215 12 1MB
German Pages XIII, 72 [80] Year 2020
Robert Trierweiler
Staub
Natürliche Quellen und Mengen
essentials
essentials liefern aktuelles Wissen in konzentrierter Form. Die Essenz dessen, worauf es als „State-of-the-Art“ in der gegenwärtigen Fachdiskussion oder in der Praxis ankommt. essentials informieren schnell, unkompliziert und verständlich • als Einführung in ein aktuelles Thema aus Ihrem Fachgebiet • als Einstieg in ein für Sie noch unbekanntes Themenfeld • als Einblick, um zum Thema mitreden zu können Die Bücher in elektronischer und gedruckter Form bringen das Expertenwissen von Springer-Fachautoren kompakt zur Darstellung. Sie sind besonders für die Nutzung als eBook auf Tablet-PCs, eBook-Readern und Smartphones geeignet. essentials: Wissensbausteine aus den Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften, aus Technik und Naturwissenschaften sowie aus Medizin, Psychologie und Gesundheitsberufen. Von renommierten Autoren aller Springer-Verlagsmarken.
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Robert Trierweiler
Staub Natürliche Quellen und Mengen
Robert Trierweiler Trier, Deutschland
ISSN 2197-6708 ISSN 2197-6716 (electronic) essentials ISBN 978-3-658-31550-4 ISBN 978-3-658-31551-1 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31551-1 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Daniel Fröhlich Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Was Sie in diesem essential finden können
In dieser Ausgabe der essentials-Reihe erwartet Sie eine Einführung in das Thema Staub. Es wird erklärt was Staub ist und wie Staub auf natürliche Art entsteht. Es werden verschiedene Schätzwerte zu den Emissionsmengen aufgeführt.
V
Danksagung
Es gibt einige Menschen, denen ich danken möchte. Mein Dank gilt bei Herrn Prof. Dr.-Ing. Torsten Reindorf, der mir die Möglichkeit gab dieses Werk über Staub zu verfassen. Mein Dank gilt außerdem Herrn Peter Thijs, Herrn Tobias Rümmele und Herrn Christoph Rieff für ihre kritische Korrektur. Weiter bedanke ich mich bei allen Menschen, die mich während der Entstehung dieses Werkes motiviert haben (D.G.). Dem Sachgebiet Glas und Keramik der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) sowie der Eidgenössischen Kommission für Lufthygiene (EKL) möchte ich für die Genehmigung zur Verwendung der Abbildungen ebenfalls meinen Dank kundgeben. Herzlich bedanken möchte ich mich bei den Angestellten der Bibliothek der Hochschule Trier am Standort Schneidershof für die Unterstützung bei der intensiven Recherchearbeit.
VII
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 Definitionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1 Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Primärstaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.1.2 Sekundärstaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.1.3 Schwebstaub/Staubniederschlag/Deposition. . . . . . . . . . . . . 6 2.1.4 Organisch/Anorganisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.1.5 Anthropogen/Natürlich/Biogen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.1.6 Troposphärisch/Stratosphärisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1.7 Kosmisch/Terrestrisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.2 Partikelgrößenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.2.1 DIN EN 481. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.2 Environmental Protection Agency. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3 Entstehung von Primärstaub und natürliche Primärstaubquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.1 Entstehung von Primärstaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.1.1 Mineralischer Staub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.1.2 Meersalzpartikel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.1.3 Staub aus Verbrennungsprozessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1.4 Biogener Staub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2 Natürliche Primärstaubquellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2.1 Böden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2.2 Ozeane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2.3 Flora und Fauna. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2.4 Vegetationsbrände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
IX
X
Inhaltsverzeichnis
3.2.5 Vulkane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.2.6 Kosmischer Staub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4 Entstehung von Sekundärstaub und natürliche Präkursoren. . . . . . . 23 4.1 Entstehung von Sekundärstaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.1.1 Prozesse der Sekundärstaubentstehung. . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.1.2 Mechanismen der Sekundärstaubentstehung. . . . . . . . . . . . . 28 4.2 Natürliche Präkursoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.2.1 Schwefelverbindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.2.2 Stickstoffverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2.3 Flüchtige organische Verbindungen (VOC). . . . . . . . . . . . . . 37 4.2.4 Chlor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5 Natürliche Staubmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 5.1 Natürliche Primärstaubmengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 5.2 Natürliche Sekundärstaubmengen und Präkursorenmengen. . . . . . . 42 5.3 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1 Abb. 2.2 Abb. 3.1 Abb. 4.1
