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German Pages 382 Year 2015
EDITION ANTIKE Herausgegeben von Thomas Baier, Kai Brodersen und Martin Hose
HORAZ
SATIREN UND BRIEFE Lateinisch und deutsch
Nach der Übersetzung von Otto Schönberger
überarbeitet und mit Anmerkungen versehen von Friedemann Weitz
Verantwortlicher Bandherausgeber: Thomas Baier Die EDITION ANTIKE wird gefördert durch den Wilhelm-Weischedel-Fonds der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft
Wissenschaftliche Redaktion und Schriftleitung: Federica Casolari-Sonders (Ludwig-Maximilians-Universität München)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2015 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Satz: COMPUTUS Druck Satz & Verlag, 55595 Gutenberg Einbandgestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-18155-1 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-73271-5 eBook (epub): 978-3-534-73964-6
Inhalt Vorwort .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Satiren und Briefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 SERMONUM LIBER PRIOR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 SERMONUM LIBER ALTER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 EPISTULARUM LIBER PRIOR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 EPISTULARUM LIBER ALTER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Zur Sprache horazischer Hexameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 Karten zu Horaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 Benutzte wie geschätzte Literatur – Hinweise .. . . . . . . . . . . . . . . . . 365 Geflügelte Worte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Stimmen zu Horaz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
Vorwort „Die einzige Art die Verächter der Übersetzungen der Alten zu widerlegen, ist, daß man gute Übersetzungen liefre.“ C.M. Wieland in der Zueignung von Horazens Briefen an Herzog Carl-August zu Sachsen-Weimar 1782
Im Jahr 2009 erschienen in dieser Reihe Oden und Epoden des Horaz in einer leicht lesbaren zweisprachigen Ausgabe. Ein lustrum später vervollständigen nun Satiren und Episteln das Horazische Œuvre in der Edition Antike. Die Übersetzung von Otto Schönberger, die dieser Ausgabe zugrunde gelegt wurde, nähert sich dem antiken Autor mit bestechender Klarheit und zeitloser Eleganz. Die Herausgeber waren bemüht, den Text so zu präsentieren, dass die lateinischen Verse möglichst zeilengenau der deutschen Version auf der gegenüberliegenden Seite entsprechen. Freilich hatten sie in vielen Fällen syntaktischen Nöten nachzugeben und vor allem dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Übersetzungen stets länger zu sein pflegen als ihr jeweiliges Original. Dennoch ist das Ergebnis so, dass der Lateinschüler schnelle Hilfe findet und der genießende Lateinleser nach Belieben mit dem Auge zwischen den Versionen hin- und herspringen und sich leicht zurechtfinden kann. Selbstverständlich gilt für diese Übersetzung wie für viele andere, zumal wenn es sich um Dichtung handelt: Was einen Text zu Literatur macht, was die Sprache über ihre dienende Funktion erhebt, sie von der ancilla zur regina macht, kann eine Übersetzung nur annähernd wiedergeben. Sie bleibt doch in erster Linie Dienerin der Praxis und Vermittlerin des Inhalts. Und dennoch wird der Leser in Schönbergers Horaz selbst in der dienenden Funktion die königlichen Fähigkeiten von Horazens Sprache immer wieder erahnen. Im Anschluss an den Text findet sich ein knapp gehaltener Lesekommentar, wie es in dieser Reihe seit jeher gute Übung ist. Die „Stimmen zu Horaz“ ergänzen den entsprechenden Anhang des ersten Bandes um weitere Originaltöne. Wie dieser erheben sie nicht etwa Anspruch auf Vollständigkeit. Dasselbe caveat trifft erst recht auf das Literaturverzeichnis zu, in dem für diese Ausgabe benutzte und vom Bandbearbeiter besonders geschätzte Werke aufgeführt sind. Es gilt an dieser Stelle vielfältig Dank zu sagen: Besonders verpflichtet fühlen sich die Herausgeber Herrn Dr. Otto Schönberger, der der WBG bereitwil-
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Vorwort
lig die Rechte an seiner Übersetzung überlassen hat. Unter den Helfern und Wegbereitern dieses Bandes gebührt der größte Dank Herrn Friedemann Weitz (Leutkirch im Allgäu), der wie schon bei Horaz I mit kompromissloser Gründlichkeit und Akribie um jedes Detail des Buches besorgt war. Möge die Ausgabe ihre Leser die Lebendigkeit eines 2000 Jahre alten Dichters spüren lassen! Würzburg, im Januar 2015
Thomas Baier
Einführung Quintus Horatius Flaccus Unter Kaiser Hadrian schrieb C. Suetonius Tranquillus in seinem Buch ‚De viris illustribus‘ eine Vita des Dichters Quintus Horatius Flaccus, die in Auszügen erhalten ist. Aus dieser Biographie und durch Angaben des Dichters ist das Leben des Horaz näher bekannt. Horaz ist geboren am 8. Dezember des Jahres 65 v. Chr.1 in der apulischen Militärkolonie Venusia nahe der Grenze nach Lucanien (vgl. sat. 2,1,34 f.). Seine Mutter war frei geboren,2 sein Vater ein Freigelassener, der ein kleines Landgut besaß (vgl. sat. 1,6,6. 71). Der Vater erzog seinen Sohn mit großer Sorgfalt (vgl. sat. 1,6,72). Um ihn nicht nur zum Ortsschulmeister Flavius zu schicken, zog er nach Rom und betrieb dort das Gewerbe eines coactor auctionarius, d. h. eines Zwischenhändlers im Auftrag und zugleich Kreditgebers bei Auktionen. Seinen Sohn ließ er unterrichten wie die Kinder begüterter Familien. Der erste Lehrer des Horaz in Rom war der Grammatiker Orbilius Pupillus aus Beneventum, ein bedeutender, aber verbitterter Mann, dem Horaz das Beiwort „schlagfreudig“ zulegt (vgl. epist. 2,1,70). Bei Orbilius las man die Odysseeübersetzung des Livius Andronicus; auch die Ilias wurde erklärt. Horaz rühmt seinen Vater, der ihm nicht nur die Erziehung eines Vornehmen zuteil werden ließ, sondern ihn auch lehrte, die Menschen zu beobachten, aus fremden Fehlern zu lernen und das eigene Leben zu ordnen. Etwa im Jahre 45 ging Horaz auf die Hochschule in Athen, wo er philosophische Studien trieb. Griechisch lernte er so gut, dass er griechische Verse schrieb. Die Fortführung seiner Ausbildung wurde aber durch die politischen Ereignisse unterbrochen. Horaz lebte ja zur Zeit der großen römischen Bürgerkriege des ersten Jahrhunderts. Nach dem Zerfall des ersten Triumvirats (Caesar, Pompeius, Crassus) hatten sich Caesar und Pompeius im Kampf um die Macht in Rom immer mehr entzweit, und schließlich begann der Bürgerkrieg des Jahres 49, der zum Tode des Pompeius nach der Schlacht bei Pharsalus führte (48). Die Alleinherrschaft Caesars in Rom endete mit seiner Ermordung an den Iden des März im Jahre 44. Aus den politischen Wirren nach Caesars Tod ging im Jahre 43 das sogenannte zweite Triumvirat „zur Neuorganisation des Staatswesens“ von Antonius, Lepidus und Octavian hervor. Dieses Triumvirat bekämpfte die Mörder Cae 1 Nach dem Julianischen Kalender = 23. Januar a. u. c.; siehe G. Radke, Die Lebensdaten des Vergil und des Horaz, Gymnasium 71, 1964, 80 f.; vgl. epist. 1,20,26–28. 2 Vgl. Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht, 3. Aufl. Leipzig 1887/88, III 73 Anm.2.
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sars, von denen Marcus Brutus die Provinzen Makedonien, Illyrien und Griechenland besetzt hatte. Im Herbst des Jahres 44 kam Marcus Iunius Brutus nach Athen, um von dort in die Provinz Makedonien zu gehen. Er rief die Jugend zum Freiheitskampf gegen Antonius und Octavian, und so wurde Horaz mit etwa 21 Jahren Militärtribun und führte eine Legion (vgl. sat. 1,6,48); es war freilich ein ungewöhnlicher Vorgang, dass ein junger Mann ohne Erfahrung Befehlshaber einer Legion wurde, doch führten die verworrenen Zeiten zu ungewöhnlichen Maßnahmen. In der Schlacht bei Philippi (November 42) wurde er in die Flucht des Heeres hineingezogen (vgl. carm. 2,7,9) und kehrte nach einer Amnestie nach Italien zurück (etwa im Jahre 41). In den Machtkämpfen nach Philippi blieb Octavian Sieger über Antonius, der im Osten wie ein orientalischer Herrscher aufgetreten war (Schlacht bei Actium, 2. September 31). Da sein Vater gestorben und sein Vermögen eingezogen war, kaufte sich Horaz mit dem Rest seines Geldes einen Posten als scriba quaestorius; dieses Amt machte ihn zu einem Sekretär der Staatskasse und des Staatsarchives und bot recht gute Einkünfte. Immerhin war mit ihm die Zugehörigkeit zum höheren Mittelstand, der Ritterschaft, verbunden.3 Damals entstanden die ersten dichterischen Versuche. Zuerst übertrug Horaz die Kampflieder des frühgriechischen Dichters Archilochos (7. Jh. v. Chr.) in Gestalt seiner Epoden nach Rom. Die Epoden, 17 Gedichte in Jamben, bringen neue Versmaße in die römische Dichtung und werden von Horaz als Gefäß persönlicher Aussage gestaltet, freilich weithin ohne die Aggressivität des Archilochos, den er sonst nachahmt. Geschrieben sind die Epoden hauptsächlich zwischen den Jahren 40 und 38 und zwischen 31 und 30. Dann begann Horaz die Satirendichtung nach Art des Lucilius, doch sogleich mit persönlicher Eigenart. Die Satiren entstanden im Wesentlichen in den Jahren 38 bis 30, also zwischen den beiden Zeitabschnitten, in denen die Epoden geschrieben wurden. Das erste Satirenbuch wurde zwischen 35 und 33, das zweite (und die Epoden) im Jahre 30 veröffentlicht. Diese Gedichte führten dazu, dass Vergil und Lucius Varius sich Horaz näherten und ihn zu Anfang des Jahres 38 dem Maecenas vorstellten (vgl. sat. 1,6,54 ff.); dieser nahm ihn in seinen Kreis auf. Horaz wurde später der vertraute Freund des Maecenas, der dem Dichter im Jahre 33 ein Landgut in den Sabinerbergen, etwa drei Stunden von Tibur entfernt, schenkte. 3 Die Zugehörigkeit zum Ritterstand setzte ein Vermögen von 400 000 Sesterzen voraus, die Horaz nicht hatte; doch erlangte er den Ritterzensus durch sein Amt, war also nur formal Ritter und nahm so eine gewisse Sonderstellung ein (vgl. Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht, 3. Aufl. Leipzig 1887/88, I 352 f., bes. 353 Anm.3).
