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German Pages 101 [104] Year 1970
KOMEDIA 16 HOLLONÏUS/SOMNIUM
VITAE
HUMANAE
KOM E DIÄ DEUTSCHE LUSTSPIELE VOM B A R O C K B I S Z U R G E G E N W A R T Texte und Materialien zur Interpretation Herausgegeben von H E L M U T A R N T Z E N und K A R L P E S T A L O Z Z I
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1970 WALTER DE G R U Y T E R
& CO. /
BERLIN
V O R M A L S G. J. G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G • J . G U T T E N T A G V E R L A G S B U C H H A N D L U N G • G E O R G R E I M E R • K A R L J. T R Ü B N E R V E I T & COMP.
LUDWIG HOLLONIUS
SOMNIUM VI TA E HUMANAE Drama
Text und Materialien zur Interpretation besorgt von DOROTHEA GLODNY-WIERCINSKI
1970 W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / B E R L I N V O R M A L S G. J. G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H A N D L U N G • J. G U T T E N T A G V E R L A G S B U C H H A N D L U N G • GEORG R E I M E R • KARL J. T R U B N E R V E I T & COMP.
Archiv-Nr. 3 6 09701 © 1970 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göscben'sche Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp., Berlin 30, Genthiner Straße 13. Printed in Germany. Alle Rechte der Übersetzung, des Nachdruckes, der Anfertigung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30
Somnium Vitae Humanse, Das ist: Ein
Newes Spiel Darin Aus einer lustigen geschieht von Philippo Bono, für hundert vnnd acht vnnd dreissig Jahren, einem Weisen, Frommen vnd Mechtigen Hertzogen der Burgunder vnnd Niederländer etc. Gleich in einem Spiegel gezeiget wird, das vnser zeitlichs leben, mit all seiner Herrligkeit nur ein nichtiger vnd betrieglicher Traum sey.
Gestellet durch
Ludovicurn Hollonium, Predigern des heiligen Göttlichen worts im Stedtlin Pölitz.
Gedruckt zu Alten Stettin, durch J o c h i m R h e t e n , 1605.
EPIGRAMMA AVTHORIS In CALVMNIATOREM quendam. NOn valeam, si tu Rhythmos ex tempore quinque Fundere materna voce Labulle potes. Dente Cainino tamen audes rodere Drama, Ante duos annos quod mea Musa dedit. Hoc quoque ridebis, stringens me scommate : semper Quò sacra sic celebres Lindia, more tuo. Vsque adeòne tibi sordet vernacula linqua, Vt versus illà scribere turpe putes ? O Fatuum! Grajus sermo Maternus Homero, Virgilio Patrius nonne Latinus erat? Nonne refers Matrem cum mugis foede Labulle ? Quando rudis, vox h&c nonne Paterna tibi ? Rhythmis ergo meis ceßa maledicere, ne TE Semiasinum posthac, semibovemque vocem.
DEm durchleuchtigen, Hochgebornen Fürsten vnnd Herrn, Herrn PHILIPPO II. Hertzogen zu Stettin, Pommern, der Cassuben vnnd Wenden, Fürsten zu Rügen, Graffen zu Gützkow, vnd der Lande Lawenburg vnd Büthow Herrn etc. Meinem gnedigen Fürsten vnd Herrn. Die Gnad GOttes, sampt der liebe vnsers Immanuels Jesu Christi, Glück, Fried vnd Frewd des heiligen Geistes, neben wünschung eines glückseligen frölichen newen Jahrs, meinem andechtigen Gebeth, vnd vnderthenigen diensten zu jeden Zeiten bevor. DUrchleuchtiger, Hochgeborner gnediger Fürst vnd Herr, wir lesen das [Aij] der König Salomon, welchem von anfang der Welt her, vnter allen Monarchen vnd Potentaten, keiner an Weißheit oder Reichtumb gleich ist gewesen, da er den vberschlag vnsers gantzen lebens gemachet, entlich exclamirend beschlossen: Vanitas vanitatum, et omnia vanitas. Das dieses war sey, bezeugen, neben der teglichen experientz, so woll die Exempla vnd Apophtegmata der weisen Heyden, als die heilige Göttliche Schrifft. Etliche der Heyden, wann sie die grosse eitelkeit dieses müheseligen lebens angesehen vnd betrachtet, haben sich an dem hochgelobten Ehrenkönige vnd Schöpffer aller Creaturen, als Himmelsbellende vnd Gottschmehende lestermeuler, versündiget vnd gesagt: Optimum non nasci, wie der Silenus. Etliche haben das Menschliche thun vnd wesen mit einem vbermessigen lachen verspottet, wie der Democritus. Andere haben immerzu lamentiret, vnd jhr leben mit zähren hingebracht, wie der Heraclitus. Andere, wann sie das vnordentliche, eitele, torhafftige weltleben etwas tieffer behertziget, sind Menschenflüchtig geworden, vnd haben aus vberdruß solchs ferner zusehen, sich vom Volck hinweg in die Wüsten gethan. Wie der Timon von Athen, welcher alle gemeinschafft der leute gemitten, vnnd sein leben in einer Wiltnis vnter den Thieren vber den Menschlichen jammer, biß an sein end, philosophirend zugebracht. Fast gleiches schlags ist gewesen Diogenes Cynicus, ein wunderbarli-[Aiij]cher kautz, aber guter Philosophus, welcher in einem
8 faß gewohnet, vnd nicht eigens haben wollen. Denn da er gesehn, das einer mit der hand wasser geschöpffet, vnnd es daraus getruncken, hat er auch seinen höltzernen trincknapff, welchen er bißdaher, wie bey vns die Bettler, bey sich getragen, von sich geworffen, vnd sich damit hinfort nicht wollen schleppen. V o m Alexandro Magno, der jhm viel vnd grosses gut angeboten, hat er kurtzumb nichts nehmen wollen. A Sole mihi non obstes, sagt er zu jhm. V n d schreibet Valerius Maximus, es habe Alexander viel ehe Darium, den mechtigen König der Perser, mit Waffen bezwingen, als den Diogenem, sordidae appellationis, sed robustae virum prastantias, aus seinem Stande, das ist erwehleten einsiedler leben, bringen können. Es sind auch viel artige Philosophische ingenia vnter den Heyden gewesen, die haben schreckliche Tragoedias geordnet, darin sie den jammer vnd eitelkeit dieses lebens haben fürbilden, vnd also die Menschen zu betrachtung desselben deduciren wollen, wie der Euripides, Seneca, vnd andere bey den Griechen vnnd Latinern. Etliche habens auff andere weise, als mit kurtzen, subtilen Sprüchen, vnnd bequemen gleichnussen proponiret. Epictetus vom Keyser Hadriano gefraget, qux eßet optima vita ? Hat er geantwortet, Brevißima. Da er ferner gefraget was der Mensch sey? hat er geantwortet: Lucerna in ven-[Aiiij]to posita, loci hospes, calamitatis fabula. Die heilige Göttliche Schrifft hat hin vnnd wieder viele herrliche Sprüche, Gleichnussen vnd verblümte reden, damit sie die eitelkeit dieses vnbestendigen nichtigen lebens abmahlen, vnd vns armen Erdwürmlein einbilden wil, welche nach der lenge an diesem ort einzuführen ich vnnötig erachte, auch auff dißmahl meines propositi nicht ist. Der Mann Gottes Moses im 90. Psalmo beschreibet auffs artigst den jemmerlichen zustand vnsers vergenglichen lebens, dasselbe so eigentlich mit seinen färben abmahlend, das wirs meines erachtens in der Bibel nicht klärer haben. Vnter andern vergleichet er vnsere eitele, armselige betrübte lebenszeit, welche im 84. Psalm Transitus per vallem lacrymarum genennet wird, einem schlaff vnd Traum. Wie künte es besser vnd kürtzer beschrieben ? wie künte es eigentlicher abgemahlet werden? quid enim Somnijs vaniüs et inaniüs? quid fugaciüs? Wer auff Treume helt, sagt Syrach cap. 34. der greiffet nach dem schatten, vnnd wil den wind haschen. Treume sind nicht anders den Bilde ohn wesen. Vnweise leut betriegen sich selbs, mit törichten hoffnungen, vnd Narren verlassen sich auff Treume. Also sind es warlich grosse Narren, die sich auff dieses nichtigen lebens flüchtigen schatten, auff Reichthumb, macht, kunst, stercke,
9 Schönheit, oder was es auff dieser Erden ist, verlassen. Dieselben werden gewißlich in jhrer törichten Hoffnung ( A v ) vnd fleischlichem Sardanapalischem Vorsatz schendlich betrogen, vnd entlich zuschanden, wie Nabal, mit namen vnd that ein grosser Welt Narr. I. Samuel. 25. vnd der Reiche Geck, der seine Scheune abbrechen vnnd grösser bawen wolte, Luc. 12. Hiemit (das dieses zeitliches leben ein Traum sey) stimmen auch der verniinfftigen vnd gelarten Heyden etliche, wie auch viel frommer Christen. Pindarus nennet den Menschen Vmbrae Somnium. Oedipus wird von Euripide, nisi me fallit memoria, also redend eingeführet: quid sum nisi evanescens umbra, vel cadaver, vel volatile S O M N I V M ? Palingenius in seinem Zodiaco vitas, opere miré erudito planeque Philosophico, singt : Mera Somnia sunt hxc, Quaecunque in terris pulcra et miranda videntur. Des berühmbten Poeten vnnd Medici, Petri Lotichij Secundi, Distichon ist bekant: Nos Dolor, et vitae mortalis inania versant S O M N I A , et ambiguis Spesque, Metusque modis. Dieweil es dann, Durchleuchtiger, Hochgeborner gnediger Fürst vnd Herr, mit diesem zeitlichem gleissenden Weltwesen eine solche beschaffenheit hat, will vns traun gebüren, das wir dieses ja bey zeit wol erkennen vnd beherzigen lernen. Denn solche considération gibt mancherley lehr, trost vnd warnung. Es will allen der ewigen Seeligkeit begirigen Christen obligen, den höchsten fleiß anzuwenden, das sie ja jhre kurze, müheselige vnd alzuschnel dahinrauschende lebetage, zur Ehr Gottes anwenden, in warem glauben viel guter werck verrichten, vnnd sich vmb die immerwehrende Himelfrewde täglich vnd hertzlich bekümmern. Denn es heisset : Vna salus servire Deo, sunt Cœtera Nugae. J a es will allen Getaufften, welche zu der heiligen Creutz vnd Blutfahne Jhesu Christi geschworen haben, obligen, das sie alle minuten zu rück gedencken, worumb sie doch alhie leben, wie sie jhre vergangene vnd schon verflossene zeit zugebracht, vnnd die künfftige recht anwenden mögen. Ideo enim, sagt der fromme Kirchenvater Augustinus, Christiani facti sumus, ut Semper de futuro seculo, et de xterno praemio cogitemus, et plus pro Anima, quàm pro Corpore laboremus. Achl was hüLffs dem Menschen, wan er die gantze Welt gewünne, und nehm doch schaden an seiner Seele ? Matth. 16. cap. E s will einem jeden vnter vns gebüren, zur fleissigen Meditation vnd betrachtung dieses Menschlichen elends vnd irdischen vergengligkeit, wie dann auch zu heiligen, Christlichen, Gott wol gefelligen Glaubenswercken, nicht allein sich selbest, sondern auch seinen Nehsten auffzumuntern. Damit nun dieses auch ich vnwirdigster vnd geringster vnter
10 den dienern des HEren Jesu Christi, nach meinen wenig gaben thun möge, habe ich der tollen vnd immerschwermenden Welt die eitelkeit vnsers zeitlichen lebens in einem öffentlichem Spiell wollen fürbilden. Habe aber fürnemblich dahin gesehen, wie ich ein berühmt vnd warhafftiges Exempel müchte fürstellen, auff das alle so diß spiel würden lesen, oder anschawen, es nicht dafür achteten, als ob dasjennige, was hie mit worten vnnd geberden wird fürgebracht, nur allein vmb guter kurtzweil, vnnd schimpfflicher bossen willen geschrieben vnd angerichtet: Sondern damit anzudeuten, das es in der warheit (Comcediae enim sunt imagines veritatis et quotidianae vitx specula) in vnserm gantzen leben auff dieser Welt also daher gehe. Wann ich aber nach einem solchen exempel, bey guten, glaubwirdigen Historiéis, fleissig gesuchet vnnd nachgeforschet: So habe ich noch zur zeit kein bessers, vnd zu meinem fürhaben bequemers finden können, als eben diese lustige geschieht von dem löblichen, weisen, vnd mechtigen Fürsten Philippo Bono, weiland Hertzogen in Burgundien vnd der Niederlanden, dieselbe von Davide Chytrxo, meinem lieben vnd nunmehr in Gott ruhenden Prxceptore, im dritten buch seines Chronici Saxonici, aus den Epistolis Ludovici vivis, erzehlet, auch von Georgio Ciglero in seinem Discursu de incertitudine rerum Humanarum, repetieret wird. Dieselbige, Durchleuchtiger Hochgeborner gnediger Fürst vnd Herr, habe vnter E. F. G. hochlöblichen Nahmen, ich ans liecht kommen lassen, das nicht allein von E. F. G. als einem hochverstendigen, gelarten, wollbelesenen, vnd in löblichen peregrinationibus versuchten Fürsten, diese meine wollgemeinte arbeit kegen des Neidharti Calumnias, schütz vnd schirm habe: Sondern weil der allmechtiger Gott E. F. G. dermassen mit allerley hohen, fürtrefflichen, Fürstlichen Gaben, Tugenden, vnnd angeborner frömmigkeit begnadet hat, das menniglich in der hoffnung stehet, E. F. G. dermahl eins diesem Pommerland ein Bonus Philippus, nach dem Exempel jhres lieben Herrn Großvaters, Philippi primi, hochlöblicher gedechtnus, sein werde. Derwegen E. F. G. ich hiemit zum vnterthenigsten vnd demütigsten bitte, dieselbe wollen dieses mein Poemation, loco sirenas, in Gnaden aufnehmen, vnd jhnen auff dißmal belieben vnd gefallen lassen. Der frommer vnd allein getrewer Gott, wolle E. F. G. sampt deroselben hertzlieben Herrn Vätern vnd Herrn Brüdern, auch das gantze hochlöbliche Fürstliche Haus zu Stettin vnnd Pommern, bey guter gesundheit, friedlicher Regierung, vnd glückseligem wollstande, seinem allerheiligsten Nahmen zu ehren, lange zeit fristen, erhalten, schützen vnd segenen. Warumb täglich zu bitten ich mich
11 schüldig vnd willig erkenne. Datum Pölitz, im anfang des Newen Jahrs 1605. nach Christi vnsers Erlösers Seligmachender Geburt, welches E. F. G. zu wahrer Seligkeit, bestendiger gesundheit, zeitlicher vnd ewiger wolfahrt ich von dem Himlischen Vater aus grund meines hertzen wünschen vnd erbitten thu, Amen, Amen. E. F. G. Vntertheniger L u d o v i c u s H o l l o n i u s , Pastor daselbst.
AD AUCTOREM. UMbrae vitam hominis cecinit quandoque fugaci Vates Pelasgus similimam. Namque, velut, Phcebum cum nox subducit opaca, Nubésve nigra, diffugit Vmbra : Hominum citò vita fugit, Parcaeque revellunt Filum trahendum ocyssimé. Tu similem fingis, quod noctu terrei et urget Timore, speque, somnio. Nam pueri aetatis quae primis fecimus annis, Vt somnium, aut elapsa sunt Ex animis nostris : aut si quid restat et haeret, Ipsi timemus pallidi; Aut admiramur, cum nos maturior setas Aliud monet, prioraque Vellicat, et rursus nova quando advolvitur astas, Putas priorem, somnium. Haec oculis à Te vivo quia pietà colore Socco exhibentur scenico, Gratia non Italis tantùm et debetur Achivis, Veróni manet quoque Te tua, Vnanimésque canent, referent et ad astra nepotes Honore multo Teutonum. I. F. N. H. S.
E R Z E H L U N G D E R PERSONEN. Ein Knab so den Einhalt recitieret. Hertzog in Burgundien. L U D O V I C U S D E L P H I N U S G A L L I G . C A R O L I des Königs aus Franckreich Sohn. W O L L R A T H . Cantzler. 1 _ TT _ F R I E D L I E B . Hoffrath. | L U" D o c t o r e s R E I N A R T . Marschall. G O T T L I E B . Camerer. ARGUMENTATOR.
P H I L I P P U S BONUS.
DEGENWERTH
| Hof Junckern.
SCHIRMFRIED.
Official vnd Fürstlicher Beicht-Vater. Doctor Mediciius. Fürstlicher Leibartzt. F R A T E R A N T O N I U S . Ein junger Münch Prediger ordens. Sacellanus Aulse. L A M B E R T . Ein Pastor vom Land. C H R I S T M A N . Secretarius. G E B R I C H . Fürstlicher Küchenmeister. WARNER.
LEUTHÜLFF.
SLEGESBOT
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VOLAND
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FRIEDBERT
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WILBALT
1 ,
.
K N A B E N
.
LACKELEN
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EISENBART. SCHARTDEGEN. HELMSCHROT.
Trabanten
GRIMWALD. KÜNPRECHT. WLLTHELM.
Fuchsschwentzer, oder Schmorotzer. Narr. W O L F F G A N G . ein Bott. IAN. der Ebriack. Ex plebe homo. LEUTRUD. I Weib. IOANNISCUS. sein •{ Sohnlein. LEUTRUDULA. [ Töchterlein. NASCHART.
GUTBISCHEN.
TRAURNICHT WEINHOLT GÜLDENER.
1 I
T
, ,
.. ,
...
,
.
. . .
J a n s Zechbruder, lidem homines plebei.
Fürstlicher Goltschmid.
14 HERMAN.
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GISSBERT. J TYTKE. TRINE.
Schneider. Schuster.
Ein alter Bawr, claudicans, vel Scipione incumbens. Sein Weib, juvencula.
SCHMECKEBIER. 1
PLUMPART.
-
_
I J u n 8 e Bawren.
EPILOGUS. Ein Knab, so die SchluI3red thut.
ARGVMENTATOR. HErtzog Philip, der Gutt genant, Ein Fürst in der Burgunder Landt, Hat viele Jahr regieret wol, Wie ein Christlich Regent thun sol: Also das kaum ein Fürst der zeit, Ihm gleich gewesen an Weißheit, Vnd andern höhn Tugenden mehr, Damit von Gott war bgnadet er. Solches bezeugen sein Geschieht, So er allzeit weißlich verricht. Er hat geführet schwere Krieg, Darinn erhalten Lob vnd Sieg: Hat viel Lender vnter sich gbracht, Theils durch Heyrath, vnd theils durch Macht. Des Gülden Flusses Ritter Ordn Von jhm ist erst gestifftet wordn, Da Isabel aus Portugal Ihm beygesetzt, das dritt Gemahl. Er hat erfahrn wolln auff ein' zeit Des Menschlichen lebens Eitelkeit, Hat derowegen von der Gassn Ein vollen Mann auffheben lassn, [Bij] Vnd bringen auff seinen Palast, Ins Fürstliche Bette zur rast. Hatt jhn des morgens lassen ziem, Von fuß zu heupt Fürstlich staffiern, Und jhn zur Meß lassen beleitn Gar prächtig, wie es zu den zeitn Gehalten ward, vnd im Bapstum Noch heute ist der grössest rühm: Hernach jhn auch zu Tisch lassn führn Vnd vberall Fürstlich tractiern, Bis man nach der Abentmahlzeit Ihm geben hat seinen Abscheid, Ihm zugesoffn so risch vnd frisch, Das er entschlaffen hinterm Tisch. Da hat der löblich Fürst alßbalt Ihm sein gepletzte kleider alt Anlegen lassen wiederumb,
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Argumentator V o n jhm genomn das Hertzogthumb, V n d haben die Trabanten forth Ihn tragen müssen an den orth, Da er für vier vnd zwantzig stundn Im Rinnstein schlaffend war gefundn. Als er die nacht dahin gebracht, Vnd des morgens vom schlaff erwacht, Hat er alls was jhm widerfahrn Seinem Weib, Kindern, vnd Nachbarn Erzehlt wie ein nächtlich gesicht Vnd Traum, dem er wolt glauben nicht. Das ist dieses Spiels Argument, Weichs der Author zum guten end: Wie Momus meint, vergeblich nicht Sondern Z u r Lehr hat angericht. Daraus auch warlich yederman Viel guter Lehren fassen kan. Dann hie in einem Spiegel klar Wird fürgestellet offenbar, Das vnsers Lebens Ehr vnd Macht, Frewd, Herligkeit, Ruhm, Zier vnd pracht Sey nur ein Traum vnd falscher schein, Darumb soll man gewarnet sein, Trachten mit ernst vnd ja bey zeit Im glauben nach der Seligkeit. Sonst wird etwas, doch auch zur lehr Vnd zier des Spiels, eingfürth beyher. Laßts euch gefallen, seid fein still, Hört was der Juncker sagen will. [B iij]
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A C T U S I. S e e n a I. DEGENWERTH.
FRIEDLIEB.
REINART.
HÜLFF. CHRISTMAN.
WOLRATH.
WARNER.
LEUT-
GOTTLIEB.
DEGENWERTH. HErr Doctor lieber sagt mir doch, Solt auch ein Fürst itzt leben noch Im heiligen Römischen Reich, Der an weißheit vnserm sey gleich? FRIEDLIEB. Lieben Junckern, auff ewer frag Mit warheit ich also viel sag: Das wir einen Landsherren habn Geziert von Gott mit hohen gabn. Dem solin wir dancken früh vnd spat Der aus Gnaden jhn geben hat. Dann freilich ists ein wolthat groß, Nicht außzusprechn mit Worten blos, Wann Gott Regenten from vnd klug Einm Lande gibt, wie wir mit fug Rühmen können: doch will hiemit Ander' Fürstn ich verachten nicht. DEGENWERTH. Wollen wir vnsern stand recht führn, So will sich auch das nicht gebührn. REINART. Man soll billich hohe Personn Mit böser nachred gar verschonn. Dann ein verleumbder ist nicht Werth Das an die seit er gürt' ein schwerdt, Viel weiniger führ Schilt vnd Helm.
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DEGENWERTH. Verleumbder sindt Godtlose Schelm: Man solt sie an die Beum forth henckn Oder im Sack ins wasser senckn. FRIEDLIEB. Vnd die sie gern hörn, vnd forth gleubn, Den solt man beid' ohren aufFkleubn. DEGENWERTH. Ey recht, recht: da kompt der Cantzler, Deßgleichen der Hoflprediger, Auch Fürstlicher Gnaden Medicus 2 KOMEDIA X V I
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Actus I.
Dazu der Secretarius. [B iiij] Dieselben muß ich auch drumb fragn, Sie werdn vns wol ihr' meinung sagn.
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WOLRATH. Was ist der Junckern jhr begehr ? Ihr Herren sagt doch ohn beschwer: Lebt auch ein Fürst im Römschen Reich Der vnserm Hertzogen sey gleich An frömmigkeit, Oder weißheit?
DEGENWERTH.
Warlich wir habn einn frommen Herrn, Der sein' Vnterthan nicht thut beschwern: Der mit weißheit vnd hohm verstand Löblich regieret Leut vnd Land.
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WOLRATH.
WARNER.
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Wir habn einn Fürsten from vnd weiß.
LEUTHÜLFF.
J a billich gibt man jhm den preiß.
Wer verkleinert jhr' Fürstlich Gnad, Derselb wenig witz vnd ehr hat.
CHRISTMAN.
LEUTHÜLFF.
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Gott erhalt sie lang zeit gesund.
Darumb zu bitten alle stund, Wir schüldich sind im gantzen Land.
WARNER.
REINART.
Thet man das nicht, das wehr groß' schand.
WARNER. War das nicht ein' Gottseelig red, Die er itzt vber Tische thet, Z u Ludovico Galliae Delphino? welchem thut sehr weh, Das er seins Vaters zorn cedirn Vnd in der frembd muß exulirn, Darüber hertzlich seufftzet, klagt, Vnd sich mit sorgen offtmahln plagt. Wie fein wust er aus Gottes wort, Wie Christlich jhn Zu trösten forth? Wie herlich Sprüch er allegirt ? Wie artig er sie applicirt ? FRIEDLIEB. J a das ist war, Ehrwürdigr Pater
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Scena I. Vntr andern sagt der from Lands Vater Wir sind hie alle Exules, Viatores vnd Hospites, [B v] Humana vita est somnium. All Herligkeit, Macht, Pracht, Reichtum, Im huy vnd augenblick verschwind, Wie der Rauch getrieben vom Wind.
WARNER.
Hett das Thaies Milesius Geredet, oder Pittacus: Von Corinthen Periander, Odr aus Griechenland ein ander: Hett es gesaget Cicero, Odr der großmütig Scipio, Man hielts für ein oraculum Vnd Göttliches Eloquium.
WOLLRATH.
supervenit, ä Principe missus. Mit euch, Herr Doctor, Fürstlich' Gnad Daroben was zu reden hat.
GOTTLIEB
FRIEDLIEB.
Ich kom alsbalt. Abit.
ad reliquos. Weils itzt nicht kalt, Will der Fürst sich zu recreirn Ein weinig in die Stadt spaciern. Des Königs Sohn aus Franckenreich Ludwig, wird mitgehen zugleich. Darumb verthut euch nicht zu weit, Auff das jhr alle seid bereit, Fürstliche Gnad zubeleiten, Es kom zu gehn oder reiten. Er Warner, jhr seidt schwach vnd alt, Mit euch hats viel ein ander gstalt: Der löblich Fürst, mein gnedigr Herr, Thuts nicht zu leid seinm Beichtvater, Das er zu fuß solt einher trabn, Dazu hat er Lackein vnd Knabn: Geht jhr zu bett in Gottes nahmn.
GOTTLIEB
WARNER.
Der füeg vns gsund wider zusamn.
Actus I.
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ACTUS I. Seena II. NASCHART. NASCHART.
GUTBISCHEN. NASCHART.
EISENBART.
Juch hobba: vier lahm entis.
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Juch: lustig, rüstig, guter ding.
GUTBISCHEN. NASCHART.
GUTBISCHEN.
Juch hoscha: laetae mentis.