Größenbereiche von Aerosolpartikeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Teilchengrößenverteilung nach DIN EN 481 [VBG]. . . . . . . . . . 11 Entstehung von Film- und Strahltropfen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Vereinfachte Darstellung der Größenverteilung des atmosphärischen Aerosols in Quellnähe und der wichtigsten Prozesse [EKL]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
XI
Tabellenverzeichnis
Tab. 5.1 Tab. 5.2 Tab. 5.3 Tab. 5.4 Tab. 5.5 Tab. 5.6 Tab. 5.7 Tab. 5.8 Tab. 5.9 Tab. 5.10 Tab. 5.11 Tab. 5.12 Tab. 5.13 Tab. 5.14 Tab. 5.15 Tab. 5.16
Mineralischer Staub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Vegetationsbrände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Meersalzpartikel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Vulkane. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Kosmischer Staub. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Biogenes Material. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Natürliche Emissionen von Schwefelverbindungen und H2S. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Sekundärpartikel aus natürlichen Emissionen von Schwefelverbindungen und H2S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Natürliche Emissionen von Stickstoffverbindungen, NH4, NH3 und NOX. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Sekundärpartikel aus natürlichen Emissionen von Stickstoffverbindungen und NH3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Natürliche Emissionen von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Sekundärpartikel aus natürlichen Emissionen von flüchtigen Kohlenwasserstoffen (VOC). . . . . . . . . . . . . . . . 61 Übersicht Primärstaubmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Übersicht Sekundärstaubmengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Natürliche Staubmengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Natürliche Präkursorenmengen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
XIII
1
Einleitung
Staub ist in der Luft allgegenwärtig, egal ob in geschlossenen Räumen oder in der freien Natur. Der Begriff Staub bezeichnet allgemein kleine Partikel, die in Luft dispergiert sind, wobei der Durchmesser der Partikel in der Regel kleiner ist als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Teilweise sind die Partikel so klein, dass sie eingeatmet werden können und sogar die Lungen-Blut-Schranke überwinden, wie es z. B. bei einigen Bestandteilen von Zigarettenrauch der Fall ist. Staub spielt eine zentrale Rolle bei der Kondensation von Wasserdampf in der Atmosphäre. Daneben bieten Staubteilchen in Wolken Reaktionsoberflächen für chemische Reaktionen, wodurch der pH-Wert des Regens und somit indirekt auch der pH-Wert des Bodens beeinflusst wird, was wiederum Folgen für Flora und Fauna hat. Dabei hat Staub nicht nur Auswirkungen auf Lebewesen, sondern auch auf das globale Klima: Die feinen Partikel reflektieren Strahlung und sind ein nicht zu unterschätzender Faktor des Treibhauseffektes. Doch Staub hat nicht nur negative Einflüsse auf die Umwelt, sondern liefert wichtige Nährstoffe, bspw. in Form von fein erodierten Gesteinsmehlen, die Böden anreichern. Staubquellen kann man grundsätzlich in zwei verschiedene Kategorien einteilen: anthropogene und natürliche Staubquellen. In Analogie zur Diskussion um den anthropogenen Anteil an der Steigerung der atmosphärischen Kohlenstoffdioxidkonzentration, hat auch die Frage nach dem anthropogenen Anteil an den globalen Staubemissionen an Bedeutung gewonnen und ist weiter in das Bewusstsein der Menschheit gerückt. Teilweise wird durch technische Maßnahmen versucht, die anthropogenen Staubemissionen zu reduzieren, wohingegen die natürlichen Staubemissionen unkontrollierbar sind. Das Thema dieses Essentials sind die natürlichen Staubquellen und die Mengen ihrer Emissionen. Um das Thema zu eröffnen, werden zunächst wichtige
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Trierweiler, Staub, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31551-1_1
1
2
1 Einleitung
Begriffe definiert. Danach werden verschiedene Entstehungsmechanismen von Staubpartikeln erklärt und die wichtigsten natürlichen Staubemittenten werden identifiziert, um im weiteren Verlauf Angaben zu den emittierten Staubmengen der einzelnen Quellen zusammenzutragen. Dabei werden Schätzungen zu den Emissionsmengen aufgelistet und die von den Autoren getroffenen Annahmen analysiert. Zum Abschluss wird ein Fazit gezogen.