Quintus Horatius Flaccus
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Das Landgut wurde für Horaz Grundlage neuen Lebens. Dort, in der Einsamkeit, konnte er frei von störenden Einflüssen zu sich kommen und seine Unabhängigkeit bewahren. Dass Horaz zu dieser Zeit frei und ungestört war, verdankte er auch der auf Wiederherstellung und Wahrung des Friedens gerichteten Politik des Augustus. Diesem gelang es im behutsamen Ausbau seiner Macht, den Prinzipat (von princeps, „der Erste“) als spezifisch römische Form der Monarchie zu etablieren und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Ordnung zu festigen, wobei nach außen hin manche Einrichtungen des republikanischen Staates bestehen blieben. Die Errichtung des Prinzipats setzte der jahrzehntelangen Selbstzerfleischung in den Bürgerkriegen ein Ende. Bei der Festigung der neuen Ordnung hatten restaurative Tendenzen, so der Rückgriff auf altrömische Ideale (mos maiorum) und die bewusste Pflege der alten Religion, eine wichtige Funktion zu erfüllen. Die aufblühende Kultur der durch Augustus geprägten Zeit, Dichtung wie bildende Kunst, trat in den Dienst der neuen Staatsform und ihrer politischen und ideologischen Ziele. Die Erfahrungen des eigenen Lebens und die erfolgreiche Politik des Augustus machten auch aus dem einstigen Republikaner Horaz einen überzeugten Anhänger des Prinzipats. Nach der Schlacht von Actium (31) ergriff er in der 9. Ep ode entschieden Partei für den Sieger, von dem er ein Ende der Bürgerkriegsschrecken erhoffte. Mit seinen Oden und dem zur Säkularfeier des Jahres 17 in offiziellem Auftrag gedichteten ‚Carmen Saeculare‘ setzte er sich für die augusteische Ordnung ein. Aber auch dem Prinzeps gegenüber suchte Horaz seine Selbständigkeit zu wahren, wie er denn nicht aufgehört hat, nach einem eigenen Standpunkt und innerer Unabhängigkeit zu suchen. Die ersten drei Odenbücher erschienen im Jahre 23, das vierte im Jahre 13. Die Oden führen das äolische Lied, wie es die frühgriechischen Lyriker Sappho und Alkaios geschaffen hatten, in Rom ein. Horaz macht hier die Fülle der Rhythmen, die in Hellas ausgebildet wurden, mit vollem Erfolg in Rom heimisch. In den Oden sieht Horaz Gipfel seiner Kunst. Hier spricht er fast alle Bereiche des Lebens an, Freundschaft, Liebe, Politik, Religion, Leben und Tod. Dabei erstrebt er einen hohen Grad von Objektivität und Reflexion. Die Form seiner Gedichte wird mit erlesener Kunst geschmiedet. Horaz wurde durch Maecenas auch mit Kaiser Augustus bekannt. Dieser wünschte den homuncio lepidissimus („das allerliebste Männlein“), wie er ihn nannte, als Sekretär, doch Horaz lehnte ab. Augustus nahm ihm das nicht übel; er erklärte die Gedichte als „ewig dauernd“ und veranlasste ihn zur Abfassung des ‚Carmen Saeculare‘ und der Gedichte auf seine Stiefsöhne Drusus und Tiberius. Es sind Teile von Briefen des Augustus an Horaz überliefert. In späteren Jahren kam der Dichter immer weniger nach Rom. Im September des Jahres 8 v. Chr. starb Maecenas. Auf dem Sterbebette gedachte er des Freun-
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des, indem er dem Kaiser schrieb: Horati Flacci ut mei memor esto („sei des Horatius Flaccus eingedenk wie meiner selbst“). Horaz überlebte ihn nur um zwei Monate; er starb so rasch (am 27. November 8), dass er nur noch mündlich den Kaiser zum Erben einsetzen konnte; bestattet wurde er auf dem Esquilin neben Maecenas.
Die römische Satire Es gibt in der griechischen Literatur viele Elemente satirischer Art, etwa im ‚Margites‘, dem nachhomerischen Epos vom Dümmling, bei Archilochos, dem aggressiven frühgriechischen Lyriker, bei Semonides von Amorgos, der eine scharfe Weibersatire schrieb, bei Hipponax, dem bettelnden witzigen Volksdichter, in der scharfen Kritik der tolldreisten Komödien des Aristophanes und bei Bion von Borysthenes, einem griechischen Wanderprediger hellenistischer Zeit. Dennoch wird der Römer Quintilian Recht haben, wenn er sagt (inst. or. 10,1,93): Satira tota nostra est. Die römische Satire ist ein weitgehend eigenständiges Gebilde. Denn auf römischem Boden bildete sich die Satire als eigene literarische Gattung heraus, die den Griechen so nicht bekannt war und die im modernen Europa große Popularität gewann. Ursprünglich lautete die Bezeichnung satura. Dies ist ein substantiviertes Adjektiv zu satur, „satt, voll“, und bedeutet „Buntes Allerlei“. Im Altlateinischen bezeichnete satura einen Pudding aus Gerstenschrot, Rosinen und Pinienkernen, der mit Weinmet angemacht war. Satura lanx hieß eine Opferschüssel mit Erstlingsfrüchten, die der Göttin Ceres dargebracht wurde, lex satura ein Gesetz für verschiedene Materien. Die Grundbedeutung des Wortes satura ist also „Füllsel, Allerlei“ an Speisen, und von hier erfolgte die Übertragung auf das Literarische, so dass satura „Buntes Gemisch, Allerlei“ bedeutet. Horaz deutet epist. 2,2,61 f. durch die Art der Metaphorik vielleicht an, dass er satura zu den Küchenausdrücken rechnet, wie wir für eine bunte Mischung Potpourri sagen. Die Wortform satira taucht erst in der Kaiserzeit auf, weil man damals die Satire mit dem griechischen Satyrspiel in Verbindung brachte. Im vorliterarischen Raum gab es wohl Saturae in Form von Spottversen, später als lose Folgen lustiger Einzelszenen, die man aufführte. Von solchen Einzelszenen, italischen Vorstufen, die selbst vielleicht etruskischem Einfluss unterlagen, ging Livius Andronicus aus. Er soll als Erster ein einheitliches Stück, eine Satura, verfasst haben. Auch der Dichter Naevius (etwa 285 – etwa 200 v. Chr.) schrieb eine Satura, von der ein Vers erhalten ist. Begründer der römischen Satire wurde Q. Ennius (239–169 v. Chr.). Er schrieb ein ganzes Buch ‚Saturae‘, vermischte Gedichte. Angeregt wurde er vermutlich durch die Jamben des Kallimachos und durch moralisierende hellenistische Pro-
Die römische Satire
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sa, und da er in den herkömmlichen Formen kein Mittel für lehrreiche Causerien besaß, griff er zur Form der Satura, um die Probleme einer Gesellschaft zu erhellen, der die Aufgabe gestellt war, ein eigenes, neues Geistesleben im Umgang mit der mächtigen Kultur Griechenlands zu entfalten. In vier Büchern bot er eine Reihe von Gedichten, Fabeln, Sentenzen und Streitgesprächen. Erhalten sind Bruchstücke in verschiedenen Versmaßen, in jambischen Senaren, trochäischen Septenaren, daktylischen Hexametern. Sicher besaß die Satura des Ennius ein gewisses „satirisches“ Element und ist darin Vorbild auch für Horaz. Ennius nahm in seine Satura Fabeln auf, und auch dieser Brauch hat – wohl mittelbar – auf Horaz gewirkt. Der erste große Vertreter der römischen Satire ist C. Lucilius aus Suessa Aurunca in Kampanien (etwa von 167–102 v. Chr.). Er war ein wohlhabender Mann, Freund des jüngeren Scipio, den er im Jahre 134 nach Numantia begleitete. Lucilius war politisch unabhängig und bekleidete nie ein Staatsamt. Er war ein Kenner griechischer Literatur und hellenistischer Philosophie, war aber auch im lateinischen Schrifttum zu Hause. Auch Lucilius lebte in einer Zeit politischen und gesellschaftlichen Umbruchs, und so widmete er seine Satire weitgehend der Gesellschaftskritik. Er war ein ungestümer Mann, der seine Meinung rückhaltlos aussprach und die verschiedenen Stände kritisch schilderte. Auf ihn geht die horazische Art