Was gibst das ich herumbher spring ?
Ein groschen. Spring: juch hobba, juch.
saliendo se circumrotans. Das wars mein kerl: juch hoscha juch.
GUTBISCHEN
Habt jhr zu viel gsoffn, oder gfressn Odr seid vom Teuffei gar besessn, Das er euch zu marcket hinreith ? Was ists das jhr so brüllt vnd schreit ? Gedencket das der Fürst dort obn, Wird hören ewer rasn vnd tobn.
EISENBART.
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Ho: diß' heilige Phantastnacht, Ist vnser Betwoch vnd andacht: Nun halten wir procession,
NASCHART.
Begehn walfahrt vnd Station.
Nun ist Sanct Schweinardi bgengnus, Vnd des Grobiani bsengnus.
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Wir wollen mit crassatum gehn, Vns in der Stadt auch lassen sehn.
GUTBISCHEN.
Wie aber ? wann der Fürst aus zorn, Euch vngehalten frechen Thorn Ins loch lies werffen allebeid?
EISENBART.
GUTBISCHEN.
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Ho ? das thut man vns nicht zu leid.
Wir sind zwen Menner hochgelarth, Von weiser vnd sehr kluger arth, Ich weiß gewiß, nicht einen tag Der Fürst vnser entrathen mag.
NASCHART.
hat ohn das mein gnedger Herr Genug Thoren, vnd Leimstenger, So Fuchsschwentzen vnd pflaumenstreichn.
EISENBART. E S
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Scena III. NASCHART.
Was? wiltu vns denen vergleichn. Wir sind zwo vornehme Seulen Des Landes.
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EISENBART. Ihr soltet heulen Im thurm, ein wochen oder acht Zum gringsten, stünds in meiner macht: Ihr würdt der Narheit woll vergessn.
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Wann d' vns gebst frey zusauffn vnd fressn, Wir wolten es woll halten aus.
GUTBISCHEN.
Der Fürste kömpt herab, potz laus.
EISENBART.
A C T U S I. S e e n a III. Progreditur GALLIAE,
PRINCEPS, ex Arce
obambulatum,
LUDOVICUS DELPHINUS
Proceres, Satellites, et alii Ministri, more Aulico comitantureum.
PHILIPPUS. LUDWIG. GUTBISCHEN. N A S C H A R T . R E I N A R T .
SCHART-
DEGEN.
Nun ists, Gott lob, ein gwünschet wettr.
PHILIPPUS.
Das ist warlich, lieber Herr Vettr: Billich man sich itzt recreirt, Vnd einmahl in die Stadt spatziert.
LUDWIG.
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Hört Reinart: last die beiden Narrn Hie oben vnter dessn verharrn.
PHILIPPUS.
GUTBISCHEN NASCHART.
lacrymabundus. E y Vater, last vns gehen mit.
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Darumb ich auch sehr fleissig bit.
Nein, nein: ohne das vnser Gnad Narren gnug zu gefehrten hat: Wir küntn der etlich' wol entrathn.
PHILIPPUS.
secum. Wer wolt den fressn die guten bratn, Vnd sauffen aus den besten wein ? Bein Herrn müssn solche leute sein.
NASCHART
REINART.
Jage sie hinauf! Schartdegen.
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Actus I.
GUTBISCHEN.
SO
kom jo ein sehne vnd regen.
verberans moriomm. Was ? fluchest noch du Bösewicht ?
SCHARTDEGEN
NASCHART.
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Ich wil wol gehen, schlag mich nicht.
A C T U S I. Seena I U I . IAN. TRAURNICHT.
WEINHOLT.
IAN egrediens taberna vinaria. Canit partem veteris Cantiunculae: Traut Henßlein vber die Heiden etc. vel aliud. Finito Cantu. Slh! Sih! wie betreugt mich der wein? Wolln mich doch nicht tragen mein bein: Itzt, da ich in dem glach noch war, Daucht mich ich wer noch nüchtern gar: Wann ich nu kom in Lufft hinaus, Kan ich nicht findn mein eigen haus,
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Kan nicht mehr sehn, Nicht gehn, nicht stehn. Muß mich hie legn ein weinig nidr, Biß das ich kom zu rechte widr.
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Procumbens bumi obdormit. Interea Compotatores ejus caupona voeiferando exeunt, et canunt hoc, vel alio modo. Solt ich so offtmals trauren Als es mir vbel geht, So müst ich allzeit zagen Vnd viel zu schaffen het: Laß trawren immer trawren Wer gerne trawren thut, Ich laß den lieben Gott walten Vnd trag einn frischen muth.
TRAURNICHT.
Man sagt wol in den Meyen Da sind die Brünnlein gsund: Ich glaubs nicht bey meinn trewen,
WEINHOLT.
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Scena IUI. Es schwenckt einm nur den mund, Vnd thut im magen schweben, Drumb wil mirs auch nicht ein, Ich lob die edlen Reben Die bringn vns guten wein. TRAURNICHT. WEINHOLT.
„ „ „ „ „
Hoichta: ju, jo.
Hoscha, ho, ho.
TRAURNICHT.
Juch hoscha: tummel dich mutz.
cernens Ebrium. Sih da! sih da mein huderputz, SihI da ligt er in allr Sewnahmn.
WEINHOLT
TRAURNICHT.
Ho, ho: komm wir so widr zusamn?
Ebrio illudens canit. Ach wein du schmackst mir also woll, Du machest mich offt also voll, Das ich nicht heim kan kommen: So hebt mein wunder böses weib Daheime an zu brommen, ja brommen.
WEINHOLT
„ „ „ „ „
Greiff an, wir wolln jhn führen heim, Was soll er hie so lign im schleim ?
TRAURNICHT.
Er hat die kleien noch im bart, Wie wird sein weib jhn küssen zart.
WEINHOLT.
Steh auff mein I A N , du bist gar voll, Steh auff, du liegst hie traun nicht woll.
TRAURNICHT.
IAN. Las mich zu fried, vnd schweig nur still, So lang als ich hie ligen wil, Ists mir gut gnug. Laß lign den Geck, Eine Saw gehört nur in dreck.
WEINHOLT.
Ja wann du mir nicht wilt beystan, So wil ichs auch wol bleiben lan.
TRAURNICHT.
WEINHOLT.
Potz rasperment I wer kompt vns dort ?
TRAURNICHT.
Vieleicht die wacht, lauff fort, lauff fort.
Actus I.
24
ACTUS I. Seena V. Redit HELMSCHROT.
PRINCEPS
cum comitatu, loquuntur.
G R I M W A L D . PHILIPPUS. WILTHELM.
SCHARTDEGEN.
Künprecht.
EISENBART.
ad Ebrium. Woll auff, wol auff: du Esel frech, Wie legst dich so recht hie in weg ?
HELMSCHROT
verberans Ebrium. Halt, halt: ich wil das grobe Schwein, Hiemit bald bringen auff die bein.
GRIMWALD
Nicht, nicht Trabant, laß ab vom schlagn, Einm truncken man mit Pferd vnd wagn Man weichen soll: thut jhm kein leid, Bringt jhn zu Hoff auff weitern bscheid.
[C
ij]
280
PHILIPPUS.
285
P R I N C E P S cum Proceribus in Aulam pergit. Satellites Ebrium bastilibus imponentes, eumque deportantes colloquuntur invicem: SCHARTDEGEN. EISENBART.
Was mag der Fürst meinen hiemit?
Das kan ich warlich wissen nicht.
Nun, Herr Domine, lasset sehn, Steth auff, jhr sollet mit vns gehn.
WILTHELM.
Der Tülpel wil nicht sprechn ein wort.
KÜNPRECHT.
290
Wie werdn wir jhn dann bringen forth?
HELMSCHROT.
Weill er ist einem Todten gleich, Müssn wir jhn tragen wie ein leich.
KÜNPRECHT.
WILTHELM.
Soll man dich tragn du loser Tropff?
GRIMWALD.
Was plauderst viel? nim jhn beim kopff.
295
Ihr andern greiffet auch mit an, Einer jhn traun nicht heben kan.
SCHARTDEGEN.
Mücht es gehen nach meinem sin, Auffs Schloß wolt jhn nicht tragen hin,
WILTHELM.
Eh solten jhn hie fressn die Rabn. KÜNPRECHT. HELMSCHROT.
Wir könn allzeit vnsrn willn nicht habn. Hebt auff zugleich: geht fort also.
300
Seena VI.
25
canit, et duo vel tres cum illo. Nun singen wir: seid fro, seid fro, Der Bawr ist todt, der Bawr ist tod: Seid fro, seid fro, der Bawr ist todt. Wir wollen jhn nicht viel beklagn, [Ciij] Sondern mit frewd zu Kirchhoff tragn. E r hat vns auch gar wol bedacht, Ein reiches Testament gemacht: Er hat vns gar reichlich verehrt, Dem Küstr ein Kuh, vnd vns ein Pferd.
SCHARTDEGEN
305
310
ACTUS I. Seena VI. PHILIPPUS.
WOLLRATH.
REINART.
GOTTLIEB.
in area Arcis, ad Proceres. Lieben getrewen, euch vieleicht Gar lächerlich vnd seltzam deucht, Das wir itzt diesen vollen man Zu Hoffe haben bringen lan.
PHILIPPUS
315
Durchleuchtger Fürst, gnedigster Herr, Es nimbt traun vns alle wunder sehr, Was Ewer Gnad mein hiemit doch?
WOLRATH.
Ihr werdt es wol erfahren noch, Itzt last jhn tragn auffn grossen Saal.
PHILIPPUS.
REINART.
320
Er ists nicht werth, der hautler kaal.
Was gehts euch an ? wir wollns so habn. Nehmt sein recht war jhr Edelknabn, Vnd wann er ist hinauff gebracht, Wo vnter dessn er nicht erwacht, Thut jhm fein ab die kleider sein, Ziht jhm forth an ein hembde rein: Vnser nachthaub jhm auch auffsetzt, Mit wortn odr werckn jhn nicht verletzt. Darnach in vnser beth zur ruh Ihn legt, vnd machts Gemach dann zu. Damit dis alles so gescheh, Du Gottlieb mit auffn Saal hingeh. G O T T L I E B . Was Fürstliche Durchleuchtigkeit Befehlt, thu ich mit frewd allzeit.
PHILIPPUS.
325
330
335
A C T U S II. S e e n a I. W A R N E R . FRIEDLIEB. F R . ANTONIUS.
CHRISTMAN.
[C iiij] W A s sind das für new' seltzam mehr ? Hat nächten vnser gnedigr Herr V o n der gassen einn truncken man Auffheben, vnd herbringen lan Z u beth in jhrer Gnaden Gmach ?
WARNER.
Glaubt mirs, E r warner, was ich sag.
FRIEDLIEB. WARNER.
540
Ohn vrsach ist das nicht geschehn.
FRIEDLIEB.
Ich mücht doch gern das end ansehn.
F R . ANTONIUS.
Heut wird sichs geben, seid zu fried.
Ich hab diß' nacht könn schlaffen nicht, L a g in gedancken tieff vnd schwer, V n d spintisirte hin vnd her, Kans aber noch ergründen nicht, Wohin der handel sey gericht.
345
Warlich ich auch gleicher massen, Kans nicht verstehen noch fassen.
350
FRIEDLIEB.
WARNER.
F R . ANTONIUS. E S FRIEDLIEB.
ist vorwar ein seltzam gschicht.
Christman wird vns bringen bericht.
CHRISTMAN. Bonum mane, bonum mane, FR. ANTONIUS. Semper san£, Semper sanfe. FRIEDLIEB.
355
Wohin so f r ü ?
Z u euch semptlich Mein gnedigr Herr hat geschicket mich. E r warner in der grossn Capell Werdet jhr auff Fürstlich befehl Das heilig Ampt halten dißmahl, V n d ordnen das es vberall Solenniter et festivfe Mit Ceremonien zugeh.
CHRISTMAN.
360
Scena II. Dem Fürstn ich gern gehorsam leist, Gott geb dazu sein gnad vnd geist.
27
WARNER.
F R . ANTONIUS.
365
Amen.
[C V] Ihr aber Don Anton, Sollt halten ein kurtzen Sermon.
CHRISTMAN.
Ich thus gern, Per Deum verum, Vel ad olebem. vel ad clerum.
F R . ANTONIUS.
Herr Doctor, geht jhr hin auffs Haus: Ich hab noch mehr zu richten aus.
CHRISTMAN.
FRIEDLIEB. CHRISTMAN.
370
Hats auch befohlen Fürstlich Gnad? Ja: geht das jhr nicht kompt zu spat.
ACTUS II. Scena II. W A R N E R . F R . ANTONIUS.
ANtoni Frater in Christo, Ich fürcht gar sehr.
WARNER.
F R . ANTONIUS. W i e s o ? w i e s o ?
Das jhr in dieser kurtzen zeit Zu predigen nicht werd bereit. Will man mit nutz sermocinirn, Muß man zuvohr drauff meditirn, Insonderheit für Optimatn, Für grosse Herrn vnd Potentato. Ihr aber (muß die warheit sagn) Seid nüchtern in so vielen tagn, Ja wochen, niemahln geworden: Da doch ewr streng heilig Orden, Vnd Regul gar viel anders lehrt, Welch jhr vmbstosset, vnd verkehrt.
375
WARNER.
Erwürdigr Vater, mein' schwacheit Bewein ich stets: seht an mein kleid, Das sind nur eitel Lacrymae, Et signa Poenitentiae.
380
385
F R . ANTONIUS.
390
Actus III
28
Der Wein, aber das weinen nicht, E w r Capp also hat zugericht.
WARNER.
Cum cseteris Erroribus, Nostrisque quaeso Lapsibus, Ha=c ambulare mittito, Mihique nunc ignoscito, Inanibus nec tu bibis Libenter ipse ex Poculis. Einn guten Pater trunck, ich wett, Nehmt jhr auch heut noch mit zu bett.
F R . ANTONIUS.
Senex E g o sum frigidus, Et destitutus viribus, Y t hauriam meracius Quandoque vinum et largius, Hoc sanitas vult ipsamet, Necessitasque me jubet. Istud tuis Excessibus Et Helluationibus, Patrocinari non putes, Qui inebriaris indies.
395
400
WARNER.
405
410
Ich will hernach, heiligr Pater, Mein lebn bessern ter et quater.
F R . ANTONIUS.
WARNER.
Dazu hilff euch der Herre Christ.
F R . ANTONIUS.
V n d die sein werthe Mutter ist.
415
Nun sagt, was wollet jhr tractirn Pro Concione?
WARNER.
Will einführn Viel Sprüch der Heyden, der Poetn, Der Altveter, vnd der Prophetn. Aus den Historijs schrecklich gschicht, Odr was zur Warnung sonst erticht, Legenden, Fabeln, alt vnd new Erzehlen, vnd die Leut ohn schew Zur höll verdammen, w o sie nit Erkeuffn vnser werck vnd vorbitt, Mit stifften, gifften vnd praebendn Im gantzen Land an allen endn. Will sagn: wie seid jhr menschen kind So toll ? so tum ? vnd so starblind ?
F R . ANTONIUS.
420
425
Seena II. Das jhr Golt, Silber, Edelgstein Euch samlet, nur zur pracht vnd schein, Vnd könnt dessen nimmer satt werdn So lang jhr lebt auff dieser erdn ? Wie könnt jhr so auffs zeitlich bawn ? Wie könnt jhr so dem Mammon trawn ? Er kan euch in der letzten noth Erhalten nicht: der bitter Todt Wird euch wegnehmen allgemein, Ihr seid jung, alt, groß oder klein, Edel, vnedel, arm vnd reich: Im grab der Todt euch machet gleich. Da vnten in der finstern Erdn, Müsst jhr der würme speise werdn. Gleubts doch jhr Fürsten, Graffen, Rittr, Der Höllen pein ist grawsam bittr. Ich bitt gleubts doch jhr zarten Frawn Gleubts doch jhr Tugentreich' Jungfrawn: Der infernalisch Schwefelrauch, Der Phlegetontisch Dampff vnd schmauch, Die Acheruntisch Fewrflam ist Sehr scharff, sehr heiß, sehr groß, das wist. Trachtet hie nach der Seeligkeit, Habt ja in acht diß' kurtze zeit. Schröcklich wird es sein, mordio! Schröcklich wird es sein, o dio 1 Wann man wird müssn im Fewr dort sitzn, Vnd in der quall den angstschweiß schwitzn.
29 450
43 5
440
445
450
45 5
WARNER. Ihr müsst euch etwas moderirn, Vnd nicht so greßlich intonirn. FR. ANTONIUS. Ich wils wol treffen, hab wol eh, Sermocinirt ex tempore. Das wer ein schlimmer Socius, Ein grober Rültz vnd Knollius, Der nicht solt aus dem ermel fort Ein' Predigt schütteln: ich für wort Trag sorgn nicht, geh aufF mein Cell, Das mir ein Textum außerwehl.
460
465
Actus II.
30
ACTUS II. S e e n a III. WARNER.
FRIEDEBERT.
secum. DEr ist mir ein Audaculus, Et impudens loquaculus! Die jungen Leut, Sind gar frech heut. Wolln oben aus, vnd nirgends an, Achten weinig einn Alten Man: Meinen sie habn all Künst gefressn, Da offt ein alter mehr vergessn, Dann solch' Laffen gelernet nie.
WARNER
FRIEDEBERT. WARNER.
475
Er Warner, find ich euch noch hie ?
Itzt geh ich das ich mich ankleid.
Warlich es ist auch eben zeit. Ihr werdet abr einn andern sehn In Fürstlichr Gnaden stelle stehn, Darob müsset euch ergern nicht.
FRIEDEBERT.
WARNER.
470
480
Ist gut, das ich dessn werd bericht.
Der Man, den nachten von der strassn Auffs Schloß der Fürst hat bringen laßn, Wird führen heut Fürstlichen stand, Vnd komm herunter allzuhand.
FRIEDEBERT.
485
Was mag Fürstlich' Durchleuchtigkeit Meinen damit?
WARNER.
FRIEDEBERT.
Wird gebn die zeit.
A C T U S
II.
Seena IUI. TYTKE. TYTKE.
SIEGESBOT.
LEUTHÜLFF.
Godt groete yuw, gy goede Man.
SIEGESBOT.
Frommer alter, jhr sollt danck han.
490
Scena III.
31
TYTKE. Weethe gy nicht wo ick ydt mack, Dat ick kryg ein Dockar tho sprack ? Mein Fteund, jhr sollt es habn bedacht, Ein par fette Genß' mitgebracht. Doctorn haltens für grosse Schand, Wann Bawrn komn mit lährer hand.
SIEGESBOT.
TYTKE. Ja, ja: dat w i l ick w o l
495
flasken,
Hab einn Goltgüldn in der Tasken, Den wilck em geuen also forth, Halpt dat ick en men kryg tho wordt.
500
[D] Mein Freund, den langt jo balt herfür. Ihr müsst sonst bleiben für der thür.
SIEGESBOT.
promens aureum. Sehet daer, seht in acht' dagen, Hold ick woll, ys he nich schlagen.
TYTKE
505
inspiciens nummum. Warlich der ist recht gut vnd alt.
SIEGESBOT
TYTKE.
Dat hape ick.
Ey das Gott walt, Der Doctor kömpt ein guter Man, Gehet nur hin vnd sprecht jhn an, Er wird euch hören ohn beschwer.
SIEGESBOT.
510
semiaperto capite. Ein goeden dag, Heer Dockar Heer, Wat wold ick yuw ?
TYTKE
LEUTHÜLFF.
Das weiß ich nicht.
Heer Dockar Heer, ick ward bericht, Dat gy dat Water könt besehn, Vnd seggen wat dar noch schal scheen, Eddr einem Minschen wadderfahrn Auer lang' tydt, in vöelen Jahrn. Darwegen kam ick thow yuw heer, Bring' einn Goldtgülden goeder wehr Porrigit Medtco Bidd willn besehn dith Water my, aureum. Vnd seggn wat yuw doch dünckt daerby. Ick bin ein Schult', ein sehr goed Man, Heer Dockar Heer, legt yo flyth an.
TYTKE.
515
5 20
32
Actus II.
Ich hab dazu itzt nicht wol zeit, Doch kompt mit mir hie vberseit. Haltet mir fein empor das glas ? Rusticus elevat Hilff Gott wie ist so heßlich das I
LEUTHÜLFF.
matellionem.
525
vellicans pallium Doctoris. Seht yo recht tho, darüm ick bidd.
TYTKE
soll gesehen, last mich zu fried. Das wasser zeigt an groß gebrechn, Den Lendenstein vnd Seitenstechn.
LEUTHÜLFF. ES
530
TYTKE. My ys daran gar veel gelegn: Heer Dockar Heer, seht yo tho degn. Es zeigt auch an einn kalten magn, [D ij] Der harte speiß' nicht kan ertragn. Vnd wann ichs nach der Färb betracht, Zeigts an schwindsucht vnd groß ohnmacht. Ja, wann jhrs wissen wolt so ebn, Zeiget es an ein kurtzes lebn.
LEUTHÜLFF.
TYTKE. Heer Dockar Heer, dat wehr de plag. LEUTHÜLFF.
535
540
Mein Freund, so ist es wie ich sag.
TYTKE. Heer Dockar Heer, seht so recht tho, Ick wil yuw schenckn ein' malcke Koh. So gy my könnet rath geeuen, Dat ick ein' tydtlanck möcht leeueru
545
Das steht bey Gott, mein lieber Man, Doch wil ich gern thun was ich kan.
LEUTHÜLFF.
TYTKE. Ick habb tho huß ein schmuck junck wyff, Dat bith vnd kyfft my steds upt lyff, Vnd secht de mangel stah an my, Dat se nicht Kindes Moder sy: Dith ys my truwe ein groth besweer, Ick bidd: halpt doch, Heer Dockar Heer. subridens. Vielleicht euch noch zu helffen steht, Kompt, mit mir in mein hauß hingeht.
550
LEUTHÜLFF
555
33
Scena Y. ACTUS II. Seena V. GUTBISCHEN.
KÜNPRECHT.
GRIMWALT.
WILTHELM.
REINART.
WEichet, weichet all vberseit, Der Fürst kompt, weicht er ist nicht weit. Weichet sag ich, weichet bait, bait: Weicht vberseit, weichet.
GUTBISCHEN.
verberans Morionem. Halt, halt, Ich will hiemit dem losen Tröpfln, Das vngehalten maul wol stopffn.
KÜNPRECHT
GRIMWALD.
Schlag drauff Künprecht.
WILTHELM.
SO
GUTBISCHEN.
WILTHELM.
DU
loser Schelm. 565
Laß lauffn, laß lauffn, das grobe Rind.
KÜNPRECHT. GUTBISCHEN. REINART.
recht, so recht. [D iij]
Halt jhn Wilthelm.
KÜNPRECHT.
560
Ein ander mahl ich jhn wol find. DU
Quackebruch, vnd du Hanrey.
Was hat der Narr für ein geschrey ?
KÜNPRECHT.
Sein' Büberey, vnd mutwilln treibt.
Wer sich an Thorn vnd Narren reibt, Sie irritirt vnd zerret viel, Muß hörn was er nicht hören will.
REINART.
Vtnit putativus Princeps, et a Proceribus ad Sacellum splendidi deducitur.
3 KOMEDIA X V I
5 70
A C T U S III. S e e n a I. SCHMECKEBIER.
TYTKE.
Suhl goeden morgn myn leeff Swager: W o seh gy so bleeck vnd mager?
SCHMECKEBIER.
575
Ick bin vorwaer eine tydtlanck Gewesen sehr mack vnde kranck.
TYTKE.
Dat leedig Older, Is ein quaet molder.
SCHMECKEBIER.
Ick bracht einm Dockr myn water dort, Meende he schold my halpen forth. Gaff em einn Goldgüldn vp de hand, N u schleit he vor ein selsam quant.
TYTKE.
Men secht: ydt ys ein Salig Man, De Arstedy entraden kan.
5 80
SCHMECKEBIER.
585
Schal myne Frouw em schickn henin, Dat will my noch nich in den sin. [D iiij]
TYTKE.
SCHMECKEBIER. TYTKE.
Idt hafft sick sehr dull in der Stadt.
Ick will my drup bedencken wat.
D e Papen, Dockars, vnd Schryuer, Habbn yuw gerne schmucke Wyuer.
SCHMECKEBIER.
590
Ick will myn Fruw woll habbn in acht: Wat haffstu hyr tho Marcked bracht ?
TYTKE.
G y weten dat myn Edelman V n d ick als wind vnd Sandberg stan.
SCHMECKEBIER.
TYTKE.
Ick löff' he leeth dy nehmn ein Peerdt.
SCHMECKEBIER. TYTKE.
Idt was gern veertich daler weerth.
Hafstud dan noch nicht waddr bekamn?
SCHMECKEBIER.
Hafft my noch ein par Ossn genahmn.
595
Scenai warst en habbn vortörnet sehr: Du scholdest doen na synm begeer, Dyn Pacht geeuen tho rechter tydt, Verrichten dynen deenst mit flyth, Als ick doe, so werstu mit freedn, Vnd by dynm Juncker woll geleedn.
TYTKE. D U
Ick kan myn egen doent nicht wahrn, Vnd schall all dag' tho Have fahrn Sülff drüd, sülff veerd, mit Ossn vnnd Peerdn, Wat wil de leng doch daruth werdn?
SCHMECKEBIER.
Wy armen Burn habbn plag genoeg, Möthn vaken lyden groeth vnfoeg.
TYTKE.
SCHMECKEBIER.
De Vögde doen vns voel schalckheit.
Bißwylen id selsam thogeith. Wüste idt so de süluest Heer, Vörwaer ydt schege nümmermehr.
TYTKE.
Vnse Cöster, Claws Sümetydt, De hafft my truwn mit allem flyth Ein' höuesch' koppelkatze schreuen, De wilck dem Forsten auergeuen. Dat wil ick doen: gewiß ick weet, Ick kryg' darup ein goed bescheed.
SCHMECKEBIER.
[D V] Dewyl ick habb verricht myn saeck, Ißt best dat ick na huß my maeck.
TYTKE.
Neen truwn: ick wil my recht vulsupn, Scholde ick ock na huß hen krupn. Schold ick nich einen rusch mit nehmn ? Des möst ick my myn leeffdag schemn: Gott loff ick noch woll drincken mag.
