Soziale Leistungen und ihre Finanzierung: Länderstudien zu Frankreich, Italien und den Niederlanden [1 ed.] 9783428494637, 9783428094639

Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherung stehen heute im Vordergrund der Debatte über die Reform der sozialstaatlich

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Soziale Leistungen und ihre Finanzierung: Länderstudien zu Frankreich, Italien und den Niederlanden [1 ed.]
 9783428494637, 9783428094639

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DÖRING I HAUSER I SCHMÄHL (Hrsg.)

Soziale Leistungen und ihre Finanzierung

Sozialpolitische Schriften Heft 78

Soziale Leistungen und ihre Finanzierung Länderstudien zu Frankreich, Italien und den Niederlanden

Herausgegeben von

Diether Döring, Richard Hauser und Winfried Schmähl

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Soziale Leistungen und ihre Finanzierung : Länderstudien zu Frankreich. Italien und den Niederlanden / hrsg. von Diether Döring ... - Berlin : Duncker und Humblot. 1999 (Sozialpolitische Schriften; H. 78) ISBN 3-428-09463-8

Alle Rechte. auch die des auszugsweisen Nachdrucks. der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung. für sämtliche Beiträge vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH. Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH. Berlin Printed in Gennany ISSN 0584-5998 ISBN 3-428-09463-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Vorwort der Herausgeber Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherung stehen heute im Vordergrund der Debatte über die Reform der sozialstaatlichen Systeme. Zwei Faktoren spielen dafür gegenwärtig eine besondere Rolle. Zum einen hat der im Zuge von Europäisierung und Globalisierung gestiegene wirtschaftliche Wettbewerbsdruck die Aufmerksamkeit für die Kosten der sozialen Sicherung erhöht. Zum anderen hat die Unterbeschäftigung in fast allen Ländern der Europäischen Union Senkungen der Arbeitskosten als Mittel zur Verbesserung der Beschäftigungslage in die Diskussion gebracht. Hinzu kommen absehbare Veränderungen der künftigen Bedingungen der Systeme der sozialen Sicherung. Besonders wichtig sind hier die starken Verschiebungen der Altersstruktur nach der Jahrtausendwende und deren Rückwirkungen auf die Finanzierbarkeit der Systeme. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, das Niveau der Aufwendungen und die Art der Finanzierung der Systeme der sozialen Sicherung in ausgewählten europäischen Ländern beispielhaft zu untersuchen und zusätzlich die unterschiedlichen nationalen Ansätze zur Lösung von Finanzierungsproblemen für die deutsche Diskussion verfügbar zu machen. Der einführende Beitrag von D. Döring und U. Klammer vergleicht die Aufwendungen für die soziale Sicherheit und die Art der Finanzierung für zwölf Länder der Europäischen Union. Er erlaubt zusätzlich eine typologische Einordnung der speziell analysierten europäischen Sozialleistungssysteme. Ausgewählt wurde das niederländische System (bearbeitet von K. Pöhler), das universell angelegt ist, vorrangig auf die Basissicherung der Einwohner abstellt und in hohem Maße steuerähnliche Beiträge in der Finanzierung einsetzt. Ausgewählt wurde ferner das italienische Sozialleistungssystem (bearbeitet von U. Klammer), das kategorial orientiert ist und ebenso in der Leistungsgestaltung wie in der Finanzierung einen stark gemischten Charakter aufweist. Ausgewählt wurde darüber hinaus das französische System (bearbeitet von D. Wischeropp), ebenfalls kategorial ausgerichtet, das vorrangig lebensstandardsichernde Leistungen vorsieht und zur Finanzierung einen sehr hohen Anteil von bruttolohnbezogenen Beiträgen einsetzt. Der abschließende Beitrag von U. Klammer bietet eine vergleichende Untersuchung der Sozialreformstrategien in Frankreich, Italien und den Niederlanden sowie der jeweiligen aktuellen Ansätze der Finanzierungsreform und erörtert die Relevanz für die deutsche Diskussion.

6

Vorwort der Herausgeber

Der Abteilung Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, insbesondere Frau Dr. Erika Mezger, danken wir für die Finanzierung dieser Studie und für die gute Zusammenarbeit. Ein besonderer Dank gebührt zudem Margret Gohr, die mit der ihr eigenen Akribie die mühselige Erstellung des Ausdrucks selbst nach ihrem Übergang in den wohlverdienten Ruhestand noch mitbetreut hat.

Frankfurt am Main und Bremen, im Oktober 1997

Prof Dr. Diether Döring

Prof Dr. Richard Hauser

Akademie der Arbeit in der

Johann Wolfgang Goethe-Universität

Universität Frankfurt am Main

Frankfurt am Main

Prof Dr. Winfried Schmähl Zentrum filr Sozialpolitik, Universität Bremen

Inhaltsverzeichnis

Diether Döring und Ute Klammer

Soziale Sicherung in Europa - Tendenzen in der Entwicklung der Ausgaben und ihrer Finanzierung .................... ............... .................... .................... ... .......

21

Doris Wischeropp

Das französische Sozialleistungssystem - Leistungen, Finanzierungsprobleme und Lösungsansätze .........................................................................................

39

Ute Klammer

Das italienische Sozialleistungssystem - Leistungen, Finanzierungsprobleme und Lösungsansätze ............. .......................... ................ .... .............................. 189 KayPöhler

Das niederländische Sozialleistungssystem - Leistungen, Finanzierungsprobleme und Lösungsansätze .............. ...... .......... ...... ........... ....................... .... 319 Ute Klammer

Zur Umgestaltung der sozialen Sicherung und ihrer Finanzierung Europäische Wege und ihre Relevanz für die deutsche Diskussion ................. 431

Abkürzungsverzeichnis Das französische Sozialleistungssystem (Wischeropp) 1 AAH

Allocation aux Adultes Handicapes (Beihilfe flir behinderte Erwachsene; D. W.)

ACOSS

Association des Caisses et Organismes de Securite Sociale (Verband der Sozialversicherungsorgane und -kassen)

AG

Arbeitgeber

AGIRC

Association Generale des Institutions de Retraite des Cadres (Allgemeiner Dachverband der Versorgungskassen der leitenden Angestellten)

AN

Arbeitnehmer

ANPE

Agence Nationale pour I'Emploi (Nationale Beschäftigungsbehörde,der Bundesanstalt flir Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar)

API

Allocation de Parent Isole (Beihilfe flir Alleinerziehende; D. W.)

ARRCO

Association des Regimes de Retraite Complementaires (Versorgungswerk der allgemeinen betrieblichen Altersversorgung)

ASF

Association pour la Gestion de la Structure Financi

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1992, Gesamtdeutschland

Quellen: Eigene Berechnungen nach Eurostat (1996), Tabelle 2.2 sowie Eurostat (1993), S. 16 f und 24 f.

Abbildung 2.1

4

Eigene Berechnungen nach Daten von Eurostat.

25

Soziale Sicherung in Europa

Die verbreitete Vorstellung von den venneintlich gewaltigen Unterschieden zwischen den bisherigen Mitgliedsländern der EU relativiert sich weiter, sofern man nicht die absoluten Zahlen pro Kopf der Betrachtung zugrunde legt, sondern die Ausgaben fiir die soziale Sicherung in Beziehung zur wirtschaftlichen Leistungsflihigkeit des jeweiligen Landes setzt und die Sozialleistungsquoten vergleicht. Insgesamt summierten sich die Ausgaben rur die soziale Sicherung im Jahr 1992 auf knapp 29% des BIP der Europäischen Union. Dabei lagen die Niederlande mit einer Sozialleistungsquote von 33% an der Spitze; das Schlußlicht bildete Portugal mit 17,6%. Werte über 30% hatten weiterhin Dänemark und Gesamtdeutschland (nicht allerdings die alten Bundesländer) zu verzeichnen. Die Entwicklung der Sozialleistungsquoten in den Ländern der EG (1980 und 1992, in % des HIP) Q.; ....

35

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1992 1

Anmerkung: Deutschland 1992 = frühere Bundesrepublik. Quellen: Eurostat (1996), Tabelle 2.2; Eurostat (1993), S. 16 f, 24 f.

Abbildung 2.2

Ein Vergleich der Zahlen von 1980 und 1992 macht auch hier den allmählichen "Aufholprozeß" der in bezug auf den Sozialschutz schwächer entwickelten Länder deutlich. Während die weiter entwickelten Wohlfahrtsstaaten nach

26

Diether Döring und Ute Klammer

durchweg hohen Steigerungsraten in den 70er Jahren in dieser Phase kaum noch zusätzliche Steigerungen ihrer Sozialleistungsquoten zu verzeichnen hatten und es in Belgien und Deutschland - zumindest, sofern man die neu hinzugekommenen Bundesländer außer Betracht läßt - sogar zu einem Rückgang der Sozialleistungsquoten kam, war in den Ländern am unteren Ende der Skala ein starkes Wachstum der Sozialleistungsquoten zu beobachten. Dieses belief sich im genannten Zeitraum in Spanien auf 4,4, in Großbritannien auf 5,7, in Italien auf 6,2 und in Griechenland sogar auf 8 Prozentpunkte. Hatten im Jahr 1980 noch vier EU-Länder Sozialleistungsquoten unter 20% aufzuweisen, so war es im Jahr 1992 mit Portugal nur noch ein einziges. Eine gestiegene Sozialleistungsquote zeugt nicht immer von einer Ausdehnung des Spektrums und der Höhe der Sozialleistungen. 5 Sie kann auch bei gleichbleibender Leistungsgestaltung automatische Begleiterscheinung einer Rezessionsphase sein, indem hier einerseits das in den Zähler des Quotienten eingehende Leistungsvolumen (vor allem aufgrund der Leistungen bei Arbeitslosigkeit)6 zunimmt, zum anderen ein Rückgang der Wirtschaftskraft, d.h. des BIP, den Nenner des Quotienten sinken und damit die Sozialleistungsquote selbst steigen läßt. Ein solches rezessionsbedingtes Wachstum der Sozialleistungsquoten trat in den frühen 90er Jahren in der Mehrzahl der weiter entwickelten Sozialstaaten auf und war dort - nach relativer Stagnation in den 80er Jahren - im wesentlichen für die insgesamt zwischen 1980 und 1992 diagnostizierten (geringen) Steigerungen der Sozialleistungsquoten verantwortlich. 7 Das dargestellte starke Ausgabenwachstum in den südlichen Ländern ging dagegen eindeutig mit Bemühungen einher, die eigenen Sozialleistungssysteme auf ein mit den nördlichen EU-Ländern vergleichbares Niveau zu bringen. 8 Hier war der Anstieg der Sozialleistungsquoten mit einem überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstum gekoppelt. 9 Daran wird eine wichtige Beobachtung deutlich: Länder mit vergleichbarem wirtschaftlichen Entwicklungsstand weisen tendenziell auch etwa vergleichbare Sicherungsbedarfe (bzw. Vorstellungen darüber) auf. Je weiter sich eine Volkswirtschaft entwickelt undje reicher sie wird, desto 5 Eine nähere Beschäftigung mit statistischen Problemen, Abgrenzung, aber auch Entwicklungen von Sozialausgaben findet sich bei Schmähl (1981). 6 Betroffen sind in diesem Fall allerdings auch andere Sozialleistungsbereiche wie z.B. einkommensgeprUfte Familienleistungen, der Rentenbereich durch eine Zunahme der Vorruhestands- und auch Invaliditätsleistungen etc. 7 Vgl. Europäische KommissioniAmtfür amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (1996), S. 62 - 63. - Eine solche Entwicklung war besonders stark auch in dem "neuen" EU-Mitgliedsland Finnland zu verzeichnen; vgl. ebd. S. 59. 8 Vgl. Europäische KommissionlAmtfür amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (1996), S. 62. 9 So stieg das BIP pro Kopf in Kautkrafteinheiten zwischen 1980 und 1992 in Portugal beispielsweise um 182%, in Italien um 133% und in Irland um 129%, in den "reichen" Ländern Dänemark, Niederlande und Deutschland dagegen jeweils nur um rund 90%.

27

Soziale Sicherung in Europa

größer wird der Teil ihrer Ressourcen, den sie filr die verschiedenen Bereiche der Sozialen Sicherung aufwendet. Soziale Sicherung ist somit offenbar ein "Luxus", den man sich mit steigendem Wohlstand eher leistet - und nicht etwa weniger - als bei geringer Wirtschaftskraft. Auch das folgende Streudiagramm macht deutlich, daß in Europa 1980 mit geringer Wirtschaftskraft auch niedrige Sozialleistungsquoten verbunden waren, d.h. die Sozialausgaben in absoluten Größen stärker differierten, als aus den Unterschieden der Sozialleistungsquoten ersichtlich (Abbildung 2.3). Das Verhältnis von BIP pro Kopf und Sozialleistungsquoten (1980) Sozialleistungsquoten in %

35 ----------------------------------------------

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30

B. ••

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GB

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15

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o

2

4

6 in Tausend

BfI' pro Kopf in 10 Kaufkrafteinheiten

Quellen: Eurostat (1996), Tabelle 2.2; Eurostat (1993), S. 16 f, 24 f.

Abbildung 2.3

Bis 1992 hatte sich die Streuung deutlich verringert; vor allem Italien hatte, wie schon erwähnt, zur Gruppe der "reichen" Wohlfahrtsstaaten aufgeschlossen. Bemerkenswert bezüglich der deutschen Position ist, daß die Sozialleistungsquote filr die alte Bundesrepublik im Vergleich mit den Ländern vergleichbarer Wirtschaftsleistung sogar eine unterdurchschnittliche Position aufweist (Abbildung 2.4). Insgesamt läßt sich filr die betrachtete Phase folglich von einer "Konvergenz der Sozialleistungsquoten nach oben" sprechen. Die Befilrchtung, der europäische Einigungsprozeß, insbesondere der einheitliche Binnenmarkt, werde über einen härteren Wettbewerbsdruck auch den Druck auf die Sozialsysteme verstärken und einen Prozeß des gegenseitigen Unterbietens, des "Sozialdumpings", nach sich ziehen, hat sich insofern bisher nicht bestätigt.

28

Diether Döring und Ute Klammer

Das Verhältnis von HIP pro Kopf und Sozialleistungsquoten (1992) Sozial leistungsquoten in % 35

NL·

30

DK

GB D•• ~F

25

E

20

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I

p

15 10 5 -

o

o

5

10

in Tausend

15

20

SIP pro Kopf in Kaufkrafteinheiten

25

Anmerkung: Deutschland 1992 = Ehemalige BRD. Quellen: Eurostat (1996), Tabelle 2.2; Eurostat (1993), S. 16 f, 24 f.

Abbildung 2.4 In denjenigen südlichen Ländern, deren Entwicklung zu einer Industrie- bzw. Dienstleistungsgesellschaft noch relativ jung ist und deren Sicherungssysteme, insbesondere Alterssicherungssysteme, noch nicht ausgereift sind, dürften weiterhin kräftige Steigerungen zu erwarten sein. Hinzu kommt, daß mehrere südliche Länder Rentenformeln eingefiihrt haben, die sehr hohe Bruttorentenniveaus vorsehen. Diese werden erst auf lange Sicht voll wirksam, wenn eine fiir die. älteren Industriegesellschaften bislang typische - volle Erwerbs- und Versicherungsbiographie in den dortigen Gesellschaften tendenziell Normalität bekommen sollte. Auch der Lebensformenwandel und die Altersstrukturverschiebung sprechen dafiir, daß die Anforderungen an die Sicherungssysteme dieser Länder in Zukunft eher noch weiter wachsen werden. Die zu beobachtende Grundtendenz - ähnliche Sozialleistungsquoten bei ähnlicher Wirtschaftskraft - ist umso bemerkenswerter, insofern sich hinter den europäischen Wohlfahrtsstaaten z.T. ausgesprochen unterschiedliche Konzeptionen sozialer Sicherung verbergen. So stehen unter den weiter entwickelten Wohlfahrtsstaaten die Niederlande und Dänemark historisch dem sogenannten "Beveridge-Typ" nahe, bei dem in der staatlichen sozialen Sicherung das Augenmerk auf einer einwohnerweiten Basissicherung liegt, während z.B. Deutschland, Frankreich und Belgien eher am "Bismarck-Typ" mit einer auf

Soziale Sicherung in Europa

29

einige Bevölkerungskategorien beschränkten, lebensstandardsichernden Sozialleistungskonzeption orientiert sind. Möglicherweise liegt eine Teilerklärung fiir das vergleichbare Gesamtniveau der Sozialausgaben darin, daß die zumeist höheren (durchschnittlichen) Geldleistungsniveaus der kategorialen, einkommensorientierten Versicherungssysteme durch eine höhere personelle Reichweite der Geldleistungen der universellen Basissysteme kompensiert werden. 2.2 Zur Struktur der Ausgaben

Zur Struktur der Ausgaben müssen an dieser Stelle wenige Anmerkungen genügen. Trotz ihrer unterschiedlichen historischen Entwicklungen decken die europäischen Wohlfahrtsstaaten heute fast alle die gleichen großen sozialen Risiken ab, nämlich Krankheit, Alter/Invalidität und Tod mit Hinterlassung Hinterbliebener, Arbeitslosigkeit, ArbeitsunfällelBerufskrankheiten sowie Familienlasten. Zudem ist in der Regel die Gewährung eines sozio-kulturellen Existenzminimums als letzte "Auffangabsicherung" vorgesehen. Höchst unterschiedlich sind allerdings die Anteile der Sozialbudgets, die auf die Absicherung der einzelnen Risiken entfallen (Tabelle 2.1). Die Unterschiede resultieren dabei z.T. aus dem Bevölkerungsanteil, der jeweils durch einen bestimmten Sicherungszweig geschützt wird, z.T. aus der Höhe der gewährten Leistungen. In den meisten europäischen Ländern macht allein die Sicherung der Alten und Hinterbliebenen zwischen ca. einem und zwei Drittel des Sozialbudgets aus und stellt damit den bedeutendsten Ausgabenposten, obwohl das Wachstum der Alterssicherungsausgaben in den 80er und frtihen 90er Jahren EU-weit, verglichen mit dem gesamten Wachstum der Sozialausgaben, eher unterdurchschnittlich war. 10 An zweiter Stelle liegen zumeist die Ausgaben fiir das Gesundheitssystem, die in Irland, Portugal und den Niederlanden sogar den ausgabenintensivsten Bereich stellen. Der aufgewendete Anteil des Sozialbudgets liegt hier im Jahr 1992 je nach Land zwischen ca. 20% (Griechenland) und ca. 45% (Niederlande). In vielen europäischen Ländern gab es im Gesundheitsbereich vor allem in der zweiten Hälfte der 80er Jahre und/oder den frtihen 90er Jahren eine überdurchschnittliche Ausgabendynamik.

10 Zur historischen Entwicklung der Sozialausgaben insgesamt und in bezug auf einzelne Sicherungsbereiche vgl. Europäische KommissioniAmtfiir amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (1996), S. 64. - Eine Ausnahme stellt Italien dar; hier ging die starke Entwicklung der Sozial ausgaben in den 80er Jahren zum größten Teil auf das Ausgabenwachstum im Alterssicherungsbereich zurück.

30

Diether Döring und Ute Klammer

Tabelle 2.1

Die Aufteilung der Sozialbudgets nach Funktionen in den Ländern der EU (1992, in % des jeweiligen Sozialbudgets) Land

Gesundheit

AlterlHin-

Arbeits-

Arbeits-

Familien-

terbliebene

losigkeit

unfall/

leistungen

Sonstiges a)

Invalidität B

32,42

44,66

11,41

1,93

8,13

1,45

DK

27,81

35,10

17,20

0,76

11,98

7,15

Db )

37,93

40,60

6,16

3,09

8,89

3,33

GRc)

19,66

69,67

2,99

0,08

1,77

5,83

E

34,20

41,27

18,48

2,36

1,82

1,87

F

32,48

44,05

7,71

2,08

9,54

4,14

IRL

35,50

27,19

14,57

0,49

17,42

4,83

I

29,30

62,75

1,75

2,27

3,90

0,03

L

36,13

48,37

0,82

3,17

11,11

0,41

NL

45,16

36,91

8,37

0,00

7,87

1,68

P

42,93

38,77

5,04

2,47

5,56

5,23

GB

36,00

39,35

6,00

0,39

10,90

7,35

Anmerkungen: a) Enthält vor allem Mindestsicherungsleistungen. - b) Ehemalige Bundesrepublik. - c) 1991. Quelle: Eurostat (1994), Tabelle 3.36.

Extrem unterschiedlich sind die auf die Sicherung von Arbeitslosigkeit verwendeten Anteile des Sozialbudgets; sie schwankten 1992 zwischen 0,82% und 18,48%.11 Hohe Ausgaben in diesem Sicherungszweig sind häufig an hohe Arbeitslosenquoten gekoppelt. In einigen Ländern - vor allem Griechenland und Italien - liegt der für Arbeitslosigkeit aufgewendete Anteil des Sozialbudgets jedoch trotz hoher Arbeitslosenquoten auffallend niedrig, so daß hier auf ein niedriges Niveau der vorgesehenen Leistungen geschlossen werden kann. In allen europäischen Ländern gab es in den frühen 90er Jahren aufgrund der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung ein überdurchschnittliches Wachstum der Ausgaben für Arbeitslosigkeit. 11

Zu allen Zahlen dieses Abschnitts vgl. Eurostat (1994), Tabellen 3.36 und 3.22.

Soziale Sicherung in Europa

31

Durchweg von vergleichbar geringem Gewicht ist der Anteil der Sozialausgaben rur die Absicherung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Große Unterschiede zeigen sich dagegen wiederum im Bereich der Familienleistungen. Die hier zu beobachtende Spannweite in bezug auf die Sozialbudgets zwischen 1,77% und 11,98% im Jahr 1992 - läßt sich nicht nur aus dem unterschiedlichen demographischen Gewicht von Familien mit Kindern erklären. Auffallend ist hier die Tatsache, daß vor allem in den Ländern der "Südschiene" (Griechenland, Spanien, Italien und Portugal) dieser Sicherungszweig bisher kaum Bedeutung hat bzw. im Zeitraum zwischen 1980 und 1992 sogar durchgängig noch an relativem Gewicht verloren hat.1 2 Auch der Ausbau der Regelungen zur Mindestsicherung und entsprechend auch das hierflir eingesetzte Ausgabenvolumen schwanken beträchtlich. In den Unterschieden der Gewichtung der Sozialbudgets spiegeln sich nicht nur unterschiedliche Verteilungen der Sicherungsbedarfe, sondern auch unterschiedliche historische Entwicklungen und unterschiedliche politische Gewichtungen. 2.3 Die Entwicklung der Finanzierung

Nicht nur in bezug auf die Ausgabenseite, sondern auch in bezug auf die Finanzierungsseite lassen sich bei einem Vergleich der EU-Länder Differenzen, aber auch Parallelentwicklungen feststellen. In allen betrachteten Ländern tragen sowohl Beiträge der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer (bzw. der Versicherten) als auch staatliche Zuwendungen, d.h. in der Regel Steuern, sowie sonstige Einnahmequellen zur Finanzierung der Sozialausgaben bei. 13 Große Unterschiede liegen dabei jedoch in dem Gewicht, das den verschiedenen Einnahmequellen im Rahmen der Finanzierung der sozialen Sicherung zukommt. Tabelle 2.2 zeigt rur die Jahre 1980 und 12 Vgl. Europäische Kommission/Amtfür amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (1996), S. 64. 13 Die folgende Darstellung basiert auf den Daten von Eurostat und damit auch auf der von Eurostat verwendeten Abgrenzung der Einnahmekategorien nach ESSPROS (vgl. Fußnote 2): Die Sozialbeiträge der Arbeitgeber umfassen sowohl tatsächliche als auch unterstellte Sozialbeiträge. Bei den tatsächlichen Sozialbeiträgen handelt es sich um die Zahlungen der Arbeitgeber an die Sozialschutzeinrichtungen. Die unterstellten Sozialbeiträge entsprechen auf der Einnahmenseite dem Gegenwert der Aufwendungen rur Sozialleistungen, die von den Arbeitgebern unmittelbar rur die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer erbracht werden. In die Sozialbeiträge der geschützten Personen gehen (gegebenenfalls) Beiträge der sozio-kulturellen Kategorien Arbeitnehmer, Selbständige und sonstige Personen ein. Bei den staatlichen Zuweisungen handelt es sich um die Beteiligung des Zentral staates oder einer lokalen Gebietskörperschaft an der Finanzierung der Sozialschutzausgaben in ihrer Eigenschaft als Behörde und nicht als Arbeitgeber. Diese Rubrik umfaßt auch die Summe der zweckgebundenen Steuern, die ganz oder teilweise rur den Sozialschutz bestimmt sind. Bei den sonstigen Einnahmen handelt es sich um Mittel unterschiedlicher Herkunft: Zinsen, Mieten, Regreßnahmen gegen Dritte. Zur Abgrenzung vgl.Eurostat (1993), S.5.

32

Diether Döring und Ute Klammer

1992 die Zusammensetzung der Finanzierung nach Quellen in den einzelnen Ländern - geordnet nach zunehmender Bedeutung der Sozialbeiträge zu Beginn der Betrachtungsperiode - auf. Die Unterschiede in der Verteilung der Lasten bestehen sowohl hinsichtlich des Verhältnisses von Beitrags- und Steuerfinanzierung als auch hinsichtlich der anteiligen Aufbringung der Beiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Versicherte). Lediglich in zwei Ländern, nämlich in Dänemark und in Irland, überwog im Jahr 1980 klar die Finanzierung durch öffentliche Haushalte. Besonders deutlich war dies in Dänemark ausgeprägt, wo mehr als 80% der Aufwendungen aus staatlichen Zuwendungen finanziert wurden. In Großbritannien hielten sich der über staatliche Zuweisungen und der über Beitragseinnahmen finanzierte Anteil der Sozialausgaben etwa die Waage. In der Mehrzahl der EU-Länder überwog dagegen deutlich die Beitragsfinanzierung der Aufwendungen rur die soziale Sicherung: acht der zwölf Länder - darunter auch Deutschland - finanzierten im Jahr 1980 mehr als 60%, runf mehr als 70% und zwei sogar mehr als 80% ihrer Sozialausgaben aus Sozialbeiträgen. Dabei nahm Griechenland mit annähernd 90% die Spitzen stellung ein. Hinsichtlich der anteiligen Aufbringung der Beiträge durch Arbeitgeber und Versicherte bestand in der Mehrzahl der Länder ein höherer Anteil der Arbeitgeber. Es überrascht nicht, daß vor allem Länder, die dem Bismarck-Typ nahestehen, ihre Sozialausgaben überwiegend mittels Sozialbeiträgen fmanzieren, während Länder, deren Sozialsysteme stärker am Beveridge-Typ orientiert sind, vergleichsweise eher auf Steuermittel zurückgreifen. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß die Niederlande insofern einen Sonderfall darstellen, als die dortigen "Beiträge" selbst weitgehend, wenn auch nicht völlig, steuerartig gestaltet worden sind.l 4

14 Anlehnung des "Volksversicherungsbeitrags" an die Einkommensteuer, allerdings mit Bemessungsgrenze.

33

Soziale Sicherung in Europa

Tabelle 2.2

Die Finanzierung der Sozialausgaben (1980 und 1992) Land

Einnahmestruktur 1992 in %

Einnahmestruktur 1980 in % Sozialbeiträge

staat!.

sonst.

Sozialbeiträge

staat!.

sonst.

Zuwei- Ein-

Zuwei- Ein-

sun-

nah-

sun-

nah-

gen

men

gen

men

AG

AN

L

4,75

6,92

5,11

12,03

81,62

6,35

63,24

1,07

22,9

15,17

38,07

60,64

1,28

48,05

43,21

8,74

26,12

15,81

41,93

42,84

15,23

23,37

58,8

32,84

8,36

30,57

21,76

52,33

40,49

7,18

44,45

17,8

62,25

33,98

3,77

41,75

26,73

68,48

21,59

9,92

NL

37,05

31,0

68,05

20,45

11,5

19,91

41,66

61,57

22,6

15,82

D

41,41

28,0

69,41

27,05

3,55

40,1

29,85

69,95

26,32

3,73

P

53,18

18,72

71,9

25,41

2,69

41,79

20,84

62,63

32,36

5,01

I

59,94

13,89

73,83

23,77

2,4

50,53

15,93

66,46

30,59

2,95

F

55,52

24,27

79,79

17,27

2,95

50,95

28,85

79,8

17,72

2,48

E

63,24

18,99

82,23

16,05

1,72

52,88

17,27

70,15

27,75

2,09

GR

57,81

31,23

89,04

4,72

6,24

47,79

26,99

74,78

16,42

8,79

AG

AN

L

DK

10,01

2,32

12,33

82,91

IRL

24,53

11,15

35,68

GB

33,44

14,61

L

35,43

B

Anmerkungen:

L = Summe des Anteils der Sozial beiträge. - AG = Beitrag des Arbeitgebers. AN = Beitrag des Arbeitnehmers (d.h. des Versicherten). - Griechenland: Zahlen von 1991 statt von 1992.

Quellen: Eurostat (1996), Tabelle 2.2; Eurostat (1993), S. 16 f, 24 f, sowie eigene Berechnungen.

Bei einer Analyse der Entwicklung der verschiedenen Finanzierungsfonnen zwischen 1980 und 1992 werden mehrere länderübergreifende Tendenzen sichtbar. Auffallend ist zum einen, daß es in dieser Periode in der Mehrzahl der Länder eine Verschiebung von der Beitrags- zur Steuerfinanzierung gegeben hat: bei sieben Ländern hat das Gewicht der Sozialbeiträge (z.T. stark) abgenommen, bei vier Ländern - darunter Deutschland - ist es in etwa unverändert geblieben; lediglich in Belgien wurde 1992 ein deutlich größerer Anteil der Sozialleistungen über Beiträge und über sonstige Einnahmen finanziert als 3 Döring u.'.

34

Diether Döring und Ule Klammer

1980. In einigen Ländern ist der Anteil der Sozialbeiträge an der Finanzierung des Sozialbudgets dabei sogar um weit mehr als 10 Prozentpunkte zurückgegangen (Griechenland, Spanien). In keinem Land wurden 1992 mehr als 80% der Sozialausgaben über Sozialbeiträge finanziert; die höchste relative Bedeutung hatten die Sozialbeiträge mit insgesamt 79,8% noch in Frankreich, einem traditionell stark versicherungsorientierten Land. Der zweite länderübergreifend zu beobachtende Trend betrifft eine Lastenverschiebung innerhalb der Beiträge. Während der Finanzierungsanteil der Arbeitnehmerbeiträge nämlich in neun von zwölf Ländern zwischen 1980 und 1992 zunahm, hatte sich das Gewicht der Arbeitgeberbeiträge während der betrachteten Periode in allen zwölf Ländern verringert. Die Differenzen beliefen sich - bei recht unterschiedlichem Ausgangsniveau - je nach Land auf 1,3 bis 17,2 Prozentpunkte; dies entsprach, bezogen auf den Stand von 1980, einem relativen Rückgang zwischen ca. 3,6% und ca. 46,3%.15 Besonders deutlich war diese Entwicklung in den Niederlanden zu beobachten, wo, u.a. bedingt durch die Streichung der Arbeitgeberbeiträge zur Pflegeversicherung im Jahr 1990, der Anteil der Arbeitgeberbeiträge am Sozial budget zwischen 1980 und 1992 von 37,1% auf 19,9% sank, während derjenige der Arbeitnehmerbeiträge in der gleichen Zeit von 31 % auf 41,7% anstieg. Offensichtlich versuchte man in einer Reihe von Ländern durch unterschiedliche Maßnahmen über eine Senkung von Arbeitgeberbeiträgen den Faktor Arbeit zu entlasten. Es ist folglich festzuhalten, daß die Arbeitgeber zur direkten Finanzierung des beobachteten Anstiegs der Sozialausgaben in allen Ländern nur unterproportional herangezogen worden sind. Entsprechend war der beobachtete Trend zumeist in denjenigen Ländern vergleichsweise schwach ausgeprägt, die im betrachteten Zeitraum keinen oder nur einen geringen Anstieg der Sozialleistungsquote zu verzeichnen hatten. Dem Rückgang des Gewichts der Beitragsfinanzierung stand in der Mehrzahl der Länder ein verstärkter Rückgriff auf Steuermittel, d.h. auf staatliche Zuweisungen, gegenüber. Besonders ausgeprägt war diese Entwicklung in Griechenland, wo sich der staatliche Anteil an der Finanzierung der Sozialleistungen vervielfachte und von niedrigen 4,7% um 11,7 Prozentpunkte auf 16,4% kletterte. Weitere Länder, in denen dieser Trend deutlich zu beobachten war, waren Spanien, Italien und Portugal, d.h. gerade diejenigen Länder der "EU-Südschiene", bei denen in der betrachteten Phase ein "Aufholprozeß" in bezug auf die Sozialleistungsquoten stattfand. Zum einen ging in diesen Ländern mit dem geringen Ausbau der sozialstaatlichen Leistungen vor der Expansionsphase auch eine unterdurchschnittliche Beteiligung des Staates an der Finanzierung der Sozialleistungen einher; hier hat mit dem Ausbau von Leistungen auch eine Anpassung des finanziellen staatlichen Engagements stattge15

Am schwächsten war dieser Trend in der BRD ausgeprägt.

Soziale Sicherung in Europa

35

funden. In einigen Fällen, so z.B. in Italien im Nationalen Gesundheitsdienst, führten auch staatliche Deckungsgarantien für einzelne Sicherungsbereiche zur Ausdehnung der staatlichen Beteiligung an der Finanzierung des Sozialbudgets. In den meisten Ländern hat sich neben dem Steueranteil auch der Anteil zusätzlicher Einnahmequellen an der Finanzierung der Sozialleistungen vergrößert. Teilweise sind dies Zinseinkünfte aus gebildeten Kapitalrücklagen. Eine wesentliche Rolle spielen hier auch die in zahlreichen Ländern gestiegenen Gebühren (Selbstbeteiligungen) im Rahmen der Gesundheitsversorgung. 16

3. Zum weiteren Vorgehen: Drei Länderstudien zur exemplarischen Verdeutlichung von aktuellen Diskussionen und Entwicklungen im Bereich sozialer Sicherung in Europa Da es im Bereich der Sozialpolitik innerhalb der EU kaum supranationale Regulierungen gibt und im wesentlichen das Subsidiaritätsprinzip gilt, existiert hier zwar kein direkter "externer" Zwang, bestimmte Reformen durchzuführen. Dennoch wird der interne Druck, Einsparungen im Sozialbereich vorzunehmen, in der Mehrzahl der Länder innerhalb der Europäischen Union zur Zeit stark durch die im Hinblick auf die Europäische Währungsunion aufgestellten Maastricht-Kriterien verstärkt, die einer (zusätzlichen) Haushaltsverschuldung enge Grenzen setzen. Obwohl im Hinblick auf einen anderen politischen Bereich aufgestellt, haben die Konvergenzkriterien in einigen Ländern bereits zur Verstärkung der finanziellen Zwänge bei der Anpassung der sozialen Sicherungssysteme geführt und setzen die Sozialbudgets zahlreicher Mitgliedsstaaten einem hohen zusätzlichen Druck aus. Die bisherige Entscheidung für eine "schwache" soziale Union wird insofern durch die Entscheidung für eine "tiefgreifende" Wirtschafts- und Währungsunion noch verstärkt, gleichzeitig aber auch - insofern sozial staatliche Reformen der einzelnen EU-Länder heute eben doch häufig durch europapolitische Überlegungen motiviert sind konterkariert. Der Kontext ähnlicher Entwicklungen und vor allem auch gemeinsamer finanzieller Probleme der europäischen Wohlfahrtsstaaten läßt es ratsam erscheinen, im Rahmen der deutschen Diskussion um Finanzierungsprobleme und Finanzierungsalternativen des Sozialstaates das Augenmerk auch auf andere europäische Staaten und deren "Problemlösungsstrategien" zu lenken. Dabei geht es zum einen um eine Verortung der dort vorhandenen Finanzie-

16 Vgl. Europäische KommissioniAmtfor amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (1996), S.32.

36

Diether Döring und Ute Klammer

rungsprobleme, dann aber auch um die Frage, wie man in unseren Nachbarländern damit umgeht. Ziel kann es nicht nur sein, "Kürzungsmöglichkeiten" auszumachen, sondern vielmehr sollen vor allem Umschichtungen und Finanzierungsalternativen - und zwar sowohl solche, die man bereits in Angriff genommen hat, als auch solche, die in der Diskussion sind - erörtert werden. In diesem Sinne vereint das vorliegende Buch drei Länderstudien, die sich mit der Situation in unseren Nachbarländern Frankreich, Italien und den Niederlanden beschäftigen. Die ausgewählten Länder können dabei als unterschiedliche "Eckpfeiler" im Gebäude der europäischen Sozialstaaten begriffen werden. Das System der sozialen Sicherung Frankreichs zählt wie das deutsche System von der Grundkonzeption zum sogenannten "Bismarck-Typ". Eckpfeiler der staatlichen Sozialpolitik sind hier (primär) beitragsfinanzierte Sozialversicherungen, die der kategorialen Absicherung bestimmter Erwerbstätigengruppen, vor allem der abhängig Beschäftigten, dienen und bei Eintreten des Versicherungsfalles beitragsbezogene, lebensstandardsichernde Leistungen bieten sollen. Der Versicherungsgedanke blieb in Frankreich bis heute rur das System der sozialen Sicherung grundlegend, die Vorstellung von einer hohen Beitragsäquivalenz der Leistungen ist stärker ausgeprägt als in vielen anderen europäischen Ländern. Auch das System der sozialen Sicherung Italiens ist dem Bismarck-Typ zuzuordnen. Hier hat es jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb der Sozialversicherungen, vor allem im Bereich der Alterssicherung, einen starken Ausbau der mindestsichernden, nicht beitragsbezogenen und damit umverteilenden Leistungen sowie des Deckungsgrades der Sozialversicherungssysteme gegeben. Im Gesundheitsbereich markiert der Ende der 70er Jahre erfolgte Übergang vom vorher existierenden Kassensystem zum "Nationalen Gesundheitsdienst" (SSN) einen radikalen Wechsel zu einer einheitlichen, einwohnerweiten Sicherung. Die Entwicklung des italienischen Wohlfahrtsstaates nach dem Zweiten Weltkrieg ist insofern typisch, als sich auch in den meisten anderen europäischen Wohlfahrtsstaaten in dieser Phase Tendenzen einer Entwicklung von der ursprünglichen, "reinen" Konzeption hin zu einem "welfare mix" und damit auch zu einer gegenseitigen Annäherung finden lassen. Bemerkenswert war dabei in Italien vor allem der starke Ausbau der Alterssicherungssysteme und der von ihnen gewährten Leistungen, der sich, wie bereits erwähnt, vor allem in den 80er Jahren in einem weit überdurchschnittlichen Anwachsen der Sozialleistungsquote niederschlug. Das System der sozialen Sicherung der Niederlande schließlich folgt seit einem vergleichsweise abrupten Systemwechsel in den 50er Jahren im Grundsatz dem sogenannten "Beveridge-Typ", dem z.B. auch das englische und das irische System folgen. Hierbei beschränkt sich der Staat im wesentlichen auf die Gewährung einer einwohnerweiten, universellen Basissicherung, die im Falle der Niederlande - abweichend vom ursprünglichen Beveridge-Plan 17 - vorwie-

Soziale Sicherung in Europa

37

gend durch einkommensabhängige, steuerartige Sozialbeiträge finanziert wird. Eine eventuelle Lebensstandardsicherung wird in den Beveridge-Systemen gemeinhin den privaten Akteuren überlassen. Im Falle der Niederlande blieben im Alterssicherungsbereich bei der Systemumstellung bestimmte kategoriale Rentenversicherungen als Zusatzsysteme zum univer-sellen System bestehen. Die Beschäftigung mit den Niederlanden ist aus deutscher Perspektive nicht nur deshalb interessant, weil auch in Deutschland im Rahmen der Diskussionen um einen Umbau des Sozialstaates in den letzten Jahren vermehrt staatliche Grundsicherungsmodelle in die Diskussion gekom-men sind, sondern auch, weil immer wieder auf Erfolge der niederländischen Politik bei der Bekämpfung der eigenen sozialstaatlichen (Finanzierungs-) Probleme verwiesen wird. Die Wahl der genannten drei Länder mit ihren national unterschiedlichen Systemkonzeptionen folgt der These, daß nicht nur das jeweilige Spektrum an sozialstaatlichen Leistungen und die hiennit verfolgten Sicherungsziele, sondern auch die Wahl und Verteilung bestimmter Finanzierungsinstrumente (Steuern oder Beiträge, die wiederum einkommensbezogen oder einkommensunabhängig gestaltet sein können) Teil der grundsätzlichen nationalen Systementscheidung sind. So stellt die Entscheidung über die Aufgabenteilung zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren auch eine gewisse Vorentscheidung über die Verteilung der Lasten dar.18 Die Systementscheidungen im allgemeinen, wie die Entscheidungen über die Finanzierung im besonderen sind dabei in starkem Maße normativ geprägt. Einfluß haben hier z.B. spezifische Vorstellungen von "Leistungsgerechtigkeit" und "Verteilungsgerechtigkeit", aus denen unterschiedliche Erwartungen an das Niveau staatlicher Umverteilung resultieren können. In enger Beziehung zu unterschiedlichen Vorstellungen von Verteilungsgerechtigkeit stehen dabei auch Haltungen zu der Frage, inwieweit soziale Leistungen an zuvor für die Gesellschaft bzw. die sozialen Sicherungssysteme erbrachte Leistungen gekoppelt werden sollen ("Tauschgerechtigkeit") bzw. wieweit eher soziale Grundrechte ("Recht auf Existenzsicherung"; "Recht auf gesellschaftliche Teilhabe") den Mitgliedern der Gesellschaft unabhängig von vorherigen Leistungen zuerkannt werden sollten. Aufgrund dieser Verknüpfung von Leistungen und ihrer Finanzierung untersuchen die drei Länderberichte zu Frankreich, Italien und den Niederlanden für

17 Beveridge propagierte einkommensunabhängige Sozialversicherungsbeiträge; vgl.Beveridge (1943). Hier lag allerdings innerhalb des Beveridge-Planes eine konzeptionelle Bruchstelle, da einkommensunabhängige Beiträge im Widerspruch zur Leistungsfllhigkeit der Betroffenen stehen und dies nicht mit dem Beveridge-Ziel einer universellen Mindestsicherung zu vereinbaren ist. 18 Auch, wenn diese durch andere Maßnahmen wiederum verändert werden kann, z.B. in Fonn einer staatlichen Subventionierung von privaten Sicherungsanstrengungen.