zurück, von aktuellen Anlässen auszugehen. Seit Lucilius empfand man die Streitbarkeit als Hauptmerkmal der Satire. Lucilius erzählte von Krieg, Reise- und Liebesabenteuern, Gerichtsverhandlungen und Gladiatorenkämpfen, besprach Fragen der Moral und der Politik und behandelte Probleme der Homerkritik, der Grammatik, Prosodie, Orthographie, Etymologie. Auch über Rhetorik, Poetik, Ästhetik äußerte er sich, hierin Vorgänger des Horaz der Literaturbriefe. Neben Ennius boten für Lucilius Anregungen auch die politischen Spottverse und Kampfschriften jener Zeit. Die Form seiner Satiren war bunt: es gab Erzählungen, Dialoge, Vorträge, Betrachtungen, Mahnungen, Briefe. Die Sprache freilich war oft holperig, das Metrum war ungenau, die Komposition wies Mängel auf. Die metrische Form der Satiren des Lucilius wandelte sich allmählich. In den ältesten, dem 26. und 27., seiner 30 Satirenbücher findet sich die mehr volkstümliche Versform des trochäischen Septenars. Dann traten Gedichte in jambischen Senaren hinzu; später erscheint nur mehr der daktylische Hexameter. Weiterentwickelt wurde die Satire durch Marcus Terentius Varro (116–27 v. Chr.), den römischen Polyhistor. Dieser schrieb seine ‚Saturae Menippeae‘ zwischen 80 und 67. Es war ein Werk von 150 Büchern, in dem Prosa und Verse gemischt waren, wobei vermutlich der Hauptteil in Prosa gestaltet war und die Poesie den Zierat bildete. Jede Satire hatte einen eigenen Titel (lateinisch, griechisch oder lateinisch und griechisch; erhalten sind etwa 90 Titel und rund
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600 Fragmente). ‚Saturae Menippeae‘ heißen sie nach dem Kyniker Menippos aus Gadara (um 250 v. Chr.), der die Gattung des sogenannten „Spudaiogeloion“ gepflegt, das heißt in scherzhaftem Tone ernste Wahrheiten der Philosophie in einer aus Prosa und Poesie gemischten Darstellung erörtert hatte. Varros menippeische Satire bezweckt eine Reform der herrschenden Schicht; sie fordert Besinnung auf die Werte des alten Rom, den mos maiorum, und fordert ein naturgemäßes Leben. So stellt Varro Einst und Jetzt gegenüber, fordert, man solle seine Bedürfnisse einschränken, und zieht gegen Habgier, Schlemmerei und Luxus zu Felde. Er möchte Unterhaltung und Nutzen für das Leben bieten, will – wie Horaz – lachend die Wahrheit sagen. Varros Menippeen boten eine bunte, oft phantastische Szenerie; ihre Sprache zeigte die verschiedensten Stilarten. Die Satiren waren übersichtlich und klar gebaut. Horaz übernahm von Varro nicht die Form, doch bezog er wie Varro die hellenistische Popularphilosophie in seine Satiren ein, besonders im zweiten Buch. Auch für das dialogische Element der Satire bildet Varro (neben anderen) den Mittler zwischen Lucilius und Horaz.
Die Horazische Satire Horaz hat die Satire des Lucilius übernommen und zu künstlerischer Form entwickelt und vertieft. Ohne Zweifel half die Philosophie bei dieser Verinnerlichung. Besonders die hellenistischen Wanderprediger mit ihren Diatriben (Predigten mit Beispielen aus Mythos und Alltag, mit Wortspielen und Anekdoten) boten Philosophie für das tägliche Leben. Bekanntester Lehrer solcher Ethik war Bion von Borysthenes (um 300 v. Chr.), von dessen kynisch-stoischer Predigt man schon die horazische Satire ableiten wollte. Sicher hat die Diatribe Einfluss auf die horazische Satire, doch steht diese mit ihrer formalen Kunst und inneren Freiheit hoch über der Schulphilosophie. Die Kyniker waren Philosophen einer von Antisthenes begründeten Richtung; sie wollten die Freiheit des Menschen von gesellschaftlichen Bindungen durch persönliche Bedürfnislosigkeit erreichen und erstrebten Unabhängigkeit von jedem Vorurteil. Durch ärmliche Kleidung und derbes Betragen suchten sie Aufmerksamkeit zu erregen, wie etwa Diogenes. Weiter waren Lehrer des Horaz die Stoiker und Epikur. Auch sie erstrebten innere Unabhängigkeit. Epikur lehrte, die Lust und das Freisein von Schmerz bilde die Grundlage der Glückseligkeit. Der Mensch müsse die Begierden beherrschen, um innere Ausgeglichenheit bewahren zu können; besonders müsse man die Furcht vor dem Tode und den Göttern bekämpfen. Auch die Stoiker suchen das Glück, doch finden sie es in der Tugend; als deren Grundlage fassen sie das tätige Eingreifen in das Geschehen der Außenwelt
Die Horazische Satire
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auf. Menschliche Tugend, deren Hauptteile die vier (platonischen) Haupttugenden Gerechtigkeit, Einsicht, Tapferkeit, Besonnenheit seien, zeige sich in der vollkommenen Pflichterfüllung im Dienste der Menschheit. Man darf aber nicht sagen, der Weg des horazischen Denkens habe von Epikur zur Stoa geführt. Horaz war nie einer Sekte verschworen, trug auch innere Spannungen in sich, die ihn beiden Schulen annäherten. Immerhin ist das erste Satirenbuch stärker epikureisch, das zweite stoisch gefärbt. Ob Horaz seine Satiren als ‚Sermones‘ bezeichnet hat, ist eine Frage; sat. 1,4,42 spricht zumindest dagegen, dass er seine ersten Satiren so nannte. Einen Teil seiner Satire verdankt Horaz seinem Vater, dessen Erziehung das warnende Beispiel fremder Fehler hervorhob. Ihm selbst gehört die Weisheit, die lachend die Wahrheit sagt; das Wort ridentem dicere verum (sat. 1,1,24) ist das beste Kennzeichen der horazischen Satire. Man soll lachend die fremde und eigene Torheit erkennen. Daher gibt es bei Horaz weniger Angriff und Spott als Darstellung von Erkenntnissen. Er tritt den Menschen wohlwollend entgegen und zeigt ihre Schwächen in heiterem Ernst. Bis zu einem gewissen Grade waren aber wohl auch die veränderten gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse an dieser Richtung der horazischen Satire beteiligt. Während Lucilius noch den „Sünder“ selbst angreifen konnte, war Horaz eher gedrängt, nur die „Sünde“ aufs Korn zu nehmen, wenn er Unannehmlichkeiten vermeiden wollte. Mittel seiner Satire sind folgende: Kontrastierende Bilder von Lebensweisen sowohl als Kunstmittel wie als Vorführung von Extremen, zwischen denen das Rechte liegt (wobei Horaz jede Schwarz-Weiß-Malerei meidet), lustige Anekdoten, die zur Auflockerung dienen, Fabeln, die als „Grenzrain zwischen Poesie und Moral“ (Lessing) Lehre und poetisches Bild vereinen, Abbildungen des Lebens, die Fehler geistvoll vorstellen, ohne zu verzerren, keine Predigt, sondern Beobachtung. Der Realismus geht manchmal ins Derbe, fast Überderbe; vgl. sat. 1,2,25 ff.: Einer geht mit hängender Tunika, einer hat sie bis zur Scham hinaufgezogen, Rufillus duftet nach Pastillen, Gargonius stinkt wie ein Bock. Heitere Komik: Horaz schildert fremdes und eigenes Handeln in lustig übertreibender Form. Parodie fremder und eigener Dichtungen: Horaz baut in das Kunstwerk seiner Satire Anspielungen auf andere Dichtungen und Gattungen ein, so dass ein beziehungsreiches Gebilde entsteht. Gelegentlich wird die Selbstparodie gepflegt (vgl. sat. 2,7,46–65 mit sat. 1,2); Horaz zeigt deutlich, wie frei er sich selbst gegenübersteht. Mit der Parodie verwandt ist die Ironie, die bei Horaz als Mittel der Selbstdarstellung und dichterischen Gestaltung auftritt. Hinzu kommen mythologische und historische Beispiele, Anekdoten, Sprichwörter, Personifikationen, Beispiele aus dem Tierleben. Wichtige Grundlage dieser Satire sind die unverkrampfte Art und die verborgene Tiefe, der die so einfach erscheinende Darstellung entspringt.