SCHMECKEBIER.
TYTKE.
Ick denck den dag, dat ickt ock plach.
SCHMECKEBIER. TYTKE.
Segt jo voel goedes yuwer Trinen.
Groeth du tho huß ock all de dynen.
Actus III.
36
ACTUS in. Seena II. SCHMECKEBIER. VOLAND. G R I M W A L T .
WOLRATH.
moth ick hyr ein wenig wachtn, Vnde mith flyte darhen trachtn, Dat ick den Forsten kryg tho wort, Ick habb wol ehr dat sprickwort hört: Dat by der Schmeed tho aller frist, Am besten tho beschlagen ist.
SCHMECKEBIER. N U
VOLAND.
Wen sucht jhr hie mein guter Man ?
SCHMECKEBIER. GRIMWALDT
Wold gern den Forsten spreken an.
ridens. Das werden sein gar wichtig sachn.
Myn Fründ, jdt ys my truwn neen lachn: Gy Hoffdeener wethn nicht daruan, Wat lyden moeth ein arm Buerman, Gy leeuen steeds in goeden dagn.
SCHMECKEBIER.
Ja wer euch Schelmn noch thet beklagn? Man kan euch nicht triblirn genug: Wann jhr fried habt ligt jhr im Krug Seid Gottloß, roh, frech, keck vnd wilt.
GRIMWALT.
Ey Bruder, du redest zu milt, Etlich sind from, Gottfürchtig, still.
VOLAND.
Warlich der find man heut nicht viel: Trotz, mutwil, freuel, list, vntrew, Vnd stoltz ist bey jhnen nicht new.
GRIMWALT.
Kümpt tho Haue ein arm Buerman, Auer den man will vnde kan, De moeth hören spöttische wort, Vam einem hyr, vam andern dorth. Gy Deenre willn vns steeds vaxern, Lathn yuw mehr düncken als de Heern. Bringn yuw daermeed van deensten äff, Geradn offtmahl an Beddelstaff, Edder ydt wardt yuw jo so suer, Als my vnd einem andern Buer.
SCHMECKEBIER.
VOLAND
subridens. Der sagt die warheit vns fein schlecht.
Scena III. GRIMWALD. E S
ist ein knol vnd Tülpel recht.
Menger vam andern quades secht, De sülfst nicht goeds im boesem drecht. Wehr ydt dy vor dynn Kop geschreeuen, Wat du dyn dage heffst bedreeuen, Du scholdest dy vaken bedenckn, Einm andern syne Ehr nicht krenckn.
SCHMECKEBIER.
verberaturus Rusticum. Du loser Hautler, das maul halt.
GRIMWALD
VOLAND.
Slag nicht, sie komn: slag nicht Grimwald.
ad Volandum. Myn goede Fründ, ick bidd gantz sehr, Welck ys doch vnse gnedig Heer Welck ys he doch ? segt my ick bid.
SCHMECKEBIER
subridens. Der ists der dort geht in der mitt. Redit putativus ille Princeps e Sacello, Rusticus ei vult exhibere libellum supplicem, quem accipit Cancellarius.
VOLAND
Kom hin vmb eins auffn nachmittag Für die Cantzley: hörst was ich sag?
WOLLRATH.
SCHMECKEBIER. WOLRATH.
Heer geefft my hyr doch myn Affscheid.
Du soltn bekommen zu der zeit.
ACTUS III. GEBRICH.
Seena III. PLUMPART, ferens copbinum. F R . ANTONIUS.
WILBALT.
ES klagen drüber sehr die leut, Das es sey tewr in Städten heut: Vnd ich muß auch bekennen zwar, Das tewrer wird von Jahr zu Jahr. Es habn aber selbst schult daran Etlich' Bürger: kompt ein Bawrman
GEBRICH.
WARNER.
Actus III.
38
Bringend was feill, sey was es wil, Da kan er fördern nicht zu viel, Was er fürspricht mit einem wort, Das gebens ohngedungen forth: Warten fürm Thor, vnd auff den Strassn, Auffs marckt sie nichts hinkommen laßn. Reissn alls hinweg, wie aus dem Fewr, Vnd kan jhnen nichts sein zu tewr, Vnter deß leiden d' Armen noth, Wird jhnn entzogn also jhr brot. Ich hab daher auch müh vorwahr, Das ich versorg, durchs gantze Jahr, Meins Herren Küch, muß alls zweyfacht Bezahlen was feill wird gebracht. Videns Rusticum. Hör du: was tregst im korb so schwer? PLUMPART.
Ick dreeg' nich voel myn leeue Heer.
Du leugst du schlimmer Bösewicht: Wem wilt es bringn ? mirs balt bericht, Oder du solt an andern ort Mit mir wandern.
GEBRICH.
Hört doch ein wort: Bym Ficial ick habb thoschaffn. G E B R I C H . Das wird außgehn vbr deinen Pfaffn.
PLUMPART.
PLUMPART.
Ick wold em dith schock Eyr verehrn.
Du soltst sie lieber selbs verzehrn, Der gute Man weiß, das jhr Bawrn, Zum mehrerntheil seid böse laurn, Das jhr offtmahl ohne vrsach Vbr ewer Pastores bringt klag.
GEBRICH.
PLUMPART.
Sih da kompt er.
GEBRICH. PLUMPART. WARNER.
Ick wilt varsökn. Einn goeden dach weerdige Heer.
Habt danck mein Freund, was wollet jhr
Ick was am negermal ock hyr, Vnd klagd' auer vnsn Papen wat: Dat best ick auerst do vorgath.
PLUMPART.
Scena III. N u wold ick seggen mehr daervan: Idt ys yuw so ein selsam Man. Ick bring' yuw ein verehring kleen, Vnd bidd' im nahm der gantsen Meen, G y willn doch doen dan basten flyth, Dat wy synr moegen Warden quyth.
39
725
WARNER. Behalt das dein, du grober knoll. GEBRICH. PLUMPART. FR.
Sih du Flegel 1 ich sagt dirs woll. Dan wy thovörn haddn, Heer Bandex.
ANTONIUS.
730
Der war ein rechter Narrifex.
He was yuw ein goed Heer vorwar, Hadd' he moegn leeuen lange Jahr. He was still, fraem, barffe vnd lind, Varthornd' sick nich mit einem kind. He was yuw van so goeden seedn, So Haeuisch in all synen Reedn.
PLUMPART.
735
E r hat die warheit nicht gesagt, Sonst hett ihr bald vbr jhn geklagt.
WARNER.
PLUMPART. FR.
He was ein truw vprichtig Man.
ANTONIUS
740
ridens. J a trew: bey der grossen Bierkann.
He was ein Man rechter Einfolt, In vnsem Dorp nemand tho stolt. Wen man en badt, so quam he dradt: Id was em nicht tho froe noch spadt. He kond' so häuisch körtwyl driuen In klaatzien mit vnsen Wyuen. Mit en tho snacken, vnd tho singn, Rechtschapn mit en heerum tho springn. Hol ick habb' mit ehm mange nacht In Häglicheit thom ende bracht. He was so lydtsam vnd fründtlick, Dat was em ock sehr prafytlick: Wo voel heelt van em myne Lyß! He stund by allen Fruwn im pryß. Se dedn em mangen Schinckn verehrn.
PLUMPART.
FR.
ANTONIUS.
[E]
Solche Pastores habn sie gern.
745
750
755
40
Actus III.
Dan wy nu habbn, süth alltyd suer, Is slim, atg, streng, hart, ifrig, stuer: Wil vns stedes voel refalmern, Auerst wy willn ehm Moritz lehrn: He schal tho vnsem Dorp' henuth, Wy wardn ehm süs wat pumpn syn' hut.
PLUMPART.
Vnter euch Bauren find man heut, Viel Gottloser vnd Frecher leut, So vmbgehn mit Abgötterey, Mit Zauberey vnd Wickerey: Sind treg zu Gottes wort vnd Tisch, Zu aller Büberey gar risch. Sagt der Pastor dauon ein wort, So wolt jhr jhm zu Leibe fort. Ewr etlich' schrecklich fluchen, schwern, Mit Diebstal vnd betrug sich nehm. Etlich' des Festags fressen, sauffn. Sich hadern, zancken, schlagen, rauffn. Die meisten sind der Obrigkeit Von grund jhrs hertzen feind alzeit: Ihrem Pastori spot vnd höhn, Für trewe dienst' geben zu lohn. Beweisen jhm alle vntrew, Geben fürs Meßkorn Staub vnd Sprew.
760
WARNER.
765
77°
775
780
Sie halten vom Kuhirten mehr, Dan von einm guten Beichtvater.
F R . ANTONIOS.
De Kohard* deent vns alle daeg.
PLUMPART. WARNER.
Ey das dich Rültzen ja Gott plag.
785
Wy koenen ahne vnsen schadn, Des Koharden mit nicht entradn: De Paep' ward vns nütt' seelden twar, Woldn syner woll entbehren gar.
PLUMPART.
WARNER, facie aversa et in ecelum elevata.
Ach Gott! was bistu from vnd gütig, Gedüldig, gnedig vnd Langmütig! Das solch' Gottlose Leut nicht straffst, In deinem Grim vnd Zorn wegraffst. GEBRICH pulsaturus Rusticum.
Pack dich du Schelm: du loser Tropff.
790
Scena III. A N T O N I U S . Man solt jhn nehmen bey dem Kopff: [E ij] Der Gauch ist auff mein Ehr nicht werd, Das jhn soll tragen Gottes Erd.
FR.
stringens pugione. J a : hadd' ick yuw buten ver mührn, Ick woldt mit yuw woll euenthürn: Gy scholden stoerten alle dree. Abit.
41 795
PLUMPART
GEBRICH.
Geh das dir nimmer gut gesche.
WARNER.
Hilff Gott, was findt man grobe Sluntzn!
FR.
ANTONIUS. Z U
WARNER.
dörff hats itzt viel solcher Cuntzn.
Man muß zu Hoff' traun das berichtn.
F R . ANTONIUS.
Derschweigen muß man das mit nichtn.
Es lest Fürstlich Durchleuchtigkeit, Anmelden euch Herren allbeid, Ihr solt zu Tisch komn fort mit mir.
WILBALT.
WARNER.
800
Wir wollen alsbald folgen dir.
8oj
ACTUS IUI. Seena I. Ich muß mich auch machen hinauff: Was hilffst das ich die Stadt durchlauff Schmorotzend an der Bürger Tisch ? Die kleinen Teich gebn weinig Fisch. Man halte sich zu grossen Herrn, So wird man auch gehaltn in Ehm. Billig trit man mit füßn den Geck, Der sich mutwillig legt in dreck. Ich bin auch traun ein solcher Man Des man z' Hoff nicht entrathen kan. Bin von Hoffdienern woll gelittn, Kan mich fein schickn in jhre sittn. Künt ich das nicht, wer ich verdorbn, Für vielen Jahrn Hungers gestorbn. Ich nehm mich keines Tadlens an, Bin freundlich kegen jederman. Lob' alles was sie thun vnd sagn: Sie könn das Meistern nicht vertragn. [E iij] Warheit setz ich auch vber seit, Sie gilt doch nichts zu dieser zeit. Biß weil thut mirs im hertzen weh, Wann ich vnbillichs hör vnd seh. Den etlich* machens leiden grob, Das einem gar eckelt darob: Doch laß ich alles hin passiern, Vnd thu dazu jhnn noch hofirn: Denn wer sich itzund wil bereichn, Der muß warlich den Fuchsswantz streichn.
810
NASCHART.
815
820
825
830
835
ACTUS IUI. Scena II. GEBRICH.
DEGENWERTH.
SCHIRMFRIED.
Wie stehts droben? ich hoffe ja, Das man nicht mangel spüre da.
GEBRICH.
REINART.
Scena II. Mangel ist da noch nicht, Gott lob, Aber das wir einm Flegel grob Auffwarten müssen thut vns weh.
DEGENWERTH.
SCHIRMFRIED. GEBRICH.
840
Ich heut nicht wider hinauf! geh.
Weis nicht wie ich das soll verstehn.
DEGENWERTH. GEBRICH.
43
E y : solts einm nicht zu hertzen gehn?
845
Was hat man euch zu leid gethan?
Ein loser Kerl sitzt oben an Fürstlicher Taffl, den solin wir ehrn An stat vnsers gnedigen Herrn.
SCHIRMFRIED.
DEGENWERTH.
Ich zause jhm noch heut sein feil.
850
Wehr er itzt hie der grob' Esell, Ich wolt mit jhm also vmbhaltn, Das seiner solt alls vnglück waltn.
SCHIRMFRIED.
GEBRICH.
Ich glaub jhr wolt vexiren mich. ists wie ich bericht warlich.
855
GEBRICH. Der löblich Fürst mit reiffem rath, Diß also selbst verordnet hat. [E iiij] Wie würd man sonsten den Kerl forth Setzen zu tisch an höhsten orth ? Es steckt traun dahinter etwas.
860
SCHIRMFRIED.
DEGENWERTH.
SO
Herr Küchenmeister meint jhr das ?
Ja trun: man wirds noch sehen heut, Was es in sich hab vnd bedeut.
GEBRICH.
Ihr Junckern, habt in acht ewr pflicht, Was euch gebürt mit fleiß verricht, Das nicht vnser gnediger Herr, Sich vber euch erzürne sehr.
REINART.
Herr Marrschall, wir dienn allzeit gern Vnserm gnedigen Fürstn vnd Herrn: Aber dem losen Bösewicht Sein wir zu dienen nicht verpflicht.
865
DEGENWERTH.
Wisset jhr doch, das Fürstlich Gnad, Vns auffzuwartn befohlen hat:
REINART.
870
44
Actus IUI.
Darumb, rath ich, seht euch woll für, Vnd thu ein yeder sein gebür.
»75
Sequmtur Marschallum in Arcem.
ACTUS IUI. Seena III. FRATER ANTONIUS. T R I N E .
WARNER.
semipotus ex Aula rediens. ICh hab einn halben rausch vorwar: Man wolt zu tod mich haben gar, All' Becher kamn zu mir herumb, In die leng, in die quer vnd krümb. Für andern war einer am Tisch, Mit Latein sehr vorschnell vnd risch, Der wolt viel disputierens machn, Bracht herfür wunderbare sachn, Fing an hoch zu Philosophirn, Macht Argument: ich solts' solvirn, Dabey wolt er mein kunst bald spürn. Ja: wolt mich bey der naß vmbführn, Mich haben für seinen Stockthom, Wie etlich' spieln mit jhrn Pastorn, Die offtmahl müssn vom tisch entlauffn, Oder sich gar zu Narren sauffn. [E v] Ich fast ein Christallinen glaß, (Es war darein ein Hypocras:) Vnd hielt zwey quartier ohngefehr, Brachts jhm gantz zu, sprach: Edler Heer Lösst mir den Syllogismum auff: Da gab er alßbalt bessern kauff. Ander empfieng ich auch dermassn, Das sie mich müsten traben lassn. Doch gedacht' ich, weil jhr war zu viel, Auffhören wer auch gut auffm spiell: Machet' herunter heimlich mich, Ließ den official im stich.
FRATER ANTONIUS
Halp Godt! wat ys de list nu groethl Ein Minsche möcht sick wünschen doet.
TRINE.
880
885
890
895
900
90J
Seena i n .
45
Wen hör ich da? schaw, lieber schawl Es ist die Schültzin von Schönaw.
FR. ANTONIUS.
Men kan so naw sick höden nicht, Men wart bedragen: mit der wicht, Mit Maet, mit Ellen, mit der Wahr, Wo ick mit schaden söliks erfahr.
TRINE.
910
Ich muß treten an diesen ort, Anhören was sie fürt für wort.
F R . ANTONIUS.
Ick käme vaken in de Stadt, Ick bringe eddet hale wat, Kam nümmer vnvaxeirt henuth: Truw ys hüden ein seltsam kruth.
TRINE.
915
Warlich das Weib nicht vnrecht sagt, Hievber yederman itzt klagt.
F R . ANTONIUS.
De Gleerden sind ein deel ock arg, Ein deel listig, ein deel sehr karg.
TRINE.
920
Das Weibs triffts, auff mein Seel, gar ebn: Wir nehmen lieber, dan wir gebn.
FR. ANTONIUS.
A n mynm Procater spoer ick dat: Dem bring ick alle Weeken wat, So Eier, Botter, Honnig, Was, So Eppel, Beeren, Erffte, Flaß, So Zeegen, Koh, efft Schapeskees, So ein paar Ent', so ein par Goeß, So ein par Hönr, so ein syd Speck, He nimpt ydt all: ys truwn neen Geck.
TRINE.
925
930
Der sack soll sein bereidt, sagt man, Wenn man einm beut das Fercklein an.
F R . ANTONIUS.
Ick deed' gistrn äff ein schön fett Kalff, Dat bracht ick em ock hüden halff. Fragd' en: wo ißt vm myne sakn? Will gy nicht drad' ein ende makn. He sprack: kamt morgen wadder heer, Vnd bringt ein daler effte veer, Wy möthn den Affscheidt lösen in. Ick seed': dat doeth wyl ick hyr bin, Morgen kan ick nicht wadder kamn. Habbe twe gülden mitgenahmn,
TRINE.
935
940
Actus IUI.
46
Ward' gy dartho mehr leggen wath, Wil ick tho danck betalen dath. He schweeg stock still, vnd sach my an: Do kam ein stadtlick Eddelman, Den föhrd' he in syn' dörnttze fort, Leth my wechgahn sunder antwort.
945
Nicht lenger mich enthalten kan, 950 Wil gehen vnd sie sprechen an: Ho, wilkommen Schültzin wilkommn, Hab' euch lang nicht in arm genommn. Interim eam amplectitur.
F R . ANTONIUS.
TRINE
ridens. Ha, ha: helsen vnd nicht genetn,
Heer dat plecht einm sehr tho vardretn. FR.
ANTONIUS.
TRINE. FR.
Sagt vber wen klagt jhr so sehr ?
Schold' ick nicht klagn weerdige Heer ?
ANTONIUS.
TRINE.
O
Kan man euch helffen nicht womit ?
Heer darum ick flytig bid.
Was ist ewr anliegen, sagt an. Gy weihen dat mit mynem Man Ick rechte nu int veerde Jahr.
FR.
955
ANTONIUS.
960
TRINE.
FR.
ANTONIUS.
Ich meint das wehr zum ende gar.
O neen leeffe Heer, myn vörsprack, De holt my lange vp de saeck: Ick kan thom ende kamen nicht.
TRINE.
F R . ANTONIUS.
965
Vieleicht habt jhn vnrecht bericht ?
Neen Heer, ick hebb' berichtet recht, Ick weet wol wat dat sprickwort secht: Wol synem Prester vnrecht bicht, Vnd synem Artzt nich recht bericht, Ock vnwaer secht synm Advocat, De bringt sick sülfst in noth vnd schad.
TRINE.
A N T O N I U S . Hört Schültzin was ich sagen will, Lassts bey euch bleiben in der still: Stellt ewer sach in meine hend, Ich will sie bringn zum guten end.
970
FR.
975
Seena III.
47
Ja Heer das könne gy wol doen, Gott ward darvoer geeuen dat lohn.
TRINE.
Wofern jhr wollet sein danckbar: Sonst rechtet jhr noch woll ein Jahr.
980
F R . ANTONIUS.
Heer Tönnes Heer, wat gy begeern, Dat wil ick geuen hartlick gern.
TRINE.
A N T O N I U S . Ihr habt mir warlich die zwey Jahr, Da ich ewer Beichtvater war, Erzeigt viel freundtschafft lieb vnd ehr, Darumb kein Gelt von euch begehr. Ihr wisst auch das kein Ordensman, Muß Gelt anrürn, vnd eigens han, Bringt mir einn alten Schinckn herein, Damit will ich zu frieden sein.
FR.
985
990
Dat wil ick doen myn leefe Heer, Begehre gy ock süß wat mehr?
TRINE.
Ich werd müssen in kurtzen tagn, Verreisen nach dem Brüdershagn: Wo ich dann bey euch bleiben soll, So klopffet mir das bette wol. Ich hab wol eh bey euch gelegn: Zur Herberg.
F R . ANTONIUS.
995
ridens. Ja ick will tho deegn, Juw Heer dat bedd' so kloppn vnd schlagn: Idt schal yuw in dem hartn behagn.
TRINE
FR.
ANTONIUS.
1000
Aber ewr Alt wird darumb murrn.
O Heer ick achte nicht syn gnurrn: Kämet gy men in Gades nahm, Gy sind my alletydt wilkamn. Dat kan my jo nemand verkehrn, Gads dener schal men leefn vnd ehrn.
TRINE.
IOOJ
Dafür wird euch in jennem lebn, Der HErr einen grossen lohn gebn: Vnd ich wil drumb bitten allzeit.
F R . ANTONIUS.
Videt Er Warner kömpt: trett vberseit.
WARNERUM
1010 venientem.
48
Actus i m .
WARNER. O
Fraterl Helt man so Horas?
Hie perbreves feci moras, Ignosce, quseso, mi Pater.
F R . ANTONIUS.
Dominicus der heiig' Vater, Lehret euch warlich also nicht.
1015
WARNERUS.
F R . ANTONIUS.
Er, Senior, gebt euch zu fried.
Ihr sollt kein Weibsbildt auff der gassn Anschawen: fliehen, meiden, haßn, Alls was irgent zu einer Sünd Anlaß vnd vrsach geben künt: Nun haltet jhr hie station, Weiß nicht mit was loser Person.
WARNER.
Jubmisse. Ey, ey: nu moth de goede Heer, Sick minenthaluen lyden sehr.
1020
TRINE
1025
A N T O N I U S . Erwürdigr Vater, zürnet nicht, Hört doch zuvohr was ich bericht.
FR.
Kompt mit mir ein: vns stehts nicht an, Das wir hie viel parlierens han.
WARNER.
FR. ANTONIUS. WARNERO non viclente Rusticae innuit. Rustica eum ä tergo intro sequitur.
ACTUS IIII. Seena I I I I . LUDWIG. LUDWIG.
WOLFFGANG.
VOLAND.
Christmanne, kompt zu vns was nehr.
CHRISTMAN. LUDWIG.
CHRISTMAN.
1030
[F] Mein dienst' bereidt, gnediger Herr.
Der kerll droben wird woll tractiert,
CHRISTMAN.
Ja warlich mehr dann jhm gebürt.
Was vnser Herr Vetter mein' hiemit Können wir zwar noch wissen nicht.
LUDWIG.
CHRISTMAN.
Man setzt am Tisch jhm tapffer zu.
1035
49
Scena IIII. Der Tölpel seufft auch wie ein Kuh. Wird bald widrumb werden zum Schwein, Vnd legen sich in dreck hinein.
LUDWIG.
Nuh doanck ech Gott mett hohem Does ech glöcklich vollbracht min Reiß: Vnd wonsche auch von hertzen grond, Doas min Hieren ech find gesond.
WOLFFGANG.
Ist das nicht vnser Bott Wolffgang? Der Bub ist außgewesen lang.
LUDWIG.
VOLAND.
fleiß
1040
1045
Es ists gnediger Fürst vnd Herr.
Mech verlangt vß der massen sehr, Woas mine Griete dach werd sage, Doas ech einn Fäderbusch nu trage, Dozuh einn blixenblohen kragn, Gott, Gott 1 wuh werd Öhr doas behagn, Does ech hae mynen graen barth Lah stutzen nach der nühwen arth. Mech hoat doas hertzne Wyb vorwahr Gesehen nit im hoalben Jahr. Wuh höbsch werd sie sech zu mir gselln! Wuh frondlich kägen mech sich stelin! Sie werd my pfleg mit droanck vnd spiß, Doas weiß ech wull, Forstlicher wiß. Ech will auch gän sie doanckbor syn, Sie nehmen vmb den kopff suh fyn, Sie thuet es warlich gerne auch.
WOLFFGANG.
LUDWIG VOLAND.
1055
1060
ridens. Voland ruff her den alten Gauch. Wolffgang, Wolffgang hört, stehet doch.
Wer rüfft mech dann do hingen noch? Woas hästu voel for ein geschrey ? Woat ehs es? süh; syd jhrs Loackey? [Fij]
WOLFFGANG.
VOLAND.
1050
1065
Kompt her zu meinem Herren balt.
Sag Bott, was hats für ein gestalt? Du hest gethan ein langsam reiß, Kömpst itzt erst wieder von Pareiß ?
LUDWIG.
Min Hier, ech bin von hertzen fruo, Doas ech vch träffe den alsuo:
WOLFFGANG.
4 KOMEDIA X V I
1070
50
Actus IUI.
Will auch etzund vff ewer froagn, Met kurtz die reine warheit soagn. Ben vßgewesn ohn mynen dranck. So loang, loag soeben wochen kranck Zuh Poryß, zu Ruahn auch vier: Doas es alsuh, glöbt mirs myn Hierr. Wie leugst doch so du alter Geck ? Pack dich für vnsern äugen wegk.
LUDWIG.
Ewr Gnad woll darumb zürnen nicht, Vielleicht künts sein wie er bericht: Doch soll man erst die Brieff beschawn, Den Boten ist sonst nicht zu trawn, Etliche liegen schrecklich ding.
CHRISTMAN.
LUDWIG.
i
Die lügen halten sie gering.
secum. Höh: does es truwn myn best zihrgeldt, Dometh wangrech fyn dörch die Welt.
WOLFFGANG
Nim du die Brieff' von jhm Voland, Vnd folg auff vnser Gmach zu hand. Abit cum Secretario.
LUDWIG.
promens literas ex sacciperio. Wuh wurd dach suh schällgk vnser Hier?
WOLFFGANG
VOLAND.
Warumb sagt nicht die warheit jhr?
WOLFFGANG. VOLAND.
Die hae ech vff myn Siel geseith.
Wollan, so hat es gutn bescheid.
Heh sali nach dröbber selbes lache, Doas ech suh wuhll vörricht syn sache. [F iij]
WOLFFGANG.
ACTUS HH. Seena V. SCHIRMFRIED. L E U T H Ü L F F . DEGENWERTH. G R I M W A L T . EISENBART.
KÜNPRECHT.
Wie kompts Herr Doctor, das jhr heut Vns so verlassen?
SCHIRMFRIED.