2
Definitionen
In diesem Kapitel wird der Begriff „Staub“ definiert. Dabei werden verschiedene Staubarten z. B. aufgrund ihres Ursprungs oder ihrer Zusammensetzung voneinander abgegrenzt. Außerdem werden zwei verschiedene Klassifizierungsmethoden für die Einteilung von Staub anhand der Partikelgröße beschrieben.
2.1 Staub „Es existieren Begriffe wie Rauch (feste Teilchen aus Verbrennungsprozessen), Nebel (flüssige Teilchen) und Staub (Teilchendurchmesser >10 µm), die zur Klassifizierung disperser Systeme benutzt werden. Eine klare Abgrenzung zwischen diesen Begriffen ist nicht möglich, weil eindeutige Definitionen fehlen, jedoch stellt die Bezeichnung Aerosol den Oberbegriff dar.“1 Staub wird den aerokolloidalen Systemen zugeordnet.2 Da im weiteren Verlauf dieser Arbeit Staub in Form von verschiedenen atmosphärischen Partikeln betrachtet wird, wird die folgende Definition verwendet: Staub ist „ein komplexes, heterogenes Gemisch aus festen bzw. flüssigen Teilchen, die sich hinsichtlich ihrer Größe, Form, Farbe, chemischen Zusammensetzung, physikalischen Eigenschaften und ihrer Herkunft bzw. Entstehung unterscheiden.“3
1DREYHAUPT:
S. 84, Abs. 1. Kap. 1A, S. 3, Abs. 5. 3ÖSTERREICHISCHES UMWELTBUNDESAMT: Abs. 1. 2HIDY/BROCKS:
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 R. Trierweiler, Staub, essentials, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31551-1_2
3
4
2 Definitionen
Die gesamte Masse einer Staubmenge wird als „Total Suspended Particels“ (kurz TSP) oder „Suspended Particulate Matter“ (kurz SPM) bezeichnet und umfasst alle von Luft umgebenen Partikel in einem bestimmten Luftvolumen.4 Angaben zur „Lebensdauer“ von Staubpartikeln sind nur sehr schwer zu treffen, da manche Partikel ihre Identität – d. h. ihre ursprünglichen chemischen und physikalischen Eigenschaften – verlieren, ohne aus der Atmosphäre entfernt zu werden. Dies betrifft vor allem die kleinsten Partikel. Materie, die in Form von Staubpartikeln in die Atmosphäre gelangt oder in der Atmosphäre zu Partikeln transformiert wird, kann dort für eine gewisse Zeit verweilen, wobei sich die Zeitspanne von einigen Minuten oder Tagen für Partikel in Bodennähe bis zu einigen Jahren für stratosphärische Partikel erstreckt.5 In Abb. 2.1 sind die Größenbereiche verschiedener Aerosolpartikel aufgeführt.6 Um die Partikelgröße einordnen zu können, sind auch Größenbereiche anderer Objekte wie bspw. der Durchmesser eines menschlichen Haares oder die Wellenlängen elektromagnetischer Strahlen aufgeführt.