38

Diether Döring und Ute Klammer

das jeweilige Land sowohl das Spektrum der Leistungen in den verschiedenen Sicherungsbereichen als auch die Finanzierung dieser Leistungen. Das gemeinsame Referenzjahr für diese institutionellen Analysen ist dabei 1992. Die Übersicht über die Leistungen und ihre Finanzierung erleichtert jeweils eine Synopse im Anschuß an den ersten Teil. Der zweite Teil der Länderanalysen beschäftigt sich dann mit den eigentlichen Finanzierungsproblemen im Bereich der sozialen Sicherung und versucht diese zu verorten. Im Zentrum der Untersuchung stehen hier die im Land in bezug auf die Finanzierungsprobleme geführten Diskussionen, ältere und aktuelle Vorschläge zur Umgestaltung von Leistungen und ihrer Finanzierung sowie - gegebenenfalls - jüngere Reformprojekte, die im I;linblick auf den Umbaubedarf in den jeweiligen Systemen bereits in Angriff genommen wurden. Ein kurzes Abschlußkapitel resümiert im Anschluß an die drei Länderstudien die wichtigsten Ergebnisse. Hier ist zum einen die Frage interessant, inwieweit jeweils im Kampf gegen die Finanzierungsprobleme "landestypische" Lösungsansätze deutlich werden bzw. inwiefern erkennbare Differenzen möglicherweise auch im Zusammenhang mit der Gesamtkonzeption der Systeme stehen. Schließlich ist danach zu fragen, wieweit aus den Erfahrungen dieser Länder Schlüsse im Hinblick auf die deutschen Probleme und die in Deutschland in bezug auf die Finanzierung des sozialen Sicherungssystems geführten Diskussionen gezogen werden können. Literatur Beveridge, W. H. (1943): Der Beveridge-Plan, Zürich, New York. Europäische Kommission/Amt for amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.) (1996): Soziale Sicherheit in Europa, BrUssel, Luxemburg. Eurostat (Hrsg.) (1993): Ausgaben und Einnahmen des Sozialschutzes 1980 - 1991, Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg. (1994): Statistische Grundzahlen der Gemeinschaft, Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg. (1996): Statistische Grundzahlen der Gemeinschaft, Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg. Schmähl, Winfried (1981): Sozialausgaben, in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaften, Bd. 6, S. 562 - 603.

Das französische Sozialleistungssystem Leistungen, Finanzierungsprobleme und Lösungsansätze Doris Wischeropp 1. Das System der sozialen Sicherung in Frankreich -

Beschreibung der Leistungen und ihrer Finanzierung Gegenstand des einleitenden Abschnittes ist es, eine Kurzcharakteristik des französischen Sozialleistungssystems sowie einen groben Überblick über seine Organisation zu geben. Aus den in den 80er und Anfang der 90er Jahre durchgeruhrten Gesetzesänderungen werden einzelne Finanzierungsmaßnahmen herausgegriffen, die in diesem Zeitraum, der zugleich den Untersuchungszeitraum dieses Berichtes darstellt, zur Verbesserung der fmanziellen Situation des französischen Sozialleistungssystems beitragen sollten, um den Leser rur die im Hinblick auf Finanzierungsprobleme in unserem Nachbarland Frankreich durchgefUhrten Lösungsversuche zu sensibilisieren. Die folgende Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben rur Sozialleistungen zeichnet deren Entwicklung zwischen 1980 und 1992 nach. Die Darstellung der Entwicklung der nach Funktionen differenzierten Sozialleistungsquoten macht auf das unterschiedliche gesamtwirtschaftliche Gewicht der einzelnen Tatbestände aufmerksam und leitet zu der sich daran anschließenden Beschreibung der Leistungs -und Finanzierungsgestaltung der Teilsysteme des französischen Sozialleistungssystems über. 1.1 Überblick über Aufbau und Finanzierung des Gesamtsystems der sozialen Sicherung in Frankreich

Die soziale Sicherung in Frankreich basiert im wesentlichen auf der Sicherungsform der Sozialversicherung. Sie ist in verschiedene Teilsysteme differenziert, wobei rund 80 vH aller Versicherten in dem allgemeinen System (regime general), die übrigen Versicherten in einem der diversen Sondersysteme (regime speciaux) rur Beamte, Bergleute, Staatsbedienstete, abhängig beschäftigte und selbständige Landwirte, Handwerker, Freiberufler u. a. m. pflichtversichert bzw. freiwillig versichert sind. 1

40

Doris Wischeropp

Das allgemeine System sichert gegen die sozialen Tatbestände Krankheit, Familienlasten, Alter, Tod, Invalidität, Unfall, Arbeitslosigkeit und seit 1989 auch explizit gegen den sozialen Tatbestand der Armut durch das sogenannte Eingliederungsmindesteinkommen (Revenu Minimum d'Insertion (RMl) ab. 2 Dabei obliegen dem Ministerium rur soziale Angelegenheiten und Integration beinahe alle sozialen Tatbestände, mit Ausnahme der Arbeitslosigkeit, diese Versicherung untersteht dem Ministerium rur Arbeit, Beschäftigung und Berufsausbildung, und der Mindestsicherung, die von der Interministerielle Delegation im Bereich DIRMI3 (Delegation Interministerielle de Revenue Minimum d'Insertion) verwaltet wird. Die Zuständigkeit rur die verschiedenen Aufgaben ist stark hierarchisch gegliedert: Die Ministerien fungieren jeweils als oberste Aufsichtsbehörde. Verschiedene Kassen auf nationaler, regionaler, Bezirks- und lokaler Ebene sind im wesentlichen rur das Einziehen der Sozialversicherungsbeiträge und Verwaltungsangelegenheiten verantwortlich. Die Nationalkassen haben übergeordnete Planungsfunktionen und gegenüber den Kassen aufregionaler und Bezirksebene bestimmte Weisungsbefugnisse. Das Sozialversicherungssystem in Frankreich ist v. a. durch folgende Merkmale charakterisiert: 4 Die Existenz diverser berufsgruppenspezifischer Sondersysteme. Das umfangreiche Familienleistungssystem, das nach den verschiedenen Familienphasen differenziert ist. 5 Das Eingliederungsmindesteinkommen. Im Zusammenhang mit der Gewährleistung eines bestimmten Mindesteinkommens werden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen getätigt, um eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Die große Bedeutung von Ergänzungssystemen in der Alters- und Krankenversicherung. In der Altersversicherung bestehen seit 1972 obligatorische Zusatzversorgungssysteme. 6 In der Krankenversicherung gibt es z. B.

SieheA/brecht (1995), S. 183. 2

V g1.lg/ / Kaufinann (1991), S. 231 ff.

3 Diese Delegation setzt sich aus Abgesandten des Ministeriums fiir soziale Angelegenheiten und Integration und aus Abgesandten des Ministeriums fiir Arbeit, Beschäftigung und Berufsausbildung zusammen. VgI. Europäische Kommission (1992), S. 31. 4

Siehe Jg/ (1992), S. 234 f.

5

Siehe Abschnitt 1.4.

6 Die verschiedenen Zusatzversorgungskassen sind dabei rür leitende Angestellte in dem Dachverband AGIRC (Association Generale des Institutions de Retraite des Cadres, allgemeiner Dachverband der Versorgungskassen der leitenden Angestellten), rür die anderen Arbeitnehmer im Dachverband ARRCO (Association des Regimes de Retraite Complementaires, Versorgungswerk der allgemeinen betrieblichen Altersversorgung) zusammengeschlossen.

Das französische Sozialleistungssystem

41

in einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (mutualite) 7 eine freiwillige Privatversicherung gegen die Selbstbeteiligung. Die überwiegende Finanzierung der Sozialversicherungsleistungen über Beiträge. Die Existenz verschiedener, über Beiträge finanzierter Fonds der Sozialversicherungskassen für soziale und medizinische Maßnahmen, über die einzelne Programme neben den obligatorischen Leistungen realisiert werden können, wie z. B. Haushaltshilfeprogramme für alte Menschen. 8 Das Recht der sozialen Sicherheit ist in Frankreich 1956 in seinen Grundzügen im Sozialgesetzbuch (Code de la Securite Sociale) systematisch zusammengestellt und 1985 neu kodifiziert worden. 9 Das formelle Gesetz regelt nur die grundlegenden Prinzipien der sozialen Sicherheit, für die Verordnungsgebung bleibt entsprechend viel Gestaltungsspielraum. So sind beispielsweise auch die obligatorische Alterszusatzversicherung und die Arbeitslosenversicherung inhaltlich durch Kollektivverträge ausgestaltet. Für bestimmte Personengruppen enthält das Sozialgesetzbuch nur die grundlegenden Regelungen für einzelne soziale Tatbestände, so beispielsweise für Studenten, Beamte, Militärpersonen oder Künstler. 10 In diesen Fällen sind die Betroffenen generell über weitere Systeme abgesichert, deren Verordnungen in spezifischen Gesetzbüchern, wie z. B. für die Pensions leistungen an Beamte und Militärpersonen im Code des Pensions Civiles et Militaires de Retraite festgeschrieben sind. Die generell jedermann berücksichtigenden Maßnahmen im Bereich der Sozialhilfe sind zusammen mit den Verordnungen für die Schutzmaßnahmen für Familien im Code de la Familie et de l'Aide Sociale gesetzlich verankert. 7 Die Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit sind private Krankenversicherungen, die komplementär zur allgemeinen Krankenversicherung Versicherte gegen den sozialen Tatbestand Krankheit absichern. Zu ihrem Aufbau und ihren Funktionen vgl. z. B.Kessler (1989), S. 59 f1 Die große Bedeutung der Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit liegt darüber hinaus v. a. auch in ihrer Möglichkeit, selbst eigene Kliniken, Apotheken oder Ärztezentren aufbauen zu können. Vgl. Kessler (1989), S. 52. Manchen Versicherten ist allerdings die Erstattung der Selbstbeteiligungssätze durch einen Hilfsverein auf Gegenseitigkeit versagt. Dies sind die sogenannten risikoreichen Personengruppen, wie ältere Menschen, Personen, die häufig erkranken oder Schwerkranke. Derartige Personengruppen werden von den Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit nicht versichert. Vgl. auch Kessler (1989), S. 61.

8 VgI.Igl(l992),S.235. 9 Inhalt dieser Neukodifikation war eine Neustrukturierung i. S. formaler Änderungen hinsichtlich der "verfassungsmäßig gebotenen Unterscheidung von Gesetzes- und Verordnungsmaterien" (Igl / Kaufmann (1991), S. 236); die jeweiligen Rechtstexte wurden den verschiedenen Regelungsbereichen zugeordnet. Die Kodifikationen sind im Sozialgesetzbuch durch das Voranstellen bestimmter Kürzel rur Gesetze (L. rur Loi) und einfache Verordnungen (R. rur Reglement) bzw. Verordnungen unter Mitwirkung des obersten VerwaItungsgerichtes (Conseil d'Etat) (D. fUr Decret) vor die Artikelnummer der jeweiligen Bestimmung gekennzeichnet. 10 Siehe Igl / Kaufmann (1991), S. 235.

42

Doris Wischeropp

Während des Untersuchungszeitraumes dieses Berichtes (1980 - 1992) wurden zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, um die Einnahmen in den Sozialversicherungen zu erhöhen bzw. die Ausgaben zu reduzieren. I I Beispiele hierfür sind für die Einnahmenseite die zusätzliche Erhebung eines Beitragssatzes in Höhe von 1,6 vH des die Beitragsbemessungsgrenze übersteigenden Bruttoeinkommens von den Arbeitgebern für die allgemeine Altersversicherung, die Anhebung der Beitragssätze für das Krankenversicherungssystem, die Einführung einer allgemeinen Sozialabgabe (Contribution Sociale Generalisee (CSG)) 1991, die tendenzielle Erhöhung der vom Staat für Sozialausgaben bereitgestellten Mittel sowie eine tendenzielle Einnahmenverlagerung von Arbeitgeberbeiträgen hin zu einem allgemeinen Steueraufkommen. Auf der Ausgabenseite wurde beispielsweise hinsichtlich der Altersversicherung eine obere Beitragsbemessungsgrenze für das Gesamteinkommen aus verschiedenen Rentenarten festgelegt. In dem Bestreben, die steigenden Kosten der Gesundheitsfürsorge zu begrenzen, wurden im Bereich der Krankenversicherung verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Ausgaben zu reduzieren, ohne dabei notwendigerweise die Qualität der Versorgungsleistungen zu beeinträchtigen. Allerdings haben diese Maßnahmen nicht selten Leistungsbeschränkungen zur Folge. Die Bilanz der sozialen Sicherung l2 zeigt in der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben für Sozialleistungen in Frankreich, daß die Summe der Einnahmen die Summe der Ausgaben in den letzten zwölf Jahren mit Ausnahme der Jahre 1986 und 1992 um 4,1 (1982) bis 34,0 Mrd. französische Franken (FF) (1989) überstieg. 13 Für die Jahre 1986 und 1992 weist die Bilanz ein Defizit in Höhe von 5,1 bzw. 22,1 Mrd. FF auf, wobei letzteres im wesenlichen auf das laufende Defizit in den Sozialversicherungszweigen Alter und Arbeitslosigkeit des allgemeinen Systems zurückzuführen ist. 14 Sowohl die Ausgaben als auch die Einnahmen sind im Zeitraum 1981 - 1992 um rd. 250 vH angewachsen. Die Ausgaben sind im gleichen Zeitraum von 936,0 auf 2.366,4 Mrd. FF angestiegen, die Einnahmen von 943,6 auf 2.344,3 Mrd FF. Die Sozialleistungen bilden bei den Ausgaben durchweg den größten Posten mit durchschnittlich 86,4 vH der Gesamtausgaben und sind seit 1985 jährlich um durchschnittlich 6,1 vH angestiegen. Hinter diesen Globalinformationen verbergen sich allerdings ganz unterschiedliche Entwicklungen, wie die Darstellung der Sozialausgaben für einzelne Tatbestände in den nachfolgenden Abschnitten zeigen wird.1 5 So sind z. B. die Sozialausgaben für die Tatbe11 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (1994). 12 Siehe Tabelle l.l dieses Abschnitts. 13 Dies sind 1,2 bis 10,1 Mrd. DM nach dem offiziellen Umrechnungskurs am 01.07.1992: 1 ECU = 6,8935 FFR; 1 ECU = 2,04832 DM. Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 9. 14 Vgl. Ministere des Affaires Socia/es, de /a Sante et de /a Ville (1993), S. 5. 15 Vgl. die Abschnitte 1.2.2, 1.3.2, 1.4.2, 1.5.2 und 1.6.2.

Das französische Sozialleistungssystem

43

stände Krankheit und Arbeitslosigkeit, gemessen an der Summe der Ausgaben, kontinuierlich angestiegen, während sich die Sozialausgaben für Familienleistungen verringert haben. 16 Auf der Seite der Einnahmen bilden die Beiträge den mit Abstand größten Posten. Zwischen 1981 und 1992 betrug ihr Anteil an der Summe der Einnahmen durchschnittlich 69,5 vH17 Die jährliche Wachstumsrate dieser Einnahmeart sank von 17,4 vH auf 5,9 vH im Jahre 1986, erreichte bis 1989 wieder 8,1 vH und reduzierte sich bis 1992 auf 4,2 vH. Mit dem Vomhundertsatz von 4,2 liegt die Wachstumsrate des Beitragsaufkommens 1992 deutlich unter dem Durchschnitt der jährlichen Wachstumsrate von 6,6 vH zwischen 1985 und 1990, was auf die Einfiihrung der allgemeinen Sozialabgabe CSG im Jahre 1991 zurückzufiihren ist. 18 Die jährlichen Wachstumsraten der Einnahmen aus Steuern und sonstigen Abgaben zeigen wie auch die jährlichen Wachstumsraten der Einnahmen aus Zuweisungen aus öffentlichen Mitteln über den gesamten Zeitraum der letzten acht Jahre ein schwankendes Bild. Grundsätzlich stiegen die Einnahmen aus diesen beiden Einnahmearten aber im Zeitraum von 43,9 auf 95,4 Mrd. FF (Steuern und sonstige Abgaben) bzw. von 227,0 auf 276,0 Mrd. FF (Zuweisungen aus öffentlichen Mitteln). 19 Die Spannweite des Anteils der Wachstumsraten dieser Einnahmearten an den Gesamteinnahmen ist (v. a. im Vergleich zu dem Anteil der Beiträge an den Gesamteinnahmen) gering: Für die Steuern und sonstigen Abgaben liegt die Spannweite bei 2,0 Prozentpunkten, fiir die Zuweisungen der öffentlichen Hand bei 3,8 Prozentpunkten. Trotz des relativ geringen Anteils dieser Einnahmearten an den Gesamteinnahmen über den gesamten Untersuchungszeitraum zeigt die Tabelle 1.2 einen deutlichen Anstieg der beiden Einnahmearten, insbesondere bis Mitte der 80er Jahre. Diese Entwicklung ist im engen Zusammenhang mit der zur Bewältigung der Finanzierungsprobleme in der sozialen Sicherung gefiihrten Diskussion, v. a. im Hinblick auf die Möglichkeit einer Trennung zwischen der reinen, einzig über Beiträge fmanzierten Versicherungsfunktion und der über Steuern und sonstige Abgaben fmanzierten Solidaritäts funktion der sozialen Sicherung in Frankreich, zu sehen. 20 16 Vgl. Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), S. 4 f. bzw. die Tabellen 1.3, und 1.7 dieses Berichtes. 17 Vgl. Tabelle 1.1.

18 Vgl. Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), S. 4. 19 Unterbrochen ist diese Entwicklung filr Einnahmen aus Steuern und sonstigen Abgaben

allerdings auch durch negative Wachstumsraten in Höhe von -1,6 vH 1986 und -3,1 vH 1989 und filr Zuweisungen aus öffentlichen Mitteln in Höhe von -2,7 (1986) bzw. -2,2 vH (1990). 20 Vgl. dazu z. B. Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), S. 17 sowie die Ausfilhrungen zu den Finanzierungsdiskussionen in Frankreich im dritten Teil dieses Berichtes.

87,5

in vH Gesamtausgaben

79,3

79,3

49,8

in vH L Sozialleistungen

in Mrd.FF Veränderung in vHa )

in vH L Sozialleistungen

inMrd. FF Veränderung in vHa )

setzliche

Leistungen

soziale

..!!: vH L Sozialleistungen

2,6

Veränderung in vHa )

_

21,2

in Mrd.FF

Steuerennä-

ßigungen

30,0 3,0

2,7

33,3

12,1

24,2

26,4

12,1

12,4

20,5

12,1

134,2

119,4

99,1

5,8

11.2

5,9

16,1

64,3

6,1

in vH L Sozialleistungen

Dienstleistungen

außerge-

57,8

12,1 79,0

873,2

Leistungen

gesetzliche

19,7

87,5

12,4

1.105,0

779,2

651,1

87,7

19,7

inMrd. FF Veränderung in vHa )

982,8

100

100

in vH Gesamtausgaben

821,2

12,4

20,0 100

1.262,7

1.122,9

1983

936,0

1982

inMrd. FF Veränderung in vHa )

1981

in Mrd. FF Veränderung in vHa )

davon

stungen

Soziallei-

Ausgaben insgesamt

Einnahmen

Ausgaben I

42,6

39,5 3,2

3,2

7,9

11,7

12,5

18,6

1,2

155,3

6,1

14,4

153,5

5,7

15,9

80,9

69,8 8,4

79,0

8,7

1.046,6

78,6

10,2

962,5

86,6

8,2

10,9 87,3

100 1.325,3

100

9,0

1.530,2

1985

1.225,3

11,2

1.404,3

1984

100

3,3

9,3

46,5

11,5

4,9

162,9

6,2

9,2

88,4

79,0

6,9

1.119,2

86,3

6,9

3,5

9,5

51,0

11,5

4,2

169,8

6,4

6,9

94,4

78,6

3,7

1.160,2

86,0

4.1

1.475,4

100 1.416,9

4,5

1.715,4

1987

7,3

1.641,9

1986

4,1 3,3

3,3

54,4

12,0

3,3

6,3

57,8

12,0

5,6

211,4

200,1

IJ,J

6,3

6,5

2,7

112.2

109,2 5,3

78,5

6,4

78,2

5,4

1.390,8

85,3

85,9 1.306,8

6,1

6,0

100 1.772,2

100

6,8

2.078,0

1990

1.670,4

6,2

1.945,0

1989

2,5

52,2

11,4

6,1

180,1

6,6

9,8

103,7

78,7

6,8

1.239,4

86,0

6,8

1.575,4

100

6,7

1.831,0

1988

3,2

3,2

6,7

64,9

60,8 5,3

11,9

7,6

239,7

-

84,8

1-1,8

1.703,3e )

85,7

6,4

2.007,9

100

6,9

2.366,4

1992

11,8

5,4

222,7

6,4

6,9

120,0

78,6

6,7

1.484,3

85,3

6,5

1.887,8

100

6,5

2.214,1

1991

Übersicht über das Gesamtsystem der sozialen Sicherung: Leistungen und Finanzierung im Zeitraum (1981 - 1992)

Tabelle 1.1

Index 1992

305

242

241f)

262

245

253

(l981~100)

t:I

"0 "0

(')

~ =a'"

v;'

g

t

Ausgaben /

1.294,0

1-1,8

1.127,1

19,-1 100

in vH Gesamteinnahmen

100

943,6 100

0,3

20,-1

inMrd. FF Veränderung in vH a)

0,2

12,2

Einnahmen insgesamt

0,3

3,2

Veränderung in vH a)

2,7

2,4

0,5

1.J,3

100

10,7

1.432,9

0,2

5,9

3,4

0,5

16,8

6,8

5,8

in vH Gesamtausgaben

0,5

0,5

1,1

5,1

Überseede-

in Mrd. FF

in vH Gesamtausgaben

Veränderung in vH a)

5,1

0,1

-17,-1

1,9

8,0

17,3

112,0

3,9

-,8

54,9

1984

0,2

11-1,8

partements c)

Saldo frz.

ben

Andere Ausga- inMrd. FF

0,0

in vH Gesamtausgaben

0,01

750

Veränderung in vH a)

rungskosten

2,3

1,1

0,1

in Mrd. FF

Finanzie-

7,6

7,6

7,4

in vH Gesamtausgaben

95,5

11,3

85,7

2-1,0

69,2

Veränderung in v Ha)

inMrd. FF

4,0

4,1

4,1

in v H Gesam tausgaben

Transfersb)

12,0

19,-1

Veränderung in vH a)

50,9

1983

in Mrd. FF

45,5

1982

Verwaltungs-

38,1

1981

kosten

Einnahmen

100

9,0

1.562,0

0,2

12,5

3,8

0,5

-1,3

7,1

0,2

21,6

2,3

8,7

18,8

133,0

3,8

6.8

58,6

1985

100

-1,8

1.636,8

0,2

--1,7

3,6

0,5

5,0

7,5

0,1

-3,5

2,2

9,2

13,0

150,4

3,7

-1.5

61,2

1986

100

1.738,5 6,2

0,2

7,1

3,9

0,4

-6,-1

7,0

0,1

1,2

2,3

9,6

9,1

164,1

3,7

2.5

62,8

1987

100

1.854,8 67

0,2

1,3

3,9

0,4

-3,3

6,8

0,1

-9,-1

2,0

9,7

8,1

177,3

3,6

-1,5

65,6

1988

100

1.979,0 6-

0,2

1,-1

4,0

0,3

-10,5

6,1

0,1

-2,3

2,0

10,0

9,6

194,4

3,5

3,9

68,2

1989

100

6,3

2.104,0

0,2

27

4,1

0,3

-5,6

5,7

0,08

-16,3

1,7

10,7

I.J,I

221,9

3,5

6,2

72,4

1990

100

5,9

2.227,2

0,3

6-1,6

6,8

0,5

8 7 ,3

10,7

0,09

2-1,9

2,1

10,5

-1,9

232,8

3,3

2, I

73,9

1991

Index 1992

248

338

249

5100

364

211

(1981~100)

(Fortsetzung)

100

5,3

2.344,3

0,3

19,1

8,1

0,5

111, -

12,7

0,2

1.J2.9

5,1

10,8

8,3

252,2

3,4

8,11

80,4

1992

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1,0 31 ,3 653,§

1,0 4,1

-45,3

7,6 L-

-9,6

12,6

34,3

11,8

13,1

11,6

8,6

0,9

1,6

1,5

1,5

1,8

-8,6

28,6

0,8

14,2

12,6

23,1 ~~

-5,1

11,! _ol).§.l!..

31,8

0,8

12,6

1,2

1,5 - 7,4

-J.l,3

20,9

1987

-6,2

24,4

1986

0,8

0,9

15,5

13,6

1,7

12,2

26,0

1985

34,0

_~L. 42,8

23,8

0,8

-10,1

21, 7

0,9

15,6

17,3

1,1

-23,4

26,0

1,0

29,5

20,2

1,0

-3,4

2,7

1,1

20,7

21,4

1990

-0,4

1989

20,8

1988

-~5

13,1

1,0

14,6

23,1

1,0

4,3

21,6

1991

_ -268,7

-22,1

-1,0

-1, i

22,7

0,9

-1,9

21,2

1992

-291

264

126

Index 1992 (1981=100)

Quellen: Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993,1997), annexe und eigene Berechnungen.

a) Jeweils gegenüber dem Vorjahr. - b) Unter dieser Einnahme- bzw. Ausgabeart zusammengefaßt sind sämtliche geleistete und empfangene Übertragungen aller Sozialversicherungssysteme (das allgemeine System und alle Sondersysteme) inkl. der Träger rur FUrsorgeleistungen. Nicht berücksichtigt sind Leistungen der Arbeitgebersysteme und der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. - c) Solde DOM: Departement d'Outre Mer. - d) Hierbei handelt es sich um Zuweisungen des Zentral staates oder lokaler Gebietskörperschaften. - e) Für 1992 beinhaltet der Wert die gesetzlichen und außergesetzlichen Leistungen. - f) Index 1991 (1981 = 100).

in Mrd. FF Veränderung in vHa)

Saldo

Anmerkungen:

in Mrd. FF Veränderung in vH a) in vH Gesamteinnahmen

Andere Einnahmen

in vH Gesamteinnahmen

19,6

23,2

19,4

1984

11,9

1983

3,1

1982

17,3

16,8

Kapitaleinkommen

in Mrd. FF Veränderung in vHa)

1981

Ausgaben / Einnahmen

8l

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48

Doris Wischeropp

Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Sozialausgaben kommt in Tabelle 1.2 in der Sozialleistungsquote21 zum Ausdruck. Tabelle 1.2

Entwicklung der Sozialleistungsquote (1980 -1992) Jahr

BIP

Sozial ausgaben

in Mrd.

in Mio.

FF

FF

Sozialleistungsquote Sozialausgaben in vH BIP

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozentpunkten

1980

2.808,3

711.953

25,4

-

1981

3.164,8

845.009

26,7

1,3

1982

3.626,0

1.010.745

27,9

1,2

1983

4.006,5

1.134.305

28,3

0,4

1984

4.361,9

1.255.071

28,8

0,5

1985

4.700,1

1.354.562

28,8

0,0

1986

5.069,3

1.446.023

28,5

-0,3

1987

5.320,8

1.502.030

28,2

-0,3

1988

5.692,7

1.602.903

28,2

0,0

1989

6.113,1

1.708.982

28,0

-0,2

1990

6.509,5

1.799.982

27,7

-0,3

1991

6.763,9

1.920.306

28,4

0,7

1992

6.998,9

2.043.740

29,2

0,8

2: 3,8 Quelle: European Communities-Commission (1991), Tabellen I, 6a, 12, BI, c.1.1, D und eigene Berechnungen.

21 Die Sozialleistungsquote beschreibt das Verhältnis der Sozial ausgaben zum Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen (im folgenden verkürzt als BIP gekennzeichnet). Die hier verwendeten Daten fur Sozialausgaben umfassen die Sozialleistungen (Bar- und Sachleistungen), die Verwaltungskosten (Arbeitsentgelt der Lohn- und Gehaltsempfilnger, Verbrauch von Waren- und Dienstleistungen, Produktionssteuern) und die sonstigen laufenden Ausgaben (sonstige Steuern außer Produktionssteuern, gezahlte Zinsen und Transaktionen mit dem Sektor "Übrige Welt"). Nicht berücksichtigt sind Übertragungen innerhalb eines Sicherungssystems. Unter anderem durch diese Definition von Sozialausgaben bedingt sind die im Unterschied zu Tabelle 1.2 in anderer Höhe ausgewiesenen Sozialausgaben in Tabelle 1.1.

49

Das französische Sozialleistungssystem

Das Gewicht des sozialen Sektors, gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, hat im Untersuchungszeitraum um 3,8 Prozentpunkte zugenommen. Bis 1984 zeigt sich ein Zuwachs der Sozialausgaben am BIP, der sich allerdings von Jahr zu Jahr abschwächt und mit einem Anteil von 28,8 vH am BIP 1985 gegenüber dem Vorjahr konstant bleibt. Seitdem ist bis 1990 trotz einer kontinuierlichen Zunahme der Sozialausgaben ein beinahe stetiger Rückgang ihres prozentualen Anteils am BIP (mit Ausnahme des Jahres 1988, da ist dieser gegenüber 1987 konstant) zu verzeichnen. Anfang der 90er Jahre nimmt der Anteil der Sozialausgaben am BIP wieder zu. 22 Die Differenzierung der Sozialleistungsquote nach den verschiedenen sozialen Tatbeständen hinsichtlich ihrer Entwicklung in dem untersuchten Zeitraum erfolgt im einzelnen in den entsprechenden Abschnitten. Vorab sei nur auf das unterschiedliche Gewicht der einzelnen sozialen Tatbestände, das diese rur die Gesamtwirtschaft haben, anhand der Abbildung 1.1 hingewiesen. Entwicklung der Sozialleistungen nach Funktionen (1980 - 1992) 12

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1980

_ ._ .. _. _.. __ .. _.. _.. _. _. ____ ._ .. _. _.. _ ._ .. _ ._. __ ._.,_ ._

1982

1984

1986

1988

1990

_Alter _.. _... Gesundheit _.~_. Familie ......... Invalidität ____ . Hinterbliebene

_

Beschäftigung

1992

Jahr

Quelle: Tabelle A.I des vorliegenden Berichtes.

Abbildung 1.1

Abbildung 1.1 gibt einen Überblick über den prozentualen Anteil der Sozialausgaben rur einzelne Funktionen an den gesamten Sozialleistungen.

22 Die gleiche Entwicklung ist z. B. auchMinislere des Affaires Sociales. de la Sante el de la Ville (1993), S. 8 ff. - mit allerdings etwas abweichenden Zahlenangaben - zu entnehmen. 4 Döring u.'.

50

Doris Wischeropp

Entwicklung der Sozialleistungsquoten nach Funktionen (1980 - 1992)

-o-A1ter •..•.. Gesundheit " 0 · Familie ........ Invalidität •••• Hinterbliebene Beschäftigung

Jahr

Quelle:

Tabelle A.l des vorliegenden Berichtes.

Abbildung 1.2

Die dargestellten Zeitreihen in den Abbildungen 1.1 und 1.2 zeigen, wie wesentlich es ist, sich mit den sozialen Tatbeständen im einzelnen zu beschäftigen. Denn hinter den Globalinformationen einer über die 80er Jahre gewachsenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und gestiegenen Sozialausgaben zeigen sich bei näherer Untersuchung ganz unterschiedliche Entwicklungen der Sozialausgaben rur einzelne Funktionen a) im Verhältnis zu der Summe der Sozialausgaben und b) in der Gewichtung gegenüber der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Leistungen Alter, Gesundheit und Beschäftigung sind, gemessen am BIP, im Untersuchungszeitraum angestiegen; die prozentualen Anteile der Leistungen rur Hinterbliebene und Invalidität am BIP haben sich nicht merklich verändert, das gesamtwirtschaftliche Gewicht der Funktion Familie ist gesunken. Aufgabe der folgenden Abschnitte ist es, in einem ersten Schritt die Leistungs- und Finanzierungsausgestaltung der Sozialversicherung, gegliedert nach den sozialen Tatbeständen, auf der Basis des Rechtsstandes zum 01.01.1992 im Überblick darzustellen. Auf gesetzliche Neuerungen zwischen 1992 und dem Zeitpunkt der Fertigstellung des vorliegenden Berichtes wird dabei in Fußnoten verwiesen. Bei den statistischen Angaben ist zu beachten, daß sich die Daten für die Summe der Sozialleistungen und die Summe der Beitragseinnahmen auf das Gesamtsystem der einzelnen sozialen Sicherungssysteme beziehen. Die Analyse des Finanzaufwands und der Mittelaufbringung beschränkt sich dagegen, sofern nichts anderes angegeben ist, auf die einzelnen allgemeinen Sicherungssysteme. 23

Das französische Sozialleistungssystem

51

Die Leistungs- und Finanzierungsausgestaltung der sozialen Sicherungssysterne wird in einer Synopse, die den Rechtsstand zum 01.01.1992 kursorisch abbildet, zusammengefaßt. In einem zweiten Schritt werden die Finanzierungsprobleme der Sicherungssysterne, die filr den Untersuchungszeitraum 1980 - 1992 bei der Lageanalyse sichtbar wurden, benannt und auf ihre möglichen Ursachen im Zusammenhang mit der über diesen Zeitraum in Frankreich geführten Reformdiskussion hingewiesen. In einem dritten Schritt werden die daraus resultierenden Reformen der sozialen Sicherung benannt. Abschließend wird ein Abriß über den unter der Regierung "Juppe" vorgesehenen Reformplan zur Sanierung der Sozial- und Krankenversicherung und die sich daraus abzeichnenden Umsetzungen ergeben. 1.2 Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosenversicherung wird durch Übereinkommen der Sozialpartner (Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter) ausgestaltet und funktionell durch zwei Einrichtungen betrieben, die beide paritätisch mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretem besetzt sind: die Union Nationale pour I'Emploi dans I'Industrie et le Commerce (UNEDlC, Gesamtverband für die Beschäftigung in Industrie und Handel) und die Association pour I'Emploi dans I'Industrie et le Commerce (ASSEDlC, Verband für die Beschäftigung in Industrie und Handel). Die UNEDIC sorgt für den Finanzausgleich und die allgemeine Funktionsfähigkeit des Systems. Zudem ist sie für Maßnahmen zur Wiedereingliederung von Arbeitslosen in das Berufsleben sowie für deren Ausbildung und Umschulung verantwortlich und gegenüber der ASSEDIC weisungsbefugt.24 Die ASSEDIC führt die Versichertenkonten und ist für den Beitragseinzug sowie die Leistungsgewährung zuständig. Daneben ist sie im Rahmen der Wiedereingliederungs-, Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen fOrdernd tätig. Neben den zwei Trägem der Arbeitslosenversicherung gibt es in Frankreich gesondert eine Organisation, die v. a. für die Arbeitsvermittlung zuständig ist: die Agence Nationale pour I'Emploi (ANPE, Nationale Beschäftigungsbehörde). Ihr Aufgabenbereich beinhaltet die Akquisition vorhandener, offener Stellen, die Stellenvermittlung und Beratungsdienste hinsichtlich der Arbeitsmarktsi-

23 Eine Ausnahme hiervon bildet z. B. die Darstellung der Sozial ausgaben und -einnahmen in Abschnitt 1.5.2, Tabelle l.7. Neben dem Finanzaufwand und der Mittelautbringung filr Grundsicherungsleistungen ist auch der Finanzaufwand und die Mittelautbringung filr ergänzende Sicherungsleistungen abgebildet worden. 24 Zu den Aufgaben der UNEDle vgl. auch Ohler(1993), S. 150 f. 4·

52

Doris Wischeropp

tuation sowie beruflicher Orientierungshilfen. Zudem überprüft die ANPE die Erfiillung der Leistungsvoraussetzungen. 25 Die ANPE ist drittelparitätisch besetzt, d. h., neben den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretem üben Vertreter des Staates ein Mitspracherecht bzgl. der Arbeitsvermittlung aus. Bei den beim Vorliegen des sozialen Tatbestandes Arbeitslosigkeit in Frankreich gewährten Sozialleistungen wird zwischen Leistungen unterschieden, die an eine einkommensabhängige Erwerbstätigkeit anknüpfen und Leistungen, die unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne diese Kausalität gezahlt werden. 26 Im ersten Fall wird über die Arbeitslosenversicherung ein Arbeitslosengeld, im zweiten Fall eine Unterstützungs leistung als Solidaritätsleistung aus Mitteln der öffentlichen Hand gewährt.