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Noch nicht untersucht ist die Bedeutung des Mythos in Horazens hexametrischer Dichtung. Oft dient der Mythos zur Illustration eines Gedankens mit Beispiel, Vergleich, Analogie. Die mythologischen Szenen sind real aufgefasst, werden sogar in den komischen Vergleich hineingezogen (sat. 1,1,100 fortissima Tyndaridarum). Gerne wird Homer zitiert; epist. 1,2 ist Odysseus, epist. 1,7 Telemachos als Vorbild rechtschaffener Art hingestellt.4 Horaz betrachtet in seiner Satire das Leben der ihn umgebenden Gesellschaft; er deckt ihre Fehler auf und gibt sie der Lächerlichkeit preis. Dabei sucht er sich selbst in Distanz zu diesen Fehlern zu stellen und kämpft gegen Ehrgeiz, Geldgier und Leidenschaft. Im Lernen aus fremdem Fehlverhalten sucht er sich selbst zu erziehen und innere Freiheit zu gewinnen. Horaz könnte wie Goethe sagen, dass jeder, der seine Werke las, innere Freiheit erlangen konnte. Herder schreibt: „Horaz macht die Seele frei von jedem Vorurteil, von jeder Bürde und Afferei des Lebens. Und zwar tut er dies nicht ernst und steif …, sondern als ob er’s nicht täte.“ Horaz wusste durchaus von der Verpflichtung eines römischen Dichters zur politischen Aussage im Dienste seines Volkes. So gab er in den Epoden seiner Verzweiflung über die politischen Wirrnisse des Bürgerkrieges Ausdruck, stellte aber auch den Dichter dar, wie er öffentliche Verantwortung fühlt und auszuüben sucht. Die Oden zeigen vielfach die Sorge des Dichters um Staat und Gesellschaft und geben der Sehnsucht nach Frieden Ausdruck. In den Römer oden steigt Horaz empor zur Haltung des vates (Sehers), der begeistert sein Volk Sitte und Disziplin lehrt und das Reformprogramm des Augustus unterstützt. In den Satiren des Horaz aber ist das Politische weitgehend ausgespart, obschon die Satirenbücher in der Zeit zwischen Philippi und Actium erschienen. Das kommt nicht nur davon, dass das Politische vorwiegend in den Epoden und Oden Eingang fand und dass der Stil der horazischen Satire der Politik nicht zugeordnet ist; in Horaz stehen epikureische Distanz und politische Verpflichtung spannungsreich nebeneinander. Zudem ließ damals die politische Vergangenheit des Horaz, der ja eben erst amnestiert worden war, eine politische Satire wenig geraten erscheinen. Wie Lucilius lebte Horaz in einer Zeit des politischen Umbruchs, doch konnte der Sohn des Freigelassenen nicht so schreiben wie der selbstbewusste kampanische Ritter.
4 Nur eine Vorarbeit zur Erforschung des Themas „Horaz und der Mythos“ ist der Aufsatz von Domenico Bassi, La mitologia in Orazio, in: Reale Istituto Lombardo di Scienze e Lettere; Rendiconti, Classe di Lettere 76, Milano 1942–43, 41–58; einen guten Überblick gibt T. Oksala, Religion und Mythologie bei Horaz, Helsinki 1973. [Vgl. nunmehr auch Johannes Breuer, Der Mythos in den Oden des Horaz. Prätexte, Formen, Funktionen. (Hypomnemata 178) Göttingen 2008.]
Die Satirenbücher
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Die Satirenbücher Horaz schrieb seine Satiren als Einzelwerke, die er im Freundeskreise herumgehen ließ, doch plante er wohl von Anfang an ein Buch und stellte die Satiren in einen genau berechneten Rahmen. Geschrieben sind die Satiren des ersten Buches zwischen den Jahren 41 und (etwa) 33, wobei die Bekanntschaft mit Maecenas einen Einschnitt bildet. Satiren, die diese Beziehung voraussetzen, sind nach 38 verfasst. Veröffentlicht ist das erste Satirenbuch zwischen 35 und 33. Es bietet neben leichter Unterhaltung für gesittete Menschen scharfe Angriffe und persönlichen Spott und zeigt Horaz im Bewusstsein des Gegensatzes zu seiner Umwelt. Doch schon hier beginnt das Ringen um Maß im langsamen Zurücktreten von Derbheit und Härte. Die Anordnung der Satiren des ersten Buches ergibt einen feinen, spannungsund beziehungsreich gegliederten Organismus. Die zehn Gedichte teilen sich in gleiche Hälften mit je fünf Stücken, wobei die Anrede an Maecenas in sat. 1,6 den Neuansatz bezeichnet. Die Zehnzahl und die symmetrische Einteilung in zweimal fünf Satiren bedeutet eine Huldigung an Vergils (zehn) ‚Bucolica‘, die im Jahre 39 in ähnlichem Aufbau erschienen waren. Die Gliederung nach Hälften ist überlagert von einem triadischen Aufbau. Die Satiren 1–3 bieten moralische Lehre, 4–6 handeln vom Dichter Horaz, 7–9 erzählen lustige Geschichten; die 10. Satire bildet den Epilog mit der Charakteristik der horazischen Satire. Weiterhin ergeben die Satiren 4 und 5, 9 und 10 je ein chiastisch geordnetes Themenpaar (Satirendichtung in 4 und 10, persönliche Erlebnisse in 5 und 9), so dass ein lebendiger Organismus entsteht.5 Das zweite Satirenbuch ist etwa im Jahre 30 veröffentlicht. Es behandelt mehr typische Zustände und Lehren der kynisch-stoischen Popularphilosophie. Neben Lehren zur Erringung des Lebensglücks stehen Karikaturen, doch sind diese eher allgemeiner Art, nicht persönlich gezielt. Dies zeigt auch die Verminderung der Zahl von Eigennamen im zweiten Buch. Horaz löst sich immer mehr vom Persönlichen. In der 1. Satire verteidigt sich Horaz gegen den Vorwurf zu großer Schärfe, in der 6. schildert er das Glück ländlichen Lebens auf seinem Gut und die Unruhe des Stadtlebens. In der 2. Satire preist der genügsame Landmann Ofellus die Vorzüge des einfachen Lebens. In der 3. Satire wird das stoische Paradoxon besprochen, dass außer dem Weisen alle Menschen Toren und dass alle Toren verrückt seien. Die 4. Satire verspottet übertriebene Kochkünste. In der 5. Satire wird witzig die Kunst der Erbschleicherei gelehrt. Der Sklave Davus entwickelt in der 7. Satire das stoische Paradoxon, dass nur der Weise frei, alle an5 Vgl. N. Terzaghi, Sulla composizione del primo libro delle Satire di Orazio, in: N. Terzaghi, Studia Graeca et Latina (1901–1956), Turin 1963, 1004–1021.
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deren aber Sklaven seien. Satire 8 schildert das verunglückte Gastmahl eines reichen Emporkömmlings. Der Ton dieses Buches ist gegenüber dem ersten reifer, der Stil noch gewandter; nun herrscht der Dialog, was auch auf die stärkere Beschäftigung des Dichters mit Popularphilosophie zurückgehen wird. Die Satiren sind streng komponiert und thematisch geschlossen. Horaz tritt stärker zurück. Im ersten Buch sprach er (mit einer Ausnahme: 1,8) selbst über das Leben; jetzt lässt er häufig andere lehren. Manche Satiren des zweiten Buches nähern sich durch ihre phantastische Einkleidung den Humoresken des Menippos und Varro. Schon in der attischen Komödie und später von Kynikern verwendet war das homerische Motiv der Hadesfahrt (sat. 2,5). Der Umfang des zweiten Buches ist dem des ersten etwa gleich (1030 und 1083 Verse). Sein Aufbau ähnelt dem des ersten: Es hat zwei symmetrische Reihen von je vier Satiren, wobei sich Satire 1 (Konsultation des Trebatius) und 5 (Konsultation des Teiresias) entsprechen, ebenso 2 (Landleben und Lebenskunst des Ofellus) und 6 (des Horaz),6 3 und 7 (stoische Paradoxa), 4 und 8 (Essen und Gastrosophie). Die Abwechslung von kurzen und längeren Stücken hat später Seneca nachgeahmt.7
Die Episteln des Horaz Die griechische Literatur bot schon Vorläufer des horazischen Briefes. So gab es in der alexandrinischen Elegie die Form des Briefes, doch ist eine Sammlung poetischer Briefe in der griechischen Literatur nicht bekannt. Der belehrende Prosabrief war in Hellas seit Isokrates längst heimisch zur Behandlung philosophischer, wissenschaftlicher und grammatischer Fragen. Epikurs Briefe an seine Anhänger waren weit verbreitet. In Rom war der Lehrbrief beliebt, so, wenn der Vater den Sohn in seine Erfahrungen einführte. Weiter hatte Spurius Mummius, der seinen Bruder, den Konsul Lucius, als Legat in den achäischen Krieg begleitete, von Korinth aus an seine Freunde Briefe in heiteren Versen geschickt, die noch Cicero las (vgl. Briefe an Atticus 13,6,4); doch waren dies keine wirklich literarischen Briefe. Vielleicht waren die zwei Arten des horazischen Briefes, Gelegenheitsbrief und Belehrung in Briefform, bei Lucilius vorgebildet; im 5. Satirenbuch beschwert sich dieser bei einem Freund, der sich während einer Krankheit nicht um ihn 6 Vgl. auch W. Ludwig, Die Komposition der beiden Satirenbücher des Horaz, Poetica 2, 1968, 305–325. 7 Vgl. G. Maurach, Der Bau von Senecas Epistulae Morales, Heidelberg 1970, 196 f.