2.1.1 Primärstaub Unter Primärstaub versteht man direkt in die Atmosphäre eingetragene sog. Primärpartikel. Die Partikel können aus unterschiedlichen Quellen stammen, wie z. B. aus der Zerkleinerung von festen oder flüssigen Stoffen. Diesen Entstehungsmechanismus bezeichnet man auch als Bulk-to-Particle-Conversion.7
2.1.2 Sekundärstaub Unter der sekundären Entstehung von Staub versteht man die Gas-to-ParticleConversion, bei der aus Gasen durch chemische oder physikalische Reaktionen in der Atmosphäre feste oder flüssige Partikel aus kondensierbaren oder
4EUROPEAN
ENVIRONMENT AGENCY: Abschn. 6.4.3, Abs. 1. ROYAL SWEDISH ACADEMY OF SCIENCE AND THE ROYAL SWEDISH ACADEMY OF ENGINEERING SCIENCES: Abschn. 8.2, S. 188, Abs. 1. 6Nach HINDS. 7TUCKERMANN: S. 7. 5THE
2.1 Staub
5
Abb. 2.1 Größenbereiche von Aerosolpartikeln
sublimierbaren Stoffen oder Stoffgemischen gebildet werden.8,9 „Durchlaufen Primärpartikel in der Atmosphäre Umwandlungsprozesse, die ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften verändern oder werden gar aus Vorläufergasen neue Partikel gebildet, spricht man von Sekundärpartikeln.“10 Die Vorläuferstoffe werden als Präkursoren bezeichnet.11 Die chemische Zusammensetzung von atmosphärischen Aerosolen wird durch die relative Luftfeuchtigkeit beeinflusst.12 In der Atmosphäre findet die Gas-to-Particle-Conversion auch in nichtpräzipitierenden13 Wolken statt. Durch Oxidation von Gasen, die in Wasser gelöst
8DREYHAUPT:
S. 84, Abs. 1. S. 383, Abs. 1. 10VRAGL: Kap. 1, S. 6, Abs. 3. 11GUDERIAN: Abschn. 1.2, S. 47, Abs. 4. 12BAUMBACH: Abschn. 3.2.6, S. 95, Abs. 4. 13Präzipitieren = Ausscheidung eines gelösten Stoffes aus einer Flüssigkeit (Fällung). 9WARNECK: Abschn. 7.4.3,
6
2 Definitionen
sind, können nicht-flüchtige Produkte entstehen, die in der Wolke suspendiert bleiben und durch Niederschlag depositioniert werden. Die bekannteste Reaktion der sekundären Partikelentstehung ist die Oxidation von SO2 zu H2SO4 in der wässrigen Wolkenphase und dessen Neutralisation durch Ammoniak zu Sulfatsalzen.14,15
2.1.3 Schwebstaub/Staubniederschlag/Deposition Man unterscheidet Schwebstaub und Staubniederschlag, wobei Schwebstaub eine Partikelfraktion bezeichnet, die „in der Atmosphäre quasistabil und quasihomogen dispergiert ist und somit zumindest für einen Zeitraum in der Schwebe bleibt.“16 Schwebstaub ist „nicht exakt definiert und hinsichtlich Konzentration, Partikelgrößenverteilung und stofflicher Zusammensetzung zeitlichen und örtlichen Schwankungen“17 unterlegen. Dahingegen ist Staubniederschlag „definiert als luftfremde Stoffe in festem und flüssigem Aggregatzustand ohne deren Wasseranteil, die in einer bestimmten Zeit aus der Atmosphäre auf eine horizontale Fläche in Erdbodennähe fallen. Die Teilchengrößen-Bereiche der so erfassten Partikel sind nicht näher bestimmbar und hängen in komplizierter Weise von vielen äußeren Bedingungen ab.“18 „Dispergierende Kräfte wie z. B. Strömungskräfte, die durch turbulente Bewegungen des Gases hervorgerufen werden, verzögern bzw. verhindern den natürlichen Absetzvorgang, dem jedes Teilchen durch die Schwerkraft unterworfen ist.“19 Es kommt zu Staubniederschlag, wenn die dispergierten Partikel durch andere Kräfte derart beeinflusst werden, dass der Einfluss der dispergierenden Kräfte unterliegt.20
14WARNECK: Abschn. 7.4.3,
S. 383, Abs. 1. S. 383 bis 384, Abs. 3. 16DREYHAUPT: S. 1050, Pkt. 3, Abs. 2. 17DREYHAUPT: S. 1050, Pkt. 3, Abs. 8. 18DREYHAUPT: S. 1120, Pkt. 1, Abs. 1. 19BAUMBACH: Abschn. 7.2, S. 313, Abs. 1. 20BAUMBACH: Abschn. 7.2, S. 313, Abs. 2. 15WARNECK: Abschn. 7.4.3,