1.2.1 Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad 1.2.1.1 Das Arbeitslosengeld Leistungsberechtigt sind alle Arbeitnehmer, die die im folgenden aufgefiihrten Bedingungen bei Vorliegen von Arbeitslosigkeit erfiillen. Um Arbeitslosengeld zu erhalten, muß der Versicherte eine Versicherungszeit von mindestens drei Monaten innerhalb des letzten Jahres aufweisen und jünger als 60 Jahre alt sein. Der Arbeitslose darf die letzte Erwerbstätigkeit nicht freiwillig, ohne gesetzlich anerkannten Grund, aufgegeben haben, er darf nicht Saisonarbeiter sein und muß sich als Arbeitssuchender und arbeitsfähig gemeldet haben. Die Dauer der Leistung ist abhängig von den Versicherungsjahren und dem Alter des Arbeitslosen. Die Mindestdauer der Leistungsgewährung beträgt drei Monate, die Höchstdauer fiinf Jahre. 27 Weist der Arbeitslose bei Eintritt des Versicherungsfalles noch keine 37,5 Jahre Versicherungszeit auf,28 wird das Arbeitslosengeld solange weitergezahlt, bis diese 37,5 Versicherungsjahre erreicht sind oder der Arbeitslose das 65. Lebensjahr vollendet hat. Im Rahmen der Leistungsgewährung tritt eine Ausfallzeit in Kraft, während der Arbeitslose keine Leistungen erhält, wenn der Arbeitslose im Anschluß an die Kündigung Leistungen fiir noch nicht abgegoltenen bezahlten Urlaub bezogen hat. 29 Das Arbeitslosengeld wird auf Basis des beitragspflichtigen Entgeltes des letzten Jahres berechnet. Die Lohngrenze liegt dabei bei 75 vH des vorherigen Tageslohnes bzw. beim Vierfachen der unteren Beitragsbemessungsgrenze. 25 26 27 28

Vgl. z. B. Kaufmann (1994), S. 165 oder auch Ohler (1993), S. 154 ff. Vgl. Kaufmann (1994), S. 164 oder Ohler (1993), S. 142 ff. Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 192.

37,5 Jahre sind die notwendige Versicherungszeit fiir den Bezug einer vollen Rentenhöhe. Siehe dazu z. B. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, insbesondere S. 114. 29 Siehe ebd., Tabelle XI, S. 192.

Das französische Sozialleistungssystem

53

Diese beträgt 12.150 FF im Monat. 30 Die Höhe der Leistung richtet sich nach der Dauer der Versicherungszeit: 31 Beträgt die Versicherungszeit mindestens drei Monate, aber weniger als sechs Monate, so liegt das Arbeitslosengeld bei 30,3 vH des Tagesreferenzlohnes zuzüglich 40,62 FF pro Tag. Als Mindestbetrag werden unter diesen Konditionen 98,13 FF je Tag gewährt. Liegt eine Versicherungszeit von wenigstens sechs Monaten vor, beträgt die Höhe des Arbeitslosengeldes 40,4 vH des Tagesreferenzlohnes zuzüglich 54,15 FF pro Tag. Als Mindestbetrag werden in diesem Fall täglich 131,01 FF gewährt. Er-lischt der Anspruch auf Arbeitslosengeld, werden generell 83,50 FF als Pauschalleistung pro Tag gezahlt. 32 Für Arbeitslose, die älter als 52 Jahre sind, beträgt die Leistung 115,74 FF pro Tag. Für ältere Arbeitslose und Frührentner bzw. bei Teilzeitarbeitslosigkeit33 gelten Sonderregelungen. 34 Das Arbeitslosengeld unterliegt der Einkommensteuer. Das französische Einkommensteuersystem ist durch eine starke Progression gekennzeichnet, die durch die Berücksichtigung eines Familienquotienten allerdings etwas abgeschwächt wird. 35 Die wenigsten Arbeitslosen erreichen jedoch die unterste

30 Vgl. ebd., Tabelle XI, S. 194. 31 Vgl. ebd., Tabelle XI, S. 196. 32 Diese auch als "Allocation de Fin de Droit" (Endleistung; D. W.) bezeichnete Versicherungsleistung wurde 1993 im Zusammenhang mit den Finanzierungsschwierigkeiten des Sicherungssystems mit dem (normalen) Arbeitslosengeld zusammengefaßt und ab 1994 nur noch als eine Geldleistung (siehe European Commission (1994a), S. 79) anstelle von mehreren sich ablösenden Leistungen gezahlt. Gleichzeitig wurde die filr eine Rente in voller Höhe erforderliche Versicherungszeit um ein Quartal pro Jahr bis zum Jahre 2008 verlängert. Vgl. Kaufmann (1994), S. 166. 33 Unter einer Teilzeitarbeitslosigkeit ist eine "Verkürzung der normalen Arbeitszeit aufweniger als die gesetzliche Dauer aus wirtschaftlichen, unfallbedingten oder technischen Gründen" zu verstehen. Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 202. 34 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 200 ff. Beim Vorliegen einer Teilzeitarbeitslosigkeit beispielsweise belaufen sich die vom Arbeitgeber gezahlten Beträge auf 50 vH des Bruttostundenlohnes. Dieser ist nach unten auf mindestens 27 FF begrenzt. Davon bekommt der Arbeitgeber 18 FF durch den Staat erstattet. Voraussetzung filr den Bezug der Leistung ist zum einen ein Arbeitseinkommen in Höhe von mindestens dem 18fachen des Mindestlohnes und zum anderen das Erfordernis, nicht saisonbedingt oder aufgrund eines Streiks arbeitslos zu sein. Vgl. ebd., Tabelle XI, S. 202 und S. 198, 200. 35 Je nach Anzahl der Familienmitglieder wird das zu versteuernde Einkommen durch einen bestimmten Nenner dividiert. Alleinstehenden Personen wird dazu die Zahl 1 zugeordnet, Ehepaaren ohne Kinder die Zahl 2, unterhaltsberechtigten Kindern (bis einschließlich des 2. Kindes) je 0,5, ab dem dritten Kind die Zahl 1. Der Steuertarif beginnt mit einem Steuersatz von 0 vH und steigert sich bis zu einem Höchststeuersatz mit Stufensteuersätzen von um die 5 vH. Der Höchststeuersatz betrug 1990 56,8 vH. Zur Staffelung der Progressionsstufen und der Stufensteuersätze 1990 vgl. Tabelle A.2 im Anhang dieses Berichtes. Der Einkommensteuertarif wird jedes Jahr durch das Haushaltsgesetz neu festgesetzt. Durch die damit verbundene Änderung der Progressionsstufen werden i. d. R. auch die Steuertarifstufen erhöht, um der Inflation Rechnung zu tragen.

54

Doris Wischeropp

Steuerbemessungsgrenze, so daß dadurch die Ersatzeinkommen in aller Regel steuerfrei bleiben. 36 Die Kumulierungsbedingungen verschiedener Leistungen mit dem Arbeitslosengeld sind unterschiedlich. Keine Einkommensanrechnung erfolgt auf die Geldleistungen der Krankenversicherung und der Invalidenrenten bei Vorliegen einer vollen Erwerbsunfiihigkeit. Kumulierungen mit Altersleistungen sind innerhalb bestimmter Grenzen und nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Bezugsberechtigten möglich. 37 Der Deckungsgrad der Arbeitslosenversicherung erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer. 38 Originäre Arbeitslosengeldzahlungen erhielten 1992 1.478 Tsd. Personen, die Endleistungen 326 Tsd. Personen. 39 1.2.1.2 Die Unterstlitzungsleistungen Bei Vorliegen von Arbeitslosigkeit werden Unterstlitzungsleistungen denjenigen gewährt, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld erloschen ist, bzw. denjenigen, die keine Versicherungs leistungen aufgrund fehlender Vorleistungen beziehen können. Das sind neben Langzeitarbeitslosen Jugendliche nach Beendigung ihrer Ausbildung / Absolvierung einer kurzen Berufstätigkeit oder eines mindestens 12monatigen Wehrdienstes, alleinstehende Frauen mit mindestens einem Kind, die vorübergehend ihren Beruf aufgegeben haben, und Sondergruppen, wie entlassene Häftlinge, ausgewiesene, in ihr Heimatland zurückgekehrte und heimatlose Arbeitnehmer, politische Flüchtlinge und Asylbewerber, Opfer eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit. 40 Zu unterscheiden ist bei diesen Unterstlitzungsleistungen zwischen einer besonderen Solidaritätszulage (Allocation de Solidarite Specifique, der deutschen Arbeitslosenhilfe vergleichbar) und einer Eingliederungszulage (Allocation d'Insertion). Erstere wird zeitlich unbefristet, allerdings mit einer jeweils auf ein halbes Jahr beschränkten Bewilligung, die jeweils verlängert werden kann, gewährt, die Leistungsgewährung der Eingliederungszulage ist auf die Dauer von einem Jahr beschränkt. 41 Voraussetzung rur den Bezug der Solidaritätszulage ist neben dem Erfordernis, daß es sich bei dem Versicherungsfall um eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit handelt, der Versicherungsfall gemeldet, der Betroffene 36 37 38 39

Vgl. Ohler (1993), S. 124. Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 204. Siehe ebd., Tabelle XI, S. 186.

Siehe European Commission (I 994a), S. 24. Zur Entwicklung der Zahl der Leistungsberechtigten vgl. ebd., S. 24. 40 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 186.

41 Siehe z. B. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 192 oder Ohler (1993),

S. 127 ff.

Das französische Sozialleistungssystem

55

für den Arbeitsmarkt verfügbar und bedürftig ist, die Erfüllung einer Wartezeit von fünf Jahren beitragspflichtiger Beschäftigung innerhalb von zehn Jahren. Für die Gewährung der Eingliederungszulage gelten dieselben Voraussetzungen mit Ausnahme der Erfüllung einer Wartezeit. Diese Unterstützungsleistung können also auch Personen beziehen, die zuvor einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung oder noch keiner Erwerbsstätigkeit nachgegangen sind. 42 Das Erfordernis der Bedürftigkeit wird an der (aktuellen) Einkommenshöhe gemessen, die Höhe des früheren Arbeitseinkommens bleibt bei der Leistungsbemessung unberücksichtigt. Die Obergrenze des monatlichen Einkommens liegt für Langzeitarbeitslose im Rahmen der Solidaritätszulage bei 5.038,60 FF für alleinstehende Personen, für Ehepaare bei 10.077,20 FF, d.h. dem Doppelten. Für die Sondergruppen beträgt die Einkommensgrenze 3.933 FF für alleinstehende Personen, 7.866 FF für Ehepaare. 43 Die Dauer der Leistungsgewährung ist für die Langzeitarbeitslosen im Prinzip unbegrenzt, für die Sondergruppen maximal ein Jahr. 44 Die Leistungshöhe der Solidaritätszulage für Langzeitarbeitslose beträgt 71,98 FF pro Tag. Über 55jährige Langzeitarbeitslose erhalten 103,38 FF pro Tag. Die Solidaritätszulage ist wie das Arbeitslosengeld einkommensteuerpflichtig. 45 Die Eingliederungszulage für Jugendliche beträgt 43,70 FF pro Tag, höchstens jedoch 75 bzw. 57,4 vH des Tagesreferenzlohnes.46 Die Inanspruchnahme der Solidaritätszulage erreicht am 31. Dezember 1992 351 Tsd. Anspruchsberechtigte, die Eingliederungszulage 66 Tsd. leistungsberechtigte Personen. 47

42 43 44 45

Vgl. insbesondere Ohler (1993), S. 128 ff. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 190. Vgl. ebd., Tabelle XI, S. 192.

Vgl. auch Ohler (1993), S. 129. Zur Staffelung der Progressionsstufen und der Stufensteuersätze vgl. Tabelle A.2 im Anhang dieses Berichtes. 46 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 196, zu den Anspruchsvoraussetzungen fLlr diese Leistung vgl. auch Kaufmann (1994), S. 167 ff.

47 Siehe European Commission (l994a), S. 25. Zur Entwicklung der Zahl der Leistungsberechtigten von Unterstützungsleistungen vgl. ebd., S. 25.

56

Doris Wischeropp

1.2.2 FinanzauJwand und Mittelaufbringung FinanzauJwand Die Sozialausgaben rur die Beschäftigungsförderung sind zwischen 1985 und 1992 von 77 auf 149 Mrd. FF angestiegen und haben sich damit um 94 vH gegenüber 1985 erhöht. 48 Einem zunächst kontinuierlichen Zuwachs der Ausgaben von jährlich durchschnittlich 8 vH zwischen 1985 und 1990 folgte ein stark progressives Anwachsen der Ausgaben um 17,7 vH 1991. Trotz eines tendenziellen Beschäftigungsrückganges 1992 stiegen auch in diesem Jahr - allerdings abgeschwächt (um nur 12 vH) - die Ausgaben rur Beschäftigungsförderung an. 49 Der Anteil der Sozialausgaben rur Beschäftigungsförderung an der Summe der Sozialleistungen ist über den gesamten Untersuchungszeitraum dennoch verhältnismäßig gering. Etwa zwei Drittel der Ausgaben sind Arbeitslosengeldleistungen, das andere Drittel Leistungen im Rahmen der Arbeitslosen- und Eingliederungshilfe sowie Ausgaben rur die Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Mobilitätshilfen. 50

Mittelaufbringung Arbeitslosengeld Das Arbeitslosengeld wird vorwiegend aus Beiträgen finanziert,51 wobei sich die Beiträge nach der Höhe des Einkommens richten. Bei einem jährlichen 48 Siehe Tabelle 1.3. 49 Vgl. hierzu auch Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), S. 12. 50 Letztere sind in der Tabelle 1.3 nicht explizit ausgewiesen. Sie bilden jeweils den Differenzbetrag der Ausgaben filr Arbeitslosengeld und Unterstützungsleistungen zu der Summe der Ausgaben filr Beschäftigungsfllrderung. 51 Eine Ausnahme bilden die Leistungen filr ältere Arbeitslose und Frührentner, die mindestens 56 Jahre und zwei Monate alt sein müssen (m. u. auch die Leistungen filr Frührentner, die mindestens 55 Jahre alt sind). Diese Leistungen werden überwiegend durch den Staat unter Beteiligung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber übernommen. Die Arbeitnehmer werden in Höhe des Differenzbetrages zwischen der Abfindungssumme, die sie bei einer Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen durch das Unternehmen erhalten und der Abfindungssumme, die sie erhalten hätten, wenn sie in den Ruhestand getreten wären, an der Finanzierung dieser sogenannten Vorruhestandsleistungen filr ältere Arbeitslose beteiligt. Ein Teil des Beitragsaufkommens fur Beschäftigungsförderung fließt aufgrund dessen in einen von der Association pour la Gestion de la Structure Financiere (ASF, Verband zur Verwaltung der Finanzstruktur; D. W.) verwalteten Fonds zur Finanzierung der Vorruhestandsleistungen. Die Finanzierung durch den Staat wird aus einem eigens dafilr eingerichteten Fonds FNE (Fonds National de l'Emploi, Staatlicher Fonds zur Schaffung von Arbeitsplätzen) getätigt. Dieser Fonds ist überhaupt die Voraussetzung dafilr, daß Vorruhestandsleistungen an ältere Arbeitslose neben den von diesen zu erfullenden Anspruchsvoraussetzungen gezahlt werden. Die entsprechenden Unternehmen müssen dafllr in Form des FNE einen Solidaritätsvertrag mit dem Staat abgeschlossen haben. (Vgl. hierzu auch Tibitanzl (1993), S. 41 f.). Die Frührentner müssen neben den an das Alter geknüpften Voraussetzungen die folgenden Bedingungen filr den Bezug einer Vorruhestandsleistung erfllllen: Zahlung der Sozialversiche-

Das französische Sozialleistungssystem

57

Einkommen von bis zu 145.800 FF beträgt der Beitragssatz 4,90 vH, wovon die Arbeitnehmer 1,67 und die Arbeitgeber 3,23 Prozentpunkte bezahlen müssen. Beläuft sich das jährliche Einkommen auf 145.800 FF bis zu 583.200 FF, dann liegt der Beitragssatz bei 5,40 vH. Die Arbeitnehmer zahlen davon 2,17 und die Arbeitgeber 3,23 Prozentpunkte. Die jährlichen Bemessungsgrenzen liegen demzufolge bei 145.800 FF bzw. 583.200 FF.52 Der Umfang der Arbeitgeberbeitragszahlungen 53 zur Arbeitslosenversicherung hatte 1985 ein Volumen von 31,4 Mrd. FF und nahm bis 1992 um 74 vH auf 54,6 Mrd. FF zu, wie der Tabelle 1.3 zu entnehmen ist. Auffällig sind die nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zu der Summe der Beitragseinnahmen (aller Sicherungssysteme) abnehmenden Einnahmen aus Arbeitgeberbeiträgen 1992 gegenüber progressiv steigenden Einnahmen (sowohl absolut als auch im Verhältnis zu der Summe der Beitragseinnahmen) bis 1991. Mit dieser Entwicklung einher ging ein sprunghafter Anstieg des Volumens der Arbeitnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung 1992. Nach einer Abschwächung der Wachstumsrate dieser Arbeitnehmerbeiträge im Jahre 1990 auf 0,7 vH im Vergleich zu der durchschnittlichen Wachstumsrate des vorausgegangenen Füntjahreszeitraumes (9,9 vH) erreichte sie bis 1992 eine Höhe von 19,5 vH Die Arbeitnehmerbeiträge sind zwischen 1985 und 1992 um 103 vH angestiegen und haben kontinuierlich auch ihren Anteil an der Summe der Beitragseinnahmen (aller Sicherungssysteme) bis 1992 auf 2, 1 vH erhöht. Die Abgabenlastquote, hier verstanden als das Verhältnis der Sozialversicherungsbeitragszahlungen für Arbeitslosengeld zum Bruttoinlandsprodukt, ist zwischen 1985 und 1992 von 1,2 auf 1,4 vH des Bruttoinlandsproduktes angestiegen. Die Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge hat also im Zeitraum 1985 bis 1990 mit einer Wachstumsrate von 0,2 vH zugenommen. In den drei darauffolgenden Jahren blieb die Abgabenlastquote konstant (siehe Tabelle 1.3). Die am Bruttoinlandsprodukt gemessenen Leistungen für Beschäftigungsförderung sind zwischen 1985 und 1990 von 1,6 auf 2,1 vH angestiegen. Das bedeutet, daß das Gewicht der Sozialausgaben für Beschäftigungsförderung mit einer Wachstumsrate von 0,2 vH im ersten Füntjahreszeitraum des Untersurungsbeiträge während einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Zeitraum von zehn Jahren, ein Jahr ununterbrochene Betriebszugehörigkeit, keinen Bezug einer Altersrente wegen Erwerbsunflihigkeit, und zudem gilt fUr über 60jährige Arbeitslose, daß sie nicht eine Versicherungszeit von 37,5 Jahren aufweisen können. (Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 198,200).

52 Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle 11, S. 46. 53 Hierunter sind die Beitragszahlungen der Arbeitgeber zu verstehen, die sie an die Sozial-

versicherung abfUhren. Hiervon zu unterscheiden sind fiktive Beitragszahlungen, die i. S. von Beitragseinnahmen als Gegenwert fUr die Arbeitnehmer unmittelbar erbrachten Sozialleistungen zu verstehen sind. Vgl. Ministere des AjJaires Socia/es, de /a Sante et de /a Ville (1993), S. 8 oder auch European Communities-Commission (1995), S. 5.

58

Doris Wischeropp

chungszeitraumes und einer Wachstumsrate von 0,3 vH im folgenden Dreijahreszeitraum zugenommen hat (siehe Tabelle 1.3). Unterstützungsleistungen Die beim Vorliegen des sozialen Tatbestandes Arbeitslosigkeit gewährten Unterstützungsleistungen sind ausschließlich steuerfmanziert. 54 Tabelle 1.3

Sozialausgaben und -einnahmen für Beschäftigungsförderung (1985 - 1992) Indexb ) (1985= 100)

1985 a)

1990

1991

1.325,3

1.772,2

1.887,8

2.007,9

152

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHLSL

77 8,0 5,8

113

133

149 12,0 7,4

194

... Arbeitslosengeld

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHL SL

... Unterstützungsleistungen

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHLSL

Sozialleistungen SL) insgesamt

a:

Ausgaben

in Mrd. FF

1992

8,6

17,7

48

70

3,6

8,6

4,0

85 21,4 4,5

177

7,8

19 10,3 1,4

31 8,3 1,7

35 12,9 1,9

184

1.071,9

1.474,6

1.543,4

1.613,9

151

6,4

7,0

davon rur ...

Beitragseinnahmen insgesamt (L BE)

in Mrd. FF

davon rur Arbeitslosengeld AG- Beiträge

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHLBE

31,4 9,3 2,9

49,0 10,8 3,3

55,1 12,4 3,6

54,6 -1 3,4

174

AN-Beiträge

inMrd. FF Veränderung in vH* in vHLBE

16,5 9,9 1,5

26,5 0,7 1,8

28,1 5,9 1,8

33,5 19,5 2,1

203

54 Vgl. Kaufmann (1994), S. 167 oder Europäische Kommission (1992), Tabelle 11, S. 50. Zur Aufschlüsselung des Gewichtes der Solidaritätszulage und der Eingliederungszulage am Bruttoinlandsprodukt liegen der Verfasserin keine Daten vor. Deshalb sind diese Unterstützungsleistungen in der Sozialleistungsquote in Tabelle 1.3 zusammen mit den Arbeitslosengeldzahlungen ausgewiesen.

59

Das französische Sozialleistungssystem

1985 a)

1990

1991

1992

Index b) (1985= 100)

Quoten Abgabenlastquote c)

in vH des BIP Veränderung in vH

1,2 0,2

1,4

1,4

Sozialleistungsquote d)

in vH des BIP Veränderung in vH

1,6 0,2

1,8

2,0

1,4

Oe)

2,1 0,3 e)

Finanzierung des allgemeinen staatlichen Sicherungssystems (Stand: I992)f) Beitragsbemessungsgrundlage

Beitragsbemessungsgrenze(in FF I Jahr)

AN (in vH)

Beitragssätze AG (in vH)

145.800g) 583.200h)

1,67g) 2,l7 h)

3,23g) 3,23 h)

-

-

-

Staat

I.für Arbeitslosengeld Beitragspflichtiges Entgelt des letzten Jahres 2.für Unters/ützungsleistungen Tagesbezugslohn

-

Pauschalzuschuß

Anmerkungen: *Jeweils gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der Daten in der Spalte rur 1985. Siehe hierzu Anmerkung a). - a) Die in der Spalte rur 1985 angegebenen jährlichen Wachstumsraten geben die durchschnittliche Entwicklung dieser Rate rur den Zeitraum 1985 bis 1990 an. - b) Für die Summe der Sozialausgaben rur die Beschäftigungsfilrderung gibt der Index die Entwicklung über den Zeitraum 1985 bis 1992 an, rur die Sozialausgaben der Teilsysteme bezieht sich der Index auf den Zeitraum 1985 bis 1991. - c) Diese Abgabenlastquote ist definiert als das Verhältnis der Beitragsleistungen zum Bruttoinlandsprodukt. - d) Die Sozialleistungsquote gibt das Verhältnis der Sozialausgaben zum Bruttoinlandsprodukt an. - e) Die Veränderungen beziehen sich auf den Zeitraum 1990 bis 1992. - f) Die Übersicht über die Sozialausgaben und -einnahmen bezieht sich demgegenüber auf das Gesamtsystem der sozialen Sicherung, d. h. sie umfaßt sowohl das allgemeine System als auch die Sondersysteme. - g) Untere Beitragsbemessungsgrenze. - h) Obere Beitragsbemessungsgrenze. Quellen: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (1993), S. 53, 57; Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), tableau 4, S. 7, tableau 5, S. 9, tableau "Les prestations totales par risques", S. ll, tableau "Detail des cotisations", S. 15, tableau "Ensemble des regimes de protection sociale", annexe;Ministere des Affaires Socia/es, de la Sante et de la Ville (J 997), annexe, und eigene Berechnungen.

60

Doris Wischeropp

1.3 Soziale Sicherung bei Krankheit und Ptlegebedürftigkeit

Das französische Krankenversicherungssystem ist in das allgemeine System und mehrere Sondersysteme gegliedert. Im allgemeinen System sind die abhängig beschäftigten Arbeitnehmer der Privatwirtschaft abgesichert, in den Sondersystemen bestimmte, nach Berufsgruppen differenzierte Personengruppen. So existieren Sondersysteme für Berufssoldaten, Beamte, Bergleute, Beschäftigte bei der Eisenbahngesellschaft, bei den Gas- und Elektrizitätskonzemen, Sondersysteme für landwirtschaftliche Arbeitnehmer, selbständige Landwirte sowie Sondersysteme für andere Selbständige als Landwirte. 55 Diese zahlreichen Sondersysteme stehen allerdings nicht völlig autonom neben dem allgemeinen System; unter anderem aufgrund der häufig zu niedrigen Beitragszahlerquote 56 in den Sondersystemen der Krankenversicherung sind diese oftmals auf den Finanzausgleich durch das allgemeine System angewiesen. 57 Da dem allgemeinen Krankenversicherungssystem rd. 80 vH der Versicherten angehören,58 beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die Darstellung nur dieses Systems. Seit den 80er Jahren hat die Krankenversicherung drei große Phasen durchlebt: 59 In der ersten Phase (1981 - 1983) wurden Maßnahmen ergriffen, um Personengruppen, wie beispielsweise die Langzeitarbeitslosen, die bislang aus dem allgemeinen Krankenversicherungssystem ausgeschlossen waren, in das System zu integrieren. Schwerpunkte der Maßnahmen während der zweiten Phase (1983 - 1986) waren Versuche der Kostensenkung und der Einnahmenerhöhung. 60 In diesem Zeitraum ist auch ein neu organisiertes Sozialgesetzbuch in Kraft getreten. In der dritten Phase (ab 1986) wurden die Lei-

55 Siehe hierzu z. B. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 136 ff. oder auch Kessler (1989), S. 50 f. Diese Pluralisierung von Teilsystemen entspricht auch derjenigen in der Altersversicherung. Vgl. dazu auch Abschnitt 1.5.

56 Diese Quote beschreibt das Verhältnis der Zahl der Beitragszahier zu der Zahl der Leistungsbezieher. 57 Vgl. z. B. Kessler (1989), S. 51. 58 Vgl. Albrecht (1995), S. 183. Diese Relation spiegelt sich auch in der Verteilung der Leistungsempfänger auf die verschiedenen Sicherungssysteme wider: So bezogen beispielsweise am 31.12.1990 rd. 79 vH der Leistungsempfänger Barleistungen aus dem allgemeinen System fIlr Beschäftigte in Industrie und Handel (Caisse Nationale d'Assurance-Maladie des Travailleurs Salaries (CNAMTS» gegenüber rd. 21 vH der Leistungsempfänger, die Ansprüche in den diversen Sondersystemen geltend machten. Siehe hierzu Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 36. 59 Vgl. Kessler (1989), S. 49. Zu den Reformen im Gesundheitswesen und den einzelnen Finanzierungsplänen vgl. Oudin (1994), S. 143 ff. 60 Vgl. hierzu Abschnitt 3 dieses Berichtes.

Das französische Sozialleistungssystem

61

stungskürzungen, mit denen bereits 1984 begonnen worden war, deutlich verstärkt. Die hohen Selbstbeteiligungsquoten der Versicherten rur Leistungen in der allgemeinen Krankenversicherung 61 unterstreichen die wesentliche Bedeutung der Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit, die diesen durch die Übernahme der Selbstbeteiligungen rur Leistungen in der allgemeinen Krankenversicherung zukommt. Diese Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit sind fur die Versicherten aber nicht verpflichtend. "Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß mehr und mehr Tarifabkommen in bestimmten Berufs- oder Unternehmensbereichen eine obligatorische Zusatzkrankenversicherung beim Hilfsverein auf Gegenseitigkeit rur alle in den Bereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer vorsehen. ,,62 Die allgemeine Krankenkasse ist durch die CNAMTS (Arbeitnehmerkrankenkasse) organisiert, die rur die Kontrolle der Regional- und Ortskrankenkassen sowie die Gebührenordnung zuständig ist. Die Regionalkassen sind rur die Präventivmaßnahmen rur Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verantwortlich, und die Ortskrankenkassen sind mit der Leistungsgewährung betraut. 63 1.3.1 Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad

In der allgemeinen Krankenversicherung sind die Versicherten gegen das Eintrittsrisiko der sozialen Tatbestände Krankheit, Mutterschaft, Arbeitsunfall, Invalidität und Tod abgesichert. Für die Absicherung des sozialen Tatbestandes Pflegebedürftigkeit gibt es in Frankreich kein gesondertes Versicherungssystem. Dieser soziale Tatbestand wird ebenfalls über die Kranken-, Invaliditäts- und Altersversicherung abgedeckt. 64 So zahlreich die in diesem Sy-

61 So schwanken die Selbstbeteiligungsquoten je nach Leistungsart zwischen 20 und 100 vH. Für ärztliche Konsultationen in Krankenhäusern, stationäre Krankenhausaufenthalte (bis zum 31. Tag) und Zahnbehandlungen müssen die Versicherten zwischen 20 und 25 vH der Kosten seiber tragen, filr Bagatellarzneimittel gilt ein Selbstbeteiligungssatz von bis zu 100 vH. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 66 ff. 62 Kessler (1989), S. 52. Die Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit sind in zwei, nebeneinander existierenden Dachverbänden organisiert: in der "Union Nationale des Mutuelles de Travailleurs" (UNMT) oder in der "Federation Nationale de la Mutualite Franyaise" (FNMF). Allen gemein ist die Zielvorstellung der Verhütung sozialer Risiken und die Entschädigung ihrer Folgeerscheinungen. Vgl. Kessler (1989), S. 60. Zu ihren Funktionen im einzelnen vgl. Kessler (1989), S. 61. 63 Vgl. Kessler (1989), S. 52 f. 64 In der neueren Diskussion steht allerdings die Einrichtung eines gesonderten Versicherungssystems filr Pflegebedürftigkeit mit auf der Tagesordnung. Ein Gesetzesvorschlag über die Einfilhrung einer Pflegeversicherung filr alte Menschen ist in Paris bereits verabschiedet worden. Die vorgesehenen, einkommensabhängigen Beihilfen sollen im Monat höchstens 383 FF betragen und sowohl filr häusliche Pflege als auch filr Heimpflege gewährt werden. Vgl. o. V. (l995b), S. I.

62

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stern abgedeckten sozialen Tatbestände sind, so unterschiedlich ist auch der jeweils abgesicherte Personenkreis definiert. Die von der allgemeinen Krankenversicherung gewährten Leistungen gehen als Sach- und als Einkommensersatzleistungen zu. Bei den Sachleistungen ist der Versicherte mit Ausnahme für die Krankenhauskosten generell vor leistungspflichtig. Gegen die Aufwendungen für Selbstbeteiligung an den Sachleistungen ist ein Großteil der Versicherten in den Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit abgesichert Die Versicherten können ihren Arzt frei wählen, es gibt keine Kassenärzte. 65 Im folgenden sollen rur die sozialen Tatbestände Krankheit und Mutterschaft die Anspruchsvoraussetzungen und die Leistungsbemessung nacheinander dargestellt werden. Die Beschreibung der sozialen Tatbestände Arbeitsunfall und Invalidität erfolgt in einem gesonderten Abschnitt, die Darstellung des Risikos "Hinterbliebene(r)" im Zusammenhang mit der Altersversicherung. 66 Krankheit - Sachleistungen

Bei Eintritt des Versicherungsfalles Krankheit sind alle gegen Entgelt beschäftigten und diesen gleichgestellte Personen,67 Rentenempfänger, Arbeitslose und verschiedene Personengruppen, die diesem Versicherungssystem angeschlossen sind,68 (für Sachleistungen) anspruchsberechtigt, wenn sie eine Versicherungszeit von mindestens 1.200 Stunden pro Jahr oder 600 Stunden innerhalb eines halben Jahres bzw. 200 Stunden je Vierteljahr oder 120 Stunden pro Monat nachweisen können. 69 Der Beginn der Kostenübemahme setzt zeitgleich mit dem Eintritt des Versicherungsfalles ein und wird unbegrenzt fortgesetzt. 70 Im Rahmen der Sachleistungen wird bei der Leistungsbemessung zwischen folgenden Leistungen unterschieden:

65 Vgl. Kessler (1989), S. 56. 66 Siehe Abschnitt 1.6 bzw. 1.5. 67 Dies sind Ehepartner, unterhaltsberechtigte Kinder, Angehörige in aufsteigender Linie und

m. u. auch Angehörige aus der Seitenlinie sowie in ehelicher Gemeinschaft lebende, unterhaltbeziehende Personen. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 60.

68 Das sind Personen, die öffentliche Fürsorgeleistungen, wie das RMI, beziehen, Studenten, Geistliche und Mitglieder religiöser Orden, Strafgefangene sowie freiwillig Versicherte. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 58. 69 Die Erftlllung dieser Wartezeit kann an der Beitragszahlung im Rahmen eines bestimmten Zeitraumes überprüft werden. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 62. 70 Die Dauer der Kostenübernahme ist allerdings auf einen Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der Mitgliedschaft beschränkt, wenn diese in der allgemeinen Krankenversicherung beendet wurde. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 62.

Das französische Sozialleistungssystem

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Ärztliche Konsultationen, Arzneimittel, Zahnbehandlungen, stationäre Krankenhauspflege, Kuraufenthalte, Behandlungen in einem Sanatorium, Prothesen, Brillen, Hörgeräte und sonstigen Leistungen.7 1 Für diese Leistungen müssen die Versicherten zunächst generell in Vorleistung treten 72 und erhalten dann in Anlehnung an eine bestimmte Gebührenordnung und / oder einen amtlichen Gebührentarif einen Teil der Auslagen erstattet. Dies ist abhängig von den vorgeschriebenen Selbstbeteiligungssätzen der Versicherten.7 3 Die unterschiedliche Höhe der Selbstbeteiligungssätze ist der Tabelle 1.4 zu entnehmen. Krankheit - Geldleistungen Leistungsberechtigt sind alle Arbeitnehmer und diesen gleichgestellte Personen.7 4 Um Krankengeld zu erhalten, sind bestimmte Bedingungen an die Wartezeit geknüpft. 75 Dabei wird unterschieden zwischen den ersten sechs Monaten und den folgenden Monaten der Versicherungszeit. Innerhalb der ersten sechs Monate der Versicherungszeit müssen die Versicherten die Erfüllung von 200 Arbeitsstunden im letzten Quartal oder den drei Monaten vor Eintritt des Versicherungsfalles aufweisen können. Im Rahmen einer Versicherungszeit von zwölf Monaten sind zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen 800 Arbeitsstunden notwendig, wobei davon mindestens 200 Stunden im ersten Quartal liegen müssen. 71 Hierunter fallen - bei gegebener Bedürftigkeit - beispielsweise weitere medizinische Hilfsmittel (als die oben aufgeruhrten), Vorsorge maßnahmen oder auch der Transport zum Krankenhaus. Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 72. 72 Eine Ausnahme bilden hiervon die schon oben erwähnten Kosten rur Krankenhausaufenthalte und die Kosten rur Behandlungen in einem Sanatorium. Voraussetzung rur letzteres ist allerdings eine vorherige Genehmigung der Behandlung durch die Krankenkasse. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle III, S. 66, 68. 73 Grundsätzlich von der Selbstbeteiligung befreit sind Versicherte, die einen längeren Krankenhausaufenthalt als 30 Tage haben und diejenigen, die Sachleistungen benötigen, die einen bestimmten Satz in einem von den Ärzteverbänden und der Caisse Nationale d'Assurance Maladie (Krankenkasse) festgelegten Katalog übersteigen. Vgl. Kessler (1989), S. 58. 74 Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle IV, S. 76. Zu den gleichgestellten Personen zählen die Arbeitnehmer, die während ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung auch Zeiten von Arbeitslosigkeit, Erkrankungen, der Mutterschaft oder einer vorübergehenden Arbeitsunfllhigkeit aufweisen. Vgl. ehd., Tabelle VIII, S. 134. 75 Siehe ehd., Tabelle IV, S. 78.

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Tabelle J.4

Selbstbeteiligungssätze für Sachleistungen in der allgemeinen Krankenversicherung Leistungsarten Ärztliche Konsultationen Arzneimittel Zahn behandlungen stationäre Krankenhauspflege

Selbstbeteiligungssätze (in vH) 25, wenigstens 20 a ) 30, 60, I OOb) 25 20, wenigstens 50 FF / Tagc )

Kuraufenthalte

d)

Behandlungen in Sanatorien

-

Prothesen, Brillen, Hörgeräte

30, Oe)

sonstige Leistungen Anmerkungen:

t)

a) Generell gilt rur ärztliche Konsultationen ein Selbstbeteiligungssatz von 25 vH. Für Krankenhausbehandlungen oder Konsultationen von Ärzten in Krankenhäusern gilt ein Selbstbeteiligungssatz von 20 vH der Kosten. Für besonders schwerwiegende, in einer Liste eingetragene Krankheiten entflUIt die Selbstbeteiligung der Versicherten an den Kosten der medizinischen und paramedizinischen Behandlungen. Hierzu zählen z. B. Herzinfakte oder Diabetes. Vgl. zu der Verordnung von Selbstbeteiligungssätzen, auch im Rahmen der Finanzierungsdiskussion um die Senkung der Kosten im Gesundheitswesen in den letzten Jahren, Kessler (1989), S. 57 ff.; Oudin (1994), S. 143 ff. Seit 1993 wird die Erstattung der Leistungen zu 100 v H allerdings nur noch rur Leistungen gewährt, die ausschließlich aufgrund chronischer und besonders schwerwiegender Krankheiten in Anspruch genommen werden. Vgl. Blanchet (1995), S. 9. - b) Der Prozentsatz der Selbstbeteiligung richtet sich nach der Entbehrlichkeit der Medikamente. Keine Erstattung der Kosten (Selbstbeteiligungssatz also 100 vH) erfolgt rur Bagatellarzneimittel. Von dieser Regelung ausgenommen sind chronisch Kranke. Diese erhalten die Kosten in voller Höhe erstattet. - c) Für die stationäre Krankenhauspflege müssen die Versicherten die Kosten in Höhe von 20 vH selber tragen, mindestens jedoch 50 FF pro Tag. Ab dem 31. Tag oder bei Vorliegen schwerer Erkrankungen (ab einem Krankheitsgrad mit einer Wertigkeit von 50) sind die Versicherten von der Selbstbeteiligung an den Kosten befreit. - d) Die Erstattung der Kosten erfolgt nur nach vorheriger Genehmigung durch die Krankenkasse. Inbegriffen in die Kostenerstattung sind die Arzt- und Behandlungskosten sowie darüber hinaus gesundheitsllirdernde und soziale Aktivitäten der Krankenkasse. - e) Generell müssen sich die Versicherten mit 30 vH an den paramedizinischen Leistungen beteiligen. Von der Selbstbeteiligung ausgenommen sind große Prothesen. Hierzu anzumerken ist aber, daß sich die Erstattung der Kosten und damit auch die Selbstbeteiligungssätze für paramedizinische Leistungen nicht nach den tatsächlich anfallenden Kosten berechnet, sondern daß diese auf Basis von durch Verordnungen festgesetzten Pauschalsummen erfolgt. Vgl. hierzu auch Kessler (1989), S. 57. - f). Die Höhe der Selbstbeteiligungssätze richtet sich zum einen nach der Leistungsart und zum anderen nach dem "Krankheitsgrad" des Kranken.

Quelle: Europäische Kommission (1992), S. 66 ff.