Die Episteln des Horaz
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gekümmert hatte, im 26. gibt er einem Historiker Ratschläge für seine Arbeit, beide Male wohl in Briefform. Weiterhin gab es bei Catull poetische Briefe, besonders den Trostbrief an Allius (carm. 68). In Prosa kannte man die Briefe der Cornelia an ihre Söhne, die Gracchen, und Ciceros Briefe waren in mehreren Büchern veröffentlicht. Woher Horaz die Anregung zu seinen Episteln nahm, ist schwer zu sagen; Ciceros Briefe regten ihn wohl ebenso an wie die des Epikur. Nach dem Erscheinen der Oden (Buch 1–3) im Jahre 23 kehrte Horaz zu seinen „Plaudereien“ zurück, nun in der neuen Form des Briefes. Dabei konnte er an sat. 1,6 anknüpfen, in der schon fast eine Epistel (an Maecenas) vorliegt. Auch hier aber schuf Horaz ein eigentlich neues und eigenständiges Genos, den philosophischen poeti schen Brief, und wurde so zum Schöpfer einer in der europäischen Literatur vielfach weitergeführten Gattung. Verfasst wurden die Briefe des ersten Buches in den Jahren 23–20, herausgegeben wohl im Jahre 20. Das Buch umfasst 20 poetische Briefe an zwanzig verschiedene Empfänger; die runde Zahl weist auf ein einheitlich gedachtes Buch. Epistel 13 ist wohl (nach Carl Becker) der früheste Brief; in die Jahre 22 und 21 gehören vermutlich die Briefe 10, 14, 16, 7, in das Jahr 20 wohl 20, 1, 19, 2, 8, 9, 18, 12, 17. Einige Episteln waren wirkliche Briefe; die Mehrzahl ist fingiert. Auch die Briefe, die einem echten Briefanlass entsprungen scheinen, wenden sich nicht nur an den Empfänger, sondern an den Leser allgemein. Das persönliche Verhältnis zwischen Horaz und dem Angeredeten gibt den Anlass zu einer verallgemeinernden Sicht. Die Episteln skizzieren dramatisch eine Reihe von Situationen, in denen sich der Dichter und seine Freunde befinden, und geben taktvolle Lösungen oder Erklärungen dafür. Die Episteln sind eine neue literarische Form. Sie sind dabei tiefer und ernster als die Satiren, sind allgemeiner und philosophischer. Ein Werk, das den Unterschied im Stil der Satiren und Episteln herausarbeitet, steht noch aus. Horaz zählt jedenfalls auch die Episteln zu den sermones (epist. 2,1,250), und sicher bieten sie auch satirische Elemente. Viel stärker tritt die horazische Ironie hervor. Drastische Züge fallen weg, es finden sich weniger Abschweifungen und weniger Einzelheiten. Horaz zeigt ein erhöhtes Bestreben, bei feinster Formung den Schein zwangloser Plauderei zu erwecken, ohne auf Einheit und strengen Zusammenhang der Gedanken zu verzichten. Bemerkungen, Episoden, Geschichten durchkreuzen den geraden Vortrag, doch bei näherem Hinsehen erkennt man, dass sie alle einem festen Ziel zustreben. Die Sprache ist – dem Genus des Briefes entsprechend – feiner als in den Satiren; niedrige Ausdrücke fehlen. Die Komposition ist ausgefeilt, der Versbau bietet kaum Härten. Die Darstellung schmiegt sich eng an den Stoff an und schlägt bald höhere, bald schlichtere Töne an.
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Das erste Epistelbuch In den Episteln tritt die Schärfe der Satire zurück; Horaz trägt hier mit vollendeter Urbanität Lebensweisheit vor. Dabei schreibt er nicht eigentlich Briefe. Der Anlass ruft zwar den Brief hervor, doch hat er damit seine Aufgabe meist erfüllt. Höchstens spielt der Adressat eine gewisse Rolle als Gesprächspartner. Das erste Epistelbuch mit seiner Mahnung zu Einkehr und innerer Befreiung ist auch für Horaz geschrieben, es dient – ähnlich wie bei Seneca – seiner Selbstgestaltung. Die Philosophie hilft dem Menschen zu Weisheit und Glück. Horaz empfindet dabei sich selbst wie auch seine Leser als gespalten in ein rationales Ich, das den rechten Weg anstrebt, und in ein irrationales, das in Leidenschaft und Unklarheit befangen ist und geläutert werden muss. So stellt er sich dem Leser dar ohne Eitelkeit, nicht als der Weise, aber doch als einer, der besser weiß als die meisten, was not tut. Diese Selbstdarstellung aber ist nicht Selbstzweck, sondern dient als Vergleich der Belehrung. Die persönlichen Einzelheiten und Bezüge lockern dabei die ethischen Betrachtungen auf und verleihen ihnen Lebensnähe. Horaz suchte sich aus den verschiedenen philosophischen Lehrsystemen eine eigene Weltanschauung zu bilden, und die Briefe bezeugen sein Mühen: Horaz empfiehlt das Studium der Philosophie (1 und 3), preist den Gleichmut der Seele, der allein die richtige Einschätzung der Dinge ermöglicht (6), und lehrt, dass unser Glück nicht von unserem Aufenthaltsort abhängt (11). Man muss, sagt Horaz, das Rechte um seiner selbst willen tun (16). Immer wieder preist er Zufriedenheit und Beschränkung, besonders im Leben auf dem Lande (10, 14 und 16). Scherzhaft bezeichnet er sich auch als Jünger Epikurs (4).8 Die Beherrschung des Lebens durch den Geist prägt das erste Epistelbuch und macht es zu einem der schönsten Werke römischer Literatur; Eduard Fraenkel empfand es als „das harmonischste aller Bücher des Horaz“.9
8 Vertreter der Lehre Epikurs wurden im Jahre 154 (nach Athenaios 12, 547 A) oder 173 v. Chr. (vgl. W. Schmid, RAC 5, 1962, 761) aus Rom ausgewiesen. Lucilius verspottete zwar Albucius als „perfekten Epikureer“ (Cicero, Brutus 131; Frg. 89–95 Krenkel), bekleidete aber selbst – wie Epikur – nie ein Staatsamt, blieb Junggeselle und schrieb in seinen Satiren über Epikur. Später war Lukrez der Künder epikureischer Lehre in Rom. Cicero, wie zur Zeit des Horaz das offizielle Rom, stand Epikurs Lehre höchst reserviert gegenüber. 9 Horaz. Darmstadt 61983, 364. Vgl. E. Turolla, Unità ideologica e tematica nel primo libro delle epistole Oraziane, Giornale Italiano di Filologia 4, 1951, 289–306, und G. Maurach, Der Grundriß von Horazens erstem Epistelbuch, Acta Classica 11, 1968, 73–124.
Das zweite Epistelbuch
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Das zweite Epistelbuch Das zweite Buch der Episteln ist der Theorie der Dichtkunst gewidmet. Mit theoretischen Fragen der Dichtung hatte sich Horaz schon sat. 1,4 beschäftigt. Nun schreibt er darüber ein ganzes Buch. Der erste Brief, an Kaiser Augustus gerichtet, mag im Jahre 14 geschrieben sein. Epist. 2,2 ist wohl vor epist. 2,1 verfasst, vielleicht im Jahre 18 oder zwischen 20 und Oktober 18. Das dritte Werk, die sogenannte ‚Ars Poetica‘ (Epistula ad Pisones), ist vielleicht um 20/19 entstanden. Allerdings gibt es auch spätere Ansätze, etwa ins Jahr 18 oder sogar in die Zeit zwischen 13 und 8, also in die letzten Jahre des Dichters. Die Entscheidung über diese Frage hängt von der Bestimmung des Adressaten ab, denn es bieten sich verschiedene Mitglieder der Pisonischen Familie an, denen die ‚Ars Poetica‘ gewidmet sein könnte, und je nachdem, für welchen Adressaten man sich entscheidet, fällt die Entscheidung über die Datierung aus. Ein klares Ergebnis in dieser Frage konnte bisher nicht erzielt werden. Es ist schwer zu sagen, ob die ‚Ars Poetica‘ zum zweiten Epistelbuch gehört. Die Grammatiker zitieren den Pisonenbrief als Werk für sich (Ars Poetica), aber auch als Teil der Episteln. Die ‚Ars Poetica‘ ist in unseren Handschriften von den zwei anderen großen Briefen getrennt und bildet einen besonderen Teil nach den Oden. Villeneuve (Epistel-Ausgabe 138) glaubt, dass das zweite Epistelbuch überhaupt erst späterer Anordnung entstamme, etwa der Zeit von Sueton. Andererseits ist dieses Epistelbuch mit der ‚Ars Poetica‘ etwa gleich lang wie das erste (962 und 1006 Verse). Weiter ist die ‚Ars Poetica‘ gerade kein Lehrgedicht, sondern ein Kunstbrief, und die lockere Darstellung, die gleitenden Übergänge und die Briefform beweisen ihre Zugehörigkeit zum horazischen Sermo. Die Bezeichnung als ‚Ars Poetica‘ stammt wohl auch nicht von Horaz, der in diesem Brief kein Kunstsystem gibt, sondern zeigen will, dass Begabung und Genie ohne künstlerisches Urteil und strenge Zucht nicht bestehen können. Der erste Brief des zweiten Buches behandelt die zeitgenössische Dichtkunst und ist gegen das Vorurteil für die älteren römischen Dichter gerichtet, gegen das selbst die besten Modernen vergeblich ankämpfen. Der zweite Brief an Julius Florus entschuldigt Horaz, dass er nicht mehr dichte. Er sei dafür zu alt und beschäftige sich lieber mit Philosophie. Zudem wolle er sich von dem lästigen Zunftwesen der Dichter fernhalten. Am Ende steht ein Wort an die mit ihrem Werk so leicht zufriedenen Dichter: Man müsse die Schreibtafel mit gleichem Ernst zur Hand nehmen wie ein gewissenhafter Zensor.