2.1 Staub
7
Der Ablagerungsvorgang von Stoffen aus der Atmosphäre wird als Deposition bezeichnet und wird durch verschiedene Mechanismen wie Sedimentation, Impaktion und Diffusion beeinflusst.21 Man kann zwischen einer trockenen und einer nassen bzw. feuchten Deposition unterscheiden. Die nasse Deposition wird von flüssigen oder festen Niederschlägen verursacht und kann, je nach Niederschlagsintensität, in feuchte und nasse Deposition unterteilt werden.22 Bei der nassen Deposition sind die Partikel an der Wolkenbildung beteiligt. In der englischen Sprache existieren genauere Bezeichnungen für die Depositionsvorgänge: „fallout“, „rainout“, „washout“ und „snowout“. Unter „fallout“ versteht an den trockenen Depositionsvorgang, während „rainout“ und „snowout“ den nassen/feuchten Depositionsvorgang bezeichnen. Wenn Partikel depositioniert werden, weil sie von Niederschlag mitgerissen werden, an dessen Kondensation sie nicht beteiligt waren, nennt man dies „washout“.23
2.1.4 Organisch/Anorganisch Der Begriff „organisch“ ist nicht eindeutig definiert. Einige Autoren bezeichnen damit chemische Verbindungen, die Kohlenstoff- und Wasserstoffatome enthalten, weshalb reiner Kohlenstoff, Kohlenstoffmono- und Kohlenstoffdioxid nicht in den Bereich der Organik fallen. Dementgegen zählen andere Autoren Ruß, der aus reinem Kohlenstoff besteht, und Kohlenstaub zur Organik. Manche Autoren wählen das Kriterium, dass die chemischen Verbindungen lediglich Kohlenstoffatome enthalten müssen, um die Moleküle in den Bereich der Organik einzuordnen. Organische Stäube bestehen also mindestens aus Kohlenstoffverbindungen, bzw. reinem Kohlenstoff. Demzufolge bezeichnet der Begriff „anorganisch“ chemische Verbindungen der anderen Elemente, also ohne Kohlenstoff. Anorganische Stäube sind im Allgemeinen Gemische aus Oxiden, Sulfaten und Karbonaten weniger Elemente; hauptsächlich Aluminium, Eisen, Kalzium, Silizium und Magnesium.24
21DREYHAUPT:
S. 330, Pkt. 3. S. 330, Pkt. 4. 23THE ROYAL SWEDISH ACADEMY OF SCIENCE AND THE ROYAL SWEDISH ACADEMY OF ENGINEERING SCIENCES: Abschn. 8.2, S. 187, Abs. 1. 24DREYHAUPT: S. 1115, Pkt. 2, Abs. 4. 22DREYHAUPT:
8
2 Definitionen
2.1.5 Anthropogen/Natürlich/Biogen Das Wort „anthropogen“ bedeutet durch den Menschen beeinflusst bzw. verursacht.25 Unter anthropogenen Staubemissionen versteht man demzufolge Stäube, die direkt oder indirekt durch menschliches Handeln entstehen bzw. verursacht, hergestellt oder beeinflusst werden, wie z. B. Reifenabrieb bei Fahrzeugen. Im Gegensatz dazu bedeutet das Wort „natürlich“ zur Natur gehörend bzw. in der Natur vorkommend.26 Unter natürlichen Staubemissionen versteht man demzufolge Stäube, die durch Vorgänge in der Natur gebildet werden. Natürliche Staubemissionen werden nicht von Menschen verursacht und können teilweise auch nicht von Menschen beeinflusst werden; sie würden auch entstehen, wenn der Mensch nicht existent wäre. Die natürlichen Staubquellen können weiter unterteilt werden in biogene und nicht-biogene Quellen. Dabei bedeutet das Wort „biogen“ durch Lebewesen entstanden bzw. aus abgestorbenen Lebewesen gebildet.27 Demnach wird biogener Staub von Lebewesen emittiert, wie z. B. Blütenstaub. Lebendige Mikroorganismen können ebenfalls dem biogenen Staub zugerechnet werden.28 Bei der Einteilung gibt es eine „Grauzone“, die sich nicht