Scena V. Ihr wißt beid, Mein' liebe Junckern, das ich hab Zu trincken durchaus keine gab.
51
LEUTHÜLFF.
SCHIRMFRIED.
Ihr wollet leben Medicè.
DEGENWERTH. ES SCHIRMFRIED.
mag wol hiessen Miserè.
Auch eben das ich sagen wolt.
Ein gsunder leib vbertrifft Golt, Vnd ist besser als grosses gut, Wer jhn hat halt jhn woll in hut.
LEUTHÜLFF.
SCHIRMFRIED. LEUTHÜLFF.
Sagt doch wie ist es abgelauffn?
Das den Hegel der Hencker blend, Wir habn mit jhm gebracht zum end Den gantzen tag bis an dieß' stund: Nun ist der Geck ja einmahl rund.
1110
Erzehlt mir die Comcediam.
Ich wil es fassen kurtz zusam : Da er des morgens frü erwacht, Ward jhm ein stadtlichs kleid gebracht, Vnd ward auch sonst Fürstlich geziert, Wie sichs auffs aller best gebürt, Mit Ringen, Ketten, Dolch vnd Courd. Darnach ward er zur Meß geführt, Da gieng es zu solenniter: In seinem schmuck kam E r Warner, Gleich wie der ander Aoron, [F iiij] Gezieret aus der massen schon, Bracht jhm auff einen Sammit tuch Zu küssn das Euangeli Buch. Antonius der Münch geschwind That einn Sermon der war nicht lind. Als dis also vollendet war, Führt man zu Tisch jhn prächtig gar. Da war alles köstlich bereit, Vnd hielt er ein' Fürstlich' mahlzeit. Darnach spielt er im bredt ein' stund, Vnd mit der Chart, so gut ers kunt.
DEGENWERTH.
4*
1105
Der Kerll droben kan tapffer sauffn.
DEGENWERTH.
LEUTHÜLFF.
IIOO
1115
1120
1125
1 1 ;o
1135
Actus im.
52
Hierauff führten wir jhn hinaus In Garten hinters Fürstlich Haus. Darnach ins Leporarium, Entlich zu Tisch auffs Schloß widrum, Da es abermahl woll zuging: Er aß vnd tranck, war guter ding, Biß das er schlaffend nidersanck, Vnd schnarckend fiel vnter ein' banck. Da liegt er mit seinm Fürstenthumb Wie ein zertreten Wiesenblum.
1140
SCHIRMFRIED.
1145
quasi abiturus. Sein Frewd, Macht, Pracht vnd Herligkeit Geblühet hat ein kurtze zeit.
LEUTHÜLFF
Herr Doctor, hört es ferner an.
SCHIRMFRIED.
Fürstlich Gnad hat befehl gethan, Man soll widrumb sein vorigs kleid Ihm anlegen, in still, ohn leid, Hintragen an dieselbe stat, Da man jhn gestern funden hat.
DEGENWERTH.
1150
Sih I da komn sie schon mit jhm her. Veniunt S A T E L L I T E S IANUM vino obrutum, in somnum altissimum collapsum, vestimentisque prioribus indutum, in eundem locum reportantes, quo besterno vespere repertus fuerat.
SCHIRMFRIED.
Wie ist das biest so leiden schwer ?
KÜNPRECHT.
115 5
Wir wolln jhn werffh in Bach hinein, Hat er gesofin Ciaret vnd Wein, So mag er sauffen wasser zu, Vnd fahren so zur ewign ruh.
GRIMWALD.
Ihr Gsellen, seht euch für gar ebn: Thut nicht nach ewrem vnheil strebn, Last euch nicht hören solche wort.
SCHIRMFRIED.
EISENBART.
1160
Ey Juncker wir thuns ja nicht fort.
fasset all sechs zugleich an, Ihr mügt ja tragen einen Man.
D E G E N W E R T H . SO
1165
ACTUS V. S e e n a I. GÜLDENER.
HARMAN.
GÜLDENER. Wie bringt doch heut, o Gott mein HErr, Die Haußhaltung so groß beschwer I Sich kaum ein armer Handwercks Man, Mit Weib vnd Kind erhecken kan. Des außgebens ist ohne maß, Itzt muß man haben diß, balt das: Brot, Bier, Heisch, Fisch, Käß, butter, saltz, Holtz, Kolen, Speck, Kraut, Wurtz vnd smaltz Wer kans so eben rechnen aus, Was man ein Jahr muß habn ins haus? Mus stets die hand in Beutel han, Wunder das mans außhalten kan. Nu: Gott verlest die seinen nicht, Sein' hülff man teglich spürt vnd sieht. HERMAN. Wohin so frü ? nehmt mich doch mit.
1170
1175
1180
GÜLDENER. Warlich Nachbar euch sah ich nit: Kompt, wolln sehn was der Baur gebracht.
ACTUS V. S e e n a II. LEUTRUT. H A R M A N . GÜLDENER. GYSSBERT. JOANNISCUS.
IAN.
LEUTRUDULA.
lacrymans. OCh, och! mir sind diese zwo nacht, Geworden eines Jahres lang. Wie ist mir doch so angst vnd bang? Ich weis die leute werden sagn, Ich hab' jhn zu Todt lassen schlagn, Vnd heimlich vberseit gebracht.
LEUTRUT
HARMAN. Was ists Nachbarin das jhr klagt?
1185
Actus V.
54
Solt ich nicht klagn? ich armes Weib: Ach mein' Kinderl mein junges leib!
1190
LEUTRUT.
HERMAN.
Ich mücht gern wissn was es mag sein.
Mein I A N bringt mich in diese pein: Ging am Sontag nach der mahlzeit Außm haus, ich fragt, wohin? nicht weit, Sagt er, ich wil balt widerkommn. Hab jhn aber noch nicht vernommn: Weiß nicht was jhm mag sein geschehn, Habt jhr nicht irgens jhn gesehn ?
LEUTRUT.
Nein traun.
G Ü L D E N E R et H A R M A N
Nachbarin weinet nicht; Seht ewer Man, seht wie er liegt ?
GISSBERT.
1195
simul.
1200
LEUTRUT accedens maritum.
Sagt doch worumb, mein lieber Ian, Habt jhr mir das zu leid gethan ?
IAN evigilans et surgens. Was ists ?
Das jhr aus ewerm hauß Zwo nachte seid gewesen aus.
LEUTRUT.
1205
IAN. Leug das der Ritte dich geh an. Ich liege nicht mein lieber I A N . Ihr seid gewesen aus zwo nacht, Schier hett' ich mich vmbs leben bracht.
LEUTRUT.
IAN quasi eam verberaturus. Halts maul ich sag, Dich rührt die plag,
1210
Nachbar, seid nicht ein hastig Man.
GISSBERT.
IAN. Sie solt mich vngenarret lan: Sagt ich sey außgewesn zwo nacht. GÜLDENER.
Sie hatts zuvohr vns auch geklagt.
IAN. Sie leugts in jhren hals henein. LEUTRUT.
Wollan es mag gelogen sein.
Vater, wo habt jhr gschlaffen heint ? Wir habn vmb euch so sehr geweint.
JOANNISCUS.
1215
Scena II. Vater ich kans nicht vnterlassn, Muß euch eins vmb den halse fassn.
LEUTRUDULA.
GYSSBERT.
55 1220
Habt jhr dann hie gehaltn ewr ruh ?
IAN. Liebe Nachbaren hört mir zu: Gestern gieng ich auffh nachmittag. LEUTRUT.
Vorgestern wars.
Hör was ich sag: Kam hin auffs marckt, traff d' vngefehr an Von Antwerpn einen gutn Man, Mit dem ich in meinn jungen Jahrn Zu Land vnd Wassr viel meil gefahrn: Der nam mich mit sich in Stadtkellr, Ließ zapffen Wein vnd Muscatellr Macht meinen IAN SO satt, so trund, Das er die trepff kaum finden kunt. Doch ging ich hin ohn strauchln vnd falln, Biß das ich kam hinter Sanct Galin.
IAN.
HARMAN.
1225
1230
1235
A n Kirchhoff dort, bey den Fischbenckn ?
IAN. J a , da man thut den Brantwein schenckn: Da kamn zween Kerll, zween vngenantn, Doch sinds meine Freund' vnd bekantn, Lieffen mir nach schreiend': halt, halt, Schlepten mich in Kretschmer mit gwalt, Soffen mir zu als werens' toll: Ich ward so aus der massen voll Das diese nacht ich hie allein Hab glegen im dreck wie ein Schwein. GÜLDENER. E S LEUTRUDULA.
1240
1245
ist woll eh so viel geschehn.
Vater laßt vns nach hause gehn.
IAN. Ich muß zuuohr erzehln etwas: E y meine Nachbarn hört doch das. Hab' heint gehabt einn seltzam träum, Ich fürcht' jhr werdt mirs glauben kaum. Doch weiß noch nicht zu dieser zeit, Ob mirs widerfahrn in warheit, Odr obs nur hat getreumet mir: Für warheit künt ichs halten schier, So eigentlich noch alles weis
1250
1255
56
Actus V.
Als hett' ichs auffgeschriebn mit fleiß. Da man doch sonst nächtlich gesicht So eben kan behalten nicht. GYSSBERT.
Nachbar, auff Treum kan man nicht bawn
Treum kan man nicht gleuben noch trawn: Bringen den Menschen balt in Frewd, Balt in gross' Angst vnd Trawrigkeit, Wann man erwacht ists Phantasey, Betrug vnd eitel Hauteley.
1260
GÜLDENER.
1265
IAN. Itzt seh ichs an mir selber woll, Das man mit nicht jhnn gleuben soll: Mir treumt ich wehr ein Landesherr, Nun bin ich ein armer Betler. Mir treumt ich leg' im Himmelbett, 1270 Dazu ein Fürstiichs Hembd an hett: Nun seh ich das hie im Rinnstein, Mein Bett gewessn der Koht vnrein. Mir treumt ich wer Fürstlich staffirt, 1275 Mein' kleider wem mit Golt bordirt, Mit Golt beschlagn Swert vnd Poignard, In Perlen gefast mein Plumard. Von Golt trüg' ich Ketten vnd Ring, Vnd wie ein Fürst zur Meß hinging. 1280 Nun fehlt es vmb einn Bawrenschrit. Vicinos abiturientes revoeat. Nachbarn hörts doch zum end ich bitt. Mich daucht ich hielt Fürstlich Bancket: Man trug mich auff das best Wiltpret. Herrnbrot, Pasteten, Vogel, Fisch, Vnd was mehr ghört auffn Fürsten Tisch: 1285 Wein, Lautertranck, Meth, Malvasier, Englisch, vnd ander' frembde bier. Das Trinckgeschir, beid groß vnd klein, Die kannen draus man gos den Wein, Teller vnd Schüssel allzumahl, 1290 Warn von Silber: im gantzen Saal War alls gezieret vnd bereit Fürstlich zur Ehr vnd Fröligkeit. Es war da ein' gut' Cantorey, Vnd Instrument' gar mangerley: 1295 Posaunen, Pfeiffen, Lauten, Geign, Krumbhörner, Zincken vnd schalmeign. [G]
57
Scena III. Das ich von andern sage nicht, So mir zur Ehr ward angericht: Mit zierlich tantzen, künstlich springn, Mit artlich fechten, mänlich ringn. Der Diener war ein' grosse schar, Die meiner person nahmen war, In Seide vnd Sammit wol gekleidt. Graffen, Ritter vnd Edelleut Stunden fürm Tisch, vnd sonst vmbher, Thaten mir all' Fürstliche ehr. Ich spielt im Bredt vnd mit der Chart, Gewan viel Cronn in kurtzer farth. In summ': ich lebt' vnd schwebt' in frewd, In ehr vnd grosser Herrligkeit, In fried vnd ruh, in glück zugleich, Als wer ich in dem Himelreich, Nuh seh ich wie ich bin betrogn, Vnd das mein Traum mir fürgelogn.
1300
1305
1310
1315
E y : Treum sind Treum, vnd bleiben Treum Muß gehn, das nicht das mein verseum.
HARMAN.
Ridentes dilabuntur.
ACTUS V. S e e n a III. FR.
ANTONIUS.
LAMBERTUS.
A N T O N I U S . Sit pax tibi Lamberte, Ego Tua salute gaudeo, Et plurimum laetor, tua: Si res adhuc sunt integrx.
FR.
A h : res mese sunt prístino, Mi Frater Antoni, loco: Multis premor molestijs, Et versor in quäm maxi mis Angustijs tu, si potes, Fratrem tuum quaeso juves.
1320
LAMBERTUS.
Lamberte, Frater optime, Meo juvare sanquine, Si te queo, citissimé
1325
FR. ANTONIUS.
I 33°
58
Actus V.
Hoc fiet et promptissimfe. Dicas rogo quid te mali Vexet, taces ? Dicas mihi. [G ij] LAMBERTUS.
Bruder, mich drücket groß' Armuth.
F R . ANTONIUS.
Ich meint jhr hett ein' Pfarr sehr gut
Die Pfar hat zwar reiches einkommn, Das best abr ist davon genommn.
LAMBERTUS.
F R . ANTONIUS.
Ey lieber wer hat das gethon ?
Mags schier nicht sagen: mein Patron. Ich hab die schaln, er hat die kern, Muß es klagn meinm gnedigen Herrn.
LAMBERTUS.
O: heisset das Patronum sein, Geistliche güter ziehen ein? Was Gott dem Herrn einmahl verehrt, Solt billich bleiben vnuerkehrt.
F R . ANTONIUS.
Vmb vnsers Herren Christi Kleid, Wirft man das loß zu aller zeit.
LAMBERTUS.
Er wird solchs straffen: mir ists leid Vmb euch, ewer Auffrichtigkeit Ist mir von vielen Jahrn bekandt. Sonst findt man etliche auffm Land Die haben jhr tegliches Brot, Doch pudeln vnd sudeln ohn not: Wolln lieber Pferd' vnd Ochsen treibn, Dann Beten, Singen, Lesen, schreibn. Will man mit jhnen conversirn, So mus man nicht viel disputirn, Nicht reden Griechisch vnd Latein, Man wird sonst nicht willkommen sein. LAMBERTUS. Bey euch ists auch o Bruder mein Nicht alles Golt was glentzet fein. Man findt so balt einn Glossen Nagr, Kahlmeuser vnd Scharteken tragr, In der Clöster vnd Städte maurn, Als auff den Dörflern bey den Bawrn. F R . ANTONIUS. Loquare Frater parciüs, Et paululum modestiüs: Wann jhr im feld dort herumb laufft,
F R . ANTONIUS.
Seena i n . Odr mit den Bawrn im Krug euch raufft: Sitzen wir still vnd speculirn, Vnd in Divinis nur studirn. [G iij] L A M B E R T U S . Bißweilen ist das Bibere, Euch lieber als das Scribere: Von Tick Tack, vnd vom Frawenspiel, Haltet jhr Fratres auch sehr viel. F R . A N T O N I U S . Ich bin ein Mensch, bekenn das mein: Vnser keiner ist Engelrein. L A M B E R T U S . Vns wirds traun sawr genug auffm Land: Wir müßn arbeitn nicht haltn für schand, Das Viehe füttern, mist auffladn. F R . A N T O N I U S . Das kan niemand an ehren schadn: Feldbaw vnd Vihzucht, wie jhr wisst, Die best vnd eltest narung ist. Man list von vielen Patriarchn, Von Keysern, Könign vnd Monarchn, Auch von anderen hohen Leutn, So habn gelebt in alten zeitn, Das sie im Feldbaw vnd Viehzucht, Ihr narung vnd jhr lust gesucht. L A M B E R T U S . Wann ich nicht Küh vnd Ziegen hett, Müst offtmahln hungrich gehn zu bett. F R . A N T O N I U S . Man solt' abr den Pastoribus Vermachen solche Reditus, Das sie ohn müh, ohn sorg, mit frewd Zu jhrem Ampt stets wem bereit: Das sie nicht dürfften schleppen, tragn, Mit vielem Gsind vnd Vieh sich plagn. L A M B E R T U S . Ja Bruder, das wehr gut vnd recht, Aber man leßt trew' Gottes Knecht, Den man solt ehrlich notturfft gebn, An mangem ort in Armuth lebn.
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So geht es: die gröbesten Narrn, Haben gmeinlich die besten Pfarrn.
F R . ANTONIUS.
Was meint jhr aber wie ichs mach, Das ich recht angreiff meine sach ?
LAMBERTUS.
Wolln zu Ern Warner gehn alßdradt, Stellens zuvohr mit dem in rath. [G iiij]
F R . ANTONIUS.
1405
60
Actus V. ACTUS V. Seena I U I . GRIMWALDT.
GRIMWALDT. GÜLDENER.
GÜLDENER.
Glück zu Meister. Habt danck Grimwald.
Meistr, jhr sollet kommn alßbalt Auffs Schloß z'vnserm gnedigsten Herrn.
GRIMWALDT.
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Dessen thu ich mich nicht beschwern: Soll ich auch etwas bringen mit?
GÜLDENER.
GRIMWALDT.
Man hat mir das befohlen nicht.
ACTUS V. Seena V. PHILIPPUS.
GÜLDENER.
WARNER.
Proceribus stipatus. SAget jhrs Meister, das der Mann Den wir gestern tractieren lan Fürstlicher weiß den gantzen tag, Solches itzt für einn Traum aussag?
PHILIPPUS
Gnediger Herr, aus seinem Mund Hab ichs gehört: do ich auffstund Heut frü, vnd ging auffs marckt hinaus, Z u keuffen Notturfft in mein Hauß, Lag er da in einm Einstein tieff Im schlam vnd dreck (mit gunst) vnd schlieff: Sein Weib kam an denselben ort, Wecket jhn auff, vnd fraget fort, Warumb er doch aus seinem haus, Z w o nachte wehr gewesen aus ? E r hieß sie liegen, wolt sie schlagn, [G v] Das sie solch nichtig ding thet sagn. Sprach er hett nur die eine nacht Ausser seinm Hause hingebracht, Zum theil dort im Kretschmer beim Wein, Zum theil da im schlammign Rinnstein.
1415
GÜLDENER.
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1430
Seena V. Erzehlt darnach mit vielen wortn, Das es sein Weib vnd Nachbarn hortn Alls was jhm gestern hie auffm Schloß, Ist widerfahren, klein vnd groß. Hielts nur für ein Traum vnd Gesicht, Wolt darauf! trawn vnd bawen nicht. Weil es jhm doch nur fürgelogn, Vnd jhn so schendlich hett betrogn. P H I L I P P U S . Blieb er bey seiner meinung dan, Es wehr ein Traum vnd nichtes dran ? G Ü L D E N E R . Gnediger Herr, er bleibt dabey, Sagt es auch vnnuerholen frey, Einm jedem der jhn nur drumb fragt. ad Proceres. Das ists was wir vielmahl gesagt: Vnser zeitlichs mühsehlichs lebn, Vergleich sich einem Traum gar ebn. Reichtumb, Macht, Ruhm, herlicher Nam, Ansehen, ehr, vnd hoher Stam, Frewd, lust, zier, pracht, köstlicher wat, Vnd alles was der Mensch hie hat, Was ists ? nur ein schatte flüchtig, Ein Traum nichtig vnd betrieglich, Dessen man sich kaum recht besinnt, Wann man vom schlaff zerwachn beginnt.
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PHILIPPUS
Wir Menschen all, sind gleich dem glaß Das brüchich ist, ja gleich dem graß, Welches itzt blüht vnd grünet schon, Bald hats mit jhrer hitz die Sonn, Bald hats gelegt der Reiff zur Erd, Das wird zutretn von Küh vnd Pferd.
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WARNER.
Wir Fürstn und Herrn solin nicht stoltzirn, Vnser schwacheit zu gmüth vns führn, Bey guter zeit lernen verstehn, Das wir auch Menschen die vergehn: Sollen nicht auff das zeitlich bawn, Sondern viellmehr ins ewig' schawn, Denn wir hie auch im Elend schwebn, Vnd habn nicht eigns in diesem lebn. Gott hilff das wir nach dieser zeit Ererben fried vnd ewig frewd; Aller Welt macht vnd Herrligkeit, Ist nur ein träum vnd eitelkeit.
PHILIPPUS.
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EPILOGUS. Wir sagn den HErrn nun danck allsampt, Nach jedes würden, Ehr vnd Ampt, Das dieselben eigner person Habn angeschawt dieß' Action Das auch ihr andern zugehört, Vnd vns im reden nicht verstört. Spüren daraus ewr grosse gunst, Vnd lieb, jegn diese nütze kunst, Zu agirn woll erdachte spiell, Darin man hat der Lehren viel. Gott woll' dafür euch allen gebn, Gesundheit vnd ein langes lebn: Das diese kunst löblich vnd alt, Ihre beschützer ja behalt, Kegen Neidharti lästermaul, Vnd ander' vngenanten faul, Die selbs nicht können etwas tichtn, Doch andere schmehn vnd vernichtn. Wohin sonst diß spiell sey gericht, Acht ich zu repetiren nicht Nötig: diß ist vnd bleibt die sum: Der Welt macht, herrligkeit, Reichtum, Gwalt, Ehr, Kunst, Gunst, Gnad, Rhum, Zier, Pracht, Vnd alles was hoch wird geacht Auff dieser Erd, vnd nicht besteht, Ja wie ein Schern vnd Schatt' vergeht. Gottes wort, Gütt, Trew vnd warheit, Wehret vnd bleibt in ewigkeit. Ein Traum ist nur diß zeitlich lebn, Darum soll man nur dahin strebn, Das man ererb das Ewig' Gut, Erworbn durch Christi thewres blut. Ein Narr ists der auff Golt vnd Gelt, Vnd was sonst köstlich in der Welt, Stoltzieret, trotzet, pochet, trawt, Vnd nach dem ewign nimmer schawt. Seelig vnd klug wird der geacht, Der nur mit fleiß nachm Himel tracht, Vnd ist allzeit dahin beflissn,
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Epilogus Das er Glauben vnd gut gewissn Behalte vnuerletzt vnd rein, Trawet vnd bawt auff Gott allein, Lesset die Welt die Welte sein, Verricht was jhm befohlen fein Auffrichtig, lustig, fleissig, woll, Ist gdültig wann er leiden soll: Ist vnd bleibt allzeit Gottes knecht, Gleubt an seinen Sohn schlecht vnd recht, Befehlt an seinem letzten end Sein Seel in Gottes gnad vnd hend. Der wird gewis ins Himelsthron Vberkommen der Ehren Krön: Welches ich euch wünsch allzusamen, Der es begert, Sprech mit mir, Amen. SOLI DEO SIT GLORIA. Allein, o HErr, Deins Namens ehr Ist mein begehr.
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D E m Guthert2igen Leser, wünschet der Tichter Fried und Frewd in CHRISTO IHESV. E S ist kein zweiffei, guthertziger Leser, weil ich hie an den weg gebawet, das ich viele Meister haben werde. Sintemahl das Richten vnd Tadlen keine maß noch ende hat. Denn der Lasterteuffel itzt dermassen grassieret vnd tobet, das es nicht gerahten oder sicher ist, wie der hochgelarter Erasmus von Roterdam sagt, ein Büchlein herfür kommen zu lassen, man habe jhm dann eine Gewardi vnd beschirmung von wollgerüsteten Soldaten zugeordnet. Darum ich mich in stich geben, vnd der Sycophanten gifftigen Natterbiß auch werde gewertig sein müssen. Doch wil ichs versuchen, ob derselben etliche künten vermitten vnnd abgelehnet werden. Zum ersten werden viele sagen: Es sey eine leichtfertigkeit Reimweiß etwas schreiben. Diesen antworte ich kürtzlich: Ist der Rhythmus ein leichtfertiges ding, wird daraus folgen, das alle Volcker leichtfertig zu halten, Rhythmi enim naturales sunt in omni gente et natione. Thal. lib. 2. Rhet. cap. 15. Insonderheit vnsere alten Teutschen, dz ich von Hebrseern nicht sage, welche die rühmliche thaten jhrer Helden in Reime verfasset vnd gesungen, wie das Heldenbuch, die alten Meistergeseng, vnd Lieder bezeugen. Das aber vnsere Voreltern nicht Weichlinge, leichtfertige, verzagte Memmen: Sondern standhafftige, Tapflere, streitbare Menner vnnd vnverzagte kerll gewesen, müssen auch die Römer, jhre feinde, in jhren hinterlassenen Schrifften, bekennen. Zum andern werden etliche sagen, ich thu praeter profeßionem meam, das ich Comcedias schreibe, es gebühre einem Prediger nicht etc. Diese vnbehobelte Socios, achte ich keiner antwort würdich. Denn alle verständige woll wissen, das Comcedias schreiben eine ehrliche vnnd nützliche arbeit ist, welche auch an den fürnembsten Theologen, vnnd gelartesten Leuten, nie improbieret worden. Ist doch der hocherleuchter vnd vmb vns Teutschen wollverdienter Mann [H] Gottes, Dr. Martinus Lutherus, in der meinung, die Bücher Judith vnd Tobiae sein keine geschieht, Sondern geticht vnd spiele heiliger Geistreicher Poeten, dieses eine feine Gottselige Comcedia, jennes eine gute, ernste vnnd tapffere Trageedia. Dennoch haben diese beide bücher in der Bibel, inter Apocrypha, jhre ehrliche stelle vnd lob, das sie feine, gute, heilige, nützliche bücher sein, vns Christen woll zu lesen.