Das französische Sozialleistungssystem

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Das Krankengeld wird für bis zu 360 Tage innerhalb eines Zeitraumes von drei aufeinanderfolgenden Jahren gewährt, längstens jedoch 36 Monate bei Vorliegen einer langwierigen Krankheit. Dabei wird eine Ausfallzeit von drei Tagen berücksichtigt. 76 Für die Leistungshöhe ist, neben der Höhe des Entgelts, zum einen die Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder und zum anderen die Dauer der Krankheit bestimmend. 77 Regulär werden 50 vH des täglichen Einkommens bis höchstens 202,50 FF pro Tag gezahlt. Anspruchsberechtigte mit drei Kindern erhalten 66,66 vH des täglichen Einkommens bis zu einer maximalen Höhe von 270 FF pro Tag. Ist der Betreffende langwierig erkrankt, so werden ihm ab dem achten Monat wenigstens 1/365 der Mindestinvalidenrente pro Tag gezahlt. Dies entspricht einer Leistung pro Tag in Höhe von 43,29 FF. Als weitere Leistung gewährt die Krankenversicherung ein Sterbegeld in Höhe des 90fachen des Tagesverdienstes des Versicherten an die Überlebenden. 78 Dabei gilt die Prioritätenfolge: Ehegatte - Kinder - Verwandte in aufsteigender Linie. Als Mindestbetrag wird ein vH der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze gezahlt, dies sind 1.458 FF. Höchstens wird das 3fache der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze gewährt: 36.450 FF. Eine gesetzliche Lohnfortzahlung gibt es im Rahmen der allgemeinen Krankenversicherung in Frankreich nicht. 79 Mutterschaft

Auch bei den Leistungen aufgrund von Mutterschaft ist zwischen Sach- und Geldleistungen zu differenzieren. Anspruch auf Sachleistungen haben sowohl (eigenständig) versicherte Frauen als auch mitversicherte Ehefrauen und Töchter des Versicherten.8 0 Die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug in Form von Sach- und / oder Geldleistungen sind dieselben wie beim Eintritt des Versicherungsfalles Krankheit. Zudem muß für den Bezug von Tagegeld eine Versicherungszeit von wenigstens zehn Monaten vor dem voraussichtlichen Entbindungsdatum vorliegen. Dieser Leistungsanspruch wie auch der Anspruch auf Sachleistungen wird nach Beginn der Schwangerschaft oder zu Beginn des Erziehungsurlaubs überprüft. 81

76 Siehe ebd., Tabelle IV, S. 78, 80. 77 78 79 zu 50 80 81

Siehe ebd., Tabelle IV, S. 80. Vgl. ebd., Tabelle VIII, S. 134. Diese wird aber über Tarifverträge oder durch die Hilfsvereine auf Gegenseitigkeit häufig vH übernommen. Vgl. Kessler (1989), S. 56. Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle V, S. 86. Vgl. ebd., Tabelle V, S. 88.

5 Döring u.a.

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Die im Rahmen von Krankheit gewährten Sachleistungen stehen auch Schwangeren zu. Zudem haben diese Anspruch auf die obligatorischen ärztlichen Untersuchungen während und nach der Schwangerschaft sowie auf ärztliche Leistungen während der letzten vier Monate der Schwangerschaft. Die Anspruchsberechtigten sind von der Selbstbeteiligung an den Kosten befreit. Das gilt auch tUr Krankenhausaufenthalte, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft stehen. Die Krankenversicherung übernimmt die Kosten zu 100 vH.8 2 Die Leistungsgewährung von Tagegeld ist unmittelbar an eine Unterbrechung der Berufstätigkeit der Schwangeren gebunden. Leistungsberechtigt sind nur versicherte Frauen. Dabei richtet sich die Dauer der Leistung nach dem Verlauf und der Zahl der Schwangerschaft(en).8 3 Bei einer "normalen" Schwangerschaft wird das Tagegeld 16 Wochen, davon 6 Wochen vor der Entbindung und 10 Wochen nach der Entbindung, gezahlt. Ansonsten hat die Schwangere zusätzlich Anspruch auf das Tagegeld tUr zwei weitere Wochen vor der Entbindung. Handelt es sich bei der Schwangerschaft um das dritte Kind in der Familie, dann werden generell 26 Wochen Tagegeld gewährt, wobei davon acht Wochen fiir den vor der Entbindung liegenden Zeitraum angesetzt werden. Die Höhe des Tagegeldes beträgt 84 vH des Basiseinkommens unterhalb der Höchstgrenze. Dabei werden wenigstens 43,29 FF und höchstens 340,20 FF pro Tag gezahlt. Die Zahl der Leistungsemptanger von Geldleistungen aufgrund von Krankheit ist statistisch nicht erfaßt. 84 1.3.2 FinanzauJwand und Mittelaujbringung FinanzauJwand

Die Sozialausgaben tUr die Gesundheitsleistungen haben sich zwischen 1985 und 1992, wie in der Tabelle 1.5 zu entnehmen ist, um 54 vH auf 700 Mrd. FF erhöht. Dem entsprechen 34,9 vH der Summe der Sozialleistungen, wobei die sozialen Tatbestände Krankheit und Invalidität mit 25,6 bzw. 5,8 vH der Summe der Sozialleistungen den größten Teil der Sozialausgaben tUr Gesundheitsleistungen ausmachen. Die jährliche Wachstumsrate der Sozialausgaben rur die Gesundheitsleistungen hat sich nach einer Phase mit einer durch82 Vgl. ebd., Tabelle V, S. 88. 83 Vgl. ebd., Tabelle V, S. 90.

84 Es liegen lediglich Infonnationen über den Leistungsumfang der einzelnen Leistungen vor.

Vgl. Europäische Kommission (1995), S. 28 ff.

Das französische Sozialleistungssystem

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schnittlichen Höhe von 6,5 vH zwischen 1985 und 1990 bis 1992 auf das Niveau von 5,9 vH abgeschwächt.8 5 Mittelaujbringung

Die allgemeine Krankenversicherung wird über Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern fmanziert. Dabei müssen die Arbeitnehmer Beiträge in Höhe von 6,8 vH ihres Bruttolohns bezahlen, die Arbeitgeber 12,6 vH des Bruttolohns. Für das Risiko, daß der Versicherungsfall Arbeitsunfall eintritt, leisten allein die Arbeitgeber Beitragszahlungen, deren Höhe zum einen von der Betriebs größe und zum anderen von dem Risikograd abhängig ist. Es existieren keine Beitragsbemessungsgrenzen. 86 Die Beitragsbemessungsgrenze für die Beiträge der Arbeitnehmer wurde 1980, die Beitragsbemessungsgrenze für die Beiträge der Arbeitgeber 1983 abgeschafft. Zeitgleich damit wurde der Beitragssatz für Arbeitgeber um 0,85 Prozentpunkte gesenkt. 87 Demgegenüber werden die Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung bei Vorliegen von Pflegebedürftigkeit und dafür notwendiger stationärer Behandlung über die Sozialhilfe fmanziert, wenn das Einkommen des Bezugsberechtigten für diese Leistungen zu niedrig ist. Daneben werden auch die Angehörigen des Pflegebedürftigen zur Mitfmanzierung der stationären Unterbringungskosten herangezogen. Die Kosten tUr ambulante medizinische Behandlungen werden von der Krankenversicherung übernommen.8 8 Der Umfang der Arbeitgeberbeitragszahlungen betrug im Jahre 1985 227,3 Mrd. FF und erhöhte sich bis 1992 um 38 vH auf314,4 Mrd. FF (siehe Tabelle 1.5). Hinter diesem Sozialeinahmevolumen steht eine jährliche Wachstumsrate von durchschnittlich 5,3 vH zwischen 1985 und 1990, die sich im Vergleich zu 1990 mit einem Zuwachs der Sozialeinnahmen von 5,7 vH bis 1992 allerdings deutlich abschwächt (1992: 3,1 vH). Diese Entwicklung zeigt sich auch an dem 85 Eine entsprechende Entwicklung zeigt sich auch für die Sozialausgaben für die einzelnen sozialen Tatbestände, am deutlichsten aber für den Bereich der Invalidität. Hier zeigt sich 1992 eine Abschwächung der Zunahme der Sozialausgaben gegenüber 1985 um zwei Prozentpunkte. 86 Vgl. Tabelle 1.5.

87 Vgl. Kessler (1989), S. 54. Im Zusammenhang mit der Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen wurden zunehmend diverse Steuern zur Finanzierung der Krankenversicherung herangezogen: Seit 1967 die Abgabe auf Kfz-Versicherungsprämien, 1983 eine Steuer auf stark alkoholisierte Getränke und die Besteuerung der Werbungsausgaben der Pharmakonzerne, eine zeitlich beschränkte Sondersteuer in Höhe von 1 vH auf das steuerpflichtige Einkommen für Beamte und Besserverdienende 1984, 1985 und 1987 sowie Beiträge in Höhe von bestimmten Prozentsätzen auf Alters- und Zusatzrenten (seit 1980), für Arbeitslose und Frührentner (seit 1982). Für die Höhe der einzelnen Beitragssätze zum Zeitpunkt des jeweiligen gesetzlichen Erlasses vgl. Kessler (1989), S. 55.

88 Leistungsberechtigt ist im Bedarfsfall die gesamte Wohnbevölkerung. Vgl. hierzu Gabanyi / May / Schneider (1992), S. 70 ff. S'

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Anteil der Arbeitgeberbeiträge an der Summe der Beitragseinnahmen: Seit 1985 hat sich dieser Anteil von 21,2 vH auf 19,5 vH vermindert. Das Volumen der Arbeitnehmerbeiträge ist zwischen 1985 und 1992 um 75 vH von 86,2 auf 151 Mrd. FF angewachsen. Während die Wachstumsrate der Arbeitnehmerbeiträge 1990 noch zunächst der durchschnittlichen Wachstumsrate dieser Beiträge in dem vorangegangenen Fünfjahreszeitraum entsprach, nahm das Beitragsvolumen der Arbeitnehmer 1991 (gegengleich zur Entwicklung des Arbeitgeberbeitragsvolumens) rapide um 14,2 vH zu. Die Zunahme des Beitragsvolumens der Arbeitnehmer wird auch an der Entwicklung ihres Anteils an der Summe der Beitragseinnahmen zwischen 1985 und 1992 deutlich. 89 Das am Bruttoinlandsprodukt gemessene Volumen derBeitragszahlungen an die Krankenversicherung hat 1992 wieder das Volumen des Zeitraumes 1985 bis 1990 erreicht: Die Abgabenlastquote lag sowohl in dem Fünfjahreszeitraum als auch 1992 bei 8,3 vH. Allerdings ist die Belastung durch die Sozialversicherungsbeiträge für die Krankenversicherung in dem Fünfjahreszeitraum um 0,4 vH gesunken, während sie in dem darauffolgenden Dreijahreszeitraum um 0,4 vH gewachsen ist. 90 Der Anteil der Krankenversicherungsleistungen an dem Bruttoinlandsprodukt ist zwischen 1985 und 1992 von 9,7 auf 10,0 vH gestiegen. Das Gewicht der Sozialausgaben filr Gesundheitsleistungen hat nach einer Abnahme von 0,1 vH zwischen 1985 und 1990 in den darauffolgenden Jahren um 0,4 vH an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zugenommen (siehe Tabelle 1.5).

89 Vgl. Tabelle 1.5. Allerdings zeigt sich zwischen 1991 und 1992 für die Wachstumsrate der Arbeitnehmerbeiträge dazu eine nur noch abgeschwächte Zunahme in Höhe von 12,4 vH. 90 Vgl. Tabelle 1.5.

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Das französische Sozialleistungssystem Tabelle 1.5

Sozialausgaben und -einnahmen für Gesundheitsleistungen (1985 - 1992) 1985 a)

1990

1991

1992

Index b) (1985= 100)

Sozialleistungen insgesamt (I SL) Ausgaben

in Mrd. FF in Mrd. FF Veränderung in vH* invHISL

1.325,3

1.772,2

1.887,8

2.007,9

152

456

625

661

700

154

6,5

6.1

5,8

5,9

34,4

35,3

35,0

34,9

378

517

549

584

6,5

6,4

6,2

6,4

davon ... ... Krankheit, Mutterschaft und Arbeitsunfall

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHISL

154

28,5

29,2

29,1

29,1

325 24,5

454 6,6 25,6

483 6,4 25,6

515

6,9

25,6

78

107

111

116

6,5

5,9

3,9

6,0

3,7

5,9

4,5

5,8

1.071,9

1.474,6

1.543,4

1.613,9

151

... AG-Beiträge in Mrd. FF Veränderung in vH* invHIBE

227,3

294,6

304,8

314,4

138

5,3

21,2

5,7

20,0

3,5

19,7

3,1

... AN-Beiträge in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHI BE

86,2

117,6

134,3

151

6,4

6,4

14,2

12,4

darunter ... ... Krankheit

... Invalidität

Beitragseinnahmen insgesamt (I BE)

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHISL in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHI SL in Mrd. FF

158

6,6

149

davon für Gesundheitsleistungen

8,0

8,0

8,7

19,5 175

9,4

Quoten

Abgabenlastquote c)

in vH des BIP Veränderung in vH

8,3 -0,4

7,9

8,2

8,3 0,4 e)

Sozialleistungsquote d)

in vH des BIP Veränderung in vH

9,7 -0.1

9,6

9,8

10,0 0,4 e) (Fortsetzung)

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Doris Wischeropp

(Fortsetzung Tabelle 1.5) Finanzierung des allgemeinen staatlichen Sicherungssystems (Stand: 1992)fJ Beitragsbemessungsgrundlage l.ftr Krankheit,lnvalidität, Mutterschaft und Todesfall Bruttolohn

Beitragsbemessungsgrenze (in FF / Jahr)

AN (in vH)

Beitragssätze AG (in vH)

Staat

-

6,8

12,6

-

-

-

2. ftr Arbeitsunfälle Bruttolohn

Anmerkungen:

*

abhängig von der Betriebsgröße und dem Risikograd

-

Jeweils gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der Daten in der Spalte rur 1985. Siehe hierzu Anmerkung a). - a) Die in der Spalte filr 1985 angegebenenjährlichen Wachstumsraten geben die durchschnittliche Entwicklung dieser Rate filr den Zeitraum 1985 bis 1990 an. - b) Für die Summe der Sozialausgaben filr die Beschäftigungsfbrderung gibt der Index die Entwicklung über den Zeitraum 1985 bis 1992 an, filr die Sozialausgaben der Teilsysteme bezieht sich der Index auf den Zeitraum 1985 bis 1991. - c) Diese Abgabenlastquote ist definiert als das Verhältnis der Beitragsleistungen zum Bruttoinlandsprodukt. - d) Die Sozialleistungsquote gibt das Verhältnis der Sozialausgaben zum Bruttoinlandsprodukt an. - e) Die Veränderungen beziehen sich auf den Zeitraum 1990 bis 1992. - f) Die Übersicht über die Sozialausgaben und -einnahmen bezieht sich demgegenüber auf das Gesamtsystem der sozialen Sicherung, d. h. sie umfaßt sowohl das allgemeine System als auch die Sondersysteme.

Quellen: Bundesministeriumftr Arbeit und Sozialordnung (1993), S. 37, 63; Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), tableau 4, S. 7, tableau 5, S. 9, tableau "Les prestations totales par risques", S. 11, tableau "Detail des cotisations", S. 15, tableau "Ensemble des regimes de protection sociale", annexe; Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1997), annexe, und eigene Berechnungen.

1.4 Familienlastenausgleich

Die Organisation der Familienleistungen ist in Frankreich stark zentralisiert. Innerhalb der Regierung ist ein Staatssekretär rur Familie und Senioren rur die Familienpolitik zuständig. Dieser ist dem Minister rur Sozialangelegenheiten und Solidarität zugeordnet. In dem Ministerium rur Sozialangelegenheiten und Solidarität sind drei Abteilungen mit den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten allgemeine Familienleistungen (reguläre Familienleistungen und Wohn-

Das französische Sozialleistungssystem

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beihilfen), Familienleistungen für Familien in besonderen Lebenslagen und Familienleistungen vor dem Hintergrund der Demographie und Beölkerungsentwicklung sowie internationalen Fragen betraut. 91 Für die Auszahlung der Familienleistungen ist die Nationale Familienbeihilfenkasse (Caisse Nationale des Allocations Familiales (CNAF)) mit ihren regionalen Tochterkassen zuständig. Diese berät auch die Regierung in Fragen der Finanzierung, Finanzierbarkeit und Auszahlungsvariationen von Familienleistungen und führt Studien über die Familienentwicklung und -lage durch. Zunehmend übernimmt sie auch die Aufgabe der Einrichtungen von Sozialhilfeträgern,92 da die Auszahlung des Eingliederungsmindesteinkommens (RMI) über ihre Tochterkassen erfolgt. 93 Das Familienleistungssystem ist nach den verschiedenen Familienphasen differenziert. Die Leistungen sind auf die Phasen der Mutterschaft und auf die Phasen der Kindererziehung, angefangen mit der Betreuung von Kleinkindern bis zur Ausbildungsförderung, zugeschnitten. 94 Die finanziellen Leistungen sind stark von demographischen Grundgedanken geleitet. Demzufolge wird z. B. das Kindergeld erst ab dem zweiten Kind geleistet, weil diesem die Überlegung zugrunde liegt, "daß nach wie vor 90 vH der Paare ein erstes Kind unabhängig von finanziellen Anreizen bekommen werden."95 Viele Leistungen werden sogar erst ab der Geburt des dritten Kindes gewährt oder ab dem dritten Kind in höheren Beträgen gezahlt, wie z. B. das Erziehungsgeld. 96 Die Familienleistungen werden mit Ausnahme des Mutterschafts- und des Wohngeldes als Prozentsatz eines bestimmten Basisbetrages berechnet, der am 01.07.1992 1.974,55 FF pro Monat betrug. 97 Der Basisbetrag wird zweimal jährlich (jeweils am 01.01. und am 01.07. eines Jahres) durch Verordnung an die Preissteigerung angepaßt. 98

91 Vgl. hierzu Dienet (1993), S. 161. 92 Deren Aufgabe ist es, dem Hilfeempfllnger eine "menschenwürdige" Lebensfilhrung auf

Basis des Existenzminimums zu ermöglichen. Als Hilfeleistungen werden Sachleistungen und Geldleistungen gewährt. 93 Vgl. Dienet (1993), S. 161. 94 Vgl. ebd., S. 162 fr. 95 Ebd., S. 162.

96 Vgl. ebd., S. 162. Auf das Erziehungsgeld haben Eltern Anspruch, die ihre Erwerbstätigkeit wegen der Erziehung eines unter dreijährigen Kindes unterbrechen und die mindestens drei Kinder haben. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 180. 97 Das monatliche Durchschnittseinkommen (definiert als Volkseinkommen aus unselbständiger Arbeit) lag dazu im Vergleich bei 3.671,40 Mrd. FF im Monat. Siehe dazu Statistisches Bundesamt (1994), Tabelle 17.2, S. 349. 98 Siehe Dienet (1993), S. 162.

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Nachfolgend werden die zahlreichen Familienleistungen in drei Schritten im Überblick hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen, der Leistungsbemessung und des Deckungsgrades beschrieben: (1.) allgemeine Familienleistungen, (2.) Familienleistungen in bestimmten Familienphasen und (3.) Familienleistungen für Familien in besonderen Lebenslagen.

1.4.1 Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad 1.4.1.1 Allgemeine Familienleistungen Familien haben ab dem zweiten Kind Anspruch auf Kindergeld, das nicht einkommensabhängig, aber abgestuft nach der Anzahl der Kinder gewährt wird. 99 Es beträgt bei zwei Kindern 632 FF pro Monat, dies entspricht 32 vH des Basisbetrages. Für drei Kinder werden 1.441 FF, für vier Kinder 2.251 FF, für fünf Kinder 3.061 FF und für sechs Kinder 3.871 FF im Monat gewährt. Für alle weiteren Kinder beträgt das Kindergeld 810 FF im Monat. Zu dem Kindergeld werden Zuschläge gezahlt, die sich nach dem Alter der Kinder richten. 100 Für Kinder, die älter als zehn Jahre sind, wird ein Zuschlag in Höhe von 178 FF im Monat gezahlt. Familien mit Kindern, die älter als fünfzehn Jahre sind, erhalten einen Zuschlag von 316 FF je Kind und Monat. Ausgenommen von dieser Regelung ist jeweils das erste Kind, wenn die Familie nur zwei Kinder hat. Das Kindergeld wird generell bis zum 18. Lebensjahr des Kindes geleistet. Wenn das Kind in der Berufsausbildung ist, wird das Kindergeld bis zum 20. Lebensjahr gezahlt, sofern die Höhe des Einkommens nicht 55 vH des branchenübergreifenden Mindestlohnes (Salaire Minimum Interprofessionnel de Croissance (SMIC» übersteigt. Im Falle eines Studiums oder des Vorliegens einer Behinderung wird das Kindergeld ebenfalls bis zum 20. Lebensjahr gewährt. 101 Am 31. Dezember 1990 erhielten 4.501 Tsd. Personen Kindergeld. 102 Neben dem Kindergeld kommen Familien mit Kindern weitere Vergünstigungen, sowohl in Form von Geldleistungen als auch in Form von Sachleistungen, zu: 103

99

Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 172.

100 Vgl. ebd. Tabelle X, S. 174. 101 Vgl. Dienel (1993), S. 163 oder Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 170 tr. Der Mindestlohn betrug im Jahresdurchschnitt 199233,58 FF I Std. Bei einer Wochenarbeitszeit von 39 Std. in der Woche ergibt sich ein monatlicher Mindestlohn von ca. 5.675,02 FF. (Laut telefonischer Auskunft der französischen Botschaft in Bonn.) 102 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S. 39. 103 Vgl. Dienel (1993), S. 163.

Das französische Sozialleistungssystem

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Wohngeld,104 kostenloser Kindergarten mit Ganztagsbetreuung sowie starke Subventionierung anderer Kinderbetreuungseinrichtungen, kostenfreier Ganztagsschulunterricht mit Betreuung vor und nach dem Unterricht inkl. warmen Mahlzeiten, kostenlose Mitversicherung der Kinder in der gesetzlichen Krankenkasse der Eltern, Recht auf freie Tage zur Betreuung von kranken Kindern, Umzugshilfen angesichts eines größeren Wohnungsbedarfs für Familien ab drei Kindern, ermäßigte Transportkosten und freien Eintritt in den meisten öffentlichen Einrichtungen für Familien mit mindestens drei unterhaltsberechtigten Kindern. 105 Familien mit Kindern haben darüber hinaus Steuererleichterungen. 106 Über das sogenannte Familiensplitting (quotient familial) können die Familien mit Kindern bestimmte Freibeträge bei der Steuer geltend machen. Beim Familien splitting werden der Zahl der in einer Familie vorhandenen Kinder Anteile zugerechnet, die für den Steuerfreibetrag dann wirksam werden, wenn sie bei Ehepaaren über zwei Anteile und bei Alleinerziehenden über einen Anteil hinausgehen. Bei Ehepaaren wird für die ersten beiden Kinder jeweils ein halber Anteil angesetzt, für jedes weitere Kind ein ganzer Anteil. Bei Alleinerziehenden wird das erste Kind mit einem Anteil, das zweite mit einem halben und jedes weitere Kind mit einem ganzen Anteil angesetzt. Für behinderte Kinder gibt es einen Aufschlag in Höhe eines halben Anteils. Der Steuerfreibetrag beträgt 11.420 FF je halben Anteil. 107 Damit kommen Ehepaare ab dem vierten Kind, Alleinerziehende ab dem zweiten Kind in den Genuß dieser Steuerfreibeträge. Sind unter diesen Kindern behinderte Kinder, so sind die Steuerfreibeträge bereits mit einer geringeren Anzahl von Kindern zu erzielen. Daneben werden auch Freibeträge für eine gemeinsame Haushaltsführung der Eltern mit ihren verheirateten Kindern, für Kinderbetreuung und Wohnungsbaukredite

104 Die Höhe des Wohngeldes ist abhängig von der Einkommenshöhe und der Zahl der Kinder in der Familie. Liegt die Miete über einen in Abhängigkeit von der Kinderzahl und der Einkommenshöhe festgesetzten Betrag, dann wird Wohngeld gezahlt. Vgl. dazuEuropäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 178. 105 Zu dem Leistungsumfang von ennäßigten Fahrpreisen filr Familien mit mindestens drei unterhaltsberechtigten Kindern vgl. z. B. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S.150. 106 Vgl. Dienel (1993), S. 163.

107 Für Alleinerziehende ist dieser filr das erste Kind auf 14.600 FF festgesetzt. Vgl. Dienel (\993), S. 163.

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gewährt. 108 Der maximale Steuerfreibetrag je halben Anteil ist auf 11.800 FF beschränkt. 109 1.4.1.2 Familienleistungen in bestimmten Familienphasen Die Schwangerschaft ruhrt in Kombination mit bestimmten Voraussetzungen an die Versicherungszeit zu 16 Wochen bezahltem Erziehungsurlaub. 110 Die Schwangere muß darur 1.200 Arbeitsstunden rur das vergangene Jahr und Beitragszahlungen rur wenigstens die letzten zehn Monate vor dem Entbindungstennin nachweisen können. Die Leistungshöhe beträgt 84 vH des bisherigen durchschnittlichen Tageslohnes, jedoch höchstens 340,20 FF, mindestens 43,29 FF pro Tag. 111 Während der Schwangerschaft besteht bis einschließlich 14 Wochen (16 Wochen bei Mehrlingsgeburten) nach der Entbindung Kündigungsschutz. Im Anschluß daran haben die Mütter Anspruch auf unbezahlten Urlaub. I 12 Eine weitere auf bestimmte Familienphasen zugeschnittene Leistung ist die Kleinkindzulage. Diese wird allen werdenden und jungen Müttern - unabhängig von einer Erwerbstätigkeit - mit Beginn des vierten Schwangerschaftsmonats bis zum dritten Lebensmonat des Kindes gewährt. 113 Hintergrund dieser Geburtsbeihilfe ist die Verpflichtung, die obligatorischen Vorsorgeuntersuchungen einzuhalten. Die Zulage wird in Höhe von 907 FF pro Monat gezahlt, anderenfalls - bei Unterlassung von Vorsorgeuntersuchungen wird diese entsprechend gekürzt. I 14 Die Kleinkindzulage ist einkommensunabhängig. Sie kann längstens bis zu dem Beginn des dritten Lebensjahres des Kindes als in eine rur Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf umgewandelte Zulage weitergezahlt werden, dies aber dann in Abhängigkeit vom Einkommen. II 5 Diese Weiterzahlung wird einer Familie unabhängig von der Kinderzahl aber nur einmal gewährt und mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes durch einen Zuschlag rur einkommensschwache Familien ersetzt. 116

108 Vgl. ebd., S. 163. 109 Vgl. ebd., S. 163 f.

110 III 112 113 114 115

Siehe Abschnitt 1.3 dieses Berichtes. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle V, S. 90. Vgl. Diene! (1993), S. 164. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 176. Vgl. Diene! (1993), S. 164 oder Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 176.

Dabei darf das jährliche Nettoeinkommen die Einkommensgrenze von 79.499 FF nicht erreichen. 116 Vgl. Diene! (1993), S. 164.

Das französische Sozialleistungssystem

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Seit 1985 wird denjenigen Familien mit mindestens drei Kindern, von denen eines unter drei Jahre alt sein muß, auch Erziehungsgeld gewährt, sofern rur den letzten Zehnjahreszeitraum eine Berufstätigkeit von zwei Jahren nachgewiesen bzw. die Erwerbstätigkeit wegen der Kindererziehung unterbrochen wird. 117 Liegt die Erwerbstätigkeit vor der Geburt oder Adoption des ersten oder zweiten Kindes, wird somit nach der Geburt oder Adoption des dritten Kindes ebenfalls Erziehungsgeld rur zwei Jahre gezahlt. Ist die Erwerbstätigkeit vollständig aufgegeben worden, beträgt die Höhe der Leistung 2.815 FF im Monat, geht ein Elternteil statt dessen wieder einer Teilzeitbeschäftigung nach, wird Erziehungsgeld monatlich in Höhe von 1.408 FF im dritten Lebensjahr des Kindes gezahlt. 118 Für die Betreuung kleiner Kinder wird den Familien eine Vielzahl von Hilfen angeboten: Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten rur Klein- und Schulkinder durch Kinderkrippen, Familienkrippen, staatlich anerkannte und kontrollierte Tagesmütter, Beihilfen rur häusliche Kinderbetreuung oder Unterstützung zur Beschäftigung einer durch das Departement anerkannten Tagesmutter. I 19 Die Öffnungszeiten der Ganztagskindergärten sind auf die Berufstätigkeit der Eltern abgestimmt, d. h. auch vor und nach der eigentlichen Betreuungszeit werden die Kinder beaufsichtigt. 120 In den Kinderkrippen werden die Kinder durch ausgebildetes Personal betreut, in den Familienkrippen werden die Kinder Tagesmüttern zugeordnet, in deren Haushalt sie auch den Tag verbringen. Daneben gibt es seit 1987 die Beihilfe rur häusliche Kinderbetreuung, die Familien zukommt, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit die Kinder, von denen mindestens eines unter drei Jahren alt sein muß, in ihrem Haushalt betreuen lassen. Die Beihilfe beträgt bis zu 2.000 FF pro Monat. 121 Am 31. Dezember 1990 erhielten 467 Tsd. Personen diese Leistung. 122 Seit 1991 können Familien eine Unterstützung (in Höhe der Arbeitgeberanteile an den Sozialabgaben) erhalten, die ihre Kinder zur Beaufsichtigung zu einer Tagesmutter geben. Diese Tagesmutter darf rur diese Leistung allerdings nicht mehr als das Fünffache des Mindestlohnes verdienen und ihre Tätigkeit muß bei der Sozialversicherung gemeldet sein. Die Familie muß die Sozialabgaben rur die Tagesmutter entrichten. 123

117 Vgl. Dienel (1993), S. 164 f. bzw. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 180. 118 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S. 143; Dienet (1993),

S. 164 f. bzw. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 180. 119 Vgl. Dienel(1993), S. 165 f. 120 Vgl. ebd., S. 165.

121 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S. 144. 122 Siehe ebd., S. 39. 123 Vgl. Dienet (1993), S. 166 f.

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Für schulpflichtige Kinder erhalten Eltern einmal im Jahr eine Ausbildungsförderung (Schulanfangsbeihilfe), wenn sie Kindergeld beziehen und ihr zu versteuerndes Einkommen einen gewissen Betrag nicht übersteigt. Dieser lag 1992 bei 90.346 FF pro Jahr für Familien mit einem Kind, wobei der Höchstbetrag rur jedes weitere Kind um 20.870 FF erhöht wird. 124 Die Schulanfangsbeihilfe wird für Kinder im Alter zwischen 6 und 18 Jahren als Pauschalbetrag in Höhe von 395 FF pro Jahr gewährt, wenn Bedürftigkeit vorliegt. 125 Am 31. Dezember 1990 war dies der Fall bei 2.700 Tsd. Personen. 126 Für Studenten können im Rahmen der Familienleistungen auf Antrag Stipendien gewährt werden. 127 Diese betragen zwischen 6.210 und 16.740 FF im Jahr. Darüber hinaus gibt es für "hochbegabte" Studenten Vollstipendien oder zinslose Studiendarlehen rur Studenten, die kein Stipendium beziehen, bzw. Sachleistungen, wie freier Transport, subventionierte Unterkünfte, Mahlzeiten und Versicherungen rur die Studenten. 128 Von allen Sozialversicherungssystemen werden einzig in der Altersversicherung die Kindererziehungszeiten berücksichtigt. Sie werden dort mit zwei Jahren je Kind angerechnet. Für Familien mit einem geringen Einkommen werden darüber hinaus auch die Zeiten bis zum dritten Lebensjahr des ersten oder zweiten Kindes angerechnet bzw. auch jene Zeiten, in denen drei oder mehr Kinder versorgt werden mußten. 129 1.4.1.3 Familienleistungen für Familien in besonderen Lebenslagen Die Familienleistungen rur Familien in besonderen Lebenslagen sehen für Familien, die aufgrund unterschiedlicher Tatsachen einen speziellen Unterstützungsbedarfhaben verschiedene Leistungen vor. l3O Als besondere Lebenslagen gelten das Fehlen eines Elternteils oder seiner Unterhaltsleistungen, eine Behinderung der Kinder und mangelndes Einkommen. Eine Form der Leistungen ist die ursprünglich für Waisen konzipierte Familienunterstützungshilfe. Diese kommt auch den Familien zugute, bei denen sich ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten entzieht. Die Dauer der Leistung ist auf den Zeitraum beschränkt, in dem der Elternteil diesen Pflichten nicht nachkommt. Wird diese 124 125 126 127 128 129 130

Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993c), S. 145. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle X, S. 180. Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 39. Vgl. Dienel (1993), S. 167. Vgl. ebd. (1993), S. 167. Vgl. ebd., S. 167. Vgl.ebd.,S.168f.

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Das französische Sozialleistungssystem

Pflicht wieder aufgenommen, endet auch die Unterstützungsleistung. Die Höhe der Leistung beträgt im Monat 592 FF.131 Am 31. Dezember 1990 erhielten 181 Tsd. Personen diese Leistung. 132 Alleinerziehende Eltern, erhalten eine zunächst einmal auf ein Jahr beschränkte Beihilfe ("Allocation de Parent Isole", API, Beihilfe für Alleinerziehende; D. W.), die maximal bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes gewährt wird. Ihre Höhe differiert in Abhängigkeit vom Haushaltseinkommen. Das zu versteuernde Einkommen muß inklusive der Beihilfe unter einer bestimmten gesetzlichen Höchstgrenze liegen. Für eine Frau, die ihr erstes Kind erwartet, liegt diese z. B. bei 2.962 FF im Monat. 133 Die Beihilfe soll die Differenz zwischen dem Haushaltseinkommen und dem 150fachen des Basisbetrages ausgleichen. 134 Am 31. Dezember 1990 erhielten 131 Tsd. alleinerziehende Eltern diese Beihilfe. 135 Alleinstehende Elternteile ab 45 Jahren und mit mindestens drei Kindern erhalten eine kostenlose Krankenversicherung. 136 Für behinderte Kinder gibt es eine Familienzulage, die in Abhängigkeit vom Grad der Behinderung und der notwendigen Pflege durch Dritte gewährt wird. Als Basisbetrag werden 632 FF im Monat gezahlt. Bei einer Behinderung von 50 - 80 vH wird dieser Basisbetrag um 24 vH, bei einer Behinderung von mehr als 80 vH um 72 vH erhöht. 137 Einkommensschwache Familien mit mindestens drei Kindern im Alter von jeweils mindestens drei Jahren erhalten eine Aufstockung des Kindergeldes, wenn das Nettohaushaltseinkommen nicht mehr als 79.499 FF pro Jahr beträgt. Das Kindergeld wird in diesem Fall um 822 FF pro Monat erhöht. Die Einkommensgrenze wird in Abhängigkeit von der Zahl der Kinder um 25 vH für die ersten beiden Kinder und jeweils 30 vH für weitere Kinder erhöht. 138 Das zu versteuernde Einkommen darf dabei eine von der Anzahl der Kinder und

131 Vgl. ebd., S. 168. 132 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (I 993b), S. 39. 133 Diese Höchstgrenze steigert sich mit jedem weiteren unterhaltsberechtigten Kind auf

höchstens 3.940 FF pro Monat. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (I 993c), S. 154.

134 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993c), S. 154. Der Basisbetrag erhöht sich mit der Anzahl der Kinder um jeweils 50 vH. 135 Siehe ebd., S. 40. 136 Vgl. Dienet (1993), S. 168. 137 Vgl. ebd., S. 168. 138 Vgl. ebd. (1993), S. 168 f bzw. Europäische Gemeinschaften - Kommission

S.145.

(I 993c),

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Doris Wischeropp

dem Kriterium, ob die Eltern erwerbstätig sind oder nicht, abhängige bestimmte, gesetzlich festgelegte Einkommensgrenze nicht übersteigen. 139 Am 31. Dezember 1990 erhielten 822 Tsd. Familien diese Leistung. 140 Schließlich wird auch das Eingliederungsmindesteinkommen (RMI) im Rahmen der Familienleistungen flir Familien, unabhängig vom Lebensalter der Eltern, in besonderen Lebenslagen gewährt. Denn beim Vorhandensein von Kindern erübrigt sich die Altersbeschränkung dieser Leistung von mindestens 25 Jahren 141 flir die Elternteile, wenn zudem das Haushaltseinkommen unter dem Mindesteinkommen liegt. In diesem Falle wird das Haushaltseinkommen auf das Niveau des Mindesteinkommens angehoben, das zum 01.01.1992 flir eine Person 2.163 FF im Monat betrug. 142 Das Mindesteinkommen wird um 30 vH flir einen zweiten Familienangehörigen und jeden weiteren Angehörigen und um 40 vH flir jede weitere Person (ab drei Personen, ausgenommen der Ehe- bzw. Lebenspartner) erhöht. 143 So ergeben sich dann z. B. Leistungen in Höhe von 3.245 FF im Monat flir Paare ohne Kinder, flir Paare mit einem Kind im Alter von zehn Jahren in Höhe von 3.894 FF im Monat, flir Paare mit zwei Kindern im Alter von 8 und 12 Jahren in Höhe von 4.543 FF im Monat und flir Paare mit drei Kindern in Höhe von 5.408 FF im Monat. 144 1.4.2 FinanzauJwand und Mittelaufbringung FinanzauJwand

Die Sozialausgaben flir Familienleistungen sind zwischen 1985 und 1992 von 194 auf 270 Mrd. FF angewachsen, wie Tabelle 1.6 zeigt. Dies ist eine Steigerung der Sozialausgaben flir Familienleistungen in diesem Zeitraum um 39 vH. Nach einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate der Sozialausgaben in Höhe von 4,9 vH zwischen 1985 und 1990, ist bis 1991 eine Abschwächung der Zunahme der Sozialausgaben zu erkennen, die sich insbesondere auch in der Ausgabenentwicklung flir Wohngeldleistungen und in der Entwicklung der Sozialversicherungsleistungen flir den sozialen Tatbestand 139 Diese liegt z. B. rur eine Familie mit einem Kind, in der beide Elternteile erwerbstätig sind, bei 131.327 FF I Jahr. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (I 993c), S. 145. 140 Siehe ebd., S. 39. 141 Siehe zu der generellen Begrenzung des Alters rur diese Leistung auf mindestens 25 Jahre Europäische Kommission (1992), S. 212. 142 Vgl. ebd., S. 222. Bei der Leistungsbemessung werden alle Einkünfte jeglicher Art, somit auch Familienleistungen, berücksichtigt. Nicht einbezogen in die Leistungsberechnung sind allerdings die Wohngeldleistungen. Vgl. ebd., S. 218, 222. 143 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 220, 222; Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S.154. 144 Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 222.