eindeutig zuordnen lässt. Dabei handelt es sich um Emissionen, denen „natürliche Prozesse zugrunde liegen, deren Ausmaß jedoch durch den Menschen unterschiedlich stark beeinflusst“29 werden. Dabei handelt es sich um sekundäre Entstehungsprozesse, denen Edukte zugrunde liegen, die sowohl aus natürlichen, als auch aus anthropogenen Quellen emittiert werden bzw. deren natürliche Emission durch anthropogenen Einfluss gesteigert wurde, wie z. B. durch Reisanbau, Viehhaltung, Mülldeponien und Kläranlagen.30 „Obwohl es sehr schwierig ist, anthropogene von natürlichen Aerosolen genau zu unterscheiden, gibt es dennoch einige grobe Anhaltspunkte. Bei den anthropogenen Aerosolen dominieren eher die Sulfat- und Rußpartikel, bei den natürlichen
25BIBLIOGRAPHISCHES
INSTITUT 2019(a): Pkt. 2. INSTITUT 2019(d): Pkt. 2, Abs. 1a. 27BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT 2019(b): Pkt. 2. 28THE ROYAL SWEDISH ACADEMY OF SCIENCE AND THE ROYAL SWEDISH ACADEMY OF ENGINEERING SCIENCES: Abschn. 8.2, S. 187, Abs. 1. 29GUDERIAN: Kap. 2, S. 61, Abs. 1. 30GUDERIAN. 26BIBLIOGRAPHISCHES
2.1 Staub
9
Aerosolen die gröberen Salz- und Staubteilchen. Anthropogen beeinflusste Aerosole weisen daher meist kleinere Teilchenradien auf als natürliches Aerosol. Ein zweites Kriterium ist die geografische Verbreitung. Anthropogene Aerosole finden sich hauptsächlich über stark besiedelten und industrialisierten Gebieten und in deren Leezonen. Auch die zeitliche Korrelation zwischen der Aerosolverbreitung und jahreszeitlich schwankenden Waldbränden, Biomassenverbrennung und Verbrennungen von fossilen Energierohstoffen kann den anthropogenen Anteil der Aerosolkonzentration in der Atmosphäre erkennbar machen.“31 Ein weiteres Problem ist, dass „bei bestimmten Komponenten die Abgrenzung zwischen natürlichen und anthropogenen Immissionen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, besonders bei den sogenannten sekundären Luftspurenstoffen, wie den Photooxidantien.“32
2.1.6 Troposphärisch/Stratosphärisch Die Unterscheidung von troposphärischem und stratosphärischem Staub richtet sich nach dem Aufenthaltsort des Partikels. Zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre findet ein permanenter Stoffaustausch statt. Dies beginnt in den aufsteigenden Ästen der Zirkulation in den Hadley-Zellen. Dort werden feuchte, partikel- und spurenstoffhaltige Luftmassen aus der unteren Troposphäre bis in die Stratosphäre aufwärts transportiert. Anschließend fließt die Luft polwärts, wo sie wieder in die Troposphäre absinkt. Während dieses Kreislaufs ändert sich der Energieinhalt der Luftmassen, sowie die chemischen und physischen Eigenschaften. In tropischen Breiten findet außerdem ein beidseitiger Austausch durch mesoskalige Prozesse statt.33
2.1.7 Kosmisch/Terrestrisch Auch eine Unterscheidung zwischen terrestrischem Staub und kosmischem Staub ist angebracht. „Kosmisch“ bedeutet „aus dem Weltall stammend“34,, wohingegen
31KASANG
(a): Abs. 2.
32GUDERIAN: Abschn. 1.2,
S. 23, Abs. 1. S. 203, Abs. 2. 34BIBLIOGRAPHISCHES INSTITUT 2019(c): Pkt. 1b. 33GUDERIAN: Abschn. 3.1.4,
10
2 Definitionen
„terrestrisch“ „zur Erde gehörend“35 bedeutet. Dabei ist entscheidend, ob die Partikel aus Material gebildet wurden, dass von der Erde stammt oder ob die Partikel aus dem Weltall auf die Erde eingetragen wurden. Partikel, die aus Material gebildet werden, dass von Menschen in Erdumlaufbahn gebracht wurde, wird ebenfalls dem kosmischen Staub zugerechnet.
