann im Umfang von bis zu 50 % übertragen werden ohne einen Anteilseignerwechsel auszulösen, obwohl der Erwerber wirtschaftlich am künftigen Wachstum der Gesellschaft in entsprechender Höhe partizipiert. Die Norm wird aber wegen ihres weitreichenden Wortlauts und insbesondere wegen ihrer Unklarheit, in welchem zeitlichen Rahmen die Voraussetzungen vorliegen müssen, kritisiert.465 f) Bestimmung der Beteiligungsquote der Anteilseigner Die Bestimmung der Beteiligungsquote der Anteilseigner ist zum einen wichtig für die Frage, ob ein Beteiligter überhaupt 5 %-Anteilseigner im Sinne der Vorschrift ist und zum anderen, ob eine Erhöhung der Beteiligungsquote um insgesamt mehr als 50 Prozentpunkte stattgefunden hat. Zur Berechnung der Beteiligungshöhe ist nicht auf den Nominalwert, sondern auf den Verkehrswert der Anteile abzustellen (§ 382 (k) (6) (C) i. V. m. (k) (5) IRC). Zu berücksichtigen sind zunächst freilich unmittelbar gehaltene Beteiligungen von einzelnen Anteilseignern. Darüber hinaus erweitert und modifiziert ein Verweis in § 382 (l) (3) (A) IRC den Anwendungsbereich der Vorschrift entscheidend, wie im Folgenden auszuführen sein wird. aa) Zusammenfassung der Beteiligungen einzelner Familienmitglieder Die Anteile von Mitgliedern einer Familie werden zusammengerechnet und die Familie wird als ein einzelner Anteilseigner betrachtet (§ 382 (l) (3) (A) (i) IRC). Der Familienbegriff in diesem Sinne umfasst den Ehegatten, die Kinder und Enkelkinder und die Eltern (§ 318 (a) (1) IRC), nicht aber Geschwister.466 Folge hiervon ist nicht nur, dass diese Zusammenfassung zur Überschreitung der 5 %-Grenze (für Zwecke der Bestimmung der 5 %Anteilseigner) führen kann, sondern auch, dass Übertragungen zwischen Familienmitgliedern unschädlich sind. bb) Transparente Betrachtung von Gesellschaften Die Regelung des § 382 (l) (3) (A) i. V. m. § 318 (a) (2) IRC führt dazu, dass es letztlich zu einer transparenten Betrachtung zwischengeschalteter Gesellschaften kommt (die Regelung ist als „fingierte Inhaberschaft“ bezeichnet).467 Ein Anteil, der von einer Körperschaft, einer Personengesellschaft oder einem Trust gehalten wird, ist anteilig dem an dieser/an diesem be________________________ 465 Vgl. Silverman, PLI No. 14322, S. 93 ff. 466 Vgl. Garber Industries Holding Co. v Commissioner of Internal Revenue, 124 T.C. 1 (2005). 467 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 839; Petutschnig, SWI 2009, 27, 31.

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teiligten jeweiligen Anteilseigner, Gesellschafter oder Begünstigten zuzurechnen. Die Zurechnung erfolgt dabei grundsätzlich die ganze Beteiligungskette hinauf, bis zu den jeweiligen natürlichen Personen als Anteilseignern auf der jeweils obersten Beteiligungsstufe.468 Die grundsätzlich uneingeschränkte Zurechnung wird allerdings bei bestimmten Körperschaften unterbrochen, indem diese als natürliche Personen fingiert werden. Die Zurechnung endet gem. § 1.382-2T (h) (2) (iii) Treas. Reg. bei bestimmten Trusts469 und bei Staaten und ihren Untereinheiten. Zudem endet sie bei Gesellschaften, die indirekt weniger als fünf Prozent an der Verlustgesellschaft halten, was zu Erleichterungen bei der Bestimmung der maßgebenden Anteilseigner führt.470 Diese Ausnahme findet – da sie auf indirekt gehaltene Beteiligungen beschränkt ist – aber dann keine Anwendung, wenn es sich um eine direkt gehaltene Beteiligung an der Verlustgesellschaft handelt.471 In diesem Fall findet eine Zurechnung zu den maßgeblichen natürlichen Personen folglich auch dann statt, wenn die Beteiligung der Gesellschaft an der Verlustgesellschaft weniger als fünf Prozent beträgt. Anwendungsbeispiele zur Verdeutlichung finden sich unter g) dd). Insbesondere diese transparente Betrachtung hat z. T. erhebliche praktische Konsequenzen. So müssen grundsätzlich jährlich oder zumindest in den Jahren, in denen Verluste verrechnet werden sollen, sämtliche 5 %-Anteilseigner individualisiert und deren Anteilserwerbe und -veräußerungen retrospektiv untersucht werden, um festzustellen, ob und wann ein Anteilseignerwechsel stattgefunden hat.472 Zu Erleichterungen führt hier die Beschränkung auf die 5 %-Anteilseigner. g) 5 %-Anteilseigner aa) Allgemeines Voraussetzung für einen Anteilseignerwechsel ist, dass sich die Beteiligungsquote eines (oder mehrerer) 5 %-Anteilseigners erhöht. Ein 5 %-Anteilseigner ist jede Person, die zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Prüfzeitraums (grundsätzlich drei Jahre, u. U. auch kürzer, s. o.) mindestens 5 % der Anteile an der Gesellschaft hält (§ 382 (k) (7) IRC). Entsprechend sind etwa ________________________ 468 Vgl. Avent/Simon, Corporate Business Taxation Monthly, März 2005, 1, 2; Silverman, PLI No. 14322, S. 144. 469 Solche, die unter die Regelung des § 401 (a) IRC fallen. Dabei handelt es sich um Trusts, die als Teil eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms (Aktienbonus, Pensionen oder Gewinnbeteiligung) vom Arbeitgeber zur ausschließlichen Begünstigung der Arbeitnehmer gegründet wurden und unter weiteren Voraussetzungen begünstigt sind. 470 Vgl. Silverman, PLI Order No. 14322, S. 148. 471 Vgl. Silverman, PLI Order No. 14322, S. 147. 472 Petutschnig, SWI 2009, 27, 31.

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Veräußerungen von oder an Personen erfasst, die zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb der letzten drei Jahre mindestens 5 % der Anteile gehalten haben und Erwerbe von Personen, die durch den Erwerb mehr als 5 % der Anteile erlangen.473 Die Beschränkung auf die Mindestbeteiligungshöhe dient dem Zweck, den öffentlichen Handel mit Anteilen nicht zu beschränken474 und ist auch den hier kaum gegebenen Kontrollmöglichkeiten geschuldet. Damit werden insbesondere die Gesellschaften entlastet, permanent den Handel ihrer Anteile zwischen Minderheitsaktionären im Hinblick darauf zu verfolgen, ob gegebenenfalls ein Anteilseignerwechsel vorliegt.475 bb) Zusammenfassung von Publikumsgruppen Als selbständige 5 % Anteilseigner gelten auch sog. Publikumsgruppen476 (§ 1.382-2T (g) Treas. Reg.). Eine Gruppe von Anteilseignern (natürliche Personen oder Körperschaften477), von denen kein Anteilseigner mindestens 5 % der Anteile an der Verlustgesellschaft hält, gilt als ein einheitlicher 5 % Anteilseigner, wenn diese Gruppe mindestens 5 % der Anteile hält (§ 382 (g) (4) (A) IRC, § 1.382-2T (j) Treas. Reg.). Dabei gelten Publikumsgruppen, die mittelbar zu mindestens 5 % an der Verlustgesellschaft beteiligt sind, als gesonderte Publikumsgruppen. Beträgt die mittelbare Beteiligung einer Publikumsgruppe dagegen weniger als 5 %, gilt diese Publikumsgruppe als Publikumsgruppe auf der nächstunteren Beteiligungsstufe (§ 1.382-2T Treas. Reg.). Sofern die Beteiligung der Publikumsgruppe auf dieser Stufe ebenfalls weniger als 5 % beträgt, gilt sie wiederum als Publikumsgruppe auf der nächstunteren Stufe usw. bis zur Anwendung dieser Grundsätze auf der untersten Beteiligungsstufe. Beträgt die Beteiligung hier weniger als 5 %, gilt diese Gruppe nicht als gesonderte Publikumsgruppe. Beispiele zur Verdeutlichung finden sich unter dd). Die Regelung dient ebenfalls der Vermeidung von Umgehungen. Ohne die Vorschrift könnte ein Anteilseigner seine 100 %-Beteiligung an 25 verschiedene Erwerber veräußern, von denen jeder 4 % erwirbt, womit keine Erhöhung bei einem 5 %-Anteilseigner von mehr als 50 Prozentpunkten vor________________________ 473 474 475 476 477

Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 601. Vgl. Wacke, Verlustabzug beim Mantelkauf, S. 206. Silverman, PLI No. 14322, S. 204. Im Originalwortlaut „Public groups“. Dass auch Körperschaften Mitglied einer Publikumsgruppe sein können ergibt sich daher, weil Körperschaften, die weniger als 5 % an der Verlustgesellschaft halten, grundsätzlich intransparent sind (vgl. oben).

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läge. Durch die Zusammenfassung zu einer Publikumsgruppe liegt eine solche aber vor.478 cc) Teilung von Publikumsgruppen Unter bestimmten Voraussetzungen werden nach § 382 (g) (4) (B) (i) und § 382 (g) (4) (C) IRC aber auch Anteilseigner, die weniger als 5 % halten, in mehrere 5 %-Anteilseigner unterteilt. Erfasst sind Fälle, in denen mehrere Publikumsgruppen als Folge bestimmter „Übertragungsereignisse“,479 z. B. im Rahmen von Verschmelzungen, der Ausgabe von Anteilen in den öffentlichen Handel, Rekapitalisierungen, Kapitalherabsetzungen und ähnliche Sachverhalte, zusammenkommen oder auseinander gehen.480 Typischerweise betrifft dies Fälle von Umwandlungen, in denen die Anteilseigner der einen Körperschaft letztlich Anteile der anderen Körperschaft erwerben, wenn an der Umwandlung Gesellschaften beteiligt sind, deren Anteile öffentlich gehandelt werden.481 Hält nach dem Übertragungsereignis eine der nun (als Folge dieser Regelungen) als separat zu betrachtenden Publikumsgruppen mehr als 50 % der Anteile an der „neuen“ Verlustgesellschaft,482 liegt ein Anteilseignerwechsel vor. Dabei ist gleichgültig, in welche Richtung die Gesellschaften verschmolzen werden.483 Zu einem Beispiel s. sogleich, Beispiel 4. dd) Anwendungsbeispiele Beispiel 1:484 Die Anteile an einer Verlustgesellschaft werden öffentlich gehandelt und kein Anteilseigner hält mindestens 5 % der Anteile an der Gesellschaft. Der Handel zwischen Anteilseignern, die weniger als 5 % der Anteile ________________________ 478 479 480 481

Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 602. Sog. „transactional events“. McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 843. Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [6] [b]. 482 Als Verlustgesellschaft, auf die § 382 IRC Anwendung findet, wird generell die Gesellschaft angesehen, die nach dem Anteilseignerwechsel zur Verlustnutzung berechtigt ist (§ 382 (k) IRC). Im Rahmen von Verschmelzungen ist damit neue Verlustgesellschaft – auf die § 382 IRC anzuwenden ist – die Gesellschaft, auf die verschmolzen wird (im deutschen Duktus: der übernehmende Rechtsträger), vgl. Lind/ Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 603. 483 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.43 [7] [h] [8]. 484 Vgl. zu diesem Fall Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 289. Weitere Beispiele finden sich bei Petutschnig, SWI 2009, 27, 29 ff.

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innehaben, führt nicht zu einem Anteilseignerwechsel, da nach wie vor der maßgebliche 5 %-Anteilseigner – die Publikumsgruppe – 100 % der Anteile an der Verlustgesellschaft hält. Erwirbt nun aber die natürliche Person A 51 % der Anteile von verschiedenen Anteilseignern, hat dieser als 5 %-Anteilseigner mehr als 50 % der Anteile erworben und ein Anteilseignerwechsel liegt vor. Dabei können die Erwerbe auch zeitlich gestaffelt erfolgen, solange sie innerhalb von drei Jahren erfolgen. Umgekehrt liegt auch dann ein Anteilseignerwechsel vor, wenn A als alleiniger Anteilseigner 51 % seiner Anteile an den Markt bringt und diese von verschiedenen Personen erworben werden, wobei jede weniger als 5 % erwirbt. In diesem Fall hat die Publikumsgruppe als einzelner 5 % Anteilseigner 51 % der Anteile erworben.485 Beispiel 2: A ist zu 60 % und B zu 40 % an der AB-Partnership beteiligt, die wiederum 92 % der Anteile an der Loss-Co. (Verlustgesellschaft) hält. Ebenfalls an der Loss-Co. beteiligt sind zu jeweils 4 % die T-Co. und die X-Co. Anteilseignerin der T-Co. ist die M-Co. zu 100 %, an der wiederum C und D zu jeweils 50 % beteiligt sind. Anteilseigner der X-Co. ist zu 100 % der D.

Unter Beachtung obiger Grundsätze sind nur A und B als 5 % Anteilseigner zu berücksichtigen: A hält über die AB-Partnership 55,2 % (60 % von 92 %) an der Loss-Co. Eine Veräußerung seines gesamten Anteils an eine Person führte damit alleine bereits zu einem Anteilseignerwechsel. B ist zu 36,8 % (40 % von 92 %) über die AB-Partnership an der Loss-Co. ________________________ 485 Abrams/Doernberg, Federal Corporate Taxation, S. 290.

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beteiligt und damit 5 %-Anteileigner. Eine Veräußerung nur seines Anteils wäre damit nicht schädlich. C ist dagegen nicht 5 %-Anteilseigner, da ihm bereits kein Anteil an der Loss Co. zugerechnet wird. Denn die M-Co. hält indirekt nur 4 % und damit nicht mehr als 5 % der Anteile an der Loss-Co. über die T-Co. Die Zurechnung endet damit auf Ebene der M-Co. D wäre ohne eine Ausnahmeregelung als 5 % Anteilseigner zu qualifizieren, da er über die Mund die T-Co. 2 % (50 % von 100 % von 4 %) der Anteile an der Loss-Co. hält und über die X-Co. nochmals 4 %, also insgesamt 6 % der Anteile. Da die Zurechnung der von der T-Co. gehaltenen Anteile aber auf Ebene der M-Co. endet, ist ihm dieser Anteil insoweit nicht zuzurechnen.486 Zuzurechnen ist ihm aber der von der X-Co. gehaltene Anteil von 4 %, da dieser direkt von einer Körperschaft gehalten wird. C und D halten gemeinsam über die M-Co. und T-Co. auch nicht mehr als 5 % der Anteile, sie sind deshalb auch nicht als gesonderte Publikumsgruppe zu qualifizieren. Beispiel 3: Die E-Co. hält 20 % der Anteile an der LossCo. (Verlustgesellschaft); die restlichen 80 % der Anteile werden von Anteilseignern gehalten, von denen jeder Einzelne jeweils weniger als 5 % hält (unter 5 % Anteilseigner). An der E-Co. beteiligt sind der A als natürliche Person mit 30 % und die T-Co. mit 60 %, während die restlichen 10 % von unter 5 % Anteilseignern gehalten werden. An der T-Co. sind wiederum jeweils zu 50 % beteiligt unter 5 % Anteilseigner und die M-Co. An der M-Co. sind ausschließlich unter 5 % Anteilseigner beteiligt. Als 5 % Anteilseigner zu berücksichtigen sind A, die Loss-Co. Publikumsgruppe, die T-Co. Publikumsgruppe und die M-Co. Publikumsgruppe: A hält über die E-Co. 6 % (30 % von 20 %) der Anteile an der Loss-Co. Die an der T-Co. beteiligten unter 5 % Anteilseigner halten indirekt 6 % (50 % von 60 % von 20 %) der Anteile an der Loss-Co. Sie bilden damit eine Publikumsgruppe, die als ein 5 % Anteilseigner gilt. Die an der M-Co. beteiligten unter 5 % Anteilseigner halten indirekt ebenfalls 6 % (50 % von 60 % von 20 %) der Anteile an der Loss-Co. und bilden als Publikumsgruppe entsprechend einen 5 % Anteilseigner. Die direkt an der Loss-Co. beteiligten unter 5 % Anteilseigner bilden eine Publikumsgruppe, die als ein 5 % Anteilseigner gilt. ________________________ 486 McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 845.

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Die an der E-Co. beteiligten unter 5 % Anteilseigner halten indirekt 2 % (10 % von 20 %) der Anteile an der Loss-Co. und damit weniger als 5 %. Diese gelten daher nicht als gesonderte Publikumsgruppe, sondern werden mit der direkt beteiligten Loss-Co. Publikumsgruppe zu einem 5 % Anteilseigner zusammengefasst. Diese Gruppe hält mithin insgesamt 82 % der Anteile an der Loss-Co. Beispiel 4:487 Eine LossCo. (deren Anteilseigner jeweils weniger als 5 % halten) wird auf eine andere Gesellschaft – die ProfitCo. – (deren Anteilseigner ebenfalls weniger als 5 % halten) verschmolzen. Die Anteilseigner der LossCo. erhalten im Zuge der Verschmelzung insgesamt 15 % der Anteile an der ProfitCo. Zunächst scheint ein Anteilseignerwechsel vorzuliegen, da die Anteilseigner der ProfitCo. nunmehr 85 % an der neuen Verlustgesellschaft halten. Allerdings würden nach den oben beschriebenen Regeln alle Anteilseigner, die weniger als 5 % halten, als ein einzelner 5 %-Anteilseigner behandelt. Bei einer Zusammenfassung der Anteilseigner zu einer Publikumsgruppe hätte diese vorher 100 % der Anteile an ________________________ 487 Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 603.

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der Verlustgesellschaft gehalten und auch 100 % an „neuen“ Gesellschaft. Die Regelung des § 382 (g) (4) (B) (i) IRC führt nun dazu, dass die LossCo.-Publikumsgruppe und die ProfitCo.-Publikumsgruppe als separate Anteilseigner behandelt werden. Da die ProfitCo-Publikumsgruppe mehr als 50 % der Anteile an der neuen Verlustgesellschaft hält, liegt ein Anteilseignerwechsel vor. h) Ausnahmen Nach § 382 (l) (3) (B) IRC werden Anteilserwerbe aufgrund einer Erbschaft, einer Schenkung, einer Übertragung auf einen Trust und einer Übertragung zwischen Ehegatten so behandelt, als hätte der Erwerber den Anteil bereits vorher gehalten, ein Anteilserwerb findet damit insoweit nicht statt.488 Gleiches gilt für Übertragungen, die an Erfüllung statt für ein Geldvermächtnis gewährt werden. 3. Rechtsfolge Liegt ein Anteilseignerwechsel vor, wird der Verlustvortrag als solcher nicht von der amerikanischen Regelung beeinträchtigt.489 § 382 IRC beschränkt nicht den Verlustvortrag bzw. den Verlustausgleich, sondern begrenzt die Verrechnung von Gewinnen nach einem Anteilseignerwechsel mit Verlusten aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel (Alt-Verluste, siehe a)) auf einen bestimmten jährlich zur Verfügung stehenden Betrag (sog. § 382 IRCBegrenzung, siehe b).490 Der Verlustrücktrag wird durch die Regelung dagegen nicht berührt, damit können Verluste nach einem Anteilseignerwechsel mit vorherigen Gewinnen verrechnet werden. a) Betroffene Verluste Nach einem Anteilseignerwechsel sind Alt-Verluste nicht mehr uneingeschränkt mit Gewinnen, die nach dem Anteilseignerwechsel anfallen, verrechenbar. Unter den Begriff der Alt-Verluste491 fallen zum einen sämtliche Verlustvorträge (§ 382 (d) (1) (A) IRC). Zum anderen sind auch die Verluste des laufenden Jahres betroffen: Erfolgt ein Anteilseignerwechsel innerhalb eines Jahres, ist ein Verlust grundsätzlich zeitanteilig aufzuteilen in einen Verlust vor und einen Verlust nach dem Anteilseignerwechsel (§ 382 ________________________ 488 489 490 491

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Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 601. Silverman, PLI Order No. 14322, S. 304. McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 821. Im Originalwortlaut „pre-change losses“.

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(d) (1) (B) IRC). Der Verlust vor dem Anteilseignerwechsel unterliegt der § 382 IRC-Begrenzung.492 Zudem sind u. U. stille Lasten erfasst. Erste Voraussetzung ist, dass eine Verlustgesellschaft nicht realisierte stille Lasten „hat“. Eine Verlustgesellschaft hat nicht realisierte stille Lasten in diesem Sinne, wenn und soweit der Verkehrswert aller Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels deren Buchwert unterschreitet (§ 382 (h) (3) (A) IRC). Dazu sind alle stille Reserven und alle stille Lasten zu saldieren.493 Ergibt diese Berechnung, dass die Gesellschaft (saldiert) stille Reserven hat, erhöhen diese u. U. die § 382-Begrenzung (dazu s. u. d)). Ergeben sich aber hiernach stille Lasten, unterliegen Verluste aus der Realisation dieser allerdings nur dann der Begrenzung, wenn die im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels nicht realisierten stillen Lasten mehr als US$ 10.000.000 betragen oder 15 % des Verkehrswerts aller Wirtschaftsgüter ausmachen (§ 382 (h) (3) (B) IRC). Wird dieser Grenzwert unterschritten, sind realisierte stille Lasten voll ausgleichs- und abzugsfähig. Wird dieser aber überschritten, sind Verluste aus der Realisation stiller Lasten nach einem Anteilseignerwechsel nicht mit Gewinnen verrechenbar, soweit die Realisation innerhalb von fünf Jahren nach dem Anteilseignerwechsel erfolgt (§ 382 (h) (1) (B) IRC).494 Dies gilt nicht, soweit die Gesellschaft nachweist, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter der Gesellschaft im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels nicht gehörten bzw. dass die stillen Lasten nicht vor dem Anteilseignerwechsel entstanden sind (§ 382 (h) (2) (B) IRC). Als stille Lasten in diesem Sinne gelten nicht nur der negative Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Verkehrswert, sondern auch andere Aufwendungen, soweit diese während des Fünfjahreszeitraums nach dem Anteilseignerwechsel steuerlich geltend gemacht werden, aber dem Zeitraum davor zuzuordnen sind (§ 382 (h) (6) (B) IRC). Dies ist etwa der Fall bei bestimmten Rechnungsabgrenzungsposten, aber auch bei Abschreibungen auf Wirtschaftsgüter, die stille Lasten enthalten. Diese Abschreibungen unterfallen insoweit der Begrenzung, als sich ein Unterschiedsbetrag zu einer

________________________ 492 Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 616; Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [2]. 493 Silverman, PLI Order No. 14322, S. 321. 494 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [4] [a].

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(gedachten) Abschreibung bei Berücksichtigung des tatsächlichen Verkehrswerts besteht.495 b) Begrenzung der Verlustverrechnung aa) Grundsätzliches Der jährlich berücksichtigungsfähige Höchstbetrag der nutzbaren Alt-Verluste errechnet sich grundsätzlich wie folgt (§ 382 (b) (1) IRC): Der Wert der Anteile an der Verlustgesellschaft unmittelbar vor dem Anteilseignerwechsel wird mit dem vom Bund für diesen Zeitpunkt angeglichenen Zinssatz für langfristige steuerfreie Bonds („long-term tax-exempt rate“) multipliziert. Dieser Zinssatz (§ 382 (f) IRC i. V. m. § 1274 (d) IRC) wird monatlich vom IRS bekannt gegeben und ist im Internet unter http://www. irs.gov/app/picklist/list/federalRates.html abrufbar. Der Regelung liegt folgende Überlegung zugrunde: Verluste sollen weiterhin zur Verfügung stehen, soweit sie dem Ertrag entsprechen, den die „alte“ Verlustgesellschaft erzielt hätte. § 382 IRC vermutet nun gewissermaßen (unwiderlegbar), dass dieser theoretische Ertrag der alten Verlustgesellschaft dem Ertrag entspricht, der bei einer Investition des Kapitals in langfristige steuerfreie Bonds erzielt worden wäre.496 Der über die § 382 IRC-Begrenzung hinausgehende Betrag geht allerdings nicht verloren. Dieser kann vielmehr in die Folgejahre übertragen werden, bis der Verlustvortrag völlig verbraucht ist.497 Dies ist innerhalb der allgemeinen Grenzen allerdings längstens bis zu 20 Jahren möglich.498 Danach noch nicht ausgeglichene Verluste sind steuerlich nicht mehr berücksichtigungsfähig, die § 382 IRC-Begrenzung wird dann definitiv. Daneben wird ein nicht bzw. nicht in vollem Umfang genutzter Höchstbetrag der möglichen Verlustverrechnung in Folgejahre vorgetragen und erhöht entsprechend den Höchstbetrag der Folgejahre (§ 382 (b) (2) IRC).499 ________________________ 495 Vgl. dazu Kliegman/Prettyman, The Notice 2003-65 Treatment of Recognized BuiltIn Gains and Losses, Corporate Business Taxation Monthly 2004, 1 ff. und Silverman, PLI Order No. 14322, S. 330. 496 Vgl. Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 600; s. a. Jesch/Striegel, Grundlagen des US-amerikanischen Steuerrechts, Rn. 396 (S. 200). 497 Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 616. 498 Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 616. 499 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [1] [b]; Lind/Schwarz/Lathrope/Rosenberg, Fundamentals of Corporate Taxation, S. 616.

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Beispiel: Hinsichtlich der Loss-Co. liegt im April 2012 ein Anteilseignerwechsel vor. Die Loss-Co. hat Verlustvorträge in Höhe von US$ 1 Mio., der Marktwert der gesamten Anteile an ihr beträgt zu diesem Zeitpunkt US$ 5 Mio. Der maßgebende Zinssatz für langfristige steuerfreie Bonds betrug für Anteilseignerwechsel im April 2012 3,26 %.500 Ab dem Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels kann die Loss-Co. damit grundsätzlich jährlich nur noch 163.000 US$ (US$ 5 Mio. x 3,26 %) als Verlustabzug geltend machen bis der Verlustvortrag verbraucht ist, längstens aber 20 Jahre. bb) Wert der Anteile Der Wert der Anteile bestimmt sich nach dem Wert der gesamten Anteile an der Verlustgesellschaft, nicht nur nach dem Wert der übertragenen Anteile (§ 382 (e) (1) IRC). Mit berücksichtigt werden auch nicht wandelbare stimmrechtslose Anteile i. S. d. § 1504 IRC, die im Rahmen der Prüfung ob ein Anteilseignerwechsel vorliegt, unberücksichtigt bleiben. Dabei ist jeweils der Verkehrswert der Anteile zugrunde zu legen (§ 382 (k) (5) IRC). Zur Bestimmung des Verkehrswertes werden grundsätzlich die Werte angesetzt, mit denen die Anteile am Markt unter fremden Dritten gehandelt werden.501 Dies soll nicht gelten, wenn der so ermittelte Wert in einem außergewöhnlich optimistischen oder außergewöhnlich pessimistischen Zeitraum festgestellt wird oder wenn ein ganzer Block von Anteilen zu einem Zeitpunkt erworben wird (d. h. außergewöhnlich viele Anteile – sog. block of stock oder block trade).502 Daneben sind auch andere Methoden zur Bestimmung des Wertes zulässig.503 Bei der Bestimmung des Verkehrswertes der Anteile sind allerdings folgende Umstände nicht zu berücksichtigen (d. h. sie erhöhen den Wert im Ergebnis nicht), um eventuellen Missbräuchen entgegen zu wirken:504 Einlagen in die Gesellschaft, die mit dem Ziel erbracht wurden, die § 382 IRC-Begrenzung zu vermeiden oder zu erhöhen (§ 382 (l) (1) (A) IRC). ________________________ 500 501 502 503 504

Abrufbar unter http://www.irs.gov/app/picklist/list/federalRates.html. Bennett, Corporate Tax Watch 2005, 7, 8. Bennett, Corporate Tax Watch 2005, 7, 8. Vgl. im Einzelnen Bennett, Corporate Tax Watch 2005, 7, 8 ff. McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 848; Silverman, PLI Order No. 14322, S. 311; vgl. zu diesen Anpassungen auch Kliegman/ Prettyman, The Notice 2003-65 Treatment of Recognized Built-In Gains and Losses, Corporate Business Taxation Monthly 2004, 1, 2.

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Dies wird vermutet, wenn Einlagen innerhalb von zwei Jahren vor dem Anteilseignerwechsel vorgenommen wurden (§ 382 (l) (1) (B) IRC). Eine Verwaltungsanweisung vom 14.10.2008 enthält allerdings äußerst detaillierte Ausnahmen von dieser Vermutung, deren Behandlung hier zu weit führte.505 Hält die Gesellschaft unmittelbar nach dem Anteilseignerwechsel erhebliche „nichtunternehmerische Wirtschaftsgüter“, ist der Wert der Gesellschaft um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert dieser nichtunternehmerischen Wirtschaftsgüter und einem Anteil der Verbindlichkeiten zu mindern (§ 382 (l) (4) (A) IRC).506 Der Anteil der Verbindlichkeiten errechnet sich aus dem Verhältnis des Verkehrswerts der nichtunternehmerischen Wirtschaftsgüter zum Verkehrswert aller Wirtschaftsgüter.507 Nichtunternehmerische Wirtschaftsgüter sind solche, die als Investment gehalten werden (§ 382 (l) (4) (C) IRC). Erheblich bedeutet, dass diese Wirtschaftsgüter mindestens ein Drittel des Wertes aller Wirtschaftsgüter ausmachen (§ 382 (l) (4) (B) (i) IRC). Beteiligungen an den der Verlustgesellschaft nachgeordneten Gesellschaften werden für Zwecke dieser Vorschrift außer Acht gelassen, wenn die Verlustgesellschaft jeweils mindestens 50 % der Anteile und der Stimmrechte an der betreffenden Gesellschaft hält. Vielmehr werden in diesem Fall die Wirtschaftsgüter der nachgeordneten Gesellschaften der Verlustgesellschaft zugerechnet (§ 382 (l) (4) (C) und (E) IRC). c) Begrenzung auf „Null“ aa) Allgemein Führt die Gesellschaft nach einem Anteilseignerwechsel das Unternehmen nicht mindestens zwei Jahre fort, beträgt die § 382 IRC-Begrenzung „Null“ (§ 382 (c) (1) IRC). Die Nutzung von der Regelung unterfallenden Verlusten (siehe a)) aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel wird in diesem Fall grundsätzlich gänzlich untersagt und zwar von Beginn an, d. h. vom Tag des Anteilseignerwechsels an (zur Erhöhung der Begrenzung s. u. d)).508 Diese Regelung wird im Wesentlichen damit begründet, dass eine Weiter________________________ 505 Siehe dazu Notice 2008-78 v. 14.10.2008, Internal Revenue Bulletin 2008-41. abrufbar im Internet unter http://www.irs.gov/irb/2008-41_IRB/ar07.html. 506 Siehe auch McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 848. 507 Silverman, PLI Order No. 14322, S. 362. 508 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [5].

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führung eines Unternehmens ein wesentliches Element der (wirtschaftlichen) Identität einer Körperschaft ist.509 Das Erfordernis der Fortführung des Unternehmens entspricht dogmatisch dem Erfordernis bei Umwandlungen bzw. Umstrukturierungen nach § 368 IRC, die – sofern die anderen Merkmale erfüllt sind – nur unter der Voraussetzung einer Fortführung des Unternehmens steuerfrei erfolgen können.510 Entsprechend gelten auch die diesbezüglich geltenden Grundsätze und insbesondere die hierzu ergangenen Treas. Reg.511 Grundlegend ist nach § 1.368-1 (d) (1) Treas. Reg. erforderlich, dass die Gesellschaft entweder die Tätigkeit weiterführt oder einen wesentlichen Teil der Wirtschaftsgüter im Rahmen des Unternehmens weiternutzt. bb) Fortführung der Tätigkeit Zum einen reicht es aus, wenn die Gesellschaft die Tätigkeit der „alten Verlustgesellschaft“ (d. h. der Gesellschaft vor dem Anteilseignerwechsel) fortführt. War die Verlustgesellschaft in mehreren Branchen tätig, so reicht es aus, wenn eine wesentliche Branche fortgeführt wird (§ 1.368-1 (d) (2) (ii) Treas. Reg.). Entscheidend ist grundsätzlich die Tätigkeit der Gesellschaft, die diese kurz vor dem Anteilseignerwechsel ausgeübt hat, was allerdings dann nicht gilt, wenn diese Tätigkeit erst im Rahmen eines Plans im Hinblick auf den Anteilseignerwechsel aufgenommen wurde (§ 1.368-1 (d) (2) (iii) Treas. Reg.). Ob eine Fortführung der Tätigkeit nach diesen Grundsätzen vorliegt, entscheidet sich unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (§ 1.368-1 (d) (2) (iv) Treas. Reg.). cc) Weiternutzung der Wirtschaftsgüter Alternativ ist es ebenfalls ausreichend, wenn die Gesellschaft einen wesentlichen Teil der Wirtschaftsgüter der Verlustgesellschaft im Rahmen des Unternehmens weiternutzt. Darunter fallen im Wesentlichen alle Wirtschaftsgüter, mit denen das Unternehmen betrieben wurde, d. h. grundsätzlich kön________________________ 509 Silverman, PLI No. 14322, S. 367. 510 Die Fortführung des Unternehmens gehört neben den ebenfalls erforderlichen Merkmalen der Fortführung der Beteiligung und des Vorliegens eines wirtschaftlichen Grundes zu den nicht kodifizierten Tatbestandsmerkmalen einer steuerfreien Reorganisation; vgl. dazu im Einzelnen Huber, Die Stellung der A-, B- und C-reorganizations im US-amerikanischen Steuerrecht und ihre Pendants im deutschen (Umwandlungs-)Steuerrecht, S. 189, 198 ff. 511 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [5]; McDaniel/McMahon/Simmons, Federal Income Taxation of Corporations, S. 851; Silverman, PLI No. 14322, S. 365.

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nen hierunter auch Anteile an Gesellschaften fallen und immaterielle Wirtschaftsgüter wie Firmenwert, Patente und Gebrauchsmarken, wobei unerheblich ist, ob diese aktiviert sind (§ 1.368-1 (d) (3) (ii) Treas. Reg.). Ob der Anteil der weitergenutzten Wirtschaftsgüter wesentlich ist, richtet sich grundsätzlich nach der relativen Bedeutung der Wirtschaftsgüter in Bezug auf den Betrieb des Unternehmens (§ 1.368-1 (d) (3) (iii) Treas. Reg.). Daneben sind aber auch hier andere Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. d) Erhöhung der jährlichen Begrenzung Die jährliche § 382 IRC-Begrenzung erhöht sich um stille Reserven, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Anteilseignerwechsel realisiert werden (§ 382 (h) (1) (A) (i) und § 382 (c) (2) IRC). Voraussetzung hierfür ist, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels nach Saldierung mit den zu diesem Zeitpunkt nicht realisierten stillen Lasten nicht realisierte stille Reserven „hat“ (vgl. dazu bereits oben a)). Die stillen Reserven müssen mehr als US$ 10.000.000 betragen oder mindestens 15 % des Verkehrswerts aller Wirtschaftsgüter ausmachen (§ 382 (h) (3) IRC). Die Erhöhung der jährlichen § 382 IRC-Begrenzung erfolgt dabei nur, soweit stille Reserven durch die Veräußerung von Wirtschaftsgütern realisiert werden, die der Gesellschaft bereits im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels gehörten, und maximal bis zu dem Betrag, zu dem stille Reserven im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels vorhanden waren (§ 382 (h) (2) (A) IRC). Zudem kann die Erhöhung nur im Jahr der Realisierung geltend gemacht werden, ein gegebenenfalls nicht verbrauchter Gewinn aus der Realisierung ist danach nicht mehr nutzbar (§ 382 (h) (1) (A) (ii) IRC). Als realisierte stille Reserven in diesem Sinne gelten auch andere Einkommensbestandteile, die steuerlich zwar nach dem Anteilseignerwechsel innerhalb von fünf Jahren zu berücksichtigen sind, aber deren Entstehung dem Zeitraum vor diesem Anteilseignerwechsel zuzurechnen ist (§ 382 (h) (6) (A) IRC).512 Ist der stille Reserven-Grenzwert nicht überschritten, besteht zudem die Möglichkeit zur Berücksichtigung bestimmter stiller Reserven, wenn das Wahlrecht nach § 338 IRC im Zusammenhang mit dem Anteilseignerwechsel tatsächlich ausgeübt wird. § 338 IRC bestimmt dem Grunde nach, dass eine Körperschaft, die innerhalb von zwölf Monaten alle Anteile an einer anderen Körperschaft erwirbt, beantragen kann, dass die Wirtschaftsgüter der erworbenen Gesellschaft als zum Verkehrswert veräußert und zum ent________________________ 512 Analog zur Behandlung bestimmer Aufwendungen als realisierte stille Lasten, s. o. a), S. 216.

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sprechenden Wert von dieser wieder angeschafft gelten (womit im Ergebnis ein step-up auch im Falle eines share deals ermöglicht wird). Dabei schafft § 382 (h) (1) (C) IRC die Möglichkeit, dass dieser Gewinn auch dann mit Altverlusten verrechnet werden kann, wenn er erst nach dem Anteilseignerwechsel wirksam wird.513 Die § 382 IRC-Begrenzung erhöht sich in diesem Fall um die so realisierten stillen Reserven. Durch eine Regelung der US-Finanzverwaltung besteht darüber hinaus die Möglichkeit, dass auch ohne tatsächliche Veräußerung gewisse Beträge als realisierte stille Reserven berücksichtigt werden (sog. „§ 338 approach“).514 Dabei wird der tatsächliche Gewinn der Verlustgesellschaft verglichen mit dem Gewinn, der entstanden wäre, wenn die Gesellschaft das Wahlrecht nach § 338 IRC bei einem gedachten Erwerb aller Anteile an der Verlustgesellschaft ausgeübt hätte (hierbei handelt es sich also im Gegensatz zu oben nur um einen hypothetischen Fall des § 338 IRC, tatsächlich hat die Gesellschaft das Wahlrecht nicht ausgeübt bzw. konnte dies nicht ausüben).515 Der Differenzbetrag wird dann als realisierte stille Reserven behandelt. Dies führt dazu, dass die Differenz zwischen der hypothetischen Abschreibung bei Ausübung des § 338 IRC Wahlrechts und der tatsächlichen Abschreibung als realisierte stille Reserven in diesem Sinne gelten. Beispiel:516 Die P-Corp. erwirbt 100 % der Anteile an der T-Corp. und gewährt hierfür eigene Anteile im Wert von US$ 10 Mio. Einziges Wirtschaftsgut der T-Corp. ist ein Patent mit einem Verkehrswert von US$ 45 Mio. und einem Buchwert von US$ 0. T hat Alt-Verluste von US$ 25 Mio. Ohne die Verwaltungsregelung betrüge die jährliche § 382 IRC-Begrenzung bei einem angenommenen maßgebenden Zinssatz von 5 % US$ 500.000. Eine Erhöhung erfolgte nur dann, wenn das Patent innerhalb von fünf Jahren tatsächlich veräußert würde. Wählt die Verlustgesellschaft nun den § 338 approach, ergibt sich dagegen auch ohne tatsächliche Realisierung eine Erhöhung. Bei einer hypothetischen Anwen________________________ 513 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [3] [c]. 514 Notice 2003-65 v. 6.10.2003, Internal Revenue Bulletin 2003-40, abrufbar im Internet unter http://www.irs.gov/irb/2003-40_IRB/ar17.html. 515 Vgl. hierzu eingehend Kliegman/Prettyman, The Notice 2003-65 Treatment of Recognized Built-In Gains and Losses, Corporate Business Taxation Monthly 2004, 1 ff.; Silverman, PLI No. 14322, S. 331 ff. 516 Nach Kliegman/Prettyman, The Notice 2003-65 Treatment of Recognized Built-In Gains and Losses, Corporate Business Taxation Monthly 2004, 1, 6.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

dung des § 338 IRC ergäbe sich eine Abschreibung des Verkehrswertes auf 15 Jahre (nach § 197 IRC) mit einer jährlichen Abschreibung von US$ 3 Mio. Tatsächlich erfolgt keine Abschreibung, da der Buchwert 0,– beträgt. Die Differenz von US$ 3 Mio. gilt in den folgenden fünf Jahren als realisierte stille Reserven, die die § 382 IRC-Begrenzung erhöhen, womit sich insgesamt eine Erhöhung von US$ 15 Mio. ergibt. 4. Ausnahme für Insolvenzfälle Gemäß § 382 (l) (5) IRC findet eine Verlustbeschränkung im Falle eines Anteilseignerwechsels keine Anwendung, wenn die Verlustgesellschaft unter der Verwaltung eines Insolvenzgerichts in einem „Title 11“- (insbesondere einem Chapter 11-Verfahren517) oder in einem ähnlichen Verfahren steht und der Anteilseignerwechsel Folge einer gerichtlichen Anordnung oder Folge eines vom Insolvenzgericht genehmigten Plans ist.518 Aus deutscher Sicht bemerkenswert ist, dass das Chapter 11-Verfahren durch einen aktiven Akt, nämlich meist durch den Schutzantrag der betroffenen Krisengesellschaft selbst eingeleitet wird (sog. Eigenantragsverfahren). Dabei bedarf es im Gegensatz zum deutschen Recht keiner materiellen Insolvenz im Sinne einer Zahlungsunfähigkeit, ausreichend ist vielmehr, wenn es dem Unternehmen schlecht geht.519 Für Zwecke des § 382 IRC sind im Wesentlichen bestimmte Umstrukturierungen im Rahmen sog. debt for equity swaps begünstigt.520 Die Vorschrift hat im Einzelnen zwei (kumulativ zu erfüllende) Voraussetzungen: 1. Die Verlustgesellschaft muss unmittelbar vor dem Anteilseignerwechsel unter der Verwaltung eines Gerichts in der Insolvenz („Title 11-Verfahren“) oder in einem ähnlichen Verfahren gestanden haben. Ein ähnliches

________________________

517 Title 11 ist das 11. Buch des US Code und regelt das Insolvenzrecht (US Bankruptcy Code). Das auch hierzulande sehr bekannte Chapter 11 (das insbesondere auch dadurch bekannt ist, da sich das deutsche Insolvenzplanverfahren nach der neuen InsO in wesentlichen Teilen am Chapter 11-Verfahren orientiert), ist im Title 11 enthalten und regelt eine besondere Form der Insolvenz, die Reorganisation einer Gesellschaft mit dem Ziel der Fortsetzung des Geschäftsbetriebs im Gegensatz zu ihrer Liquidation unter Gläubigerschutz. Vgl. hierzu Otte, in Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 217 Rn. 19. 518 Ditsch/Meier-Holzgräbe, in Investitions- und Steuerstandort USA, D. Rn. 68 (S. 85). 519 Otte, in Kübler/Prütting/Bork, Kommentar zur Insolvenzordnung, § 217 Rn. 19a; Heese, Gläubigerinformation in der Insolvenz, S. 113 f. 520 Vgl. Avent/Simon, Corporate Business Taxation Monthly, März 2005, 1, 3; Bittker/ Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [6] [a]. Der debt for equity swap ist vereinfacht gesagt die Umwandlung von Forderungen gegen die Schuldner-Gesellschaft in Eigenkapital an dieser.