Das französische Sozialleistungssystem

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Familie zeigt. Für diese beiden Bereiche setzt sich die Abschwächung der Zunahme der Sozi al ausgaben darüber hinaus bis 1992 fort. Auch die Ausgaben für Steuerermäßigungen zeigen zwischen 1991 und 1992 einen Rückgang der Wachstumsrate gegenüber dem davor liegenden Zeitraum, in dem diese progressiv ansteigen. Der über den Zeitraum tendenziell rückläufige Zuwachs an Sozialausgaben für Familienleistungen spiegelt sich auch in der Entwicklung ihres Anteils an der Summe der Sozialleistungen wider: Gegenüber 1985 sank dieser Anteil bis 1992 von 14,6 auf 13,4 vH der Summe der Sozialleistungen. Dabei lag der Anteil der regulären Familienleistungen durchweg knapp dreimal so hoch als der für Wohngeldleistungen und Steuerermäßigungen an der Summe der Sozialleistungen. Aufflillig ist insbesondere für 1992 der verstärkte Zuwachs der Sozialausgaben für die Familienleistungen insgesamt und der regulären Familienleistungen, im Vergleich zu der dennoch tendenziellen Abnahme ihres Anteils an der Summe der Sozialleistungen (siehe Tabelle 1.6). Mittelaujbringung

Die Familienleistungen wurden bis 1991 ausschließlich über Beiträge des Arbeitgebers finanziert. 1992 lag die Höhe des Beitragssatzes bei 5,4 vH Eine Beitragsbemessungsgrenze gibt es nicht. Seit 1991 wurde diese Art der Finanzierung der Familienleistungen um Einnahmen aus der allgemeinen Sonderabgabe CSG ergänzt, die in Höhe von 1,1 vH auf die Summe aller um 5 vH reduzierten Einkünfte, d. h. auch auf alle Leistungen und Beihilfen sowie staatlicherseits gewährte Einkünfte, erhoben wird. 145 Die zusätzliche Einnahmeart spiegelt sich auch in der Entwicklung der Einnahmen aus den Arbeitgeberbeiträgen wider: Gegenüber dem Zeitraum bis 1990, in dem der Umfang der Arbeitgeberbeiträge um durchschnittlich 3,7 vH zugenommen hat, weist die Tabelle 1.6 1991 eine drastische Abnahme dieses Volumens um 16,2 vH aus, die sich bis 1992, allerdings stark abgeschwächt (mit nur noch -1,9 vH) fortsetzt. Der Umfang der Arbeitgeberbeitragszahlungen hat sich damit im untersuchten Zeitraum nicht nur absolut (von 124,5 auf 122,9 Mrd. FF) reduziert, sondern auch in Relation zu der Summe der Beitragseinnahmen aus allen Sicherungssystemen von 11,6 vH 1985 auf7,6 vH 1992. Die Abgabenlastquote reduzierte sich demzufolge auch im Zeitraum 1985 bis 1992 von 3,2 auf 2,3 vH. Hinter dieser Entwicklung steht eine über den Gesamtzeitraum gemessene, beinahe kontinuierliche Abnahme der Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 0,4 vH im ersten Füntjahreszeitraum und in Höhe von 0,5 vH zwischen 1990 und 1992. 145 Diese Abgabe beschränkt sich auf Personen, die steuerlich wohnhaft in Frankreich sind. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle 11, Anmerkung F-3, S. 55 sowie Abschnitt 3.3 dieses Berichtes.

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Doris Wischeropp

Der Anteil der Familienleistungen am Bruttoinlandsprodukt nahm zwischen 1985 und 1992 von 4,1 auf 3,9 vH ab. Dahinter steht zunächst eine Abnahme des Gewichtes der Ausgaben für Familienleistungen an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von 0,3 vH zwischen 1985 und 1990. Bis 1992 ist demgegenüber dann eine Zunahme des Gewichtes der Familienleistungen am Bruttoinlandsprodukt von 0,1 vH nach einer Stagnation 1990 und 1991 zu verzeichnen (siehe Tabelle 1.6). Tabelle 1.6

Sozialausgaben und -einnahmen für Familienleistungen (1985 - 1992)

Sozialleistungen insgesamt (L: SL) Ausgaben

davon rur ... ... reguläre Familienleistungen darunter ... Sozialvers. leistungen

in Mrd. FF

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHL: SL in Mrd. FF Veränderung in vH* in vH L: SL in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHL: SL

1985 a)

1990

1991

1992

Index b) (1985= 100)

1.325,3

1.772,2

1.887,8

2.007,9

152

194

247

139

14,6

4,6

13,9

258 4,4 13,7

270

4,9

13,4

121

145

149

155

3,7

1,8

2,8

4,0

7,9

7,7

9,1

8,2

4,7

91

108

111

114

3,5

2,8

2,8

2,7

6,9

6,1

5,9

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHL:SL

33

49

52

55

8,2

7,2

6,1

5,8

... Steuererrnäßigungen

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vH L: SL

Beitragseinnahmen insgesamt (L: BE)

125

5,7

... Wohngeldleistungen

2,8

128

2,5

2,8

40

53

57

60

5,8

6

7,5

5,3

167

2,7

150

3,0

3,0

3,0

3,0

in Mrd. FF

1.071,9

1.474,6

1.543,4

1.613,9

151

in Mrd. FF

124,5

149,5

125,3

122,9

98,7

3,7

3,7

-16,2

-1,9

11,6

10,1

8,1

7,6

davon ... AG-Beiträge

Veränderung in vH* in vHL: BE

81

Das französische Sozialleistungssystem Quoten Abgabenlastquote c) Sozialleistungsquote d)

in vH des BIP Veränderung in vH

-0,4

3,2

in vH des BIP eränderung in vH

-0,3

4,1

2,8

2,3

3,8

3,8

2,3

-0,5 e)

3,9

0,1 e)

Finanzierung des allgemeinen staatlichen Sicherungssystems (Stand: /992)0 Beitragsbemes-

Beitragsbemes-

sungsgrundlage

sungsgrenze (in FF / Jahr)

AN (in vH)

Beitragssätze AG (in vH)

-

-g)

5,4g)

Bruttolohn Anmerkungen:

*

Staat

Jeweils gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der Daten in der Spalte fiir 1985. Siehe hierzu Anmerkung a). - a) Die in der Spalte fiir 1985 angegebenen jährlichen Wachstumsraten geben die durchschnittliche Entwicklung dieser Rate filr den Zeitraum 1985 bis 1990 an. - b) Für die Summe der Sozialausgaben filr die Beschäftigungsfllrderung gibt der Index die Entwicklung über den Zeitraum 1985 bis 1992 an, filr die Sozial ausgaben der Teilsysteme bezieht sich der Index auf den Zeitraum 1985 bis 1991. - c) Diese Abgabenlastquote ist definiert als das Verhältnis der Beitragsleistungen zum Bruttoinlandsprodukt. d) Die Sozialleistungsquote gibt das Verhältnis der Sozialausgaben zum Bruttoinlandsprodukt an. - e) Die Veränderungen beziehen sich auf den Zeitraum 1990 bis 1992. - 0 Die Übersicht über die Sozialausgaben und -einnahmen bezieht sich demgegenüber auf das Gesamtsystem der sozialen Sicherung, d. h. sie umfaßt sowohl das allgemeine System als auch die Sondersysteme. - g) Von den Arbeitnehmern werden zwar keine Beiträge zur Finanzierung der Familienleistungen herangezogen, zu berücksichtigen ist aber die allgemeine Sonderabgabe in Höhe von 1,1 vH auf die Einkünfte aller Art.

Quellen: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung(1993), S. 21; Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et De la Ville (1993), tableau 4, S. 7, tableau 5, S. 9, tableau "Les prestations totales par risques", S. 11, tableau "Detail des cotisations", S. 15, tableau "Ensemble des regimes de protection sociale", annexe;Ministere des Affaires Socia/es, de la Sante et de la Ville (1997), annexe, und eigene Berechnungen.

1.5 Soziale Sicherung im Alter und Hinterbliebenensicherung

Das Alterssicherungssystem ist in drei Bereiche gegliedert: (1) in das allgemeine Alterssicherungssystem, (2) in Sondersysteme der Alterssicherung und (3) in autonome Alterssicherungssysteme. 146 Diese drei Bereiche bilden die 146 Die autonomen Sicherungssysteme unterscheiden sich von den Sondersystem der Alterssicherung dadrurch, daß diese nicht nur administrativ selbständig gegenüber dem allgemeinen Alterssicherungssystem sind, sondern auch finanziell. Darüber hinaus definieren sich die 6 Döring u.a.

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Regelsicherung, die um obligatorische bzw. freiwillige Zusatzrentensysteme ergänzt sind. In den Regelsicherungssystemen lassen sich Alterssicherungssysteme für abhängig Beschäftigte und für Selbständige unterscheiden. Neben diesen existieren bestimmte Hilfs- und Förderungssysteme, die Sozialhilfeleistungen, sowohl in Form von Geld- als auch in Form von Sach- und Dienstleistungen, gewähren. Besonderes Kriterium dieser Leistungen im Rahmen der Alterssicherung ist, daß neben der Bedürftigkeit der Tatbestand Alter bei den Anspruchsberechtigten vorliegen muß. Zu dem Leistungsspektrum zählen zum einen das Eingliederungsmindesteinkommen,147 zum anderen spezielle Vergünstigungen bei Telefonanschlüssen, Rundfunk- und Fernsehgebühren, im Bereich der öffentlichen Transporte oder auch Essenseinrichtungen sowie Haushaltshilfedienste. 148 Die Sicherungssysteme sind untereinander koordiniert, ihre Finanzierung erfolgt i. d. R. über Sozialversicherungsbeiträge mit Ausnahme bestimmter Hilfssysteme, die über Steuern finanziert werden. Es werden Geld-, Sach- und Dienstleistungen gewährt. Die folgenden Ausführungen sind auf die Beschreibung der Regel- und Zusatzrentensysteme beschränkt, die Darstellung der Mindestsicherungsleistungen erfolgt in einem gesonderten Abschnitt. Die Organisation der Alterssicherungsleistungen obliegt dem Ministerium für soziale Angelegenheiten und Integration als oberste Aufsichtsbehörde. Träger der Altersversicherung ist auf nationaler Ebene für das allgemeine Sicherungssystem die Caisse Nationale d'Assurance Vieillesse des Travailleurs Salaries (CNAVTS, Nationale Altersversicherungskasse der abhängig Beschäftigten; D. W.), die neben den Alterssicherungsleistungen auch die Leistungen an Hinterbliebene verwaltet. Diese nimmt gegenüber den Regional- und Bezirkskassen Planungsfunktionen wahr und ist diesen gegenüber weisungsbefugt. Die Auszahlung der Rentenleistungen erfolgt über die Regional- und Bezirkskassen. Dies sind selbstverwaltete Körperschaften des öffentlichen Rechts mit einem Verwaltungsrat, dem Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber im Verhältnis 3:2 angehören. 149 Die obligatorischen Zusatzrentensysteme für abhängig Beschäftigte sind in den Dachverbänden AGIRC (Association Generale des Institutions de Retraite des Cadres) für leitende Angestellte und ARRCO

autonomen Sicherungssysteme und die Sondersysteme über den in ihnen abgesicherten Personenkreis.

147 Diese Leistung wird allerdings nur denjenigen Bedürftigen gewährt, die die gesetzliche Altersgrenze noch nicht erreicht haben. Diese Beschränkung resultiert aus der für den Bezug des RMI notwendigen Voraussetzung, daß der Anspruchsberechtigte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muß. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 214. 148 149

S. 56 f.

Vgl. /gl / Kaufmann (1991), S. 238. Vgl. Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung e. V (GVG) (1994),

Das französische Sozialleistungssystem

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(Association des Regimes de Retraite CompJementaires) tUr die anderen Arbeitnehmer zusammengeschlossen.1 50 1. 5. J Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad

1.5.1.1 Alterssicherungsleistungen im allgemeinen System tUr abhängig Beschäftigte Der im allgemeinen Alterssicherungssystem versicherte Personenkreis erstreckt sich über alle im Handel oder in der Industrie beschäftigten Arbeitnehmer und diesen Gleichgestellten. Hierzu zählen besonders schutzbedürftige Personen, wie z. B. Heimarbeiter, abhängig Beschäftigte im Gastronomiegewerbe, deren Entlohnung sich teilweise über das Trinkgeld definiert, Journalisten auf Zeitlohnbasis oder auch Versicherungsmakler. 151 Für die Leistungsbemessung der Rentenhöhe der Altersrente werden drei Faktoren multiplikativ miteinander verknüpft: das durchschnittliche, um einen Inflationskoeffizienten bereinigte Bruttojahresarbeitsentgelt des Versicherten der zehn besten Versicherungsjahre (L)152, der auf dieses Bruttojahresarbeitsentgelt anwendbare Steigerungssatz (s) und die Versicherungsdauer im allgemeinen System (V), die sich als Quotient aus der Versicherungsdauer in Vierteljahren, dividiert durch die Höchstversicherungsdauer (37,5 Jahre) ergibt. Danach sieht die Formel tUr die Erstberechnung der Jahresrente (R) wie folgt aus: 153 R = L * s * V /150

Eine Altersrente in voller Höhe wird bei Nachweis einer Versicherungszeit von 37,5 Jahren erreicht oder wenn der Versicherte sich entsprechende anrechnungsfähige Zeiten gutschreiben lassen kann. Die Rentenhöhe beträgt in diesem Fall 50 vHI54 des bis zur Beitragsbemessungsgrenze l55 berücksichtigten Bruttojahresarbeitsentgelts der zehn besten Versicherungsjahre. 150 Vgl. Igil Kaufmann (1991), S. 250. 151 Vgl. z. B. ebd. (1991), S. 241, oder auch Tibitanzl (1993), S. 15 f. 152 Diese Bemessungsgrundlage wird infolge der Rentenreform 1993 schrittweise seit dem

01. Januar 1994 bis zum Jahr 2008 jährlich um ein zusätzliches Erwerbsjahr angehoben, so daß ab 2008 fllr die Leistungsbemessung fortan nicht mehr die besten zehn Versicherungsjahre, sondern 25 Versicherungsjahre zugrunde gelegt werden. Vgl. Dertel (1995), S. 370.

153 Siehe z. B. GVG (1994), S. 67, oder Igil Kaufmann (1991), S. 242. 154 Dieser Satz resultiert aus der Multiplikation der zehn besten Versicherungsjahre mit dem

Steigerungssatz von 5 vH pro Jahr.

155 1992 lag diese bei 145.800 FF im Jahr. Vgl. Bundesministeriumfiir Arbeit und So=ialordnung (1993), S. 93. 6*

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Der Steigerungssatz wird per Verordnung festgelegt. Dies geschieht zweimal im Jahr: zum 01. Januar und zum 01. Juli eines Jahres. Die Anpassung der Altersrente erfolgt in Abhängigkeit von der Entwicklung des Preisindexes. 156 Im Falle der Nichterfiillung der maximalen Versicherungsdauer errechnet sich die Rentenhöhe durch Multiplikation der maximalen Rentenhöhe mit dem Faktor 1 / 37,5 fiir jedes Versicherungsjahr abzüglich 5 vH fiir jedes Jahr der früheren Inanspruchnahme der Altersrente vor Erreichen der maximalen Versicherungszeit. 157 Für bestimmte Personengruppen gelten Sonderregelungen hinsichtlich der Bedingungen an die fiir eine Rentenleistung in voller Höhe zu erfiillende Versicherungszeit: Versicherte, die mindestens das 65. Lebensjahres vollendet haben, erwerbsunfiihige Versicherte, 60jährige Bezieher einer Invaliditätsrente (Umwandlung dieser Rente in eine Altersrente), Arbeitnehmerinnen mit einer Mindestversicherungszeit von 30 Jahren und drei Kindern u. a. m. 158 Bei aufgeschobenen Rentenleistungen erhöht sich der Steigerungssatz fiir jedes zusätzliche Versicherungsjahr um 10 vH, bis maximal 37,5 Versicherungsjahre erreicht werden. 159 Für den Bezug einer Altersrente sind neben der Vollendung des 60. Lebensjahres und der Aufgabe der Berufstätigkeit keine weiteren Voraussetzungen, wie beispielsweise bestimmte Bedingungen an die Erfiillung einer gewissen Wartezeit, erforderlich. Die Aufgabe der Berufstätigkeit ist allerdings unmit156 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 116. Die Anpassung der Renten an den Preisindex erfolgt an dem jeweiligen Index des Vorjahres. Seit 1994 werden die Renten an den voraussichtlichen Preisindex des laufenden Jahres angepaßt, und zum Jahresende wird die Anpassung ggf. (in Anlehnung an den tatsächlichen Preisindex) korrigiert. Vgl. Dertel (1995), S.370. 157 Dabei werden zwei verschiedene Berechnungsverfahren angewandt, wobei das jeweils günstigere Ergebnis filr die Bestimmung der Rentenhöhe verwandt wird. Zur Verdeutlichung dieses Vorgehens wird exemplarisch einmal folgende Konstellation angenommen: Ein Versicherter im Alter von 59 Jahren, der 34,5 Versicherungsjahre zurückgelegt hat, möchte seinen Rentenanspruch realisieren. Nach dem einen Berechnungsverfahren wird die fehlende Versicherungsdauer ermittelt (hier: 37,5 - 34,5 = 3 Versicherungsjahre), diese mit dem Steigerungssatz multipliziert (3 * 5 % = 15 %), so daß sich filr diesen Fall ein Satz von 35 vH (50 % - 15 % = 35 %) ergibt. Nach dem anderen Berechnungsverfahren werden die fehlenden Versicherungsjahre über die Substraktion des gewünschten Rentenzugangsalters von der Altersgrenze 60 Lebensjahre ermittelt (60 - 59 = I Jahr). Dieses fehlende Versicherungsjahr wird mit der Minderung von 5 vH je fehlendem Versicherungsjahr multipliziert (I * 5 % = 5 %) und das Ergebnis von dem vollen anwendbaren Satz abgezogen (50 % - 5 % = 45 %). In diesem Fall erweist sich das zweite Berechnungsverfahren als das günstigere und würde somit filr die Berechnung der Rentenhöhe zur Anwendung kommen. Vgl. Igil Kaufmann (1991), S. 243 bzw.Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 114. Zu keinen Kürzungen bei einer früheren Inanspruchnahme der Altersrente kommt es bei bestimmten Personen gruppen, wie z. B. bei zu 50 % erwerbsunfllhigen Arbeit-nehmern, Arbeitern mit drei Kindern, Widerstandskämpfern und Kriegsversehrten. Siehe Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 114. 158 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 114, bzw./gll Kaufmann (1991), S. 242 f. 159 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 120.

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telbar an das Ausmaß der gewünschten Inanspruchnahme der Altersrente gekoppelt: Das heißt, neben der Möglichkeit, mit Vollendung der gesetzlichen Altersgrenze die Erwerbstätigkeit vollständig aufzugeben und in den Ruhestand zu gehen, haben die Versicherten bei Erfüllen der Anspruchsvoraussetzungen auch die Möglichkeit, über diesen Zeitpunkt hinaus erwerbstätig zu sein und damit die Rentenleistung aufzuschieben bzw. vor diesem Zeitpunkt einen gleitenden Übergang in den Ruhestand zu wählen. Damit der Versicherte eine Rente in voller Höhe erhält, ist eine Versicherungszeit von 37,5 Jahren bzw. 150 Trimestern 160 im allgemeinen Alterssicherungssystem bzw. den obligatorischen Zusatzrentensystemen erforderlich. Arbeitet der Versicherte über die Vollendung seines 60. Lebensjahres hinaus weiter, und die Bedingung der 37,5 Versicherungsjahre ist weder bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres noch bis zum Zeitpunkt der Verrentung realisiert,161 dann werden die nach der Vollendung des 65. Lebensjahres liegenden Versicherungsjahre höher bewertet: Mit jedem zusätzlichen Quartal Erwerbstätigkeit verlängert sich die Versicherungszeit des Versicherten um 2,5 vH162 Für eine Rente in voller Höhe liegt der Steigerungssatz bei 50 vH Damit dieser auch von den Versicherten, die über die gesetzliche Altersgrenze hinaus erwerbstätig sind, erreicht werden kann, wird die Zahl der dafür erforderlichen Versicherungsjahre mit zunehmendem Alter reduziert. So erreicht z. B. ein 66jähriger den Steigerungssatz in Höhe von 50 vH nach 35 Versicherungsjahren, ein 68jähriger nach 30 und ein 70jähriger nach 25 Versicherungsjahren. 163 Hat der Versicherte die gesetzliche Altersgrenze erreicht, aber noch nicht die für den Bezug einer Rente in voller Höhe erforderlichen 37,5 Versicherungsjahre erfüllt, und geht dieser dann dennoch in den Ruhestand, dann wird ihm bei der Leistungsberechnung für jedes an den 37,5 Versicherungsjahren fehlende Vierteljahr der Steigerungssatz um 1,25 vH gekürzt. 164 Versicherte, die sich für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand (eine Teilrente) entscheiden, müssen sowohl die gesetzliche Altersgrenze erreicht als auch die 37,5 Versicherungsjahre erfüllt haben. Zudem müssen sie ihre Erwerbstätigkeit um mindestens 20 vH reduzieren. Dann haben sie nahezu jede Alternative, ein für sie akzeptables Mischungsverhältnis zwischen Er-

160 Im folgenden werden diese Angaben der Übersichtlichkeit und besseren Verständlichkeit halber in in Jahren oder Monaten umgerechneten Werten angegeben. Infolge der Rentenreform 1993 wurde die dafur erforderliche Versicherungszeit auf 40 Jahre festgesetzt. Vgl. Dertel (1995), S.370. 161 Dieser Zeitpunkt ist allerdings höchstens auf die Vollendung des 70. Lebensjahres beschränkt. Vgl. ova (1994), S. 67. 162 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 120. 163 Vgl. ova (1994), S. 67. 164 Vgl. ebd., S. 67.

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werbstätigkeit und Ruhestand zu wählen - allerdings unter der Prämisse, daß dies nicht mit den betrieblichen Gegebenheiten kollidiert. 165 Die Altersrente wird bis zum Tod des Versicherten gezahlt. Im Falle einer Teilrentenregelung endet die Gewährleistung der Teilrente spätestens mit Vollendung des 70. Lebensjahres des Versicherten. Zu diesem Zeitpunkt muß der Versicherte die Erwerbstätigkeit vollständig aufgeben, und er erhält dann bis zu seinem Tode die Regelaltersrente. Unter bestimmten Voraussetzungen können Zusatzleistungen zur Altersrente gewährt werden. Dazu zählen u. a. die Anrechnung von Versicherungsjahren rur das Aufziehen von Kindern, 166 die Pflegebedürftigkeit des Versicherten, der vor dem Bezug der Altersrente bereits eine Invaliditätsrente mit Erhöhungsbetrag (fiir die Pflegebedürftigkeit) erhalten hat oder auch die Aufstockung des Haushaltseinkommens, wenn der Ehepartner selbst nicht altersrentenberechtigt ist und das 65. Lebensjahr vollendet hat.1 67 Das Haushaltseinkommen darf dabei einen bestimmten Betrag 168 nicht übersteigen. Die Höhe der Zusatzleistungen ist nach dem Vorliegen der verschiedenen Tatbestände differenziert. 169 So erhöht sich die Altersrente beispielsweise um 10 vH, wenn der Versicherte mindestens drei Kinder hat bzw. drei Kinder über einen Zeitraum von wenigstens neun Jahren vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres großgezogen hat. Die Altersrente erhöht sich um 40 vH bei Versicherten, die vor der Altersrente eine Invaliditätsrente mit einem Erhöhungsbetrag aufgrund von Pflegebedürftigkeit bezogen haben. 170 Die Altersrente unterliegt der Einkommensteuer. Von der Besteuerung ausgenommen sind bestimmte Zusatzleistungen, wie die Erhöhungsbeträge rur den Ehegatten oder der aufgrund der Pflegebedürftigkeit gewährte Erhöhungsbetrag. Auch auf die Zusatzleistungen rur Versicherte, die mindestens drei Kinder großgezogen haben, wird keine Einkommensteuer erhoben. Ebenfalls unberücksichtigt von der Einkommensbesteuerung bleiben die Arbeitnehmer165 Vgl. GVG (1994), S. 67 f. oder Tibitanzl (1993), S. 43. 166 Frauen werden rur die Kindererziehungje Kind zwei Versicherungsjahre angerechnet, sofern sie selbst versichert sind und das Kind mindestens neun Jahre vor seinem 16. Lebensjahr großgezogen haben. Vgl.Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 116, bzw. Igl / Kaufmann (1991), S. 244. 167 Ist der Ehepartner erwerbsunfllhig, dann wird die Aufstockung des Haushaltseinkommens bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres des Ehepartners gewährt. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 116. 168 Dieser betrug zum 01.07.1990 63.110 FF pro Jahr. Siehe Igl/ Kaufinann (1991), S. 244. 169 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 116, bzw. Igl / Kaufmann (1991), S. 244. So wird beispielsweise das Haushaltseinkommen bei Versicherten, die ihrem nicht selbst versicherten Ehepartner gegenüber unterhaltspflichtig sind, um 4.000 FF jährlich aufgestockt. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 116. 170 Vgl. Igl / Kaufinann (1991), S. 244.

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beiträge, die Arbeitgeber können ihren Anteil an den Sozialversicherungsbeiträgen als Personalkosten absetzen. 171 Eine Kumulierung der aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem erworbenen Altersrente mit Rentenleistungen aus anderen Sicherungssystemen sowie mit Arbeitseinkommen ist möglich. l72 Allerdings besteht beim Bezug mehrerer Rentenleistungen eine Höchstgrenze. 173 Für die Kumulierung mehrerer Anspruche auf verschiedene Mindestleistungen besteht dagegen ein Verbot. Hat ein Versicherter Anspruche auf Mindestleistungen aus verschiedenen Systemen, dann wird ihm die Mindestrente mit der höchsten Leistungshöhe gewährt. 174 In dem Fall, daß der Versicherte zugleich Arbeitseinkommen und eine Altersrente bezieht, muß dieser entweder den bisherigen Umfang seiner Erwerbstätigkeit reduzieren und zugleich in entsprechendem Umfang eine Teilrente beziehen,175 oder aber eine bestimmte Art der Beschäftigung ausüben, die es ihm erlaubt, Arbeitseinkommen und Rentenleistungen zu kumulieren. 176 Am 31. Juli 1988 gab es 5.915 Tsd. Personen, die Altersrenten bezogen haben. 177 1.5.1.2 Alterssicherungsleistungen in Sondersystemen für abhängig Beschäftigte Zu den Sondersystemen der Alterssicherung für abhängig Beschäftigte gehören die Systeme für Zivilbeamten des Staates und der Gebietskörperschaften, für Militärpersonen, für Beschäftigte bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft 171 Vgl. ebd., S. 244. 172 Vgl. z. B. Europäische Kommission (1992), Tabelle VII, S. 120 oderTibitanzl (1993), S.53 f. 173 Diese lag beispielsweise im Män 1990 bei 62.040 FF im Jahr. Siehe GVG (1994), S. 67. 174 Vgl. Tibitanzl (1993), S. 53.

175 Dabei hat der Versicherte grundsätzlich drei Alternativen: Eine Möglichkeit ist es, die bisherige Vollzeitbeschäftigung auf 60 - 80 vH zu reduzieren, dann hat der Versicherte Anspruch auf eine Teilrente in Höhe von 30 vH der Vollrente. Bei der anderen Möglichkeit kann der Versicherte seine Erwerbstätigkeit um 40 - 59 vH reduzieren. In diesem Fall bezieht er dann 50 vH der Vollrente. Und die dritte Möglichkeit lautet, die Erwerbstätigkeit auf höchstens 40 vH zu reduzieren, um dann einen Anspruch in Höhe von 70 vH der Vollrente zu haben. Vgl. Tibitanzl (1993), S. 44, zitiert nach Lefebvre (1992). 176 Dazu zählen z. B. Arbeitnehmer, die neben der Rentenleistung eine Tätigkeit als Artist oder Literat ausüben wollen, die in pflegenden Berufen oder die beratend tätig sind, deren dafllr benötigter Zeitaufwand aber nicht den Umfang von 15 Stunden in der Woche übersteigt. Siehe zu einer vollständigen Auflistung der Arbeitnehmergruppen, die uneingeschränkt Arbeitseinkommen und Rentenleistungen aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem kumulieren können, Tibitanzl (1993), S. 54. 177 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 34.

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und bei den Energieversorgungsbetrieben. Neben diesen Systemen, die zugleich zu den größten der Sondersysteme gehören - beispielsweise gemessen am Volumen der Sozialausgaben fur Altersrenten _,178 gibt es Sondersysteme für Bergleute, für Seeleute, für Beschäftigte bei den Bahnen für Nebenstrecken, bei der Banque de France, der Pariser Oper u. a. m. 179 Trotz der Diversifizierung des französischen Alterssicherungssystems in berufsgruppenspezifische Sondersysteme sind die Grundprinzipien, gleich: 180 Die Sicherungssysterne sind für die Versicherten obligatorisch und werden nach dem Umlageverfahren finanziert. Die Beiträge werden dabei vom Arbeitseinkommen abgezogen und die Alterssicherungsleistungen einkommensabhängig gewährt. 181 Da im Rahmen dieses Berichtes aufgrund der Vielzahl der Sondersysteme nicht jedes einzelne im Hinblick auf seine Leistungs- und Finanzierungsausgestaltung beschrieben werden kann, soll nachfolgend exemplarisch für die Berufsgruppen der Beamten und der Bergleute die Leistungsbemessung und die Art der Finanzierung der Altersrenten im Überblick dargestellt werden. 182 Alterssicherungsleistungen für Beamte

Für den Bezug der Alterspension muß ein Beamter mindestens 15 Dienstjahre aufweisen können. t83 Mit dem Erreichen der Dienstaltersgren178 Von den 379.253 Mio. FF 1988 für Leistungen in Fonn von Altersrenten im Gesamtsystem der sozialen Sicherung wurden alleine 34,76 vH für diese Sondersysteme aufgewendet, nämlich insgesamt 131.839 Mio. FF (dahinter stehen im einzelnen 84.982 Mio. FF filr Beamte und Anneeangehörige, 19.121 Mio. FF filr Beschäftigte im öffentlichen Dienst und Arbeitnehmer lokaler Gebietskörperschaften, 18.990 Mio. FF für Beschäftigte bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft und 8.746 Mio. FF für Beschäftigte der Strom- und der Gasversorgungsgesellschaft). 41,58 vH der Gesamtausgaben für Altersrenten flossen in das allgemeine Alterssicherungssystem. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 32. 179 Vgl. ebd., S. 127 ff. oder auch Igl / Kaufmann (1991), S. 245. 180 Vgl. hierzu Morgenstern (1993), S. 75. 181 Dazu wird in den meisten Sondersystemen für abhängig Beschäftigte ein bestimmter Prozentsatz des rentenbegründenden Verdienstes je Versicherungsjahr bis zu einer maximalen Versicherungszeit von 37,5 Jahren, in Ausnahmefällen bis 40 Jahre, angesetzt. Dieses Verfahren wird z. B. - um nur einige zu nennen - bei der Altersrente für Beamte und Anneeangehörige, filr die Parlamentsmitglieder und -bedienstete, die Beschäftigten des Staatstheaters, die Bahnbediensteten und vielen anderen mehr angewendet. In anderen Sondersystemen der abhängig Beschäftigten werden Pauschalbeträge gewährt, wie z. B. den Beschäftigten im Bergbau oder den Angehörigen des Klerus. Siehe dazu Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 127 ff. 182 Die Auswahl dieser zwei Berufsgruppen geschah aus pragmatischen Gründen: Für den Personenkreis der Beamten und den im Bergbau Beschäftigten liegen der Verfasserin neben Infonnationen zu der Leistungsbemessung auch Daten über die Finanzierungsart der Altersrenten und die Mittelaufbringung vor. 183 Unterschreitet er diese Mindestversicherungszeit, dann kommt für ihn die im allgemeinen Alterssicherungssystem gültige Fonn der Leistungsbemessung zur Anwendung. Von der Anspruchsvoraussetzung der Mindestversicherungszeit ausgenommen sind diejenigen Beamten, die

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ze 184 wird die Pension gezahlt. In die Berechnung der Pensionshöhe gehen neben dem Faktor der Dienstdauer auch Bonifikationen für die Erfüllung bestimmter Aufgaben, insbesondere in Kriegszeiten, ein. 185 Die maximale Dienstdauer beträgt - unter Anrechnung der Bonifikationen - 40 Dienstjahre. Als Grundver-gütung werden 2 vH des rentenbegründenden Verdienstes je Versicherungsjahr gewährt. 186 Wenn der Beamte mindestens drei Kinder zu versorgen hat, dann erhält er auf die Alterspension eine Kinderzulage in Höhe von 10 vH der Al-terspension. Für jedes weitere Kind werden ihm jeweils 5 vH der Alterspension als Zulage gezahlt. 187 Am 31. Juli 1988 erhielten 952 Tsd. Personen eine Alterspension. 188 Alterssicherungsleistungenfür im Bergbau Beschäftigte Bergleute erfüllen die Anspruchsberechtigung auf eine Altersrente mit Vollendung des 55. Lebensjahres. Minimum der erforderlichen Dienstzeit sind 15 Dienstjahre. Kann ein Bergmann 30 Dienstjahre aufweisen, von denen er mindestens 20 unter Tage gearbeitet hat, besteht die Möglichkeit, bereits mit Vollendung des 50. Lebensjahres eine Altersrente zu beziehen. Die Altersrente kommt in drei verschiedenen Variationen vor: 189 (a) Regelaltersrente für Bergleute mit mindestens 30 Dienstjahren, (b) Proportionalrente für Bergleute mit 15 - 29,75 Dienstjahren und (c) Renten aus kapitalisierten Beiträgen bis zum 01.01.1941. Zusätzlich zu den Altersrenten werden verschiedene Zuschläge gewährt. So hat z. B. ein im Bergbau Beschäftigter Anspruch auf einen jährlichen Pauaufgrund von Erwerbsunfllhigkeit den Dienst beenden. Diese Ausnahme gilt auch filr Armeeangehörige. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 127. 184 Diese liegt bei einem Alter von 60 Jahren, wenn der Beamte eine Bürotätigkeit ausübt. Ist der Beamte mit anderen Aufgaben beschäftigt, dann ist die Altersgrenze bereits mit Vollendung des 55. Lebensjahres erreicht. Ausgenommen von dieser Regelung sind verheiratete Frauen, die mindestens drei Kinder zu versorgen haben und Armeeangehörige, wenn sie eine Versicherungszeit von wenigstens 25 Jahren aufweisen können. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 127. 185 Die Bonifikationen werden in Form von Zurechnungszeiten bei der Leistungsbemessung berücksichtigt. Vgl. Igil Kaufmann (1991), S. 246.

186 Der rentenbegründende Verdienst entspricht dem Arbeitsentgelt der letzten sechs Monate vor Beendigung des Dienstverhältnisses. Für Beamtinnen mit mehreren Kindern, einem pflegebedürftigen behinderten Kind oder behinderten erwerbsunfllhigen Ehepartner gelten jeweils Sonderregelungen. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 127; Igil Kaufmann (1991), S. 246. 187 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 127; Igil Kaufmann (1991),

S.246.

188 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 34. 189 Vgl. Igil Kaufmann (1991), S. 247.

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schalbetrag in Höhe von 1.3 83 FF je Versicherungsjahr. Hat der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalles bereits 30 Jahre im Bergbau gearbeitet, dann liegt der jährliche Pauschalbetrag bei 41.479 FF.190 Am 31. Juli 1988 erhielten 268 Tsd. im Bergbau Beschäftigte eine Altersrente. 191 1.5.1.3 Alterssicherungsleistungen für Selbständige Bei den Alterssicherungsleistungen rur Selbständige wird zwischen Leistungen an Landwirte und an andere Selbständige unterschieden. Alterssicherungsleistungen für Landwirte 192

Landwirte müssen mindestens 15 Jahre in ihrem Beruf tätig gewesen sein und fünf Jahre Beiträge geleistet haben, um mit Vollendung des 60. Lebensjahres 193 einen Anspruch auf eine Altersrente zu haben. Die Altersrente setzt sich aus einer Pauschal- und einer Proportionalrente zusammen. Mit der Pauschalrente geht den Landwirten ein Rentenbetrag entsprechend der Rentenhöhe für abhängig Beschäftigte zu, die keinen Anspruch auf eine Altersrente haben. Die Höhe dieser Allocation aux Vieux Travailleurs Salaries (A VTS, Beihilfe für Arbeitnehmer im Rentenalter) ist abhängig von dem Alter, dem Familienstand und der Zahl der Versicherungsjahre des Versicherten. Dabei wird auch die Anzahl der Jahre berücksichtigt, die der Ehepartner in der Landwirtschaft tätig war. Am 01. Januar 1992 lag der Höchstbetrag dieser Beihilfe bei 15.520 FF im Jahr, erhöht um jährlich 4.000 FF, wenn der Versicherte einen unterhaltsberechtigten Ehepartner zu versorgen hat, und um 10 vH der Beihilfe, wenn der Versicherte mindestens drei Kinder hat. 194 Über die Proportionalrente werden die durch die Beitragszahlungen erworbenen Ansprüche berücksichtigt. 195 Wenn Landwirte bzw. ihre Familienmitglieder die zur Errullung der Anspruchsvoraussetzungen erforderliche Zahl an Beitragsjahren nicht aufweisen können, erhalten sie eine Alterszulage in Höhe der AVTS. 190 Die Höhe der Pauschalbeträge bezieht sich jeweils auf das Jahr 1991. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 135. 191 Vgl. ebd., S. 34.

192 Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf den Fall, daß der selbständige Landwirt seinen Betrieb an einen jüngeren Nachfolger abtritt. In anderen Fällen gelten hiervon abweichende Anspruchsvoraussetzungen und eine andere Leistungsbemessung. Vgl. dazu Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 134, 142. 193 Bis zum 31.12.1989 war noch die Vollendung des 65. Lebensjahres rur den Bezug einer Altersrente erforderlich. Vgl. Jgl / Kaufmann (1991), S. 248. 194 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (I993a), S. 149. 195 Vgl. Jgl / Kaufmann (1991), S. 248.

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Gegebenenfalls werden auch Ergänzungszulagen aus verschiedenen Fonds rur die Ehepartner der Landwirte gezahlt. 196 Am 31. Juli 1988 bezogen 1.848 Tsd. selbständige Landwirte, die mindestens ein Jahr in diesem Beruf tätig waren und für diesen Zeitraum auch Beiträge gezahlt haben, eine Altersrente. 197 Alterssicherungsleistungenfür andere Selbständige Für die Selbständigen, die nicht als Landwirte tätig sind, eXistieren verschiedene administrativ autonome Kassen, so für die Handwerks- (Caisse Autonome Nationale de Compensation de l'Assurance Vieillesse Artisanale (CANCA VA), Altersversicherung der Handwerker), Industrie-, Handelsberufe (Organisation Autonome Nationale de l'Industrie et du Commerce (ORGANIC), Altersversorgungswerk der selbständigen Gewerbetreibenden in Handel und Industrie) und Freien Berufe (hier sind 13 verschiedene Kassen zu unterscheiden, die in der Caisse Nationale d'Assurance Vieillesse des Professions Liberales (CNAVPL), Nationale Altersversicherungskasse der freien Berufe zusammengeschlossen sind).198 Mit Ausnahme der Kassen für die Freien Berufe sind die Alterssicherungssysteme der Selbständigen an die Altersversicherung des allgemeinen Systems angeglichen worden. 199 Die Freiberufler beziehen wie die Landwirte sowohl beitragsbezogene als auch nichtbeitragsbezogene Leistungen. Die nichtbeitragsbezogene Altersleistung entspricht der Höhe nach der Beihilfeleistung rur abhängig Beschäftigte (A VTS), die keinen Anspruch auf eine Altersrente haben. Die beitragsbezogene Altersleistung ist abhängig von den geleisteten Beitragszahlungen. 200 Dabei errechnet sich die Leistungshöhe durch Multiplikation der in Versicherungspunkten gemessenen Versicherungszeit mit dem Wert dieser Versicherungspunkte, der rur die verschiedenen Berufsgruppen variiert. 201 Die beitragsbezogene Altersleistung erhöht sich um einen Zuschlag in Höhe von 4.000 FF im Jahr, wenn der Versicherte verheiratet ist. 202 196 Vgl. ebd., S. 248. Dies sind die Ergänzungszulage aus dem Fonds National de Solidarite (Nationaler Solidaritätsfonds), die Indemnite Viagere de Depart (lVD, an Landwirte lebenslang gezahlte Leibrente, wenn sie ihren Betrieb abtreten) aus dem Fonds d'Action Sociale pour l'Amenagement des Structures Agricoles (FASASA, Sozial fonds zur Sanierung der Agrarstrukturen) und die Indemnite Complementaire (ergänzende Entschädigungsleistung; D. W.). Vgl. ebd., S.248. 197 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 34. 198 Vgl. Igl/ Kaufmann (1991), S. 249. 199 Vgl. ebd., S. 249. 200 Vgl. ebd. (1991), S. 249. 201 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 138. 202 Vgl. ebd., S. 138.