65 Zum dritten wird etlichen Melancholischen Storköpffen vnd sawrtöpffen, der eingemischter schertz, vnd persona; extra argumentum accersitx nicht gefallen. Etlichen zarten heilligen wird die bittere vnd verhassete warheit gräll in den ohren thun. Diesen solte man eine gute pritsche schlagen, jenne solte man ad Antyciras, oder weil zubefürchten, das jhre insania nullo Helleboro könne außgeführet werden, in agrum Reatinum inter pecus Arcadicum religieren. Auff beiden Seiten geben sie, mit jhrem verkehrten vrtheil, jhren groben vnnd grossen vnuerstand an tag. Haben auch die nützen Prasfationes in Terentium, vom Melanchthone, Roterodamo, vnd Asulano gestellet, nie gelesen: Viel weiniger verstehen sie Plauti, Terentij vnd anderer sinreichen Poeten intent vnnd meinung: sehen die scripta Comica an wie die Kuh das fenster. Zum vierdten sind etliche so vnbesonnen, das sie vnsere selbständige Teutsche sprach verkleinern, da doch Goropius Becanus in seinen Originibus mit vielen Argumenten zu beweisen vermeinet, vnsere AltSäch- [H ij] sische vnnd die Niederlendische spräche, sey vnter allen sprachen der gantzen Welt die eheste, & artificio singulari plané admirabilis. Weichs ich an seinen ort stelle, vnd andere verfechten lasse. Dieses ist vnleugbar, das sie nicht die geringste ist, sich so weit vnnd breit erstrecket, das auch ausserhalb den io Provincien, oder Circulen, vnsers Teutschlandes, mit jhr die sprachen dreyer benachbarten, mechtiger Königreiche, (Engeland, Dennemarck vnd Schweden) eine grosse verwandschafft haben, auch wo nicht alle, doch eins theils, wie die collatio idiomatum gibt, auß jhr wie aus einem Brunnen entspringen. Solche Fatui, die es verechtlich halten, in vnser Muttersprach etwas schreiben, mügen sich, jhrem bedüncken nach, Hebräischer, Griechischer, Lateinischer, vnnd wo sie nicht gnug dran haben, Narrabischer vnnd Affreichischer Zungen gebrauchen, damit jhre scripta vnd reden also verblümen, zieren, illustrieren vnd illuminieren, so krauß, bunt vnd toll machen, wie sie immer wollen vnnd können. Ich ein geborner Teutscher, scheme mich hie nicht bey den Teutschen teutsch zu reden. Zum letzten will ich hiemit den guthertzigen Leser freundlich gebeten haben, er wolle alle praepostera Momoscoporum judicia fahren lassen, vnd von dieser meiner wollgemeinten arbeit aus Christlichem gemüth sincerè & candidè vrtheilen, vnnd nichts darin verkehrlich deuten. Es gäntzlich vnnd gewiß dafür halten, das ich hie niemand perstringieren oder notiren, sondern der Welt lauff, und vnsers mühseligen lebens grosse eitelkeit, gleich in einem Spiegel habe zeigen wollen. Hette ich nach gebür sölchs nicht getroffen, (wie ich das gern bekenne vnd nachgebe) wolle ers mir 5 KOMEDIA X V I
66 Brüderlich zu gut halten. Denn wir alle menschen sind, vnnd in dem wirs auch nicht meinen, leichtlich irren können. Der allmechtiger, frommer vnd allein getrewer Gott wolle alle vnsere studia zu seines allerheiligsten namens Ehr gnediglich dirigiren, vnd vns ein fröliches, newes Jahr bescheren, vmb seines einigen vnnd lieben Sohns JHEsu Christi vnseres Immanuels willen. Das wünsche ich allen wahren Christen von grund meines hertzen, Amen. Nathan Chytrxus lib. I. Epigram. SI quis fort6 putet nostro se Carmine pungi, Agnoscens maculas conscius ipse suas: Det veniam melior: licuit, semperque licebit Parcere personis, dicere de vitijs. PIETAS SINE F I N E CORONAT.
MATERIALIEN Z U M V E R S T Ä N D N I S DES T E X T E S Editionsbericht Das Werk des Pölitzer Pastors Ludovicus Hollonius (f 1621), dem man in der Literaturgeschichte immer wieder einmal seine Aufmerksamkeit zugewandt hat, ist heute fast wieder so unbekannt wie zur Zeit seiner Entstehung, da es ihm über die Grenzen der pommerschen Provinz hinaus wirksam zu werden nicht gelang. Ein »feyner Poet« wurde Hollonius damals zwar genannt1, doch haben seine wenigen Werke nur eine einzige Auflage erlebt. Nur zum Teil auch waren sie zunächst erhalten geblieben, wie seine beiden Dramen, der 1603 in Alten-Stettin gedruckte »Freimut«, ein Spiel vom Verlorenen Sohn, und das hier wieder vorgelegte »Somnium vitae humanae« von 1605. In neuerer Zeit ist das »Somnium vitae humanae« einmal wiedererschienen. Es wurde von F R A N Z S P E N G L E R in der Reihe der »Neudrucke deutscher Litteraturwerke des XVI. und XVII. Jahrhunderts« im Jahre 1891 herausgegeben. Daß gerade dieses als einziges Werk des nicht uninteressanten Autors abgedruckt wurde, verdankte es nicht zuletzt der Tatsache, daß sein Text am vollständigsten erhalten geblieben war. Was am Ende des vorigen Jahrhunderts ohne weiteres möglich war, den Text des Stückes neu zu drucken, ist heute leider sehr problematisch geworden. S P E N G L E R konnte sich — wenn das Stück im Manuskript auch nicht mehr vorlag — doch auf den zu des Verfassers Lebzeiten erschienenen Druck stützen: S o m n i u m V i t a e H u m a n a e , / Das ist: Ein / N e w e s S p i e l / Darin / Aus einer lustigen geschieht / von Philippo Bono, für hundert / vnnd acht vnnd dreissig Jahren, einem [ Weisen, Frommen vnd Mechtigen Her/tzogen der Burgunder vnnd Niederlän/der etc. Gleich in einem Spiegel gezei/get wird, das vnser zeitlichs leben, / mit all seiner Herrligkeit nur ein / nichtiger vnd betrieglicher / Traum sey. / Gestellet durch / L u d o v i c u m H o l l o n i u m , Predigern / des heiligen Göttlichen worts / im Stedtlin Pölitz. / Gedruckt zu Alten Stettin, durch / J o c h i m R h e t e n , 1605. 1 So Johannes Micraelius: Sechs Bücher vom Alten Pommerlande. Stettin 1723, 4. Buch, S. 89. 5*
Materialien
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S P E N G L E R benutzte als Grundlage für seinen Neudruck das vollständige Exemplar dieser alten Ausgabe aus der Liebeherrschen Sammlung des Marienstiftsgymnasiums zu Stettin und kannte das defekte Exemplar der Berliner Königlichen Bibliothek. Die Niederdeutsche Bibliographie von C O N R A D B O R C H L I N G wies in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts noch ein drittes — wiederum vollständiges Exemplar aus, und zwar in der Bibliothek der Universität Königsberg. Inzwischen ist der Verbleib sämtlicher drei Exemplare unbekannt. Sie müssen als durch die Kriegsereignisse verschollen gelten. So bleibt als Grundlage für den hier vorgelegten Text allein der Spenglersche Neudruck, dessen Zuverlässigkeit ohne Korrektiv selbstverständlich nur sehr schwer zu beurteilen ist. Im Ganzen scheint der Text sorgfältig abgedruckt worden zu sein, doch enthält die Ausgabe über die im Vorwort als Errata kenntlich gemachten Druckfehler hinaus einige — wenn auch nur wenige — weitere, die klar als solche kenntlich sind. Sie wurden hier berichtigt 2 . Im übrigen folgt unser Text der Ausgabe S P E N G L E R S . Satz, Interpunktion und als solche ausgewiesene Druckfehlerberichtigungen wurden übernommen. Die in der Vorlage durch hochgestelltes e gekennzeichneten Umlaute werden aus drucktechnischen Gründen hier durch ä, ö, ü wiedergegeben.
Zur
Entstehungsgeschichte
Zeitgenössische Quellen, die Aufschluß über die genaue Abfassungszeit und die äußeren Bedingungen zur Entstehung des Stückes geben könnten, besitzen wir nicht. Doch gibt Hollomus selbst in seiner dem Stück vorausgeschickten Vorrede einige Nachricht über seine Beweggründe zum Schreiben eben dieses Stücks wie über den Anlaß zu dessen Veröffentlichung. Als Prediger und Komödienschreiber widmet er in ihr die poetische Darstellung einer geistlichen Wahrheit dem vermutlichen Thronfolger seines Landes »loco strenae«, als Neujahrsgeschenk 3 . P H I L I P P II. V O N P O M M E R N (1606—1618), dem ältesten Sohne und seit 1603 auch Mitregenten B O G I S L A U S ' X I I I . ( 1 5 4 4 — 1 6 0 6 ) und Enkel P H I L I P P S I. V O N P O M M E R N (1531—1569), sollte es Fürstenspiegel und ihm wie allen Lesern eindringliche Lehre vom vergänglichen Wesen irdischen 2 In dem Gedicht »Ad Auctorem«, 2. Zeile: Pilasgus statt Palasgus; Vers 1271: »Dazu ein Fürstiichs Hembd an hett« statt »Dazu ein Fürstlichs Hemb dan hett«. 3 Vgl. Micraelius, Sechs Bücher vom Alten Pommerlande. Stettin 1723, 3. Buch, S. 404.
Zur Entstehungsgeschichte
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Lebens sein, das eben an der Wende des Jahres besonders deutlich bewußt wird. Das berühmt(e) vnd warhafftige{. .) Exempel zu der Lehre, das »Bild von der Wahrheit«, die Fabel Zu dem Stücke findet Hollonius in der Geschichte vom träumenden Mann niederen Standes, der für einen Tag das Leben eines Fürsten führt. Dieser besonders in der dramatischen Weltliteratur später so verbreitete Stoff stammt ursprünglich aus dem Orient und war im Europa der damaligen Zeit fast ausschließlich in erzählenden Formen ausgeprägt 4 . Hollonius nimmt die Geschichte als wirkliches Geschehnis, dessen Wahrheit von guten, glaubmrdigen Historiéis verbürgt ist. Seine Gewährsleute nun bezeichnen — anscheinend nicht ohne B e g r ü n d u n g 6 — PHILIPP DEN GUTEN VON BURGUND ( 1 3 9 6 — 1 4 6 7 )
als den Urheber des lebendigen Gleichnisses von der Nichtigkeit des menschlichen Lebens, von der Vergänglichkeit alles Irdischen. Hollonius' unmittelbare Quelle ist das »Chronicon Saxoniae« seines Rostocker Lehrers, des lutherischen Theologen und Kirchens c h r i f t s t e l l e r s D A V I D CHYTRAEUS*. D A V I D CHYTRAEUS h a t , w i e
er
selbst bezeugt und Hollonius berichtet, die Geschichte seinerseits aus einem Brief des Humanisten JOH. LUDOVICUS VIVES, (der übrigens die erste europäische Version des Stoffes bringt) dem sie von einem Augenzeugen, einem ehemaligen Pagen am Hofe PHILIPPS DES GUTEN berichtet wurde 7 . Der dritte von Hollonius in diesem Zusammenhang genannte Autor, der die Erzählung allerdings nur »repetieret«, gilt ihm als Bestätiger und Bekräftiger ihres Erkenntniswertes: Der Königsberger Prediger GEORG CIEGLER (f 1633) hatte sie in seinen »De incertitudine rerum humanarum Discursus« aufgenommen, in ein Werk, das einige Berühmtheit erlangte 8 .
4 Vgl. hierzu Alexander von Weilen: Shakespeares Vorspiel zu Der Widerspänstigen Zähmung. Frankfurt a. M. 1884, darin bes. S. 3—8; Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. Stuttgart 1962, S. 68—71. 5 S. hierzu A. v. Weilen: Shakespeares Vorspiel zu Der Widerspänstigen Zähmung. Frankfurt a. M. 1884, S. 4 u. 5. 6 Davidis Chytraei Chronicon Saxoniae, Pars Prima, Rostochii MDXC, p. I74f. Hollonius nennt in seinem Vorwort anscheinend eine etwas spätere Auflage, die der Hrsg. leider nicht zugänglich war. ' Joh. Ludov. Vivis Valentini epistolarum quae hactenus desiderabantur Farrago . . . Antverpiae MDLVT fol. 25 b. ff. Die Stelle des Briefes ist vollständig zitiert bei A. v. Weilen: Shakespeares Vorspiel . . . S. 3—5. 8 De Incertitudine Rerum Humanarum Discursus, Theologicus,Ethicus, Historicus. Georgii Ciegleri. Rigae Livonum, Ex Officina Typographica Nicolai Mollini. M.D.XCIX. Caput Sextum. I Principatus Regna et Imperia non conducere ad beatè vivendum.
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Daß Hollonius ausdrücklich den Bericht des C H Y T R A E U S , nicht die Originalerzählung von V I V E S als seine Quelle bezeichnet, ist sicher mehr als eine Geste der Pietät seinem Lehrer gegenüber. Nur C H Y T R A E U S nämlich bringt diese lustige geschieht in dem Zusammenhang, der die Komplexität ihrer Bedeutsamkeit für den Komödien schreibenden Prediger voll erkennbar und darstellbar machen konnte: die moralische Erzählung steht bei C H Y T R A E U S in einem historiographischen Werk. Sie beschließt in ihm den Abschnitt, der von Persönlichkeit und Regierung P H I L I P P S D E S G U T E N V O N B U R G U N D handelt. Was Hollonius' »Somnium vitae humanae« über das Gleichnis vom betrunkenen Jan hinausgehend an Anspielungen auf historisch belegbare Details aus P H I L I P P S D E S G U T E N Leben enthält — und es sind derer nicht wenige — ist aus dem »Chronicon Saxoniae« bezogen. Es ist für das Stück nicht unwichtig oder gar entbehrlich. Es stützt seine Glaubwürdigkeit und begründet mit seine Aktualität. So ist es z. B. für Hollonius' Anliegen, besonders dem Thronfolger die geistliche Lehre des »Sic transit gloria mundi« zu vermitteln, keineswegs gleichgültig, daß C H Y T R A E U S den Exilaufenthalt des Dauphin von Frankreich, L U D W I G S , bei P H I L I P P erwähnt. In der Komödie wird L U D W I G Zeuge des Fürstentages Jans. Worüber ihm P H I L I P P zuvor als sein geistlicher Lehrer gesprochen hat, die Vergänglichkeit irdischer Macht, läßt er ihm nun ad oculos demonstrieren. Die Konstellation von Autor des Stücks und Adressaten von dessen Widmung erweist sich als ähnlich bis auf das chiastische Verhältnis von Namen und Rollen. Der geistliche Lehrer Ludwig Hollonius will dem Thronfolger Philipp II. von Pommern zeigen, was das irdische Leben wirklich sei. Denn dieser soll seinem Land das werden, was sein Namensvetter von Burgund dem seinen war: ein Landesherr, der den Beinamen »der Gute« zu Recht erhielt. Ein zweites Charakteristikum dieser ersten dramatischen Bearbeitung der Geschichte vom träumenden Bauern in deutscher Sprache verdeutlicht die geistige Affinität mit ihrer Quelle: der Impetus des zeitliches Geschehen deutenden Theologen. C H Y T R A E U S schätzt die Wichtigkeit dieser Erzählung und ihren Lehrwert so hoch ein, daß er sie — möglichen Einwänden zum Trotz — in sein Geschichtswerk einbaut. Ihre hervorgehobene Stelle am Ende eines Kapitels und ihre durch den Historiographen übrigens von Vives übernommene Auslegung stimmen zusammen. »Bei ihm«, so schließt C H Y T R A E U S seinen Bericht über die äußeren Fakten von P H I L I P P S D E S G U T E N Regierung, »lebte Ludwig, Dauphin von Frankreich, im Exil, um dem Zorn seines Vaters Karl zu entgehen. Er starb schließlich im 77. Jahre seines Le-
Zur Entstehungsgeschichte
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bens9. Von ihm erzählt Ludovicus Vives in einem Brief folgende sehr hübsche Geschichte, die die Traumhaftigkeit des menschlichen Lebens sehr geschickt zur Darstellung bringt. Wenn es auch den Anschein erwecken wird, sie gehöre nicht zur Sache, habe ich sie doch hierher gesetzt, damit wir auch bei dieser Gelegenheit über die Gebrechlichkeit und Flüchtigkeit unseres Lebens und über den leeren Wahn von menschlicher Glückseligkeit nachdenken. Als Philipp einmal in der Nacht mit einigen der Vornehmsten aus seinen Freunden nach dem Mahle durch die Stadt spazieren ging, erblickte er einen mitten auf dem Markt liegenden betrunkenen Mann aus dem Volke, der tief schnarchte. E r beschloß, an ihm zu erproben, welcher Art das Schauspiel unseres Lebens wäre, über das jene zuweilen miteinander gesprochen hatten. E r befahl, den Mann zum Palast zu bringen und ihn auf die herzogliche Lagerstatt zu legen, ihm des Herzogs Nachtmütze aufzusetzen und, nachdem man ihm sein schmutziges Leinenkleid ausgezogen, ihm ein anderes aus dem feinsten Linnen anzulegen. Als der morgens aufwachte, waren Edelknaben anwesend sowie die Kammerdiener des Herzogs, die ihn wie den Herzog selbst fragten, ob es ihm beliebe aufzustehn und auf welche Weise er an diesem Tage bekleidet werden wolle. Gebracht wurden des Herzogs Kleider. Der Mann wunderte sich, als er sich an diesem Orte sah. E r wurde angekleidet, trat aus dem Schlafgemach; die Vornehmen waren zur Stelle, um ihn zur Kapelle zu geleiten. E r wohnte dem Gottesdienst bei, das Buch wurde ihm zum Kusse gereicht und alles sonst genau wie dem Herzog. V o m Gottesdienst ging es zu einem wohl gerüsteten Frühstück. Nach dem Frühstück brachte ein Kammerdiener Spielkarten und eine Menge Geld. E r spielte mit den Vornehmsten. Gegen Abend ging er in den Gärten spazieren, jagte im Wildgehege und fing einige Vögel bei der Vogeljagd. Das Nachtmahl wurde mit der gleichen Feierlichkeit eingenommen wie das Frühstück. Lichter wurden entzündet und Musikinstrumente hereingebracht, edle Mädchen und Jünglinge tanzten, Schauspiele wurden aufgeführt; hierauf folgte ein Gelage, das in Heiterkeit und mit Aufforderungen zum Trinken bis in die späte Nacht sich hinzog. Jener aber überschüttete sich geradezu mit dem vorzüglichsten Wein und versank in tiefsten Schlaf. Der Herzog befahl, ihm seine früheren Kleider wieder anzuziehen und ihn an eben den Ort zurückzubringen, an dem man ihn vorher gefunden hatte. Dort verbrachte er schlafend die ganze Nacht. Als er am folgenden Tage erwachte, begann er über dies 9 Wohl verdruckt aus 71. Philipp der Gute wurde nur 71 Jahre alt. In einer Marginalglosse erscheint auch bei Chytraeus das richtige Todesjahr 1467.
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Materialien
sein Leben als Herzog nachzudenken, und er konnte sich nicht schlüssig werden, ob es ein wahres Ereignis oder ein Traumgesicht war, was ihm während seines Schlafes erschienen war. Schließlich, als er alle Mutmaßungen und Beweisgründe zusammengebracht hatte, kam er zu dem Schluß, es müsse ein Traum gewesen sein, und als einen solchen erzählte er es Frau, Kindern und Nachbarn. Welcher Unterschied besteht zwischen dem Tage dieses Mannes und unseren paar Jahren? Ganz und gar keiner, außer daß dies ein Traum ist, der ein wenig länger dauert, so wie der eine nur eine Stunde lang, ein anderer aber zehn geträumt hätte . . . « Gattungsgeschichtliche
Einordnung
Zieht man Hollonius' Quellen und die Richtung seines Interesses in Betracht, so erstaunt es eigentlich schon nicht mehr, daß sein Stück kaum Verwandtschaft aufweist mit der wohl bekanntesten dramatischen Praesentation dieses Stoffes um die Wende vom 1 6 . zum 1 7 . Jahrhundert, mit S H A K E S P E A R E S Vorspiel zu »Der Widerspenstigen Zähmung«. Die Frage, ob Hollonius Shakespeares Vorspiel oder dessen unmittelbare Quelle, das 1594 anonym erschienene Stück »The Taming of a Shrew« 10 in irgendeiner Form gekannt habe, muß wohl negativ beantwortet werden. Der seine Quellen sonst sorgfältig aufzählende Autor Hollonius nennt diese nur wenig früheren Dramatisierungen des Stoffes nicht. Auch zeigt sein Drama formal kaum einen Einfluß der englischen Komödianten, die die Stoffe in England gespielter Stücke zur damaligen Zeit in Deutschland zu verbreiten und populär zu machen pflegten 11 . Für die gattungsgeschichtliche Einordnung des »Somnium vitae humanae« erweist sich diese Frage zudem als weitgehend irrelevant: so sehr es in mancher Hinsicht in die Zukunft des literarischen Barock weist, so fest steht es doch in der Shakespeare fremden Tradition des deutschen protestantischen Schultheaters, dessen Komödienauffassung sich vor allem aus der Rhetorik, den lateinischen Komödien des T E R E N Z und deren spätantiken sowie humanistischen Kommentaren speiste. Wie sehr Hollonius sich den theoretischen Grundlagen der humanistischen Komödie verpflichtet fühlt 10 A Pleasant conceited History called the Taming of a Shrew, As it was sundry times acted by the Right honourable the Earl of Pembrook his servants. Printed at London by Peter Short and are to be sold by Cutbert Burlie at his shop by the Royal exchange. 1594.« Zit. nach A. v. Weilen: Shakespeares Vorspiel . . . S. 10. 11 Vgl. auch Karl Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels. Leipzig 1925, S. 84. Dem Namen des »träumenden Helden«, Jan, kann in diesem Zusammenhang kaum Beweiskraft zugemessen werden.
Gattungsgeschichtliche Einordnung
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und wie ernst er sie nimmt, erhellt bereits aus seinem Vorwort zum »Somnium vitae humanae«. Er zitiert interpretierend ihre berühmteste Komödiendefinition und macht sie zur Grundlage der Rechtfertigung seines Unternehmens: »Comoediae enim sunt imagines veritatis et quotidianae vitae specula.« Man findet diese Definition erstmals im 4. Jahrhundert n. Chr. unter dem Namen des für die Tradition der Antike so wichtigen A E L I U S D O N A T U S , dessen Terenzkommentar die »Excerpta de comoedia« von E V A N T H I U S vorausgeschickt sind. Diese nun enthalten die Definition und zwar als Überlieferung aus C I C E R O . »Comoediatn esse Cicero ait imitationem uitae, speculum consuetudinis, imaginem ueritatis«12. Die Art und Weise, in der Hollonius die Akzente des Zitats verschiebt, kennzeichnet bereits in etwa die Richtung innerhalb der vielfach gefächerten TERENZ-DoNAT-Nachfolge, der er besonders verpflichtet ist. Es ist die, in der die seit D O N A T immer vorhandene pädagogische Komponente in der Komödientheorie verstärkt erscheint. Die Reihenfolge, in der der Komödien schreibende Pastor im Nachwort zum »Somnium vitae humanae« seine Autoritäten auf diesem Gebiet nennt, gibt weiteren Aufschluß. Dem italienischen Humanisten F R A N C I S C U S A S U L A N U S 1 3 wird E R A S M U S V O N R O T T E R D A M vorangestellt, der das »decorum« der Charaktere in der Komödie durchaus nicht allein als Forderung der Rhetorik, sondern nicht weniger im Sinne der Komödie als »speculum consuetudinis« interpretierte, das auch an der jeweiligen Wirklichkeit außerhalb des Stückes zu messen war 14 . An die erste Stelle setzt Hollonius P H I L I P P M E L A N C H T H O N 1 6 . M E L A N C H T H O N S Interesse aber gilt vor den poetologischen Problemen der Komödien des T E R E N Z deren pädagogischer Qualität. Als Beispielfälle aus dem menschlichen Leben machen sie richtiges und unrichtiges Verhalten erkennbar, führen zu zutreffenderer Beurteilung menschlicher Angelegenheiten und fördern die sprachlichen Fähigkeiten. 12
Aeli Donati quod fertur Commentum Terenti . . . recensuit Paulus Wessner, Vol. I, Lipsiae 1902. Evanthius: Excerpta de Comoedia V i . Der Grammatiker Evanthius (f 358 n. Chr.). Der Grammatiker und Kommentator Donat wirkte hauptsächlich um die Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. Die Anteile des Evanthius und des Donat an dem Werk sind nur noch sehr schwer oder gar nicht mehr zu trennen. 13 Seine Terenzausgabe erschien erstmals 15 21: Terentii Comoediae ex recogn. Fr. Asulani. Venedig, Aldus, 1521, 1541 8 . 14 Opera omnia 1. 528. Vgl. auch Marvin T. Herrick: Comic Theory in the sixteenth Century, Urbana 1950, S. 138fr. 15 Melanchthons Scholia in Terentium erschienen in der Gesamtausgabe seiner Schriften in Wittenberg 1562—1564, 1580 und 1601. Vgl. hierzu M. T. Herrick, Comic Theory . . . S. 72ff. bes. S. 73.
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Wie für diese und andere Theoretiker der Komödie des 16. Jahrhunderts ist für Hollomus ein Stück in erster Linie unter der Bedingung als Komödie anzusprechen, daß es diese Hauptforderung erfüllt, »imitatio vitae, speculum consuetudinis, imago veritatis« zu sein. Hollomus' Stück vom Traum des menschlichen Lebens weist allenthalben in der Art seiner »Nachahmung des Lebens« diesen pädagogischen Impetus auf: es existiert recht eigentlich nur durch ihn als Komödie. Der Theologe und amtierende Pfarrer sah dazu in der im Bild der Komödie darzustellenden Wahrheit die geistliche Wahrheit. Was hätte für ihn näher gelegen, als diese Synthese von Form und Gehalt, die das eigentlich in die Zukunft weisende Element seines Stückes ausmacht, den Ubergang ins literarische Barock 1 6 8 ? Er weiß und erwähnt in seinem Nachwort, daß der hocherleuchter vnd vmb vns Teutschen wollverdienter Mann Gottes, Dr. Martinus Lutherus, in der meinung, die Bücher Judith vnd Tobiae sein keine geschieht, Sondern geticht vnd spiele heiliger Geistreicher Poeten, dieses eine feine Gottselige Comoedia, jennes eine gute, ernste vnnd tapffere Tragoedia nennt. Wenn dies aber so ist, dann ist es geradezu selbstverständlich, »das Comoedias schreiben eine ehrliche vnnd nützliche arbeit ist, welche auch an den fürnembsten Theologen, vnnd gelartesten Leuten, nie improbieret worden«1®. Die reiche Fülle protestantisch-geistlicher Lehrstücke, die die poetische Produktion des 16. Jahrhunderts und mit ihr die Geschichte des deutschen Theaters dieser Zeit wesentlich mitbestimmt hatte, konnte unserem Autor zudem nicht verborgen geblieben sein und dürfte seine Interpretation der Komödie als einer imago veritatis mit beeinflußt haben. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte sich die Tradition der geistlichen Lehrkomödien des 16., mit denen das vorliegende Stück seiner inneren Struktur nach allerdings kaum mehr etwas gemein hat, freilich weitgehend überlebt. V o r allem das komödiantische Theater der englischen Wandertruppen erfreute sich immer größerer Beliebtheit, so daß es für den Pastor Hollonius immerhin geraten erscheinen konnte, sein Unternehmen unter Berufung auf die genannten geistlichen und literarischen Autoritäten zu rechtfertigen. Die Teile zu dem im »Somnium vitae humanae« erzielten Ganzen, das die Anbahnung einer neuen Interpretation der Begriffe von Komödie und Komischem bedeutet, verdankt Hollonius nahezu vollständig der Tradition. Zweierlei an seinem Stück erwähnt die 15a Vg]. dazu auch P. Hankamer: Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock. Stuttgart 1935, S. 346f. 16 Nachwort des Hollonius zum Stück.