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Verfahren liegt gem. § 368 (a) (3) (A) IRC bei einer gerichtlichen Zwangsverwaltung und einer Zwangsvollstreckung vor (in bestimmten Fällen reicht auch ein entsprechendes behördliches Verfahren aus). 2. Im Anschluss an die Reorganisation müssen mindestens 50 % der Anteile an der Verlustgesellschaft von Anteilseignern, die bereits unmittelbar vor dem Anteilseignerwechsel beteiligt waren, oder Gläubigern, die bereits zu diesen Zeitpunkt Forderungen gegen die Verlustgesellschaft hatten, gehalten werden.521 Dabei werden allerdings nur solche Forderungen berücksichtigt, die bereits mindestens 18 Monate vor Stellung des Insolvenzantrags bestanden haben oder die im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Gläubigers entstanden sind (§ 382 (l) (5) (E) IRC).522 Der bestehende Gesellschafter-/Gläubigerbestand wird damit steuerlich privilegiert. Dies dient der Verhinderung von Missbräuchen, um die Übertragung von Verlustvorträgen auf Dritte in Sanierungsfällen zu verhindern. Dieser grundsätzliche Verlusterhalt wird allerdings nicht uneingeschränkt gewährt. Nach § 382 (l) (5) (B) IRC bleiben Verluste der Gesellschaft unberücksichtigt (d. h. diese können im Ergebnis doch nicht weiter vorgetragen werden), soweit diese auf Zinsaufwendungen beruhen, die im Zeitraum der letzten drei Steuerjahre vor dem Jahr und im Jahr des Anteilseignerwechsels auf Verbindlichkeiten gezahlt wurden, die im Rahmen der Umstrukturierung (d. h. in der Insolvenz oder im ähnlichen Verfahren) in Eigenkapital umgewandelt wurden.523 Dieses Außerachtlassen der Zinsaufwendungen an Gläubiger, die Anteilseigner geworden sind, ist systematisch folgerichtig. Denn im Ergebnis behandelt die Ausnahmevorschrift diejenigen Gläubiger, die für ihre Forderungen Anteile erwerben so, als hätten diese bereits vorher Anteile an der Gesellschaft gehabt (denn dann wäre es ebenfalls nicht zu einem Anteilseignerwechsel gekommen).524 Folglich dürfen Zinszahlungen an diese aber auch nicht den Verlust, der nach dem Anteilseignerwechsel weiter genutzt werden kann, weiter erhöhen. Schließlich kommt es nachträglich zur Versagung der gesamten Begünstigung, wenn innerhalb von zwei Jahren nach dem insoweit begünstigten Anteilseignerwechsel nochmals ein Anteilseignerwechsel erfolgt (§ 382 (l) (5) ________________________ 521 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [6] [b]. 522 Vgl. Avent/Simon, Corporate Business Taxation Monthly, März 2005, 1, 3. 523 Vgl. Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [6] [a]; Avent/Simon, Corporate Business Taxation Monthly, März 2005, 1, 3. 524 Henderson/Goldring, Tax Planning for Troubled Corporations, § 508.1.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

(D) IRC). Darüber hinaus entfallen die Verlustvorträge nach diesem Anteilseignerwechsel vollständig (und nicht nur – wie nach „normalen“ Anteilseignerwechsel – prozentual, s. o.). Wegen dieser nachteiligen Folgen hat die Gesellschaft ein Wahlrecht, ob die Ausnahme für Insolvenzfälle anzuwenden sein soll (§ 382 (l) (5) (H) IRC). Ist die Ausnahmevorschrift nicht anwendbar oder optiert die Gesellschaft gegen eine Anwendung, besteht noch eine Sonderregelung hinsichtlich des (für die Verlustnutzung entscheidenden) Wertes der Gesellschaft. In die Ermittlung des Wertes werden auch Erhöhungen einbezogen, die sich aus der Umwandlung der Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern in Anteile ergeben (§ 382 (l) (6) IRC).525 5. Besonderheiten bei Gruppenbesteuerung Das amerikanische Gruppenbesteuerungssystem ist ein Konsolidierungssystem, bei dem zunächst die Ergebnisse der einzelnen Gruppenmitglieder ermittelt, sodann zusammengerechnet und konsolidiert werden, womit auch eine Verlustverrechnung innerhalb der Gruppe erreicht wird.526 Die Gruppenbesteuerung setzt neben einem Antrag eine gemeinsame (inländische) Muttergesellschaft voraus, die unmittelbar oder mittelbar mindestens 80 % der Stimmrechte und des Werts der Anteile an Tochtergesellschaften hält (§ 1504 (a) IRC). Liegt eine konsolidierte Gruppe vor, kommt es für die Frage des Anteilseignerwechsels i. S. d. § 382 IRC allein auf die Gesellschafter der gemeinsamen Muttergesellschaft an (§ 1.1502-92 (b) Treas. Reg.). Hierbei gelten dann die allgemeinen o. a. Regelungen unter Berücksichtigung der Transparenzbetrachtung. Diese alleinige Anknüpfung an die gemeinsame Muttergesellschaft gilt selbst dann, wenn bei strikter Anwendung der allgemeinen Grundsätze ein Anteilseignerwechsel bei einer Tochtergesellschaft anzunehmen wäre. Diese Konstellation kommt etwa dann in Betracht, wenn Übertragungen von Anteilen an der Muttergesellschaft zusammen mit der Übertragung von Anteilen an einer Tochtergesellschaft, die von gruppenfremden Minderheitsgesellschaftern gehalten werden, insgesamt eine schädliche Änderung herbeiführen würden. Dieselben Grundsätze gelten, wenn eine sog. Verlustuntergruppe von einer konsolidierten Gruppe erworben wird. In diesem Fall gilt die Verlustbegrenzung für diese Untergruppe. Unter einer solchen Verlustuntergruppe ist eine ________________________ 525 Bittker/Eustice, Federal Income Taxation of Corporations and Shareholders, 14.44 [6] [c]. 526 Vgl. Abrams/Doernberg, Essentials of United States Taxation, S. 2-301.

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Gruppe von Gesellschaften zu verstehen, die miteinander in einer anderen Gruppe verbunden waren527 und von denen mindestens eine Gesellschaft über steuerliche Verluste verfügt (§ 1.1502-91 (d) Treas. Reg.). Ausreichend ist auch, wenn mindestens eine Gesellschaft stille Lasten hat, vorausgesetzt die (jetzt Unter-)Gruppe war mindestens fünf Jahre verbunden. Liegt ein Anteilseignerwechsel auf Ebene der gemeinsamen Muttergesellschaft (ggfs. der Verlustuntergruppe) vor, so berechnet sich die § 382 IRCBegrenzung nach dem Wert der gesamten Gruppe (bzw. Untergruppe) multipliziert mit dem Zinssatz für langfristige steuerfreie Bonds (§ 1.1502-93 (a) Treas. Reg.). Der Wert der Gruppe errechnet sich aus dem Wert der Anteile der gemeinsamen Muttergesellschaft und dem Wert der Anteile an anderen Gruppengesellschaften, die von Nicht-Gruppenmitgliedern gehalten werden (§ 1.1502-93 (b) Treas. Reg.). Anteile der untergeordneten Gesellschaften, die von Gruppenmitgliedern gehalten werden, sind damit nicht zu berücksichtigen, da es ansonsten zu einer Mehrfachberücksichtigung dieser Werte käme.528 Für die Frage der Unternehmensfortführung kommt es auf die Tätigkeit der gesamten Gruppe, nicht auf die einzelner Gesellschaften an (§ 1.1502-93 (d) Treas. Reg.). Für die Frage der Begrenzung realisierter stiller Lasten (oben 3. a), S. 216) oder die Erhöhung der Begrenzung durch realisierte stille Reserven (oben 3. d), S. 222) kommt es ebenfalls auf die gesamte Gruppe an (§ 1.1502-93 (c) Treas. Reg.).529 Tritt eine neue Gesellschaft in die Gruppe ein (außerhalb des Erwerbs einer Verlustuntergruppe, dazu s. o.) und wird hierdurch ein Anteilseignerwechsel i. S. d. § 382 IRC ausgelöst, unterliegen die konsolidierten Ergebnisse der neuen Gesellschaft grundsätzlich der gesonderten § 382 IRC-Begrenzung (§ 1.1502-94 (b) Treas. Reg.).530 Tritt eine Gesellschaft aus, kommt es eben________________________ 527 Für ein Verbundensein in diesem Sinne reicht es aus, dass die Voraussetzungen für eine Konsolidierung vorliegen (80 %-Beteiligungserfordernis, s. o.), nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine Konsolidierung erfolgt ist, m. a. W., das Wahlrecht muss hierbei nicht ausgeübt worden sein. 528 Silverman, PLI No. 14322, S. 413. 529 Abrams/Doernberg, Essentials of United States Taxation, S. 2-305. 530 Grundsätzlich findet bei einer neu eintretenden Gesellschaft die sog. „Seperate Return Limitation Year“ (SRLY) – Begrenzung Anwendung, nach der Vor-Gruppenverluste der einzelnen Gesellschaft nur mit deren (konsolidierten) Gewinnen verrechnet werden können und nicht mit dem gesamten Gruppengewinn (§ 1502-1 (f) und § 1502-21 (c) Treas. Reg.). Sofern aber daneben die § 382-IRC Begrenzung greift, geht diese der SRLY-Begrenzung vor, was auch dann noch gilt, wenn ein Anteilseignerwechsel innerhalb von sechs Monaten nach dem Eintritt der Gesellschaft erfolgt (§ 1502-21 (g) Treas. Reg.). Die gesonderte Behandlung der beitretenden Gesellschaft nach § 382 IRC endet aber in bestimmten Fällen (im Wesentlichen spätes-

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

falls darauf an, ob ein Anteilseignerwechsel erfolgt. Ist dies der Fall, kommt es zu einer Beschränkung der Nutzung des Gruppenverlustes, der der ausscheidenden Gesellschaft anteilsmäßig zuzurechnen ist.

IV. Missbrauchsregelung (§ 269 IRC) Neben der allein an objektive Umstände anknüpfenden Regelung des § 382 IRC kennt das amerikanische Steuerrecht mit § 269 IRC eine klassische Mantelkaufregelung, die neben einem Kontrollerwerb eine subjektive Missbrauchsabsicht voraussetzt.531 Nach § 269 (a) (1) IRC kann die Finanzverwaltung das Recht auf Abzüge, d. h. auch das Recht auf die Verlustnutzung, und auf Anrechnungsbeträge versagen, wenn eine oder mehrere Personen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Gesellschaft erwerben und der Hauptzweck dieses Erwerbs die Umgehung oder Vermeidung von Steuern durch die Nutzung von Abzügen (oder Anrechnungsbeträgen) ist, die dieser Person bzw. diesen Personen sonst nicht zugestanden hätten. Unter Kontrolle in diesem Sinne ist das Innehaben von mindestens 50 % der Stimmrechte oder mindestens 50 % aller Anteile (gemessen am Wert dieser) zu verstehen (§ 269 (a) Satz 2 IRC). Neben dem Fall des Kontrollerwerbs durch eine andere Person erfasst § 269 IRC noch andere Fälle, die insbesondere auch zu einer Einschränkung der Verlustnutzung führen, die aber hier nicht weiter besprochen werden sollen, da sie die missbräuchliche Nutzung von Verlusten im Wesentlichen in Fällen ausschließen, in denen eine Verlustnutzung durch eine Gesellschaft erst durch Besonderheiten des amerikanischen Steuerrechts ermöglicht wird.532 Das subjektive Merkmal des Ziels der Steuervermeidung bzw. -umgehung ist erfüllt, wenn diese Gründe alle anderen wesentlichen Gründe für den Kontrollerwerb überwiegen, es ist nicht erforderlich, dass dies die einzigen Gründe sind.533 § 1.269-3 Treas. Reg. enthält Beispiele, bei denen dies grund________________________ tens nach fünf Jahren oder bei einem früheren weiteren Anteilseignerwechsel, siehe dazu Wacke, Verlustabzug beim Mantelkauf, S. 227; Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 280). 531 Abrams/Doernberg, Essentials of United States Taxation, S. 2-297. 532 So findet eine Beschränkung (bei Vorliegen der Vermeidungs- bzw. Umgehungsabsicht) zum einen Anwendung bei einem Erwerb von Wirtschaftsgütern, bei dem die Buchwerte fortgeführt werden (was unter gewissen Voraussetzungen möglich ist) und in bestimmten Fällen missbräuchlicher Liquidationen, vgl. dazu i. E. Silverman, PLI No. 14322, S. 47; Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 269 f. 533 Abrams/Doernberg, Essentials of United States Taxation, S. 2-298; Silverman, PLI No. 14322, S. 46.

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sätzlich (widerlegbar) anzunehmen ist, insbesondere etwa dann, wenn die erwerbende Gesellschaft nach einem Kontrollerwerb Übertragungen vornimmt oder andere Schritte unternimmt, um die Abzüge etc. der erworbenen Gesellschaft zu nutzen (§ 1.269-3 (b) (1) Treas. Reg.).534 § 269 IRC ist dem Grunde nach unabhängig von § 382 IRC anwendbar, allerdings ist der Umstand, dass ein Kontrollerwerb zur § 382-IRC Begrenzung geführt hat, bei der Feststellung, ob eine Vermeidungs- bzw. Umgehungsabsicht vorliegt, zu berücksichtigen (§ 1.269-7 Treas. Reg.).

________________________ 534 Weitere Beispiele finden sich etwa bei Silverman, PLI No. 14322, S. 47; Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 270 f.

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4. Kapitel: Regelungen in anderen Staaten

I. Übersicht zu den vergleichbaren Regelungen der untersuchten ausländischen Staaten Änderung auf Gesellschafterebene

Änderung auf Gesellschaftsebene

Rechtsfolge

„EscapeKlausel“

Belgien

Erwerb oder Änderung der Kontrolle



Vollständiger Verlustuntergang

Rechtmäßige finanzielle oder wirtschaftliche Gründe

Deutschland

Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bzw. 50 %



Teilweiser (bei 25 %-Beteiligungserwerb) bzw. vollständiger Verlustuntergang (bei 50 % Beteiligungserwerb)

„Sanierungsklausel“ (derzeit nicht anwendbar)

Frankreich –

Grundlegende Vollständiger Änderung der Verlustuntergang Geschäftstätigkeit



Großbritannien

AnteilseignerWesentliche Vollständiger wechsel um mehr Änderung des Verlustuntergang als 50 % Geschäftsbetriebs



Niederlande

Änderung der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungsverhältnisse um mindestens 30 %

– (siehe aber Escape-Klausel)

Vollständiger Verlustuntergang

Passive Kapitalanlagen-Test und Aktivitätstest

Österreich Änderung der Gesellschafterstruktur von mehr als 75 %

Wesentliche wirtschaftliche und organisatorische Strukturänderung

Vollständiger Verlustuntergang

„Sanierungsklausel“

Schweiz









USA

AnteilseignerNichtfortführung wechsel um mehr des Unternehals 50 % mens

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Bei Anteilseigner- Ausnahmen für wechsel Begren- Insolvenzfälle zung des jährlichen Verlustabzugs auf den Wert der Anteile x Zinssatz. Wenn zusätzlich Nichtfortführung des Unternehmens Begrenzung auf Null.

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse A. Grundlegende Gemeinsamkeiten und Unterschiede Die Untersuchung der verschiedenen Regelungen offenbart insgesamt gesehen ein heterogenes Bild. Im Rahmen der Verlustberücksichtigung lassen sich aber einige Gemeinsamkeiten feststellen. So sehen neben dem Verlustausgleich alle Staaten einen interperiodischen Verlustabzug vor. Im Rahmen dieses wird der Verlustvortrag in den meisten Staaten heute zeitlich unbegrenzt gewährt (Belgien, Deutschland, Frankreich, Österreich, Großbritannien). Bei den untersuchten Staaten sehen derzeit allein die Schweiz, die Niederlande und die USA eine zeitliche Begrenzung des Verlustvortrags auf sieben, neun bzw. 20 Jahre vor. Der Verlustrücktrag wird dagegen weit weniger großzügig gewährt. In Belgien, Österreich und der Schweiz ist er gar nicht vorgesehen, in Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien beträgt er ein Jahr, in den USA zwei Jahre und in Frankreich drei Jahre. Insgesamt lässt sich zudem feststellen, dass der Verlustvortrag bei den Staaten, die (ggf. ursprünglich) eine zeitliche Beschränkung vorgesehen haben, zeitlich weiter ausgedehnt wurde (Deutschland, Frankreich, Österreich, USA). Nur in den Niederlanden wurde der ursprünglich vorgesehene zeitlich unbegrenzte Verlustvortrag in jüngerer Zeit wieder zeitlich begrenzt. Träger des Rechts auf die Verlustberücksichtigung ist in allen untersuchten Staaten dem Grunde nach das jeweilige Steuersubjekt, in diesem Zusammenhang also die Kapitalgesellschaft. An diesem Grundsatz ändern auch einzelne, an besondere Voraussetzungen geknüpfte, Durchbrechungen nichts. Dieses Ergebnis verwundert nicht weiter, erfassen die Staaten die Kapitalgesellschaft doch als eigenständiges Steuersubjekt. Gleichwohl kennen alle untersuchten Staaten außer der Schweiz1 spezielle Regelungen zum Verlusthandel. Das Vorhandensein einer gesonderten Regelung ist bei einer Betrachtung mit einem weiteren Blickfeld auf mehr Staaten nicht selbstverständlich.2 Nimmt man aber Steuerrechtsordnungen führender Industrienationen zum Maßstab und blendet insbesondere Niedrigsteuerländer aus, ________________________ 1 In der Schweiz werden entsprechende Fälle jedoch unter bestimmten Voraussetzungen als Steuerumgehung qualifiziert. 2 Einen Überblick hierüber gibt Braunagel, in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, S. 282, der sich auf die Materialien des IBFD, Taxation of Companies in Europe, stützt. So sehen etwa Bulgarien, China, Estland, Griechenland, Island, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Polen, Rumänien, Russland, Slowakei und Ungarn keine gesonderte Regelung vor.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

scheinen sich gesonderte Regelungen zum Verlusthandel durchgesetzt zu haben. Alle Regelungen dieser Art wurden allerdings erst später in das jeweilige Körperschaftsteuerrecht eingeführt, die Vorschriften gehören regelmäßig nicht zum hergebrachten Altbestand. Oftmals unternahm zunächst die Rechtsprechung Versuche, das Problem des Verlusthandels zu lösen (Deutschland, Frankreich, USA) bzw. es ergab sich aus allgemeinen Regelungen, dass Verluste im Fall eines klassischen Mantelkaufs nicht mehr verrechnet werden konnten (etwa weil ein neues Gewerbe begonnen wurde, so in Großbritannien). Dabei konnten aber oftmals nur Extremfälle eingefangen werden. Dies scheint den nationalen Gesetzgebern z. T. zu wenig gewesen zu sein, zum anderen kann eine auf Extremfälle ausgerichtete Rechtslage durch eine entsprechende Gestaltungsberatung auch relativ leicht umgangen werden. Nicht zuletzt versagte in Deutschland und Österreich die Rechtsprechung selbst in Extremfällen eine Anwendung der allgemeinen Missbrauchsregelungen. In den untersuchten Staaten wurden daher gesetzliche Regelungen getroffen. Dabei ist der rechtspolitische Grund, der den Regelungen – so unterschiedlich diese im Einzelnen auch ausgestaltet sind – gemeinsam zugrunde liegt, die Verhinderung des Handels mit Verlustgesellschaften. Dies gilt nach einer kurzzeitigen „Verirrung“ des deutschen Gesetzgebers seit 2010 auch wieder für die deutsche Rechtslage (dazu 2. Kapitel: B. II., S. 18).

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B. Regelungsbedürfnis

B. Regelungsbedürfnis für eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Ob“) Zunächst stellt sich die Ausgangsfrage, ob der Handel mit Verlustgesellschaften überhaupt verhindert werden sollte. Wie oben gezeigt, wird diese Frage in den untersuchten Staaten bejaht (in der Schweiz ohne besondere gesetzliche Norm hierzu). Besondere Regelungen, die sich gegen den Verlusthandel richten, scheinen sich wenigstens in den Steuerrechtsordnungen der führenden Industrienationen unter Außerachtlassung von Niedrigsteuerländern durchgesetzt zu haben. Aber auch wenn der deutsche Gesetzgeber seit langem ein Regelungsbedürfnis erkennt, ist doch vom Grundsatz her zu fragen, ob der Handel mit Verlustgesellschaften nicht generell zugelassen werden sollte. Dem Gesetzgeber bleibt es freilich unbenommen, sich für oder gegen ein Regelungsbedürfnis zu entscheiden. Er ist weder von Verfassungs wegen noch aus sonstigen Gründen zwingend gehalten, eine Regelung zu treffen. In diesem Rahmen soll lediglich untersucht werden, ob und inwieweit es rechtspolitisch sinnvoll sein kann, eine Regelung zu treffen.

I. Beschränkung des Verlusthandels 1. Allgemein Insbesondere von wirtschaftswissenschaftlicher Seite wird oftmals die freie Übertragbarkeit von Verlusten wenigstens über den „Umweg“ über Gesellschaften propagiert.3 Die Begründung hierfür ergibt sich regelmäßig aus dem steuersystematischen Argument, dass Verluste ebenso wie Gewinne steuerlich voll Berücksichtigung finden müssen.4 In der Tat spricht dieses Argument als wichtigstes für eine ungehinderte Nutzung von Verlusten: Die Gesellschaft hat als eigenständige Rechtsperson und damit Steuersubjekt Verluste erlitten, also soll sie diese auch nutzen dürfen. Ein Abstellen zumindest auch auf die Gesellschafter für Zwecke der Besteuerung der Gesellschaft stellt einen Systembruch dar. 2. Wirtschaftlich gebotene Transparenzbetrachtung? Daneben soll für eine ungehinderte Nutzung von Verlusten auch bei Anteilseignerwechseln sprechen, dass wenn die unbedingte Verlustberücksichti________________________ 3 Siehe etwa Maithert/Müller, StuB 2003, 254; Schmiel, BB 2010, 151; für eine freie Übertragbarkeit von Verlusten auf andere Personen Wosnitza, StuB 2000, 763, 769; für eine solche freie Übertragbarkeit mittels Verlustverrechnungsgutscheinen Schneider, BB 1988, 1222, 1229. 4 Vgl. insbesondere Maithert/Müller, StuB 2003, 254, 258.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

gung nicht schon durch eine sofortige Steuererstattung (im Sinne einer sog. negativen Einkommen-/Körperschaftsteuer) oder ähnliche Maßnahmen (etwa handelbare Verlustverrechnungsgutscheine) ermöglicht wird, wenigstens die Möglichkeit bleiben müsse, die Verluste mittels eines Mantelkaufs noch zu verwerten.5 Dieser, in jüngerer Zeit insbesondere von Schmiel verfolgte Ansatz, geht zunächst davon aus, dass Verluste auf Ebene der Gesellschaft auch das „wirtschaftliche Einkommen“ des Gesellschafters mindern.6 Sind durch Verluste die Rücklagen und/oder das Stammkapital aufgebraucht, können keine Ausschüttungen mehr vorgenommen werden, das wirtschaftliche Einkommen des Gesellschafters sinkt damit. Veräußert der Gesellschafter nun den Anteil, könnte er aber über den Kaufpreis den Verlustverrechnungsvorteil, von dem nun der Erwerber profitiert, wenigstens teilweise geltend machen. Über diesen Umweg könne der Nachteil der ihm wegen der Veräußerung nicht mehr zustehenden Möglichkeit der Verrechnung der Verluste (die mittelbar sein wirtschaftliches Einkommen gemindert haben) zumindest teilweise kompensiert werden. Eine Regelung, die die Verlustverrechnung im Falle eines Anteilseignerwechsels verwehrt, greife aber in diesen Kompensationsmechanismus ein, was sowohl in Mantelkauffällen als auch in Fällen, in denen ein Anteilseignerwechsel bei einem fortbestehenden Unternehmen erfolgt, zur Ungleichmäßigkeit der Besteuerung führe. Diesem Ansatz ist aus verschiedenen Gründen nicht zuzustimmen. Zunächst geht er von einem sog. individualistischen Unternehmensverständnis aus.7 Danach sind Gesellschaften nur Instrumente von Unternehmern zur Einkommenserzielung und als solche grundsätzlich nicht selbst leistungsfähig.8 Gewinne und Verluste des Unternehmens sind nach diesem Verständnis grundsätzlich Gewinne und Verluste des Unternehmenseigners. Dieses Verständnis gipfelt allgemein in der Forderung nach einer Teilhaber- oder ähnlichen Steuer.9 Aus diesem Ansatz heraus entwickelt Schmiel für § 8c KStG, dass eine solche Regelung gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstoße, weil maßgebend auf die hinter der Gesellschaft stehenden Gesellschafter abzustellen sein soll und vergleicht daher insoweit die Verlustbehandlung bei Kapitalgesellschaften mit der bei Personenunternehmen. Bereits grundsätzlich ist ein individualistisches Unternehmensverständnis im Sinne einer generellen Transparenzbetrachtung bei Kapitalgesellschaften abzulehnen. Neben Praktikabilitätsbedenken (börsennotierte Gesellschaften)

________________________ 5 6 7 8 9

Vgl. Schmiel, BB 2010, 151; tendenziell auch Schneider, BB 1988, 1222, 1224 ff. Schmiel, BB 2010, 151. Schmiel, BB 2010, 151, 152. Vgl. Siegel/Bareis/Herzig/Schneider/Wagner/Wenger, BB 2000, 1269. Dazu s. bereits oben 3. Kapitel: A. I. 2. a), S. 97 und insbes. Fn. 40.

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B. Regelungsbedürfnis

spricht gegen diese, dass der Gesellschafter weder zivilrechtlich über den Gewinn der Gesellschaft unmittelbar verfügen kann (erst recht nicht, soweit dieser thesauriert wird), noch entspricht eine fehlende eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft den wirtschaftlichen Realitäten.10 Hinter der Ablehnung einer Transparenzbetrachtung steht zwar auch, aber nicht nur die Anknüpfung an die formaljuristische Trennung der Vermögenssphären von Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern.11 Die Kapitalgesellschaft selbst nimmt am Marktgeschehen teil, der Gewinn mehrt ihr Vermögen, sie ist deshalb selbst leistungsfähig.12 Selbst wenn man aber grundsätzlich eine Transparenzbetrachtung für zutreffend hielte, liegt dem geltenden Ertragsteuersystem doch ein anderes Verständnis zugrunde. Steuersubjekt ist die Gesellschaft als solche bzw. die natürliche Person als solche. Die Körperschaftsteuer ist eine der Kapitalgesellschaft als solcher auferlegte Steuer.13 Zum anderen ist es grundsätzlich unerheblich, inwieweit sich Verluste einer Gesellschaft auf das „wirtschaftliche Einkommen“ der Gesellschafter auswirken. Aufgrund der Entscheidung des einfachen Gesetzgebers, die jeweilige Rechtspersönlichkeit zu besteuern, ist weder dem geltenden Recht noch dem Verfassungsrecht ein Gebot dahingehend zu entnehmen, dass Verluste, die sich auf das „wirtschaftliche Einkommen“ des Gesellschafters ausgewirkt haben, stets der Gesellschaft zur Verrechnung zur Verfügung stehen müssen. Auch hält Schmiel Verlustverrechnungsbeschränkungen dieser Art in toto für unzulässig. Die Begründung hierfür stützt sie aber auf einen Ausschnitt, nämlich für solche Fälle, in denen sich die Verluste tatsächlich (weil kein bzw. nur niedrigeres Ausschüttungsvolumen vorhanden ist) auf das wirtschaftliche Einkommen des Gesellschafters ausgewirkt haben. Als (Haupt-) Argument gegen die untersuchten Verlustverrechnungsbeschränkungen verbleibt damit das systematische Argument der gebotenen Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen. 3. Verbot der rechtlichen Verlustübertragung als Grund für die Verhinderung wirtschaftlicher Verlustübertragung Für ein Regelungsbedürfnis der Beschränkung des Verlusthandels könnte zunächst sprechen, dass anknüpfend an die ursprüngliche BFH-Rechtspre________________________ 10 Sieker, DStJG, Bd. 25 (2002), S. 145, 160 ff.; s. a. Hey, DStJG, Bd. 24 (2001), S. 155, 217. Hennrichs, StuW 2002, 201, 210. 11 So aber Ketzel, Aktuelle Unternehmensbesteuerung, in Stützel, S. 509, 521, der insoweit nur eine juristische Fiktion der selbständigen Leistungsfähigkeit einer Kapitalgesellschaft annimmt. 12 Sieker, DStJG, Bd. 25 (2002), S. 145, 161. 13 Dazu ausführlich bereits oben 3. Kapitel: A. I. 2. a), S. 97.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

chung eine Personengleichheit im Sinne einer wirtschaftlichen Identität für das Recht auf Verlustnutzung erforderlich sein sollte. Hinter dieser Überlegung stand bzw. steht, dass die für den Verlustabzug erforderliche Identität des Steuerpflichtigen nicht rein zivilrechtlich, sondern nach steuerlichen Gesichtspunkten – im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtung – zu bestimmen soll. Dieser gedankliche Überbau ist aber vom BFH zu Recht in 1986 verworfen worden. Ob eine Identität der steuerpflichtigen Person vorliegt, bestimmt sich nach dem grundlegenden Körperschaftsteuersystem allein nach § 1 Abs. 1 KStG, der insoweit festlegt, wer Steuersubjekt ist. § 1 Abs. 1 KStG knüpft aber an die Zivilrechtsfähigkeit einer Person auch für Zwecke der Körperschaftsbesteuerung an.14 Eine gesetzliche Konstruktion, die eine anders definierte Identität für Zwecke des Verlustabzugs einführte, durchbräche aber diesen Grundsatz in einem (schmalen) Teilbereich. Darüber hinaus war das Kriterium der wirtschaftlichen Identität m. E. im Ergebnis lediglich der dogmatische Aufhänger für den eigentlichen Grund, warum die Rechtsprechung ursprünglich eine Einschränkung der Verlustnutzung befürwortet hatte. Dieser bestand auch damals darin, dass eine Gestaltung, in der ein Verlustabzug eigentliches Handelsobjekt der Gesellschafter war, als missbräuchlich qualifiziert wurde.15 Hieran ändert auch die ursprüngliche dogmatische Abwendung vom Missbrauchstatbestand zur Auslegung der Verlustabzugsvorschrift nichts. Denn nach wie vor stellte der BFH darauf ab, ob ein Gesellschafterwechsel vorlag (sog. persönliches Substrat der Gesellschaft). Das Abstellen auf einen Gesellschafterwechsel macht aber nur dann Sinn, wenn der Gefahr eines Verlusthandels begegnet werden soll. Denn bei unbefangener Betrachtung legt die Formulierung des BFH, der Verlustabzug gebühre nicht dem Rechtskleid, sondern dem verlusttragenden Unternehmen16 doch eher nahe, die Beurteilung der Identität der steuerpflichtigen Person allein von den Verhältnissen ihres Unternehmens abhängig zu machen, als (auch) von den Verhältnissen der Gesellschafter. Zudem ließe sich – verstünde man den Gedanken der Personengleichheit unabhängig von einem Verlusthandel – mit derselben Begründung auch eine entsprechende Anwendung bei natürlichen Personen erreichen, so dass es auch hier darauf ankäme, ob ein wirtschaftlich identischer Steuerpflichtiger die Verluste erlitten hat. Ein Regelungsbedürfnis für die Beschränkung des ________________________ 14 GrS des BFH v. 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751. 15 BFH v. 27.9.1961, I 6/60 BStBl. III 1961, 540; zum Ganzen s. o. 1. Kapitel: C., S. 5. 16 BFH v. 15.2.1966, I 112/63, BStBl. III 1966, 289.

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B. Regelungsbedürfnis

Verlusthandels muss daher anders als mit einer steuerlich eigenständig verstandenen Personengleichheit begründet werden. Diese Begründung ergibt sich schlicht daraus, dass eine Übertragung (und damit ein Handel) von Verlusten auf ein anderes Steuersubjekt nicht vorgesehen ist. Eine derartige direkte Übertragung eines Verlustes wäre rechtswidrig. Wenn aber die (steuer-)rechtlich wirksame Übertragung nicht möglich weil rechtswidrig ist, müssen sachliche Gründe dafür sprechen, wenn eine wirtschaftliche Übertragung von Verlusten gerechtfertigt sein soll. Der sachliche Grund hierfür liegt in der gebotenen Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen. Diese beiden Grundsätze (nicht vorgesehene Übertragbarkeit von Verlusten und gebotene Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen) stehen sich aber gegenüber, weil eine vollständige Berücksichtigung von Erwerbsaufwendungen im Falle eines Verlusthandels ihrerseits, wenn auch nicht rechtlich, so doch wirtschaftlich gegen den Grundsatz der Nichtübertragbarkeit verstieße. Da diese Grundsätze nicht vollständig nebeneinander realisiert werden können, sollten sie gegeneinander abgewogen werden, wobei weder der eine noch der andere Grundsatz von vornherein überwiegt. Zugunsten eines Regelungsbedürfnisses ist die Gleichbehandlung mit natürlichen Personen anzuführen, bei denen eine Übertragung von Verlusten auf andere Personen bereits von vornherein ausgeschlossen ist. Die Zulassung der mittelbaren Übertragbarkeit führte dann aber zu einer ungleichen Behandlung, die zwar verfassungsrechtlich zulässig wäre, aber die Gewichte auf der Waage zwischen den beiden streitenden Grundsätzen in Richtung eines Regelungsbedürfnisses verschiebt. Insoweit trägt damit immer noch die Begründung, die bei Einführung des § 8 Abs. 4 KStG für die Einführung dieser Norm gewählt wurde.17 Zum anderen können weitere Überlegungen, die insbesondere für die amerikanische Vorschrift gemacht wurden, auch hier fruchtbar gemacht werden. Hierbei ist insbesondere der Ansatz, dass bei einer freien (wirtschaftlichen) Übertragbarkeit von Verlusten die gebotene Neutralität des Besteuerungssystems nicht mehr gegeben sei, bemerkenswert. Denn an sich gescheiterte Unternehmen würden nur erworben, um deren steuerliche Verluste nutzen zu können. Dies könnte aber zu volkswirtschaftlich wenig sinnvollen Allokationen von Mitteln führen. Das geltende Steuersystem ist zwar trotz vielfältiger Forderungen in vielen Teilen nicht entscheidungsneutral ausgestal-

________________________ 17 BT-Drucks. 11/2157, S. 171.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

tet.18 Die Erreichung dieses Ziels als Ideal wird aber doch regelmäßig als erstrebenswert angesehen,19 wenn schon nicht für das gesamte Besteuerungssystem, dann doch zur Behebung nachgewiesener Missstände des geltenden Rechts.20 Dies zeigt aber, dass der Konflikt zwischen Nutzbarkeit von Verlusten allein aufgrund einer zivilrechtlichen Identität und Fällen des Verlusthandels auch vor dem Hintergrund der Entscheidungsneutralität, die an sich eine Verlustberücksichtigung gebietet,21 nicht zwingend einseitig aufgelöst werden kann. Zum anderen wird für die amerikanische Regelung angeführt, dass eine Nichtregelung zu Windfall-Profits auf Kosten des Fiskus hinausliefe. Dieser entstehe, da der Wert der steuerlichen Verluste, den der Erwerber dann nach Erwerb verwirklicht, von diesem regelmäßig nicht vollständig vergütet werden wird.22 Auf die Spitze getrieben könnte hier von einem Vertrag zulasten eines Dritten – nämlich des Fiskus – gesprochen werden. In der Gesamtschau aller genannten Gründe fällt die Abwägung daher zugunsten eines Regelungsbedürfnisses aus. Gleichwohl, das soll hier noch einmal betont sein, handelt es sich um eine rechtspolitische Entscheidung, die der Gesetzgeber auch anders treffen darf und kann.

________________________ 18 Vgl. dazu etwa Rau, Verfassungsdirigierte Prinzipien für das Unternehmenssteuerrecht, S. 165 ff.; Vogt, Neutralität und Leistungsfähigkeit, S. 279 ff.; Schwinger, StuW 1994, 39, 40; ausführlich aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive Schneider, Investition, Finanzierung und Besteuerung, S. 193 ff. Kritisch zu einer Rechtsformneutralität (regelmäßig als Teilausschnitt der Entscheidungsneutralität aufgefasst) etwa Rose, in Festschrift Wacker, S. 49 ff. m. w. N. 19 Die Entscheidungsneutralität der Besteuerung wird gerade von wirtschaftswissenschaftlicher Seite gefordert, vgl. Wagner, StuW 2008, 99; König/Wosnitza, Betriebswirtschaftliche Steuerplanungs- und Steuerwirkungslehre, S. 140 ff.; Müller, Verwirklichung von Gerechtigkeit und Entscheidungsneutralität in den Einkommen- und Körperschaftsteuersystemen der EU-Mitgliedstaaten, S. 9 ff.; Sigloch, StuW 1990, 229; zur juristischen Einordnung der Entscheidungsneutralität insbesondere im Hinblick auf die Grundrechte Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, S. 362 ff. Ausdrücklich als Forderung in Bezug auf die Ausgestaltung der Verlustverrechnung etwa Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 405 ff. Zum Teil wird sie aber auch kritisch gesehen. 20 Sieker, DStJG, Bd. 25 (2002), S. 145, 151. 21 Idealiter ggfs. sogar als negative Steuer, d. h. als sofortige Steuererstattung auf den Verlust, vgl. dazu etwa Schneider, BB 1988, 1222, 1226; Maiterth/Müller, DStR 2006, 1861, 1866; Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFStSchrift Nr. 461, S. 9. 22 Zu den Gründen und zur Preisbestimmung beim Verlustkauf s. etwa Schneider, BB 1988, 1222 ff. (allerdings noch unter Geltung des Anrechnungsverfahrens, so dass heute nicht mehr alle mindernden Umstände zu berücksichtigen wären).