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Am 31. Juli 1988 gab es 603 Tsd. Handwerker, 372 Tsd. Selbständige in Industrie und Handel und 78 Tsd. Freiberufler, die eine Altersrente bezogen. 203 1.5.1.4 Obligatorische und freiwillige Zusatzrentenversicherungen Für Versicherte des allgemeinen Systems ist 1972 die Zusatzversorgung im Alter kraft Gesetzes 204 obligatorisch geworden. Bereits seit 1947 bestand durch Kollektivvertrag für die leitenden Angestellten die Möglichkeit einer freiwilligen Zusatzversorgung für den die Beitragsbemessungsgrenze205 des allgemeinen Alterssicherungssystems übersteigenden Anteil ihres Einkommens. Die verschiedenen Zusatzversorgungskassen für die leitenden Angestellten haben sich im Dachverband AGIRC zusammengeschlossen. Für die anderen Arbeitnehmer sind die Zusatzversorgungskassen, die eine Zusatzversorgung auf das gesamte Arbeitseinkommen bis zur Höhe des Dreifachen der Beitragsbemessungsgrenze gewähren, in dem Dachverband ARRCO seit dem 8. Dezember 1961 zusammengeschlossen. Die seit 1972 erfolgte starke Anhebung der Beitragsbemessungsgrenzen in dem allgemeinen Alterssicherungssystem führte 1973 dazu, daß auch die leitenden Angestellten für den Anteil ihres Arbeitseinkommens, das unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze lag, eine Zusatzversorgung erwerben konnten. Dazu wurden die Zusatzversorgungskassen der ARRCO auch für diesen Personenkreis geöffnet. 206 Obligatorisch einbezogen in die Zusatzversorgungssysteme des allgemeinen Alterssicherungssystems sind des weiteren die Ehepartner der nicht in der Landwirtschaft tätigen Selbständigen, die Selbständigen im Bausektor, Freiberufler, landwirtschaftliche Arbeitnehmer und nicht beamtete Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung in den Zusatzversicherungssystemen besteht dagegen für die Beamten im öffentlichen Dienst, für die Selbständigen, die nicht obligatorisch der Zusatzversorgung unterliegen, und für Landwirte. 207 Die Versicherung der Personengruppen beginnt mit der Aufnahme der Beschäftigung. Für den Bezug einer Zusatzaltersrente im allgemeinen Alterssicherungssystem ist die Aufgabe der Erwerbstätigkeit erforderlich. Die Anspruchsberechtigten müssen zudem die Altersgrenze von 60 Jahren 208 und eine 203 Ebd., S. 34.

204 Siehe Gesetz Nr. 72-1223 vom 29. Dezember 1972; zitiert nach Igil Kaufmann (1991),

S. 250.

205 Diese lag z. B. fur das Jahr 1992 bei 145.800 FF im Jahr. Vgl. Bundesministeriumfiir Arbeit und Sozialordnung (1993), S. 93. 206 Vgl. Igil Kaufmann (1991), S. 250. 207 Vgl. ebd., S. 251. 208 Haben die Versicherten das 55. Lebensjahr vollendet und können sie wenigstens 32,5 Beitragsjahre nachweisen, dann besteht fur sie die Möglichkeit, bereits ab diesem Zeitpunkt eine

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bestimmte Zahl an Versicherungspunkten erreicht haben. Die den Anspruch begründende Zahl an Versicherungspunkten liegt fur die Arbeitnehmer (ohne die leitenden Angestellten) bei mindestens 100 Versicherungspunkten, flir die leitenden Angestellten bei mindestens 500 Versicherungspunkten. 209 Der Bezug einer Zusatzaltersrente ist allerdings nicht an eine ununterbrochene Beschäftigung in nur einem Unternehmen gebunden. Bei einem Arbeitsplatzwechsel des Versicherten oder auch Veräußerung des Unternehmens bleiben die erworbenen Ansprüche auf eine Zusatzaltersrente in voller Höhe erhalten und werden regelmäßig angepaßt. Der Anspruch auf eine Zusatzaltersrente ist zudem auch nicht an die Staatsangehörigkeit des Versicherten oder etwa seinen Wohnsitz gebunden. 210 Die Berechnung der Versicherungspunkte geschieht dabei folgendermaßen: Für die Versicherungspunkte wird flir jeden Arbeitnehmer ein sogenanntes Punktekonto eröffnet, auf dem die in Punkte umgerechneten Beitragszahlungen festgehalten werden. 211 Dazu wird jeweils die Summe der Beitragszahlungen in einem Jahr durch den Kaufpreis eines Punktes geteilt, um so die Versicherungspunkte fur ein Versicherungsjahr zu erhalten. Hierbei werden Zeiten von Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit mit Gratispunkten berücksichtigt. Die so flir jedes Versicherungsjahr ermittelten Versicherungspunkte werden addiert und im Falle, daß der Versicherte Kinder hat, durch einen Koeffizienten erhöht. Schließlich wird dann die Summe der Versicherungspunkte mit dem Punktewert multipliziert, und es ergibt sich die Leistungshöhe der Jahresrente. 212 Am Ol. Juli 1992 betrug der Punktewert flir die aus dem ARRCO geleisteten Zusatzaltersrenten 2.351 FF im Jahr, flir die aus dem AGIRC geleisteten Zusatzaltersrenten 2.179 FF im Jahr (Stand: 01. Januar 1991).213 Die Zusatzaltersrenten werden regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr in Abhängigkeit von der Entwicklung des Punktewertes angepaßt. Der Punktewert ist dabei an die Entwicklung der Durchschnittslöhne der BeitragszahIer gebunden. 214 Führungskräfte unter den leitenden Angestellten hatten zunächst die Möglichkeit, neben der Zusatzversorgung im allgemeinen Alterssicherungssystem eine weitere zusätzliche Altersrente "auf dritter Ebene"215 zu beziehen. Seit gekürzte Zusatzaltersrente zu beziehen. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S.143.

209 Wird diese erforderliche Zahl an Versicherungspunkten nicht erreicht, dann wird statt einer lebenslangen Altersrente ein einmaliger Kapitalbetrag gewährt. Vgl. ebd., S. 143.

210 Siehe hierzu Morgenstern (1993), S. 79. 211 Die Umrechnung der Beitragszahlungen erfolgt deshalb, um den Rentenanspruch unab-

hängig von einer bestimmten Währungseinheit ermitteln zu können. Vgl. Morgenstern (1993), S. 77. 212 Vgl. ebd., S. 77.

213 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (I993a), S. 143. 214 Vgl. Morgenstern (1993), S. 77. 215 Siehe Igl / Kaufmann (1991), S. 250 f.

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dem 24.03.1988 wurde diese Zusatzversicherung "auf dritter Ebene" obligatorisch (für die leitenden Angestellten). Seit diesem Zeitpunkt sind nämlich alle für die leitenden Angestellten existierenden Zusatzversorgungssysteme durch ein Übereinkommen 216 in das Alterszusatzversorgungssystem auf "dritter Ebene" einbezogen. Die Unternehmen, auf die der Geltungsbereich des Übereinkommens zutrifft, mußten bis spätestens zum 01.01.1991 diesem Alterszusatzversorgungssystem unter dem Dachverband der AGIRC beigetreten sein. Das hatte zur Folge, daß auch diejenigen Angestellten durch Beitragszahlungen zur Finanzierung dieses Systems verpflichtet sind, die selbst nicht in den Genuß der Leistungen kommen, weil sie nicht zu den Führungskräften unter den leitenden Angestellten zählen. Am 31. Juli 1988 erhielten 6.840 Tsd. Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte) eine Zusatzaltersrente aus dem Dachverband ARRCO und 981 Tsd. leitende Angestellte eine Zusatzaltersrente aus dem Dachverband AGIRC. 217 1.5.1.5 Alterssicherungsleistungen für Hinterbliebene Leistungen aufgrund des Todes des Versicherten werden sowohl im Rahmen der Altersrenten im allgemeinen Alterssicherungssystem als auch im Rahmen der obligatorischen Zusatzversorgungsrenten gewährt. Hinterbliebenenleistungen im allgemeinen Alterssicherungssystem

Der versicherte Personenkreis ist mit demjenigen identisch, der gegen den sozialen Tatbestand Alter im allgemeinen Alterssicherungssystem abgesichert ist. Bei den Anspruchsvoraussetzungen für Hinterbliebenenleistungen ist zwischen Voraussetzungen zu unterscheiden, die zum einen seitens des Verstorbenen und zum anderen seitens des hinterbliebenen Ehegatten erfüllt sein müssen. Der Verstorbene muß zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bereits eine Rentenleistung bezogen oder aber die dafür notwendigen Bedingungen erfüllt haben. 218 Seitens des hinterbliebenen Ehegatten ist bei den Anspruchsvoraussetzungen nach der jeweiligen Leistungsart zu differenzieren. Zu unterscheiden sind als in Frage kommende Leistungsarten Hinterbliebenenrenten, Invalidenrenten und Altersrenten. Bei allen drei Rentenleistungen muß der hinterbliebene Ehegatte wenigstens das 55. Lebensjahr voll-

216 Hierbei handelt es sich um das Circulaire AGIRC No. 4289 vom 25. März 1988, vgl.

Igl / Kaufmann (1991), S. 251, Fußnote 95.

217 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 35. 218 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VIII, S. 124.

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endet haben. 219 Für den Bezug einer Hinterbliebenenrente ist es zudem erforderlich, daß die Ehe vor Eintritt des Versicherungsfalles mindestens seit zwei Jahren bestanden haben muß220 und daß die Einkünfte des hinterbliebenen Ehepartners die Höhe des durch Verordnung festgesetzten Mindestlohnes nicht überschreiten. 221 Möchte der hinterbliebene Ehegatte seinen Anspruch auf eine Invaliden- oder Altersrente realisieren, dann ist es dagegen notwendig, daß er neben der Altersvoraussetzung das Erfordernis der Erwerbsunfähigkeit erfiillt. 222 Die Gewährleistung von Leistungen an Hinterbliebene erfolgt im Prinzip ohne zeitliche Beschränkung. Eine Ausnahme bilden die Invalidenrenten. Die Leistung dieser Renten wird mit der Wiederheirat des hinterbliebenen Ehegatten eingestellt. 223 Die Hinterbliebenenrente wird in Höhe von 52 vH der Altersrente, die der Verstorbene erhalten hat bzw. auf die er zum Zeitpunkt seines Ablebens einen Anspruch gehabt hätte, geleistet. 224 Der Mindestjahresbetrag beläuft sich auf 15.800 FF, wenn bis zum Eintritt des Versicherungsfalles wenigstens 15 Versicherungsjahre nachgewiesen werden können. Anderenfalls erfolgt eine Kürzung der Hinterbliebenenrente. Bei Erziehung von mindestens drei Kindern über den Zeitraum von wenigstens neun Jahren vor Vollendung des 16. Lebensjahres der Kinder wird die Hinterbliebenenrente um 10 vH erhöht. 225 Die Leistungshöhe der an hinterbliebene Ehegatten gezahlten Invaliden- oder Altersrente beträgt 52 vH der Invaliden- oder Altersrente, die der Verstorbene bei Eintritt des Versicherungsfalles bezogen bzw. auf die er zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch gehabt hätte. Der Mindestbetrag der an die hinterbliebenen Ehegatten gewährten Invaliden- oder Altersrenten liegt bei 15.800 FF im Jahr. Er wird um 10 vH erhöht, wenn im Haushalt des Verstorbenen wenigstens drei Kinder fiir den Zeitraum von neun Jahren vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres großgezogen worden sind. 226 Mit Vollendung des 60.

219 Vgl. ebd., Tabelle VIII, S. 126; /gl/ Kaufmann (1991), S. 257. 220 Diese Voraussetzung muß nur dann nicht erfilllt sein, wenn aus der Ehe wenigstens ein

Kind hervorgegangen ist. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VIII, S. 126; /gl/ Kaufmann (1991), S. 257. 221 Vgl./gl/ Kaufmann (1991), S. 257.

222 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VIII, S. 126. 223 Vgl. ebd., S. 128. 224 Seit dem 01. Januar 1995 beträgt die Hinterbliebenenrente 54 vH des Leistungsanspruchs

des Verstorbenen. Vgl. DerleI (1995), S. 372. 225 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VIII, S. 128. 226 Vgl. ebd, S. 128.

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Lebensjahres des hinterbliebenen Ehegatten wird die Invalidenrente in eine Altersrente mit gleicher Leistungshöhe umgewandelt. 227 Die Hinterbliebenenleistungen werden um einen monatlichen Pauschalbetrag in Höhe von 453,02 FF erhöht, wenn der hinterbliebene Ehegatte noch mindestens ein unterhaltsberechtigtes Kind zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles zu versorgen hat. 228 Für Vollwaisen gibt es keine expliziten Hinterbliebenenleistungen aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem. In diesem Fall greift die Familienunterstützungshilfe in Höhe von 575 FF im Monat. 229 Neben diesen Hinterbliebenenleistungen kann auch eine sogenannte degressive Hinterbliebenenrente sowie ein Sterbegeld gewährt werden. 230 Anspruch auf eine degressive Hinterbliebenenrente hat der hinterbliebene Ehegatte, wenn er bei Eintritt des Versicherungsfalles das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und der Verstorbene versichert war. Daneben darf der Hinterbliebene nicht wiederverheiratet sein oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Er muß außerdem flir mindestens neun Jahre ein Kind bis zu dessen 16. Lebensjahr aufgezogen haben. Die degressive Hinterbliebenenrente wird bei Erflillen dieser Voraussetzungen für drei Jahre mit einer abnehmenden Leistungshöhe gewährt: Für das erste Jahr werden 2.833 FF, flir das zweite Jahr 1.851 FF und flir das dritte Jahr 1.417 FF geleistet. 231 Anspruch auf ein Sterbegeld haben die Hinterbliebenen232 neben dem Erfordernis, daß ihr eigenes Einkommen einen festgelegten Höchstbetrag nicht übersteigen darf, erst dann, wenn auch seitens des Verstorbenen zum Zeitunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bestimmte Bedingungen erfüllt waren. Eine Voraussetzung ist, daß sich der Verstorbene zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles noch nicht oder aber längstens ein Jahr im Ruhestand befand. Eine weitere Voraussetzung schließt an die Bedingung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsstunden in einem beschränkten, dem Versicherungsfall vorausgehenden Zeitraum an: Der Verstorbene muß wenigstens 200 Stunden im letzten Vierteljahr oder in den drei dem Versicherungsfall vorausgehenden Monaten bzw. 120 Stunden im letzten Kalendermonat versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder aber Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit,

227 Vgl. [gi / Kaufmann (1991), S. 258. 228 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VIII, S. 130. 229 Vgl. ebd., Tabelle X, S. 182. 230 Vgl. fur die Anspruchsvoraussetzungen und die Leistungsbemessung des Sterbegeldes Europäische Kommission (1994), S. 158, fIlr die degressive Hinterbliebenenrente und das Sterbegeld Europäische Kommission (1992), Tabelle Vlll, S. 134. 231 Vgl. hierzu Europäische Kommission (1992), Tabelle VllI, S. 134. 232 Hier gilt die Prioritätenfolge: Ehegatte, Kinder, Verwandte in aufsteigender Linie. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle Vlll, S. 134.

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Mutterschaft oder vorübergehender Arbeitsunfähigkeit nachweisen können. 233 Dabei muß die Summe der vom Verstorbenen über den Zeitraum gezahlten Sozialversicherungsbeiträge wenigstens dem 1040fachen des garantierten Mindestlohnes entsprechen. 234 Die Leistungshöhe des Sterbegeldes, das als das 90fache des Tagesverdienstes des Verstorbenen in Form eines einmaligen Kapitalbetrages den Hinterbliebenen zugeht, ist nach unten und nach oben durch einen Mindest- und einen Höchstbetrag begrenzt. Der Mindestbetrag lag 1992 bei 1.458 FF im Jahr, dies entsprach 1 vH der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze. Der Höchstbetrag war auf36.450 FF im Jahr beschränkt. Dies entsprach der Höhe der dreifachen monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. 235 Die Anpassung der Hinterbliebenenleistungen folgt denselben Kriterien wie die Anpassung der Altersrenten aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem: Das heißt, die Hinterbliebenenleistungen werden zweimal im Jahr, jeweils zum 01. Januar und zum 0 I. Juli, in Abhängigkeit von der Entwicklung des Preisindexes durch Verordnung angepaßt. Am 31. Dezember 1990 bezogen 814,39 Tsd. Hinterbliebene eine Hinterbliebenenleistung in Form einer Hinterbliebenen- oder Invalidenrente aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem. 236 Hinterbliebenenleistungen in den obligatorischen Zusatzrentensystemen

Die Hinterbliebenenrenten im Rahmen der obligatorischen Zusatzrentensysterne werden bei Eintritt des Versicherungsfalles hinterbliebenen Ehepartnern und diesen Gleichgestellten gewährt. Das sind geschiedene und nicht wiederverheiratete Ehepartner sowie minderjährige Waisen. 237 Die Anspruchsvoraussetzungen tUr den Bezug einer Hinterbliebenenrente aus dem Dachverband ARRCO sind mit denjenigen aus dem Dachverband AGIRC beinahe identisch. Witwen müssen das 50. Lebensjahr, Witwer das 65. Lebensjahr vollendet haben, außer, wenn sie erwerbsunfähig sind, oder wenigstens zwei unterhaltsberechtigte Kinder, die jünger als 21 Jahre alt sind, großziehen. Waisen dürfen das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn sie gegenüber den Zusatzrentensystemen ihre Leistung in Anspruch nehmen wollen. Von dieser Altersvoraussetzung abweichende Regelungen gibt es in den Zusatzrentensystemen unter dem Dachverband ARRCO tUr Waisen, die sich in der Ausbildung befmden. Diesen wird dann bis zur Vollendung ihres 25. Lebensjahres eine Waisenrente gewährt. In den Zusatzrentensystemen unter dem 233 234 235 236 237 7 Döring

Vgl. ebd., Tabelle VIII, S. 134 bzw. Europäische Kommission (1994), S. 158. Vgl. Europäische Kommission (1994), S. 158. Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 134. Vgl. Europäische Kommission (1994), S. 39. Vgl. ebd., S. 159 f.; Morgenstern (1993), S. 79. D•••

98

Doris Wischeropp

Dachverband AGIRC werden Waisenrenten auch über die Vollendung des 21. Lebensjahres hinaus gewährt, wenn der Anspruchsberechtigte erwerbsunfahig ist. Die an die hinterbliebenen Ehegatten gezahlten Leistungen (sowohl aus dem Dachverband ARRCO als auch aus dem Dachverband AGIRC) betragen 60 vH der Rentenleistung, auf die der Verstorbene zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles einen Anspruch hatte bzw. gehabt hätte. Geht der Hinterbliebene erneut eine Ehe ein, dann wird die Leistung der Hinterbliebenenrente eingestellt. Die unter dem ARRCO gewährten Waisenrenten betragen 50 vH der Rentenleistung, auf die der Verstorbene zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles einen Anspruch hatte bzw. gehabt hätte. Die Waisenrente wird auf die vorhandenen Kinder aufgeteilt. Die aus den der AGIRC unterstehenden Zusatzrentensystemen gezahlten Waisenrenten liegen je Kind bei 30 vH der Rentenleistung, auf die der Verstorbene zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles einen Anspruch hatte bzw. gehabt hätte. Ganz gleich, ob die Hinterbliebenen Leistungen aus den Zusatzrentensystemen der ARRCO oder aus den Zusatzrentensystemen der AGIRC beziehen, die Summe aller Hinterbliebenenleistungen darf 100 vH der Rentenleistung des Verstorbenen nicht übersteigen. Unterschreitet der Rentenanspruch der Hinterbliebenen einen gewissen Betrag, dann erhalten sie statt einer Rentenzahlung einen einmaligen Kapitalbetrag. Die aus den Zusatzrentensystemen gewährten Hinterbliebenenleistungen werden entsprechend dem Verfahren für die Zusatzaltersrenten regelmäßig einbis zweimal im Jahr in Abhängigkeit von der Entwicklung des Punktewertes (des je über Beitragszahlungen umgewandelten Versicherungspunktes) angepaßt. Der Punktewert ist dabei an die Entwicklung der Durchschnittslöhne der Beitragszahler gebunden. Die Gewährleistung der Hinterbliebenenrenten aus den Zusatzrentensystemen erfolgt ohne Anrechnung auf das Einkommen der Hinterbliebenen. 238 Am 31. Dezember 1990 erhielten rund 1.943 Tsd. Personen aus den Zusatzrentensystemen der ARRCO eine Hinterbliebenenrente und etwa 336 Tsd. Personen eine Hinterbliebenenrente aus den Zusatzrentensystemen der AGIRC.239

238 239

Vgl. Morgenstern (1993), S. 79. Siehe Europäische Kommission (1994), S. 38.

Das französische Sozialleistungssystem

99

1.5.2 FinanzauJwand und Mittelaujbringung FinanzauJwand

Sozialausgaben für Alters- und Hinterbliebenenleistungen sind zwischen 1985 und 1992 von 586 auf 854 Mrd. FF und damit um 46 vH angestiegen. 240 Gleichzeitig hat sich ihr Anteil an der Summe der Sozialleistungen um 1,7 Prozentpunkte von 44,2 auf 42,5 vH kontinuierlich vermindert. Trotz der während des Untersuchungszeitraums in absoluten Größen gemessenen Zunahme der Sozialausgaben für Alters- und Hinterbliebenenleistungen zeigt sich 1992 ein abgeschwächtes Wachstum gegenüber der progressiven Zunahme in den Vorjahren. Dieses abgeschwächte Wachstum zeigt sich 1992 auch in der Entwicklung der Sozialausgaben aller drei u. a. darunter subsumierten und in der Tabelle 1.7 abgebildeten Leistungsarten (Grundsicherungsleistungen, ergänzende Sicherungsleistungen und vorgezogene Rentenleistungen i. S. von Vorruhestandsleistungen).241 Für die vorgezogenen Rentenleistungen ist über den gesamten Untersuchungszeitraum sogar eine Reduzierung zu verzeichnen. 242 Gegenüber dem Vorjahr sind 1992 diese Sozialausgaben um 42,9 vH gesunken. Ihr Anteil an der Summe der Sozialleistungen ist über den gesamten Untersuchungszeitraum gering, bis Anfang der 90er Jahre sogar "verschwindend" gering. Den größten Anteil an der Summe der Sozialleistungen haben die Alters- und Hinterbliebenenleistungen im Rahmen der Grundsicherung mit durchschnittlich 29,8 vH Ihr Anteil liegt damit dreimal so hoch wie der Anteil der ergänzenden Sicherungsleistungen an der Summe der Sozialleistungen. Auffiillig ist die während des Untersuchungszeitraumes allerdings gegen sätzliche Entwicklung der Sozialausgaben für Grundsicherungsleistungen und ergänzende Sicherungsleistungen im Rahmen der Alters- und Hinterbliebenensicherung: Obwohl die Sozialausgaben für beide Leistungsarten in

240 241

Vgl. Tabelle 1.7.

Die Differenz zwischen der Summe der Sozialausgaben filr alle Alters- und Hinterbliebenenleistungen und den Sozial ausgaben filr diese genannten Leistungsarten filllen die Ausgaben rur diverse Zuschläge, wie z. B. die Anrechnung von Versicherungsjahren rur das Aufziehen von Kindern, Zuschläge auf die Altersrente aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Versicherten oder die Aufstockung des Haushaltseinkommens bei Haushalten, in denen der Ehepartner des Versicherten keinen eigenen Rentenanspruch und die Altersgrenze bereits erreicht hat, aus. 242 Dieses bis Anfang der 90er Jahre verstärkt zunehmende negative Wachstum der Sozialausgaben rur vorgezogene Rentenleistungen ist vermutlich auf die Herabsetzung der "normalen" Altersgrenze von 65 Jahre auf 60 Jahre im April 1983 zurUckzufilhren. Hiermit besteht seitdem rur Versicherte die Möglichkeit, bereits mit Vollendung ihres 60. Lebensjahres in den Ruhestand zu gehen, wenn die dafilr erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen erftlllt sind (vgl. Abschnitt 1.5.1 dieses Berichtes), so daß gleichzeitig die über den ASF (Association pour la Gestion de la Structure Financiere) gezahlten Vorruhestandsleistungen zunehmend an Bedeutung verloren haben und verlieren. Vgl. Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1993), S. 13. 7'

100

Doris Wischeropp

absoluten Größen kontinuierlich zunehmen, zeigt der Anteil der Sozialausgaben für Grundsicherungsleistungen an der Summe der Sozialleistungen eine, wenn auch schwache, tendenzielle Reduktion, während der Anteil der Sozialausgaben für ergänzende Sicherungsleistungen an der Summe der Sozialleistungen kontinuierlich - von 8,5 vH 1985 auf 10,5 vH 1992 - ansteigt ( siehe Tabelle 1.7).

Mittelaufbringung Die Altersrenten des allgemeinen Alterssicherungssystems werden über Beiträge fmanziert, die, bezogen auf das Bruttojahresarbei~sentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 145.800 FF, in Höhe von 14,75 vH erhoben werden. Dabei wird dieser Beitragssatz anteilig zu 6,55 vH von den Arbeitnehmern und zu 8,20 vH von den Arbeitgebern gezahlt (siehe Tabelle 1.7). Seit 1991 (mit Einführung der CSG) müssen die Arbeitgeber zusätzlich noch einen Beitrag in Höhe von 1,6 vH des über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Bruttolohns zahlen. Die Hinterbliebenenrenten des allgemeinen Alterssicherungssystems werden über Beiträge in Höhe von 1,7 vH fmanziert, wovon die Arbeitnehmer 0,1 vH und die Arbeitgeber 1,6 vH bezahlen. Eine Beitragsbemessungsgrenze besteht nicht. 243 Die Arbeitnehmerbeiträge sind grundsätzlich steuerfrei (sofern sie bestimmte Beitragsbemessungsgrenzen nicht überschreiten)244, die Arbeitgeberbeiträge können als Personalkosten abgesetzt werden. 245 Der Umfang der Arbeitgeberbeitragszahlungen für Alterssicherungsleistungen 246 betrug 1985 84,3 Mrd. FF und erhöhte sich bis 1992 um 74 vH auf 147,1 Mrd. FF (siehe Tabelle 1.7). Auftallig ist der überproportionale Anstieg der Beitragseinnahmen aus Arbeitgeberbeiträgen 1991 mit 23,7 vH gegenüber dem Vorjahr. 1992 nahmen die Beitragseinnahmen aus Arbeitgeberbeiträgen

243 Vgl. Europäische Kommission (1992), S. 44. 244 Die Summe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge flIr das allgemeine Alterssiche-

rungssystem und die obligatorischen Zusatzsicherungssysteme flir die sozialen Tatbestände Invalidität, Krankheit, Mutterschaft und Tod (von dieser Regelung ausgenommen sind die Zusatzrentensysteme ARRCO und AGIRC) im Hinblick auf Fürsorgeleistungen darf 19 vH des Achtfachen der oberen Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreiten. Im Hinblick aufVorsorgeleistungen filr die gleichen sozialen Tatbestände darf die Summe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge an die obligatorischen Zusatzsicherungssysteme nicht 3 vH des Achtfachen der oberen Beitragsbemessungsgrenze übersteigen. Vgl. hierzu Tibitanzl (1993), S. 65. 245 Vgl. Igl / Kaufmann (1991), S. 244; Tibitanzl (1993), S. 64 f.

246 Die Beitragseinnahmen über Arbeitgeberbeiträge rür Hinterbliebenenleistungen sind in den in der Tabelle 1.7 abgebildeten Daten nicht enthalten.

Das französische Sozialleistungssystem

101

nur noch um 7 vH zu. 247 Dennoch stieg der Anteil der Arbeitgeberbeitragszahlungen an der Summe der Beitragseinnahmen über den Untersuchungszeitraum (mit Ausnahme des Jahres 1990) kontinuierlich von 7,9 vH 1985 auf 9,1 vH 1992 an. Die in den Arbeitgeberbeiträgen enthaltenen Beitragszahlungen für vorgezogene Rentenleistungen stiegen bis 1991 - in absoluten Größen gemessen - auch auf 19,6 Mrd. FF an, ihr Anteil an den tatsächlichen Arbeitgeberbeiträgen reduzierte sich aber kontinuierlich von 17,7 vH 1985 auf 12,5 vH 1992. Auch der Anteil der Beitragszahlungen für vorgezogene Rentenleistungen an der Summe der Beitragseinnahmen nahm über den Untersuchungszeitraum von 1,4 vH auf 1,1 vH ab. Aus der Entwicklung hervorstechend ist insbesondere das negative Wachstum der Beitragseinnahmen aus vorgezogenen Rentenleistungen 1992 mit -6,3 vH Das Volumen der Arbeitnehmerbeitragszahlungen wuchs zwischen 1985 und 1992 von 61,3 Mrd. FF mit einem (zwar nur noch negativen Wachstum 1991 und 1992) um insgesamt 54 vH auf 94,3 Mrd. FF an. Der besonders aufflillige Rückgang des Umfangs der Arbeitnehmerbeitragszahlungen zwischen 1990 und 1991 von 104,1 auf 94,8 Mrd. FF zeigt sich auch in ihrem Anteil an der Summe der Beitragseinnahmen. Dieser sank zwischen 1990 und 1991 um einen Prozentpunkt (siehe Tabelle 1.7). Während der Umfang der von den Arbeitnehmern gezahlten Beiträge für vorgezogene Rentenleistungen und ergänzende Sicherungsleistungen über den gesamten Untersuchungszeitraum sowohl in absoluten Größen 248 als auch prozentual im Verhältnis zu der Summe der Beitragseinnahmen zugenommen hat, ist die Entwicklung ihres Anteils an der Summe der Arbeitnehmerbeitragszahlungen sehr unterschiedlich: Der Anteil der Arbeitnehmerbeiträge für ergänzende Sicherungsleistungen an der Summe der Arbeitnehmerbeitragszahlungen stieg zwischen 1985 und 1992 von 65,7 auf 79,5 vH an, d. h. 1992 flossen beinahe 80 vH der Arbeitnehmerbeiträge in Leistungen ergänzender Sicherung. Einen dagegen prozentual weitaus geringeren Anteil hatten die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer für vorgezogene Rentenleistungen. Dieser lag mit 10,7 vH der Summe der Arbeitnehmerbeitragszahlungen 1990 am niedrigsten und 1991 mit 14,0 vH am höchsten. In der Summe gesehen, erreichte der Anteil der Arbeitnehmerbeitragszahlungen gemessen an der Summe der Beitragseinnahmen - 1992 wieder das durchschnittliche Niveau von 1985 bis 1990 in Höhe von 5,8 vH. Die Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge für Alterssicherungsleistungen stieg zwischen 1985 und 1992 von 8,7 auf 9,5 vH an. Hinter dieser Entwicklung steht eine Wachstumsrate der Abgabenlastquote von 0,3 Prozent247 Dies ist vennutlich im engen Zusammenhang mit der Einfllhrung der allgemeinen Sozialabgabe (CSG) 1991 zu sehen. Die Einnahmen der CSG sind zu einem Großteil zur Finanzierung der Alterssicherungsleistungen zweckbestimmt. Vgl. dazu Gertel (1995), S. 369. 248 Eine Ausnahme bildet hier das Jahr 1992 rur die vorgezogenen Rentenleistungen. 1992 sind die Beitragseinnahmen aus den Arbeitnehmerbeiträgen rur diese Leistungsart um 6,3 vH gegenüber dem Vorjahr gesunken.

102

Doris Wischeropp

punkten rur 1985 - 1990 und von 0,5 Prozentpunkten Tabelle 1.7).

rur

1990 - 1992 (siehe

Tabelle 1.7

Sozialausgaben und -einnahmen rur Alters- und Hinterbliebenenleistungen (1985 - 1992)

Sozialleistungen insgesamt (ISL) Ausgaben

in Mrd. FF in Mrd. FF Veränderung in vH* invHL SL

1985 a)

1990

1991

1992

Index b) (1985= 100)

1.325,3

1.772,2

1.887,8

2.007,9

152

586

764

809

854

146

5,4

5,8

5,9

5,6

44,2

43,1

42,9

42,5

395

533

563

594

6,2

6,5

5,6

5,5

davon rur ... ... Grundsicherungs1eistungen

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHLSL

29,8

30,1

29,8

29,6

... ergänzende Sicherungsleistungen

in Mrd. FF Veränderung in vH* invHLSL

113

176

193

211

9,3

9,4

9,7

8,5

9,9

10,2

9,3

... vorgezogene in Mrd. FF Veränderung in vH* Rentenleistungen (ASF) invHLSL

29

11

7

4

-17,6

-21,4

-36,4

2,2

0,6

0,4

-42,9

1.071,9

1.474,6

1.543,4

1.613,9

151

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHL BE

84,3 5,7 7,9

111 ,1 7,5 7,5

137,5 23,7 8,9

147,1 7,0 9,1

174

.,. vorgezoge- in Mrd. FF ne Rentenlei- Veränderung in vH* stungen (ASF) invHLBE

14,9

19,1

19,6

18,4

123

5,1

1,4

7,7

1,3

2,6

-6,3

... ANBeiträge

in Mrd. FF Veränderung in vH* in vHL BE

61,3

104,1

94,8

8,9

-9

5,7

7,1

6,1

94,3 -0,5 5,8

154

11,2

... vorgezoge- in Mrd. FF ne Rentenlei- Veränderung in vH* stungen (ASF) in vH L BE

7,6

11,1

164

6,1

13,3 20,2 0,9

12,5

7,9

Beitragseinnahmen insgesamt (L BE)

in Mrd. FF

150

187

10,5 13,8

0,2

davon ... ... AGBeiträge darunter rur ...

1,3

1,1

darunter rur ...

0,7

0,8

-6,3

0,8

103

Das französische Sozialleistungssystem

... ergänzende Sicherungsleistungen

in Mrd. FF Veränderung in vH* invH:LBE

1985 a)

1990

40,3

64,8 9,9 4,4

70,2

75,0

8,4

6,8

4,5

4,6

/0,0 3,8

1991

1992

Index b) (1985= 100) 186

Quoten e) Abgabenlastquote c)

in vH des BIP Veränderung in vH

8,7 0,3

9,0

9,3

9,5 0,5f)

Sozialleistungsquote d)

in vH des BIP Veränderung in vH

-0,8

12,5

11,7

12,0

12,3 0,6 f)

Finanzierung des allgemeinen staatlichen Sicherungssystems (Stand: 1992)g) Beitragsbemessungsgrund/age

Beitragsbemessungsgrenze

Beitragssätze AN

(in FF I Jahr)

AG

(in vH)

(in vH)

145.800 > 145.800

6,55

-

8,2 1,6

-

0,10

1,60

-

1. A/ters/eistungen Bruttolohn

2. Hinterbliebenenleistungen Bruttolohn

-

Staat

Anmerkungen: * Jeweils gegenüber dem Vorjahr mit Ausnahme der Daten in der Spalte filr 1985. Siehe hierzu Anmerkung a). - a) Die in der Spalte filr 1985 angegebenen jährlichen Wachstumsraten geben die durchschnittliche Entwicklung dieser Rate filr den Zeitraum 1985 bis 1990 an. - b) Für die Summe der Sozial ausgaben filr die Beschäftigungsfurderung gibt der Index die Entwicklung über den Zeitraum 1985 bis 1992 an, filr die Sozial-ausgaben der Teilsysteme bezieht sich der Index auf den Zeitraum 1985 bis 1991. - c) Diese Abgabenlastquote ist definiert als das VerhaItnis der Beitragsleistungen zum Bruttoinlandsprodukt. - d) Die Sozialleistungsquote gibt das Verhältnis der Sozialausgaben zum Bruttoinlandsprodukt an. - e) Hier sind nur die Sozialausgaben filr Alterssicherungsleistungen inbegriffen. - f) Die Veränderungen beziehen sich auf den Zeitraum 1990 bis 1992. g) Die Übersicht über die Sozial ausgaben und -einnahmen bezieht sich demgegenüber auf das Gesamtsystem der sozialen Sicherung, d. h. sie umfaßt sowohl das allgemeine System als auch die Sondersysteme. Quellen: Bundesministeriumfür Arbeit und Sozia/ordnung (1993), S. 93; Europäische Kommission (1992), S. 44; Ministere des Affaires Socia/es, de la Sante et de la Ville (1993), tableau 4, S. 7, tableau 5, S. 9, tableau "Les prestations totales par risques", S. 11, tableau "Detail des cotisations", S. 15, tableau "Ensemble des regimes de protection sociale", annexe; Ministere des Affaires Sociales, de la Sante et de la Ville (1997), annexe, und eigene Berechnungen.

104

Doris Wischeropp

Der Anteil der Alterssicherungsleistungen am Bruttoinlandsprodukt betrug 1985 12,5 vH, sank bis 1990 auf 11,7 vH und stieg bis 1992 wieder auf 12,3 vH des Bruttoinlandsproduktes an. Das Gewicht der Sozialausgaben rur Alterssicherung an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat somit im ersten Fünfjahreszeitraum des Untersuchungszeitraumes um -0,8 Prozentpunkte abgenommen und im folgenden Dreijahreszeitraum mit einer Wachstumsrate von 0,6 Prozentpunkten zugenommen. Die Finanzierung der Alters- und Hinterbliebenenpensionen von Beamten erfolgt aus dem Staats budget. Daneben werden zusätzlich Beiträge in Höhe von 6 vH des Grundgehaltes erhoben. 249 Die Alters- und Hinterbliebenenrenten von Bergleuten werden über Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie über staatliche Finanzhilfen finanziert. 250 Die Alterssicherungsleistungen für Selbständige werden über Beiträge der Versicherten, verschiedene Kompensations- und Solidaritätsabgaben sowie über Staatszuschüsse finanziert. 251 Die Finanzierung der Zusatzversorgungsleistungen ist unterschiedlich. Sie differiert zwischen der Anwendung eines Kapitaldeckungs- und eines Umlageverfahrens. 252 Die Beitragszahlung erfolgt anteilig durch den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber. Die Beiträge müssen rur die Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte) bis zum Vierfachen der Beitragsbemessungsgrenze, fur die leitenden Angestellten bis zum Vier- bis Achtfachen der Beitragsbemessungsgrenze geleistet werden. 253 Für letztere liegt der Mindestbeitragssatz bei 9,36 vH (siehe Tabelle 1.8). Die Aufteilung der Zahllast zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist exemplarisch rur die Zusatzaltersrenten nach den Zusatzrentensystemen ARRCO und AGIRC in Tabelle 1.8 zusammenfassend dargestellt.

249

Vgl. Igl / Kaufmann (1991), S. 245. 250 Vgl. ebd., S. 247. 251 Vgl. ebd., S. 249.

252 Siehe hierzu ebd., S. 252. 253 Vgl. ebd., S. 251.

105

Das französische Sozialleistungssystem Tabelle J.8

Übersicht über die Finanzierung der Zusatzaltersrenten (1992)254 Anspruchsberechtigte /

Beitragsbemessungsgrenze

Beiträge in vH

(BBG)

AN

AG

Bruttolohn S; 3 • BBG

2,0

3,0

Bruttolohn s; BBG

2,0

3,0

BBG s; Bruttolohn s; 4 • BBG

2,34

7,02

bei nach dem 01.01.1 981 gegründeten Unternehmen

BBG s; Bruttolohn s; 4 • BBG

4,68

9,36

Leitende Angestellte, Altersrente "auf dritter Ebene" (AGIRC)

4 • BBG s; Bruttolohn s; 8 • BBG

Zusatzrentensysteme Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte) (ARRCO) Leitende Angestellte (ARRCO) Leitende Angestellte (AGIRC) bei vor dem 01.01.1981 gegründeten Unternehmen Leitende Angestellte (AGIRC)

9,36 a)

Anmerkung: a) Die Aufteilung der Zahllast zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist nicht festgelegt. Quelle: Zusammengestellt nach Tibilanzl (1993), S. 56.