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Sekundärliteratur immer wieder als besonders bemerkenswert, lobend oder tadelnd. Die wirkungsvolle Einzelscene scheint mit Liebe und Begabung gestaltet, aber auf Kosten der »dramatischen Form«, des inneren Zusammenhalts der Komödie als eines Ganzen 17 . Und es befremdet, daß ein Autor, der in gekonnter Manier 18 »sehr viel komisches Beiwerk« in seinem Stück angebracht hat, sich den »eigentlichen Spaß«, das Benehmen des »Fürsten« Jan, nicht zunutze gemacht hat, da er ja von dem hinter die Scene verlegten Geschehen lediglich berichten läßt 18 . Beide Phänomene bestimmen die Struktur des Stückes mit und beide sind bedingt durch Hollonius' Intention und Komödienauffassung. Als »quotidianae vitae speculum« muß die Komödie tägliches Leben in ihrer Nachahmung vor Augen führen, zugleich mit der in diesem Fall „historisch beglaubigten", für das menschliche Leben zwar typischen, aber eben nicht ganz alltäglichen Hauptbegebenheit. Per definitionem muß sie das enthalten, was man das »Genrehafte« genannt hat20. Die Dramen des 16. Jahrhunderts sind fast ausschließlich als »Genredramen« zu bezeichnen, Folge der religiösen und besonders der standesethischen Grundanschauung der Dichter, die praktisch das ihre Struktur bestimmende Gesetz war. Da die Komödie dadurch unbedingt gegenwartsbezogener Wegweiser für richtiges Verhalten wurde, »Hilfsmittel zur sittlichen Entscheidung des Zuschauers«, brauchte der Kausalnexus ihrer Handlung nicht oberstes Prinzip zu sein: „statt Subordination herrscht Koordination, statt Kausalität die Willkür des Dichters« in ihr 81 . Mit der Struktur der Stücke bestimmte das Gesetz des Genre auch deren Sprache. Dies alles trifft in gewissem Umfang auch für das »Somnium vitae humanae« zu. Das Prinzip der Koordination von Scenen kennzeichnet besonders die mittleren Partien des Stücks. Aber es bestimmt nicht die Struktur des Ganzen: es wird von ihr erfordert und darf sich nur in den von ihr gesetzten Grenzen auswirken. 17 Vgl. dazu u. a. bes. die Einleitung von Fr. Spengler zu seiner Ausgabe des »Somnium vitae humanae«, S. IV; K. Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels, Leipzig 1923, S. 84; W. Bethke: Die dramatische Dichtung Pommerns im 16. und 17. Jahrhundert. Greifswald 1938, S. 139fr. 18 Vgl. Spengler, Vorwort zur Ausgabe S. IV u. V. 19 Vgl. W. Scherer in seinem Artikel über Hollonius in der Allgemeinen Deutschen Biographie, Bd. 12, S. 762 und K. Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels, S. 85. 20 Vgl. hierzu und zum folgenden bes. Hugo Beck: Die Bedeutung des Genrebegriffs für das deutsche Drama des 16. Jahrhunderts. D V J S 8, 1930, 82—108. 21 H. Beck: Die Bedeutung des Genrebegriffs . . . S. 100f.
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Integriert in das Gefüge der an T E R E N Z orientierten Humanistenkomödie signalisiert es im Zusammenspiel mit diesem den Stellenwert der einzelnen Scenen und Scenenkomplexe und damit auch deren Inhalts. Das »tägliche Leben«, das sich an den entsprechenden Stellen des »Spiegels« Komödie zeigt, offenbart sich in seinem wahren Wesen, das der Titel des Stücks eben »Traum« nennt. Original und Bild stimmen strukturell zusammen. Sie lassen dem Betrachter Fügung und assoziative Reihung und durch sie Wesentliches und Scheinhaftes unterscheidbar werden. Ganz ähnlich arbeitet Hollonius mit den ihm überkommenen sprachlichen Mitteln. Die Nähe des Stücks zum Sprachstil des Genredramas ist augenfällig. In Menge finden sich die für dieses so charakteristischen Elemente volkstümlich sprachlicher Prägung: umgangssprachliche Wendungen, »Schimpfwörter, typische Redensarten und Sprichwörter«22 bis zur Einbeziehung vorgeprägten — und sehr bekannten I — Volksliedgutes23. Aber ihr Auftreten ist weitgehend beschränkt auf die entsprechenden Scenen, und der sich sonst besonders in ihnen manifestierende »Grobianismus der Zeit ist vielfach gemildert«24. Auch die plattdeutschen Bauernscenen wirken nicht burlesk überzeichnet, und die Handlung, der man nach anderer Auffassung »den eigentlichen Spaß« hätte abgewinnen können26, ist hinter die Scene verlegt. So nun und nicht anders zu verfahren, gebot Hollonius seine durch die Tradition der Terenzkommentare bestimmte Auffassung von Natur und Zweck der Komödie und der Rolle des Lächerlichen in ihr. Die delectatio, der Spaß, war der Lehre verpflichtet. Und dies bestimmte seine Qualität so sehr wie die Autorität der antiken Theoretiker, vor allem C I C E R O S , an deren Ausführungen über das Lächerliche man sich orientierte. Die Darstellung des Tadelnswerten in der Komödie mußte mit dessen ihr allein zukommenden Art zusammenstimmen: ins grob Possenhafte abzugleiten oder zu verletzen hätte ihrem spezifischen Zweck widersprochen26. Praktisches Vorbild war hier 22
Vgl. Beck, ebda S. 86. Vgl. zu I 4 Ludwig Erk—Franz M. Böhme: Deutscher Liederhort, Bd. II, 1893, S. 257f. 24 Vgl. Fr. Spengler, Vorwort zur Ausgabe des »Somnium vitae humanae«, 1891, S.V. 25 Vgl. W. Scherer in ADB 12, S. 762 ; K . Holl: Geschichte des deutschen Lustspiels, 1923, S. 85; E. Frenzel: Stoffe der Weltliteratur, Stuttgart 1962, S. 69 f. 26 Die Meinung Aristoteles' über die Komödie, Poetik 5, mit der Cicero, De Oratore 2, 58, 236ff. weitgehend übereinstimmt, hatte seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Zuge fortschreitender Neuorientierung der Poetik an Aristoteles auch als solche größere Bedeutung gewonnen. 23
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wie in allem die via KcoiJcoSla der Antike, insbesondere in der Ausprägung der Stücke des TERENZ. Nicht schmerzhafte Empfindungen durfte die Komödie hervorrufen, das war durch A R I S T O T E L E S ' Definition des Lächerlichen als einer nicht schmerzenden und nicht verletzenden deformitas verpönt. Und sie durfte nicht ins Possenhafte abgleiten, das hätte ihre erzieherische Wirkung und damit das eigentliche Vergnügen an ihr zunichte gemacht: die Möglichkeit, bei ihrer Betrachtung zu lernen. »Utilis sententiis, grata salibus«27 hatte sie zu sein. Witz und Gefälligkeit des Stückes waren wesentliche Faktoren zur Erregung des Gelächters beim Zuschauer und zur Erfüllung seines spezifischen Zwecks. Dies alles bedingte mit, daß man sich von gewissen Formen des Lächerlichen dann die höchste Wirkung in rechter Weise versprach, wenn man sie indirekt zur Darstellung brachte. Sie galt in diesem Fall sogar als erhöht, da das als Quelle des Komischen nicht unwesentliche Element der novitas hinzutrat. Weder Ungeschick noch falsche Ängstlichkeit also ließen Hollonius des »Fürsten« Jan Tageslauf hinter die Scene verlegen. Selbst die Eröffnung der Möglichkeit dessen, was im »Somnium vitae humanae« als neue »Idee des Komischen« 28 bereits keimhaft vorhanden ist, deutet sich in der Tradition der Terenzkommentare an. Wenn man — und dies schon seit D O N A T — das Hauptcharakteristikum des Lächerlichen in der Inkongruenz zweier Größen sah 29 , so bedurfte es für den frühbarocken Dichter nur noch eines Schrittes, sie in der Diskrepanz zwischen belanglos-geschäftigem Alltag und eschatologischer Wahrheit zu erkennen. Was den äußeren Aufbau der Komödie angeht, so hält sich Hollonius an das überlieferte Schema der fünf Akte und vier notwendigen Teile: Prolog, Protasis, Epitasis, Katastrophe. E r bedient sich ihrer als Instrumente entsprechend seiner Vorstellung vom Wesen der Komödie und macht sie geschickt zu darstellender Verkündigung seiner Wahrheit. Z u r A n a l y s e des S t ü c k s Wir lesen das der Koenig Salomon, welchem von anfang der Welt her, vnter allen Monarchen und Potentaten, keiner an Weißheit oder Reichtumb 27 Evanthius, De fabula 6. Aelii Donati quod fertur Commentum Terenti . . . ed. P. Wessner, Vol. I, Lipsiae 1902, S. 17. 28 P. Hankamer: Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock, Stuttgart 1935, S. 346/34729 Vgl. M. T. Herrick: Comic Theory in the sixteenth Century, Urbana 1950, S. 37 ff.
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gleich ist gewesen, da er den vberschlag vnsers gant^en lebens gemachet, entlich exclamirend beschlossen: Vanitas vanitatum, et omnia vanitas. Als der Pastor Ludwig Hollonius im Jahre 1605 sein Drama vom betrunkenen Mann aus dem Volke, der für einen Tag Fürst sein durfte, unter dem Titel »Somnium vitae humanae« veröffentlichte und sein Vorwort so begann, wollte er damit im Eifer des Seelsorgers den Menschen zu mancherley lehr, trost vnd Warnung die Nichtigkeit des irdischen Daseins vor Augen bringen. Diese im Vorwort erklärte Absicht ist deutlich genug. Der Gleichniswert eines von der Geschichtsschreibung überlieferten Ereignisses soll erkennbar werden, indem es im Spiel neu präsentiert wird. Die »Komödie« 3 0 vom Herrschaftstag Jans, die P H I L I P P D E R G U T E V O N B U R G U N D sich abspielen ließ, soll nun auf dem Theater insceniert sichtbar machen, was das menschliche Leben ist: ein schatte fluechtig, ein träum nichtig vnd betrieglich. Ein Problem also thematisiert Hollonius, das im Barock zentral werden sollte. Und seine Metaphorik gerät ihm dabei schon 1605 so, daß sich in ihr zumindest stellenweise bereits Weltsicht hochbarocker Dramatik manifestiert: Das Leben wird unter den Bildern von Traum und Theater gefaßt 31 . Aber inwieweit gelingt es dem Autor, das, was er sagen will, in seiner Komödie und durch sie wirklich zur Anschauung zu bringen ? Besteht die Einzigartigkeit des »in seiner Anlage seltsamen« Stückes 32 nicht doch lediglich darin, »daß Gehalt und Form in einem Widerspruch stehen, der seine Stellung an einem geistesgeschichtlichen Wendepunkt deutlich offenbart« 33 ? Werden mit »schuldramenhafter« Form und Genrescene, überlieferter Geschichte und an sie geknüpfter geistlicher Lehre nicht lediglich heterogene Elemente kompiliert? Die Meinung ist verbreitet: was der Fürst mit der von ihm ins Werk gesetzten Handlung, was Hollonius mit seinem Drama lehren wolle, werde nicht sichtbar, sei nicht überzeugend. Zur Geltung käme das Thema nur in predigthaften Reden des Fürsten oder anderer Figuren des Stücks wie im ebenso predigthaften Prolog und Epilog, Vorund Nachwort des Verfassers. Gewiß ist das »Somnium vitae humanae« kein vollkommenes Stück, es hat eine ganze Reihe von Mängeln, aber ob man ihm die Natur einer Komödie sowie die Überzeugungskraft überhaupt ab30 Vers 1 1 1 5 wird das Geschehen von einer Figur des Stücks bereits so genannt! 31 Vgl. dazu auch P. Hankamer: Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock, Stuttgart 1935, S. 347. 32 Scherer in: ADB 12, S. 762. 33 W. Bethke.' Die dramatische Dichtung Pommerns im 16. und 17. Jahrhundert. Greifswald 1938, S. 139.
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sprechen kann, wäre doch noch die Frage. Das Drama weist gegenüber anderen des gleichen Zeitraums erhebliche Vorzüge auf; unwahrscheinlich, daß es als Komödie so völlig mißglückt sein sollte. Um so unwahrscheinlicher, als der sehr belesene Verfasser, Schüler des Rostocker Theologen D A V I D C H Y T R A E U S und seines Bruders NATHAN C H Y T R A E U S , des Rostocker Professors für lateinische Sprache und Poesie, in Vor- und Nachwort beweist, wie sehr er sich auch mit der Theorie der Komödie befaßt hat. Theaterstücke werden seiner eigenen Formulierung nach geordnet. Und sein »Somnium« sollte keiner begründeteren Ordnung als einem mechanisch auf es angewandten Schema gehorchen, umrahmt von predigthaften Reden, die das im Grunde verfehlte Thema rechtfertigen sollten ? Dies anzunehmen, sieht man sich in der Tat bei näherer Betrachtung der Komödie recht bald gehindert. Zwar bricht die »Haupthandlung« schon bald nach ihrer Einleitung ab, tritt sie erst gegen Ende wieder in den Vordergrund, wird ihr Hauptträger, Jan, während seiner Fürstenherrschaft nur zweimal sichtbar, dazu nur als stumme Person, doch dürften die Proportionen des Stücks kaum unabsichtlich zustande gekommen sein. Das »Somnium vitae humanae« zeigt das normale Fünf-AkteSchema. Der erste Akt enthält, nach den dramatischen Regeln der Zeit, die Protasis, der fünfte die Katastrophe. Was die Füllung der drei mittleren Akte betrifft, scheint das Stück in seinem Bau allerdings von der Norm abzuweichen: Epitasis und Katastasis, die die eigentliche Substanz ausmachen sollten, fehlen. In und zwischen den an ihre Stelle tretenden Genrescenen erfährt man von der Haupthandlung fast nur im Bericht. Den kurzen Einblick in sie bekommt man aber an hervorragender Stelle. Jan, der putativus princeps, zieht mit großem Gefolge am Ende der fünften Scene des zweiten Aktes, der elften Scene des Stückes, zum Gottesdienst. A m Ende der zweiten Scene des dritten Aktes, der dreizehnten Scene des Dramas, wird er auf seinem Rückweg gezeigt. Das ganze Stück hat 24 Scenen: das zweimalige stumme Vorüberziehen des »Fürsten« Jan markiert die Mitte des Dramas mit dem Höhepunkt seines Fürstentages, dem feierlichen Amt. Denn ohne Zweifel ist eben der Gottesdienst, dessen Vorbereitung Thema mehrerer Scenen ist, der wirkliche Höhepunkt des Tages, der groessest rühm. Bleibt man nun noch ein wenig beim Zählen von Scenen, stellt man fest, daß Jan, noch »schlechte person« 34 , zum erstenmal in der vierten Scene des ersten Aktes auftritt, wie er in der zweiten des fünften Aktes, der viert-
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M. Opitz: Buch von der deutschen Poeterey, 1624, Kap. V.
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letzten des Dramas, wieder »schlechte person« zum letztenmal erscheint. Solch geradezu symmetrischer Aufbau ist Konstruktion, nicht Zufallsprodukt. Die Frage ist nur: was ist die Basis dieser Konstruktion einer Komödie, und wie konnte der Verfasser glauben, mit ihr sein Ziel und das Ziel der Gattung zu erreichen, das Publikum durch Nachahmung von Handlung zu überzeugen ? Die Definition des Wesens der von ihm gewählten Form Komödie prädestinierte diese geradezu, diesen seinen Zweck zu erfüllen: »Comoediae enim sunt imagines veritatis et quotidianae vitae specula« 35 . Den zweiten Teil der Definition brauchte er nicht anders zu verstehn, als er seit seiner Prägung in der Antike verstanden zu werden pflegte. Das zeigt sich deutlich in der Gestaltung der Episoden im Drama, die eben das »zeitliche Leben« zur Anschauung bringen, so wie es empirisch erfahrbar ist. Gute Beobachtung und Geschick in der Diktion beweist Hollonius hier oft genug. Man vergleiche etwa die oft gerühmten Unterhaltungen der drei Geistlichen, die Verwendung des Dialekts in den Bauernscenen oder auch nur die ersten Verse Jans, als er das Wirtshaus verläßt und erstaunt die Tücke der Wirkung des Weines feststellt: It%t, da ich in dem glacb noch war / Daucht mich ich wer noch nuechtern gar: / Wann ich nu kom in Lufft hinaus, / Kan ich nicht findn mein eigen haus. . . Doch ist dem geistlichen Dichter die Nachahmung der planen Wirklichkeit nicht das Wichtigste. Diese ist ihm ja nicht mehr als vordergründige Manifestation des menschlichen Daseins, das in seinem Wesen es zu durchschauen gilt. Eigenartiger und aufschlußreicher für das Verständnis des Stücks ist Hollonius' Betonung des ersten Teiles der zitierten Komödiendefinition: »comoediae sunt imagines veritatis«. Hier nämlich erst zeigt sich sein ganzer Anspruch. L U T H E R S Meinung, daß das Buch T O B I A S nichts anderes sei als eine »Gottselige Comoedia«, wird ihm zur Rechtfertigung für seine Ansicht über den Sinn der Komödie. Die Wahrheit, die sie der tollen vnd immerschwermenden Welt fuerbilden soll zu mancherley lehr, trost vnd Warnung ist geistliche veritas. Was der 90. Psalm über die Natur des menschlichen Lebens aussagt, was der König Salomon, dem vnter allen Monarchen vnd Potentaten, keiner an Weißheit oder Reichtumb gleich ist gewesen, in das dem kommenden Zeitalter so wichtige Wort von der vanitas vanitatum zusammengefaßt hat, soll ins Bild gesetzt werden. Die Notwendigkeit dieses Unternehmens hebt der Verfasser im Vorwort hervor wie der Fürst im Spiel, P H I L I P P D E R G U T E , von ihr überzeugt ist. Schließlich spricht ja eben der 90. Psalm
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Vorwort des Verfassers zum Stück.
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von ihr (Vers 12): »Lere uns bedencken, das wir sterben müssen, Auff das wir klug werden.« Beginnt man die im Vorwort genannten Bibelstellen genauer mit dem Text des Dramas zu vergleichen, zeigen sich eben nicht nur Bibelzitate in diesem 36 . Es wird auch deutlich, daß Form und Gehalt sehr wohl übereinstimmen, die theologische Lehre nämlich Aufbau und Art der Komödie als einer imago veritatis bestimmt. Die dargestellte Handlung erweist sich als gleichnishafte Verbildlichung der biblischen Worte 3 '. Imago der theologischen veritas kann eine fabula ficta, wie sie der Komödie sonst eigen ist, so leicht nicht sein. Vielmehr gibt Gott selbst derartige imagines veritatis in der Geschichte. Sie liefert beglaubigte Bilder der Wahrheit wie die Heilige Schrift diese Wahrheit selbst. Die Geschichte zum Stück liegt vor wie seine Wahrheit; diese in ihr wirklich zu erkennen und deutlich sichtbar zu machen, ist Aufgabe des Poeten. Und warum gilt ihm eben diese lustige geschieht von dem loeblichen, weisen, vnd mechtigen Fuersten Philippo Bono als bestes und bequemstes Exempel für sein Vorhaben ? Ein weiser und mächtiger Fürst, in diesen Eigenschaften ein zweiter Salomon 38 , ist wie dieser seinem Land als Gnadengabe von Gott geschenkt 38 . Dieselbe Lehre wie Salomon spricht er aus, ein oraculum Vnd Goettliches Eloquium40. So erfüllt er wie jener durch seine Sprüche sein ihm von Gott verliehenes Lehramt, wenn er durch die Inscenierung des Spiels im Spiel die vanitas der menschlichen Herrlichkeit erweist. Glaubwürdig ist die von ihm erteilte Lehre unbedingt und die Art ihrer Ins-Bild-Setzung überzeugend. Denn der Fürst von Gottes Gnaden handelt als Vicarius Dei. Dies sein Amt wird immer wieder verdeutlicht. So etwa in der Narrenscene I 2, in der die zwei vom Teufel besessenen Narren vergeblich auf den Fürsten dort oben aufmerksam gemacht werden, der ihr rasen vnd toben hören werde. Ihre Antwort darauf ist Lästerung, und eben nicht des Fürsten als solchen. Angedroht wird ihnen darauf eine Strafe, die der Höllenstrafe nicht unähnlich ist. Gleiches zeigt sich in der sechsten Scene des ersten Aktes, als der Fürst sich mit Kanzler, Marschall und Kämmerer über seine Handlungsweise unterhält. Der Neugierige, der die Meinung des lächerlichen vnd selt36
Vgl. etwa die Verse 1447—1463 mit Psalm 90, 5 u. 6. Das hier zu beobachtende Dichtungsprinzip ist von dem figuraler Gestaltung nicht weit entfernt. Vgl. dazu A. Schöne: Säkularisation als sprachbildende Kraft, Göttingen 1958, S. 29—75, bes. S. 72—75. Zum Wortsinn von imago vgl. Blaise-Chirat : Dictionnaire Latin-Français des Auteurs Chrétiens, Paris 1954, s. v. 38 Vgl. Vorwort, Argument und I 1. 39 Vers 73—83. 40 Vers 134ff. und 147t. 37
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samen Unternehmens erfahren möchte, wird vertröstet. Der Tadler wird zurechtgewiesen: Was gehts euch an? Wir wollns so habn. Nur einer gehorcht bedingungslos: Was Fuerstliche Durchleuchtigkeit\Befehlt, thu ich mit frewd allzeit. E r trägt den Namen G O T T L I E B . Ist der Fürst Vicarius Dei, kann er — in kleinerem Maßstab, im Bild — das tun was Gott, der die Menschen sterben läßt und spricht: »Kompt wider Menschen kinder« 41 . E r macht den unwissenden Menschen Jan zum Fürsten und erniedrigt ihn wieder. Und mit vollem Recht setzt Philipp Jans »Traum« des einen Tages, den er ihn »regieren« ließ, ohne weiteres dem ganzen zeitlichen Leben des Menschen gleich 42 , »Denn tausent jar sind für dir, wie der Tag der gestern vergangen ist, Und wie eine Nachtwache« 43 . So ist die von P H I L I P P inscenierte Komödie 4 4 in der Tat imago veritatis und eben als solche glaubhaft und überzeugend. Und wie steht es mit Hollonius' Drama als Ganzem, mit der Komödie, die die Komödie vom menschlichen Leben zum Inhalt hat ? Sie überzeugt durch diese wie durch ihre eigene Struktur. Sie soll Bild der Wahrheit sein, Spiegel des Lebens. Besteht die Wahrheit aber darin, daß das Leben Traum ist, Schatte, brüchiges Glas und im N u verwelktes Gras, was soll das Bild, der Spiegel dann vor allem zeigen 1 5 ? Des Traumes Anfang, seine Beendigung und seinen Höhepunkt, der allein keinen Traumcharakter haben sollte. Das Übrige genügt es berichten zu lassen, denn Una salus servire Deo, sunt Caetera Nugae. Wie aber steht es dann mit den Genrescenen, die an Stelle der »Haupthandlung« ein gut Teil der Akte füllen ? Gehören sie überhaupt zur Sache, lösen sie nicht die Konturen des Stückes auf ? In fast einem Drittel der Scenen, in sieben, die über das ganze Stück verteilt sind, tritt W A R N E R auf. Als Beichtvater des Fürsten und Ranghöchstem der auftretenden Geistlichen kommt ihm, wenn auch in anderer Weise, eine ähnliche Funktion wie dem Fürsten selbst zu. E r erweist sich seinem Wesen nach als das, als was sein Name ihn kennzeichnet: als Warner, als derjenige, der zwar nicht unmittelbar das Vorhaben des Fürsten durchschaut, der aber in begründetem Vertrauen Gottes und des Fürsten Auftrag ausführt und einen jeden — in welcher Situation auch immer — durch Ermahnung oder Tadel auf das rechte Ziel hin zu orientieren sucht. Unmittelbar, wenn auch wohl weniger eindrücklich als der Fürst, wirkt er durch sein Reden. E r spricht direkt auch zu denen, die von 41
Psalm 90, 3. V 5. Psalm 90, 4. 44 Vers 1 1 1 4 wird sie ausdrücklich so genannt. 45 Vgl. dazu W. Bethke: Die dramatische Dichtung Pommerns im 16. und 17. Jahrhundert, Greifswald 1938, S. 139/140. 42
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der Erkenntnis der Wahrheit und richtigem Lebenswandel durch Leichtsinn oder Bosheit besonders weit sich entfernt haben: F R A T E R A N T O N I U S 4 6 und Bauer P L U M P A R T . Die Richtigkeit und Berechtigung seines Tuns, zu dem auch Amt und Stellung ihn verpflichten und befähigen, bestätigt sich voll und ganz in der letzten Scene des Stücks, als das vom Fürsten inscenierte lebende Gleichnis und W A R N E R S Predigt einander in ihrem Sinn bekräftigen. Sie verkünden dieselbe Wahrheit: humana vita est somnium. So gewährleistet die Figur W A R N E R S auch technisch das, was H O L L O N I U S ' Definition der Komödie für das Stück in Anspruch nimmt: seine Einheit und seinen Zusammenhalt 4 '. Das in den Genrescenen scheinbar unordentlich dargestellte Treiben der Welt, dem alle Stände verfallen können und in ihren verschiedenen Repräsentanten wirklich mehr oder weniger verfallen, vom Höfling bis zum Handwerker, vom flegelhaften Bauern bis zum Gelehrten jeder Fakultät, enthüllt nicht zuletzt an ihm seine wirkliche Orientierungslosigkeit. Und es erhält in ihm wie der Zuschauer im Stück sein Korrektiv, dessen es so sehr bedürftig ist. Denn im Schlaf der Erkenntnislosigkeit bleiben die Menschen zu leicht befangen, wenn sie keine geistliche Belehrung erhalten 48 . Die Weltnarren 49 schreiten selbst dann nicht zu höherer Erkenntnis fort, wenn Unstimmigkeiten von Verhältnissen und Zeugenaussagen sie zum Nachdenken reizen müßten. Des erwachenden JAN Bericht bedeutet ihnen nichts. Lachend gehn sie wieder auseinander, ihr nutzloses Beginnen als wichtigstes erachtend: Ey. Treum sind Treum, vnd bleiben Treum / Muß gehn, das nicht das mein verseum. 46 Die Einheitlichkeit der Konzeption des Stücks ist erstaunlich. Obwohl dem protestantischen Verfasser seine Figuren reichlich Gelegenheit zur Kritik des Katholizismus geboten hätten, nutzt er sie nicht. Ganz offensichtlich ist die Erwähnung der anderen Konfession und ihrer Verhältnisse lediglich um der historischen Treue der dargestellten Handlung willen geschehen: als Gegenstände der Konfessionspolemik interessieren sie nicht. Vgl. dazu bes. Vers 27—30. Als Exponent zu bekämpfender katholischer Geistlichkeit ist auch F R . ANTONIUS nicht zu sehen, selbst wenn in seiner improvisierten Predigt (420—427) das alte Ablaßmotiv anklingt. Als niedererer Geistlicher hat er in W A R N E R seinen positiven und — was keineswegs gleichgültig ist — ranghöheren Widerpart derselben Konfession. 47 Man muß sich hüten, für das »Somnium vitae humanae« ausschließliche Geltung und Wirksamkeit dieser Einheit zu postulieren. Nicht alles, wie z. B. die Berührung sozialer Probleme in einigen Scenen, ist völlig integriert. Im Argument wird dies zugegeben: Sonst wird etwas, doch auch %ur lehr / Vnd %ier des Spiels, eingfürth beyher. (65 f.) 48 Vgl. dazu auch die Worte des Fürsten Vers 1454—1457. 49 Vers 1508. 6*
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Daß Träume unglaubwürdig sind, erkennen sie an; zu bemerken, daß das irdische Leben in eben dieser Beziehung den Träumen zu vergleichen ist, bedürfen sie der Belehrung durch den, der Abstand von ihm hat, es zu betrachten: den Fürsten und den geistlichen Lehrer. Den Menschen die Augen darüber zu öffnen bedient sich im Spiel der eine lebendiger Gleichnishandlung, der andere der Predigt und Ermahnung. Kein Mittel aber kann geeigneter sein, auch den Letzten mit seiner Lehre zu erreichen, als das des Autors selbst, die Komödie. Daraus auch warlich yederman / Viel guter Lehren fassen kan. / Dann hie in einem Spiegel klar / Wird fürgestellet offenbar, / Das vnsers Lebens Ehr vnd Macht, I Frewd, Herligkeit, Ruhm, Zier vnd pracht j Sey nur ein Traum vnd falscher schein, / Darumb soll man gewarnet (!) sein, / Trachten mit ernst vnd ja bey %eit / Im glauben nach der Seligkeit. Zur Wirkungsgeschichte Von faßbarer literarischer Wirkung des »Somnium vitae humanae« wird man kaum sprechen können. Und sieht man von der Nennung der Komödie in M I C R A E L I U S ' »Register der Bücher / so die Gelahrten in und ausser Pommern von Anno 1606 herausgegeben«50 ab, läßt sich nicht einmal entscheiden, ob sie überhaupt in weiteren Kreisen zur Kenntnis genommen worden ist. Daß einige spätere Universallexica Autor und Stück ohne weitere Angaben aufführen, spricht wohl eher für deren Streben nach Vollständigkeit als für evtl. noch vorhandene lebendige Wirkung des »Somnium vitae humanae«. Die Vermutung, daß es sehr bald nur noch als Glied in der Kette verschiedener Ausformungen des immer neues Interesse erweckenden Stoffes erwähnenswert erschienen sein mag, legt bereits eben M I C R A E L I U S nahe. Er spricht von ihm als von einem »Comoedien Spiel, aus der Handlung Hertzog P h i l i p p i B o n i aus Burgundien mit einem trunckenen Bauern.« Hollonius differenziert vor allem sprachlich sehr wohl zwischen Jan, der Hauptfigur seiner Gleichnishandlung, und den im Stück auftretenden Bauern. Der »Träumende« gehört nicht zu ihnen. Wohl aber tritt dieser in einigen anderen — später bekannteren — Bearbeitungen des Stoffes als Bauer auf 61 . Hollonius'' »Somnium vitae humanae« darf als frühes und deutliches Symptom weitreichender Entwicklungen besonders des deutschen barocken Dramas wie auch dieses besonderen Stoffes gelten. Bewirkt oder auch nur ausgelöst hat es sie nicht. 60 Das Register erschien als Anhang zu den mehrfach (erstmals 1639) aufgelegten »Sechs Bücher(n) vom Alten Pommerlande«.