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B. Regelungsbedürfnis

4. Exkurs: „Handel mit Gewinngesellschaften“ Neben dem Phänomen des Handels mit Verlustgesellschaften ist in der Praxis in jüngerer Zeit ein „Handel mit Gewinngesellschaften“ zu beobachten, mit dem ebenfalls das Ziel der Monetarisierung steuerlicher Verluste verfolgt wird. Bei entsprechenden typischen Gestaltungen werden bislang ungenutzte „schlummernde“ Verluste einer Kapitalgesellschaft nutzbar gemacht, indem diese Gesellschaft Anteile an einer „Gewinngesellschaft“ erwirbt, die typischerweise über hohe stille Reserven (resultierend z. B. aus hohen, oftmals begünstigten Abschreibungen) verfügt.23 Hiernach wird die Gewinngesellschaft auf die Verlustgesellschaft verschmolzen, wobei wegen der Verschmelzungsrichtung § 12 Abs. 3, 2. Halbsatz i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG, wonach Verluste des übertragenden Rechtsträgers nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, keine Anwendung findet,24 so dass die Verluste der übernehmenden Gesellschaft erhalten bleiben. Nach der Verschmelzung kann die übernehmende Gesellschaft entstehende Gewinne aus der Realisierung der stillen Reserven mit ihren „alten“ Verlusten verrechnen, im Rahmen des Verlustvortrags allerdings begrenzt durch die Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG. Werden die Gewinne bereits vor der Verschmelzung realisiert, kann die achtmonatige umwandlungssteuerliche Rückwirkungsmöglichkeit (§ 2 Abs. 1 UmwStG) genutzt werden, um auch diese Gewinne mit den Verlusten der Verlustgesellschaft zu verrechnen.25 Auf diese Weise können im Ergebnis „Gewinnmäntel“ zur Nutzung steuerlicher Verluste gebraucht werden. Ob ein Regelungsbedürfnis besteht, solche bzw. vergleichbare Gestaltungen zu vermeiden, soll hier nicht weiter untersucht werden. Zwar ist die Parallele zum hier untersuchten Phänomen greifbar. Ermöglicht wird die Verlustnutzung bei dem skizzierten Handel mit Gewinngesellschaften aber erst durch die Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes, so dass eine Regelung der entsprechenden Fälle systematisch im Zusammenhang mit Regelungen zur Umwandlung von Kapitalgesellschaften erfolgen sollte. Die derzeitige Regierungskoalition der CDU/CSU und FDP hat die Absicht, diese

________________________ 23 Vgl. dazu etwa Weber/Vater/Schmidt/Reinhard, Turnaround – Navigation in stürmischen Zeiten, S. 765. 24 Siehe hierzu und zu anderen Gestaltungen zur Verlustnutzung der übertragenden Körperschaft Bärwaldt, in Haritz/Menner, UmwStG, § 11 Rn. 29. 25 § 2 Abs. 4 UmwStG steht dem nicht entgegen, weil es insoweit nicht um die Verrechnung der Verluste mit dem Übertragungsgewinn geht.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

und andere aus ihrer Sicht missbräuchliche Gestaltungen zur Monetarisierung von Verlusten zu verhindern.26

II. Notwendigkeit einer speziellen Regelung Bejaht man ein grundsätzliches Bedürfnis, den Handel mit Verlustgesellschaften zu verhindern, stellt sich die weitere Frage, ob hierfür eine spezielle Vorschrift nötig ist, oder ob – wie in der Schweiz – gegebenenfalls reine Mantelkauffälle über die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO erfasst werden könnten. Der Weg über die allgemeine Missbrauchsvorschrift ist in Deutschland allerdings seit den Entscheidungen des BFH aus 1986 wohl versperrt. Der BFH stellte sich in diesen Entscheidungen auf den Standpunkt, dass allein die zivilrechtliche Identität für den Verlustabzug entscheidend sei. Die Entscheidungen enthalten inzidenter die Aussage, dass der Mantelkauf eben nicht als Umgehung zu werten ist.27 Es ist nicht erkennbar, dass sich an dieser Überlegung etwas geändert haben sollte. Selbst wenn der BFH aber nunmehr zu einer anderen Auslegung kommen würde, wäre dieser Weg mit sehr vielen Unsicherheiten behaftet. Denn die allgemeine Missbrauchsvorschrift könnte allenfalls extreme Fälle erfassen, bei dem neben dem Vorteil der steuerlichen Verlustverrechnung keine weiteren beachtlichen wirtschaftlichen Gründe für den Anteilserwerb bestehen (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO). Als wirtschaftliche Gründe kommen selbst beim reinen Mantelkauf Vorteile insofern in Betracht, als der Erwerber im Gegensatz zur Neugründung einer Gesellschaft sofort, d. h. unabhängig vom Zeitpunkt der Handelsregistereintragung, die Vorteile der Haftungsbeschränkung genießt, während er bei einer Neugründung für bereits getätigte Geschäfte bis zu dieser Eintragung unter Umständen haftet.28 Es ist allerdings tatsächlich fraglich, ob diese Gründe im Zusammenhang mit der Missbrauchsregelung beachtlich wären.

III. Anderweitige Verlustbeschränkungen Die untersuchten Regelungen der anderen Staaten werden sämtlich damit begründet, dass ein Handel mit Verlustgesellschaften verhindert werden soll. Es stellt sich aber die Frage, ob es stattdessen oder daneben für anderweitige Verlustbeschränkungsregelungen, die zumindest auch den Handel mit Ver________________________ 26 So der Zwölf-Punkte-Plan zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts der Regierungskoalition v. 14.2.2012 (abgedruckt in DStZ 2012, 173); dazu Häuselmann, SteuK 2012, 113. 27 Gl. A. Crezelius, JZ 1987, 731, 732; a. A. Feddersen, BB 1987, 1782, 1786. 28 Vgl. etwa Schaub, NJW 2003, 2125.

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B. Regelungsbedürfnis

lustgesellschaften erfassen, ein Regelungsbedürfnis gibt. In diesem Zusammenhang wäre eine Anknüpfung an Änderungen auf Ebene der Gesellschafter oder auf Ebene der Gesellschaft denkbar. 1. Gesellschafterebene Eine generelle Transparenzbetrachtung im Rahmen der Ertragsbesteuerung auch bei Kapitalgesellschaften ist abzulehnen (s. o. I. 2., S. 233). Aber jedenfalls dann, wenn man die grundsätzliche Entscheidung für ein Trennungsprinzip aufrecht erhält, besteht für eine Transparenzbetrachtung allein im Rahmen der Verlustberücksichtigung kein rechtspolitisches Bedürfnis. Dem Grunde nach bestehen bereits Bedenken, ob ein Transparenzprinzip für einen Teilbereich neben dem Trennungsprinzip etabliert werden könnte. Denn in diesem Fall entstünde bei der Körperschaftsbesteuerung ein Widerspruch, schließlich ist die Gesellschaft selbst Steuersubjekt, damit Träger der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und folglich auch die Person, der das Recht auf die Verlustberücksichtigung zusteht. Selbst wenn man dies noch akzeptierte, müsste eine Transparenzbetrachtung wegen der verfassungsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Verlustberücksichtigung aber folgerichtig ausgestaltet werden (s. o. 3. Kapitel: A. I. 3., S. 100). Mit einer folgerichtigen Transparenzbetrachtung einher ginge aber auch, dass Verluste der Gesellschaft in irgendeiner Weise auch auf Gesellschafterebene zu berücksichtigen wären. Es ist aber fraglich, ob der Staat tatsächlich bereit wäre, die hiermit verbundenen fiskalischen Folgen in Kauf zu nehmen. 2. Gesellschaftsebene Für eine Anknüpfung einer allgemeinen Regelung zur Verlustbeschränkung auf Gesellschaftsebene könnte in diesem Rahmen etwa die britische Vorschrift herangezogen werden, die allgemein die Verrechnung des Verlustvortrags nur mit Gewinnen aus demselben Gewerbe erlaubt, was bei einer elementaren Änderung der Geschäftstätigkeit nicht mehr gegeben ist. Für die Beurteilung einer solchen zusätzlichen allgemeinen Verlustnutzungsvoraussetzung kann die zum Normcharakter des § 8 Abs. 4 KStG a. F. geführte Diskussion fruchtbar gemacht werden. Von einer Mindermeinung wurde § 8 Abs. 4 KStG a. F. nicht als Missbrauchsvorschrift,29 sondern als zusätzliches Tatbestandsmerkmal für den Verlustabzug verstanden.30 Hierzu findet sich ________________________

29 So die h. M., s. BFH v. 14.3.2006, I R 8/05, BStBl. II 2007, 602; Hey, BB 2007, 1303, 1306; Wiese, DStR 2007, 741, 744; Kaeser, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 123; und insbesondere auch der Gesetzgeber des Unternehmensteuerreformgesetzes, s. BT-Drucks. 16/4841, S. 34. 30 Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8 Rn. 182a; Wiesemann, § 8 Abs. 4 KStG im Regelungssystem des Verlustausgleichs, S. 27.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

in der Literatur die Überlegung, dass der Verlustabzug wegen der zusätzlichen Voraussetzung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. nicht an den Rechtsträger, sondern an die wirtschaftlichen Grundlagen geknüpft werden sollte, da gerade diese die Leistungsfähigkeit erwirtschafteten.31 Diese Überlegung könnte einen Weg aufweisen, den Verlustabzug an die Identität des tatsächlich Leistungsfähigen (des Unternehmens) zu knüpfen und so auf diesem Weg auch eine verfassungsmäßige Konsistenz zu erreichen. Die Körperschaftsteuer erhielte auf diesem Weg ein objektsteuerartiges Element.32 Ähnlich wird schließlich bei der Gewerbesteuer der Verlustabzug nach § 10a GewStG bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften – nicht aber bei Körperschaften – von einer Unternehmensidentität abhängig gemacht.33 Bei einer entsprechenden Regelung im Körperschaftsteuerrecht stellte sich aber dann die Frage, was dieses objektsteuerartige Element im Rahmen einer Subjektsteuer verloren hat.34 Die Körperschaftsteuer ist gerade nicht wie die Gewerbesteuer eine Objektsteuer35. Die Kapitalgesellschaft ist als Steuersubjekt – jedenfalls aufgrund der einfachgesetzlichen Entscheidung – leistungsfähig und wird als solche entsprechend besteuert. Ein Abstellen auf die wirtschaftlichen Grundlagen der Kapitalgesellschaft wäre damit unsystematisch. Ein Regelungsbedürfnis ist insoweit nicht erkennbar. 3. Kein Regelungsbedürfnis Eine sachgerechte Begründung eines Regelungsbedürfnisses findet sich bei der Beschränkung von Verlusten im Zusammenhang mit grundsätzlichen Änderungen auf Gesellschafter- und/oder Gesellschaftsebene m. E. nur in der Verhinderung von Verlustkäufen. Es sind, zumindest wenn man das derzeitige grundlegende Körperschaftsteuersystem zugrunde legt, keine allgemeinen Gründe erkennbar, die es rechtspolitisch sinnvoll erscheinen lassen, die Verlustnutzung bei Kapitalgesellschaften von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig zu machen. Dafür spricht im Übrigen auch, dass entsprechende Regelungen zur Verlustbeschränkung zumindest immer auch eine Nähe zum Verlusthandel aufweisen. In diesem Rahmen ist es aber rechtspolitisch sinnvoller, möglichst zielgenau die Fälle des Verlusthandels zu erfassen, in diesem Sinne also eine Missbrauchsvorschrift zu schaffen. Durch die Ver________________________ 31 32 33 34 35

Wiesemann, § 8 Abs. 4 KStG im Regelungssystem des Verlustausgleichs, S. 27. So Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8 Rn. 182a zu § 8 Abs. 4 KStG a. F. R 10a Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009. Kaeser, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 122. Die Gewerbesteuer ist trotz ihrer mittlerweile weitgehenden Annäherung an die Ertragsteuern von der Grundkonzeption immer noch an den Gewerbebetrieb als Steuerobjekt anknüpft, vgl. dazu Montag, in Tipke/Lang, § 12 Rn. 1 ff.

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B. Regelungsbedürfnis

meidung der Etablierung anderweitiger allgemeiner Regelungen zur Verlustbeschränkung vermeidet man auch, dass es insoweit zu einem rechtsnormspezifischen Sonderrecht kommt, das allen Bestrebungen zur Verwirklichung einer rechtsformneutralen Besteuerung entgegen stünde.36 Zudem erreichte man durch eine möglichst zielgenaue Typisierung des Missbrauchs eine verfassungsrechtlich haltbare Rechtfertigung, ohne sich auf das unsichere Terrain des Systemwechsels begeben zu müssen, der, sofern er nur teilweise erfolgt, von vornherein steuersystematisch einen Bruch darstellt und daher ohnehin grundsätzlich abzulehnen ist. Ein Bedürfnis für anderweitige Beschränkungen der Verlustberücksichtigung besteht damit grundsätzlich nicht und kann sich folglich allenfalls aufgrund besonderer lenkungspolitischer Zielsetzungen ergeben (vgl. etwa die Beschränkung für Verluste aus gewerblicher Tierzucht nach § 15 Abs. 4 EStG).

________________________ 36 Vgl. auch Herzig, in Lehner, Verluste im nationalen und Internationalen Steuerrecht, S. 49; ders., DStJG, Bd. 28 (2005), S. 195 f.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

C. Ausgestaltung einer Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften („Wie“) I. Systematisierung Dass generell ein Regelungsbedürfnis besteht, sagt freilich noch nichts darüber aus, wie eine Regelung im Einzelnen ausgestaltet ist. Vom Grundkonzept her können die untersuchten Vorschriften in drei Gruppen eingeteilt werden. Solche, die allein auf Gesellschafterebene anknüpfen, solche, die allein auf Gesellschaftsebene anknüpfen und solche, die auf beiden Ebenen ansetzen. Dabei soll hier die Ausgestaltung des Tatbestands der Normen insgesamt betrachtet werden, d. h. auch unter Berücksichtigung der Ausnahmeregelungen, sofern diese genereller Natur sind.37 Denn die Normierung von Merkmalen auf unterschiedlichen Ebenen ist oftmals lediglich der Gesetzestechnik geschuldet, etwa im Rahmen der Verteilung der Feststellungslast. Sollen die Wirkungen der Norm aber insgesamt betrachtet werden, bietet sich eine Einbeziehung aller Merkmale an. Auf Tatbestandsseite knüpft die Regelung des § 8c KStG allein auf Gesellschafterebene an. Hieran ändert auch die Sanierungsklausel nichts. Denn die Sanierungsklausel stellt lediglich eine denkbar enge Ausnahme für eng umgrenzte Sachverhalte dar, die nichts an der Grundkonzeption der Norm ändert.38 Ambivalent erweist sich insoweit die amerikanische Regelung, die ebenfalls zum einen die bloße Änderung auf Gesellschafterebene ausreichen lässt. Andererseits kommt es bei einer zusätzlichen Änderung auf Gesellschaftsebene im Tatbestand zu einer schärferen Rechtsfolge. Allein auf Gesellschaftsebene knüpft dagegen die französische Vorschrift an. Die restlichen untersuchten Normen setzen auf beiden Ebenen an (Belgien, Großbritannien, Niederlande, Österreich und mit Abstrichen auch USA, s. o.). Die Einordnung der Niederlande in diese Gruppe rechtfertigt sich daraus, dass zwar grundsätzliche Voraussetzung für das Eingreifen der Norm lediglich eine Änderung auf Gesellschafterebene ist, es existiert allerdings eine gesellschaftsbezogene generelle Ausnahme. Auch in Belgien dürften zumindest auch gesellschaftsbezogene Merkmale im Rahmen der Ausnahmeregelung und damit im Rahmen des Tatbestands zur Anwendung kommen (zur derzeit unklaren Rechtslage in Belgien s. o. 4. Kapitel: B. II. 2. b) aa), S. 132). ________________________ 37 Anders Lenz, in Festschrift Herzig, S. 131, 138, der insoweit eine strenge Betrachtung des Tatbestands ohne Berücksichtigung von Ausnahmeregelungen anstellt. 38 Vgl. auch Hey, in Tipke/Lang, § 11 Rn. 58.

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C. Ausgestaltung einer Regelung

Im Folgenden sollen die verschiedenen Regelungen zunächst im Einzelnen verglichen und analysiert werden. Ausgehend von der klassischen Unterscheidung in Tatbestand und Rechtsfolge dient jeweils ein untechnisch zu verstehender Oberbegriff dazu, die Normen einer gewissen weitergehenden Systematisierung zuzuführen. Während diese Analyse – bildlich gesprochen – als Nahaufnahme der einzelnen Merkmale erfolgt, geht schließlich der Blick hin zu einer Gesamtbetrachtung, bei der die Regelungen in einen Gesamtkontext gebracht werden und untersucht wird, ob und wie sich die einzelnen Merkmale zueinander verhalten und sich so Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung für eine Regelung zum Verlusthandel ergeben.

II. Vergleich und Analyse der einzelnen Merkmale 1. Tatbestand a) Änderung auf Gesellschafterebene Obwohl die meisten der untersuchten Regelungen eine Änderung auf Gesellschafterebene erfordern (mit Ausnahme Frankreichs), variieren die Anforderungen an diese im Einzelnen sehr stark. Als Gemeinsamkeit kann lediglich festgestellt werden, dass eine bestimmte Änderung der Gesellschafter gefordert wird, die eine Verbindung aufweisen muss (durch ein zeitliches oder sachliches Element). aa) Erforderliche Höhe der Änderung Bereits die tatbestandsmäßig erforderliche Höhe der Änderung differiert. In Deutschland ist diese mit mehr als 25 % sehr niedrig angesetzt, auch wenn die Rechtsfolge hier nur teilweise greift, vollständig dann bei mehr als 50 %. Wenig mehr fordert die niederländische Regelung, die bei einer Änderung von mindestens 30 % eingreift. Die britische und die amerikanische Regelung knüpfen dagegen an eine 50 % Grenze an. Am großzügigsten erweist sich hier die österreichische Regelung, deren Wortlaut der wesentlichen Änderung von der Finanzverwaltung als 75 % Grenze ausgelegt wird. Eine Sonderstellung nimmt die belgische Vorschrift ein. Diese setzt nicht die Änderung in einem bestimmten Umfang, sondern den Erwerb oder die Änderung der Kontrolle voraus, d. h. die Norm ist nach dem Wortlaut erfüllt, wenn z. B. eine andere Person nach einer Änderung nunmehr die Mehrheit der Stimmrechte hält, wobei nicht notwendig ist, dass diese die Mehrheit erwirbt. Im Extremfall kann daher ein Hinzuerwerb von 1 % der stimmbe-

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

rechtigten Anteile zu einer bisherigen 50 % Beteiligung zur Kontrolländerung führen.39 Die Höhe, an die der Gesetzgeber die schädlichen Wirkungen knüpft, gehört zunächst jedenfalls zum ureigenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Abzulehnen ist aber ein Ansatz wie bei der belgischen Vorschrift, bei dem es auf den Umfang der Änderung jedenfalls nach dem Wortlaut in keiner Weise ankommt. Selbst minimale Änderungen können hier schädliche Auswirkungen haben, was weit über das Ziel der Verhinderung des Verlusthandels hinausgeht. Eine solche Norm erfasst potentiell Fälle, die fern eines Verlusthandels stehen. Allerdings ist diesbezüglich zu beachten, dass die konkrete Höhe nicht isoliert betrachtet werden sollte, sondern im Gesamtzusammenhang mit den anderen Tatbestandsmerkmalen. Je weitreichendere Ausnahmeregelungen gegeben sind, die Fehlsteuerungen auffangen können, desto niedriger kann die Höhe der Gesellschafteränderung ausfallen. Dabei darf aber gleichwohl das Ziel der Vorschriften nicht aus dem Blick verloren werden. Auch sehr weite Ausnahmevorschriften wie etwa in Belgien führen zwar dazu, dass die tatsächlichen Wirkungen der Norm begrenzt werden können (zumindest bei einer entsprechend umsichtigen Anwendung), gleichwohl kann in steuersystematischer Hinsicht bei marginalen Änderungen nicht von einem Verlusthandel gesprochen werden. Problematisch an einer Grenze von weniger als 100 % ist allerdings, dass die restlichen Beteiligten, die vor und nach einer Änderung unverändert beteiligt sind, ebenfalls wirtschaftlich vom Verlustuntergang betroffen sind, obwohl diese den Verlust wirtschaftlich gesehen bereits zu tragen hatten, da er in dem Zeitraum entstanden ist, in dem sie beteiligt waren. Es stellt sich daher die Frage, ob nicht aus diesem Grund eine Anknüpfung an 100 % zu bevorzugen wäre, die sich allerdings in keinem anderen Staat findet. Hierbei sollte man abwägen zwischen den Gründen und Vorteilen, die für ein Abstellen auf weniger als 100 % sprechen und den Nachteilen, die in diesem Fall eintreten. Für ein Abstellen auf eine Beteiligungsänderung von mehr als 50 % spricht im Wesentlichen, dass neue Gesellschafter bei dieser Beteiligungsquote insgesamt in der Lage sind, ihren Willen in der Gesellschaft durchzusetzen und dass diese überwiegend (nämlich zu mehr als 50 %) von den Verlusten der Gesellschaft profitieren. Ein wesentlicher Vorteil des Abstellens auf weniger als 100 % ist zudem die ansonsten gegebene erhebliche Gestaltungsanfälligkeit. Es könnten Zwerganteile zurückbehalten werden ________________________ 39 In der Literatur wird zwar vorgeschlagen, die Norm insoweit einschränkend auszulegen (Messiaen, A.F.T. 2007, 15, 26 f.), im Wortlaut findet sich eine derartige Einschränkung aber nicht.

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C. Ausgestaltung einer Regelung

(etwa 0,1 %), womit die Norm ausgeschaltet werden könnte, obwohl die Gesellschaft wirtschaftlich nahezu vollständig den Mehrheitsgesellschaftern „gehört“.40 Die eingangs erwähnte Abwägung fällt daher deutlich zugunsten eines Abstellens auf weniger als 100 % aus. Die Festsetzung der konkreten Höhe verbleibt dann dem Gesetzgeber vorbehalten, wobei im Hinblick auf eine Kontrolle bzw. – im deutschen steuerrechtlichen Duktus – eine Beherrschung durch neue Gesellschafter eine Grenze von mehr als 50 % für einen vollständigen Verlustverfall angemessen, aber auch ausreichend sein sollte. bb) Begriff der Beteiligung Regelungen, die an eine Änderung auf Gesellschafterebene anknüpfen, bedürfen stets der Bestimmung, wer Gesellschafter im Sinne der entsprechenden Regelung ist. Eine Person ist Gesellschafter, wenn sie an der Gesellschaft beteiligt ist. Der Begriff der Beteiligung und dessen Umfang sind damit entscheidend für den Anwendungsbereich der jeweiligen Norm. Unter anderem der Umfang des Beteiligungsbegriffs bestimmt auf Tatbestandsebene auch, wie gestaltungssicher eine Vorschrift insgesamt ist. Dabei ist die Reichweite des Beteiligtenbegriffs in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich geregelt. Zunächst erfassen alle untersuchten Vorschriften Anteile am gezeichneten Kapital gewissermaßen als Grundfall. Hierbei lässt es die österreichische Vorschrift bewenden. Der Vorteil einer solchen Regelung liegt in der größtmöglichen Rechtssicherheit, ein gravierender Nachteil besteht allerdings darin, dass eine solche Norm durch entsprechende Gestaltungen relativ leicht umgangen werden kann. Liegt aber ein wirtschaftlich äquivalenter Vorgang vor, spricht die Vergleichbarkeit und die sonst gegebene Gestaltungsanfälligkeit dafür, dass auch solche Fälle gesetzlich erfasst werden sollten. Die Problematik, wie im Einzelnen zu bestimmen ist, welche Fälle in diesem Sinne vergleichbar sind, wird von den restlichen untersuchten Regelungen unterschiedlich beantwortet. Dem Rechtsanwender lässt zunächst der niederländische Weg mit dem Begriff der „Beteiligung“, der hier materiell auszulegen ist, Freiheiten zu bestimmen, welche Fälle vergleichbar sein sollen. Eine vom gesetzlichen Wortlaut ähnliche Regelung sah § 8 Abs. 4 KStG a. F. vor, nach dem die Übertragung von „Anteilen“ schädlich sein sollte. Nach wohl h. M. sollten hier aber nur Anteile am Nennkapital erfasst ________________________ 40 Zu einer – m. E. nicht möglichen – Lösung des Problems der Benachteiligung der verbleibenden Gesellschafter auf Rechtsfolgenseite s. u. 5. Kapitel: C. II. 2. a) cc), S. 282).

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

sein.41 Der niederländische Weg wäre damit in Deutschland wohl nicht gangbar, da es ohne weitere gesetzliche Anordnungen nicht zu einer „materiellen“ Auslegung eines Anteilsbegriffs käme. In bewusster Erweiterung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. verwendet § 8c KStG einen besonders extensiven Beteiligungsbegriff. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung von möglichen Erwerbsgegenständen u. a. dazu, dass das Verhältnis dieser zueinander unklar ist. Der Sache nach handelt es sich hier nicht um eine Erweiterung eines Anteilsbegriffs, sondern um eine schlichte Aufzählung. Zudem ist im Gesetz nicht angelegt, inwieweit diese Erwerbsgegenstände im Verhältnis zur (möglichen) Einflussnahme auf die Gesellschaft und zur Partizipation des Gesellschafters am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft stehen (und damit auch zum wirtschaftlichen Nutzen der Verluste).42 Dies gilt insbesondere auch für den Begriff der vergleichbaren Sachverhalte, der sehr viel Verunsicherung schafft und wenig Rechtssicherheit bietet. Eine ebenfalls im Vergleich zu weitgehende und nicht hinreichend konkrete gesetzliche Fassung enthält auch die belgische Vorschrift. Der Begriff der Kontrolle selbst, aber auch noch die Konkretisierung ist hochgradig unbestimmt und zu weit und stellt insbesondere auch nicht darauf ab, ob und inwieweit der Kontrollierende finanziell beteiligt ist, was aber für eine Verlustnutzung gerade entscheidend ist. Wie wirtschaftlich äquivalente Sachverhalte gesetzlich bestimmt werden können, ist insbesondere bei der britischen Vorschrift ersichtlich. Insbesondere auch bei der Bestimmung, wer Gesellschafter im Sinne der Vorschrift ist, wird der Sinn und Zweck der Vorschrift, die Verhinderung des Verlusthandels, nochmals sehr deutlich. Die Regelung stellt dann nicht auf die Anteile am gezeichneten Kapital ab, wenn Personen (unerheblich ob Gesellschafter oder Nichtgesellschafter) außerordentliche Rechte aufgrund des Gesellschaftsvertrags innehaben und aus diesem Grund die Anknüpfung an das gezeichnete Kapital keine angemessene Möglichkeit ist, um festzustellen, ob ein erheblicher Wechsel der Personen stattgefunden hat, denen die Verluste der Gesellschaft schließlich zugutekommen. Durch diese Vorschrift bleibt es einerseits bei einer Entscheidung im Einzelfall, welche Anteile und Rechte konkret erfasst werden, andererseits gibt die Norm dem Rechtsanwender ________________________ 41 So Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 185; Schloßmacher, in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 8 Rn. 445; B. Lang, in Ernst & Young, § 8 Rn. 1262; Hörger/ Kempter, DStR 1989, 15; „grundsätzlich“ für eine Anknüpfung an das Nennkapital auch BMF v. 16.4.1999, IV C 6-S 2745-12/99, BStBl. I 1999, 455, Tz. 3; a. A. etwa Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 Rn. 49, nach dem der Anteilsbegriff des § 8 Abs. 4 KStG mit dem Anteilsbegriff des § 17 EStG übereinstimmen sollte. 42 Zur hier vertretenen Auffassung s. 2. Kapitel: D. I. 2., S. 30.

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C. Ausgestaltung einer Regelung

den wesentlichen Anhaltspunkt vor, nach dem eine Entscheidung zu erfolgen hat. Zudem entfernt sich die Vorschrift auch nicht zu sehr vom Begriff des Gesellschafters, rein schuldrechtliche Abreden sind nicht erfasst.43 Gegenstück zur Erweiterung auf wirtschaftlich äquivalente Fälle ist die Einschränkung des Anteilsbegriffs für Fälle, in denen wirtschaftlich betrachtet keine ausreichende Beteiligung an der Gesellschaft vorliegt und es daher gerechtfertigt ist, diese Umstände außer Acht zu lassen. Hierbei hat insbesondere die amerikanische Vorschrift Vorbildfunktion, die insbesondere solche Beteiligungen am Eigenkapital ausklammert, die stimmrechtslos sind und lediglich ein Gewinnbezugsrecht im Rahmen gewöhnlicher Ausschüttungen vermitteln. Aber auch eine Regelung nach britischer Art dürfte, eine entsprechend umsichtige Auslegung vorausgesetzt, zu ähnlichen Ergebnissen kommen. cc) Übertragung vs. Änderung Die untersuchten Regelungen sehen verschiedene Konzepte vor, an welchen Umstand die Änderung auf Gesellschafterebene anknüpft. § 8c KStG und die britische Regelung knüpfen letztlich an einen Erwerb bzw. eine Übertragung von Anteilen an. Diese Vorgehensweise hat den Nachteil, dass Fälle, in denen sich zwar die Beteiligungsquoten in ausreichendem Umfang ändern, jedoch keine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Anteilen erfolgt, grundsätzlich nicht erfasst sind. Unter anderem diese Tatsache hat in Deutschland aus Sicht des Gesetzgebers das schwierige Tatbestandsmerkmal des vergleichbaren Sachverhalts notwendig gemacht. Die weiteren Staaten (Belgien, Niederlande, Österreich, USA) knüpfen dagegen allein an eine Änderung der Gesellschafter an. Ein solches Merkmal der (bloßen) Änderung ist dem Merkmal einer Übertragung überlegen. Denn dieses ist weiter und erfasste auch Fälle, in denen zwar keine Übertragung vorliegt, aber ein wirtschaftlich vergleichbarer Vorgang, bei dem es zu einer entsprechenden Änderung der Beteiligungsquoten kommt. Damit geht auch keine Preisgabe allgemeiner steuerlicher Prinzipien einher. Denn die Feststellung, welche Personen inwieweit beteiligt sind, richtet sich auch bei dieser Gesetzeskonzeption allein nach dem wirtschaftlichen Eigentum an den Beteiligungen. Es kommt für die Frage, ob eine Änderung der Beteiligungsquote eingetreten ist, lediglich nicht mehr auf eine Übertragung der jeweiligen Beteiligung an. Damit sind immanent alle Fälle erfasst, in der eine jeweilige Änderung stattgefunden hat, einer ausdrücklichen Normierung etwa ________________________ 43 Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 289 plädiert dagegen explizit für eine Anknüpfung (nur) an stimmberechtigte Gesellschaftsanteile.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

der Kapitalerhöhung als schädlicher Übertragung wie in § 8c Abs. 1 Satz 4 KStG bedürfte es nicht. Ebenfalls entfiele insoweit das Bedürfnis der Normierung der vergleichbaren Sachverhalte (vorausgesetzt man folgt einem Beteiligungsbegriff wie oben angeregt). dd) Erwerberkonzept vs. gesellschaftsbezogene Änderung Verschieden geregelt ist auch die Frage, bei welchen Personen sich die Änderung bzw. Übertragung vollziehen muss. Hierbei lassen sich grundlegend ein Erwerberkonzept und ein Konzept der gesellschaftsbezogenen Änderung unterscheiden. Die deutsche Vorschrift des § 8c KStG folgt dem Erwerberkonzept. Entscheidend ist, dass grundsätzlich eine Übertragung der Anteile an einen Erwerber erfolgen muss. Eine Übertragung an mehrere Personen wird nur dann erfasst, wenn diese gewissermaßen zu einem Erwerber zusammengefasst werden können, konkret im Falle nahe stehender Personen und Personen mit gleichgerichteten Interessen. Auch die belgische Regelung folgt diesem Erwerberkonzept. Eine Übernahme der Kontrolle muss sich grundsätzlich durch einen Gesellschafter vollziehen. Die Kontrolländerung durch mehrere Gesellschafter wird nur dann erfasst, wenn diese entsprechende Vereinbarungen getroffen haben oder andere tatsächliche Umstände für eine gemeinschaftliche Kontrolle sprechen. Die britische Vorschrift folgt dem Erwerberkonzept nur in Teilen. Zwar ist nach der ersten Alternative des § 719 (2) CTA 2010 erforderlich, dass eine einzelne Person die Anteile erwirbt. Die anderen Alternativen lassen es aber ausreichen, dass mehrere Personen erwerben, wobei diese grundsätzlich nicht miteinander verbunden sein müssen. Einzige Voraussetzung ist, dass diese Personen jeweils mindestens 5 % der Anteile erwerben oder in der Folge des Erwerbs halten. Nur hierbei – zur Verhinderung der Umgehung dieser 5 %Grenze – ist ein Verbundensein der Personen erforderlich. Durch diese weite Fassung des Erwerberbegriffs in den beiden letzten Alternativen kann aber wertend nicht mehr von einem Erwerberkonzept gesprochen werden. Die Regelung soll daher in die zweite Gruppe eingeordnet werden. In diese Gruppe fallen auch alle weiteren Regelungen. Entscheidend ist bei diesen nur, dass sich die Gesellschafterstruktur in ausreichendem Maße ändert. Nicht maßgeblich ist dagegen, wer die Anteile schließlich erwirbt. So stellt die niederländische Regelung bloß darauf ab, ob eine Änderung der Beteiligungen erfolgt, die österreichische, ob eine Änderung der Gesellschafterstruktur vorliegt und die amerikanische, ob eine Änderung der Anteilseigner bzw. eine Änderung der Eigenkapitalstruktur gegeben ist. Die Ausgestaltung einer Regelung im Sinne des Erwerberkonzeptes oder im Sinne einer gesellschaftsbezogenen Änderung ist nicht per se vorteilhaft oder 250

C. Ausgestaltung einer Regelung

nachteilig.44 Beide Modelle erfüllen den Grundzweck einer solchen Vorschrift, den Handel mit Verlusten zu verhindern. Der Unterschied besteht darin, dass beim Erwerberkonzept ein Verlusthandel nur angenommen wird, wenn Anteile in einem qualifizierten Umfang an einen Erwerber übergehen (der zur Verhinderung von Umgehungen auch aus aufgrund bestimmter Umstände zusammengefassten Personen bestehen kann). Das andere Modell nimmt einen Handel dagegen bereits an, wenn die Anteile in ausreichendem Umfang an beliebige Personen übergehen. Die Ausgestaltung ist daher in erster Linie Sache des rechtspolitischen Willens zur Reichweite der Norm, inwieweit ein Verlusthandel verhindert werden soll. Nur bei einem Erwerb durch einen Erwerber (ggfs. -gruppe) oder generell bei einem wirtschaftlichen Übergang der Verluste auf andere Personen, ungeachtet deren Zusammengehörigkeit. Allerdings können durch die grundsätzliche Anknüpfung an jegliche Anteilsübertragung erhebliche Probleme im Bereich der Administrierbarkeit entstehen, die beim Erwerberkonzept von vornherein abgemildert werden. So ist es theoretisch denkbar, dass innerhalb des von der Norm gesetzten Zeitrahmens, in dem sich die Änderung der Beteiligungen vollziehen muss, so viele Übertragungen von Kleinstanteilen erfolgen, dass dies zwar insgesamt ausreicht, um die Voraussetzungen zu erfüllen, eine praktische Überprüfung aber regelmäßig nur unter sehr schwierigen Umständen möglich ist. Beim Erwerberkonzept ist eine solche Übertragung von Kleinstanteilen zwar auch erfasst. Diese sind allerdings nur schädlich, wenn eine Übertragung an einen Erwerber oder ein Mitglied der Erwerbergruppe erfolgt, was die Überprüfbarkeit erheblich erleichtert. Die Normen, die an die bloße Änderung anknüpfen, können insoweit nur durch andere Mechanismen helfen, insbesondere durch anderweitige besondere Anforderungen an Gesellschafter bzw. Erwerber. ee) Besondere Anforderungen an die Gesellschafter bzw. Erwerber (1) Teilweise Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquoten Teilweise sehen die untersuchten Vorschriften besondere Anforderungen an die beteiligten Gesellschafter bzw. Erwerber vor. Die niederländischen und österreichischen Vorschriften kennen keine diesbezüglichen Einschränkungen. In Deutschland und Belgien könnte man insoweit das Erwerberkonzept als Einschränkung in diesem Sinne auffassen. Die britische und die ameri________________________ 44 Abweichend Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 293, nach der die gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise weniger streitanfällig und deshalb überzeugender sein soll.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

kanische Regelung wenden in diesem Zusammenhang Mindestbeteiligungsbzw. Mindesterwerbsquoten an. Nach der britischen Vorschrift ist der Erwerb durch mehrere Personen nur dann erfasst, wenn diese jeweils mindestens 5 % der Anteile erwerben oder in der Folge des Erwerbs halten. Damit werden Erwerbe von Gesellschaftern, die nach dem Erwerb weniger als 5 % halten, aus dem Anwendungsbereich ausgeklammert. Ähnlich sieht die amerikanische Vorschrift vor, dass sich die Beteiligungsquote bei sog. 5 %-Anteilseigner erhöhen muss. Ein 5 %-Anteilseigner in diesem Sinne ist jede Person, die zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Zeitrahmens, in dem ein Anteilseignerwechsel erfolgen muss (hier grundsätzlich 3 Jahre) zu mindestens 5 % an der Verlustgesellschaft beteiligt war. Diese Regelung erweist sich damit als weitergehender als ihr britisches Pendant. Beispiel: A war im Jahr 2008 mit 6 % an einer Verlustgesellschaft beteiligt. In 2009 veräußerte er 5,1 %, in 2010 erwarb er wiederum 4 % der Anteile, so dass er nun 4,9 % hält. Nach der US-Regelung ist dieser Erwerb in 2010 von 4 % zu berücksichtigen, da A wegen seiner 6 % Beteiligung in den letzten drei Jahren als 5 % Anteilseigner anzusehen ist. Die britische Regelung erfasste diesen Erwerb dagegen nicht, da A weder 5 % erworben hat noch in der Folge des Erwerbs hält. Zudem ergibt sich ein weitergehender Anwendungsbereich der amerikanische Vorschrift aus der Behandlung der sog. Publikumsgruppen. Die besondere Behandlung der Publikumsgruppen in den USA findet sich in keinem anderen untersuchten Staat. Nach dieser Regelung werden grundsätzlich alle Anteilseigner, die weniger als 5 % der Anteile halten, zu einem gesonderten 5 %-Anteilseigner – der Publikumsgruppe – zusammengefasst, wobei dann unter bestimmten Voraussetzungen wiederum mehrere Publikumsgruppen separat betrachtet werden (dazu i. E. 4. Kapitel: H. III. 2. g), S. 210). Dies hat zur Folge, dass auch Anteilsübertragungen an solche und zwischen solchen Gruppen (sofern sie als separat zu betrachten sind) erfasst werden, ohne dass die einzelnen maßgeblichen Letztanteilseigner jeweils als 5 %-Anteilseigner zu qualifizieren wäre. Dies führt etwa dann zur Schädlichkeit, wenn z. B. mehr als 50 % der Anteile im Rahmen eines Börsengangs in den öffentlichen Handel begeben werden und die Erwerber jeweils weniger als 5 % erwerben. Die britische Regelung griffe in einem solchen Fall deshalb nicht, die amerikanische dagegen schon, da alle Erwerber, die weniger als 5 % erworben haben zu einer Publikumsgruppe zusammengefasst werden, die damit als selbständiger 5 %-Anteilseigner ihre Beteiligung um mehr als 50 % erhöht hat. Bei der Bestimmung, ob die 5 % Grenze erfüllt ist, sehen beide Staaten spezielle Missbrauchsvermeidungsregelungen vor. In Großbritannien werden 252

C. Ausgestaltung einer Regelung

Beteiligungen verbundener Personen zusammengerechnet. Dieses Verbundensein kann sich durch verwandtschaftliche oder gesellschaftliche Verbindungen ergeben. Die US-Regelung fasst ähnlich auch Beteiligungen einzelner Familienmitglieder zu einer Beteiligung zusammen. Eine Zusammenrechnung aus gesellschaftlichen Gründen ist hier entbehrlich, da Gesellschaften als transparent betrachtet werden und es daher insoweit grundsätzlich nicht zu einer Umgehung kommen kann (dazu s. u.). (2) Bewertung Nach dem Konzept der gesellschaftsbezogenen Änderung der Gesellschafter kann grundsätzlich auch die Übertragung von Kleinstanteilen schädlich sein, wenn sie in einem entsprechenden Umfang erfolgt. Um den Handel mit Kleinstanteilen, insbesondere bei Gesellschaften, deren Anteile öffentlich gehandelt werden, nicht zu behindern, wird der Anwendungsbereich der Norm durch die beschriebenen Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquote eingeschränkt. Dieser Grund ist sachgerecht und rechtspolitisch sinnvoll. Das wird auch untermauert durch die Tatsache, dass die Übertragung von Kleinstanteilen insbesondere an einer Börse kaum kontrolliert werden kann. Bei dem Modell des Erwerberkonzepts ist die Übertragung von Kleinstanteilen zwar erfasst; die Staaten, die diesem folgen (Deutschland und Belgien), kennen keine entsprechende Einschränkung. Eine Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquote ist bei diesem Konzept aber auch nicht notwendig, da Übertragungen nur schädlich sind, wenn sie an einen Erwerber oder ein Mitglied einer Erwerbergruppe erfolgen. Bei einer Übertragung an eine Person ist eine Mindestbeteiligung ohnehin obsolet, da dann die gesetzliche Höhe der Änderung auf Gesellschaftsebene eine solche darstellt. Daher könnte dies allein eine Rolle spielen bei einem Erwerb durch mehrere Personen. Diese Erwerbe sind aber nur dann schädlich, wenn die mehreren Personen aufgrund besonderer Umstände quasi zu einem Erwerber zusammengefasst werden. Diese Zusammenfassung aufgrund einer Missbrauchsregelung geschieht aber regelmäßig nur, wenn die Personen aus wirtschaftlichen Gründen als eine Person anzusehen sind. In diesem Fall besteht aber kein Grund bestimmte Erwerbe auszunehmen. Dies zeigt auch wiederum ein Vergleich mit den Regelungen, die eine Mindestbeteiligungsquote vorsehen. Auch hier existieren Missbrauchsregelungen, die mehrere Personen zusammenfassen, wenn ein typisierter Missbrauch vorliegt. Selbst diese Staaten negieren also in diesem Fall die Notwendigkeit einer Mindestbeteiligungsbzw. Mindesterwerbsquote. Eine teilweise Ausnahme hiervon bilden die US-Regelungen zur Publikumsgruppe, die auch bei einer nicht gegebenen Verbundenheit zu einer Zusam253

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

menfassung führen, allerdings nicht im Sinne einer Addition der verschiedenen Beteiligungsquoten, sondern zu einem gesonderten 5 %-Anteilseigner. Es ist aber fraglich, ob die damit verbundene Erfassung von Fällen, die ansonsten durch das Raster der Mindestbeteiligungsquote fallen würden, diese Regelungen rechtfertigt, die an Kompliziertheit für diesen engen Bereich kaum zu überbieten sind (dazu s. 4. Kapitel: H. III. 2. g) bb) bb) und cc), S. 211 f.). Auch wird in den Fällen, die diese Regelung im Wesentlichen erfasst, ein Verlusthandel regelmäßig gerade nicht im Vordergrund stehen. Der Nutzen dieser Regelung steht hier außer Verhältnis zum damit verbundenen Aufwand. ff) Erfassung mittelbarer Veränderungen Ein wesentliches Kriterium für die Reichweite einer Regelung zum Verlusthandel ist, in welcher Weise sich mittelbare Veränderungen der Gesellschafter auswirken. Die österreichische Regelung erfasst nur unmittelbare Änderungen der Gesellschafterstruktur. Entsprechend sollte auch die Norm des § 8 Abs. 4 KStG a. F. in ihrer Auslegung durch den BFH nur die unmittelbare Übertragung von Anteilen erfassen. In bewusster Abkehr von dieser Rechtslage erfasst § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG wie auch die restlichen untersuchten Regelungen mittelbare Veränderungen der Gesellschafter. Es stellt sich die Frage, ob eine Erfassung auch mittelbarer Veränderungen der Gesellschafterstruktur, wie sie die meisten Staaten vorsehen, überhaupt sinnvoll ist, oder ob diese nicht wie in Österreich unbeachtlich sein sollten. Die Erfassung auch mittelbarer Veränderungen kann man zunächst damit begründen, dass die Norm hinreichend gestaltungsfest sein soll.45 In der Tat ist dies ein entscheidender Punkt, könnte doch eine Norm, die ausschließlich unmittelbare Veränderungen für tatbestandsmäßig erklärt, relativ leicht umgangen werden, indem zwischen Verlustgesellschaft und Gesellschafter eine weitere Gesellschaft zwischengeschaltet wird, an der dann die Anteile gefahrlos übertragen werden können. Hiergegen wird zum Teil eingewandt, dass durch die „Zwischenschaltung“ bereits das Merkmal einer Änderung der Beteiligungen erfüllt sei, was bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen schädlich wäre.46 Diesem Argument ist aber nur zuzugeben, dass es insoweit zutrifft, als die Zwischenschaltung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem ________________________ 45 Siehe z. B. insbesondere die Stellungnahme des Bundesrates im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008, BT-Drucks. 16/5377, in der die Erfassung auch mittelbarer Anteilseignerwechsel als „im Hinblick auf derzeit bestehende Umgehungsmöglichkeiten im Rahmen des § 8 Abs. 4 KStG dringend notwendig“ bezeichnet wird. 46 So in Österreich Petritz/Ressler, ÖStZ 2006, 192, 197.