1.6 Soziale Sicherung bei vorzeitiger Erwerbsunfähigkeit und Arbeitsunfall

Der Personenkreis der abhängig Beschäftigten in Industrie und Handel sowie die diesem Gleichgestellten255 sind gegen den sozialen Tatbestand Invalidität, hervorgerufen durch eine vorzeitige Erwerbsunfahigkeit oder einen Arbeitsunfall, durch die allgemeine Krankenkasse abgesichert. 256 Demzufolge

254 Mit der Rentenreform vom 22. Juli 1993 wurde der Beitragssatz und dessen Entwicklung erstmals gesetzlich festgeschrieben. Für die Zusatzrentensysteme der ARRCO beträgt er demnach ab 19996 vH und rur die Zusatzrentensysteme der AGIRC ab 1997 bis 2003 mindestens 14 vH, höchstens 16 vH Vgl. dazu Derlei (1995), S. 367. 255 Dies sind z. B. Heimarbeiter, abhängig Beschäftigte im Gastronomiegewerbe, Journalisten auf Zeitlohnbasis und Versicherungsmakler. Vgl. zu dieser Abgrenzung Abschnitt 1.5.1.1. 256 Für die anderen Gruppen der Beschäftigten existieren entsprechend die bereits in Abschnitt 1.3 erwähnten zahlreichen Sondersysteme: So gibt es Sondersysteme der Krankenversicherung für Berufssoldaten, Beamte, Bergleute, Beschäftigte bei der Eisenbahngesellschaft, Beschäftigte bei den Gas- und Elektrizitätskonzernen, landwirtschaftliche Arbeitnehmer, selbständige Landwirte und rür andere Selbständige (außer Landwirten). Da aber rd. 75 vH der Versicherten in dem allgemeinen Krankenversicherungssystem versichert sind, bleiben die folgenden Ausführungen auf die Leistungen aus dem allgemeinen Krankenversicherungssystem beschränkt. Zu einer tabellarischen Übersicht über die Leistungsbemessung der Invalidenrenten in den jeweiligen Sondersystemen vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993b), S. 136 ff.

106

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sind - wie bei der Leistungsgewährung im Falle von Krankheit - die Ortskrankenkassen der CNAMTS fUr die Auszahlung der Invalidenrenten zuständig. 257 J. 6. J Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad

Eine vorzeitige Erwerbsunfähigkeit kann infolge einer Krankheit oder Gebrechen bzw. aufgrund eines Arbeitsunfalles zu dem Bezug einer Invalidenrente fUhren, wenn die Erwerbsfähigkeit um mindestens 2/3 der normalen Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, und der Versicherte daraufhin in keinem Beruf mehr als ein Drittel des Arbeitseinkommens beziehen kann, das eine gesunde Person im gleichen Berufsfeld und mit vergleichbarem Ausbildungsniveau erzielt. 258 Es werden drei unterschiedliche Grade von Invalidität unterschieden: 259 I. Grad: Verminderte Erwerbsfähigkeit (noch berufsfähig), 2. Grad: Erwerbsunfähigkeit, 3. Grad: Erwerbsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit. Ist die Invalidität durch Krankheit oder Gebrechen verursacht, bezieht der Versicherte bei Erfilllen der Anspruchsvoraussetzungen die Rente aus der Invaliditätsversicherung (Fall I). Ist die Invalidität auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen, wird die Invalidenrente aus der Arbeitsunfallversicherung geleistet (Fall 2). Fall (1)

Für den Bezug der Invalidenrente muß der Versicherte eine Versicherungszeit von mindestens einem Jahr vor dem ersten Tag der Arbeitsunterbrechung infolge der Invalidität bzw. mindestens 800 Arbeitsstunden in diesem Zeitraum oder 200 Arbeitsstunden in den letzten drei Monaten nachweisen können. 260 Die Rentenzahlung beginnt mit der Feststellung der Invalidität und wird mit Vollendung des 60. Lebensjahres des Bezugsberechtigten durch eine Altersrente ersetzt. 261 Verzichtet der Berechtigte zu diesem Zeitpunkt auf die Substitu-

257 Vgl. Abschnitt 1.3. 258 S.94. 259 260 261

Vgl. Kaufmann I Köhler (1993), S. 108, Europäische Kommission (1992), Tabelle VI,

Vgl./gil Kauftnann (1991), S. 255, Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 94. Vgl. hierzu Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 98. Vgl. ebd., S. 96.

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tion der Invalidenrente durch eine Altersrente, weil er noch eine berufliche Tätigkeit ausübt und diese auch noch weiter ausüben möchte, kann er zu einem späteren Zeitpunkt eine Altersrente beantragen. 262 Die Leistungshöhe der Invalidenrente aus der Invaliditäts-versicherung ist nach den Graden der Invalidität differenziert: Invaliden mit einer Erwerbsunfähigkeit des ersten Grades erhalten eine Rente in Höhe von 30 vH des durchschnittlichen Bruttojahresarbeitseinkommens der besten zehn Versicherungs-jahre (bzw. ggf. eines kürzeren Versicherungszeitraumes (= Bemessungs-grundlage» vor Eintritt des Versicherungsfalles. Bei Invaliden mit einer Erwerbsunfähigkeit des zweiten Grades werden 50 vH der Bemessungsgrundlage angesetzt, bei Invaliden mit einer Erwerbsunfähigkeit des dritten Grades 50 vH der Bemessungsgrundlage zuzüglich eines 40-prozentigen Zuschlages. Dabei ist die Bemessungsgrundlage durch eine Einkommensgrenze in Höhe von 137.760 FF im Jahr beschränkt. 263 Die Höhe des Mindestzuschlages beläuft sich auf 61.910,70 FF im Jahr. 264 Auf die Invalidenrente muß Einkommensteuer gezahlt werden, sofern die Leistungshöhe den Betrag der Beihilfe filr Arbeitnehmer im Rentenalter (A VTS) übersteigt. Ist dies nicht der Fall, dann ist die Invalidenrente von der Einkommensteuer befreit. Ebenfalls von der Einkommensteuer ausgeschlossen ist der Erhöhungsbetrag filr die pflegerischen Dienstleistungen Dritter. 265 Die Invalidenrenten werden zweimal jährlich, zum 01.01. und zum 01.07. eines Jahres, durch Neufestsetzung des Steigerungskoeffizienten per Verordnung gemäß der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes angepaßt. 266 Die Invalidenrente kann mit einer weiteren Invalidenrente aus der Arbeitsunfallversicherung kumuliert werden, solange die Leistungshöhe beider Renten das durchschnittliche Arbeitseinkommen eines Arbeitnehmers mit vergleichbarer Qualifikation desselben Berufszweiges nicht übersteigt. 267 Am 31. Dezember 1989 bezogen 418 Tsd. Beschäftigte in Industrie und Handel eine Invalidenrente aus der allgemeinen Krankenversicherung. 268 Vorbeugende oder wiedereingliedernde Maßnahmen zur Stabilisierung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit werden durch berufliche Umschulungen im Betrieb oder in Spezialeinrichtungen der beruflichen Rehabilitation durchgefilhrt, wenn sich der Versicherte filr diese Maßnahmen eignet. Die Maß262 Vgl. [gi / Kaufmann (1991), S. 255. 263 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 102. 264 Vgl. [gi / Kaufmann (1991), S. 255, Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 100. 265 Vgl. [gi / Kaufmann (1991), S. 257. 266 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 136. 267 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 106; GVG (1994), S. 65. 268 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 36.

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nahmen werden unter Kostenbeteiligung der allgemeinen Krankenkasse gewährt und die Invalidenrenten in voller bzw. gekürzter Höhe weitergezahlt. 269 Über die Zahl der Leistungsempfanger kann an dieser Stelle keine Angabe gemacht werden, da diese Leistungen im Zusammenhang mit dem sozialen Tatbestand Krankheit erfaßt sind und somit nicht gesondert ausgewiesen wurden. 270

Fall (2) Im zweiten Fall bezieht der Versicherte eine Invalidenrente aus der Arbeitsunfallversicherung, wenn die Erwerbsunfahigkeit aus einem Arbeitsunfall resultiert. 271 Anspruchsberechtigt sind demnach alle Arbeitnehmer nach einem im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit geschehenen Unfall. 272 Bei der Leistungsbemessung zu unterscheiden ist zwischen einer vorübergehenden und einer dauernden Erwerbsunfahigkeit. 273 Bei der vorübergehenden Erwerbsunfahigkeit bemißt sich die Invalidenrente auf Basis des tatsächlichen Arbeitseinkommens in Höhe der letzten Lohn- und Gehaltszahlung vor Eintritt des Versicherungsfalles, geteilt durch die Anzahl der Arbeitstage in diesem Zeitraum. Dabei wird das Arbeitseinkommen bis zur Höhe von einem Hundertstel der jährlichen Bei-tragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Die Invalidenrente beläuft sich damit für die ersten 28 Tage der Erwerbsunfahigkeit auf 50 vH des Grundarbeitseinkommens; sie darf den Höchstbetrag von 729 FF nicht übersteigen. Ab dem 29. Tag der Erwerbsunfahigkeit wird eine Invalidenrente in Höhe von 66,67 vH des Grundarbeitseinkommens gewährt, und auf 972 FF pro Monat festgesetzt. 274 Die Invalidenrente wird ohne Berücksichtigung einer Ausfallzeit bis zur Gesundung des Versicherten gezahlt. 275 Bei der dauernden Erwerbsunfahigkeit bemißt sich die Leistungshöhe nach dem bis zum Eintritt des Versicherungsfalles erzielten tatsächlichen Arbeitseinkommen der letzten zwölf Monate und dem Grad der Erwerbsunfahig-

269 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle VI, S. 106. 270 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993b), S. 65, insbesondere Fußnote (g). 271 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle IX, S. 138, 140. 272 Auch Wegeunflille fuhren zu einer Leistungsberechtigung. Hierunter sind Unflille zu verstehen, die auf dem üblichen Weg zwischen der Arbeitsstätte und der Wohnung passieren. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle IX, S. 138, 140, 168. 273 Vgl. ebd., S. 144 ff. 274 Vgl. ebd., S. 148. Bei einem potentiellen Krankenhausaufenthalt während dieses Zeitraums der Erwerbsunfllhigkeit wird die Invalidenrente in unvenninderter Höhe weitergeleistet. 275 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle IX, S. 146.

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keit. 276 Dabei wird der das Doppelte des Mindestbetrages übersteigende Anteil des Arbeitseinkommens nur zu einem Drittel (bis maximal dem Höchstbetrag) in die Leistungsbemessung einbezogen. Der Mindestbetrag der Invalidenrente liegt bei 85.420 FF und der Höchstbetrag bei 683.360,96 FF im Jahr. Der Höchstbetrag der Invalidenrente reduziert sich mit abnehmenden Grad der Erwerbsunfähigkeit: Ist der Versicherte zu 100 vH erwerbsunfähig, so bezieht er die maximale Invalidenrente in Höhe von 683.360,96 FF im Jahr. Liegt der Erwerbsunfähigkeitsgrad bei 75 vH, so erhält der Versicherte eine Invalidenrente in Höhe von 62,5 vH des Höchstbetrages; ist der Versicherte zu 50 vH erwerbsunfähig, dann beträgt seine Invalidenrente 25 vH des Höchstbetrages, und ist der Versicherte zu 25 vH erwerbsunfähig, so erhält er 12,5 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente. Bei einem Erwerbsunfähigkeitsgrad von weniger als 10 vH und einer Invalidenrente in Höhe von weniger als einem Achtzigstel des Mindestarbeitseinkommens wird dem Versicherten nicht mehr eine Invalidenrente, sondern eine Kapitalentschädigung in Form eines Pauschalbetrages gewährt. 277 Erfordert der Erwerbsunfähigkeitsgrad eine pflegerische Dienstleistung durch Dritte, so wird dem Versicherten ein Zuschlag in Höhe von 40 vH der jährlichen Invalidenrente gewährt. Der der Leistungsbemessung zugrunde gelegte Mindestbetrag liegt bei 6l.910,71 FF im Jahr. Die Zahlung des Zuschlages beginnt mit dem letzten Tag des Monats, der auf den Krankenhausaufenthalt folgt. 278 Die aus der Arbeitsunfallversicherung geleisteten Invalidenrenten unterliegen nicht der Einkommensteuer. 279 Die Kumulierung einer Invalidenrente aus der Arbeitsunfallversicherung mit Arbeitseinkommen ist uneingeschränkt möglich. 280 Die Kumulierung der Invalidenrente mit einer weiteren Invalidenrente aus der Invaliditätsversicherung ist auf 80 vH des zum Eintritt des Versicherungsfalles "Unfall" aktuellen Arbeitseinkommens beschränkt, wenn beide Renten aufgrund desselben Unfalles

276 Vgl. ebd., S. 152. Die Feststellung des Erwerbsunfllhigkeitsgrades erfolgt durch ein Gutachten des Vertrauensarztes, wobei der Tatbestand der Erwerbsunfllhigkeit nach der erstmaligen Feststellung im ersten Zweijahreszeitraum ständig und danach im mindestens einjährigen Abstand überprüft wird. Vgl. ebd. S. 150. 277 Vgl. ebd., S. 152, 156. Diese Art der Kapitalentschädigung ist m. u. auch fur einen Teil der Invalidenrente möglich, dies allerdings frühestens nach einem Zeitraum von funf Jahren nach Feststellung der Erwerbsunfllhigkeit. Vgl.ebd., S. 156. Zu Leistungen der beruflichen Wiedereingliederung vgl. ebd., S. 164,166. 278 Vgl. ebd., S. 154. 279 Vgl. Igl / Kaufmann (1991), S. 257. 280 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle IX, S. 156.

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gewährt werden. 281 Kumulierungsbeschränkungen mit einer Altersrente gibt es nicht. 282 Bei Tod des Versicherten haben die Hinterbliebenen in folgender Höhe einen Leistungsanspruch: 283 unter 55jährige Ehepartner: 30 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente, über 55jährige oder zu wenigstens 50 vH erwerbsunfähige Ehepartner: 50 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente, Halbwaisen, bei 1 Kind: 15 vH, bei 2 Kindern: 30 vH und bei 3 Kindern: 40 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente, Vollwaisen: 20 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente, dabei ist eine Kumulierung mit Familienbeihilfen möglich, Eltern- oder Großelternteil: 10 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente, dabei wird den Eltern und Großeltern zusammen maximal 30 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente gewährt. Der Gesamtleistungsanspruch aller Hinterbliebenen ist auf 85 vH des Höchstbetrages der Invalidenrente begrenzt. 284 Die Invalidenrente wird zweimal jährlich, jeweils zum 01. Januar und zum 01. Juli eines Jahres durch Verordnung an die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes angepaßt. 285 Angaben über die Zahl der Leistungsempfänger von Invalidenrenten aus der Arbeitsunfallversicherung sind in den der Verfasserin zur Verfügung stehenden Statistiken nicht gesondert ausgewiesen.

1.6.2 FinanzauJwand und Mittelaujbringung FinanzauJwand Die Sozialausgaben für Invaliditätsleistungen haben sich zwischen 1985 und 1992 um 49 vH von 78 auf 116 Mrd. FF erhöht ( siehe Tabelle 1.5). Die jährlichen Wachstumsraten zeigen gegenüber dem durchschnittlichen Wachstum von 6,5 vH zwischen 1985 und 1990 eine tendenzielle Abschwächung in den 281 282 283 284

Vgl. ebd., S. 156. Vgl. ebd., S. 156. Vgl. ebd., S. 158, 160.

Vgl. ebd., S. 160. Zudem haben die Hinterbliebenen auch einen Anspruch auf Erstattung der Bestattungskosten. Vgl. ebd., S. 162. 285 Vgl. ebd., S. 162.

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beiden nachfolgenden Jahren auf. 1992 ist demgegenüber eine erneute Zunahme der Wachstumsrate der Invaliditätsleistungen zu verzeichnen. Diese liegt bei 4,5 vH. Die Höhe der Sozialausgaben für Arbeitsunfalle kann an dieser Stelle nicht explizit genannt werden. In dem zur Verfügung stehenden Datenmaterial ist die Höhe dieser Sozialleistungen in den Sozialausgaben für Krankheit und Mutterschaft integriert. Dieser zusammengefaßte Posten an Sozialausgaben ist zwischen 1985 und 1992 um 54 vH gestiegen und hat 1992 eine Ausgabenhöhe von 584 Mrd. FF erreicht ( siehe Tabelle 1.5). Mittelaujbringung Die Invalidenrenten werden über Beiträge fmanziert. Dabei ist die Finanzierung der Invalidenrenten aus der Invaliditätsversicherung in einem globalen Beitragssatz für Krankheit, Mutterschaft, Invalidität und Tod enthalten. Dieser beträgt 19,5 vH und wird anteilig von den Arbeitnehmern und den Arbeitgebern zu 6,8 bzw. 12,6 vH bezahlt. Es existiert keine Bemessungsgrenze. 286 Die Beiträge der Invalidenrenten aus der Arbeitsunfallversicherung werden in Abhängigkeit von der Zahl der Beschäftigten und dem Risikograd festgesetzt. Die Zahlung der auf der Grundlage des Bruttoarbeitseinkommens bestimmten Beiträge erfolgt ausschließlich durch die Arbeitgeber. 287 1.7 Mindestsicherung

Bei den im Rahmen der sozialen Sicherung in Frankreich gewährten Mindestsicherungsleistungen ist zwischen beitragsunabhängigen und beitragsabhängigen Leistungen zu unterscheiden, wobei bei ersteren noch zwischen einer allgemeinen Mindestsicherungsleistung und besonderen Mindestsicherungsleistungen zu differenzieren ist. Die allgemeine beitragsunabhängige Mindestsicherungsleistung unterscheidet sich von allen anderen gewährten Mindestsicherungsleistungen v. a. dadurch, daß für ihren Bezug neben dem prinzipiellen Erfordernis der allgemeinen Notlage nicht auch noch zusätzlich ein besonderer sozialer Tatbestand vorliegen muß. Nachfolgend wird die Leistungsbemessung dieser drei Kategorien von Mindestsicherungsleistungen nacheinander im Überblick dargestellt.

286 287

Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle 11, S. 42. Vgl. ebd., S. 44.

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J. 7. J Anspruchsvoraussetzungen, Leistungen und Deckungsgrad

1.7.1.1 Die allgemeine beitragsunabhängige Mindestsicherungsleistung Die allgemeine beitrags unabhängige Mindestsicherungsleistung (Revenu Mini-mum d'Insertion (RMI) hat zum Ziel, jedem, der aus eigener Kraft nicht in der Lage ist, sich wenigstens auf dem Niveau des Existenzminimums zu versorgen, ein Mindesteinkommen zu gewähren, das zum einen den lebensnotwendigen Unterhalt zur Verfügung stellt und zum anderen die berufliche Wiedereingliederung fördert. 288 Das RMI wurde im Dezember 1988 als neue Sicherungsleistung im Sinne einer erstmaligen einwohnerweiten Mindestsicherung in das soziale Sicherungssystem Frankreichs eingeruhrt. 289 Anspruchsberechtigt ist jeder Staatsangehörige und jeder in Frankreich wohnende Ausländer, der die Dauerhaftigkeit seines Wohnsitzes in Frankreich belegen kann. Der Antragsteller muß zudem das 25. Lebensjahr vollendet haben290 und an Wiedereingliederungsveranstaltungen teilnehmen sowie rur Bildungs-, Beschäftigungs- und Wiedereingliederungsmaßnahmen generell zur Verfugung stehen. Vor Rückgriff auf das RMI muß der Antragsteller sämtliche Ansprüche auf andere Sozialleistungen oder Unterhaltszahlungen geltend gemacht haben. Das RMI wird jeweils für einen Zeitraum von drei Monaten, längstens jedoch rur ein Jahr gewährt. 291 Für die Leistungsbemessung werden sämtliche Einkunftsarten herangezogen: das Arbeitseinkommen, die Einkünfte aus Geldvermögen, Immobilien und bedürftigkeitsgeprüfte Sozialleistungen sowie auch die nicht bedürftigkeitsgeprüften Familienbeihilfen. 292 Das Eingliederungsmindesteinkommen wird unter Antizipation zukünftigen Einkommens, wie beispielsweise bei Realisierung einer Erbschaft, von den Leistungsbeziehern zurückgefordert. 293 Die Leistungshöhe staffelt sich nach der Haushaltszusammensetzung. Anspruchsberechtigt ist zunächst einmal jeder einzelne zu 100 vH, wenn dieser alleinstehend ist. 294 Ehe- und Lebenspartner gehen als Angehörige mit 50 vH in die Leistungsbemessung ein. Die Leistung erhöht sich rur jeden weiteren Angehörigen um 30 vH und rur jede weitere Person bzw. Angehörigen ab drei Perso-

288 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 208; GVG (1994), S. 70. 289 Vgl. GVG (1994), S. 70. 290 Von dieser Altersregelung ausgenommen sind alle diejenigen, die schon in jüngeren Jah-

ren ein Kind zu versorgen haben. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 212.

291 Vgl. ebd. (1992), Tabelle XII, S. 212, 214. 292 Vgl. European Commission (1994b), S. 60; Europäische Kommission (1992), Tabelle

XII, S. 218. 293 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 224.

294 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 210.

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nen (Ehe- und Lebenspartner werden hier nicht berücksichtigt)295 um 40 vH296. So ergeben sich z. B. Eingliederungsmindesteinkommen im Monat in Höhe von 2.163 FF fiir Alleinstehende, von 3.245 FF fiir Alleinerziehende mit einem Kind im Alter von zehn Jahren bzw. fiir Paare ohne Kinder, von 3.894 FF fiir Paare mit einem Kind im Alter von zehn Jahren, von 4.543 FF fiir Paare mit zwei Kindern im Alter von acht und zwölf Jahren und von 5.408 FF fiir Paare mit drei Kindern. 297 Die Leistungsbezieher des Eingliederungsmindesteinkommens haben - wie jeder andere potentielle Leistungsbezieher auch - Anspruch auf die üblichen Sachleistungen im Falle von Krankheit oder Mutterschaft. 298 Zudem sind sie berechtigt, einen sozialen Wohnungszuschuß zur Miete zu beziehen, dabei bleibt die Höhe des RMI unberücksichtigt. 299 Die Eingliederungsmindesteinkommen werden zweimal im Jahr in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes angepaßt. 300 Am 31. Dezember 1992 bezogen rd. 671 Tsd. Personen ein Eingliederungsmindesteinkommen. 301 1.7.1.2 Beitragsunabhängige besondere Mindestsicherungsleistungen Die Gewährleistung von beitragsunabhängigen besonderen Mindestsicherungs-leistungen ist neben der Bedürftigkeit von dem Vorliegen bestimmter sozialer Tatbestände, wie Arbeitslosigkeit, alleinerziehend zu sein, Invalidität oder Alter abhängig. So wird beispielsweise im Falle von Arbeitslosigkeit allen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 25 Jahren nach Beendigung ihrer Ausbildung, der Absolvierung einer kurzzeitigen Berufstätigkeit oder nach der Ableistung eines mindestens zwölfmonatigen Wehrdienstes sowie alleinstehenden Frauen mit mindestens einem Kind, die vorübergehend aus dem Berufsleben ausgestiegen sind, und aus dem Ausland Heimgekehrten, anerkannten Asylbewerbern sowie Opfern von Arbeitsunfällen eine Eingliederungszulage (Allocation d'Insertion) gewährt, wenn sie weder Anspruch auf ein Arbeitslosengeld noch Anspruch auf die besondere Solidaritätszulage haben. Zudem dürfen diese Personengruppen nicht unfreiwillig arbeitslos geworden sein. Sie müssen arbeitslos 295 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 218, 224. 296 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 220. 297 In den jeweiligen Leistungshöhen sind die Kindergeldzahlungen berücksichtigt, Wohn-

geldleistungen dagegen nicht. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 222.

298 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 228 sowie zu dem Leistungskatalog verschiedener Sachleistungen bei Vorliegen von Krankheit oder Mutterschaft Abschnitt 1.3.1 dieses Berichtes. 299 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 228.

300 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 226. 301 Siehe European Commission (1994b), S. 23. 8 Döring u.•.

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gemeldet und bedürftig sein302 und müssen die Eingliederungszulage beantragt haben sowie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. 303 Die Eingliederungszulage wird maximal für ein Jahr gewährt. 304 Die Leistungshöhe beträgt 43,70 FF pro Tag, sie ist allerdings auf einen täglichen Höchstbetrag von 75 bzw. 57,4 vH des Tagesreferenzlohnes begrenzt. 30S Am 31. Dezember 1992 bezogen 66 Tsd. Personen eine Eingliederungszulage. 306 Alleinerziehenden307 wird eine Beihilfe (API) gewährt, wenn sie mindestens ein Kind zu versorgen haben oder schwanger sind und noch keine weiteren unterhaltsberechtigten Kinder haben. 308 Das zu versteuernde Einkommen darf dabei unter Berücksichtigung der Beihilfe eine bestimmte gesetzliche Höchstgrenze, die nach der Zahl der unterhaltsberechtigten Kinder gestaffelt ist, nicht übersteigen. Diese Höchstgrenze liegt z. B. für eine Frau, die ihr erstes Kind erwartet, bei 2.962 FF im Monat. Mit jedem weiteren unterhaltsberechtigten Kind steigert sich die Höchstgrenze um jweils 987 FF auf maximal 3.940 FF im Monat. 309 Ziel ist es, daß die Leistungshöhe der Beihilfe den Differenzbetrag zwischen dem Haushaltseinkommen und dem 150fachen des gesetzlichen Basislohnes31O ausfüllt. Die Beihilfe wird zunächst für ein Jahr gezahlt; sie kann höchstens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes gewährt werden. 3ll

Am 31. Dezember 1990 bezogen 131 Tsd. Alleinerziehende die API. 312 Die im Alter als einzige nicht beitragsabhängig gewährte Mindestsicherungsleistung ist die "Allocation Supplementaire" (die zusätzliche Altersbeihilfe; D. W.). Diese wird unter Berücksichtigung des Haushaltseinkommens all denjenigen älteren Menschen gewährt, die das 65. Lebensjahr bzw. das 60. Lebensjahr (im Falle von Erwerbsunfähigkeit) vollendet haben und die keine AI302 Das Kriterium der BedUrftigkeit wird an der aktuellen Einkommenshöhe gemessen. Vgl. hierzu die Ausfilhrungen in Abschnitt 1.2.1.2 dieses Berichtes. 303 Vgl. Ohler (1993), S. 129 f. 304 Vgl. ebd., S. 131. 305 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 196, Tabelle XII, S. 248. 306 Siehe European Commission (1994a), S. 25. 307 Dies sind Geschiedene, Elternteile, die von dem Ehepartner getrennt leben oder verlassen wurden, Ledige, Witwen oder Witwer. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S.154. 308 Vgl. ebd., S. 154. 309 Vgl. ebd., S. 154; Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 252. 310 Dieser lag zum 01.01.1992 bei 1.939,64 FF im Monat. Je unterhaltsberechtigtes Kind erhöht sich der Basislohn um 50 vH. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993c), S. 143, 154. 311 Vgl. ebd. (1993c), S. 154. 312 Vgl. ebd., S. 40.

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tersrente aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem bzw. eine Zusatzaltersrente beziehen. 313 Ihr Einkommen darf im Jahr inklusive der zusätzlichen Altersbeihilfe 37.320 FF bei Alleinstehenden bzw. 65.340 FF bei einem Haushalt von mehr als einer Person nicht übersteigen. 314 Die zusätzliche Altersbeihilfe wird in Form einer Sonder-leistung und in Form einer Zusatzleistung gezahlt. Die Sonderleistung betrug zum 01. Juli 1992 15.800 FF im Jahr, die Zusatzleistung für Alleinstehende 21.280 FF, für Ehepartner 17.460 FF im Jahr. 315 Am 31. Juli 1988 bezogen 1.360 Tsd. ältere Menschen eine zusätzliche AItersbeihilfe. 316 Behinderten Erwachsenen, die älter als zwanzig Jahre sind, wird eine sogenannte Allocation aux Adultes Handicapes (AAH, Beihilfe für behinderte Erwachsene; D. W.) gewährt, wenn sie eine Dauerbehinderung von wenigstens 80 vH aufweisen oder wenn sie trotz eines geringeren Behinderungsgrades aufgrund ihrer Behinderung als erwerbsunfähig anerkannt sind und keinen Arbeitsplatz fmden. 317 Ihr Einkommen darf dabei eine bestimmte Höhe im Jahr nicht übersteigen. Diese Einkommenshöhe lag zum 01. Januar 1990 für Alleinstehende bei 34.050 FF im Jahr, für Verheiratete bei 68.100 FF im Jahr. Als weitere Anspruchsvoraussetzung für den Bezug dieser Beihilfe gilt, daß die behinderten Erwachsenen keine Familienleistungen empfangen. 318 Die Leistungshöhe der Beihilfe für behinderte Erwachsene betrug zum 01. Juli 1992 3.090 FF im Monat. 319

Am 31. Dezember 1989 empfingen 505 Tsd. behinderte Erwachsene die

AAH.320

1.7.1.3 Beitragsabhängige Mindestsicherungsleistungen Unterschiedliche beitragsabhängige Mindestsicherungsleistungen werden bei Eintritt der sozialen Tatbestände Arbeitslosigkeit, Invalidität, Tod und Alter gewährt. 313 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 150; GVG (1994), S. 70. 314 Die Leistungshöhen beziehen sich auf den Stand zum 01. Januar 1992. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. ISO. 315 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 234. 316 Siehe Europäische Gemeinschaften - Kommission (1993a), S. 35. 317 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993b), S. 147; Europäische Kommission (1992), S. 238. 318 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993b), S. 147. 319 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 240. 320 Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993b), S. 37. 8·

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Langzeitarbeitslose haben Anspruch auf die sogenannte "Allocation de Solidarite Specifique" (besondere Solidaritätszulage), wenn sie unfreiwillig arbeitslos geworden sind, den Versicherungsfall gemeldet haben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Zudem müssen die Langzeitarbeitslosen eine versicherungspflichtige Beschäftigung innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor Beendi-gung des Arbeitsvertrages nachweisen können. Ihr aktuelles Einkommen darf 5.038,60 FF im Monat bei Alleinstehenden und 10.077,20 FF im Monat bei Ehepaaren nicht übersteigen. 321 Die Leistungsgewährung der besonderen Solidaritätszulage erfolgt jeweils für den Zeitraum eines halben Jahres, jedoch mit unbegrenzter Verlängerungsmöglichkeit. 322 Die Leistungshöhe ist abhängig von dem Alter des Langzeitarbeitslosen und der Zahl der erfüllten Versicherungsjahre. So beträgt z. B. die besondere' Solidaritätszulage für Langzeitarbeitslose im Alter von 55 bis 57,5 Jahren, die 20 Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren, 115,74 FF pro Tag. Dieselbe Leistungshöhe erhalten über 57,5jährige Langzeitarbeitslose, die wenigstens zehn Jahre versicherungspflichtig beschäftigt waren. 323

Am 31. Dezember 1992 erhielten 351 Tsd. Personen eine besondere Solidaritätszulage .324 Die aufgrund von Invalidität gewährte beitragsabhängige Mindestsicherungsleistung ("Minimum Vieillesse") wird dem Grunde nach auch bei Vorliegen des sozialen Tatbestandes Alter gezahlt. Ziel dieses Mindestrentenbetrages ist die Aufstockung einer bereits geleisteten Invalidenrente auf den Betrag in Höhe der AVTS.325 Bei der Leistungsbemessung erfolgt keine weitere Überprüfung der Einkommenssituation des Versicherten, einzig die Leistungshöhe der Invalidenrente muß unter dem Leistungsniveau der Beihilfe für Arbeitnehmer im Rentenalter (AVTS) liegen. 326 Der Mindestrentenbetrag liegt bei 15.800 FF im Jahr. 327 Über die Zahl der Leistungsempfanger sind keine Daten verfügbar. Hinterbliebenen werden je nachdem, welche Anspruchsvoraussetzungen erflillt sind, verschiedene Rentenarten aufgrund von abgeleiteten Ansprüchen gewährt: die Hinterbliebenenrente, die Invaliden- oder Altersrente und die de-

321 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 270; European Commission (l994a), S. 83. 322 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XI, S. 192. 323 324 325

Siehe European Commission (I 994a), S. 25.

327

Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 268.

Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 272.

Diese ist abhängig von dem Alter, dem Familienstand und der Zahl der Versicherungsjahre des Versicherten. Vgl. Europäische Gemeinschaften - Kommission (l993a), S. 149. 326 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 268.

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gressive Hinterbliebenenrente. 328 Der Mindestbetrag liegt sowohl für die Hinterbliebenenrente als auch für die Invaliden- oder Altersrente bei 15.800 FF im Jahr. Für den Bezug einer Hinterbliebenenrente müssen allerdings mindestens fünf Jahre Versicherungszeit durch den Verstorbenen vor Eintritt des Versicherungsfalles erfüllt worden sein. 329 Der Mindestbetrag der degressiven Hinterbliebenenrente beträgt für das erste Jahr 2.755 FF, für das zweite Jahr 1.810 FF und für das dritte Jahr 1.378 FF.330 Die Zahl der Leistungsempfänger, die die Hinterbliebenen-, Invaliden- oder Altersrenten lediglich in Höhe des Mindestbetrages bezogen haben, ist von der Zahl der Hinterbliebenen, die insgesamt auf diese Leistungen Anspruch hatten, auf Basis des statistischen Datenmaterials nicht zu isolieren. 331 Am 31. Dezember 1990 hatten rd. 814 Tsd. Hinterbliebene Anspruch auf eine Hinterbliebenen- oder Invalidenrente aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem. 332 Die im Alter gewährte beitragsabhängige Mindestsicherungsleistung (die "Minimum Vieillesse") wird all denjenigen Versicherten im allgemeinen Alterssicherungssystem gewährt, die die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug einer Altersrente erfüllen. 333 Die Mindestsicherung in voller Höhe erhalten aber nur diejenigen, die den anwendbaren Steigerungssatz in Höhe von 50 vH aufweisen können, d. h. eine Versicherungszeit von 37,5 Jahren nachweisen. 334 In diesem Fall beträgt der Mindestbetrag der Altersrente 35.514,45 FF im Jahr. 335 Hat der Versicherte keine Versicherungszeit von 37,5 Jahren, dann erfolgt eine Kürzung dieses Mindestrentenbetrages um 1/150 je an den 37,5 Versicherungsjahren fehlendem Versicherungsquartal. 336 Der Mindestbetrag der Altersrente ist dabei allerdings nach unten auf die Höhe der Mindestleistung der AVTS, nämlich 15.800 FF im Jahr, begrenzt. 337 Mindestsicherungsleistungen aus verschiedenen Sicherungssystemen dürfen nicht kumuliert werden. Hat jemand einen Anspruch auf mehrere Mindestsi328 Vgl. zu den Anspruchsvoraussetzungen und der Leistungsbemessung im Detail Abschnitt 1.5.1.5 dieses Berichtes. Auf diese soll im folgenden nicht wiederholend eingegangen werden, lediglich die Höhe der Mindestleistungen sei kurz dargestellt. 329 Bei einer kürzeren Versicherungszeit erfolgt eine Kürzung der Hinterbliebenenrente. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 264. 330 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 264. 331 332 333 334 335 336 337

Vgl. Europäische Kommission (1994), S. 37 ff. Vgl. ebd., S. 39. Vgl. Abschnitt 1.5.1.1 dieses Berichtes. Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 256. Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 258. Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 260; [gi/Kaufmann (1991), S. 239. Vgl. [gi / Kaufmann (1991), S. 239; Tibitanzl (1993), S. 30.

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Doris Wischeropp

cherungsleistungen, dann erhält dieser die Mindestleistung mit der höchsten Leistungshöhe. 338 Die Zahl der Leistungsempfiinger dieser Mindestaltersrenten ist in den der Verfasserin vorliegenden Statistiken nicht gesondert ausgewiesen.

1.7.2 Finanzaujwand und Mittelaujbringung Finanzierung Soweit detaillierte Angaben zu dem Leistungsumfang der einzelnen Mindestsicherungsleistungen der Verfasserin vorlagen, sind' diese in der nachfolgenden Tabelle 1.6 aufgefiihrt. Für einen Überblick über den Finanzaufwand in den anderen Sicherungssystemen sei auf die entsprechenden Abschnitte verwiesen. Tabelle 1.9 Sozialausgaben für Mindestsicherungsleistungen

Mindestsicherungs1eistungen

Stand

in Mrd. FF

Eingliederungsmindesteinkommen (RMI)

1992

13,5

Eingliederungszulage

1992

1,4

Beihilfe für Alleinerziehende (API)

1990

3,8

Zusätzliche Altersbeihilfe

1988

19,0

Beihilfe für behinderte Erwachsene (AAH)

1990

15,0

Besondere Solidaritätszulage

1992

9,8

Quellen: Zusammengestellt aus den Statistiken der European Commission (l994a und b) sowie der Europäischen Gemeinschaften - Kommission (1993 a, b, c).

Mittelaujbringung Die Eingliederungsmindesteinkommen werden zu 100 vH aus Mitteln der öffentlichen Hand fmanziert. 339

338 Vgl. Tibitanzl (1993), S. 53. 339 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 230.

Das französische Sozialleistungssystem

119

Die Finanzierung der Eingliederungszulage erfolgt zu 100 vH aus Mitteln der öffentlichen Hand. 340 Die Beihilfe für Alleinerziehende (API) wird zum Teil aus Sozialversicherungsbeiträgen und zum Teil aus Steuern finanziert. 341 Die Finanzierung der zusätzlichen Altersbeihilfe erfolgt für die Sonderleistung über Sozialversicherungsbeiträge, rur die Zusatzleistung aus dem Fonds National de Solidarite (FNS, Nationale Solidaritätsfonds) durch den Staat. 342 Die Beihilfe für behinderte Erwachsene (AAH) wird zu 100 vH durch den Staat finanziert. 343 Die Finanzierung der besonderen Solidaritätszulage für Langzeitarbeitslose erfolgt durch den Staat. 344 Die Finanzierung des Mindestrentenbetrages für Invalide erfolgt über Sozialversicherungsbeiträge. 345 Die Hinterbliebenen-, Invaliden- und Altersrenten der Hinterbliebenen werden über Sozialversicherungsbeiträge fmanziert. 346 Die Finanzierung der beitragsabhängigen Mindestsicherungsleistungen im Alter erfolgt über Sozialversicherungsbeiträge. 347

340 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 248. 341 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 252. Die Verteilung zwischen Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ist den Statistiken nicht zu entnehmen. 342 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 234; GVG (1994), S. 70. 343 Vgl. Europäische Kommission (1992), Tabelle XII, S. 242. 344 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 272. 345 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 268. 346 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 264. 347 Vgl. ebd., Tabelle XII, S. 260.

b) 583.200 Mrd. FF / Jahr Beitragssätze:

sengeldzahlungen: 1.478 Tsd. Personen,

Anspruchsvoraussetzungen: Versicherungszeit von mindestens 3 Monaten in den letzten 12 Monaten;

12 Monate.

Bemessungsgrundlage: Beitragspflichtiges Entgelt während der letzten

Leistungen:

zahlten Urlaub).

losen; Mindestdauer: 3 Monate; Höchstdauer: 5 Jahre (Ausfallzeit für be-

Abhängig von der Zahl der Versicherungsjahre und dem Alter des Arbeits-

Leistungsdauer:

suchend gemeldet sein; Arbeitsloser muß arbeitsfahig sein.

a)AN: 1,67 vH, AG: 3,23 vH b) AN: 2,17 vH, AG: 3,23 vH

Arbeitsloser darf kein Saisonarbeiter sein; Arbeitsloser muß als arbeitsTsd. Personen.