Literatur (in Auswahl)
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L i t e r a t u r (in A u s w a h l ) BECK, HUGO: Die Bedeutung des Genrebegriffs für das deutsche Drama des 16. Jahrhunderts. Deutsche Vierteljahrsschrift 8, 1930, 82—108. (Interessanter Versuch, mit Hilfe von an der bildenden Kunst des 16. Jahrhunderts gewonnenen Kategorien Aufschluß über das Drama der Zeit zu gewinnen.) BETHKE, WILHELM: D i e dramatische Dichtung Pommerns im 1 6 . u n d
17. Jahrhundert. Diss. Greifswald 1938. Beiträge zur Literatur- und Geistesgeschichte Pommerns, Heft 6. (Geht [S. 13 9 ff.] etwas ausführlicher auf das »Somnium vitae humanae« ein und bringt zumindest einen Ansatz zu wirklicher Interpretation des Stücks.)
CATHOLY, ECKEHARD: D a s deutsche Lustspiel v o m Mittelalter bis zum
Ende der Barockzeit. Darmstadt 1968. (Macht [S. 159—161] den Versuch, das »Somnium vitae humanae« von Stoff und Thematik her zu beurteilen und literarhistorisch einzuordnen. Auf die spezifische Struktur des Stücks als einer Komödie richtet der Autor kaum Interesse.) HANKAMER, PAUL: Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock. Die deutsche Literatur im Zeitraum des 17. Jahrhunderts. Stuttgart 1935-
(Unternimmt [S. 346t.] im Zusammenhang einer sehr kurzen Charakterisierung des Stücks den Versuch, dessen geistesgeschichtlichen Ort und Bedeutung zu bestimmen.) HERRICK, MARVIN T.: Comic Theory in the sixteenth Century. The University of Illinois Press, Urbana 1950. (Vermittelt guten Überblick über die dichtungstheoretischen Äußerungen der Zeit zu Komödie und Komischem. In Einzelheiten zuweilen unvollständig und in bezug auf die Nachweise mitunter ungenau.) HOLL, KARL: Geschichte des deutschen Lustspiels. Leipzig 1923. (Hebt [S. 84L] Einzelheiten der Gestaltung als positiv hervor, ohne das Stück als dramatische Einheit zu erkennen.) SCHERER, WILHELM: Hollonius. In: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 12, S . 762. (Sehr knappe und etwas oberflächliche Charakterisierung des Stücks.) SPENGLER, FRANZ : Einleitung zur Ausgabe des »Somnium vitae humanae. Ein Drama von Ludwig Hollonius. 1605.« Halle a. S. 1891. (Editionsbericht und kurze Hinweise auf die Vorzüge des Stücks, die den Neudruck zu rechtfertigen suchen.) 51 Übersicht über Geschichte und Bearbeitungen des Stoffes geben u . a . A. v. Weilen: Shakespeares Vorspiel zu Der Widerspänstigen Zähmung, Frankfurt a. M. 1884; K . H o l l : Geschichte des deutschen Lustspiels, Leipzig 1923, S. 84f.; E . Frenzel: Stoffe der Weltliteratur, Stuttgart 1962, S. 68 ff.
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WEILEN, ALEXANDER VON: Shakespeares V o r s p i e l zu D e r Widerspänstigen
Zähmung. Frankfurt a. M. 1884. (Positivistische Uberschau über die verschiedenen Bearbeitungen des bekannten Stoffes bis zu GRILLPARZERS »Der Traum ein Leben«. Sorgfältige Stoffsammlung mit ausführlicherem, interpretatorisch aber unzulänglichem Eingehn auf die einzelnen Stücke.)
Wort- und Sacherklärungen (und Ü b e r s e t z u n g l a t e i n i s c h e r S t e l l e n ) E p i g r a m m des A u t o r s g e g e n e i n e n b ö s w i l l i g e n K r i t i k e r Nicht gesund will ich sein, wenn du, Labullus 1 , aus dem Stegreif auch nur ein paar Verse in deiner Muttersprache hervorbringen kannst. Dennoch wagst du, mit vergiftendem Spott das Drama herabzusetzen2, das meine Muse vor zwei Jahren geschenkt hat 3 . Auch dieses wirst du verlachen, mich mit Stichelei verletzend: immer feierst du ja so die Lindischen Opfer 4 nach deiner Sitte. Scheint dir die heimische Sprache so gering, daß du Verse in ihr zu schreiben für schimpflich hältst? Du Narr! War Griechisch nicht die Muttersprache Homers, Vergil Latein nicht die angestammte Sprache? Wiederholst du nicht deine Mutter, Labullus, wenn du häßlich schreist? Wenn du brüllst, ist diese Stimme nicht von deinem Vater ererbt ? Hör also auf, meine Verse zu schmähen, daß ich dich nicht künftig einen halben Esel und halben Ochsen nenne. Vorwort. Experientz: Erfahrung. Exempla-, Beispiele. Apophtegmata-. Sinn- oder Denksprüche. Silenus: Die Geschichte vom weisen Walddämon Silen, der gefangen dem König Midas die Nichtigkeit des menschlichen Daseins verkündet habe, findet sich in mehreren Schriften der Antike, so u. a. bei Herodot V I I I 138. 1 Der lat. Epigrammatiker Martial, in dessen Nachfolge das Gedicht steht, klagt über das Verhalten eines sehr anspruchsvollen, aber wenig freigebigen Patronus dieses Namens. H. nimmt den von Martial erdichteten Namen als Namen seines ungenannten Adressaten auf. 2 Die bei Hieronymus u. ö. belegte Wendung »libros canino dente rodere« .Schriften mit hündischem (d. i. .neidischem*) Zahn benagen', Hier, epist. 50, 1 , ist hier wahrscheinlich aus metrischen Gründen leicht verändert. Das Adjektiv wird mit dem Namen des neidischen Kain in Zusammenhang gebracht. 3 Hollonius' erstes Drama »Freimut«, auf das hier angespielt wird, war 1603 gedruckt worden. 4 Der Kult der Weisheitsgöttin Athene, der in Lindos auf Rhodos geübt wurde, war im Altertum berühmt.
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Democritus: Begründer der Atomistik (f 361 v. Chr.). Weil er als Ziel aller Erkenntnis die Ruhe des Gemüts setzte, galt er in der Tradition als der lachende Philosoph (ygActalvcs). Heraclitus: aus Ephesus (um 500 v. Chr.), behauptete das Werden als Prinzip allen Seins. Sozusagen als Gegenpol Demokrits galt er in der Tradition als der weinende Philosoph. Timon von A-then: lebte zur Zeit des peloponnesischen Kriegs (431—404 v. Chr.). E r galt als Typus des Menschenfeinds, zu dem ihn die Zustände seiner Zeit hatten werden lassen. Diogenes Cynicus: aus Sinope (404—323 v. Chr.) war der berühmteste der kynischen Philosophen. A Sole mihi non obstes: Geh mir aus der Sonne. Valerius Maximus-. Römischer Geschichtsschreiber im 1. Jahrhundert n. Chr., schrieb 28—32 »Factorum et dictorum memorabilium libri I X . « sordidae appellationis, sed robustae virum praestantiae: einen Mann, unbedeutend dem Namen nach, doch von hervorragender Charakterstärke. artige ingenia: tüchtige Begabungen. schreckliche Tragoedias: Schrecken erregende Tragödien. deduciren: hinführen. Euripidesi Der dritte der bedeutendsten griechischen Tragiker wurde schon in der Antike TpayiKcijTaTOS genannt, weshalb er wohl hier als Repräsentant erscheint. Seneca: Der als Vertreter der lateinischen Tragödie genannte Seneca wurde nicht zuletzt seiner Thematik wegen für das barocke Theater außerordentlich wichtig. proponiren\ vor Augen stellen. Epictetus: aus Phrygien stammender römischer Freigelassener, Stoiker, der um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert n. Chr. lehrte und erhebliche Bedeutung erlangte. Seine Lehren wurden erst nach seinem Tode durch Arrian schriftlich fixiert. Hadrianus: Der römische Kaiser Hadrian regierte von 1 1 7 — 1 3 8 n. Chr. quae esset optima vita~i welches der beste Lebenslauf sei. brevissima: der kürzeste. Lucerna in vento posita, loci hospes, calamitatis fabula: ein in den Wind gestelltes Licht, ein Ortsfremder, das Schauspiel eines Untergangs. einbilden: einprägen. propositum: Plan, Vorhaben. Der Mann Gottes Moses im 90. Psalmo: Der 90. Psalm hat die nicht gesicherte Vorbemerkung »Gebet des Moses, des Mannes Gottes«. Transitus per vallem lacrymarum: Durchgang durch das Tal der Tränen. quid enim Somnijs vaniüs et inaniüs ? quidfugaciüs ?: Was nämlich ist eitler und gehaltloser als Träume? Was ist flüchtiger? Syrach: Das Buch Ecclesiasticus des Alten Testaments. Der hier vorliegende Text ist eine Paraphrase des Anfangs des 34. Kapitels. kirnst: Wissenschaft. Sardanapal: Der bekannteste assyrische König dieses Namens galt in der Tradition als Prototyp des orientalischen Wollüstlings. Nabal\ Der böse und törichte Nabal bereitete sich durch sein Verhalten selbst seinen Untergang.
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Lucas 12, 20f.: »Doch da sprach Gott zu ihm: Du Tori Noch in dieser Nacht -wird man dein Leben fordern von dir; was du nun aufgespeichert hast, für wen wird es sein? So geht es dem, der Schätze sammelt für sich, aber nicht reich ist vor Gott.« Pindarus: Der größte griechische Lyriker (5 22—442 v. Chr.). Angesprochen ist hier eine Stelle aus seinen pythischen Siegesliedern, Pyth. 8, 99: CTKicts övotp ävSpcü-rros. Umbrae Somnium: Traum von einem Schatten ( = Übersetzung der Stelle). Oedipus wird von Euripide, tiisi me fallit memoria, also redend eingefübret: quid sum nisi evanescens umbra, vel cadaver, vel volatile Somnium ?: Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, wird Oedipus von Euripides also redend eingeführt: was bin ich anderes als ein verschwindender Schatten, ein Leichnam, oder ein flüchtiger Traum? E s handelt sich hier um die Stelle aus Euripides' Phoenissae 1543—1545: Ti H(E) . . . E ^ A Y C F Y E ^ . . . •jroAiöv atSipo? äq>av£s siScoAov f| V£KUV EvtpSev f| iTTaviv övsipov; Palingenius: Unter dem Namen Marcellus Palingenius erschien erstmals 1563 in Basel ein Gedicht in 1 2 Büchern, das später auch in anderen europäischen Ländern noch mehrere Auflagen erlebte. E s trug den Titel »Zodiacus vitae h. e. de hominis vita, studio ac moribus optime instituendis«. Zodiacus: der Tierkreis mit seinen Sternbildern. opere mire erudito planeque Philosophico: in einem bewundernswert gelehrten und gewiß philosophischen Werk. Mera Somnia sunt haec, / Quaecunque in terris pulcra et miranda videntur-. Was auch immer auf Erden schön und bewundernswert erscheint, ist nichts weiter als Traum. Petrus Lotichius Secundus: (1528—1560), Schüler Melanchthons, war Arzt und neulateinischer Dichter von einiger Bedeutung. Seine 1561 von Joach. Camerarius erstmals zum Druck beförderten Gedichte erlebten mehrere Auflagen. Nos Dolor, et vitae mortalis inania versant / Somnia, et ambiguis Spesque, Metusque modis: E s beunruhigen uns Schmerz und des vergänglichen Lebens leere Träume, Hoffnung und Furcht in ihren Schwankungen. consideration: Betrachtung. Vna salus servire Deo, sunt Caetera Nugae: das Heil liegt allein darin, Gott zu dienen, das Übrige ist unnütz. Ideo enim, sagt . . Augustinus, Christiani facti sumus, ut Semper de futuro seculo, et de aeterno praemio cogitemus, et plus pro Anima, quam pro Corpore laboremus: deswegen nämlich, sagt . . Augustinus, sind wir Christen geworden, daß wir ständig an das Kommende und den ewigen Lohn denken, und daß wir mehr Mühe für die Seele als für den Leib auf uns nehmen. — Hollonius gibt hier einen bei Augustinus oft wiederkehrenden Ausspruch wieder. Vgl. u. a. bes. Sermo CCCII, Cap. IV/V. Migne, Patrologia Latina 38, 1386/1387. schimpffliche bossen: lächerliche Späße. Comoediae enim sunt imagines veritatis et quotidianae vitae specula: Komödien sind nämlich Verbildlichungen der Wahrheit und Spiegel des tag-
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liehen Lebens. — Die bei Evanthius—Donatus überlieferte Komödiendefinition Ciceros erscheint hier leicht abgewandelt. Vgl. Evanthius, De Comoedia V i. Philippus Bonus: Herzog von Burgund und den Niederlanden (1396—1467). David Chytraeus\ Schüler Melanchthons (1530—1600), war Professor der Theologie in Rostock. Neben anderen Werken verfaßte er das hier genannte Chronicon Saxoniae, das in mehreren Auflagen erschien. Praeceptor: Lehrer. Ludovicus Vives: Joh. Lud. Vives (1492—1540) war neben Erasmus von Rotterdam einer der berühmtesten Humanisten. Die hier genannte Epistel steht nicht in der großen Sammlung seiner Briefe, sondern in Joh. Lud. Vivis Valentini epistolarum quae hactenus desiderabantur Farrago . . . Antverpiae M D L V I fol 25 b. ff. Georgius Ciglerus: Prediger in Königsberg und Reval (f 1633). Sein später in mehrere Sprachen übersetzter »De Incertitudine Rerum Humanarum Discursus, Theologicus, Ethicus, Historicus« erschien erstmals 1599 in Riga. Discursus de incertitudine rerum bumanarum: Abhandlung über die Unsicherheit menschlicher Verhältnisse. repetieren: wiederholen. peregrinationes: Auslandsaufenthalte. versucht: erfahren. Poemation: kleine Dichtung. loco strenae: als Neujahrsgeschenk. A.d Auctorem: A n den A u t o r . Einst sang der griechische Dichter 5 , das Leben des Menschen sei einem flüchtigen Schatten außerordentlich ähnlich. Denn wie sich der Schatten auflöst, wenn finstere Nacht oder schwarzes Gewölk die Sonne hinwegnimmt: so geschwind entflieht das Leben des Menschen, und furchtbar schnell reißen die Parzen den Faden ab, den sie spinnen6. Du dichtest ein Gleiches 7 , das schreckt in der Nacht und quält mit Angst und Hoffnung wie ein Traum. Denn was wir als Knaben in den ersten Jahren getan, ist wie ein Traum oder unserem Gedächtnis entglitten: oder wenn etwas haften geblieben ist, erbleichen wir noch vor Furcht; oder wir wundern uns, wenn uns das reifere Alter anderes zu bedenken gibt und das Vorherige verkleinert; und wenn wieder ein neuer Lebensabschnitt beginnt, kommt einem der voraufgegangene wie ein Traum vor. Weil dies nun von dir in lebendiger Farbe geschildert in einer Komödie vorgeführt wird, so gebührt nicht nur Lateinern und Griechen Dank, sondern wartet mit
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Pindar, Pyth. 8, 99. Von den drei Schicksalsgöttinnen hielt Clotho den Rocken, Lachesis spann und Atropos schnitt den Lebensfaden ab. 7 Der lateinische Text bietet hier eine Schwierigkeit: grammatisch wäre die Form simile erfordert: sie wäre aber metrisch nicht tragbar. Möglicherweise hat im Originaltext ein einem simile nachgestelltes et oder en gestanden, das der Drucker mißverstanden hat? 6
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Recht auch deiner. Dich werden die Enkel der Germanen einmütig besingen und mit großer Ehrenbezeugung zu den Sternen erheben 8 . I. F. N. H. S.: Die Abkürzung ist nicht mehr sicher aufzulösen. E r z e h l u n g der Personen Einhalt: Inhalt: Delphinus Galliae: Dauphin von Frankreich. I. U. Doctores: Doktoren beider Rechte. Official: bischöflicher Gerichtsvogt. Sacellanus Aulae-. Hofkaplan. Ebriack: aus lat. ebriacus: tüchtig angetrunken. Ex plebe homo: ein Mann aus dem Volke. iidem homines plebei: auch sie Leute niederer Herkunft. claudicans, vel scipione incumbens: hinkend oder auf einen Stab sich stützend. juvencula: junge Frau. Argumentator. 15 Des Gülden Flusses Ritter Ordn: den Orden des Goldenen Vließes stiftete Philipp 1430. 18 bey gesetzt-, beigelegt, zur Ehe gegeben. 3 5 risch: munter, rasch. 38 gepletzte kleider: geflickte Kleider. 53 Momus-, die personifizierte Tadelsucht. A c t u s I. S e e n a I. 84 verachten: (jurist.) verächtlich sprechen. 96 auffkleubn: spalten. 125 cedirn: weichen. 126 exulirn: in Verbannung leben. 1 3 1 allegiren: anführen. 132 appliciren: anwenden, gebrauchen. 13 5 ff. Wir sind hie alle Exules, / Viatores vnd Hospites, / Humana vita est somnium: Wir sind hier alle Verbannte, Pilger und Fremdlinge; das menschliche Leben ist ein Traum. 141 Thaies Milesius: Thaies von Milet (639—546 v. Chr.) gehörte wie 142 Pittacus aus Lesbos (der ungefähr zur gleichen Zeit lebte) und 143 Periander, Tyrann von Korinth (668—584 v. Chr.) zu den berühmten »sieben Weisen Griechenlands«, als deren Repräsentanten alle drei hier genannt werden. 146 der großmütig Scipio : Da mehrere der Scipionen sich durch Magnanimitas, 'Großmut', ausgezeichnet haben, ist es weder möglich noch dürfte es von Belang sein auszumachen, welcher von ihnen hier als besondere Autorität bekannten Namens genannt ist. 147 oraculum: Orakelspruch. 148 eloquium: Offenbarung. supervenit, ä Principe missus\ kommt dazu, geschickt vom Fürsten. 8 Die übertrieben anmutende Formulierung ist in derartigen Lobgedichten auf einen Dichter seit der Antike toposhaft.
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1 5 1 Abit: geht weg. ad reliquos: zu den übrigen. 153 sich recreirn-. sich erholen. 154 Ein weinig: ein wenig. A c t u s I. S e e n a I I . 169 170 174 187 197 198
laetae mentis: frohen Muts. entis: unsinnige Wortbildung des Narren. saliendo se circumrotans-. dreht sich hüpfend im Kreise. crassatum gehn\ gehn sich dick zu machen. Leim stenger'. Vogelsteller, übertragen für Buhlen und Gecken. fuchsscbwent%en: schmeicheln, intrigieren. pflaumenstreichn: federlesen, schmeicheln.