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die durch die Zwischenschaltung bewirkte Beteiligungsänderung schädliche Wirkungen haben kann. Wird vorausschauend eine Gesellschaft zwischengeschaltet, etwa indem von vornherein oder in einer Gewinnsituation ein mehrstufiger Beteiligungsaufbau mit entsprechenden „Blockergesellschaften“ etabliert wird, läuft dieses Argument bereits leer. Sieht die jeweilige Regelung zudem weitere Voraussetzungen vor, könnte man die Zwischenschaltung vornehmen ohne die weiteren Voraussetzungen zu erfüllen und dann – nach „Aussitzen“ des von der Norm vorgegebenen zeitlichen Rahmens – die Anteilsübertragung an der zwischengeschalteten Gesellschaft vornehmen und dann gefahrlos die anderen Merkmale verwirklichen. Selbst wenn die Zwischenschaltung aber nicht im Hinblick auf die Verluste etabliert wurde, begünstigte die Anknüpfung mehrstufige Konzerne. Nicht hinreichend komplexe Beteiligungsstrukturen würden dagegen benachteiligt. Allerdings kann die hinreichende Gestaltungsfestigkeit letztlich immer nur ein Hilfsgrund für die nähere Ausgestaltung einer Norm sein. Die positive Erfassung eines Sachverhaltes durch eine Norm verlangt eine eigene innere sachliche Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung findet sich bei solch einer „Gestaltungsabwehr“ grundsätzlich darin, dass eine Norm bestimmte Fälle erfassen soll, diese gesetzliche Erfassung aber nicht durch Gestaltungen, mit denen wirtschaftlich ein im Grundsatz gleiches oder ähnliches Ergebnis erreicht wird, unterlaufen bzw. umgangen werden soll.47 Übertragen auf die Erfassung mittelbarer Veränderungen bedeutet dies Folgendes: Die Rechtfertigung solcher Normen beruht auf einer Verhinderung des Verlusthandels. Ein Verlust kann aber bei einer lediglich mittelbaren Übertragung genauso gehandelt werden wie bei einer unmittelbaren. Wenngleich ein mittelbarer Verlusthandel nicht auf solche Fälle beschränkt werden sollte, wird dies besonders deutlich bei einer nahezu vermögenslosen lediglich zwischengeschalteten Gesellschaft. Daher ist es sachgerecht, auch mittelbare Veränderungen zu erfassen.48 Dies gilt nicht zuletzt – um nochmals auf andernfalls mögliche Gestaltungen zurückzukommen – vor dem Hintergrund eines ansonsten hier wiederum zu beobachtenden Effekts der Dummensteuer: der steuerlich gut beratene Steuerpflichtige baute mit entsprechenden Gestaltungen vor, der nicht oder schlecht beratene müsste die Folgen hinnehmen.

________________________ 47 Vgl. für § 8c KStG auch Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 37. 48 Gl. A. etwa auch Dötsch/Pung, DB 2008, 1703, 1706. A. A. Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 291 f.

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gg) Mittelbare Übertragung vs. Änderung der Letztanteilseigner (1) Konzept der mittelbaren Übertragung Die Regelungen, die dem Grunde nach auch mittelbare Veränderungen der Gesellschafterstruktur erfassen, können in zwei verschiedene Konzepte unterteilt werden, erstens das der mittelbaren Übertragung und zweitens das der Änderung der Letztanteilseigner. Die deutsche, britische und die belgische Regelung sind dem ersten Konzept zuzuordnen. Nach § 8c KStG ist neben der unmittelbaren auch die mittelbare Übertragung tatbestandsmäßig. Hierbei werden gleichzeitig mit einer unmittelbaren Übertragung der Anteile an einer Gesellschaft mittelbar auch alle Anteile, die diese hält, übertragen. Vom Grundsatz her ähnlich verfährt die britische Regelung, nach der ein schädlicher Anteilseignerwechsel auf Ebene einer übergeordneten Gesellschaft auch auf alle untergeordneten Gesellschaften durchschlägt. Es besteht hier aber ein wesentlicher Unterschied zur deutschen Regelung: Nach der britischen Vorschrift gelten die Anteile an der jeweiligen Tochtergesellschaft nur dann als erworben, wenn auf Ebene der übergeordneten Gesellschaft ein schädlicher Anteilseignerwechsel vorliegt, d. h. hier mehr als 50 % erworben werden. Als erworben gilt insoweit dann der entsprechend durchgerechnete Anteil. Die deutsche Regelung stellt insoweit zumindest nach der derzeit h. M. (und der hier vertretenen Auffassung) nur auf die durchgerechnete Beteiligungsquote ab, ohne dass es zu einem schädlichen Beteiligungserwerb auf Ebene der übergeordneten Gesellschaft gekommen sein muss (s. o. 2. Kapitel: D. I. 3. b) bb), S. 40). Auch die belgische Regelung erfasst ihrem Wortlaut nach grundsätzlich jede mittelbare Änderung der Kontrolle auf jeder Beteiligungsstufe. Die Regelung stellt ebenfalls darauf ab, ob eine entsprechende Beherrschung auf den jeweiligen Beteiligungsstufen vorliegt und ist insoweit mit der britischen Norm zu vergleichen. Allerdings hat eine solche Beherrschung anders als die britische Vorschrift zur Folge, dass immer der gesamte Anteil, den eine Muttergesellschaft an einer Tochtergesellschaft hält, als erworben gilt, auch wenn die Beteiligung an der Muttergesellschaft weniger als 100 % beträgt. Damit kann ein schädlicher Erwerb der Kontrolle aber auch dann gegeben sein, ohne dass durchgerechnet eine Beteiligung von mehr als 50 % vorliegt (siehe zum Ganzen 4. Kapitel: B. II. 2. a) dd), S. 129). (2) Konzept der Änderung der Letztanteilseigner Die niederländische und die amerikanische Regelung verfolgen ein anderes Konzept. Gesellschaften werden für Zwecke der entsprechenden Vorschrift als transparent betrachtet. Diese transparente Betrachtung erfolgt grundsätzlich die ganze Beteiligungskette hinauf bis zu den natürlichen Personen als 256

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„letzte“ Gesellschafter (Letztanteilseigner). Maßgebend ist nach diesem Modell grundsätzlich, ob sich die Beteiligungsverhältnisse auf Ebene der Letztanteilseigner in ausreichendem Umfang ändern. Diese grundsätzliche transparente Betrachtung endet aber in bestimmten Fällen, die sich im Wesentlichen mit einer beabsichtigten besseren Administrierbarkeit erklären lassen und deren Folgen daher in diesem Zusammenhang besprochen werden sollen (D. VI. 3. b), S. 310). (3) Bewertung (i) Grundsätzlich Beide Konzepte führen trotz ihrer unterschiedlichen Ansatzpunkte zunächst dazu, dass auch mittelbare Veränderungen der Gesellschafterstruktur tatbestandsmäßig sind und erfüllen demzufolge das grundsätzliche Bedürfnis nach der Erfassung auch solcher Fälle (dazu oben ff), S. 254). Insoweit bestehen folglich keine Unterschiede. Es steht aber ein anderes Verständnis hinter den verschiedenen Konzepten. Das Konzept der Letztanteilseigner stellt allein auf die natürlichen Personen ab. Entscheidend ist hiernach, ob sich auf dieser Ebene etwas ändert, sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften werden grundsätzlich als transparent betrachtet. Hinter diesem Abstellen auf die Letztanteilseigner steht wohl der Gedanke, dass die natürlichen Personen die eigentlichen Nutznießer der Gewinne und eben auch Verluste der Gesellschaften sind. Das Konzept der mittelbaren Übertragung negiert Gesellschaften dagegen auch für Zwecke einer speziellen Verlusthandelsregelung dem Grunde nach nicht. Die Gesellschaften selbst kommen als grundsätzlich maßgebende Gesellschafter in Betracht. Die grundsätzliche Negierung von Gesellschaften für Besteuerungszwecke erinnert stark an das insbesondere von wirtschaftswissenschaftlicher Seite propagierte Besteuerungskonzept, nach dem Gesellschaften nur Instrumente von Unternehmern zur Einkommenserzielung und als solche grundsätzlich nicht selbst leistungsfähig sind (was in der Forderung nach einer Teilhabersteuer gipfelt, s. zum ganzen oben B. I. 2, S. 233). Wie bereits oben dargelegt wurde, liegt dem geltenden Besteuerungssystem in Deutschland allerdings ein anderes Verständnis zugrunde. Systematischer erscheint daher in diesem Zusammenhang das Konzept der mittelbaren Übertragung, das die Körperschaft auch als eigenständige Gesellschafter im Sinne einer Regelung zum Verlusthandel ansieht. Damit einher geht allerdings das Problem der Notwendigkeit einer Konzernklausel, die diesen Gedanken wiederum relativiert (dazu s. u. hh)). Fraglich ist aber, ob sich das Konzept der bloßen Änderung (als Gegenpart zum Konzept der Übertragung, dazu s. o. cc), S. 249) und das Konzept der 257

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mittelbaren Übertragung miteinander vereinbaren lassen. Auch wenn die Staaten, die das Konzept der mittelbaren Übertragung anwenden, dem Grunde nach auf eine Übertragung von Anteilen und nicht auf eine Änderung der Gesellschafter abstellen, präjudiziert eine Entscheidung für das Konzept der bloßen Änderung nicht zwingend eine Entscheidung für eine Transparenzbetrachtung. Denn stellt man darauf ab, ob sich die Beteiligung eines Gesellschafters unmittelbar oder mittelbar um mehr als (z. B.) 50 % erhöht, ist die Beteiligung jedes Gesellschafters in der Beteiligungskette angesprochen, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung hält.49 Ergibt sich hier eine Änderung, ist diese grundsätzlich beachtlich, ohne dass es darauf ankäme, ob sich mittelbare Änderungen ergeben, d. h. ob sich die Beteiligungsquote eines Letztanteilseigners ändert. Dieses bedarf einer gesonderten Regelung (eben eine Anwendung des Transparenzprinzips oder eine Konzernklausel). Verbindet man beide Konzepte derart, könnte man vom Konzept der mittelbaren Änderung sprechen. (ii) Mittelbare Übertragungen nur bei ihrerseits schädlichen Anteilseignerwechseln? Bei Deutschland und Großbritannien, die von den untersuchten Staaten das Konzept der mittelbaren Übertragung anwenden, besteht wie bereits oben ausgeführt ein Unterschied dahingehend, dass die britische Regelung bei mittelbaren Übertragungen nicht auf die durchgerechnete Beteiligungsquote abstellt, sondern eine Änderung auf Ebene einer untergeordneten Gesellschaft nur dann annimmt, wenn auf Ebene der übergeordneten Gesellschaft ebenfalls ein schädlicher Anteilseignerwechsel vorliegt. Diese Lösung – die im Wesentlichen auch der von Suchanek für § 8c KStG vorgeschlagenen Vorgehensweise entspricht50 – ist rechtspolitisch vorzugswürdig, da man hiermit eine Verknüpfung zur erforderlichen Höhe der Änderung auf Gesellschafterebene herstellt. Handelt es sich um eine Regelung, bei der die Kontrolle bzw. Beherrschung maßgebliches Element ist, sollten mittelbare Übertragungen entsprechend auch nur dann berücksichtigt werden, wenn sie eine entsprechende Kontrolle bzw. Beherrschung (wie sie durch die Norm typisiert ist) vermitteln. ________________________ 49 A. A. wären wohl die Stimmen, die bereits bei der Gesetzesfassung des § 8c KStG eine Transparenzbetrachtung anstellen, so etwa Ballwieser/Frase, BB 2009, 1502, 1507 (dazu s. i. E. 2. Kapitel: D. I. 3. b) cc), S. 42). Das obige Verständnis sollte aber jedenfalls dann zwingend sein, wenn man eine gesonderte Konzernklausel mit besonderen Voraussetzungen einführt. Bei einem gesetzlich angeordneten Abstellen auf die Letztanteilseigner erübrigte sich dieses Thema ohnehin. 50 Suchanek, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8c KStG Rn. 23.

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Als Nebeneffekt würde hierbei auch eine Verbesserung der Administrierbarkeit erreicht. Jedenfalls wenn gesellschaftsrechtliche oder kapitalmarktrechtliche Publizitätspflichten bestehen,51 dürfte es leichter feststellbar sein, wenn auf einer übergeordneten Ebene eine qualifizierte Änderung vorliegt, als wenn stets nur die durchgerechnete Beteiligungsquote maßgebend ist. Eine entsprechende Rechtslage kann dem geltenden Recht unter § 8c KStG aber nicht entnommen werden, erforderlich wäre hier eine positive gesetzliche Aussage, wie es im Übrigen auch der britischen Regelung entspricht. Unabhängig von der Frage, ob man Erwerbe nur berücksichtigt, wenn auch eine Beherrschung vorliegt, sollte aber jedenfalls maximal die durchgerechnete Beteiligungsquote als erworben angesehen werden, eine Vorgehensweise wie bei der belgischen Norm ist abzulehnen. hh) Fehlende mittelbare Änderung Ein wesentlicher Unterschied der Konzepte der mittelbaren Übertragung und Änderung der Letztanteilseigner besteht bei den Folgen einer Übertragung innerhalb einer Beteiligungskette, wenn bzw. soweit sich mittelbar keine Änderung ergibt, insbesondere wenn sich die Änderung der Beteiligungen (ggf. rein) konzernintern vollzieht. Will man diese Fälle aus dem Anwendungsbereich der Norm ausklammern, ist dies beim Konzept der mittelbaren Übertragung nur durch eine sog. Konzernklausel möglich. Die deutsche Vorschrift des § 8c KStG enthielt in der in den Jahren 2008 und 2009 geltenden Fassung keine Konzernklausel. Unter Revidierung der vorherigen Ansicht, dass eine Konzernbetrachtung „zu verwaltungsaufwändig und gestaltungsanfällig“ sei,52 wurde eine Konzernklausel mit Wirkung ab 2010 eingeführt. Diese findet nur dann Anwendung, wenn sich die Beteiligungsquoten überhaupt nicht geändert haben, erforderlich ist eine 100 % Identität. Darüber hinaus greift die Regelung – zumindest ihrem Wortlaut nach – nicht in allen Fällen ein, in denen sich mittelbar keine Änderungen ergeben, sondern stellt weitere Voraussetzungen auf, die für eine Unschädlichkeit gegeben sein müssen (insbesondere ein dreistufiger Konzernaufbau53). Auch das britische Recht enthält eine Konzernklausel. Diese lässt im Gegensatz zur deutschen Regelung ausreichen, dass die übergeordnete Gesellschaft zu mindestens 75 % vor und nach dem Anteilseignerwechsel beteiligt ist. Zudem sieht sie nicht zwingend einen mindestens dreistufigen Beteiligungsaufbau vor, es ________________________ 51 Für GmbHs etwa nach § 40 GmbHG; kapitalmarktrechtlich bei Beteiligungsveränderungen von u. a. 25 % und 50 %, § 21 Abs. 1 WpHG. 52 BT-Drucks. 16/4841, S. 76. 53 Siehe zur Auslegung der Konzernklausel des § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG oben 2. Kapitel: D. I. 6., S. 51.

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reicht aus, wenn eine übergeordnete Gesellschaft beteiligt bleibt. Allerdings muss es sich hierbei nach dem ausdrücklichen Wortlaut um eine Kapitalgesellschaft handeln, natürliche Personen oder Personengesellschaften sind nicht erfasst. In systematischer Hinsicht ist bemerkenswert, dass die Höhe der erforderlichen Beteiligung von mindestens 75 % mit anderen Regelungen im britischen Körperschaftsteuerrecht korrespondiert. So ist auch im Rahmen des Konzernabzugs („group relief“54), der die Möglichkeit der Übertragung von Verlusten innerhalb eines Konzerns ermöglicht, erforderlich, dass eine sog. 75 %-Tochtergesellschaft vorliegt. Jedenfalls im Bereich der Verluste besteht damit kein unterschiedlicher Konzernbegriff wie etwa in Deutschland bei § 8c KStG und bei den Organschaftsregelungen nach §§ 14 ff. KStG. Das Konzept der Änderung der Letztanteilseigner erfasst dagegen die problematischen Fälle, in denen sich mittelbar keine Änderung auf Gesellschafterebene ergibt, bereits von der grundsätzlichen Systematik nicht. Durch das Abstellen auf die Letztanteilseigner wirken sich unmittelbare Veränderungen der Gesellschafterstruktur von vornherein nicht aus, wenn sich mittelbar keine Änderungen ergeben. Denn besteht eine mehrstufige Beteiligung, kommt es gerade ausschließlich darauf an, ob mittelbar eine Änderung vorliegt. Diesem Modell ist die Lösung des Problems quasi immanent. Gleichwohl kennt das amerikanische Recht zusätzlich zur Transparenz- auch eine Konzernbetrachtung. Liegt auf Ebene der gemeinsamen Muttergesellschaft der konsolidierten Gruppe kein Anteilseignerwechsel vor, sind etwaige Anteilseignerwechsel auf Ebene der Tochtergesellschaften irrelevant. (1) Bedürfnis für eine Konzernklausel Zunächst stellt sich die Frage, ob die Nichtanwendbarkeit einer Norm zum Verlusthandel in dem Fall, in dem sich mittelbar keine Änderungen ergeben, rechtspolitisch überhaupt sinnvoll oder sogar geboten ist. Hierbei sollte wiederum auf den Hintergrund der untersuchten Regelungen abzustellen sein, die Verhinderung eines Handels mit Verlusten. Zwar kann bei einer Änderung innerhalb einer Beteiligungsstruktur ein Handel mit Verlusten vorliegen, bei denen dann andere Konzerngesellschaften und damit andere Steuerpflichtige55 von den Alt-Verlusten profitieren. Dieser Handel ist aber nicht sanktionswürdig. ________________________ 54 Das group relief dürfte seit der EuGH-Entscheidung v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, DStR 2005, 2168 auch hierzulande sehr bekannt geworden sein. 55 Selbst im Falle der Organschaft verlieren die Gesellschaften ihre Steuerrechtssubjektivität nicht.

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Bei konzerninternen Sachverhalten handelt es sich regelmäßig um betriebswirtschaftlich sinnvolle oder sogar notwendige Umstrukturierungen, die durch eine auch bei diesen Sachverhalten greifende Regelung – volkswirtschaftlich nachteilig – verhindert werden könnten.56 Zudem profitieren nach einer bloßen Änderung innerhalb einer Beteiligungsstruktur wirtschaftlich letztlich keine anderen Personen von diesen Verlusten, die auch vorher mittelbar von den Verlusten profitiert hätten.57 Hieraus ergibt sich trotz des konzeptionellen Grundunterschieds zwischen den beiden beschriebenen Modellen im Grundsatz eine Gemeinsamkeit: hier wie dort wird nicht allein auf die einzelne Gesellschaft abgestellt, sondern darauf, ob von den Verlusten letztlich andere Personen profitieren (bei der Bestimmung, wer diese Personen sind, können dann wiederum Unterschiede bestehen, s. u. (2)). Dies ist insbesondere deshalb auch folgerichtig, da allein diese aus einem steuerlichen Verlust Vorteile ziehen könnten, die als ungerechtfertigt zu beurteilen wären. Denn die gesamte Wertschöpfung wird wirtschaftlich gesehen oftmals durch den Gesamtkonzern erzielt. Ein schlichtes Abstellen allein auf die einzelne Gesellschaft wegen ihrer steuerlichen Selbständigkeit bedeutete eine weit übermäßige Betonung der Systematik unter Außerachtlassung wirtschaftlicher Realitäten. Auch sonst spricht keines der anderen o. g. Argumente, die für eine Beschränkung des Verlusthandels sprechen, dafür, dass konzerninterne Änderungen schädlich sein sollten. Trotz der an sich systematischeren Anknüpfung an mittelbare Übertragungen kommt es daher im Grundsatz zu keiner anderen Wertung, wenn man wie hier eine Konzernklausel befürwortet. Insgesamt gesehen ergibt sich ein Zusammenspiel mit der grundsätzlichen Erfassung von mittelbaren Erwerben. Es handelt sich hierbei um zwei Seiten einer Medaille: Werden auf der einen Seite mittelbare Übertragungen als tatbestandsmäßig erfasst, weil wirtschaftlich gesehen auch hierbei ein Verlusthandel erfolgt, sind auf der anderen Seite Übertragungen ohne eine solche mittelbare Änderung grundsätzlich auszuklammern, weil hierbei wirtschaftlich gesehen kein Verlusthandel gegeben ist. (2) Ausgestaltung einer Konzernklausel Bejaht man das grundsätzliche Bedürfnis Fälle auszuklammern, in denen sich mittelbar keine Änderungen ergeben, stellt sich die weitere Frage nach der konkreten Ausgestaltung. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, auf ________________________ 56 Vgl. Sistermann/Brinkmann, DStR 2008, 897. 57 Vgl. auch Möhlenbrock, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 352; Cortez/Brucker, BB 2010, 734, 738.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

welche Person(en) man bei einer Konzernklausel bei der Frage abstellt, wer letztlich von den Verlusten profitiert. Denn sind die so bestimmten Personen unverändert (zumindest mittelbar) beteiligt, bildet dies den inneren Rechtfertigungsgrund für die gebotene Herausnahme aus dem Anwendungsbereich. Während das Konzept der Letztanteilseigner auf ebendiese abstellt, bestimmen die untersuchten Konzernklauseln eine einzelne obere Person bzw. Gesellschaft als maßgeblich in diesem Sinne. Hierbei wird wiederum der bereits oben angesprochene grundlegende konzeptionelle Unterschied aktuell, der bei den unterschiedlichen Konzepten feststellbar ist (s. o. gg) (3) (i), S. 257). Allgemein gesprochen steht hier die Frage der „Zurechnungseinheit“ in diesem Sinne im Raum. Beim Konzept der Letztanteilseigner ist Zurechnungseinheit für Verluste in diesem Zusammenhang (grundsätzlich) der jeweilige Letztanteilseigner. Ändert sich dieser nicht, bleibt die Zurechnungseinheit gleich, eine Beschränkung ist von vornherein nicht geboten. Beim Konzept der mittelbaren Übertragung ist Zurechnungseinheit dagegen grundsätzlich jede Gesellschaft (als Gesellschafter) selbst. Ändert sich diese, ändert sich auch die „formelle“ Zurechnungseinheit. Eine Verlustbeschränkung ist aber dann nicht geboten, wenn sich die „materielle“ Zurechnungseinheit nicht ändert. Diese ist bei der Konzernklausel aber nicht der Letztanteilseigner, sondern der Konzern – in Deutschland die Organschaft. Die Übertragung einer Verlustgesellschaft innerhalb eines Konzerns soll unschädlich sein, da deren Verluste wirtschaftlich auch von diesem Konzern getragen werden. Freilich wäre es auch bei einer Konzernklausel denkbar (und gesetzestechnisch ohne Weiteres machbar), auf die Letztanteilseigner als Zurechnungseinheit abzustellen. Damit käme man allerdings zu keinem anderen Ergebnis als bei einer Transparenzbetrachtung, womit man sich den Umweg über eine eigenständige Konzernklausel sparen könnte. In diesem Fall wäre die Transparenzbetrachtung vorteilhafter. Gesetzestechnisch müsste diese aber gesondert angeordnet werden. Geht man aber von der Überlegung aus, dass Zurechnungseinheit der Konzern ist, sollte rechtspolitisch eine Anknüpfung der erforderlichen Beteiligungshöhe an die auch sonst im Rahmen des steuerrechtlichen Konzernbegriffs maßgebliche Beteiligungshöhe erfolgen. Für eine solche einheitliche Normierung spricht nicht nur der Rechtsvergleich mit Großbritannien und den USA, sondern auch die Systematik. Darüber hinaus wird der steuerrechtliche Konzern, d. h. in Deutschland die Organschaft, auch sonst als Zurechnungseinheit begriffen. Genau diese Überlegung würde dann auch im Rahmen der Konzernklausel fruchtbar gemacht. Hier könnte etwa im Rah-

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C. Ausgestaltung einer Regelung

men der ggfs. anstehenden Neuordnung einer Gruppenbesteuerung58 eine Vereinheitlichung angestrebt werden. Beließe man es hinsichtlich des Beteiligungserfordernisses bei 50 %, könnte es zudem zu einem weiteren Gleichlauf mit der gesetzlichen Grenze einer Verlusthandelsregelung kommen. Denn stellte man darauf ab, dass eine Person vor und nach der Änderung zu mehr als 50 % beteiligt sein muss, greift die Norm erst dann, wenn sich die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse durch die Übertragung (die selbst zu einer Übertragung von mehr als 50 % führt) im Ergebnis auch um mehr als 50 % ändern. Beispiel: Die A-Holding ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt. Diese wiederum hält 60 % an der C-GmbH, die restlichen 40 % hält X. Die C-GmbH hält 100 % an der Verlust-GmbH. Überträgt nun die C-GmbH ihren Anteil an der Verlust-GmbH an die A-Holding, liegt zwar zunächst eine schädliche Änderung auf Gesellschafterebene vor. Die A-Holding war aber vorher mittelbar zu 60 % an der V-GmbH beteiligt und ist nun unmittelbar zu 100 % beteiligt, eine entsprechende Konzernklausel griffe damit. Damit würde zwar – entgegen der Intention zur jetzigen Konzernklausel59 – eine Verlustverschiebung auf Dritte ermöglicht, aber eben nur, soweit dies auch sonst durch die Beteiligungsgrenzen angelegt ist.60 Dies erscheint sachgerecht, da eine Verlustverschiebung in diesem Rahmen bei einer unmittelbaren Übertragung der Anteile an einen Dritten auch sonst möglich ist. Damit könnte auch die Binnensystematik eine entsprechende Beteiligungshöhe der Obergesellschaft rechtfertigen. Diese Überlegungen haben allerdings zunächst einen gewichtigen Nachteil für den Steuerpflichtigen zur Folge. Denn stellt man auf den Konzern als maßgebliche Zurechnungseinheit ab, ergibt sich hieraus grundsätzlich das ________________________ 58 Dazu Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ v. 15.9.2011, S. 102 ff. (im Internet abrufbar abrufbar unter http://www.bundesfinanz ministerium.de/nn_306/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Veroeffentlichun gen__zu__Steuerarten/Koerperschaftssteuer__Umwandlungssteuerrecht/001.html); Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, S. 17 ff. (im Internet abrufbar unter http://www. bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/20 120206.html?__nnn=true); zum evtl. Vorbildcharakter der franzödischen Gruppenbesteuerung im Hinblick auf die deutsch-französische Konvergenzinitiative Lenz/ Seroin/Handwerker, DB 2012, 365 ff. 59 Vgl. BT-Drucks. 17/15, S. 19. 60 Vgl. auch B. Lang, DK 2010, 35, 40.

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Erfordernis einer einzelnen Person oder Gesellschaft als oberer Beteiligter. Wie die amerikanische Regelung zeigt, lassen sich Transparenzbetrachtung und eigenständige Konzernbetrachtung allerdings sogar verbinden, wenn man grundsätzlich eine Transparenzbetrachtung anordnet, aber für die Frage, ob innerhalb einer steuerlichen Gruppe eine schädliche Änderung vorliegt, nur auf die Obergesellschaft abstellt. Dabei hat das Abstellen auf eine einzelne Person bzw. Gesellschaft als maßgebende Obereinheit Vorteile bei der Administrierung. Denn ob eine einzelne Gesellschaft nach wie vor beteiligt ist, wird regelmäßig leichter festzustellen sein, als die Feststellung mehrerer oberster Beteiligungen, insbesondere, wenn diese nur geringfügig sind. Rechtspolitisch nicht zu rechtfertigen ist allerdings eine darüber hinausgehende Vorgabe eines bestimmten Konzernaufbaus, wie etwa der von § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG geforderte dreistufige Konzernaufbau. Hierfür sprechen weder systematische Erwägungen, noch wird hierdurch eine bessere Administrierbarkeit erreicht, noch sind sonstige Gründe (außer fiskalische) erkennbar. ii) Ausnahmevorschriften Zum Teil sehen die Regelungen Ausnahmen für bestimmte Übertragungen vor, die dann für Zwecke dieser Norm keine schädlichen Wirkungen zur Folge haben. Die Vorschrift des § 8c KStG sieht ausdrücklich keine Ausnahme für solche Fälle vor, allerdings nimmt das BMF-Schreiben zu § 8c KStG erbrechtliche Vorgänge und Erwerbe im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge vom Anwendungsbereich der Norm aus. Eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Ausnahme sehen die niederländischen, britischen und amerikanischen Vorschriften vor. Danach werden (vergröbert) Erwerbe aufgrund Erbrechts und ehelichen Vermögensrechts (Niederlande), Erwerbe aufgrund Erbfolge und unentgeltlicher Schenkungen (Großbritannien) und Übertragungen aufgrund von Erbschaft und Schenkung und auf einen Trust und zwischen Ehegatten (USA) ausgeklammert. In Österreich ist die Nichterfassung vergleichbarer Fälle der Regelung bereits immanent, da diese nur Änderungen auf entgeltlicher Grundlage erfasst. Der Vergleich zeigt, dass eine Ausnahme insbesondere für Erbschaften und Schenkungen international üblich ist. Dies ist auch konsequent, da in diesen Fällen ein Verlusthandel so gut wie ausgeschlossen ist. Eine besondere Ausnahme, die sonst so nicht zu finden ist, kennt die niederländische Vorschrift, nach der eine an sich schädliche Änderung der Letztanteilseigner ausgenommen wird, wenn sie auf einer Erhöhung der Beteiligung einer natürlichen Person oder eines sonstigen Rechtsträgers beruht, die/der bereits zu Beginn des ältesten Verlustjahres zu mindestens einem 264

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Drittel an der Verlustgesellschaft beteiligt war.61 Dieser Ausnahme liegt der Gedanke zugrunde, dass in dieser Situation regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Beteiligungserhöhung erfolgt, um von den Alt-Verlusten zu profitieren. Die Übertragbarkeit dieser Ausnahme auf andere Regelungen kommt aber nur in Betracht, wenn die Norm an sich bereits eine relativ niedrige Schwelle für eine schädliche Änderung ansetzt – in den Niederlanden 30 %. Je höher diese Schwelle ist, desto weniger sinnvoll ist eine solche Regelung. Bei einer Anknüpfung an eine 50 %-Grenze müsste die nach wie vor beteiligte Gesellschaft bei einer entsprechenden Erhöhung des niederländischen Grenzwertes bereits vorher zu mehr als 50 % beteiligt gewesen sein, womit es gar nicht mehr zu einer schädlichen Änderung käme. Die Grenze kann aber auch nicht wesentlich niedriger angesetzt werden, da ansonsten der Grundgedanke, der hinter der Regelung steht, nicht mehr plausibel ist. Will man diesen Gedanken nicht bereits ohnehin in Zweifel ziehen, muss jedenfalls eine Anknüpfung der Grenze an eine solche Beteiligungshöhe erfolgen, die diesen Schluss plausibel zulässt. Beträgt die Schwelle für eine Schädlichkeit aber z. B. 50 %, so ist – bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen – wegen der damit einhergehenden Beherrschung der Schluss gerechtfertigt, dass ein Verlusthandel vorliegt. b) Änderung auf Gesellschaftsebene aa) Anknüpfungspunkte An eine Änderung (ggfs. auch) auf Gesellschaftsebene im Tatbestand knüpft die Mehrzahl der untersuchten Staaten an (außer Deutschland, s. o. I., S. 244). Die Rechtslage in Belgien ist derzeit nicht klar, zudem wird das einzig in Betracht kommende Merkmal, das auf Gesellschaftsebene anknüpfen könnte, weiter unten gesondert besprochen (s. d) cc)). Lässt man Belgien außer Acht, lassen sich auf Gesellschaftsebene im Einzelnen verschiedene Anknüpfungspunkte feststellen, bei deren Vorliegen eine schädliche Änderung anzunehmen ist. Die französische Regelung stellt allein auf die tatsächliche Tätigkeit der Gesellschaft ab, die sich grundlegend ändern muss. Eine Änderung des Vermögens ist hier grundsätzlich nicht schädlich, es sei denn, eine solche wirkt sich mittelbar auf die Tätigkeit aus. Die österreichische Vorschrift beinhaltet zwei Anknüpfungspunkte auf Gesellschaftsebene, die kumulativ zu erfüllen sind. Zum einen muss sich die sog. organisatorische Struktur der Gesellschaft wesentlich ändern, was vor________________________ 61 Daneben besteht noch eine weitere Ausnahme, die allerdings im Wesentlichen der Administrierbarkeit geschuldet ist und deshalb in diesem Zusammenhang besprochen werden soll, s. dazu 5. Kapitel: D. VI. 3. b), S. 310.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

liegt bei einem Austausch der willensbildenden Organe (insbesondere der gesetzlichen Vertreter). Zum anderen ist erforderlich, dass sich die wirtschaftliche Struktur der Gesellschaft wesentlich ändert, die nach österreichischem Verständnis durch das Vermögen und die Tätigkeit gebildet wird. Hierbei müssen außerhalb von Extremfällen (vollständiger Wechsel des Unternehmensgegenstandes oder eine außerordentliche Vergrößerung des Betriebsvermögens), regelmäßig beide Merkmale erfüllt sein. In Großbritannien sind bezogen auf eine Änderung auf Gesellschaftsebene drei verschiedene Alternativen zu beachten. Zum einen führt bereits allein eine elementare Änderung der Tätigkeit dazu, dass Verlustvorträge verloren gehen. Während dies den allgemeinen Voraussetzungen der Verlustverrechnung geschuldet ist, enthält die spezielle Regelung zum Verlusthandel zwei weitere Alternativen. Die erste Alternative setzt voraus, dass sich der Geschäftsbetrieb oder die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlich ändert. Die zweite Alternative ist erfüllt, wenn die Geschäftstätigkeit vor einem Anteilseignerwechsel geringfügig oder unbedeutend geworden war. Der Begriff der wesentlichen Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit wird konkretisiert durch verschiedene gesetzlich normierte Anhaltspunkte, die zu berücksichtigen sein können (Art des Betriebsvermögens, der Dienstleistungen oder der Betriebsanlagen, Änderungen des Kundenstamms, des Absatzes oder des Marktes). Letztlich ist die Entscheidung, ob eine hinreichende Änderung des Geschäftsbetriebs oder der Geschäftstätigkeit vorliegt, eine Einzelfallentscheidung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände. Dabei kommt es grundsätzlich weder ausschließlich auf die Tätigkeit noch ausschließlich auf das Vermögen an. Die amerikanische Regelung enthält auf Gesellschaftsebene zunächst eine allgemeine Regelung, nach der die Verlustnutzung vollständig untersagt wird, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird. Die rechtsverbindliche Konkretisierung durch die Treasury Regulations führt hierzu aus, dass eine Unternehmensfortführung vorliegt, wenn die Gesellschaft entweder die Tätigkeit weiterführt oder einen wesentlichen Teil der Wirtschaftsgüter im Rahmen des Unternehmens weiternutzt. Im Vergleich mit den vorstehenden Regelungen normiert die niederländische Regelung sehr konkrete Vorgaben, inwieweit Änderungen auf Gesellschaftsebene erfolgen müssen. Grundlegender Anknüpfungspunkt ist, ob eine Gesellschaft als passiv zu beurteilen ist, was im Falle der Bejahung den Verlustuntergang zur Folge hat. Hierbei finden der sog. Passive KapitalanlagenTest und der Aktivitäts-Test Anwendung. Abstrakt stellt die niederländische Vorschrift damit auf beide Merkmale Tätigkeit und Vermögen der Gesellschaft ab. Bei der Bestimmung, ob diesbezüglich eine qualifizierte Ände266

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rung erfolgt ist, sieht die Vorschrift relativ konkrete Grenzen vor (die Aktiva der Verlustgesellschaft dürfen nicht überwiegend, d. h. zu mehr als 50 %, aus Kapitalanlagevermögen bestehen und die Tätigkeit darf nicht um mehr als 70 % reduziert worden sein, vergröbert, s. im Einzelnen 4. Kapitel: E. II. 3., S. 170). Es verbleibt jedoch ein erheblicher Beurteilungsspielraum insbesondere beim Aktivitäts-Test, z. B. muss hier zunächst festgestellt werden, wie der Umfang einer Tätigkeit zu bemessen ist (hierbei gelten ähnliche Grundsätze wie in den anderen Staaten, entscheidend sind mehrere verschiedene Faktoren, z. B. Personal, Kunden, Umsatz, Wirtschaftsgüter). bb) Analyse (1) Gegenstand der Anknüpfung auf Gesellschaftsebene Zunächst ist die Frage nach dem Gegenstand der Änderung auf Gesellschaftsebene zu stellen, d. h. was die verschiedenen Regelungen dem Grunde nach zu erfassen suchen. Dabei haben die britische, französische, österreichische und amerikanische Regelung einen im Grundsatz gleichen Ansatzpunkt. Alle diese Vorschriften zielen darauf ab, festzustellen, ob das Unternehmen wirtschaftlich identisch geblieben ist oder ob insoweit im Zusammenhang mit der Änderung auf Gesellschafterebene eine (qualifizierte) Änderung stattgefunden hat. Wenngleich erhebliche Unterschiede hierzu in der Reichweite der einzelnen Tatbestände bestehen, tritt dieses Ziel der Erfassung der wirtschaftlichen Unternehmensidentität doch klar hervor. Teilweise ist dies sogar ausdrückliches gesetzliches Tatbestandsmerkmal (Österreich und USA), andernfalls ist es aus der Anknüpfung an den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft – im Einzelnen konkretisiert durch die verschiedenen Merkmale – ersichtlich. Die niederländische Vorschrift verfolgt vom Grundsatz her einen anderen Ansatzpunkt, der allerdings zum Teil zu ähnlichen Ergebnissen führt. Der Verlustuntergang bei passiven Gesellschaften führt umgekehrt formuliert zum Verlusterhalt, wenn es sich um einen aktiven lebenden geschäftlichen Organismus handelt. Dieser setzt zunächst voraus, dass das Vermögen der Gesellschaft überwiegend aus Mitteln eines aktiven Geschäftsbetriebs besteht. Der niederländische Gesetzgeber scheint hier davon auszugehen, dass sofern dies nicht der Fall ist, die Gesellschaft im Wesentlichen nur noch besteht, um Verluste nutzen zu können, ggfs. mittels einer Anteilsübertragung. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kommt es aber auch bei der niederländischen Regelung durch den Aktivitäts-Test zur Anwendung eines Identitätskriteriums, wobei hier im Gegensatz zur reinen Einzelfallentscheidung wie bei den anderen Staaten konkreten Grenze gelten. Verdeutlicht wird dieses Identitätskriterium zudem noch durch die Rechtsfolge, nach der selbst bei Nicht267