Arbeitsloser muß jünger als 60 Jahre sein; keine freiwillige Arbeitslosigkeit; Endleistungen: 326

a) 145.800 Mrd. FF / Jahr

85 Mrd. FF (1991) (= 25 Mrd. DM)

originäre Arbeitslo-

Beitragsbemessungsgrenzen:

Mittelaufbringung

1.1 Vol/arbeitslosigkeit

(2,18 vH des BIP)

(= 44 Mrd. DM)

149 Mrd. FF

Finanzaufwand

Alle Arbeitnehmer;

Deckungsgrad

Soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit

I. Arbeitslosengeld

Beschäftigungsfärderung insgesamt

Leistungsart

Übersicht 2. J

2. Synopse der sozialen Sicherungsleistungen und ihrer Finanzierung (Stand: 1992)

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x< 6 Monaten: 30,3 vH des Tagesreferenzlohns zuzUg!. 40,62 FF / Tag;

beitslose und FrUhrentner), Vorruhestandsleistungen aus dem FNE: 187 Tsd. Personen.

nahmefällen auch Anspruchsberechtigung ab dem 55. Lebensjahr); Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen Uber einen Zeitraum von zehn Jahren; ein Jahr ununterbrochene Betriebszugehörig-

keit; keinen Anspruch auf eine Altersrente aufgrund von Erwerbsunfähigkeit;

zusätzliche Anforderung an über 60jährige Arbeitslose:

Versicherungszeit von 37,5 Jahren ist nicht erfiillt.

gung von nicht mehr als 16 Std. / Monat).

einer anderen Altersrente oder Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (Ausnahme: abhängige Beschäfti-

rungszeit von 37,5 Jahren noch nicht erreicht ist. Aufhebung der Leistungsgewährung bei Bezug

bzw. bei Vollendung des 65. Lebensjahres oder darUber hinaus, wenn auch dann eine Versiche-

Bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres bei Erreichen einer Versicherungszeit von 37,5 Jahren

(Fortsetzung)

naten (ausnahmsweise auch für wenigstens 55jährige Ar-

Ältere Arbeitslose und Frührentner sollten wenigstens 56 Jahre und zwei Monate alt sein (in Aus-

Leistungsdauer:

FNE, AN-, AGBeiträge

rentner im Alter von mindestens 56 Jahren und zwei Mo-

Anspruchsvoraussetzungen

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Unterstützungsleistung in Höhe der Arbeitgeberanteile an den SozialabgabenjUr eine Tagesmutter:

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Anspruchsvoraussetzungen: Kinder werden außer Haus von einer Tagesmutter betreut; Vergiltung der Tagesmutter darf das 5fache des

höchstens 2.000 FF / Monat.

Le istungshöhe:

Familie, die ihre Kinder (eins muß jünger als drei Jahre alt sein) aufgrund der Berufstätigkeit im eigenen Haushalt betreuen läßt.

31.12.1990: 467

BeihilfejUr häusliche Kinderbetreuung:

Deckungsgrad

Anspruchsvoraussetzungen:

(Siehe die in Abschnitt 1.2 der Synopse, Übersicht 2.3 genannten Betreuungsmöglichkeiten fur kleine Kinder.)

2.4 Weitere Leistungen im Rahmen der Betreuung kleiner Kinder:

Bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit: 2.815 FF / Monat, bei Teilzeitbeschäftigung: 1.408 FF / Monat (im dritten Lebensjahr des Kindes).

Leistungshöhe:

Leistungsart

(Fortsetzung Übersicht 2.3)

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Leistungshöhe: z. B.: Frau mit einem Kind: 2.962 FF I Monat.

Leistungsdauer: Zunächst auf 12 Monate beschränkt, längstens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes.

unterhaltsberechtigten Kinder staffelt.

(Fortsetzung)

Tsd. Personen.

Anspruchsvoraussetzungen: Das zu versteuernde Einkommen muß unter einer bestimmten gesetzlichen Höchstgrenze liegen, die sich nach der Zahl der

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3.2 Beihi/fefür alleinerziehende Eltern (Allocation de Parent Isole (APl)):

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Leistungshöhe: 592 FF I Monat

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Tsd. Personen.

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Leistungsdauer: Zeitraum, in dem der Elternteil seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommt.

3.1 Familienunterstützungshi/fe: Anspruchsvoraussetzungen: Familien, in denen sich ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten entzogen hat.

3. Familienleistungenfür Familien in besonderen Lebenslagen:

Transport, subventionierte Unterkünfte, Mahlzeiten und Versicherungen für Studenten.

Vollstipendien für hochbegabte Studenten, zinslose Studiendarlehen rur Studenten ohne Stipendium, Sachleistungen, wie freier

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Weitere Leistungen an Studenten:

31.12.1990: 181

Studenten

Deckungsgrad

mindestens: 6.210 FF I Jahr, höchstens: 16.740 FF I Jahr.

Leistungshöhe:

übersteigen.

Antrag rurs Stipendium; Nachweis angemessener Leistungen der Studenten; Einkommen der Eltern darf eine gewisse Höhe nicht

Anspruchsvoraussetzungen:

Stipendienfür Studenten:

Leistungsart

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Leistungshöhe: Anhebung des Haushaltseinkommens aufdas Niveau des Mindesteinkommens, das sich in Abhängigkeit von der Zahl der Familienmitglieder erhöht: Niveau des Mindesteinkommens fiir z. B. Alleinstehende: 2.163 FF / Monat, Paare ohne Kinder: 3.245 FF / Monat, Paare mit einem 10jährigen Kind: 3.894 FF / Monat, Paare mit zwei Kindern (8 und 12 Jahre alt): 4.543 FF / Monat, Paare mit drei Kindern: 5.408 FF / Monat.

3.5 Eingliederllngsmindesteinkommen (RMI): Anspruchsvoraussetzung: Haushaltseinkommen < Mindesteinkornmen.

Leistungshöhe: Erhöhung des Kindergeldes um 822 FF / Monat.

3.4 FamilienleistungJür einkommensschwache Familien: Anspruchsvoraussetzungen: Familie hat mindestens drei Kinder, die älter als drei Jahre sind; Nettohaushaltseinkommen: ~ 79.499 FF / Jahr, diese Einkommensgrenze wird fllr die ersten beiden Kinder um jeweils 25 vH, fllr weitere Kinder um jeweils 30 vH erhöht; zu versteuerndes Einkommen darfin Abhängigkeit von der Zahl der Kinder und dem Kriterium der Erwerbstätigkeit der Eltern eine gesetzlich festgelegte Einkommensgrenze nicht übersteigen: z. B. Familie mit einem Kind, beide Elternteile erwerbstätig: 131.327 FF / Jahr.

Leistungshöhe : Abhängig vom Grad der Behinderung: Basisbetrag: 632 FF / Monat, bei einer Behinderung von 50-80 vH wird der Basisbetrag um 24 vH, bei einer Behinderung von mehr als 80 vH wird der Basisbetrag um 72 vH erhöht.

3.3 FamilienzulageJür Familien mit behinderten Kindern: Ansprllchsvorallssetzllng: Behindertes Kind.

Weitere LeistungJür alleinstehende Elternteile: Kostenlose Krankenversicherung Anspruchsvoraussetzungen: Alleinstehender ist 45 Jahre oder älter; Alleinstehender hat mindestens drei Kinder.

Leistungsart

(Fortsetzung Übersicht 2.3)

Personen.

822 Tsd.

31.12.1990:

Deckungsgrad

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Leistungsdauer: bis zum Tod des Versicherten.

I. Regelaltersrente Anspruchsvoraussetzungen: Vollendung des 60. Lebensjahres; Aufgabe der Berufstätigkeit; Versicherungszeit von 37,5 Jahren fur eine Altersrente in voller Höhe; bei kürzerer Versicherungsdauer (Versicherter hat das 60. Lebensjahr vollendet): Kürzung des anwendbaren Steigerungssatzes um 1,25 vHje fehlendem Vierteljahr an 37,5 Versicherungsjahren; bei aufgeschobenem Rentenzugang (37,5 Versicherungsjahre sind nicht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres und nicht bis zur Verrentung erfullt): Erhöhung des anwendbaren Steigerungssatzes um 2,5 vHje zusätzlichem Versicherungsquartal.

Sicherungsleistungen des allgemeinen Alterssicherungssystems Alle im Handel oder in der Industrie beschäftigten Arbeitnehmer und diesen Gleichgestellten, wie z. B. Heimarbeiter, abhängig Beschäftigte im Gastronomiegewerbe, Joumalisten aufZeitlohnbasis, Versicherungsmakler; 31.07.\988: 5.9\5 Tsd. Personen.

Deckungsgrad

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854 Mrd. FF (= 254 Mrd. DM) Alterssicherungsleistungen : 10,11 vH des B1P; Hinterbliebenenleistungen: 2,05 vH des B1P

FinanzaufWand

Soziale Sicherung im Alter und Hinterbliebenensicherung

Leistungenjür die Alters- und Hinterbliebenensicherung insgesamt

Leistungsart

Übersicht 2.4

(Fortsetzung)

Beitragssätze: AN: 6,55 vH AG: 8,2 vH

Beitragsbemessungsgrenze: 145.800 FF

Mittelaufbringung

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Anpassung der Altersrente: Zweimal im Jahr,jeweils zum 01.01. und zum 01.07. eines Jahres in Abhängigkeit von der Entwicklung des Preisindexes; der Steigerungskoeffizient ~erVerordnungjedes Jahr neu festgelegt.

Kumulierung: Möglich zwischen einer Altersrente aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem und Rentenleistungen aus anderen Sicherungssystemen sowie mit Arbeitseinkommen; Höchstgrenze rur die Leistungshöhe mehrerer zugleich gewährter Renten: (März 1990): 62.040 FF.

Besteuerung der Altersrente, ausgenommen sind die Zusatzleistungen.

Zusatzleistungen zur Altersrente, wie z. B. die Anrechnung vonje zwei Versicherungsjahren rur das Aufziehen von Kindern rur versicherte Frauen oder die Aufstockung des Haushaltseinkommens, unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Höhe der Zusatzleistungen differiert nach den verschiedenen Tatbeständen.

Sonderregelungen rur bestimmte Personengruppen, die die "volle" Versicherungslaufzeit nicht erfilllt haben: so z. B. fllr mindestens 65jährige Versicherte, erwerbsunfiihige Versicherte, 60jährige Bezieher einer Invalidenrente, Arbeitnehmerinnen mit einer Versicherungszeit von wenigstens 30 Jahren und drei Kindern.

Leistungshöhe: Erstberechnung der Jahresrente: R = L * s * V / 150; wobei: R = Jahresrente, L = das durchschnittliche, um einen Inflationskoeffizienten bereinigte Bruttojahresarbeitsentgelt des Versicherten der zehn besten Versicherungsjahre, s = Steigerungssatz, V = Versicherungsdauer im allgemeinen System. Bei 37,5 Versicherungsjahren entspricht R 50 vH des bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigten Bruttojahresarbeitsentgelts der zehn besten Vers icherungsjahre.

Leistungen: Bemessungsgrundlage: Bruttolohn

Leistungsart

(Fortsetzung Übersicht 2.4)

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Zivilbeamte des Staates und der Gebietskörperschaften, Beschäftigte bei der staatlichen Eisenbahngesellschaft, Beschäftigte bei den Energieversorgungsbetrieben, Bergleute, Seeleute, Beschäftigte bei den Bahnen fUr Nebenstrecken, Beschäftigte bei der Banque de France, Beschäftigte bei der Pariser Oper u. a. m.

Deckungsgrad

Leistungshöhe: abhängig von der Dienstdauer, diese ist auf höchstens 40 Jahre begrenzt; Grundvergütung: 2 vH des rentenbegründenden Verdienstes je Versicherungsjahr; Bonifikationen; Kinderzulagen in Höhe von 10 vH der Alterspension bei mindestens drei Kindern zuzüglich 5 vH der Alterspension fUr jedes weitere Kind.

3.1 Alterspensionfür Beamte Beamten; Anspruchsvoraussetzungen: 31.07.1988: 952 Tsd. Erreichen der Dienstaitersgrenze: Vollendung des 60. Lebensjahres (fUr im Büro tätige Beamte, Ausnahmen von dieser Altersgrenzenregelung fUr mit anderen Aufgaben betraute Beamte); erforderliche Dienstzeit: 15 Dienstjahre.

3. Sonderalterssicherungsleistungenfür abhängig Beschäftigte

(Zur Leistungsbemessung der Teilrente siehe die Leistungsbemessung der "normalen" Altersrente.)

2. Teilrente: Anspruchsvoraussetzungen: Vollendung des 60. Lebensjahres; Versicherungszeit von 37,5 Jahren; Minderung der Erwerbstätigkeit um wenigstens 20 vH

Leistungsart

(Fortsetzung)

Staats budget; zusätzlich Beiträge in Höhe von 6 vH auf das Grundgehalt.

Mittelaufbringung

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3. Leistungshöhe der Jahresrente = L Versicherungspunkte • Punktewert; dabei Punktewert rur Zusatzaltersrenten aus dem ARRCO am 01.07.1992: 2.351 FF I Jahr, rur Zusatzaltersrenten aus dem AGIRC am 01.01.l991: 2.179 FF I Jahr.

2. L Versicherungspunkte, Multiplikation mit einem Koeffizienten bei Vorhandensein von Kindern;

Berechnung der Leistungshöhe: 1. Versicherungspunkte je Versicherungsjahr = L Beitragszahlungen in einem Jahr I Kaufpreis eines Punktes, Gratispunkte ftlr Zeiten von Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit;

Leistungen: Zusatzaltersrente aus dem ARRCO; Zusatzaltersrente aus dem AGIRC; Zusatzaltersrente "auf dritter Ebene" ftlr Führungskräfte unter den leitenden Angestellten.

Am 31.07.1988 erhielten 6.840 Tsd. Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte) eine Zusatzaltersrente aus dem ARRCO und 981 Tsd. leitende Angestellte aus demAGIRC.

Freiwillig versichert: Beamte im öffentlichen Dienst, die nicht der Zusatzversorgung obligatorisch unterliegen den Selbständigen, Landwirte.

Deckungsgrad Obligatorisch pflichtversichert: alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer, Ehepartner der nicht in der Landwirtschaft tätigen Selbständigen, Selbständige im Bausektor, Freiberufler, landwirtschaftliche Arbeitnehmer, nicht beamtete Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.

Leistungsart

5. Obligatorische undfreiwillige Zusatzrenten aus den Dachverbänden ARRCO und AG/RC Anspruchsvoraussetzungen: Vollendung des 60. Lebensjahres (bei Vollendung des 55. Lebensjahres und 32,5 Beitragsjahren gekürzte Zusatzaltersrente möglich); Aufgabe der Erwerbstätigkeit; Mindestzahl an Versicheungspunkten: ftlr Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte): 100, ftlr leitende Angestellte: 500.

(Fortsetzung Übersicht 2.4) Mittelaufbringung

Leitende Angestellte, Altersrente "auf dritter Ebene" (AGIRC) Beitragsbemessungsgrenze: 4 • BBG ~ Bruttolohn ~ 8 * BBG Beitragssätze: 9,36 vH insgesamt für AN und AG, Aufteilung der Zahllast nicht festgelegt.

Leitende Angestellte (AGIRC) in nach dem 01.01.1981 gegründeten Unternehmen Beitragsbemessungsgrenze: BBG :::; Bruttolohn:::; 4 * BBG Beitragssätze: AN: 4,68 vH; AG: 9,36 vH

Leitende Angestellte (AGIRC) in vor dem 01.01.1981 gegründeten Unternehmen Beitragsbemessungsgrenze: BBG ~ Bruttolohn ~ 4 *BBG Beitragssätze: AN: 2,34 vH; AG: 7,02 vH

Leitende Angestellte (ARRCO) Beitragsbemessungsgrenze: Bruttolohn ~ BBG Beitragssätze: AN: 2,0 vH; AG: 3,0 vH

Arbeitnehmer (ohne leitende Angestellte) (ARRCO) Beitragsbemessungsgrenze: Bruttolohn ~ 3 * BBG Beitragssätze: AN: 2,0 vH; AG: 3,0 vH

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Leistungsdauer: Ohne zeitliche Beschränkung. Ausnahme: Invalidenrenten. Die Leistung dieser Renten wird bei Wiederheirat eingestellt.

Altersrente: Vollendung des 55 . Lebensjahres; Hinterbliebener muß erwerbsunfahig sein.

Invalidenrente: Vollendung des 55. Lebensjahres; Hinterbliebener muß erwerbsunfllhig sein.

b) seitens des hinterbliebenen Ehegatten: abhängig von der Leistungsart: Hinterbliebenenrente: Vollendung des 55. Lebensjahres; Ehe seit mindestens zwei Jahren (Ausnahme bei Vorhandensein wenigstens eines Kindes); EinkUnfte des Hinterbliebenen $ 12.150 FF I Monat.

6.1 Hinterbliebenenleistungen aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem Anspruchsvoraussetzungen: a) seitens des Verstorbenen: Bezug einer Rentenleistung bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles bzw. Erfllllung der dafllr notwendigen Voraussetzungen;

6. Sicherungsleistungenfor Hinterbliebene

Anpassung der Zusatzaltersrenten: ein- bis zweimal jährlich in Abhängigkeit von der Entwicklung des Punktewertes; dieser ist an die Entwicklung der Durchschnittslöhne der Beitragszahier gebunden.

Leistungsart

Am 31.12.1990 bezogen 814 Tsd. Hinterbliebene eine Hinterbliebenen- oder Invalidenrente.

Hinterbliebene aller im Handel oder in der Industrie beschäftigten Arbeitnehmer sowie diesen Gleichgestellten, wie z. B. Heimarbeiter, abhängig Beschäftigte im Gastronomiegewerbe, Journalisten auf Zeitlohnbasis, Versicherungsmakler.

Deckungsgrad

(Fortsetzung)

Beitragssätze: AN: 0,1 vH AG: 1,6 vH

Keine Beitragsbemessungsgrenze.

Mittelaufbringung

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Leistungshöhe: 1. Jahr: 2.833 FF; 2. Jahr: 1.851 FF; 3. Jahr: 1.417 FF.

Leistungsdauer: Drei Jahre.

6.1.1 Degressive Hinterbliebenenrente Anspruchsvoraussetzungen: Der Verstorbene war versichert; Hinterbliebener ist jünger als 55. Jahre; Hinterbliebener ist nicht wiederverheiratet und lebt nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft; Hinterbliebener hat für mindestens neun Jahre ein Kind bis zu seinem 16. Lebensjahr großgezogen.

Darunter weitere Hinterbliebenenleistungen aus dem allgemeinen Alterssicherungssystem

Invaliden- oder Altersrente: 52 vH der Invaliden- oder Altersrente des Verstorbenen; Mindestjahresbetrag: 15.800 FF; Erhöhung der Invaliden- oder Altersrente um 10 vH bei Erziehung von mindestens drei Kindern über wenigstens neun Jahre vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres. Mit Vollendung des 60. Lebensjahres des Hinterbliebenen: Umwandlung der Invalidenrente in eine Altersrente in gleicher Leistungshöhe. Monatliche Erhöhung der Hinterbliebenenleistungen in Höhe von 453,02 FF, wenn bei Eintritt des Versicherungsfalles noch ein unterhaltsberechtigtes Kind zu versorgen ist.

Leistungshöhe: Hinterbliebenenrente: 52 vH der Altersrente des Verstorbenen; Mindestjahresbetrag: 15.800 FF (bei mindestens 15 Versicherungsjahren, anderenfalls Kürzung der Hinterbliebenenrente); Erhöhung der Hinterbliebenenrente um 10 vH bei Erziehung von mindestens drei Kindern über wenigstens neun Jahre vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres.

Leistungsart

(Fortsetzung Übersicht 2.4)

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(Forlselzung)

6.2.1 Hinterbliebenenrenten aus dem ARRCO Anspruchsvoraussetzungen: Witwen: Vollendung des 50. Lebensjahres, Witwer: Vollendung des 65. Lebensjahres (ausgenommen sind diejenigen, die erwerbsunfahig sind oder die mindestens zwei Kinder, die jünger als 21 Jahre sind, großziehen); Waisen: jünger als 21 Jahre (Leistung auch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, wenn sich die Waise in einer Ausbildung befindet).

6.2 Hinterbliebenenrenten aus den obligatorischen Zusatzrentensystemen ARRCO und AG/RC

Anpassung der Hinterbliebenenleistungen: Zweimal jährlich, zum 01.01. und 01.07. eines Jahres, an die Entwicklung des Preisindexes.

Leistungshöhe: 90fache des Tagesverdienstes des Verstorbenen in Form eines einmaligen Kapitalbetrages; Mindestbetrag: 1.458 FF I Jahr; Höchstbetrag: 36.450 FF I Jahr. Bei Wiederheirat des Verstorbenen: Aufteilung der Hinterbliebenenrente pro rata temporis der jeweiligen Ehedauer zwischen dem hinterbliebenen (neuen) Ehepartner und dem geschiedenen, nicht wiederverheirateten Ehepartner.

b) seitens des Hinterbliebenen: eigenes Einkommen darf einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

6.1.2 Sterbegeld Anspruchsvoraussetzungen: a) seitens des Verstorbenen: längstens ein Jahr lang im Ruhestand; bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden in einem beschränkten, dem Versicherungsfall vorausgehenden Zeitraum: ~ 200 Std. im letzten Vierteljahr oder in den drei dem Versicherungsfall vorausgehenden Monaten oder ~ 120 Std. im letzten Kalendermonat versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein oder Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschaft, vorübergehender Arbeitsunfahigkeit nachweisen können; Summe der Sozialversicherungsbeiträge des Versicherten muß mindestens dem I 040fachen des garantierten Mindestlohns entsprechen.

Leistungsart

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Hinterbliebene Ehepartner u. diesen Gleichgestellten, wie geschiedene und nicht wiederverheiratete Ehepartner und minderjährige Waisen. 31.12.1990: 1.942,50 Tsd. Hinterbliebene. Hinterbliebene Ehepartner u. diesen Gleichgestellten, wie geschiedene und nicht wiederverheiratete Ehepartner und minderjährige Waisen. 31.12.1990: 336,36 Tsd. Hinterbliebene.

Leistungshöhe: rur hinterbliebene Ehegatten: 60 vH der Rentenleistung des Verstorbenen; bei Wiederheirat des Verstorbenen Aufteilung der Hinterbliebenenrente pro rata temporis nach der jeweiligen Ehedauer; bei Wiederheirat des Hinterbliebenen: EinsteIlung der Leistung; rur Waisen: 50 vH der Rentenleistung des Verstorbenen, Aufteilung dieser Leistung auf die vorhandenen Kinder; Die Summe der Hinterbliebenenleistungen darf 100 vH der Rentenleistung des Verstorbenen nicht übersteigen.

Kumulierung der Hinterbliebenenleistungen mit eigenen Einkünften möglich.

6.2.2 Hinterbliebenenrenten aus dem AG/Re Anspruchsvoraussetzungen: Witwen: Vollendung des 50. Lebensjahres, Witwer: Vollendung des 65. Lebensjahres (ausgenommen sind diejenigen, die erwerbsunfilhig sind oder die mindestens zwei Kinder, die jünger als 21 Jahre sind, großziehen); Waisen: jünger als 21 Jahre (Leistung auch über diese Altersgrenze hinaus, wenn die Waise erwerbsunfilhig ist)

Leistungshöhe: rur hinterbliebene Ehegatten: 60 vH der Rentenleistung des Verstorbenen; bei Wiederheirat des Verstorbenen Aufteilung der Hinterbliebenenrente pro rata temporis nach der jeweiligen Ehedauer; bei Wiederheirat des Hinterbliebenen: Einstellung der Leistung; rur Waisen: 30 vH der Rentenleistung des Verstorbenen je Kind; Die Summe der Hinterbliebenenleistungen darf 100 vH der Rentenleistung des Verstorbenen nicht übersteigen.

Anpassung der Hinterbliebenenrenten aus dem ARRCO und dem AGIRC ein- bis zweimal jährlich in Abhllngigkeit von der Entwicklung des Punktewertes, der an die Entwicklung der Durchschnittslöhne der BeitragszahIer gebunden ist.

Kumulierung der Hinterbliebenenleistungen mit eigenen Einkünften möglich.

Deckungsgrad

Leistungsart

(Fortsetzung Übersicht 2.4)

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Aufschub der Altersrente aufgrund von Erwerbstätigkeit möglich.

Leistungsdauer: Beginn: Feststellung der Invalidität; Ende: Vollendung des 60. Lebensjahres des Anspruchsberechtigten, Umwandlung der Invalidenrente in eine Altersrente.

31.12.1989: 418 Tsd. Personen.

1.1 Invalidenrente aus der Invaliditätsversicherung Anspruchsvoraussetzungen: Versicherungszeit von mindestens einem Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalles oder ~ 800 Arbeitsstunden in dem Jahr vor dem Versicherungsfall oder ~ 200 Arbeitsstunden in den letzten drei Monaten vor dem Versicherungsfall.

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116 Mrd. FF (=34 Mrd. DM)

Abhängig Beschäftigte (2,19 vH des in Industrie und Handel BIP) sowie diesen Gleichgestellten, wie z. B. Heimarbeiter, abhängig Beschäftigte im Gastronomiegewerbe, Journalisten auf Zeitlohnbasis, Versicherungsmakler.

I. Invalidenrente Anspruchsvoraussetzungen: Erwerbsunfllhigkeit aufgrund einer Krankheit, sonstiger Gebrechen oder eines Arbeitsunfalles; Erwerbsfllhigkeit muß um mindestens 2/3 der normalen Erwerbsfllhigkeit eingeschränkt sein, so daß folglich nicht mehr als 1/3 des Arbeitseinkommens einer gesunden Person im gleichen Berufsfeld mit vergleichbarem Ausbildungsniveau bezogen werden kann.

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FinanzaufWand

Deckungsgrad

Leistungsart

Soziale Sicherung bei vorzeitiger Erwerbsunfahigkeit und Arbeitsunfall

Übersicht 2.5

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(Fortsetzung)

Beitragssätze: AN: 6,8 vH; AG: 12,6 vH (Die Höhe der Beitragssätze beinhaltet neben den Beiträgen rur Inval idität auch die Beiträge für Krankheit, Mutterschaft und Todesfall.)

Mittelaufbringung

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Doris Wischeropp

Tabelle A.2 Staffelung des Einkommensteuertarifs nach Progressionsstufen und Stufensteuersätzen (Stand: 1990)

Steuerbemessungsgrundlage

Stufen steuers atz

(in FF / Monat)

(in vH)

unter 18.140

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18.140 - 18.960

5,0

18.960 - 22.470

9,6

22.470 - 35.520

14,4

35.520 - 45.660

19,2

45.660 - 57.320

24,0

57.320 - 69.370

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69.370 - 80.030

33,6

80.030 - 133.340

38,4

133.340 - 183.400

43,2

183.400 - 216.940

49,0

216.940 - 246.770

53,9

über 246.770

56,8

Quelle: Lefebvre (1991), Fiscal, No. 298, zitiert nach Tibitanzl (1993), S. 64.

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Übersicht A.l Finanzströme zwischen den verschiedenen obligatorischen Sicherungssystemen der sozialen Sicherung in Mio. FF (1991)

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Doris Wischeropp

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gesamte Wohnbevölkerung

nach Schätzungen ca. 15% der Bevölkerung

- private (Zusatz-)versicherungen

Leistungsvolumen Krankengeld (1991): 2.676 Mrd. Lire (3,37 Mrd. DM),

abhängig Beschäftigte, die aufgrund von Krankheit oder Mutterschaft vorübergehend ihrer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können.

nach Schätzungen ca. 20% der Gesundheitsausgaben

Leistungsvolumen 1991: 268 Mrd. Lire (338 Mio. DM) sowie Kosten für BeitragsausflIlIe: 76 Mrd. Lire (96 Mio. DM); Finanzaufwand regelmäßig erheblich geringer als die Beitragseinnahmen.

(jeweils zuzüg\. Kosten für Beitragsausfalle, insgesamt 720 Mrd. Lire (907 Mio. DM».

Mutterschaftsgeld (1991): 1.647 Mrd. Lire (2,1 Mrd. DM),

Finanzaufwand

Anspruchsberechtigte

- Gesonderte Sozialversicherung für Tuberkulose

zur Kompensation von Lohnausfall Verwaltung: Fonds für zeitweilige Leistungen, INPS. (zu Mutterschaftsgeld s. auch Übersicht 2. 7)

- Krankengeld/Mutterschaftsgeld

Bereich / Leistungen

(Fortsetzung Übersicht 2.4)

Beiträge der Versicherten in sehr unterschiedlicher Höhe.

Sozialbeiträge der Arbeitgeber: 2,17%; Beitragsaufkommen 1991: 946 Mrd. Lire (1,19 Mrd. DM), zusätzlich v. GlAS (d.h. v. Staat) 76 Mrd. Lire (96 Mio. DM) für BeitragsausflIlIe sowie 37 Mrd. Lire (47 Mio. DM) Anteil für die Leistungen

Zusätzlich über die GlAS (d.h. v. Staat) Übernahme der Kosten für BeitragsausflIlIe: 720 Mrd. Lire (907 Mio. DM).

Mutterschaftsgeld: Sozialbeilräge des Arbeilgebers:je nach Branche 0,9%1,23%, Beilragsaujkommen 1991: 2.889 Mrd. Lire (3,6 Mrd. DM).

Krankengeld: Sozialbeiträge des Arbeitgebers: je nach Branche 2,22% 2,55%, Beitragsaufkommen 1991: 3.649 Mrd. Lire (4,6 Mrd. DM);

Mittelaufbringung

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Rentenleistungen (1991) - an Staatsbedienstete: 26.376 Mrd. Lire (33,2 Mrd. DM) - an Regionalbedienstete: 12.131 Mrd. Lire (15,3 Mrd. DM), - kleinere Kassen und Fürsorgerenten: 8.492 Mrd. Lire (10,7 Mrd. DM).

Beschäftigte im öffentlichen Dienst auf staatlicher und regionaler Ebene

- staatliches Sondersystem und vier Kassen ftIr öffentlich Bedienstete der Regionen (+ kleinere Kassen fiir (para-)staatliche Bereiche) Leistungsarten ähnlich wie FPLD, jedoch durchweg vorteilhafter

Leistungsvolumen nach Eurostat im Jahr 1991: Alter: 164.689 Mrd. Lire (207,5 Mrd. DM) Invalidität: 21.458 Mrd. Lire (27 Mrd. DM) Hinterbliebene: 35.847 Mrd. Lire (45,2 Mrd. DM).

Finanzaufwand

Leistungsvolumen der Rentensysteme im gesamten öffentlichen Sektor (1991): 44.000 Mrd. Lire (55,4 Mrd. DM)

ingesamt: Absicherung aller abhängig Beschäftigten und vieler Gruppen von Selbständigen sowie ihrer Familienmitglieder, aller Arbeitslosen, die Lohnersatzleistungen erhalten, sowie von Hausfrauen auf freiwilliger Basis

Anspruchsberechtigte

a) öffentlicher Sektor (Anfang der 90er Jahre entfallen 13,5% der Renten und 21,7% des Finanzvolumens der Rentenleistungen auf den öffentlichen Sektor)

Alter, Invalididät und Hinterbliebene (obligatorische Systeme)

Bereich I Leistungen

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(Fortsetzung)

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staatlicher Bereich: nur Arbeitnehmerbeiträge (1991: 7,15%), Zahlung der Leistungen aus dem laufenden Haushalt; regionale Behörden: Arbeitnehmerbeiträge (1991: 7,15%) und Arbeitgeberbeiträge (1991: je nach Kasse zwischen 13,2% und 21,5%).

s.u.

Mittelaufbringung

Alter, Invalidität und Hinterbliebene - Obligatorische Systeme

Übersicht 2.5

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- größter Fonds: Rentenfonds für abhängig Beschäftigte (Fondo Pensioni Lavoratori Dipendenti, FPLD) Renten bei Alter, Invalidität, Tod mit Hinterlassung Hinterbliebener; (vereinfachte) Rentenformel für A1ters- und Invaliditätsrenten (bis 1992): Jahresrente = Anzahl der Beitragsjahre • 2% • durchschnitt!. aufgewertetes Jahreseinkommen der letzten 5 Jahre; rur höhere Einkommen gestaffelte Steigerungssätze, Mindestrente; Renten an Hinterbliebene in Prozentsätzen der Versichertenrente

b) privater Sektor (Anfang der 90er Jahre entfallen 86,5% der Renten und 78,3% des Finanzvolumens der Rentenleistungen auf den privaten Sektor)

Bereich I Leistungen

(Fortsetzung Übersicht 2.5)

Leistungsvolumen FPLD (1991): 79.168 Mrd. Lire (99,8 Mrd. DM) + 22.401 Mrd. Lire (28,2 Mrd. DM) zusätzliche FUrsorgeleistungen Uber die GlAS, d.h. Gesamtleistungen an Versicherte des FPLD: 101.569 Mrd. Lire (128 Mrd. DM).

Leistungsvolumen der obligator. Regelsicherungssysteme im gesamten privaten Sektor (1991): 152.702 Mrd. Lire (192 Mrd. DM)

Finanzaufwand s.u.

Mittelautbringung

- Sozialbeiträge (1992): Arbeitgeber: 18,93%; Arbeitnehmer: 7,54%, ab 7/1992: 8,14%; Beitragssumme 1991: 60.575 Mrd. Lire (76,3 Mrd. DM). - StaatszuschUsse: Übernahme der BeitragsausflUle (1991: 5.688 Mrd. Lire (7,2 Mrd. DM), Überweisung durch GlAS) sowie der Fursorgeleistungen Gesamtausgaben FPLD: (1991: de facto - nur -14.617 Mrd. Lire FPLD Anfang 1992: 105.176 Mrd. Lire (132,5 Mrd. DM). (18,4 Mrd. DM), Direktzahlung durch 10,01 Mio. Renten I GlAS) 11,37 Mio. Versi- geringe Einkünfte durch Zahlungen der cherte Regionen (filr bestimmte Beitragsausflille), Solidaritätsbeiträge (Finanzausgleich zwischen den Rentenfonds des INPS) sowie VermögenseinkUnfte - Restdefizit durch Verrechnung mit den Überschüssen der "Verwaltung filr zeitweilige Leistungen" (aus Familienleistungen, Schutz gegen Arbeitslosigkeit) gedeckt; grds. staatliche Defizithaftung. - Gesamteinnahmen FPLD 1991: 95.808 Mrd. Lire (120,7 Mrd. DM), Defizit 1991: 9.368 Mrd. Lire (11,8 Mrd. DM).

alle abhängig Beschäftigten (ab 14 Jahre), sofern rur sie nicht ein Sonderfonds existiert und sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen erfilllen

Anspruchsberechtigte

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Anspruchsberechtigte Angehörige der jeweiligen Berufsgruppen / Branchen bzw. Betriebe.

Bereich I Leistungen

- zahlreiche Sonderfonds der Privatwirtschaft filr: Selbständige, Freiberufler, Journalisten, BUhnenpersonal, FUhrungskräfte, Bankensektor etc., z. T. unter eigener Verwaltung, z. T. vom "Istituto Nazionale della Previdenza Sociale" (INPS) verwaltet. Leistungen von der Art ähnlich wie im FPLD, jedoch Regelungen zumeist vorteilhafter. Leistungsvolumen (1991) - der Selbständigenfonds: 22.053 Md. Lire (27,8 Mrd. DM), - der anderen Fonds der Privatwirtschaft: 8.719 Mrd. Lire (1,1 Mrd. DM).

Finanzaufwand

Sozialbeiträge von Arbeitgebern Oe nach Fonds und Branche unterschiedlieh) und Arbeitnehmern Oe nach Fonds und Branche schwankend); z. T. Umlage-, z. T. Kapitaldeckungsverfahren oder Mischformen.

Mittelaufbringung

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Bereich I Leistungen

Gesamtvermögen der Fonds auf ca. 11.250 Mrd. Lire (14,2 Mrd. DM) geschätzt (1991); genaue Angaben über Leistungsvolumen nicht verfligbar. keine Gesamtdaten verfligbar; durchschnittliche Höhe der Leistung pro Person 1986: 8,35 Mio. Lire (10.520 DM).

alle abhängig Beschäftigten, ähnliche Leistung auch im öffentl ichen Dienst.

- Einmalzahlung beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (trattamento di fine rapporto, TFR) Einmalzahlung in Höhe von 1/13,5 des Jahreseinkommens pro Jahr der Zugehörigkeit zum Unternehmen; AufWertung der Beträge früherer Einkommensjahre gemäß 75% der Entwicklung der Lebenshaltungskosten + 1,5%. Insolvenzsicherung über speziellen Fonds beim INPS.

Finanzaufwand

insgesamt: Deckungsgrad der Zusatzsicherungsfonds Anfang der 90er Jahre auf 5% geschätzt, inzwischen höher (über 1000 Fonds mit über 1,5 Mio. Versicherten).

Anspruchsberechtigte

- Zusatzsicherungsfonds bisher vor allem im Banken- und Versicherungssektor verbreitet; die Leistungen stocken z. T. die Regelalterssicherung auf ein Gesamtniveau auf, sind z. T. von dieser unabhängig; einige Fonds sehen zusätzlich Fürsorgeleistungen (z.B. im Krankheitsfall) vor.

Alter, Invalididät und Hinterbliebene (betriebliche Renten I Zusatzrenten)

Rückstellungen des Arbeitgebers; Garantiefonds beim INPS gegen Insolvenz finanziert durch Sozialbeiträge (0,03 % der Lohnsumme).

in etwa 2/3 der Fonds nur Arbeitgeberbeiträge, sonst Arbeitgeberund Arbeitnehmerbeiträge, selten auch ausschließliche Finanzierung über Arbeitnehmerbeiträge; meist Kapitaldeckungsverfahren, keine staatlichen Zuschüsse.

Mittelautbringung

Alter, Invalidität und Hinterbliebene - Betriebliche/ergänzende Alterssicherung

Übersicht 2.6

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IV

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IV

Summe der 1991 vom INPS über die GlAS fur Mutterschaft ausgezahlten Leistungen: 1.647 Mrd. Lire (2,1 Mrd. DM), zuzüglich der Beiträge fur die "fiktiven" Rentenversicherungszeiten.

abhängig beschäftigte Mütter, bzgl. des fakultativen Erziehungsurlaubs und der Krankenbetreuung wahlweise auch Väter.

- Mutterschutz obligatorischer Mutterschutz: 5 Monate Berufsunterbrechung (2 Monate vor dem errechneten Geburtstermin, 3 Monate nach der Geburt) bei Weiterzahlung von 80% des Lohnes und Anrechnung als rentenwirksame Zeit; fakultativer Mutterschutz (Erziehungsurlaub): 6 (zusätzliche) Monate Berufsunterbrechung im ersten Lebensjahr des Kindes bei Weiterzahlung von 30% des Lohnes und Anrechnung als rentenwirksame Zeit; Stillzeiten, Freitage bei Erkrankung des Kindes. Die Verwaltung der Leistungen erfolgt über die GlAS (beim INPS) und den SSN. (Zuordnung zum Bereich "Krankheit", vgl. auch Übersicht 2.4).

Finanzaufwand gesamtes Leistungsvolumen fur "Familie" 1991 It. Eurostat: 11.842 Mrd. Lire (14,9 Mrd. DM).

Anspruchsberechtigte

Mutterschutz und Familienleistungen

Bereich I Leistungen

Mutterschutz und Familienleistungen

Übersicht 2. 7

(Fortsetzung)

Sozialbeiträge des Arbeitgebers, branchenabhängig zwischen 0,9% und 1,23% (1992). Beitragsaufkommen 1991: 2.889 Mrd. Lire (3,6 Mrd. DM). Staatliche Übernahme der aus den fiktiven Rentenversicherungszeiten entstehenden Kosten (Weiterleitung über die GlAS an die entsprechenden Fonds).

Mittelaufbringung

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