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Zur Form der horazischen Satire Horaz rechnet seine Satiren (wie die hier mit einbezogenen Episteln) nicht zur Poesie; die Muse der Satire „geht zu Fuß“ (sat. 2,6,17; 1,4,39 f.). Die Hexameter, in denen die Satiren und Episteln geschrieben sind, zeigen aber an Stelle der Ungebundenheit des Lucilius straffe Formung und Zucht. Die Sprache ist locker und gesammelt zugleich. Mühelos passt sie sich dem Gegenstand an, und zwischen lockeren Sätzen findet sich oft eine dichterisch unübertreffliche Stelle. Quintilian rühmt Anmut und Grazie in der Lyrik des Horaz und lobt seine „glückliche Kühnheit“ in der Wortwahl (inst. or. 10,1,96); man wird dieses Wort auch auf seine hexametrischen Werke anwenden. Horaz besitzt auch die Kunst der „klugen Verbindung“ der Wörter (Ars Poetica 47 f. callida ... iunctura), die er selbst als Vorbedingung großer Dichtung bezeichnet. Wie er sich die Sprache der Satire wünscht, sagt er sat. 1,10,7 ff. Die Satiren und Briefe bieten die gebildete Umgangssprache Roms, teils mit Wörtern, die der Volkssprache nahe stehen, wie caballus, ambulare, bellus, teils mit derben Ausdrücken. Im Laufe der Zeit steigert Horaz aber die Dezenz seiner Sprache. Die Diktion steht der Prosa nahe, ist aber durch Rhythmus, Wortstellung und Sprachkunst in ein heiteres Allegro gehoben. Ihre Lebendigkeit ist so groß, dass sie den Hexameter geradezu als Mittel ihrer Bewegung verwendet. Zur Munterkeit der Sprache tritt Eleganz des Ausdrucks. Hervorzuheben ist auch die Klarheit der Sprache, wofür sat. 2,2,129 ff. als Beispiel angeführt sei. Hier wird durch eine Reihe von gliedernden Hinweisen der Gedankengang mit höchster Deutlichkeit vorgeführt (nec illum nec me nec quemquam – nos – ille illum – aut – aut – postremum – nunc – nuper – sed – nunc mihi, nunc alii). Wie differenziert und bunt die Sprache des Horaz ist, kann Satire 1,5 mit ihrer Variation der Ausdrücke für Reisen und Ankommen oder Satire 2,3 mit ihren Synonymen für „verrückt“ zeigen. Appositionen sorgen nicht selten für Farbe und Schmuck (so sat. 2,6,12 f. aravit, dives amico Hercule), und häufig lässt Horaz die Aussage immer plastischer werden, so sat. 1,1,81 ff. habes qui adsideat, fomenta paret, medicum roget, ut te suscitet ac reddat gnatis carisque propinquis. Dabei sagt die Sprache des Horaz mit wenigen Worten viel. Man bedenke nur, wie viel Inhalt und „Welt“ die gut hundert Verse des ‚Iter Brundisinum‘ (sat. 1,5) enthalten. Diese Dichtung fordert langsames, hellhöriges Lesen; nur dann lässt sich ihre Feinheit erfassen. Gelegentlich ist dabei einem kurzen Satz stärkeres Gedankengewicht aufgelastet; so muss sat. 1,2,46 Galba negabat für den ganzen Gedanken stehen: „Obschon nun gezeigt wird, wie gefährlich es ist, Ehebruch zu treiben, ist ein Narr wie Galba nicht gewillt, es zuzugeben, sondern bleibt bei seiner übertriebenen Verrücktheit.“ Bilder und Personifikationen beleben immer wieder die Darlegung. Die Vergleiche wirken weniger schmückend als beleh-
Zur Form der horazischen Satire
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rend; sie dienen der „Moral“ der Satire. Oft sollen sie den Verstiegenen zu gesundem Menschenverstand herabholen; dadurch wirken sie nicht selten banal. Noch nicht hingewiesen ist auf die gleitende Identifikation bei horazischen Vergleichen; so heißt es epist. 1,2,41 f. vivendi qui recte prorogat horam, rusticus exspectat, dum defluat amnis. Hier wird der Verglichene zum Landmann selbst. Leben bringt auch die Häufung von Wörtern10 in die Satire (so sat. 1,2,1 f.), manchmal fast im Übermaß, so sat. 2,3,57 f. clamet amica, mater, honesta soror cum cognatis, pater, uxor. Starke Emotionen, nicht selten bei persönlichen Erlebnissen, signalisiert die Anapher (z. B. epist. 1,7,25 ff.). Deutlichkeit erzeugen die Eigennamen. Horaz redet nicht von abstrakten Lastern, sondern sorgt durch Namen für individuelles Leben. So reißt nicht ein beliebiger Fluss den Gierigen fort, sondern der Aufidus (sat. 1,1,58). Sicher zielt Horaz auch auf lebende Personen, doch nennt er nicht immer den Namen, sondern wählt ein metrisch gleichwertiges Pseudonym. Auch Umschreibungen wirken belebend. So heißt Homer der „Dichter des trojanischen Krieges“ (epist. 1,2,1 Troiani belli scriptorem), die Ilias ist „die Geschichte, in der erzählt wird, wie wegen der Liebe des Paris Griechenland mit den Barbaren in einem langen Krieg zusammenstieß“ (epist. 1,2,6 f.). Sokrates ist „der Angeklagte des Anytos“ (sat. 2,4,3), das Zwölftafelgesetz sind die „Tafeln, die zweimal fünf Männer aufstellten“ (sat. 2,1,23 f.). Horaz ist ein Meister der lockeren, launigen Erzählung. Er versteht es, Atmosphäre zu schildern, so epist. 1,7,46 ff. in der Geschichte von Vulteius Mena. Hübsch auch die Art, wie er Anekdoten einführt: In einem Gedankengang entfaltet sich eine Geschichte farbig und lebhaft (sat. 1,1,94 ff.). Anekdotenhafte Situationen leisten denselben Dienst, so sat. 2,3,104 ff. (si quis emat citharas ...). Zur Satire gehört komische Übertreibung. So bewirkt der Schwätzer, dass Horaz „der Angstschweiß bis zu den Fußknöcheln hinunterlief“ (sat. 1,9,10 f.). Überhaupt verwendet Horaz die Steigerung, um Spannung zu erzeugen, so sat. 2,3,69 f. scribe decem a Nerio: non est satis; adde Cicutae nodosi tabulas, centum, mille adde catenas („Lass durch den Bankier Nerius den Betrag von zehntausend Sesterzen für dich buchen – nein, das ist noch nicht genug –, füge noch hinzu die von Cicuta erfundenen, verzwickten Schuldscheine, füge hundert, ja tausend Klauseln hinzu“ usw.). Dieser Sprache eignet auch ein mimetischer Zug, in Versen wie sat. 1,1,34 ore trahit quodcumque potest atque addit acervo, wo die Handlung des Tieres die Bewegung der Sprache konstituiert. Solche Mimesis wirkt auch komisch; so ist sat. 1,2,31 ff. die Ansicht Catos in erhabenem Ton eingeführt, während Cupien
10 congeries: Häufung von synonymischen und verwandten, aber auch gegensätzlichen Begriffen zur Erhöhung von Wirkung und Komik
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nius spitz und großstädtisch näselnd seinen Kommentar dazu gibt. In sat. 1,2,120 ersetzt Sprachmimetik den Namen: Jemand ist ein „Komme gleich“. Ein wichtiges Stilmittel ist der Dialog, der im zweiten Satirenbuch verstärkt auftritt. Man kann bei Horaz verschiedene Dialoge unterscheiden, dramatische, rhetorisch-belehrende, historische, mythische. Sogar der Leser wird in den Dialog hineingezogen, wird angeredet, erhält Befehle. Die Fragen, die Horaz stellt, sind von verschiedener Tönung, von gutmütig lehrender Frage bis zur bedrängenden Ausforschung fremden Lebens. Oft packt der Frager hart zu und entlarvt den Irrenden, der in seinem Irrtum beharrt. Horaz bereichert die Satire auch mit literarischen Motiven. Er baut Anspielungen auf andere Gattungen und Dichtwerke ein, so sat. 2,3,259 ff. den Hinweis auf eine Szene bei Terenz. Solche Zitate sind so elegant eingefügt, dass der Leser keinen Bruch merkt. Auch wird nicht selten mit der Parodie epischer Stellen gespielt.11 Vielfach verwendet Horaz auch Selbstzitate, so sat. 2,7,24 nach sat. 1,1,15 ff. oder sat. 2,6,111 ff., wo die Flucht der Mäuse an die Flucht des Ehebrechers sat. 1,2,127 ff. erinnert. Diese Spiegelungen, die mit gelegentlicher Typik im Ausdruck verwandt sind (so epist. 2,1,259 ferre recusent und Ars Poetica 39 ferre recusent), wären noch zu untersuchen. Kaum ein Dichter führt das Gespräch so elegant wie Horaz. Er lässt die Rede mit kunstvoller Leichtigkeit dahingleiten. Diese Kunst können wir nur schwer erfassen, dann freilich „mit Staunen und innerem Gewinn“.12 Ähnlich kunstvoll ist die Gedankenführung mit ihren gleitenden Übergängen; selten folgt abgesondert Teil auf Teil. „Meist steigen in einem Gedanken ... Nebenmotive auf, er beginnt sich zu drehen, schlägt um und unversehens ist er in einer neuen Richtung, oft auch in einer anderen Stilhöhe angelangt ... Der Tanz aller dieser Wendungen und Bewegungen macht ... das Gebilde der Satire aus“.13 Horaz führt den Leser durch Verschiebung der Nuancen von einem Gedanken zum anderen. Was anfangs Nebengedanke schien, wird später Hauptgedanke.14 All diese Übergänge, unvermittelten Einsätze usw. erzeugen den Schein organischer Gestaltung. Sat. 1,2,28 ff. diene als Beispiel solcher Führung der Rede. Zuerst wird sentenzenhaft gesagt, es gebe bei manchen keinen Mittelweg. Dann werden zwei Geschmacksrichtungen beschrieben. Dafür gibt es je ein Beispiel, eines erhaben 11 Vgl. D. M. Robathan, The Use of Epic Parody in the Satires of Horace, Transactions and Proceedings of the American Philological Association 62, 1931, 31–32. 12 Fr. Klingner, Horazens Brief an Augustus, in: Studien zur griechischen und römischen Literatur, Zürich 1964, 413. 13 Fr. Klingner, Horaz, in: Römische Geisteswelt, München 31956, 329. 14 U. Knoche, Betrachtungen über Horazens Kunst der satirischen Gesprächsführung, Philologus 90 (1935) 379 f.