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

bestehen des Aktivitäts-Tests (aber des Passive Kapitalanlagen-Tests) AltVerluste mit Gewinnen verrechnet werden können, sofern diese aus einer insoweit identischen Alt-Tätigkeit stammen. Einen zusätzlichen Gesichtspunkt führt zudem die österreichische Vorschrift an, die auch eine Identität der organisatorischen Struktur verlangt. Die Regelung scheint hier davon auszugehen, dass ein Erwerber, dem es um die Verluste der Gesellschaft geht, auch die willensbildenden Organe in seinem Sinne ersetzen wird, insbesondere, um die weiteren entsprechenden Änderungen auf Gesellschaftsebene effektiv durchsetzen zu können. (2) Vergleich einzelner Tatbestandsmerkmale Die meisten der untersuchten Regelungen bedienen sich zunächst einer gesetzlichen Generalklausel, die die geforderte wirtschaftliche Unternehmensidentität erfassen soll. Bei dieser Generalklausel belassen es die französische und die österreichische Regelung, die weitere Konkretisierung bleibt der Rechtsprechung und Lehre überlassen. Die britische und die amerikanische Vorschrift nehmen in gewissem Maße Konkretisierungen vor, die allerdings den Spielraum zur Interpretation des Merkmals kaum einschränken, es werden lediglich Anhaltspunkte bestimmt, die zu berücksichtigen sein können. Den höchsten Konkretisierungsgrad weist die niederländische Vorschrift auf, die als einzige Norm konkrete Grenzen aufzeigt, ab denen eine qualifizierte Änderung vorliegt. Die Umstände, an die die einzelnen Normen konkret anknüpfen, sind mit Unterschieden im Detail in allen Staaten die Tätigkeit und das Vermögen der Gesellschaft. Dabei liegt der Schwerpunkt in Frankreich, Großbritannien und Österreich regelmäßig auf der Tätigkeit der Gesellschaft, das Vermögen ist aber gleichwohl auch hier heranzuziehen. In den USA und den Niederlanden ist dagegen in jedem Fall eine Änderung sowohl auf Tätigkeits- als auch auf Vermögensebene erforderlich, um die Folgen der Norm auszulösen. Insgesamt fällt auf, dass die Tatbestandsmerkmale auf Gesellschaftsebene bei weitem nicht eine solche Konkretisierung aufweisen wie die Merkmale auf Gesellschafterebene. Eine abschließende Bewertung dieser Merkmale ist allerdings erst möglich, wenn auch die gesellschaftsbezogenen Merkmale auf Rechtsfolgenebene untersucht wurden und insoweit eine Analyse erfolgen kann, welche Lösung hier vorteilhafter erscheint (dazu s. u. D. V., S. 299). Ein zusätzliches Merkmal wie das der erforderlichen Identität der organisatorischen Struktur wie in Österreich ist aber bereits hier abzulehnen. Die Berücksichtigung von Umständen wie der Organisationsstruktur, insbesondere, ob die Entscheidungsträger innerhalb einer Gesellschaft identisch sind, können freilich im Rahmen der Beurteilung der wirtschaftlichen Identität zu be268

C. Ausgestaltung einer Regelung

rücksichtigen sein. Muss aber diesbezüglich eine Änderung vorliegen, wird dies oftmals dem Zweck einer solchen Regelung nicht gerecht werden. Denn sofern ein Verlust zum Gegenstand einer Übertragung gemacht werden soll und die Verluste mit Gewinnen aus einer neuen Tätigkeit verrechnet werden sollen, wird sich der Erwerber auch oftmals der alten Geschäftsführer bzw. Vorstände bedienen können. Darüber hinaus besteht hier eine hohe Gestaltungsanfälligkeit, wenn allein durch die Beibehaltung der alten Geschäftsführer bzw. Vorstände über einen gewissen Zeitraum die Norm vermieden werden kann. c) Zeitlicher Rahmen Der Zeitrahmen, in dem sich die Änderungen vollziehen müssen, ist verschieden geregelt. In Deutschland beträgt dieser fünf Jahre. Ob und inwieweit in diesem Zeitraum Verluste bestanden haben, ist jedenfalls nach dem Wortlaut nicht von Bedeutung.62 In Großbritannien ist ein Zeitraum von drei Jahren entscheidend, auch hier kommt es dem Wortlaut nach nicht darauf an, dass Verluste bestanden haben. In den USA gilt grundsätzlich auch ein Dreijahreszeitraum, der allerdings flexibel ist. So findet ein kürzerer (niemals ein längerer) Zeitraum in zwei Fällen Anwendung: zum einen, wenn innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein schädlicher Anteilseignerwechsel erfolgt ist. In diesem Fall beginnt der Zeitraum, innerhalb dessen es zur Änderung auf Gesellschafterebene kommen muss, frühestens zu diesem Zeitpunkt. Bis zu diesem Anteilseignerwechsel erfolgte Änderungen sind damit verbraucht, d. h. sie können nicht erneut schädlich wirken. Zum anderen verkürzt sich der Dreijahreszeitraum, soweit in den Jahren keine Verluste bestanden haben: Nach der entsprechenden Regelung beginnt der Zeitraum nicht vor dem ersten Tag des ersten Steuerjahres, in dem steuerlich nutzbare Verluste entstanden sind. Gänzlich ohne feste Zeitgrenze kommt die niederländische Vorschrift aus. Danach werden die Verhältnisse nach einer Änderung auf Gesellschafterebene verglichen mit den Verhältnissen zu Beginn des ältesten Jahres, aus dem noch nicht verrechenbare Verluste bestehen. Ebenfalls keinen festen Zeitrahmen kennt die österreichische Regelung. Für deren Anwendbarkeit ist entscheidend, dass zwischen der Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ein planmäßiger innerer Zusammenhang besteht. Die belgische Regelung erfordert vom Grundsatz her bereits gar keinen Zeitrahmen, da sie keine Änderung in einem bestimmten Umfang erfordert, sondern die Folgen der Norm jeweils in dem Zeitpunkt eintreten, wenn eine Änderung der Kontrolle erfolgt ist. ________________________

62 Zur hier vertretenen Auslegung, s. o. 2. Kapitel: D. I. 4. c), S. 47.

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aa) Einzelfallentscheidung vs. vorgegebener starrer oder flexibler Zeitrahmen Lässt man die Sonderstellung der belgischen Regelung wegen des von vornherein verfehlten Ansatzpunktes, Kontrolländerungen bei jedwedem Umfang zu erfassen, außer Acht, sind beim zeitlichen Rahmen dem Grunde nach zwei wesentliche Ansatzpunkte erkennbar. Während in den meisten Staaten ein zeitlicher Rahmen vorgegeben wird, der dann ggfs. flexibel ist, wird in Österreich ausschließlich auf eine Einzelfallentscheidung abgestellt, bei der es auf den Zusammenhang mit den anderen Tatbestandsmerkmalen der Norm ankommt. Ähnlich sah auch die Altregelung des § 8 Abs. 4 KStG a. F. keinen festen Zeitrahmen vor. Nach Auffassung des BFH war hier erforderlich, dass zwischen den einzelnen Tatbestandsmerkmalen ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht,63 womit auch hier letztlich eine Einzelfallprüfung stattfand. Der Vorteil solcher einzelfallbezogener Normen liegt naturgemäß darin, dass diese regelmäßig die größte Einzelfallgerechtigkeit erreichen. In dieser großen Einzelfallgerechtigkeit liegt freilich auch der größte Nachteil solcher Regelungen. Da es sich oftmals um komplexe Sachverhalte handelt, kann eine eindeutige Entscheidung selten getroffen werden. Es bedarf einer genauen Dokumentation der einzelnen Abläufe und einer oftmals aufwändigen Prüfung. Entsprechend sind solche Normen auch sehr streitanfällig. Auf Seiten der Steuerpflichtigen führen solche Einzelfallregelungen oftmals zu wenig Planungssicherheit, während auf Seiten der Finanzverwaltung vielfach beklagt wird, dass der Nachweis eines Zusammenhangs regelmäßig sehr schwer zu führen ist. In diesem Rahmen bietet es sich deshalb tatsächlich an, dass der Gesetzgeber von seiner Typisierungsbefugnis Gebrauch macht und einen Zusammenhang unterstellt, wenn die Tatbestandsmerkmale innerhalb eines von ihm näher bestimmten Zeitrahmens verwirklicht werden. Wird ein Zeitrahmen normiert, lassen sich weiter zwei Unterlösungen unterscheiden. Zum einen die Normierung einer starren Zeitgrenze wie bei § 8c KStG und der britischen Regelung und zum anderen eine flexible zeitliche ________________________ 63 Ausdrücklich hatte der BFH dies in der Entscheidung v. 14.3.2006, BStBl. II 2007, 602 nur für das Merkmal der Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen entschieden, das Urteil wurde aber von der h. M. dahingehend verstanden, dass dies generell Geltung haben sollte; vgl. nur Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 Rn. 61. Die entgegenstehende Auffassung der Finanzverwaltung, nach der die Übertragung der Anteile in einem zeitlichen Zusammenhang stehen musste, wovon regelmäßig ausgegangen werden sollte, wenn die Übertragungen innerhalb von fünf Jahren erfolgten (BMF v. 16.4.1999, IV C 6-S 2745-12/99, BStBl. I 1999, 455, Tz. 6.), wurde damit vom BFH abgelehnt.

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Grenze wie in den USA und den Niederlanden. Eine vollkommen starre Zeitgrenze bietet auf der einen Seite insoweit eine größtmögliche Planungssicherheit. Die Erstreckung der Anwendbarkeit über einen mehrjährigen festen Zeitraum kann allerdings in Konflikt mit dem Ziel der Regelungen, der Verhinderung eines Verlusthandels, geraten. bb) Zeitrahmen und fehlender Verlusthandel Ein Konflikt ergibt sich, soweit zu einem Zeitpunkt, in dem eine erste Änderung erfolgt, die allein noch nicht schädlich ist („Zähländerung“), noch keine Verluste bestehen und später, nachdem die Gesellschaft (ggfs. weitere) Verluste erlitten hat, eine weitere Änderung erfolgt, die dann den Tatbestand auslöst. Bei wortlautgetreuer Anwendung starrer Zeitgrenzen wäre jede Änderung innerhalb des Zeitrahmens bei der Frage zu berücksichtigen, ob die weitere Änderung zur Tatbestandserfüllung führt, ohne dass es darauf ankäme, ob und inwieweit zu diesem Zeitpunkt Verluste bestehen. Ein Verlusthandel ist aber sachlich insoweit ausgeschlossen, als im Zeitpunkt einer jeweiligen Änderung noch keine Verluste bestanden haben. Dieses Problem kann nach der hier vertretenen Auffassung bei § 8c KStG durch eine entsprechende Auslegung vermieden werden,64 dies ist allerdings nicht unumstritten. Die niederländische und die amerikanische Regelung lösen dieses Problem teilweise auf gesetzlicher Ebene. In beiden Staaten sind Änderungen nicht zu berücksichtigen, wenn die Gesellschaft keine nutzbaren Verluste hat (dies betrifft die Konstellation des o. a. Beispiels 1 im 2. Kapitel: D. I. 4. c), S. 47). Die Niederlande stellen ausschließlich darauf ab, ob eine Änderung im Vergleich mit dem ältesten Verlustjahr vorliegt, in den USA verkürzt sich der Prüfzeitraum von an sich drei Jahren, soweit in den jeweiligen Jahren keine Verluste bestanden haben. Im Vergleich dieser Vorschriften ist vor dem Hintergrund der Planungssicherheit eine zusätzliche bestimmte Zeitgrenze wie in den USA vorzuziehen, kann man sich doch nach Ablauf dieser Frist sicher sein, dass die Norm nicht greift, ohne dass entsprechend aufwändige Prüfungen erforderlich wären, ob und inwieweit bestimmte Anteilseigner bereits bei Verlustentstehung beteiligt waren. Nicht gelöst werden mit diesen Regelungen aber Fälle, in denen zwar bei einer Zähländerung bereits Verluste bestanden haben, aber gleichwohl ein Verlusthandel sachlich teilweise ausgeschlossen werden kann. Die niederländische und die amerikanische Vorschrift helfen hier nicht weiter, da sie nur Änderungen in Gewinnsituationen ausklammern. Ein Verlusthandel kann ________________________ 64 Siehe 2. Kapitel: D. I. 4. c), S. 47.

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aber sachlich ebenfalls insoweit ausgeschlossen werden, als nach einer Zähländerung weitere Verluste entstehen (dies betrifft die Konstellation des o. a. Beispiels 2 im 2. Kapitel: D. I. 4. c), S. 47). Der Ausschluss nur von Fällen in einer Gewinnsituation ist daher zu kurz gesprungen. Denkt man den dahinter stehenden Gedanken, dass Änderungen nicht berücksichtigt werden sollten, wenn zur Zeit der Änderung noch keine Verluste bestehen, konsequent zu Ende, kann es hierbei kein Bewenden haben, sondern es müssten folgerichtig auch solche Verluste ausgeklammert werden, die erst nach einer entsprechenden Zähländerung entstanden sind. Insoweit tragen dieselben Anteilseigner den Verlust, ein Verlusthandel ist nicht gegeben. Idealtypisch sollten Änderungen daher nur hinsichtlich solcher Verluste schädlich sein, die im Zeitpunkt der Änderung auf Gesellschaftsebene bereits vorhanden waren. Diese Aufteilung der Verluste könnte freilich nicht allein im Rahmen eines Tatbestandsmerkmals des zeitlichen Rahmens bewerkstelligt werden, hier kann – wie in den Niederlanden und den USA – nur ein Ausschluss von Fällen erfolgen, in denen gar keine Verluste bestanden haben. Der Ausschluss der weiter anfallenden Verluste müsste dann auf Rechtsfolgenseite erfolgen, wobei diese Verluste von den betroffenen Verlusten ausgenommen werden müssten. Im Grunde müssten hier verschiedene Verlusttöpfe gebildet werden, die dann jeweils in ein Verhältnis zu den jeweiligen Änderungen zu setzen wären. Denkbar wäre, eine entsprechende gesetzliche Regelung zu fassen oder diesen Bereich der Rechtsprechung und Lehre zu überlassen. Bei einer entsprechend eindeutigen Ausrichtung einer Norm am Zweck der Verhinderung eines Verlusthandels wäre insoweit für diese Fälle eine teleologische Reduktion für Fälle möglich, in denen ein Verlusthandel objektiv ausgeschlossen ist. Man sollte sich allerdings darüber bewusst sein, dass eine solche idealtypische Vorgehensweise zu einer Verkomplizierung der Rechtslage führt, was etwa in Fällen deutlich wird, in denen im fraglichen Zeitrahmen auch Gewinnjahre vorkommen (d. h. ein vorhandener Verlustvortrag teilweise abgebaut wird), in denen mehrere oder gar viele Anteilseignerwechsel unter Beteiligung mehrerer Personen erfolgen, ein unterjähriger Beteiligungserwerb erfolgt etc. In diesem Rahmen ist zu bedenken, dass sich die beschriebenen Probleme in tatsächlicher Hinsicht tendenziell umso mehr minimieren, je kürzer der gesetzliche Zeitrahmen der Norm ist. Denn zum einen können Verluste nicht über sehr viele Jahre auflaufen, zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit weiterer Anteilsübertragungen geringer. Trotz des Umstands, dass der Gesetzgeber bei der Konkretisierung einer (gegenüber einer Einzelfallentscheidung vorzugswürdigen) zeitlichen Grenze grundsätzlich frei ist, sollte der Zeitrahmen wegen dieser nachteiligen Wirkungen, die sich umso

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mehr ergeben können, je größer der Zeitrahmen ist, nicht allzu groß bemessen werden. Die bislang in § 8c KStG gewählte Grenze von fünf Jahren scheint vor diesem Hintergrund bereits als zu weitgehend. d) Ausnahmevorschriften Alle untersuchten Staaten bis auf Frankreich und die Niederlande kennen spezielle Ausnahmevorschriften bzw. Verwaltungsanweisungen, durch die ein an sich schädlicher Sachverhalt vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen wird. Dabei wurden die speziell auf die Änderung auf Gesellschafterebene abzielenden Ausnahmen bereits in diesem Rahmen behandelt (s. o. a) ii)). aa) Sanierungsklauseln im weiteren Sinne Spezielle Ausnahmeregelungen für Gesellschaften in einer „Krise“, d. h. Sanierungsklauseln im weiteren Sinne, sehen Deutschland, Österreich und USA vor, wobei die Ausgestaltung der Klauseln sehr unterschiedlich ist. Nach der deutschen Regelung ist ein schädlicher Beteiligungserwerb unschädlich, wenn dieser zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft erfolgt. Derzeit ist nicht völlig geklärt, zu welchem Zeitpunkt hier ein Erwerb erfolgen muss. Nach der hier vertretenen Auffassung, die auf dem Willen des Gesetzgebers fußt, soll die Regelung erst dann greifen, wenn grundsätzlich auch bereits ein Insolvenzantragsgrund vorliegt. Der erforderliche Erhalt wesentlicher Betriebsstrukturen ist konkretisiert durch zwei Merkmale, die die Arbeitnehmer betreffen und ein Merkmal, das auf die Zuführung von wesentlichem Betriebsvermögen abstellt. Nach der österreichischen Sanierungsklausel haben die an sich schädlichen Strukturänderungen keinen Verlustuntergang zur Folge, wenn diese zum Zweck der Sanierung der Gesellschaft mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teils betrieblicher Arbeitsplätze erfolgen. Auch hier findet sich eine Verknüpfung zwischen Belohnung in Form von Verlusterhalt für den (angestrebten) Erhalt von Arbeitsplätzen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Sanierung soll nach h. M. darauf abzustellen sein, ob auch die Voraussetzungen für eine gesetzliche Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne (die allerdings wie in Deutschland abgeschafft wurde) erfüllt wären (ähnlich wie in Deutschland Sanierungsabsicht, Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungseignung). Auf Insolvenzfälle zugeschnitten ist die Title 11-Ausnahme bei der US-Regelung. In zeitlicher Hinsicht muss die Gesellschaft unmittelbar vor dem schädlichen Anteilseignerwechsel unter der Verwaltung eines Gerichts in der Insolvenz oder in einem ähnlichen Verfahren gestanden haben. Zusätzlich 273

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müssen nach dem Anteilseignerwechsel insgesamt mehr als 50 % der Anteile von Alt-Anteilseignern und von ehemaligen Gläubigern (solche, die unmittelbar vor dem Anteilseignerwechsel Forderungen gegen die Gesellschaft hatten, die bereits mehr als 18 Monate vor Stellung des Insolvenzantrags bestanden haben oder im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit entstanden sind) gehalten werden. Zunächst stellt sich die Frage nach dem grundsätzlichen Bedürfnis für eine Sanierungsklausel.65 Für Deutschland und wohl auch Österreich liegt die Rechtfertigung einer Sanierungsklausel im Wesentlichen darin, dass der Vorteil eines geretteten Unternehmens, das weiter besteht und damit volkswirtschaftlichen Nutzen generiert, als höher eingestuft wird als der Nachteil eines potentiellen Verlusthandels.66 Dies ergibt sich für Deutschland insbesondere aus der Begründung des Bundesrats zur Einführung der Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG:67 Danach „erschwert der anteilige oder gesamte Untergang der Verluste die Suche nach sanierungswilligen Investoren, rechtzeitige und effiziente Sanierungsbemühungen können so zumindest verschleppt werden. Erfolgt trotzdem ein Einstieg sanierungswilliger Investoren und beginnen sich erste Sanierungserfolge einzustellen, entziehen die Steuerzahlungen wegen des Verlustwegfalls sofort wieder Liquidität in der beginnenden Gewinnphase, die dann nicht mehr für die abschließenden Sanierungsbemühungen zur Verfügung steht.“ Der Gedanke des höheren volkswirtschaftlichen Nutzens wird ergänzt durch eine Sozialkomponente, die insbesondere auch für Österreich gilt, nach der die Belohnung des Verlusterhalts (ggfs. u. a.) an einen Arbeitsplatzerhalt geknüpft wird. Im Vergleich mit der österreichischen Regelung ist die Detailliertheit der deutschen Vorschrift bemerkenswert, mit der versucht wird, den zu begünstigenden Sachverhalt generalisierend zu beschreiben. Die Erfassung begünstigungswürdiger Sachverhalte gestaltet sich bei einer Sanierungsklausel allerdings als sehr schwierig, da eine Sanierung sehr unterschiedliche, z. T. sogar konträre Maßnahmen erfordert, z. B. in einigen Fällen eine Gesundschrumpfung, in anderen dagegen eine wesentliche Erweiterung bis hin zu einem Aufpfropfen eines Gewerbebetriebs.68 In diesem Zusammenhang weist die amerikanische Norm einen anderen Weg auf. In zeitlicher Hinsicht knüpft die Regelung daran an, ob sich die Gesellschaft in einem Insolvenzverfahren befindet, was zunächst zu einer an________________________

65 Siehe hierzu auch den Vorschlag von Herzig/Liekenbrock, Ubg 2011, 313, 324 f., zu einer möglichen steuergesetzlichen Sanierungs-Regelung. 66 Vgl. Breinersdorfer, StuW 2008, 216, 223. 67 Vgl. zum Folgenden BR-Drucks. 168/09 (B), S. 29 f. 68 Breinersdorfer, StuW 2008, 216.

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C. Ausgestaltung einer Regelung

nähernden (allerdings nur scheinbaren) Übereinstimmung mit der deutschen Norm führt, die ebenfalls an das Vorliegen eines Insolvenzantragsgrundes anknüpft, der dann zu einem Insolvenzverfahren führt. Da der Zeitpunkt, ab dem die Gesellschaft sich in der Krise befindet und sie sich unter die Verwaltung eines Insolvenzgerichts begibt in den USA aber grundsätzlich von dieser selbst bestimmt wird (sog. Eigenantragsverfahren, es ist keine materielle Insolvenz erforderlich, dazu s. o. 4. Kapitel: H. III. 4., S. 224), erzeugt dies im Vergleich zur deutschen Regelung ein erhebliches Mehr an Rechtssicherheit in Sanierungssituationen, in denen oftmals schnell gehandelt werden muss und die Entscheidungsgrundlagen daher möglichst rechtzeitig zur Verfügung stehen müssen.69 Die Übertragbarkeit dieser amerikanischen Grundsätze ist allerdings fraglich. Zum einen existiert im deutschen Insolvenzrecht kein Eigenantragsverfahren, es ist ein Insolvenzgrund im Sinne materieller Insolvenz erforderlich. Die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem dieser gegeben ist, ist aber mit Unsicherheiten behaftet. Jedenfalls wenn ein solcher Antragsgrund vorliegt, greift dann auch die deutsche Norm, eine Anknüpfung an das Insolvenzrecht besteht nach der jetzigen Sanierungsklausel gerade. Durch die Anknüpfung an die materielle Insolvenz wird der Zeitpunkt, in dem die Sanierungsklausel greift, aber sehr weit nach hinten verlagert, was – zu Recht – kritisiert wird (s. o. 2. Kapitel: D. II. 4., S. 62). Eine ähnliche Regelung wie in den USA, die bereits bei einer Krise der Gesellschaft rechtssicher eingriffe, bedürfte daher aber einer gesonderten Regelung innerhalb der Norm bzw. innerhalb eines – derzeit nicht vorhandenen – Sanierungssteuerrechts.70 Ein steuerrechtliches Eigenantragsverfahren, das dazu führte, dass die Krise, die die Begünstigung der Sanierungsklausel auslöst, durch die Gesellschaft selbst festgestellt werden kann, wäre aber abzulehnen. Denn es fehlte das insolvenzrechtliche Korrektiv, das unberechtigte Anträge im Wesentlichen durch die ihm eigenen Mechanismen und Nachteile verhinderte. Es handelt sich bei der Verbindung von Insolvenzverfahren und Steuervergünstigung im US-Steuerrecht um einen abgestimmten zusammenhängenden Regelungskomplex, bei dem ein Herausgreifen einzelner Vorteile nicht gerechtfertigt wäre, wenn nicht gleichzeitig auch die Folgen des Insolvenzverfahrens eintreten. Fehlte aber ein solches Korrektiv, wäre ein übermäßiger Gebrauch der Steuerbegünstigung zu befürchten, da eine Krise allzu leicht von der Gesellschaft selbst bestimmt werden könnte. Der Zeitpunkt, zu dem die Begünstigung eingreift, sollte daher objektiv rechtlich bestimmt werden. Wegen des späten Eingreifens der jetzigen Klausel wäre aber zu überlegen, ob nicht ein steuerrechtlich eigen________________________ 69 Eilers, StuW 2010, 205, 212. 70 Dies andenkend Eilers, StuW 2010, 205, 213.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

ständiger Krisenbegriff normiert werden sollte, der dann früher eingreifen könnte. Wesentlich enger als die deutsche und die österreichische Norm ist die amerikanische Sanierungsklausel insofern, als diese nicht eingreift, wenn Verluste durch den Anteilseignerwechsel auf Dritte übertragen werden. Denn nach dem Anteilseignerwechsel müssen insgesamt mehr als 50 % der Anteile von Alt-Anteilseignern und von ehemaligen Gläubigern (s. o.) gehalten werden. Damit ist ein Anteilserwerb durch einen Dritten im Sinne eines NichtGesellschafters/Gläubigers nicht begünstigt. Hierbei wird ein wesentlicher Unterschied zur deutschen und österreichischen Norm deutlich. Offensichtlich ist hier nicht (zumindest nicht ausschließlich) der volkswirtschaftliche Nutzen eines weitergeführten Unternehmens wesentlicher rechtfertigender Grund, sondern dass Verluste dann nicht untergehen sollen, nur weil Gläubiger, die bereits bisher „beteiligt“ waren, nunmehr Anteile für ihre Forderungen erhalten. Dazu passt die konsequente Folge, dass Verluste nicht erhalten werden, soweit sie auf Zinsaufwendungen auf diesen Forderungen beruhen; die Gläubiger werden mithin insoweit gewissermaßen als Anteilseigner behandelt. Damit ist der Fokus aber ein ganz anderer. Während sich deutsche und österreichische Regelung auf den volkswirtschaftlichen Nutzen insgesamt konzentrieren, der es erlaubt, die Norm zu suspendieren, hat die amerikanische Vorschrift allein die einzelne Gesellschaft im Blick, der eine Rettung durch ihre Gläubiger nicht deshalb verwehrt werden soll, weil hierdurch ein Verlustuntergang droht. Dabei erweist sich die US-Regelung als systemkonformer. Die deutsche bzw. österreichische Regelung führt zum Verlusterhalt wegen der Sanierung trotz eines an sich nach der gesetzlichen Vorschrift gegebenen Verlusthandels, die amerikanische Regelung sieht einen solchen wirtschaftlich gar nicht erst als gegeben an, weil die (ehemaligen) Gläubiger ohnehin bereits bisher die Folgen der durch die Verluste gegebenen schlechten wirtschaftlichen Lage im Falle einer tatsächlichen Insolvenz zu tragen gehabt hätten. Letztlich handelt es sich hierbei wieder um eine rechtspolitische Entscheidung, die es durch den Gesetzgeber zu treffen gilt, welche Fälle er begünstigen will. Es spricht aber trotz der höheren Systemkonformität der US-Regelung viel dafür, dass auch Erwerbe Dritter begünstigt werden sollten, eben wegen jener volkswirtschaftlichen Vorteile. Die Begründung des Bundesrates ist hier überzeugend. bb) „Wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen“ Keine gesetzliche Ausnahmeregelung kennt Großbritannien, wohl aber hat die britische Finanzverwaltung Ausnahmen vorgesehen, bei deren Vorliegen keine schädliche Änderung auf Ebene der Gesellschaft vorliegen soll. Hier276

C. Ausgestaltung einer Regelung

bei handelt es sich im Wesentlichen um Ausnahmen für wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltungen, die nicht dadurch be- oder verhindert werden sollen, weil die Verluste der Gesellschaft untergehen könnten. Hierbei geht es um Fälle, in denen eine Änderung auf Gesellschaftsebene erfolgt, um die Effizienz zu steigern oder um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Eine Ausnahme für Sanierungsfälle existiert dagegen nicht ausdrücklich. Die britische Verwaltungsregelung, die zur Verneinung einer an sich gegebenen Änderung auf Gesellschaftsebene führt, ist strenggenommen weniger als Ausnahme anzusehen, sondern mehr als sachgerechte Auslegung des Merkmals der Änderung der Geschäftstätigkeit oder des Geschäftsbetriebs. Liegt eine unter den näheren Voraussetzungen der Verwaltungsregelung zu bestimmende wirtschaftlich sinnvolle Umgestaltung vor, soll dies, auch wenn in diesem Zusammenhang eine Änderung auf Gesellschafterebene erfolgt, nicht durch einen Verlustuntergang sanktioniert werden. Im Grunde führt diese Regelung dazu, dass Betriebsstrukturen nicht deshalb versteinern, weil ein Verlustuntergang droht. Der Ansatz dieser Regelung ist zunächst leicht verschieden verglichen mit dem Ansatz der Sanierungsklauseln. Diese „belohnen“ gewissermaßen Sanierungsbemühungen mit dem Verlusterhalt, während die britische Regelung Umstrukturierungen nicht behindern will. Im praktischen Ergebnis ist dieser Unterschied freilich gering, es wird sogar eine gewisse Nähe zu Sanierungsklauseln deutlich: Auch hier wiegen die Vorteile effizienterer Unternehmen und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Vorteile offensichtlich schwerer als die durch einen Verlusthandel drohenden oder tatsächlich eintretenden Nachteile. Es besteht aber ein wesentlicher Unterschied zu reinen Sanierungsklauseln hinsichtlich des Anwendungszeitpunktes, insoweit ist die britische Regelung weiter geschnitten, die Anwendung setzt keine wie auch immer zu bestimmende Krise der Gesellschaft voraus. cc) Rechtfertigung (durch fehlenden Missbrauch?) Eine sehr weite Ausnahmeregelung existiert in Belgien. Hier reichen rechtmäßige finanzielle oder wirtschaftliche Gründe, um eine an sich schädliche Übernahme oder Änderung der Kontrolle über die Gesellschaft auszuschließen. Der gesicherte Anwendungsbereich dieser Ausnahmevorschrift erschließt sich aus dem Bericht an den König. Danach soll zum einen die Änderung innerhalb eines Konzerns ausgeklammert werden. Zum anderen sollen auch hier Sanierungsfälle begünstigt werden, wenn sich die Gesellschaft bei der Kontrolländerung in der Krise befindet und wenigstens teilweise die Arbeitsplätze und die Tätigkeit erhalten werden. Auch hier findet sich wieder die Verknüpfung von Verlusterhalt und Arbeitsplatzerhalt. Um-

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stritten ist dagegen, inwieweit über diese unstreitig als Beispiele aufzufassenden Fälle hinaus die Regelung greifen soll. Nach der Finanzverwaltung ist regelmäßig eine Unternehmensfortführung hinsichtlich der Tätigkeit und Arbeitsplätze oder eine Unternehmenskrise erforderlich. Nach derzeitiger Auslegung durch die Instanzgerichte und der mehrheitlichen Literatur soll für die Ausnahme allein entscheidend sein, ob der Kontrollwechsel auch durch andere als steuerliche Gründe motiviert ist. Die weite belgische Ausnahmeregelung ist zunächst Spiegelbild des sehr weiten Tatbestands. Dieser setzt zum einen nur eine Kontrolländerung voraus, ohne dass eine Änderung auf Gesellschaftsebene erforderlich wäre. Zudem ist der Tatbestand der Kontrolländerung an sich weit gefasst, ein bestimmter Umfang der Änderung ist gerade nicht erforderlich. Die weite Ausnahme versucht wohl deshalb, den weiten Tatbestand wieder auf ein Maß zurückzuführen, das dem Regelungszweck entspricht. Die Auffassung der Finanzverwaltung führt dazu, dass letztlich doch ein Merkmal auf Gesellschaftsebene existiert, im weiteren Sinne etwa vergleichbar mit einer geforderten Unternehmensidentität und einer Sanierungsklausel. Setzt sich dagegen die Auffassung der Instanzgerichte und der mehrheitlichen Literatur durch, entwickelt sich die Vorschrift dagegen zu einer reinen Missbrauchsvorschrift. Auch wenn die belgische höchstgerichtliche Rechtsprechung dies noch zu klären haben wird, sind beide Wege nicht sinnvoll. Bei einem Abstellen auf eine Unternehmensfortführung oder eine Sanierung ist eine ausdrückliche gesetzliche Normierung dieser Fälle im Sinne der Rechtsund Planungssicherheit sicher die bessere Alternative. Auch hier dürften entsprechende Generalklauseln für die notwendige Flexibilität sorgen, um auf den Einzelfall reagieren zu können. Wenigstens könnte man aber auf gesetzliche Anhaltspunkte zurückgreifen, was überhaupt zu betrachten wäre. Versteht man die Ausnahme als Rückführung auf reine Missbrauchsfälle, bestünde der einzige Vorteil darin, dass die Änderung auf Gesellschafterebene positiv normiert wäre und ein Missbrauch insoweit überhaupt angenommen werden könnte, da in Deutschland der Rückgriff auf § 42 AO versperrt ist (s. o. B. II., S. 240). Die Einführung einer auf absolute Missbrauchsfälle zugeschnittenen Regelung steht zwar freilich im Belieben des Gesetzgebers, gleichwohl ist eine solche eher nicht zu befürworten. Der Vorteil einer solchen Regelung liegt dabei auf der Hand: sie erfasst nur die „wirklichen“ Missbrauchsfälle und ist zudem für den Einzelfall sehr flexibel. In der Erfassung nur der wirklichen Missbrauchsfälle liegt aber auch zugleich der Nachteil. Neben einem Schwarz (allein der Verlusthandel steht im Vordergrund der Gesellschafteränderung) und einem Weiß (Gesellschafteränderung erfolgt in keiner Weise wegen der 278

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steuerlichen Verluste) besteht aber ein Graubereich, bei dem Verluste nicht nur, aber eben auch zum Gegenstand der Übertragung gemacht werden. Solche Fälle erfasste eine solche Norm dann eben nicht, obwohl hier rechtspolitisch insoweit dem Grunde nach die gleiche Rechtfertigung zur Beschränkung besteht. Schließlich wäre wohl zu befürchten, dass sich eine solche Ausnahme zum Tummelplatz von Ausreden und Ausflüchten71 entwickelte, die Finanzverwaltung also keine rechte Handhabe gegen solche Fälle hätte und daher wieder auf eine Neuregelung drängte. Eine Erfassung nur der Fälle, in denen allein der Verlust zum Gegenstand einer Übertragung gemacht wird, ohne dass wirtschaftliche Gründe hierfür sprechen, ist daher regelmäßig abzulehnen, es sei denn die Verlustnutzung wäre bereits aus anderen Gründen stark eingeschränkt (zu diesem Aspekt s. u. D. III.). 2. Rechtsfolge Im Rahmen der Rechtsfolge soll zunächst untersucht werden, welche Verluste von den jeweiligen Vorschriften betroffen sind. Gemeint ist damit insbesondere, ob die entsprechende Norm den Verlustvortrag, den Verlustrücktrag und bzw. oder auch den Verlustausgleich betrifft. Darüber hinaus kann die Rechtsfolge auch latente, nicht realisierte Verluste betreffen. Daran anschließend wird die eigentliche Folge der jeweiligen Norm besprochen, d. h. welche Auswirkungen diese auf die betroffenen Verluste konkret hat. a) Betroffene Verluste aa) Verlustvortrag, Verlustrücktrag, Verlustausgleich Sowohl die belgische als auch die österreichische Vorschrift betreffen nur den Verlustvortrag, nicht aber den Verlustausgleich. Der Rücktrag kann in beiden Fällen nicht erfasst sein, da ein solcher generell nicht gewährt wird. Die deutsche Regelung des § 8c KStG betrifft nach hier vertretener Auffassung den Verlustvortrag, nach herrschender Literatur zudem den Verlustausgleich und nach Auffassung der Finanzverwaltung auch den Verlustrücktrag. Den Verlustvortrag und den Verlustausgleich, nicht aber den Verlustrücktrag erfasst die amerikanische Regelung. Die niederländische Regelung betrifft dagegen jedenfalls den Verlustvortrag und den Verlustrücktrag. Nicht geklärt ist dagegen, ob auch der Verlustausgleich erfasst ist. Der Hoge Raad hatte dies für die Vorgängerregelung bejaht, die Übertragbarkeit dieser Grundsätze wird aber in der niederländischen Literatur bezweifelt. Das französische Recht sieht eine umfassende Regelung vor, Verlustvortrag, Verlust________________________ 71 Vgl. zu dieser Redewendung im Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Rücktritt Ulsenheimer, Grundfragen des Rücktritts vom Versuch in Theorie und Praxis, S. 235.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

rücktrag und Verlustausgleich sind betroffen. Verluste bis zur Tatbestandserfüllung können nicht mit nachfolgenden Gewinnen verrechnet werden, genauso, wie ein Gewinn nach diesem Zeitpunkt nicht mir vorhergehenden Verlusten verrechnet werden darf. Allein ein bereits bestehender Anspruch auf Steuergutschrift aus dem Rücktrag bleibt bestehen. Ähnlich umfangreich wirkt die britische Vorschrift. Auch diese sieht ein Verbot der Verrechnung von Verlusten vor Tatbestandserfüllung mit nachfolgenden Gewinnen vor (auch innerhalb desselben Jahres) und gleichfalls umgekehrt eine Verrechnung von nachfolgenden Gewinnen mit vorherigen Verlusten vor. Im Rechtsvergleich ist in jedem Staat jedenfalls der Verlustvortrag betroffen. Dies ist zunächst nicht weiter verwunderlich, handelt es sich gerade beim Verlustvortrag regelmäßig um den betragsmäßig größten Teil der Verluste. Bei dem Verlustausgleich endet aber bereits die Einigkeit, Belgien, Deutschland (nach hier vertretener Ansicht), Österreich und die Niederlande (hier jedenfalls nach der h. M.) sehen diesbezüglich keine Begrenzung vor. Verluste bis zur Tatbestandsverwirklichung können damit ausgeglichen und vorgetragen werden. Eng damit verknüpft ist die Tatsache, dass alle diese Staaten (bis auf Deutschland – allerdings insoweit umstritten, s. 2. Kapitel: E. II. 2., S. 74) auch eine Verrechnung von bis zur Tatbestandsverwirklichung anfallenden Gewinnen mit den untergehenden Verlusten versagen. Beide Aspekte resultieren daraus, dass das Recht zum Verlustvortrag nicht mehr gewährt wird, diese Anknüpfung hat also sowohl eine positive als auch negative Seite. Das alleinige Abstellen auf den Verlustvortrag ist im Übrigen m. E. insbesondere historisch zu erklären. Hintergrund der meisten Regelungen war es, den Handel mit (ggfs. nahezu) inaktiven Gesellschaften zu verhindern, deren wirtschaftlicher Wert in ebenjenen Verlustvorträgen bestand. Ist die Gesellschaft inaktiv, erleidet sie aber (im laufenden Jahr) keine weiteren Verluste, die es zu untersagen gilt. Vor dem Hintergrund des Zwecks einer Regelung zum Verlusthandel besteht aber kein Grund, dass die Verluste des laufenden Jahres bis zur fraglichen Änderung auf Gesellschafterebene nicht betroffen sein sollen. Auch diese Verluste können genau wie Verlustvorträge zum Gegenstand der Übertragung gemacht werden. Die Regelungen in Frankreich, Großbritannien und USA sind daher zu befürworten. Für die deutsche Rechtslage bestünde – falls man sich der hier vertretenen Auffassung anschließt – das Bedürfnis einer expliziten gesetzlichen Regelung hierzu. Die Beschränkung auch des Verlustrücktrags kann, soweit es um einen Verlust geht, der nach Tatbestandserfüllung anfällt, nicht mit der Gefahr eines Verlusthandels begründet werden. Denn insoweit können keine Verluste gekauft werden, da der Verlustrücktrag gerade einen Gewinn in den voran280

C. Ausgestaltung einer Regelung

gegangenen Jahren erfordert. Letztlich kann es insoweit nur um die Verhinderung von „Gewinnkäufen“ gehen, indem Anteile an einer Gesellschaft, die Gewinne in Vorjahren (soweit die Rücktragsfrist reicht) erwirtschaftet hat, veräußert werden und die Gesellschaft sodann diese Gewinne mit jetzt entstehenden Verlusten verrechnet. Es ist fraglich, ob auch insoweit ein rechtspolitisches Bedürfnis einer Verhinderung besteht. Das Problem entschärft sich grundsätzlich bereits aufgrund der regelmäßig geringen fiskalischen Auswirkungen der Zulassung solcher Gewinnkäufe, weil die Verlustrücktragsfrist meistens relativ kurz bemessen ist und es daher bereits hoher Verluste (insbesondere etwa Anlaufverluste) im ersten Jahr – übertragen auf Deutschland – bedürfte (zur Interdependenz von zeitlicher Verlustberücksichtigung und Beschränkungsregelungen im Einzelnen s. u. D. III., S. 293). Gleichwohl besteht dem Grunde nach eine rechtspolitische Rechtfertigung auch hinsichtlich solcher Fälle. In konsequenter Anwendung sehen hier die französische und die britische Vorschrift eine klare Zäsur bei Tatbestandsverwirklichung vor, Gewinne und Verluste verschiedener Zeiträume vor und nach dieser können nicht miteinander verrechnet werden. Schließlich sei erwähnt, dass alle Regelungen, die eine Beschränkung des Verlustrücktrags vorsehen, dies ausdrücklich tun, in keinem Fall wird die Beschränkung insoweit auf die Verlustbeschränkung gestützt. Dies zeigt nochmals, dass eine solche Beschränkung einer klaren gesetzlichen Grundlage bedarf und nicht aus der allgemeinen Regelung zum Verlusthandel herausgelesen werden kann. Soweit es um den Rücktrag eines Verlustes geht, der bereits vor Tatbestandserfüllung angefallen ist, wäre denkbar zu argumentieren, dass auch dieser gekauft werden kann. Allerdings handelt es sich hierbei nur um die Verrechnung von Ergebnissen, die vollständig bereits vor Tatbestandserfüllung realisiert worden sind. Es kommt zu keinem steuerlichen Vorteil der neuen Gesellschafter, den nicht bereits die alten Gesellschafter genau in dieser Form hätten realisieren können. Eine Beschränkung ist daher insoweit rechtspolitisch abzulehnen. bb) Ausschluss bestimmter Verluste bei fehlendem Verlusthandel Wie bereits oben behandelt, sollten Verluste, die im Zeitpunkt der Änderung auf Gesellschafterebene noch nicht vorhanden waren, idealtypisch von der Norm ausgenommen werden (1. c) bb), S. 271). Dies muss nach hier vertretener Auffassung nicht unbedingt gesetzlich bestimmt werden, bei einer entsprechenden eindeutigen Zweckbestimmung einer Norm könnte man dies über eine teleologische Reduktion erreichen. Dies hätte auch den Charme einer möglichst kurzen, auf das Wesentliche beschränkten Gesetzesfassung.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

cc) Zuordnung von Verlusten zu bestimmten Anteilsübertragungen Vom Grundsatz her wäre zu überlegen, ob bei einer Übertragung von Anteilen, die weniger als 100 % beträgt, aber gleichwohl schädlich ist, auf Rechtsfolgenseite eine Zuordnung von Verlusten zu den übertragenen Anteilen in Betracht kommt. So könnte ggfs. dem Umstand begegnet werden, dass die Gesellschafter, die unverändert beteiligt bleiben, durch den Verlustuntergang keine nachteiligen Folgen erleiden. Eine solche Zuordnung ist aber nicht mit diesem Ergebnis möglich. Denn ein Verlustuntergang etwa nur insoweit, als er den jeweiligen Anteilen zuzuordnen ist, änderte nichts daran, dass dieser Untergang immer das Gesamtvolumen der Verluste betrifft. Dies ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass Träger des Rechts auf die Verlustnutzung die Gesellschaft als solche ist, es gilt hier eben kein Transparenzprinzip. Im Ergebnis wären damit aber auch alle Gesellschafter betroffen, nicht nur die neuen. Zudem generierten diese neuen Gesellschafter einen nicht gerechtfertigten Vorteil, da die Verluste insgesamt nur teilweise untergingen. Eine Lösung kann daher nicht steuergesetzlich, sondern allein zivilrechtlich zwischen den Gesellschaftern gefunden werden.72 dd) Latente Verluste Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zur Behandlung latenter Verluste findet sich nur in den USA. Dort können auch stille Lasten, d. h. noch nicht realisierte Verluste, der Beschränkung unterliegen. Erste Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt des schädlichen Anteilseignerwechsels nicht realisierte stille Lasten „hat“. Dabei ist ein Saldo der enthaltenen stillen Lasten und stillen Reserven zu bilden, der zudem eine bestimmte Grenze überschreiten muss (US$ 15 Mio. oder 15 % des Verkehrswerts aller Wirtschaftsgüter). Der Beschränkung unterliegen die stillen Lasten aber nur, soweit diese innerhalb von fünf Jahren nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel realisiert werden. Dabei sind Sonderregelungen zu beachten, nach denen auch bestimmte Aufwendungen als realisierte stille Lasten gelten, soweit diese zwar steuerlich innerhalb von fünf Jahren nach Tatbestandserfül________________________ 72 Die verbleibenden Gesellschafter können sich diesbezüglich „schützen“, indem Anteilsübertragungen von der Zustimmung aller Gesellschafter abhängig gemacht werden (Vinkulierung) oder indem eine Schadensersatzpflicht der Gesellschafter vereinbart wird, die die schädliche Gesellschafteränderung begründet haben, vgl. hierzu mit Formulierungsvorschlägen Carle, NWB 2009, 2967; ders., NWB 2010, 836; Frotscher, in Frotscher/Maas, § 8c KStG Rn. 85. Problematisch an einem Schadensersatzanspruch ist insbesondere dessen Höhe, da sich diese konkret erst Jahre später herausstellt (Schildknecht/Riehl, DStR 2009, 117). Vorgeschlagen wird daher z. T. eine pauschale Berechnung, s. Carle, NWB 2009, 2967, 2970.