A c t u s I. S e e n a I I I . Progreditur Princeps, ex Arce obambulatum. Ludovicus Delphinus Galliae, Proceres, Satellites, et alii Ministri, more Aulico comitantur eum.: Der Fürst kommt aus der Burg, um spazierenzugehn. Ludwig, Dauphin von Frankreich, Vornehme, Leibwächter und andere Diener begleiten ihn nach der Sitte des Hofes. 215 lacrymabundus: weinend. 220 secum\ für sich. 225 verberans morionem: indem er den Narren schlägt. A c t u s I. S e e n a I U I . I A N . egrediens taberna vinaria. Canit partem veteris Cantiunculae \ . . . vel aliud. Finita Cantu.: Ian, der aus einer Weinschanke herauskommt. E r singt ein Stück von einem alten Liedchen: . . . oder etwas anderes. Nachdem er den Gesang beendet hat. 229 glacb: Schänke, Gelage. 236 Procumbens humi obdormit. Interea Compotatores ejus caupona voeiferando exemt, et canunt hoc, vel alio modo.: E r legt sich nieder und schläft auf dem Boden ein. Unterdessen verlassen seine Zechkumpane laut rufend die Wirtschaft und singen auf diese oder eine andere Weise. 255 tummel dich mutz: ein Ausruf beim Würfelspiel. Mutt: weibl. Schwein. cernens Ebrium: wie er den Betrunkenen erblickt. 256 huderputx,: in Lumpen gehüllte Schreckgestalt, Scheuche. 259 Ebrio ¡Hudens canit: singt, den Betrunkenen verspottend. 266 die kleien: den Schmutz, Lehm. 276 rasperment: (interj.) Sackerment. 277 aufugiuntx sie laufen weg. A c t u s I. S e e n a V. Redit Princeps cum comitatu, loquuniur: Der Fürst kommt mit seinem Gefolge zurück, sie unterhalten sich. 278 ad Ebrium: zu dem Betrunkenen. 280 verberans Ebrium-. indem er den Betrunkenen schlägt. 285 Princeps cum Proceribus in Aulam pergit. Satellites Ebrium hastilibus imponentes, eumque deportantes colloquuntur invicem: Der Fürst geht mit
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den Vornehmen in den Palast weiter. Die Leibwächter legen den Betrunkenen auf ihre Lanzen und besprechen sich untereinander, während sie ihn wegtragen. 286 meinen-, beabsichtigen. 294 loser: nichtsnutziger. 303 Schartdegen canit, et duo vel tres cum illo: Sch. singt, und zwei oder drei mit ihm. A c t u s I. S e e n a V I . Philippus, in area Arcis, ad Proceres: Ph., im Burghof, zu den Vornehmen. 321 hautler kaal: nichtswürdiger Lump. A c t u s I I . S e e n a I. 336 mehr: Erzählung, Kunde. 344 Heut wird sichs geben: heut wird es sich begeben. 349 handel: Sache, Unternehmen. 354 bonum mane\ guten Morgen. 355 Semper sane: immer verständig. (Begrüßungsfloskel) 362 solenniter et festive: feierlich und auf festliche Weise. 367 Sermon: Predigt. 368/9 Per Deum verum, vel ad plebem, vel ad clerum: Beim wahren Gott, sei es ans Volk, sei es an die Geisdichkeit. 374 Antoni Frater in Christo: Antonius, Bruder in Christus. Actus II. Seena II. 380 Optimatn: hochgestellte Leute. 381 Potentatn: Herrscher. 390 eitel Lacrymae: lautere Tränen. 391 et signa Poenitentiae: und Zeichen der Buße. 393 Capp\ Kutte. 394—399 Cum caeteris Erroribus, j Nostrisque quaeso Lapsibus, / Haec ambulare mittito, / Mihique nunc ignoscito, / Inanibus nec tu bibis j Libenter ipse ex Poculis.: Ich bitte dich, laß mit unseren übrigen Irrtümern und Fehltritten auch dies ungestraft hingehn und verzeih mir nun, du selbst trinkst ja auch nicht gern aus leeren Bechern. 402—411 Senex ego sum frigidus, / Et destitutus viribus, / Vt bauriam meracius / Quandoque vinum et largius, j Hoc sanitas vult ipsamet, / Necessitasque me jubet. / Istud tuis Excessibus / Et Helluationibus, / Patrocinari non putes, / Qui inebriaris indies. Ich bin ein matter Greis, den die Kräfte verlassen haben; daß ich zuweilen den Wein unvermischter und reichlicher schöpfe, das erfordert die Gesundheit selbst und gebietet mir die Notwendigkeit. Glaub nur nicht, dies könne deinen Exzessen und Schwelgereien Schutz leisten, der du täglich dich berauschest. 413 ter et quater: dreimal und viermal. 416/17 was wollet jbr tractirn Pro Concione'?: Was wollt Ihr in der Ansprache behandeln ? 426 Mit stifften, gifften vnd praebendn: mit Stiftungen, Geschenken und Pfründen.
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448 infernalisch: höllisch. 449/50 schmauch'. Rauch. Pblegeton und Acberon, der Feuerstrom und der sumpfige Fluß der Unterwelt, erscheinen hier vertauscht. 454 mordio I: eigentl. Ruf, mit dem Mord oder anderes schweres Verbrechen bekanntgemacht und zur Verfolgung des Täters aufgerufen wurde. 455 o dioV. O Gottl 458 moderirn\ mäßigen. 459 intonirn: losdonnern. 461 hab . . Sermocinirt ex tempore: ich habe . . aus dem Stegreif gepredigt. 462 Socius: Geselle. 463 Rältz• Bengel; Knollius: Grobian. A c t u s II. Seena I I I . 468 Audaculus: Frechdachs. 469 et impudens loquaculw. und unverschämter Schwätzer. 487 all\uhand\ sogleich. A c t u s II. Seena I U I . 498 flasken: gelingen lassen. 504 promens aureunt: indem er das Goldstück hervorholt. 505 holden: behaupten; schlagen: geprägt. 506 inspiciens nummum: indem er die Münze untersucht. 507 bapen: hoffen. 5 1 1 semiaperto capite: mit (nur) halb entblößtem Haupt. 515 scheen: geschehen. 519 Goldtgülden goeder wehr: Goldstück von guter Währung. Porrigit medico aureum: E r reicht dem Arzt die Goldmünze hin. 522 Schult': Schultheiß. 523 flyth-, Fleiß. 526 Rusticus elevat matellionem: der Bauer hebt das Nachtgeschirr hoch. 528 Tytke, vellicans pallium Doctoris: Tytke, zupft den Arzt am Mantel. 531 Lendenstein-. Nierenstein. 533 degn\ tüchtig. 534 kalter magn\ ein Magen, der nach früherer humoralpathologischer Schullehre durch kalte Komplexion (Phlegma, Schleim) erkrankt ist. 543 malcke koh\ milchgebende Kuh. 549 Dat bith vndkyfft my stedsupt l y f f : das fährt mich an und weiß sich vor Zanken nicht zu lassen. 5 54 suhridens: lächelnd. A c t u s I I . S e e n a V. 556 558 559 568
vberseiti beiseite. halt: schnell. verberans Morionem: den Narren schlagend. Quackebrucb: Schlotterhose (Schimpfwort mit Nebenbegriff eines schwachen Menschen). 572 irritiren-. reizen.
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573 Venit putativus Princeps, et ä Proceribus ad Sacellum splendide deducitur: Der vermeintliche Fürst kommt und wird von den Vornehmen in prächtigem Zuge zur Kapelle geleitet. A c t u s I I I . S e e n a I. 575 577 579 583 585 588 596
bleek: bleich. mach: kraftlos, erschöpft. quaet: schlimm, böse; molder-. Malter (eig. Getreidemaß). quant: Tand, Schein, Handlung, mit der es kein Ernst ist. Arstedy. Arzneikunst. Idt hafft sich sehr dull in der Stadt: es geht in der Stadt doch toll zu. Ick löff' he leeth dy nehmn ein Peerdf. Ich glaube, er hat dir ein Pferd wegnehmen lassen. 598 n>addr: wieder. 602 Päcbt-, Pachtzins. 606 Ick Man myn egen doent nicht tvahrn: ich kann mich um meine eigene Arbeit nicht kümmern. 611 vaken\ oft; vnfoeg: Ungebühr. 612 schalckheit: Bosheit. 614 de süluest Heer: der Herr selbst. 615 ydt schege nilmmermebr: es würde nie geschehen. 618 höuesch\ hübsch; koppelkat%e\ Bittschrift. Wahrscheinlich Verballhornung eines Fremdwortes. 625 krupn-, kriechen. Actus I I I . Seena II. 640 646 649 658 665 666 667 670 672
ridens: lachend. triblim: plagen. milf. zu stark ausgedrückt, verschwenderisch. vaxern: zum besten haben. knol\ Grobian. quades: Böses, Schlimmes. im boesem: im Busen. vaken: oft. verberaturus Rusticum: im Begriff, den Bauern zu schlagen. loser Hautler: nichtsnutziger Lump. 677 Redit putativus ille Princeps e Sacello, Rusticus ei vult exhibere libellum supplicem, quem aeeipit Cancellarius: Der vermeintliche Fürst kommt aus der Kapelle zurück, der Bauer will ihm eine Bittschrift überreichen, die der Kanzler entgegennimmt. 680 Äff scheid: Urteil, Endbeschluß.
A c t u s I I I . Seena III. 691 702 708 709 710
Plumpart, ferens cophinum: Plumpart, der einen großen Korb trägt. ohngedungen\ ohne verhandelt zu haben. Videns Rusticum: indem er den Bauern erblickt. Ficial: Offizial, bischöflicher Gerichtsvogt. Das wird außgehn vbr . .: das wird hergehn über . . schock'. 60 Stück.
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713 719 725 727 728 730 731 734 744 746 747 751 752 753 758
laurn-, Schelme. am negermal-, neulich, letztens. selsam\ eigentümlich, schwierig, raffiniert. quyth: ledig. grober knoll: ungebildeter Grobian. thovörn: zuvor. Narrifex: Possentreiber. fraem: unbescholten; barffe: barfuß (zum Zeichen der Demut). dradt: schnell. körtnyl: Kurzweil. in klaatzien: in collatien: bei Gastereien. Häglicheit: Vergnüglichkeit. lydtsam: leutselig. prafytlick: profitbringend. Dan wy nu habbn, süth alltyd suer: Der, den wir jetzt haben, macht ständig eine saure Miene. ar 759 g'- böse; ifrig: hitzig; stuer: boshaft, zornig. 760 stedes: beständig; voel: viel; refalmern: reformieren, bessern. 761 Moritz- mores: Sitten, Manieren. 763 siis: sonst; pumpn: schlagen. 767 Wickerey: Wahrsagerei. 769 tisch-, munter, flott. 771 fort: sofort. 785 Rültz'. Bengel. 787 entradn: entbehren. 788 De Paep' ward vns nütf seelden twar: Der Pfarrer nützt uns wahrhaftig selten etwas. 790 facie aversa et in coelum elevata-, mit abgewandtem und zum Himmel erhobenem Gesicht. 794 Pulsaturus Rusticum: im Begriff, den Bauern zu schlagen. 796 Gauch \ Tor, Narr. 798 stringenspugionem: indem er einen Dolch zieht. buten per miihrn: draußen vor der Stadtmauer. 799 euenthürn-. einen Versuch wagen. 800 stoerten: fallen; abit: er geht weg. 802 Slmtzji: Lumpen. 803 Cuntz'. eigentl. Konrad. Der Name wurde wegen seiner Häufigkeit auch gebraucht für 'Bauer, armer Mann, böser Mann'.
A c t u s I I I . S e e n a I. 824 828 832 837
Ich nehm mich keines Tadlens an: ich kümmere mich nicht um Tadel. vber seit: beiseite. leiden: Beteuerung beim Leiden Christi. den Fuchsswantz streichn: schmeicheln.
A c t u s I U I . Seena I I . 852 Ich molt mit ihm also vmbhaltn: ich wollte so mit ihm verfahren. 854 vexiren: zum besten haben.
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857 gebiir: gebührender Anteil. Sequuntur Marschallum in Arcem: Sie folgen dem Marschall in die Burg. A c t u s I U I . Seena III. Frater Antonius, semifotus ex Aula rediens: Bruder Antonius, der halbbetrunken vom Hofe zurückkommt. 881 risch: flott. 885 Argument solvirn: Probleme lösen. 888 Stockthor-. Stocknarr. 893 Hypocras-, Würzwein. 894 quartier-. Viertelmaß. 896 Syllogismus: Schlußfolgerung. 897 bessern kauff geben-, billigere Preise fordern. 908 naw. genau, schlau; sich höden-, sich in acht nehmen. 909 wicht: Gewicht. 9 1 1 erfahren-, erkennen. 915 hale-, heimlich. 916 vnvaxeirt: ungenarrt. 917 seltsam: selten. 921 karg: geizig. 924 Procater-, Procurator, Sachwalter bei Gericht. 926 Was-, Wachs. 927 Flas: Flachs. 931 ys truwn neen Geck-, er ist wahrhaftig kein Narr. 934 a ff do*1'- schlachten. 937 drad'-. bald. 940 Affscheidt-. Urteil, Vereinbarung. 948 dörnt^e: Wohnstube. 953 Interim eam amplectitur: Unterdessen nimmt er sie in den Arm. 954 belsen: umarmen; genetn: genießen, lieben. 955 vardretn-, verdrießen. 962 rechten-, prozessieren. 964 vörsprack- Rechtsanwalt. 966 De holt my lange vp de saeck: der zieht mir den Rechtsstreit lange hin. 967 berichten-, unterrichten. 982 Tönnes-, Antonius. 993 süß-, sonst. 995 Britdershagn: Hollonius braucht hier eine seinem pommerschen Publikum geläufige Ortsnamenbildung. Bei den -¿«¿««-Siedlungen handelte es sich dazu oft um Rodungen von Klöstern, eine Tatsache, auf die hier mit dem vorderen Teil des Namens Bezug genommen wird. 999 deegn-, tüchtig. 1010 Videt Warnerum venientem-. E r sieht W. kommen. 1 0 1 2 Horas halten-, das Stundengebet verrichten. 1013/14 Hicperbreves feci moras, / Ignosce, quaeso, mi Pater-, Ich habe es hier nur ganz kurz aufgeschoben, ich bitte, Pater, verzeih mir. 1015 Dominicus-, Stifter des Predigerordens der Dominikaner, dem Fr. Antonius angehört.
Wort- und Sacherklärungen
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1024 submisse: unterwürfig, bescheiden. 1029 Fr. Antonius. Warnero non vidente Rusticae innuit. Rustica cum ä tergo intrd sequitur: Br. Antonius zwinkert der Bäuerin zu, ohne daß W. es sieht. Die Bäuerin folgt ihm von hinten ins Innere des Gebäudes. A c t u s I U I . Seena I U I . 1046 Es: Angleichung an das grammatische Subjekt? Möglicherweise liegt ein Druckfehler vor {Es für Er). 1050 blixenbloh: blitzblau. 1076 ohn mynen dranck: unfreiwillig. 1087 ^ihrgeldt: Zehrgeld. 1088 Dometh wangrech: damit wandte ich. 1091 Abit cum Secretario: E r geht mit dem Sekretär weg. 1092 Wolffgang, promens literas ex saeeiperio: W., indem er die Briefe aus der Umhängetasche nimmt. schällgk: schälklich, zornig. A c t u s I U I . S e e n a V. 1113 1120 1122 1138 1146 1154
rund\ vollkommen. Courd: Schwert. solemiter: feierlich. Leporarium: Tiergarten. quasi abiturus: als ob er gehen wollte. Veniunt Satellites IAnum vino obrutum, in somnum altissimum collapsum, vestimentisque prioribus indutum, in eundem locum reportantes, quo hesterno vespere repertus fuerat: Die Leibwächter kommen und tragen Jan, der, mit Wein überladen, in tiefsten Schlaf gesunken und mit den früheren Kleidern bekleidet ist, an denselben Ort zurück, an dem er am gestrigen Abend gefunden worden war. 1 1 5 7 Ciaret-. Weinmet, Wein mit Gewürz und Honig. A c t u s V. S e e n a I I . lacrymans: weinend. 1200 simul: zusammen. 1202 accedens maritutn: zu ihrem Mann herantretend. 1204 evigilans et surgens: erwachend und sich erhebend. 1206 Ritte: Fieber. 1210 quasi eam verberaturus: als wolle er sie gleich schlagen. 1 2 1 1 plag: (himmlische) Strafe. 1222 hastig: jähzornig. 1232 trund: rund. 1233 trepf: Treppe. 1265: Hauteley: Lumperei. 1276 Poignard: Dolch. 1277 Plumard: Federbusch. 1280 Vicinos abiturientes revocat: E r ruft die Nachbarn, die schon weggehn wollen, zurück. 1286 Lautertranck: Wein mit Gewürz. 1 3 1 7 Ridentes dilabuntur: Lachend zerstreuen sie sich. 7 KOMEDIA X V I
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A c t u s V. S e e n a I I I . 1 5 1 8 — 1 3 21 Sit pax tibi, Lamberte, Ego / Tua salute gaudeo, j Et plurimum laetor, tuae / Si res adbuc sunt integrae.: Friede sei mit dir, Lambertus, ich freue mich über dein Wohlergehen. Und am meisten freue ich mich, wenn deine Angelegenheiten bis jetzt gut gehn. 1322—1327 Ah: res meae sunt pristino, / Mi Frater Antoni, loco: / Maltis premor molestijs, / Et versor in quam maximis j Angustijs tu, si potes, j Fratrem tuum quaeso juves.: Ach, mein Bruder Antonius, um meine Angelegenheiten steht es wie vorher: Viele Beschwerlichkeiten drücken mich und ich bin in der allermißlichsten Lage; ich bitte dich, wenn du kannst, hilf deinem Bruder. 1328—1333 Lamberte, Frater optime, j Meo juvare sanquine, / Si te queo, citissime / Hoc fiet et promptissime. / Dicas rogo quid te mali / Vexet, taces? Dicas mihi.: Lambertus, bester Bruder, wenn ich dir mit meinem Blute helfen kann, so wird es schnellstens und auf der Stelle geschehen. Sag, ich bitte dich, welches Übel dich quält, du schweigst? Sag es mir. 1353 pudeln: einen Pudel machen = etwas schlecht betreiben; sudeln-, Fehler machen. 1356 conversirn: Umgang haben. 1362 Glossen Nagr: Wortklauber. 1363 Kahlmeuser: Federfuchser; Scharteken: alte Bücher (im verächtlichen Sinne), wertlose Schriftstücke. 1366/67 Loquare Frater pareiüs, / Et paululum modestiüs: Sprich mit etwas mehr Mäßigung, Bruder, und ein klein wenig bescheidener. 1370 speculirn: betrachtend die Wahrheit erforschen. 1371 in Divinis studirn: Die Theologie studieren. 1372 Bibere: trinken. 1373 Scribere: Schreiben. 1374 Tick Tack: Brettspiel mit Würfeln. 1393 Reditus: Einkünfte. 1406 Er: Herr; alßdradt: alsbald. A c t u s V. S e e n a I U I . 1 4 1 1 sich beschmern: sich beschwert fühlen. A c t u s V. S e e n a V. 1414 1428 1452 1464
Proceribus stipatus: von den Vornehmen dicht umringt. heißen + A C I : sagen, daß. mat: Kleidung. stolzim: stolz einhergehn.
Epilogus. 1479 1483 1490 1490 1530
Action: Handlung, Drama. jegn: gegen, in bezug auf. Neidhart: Neid, Mißgunst in Person. faul: nichtswürdig. SOLI DEO SIT GLORIA: Gott allein sei Ehre.
Wort- und Sacherklärungen
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Nachwort. Gewardi: Leibwache. sich in stich geben: sich aufopfern. Sycophant: verleumderischer Angeber, Schikaneur. Rhythmi enim naturales sunt in omni gente et natione: Verse sind nämlich in jedem Geschlecht und jedem Volk von Natur aus da. Thal. Hb. 2. Rhet. cap. 1 5 : Die angeführte Stelle steht nicht im 2., sondern im 1. Buch der,,Rhetorica" des Philologen Audomarus Talaeus (ca. 1510—1562), die im 16. Jh. mehrere Auflagen erlebte. Socii: Gesellen, ¡/»probieren: mißbilligen, tadeln. geschickt \ historischer Bericht. inter Apocrypha\ unter den Apocryphen, den von den Protestanten nicht anerkannten Büchern des Alten Testaments. Storköpffe-. Starrköpfe. personae extra argumentum accersitae: Personen, die dem Stück hinzugefügt sind, obwohl sie nicht zum Personal der Haupthandlung gehören. pritsche: in mehrere schmale Brettstreifen gespaltenes Holz, dessen sich die Spaßmacher bedienten; es klatschte laut, ohne weh zu tun. eine pritsche schlagen: (in übertragenem Sinn) aus dem Hause jagen. Anticyra: Küstenstadt in Phokis am Fuße des Parnassos; sie war durch ihren Nieswurz berühmt: er sollte gegen Wahnsinn und Melancholie helfen. das jhre insania nullo Helleboro könne außgeführet werden: daß ihr Wahnsinn durch Nieswurz nicht geheilt werden kann. agrum Reatinum: die Gegend von Rieti; inter pecus Arcadicum religieren: unter das Arkadische Vieh (die Esel) verbannen. Hollonius spielt an auf eine Stelle in Marcus Terentius Varros De re rustica (II 1 , 14), in der es um die beste Zuchtrasse von Eseln geht: Hoc nomine enim asini Arcadici in Graecia nobilitate, in Italia Reatini . . . Praefatio: Vorwort, Einleitung. Praefationes in Terentium, vom Melanchthone, Roterodamo, vnd Asulano gestellet: vgl. dazu den Abschnitt »Gattungsgeschichtliche Einordnung«. Terenz stand im Vordergrund des Interesses der Kommentatoren; er wurde dem hier ebenfalls genannten älteren und mindestens ebenso bedeutenden römischen Komödiendichter Plautus aus den verschiedensten Gründen vorgezogen. intent vnnd meinung: Absicht und Plan. scripta Comica: Komödien. Goropius Becanus: Arzt und Philologe (1518—1572), schrieb u. a. die hier erwähnten 'Origines'. Sie wurden mit einigen anderen Schriften zusammen in Antwerpen 15 80 gedruckt. E r stellte die These auf, daß die niederdeutsche die älteste Sprache überhaupt sei. et artificio singulari plane admirabilis: und in ihrer einzigartigen Geschicktheit gewiß bewunderungswürdig. auch ausserhalb den 10 Provincien, oder Circulen, vnsers Teutschlandes ...: Seit Kaiser Maximilian I waren die Stände des deutschen Reiches in 10 Kreise aufgeteilt, den österreichischen, Burgundischen, Niederrheinischen, Bayerischen, Obersächsischen, Fränkischen, Schwäbischen, Oberrheinischen, Westfälischen und Niedersächsischen. 7*
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collatio idiomatum\ Vergleichung der Mundarten. Fatui: Fatuus war der Beiname des Faun als eines Weissagers. Als Apellativum bedeutet das Wort 'alberner Mensch, Narr'. pratpostera Momoscoporum judicia: die verkehrten Urteile tadelsüchtiger Aufpasser. sincere et candide: aufrichtig und redlich. perstringieren: verspotten. notiren: rügen, tadeln. dirigiren: leiten. Nathan Chytraeus: Bruder des im Vorwort erwähnten David Chytraeus, (1543—1598) Philologe und neulateinischer Dichter. SI quis forte putet nostro se Carmine pungi, / Agnoscens maculas conscius ipse suas: I Det veniam melior: licuit, semperque licebit / Parcere personis, dicere de vitijs.-. Sollte sich jemand durch unser Gedicht verletzt fühlen, da er schuldbewußt seine eigenen Fehler wiedererkennt: er möge, gebessert, verzeihen: der Personen zu schonen, von den Fehlern zu sprechen, war erlaubt und wird immer erlaubt sein. PIETAS SINE FINE CO RONAT.: (eigentlich unübersetzbar; hier, mit Bezug zum Stück) Frömmigkeit krönt auf ewig.
INHALTSVERZEICHNIS Text Seite
Somnium Vita: Humanae
5
M a t e r i a l i e n z u m V e r s t ä n d n i s des T e x t e s Editionsbericht
67
Zur Entstehungsgeschichte
68
Gattungsgeschichtliche Einordnung
72
Zur Analyse des Stücks
77
Zur Wirkungsgeschichte
84
Literatur (in Auswahl)
85
Wort- und Sacherklärungen
86
Deutsche Wortindices Herausgegeben von
LUDWIG E R I C H SCHMITT
Wortindices deutscher Texte sind ein vielfältiges und unentbehrliches Hilfsmittel sprach- und literaturwissenschaftlicher Untersuchungen. Die alphabetischen Register aller in den indicierten Texten vorkommender Wortformen, die Register der Satzzeichen, Eigennamen und Sprecher, die Häufigkeits- und Variantenregister bieten zuverlässiges, lückenlos belegtes, geordnetes und schnell erreichbares Material nicht nur für weitreichende Untersuchungen zur Literatur auf exakter statistischer Grundlage, vielmehr sind sie auch der beste Ausgangspunkt für stichhaltige sprachwissenschaftliche, insbesondere stilistische Analysen und ein tieferes Verständnis der Texte.
Es liegt vor: Band 1: Wortindex zu Georg Büchners Dichtungen und Übersetzungen Bearbeitet von M O N I K A R Ö S S I N G - H A G E R . Nach der Ausgabe: Georg Büchner, Sämtliche Werke und Briefe. Mit Kommentar hrsg. von Werner R . Lehmann. Bd. 1 . Dichtungen und Übersetzungen. Hamburg o. J . ( 1 9 6 8 ) Quart. XVI, 504 Seiten. 1970. Ganzleinen D M 96,—
In Vorbereitung: Wortindex zu Gottfried Keller, Die Leute von Seldwyla Bearbeitet von M O N I K A R Ö S S I N G - H A G E R und N I E L S SÖRENSEN Wortindex zu Friedrich Hölderlin, Briefe. Bearbeitet von A L E X A N D E R F E L L M A N N . Gottfried Keller, Der Grüne Heinrich. Erste Fassung. Bearbeitet von E D D A S C H R Ä D E R
Walter de Gruyter & Co • Berlin 30
Andreas Heusler Schriften zum Alemannischen Herausgegeben von
STEFAN SONDEREGGER
Groß-Oktav. 14*, XVI, 222 Seiten. 1970. Ganzleinen DM 48 —
Es ist im allgemeinen wenig bekannt, daß Andreas Heusler zu den wenigen frühen Meistern der deutschen Mundartforschung gehört. Die Dialektologie war einer seiner wissenschaftlichen Ausgangspunkte. In seiner Dissertation Der alemannische Consonantismus in der Mundart von Baselstadt (1888) legt er eine historische Darstellung der Mundart seiner Vaterstadt vor, wobei viele ältere, besonders urkundliche, chronikalische und Rechtsquellen eingearbeitet sind. 1889 folgt der Aufsatz Zur Lautform des Alemannischen, Die e-Laute mit dem glänzenden Nachweis des hohen Alters des Sekundärumlautes für das Althochdeutsche anhand von Rückschlüssen aus der Mundart. Eine Reihe von gehaltvollen Besprechungen zur alemannischen und deutschen Dialektologie und Sprachgeschichte schließen sich daran an. Inhalt: Einführung des Herausgebers — Der alemannische Consonantismus in der Mundart von Baselstadt (1888) — Zur Lautform des Alemannischen. Die e-Laute (1889) — Besprechungen zur alemannischen und deutschen Dialektologie und Sprachgeschichte (1891—1903); 1. Alemannische Sprachgeschichte. 2. Zur Sprache Johann Peter Hebels. 3. Deutsche Phonetik, Deutscher Sprachatlas und Bibliographie der deutschen Mundartforschung. 4. Schwäbische Mundarten. 5. Elsässische Mundarten. 6. Schweizerdeutsche Mundarten.
Walter de Gruyter & Co • Berlin 30