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eingeführt, eines dünn und näselnd vorgetragen. Dann, Vers 37, neuer Einsatz des Dichters in Predigerhaltung usw. Der Anschluss der zweiten Geschmacksrichtung (30) an das erste Beispiel scheint assoziativ durch das Wort fornice vermittelt (zweimal an gleicher Versstelle, 30 und 31), ist aber bewusste Verkleidung eines Übergangs. Andererseits zieht Horaz klare Linien im Gedankengang, durch die er den Bau der Satire kenntlich macht. So wird sat. 1,3,137 energisch zusammengefasst und der Schluss eingeleitet. Auch sind die Einheiten oft klar gegliedert, vgl. epist. 1,1,25 f.: aeque pauperibus prodest, locupletibus aeque, aeque neglectum pueris senibusque nocebit. Hier führt die Anapher von aeque die Gleichartigkeit vor, prodest steht im Gegensatz zu nocebit; pauperibus und locupletibus, pueris und senibus bilden lebendige Gegensätze. Oft schließen die Satiren oder Episteln auch mit der Aufnahme des Anfangsthemas (zum Teil unter wörtlichem Anklang).15 Der Hexameter fußt auf der verfeinerten Gestaltung, die ihm Lukrez und die Neoteriker gaben. Allerdings ist er freier als im Epos gebaut. Innerhalb des Hexameters wandelt Horaz mit ungemeiner Kunst den Ton. Sein Vers trägt die nüchterne Rede des Alltags, die mürrische Rüge, kennt aber auch den Aufschwung dichterischen Sanges. Manchmal ist er wie in kleine Teile zerbrochen, dann wieder fließt er mit dem Zauber vergilischer Klangfülle.16 Der Prosa nähert er sich vor allem durch Satzende im Vers und kurz vor Versschluss. Das Versende wird – stärker als bei anderen Dichtern – durch einsilbige Wörter aufgelockert, die syntaktisch oft zum nächsten Vers gehören. Die Verwischung der Versgrenze hilft auch das lebendige Gespräch nachzuahmen. Horaz kennzeichnet Teile seiner Satiren und Episteln durch verschieden strenge Metrik. So haben in sat. 1,1 die Verse 1–27 und 108–121, also Eingang und Schluss, strengeren Verscharakter, während der Mittelteil (28–107) metrisch freier gestaltet ist. Ebenso sind die Verse sat. 1,3,1–75 freier, Vers 76 ff. strenger gebaut. In den Episteln verzichtet Horaz auf viele metrische Freiheiten.17 Besonders groß ist bei Horaz die Kunst der Wortstellung. Manchmal wirkt die Wortstellung schwierig und kompliziert; dann entsteht aber ein innerer Zusam-
15 Eine weitgehend zahlensymmetrische Komposition der horazischen Satiren und der ‚Ars Poetica‘ verficht W. Hering (Die Dialektik von Inhalt und Form bei Horaz, Berlin 1979). Trotz vieler guter Einzelbemerkungen ist aber das Prinzip nicht gesichert. 16 R.A. Schröder, Vergil / Horaz, deutsch, in: Gesammelte Werke, Fünfter Band. Berlin / Frankfurt am Main 1952, 788. 17 Vgl. auch G. E. Duckworth, Horace’s Hexameters and the Date of the Ars Poetica, Transactions and Proceedings of the American Philological Association 96, 1965, 73–95.
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menhang der Verse wie selten in römischer Dichtung. Die Spannung zwischen Satzbau und metrischem Schema bewirkt auch Spannung beim Leser. Otto Ribbeck (Geschichte der römischen Dichtung, 2, Stuttgart 1889, 159 f.) hat den Stil der hexametrischen Dichtung des Horaz schön geschildert. Dieser Stil ist „äußerst gelenkig und biegsam, knapp und scharf: rascher, schlagender Wechsel von Frage und Antwort, Rede und Gegenrede, ein höchst angeregtes, unterhaltendes Gespräch, reich an überraschenden Wendungen, den Ton wechselnd, scheinbar abspringend und abgebrochen, dennoch nie den Faden verlierend. Im Ganzen schmiegt sich der Vortrag der gebildeten Umgangssprache an, aber mit feinen Abstufungen dem eingeführten Charakter oder dem besonderen Fall entsprechend mit einem Hauch bald gehobener, bald absichtlich tiefer herabsteigender Ausdrucksweise gefärbt, oder mit neckischen Parodien poetischer Stellen. Bisweilen genügt ein einzelnes Wort, um den kundigen Leser durch eine Anspielung oder eine kleine Bosheit zu erfreuen. Hier und da begegnet eine altertümliche Form, die noch an die catullische Zeit erinnert. Die Wortstellung, welche in gleicher Weise den Bedürfnissen des Verses und den Schattierungen der Betonung entspricht, ist höchst bequem und zwanglos. Mit großer, aber verdeckter Kunst geschieht alles, um dem Vers das Gepräge ungebundener Rede zu geben, ohne doch die Gesetze des Wohllautes und des Rhythmus zu verletzen. Zunächst werden alle diejenigen Formen des Metrums möglichst vermieden, die der höheren oder studierten Poesie eigen sind: es werden diejenigen Einschnitte verhältnismäßig bevorzugt, die den natürlichen (trochäischen) Tonfall der lateinischen Sprache zu Gehör bringen. Häufige Spondeen machen den Eindruck behaglicher, lässiger Ruhe, und überhaupt ist für malerische Uebereinstimmung des Inhaltes mit dem Tonfall mit großer Feinheit gesorgt. Verschleifungen der Vokale werden wie in der mündlichen Rede ohne ängstliche Auswahl reichlich verwendet.“18 [Otto Schönberger]
18 Zum dichterischen „Typus“ des Horaz vgl. Th. Halter, Vergil und Horaz. Zu einer Antinomie der Erlebensform, Bern 1970.