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lung zu berücksichtigen sind, deren Entstehung wirtschaftlich aber dem vorherigen Zeitraum zuzurechnen ist. Die Niederlande kennen zu latenten Verlusten keine ausdrückliche Regelung, allerdings hatte der Hoge Raad zur Vorgängerregelung entschieden, dass jedenfalls in bestimmten Fällen auch noch nicht realisierte, d. h. latente Verluste erfasst seien. Diese konnten bei Realisierung nicht mit den Gewinnen nach dem Anteilseignerwechsel verrechnet werden. Es ist allerdings umstritten, ob dies auch für die jetzige Vorschrift Anwendung finden soll. Im Vergleich zeigt sich, dass nicht realisierte, d. h. latente Verluste in den untersuchten Staaten stiefmütterlich behandelt werden. Dabei kommt dem Grunde nach auch hinsichtlich latenter Verluste ein Verlusthandel in Betracht. Ein Erwerber könnte Anteile an einer Gesellschaft erwerben, die erhebliche stille Lasten hat, realisiert diese stillen Lasten nach dem Erwerb und verrechnet sie mit den anfallenden Gewinnen. Soweit die Entstehung der nun realisierten stillen Lasten auf die Zeit vor Tatbestandsverwirklichung entfällt, läge ein Verlusthandel vor, den es idealtypisch zu verhindern gilt, geht man von einem grundsätzlichen diesbezüglichen Regelungsbedürfnis aus. Hierzu sei zunächst angemerkt, dass eine Beschränkung solcher Verluste immer nur dann greifen kann, wenn diese auch realisiert werden, ohne eine Realisierung bestehen gerade noch keine Verluste hinsichtlich derer eine Beschränkung überhaupt möglich wäre – der Verlustvortrag und die laufenden Verluste beruhen auf bereits realisierten Verlusten. In diesem Zusammenhang stellt sich aber ein erhebliches praktisches Problem. Es bedarf einer Feststellung und Überwachung, ob und inwieweit stille Lasten bestanden haben und wann und in welchem Umfang diese aufgelöst werden. Die Überwachung solcher Fälle gestaltete sich sehr schwierig, praktikabel erscheint zudem hier nur der von den USA eingeschlagene Weg, dass eine Begrenzung latenter Verluste nur in Betracht kommt, wenn die stillen Lasten innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Tatbestandsverwirklichung realisiert werden. Für eine solche Berücksichtigung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums sprechen zudem systematische Gründe. Der Erwerber wird, wenn er tatsächlich über die stillen Lasten steuerliche Verluste erwerben will, erstens nur über einen bestimmen Zeitraum abschätzen können, ob und inwieweit die Verluste überhaupt realisiert werden können oder ob nicht insoweit Wertsteigerungen zu „befürchten“ sind (rechnete er mit solchen, läge bereits kein Verlusthandel vor, da er nicht Verluste, sondern die Aussicht auf Wertsteigerung vergütete). Zweitens nimmt der Vorteil des Verlusthandels bei noch nicht realisierten stillen Lasten mit Zeitablauf immer mehr ab. Denn der Erwerb eines latenten Steuerguthabens (ausgedrückt durch den Betrag der stillen Lasten multipliziert mit dem 283

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Steuersatz) ist nur dann lohnend, wenn dieses auch innerhalb einer bestimmten Zeit realisiert werden kann. Ist die Realisierung aber nicht in näherer Zukunft möglich, tätigt er seine Investition aufgrund des Zinsnachteils besser irgendwo anders. Mit anderen Worten: Realisiert der Erwerber nicht innerhalb einer bestimmten Zeit die stillen Lasten (und macht so sein erworbenes latentes Steuerguthaben nutzbar), kann davon ausgegangen werden, dass diese, d. h. die enthaltenen Verluste, nicht Gegenstand der Übertragung waren. Die Rechtfertigung der Beschränkung nimmt damit mit fortschreitendem Zeitablauf immer mehr ab, wenn man nicht bereits von vornherein wegen der praktischen Schwierigkeiten diesbezüglich auf eine Regelung verzichten will. Hieraus und wohl auch daraus, dass die fiskalischen Auswirkungen relativ gering sein werden (regelmäßig werden stille Lasten nicht in erheblichem Umfang vorhanden sein), erklärt sich wohl, dass eine Beschränkung latenter Verluste kaum vorkommt. b) Behandlung der Verluste aa) Verlustuntergang vs. Einschränkung der Verlustnutzung Die eigentliche Rechtsfolge der Normen betrifft die Frage, wie die betroffenen Verluste im Einzelnen behandelt werden. Hierbei soll zunächst die grundsätzliche Folge untersucht werden, um dann auf gegebenenfalls vorhandene Ausnahmen innerhalb dieser Rechtsfolge zu kommen, bei deren Eingreifen bestimmte Verluste erhalten bleiben. Die belgische, britische, französische, niederländische und österreichische Regelung sehen bei Tatbestandserfüllung im Grundsatz einen Untergang der gesamten Alt-Verluste vor. Die deutsche Regelung des § 8c KStG sieht eine gestufte Rechtsfolge vor, bei einer Änderung von mehr als 50 % geht der gesamte Verlust verloren, bei einer Änderung von mehr als 25 % bis 50 % nur teilweise. Dieser teilweise Verlustuntergang in Abhängigkeit vom Umfang der Änderung auf Gesellschafterebene kennt nur die deutsche Vorschrift. Bei Eingreifen des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG kann der Erwerber die Gesellschaft nicht beherrschen, er kann lediglich mithilfe der ihm dann regelmäßig zustehenden Sperrminorität wichtige Entscheidungen blockieren (was insofern in der Norm typisiert ist). In diesem Fall soll dann der teilweise Untergang gerechtfertigt sein. Diese Überlegung gehört zum rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Sie ist grundsätzlich gerechtfertigt, aber zur Verhinderung von Verlustkäufen nicht unbedingt erforderlich. Einen abweichenden Ansatzpunkt verfolgt dagegen die amerikanische Vorschrift. Nach dieser berührt die Tatbestandserfüllung die Verluste nicht, d. h. diese bleiben weiter bestehen. Die Verrechnung von Gewinnen nach einem Anteilseignerwechsel mit davor angefallenen Verlusten wird aber auf einen 284

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bestimmten, jährlich zur Verfügung stehenden Betrag begrenzt. Dieser jährliche nutzungsfähige Höchstbetrag ergibt sich bei Erfüllung nur des Tatbestandsmerkmals des schädlichen Anteilseignerwechsels aus der Multiplikation von Unternehmenswert mit dem Zinssatz für langfristige steuerfreie Bonds. Der diesen nutzungsfähigen Betrag übersteigende Teil ist weiter vorzutragen. Dies führt zunächst dazu, dass die Verluste nicht untergehen, sondern die Nutzung lediglich zeitlich gestreckt wird. Allerdings gehen diese Verluste nach spätestens 20 Jahren unter, die Beschränkung wird dann final. Eine Beschränkung des nutzungsfähigen Betrags auf null erfolgt, wenn zusätzlich zum schädlichen Anteilseignerwechsel keine Fortführung des Unternehmens für mindestens zwei Jahre gegeben ist. Trotz der ausdrücklichen Normierung einer Unternehmensidentität auf dieser zweiten Stufe, liegt der Gedanke der Unternehmensidentität auch der prozentualen Begrenzung zugrunde. Die Regelung dient dazu, dass die Verluste der „neuen“ Gesellschaft (d. h. nach Tatbestandserfüllung) auch weiterhin zur Verfügung stehen sollen, soweit sie dem Ertrag entsprechen, den die „alte“ Verlustgesellschaft (d. h. vor Tatbestandserfüllung) erzielt hätte. Verluste sollen damit einem – insoweit typisierten – identischen Unternehmen weiterhin zur Verfügung stehen. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung kann nicht isoliert beantwortet werden. Durch die Anknüpfung an eine Unternehmensidentität wird letztlich auch hier ein Merkmal auf Gesellschaftsebene etabliert (allerdings auf Rechtsfolgenseite). Dies soll unten im Zusammenhang damit besprochen werden, ob und wo ein Gesellschaftsmerkmal verortet werden sollte (s. D. V., S. 299). bb) Ausnahmen für stille Reserven (1) Vielfach spezielle Regelungen zu stillen Reserven Verglichen mit der stiefmütterlichen Behandlung latenter Verluste spielt deren Gegenstück, die stillen Reserven, in den meisten untersuchten Staaten eine Rolle. Insgesamt fünf der untersuchten sieben Länder (inklusive Deutschland) sehen spezielle Regelungen hinsichtlich der in der Verlustgesellschaft enthaltenen stillen Reserven im Zusammenhang mit der Regelung zum Verlusthandel vor. Die deutsche Regelung des § 8c Abs. 1 Sätze 6–8 KStG führt dazu, dass die an sich untergehenden Verluste weiter abziehbar sind und damit erhalten bleiben. Die Niederlande kennen einen last minute step up. Hierbei besteht die Möglichkeit, die Buchwerte der Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt des Verlustuntergangs gewinnwirksam bis maximal auf den Verkehrswert aufzustocken. Damit können Alt-Verluste mit den zu diesem Zeitpunkt vorhandenen stillen Reserven noch ausgeglichen werden, ohne dass es aber – wie in Deutschland – zu einem Ver-

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lusterhalt käme, der sich in die Folgejahre fortführt. Durch die Aufstockung kommt es freilich zur Schaffung eines erhöhten Abschreibungspotenzials, das wiederum die künftigen Gewinne mindert. Die Regelung kann insoweit etwa mit einer gesetzlichen Ermöglichung der sog. loss refresher Modelle auch nach der Tatbestandsverwirklichung verglichen werden (dazu 2. Kapitel: F. I., S. 77). Auch die österreichische Regelung ermöglicht eine Verrechnung der AltVerluste mit Gewinnen aus aufgelösten stillen Reserven. Hier besteht aber anders als in den Niederlanden kein freies Wahlrecht zur Aufstockung der Wirtschaftsgüter. Vielmehr müssen die stillen Reserven tatsächlich durch einen Realisationsakt bis zum Ende des Wirtschaftsjahres, in dem der Tatbestand erfüllt wurde, aufgedeckt werden. Zudem ist Voraussetzung, dass die Aufdeckung Folge der Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der wirtschaftlichen Strukturänderung ist. Die französische Regelung hat neben dem Verlustuntergang zur Folge, dass die stillen Reserven der Gesellschaft aufgelöst werden. Der Gewinn dieser stillen Reserven kann dabei mit den Alt-Verlusten verrechnet werden, wobei hier grundsätzlich kein Wahlrecht zur Aufdeckung besteht und die Realisierung zudem nicht wie in den Niederlanden auf den Betrag der noch vorhandenen Verluste begrenzt werden kann. Hier besteht insoweit eine „Alles oder Nichts“ Lösung. In der Praxis wird die Aufdeckung der stillen Reserven daher in der Regel vermieden, was allerdings von – regelmäßig relativ leicht zu erfüllenden – Voraussetzungen abhängt. Die amerikanische Vorschrift enthält auch eine Bestimmung zu stillen Reserven, ist aber ungleich komplizierter. Zunächst ist der Saldo der enthaltenen stillen Lasten und stillen Reserven zu bilden, der einen bestimmten Grenzwert überschreiten muss (US$ 10 Mio. oder 15 % des Verkehrswerts aller Wirtschaftsgüter). Liegen hiernach zu berücksichtigende stille Lasten vor, fallen diese im Fall ihrer Realisierung unter die Begrenzung (s. o.). Liegen aber zu berücksichtigende stille Reserven vor, erhöht sich die Beschränkung der Verlustverrechnung, soweit diese stillen Reserven innerhalb von fünf Jahren nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel realisiert werden. Diese Erhöhung erfolgt dann in jeden Fall, unerheblich welche Begrenzung (prozentual oder Begrenzung auf null, s. o.) Anwendung findet. (2) Verlusterhalt in Höhe stiller Reserven vs. Verlustverrechnung mit aufgelösten stillen Reserven Grundsätzlich lassen sich zwei Gruppen unterscheiden, auf der einen Seite Deutschland, wo die Verluste allein wegen des Vorhandenseins der stillen Reserven erhalten bleiben und auf der anderen Seite die restlichen genann-

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C. Ausgestaltung einer Regelung

ten Staaten, bei denen eine Verrechnung der Alt-Verluste nur mit aufgelösten stillen Reserven in Betracht kommt. Innerhalb der zweiten Gruppe besteht, neben den bei allen Staaten zu erfüllenden näheren Voraussetzungen für die Nutzung der stillen Reserven, bei den USA die Besonderheit, dass hier stille Reserven von vornherein nur dann Berücksichtigung finden können, wenn sich per Saldo (d. h. unter Berücksichtigung evtl. stiller Lasten) stille Reserven ergeben (einen ähnlichen Effekt hat die fiktive Unternehmenseinstellung in Frankreich). Insofern ist wiederum eine Parallele zur deutschen Regelung festzustellen, die ebenfalls darauf abstellt, ob und inwieweit insgesamt stille Reserven enthalten sind, da sich durch die regelmäßig anzuwendende Ermittlungsmethode (Kaufpreis für die Anteile abzüglich Eigenkapital) eine Berücksichtigung auch der stillen Lasten ergibt. In den anderen Staaten können Gewinne aus der Auflösung stiller Reserven mit Alt-Verlusten verrechnet werden, ungeachtet, ob stille Lasten bestehen. Es stellt sich aber die Frage, aus welchem Grund die restlichen Staaten die Verrechnung von Alt-Verlusten nur mit Gewinnen aus aufgelösten stillen Reserven zulassen, während Deutschland einen „Freibrief“ zur Weiternutzung ausstellt. Zunächst besteht trotz der Gleichbehandlung von stillen Lasten und stillen Reserven in den USA kein rechtspolitisches Gebot der Gleichbehandlung beider. Es besteht zum einen ein bedeutender Unterschied, da stille Lasten erst berücksichtigt (d. h. beschränkt) werden können, wenn sie realisiert wurden. In den Wirtschaftsgütern des Unternehmens enthaltene stille Reserven stehen dagegen unmittelbar zur Verfügung, zu ihrer Nutzung bedarf es keiner Realisierung. Mit den wirtschaftlichen Werten selbst wird das Unternehmen betrieben, diese können beliehen werden etc. Der Erwerber vergütet diese daher. Soweit er aber tatsächliche wirtschaftliche Güter und Umstände vergütet, liegt grundsätzlich keine Vergütung eines Verlustes und damit kein Verlusthandel vor. Umgekehrt spricht bei den stillen Lasten erst die Realisierung für einen solchen Verlusthandel, da dieser Wert in Form des latenten Steuerguthabens erst mit Realisierung nutzbar gemacht werden kann. Darüber hinaus spielen weitere Faktoren eine Rolle. Hinter den jeweiligen Vorschriften steht m. E. ein anderes Grundverständnis. Den Vorschriften der restlichen hier eine Rolle spielenden Staaten liegt im Wesentlichen der Gedanke der Unternehmensidentität zugrunde. Mit Tatbestandsverwirklichung geht aber gewissermaßen das bisher bestehende „alte“ Unternehmen unter, mit dem das „neue“ nicht mehr identisch ist. Besonders deutlich wird dies im Falle Frankreichs. Aber auch die anderen Staaten knüpfen auf Gesellschaftsebene – freilich in unterschiedlicher Weise – an eine Unternehmensidentität an (s. o. 1. b) bb) (1), S. 267). Selbst wenn man in Bezug auf die US287

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

Regelung nur die erste Stufe heranzieht (d. h. die, die lediglich zur Verlustnutzungsbeschränkung führt), wird doch auch hier die Unternehmensidentität deutlich, da die Verluste bei der prozentualen Begrenzung weiterhin zur Verfügung stehen sollen, soweit sie dem Ertrag entsprechen, den die „alte“ Verlustgesellschaft erzielt hätte (s. o. aa)). Bei einer so verstandenen Unternehmensidentität sollen Gewinne des neuen Unternehmens aber dann nicht mehr mit den Verlusten des alten Unternehmens verrechnet werden können. Soweit aber stille Reserven aufgelöst werden, die dem Zeitraum vor Tatbestandsverwirklichung zugerechnet werden können, liegen keine Gewinne des neuen, sondern noch des alten Unternehmens vor. In Deutschland wird dagegen sehr technisch versucht, einen Verlusthandel gesetzlich zu erfassen. Ein solcher wird bereits bei einer bloßen Änderung auf Gesellschafterebene angenommen, die nicht als Sanierung zu qualifizieren ist. Eine wie auch immer geartete Unternehmensidentität ist trotz der anders lautenden Gesetzesbegründung73 nicht Voraussetzung. Die deutsche Regelung nimmt aber dann insoweit keinen Handel mit Verlusten an, als stille Reserven vergütet werden, wobei in diesem Rahmen ein abweichender eigenständiger Begriff der stillen Reserven gilt. Zudem spielt noch eine andere Überlegung hier hinein. Der im Vergleich weitgehende Verlusterhalt in Deutschland ist insoweit auch Spiegelbild der ansonsten sehr restriktiven Regelung. In Deutschland besteht auf Tatbestandsebene kein weiteres Merkmal, das als Korrektiv auf Ebene der Gesellschaft eingreift, dies ist allein auf Rechtsfolgenebene gegeben. In den anderen Staaten besteht dagegen auch immer ein Merkmal auf Gesellschaftsebene (bzw. greift wie in den USA zumindest nur eine Verlustnutzungsbeschränkung). In Deutschland erweist sich der Verlusterhalt damit als entscheidender Schritt hin zur Systemkonformität mit dem geltenden Trennungsprinzip, da nunmehr (d. h. im Gegensatz zur Altfassung) auch ein Merkmal auf Gesellschaftsebene für die Besteuerung der Gesellschaft entscheidend ist. In den anderen Staaten ist diese Systemkonformität dagegen bereits anderweitig gewährleistet. Darüber hinaus werden dann hier anknüpfend an die Unternehmensidentität insoweit folgerichtig bestimmte Gewinne noch dem „alten“ Unternehmen zugeordnet. Würde auch die deutsche Vorschrift nur an aufgelöste stille Reserven anknüpfen, fiele dieser beschriebene Schritt zur Systemkonformität deutlich ________________________ 73 Danach soll sich „die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines anderen Anteilseigners (oder Anteilseignerkreises) ändern“, vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 76. Dies ist allerdings eine Unterstellung des Gesetzgebers, an die er rechtliche Folgen knüpft, die aber tatsächlich nicht eintritt.

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C. Ausgestaltung einer Regelung

geringer aus, wenn er nicht gar ganz wegfiele. Nur der Verlusterhalt in Höhe der auf der Gesellschaftsebene vorhandenen stillen Reserven stellt insoweit ein originär gesellschaftsbezogenes Merkmal dar, das die Systemkonformität wenigstens teilweise gewährleistet.74 Denn lässt man den Verlusterhalt ohne weiteres in Höhe der stillen Reserven zu, ohne dass eine Verrechnung nur gegen diese erfolgen kann, ist die Verlustverrechnung in dieser Höhe völlig unabhängig von einer Änderung auf Gesellschafterebene. Denn auch wenn ein Erwerber Anteile erwirbt, sodann die über die stillen Reserven erhalten bleibenden Verluste z. T. gegen laufende Gewinne verrechnet, aber insoweit keine Auflösung der stillen Reserven erfolgt, kann bei einem weiteren Erwerb wiederum vollständig ein Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven erfolgen. Dies könnte man kritisieren, da der Erwerber wirtschaftlich von den Alt-Verlusten profitiert hat, ohne dass er wirtschaftlich die Steuerlast der stillen Reserven zu tragen gehabt hat. Dies ist aber eben dem originär gesellschaftsbezogenen Merkmal geschuldet, auf das Änderungen auf Gesellschafterebene keinen Einfluss haben. Knüpfte man nun an die Auflösung der stillen Reserven an, stellt man aber wiederum eine zwingende Verbindung zwischen Gesellschafterebene und Verlusterhalt her, es läge kein in diesem Sinne originär gesellschaftsbezogenes Merkmal vor. cc) Sonstige Ausnahmen Neben der Sonderbehandlung für stille Reserven sieht die niederländische Regelung eine weitere Ausnahme auf Rechtsfolgenebene vor. Ist bei Prüfung der Änderungen auf Gesellschaftsebene nur der Passive KapitalanlagenTest, nicht aber der Aktivitäts-Test (der voraussetzt, dass die Tätigkeit vor Änderung auf Gesellschafterebene nicht in einem bestimmten Umfang reduziert worden sein darf) erfüllt, können Alt-Verluste mit danach anfallenden Gewinnen aus der ursprünglichen Tätigkeit verrechnet werden. Der Sache nach geht die Regelung gewissermaßen davon aus, dass die Gesellschaft nur noch Verlustvehikel ist, wenn sie nicht über einen aktiven lebenden Betrieb (im Sinne der Voraussetzungen des Passive Kapitalanlagen-Tests) verfügt. Ist sie aber nicht nur Verlustvehikel in diesem Sinne, sollen Verluste wenigstens soweit identische Tätigkeiten vorliegen (im Sinne des Aktivitäts-Tests) erhalten bleiben oder sogar vollständig, wenn diese Identität einen bestimmten Umfang erreicht. Die restlichen Staaten kennen eine vergleichbare Regelung nicht. Ist eine Änderung auf Gesellschaftsebene erfolgt, gehen die Verluste grundsätzlich

________________________

74 Ähnlich auch Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFStSchrift Nr. 461, S. 76. An der Einordnung als gesellschaftsbezogenes Merkmal ändert auch die Ermittlung über den Anteilspreis nichts, s. 3. Kapitel: A. I. 2. b), S. 99.

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verloren. Eine gleichwohl ggfs. noch vorhandene Identität führt – abgesehen vom Sonderfall der stillen Reserven – nicht zum Verlusterhalt. Bei der niederländischen Regelung steht aber der hiermit erzielte Vorteil außer Verhältnis zu den damit verbundenen Folgen, die anderen Staaten tun gut daran, nicht noch eine diesbezügliche Ausnahme vorzusehen. Dem Vorteil, dass das Unternehmen, soweit es identisch ist, auch weiterhin die Alt-Verluste nutzen kann stehen erhebliche Praktikabilitätsprobleme gegenüber. Die Feststellung, ob das Merkmal auf Gesellschaftsebene erfüllt ist, wird in der Praxis regelmäßig schwierig genug zu treffen sein. Zu dieser Betrachtung kommt dann aber bei der niederländischen Regelung eine Prüfung und Überwachung hinzu, inwieweit später erzielte Gewinne den alten Tätigkeiten zuzuordnen sind. Dies erforderte eine genaue Abgrenzung und wird etwa bei einer Änderung der Betriebsaufläufe, die nicht zu einer Identitätsänderung führt, kaum mehr möglich. Diese Regelung ist daher wenig sinnvoll.

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D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung

D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung Die derzeitige Regelung des § 8c KStG erscheint im Vergleich mit den entsprechenden Regelungen der anderen Staaten als sehr restriktiv. Dies gilt insbesondere für die grundlegende systematische Schwäche der Norm, die auf Tatbestandsebene dem Grunde nach allein auf eine Änderung auf Gesellschafterebene abstellt. Aber auch bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen zeigt sich die Norm als unausgegoren und nicht abgestimmt mit anderen Vorschriften und ist auch in sich nicht schlüssig durchkomponiert. Unter Berücksichtigung des deutschen Verfassungsrechts soll daher im Folgenden untersucht werden, wie eine sachgerechte Ausgestaltung einer Regelung zum Handel mit Verlustgesellschaften aussehen könnte. Dabei hat der Blick auf die anderen Staaten gezeigt, dass es einen reich gefüllten Instrumentenkasten gibt. Allerdings verfahren die verschiedenen Staaten trotz des gemeinsamen Ansatzpunktes, den Handel mit Verlustgesellschaften zu verhindern, höchst unterschiedlich bei der Frage der Ausgestaltung einer solchen Regelung. Es gibt bei einer Regelung zum Verlusthandel keine einfache Lösung. Es kann insoweit auch keine „eine Wahrheit“ geben. Entsprechende Regelungen sind immer eingebettet in ein nationales Besteuerungskonzept und insbesondere auch in ein Konzept der Verlustberücksichtigung, das es bei der Normierung zu beachten gilt.

I. Deutlich hervortretender Zweck Generell sollte die Zielrichtung einer Steuernorm in deutlicher, planvoller und für den Steuerpflichtigen fairer Weise zum Ausdruck kommen.75 Diese Forderung gilt insbesondere auch für eine Vorschrift zur Verhinderung eines Handels mit Verlustgesellschaften. Das deutliche Hervortreten des Zwecks der typisierenden Missbrauchsregelung sollte zum einen ganz erheblich die Anwendung des einfachen Rechts erleichtern. Zum anderen ist die genaue Verankerung eines solchen Zwecks durch den Gesetzgeber verfassungsrechtlich von Bedeutung und kann entscheidend für eine Verfassungsmäßigkeit sprechen.

II. Beschränkung auf „echte“ Mantelkauffälle? In der steuerlichen Literatur wird bei der Behandlung des § 8c KStG oftmals immer noch von der Mantelkaufregelung gesprochen.76 Dies ist zum einen sicherlich der Gesetzeshistorie geschuldet. Allerdings scheinen manche Auto________________________

75 Vgl. Neumann, DStJG, Bd. 33 (2010), S. 83. 76 Vgl. nur Ortmann-Babel/Bolik/Fuest, DStR 2010, 1865, 1867; Neyer, Der Mantelkauf.

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ren ausgesprochen oder unausgesprochen auch generell von einer gewissen Sehnsucht nach einer Regelung geprägt zu sein, die nur „echte“ Mantelkauffälle erfasst.77 Es ist fraglich, was mit dem Begriff „echter“ (oder auch „reiner“) Mantelkauf gemeint ist. Nahe liegt ein Verständnis im Sinne der alten Rechtsprechung, wonach ein „echter“ Mantelkauf im Sinne einer „klassischen Ausprägung“ zu verstehen wäre, d. h. als Übertragung von Anteilen an einer (nahezu) vermögenslosen Gesellschaft.78 Dem folgend wird teilweise als allein sinnvolle Regelung vorgeschlagen, dass eine Vorschrift nur solche Fälle erfassen sollte, bei denen der Erwerb der steuerlichen Verluste ausschließliches oder wenigstens „absolut dominierendes Motiv“ ist, so dass man im Ergebnis zu einer klassischen Mantelkaufregelung im Sinne der alten BFH-Rechtsprechung zurückkehrte.79 Eine solche Vorabfestlegung auf „echte“ Mantelkauffälle ist aber nicht zielführend. Die alte BFH-Rechtsprechung, die das Kriterium des Mantelkaufs in diesem Sinne beim Verlustabzug einführte, konnte nicht anders, da sie dogmatisch auf die Personengleichheit abstellte. Eine Personengleichheit konnte sie aber eben nur in Extremfällen ablehnen, alles andere hätte von vornherein zu einer Überdehnung der (ohnehin hierbei abzulehnenden) wirtschaftlichen Betrachtungsweise geführt. Eine gesetzliche Regelung zum Verlusthandel kann ohne diesen dogmatischen Ausgangspunkt aber zu einer zielgenaueren Erfassung führen und sollte anknüpfend an das Regelungsbedürfnis idealtypisch zum Verlustuntergang führen, soweit steuerliche Verluste Gegenstand einer Übertragung sind. Warum etwa Verluste nur deshalb bereits von vornherein verschont bleiben sollen, weil sie nicht hauptsächlich, sondern nur nebensächlich übertragen werden, ist nicht ersichtlich. Ein Regelungsbedürfnis besteht nicht nur für Fälle, in denen ein Verlust mittels eines bloßen Rechtskleids übertragen wird, sondern in jedem Fall, soweit ein Verlust eigentlicher Gegenstand einer Anteilsübertragung ist. Man mag ________________________ 77 Etwa Lüdicke, DStZ 2010, 434; ders., in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, S. 317, Ortmann-Babel/Bolik/Fuest, DStR 2010, 1865, 1871; wohl auch Gosch, in Lüdicke, Wo steht das deutsche Internationale Steuerrecht?, S. 174; mit dem Hinweis auf diese Forderung, wenngleich selbst zurückhaltend auch Müller-Gatermann, Ubg 2010, 153, 155. 78 Vgl. mit Unterschieden im Detail Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 373; Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 288; de Weerth, DB 2010, 1205, 1207; Schmitz-Herscheidt, Beschränkung der Verlustberücksichtigung bei der Umstrukturierung von Körperschaften, S. 176. 79 Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 381; SchmitzHerscheidt, Beschränkung der Verlustberücksichtigung bei der Umstrukturierung von Körperschaften, S. 176.

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die Frage des Regelungsbedürfnisses anders beantworten als oben. Bejaht man aber ein grundsätzliches Regelungsbedürfnis, besteht vom Grundsatz her das Bedürfnis einer Beschränkung, soweit Verluste übertragen werden. Eine andere Frage ist, ob von dem beschriebenen Idealtypus abgewichen werden sollte oder sogar abgewichen werden muss, etwa weil die entsprechende Ausgestaltung einer Regelung praktisch nicht möglich ist. Zudem kann eine „echte“ Mantelkaufregelung (oder sogar der Verzicht hierauf) auch rechtspolitisch sinnvoll sein, insbesondere, wenn die anderweitige Rechtslage zur Verlustberücksichtigung und -beschränkung dies nahe legt (dazu sogleich).

III. Interdependenz zwischen Ermöglichung der Verlustnutzung und Schärfe einer Regelung Regelungen zum Verlusthandel können nicht isoliert betrachtet werden, sondern sind immer im Kontext mit anderen Regelungen zur Verlustberücksichtigung zu sehen. Dabei besteht m. E. eine Interdependenz zwischen der Ermöglichung der Verlustnutzung insbesondere in zeitlicher Hinsicht und der Schärfe einer jeweiligen Regelung zum Verlusthandel. Das bedeutet zum einen, dass je weiter man die zeitliche Grenze der Verlustberücksichtigung ausdehnt, desto enger eine entsprechende Regelung gefasst werden kann und darf. Umgekehrt muss in einem Verlustverrechnungskonzept, in dem Verluste nur in einem engen zeitlichen Rahmen genutzt werden können, eine Regelung umso mehr auf den klassischen Missbrauchsfall zugeschnitten sein. Über dieses zeitliche Moment hinaus können hier auch etwaige betragsmäßige Begrenzungen der Verlustberücksichtigung zu berücksichtigen sein, wie die Mindestbesteuerung, die zu einer weiteren zeitlichen Streckung der Verlustberücksichtigung führt.80 Allgemein kann gesagt werden, dass je mehr die Verlustnutzung durch andere Regelungen eingeschränkt ist, desto weiter kann eine Regelung zum Verlusthandel sein und umgekehrt, je weiter die Möglichkeiten der Verlustnutzung gewährt werden, desto restriktiver kann eine solche Regelung ausgestaltet sein. Diese Überlegungen sollten dabei auch auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Regelung zurückwirken. Diese These ergibt sich zum einen daraus, dass sich durch eine weite zeitliche Erstreckung der Verlustberücksichtigung Verluste in erheblichem Umfang ansammeln können. Unter anderem hieraus resultieren dann z. B. in ________________________ 80 Zur Frage des Zusammespiels der Wirkungen der Mindestbesteuerung und § 8c KStG im geltenden Recht und die insoweit nach BFH v. 26.8.2010, I B 49/10, BStBl. II 2011, 826 gebotene verfassungskonforme Auslegung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG s. o. 3. Kapitel: A. I. 1 a. E., S. 94 f.).

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Deutschland die „gewaltigen Verlustvortragspotenziale“, die deutsche Unternehmen „vor sich her schieben“81 und denen sich der Gesetzgeber als Drohkulisse ausgesetzt sieht und die er daher zu begrenzen sucht. Diese Verlustvolumen bestehen ohne eine zeitliche Begrenzung bis in alle Ewigkeit fort und sind daher stets potentielles Ziel eines Verlusthandels. So kann es Sinn machen, weitgehend inaktive Gesellschaften wegen ihrer Verluste weiter zu erhalten, statt sie zu liquidieren. Bei einem gestaffelten Erwerb jeweils unter den gesetzlichen Grenzen und einem entsprechenden Aussitzen der Fristen änderte hieran paradoxerweise nicht einmal die außerordentliche rigide Vorschrift des § 8c KStG a. F. etwas. Bei einem Verlustuntergang nach einer bestimmten Zeit erfolgte dagegen ein Schnitt, der die Verlustvolumen „auf natürliche Weise“ begrenzte, so dass die Verluste nach einer gewissen Zeit automatisch als Ziel eines Verlusthandels ausscheiden. Dabei soll hier keineswegs einer zeitlichen Begrenzung des Verlustvortrags das Wort geredet werden, es soll lediglich festgestellt werden, dass eine zeitlich weitgehende Erstreckung auch schärfere Maßnahmen des Gesetzgebers rechtfertigen kann. Interessanterweise scheint der Gedanke der Interdependenz von zeitlicher Ermöglichung einer Verrechnung von Aufwendungen und Schärfe einer diesbezüglichen Beschränkungsregelung auch bei Einführung des EBITDA-Vortrags im Rahmen der Zinsschranke eine Rolle gespielt zu haben. Denn während der sog. Zinsvortrag, der die aufgrund der Zinsschranke nicht abziehbaren Zinsaufwendungen zeitlich unbeschränkt vorträgt, im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs i. S. d. § 8c KStG untergeht (§ 8a Abs. 1 Satz 3 KStG), ist dies beim EBITDA-Vortrag nicht der Fall. Der EBITDA-Vortrag sorgt dafür, dass das steuerliche EBITDA als Bemessungsgrundlage für die maximale Höhe der abzugsfähigen Zinsaufwendungen nicht nur nach dem jeweiligen Kalenderjahr bestimmt wird, sondern sich über mehrere Jahre ansammeln kann, soweit es nicht verbraucht ________________________ 81 So die Begründung zum Entwurf des sog. Korb-II-Gesetzes, mit der die Mindestbesteuerung des § 10d Abs. 2 EStG eingeführt wurde, s. BT-Drucks. 15/1518 S. 13. Die zum 31.12.2006 festgestellten Verlustvorträge betrugen bei der Körperschaftsteuer 603,6 Mrd. € (Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ v. 15.9.2011, in Fußnote 1, S. 7 (im Internet abrufbar abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_306/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/ Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Koerperschaftssteuer__Umwandlungs steuerrecht/001.html). Ausführlich zu den fiskalischen Auswirkungen dieser noch nicht verrechneten Verluste Dorenkamp, Systemgerechte Neuordnung der Verlustverrechnung, IFSt-Schrift Nr. 461, S. 35 ff.; zur Frage der „Kosten“ einer Neuordnung des Mantelkaufs Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 71 ff.

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wurde.82 Der EBITDA-Vortrag erfolgt aber maximal in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre und ist damit zeitlich begrenzt. Für diesen EBITDA-Vortrag sieht nun der Gesetzgeber keine Beschränkung in Bezug auf § 8c KStG vor, dieser steht damit auch nach einem schädlichen Beteiligungserwerb zur Verfügung. Eine solche Interdependenz kann in Teilen auch aus dem Vergleich mit den anderen Ländern abgelesen werden. Dabei müssen die Verhältnisse in dem Zeitpunkt betrachtet werden, in dem die jeweilige Regelung in der Fassung eingeführt wurde, die der heutigen im Wesentlichen entspricht. Zu beachten ist, dass diese These rein objektiv abgeleitet wird, der Gedanke ist in den Ländern nicht ausdrücklich formuliert. Aus der objektiven Rechtslage können aber gleichwohl Folgerungen gezogen werden, von welchen Erwägungen sich die nationalen Gesetzgeber insoweit unausgesprochen potentiell haben leiten lassen. Bestätigt wird die These etwa insbesondere von der Rechtslage in der Schweiz, Frankreich, Österreich, Deutschland und Großbritannien. So sieht das schweizerische Recht einen restriktiven Verlustvortragszeitraum von sieben Jahren vor, stellt aber für das Vorliegen eines Verlusthandels (hier Mantelhandel) sehr hohe Anforderungen und erfasst im Grunde nur reine Missbrauchsfälle. Ähnlich stellt sich die Lage in Frankreich dar, einer seinerzeit restriktiven Verlustberücksichtigung (fünf Jahre Verlustvortrag) steht eine in ihrer Anwendung relativ enge Verlusthandelsvorschrift gegenüber. Gleiches gilt für Österreich, wo die Verlustvortragsfrist bei Einführung der relativ engen Verlusthandelsvorschrift sieben Jahre betrug. Umgekehrt bestätigen Deutschland und Großbritannien die These, hier ist der Verlustvortrag zeitlich unbegrenzt möglich, im Gegenzug sind die derzeitigen Regelungen zum Verlusthandel aber relativ restriktiv. Die US-Regelung spricht hier weder eindeutig für noch gegen die These. Der Verlustvortrag war hier mit 15 Jahren zwar nicht unbegrenzt möglich, dies stellt andererseits aber auch keine besonders restriktive Verlustberücksichtigung dar, wobei die Regelung zum Verlusthandel jedenfalls einen weiten Anwendungsbereich hat. Ambivalent stellt sich auch die Lage in Belgien dar, wo der Verlustvortrag unbegrenzt möglich ist, der Tatbestand der Verlusthandelsregelung zunächst entsprechend sehr weitgehend ist, allerdings durch die weite Ausnahme die Vorschrift nach Auffassung der Rechtsprechung auf Missbrauchsfälle zurückgeführt wird.