2.2 Partikelgrößenverteilung „Üblicherweise wird die Staubbelastung anhand der Masse verschiedener Größenfraktionen beschrieben.“36 Es existieren unterschiedliche Definitionen für die Einteilung von Staubfraktionen anhand der Partikelgrößenverteilung. In Bezug auf den Arbeitsschutz werden die Staubfraktionen in der DIN EN 481 definiert. Für ein besseres Verständnis wird zunächst auf die Definitionen der DIN EN 481 eingegangen, um danach die Brücke zur Definition der „United States Environmental Protection Agency“ herzustellen, welche sich zum wissenschaftlichen Standard in Bezug auf den Umweltschutz etabliert hat. Ein Kriterium für die Einteilung von Staubpartikeln in verschiedene Fraktionen ist der aerodynamische Durchmesser der Staubteilchen. Der aerodynamische Durchmesser ist eine Hilfsgröße, die im Gegensatz zum unregelmäßigen realen Durchmesser von einer idealisierten Kugelform der Partikel und einer Normdichte von 1 g/m3 ausgeht. Dabei wird unterstellt, dass die Sinkgeschwindigkeit der realen und der idealisierten Partikel identisch ist.37 „Für Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner als 0,5 µm sollte der Partikeldiffusionsdurchmesser anstelle des aerodynamischen Durchmessers […] verwendet werden. Der Partikeldiffusionsdurchmesser ist der Durchmesser einer Kugel mit dem gleichen Diffusionskoeffizienten wie die Partikel unter den herrschenden Bedingungen bezüglich Temperatur, Druck und relativer Luftfeuchte.“38
35BIBLIOGRAPHISCHES
INSTITUT 2019(e): Pkt. 1. UMWELTBUNDESAMT: Abs. 1. 37KALTSCHMITT/HARTMANN/HOFBAUER: Abschn. 11.4.1, S. 702, Abs. 2. 38DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMIERUNG: S. 3, Pkt. 2.2. 36ÖSTERREICHISCHES
2.2 Partikelgrößenverteilung
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2.2.1 DIN EN 481 Als grober Schwebstaub werden Teilchen bezeichnet, deren aerodynamischer Durchmesser mindestens 10 µm beträgt. Der Massenanteil, der über Mund und Nase eingeatmet werden kann, wird auch als einatembare Fraktion (kurz E-Fraktion) bezeichnet. Diese Teilchen können in die Nasenhöhlen, den Rachenraum und bis in den Kehlkopf vordringen, werden jedoch zeitnah wieder abgehustet. Unter thorakalem Schwebestaub versteht man die thoraxgängige Fraktion. Diese Teilchen gelangen aufgrund ihres aerodynamischen Durchmessers zwischen 10 µm und 2,5 µm bis in die Luftröhre, die oberen Atemwege und die Bronchien und können sich dort festsetzen. Die Fraktion mit einem aerodynamischen Teilchendurchmesser von 2,5 µm bis 0,1 µm bezeichnet man als alveolengängigen Schwebstaub (kurz A-Fraktion). Partikel aus dieser Fraktion können über die Atemwege bis in die Bronchiolen und die Alveolen eindringen und sich dort festsetzen. Als ultrafeiner Schwebstaub werden Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser kleiner als 0,1 µm bezeichnet. Teilchen aus dieser Fraktion können die Lungen-Blutschranke überwinden und in den Blutkreislauf gelangen. Abb. 2.2
Abb. 2.2 Teilchengrößenverteilung nach DIN EN 481 [VBG]
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2 Definitionen
zeigt die Teilchengrößenverteilung nach DIN EN 481. Aufgrund ihrer Größe können Partikel unterschiedlich tief in den menschlichen Organismus eindringen.
2.2.2 Environmental Protection Agency Nach der Definition der „United States Environmental Protection Agency“ wird Staub in verschiedene PMx-Klassen eingeteilt, wobei die Abkürzung PM für „Particulate Matter“ und der Index x für den aerodynamischen Durchmesser des Trennkorns steht. Die Partikel werden anhand des Trennkorndurchmessers in die drei Klassen PM10, PM2,5 und PM0,1 eingeteilt. Zu der Staubklasse PM10 zählen Fraktionen, deren Partikel zu 50 Gew-% einen aerodynamischen Durchmesser von 10 µm aufweisen und die Größe der anderen Partikel einen niedrigen Anteil an Partikeln mit einem aerodynamischen Durchmesser >10 µm und einen höheren Anteil an Partikeln mit einem aerodynamischen Durchmesser 2,5 µm bzw. zu einem höheren Anteil einen aerodynamischen Durchmesser 0,1 µm bzw. zu einem höheren Anteil einen aerodynamischen Durchmesser