________________________ 82 Näher dazu etwa Rödding, DStR 2009, 2649.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

IV. Gesellschafter- und/oder gesellschaftsbezogene Merkmale 1. Anknüpfung allein auf Gesellschafterebene Eine Anknüpfung allein auf Gesellschafterebene führt dazu, dass die Erreichung des Ziels der Verhinderung von Verlustkäufen vom Gesetzgeber bereits nach einer qualifizierten Änderung auf Gesellschafterebene ausgerufen wird. Diese so vom Gesetzgeber ausgerufene Zielerreichung stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung aber als einen Schritt zu kurz gedacht dar. Denn bei einer Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft mit steuerlichen Verlusten, mag diese auch in qualifizierter Höhe erfolgt sein, liegt zwar möglicherweise ein Verlusthandel vor. Ausgemacht ist dies aber noch nicht. Mit anderen Worten, nach einer schädlichen Änderung auf Gesellschafterebene liegt zwar abstrakt die Möglichkeit vor, dass Verluste zum Gegenstand der Übertragung gemacht wurden, diese abstrakte Möglichkeit muss sich aber noch in anderen Umständen konkretisieren. Aus diesem Grund wurde das Konzept des § 8c KStG vor Wachstumsbeschleunigungsgesetz von der nahezu einhelligen Meinung in der Literatur abgelehnt. Zu Recht wurde der Regelung von der h. M. abgesprochen, dass sie sich gegen den missbräuchlichen Verlusthandel richtete (s. o. 2. Kapitel: B. I. 1., S. 13). Als wesentlicher Grund gegen eine alleinige Anknüpfung auf Gesellschafterebene sprechen zudem steuersystematische Gründe.83 Dem geltenden Recht liegt das Trennungsprinzip zugrunde, das eine Besteuerung der Gesellschaft als eigenständige Person vorsieht. Knüpft die Besteuerung der Gesellschaft aber an Merkmale auf Ebene ihrer Gesellschafter an, liegt darin ein Systembruch, solange und soweit nicht ein neues System etabliert wird. Dieser Systembruch ist aber nur dann zu rechtfertigen, wenn zusätzlich zumindest auch ein Merkmal auf Ebene der Gesellschaft selbst (diese ist schließlich Steuersubjekt) entscheidend ist. Diese steuersystematischen Überlegungen schlagen hinsichtlich des deutschen Rechts schließlich im Rahmen der Folgerichtigkeit auch auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit durch, die insoweit eine Einbeziehung auch der Umstände des jeweiligen Steuersubjekts gebietet (3. Kapitel: A. I. 4. b) bb) (3), S. 104). Darüber hinaus sprechen auch wirtschaftliche Gründe gegen eine Regelung, die allein an die Gesellschafterebene anknüpft. Eine solche Regelung führt potentiell in ihren tatsächlichen Auswirkungen im Ergebnis zu einer steuerlichen Schranke gegen den Verkauf von Gesellschaften. Übertragungen können unterbleiben, ________________________ 83 Bemerkenswert ist, dass steuerliche Systembrüche auch aus Unternehmenssicht steuerpolitisch besonders stark abgelehnt werden, vgl. Ortmann-Babel/Bolik/Fuest, DStR 2010, 1865, 1871.

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weil bestehende erhebliche Verlustvolumen nicht gefährdet werden sollen, obwohl der Verlust in keiner Weise Gegenstand der Anteilsübertragung ist. Dies wäre auch volkswirtschaftlich nachteilig. 2. Anknüpfung allein auf Gesellschaftsebene Eine Anknüpfung allein auf Gesellschaftsebene wie in Frankreich (und – im Rahmen der allgemeinen Verlustvortragsregelung – in Großbritannien) hat zunächst ein steuersystematisches Argument auf seiner Seite. Denn entscheidend sind hierbei lediglich Änderungen auf Ebene des konkreten Steuerpflichtigen, ohne dass es unter Verletzung des Trennungsprinzips für die Besteuerung der Gesellschaft auf die Verhältnisse der Gesellschafter ankommt. Allerdings kann eine solche Norm schwerlich mit der Verhinderung eines Verlusthandels begründet werden.84 Gewissermaßen in Umkehrung der obigen Ausführungen kann eine Änderung auf Gesellschaftsebene Ausdruck eines Verlusthandels sein. Allein hierdurch besteht aber nur eine abstrakte Möglichkeit hierzu. Denn eine (wie auch immer geartete) Änderung auf Ebene der Gesellschaft kann völlig andere Gründe haben, als die Übertragung von Verlusten auf andere Gesellschafter, die von diesen wirtschaftlich profitieren. So könnten außerhalb von Fällen, in denen tatsächlich ein Verlusthandel vorliegt, Bemühungen verhindert werden, Unternehmen wirtschaftlich effizienter zu machen. Unter Umständen würden ineffiziente Unternehmen beibehalten werden, weil eine Änderung die Verlustnutzung gefährdete. Unter dem Leitstern der Verhinderung von Verlustkäufen ist eine solche Regelung daher nicht zielführend. Auch sonst sind vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips grundsätzlich keine Gründe erkennbar, weshalb eine Beschränkung der Verlustverrechnung auf bestimmte Tätigkeiten erfolgen soll. Diesbezüglich ist kein Regelungsbedürfnis erkennbar (s. o. B. III., S. 240). 3. Schlussfolgerung Die Körperschaftsteuer ist als Personensteuer ausgestaltet, die Kapitalgesellschaft ist selbst Steuersubjekt. Das Recht auf die Verlustnutzung steht damit systematisch folgerichtig grundsätzlich der Kapitalgesellschaft selbst zu. Dies gilt sowohl für Deutschland als auch für die anderen untersuchten Staaten. Will man einen Handel mit Verlustgesellschaften verhindern, befindet man sich in einem Dilemma. Ein Abstellen allein auf die Gesellschafter ist unsystematisch, verfassungsmäßig nicht zu rechtfertigen und führt zu wirtschaftlich nachteiligen Folgen. Ein systematisch folgerichtiges Abstellen ________________________ 84 Gl. A. Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 288.

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allein auf Gesellschaftsebene führt zu einem rechtsnormspezifischen Sonderrecht, für das es kein Regelungsbedürfnis gibt, wenn kein Bezug zu einem potentiellen Verlusthandel besteht. Nach alledem ist eine Änderung auf beiden Ebenen zu verlangen. Dem grundsätzlichen Konzept der untersuchten Staaten, mit Ausnahme Frankreichs, ist daher dem Grunde nach zuzustimmen. Durch die Änderung auf Gesellschafterebene ergibt sich die abstrakte Möglichkeit eines Verlusthandels. Liegt eine solche vor, muss sich diese noch auf Gesellschaftsebene konkretisieren. Es muss festgestellt werden, ob die Gesellschaft tatsächlich nur Vehikel ist, um die Verluste wirtschaftlich auf andere Gesellschafter zu übertragen (ob diese Feststellung auf Tatbestands- und/oder Rechtsfolgenseite erfolgen muss, s. sogleich). Verlangt man grundsätzlich eine Änderung auch auf Gesellschaftsebene, stellt sich noch die Frage, wie es zu rechtfertigen ist, dass Gesellschaften nicht uneingeschränkt ihren Geschäftsbetrieb ändern dürfen, ohne dass dies schädliche Auswirkungen auf die Verlustverrechnung hat, während eine entsprechende Einschränkung bei natürlichen Personen nicht vorgesehen ist.85 Diese unterschiedliche Behandlung liegt zum einen darin begründet, weil hier eben die besondere Situation und Gefahr des Verlusthandels besteht. Außerhalb der Fälle, in denen eine Änderung auf Gesellschafterebene in einem zeitlichen Zusammenhang erfolgt, ist eine Änderung des Geschäftsbetriebs ohne weitere nachteilige Folgen für die Verluste möglich (wenn man wie beschrieben eine Änderung auf beiden Ebenen fordert). Ist dies aber der Fall, konkretisiert die Änderung auf Gesellschaftsebene die abstrakte Möglichkeit des Verlusthandels. Darüber hinaus bestimmt sich im Gegensatz zu natürlichen Personen die Identität jedenfalls einer Handelsgesellschaft ganz maßgeblich durch ihr ausgeübtes Gewerbe. Der Zweck einer Gesellschaft ist etwa im Gesellschaftsvertrag festzulegen und in das Handelsregister einzutragen. Jedenfalls Handelsgesellschaften sind keine von anderen Personen losgelösten abstrakten Gebilde, sondern wirtschaftlich gesehen in erster Linie Instrument zur Einkommenserzielung.86 Eine solche enge Verknüpfung gibt es so bei natürlichen Personen aber nicht.

________________________ 85 Pape folgert u. a. aus dieser Überlegung die Zulässigkeit eines Mantelkaufs, BB 1957, 179, 180. 86 Vgl. Siegel/Bareis/Herzig/Schneider/Wagner/Wenger, BB 2000, 1269. Dies führt aber nicht dazu, dass generell für Zwecke der Verlustverrechnung auf die Anteilseigner abgestellt werden solle, vgl. oben 5. Kapitel: B. III. 1., S. 241.

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D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung

V. Anknüpfungspunkte für gesellschaftsbezogene Merkmale und Verortung auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene 1. Herausfiltern „gehandelter“ Verluste? Es ist weiterhin zu fragen, welche Anknüpfungspunkte auf Gesellschaftsebene sinnvoll erscheinen. Diese Frage kann nicht losgelöst davon betrachtet werden, ob gesellschaftsbezogene Merkmale auf Tatbestands- und/oder Rechtsfolgenebene Anwendung finden. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, von vornherein eine Regelung zu fordern, die auf Tatbestandsseite eine Änderung auf Gesellschaftsebene vorsieht (etwa die Zuführung einer neuen Einkunftsquelle).87 Ein gesellschaftsbezogenes Merkmal auf Rechtsfolgenseite wäre jedenfalls zu befürworten, wenn dieses zielgenau gerade die Verluste herausfilterte, die gehandelt werden. Insofern sucht die stille Reserven-Ausnahme des § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG auf Rechtsfolgenseite sehr technisch daran anzuknüpfen, ob bei einem Anteilserwerb steuerliche Verluste erworben werden. Hierbei ist der hinter der Regelung stehende Gedanke, dass Verluste erhalten bleiben sollen, soweit die Vergütung für anderes geleistet wird, vom Grundsatz her zutreffend, die Umsetzung greift aber zu kurz. Zunächst müsste anknüpfend an die o. g. idealtypische Ausgestaltung umgekehrt formuliert werden: nur soweit eine Vergütung für steuerliche Verluste geleistet wird, Verluste also in diesem Sinne gehandelt werden, sollten Verluste untergehen. Daher müsste im Grunde eine Ermittlung des wirtschaftlichen Werts der Anteile an der Gesellschaft ohne Berücksichtigung der steuerlichen Verluste erfolgen, der dann mit dem tatsächlich gezahlten Preis zu vergleichen wäre. Soweit der tatsächliche Preis den wirtschaftlichen Wert der Anteile übersteigt, entfiele er auf die steuerlichen Verluste. Die Verluste, die sodann untergehen müssten, müssten aus der Vergütung hochgerechnet werden, wobei sowohl die Ungewissheit, ob und wann die Verluste tatsächlich genutzt werden könnten als auch die zeitlich und betragsmäßig eingeschränkte Nutzbarkeit, Zinseffekte etc. zu berücksichtigen wären. Die Probleme einer solchen idealtypischen Regelung liegen aber auf der Hand. In erster Linie besteht hier das Problem der Wertermittlung. Hierbei wäre aus dem erzielten Entgelt der Teil herauszurechnen, der auf die steuerlichen Verluste entfiele. Dies könnte freilich in sinnvoller Weise nur erfolgen, wenn umgekehrt der Teil ermittelt wird, mit dem andere wirt________________________ 87 So aber Röder, Das System der Verlustverrechnung im deutschen Steuerrecht, S. 382; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 111.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

schaftliche Werte vergütet werden. Dies zöge aber die erheblichen praktischen Schwierigkeiten der Unternehmensbewertung nach sich. Zudem wäre bei Fällen mit geringer steuerlicher Auswirkung fraglich, ob hier ein solcher Aufwand gerechtfertigt wäre. Aber auch der zweite Schritt der Hochrechnung der Vergütung auf die Verluste birgt erhebliche Probleme. Hier könnte man zwar an eine Typisierung denken, die dann aber im Einzelfall wiederum zu ggfs. erheblichen Fehlsteuerungen führte. Nach § 8c Abs. 1 Satz 7 KStG soll der Wert der Gesellschaft dagegen grundsätzlich schlicht aus dem Entgelt für die Anteile hergeleitet werden. Dies ist unsystematisch, da die stillen Reserven auf Ebene der Gesellschaft wiederum aus einem Umstand auf Gesellschafterebene abgeleitet werden. Lediglich für den Sonderfall, in dem die Verlustgesellschaft ein negatives steuerliches Eigenkapital aufweist, wird systematisch richtiger auf die im Betriebsvermögen der Gesellschaft enthaltenen stillen Reserven angeknüpft. Die grundsätzliche Anknüpfung an die in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven ist zudem sinnwidrig, weil die Ermittlung des Wertes aus dem Entgelt grundsätzlich dazu führt, dass eine Vergütung steuerlicher Verluste zu einer Werterhöhung und damit zu einem höheren Verlusterhalt führte. Daher könnte bei der o. g. idealtypischen Vorgehensweise auch keine solche Wertermittlung vorgenommen werden, denn es ergäbe sich nie ein Unterschiedsbetrag zwischen tatsächlichem Preis und Wert, der dann auf einen Verlusthandel hinweisen würde. Diese an sich gegebene Sinnwidrigkeit führt bei § 8c KStG allein deshalb im Ergebnis zu keinen Problemen, da es sich wirtschaftlich für den Erwerber nicht lohnt, Verluste zu erwerben, da er immer 100 % der Verluste vergüten muss, aber nur einen maximalen steuerlichen Vorteil von ca. 30 % erzielt (s. o. 2. Kapitel: F. II. 1. a), S. 80). Dies resultiert aus der betragsmäßigen Entsprechung von Verlusterhalt und stillen Reserven. Hiermit wird also einerseits verhindert, dass die Regelung zu einem Verlusterhalt führt, obwohl gerade Verluste vergütet werden. Allerdings führt es andererseits dazu, dass in dem Fall, in dem die steuerlichen Verluste den wirtschaftlichen Wert der Gesellschaft übersteigen, betragsmäßig zu viele Verluste verloren gehen. Beispiel: Die V-GmbH hat steuerliche Verluste in Höhe von 100. Der wirtschaftliche Wert der Anteile an dieser ohne diese Verluste beträgt 50, das Eigenkapital 0. A erwirbt nun 100 % der Anteile entsprechend des wirtschaftlichen Werts für 50. Nach § 8c KStG gehen die Verluste grundsätzlich verloren, bleiben aber nach § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG in Höhe von 50 (Entgelt abzüglich Eigenkapital) erhalten. Nach der oben beschriebenen Vorgehensweise wurde aber keine Vergütung geleistet, die über den 300

D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung

wirtschaftlichen Wert der Gesellschaft hinausgeht. Es liegt damit idealtypisch kein Verlusthandel vor, ein Verlustuntergang wäre nicht gerechtfertigt. Neben diesen grundsätzlichen Schwächen der Konzeption der derzeitigen Regelung des § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG ergibt sich noch ein weiterer Gesichtspunkt: selbst unter Zugrundelegung des Ansatzes des § 8c Abs. 1 Satz 6 KStG ist die Norm nicht „zu Ende gedacht“. Denn nicht nur die in den vorhandenen stillen Reserven enthaltenen zukünftigen Gewinne sind bereits in der Gesellschaft angelegt und rechtfertigen damit eine Verrechnung mit Alt-Verlusten. Auch andere spätere Gewinne sind bereits im ursprünglichen Unternehmen angelegt. Wird das Unternehmen aber fortgeführt, ist eine Verrechnung dieser späteren Gewinne mit Alt-Verlusten insoweit – ähnlich wie bei den stillen Reserven – gerechtfertigt.88 Dies gilt auch trotz des Umstands, dass durch die Art der Ermittlung der stillen Reserven grundsätzlich auch künftige Gewinne in diesen abgebildet werden. Hiermit gelangt man aber zum Merkmal einer Unternehmensidentität. 2. Änderung der Unternehmensidentität Nach der Konzeption der meisten Staaten (bis auf Deutschland) ist das gesellschaftsbezogene Merkmal letztlich eine Änderung der Unternehmensidentität (s. o. C. II. 1. b) bb) (1), S. 267). Die Unternehmensidentität ist grundsätzlich Merkmal im Tatbestand und wird oftmals auf Rechtsfolgenseite durch Regelungen zu stillen Reserven flankiert (dazu s. u. c)). Bei den USA gilt das Merkmal der Unternehmensidentität zusätzlich auch auf Rechtsfolgenebene, wenn tatbestandsmäßig lediglich eine Änderung auf Gesellschafterebene vorliegt, aber die Verluste in Höhe des Prozentsatzes weiterhin nutzbar bleiben. Lediglich Belgien nimmt insofern eine Sonderstellung ein, bei der zudem nach der derzeitigen Lage nicht klar ist, ob eine Unternehmensidentität erforderlich ist und nach den Umständen auf welcher Ebene (Gesellschafter- oder Gesellschaftsebene) sich dies richten soll. Aus diesem Grund und wegen der grundsätzlichen Bedenken gegen die belgische Regelung soll diese daher hier außer Betracht bleiben. Es stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit eine Unternehmensidentität als gedanklicher Hintergrund einer Regelung auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenseite verortet werden sollte. ________________________ 88 Vgl. Breinersdorfer, StuW 2008, 216, 223; i. Erg. ähnlich wohl auch Lüdicke, in Lüdicke/Kempf/Brink, Verluste im Steuerrecht, S. 317, nach dem der Untergang von Verlusten bei schlichten Anteilseignerwechseln insoweit unangemessen ist, als die Gesellschaft über Gewinnpotential verfügt.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

a) Tatbestandslösung aa) Änderung der Unternehmensidentität Das Anknüpfen an eine Unternehmensidentität auf Tatbestandsebene zur Feststellung, ob die Gesellschaft lediglich Verlustvehikel ist, ist eine grundsätzlich sachgerechte Überlegung.89 Dies zeigt nicht nur der Rechtsvergleich. Denn ändert sich die Unternehmensidentität auf Gesellschaftsebene, hat sich – typisiert – gezeigt, dass das Interesse des Erwerbers nicht der konkreten Gesellschaft, wie sie sich im Zeitpunkt des Erwerbs darstellte, gegolten hat, sondern den steuerlichen Verlusten. Die durch den Anteilserwerb gegebene abstrakte Möglichkeit eines Verlusthandels hat sich bei einer Änderung der Unternehmensidentität dahingehend konkretisiert, dass der Erwerber die Verluste der Gesellschaft mit Gewinnen eines anderen Unternehmens verrechnen wollte. Die Gesellschaft war entsprechend nur Vehikel, um die bestehenden Verluste mit Gewinnen eines anderen Unternehmens zu verrechnen. Denkbar wäre in diesem Rahmen wie in den Niederlanden auch die Anknüpfung daran, ob die Gesellschaft passiv ist. Durch ein Merkmal dieser Art würde eine Verlustvehikelqualität der Gesellschaft besonders deutlich. Allerdings erscheint die Anknüpfung an eine Unternehmensidentität sachgerechter. Denn eine solche Regelung benachteiligte Unternehmen, die ein bestimmtes Anlageportfolio haben und solche, die bereits vor der Gesellschafteränderung ggfs. gesundgeschrumpft worden sind. Zudem wäre sie weitaus gestaltungsanfälliger. Ein solches Verständnis der Unternehmensidentität weicht teilweise von den Erwägungen ab, die die alte BFH-Rechtsprechung zum Verlustabzug und den späteren § 8 Abs. 4 KStG a. F. geleitet haben. Diese Rechtsprechung kam zur wirtschaftlichen Identität, indem sie dogmatisch darauf abstellte, dass der Verlustabzug eine Personengleichheit erfordere, die abweichend vom Zivilrecht nach steuerlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sein sollte und im Falle eines Mantelkaufs nicht mehr gegeben war (s. o. 1. Kapitel: C. III., S. 7). Der hier vertretene Ansatz hat dagegen einen dogmatisch abweichenden Ausgangspunkt, auch wenn die Ziele denen der alten Rechtsprechung entsprechen (B. I. 3., S. 235). Die Rechtfertigung für eine entsprechende Regelung liegt allein in der Verhinderung eines Verlusthandels, die Personengleichheit bestimmt sich ausschließlich nach der rechtlichen Identität. ________________________ 89 Ähnlich auch Röder, StuW 2012, 18, 31 f.; Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 114 ff. schlägt vor, de lege ferenda auf die Merkmale des „alten“ § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 abzustellen (Fortführung des verlustverursachenden Betriebs in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang für fünf Jahre).

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D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung

Das Merkmal einer (Unternehmens-)Identität bestimmt in diesem Rahmen lediglich die Konkretisierung der abstrakten Möglichkeit eines Verlusthandels. Die Verwendung eines Tatbestandsmerkmals im Sinne einer Unternehmensidentität hat allerdings zur Folge, dass man insoweit einen unbestimmten Rechtsbegriff einführte. Dies ist zwar an sich möglichst zu vermeiden. Allerdings dürfte in diesem Rahmen jedenfalls vom Grundsatz her kaum auf eine solche Generalklausel verzichtet werden können. Dies zeigt auch der Rechtsvergleich. Selbst Staaten, in denen die erforderliche Änderung auf Gesellschafterebene gesetzlich sehr präzise normiert ist, z. T. mit einer bis in kleinste Einzelheiten reichenden gesetzlichen Ausgestaltung (etwa Großbritannien und insbesondere USA mit einer diesbezüglich kaum zu übertreffenden Komplexität), verwenden als gesellschaftsbezogenes Merkmal kaum mehr als eine Generalklausel. Dies ist auch sachgerecht. Bei der Beurteilung der Unternehmensidentität einer Gesellschaft handelt es sich in der Regel um höchst komplexe Fragestellungen, die sich einer generalisierenden gesetzlichen Regelung entziehen. Eine Änderung der Unternehmensidentität kann derart viele Ausprägungen haben und aus so vielen Facetten bestehen, dass eine eindeutige gesetzliche Konkretisierung, in welchen Fällen es an einer Unternehmensidentität fehlen soll, als nahezu nicht normierbar erscheint. Eine Generalklausel ist zwar vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit nachteilig. Es dürfen aber auch nicht die wesentlichen Vorteile einer solchen Norm, insbesondere in diesem Zusammenhang übersehen werden. Durch ein hinreichend offenes Merkmal auf Gesellschaftsebene kann eine entsprechende Norm zielgenau auf den jeweiligen Einzelfall angewendet werden, in dem ein Missbrauch vorliegt. Dies gilt in zwei Richtungen: zum einen kann die Norm für solche Fälle aktiviert werden, in denen bei Lichte betrachtet ein Missbrauch gegeben ist. Eine zu weitgehende gesetzliche Konkretisierung schränkte hier den Anwendungsbereich von vornherein zu sehr ein. Zum anderen können auch etwaige überschießende Wirkungen, die durch einen zu weiten Tatbestand des gesellschaftsbezogenen Merkmals entstehen, auf dieser Ebene wieder eingefangen werden. Es bedarf daher auf dieser Ebene vom Grundsatz her einer solch weitgehenden Flexibilität, auf Normierung konkreter Prozentsätze wie etwa in den Niederlanden sollte verzichtet werden, zumal selbst hier wiederum zahlreiche Fragen offen bleiben. Gleichwohl sollte die bei der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe immer auftretende Rechtsunsicherheit möglichst durch andere begleitende Regelungen abgefedert werden. Hierbei kommt etwa die Normierung der Umstände in Betracht, die bei der Prüfung, ob eine Unternehmensidentität vorhanden ist, zu berücksichtigen sein können. Aus dem Rechtsvergleich ist 303

5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

ersichtlich, dass hier die meisten Staaten zur Bestimmung der Unternehmensidentität auf Tätigkeit und Vermögen der Gesellschaft abstellen (s. o. C. II. 1. b) bb) (2), S. 268). Ob tatsächlich beide Ebenen angesprochen werden müssen oder ob – wie etwa in den USA – die Fortführung einer der beiden Umstände ausreicht, ist in erster Linie wiederum dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überlassen. Sofern man gesetzliche Konkretisierungen der Unternehmensidentität vornimmt, wäre aber darauf zu achten, dass sprachlich sichergestellt ist, dass diese tatsächlich nur zu berücksichtigen sein können und dass sie nicht sämtlich vorliegen müssen, damit es nicht zu einem ähnlichen Effekt wie bei § 8 Abs. 4 KStG a. F. kommt (bei dem die gesetzliche Konkretisierung der fehlenden wirtschaftlichen Identität letztlich darauf hinauslief, dass diese nur im konkretisierten Fall angenommen wurde). Darüber hinaus wird die Auslegungsfähigkeit unbestimmter Rechtsbegriffe maßgeblich auch davon bestimmt, welcher Zweck hinter einer entsprechenden Regelung steht. Wird eine entsprechende Norm zur Verhinderung eines Verlusthandels explizit hiermit begründet und tritt dieser Zweck auch objektiv klar hervor, ist für eine sachgerechte Auslegung eines solchen Merkmals bereits viel gewonnen. bb) Zuführung einer neuen Einkunftsquelle Das Merkmal der Unternehmensidentität steht in engem Zusammenhang mit dem Gedanken der Zuführung einer neuen Einkunftsquelle. Beim Verlusthandel oder Mantelkauf nach klassischem Verständnis führt der Erwerber der Gesellschaft eine neue Einkunftsquelle zu, die die Gewinne generiert, mit der die gekauften Verluste verrechnet werden. Salopp gesagt müssen die Gewinne irgendwo herkommen, damit sich der Verlusterwerb überhaupt lohnt. Es stellt sich also die Frage, ob nicht die Zuführung einer neuen Einkunftsquelle zutreffenderes gesellschaftsbezogenes Merkmal zur Erfassung eines Verlusthandels wäre.90 Entsprechend konkretisierte auch § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F. das Merkmal der wirtschaftlichen Identität auf Gesellschaftsebene dahingehend, dass diese nicht mehr vorliege, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführt oder wieder aufnimmt. Durch die Verwendung des Adjektivs „neu“ war damit eine Zuführung von Betriebsvermögen erforderlich. Dieses Tatbestandsmerkmal war im Einzelnen hoch umstritten,91 so dass ________________________ 90 Ein solches Merkmal wäre auch denkbar zur Verhinderung eines – hier nicht näher untersuchten – „Handels mit Gewinngesellschaften“, dazu s. 5. Kapitel: B. I. 4., S. 239. 91 Vgl. dazu nur Dötsch, in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 8 Abs. 4 Rn. 63 ff. m. w. N.

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D. Leitlinien für eine sachgerechte Ausgestaltung

eine wörtliche Wiederverwendung dieses Merkmals bereits aus diesem Grund nicht ratsam erscheint.92 Aber auch sonst sprechen keine Gründe für die Überlegenheit eines Merkmals im Sinne der Zuführung einer neuen Einkunftsquelle gegenüber einem Merkmal im Sinne der Unternehmensidentität. Denn zum einen umfasst das Merkmal einer Unternehmensidentität auch Fälle dieser Art, es ist weiter. Es ist bei sachgerechter Auslegung aber auch nicht zu weit, im Gegenteil wäre eine Beschränkung auf die Zuführung einer Einkunftsquelle zu eng. Denn auch wenn sich ein Verlusthandel typischerweise dadurch ausdrückt, dass der Erwerber der Gesellschaft etwas zuführt, muss dies nicht zwingend der Fall sein. Etwa bei Dienstleistungsgesellschaften können z. B. ein Branchenwechsel oder sonstige wesentliche Änderungen der Tätigkeit auch ohne Zuführung materieller Mittel herbeigeführt werden. Darüber hinaus stellt sich bei einer Zuführung die Folgefrage, was konkret und in welchem Umfang eine Zuführung erfolgen muss. Ein Merkmal im Sinne der Zuführung einer Einkunftsquelle hätte damit für sich genommen keinerlei Praktikabilitätsgewinn gegenüber einer Unternehmensidentität zur Folge, beschränkte den Anwendungsbereich aber ohne Not. cc) Verlusthandel trotz Unternehmensidentität Fordert man ein Tatbestandsmerkmal im Sinne einer Unternehmensidentität, ergibt sich allerdings ein Problem, wenn trotz (zumindest vordergründiger) Unternehmensidentität tatsächlich ein Verlusthandel vorliegt. Denkbar wäre insofern der Fall, dass Personen, die ein Unternehmen in einer bestimmen Branche betreiben, die Anteile an einer Verlustgesellschaft erwerben, die in derselben Branche tätig ist. In diesem Fall könnte man bei Zugrundelegung eines strengen Unternehmensidentitätserfordernisses die Tatbestandsverwirklichung verneinen. Die Verluste würden erhalten bleiben, obwohl – unterstellt – tatsächlich ein Verlusthandel gegeben wäre. Auf die Spitze getrieben würden gewissermaßen brancheninterne Verlustkäufe ermöglicht. Soll für diesen kleinen Teilbereich eine Beschränkung erfolgen, könnte man versuchen, Fälle dieser Art aus der Unternehmensidentität herauszufiltern. Da sich die Identität in diesen Fällen häufig auf die Tätigkeit beschränken wird, müsste man andere Merkmale stärker betonen oder bei deren Änderung als entscheidend betrachten. Hier kommt etwa das Vermögen der Gesellschaft, das häufig erhöht werden wird, damit die Gesellschaft überhaupt in der Lage ist, künftig Gewinne zu machen, der Absatzmarkt, die Verwaltung oder Ähn________________________

92 Ähnlich Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFStSchrift Nr. 470 (2011), S. 115 f., der allerdings im Grundsatz eine Anknüpfung an ein Merkmal dieser Art für sachgerecht hält.

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5. Kapitel: Rechtsvergleich und Analyse

liches in Betracht.93 Eine hinreichend flexible Regelung könnte hier der Rechtsprechung genügend Spielraum geben. b) Rechtsfolgenlösung Alternativ oder kumulativ zur Normierung eines Tatbestandsmerkmals der Unternehmensidentität ist denkbar, dieses Kriterium auf Rechtsfolgenseite ebenfalls anzuwenden. So könnten Verluste wie in den USA bei einer bloßen schädlichen Änderung auf Gesellschafterebene weiterhin insoweit nutzbar bleiben, als sie einem typisierten Ertrag der „alten“ Gesellschaft entsprechen.94 Dabei könnte man zusätzlich verschärfend ein Merkmal der Unternehmensidentität auf Tatbestandsebene verlangen und damit zu einer zweistufigen Rechtsfolge kommen (wie in den USA) oder es mit einer solchen Rechtsfolgenlösung sein Bewenden haben lassen. Der Nachteil einer solchen Lösung liegt aber auf der Hand. Ausgehend von einer bloßen Änderung auf Gesellschafterebene kommt es zu einer Beschränkung der Verlustnutzungsmöglichkeit, obwohl in diesem Fall ein Verlusthandel zwar möglich ist, aber im Regelfall nicht vorliegen wird (s. o. IV. 1., S. 296). Diese Bedenken werden durch eine entsprechend typisierte Unternehmensidentität nicht entscheidend zerstreut. Damit eine Regelung dieser Art handhabbar bleibt, muss sie einen typisierten Zinssatz zugrunde legen. Dieser findet dann aber Anwendung für jegliche Unternehmen, gleich welcher Art. Die Ertragskraft von Unternehmen ist aber selbst innerhalb derselben Geschäftsfelder höchst unterschiedlich, erst recht gilt dies, betrachtet man verschiedene Wirtschaftszweige (man denke hier nur an Banken im Vergleich mit kapitalintensiven Industriebetrieben). Die Zugrundelegung eines einheitlichen Zinssatzes vergröbert dies aber über Gebühr. Zudem haftete der Festlegung eines Zinssatzes für diesen Bereich stets etwas Willkürliches an. Darüber hinaus besteht auch kein Bedürfnis für eine solche weitgehende Einschränkung. Mit der Normierung einer Unternehmensidentität ist dem rechtspolitischen Regelungsbedürfnis für den absoluten Regelfall Genüge getan. Ändert sich diese, hat sich gezeigt, dass ein Missbrauch vorliegt, eine weitergehende Beschränkung ist nicht notwendig. Dies gilt selbst dann, zieht man den beschriebenen Ausnahmefall des „brancheninternen“ Verlusthandels in Betracht, sofern man diesen nicht bereits auf Tatbestandsebene löst. Solche Fälle sollten nicht in der Häufigkeit auftreten, ________________________ 93 Etwa in Österreich wird im Fall eines „brancheninternen“ Verlusthandels darauf abgestellt, ob sich das Betriebsvermögen innerhalb einer kurzen Zeitspanne wesentlich ändert, vgl. 4. Kapitel: F. II. 2. b) aa), S. 183. 94 Für eine Übertragung dieser amerikanischen Regelung Wacke, Verlustabzug beim Mantelkauf, S. 250.

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dass die Normierung einer Rechtsfolgenlösung die Inkaufnahme der damit verbundenen Kollateralschäden rechtfertigte. c) Unternehmensidentität und stille Reserven Als gesonderter Punkt sollten jedenfalls die stillen Reserven einer Gesellschaft betrachtet werden. Diese kann man als Teilausschnitt einer Unternehmensidentität verstehen. Stille Reserven können auch bei einem an sich gegebenen Verlusthandel noch dem alten Unternehmen zugeordnet werden, insoweit liegt stets eine Identität vor.95 Hätte die Gesellschaft diese noch vor Tatbestandserfüllung aufgelöst, wären diese uneingeschränkt verrechenbar gewesen. Dies rechtfertigt es, die Verrechnung auch weiterhin zuzulassen, im Sinne eines konsequenten Zu-Ende-Denkens der Unternehmensidentität ist dies rechtspolitisch sogar geboten. Fordert man aber an sich bereits eine Unternehmensidentität, spricht viel dafür, eine Verrechnung von Gewinnen nur aus aufgelösten stillen Reserven zuzulassen. Denn nur Gewinne aus aufgelösten stillen Reserven sind insoweit im identischen Unternehmen bereits entstanden. Ein „Freibrief“ des Verlusterhalts ohne Realisierung wäre auch aus steuersystematischen Gründen nicht mehr nötig. Denn der Schritt hin zur Systemkonformität wäre durch das Merkmal der Unternehmensidentität gemacht, es bedarf daher insoweit keiner weiten Regelung mehr, die diese in Teilen wieder herstellt (s. o. C. II. 2. b) bb), S. 285). Verlangt man die Auflösung stiller Reserven, bietet es sich an, eine Verrechnung nur innerhalb eines zeitlichen Rahmens zuzulassen, da die Praktikabilität einer solchen Regelung, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung der zum Zeitpunkt der Tatbestandserfüllung vorhandenen stillen Reserven nachlässt, je mehr Zeit vergeht. Eine Verknüpfung der Verrechnungsmöglichkeit damit, dass die stillen Reserven im Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung aufgelöst werden müssen (wie in Österreich), ist aber nicht sachgerecht, entscheidend sollte hier die durch die stillen Reserven ausgedrückte Unternehmensidentität sein. Bejaht man das grundsätzliche Erfordernis der Auflösung der stillen Reserven, stellt sich noch die Frage, ob diese mittels einer Veräußerung realisiert werden müssen, bei der das Wirtschaftsgut grundsätzlich aus der Gesellschaft ausscheidet oder ob eine Regelung wie die niederländische zu befürworten ist, bei der ein freiwilliger Step-up gewählt werden kann. Gewährt man ein solches Wahlrecht, muss man sich freilich darüber im Klaren sein, dass dies über den so hochgeschleusten Wert erhöhte Abschreibungen generiert, und damit Alt-Verluste ________________________

95 Für eine Verlustverrechenbarkeit im Höhe der stillen Reserven auch Ernst, Neuordnung der Verlustnutzung nach Anteilseignerwechsel, IFSt-Schrift Nr. 470 (2011), S. 117.

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mittelbar auch für die Zeit nach Tatbestandsverwirklichung verfügbar gemacht werden können. Dieses Ergebnis kann bei entsprechend frühzeitiger Planung aber oftmals auch über steuergestalterische loss refresher Modelle96 herbeigeführt werden. Zum anderen ließe sich aus systematischer Sicht argumentieren, dass das „neue“ (d. h. nicht mehr identische) Unternehmen eben insoweit Wirtschaftsgüter vom „alten“ Unternehmen angeschafft hat. Diese Lösung erscheint daher äußerst praktikabel und führt im Übrigen dazu, dass das steuergestalterische Instrument der Loss-refresher Modelle insoweit im Wesentlichen überflüssig ist und in diesem Rahmen nicht der Effekt der „Dummensteuer“ auftritt.

VI. Administrierbarkeit Insbesondere bei Änderungen auf Gesellschafterebene stellt sich oftmals das Problem der Administrierbarkeit der Regelung, was sowohl für die betroffenen Verlustgesellschaften als auch für die Finanzverwaltung gilt. Die untersuchten Vorschriften enthalten verschiedene Maßnahmen, die sich – gewollt oder ungewollt – positiv auf die Administrierbarkeit auswirken. Diese Auswirkungen wurden z. T. bereits oben im jeweiligen Zusammenhang besprochen und sollen hier wiederholt und in einen Gesamtzusammenhang gebracht werden. 1. Mindestbeteiligungsquoten Der Administrierbarkeit dienen zunächst die Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquoten der britischen und amerikanischen Regelung. Hierdurch kann der Handel mit Kleinstanteilen (jeweils bis 5 %) außer Betracht bleiben. Eine solche Einschränkung ist aber nur notwendig, wenn das Grundkonzept eine gesellschaftsbezogene Änderung der Gesellschafter als ausreichend erachtet. Folgt die Regelung einem Erwerberkonzept, bei dem eine Übertragung an mehrere Erwerber nur schädlich ist, wenn diese wirtschaftlich gesehen einem Erwerber gleichgestellt werden können (wie § 8c KStG), ist eine Beschränkung nicht notwendig (s. C. II. 1. a) ee) (2), S. 253). 2. Zeitlicher bzw. sachlicher Zusammenhang der Tatbestandsverwirklichung Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs durch Mindestbeteiligungsbzw. Mindesterwerbsquoten ist wegen einer sonst bei Kleinstanteilen nahezu unmöglichen Überprüfbarkeit jedenfalls dann notwendig, wenn nicht andere Maßnahmen nahezu ausschließen, dass die vielfache Übertragung von ________________________

96 Dazu siehe 2. Kapitel Fn. 321.

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Kleinstanteilen nicht den Tatbestand erfüllt. Hierbei könnte daran gedacht werden, dass die Tatbestandserfüllung nicht innerhalb eines festen Zeitrahmens erfolgen muss, sondern wie in Österreich ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Erfüllung der einzelnen Merkmale bestehen muss. Stellt man hierauf ab, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Übertragung entsprechend vieler Kleinstanteile in einem sachlichen Zusammenhang erfolgt. Diese Überlegung gilt mit Abstrichen auch bei der Bemessung des zeitlichen Rahmens einer Norm. Denn je kürzer der Zeitrahmen, in dem der Tatbestand verwirklicht werden muss, desto unwahrscheinlicher ist es, dass entsprechend viele Anteile übertragen werden.97 Umgekehrt formuliert ist es umso eher geboten, dass der Handel mit Kleinstanteilen anderweitig entlastet wird, je länger der Zeitrahmen bemessen ist. Hierein passt auch das relativ großzügige Erwerberkonzept des § 8c KStG im Verhältnis zum sehr weiten Zeitrahmen. 3. Insbesondere Administrierung mittelbarer Erwerbe a) Allgemein Bei der Administrierung bereiten insbesondere mittelbare Veränderungen Schwierigkeiten. Mindestbeteiligungsquoten bzw. ein Erwerberkonzept helfen hier nur teilweise. Auch weist weder das Konzept der mittelbaren Übertragung (bzw. Änderung) noch das Konzept der Änderung der Letztanteilseigner strukturelle Vorteile gegenüber dem jeweils anderen auf, wenn man – wie hier – von der Notwendigkeit einer Konzernklausel ausgeht. Denn bei beiden Konzepten ist es vom Grundsatz her erforderlich, bei einer Verlustgesellschaft zu prüfen, ob irgendwo in der Beteiligungskette eine Veränderung der Beteiligungsstruktur stattgefunden hat. Eine Verbesserung der Administrierbarkeit kann sich beim Konzept der mittelbaren Übertragung ergeben, wenn die Konzernklausel entsprechende Einschränkungen vorsieht, wobei dies freilich auf Kosten der Steuerpflichtigen geht. Eine im Sinne der Administrierbarkeit rechtspolitisch noch zu rechtfertigende Beschränkung ist, dass eine einzelne Person oder Gesellschaft vor und nach der schädlichen Änderung beteiligt sein muss. Dies kann insbesondere auch durch systematische Erwägungen gestützt werden (näher dazu s. C. II. 1. a) hh) (2), S. 261). ________________________ 97 Vgl. auch Frankus, Die Verlustverrechnung nach § 8 Abs. 4 KStG, § 8c KStG, S. 294, die diese Überlegung auf die Abwägung zwischen erwerberbezogener bzw. gesellschaftsbezogener Betrachtungsweise anwendet.

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b) Begrenzung mittelbarer Änderungen Eine wesentliche Erleichterung der Administrierung könnte sich ergeben, wenn die Betrachtung mittelbarer Änderungen sachgerecht eingeschränkt werden könnte. Vorbildfunktion könnten die niederländische und die amerikanische Vorschrift haben, die in bestimmten Fällen vorsehen, dass die an sich vorzunehmende transparente Betrachtung auf einer niedrigeren Beteiligungsebene endet. Bei der amerikanischen Regelung endet die transparente Betrachtung bei Gesellschaften, die indirekt weniger als fünf Prozent an der Verlustgesellschaft halten.98 Dies findet – da auf indirekt gehaltene Beteiligungen beschränkt –keine Anwendung, wenn es sich um eine direkt gehaltene Beteiligung an der Verlustgesellschaft handelt. Diese Regelung ist insofern vorteilhaft, weil sie die sonst notwendige Prüfung der gesamten mittelbaren Beteiligungsstruktur bei geringfügigen Beteiligungen auf die zweite Ebene oberhalb der Verlustgesellschaft beschränkt. Dies erscheint in Kombination mit der sonst geltenden Mindestbeteiligungsquote sachgerecht. Ohnehin wird in Fällen solch geringer Beteiligungen ein Verlusthandel regelmäßig fern liegen. Die niederländische Vorschrift sieht in diesem Zusammenhang noch weitergehende Erleichterungen vor. Im Wesentlichen ebenfalls der Administrierbarkeit geschuldet ist die bereits oben besprochene Ausnahme, bei der eine an sich schädliche Änderung der Letztanteilseigner außer Betracht bleibt, soweit diese auf einer Erhöhung der Beteiligung eines Rechtsträgers beruht, der bereits zu Beginn des ältesten Verlustjahres zu mindestens einem Drittel an der Verlustgesellschaft beteiligt war. Bereits oben wurde herausgearbeitet, dass die Übertragbarkeit dieser Ausnahme auf andere Regelungen nur in Betracht kommt, wenn die Norm an sich bereits eine relativ niedrige Schwelle für eine schädliche Änderung ansetzt (in den Niederlanden beträgt diese lediglich 30 %, s. o. 5. Kapitel: C. II. 1. a) ii)). Darüber hinaus besteht in den Niederlanden noch eine weitere Ausnahme für den Fall, dass die Verlustgesellschaft nicht von der Änderung ihrer Letztanteilseigner wusste und dies auch nicht wissen konnte. Die Beurteilung dieser Ausnahme fällt ambivalent aus. Sind entsprechende Mindestbeteiligungsquoten normiert oder folgt die Norm dem Erwerberkonzept, wird sich die Gesellschaft regelmäßig nicht darauf berufen können, sie habe ________________________ 98 Die andere Alternative, bei der die Transparenzbetrachtung endet (bei bestimmten Trusts und bei Staaten und ihren Untereinheiten) ist keine tatsächliche Ausnahme, sondern nur Folge dessen, dass an diesen Gesellschaftern keine anderen Personen beteiligt sein können.

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nichts von der schädlichen Änderung gewusst und dies auch nicht wissen können. Ein solches Merkmal wäre dann von vornherein im Wesentlichen überflüssig. Es kann aber sinnvoll sein, wenn ausländische Gesellschaften, ggfs. über mehrere Ebenen ggfs. nur teilweise, an der Verlustgesellschaft beteiligt sind und deshalb eine Informationsbeschaffung quasi unmöglich ist. Zur Frage einer sachgerechten Begrenzung der Betrachtung mittelbarer Änderungen hatte auch der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 einen Vorschlag unterbreitet.99 Danach sollten mittelbare Erwerbe nicht schädlich sein, wenn Anteile an einer Gesellschaft übertragen werden, deren gemeiner Wert deutlich höher ist als der gemeine Wert der Verlustgesellschaft. Bei diesem Sachverhalt stünde der Handel mit Verlustmänteln gerade nicht im Vordergrund. Der Äußerung des Bundesrates, dass umfangreiche Wertermittlungen in den meisten Fällen nicht zu befürchten seien, da in Beteiligungsketten vielfach die Wertverhältnisse offensichtlich sein dürften, kann allerdings nicht in dieser Allgemeinheit zugestimmt werden. Mit der Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu ist davon auszugehen, dass eine solche Regelung nicht rechtsvereinfachend wirkte und wegen erforderlicher Unternehmensbewertungen administrativ ebenfalls aufwändig wäre.100

________________________ 99 BT-Drucks. 16/5377, S. 19. 100 BT-Drucks. 16/5377, S. 27.

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6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick A. Derzeitige Rechtslage in Deutschland 1. Die derzeitige Regelung des § 8c KStG bedarf rechtspolitisch einer grundlegenden systematisch durchdachten Neukonzeption. Die Norm stellt nach wie vor einen Systembruch dar, indem sie auf Tatbestandsebene allein eine Änderung der Gesellschafter voraussetzt. Zudem sind derzeit grundlegende Fragen bei der Auslegung nur sehr schwierig zu beantworten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Regelungszwecks, der gesetzlich nicht hinreichend klar hervortritt und daher umstritten ist. 2. Nach hier vertretener Auffassung stellt § 8c KStG bis zum 31.12.2009 eine rein technische Verlustabzugsbeschränkungsregelung dar. Die Regelung soll verhindern, dass neue Anteilseigner nach einem schädlichen Beteiligungserwerb Alt-Verluste wirtschaftlich nutzen können, weil diese die Möglichkeit erlangt haben, die Verwertung der Verluste zu steuern. Daher muss ein Erwerber durch den Erwerb eines Erwerbsgegenstandes jedenfalls die abstrakte Möglichkeit erlangen, die Alt-Verluste mittels ihrer erworbenen Beteiligung überhaupt in irgendeiner Weise wirtschaftlich zu nutzen („Vermögens-Komponente“) und die Verwertung der Verluste durch einen hinreichenden Einfluss zu steuern („Einfluss-Komponente“). 3. Ab dem 1.1.2010 hat die Norm einen Bedeutungswandel erfahren und ist nunmehr als Missbrauchsregelung zur Verhinderung eines Verlusthandels zu qualifizieren. Die Erlangung einer Vermögens- und Einfluss-Komponente durch den Erwerber ist auch weiterhin erforderlich. 4. Der Erwerb eines positivierten Erwerbsgegenstandes (gezeichnetes Kapital, Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder Stimmrechte) führt unter dieser Prämisse grundsätzlich zum Verlustuntergang. Die Erwerbsgegenstände stehen selbständig nebeneinander, ohne dass es zu einer tatbestandlichen Verdrängung käme. Die kumulative Erfüllung mehrerer Tatbestände hat allerdings nur selbständige Folgen, wenn es zu einer „Mehr“-Übertragung eines Erwerbsgegenstandes im Vergleich mit den anderen kommt. 5. Das Merkmal des vergleichbaren Sachverhalts ist dagegen nur subsidiär anzuwenden. Unter Berücksichtigung von Vermögens- und Einfluss-Komponente kann eine Vergleichbarkeit sowohl in Bezug auf den Erwerbsgegenstand als auch in Bezug auf die Übertragung den Tatbestand erfüllen. 313

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Allein diese Merkmale können (alternativ oder kumulativ) durch einen vergleichbaren Sachverhalt ersetzt werden, nicht dagegen der Fünfjahreszeitraum bzw. der Erwerb durch einen Erwerber. 6. Der Begriff des Erwerbers ist wirtschaftlich zu interpretieren. Mehrere Personen können nur dann zu einem Erwerber zusammengefasst werden, wenn diese wirtschaftlich als ein Erwerber betrachtet werden können. Ein Nahestehen liegt vor, wenn eine Beziehung des Erwerbers zu einem anderen Erwerber den Schluss zulässt, dieser habe den Erwerb beeinflusst. Gleichgerichtete Interessen sind als gemeinsam verabredetes Interesse zum Verlusterhalt zu verstehen. 7. Unmittelbare und mittelbare Übertragungen führen vorbehaltlich der Konzernklausel zur Tatbestandserfüllung, ohne dass die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung besteht. Dies gilt insbesondere auch für den Fall, in dem sich mittelbar keine Änderungen ergeben. 8. Der Begriff des Fünfjahreszeitraums ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass Beteiligungserwerbe trotz Verwirklichung innerhalb dieser Frist nicht zu berücksichtigen sind, soweit die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt noch keine Verluste erlitten hat. Die mehrfache Übertragung sog. nämlicher Anteile ist dagegen schädlich. 9. Die Konzernklausel setzt einen dreistufigen Konzernaufbau mit einer einzelnen Person als obere Einheit voraus. Diese Merkmale können nicht teleologisch reduziert werden. Insbesondere ist die Klausel nicht auf alle Fälle anwendbar, in denen sich mittelbar keine Veränderungen ergeben. Die Konzernklausel schließt allerdings keine Zählerwerbe aus, entscheidend ist die Erfüllung der Voraussetzungen im Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs, in dem der jeweilige Schwellenwert überschritten wird. 10. Die Sanierungsklausel ist europarechtlich zulässig. Sie setzt einen Beteiligungserwerb zu einem Zeitpunkt voraus, in dem ein Insolvenzantragsgrund vorliegt, wobei eine positive Fortführungsprognose insoweit unschädlich ist. Bei mittelbaren Erwerben ist die Sanierung der jeweiligen Verlustgesellschaft erforderlich. Die Sanierungsklausel hat auch die Unschädlichkeit von Zählerwerben zur Folge. 11. Im Rahmen der Rechtsfolge sind alle Verluste, die bis zur Tatbestandsverwirklichung entstanden sind, von der Regelung betroffen. Diese können nicht mehr vorgetragen werden, d. h. zum 31.12. des Vorjahres festgestellte Verluste können nicht mehr mit Gewinnen nach Tatbestandsverwirklichung verrechnet werden (wohl aber mit vorherigen Gewinnen), Verluste des laufenden Jahres nicht mehr mit Gewinnen des Folgejahres. Die Verluste des laufenden Jahres bleiben aber ausgleichs- und rücktragsfähig. 314

A. Derzeitige Rechtslage in Deutschland

12. Bei der Regelung zum Verlusterhalt in Höhe der stillen Reserven handelt es sich um ein gesellschaftsbezogenes Merkmal, da die stillen Reserven der Körperschaft entscheidend sind. Zur Vereinfachung wird aber bei deren Ermittlung auf den gemeinen Wert der Anteile, der grundsätzlich aus einem Verkauf abgeleitet werden kann, zurückgegriffen. 13. Verfassungsrechtlich stellt die Verlustbeschränkung durch § 8c KStG eine Verletzung des objektiven Nettoprinzips dar, die jedenfalls über die Folgerichtigkeit einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Leistungsfähigkeitsprinzip begründet. 14. Dieser Verstoß führt durch das alleinige Abstellen auf die Anteilseigner zur Verfassungswidrigkeit von § 8c KStG in der Fassung bis zum 31.12.2009, da weder ein hinreichend folgerichtiger Systemwechsel vorgenommen wurde noch eine hinreichende Rechtfertigung besteht. Durch die Änderungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes ist § 8c KStG ab dem 1.1.2010 dagegen als Missbrauchsregelung verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

315

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

B. Rechtsvergleich 1. Im Rahmen der Verlustberücksichtigung sehen neben dem Verlustausgleich alle Staaten einen interperiodischen Verlustabzug vor. Die konkrete zeitliche Gewährung differiert dagegen stark. Träger des Rechts auf die Verlustberücksichtigung ist in allen untersuchten Staaten dem Grunde nach die Kapitalgesellschaft. 2. Alle untersuchten Staaten sehen Verlustnutzungsbeschränkungen für einen Handel mit Verlustgesellschaften vor. Die Schweiz fasst einen sog. Mantelhandel unter den Tatbestand der Steuerumgehung, die restlichen Staaten sehen besondere Regelungen hierzu vor. 3. Die Frage, ob eine Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften rechtspolitisch sinnvoll ist, kann nicht eindeutig, sondern muss im Rahmen einer Abwägung beantwortet werden. Gegen eine Beschränkung spricht die gebotene Berücksichtigung der Erwerbsaufwendungen im Rahmen des objektiven Nettoprinzips. Für eine Beschränkung spricht dagegen, dass eine Übertragung von Verlusten auf ein anderes Steuersubjekt rechtlich nicht vorgesehen ist. Wenn eine unmittelbare Übertragung eines Verlustes rechtswidrig ist, sollte auch eine wirtschaftliche Übertragung von Verlusten mittels Anteilsübertragung verhindert werden. Dafür spricht i. Ü. die Gleichbehandlung mit natürlichen Personen, die Neutralität des Besteuerungssystems (an sich gescheiterte Unternehmen würden nur erworben, um deren steuerliche Verluste nutzen zu können) und dass eine Nichtregelung zu Windfall-Profits bei Anteilsveräußerer und -erwerber auf Kosten des Fiskus führte. 4. Bejaht man ein grundsätzliches Regelungsbedürfnis, besteht dieses, soweit Verluste zum Gegenstand einer Anteilsübertragung gemacht werden. Zur Beschränkung bedarf es einer besonderen gesetzlichen Regelung, ein Rückgriff auf die allgemeine Missbrauchsnorm des § 42 AO ist nicht möglich. Anderweitige Regelungen zur Verlustbeschränkung allein bei Kapitalgesellschaften sind grundsätzlich abzulehnen. 5. Die untersuchten Vorschriften können auf Tatbestandsseite grundlegend in drei Regelungskonzepte eingeteilt werden: (i) Anknüpfung auf Gesellschafterebene, (ii) Anknüpfung auf Gesellschaftsebene und (iii) Anknüpfung auf Gesellschafter- und Gesellschaftsebene. 6. Auf Gesellschafterebene ist die erforderliche Höhe der Änderung höchst unterschiedlich ausgestaltet und reicht von keinem erforderlichen Mindestumfang (allein der Kontrollerwerb genügt) bis zu einer Änderung von mehr als 75 %. Die konkrete Höhe gehört zunächst zum ureigenen rechtspoliti316

B. Rechtsvergleich

schen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Anknüpfend an eine Beherrschung durch neue Gesellschafter sollte aber eine Grenze von mehr als 50 % für einen vollständigen Verlustverfall angemessen, aber auch ausreichend sein. 7. Zur Bestimmung, wer Gesellschafter ist, knüpfen fast alle untersuchten Regelungen als Grundfall an Anteile am gezeichneten Kapital an. Es ist sachgerecht, den Anteilsbegriff wie in den meisten untersuchten Staaten auch auf wirtschaftlich vergleichbare Fälle auszudehnen. Hierbei sollte entscheidend sein, ob Personen einen hinreichenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss haben und von Verlusten profitieren. 8. Die untersuchten Vorschriften setzen entweder eine Übertragung von Anteilen oder eine bloße Änderung der Gesellschafter voraus. Das Konzept der bloßen Änderung erweist sich hierbei als vorteilhaft, da dieses weiter ist und auch Fälle erfasst, in denen zwar keine Übertragung vorliegt, aber ein wirtschaftlich vergleichbarer Vorgang, bei dem es zu einer entsprechenden Änderung der Beteiligungsquoten kommt. 9. Bei der Frage, bei welchen Personen sich die Gesellschafteränderung vollziehen muss, lassen sich ein Erwerberkonzept und ein Konzept der gesellschaftsbezogenen Änderung unterscheiden. Weder das eine noch das andere Konzept ist per se vorteilhaft oder nachteilig, es handelt sich in erster Linie um eine Frage des rechtspolitischen Gestaltungswillens zur Reichweite der Norm. Das Konzept der gesellschaftsbezogenen Änderung ist aber bei der Administrierbarkeit nachteiliger, die Staaten, die diesem folgen, sehen diesbezüglich anderweitige Erleichterungen vor. 10. Teilweise fordern die Vorschriften bestimmte Mindestbeteiligungs- bzw. Mindesterwerbsquoten (in Höhe von 5 %), die der Administrierbarkeit geschuldet sind. Folgt man dem Erwerberkonzept, bedarf es solcher nicht. 11. Mittelbare Änderungen der Gesellschafter werden von den meisten Staaten erfasst. Es ist auch rechtspolitisch sinnvoll, diese zu berücksichtigen, allerdings nur dann, soweit eine Änderung auf einer übergeordneten Ebene selbst eine schädliche Änderung der Gesellschafter darstellt. Zur Erfassung mittelbarer Änderungen führt sowohl ein Abstellen auf natürliche Personen als Letztanteilseigner als auch eine Erfassung mittelbarer Änderungen. 12. Kehrseite der Erfassung auch mittelbarer Erwerbe ist die rechtspolitisch gebotene Herausnahme von Fällen, in denen sich mittelbar keine Veränderungen ergeben, wie sie sich dem Grunde nach in allen Staaten findet, die mittelbare Änderungen erfassen. Es handelt sich hierbei um zwei Seiten einer Medaille. Bei einem Abstellen auf natürliche Personen als Letztanteils317

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

eigner ist diese Forderung von vornherein erfüllt. Stellt man auf mittelbare Änderungen ab, bedarf es einer gesonderten Konzernklausel. 13. Im Rahmen einer Konzernklausel ist die Frage der maßgebliche Zurechnungseinheit zu beantworten, die identisch bleiben muss, damit die an sich vorliegende Änderung der Gesellschafter nicht schädlich ist. Denkbar ist insoweit ebenfalls auf die Letztanteilseigner abzustellen. In diesem Fall bietet es sich aber an, ohne den Umweg über eine Konzernklausel direkt bei der Änderung auf diese abzustellen. Eine Konzernklausel kann allerdings auch zusätzlich zu einer Betrachtung der Letztanteilseigner eingeführt werden. Bei einem Konzern als maßgeblicher Zurechnungseinheit einer Konzernklausel wäre ein systematischer Gleichklang mit dem sonstigen steuerlichen Konzernbegriff zu befürworten. Dies hätte auch Vorteile bei der Administrierbarkeit. 14. Stellt man auch bei einer Konzernklausel auf die allgemein schädliche Beteiligungshöhe einer Verlusthandelsregelung ab, erzielt man binnensystematisch einen Gleichlauf, da die Norm erst dann greift, wenn sich die mittelbaren Beteiligungsverhältnisse durch die Übertragung im Ergebnis ebenfalls in einem entsprechendem Umfang ändern. 15. Unentgeltliche Vorgänge wie insbesondere Erbschaften, Schenkungen etc. sollten entsprechend der Verfahrensweise der untersuchten Staaten aus dem Anwendungsbereich einer solchen Norm ausgenommen werden, da in diesem Fall kein Verlusthandel vorliegt. 16. Auf Gesellschaftsebene stellen die meisten Staaten der Sache nach darauf ab, ob eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Unternehmensidentität erfolgt ist. 17. Die Unternehmensidentität wird dabei überwiegend durch eine Generalklausel beschrieben. Diese erfährt zwar z. T. Konkretisierungen, gleichwohl verbleibt es regelmäßig bei einer Einzelfallentscheidung, die Tatbestandsmerkmale auf Gesellschaftsebene weisen bei weitem nicht eine solche Konkretisierung auf wie die Merkmale auf Gesellschafterebene. Die Unternehmensidentität drückt sich regelmäßig in der Tätigkeit und dem Vermögen der Gesellschaft aus. 18. Abweichend vom Abstellen auf eine Unternehmensidentität gehen nach der niederländischen Regelung Verluste unter, wenn die Gesellschaft passiv ist, was sich danach beurteilt, ob die Aktiva der Gesellschaft überwiegend passiver Natur sind und ob die Tätigkeit um mehr als 70 % reduziert worden ist. 19. Hinsichtlich des zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen der Tatbestand verwirklicht werden muss, kann zwischen Regelungen unterschieden wer318

B. Rechtsvergleich

den, die einen sachlichen Zusammenhang zwischen der Erfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale fordern (was zu einer Einzelfallentscheidung führt) und Regelungen, die einen Zeitrahmen vorgeben, der dann flexibel oder starr ausgestaltet sein kann. Während die Einzelfallentscheidung zu Einzelfallgerechtigkeit führt, bietet eine Typisierung des Zeitrahmens ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit. 20. Sofern man einen Zeitrahmen annimmt, sollten aber Fälle ausgeklammert werden, in denen sachlich ein Verlusthandel ausgeschlossen ist. Teilweise führen gesetzliche Regelungen in anderen Staaten hierzu, die Änderungen der Gesellschafter nur erfassen, wenn sich diese im Vergleich zum letzten Verlustjahr ergeben. Idealtypisch müssten aber Änderungen der Gesellschafter trotz Verwirklichung innerhalb der vorgegebenen Frist nicht zu berücksichtigen sein, soweit die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt noch keine Verluste erlitten hat. Dies könnte entweder durch eine gesetzliche Regelung erreicht werden oder aber durch eine entsprechende teleologische Auslegung, sofern die Regelung eng am Zweck der Verhinderung von Verlustkäufen ausgerichtet ist. 21. Sanierungsklauseln wie in einigen Staaten sind grundsätzlich rechtspolitisch zu befürworten, da der Vorteil eines geretteten Unternehmens, das weiter besteht und damit volkswirtschaftlichen Nutzen generiert, grundsätzlich als höher eingestuft werden kann als der Nachteil eines potentiellen Verlusthandels. 22. Bei der Frage des zeitlichen Eingreifens sollte ein eigenständiger steuerlicher Krisenbegriff existieren, in dessen Rahmen relativ rechtssicher bestimmt werden könnte, ab welchem Zeitpunkt eine entsprechende Ausnahme greift. Dies sollte aber objektiv rechtlich festgelegt werden, ein steuerrechtliches Eigenantragsverfahren zur Feststellung einer Krise ist nicht sinnvoll. Der Zeitpunkt der Krise sollte aber nicht zu spät eingreifen. 23. Bei der Folge einer Sanierungsklausel stellt sich die Frage, ob neue Gesellschafter stets begünstigt sein sollen. In den USA werden hier nur solche neuen Gesellschafter begünstigt, die bereits bisher als Gläubiger „beteiligt“ waren und nunmehr Anteile für ihre Forderungen erhalten. Obwohl sich diese Vorgehensweise tendenziell als systemkonformer darstellt, weil mehr das einzelne Unternehmen im Fokus steht, sollten wegen des volkswirtschaftlichen Nutzens auch Erwerbe durch Dritte begünstigt sein. 24. Eine generelle Ausnahme, bei der ein Verlusthandel verneint wird, sofern die Gesellschaft nachweist, dass die Gesellschafteränderung aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt und nicht lediglich aus steuerlichen Gründen ist grundsätzlich nicht zu befürworten, obwohl eine solche Regelung dazu 319

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

führte, dass nur wirkliche Missbrauchsfälle erfasst werden würden. Denn es besteht neben einem Schwarz (allein der Verlusthandel steht im Vordergrund der Gesellschafteränderung) und einem Weiß (Gesellschafteränderung erfolgt in keiner Weise wegen der steuerlichen Verluste) ein Graubereich, bei dem Verluste nicht nur, aber eben auch zum Gegenstand der Übertragung gemacht werden. Solche Fälle erfasste eine solche Norm eben nicht, obwohl hier rechtspolitisch insoweit dem Grunde nach die gleiche Rechtfertigung zur Beschränkung besteht. 25. Im Rahmen der Rechtsfolge können grundlegend eine Verlustbeschränkung (wie in den meisten Staaten) und eine Begrenzung der Verrechnung von Gewinnen nach Tatbestandserfüllung mit Verlusten aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel auf einen bestimmten jährlich zur Verfügung stehenden Betrag (USA) unterschieden werden. 26. Beschränkt man die Verluste, sollten Verluste, soweit sie vor der Gesellschafteränderung entstanden sind, nicht mehr mit danach entstehenden Gewinnen verrechnet, d. h. weder ausgeglichen noch abgezogen, werden können. 27. Eine Beschränkung des Verlustrücktrags für Verluste, die nach der Gesellschafteränderung entstehen, kann nur mit der Gefahr von „Gewinnkäufen“ begründet werden und bedürfte jedenfalls einer gesonderten gesetzlichen Anordnung wie in einigen untersuchten Staaten. Idealtypisch müsste auch insoweit eine Beschränkung erfolgen. Das Problem entschärft sich aber grundsätzlich bereits aufgrund der regelmäßig geringen fiskalischen Auswirkungen der Zulassung solcher Gewinnkäufe, weil die Verlustrücktragsfrist meistens relativ kurz bemessen ist und es daher bereits hoher Verluste (insbesondere etwa Anlaufverluste) im ersten Jahr – übertragen auf Deutschland – bedürfte. 28. Eine Beschränkung auch hinsichtlich stiller Lasten (die idealtypisch geboten wäre) ist sehr selten (gesetzlich ist dies nur in den USA vorgesehen). Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Praktikabilität einer solchen Regelung ist eine solche auch grundsätzlich abzulehnen. Wird gleichwohl eine solche Beschränkung normiert, sollte diese nur greifen, soweit die stillen Lasten innerhalb eines bestimmten Zeitraums realisiert werden, da die Rechtfertigung der Beschränkung mit fortschreitendem Zeitablauf abnimmt. 29. Ausnahmen für stille Reserven kennen viele Staaten, aber allein Deutschland verlangt nicht deren Auflösung. Besteht bereits tatbestandlich ein Korrektiv auf Gesellschaftsebene zur Feststellung eines Verlusthandels, sollte eine Auflösung der stillen Reserven erforderlich sein.

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C. Leitlinien für eine sachgerechte Regelung

C. Leitlinien für eine sachgerechte Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften 1. Grundlegend sollte bei der Normierung einer Regelung zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften dieser Zweck der Regelung deutlich hervortreten. Dies ist zum einen bedeutsam für die einfachrechtliche Auslegung einer solchen Vorschrift und zum anderen entscheidend für die verfassungsmäßige Zulässigkeit. 2. Es bestehen weder verfassungsrechtliche noch rechtspolitische Gründe für eine Vorabfestlegung auf „echte“ Mantelkauffälle, in denen die Verlustübertragung das absolut dominierende Motiv ist. Anknüpfend an das grundsätzliche Regelungsbedürfnis sollte eine Regelung zum Verlusthandel idealtypisch zum Verlustuntergang führen, soweit steuerliche Verluste eigentlicher Gegenstand einer Anteilsübertragung sind. 3. Es sollte eine Interdependenz zwischen den gesetzlichen Möglichkeiten der Verlustverrechnung und der Restriktivität einer Regelung zum Verlusthandel beachtet werden. Je eingeschränkter die Möglichkeiten der sonst gegebenen Verlustberücksichtigung sind, desto weniger restriktiv sollte eine Regelung zum Verlusthandel ausgestaltet sein. Dies gilt insbesondere für die zeitliche Ermöglichung des Verlustabzugs und eine etwaige Mindestbesteuerung. 4. Auf Tatbestandsebene sollte eine Norm zur Verhinderung eines Verlusthandels grundlegend zwei Merkmale aufweisen: Erstens eine Änderung auf Gesellschafterebene, hierdurch ergibt sich erst die abstrakte Möglichkeit eines Verlusthandels. Zweitens ein Merkmal auf Gesellschaftsebene, hierbei muss sich die abstrakte Möglichkeit des Verlusthandels konkretisieren. Hier wird – typisiert – festgestellt, ob die Gesellschaft tatsächlich nur Vehikel ist, um die Verluste wirtschaftlich auf andere Gesellschafter zu übertragen. 5. Ein Herausfiltern gehandelter Verluste auf Rechtsfolgenseite ist kaum zielgenau möglich. Es beinhaltet entweder Fehlsteuerungen oder ist nicht bzw. wenig praktikabel. 6. Es ist daher im Tatbestand ein gesellschaftsbezogenes Merkmal nach Art einer Unternehmensidentität zu fordern. Denn ändert sich die Unternehmensidentität auf Gesellschaftsebene, hat sich – typisiert – gezeigt, dass das Interesse des Erwerbers nicht der konkreten Gesellschaft, wie sie sich im Zeitpunkt des Erwerbs darstellte, gegolten hat, sondern den steuerlichen Verlusten. Die durch den Anteilserwerb gegebene abstrakte Möglichkeit eines Verlusthandels hat sich bei einer Änderung der Unternehmensidentität dahingehend konkretisiert, dass der Erwerber die Verluste der Gesellschaft mit 321

6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

Gewinnen eines anderen Unternehmens verrechnen wollte. Die Gesellschaft war entsprechend nur Vehikel, um die bestehenden Verluste mit Gewinnen eines anderen Unternehmens zu verrechnen. 7. Eine alternative Anknüpfung an passive Gesellschaften auf Gesellschaftsebene ist denkbar, gleichwohl erscheint ein Merkmal der Unternehmensidentität sachgerechter. Denn ein Abstellen auf passive Gesellschaften benachteiligte Unternehmen, die ein bestimmtes Anlageportfolio haben und solche, die bereits vor der Gesellschafteränderung ggfs. gesundgeschrumpft worden sind. Zudem wäre sie weitaus gestaltungsanfälliger. 8. Eine kumulative oder alternative Verankerung der Unternehmensidentität auch im Rahmen der allgemeinen Rechtsfolge, wie in den USA die Begrenzung der Verrechnung von Gewinnen nach Tatbestandserfüllung mit Verlusten aus der Zeit vor dem Anteilseignerwechsel auf einen bestimmten jährlich zur Verfügung stehenden Betrag, ist grundsätzlich nicht sinnvoll, da eine solche Regelung zu sehr vergröbert. 9. Teilausschnitt einer Unternehmensidentität sind die stillen Reserven, die insoweit mit Alt-Verlusten verrechnet werden sollten, als die vor Tatbestandserfüllung entstanden, aber hiernach realisiert worden sind. 10. Erleichterungen für die Administrierbarkeit einer Norm zur Beschränkung des Handels mit Verlustgesellschaften bringen zum einen das Erwerberkonzept und die Mindestbeteiligungsquoten (alternativ, s. o.). Zum anderen hilft hier auch das Erfordernis eines sachlichen Zusammenhangs der Tatbestandsverwirklichung. 11. Bei der Administrierung im Hinblick auf mittelbare Änderungen der Gesellschafter ist in dem Fall, in dem Mindestbeteiligungsquoten gelten, eine Beschränkung sinnvoll, die die transparente Betrachtung bei Gesellschaften, die indirekt weniger als einen bestimmten entsprechenden Prozentsatz an der Verlustgesellschaft halten, enden lässt. 12. Darüber hinaus kann eine Ausnahme für solche Fälle geboten sein, in denen die Verlustgesellschaft nicht von der Änderung ihrer Anteilseigner wusste und dies auch nicht wissen konnte.

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D. Ausblick

D. Ausblick Die Untersuchung hat gezeigt, dass § 8c KStG in seiner gegenwärtigen Fassung nachbesserungsbedürftig ist. Ob der Gesetzgeber jedoch tatsachlich in absehbarer Zeit noch einmal Hand an die Regelung legen wird, erscheint derzeit äußerst fraglich. Zwar kündigte der Koalitionsvertrag der CDU/CSU und FDP-Regierung vom 26.10.2009 unter den mittelfristigen Zielen für die Unternehmensbesteuerung auch eine Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung an.1 Eine gemeinsame Facharbeitsgruppe von Bund und Ländern zur „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ hat in ihrem Bericht vom 15.9.2011 jedoch vorgeschlagen, § 8c KStG unverändert beizubehalten.2 Auch im Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung, das die Unterschiede in der Unternehmensbesteuerung in Frankreich und Deutschland herausarbeiten und Felder für eine mögliche Angleichung aufzeigen soll, findet sich die Aussage, dass Deutschland nicht die Absicht hat, § 8c KStG zu ändern.3 Entsprechend sieht auch der „Zwölf-Punkte-Plan zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts“ der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP vom 14.2.20124 keine geplanten Änderungen bei § 8c KStG vor. Im Gegenteil, das steuerpolitische Klima für eine Lockerung restriktiver Verlustverrechnungsverbote scheint derzeit ungünstig zu sein, zumal der Zwölf-Punkte-Plan eine weitere Beschränkung der Verlustnutzung vorsieht, namentlich die Beschränkung der durch umwandlungssteuerliche Gestaltungen bewirkten „Monetarisierung von Verlusten“.5 Indes bleibt zu hoffen, dass sich aus dem anhängigen Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht6 oder aus dem Verfahren vor den ________________________

1 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP v. 26.10.2009, S. 13 und 14. 2 Bericht der Facharbeitsgruppe „Verlustverrechnung und Gruppenbesteuerung“ v. 15.9.2011 unter V. 5. „Handlungsvorschlag“, S. 91 (im Internet abrufbar abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_306/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/ Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Koerperschaftssteuer__Umwandlungs steuerrecht/001.html). 3 Grünbuch der Deutsch-Französischen Zusammenarbeit über Konvergenzpunkte bei der Unternehmensbesteuerung unter 2.4.4.2., S. 37 (im Internet abrufbar unter http://www. bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/201 20206.html?__nnn=true); zum Grünbuch etwa Eilers/Nücken/Valentin/Daniel-Mayeur, DB 2012, 535. 4 Zwölf-Punkte-Plan zur weiteren Modernisierung und Vereinfachung des Unternehmensteuerrechts der Regierungskoalition v. 14.2.2012 (abgedruckt etwa in DStZ 2012, 173). 5 Dazu etwa Häuselmann, SteuK 2012, 113. 6 Az. des BVerfG: 2 BvL 6/11.

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6. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick

europäischen Gerichten bezüglich der Sanierungsklausel7 Impulse für eine legislative Revision des § 8c KStG ergeben. Eine Neuorientierung in der Frage der Bekämpfung des Handels mit Verlustgesellschaften wäre in jedem Falle ein Gebot steuerpolitischer Klugheit.

________________________ 7 Rechtssache T-205/11, ABl. EU C 186, S. 28.

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Literaturverzeichnis

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349

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Stichwortverzeichnis Administrierbarkeit 40, 251, 259, 308 ff. Anteilsübertragung i. w. S. – § 8c KStG 23 ff., 30 ff. – Belgien 124 ff. – Großbritannien 150 ff. – Niederlande 165 ff. – Österreich 186 ff. – Rechtsvergleich 245 ff. – Schweiz 196 – USA 202 ff. Beihilferecht (EU) 58 ff., 89 Belgien 123 – Kontrollerwerb/-änderung 124 ff. – Rechtmäßige finanzielle oder wirtschaftliche Gründe 131 ff. – Verlustvortrag 123 Bestimmtheitsgebot 113 ff. Beteiligungserwerb, schädlicher (§ 8c KStG) 23 ff. Beteiligungsrechte (§ 8c KStG) 34 f. Erwerberbezogene Betrachtungsweise (s. a. gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise) 23 ff., 250 f., 253 Finanzmarktstabilisierung 89 f. Frankreich 135 ff. – Fiktive Unternehmenseinstellung 137, 142 f. – Tätigkeitswechsel 138 ff. – Verlustvortrag/-rücktrag 135 f. – Wechsel des Gesellschaftszwecks 138 Gesamtplan 45 ff.

Geschäftsbetrieb (s. a. Unternehmensidentität) 265 ff., 302 ff. – Sanierungsklausel (§ 8c KStG) 69 f. Gesellschafterebene (Rechtsvergleich) – Ausnahmen 264 f. – Beteiligungsbegriff 247 ff. – Höhe einer Änderung 245 ff. – Isolierte Anknüpfung 244 f., 296 f. – Konzernklausel 259 ff. – Mindestbeteiligungs-/Mindesterwerbsquoten 251 ff. – Mittelbare Änderungen/Übertragungen 256 ff. – Übertragung oder Änderung 249 ff. – Prüfzeitraum 269 ff. Gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise (s. a. erwerberbezogene Betrachtungsweise) 250 f., 253 Gesellschaftsebene – Isolierte Anknüpfung 244 f., 297 f. – Tätigkeit 265 ff. – Unternehmensidentität 267 ff., 301 ff. – Vermögen 265 ff. Gewerbesteuerlicher Fehlbetrag 75 f. Gleichgerichtete Interessen 27 ff. Großbritannien 144 ff. – Änderung des Geschäftsbetriebs 148 f., 156 ff. – Anteilseignerwechsel (change in company ownership) 150 ff. 351

Stichwortverzeichnis

– Konzernklausel 154 ff. – Mindestbeteiligungs-/Mindesterwerbsquote 151 – Mittelbare Anteilseignerwechsel 154 – Prüfzeitraum 152 f., 157 f. – Verbundene Personen 153 – Verlustvortrag/-rücktrag 146 ff. Handel mit Gewinngesellschaften 239 f., 280 f. Handel mit Verlustgesellschaften 233 ff. Interdependenzgedanke 293 ff. Konzernklausel – § 8c KStG 51 ff. – Großbritannien 154 f. – Rechtsvergleich 259 ff. Latente Steuern 75 Leistungsfähigkeitsprinzip 92 ff. Letztanteilseigner – Niederlande 167 ff. – Rechtsvergleich 256 ff. – USA 209 Loss refreshing 78 Mantelkauf 5, 291 ff. – § 8 Abs. 4 KStG 8 – Österreich 181 ff. Mantelhandel (Schweiz) 195 ff. Mindestbeteiligungsquoten – Großbritannien 151 – Rechtsvergleich 251 ff., 308 – USA 210 ff. Mindestbesteuerung 96 f. Missbrauch – § 8c KStG 13 f., 18 ff. – Handel mit Verlusten 235 ff. 352

– Mantelkauf 291 ff. – Rechtfertigung bei fehlendem Missbrauch 277 ff. – Rückgriff auf § 42 AO 240 – Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 103 ff. Mitgliedschaftsrechte 31 ff. Mittelbare Übertragungen/Änderungen – § 8c KStG 39 ff. – Belgien 129 ff. – Fehlende mittelbare Änderung 42 ff., 259 f. – Großbritannien 154 – Niederlande 167 f. – Österreich 187 f. – Rechtsvergleich 256 ff. – USA 209 f. Nahestehende Personen (§ 8c KStG) 25 f. Nämliche Anteile (§ 8c KStG) 47 Neutralität der Besteuerung 237 f. Niederlande 163 ff. – Aktivitätstest 172 ff. – Latente Verluste 175 f. – Letztliche Beteiligungen 167 f. – Passive Kapitalanlagen Test 171 f. – Stille Reserven (step up) 176 ff. – Verlustvortrag/-rücktrag 163 f. Objektives Nettoprinzip 94 ff. Österreich 180 ff. – Gesellschafterstrukturänderung 186 ff. – Gruppenbesteuerung 191 f. – Organisatorische Strukturänderung 182 f. – Sanierungsklausel 190 f. – Stille Reserven 193

Stichwortverzeichnis

– Verlustvortrag/-rücktrag 180 – Wirtschaftliche Strukturänderung 183 ff. Rechtsfolge – Rechtsvergleich 279 ff. – Unterjähriger Beteiligungserwerb (§ 8c KStG) 71 ff. Regelungsbedürfnis – Allgemeine Verlustbeschränkungen 240 ff. – Handel mit Gewinngesellschaften 239 f., 280 f. – Handel mit Verlustgesellschaften 233 ff. Sanierungsklausel – § 8c KStG 56 ff. – Österreich 190 f. – Rechtsvergleich 273 ff. – Unionsrechtswidrigkeit (§ 8c KStG) 59 f. – USA 224 ff. Schadensersatzpflicht 282 Schweiz 194 ff. – Mantelhandel 195 ff. – Verlustvortrag/-rücktrag 194 f. Stille Lasten – Niederlande 175 f. – Rechtsvergleich 282 ff. – USA 217 Stille Reserven – § 8c KStG 77 ff. – Frankreich 142 f. – Inländische Steuerpflicht (§ 8c KStG) 83 ff. – Mehrstufige Beteiligungen (§ 8c KStG) 85 ff. – Niederlande 176 ff. – Österreich 193 – Rechtsvergleich 285 ff.

– USA 222 ff. Stimmrechte (§ 8c KStG) 35 f. Strukturelles Vollzugsdefizit 107 f. Systemwechsel 100 f. Transparenzbetrachtung – bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften 101, 233 ff., 241 – bei der Erfassung mittelbarer Übertragungen 256 ff. Trennungsprinzip 97 ff., 296 Typisierungsbefugnis 104 ff. Unternehmensidentität. 267 ff., 301 ff. USA 198 ff. – 5 %-Anteilseigner 210 ff. – Anteilseignerwechsel (ownership change) 202 ff. – long-term tax-exempt rate 218 – Missbrauchsregelung 201 f., 228 f. – Prüfzeitraum 203 f. – Publikumsgruppen 211 f. – Stille Lasten 217 – Stille Reserven 222 ff. – Transparenzbetrachtung 209 f. – Unternehmensfortführung (continuity of business) 220 ff. – Verlustvortrag/-rücktrag 199 f. Verfassungsmäßigkeit § 8c KStG 91 ff. Vergleichbarer Sachverhalt (§ 8c KStG) 49 ff. Verlustvortrag/-rücktrag (Rechtsvergleich) 231 Wirtschaftliche Identität (s. a. Unternehmensidentität) 8, 14 ff., 267 ff., 301 ff. 353

Stichwortverzeichnis

Zeitraum der Tatbestandsverwirklichung – § 8c KStG 44 ff. – Rechtsvergleich 269 ff. Zinsschranke 76, 294 f. Zuführung einer neuen Einkunftsquelle 304 f.

354

Zuordnung von Verlusten zu Anteilen 282 Zweck (Telos) – § 8c KStG 11 ff. – Rechtsvergleich 232