Q. HORATI FLACCI SERMONES ET EPISTULAE HORAZ SATIREN UND BRIEFE
S ER M ONU M L IB E R PRI O R I Qui fit, Maecenas, ut nemo, quam sibi sortem seu ratio dederit seu fors obiecerit, illa contentus vivat, laudet diversa sequentis? ‘o fortunati mercatores’ gravis annis miles ait, multo iam fractus membra labore; contra mercator navim iactantibus Austris: ‘militia est potior. quid enim? concurritur: horae momento cita mors venit aut victoria laeta.’ agricolam laudat iuris legumque peritus, sub galli cantum consultor ubi ostia pulsat; ille, datis vadibus qui rure extractus in urbem est, solos felicis viventis clamat in urbe. cetera de genere hoc – adeo sunt multa – loquacem delassare valent Fabium. ne te morer, audi, quo rem deducam. si quis deus ‘en ego’ dicat ‘iam faciam quod voltis: eris tu, qui modo miles, mercator; tu, consultus modo, rusticus: hinc vos, vos hinc mutatis discedite partibus. eia, quid statis?’ nolint. atqui licet esse beatis. quid causae est, merito quin illis Iuppiter ambas iratus buccas inflet neque se fore posthac tam facilem dicat, votis ut praebeat aurem? praeterea, ne sic ut qui iocularia ridens percurram – quamquam ridentem dicere verum quid vetat? ut pueris olim dant crustula blandi doctores, elementa velint ut discere prima – sed tamen amoto quaeramus seria ludo: ille gravem duro terram qui vertit aratro, perfidus hic caupo, miles nautaeque, per omne audaces mare qui currunt, hac mente laborem sese ferre, senes ut in otia tuta recedant, aiunt, cum sibi sint congesta cibaria: sicut parvola – nam exemplo est – magni formica laboris ore trahit quodcumque potest atque addit acervo quem struit, haud ignara ac non incauta futuri. quae, simul inversum contristat Aquarius annum, non usquam prorepit et illis utitur ante quaesitis sapiens, cum te neque fervidus aestus demoveat lucro neque hiems, ignis mare ferrum, nil obstet tibi, dum ne sit te ditior alter. quid iuvat inmensum te argenti pondus et auri
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S AT I R E N – E R ST E S B UCH Satire 1,1 Wie kommt es, Maecenas, dass niemand in dem Stande zufrieden lebt, den ihm eigene Überlegung angewiesen oder der Zufall aufgedrängt hat, sondern jeder die glücklich preist, die einen ganz anderen Beruf ausüben? „O wie glücklich sind die Kaufleute!“, ruft der von der Last der Jahre gebeugte Soldat, dessen Körper von den vielen Anstrengungen zermürbt ist. Der Großkaufmann dagegen sagt, wenn der Südwind sein Schiff hin- und herschleudert: „Ein Soldat hat es doch besser! Und warum? Es geht zum Kampf, und im Verlauf einer Stunde eilt ein schneller Tod oder fröhlicher Sieg herbei.“ Den Bauern preist der Rechts- und Gesetzeskundige glücklich, wenn um die Zeit des ersten Hahnenschreis ein Klient an seine Türe pocht. Der Bauer aber, der Bürgen gestellt hat und daher vom Land in die Stadt gehen muss, schreit laut, die Leute allein seien glücklich, die in der Stadt leben. Die Aufzählung aller anderen Beispiele dieser Art könnte sogar den Schwätzer Fabius todmüde machen, so viele gibt es. Um dich aber nicht hinzuhalten, vernimm, wo ich mit der Sache hinauswill! Wenn ein Gott sagte: „Nun gut, ich will jetzt eure Wünsche erfüllen. Du, der du eben noch Soldat warst, sollst Kaufmann, und du, eben noch Jurist, sollst Bauer sein. Ihr habt eure Rollen getauscht, nun verlasst eure Plätze und geht eurer Wege! Flink doch! Was steht ihr denn noch da?“ Ja, dann möchten sie nicht. Und doch könnten sie jetzt glücklich sein. Wäre es da ein Wunder, wenn Jupiter in gerechtem Zorn die Backen gegen sie aufbliese und erklärte, er werde in Zukunft nicht mehr so gefällig sein, ihren Wünschen Gehör zu schenken? Außerdem, damit ich nicht wie ein Possendichter lachend so weitermache – freilich, was verbietet mir, mit lachendem Munde die Wahrheit zu sagen? Wie ja auch freundliche Lehrer von jeher den Kindern Zuckerplätzchen geben, damit sie das ABC lieber lernen. Aber wir wollen den Scherz beiseite lassen und die Sache ernsthaft behandeln – der dort, der mit dem harten eisernen Pfluge das schwere Erdreich umbricht, der Gauner von Wirt hier, der Krieger, die Seefahrer, die tollkühn durch alle Meere eilen, sie alle versichern, dass sie nur in der Absicht ihre Mühen auf sich nehmen, um sich im Alter in den gesicherten Ruhestand zurückziehen zu können, wenn sie die nötigen Mittel zum Leben beisammen hätten, wie die winzige, aber unermüdliche Ameise – denn die muss als Beispiel herhalten – in ihren Zangen alles herbeischleppt, was sie nur kann, und zu dem Haufen hinzufügt, den sie errichtet, weil sie genau weiß, was die Zukunft bringt, und ihr daher nicht sorglos entgegengeht. Aber die Ameise kriecht, wenn der Wassermann das sich zum Ende neigende Jahr verdüstert, nicht mehr hervor, sondern macht von den vorher gesammelten Vorräten weisen Gebrauch, während dich weder glühende Hitze von der Gewinnsucht abbringen kann, noch Frost, Feuer, Wasser, Eisen, kurz, nichts dir Halt gebietet, damit ja kein anderer reicher ist als du. Was nützt es dir, wenn du eine unermessliche Menge von Silber und Gold
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Sermonum Liber Prior
furtim defossa timidum deponere terra, quod, si conminuas, vilem redigatur ad assem? at ni id fit, quid habet pulcri constructus acervus? milia frumenti tua triverit area centum: non tuus hoc capiet venter plus ac meus: ut, si reticulum panis venalis inter onusto forte vehas umero, nihilo plus accipias quam qui nil portarit. vel dic quid referat intra naturae finis viventi, iugera centum an mille aret? ‘at suave est ex magno tollere acervo.’ dum ex parvo nobis tantundem haurire relinquas, cur tua plus laudes cumeris granaria nostris? ut tibi si sit opus liquidi non amplius urna vel cyatho et dicas ‘magno de flumine mallem quam ex hoc fonticulo tantundem sumere’. eo fit, plenior ut si quos delectet copia iusto, cum ripa simul avolsos ferat Aufidus acer. at qui tantuli eget quanto est opus, is neque limo turbatam haurit aquam neque vitam amittit in undis. at bona pars hominum decepta cupidine falso ‘nil satis est’, inquit, ‘quia tanti quantum habeas sis’: quid facias illi? iubeas miserum esse, libenter quatenus id facit: ut quidam memoratur Athenis sordidus ac dives, populi contemnere voces sic solitus: ‘populus me sibilat, at mihi plaudo ipse domi, simul ac nummos contemplor in arca.’ Tantalus a labris sitiens fugientia captat flumina – quid rides? mutato nomine de te fabula narratur: congestis undique saccis indormis inhians et tamquam parcere sacris cogeris aut pictis tamquam gaudere tabellis. nescis, quo valeat nummus, quem praebeat usum? panis ematur, holus, vini sextarius, adde quis humana sibi doleat natura negatis. an vigilare metu exanimem, noctesque diesque formidare malos fures, incendia, servos, ne te conpilent fugientes, hoc iuvat? horum semper ego optarim pauperrimus esse bonorum. at si condoluit temptatum frigore corpus aut alius casus lecto te adflixit, habes qui adsideat, fomenta paret, medicum roget, ut te suscitet ac reddat gnatis carisque propinquis? non uxor salvum te volt, non filius; omnes vicini oderunt, noti, pueri atque puellae. miraris, cum tu argento post omnia ponas, si nemo praestet, quem non merearis, amorem? an si cognatos, nullo natura labore
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angstvoll in der heimlich aufgegrabenen Erde versteckst, weil es, wie du sagst, auf einen wertlosen Heller zusammenschmilzt, wenn man es verringert? Aber wenn das nicht geschieht, was hat dann der aufgetürmte Haufen für einen Wert? Mag deine Tenne auch hunderttausend Scheffel Korn ausdreschen; deswegen kann dein Magen doch nicht mehr fassen als meiner, gerade wie wenn du etwa in einer Sklavenschar das Brotnetz auf schwerbepackter Schulter trügest und doch um kein Stückchen mehr bekämest als einer, der gar nichts zu tragen hatte. Oder sag doch: Was kann es dem, der sich auf die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse beschränkt, ausmachen, ob er hundert Morgen umpflügt oder tausend? „Aber es ist doch angenehm, wenn man von einem großen Haufen wegnehmen kann.“ Wenn du uns nur von einem kleinen gleichviel nehmen lässt, warum solltest du dann deine Kornspeicher mehr loben als unsere Getreidekörbe? Das ist gerade so, wie wenn du nicht mehr als einen Krug oder einen Becher Wasser brauchtest, aber sagst: „Ich möchte die gleiche Menge lieber aus einem großen Flusse nehmen als aus dieser elenden Quelle da.“ So kommt es, dass den, der seine Freude an allzu reicher Fülle hat, der wütende Aufidus samt dem Ufer wegreißt und fortschwemmt. Wer aber nur so viel haben will, als nötig ist, der braucht weder schlammiges, trübes Wasser zu schöpfen noch büßt er sein Leben in den Wogen ein. Doch ein gut Teil der Menschen lässt sich von trügerischer Begier täuschen und sagt: „Man kann gar nicht genug bekommen, weil man nur so viel gilt, als man hat.“ Was soll man mit einem solchen Menschen anfangen? Lass ihn elend bleiben, weil er es gern so haben will! Wie man von einem reichen Knauser in Athen erzählt, er habe sich immer über die schmähenden Zurufe des Volkes hinweggesetzt mit den Worten: „Die Leute pfeifen mich aus, aber daheim klatsche ich mir selber Beifall, sobald ich meine Füchse in der Geldtruhe betrachte.“ Tantalus schnappt lechzend nach dem Wasser, das immer wieder vor seinen Lippen zurückweicht – was lachst du denn? Du brauchst nur den Namen zu ändern, und die Geschichte spricht von dir. Auf deinen Geldsäcken, die du von allen Seiten herbeigeschleppt hast, schläfst du mit gierig aufgesperrtem Munde und musst sie doch unberührt lassen wie Heiligtümer, oder du darfst dich an ihnen nur so freuen, wie wenn es bloße Gemälde wären. Weißt du nicht, wozu das Geld da ist und welchen Nutzen es gewähren soll? Brot soll man dafür kaufen, Gemüse, einen Schoppen Wein, dazu noch Dinge, deren Mangel die menschliche Natur schmerzlich empfindet. Oder soll das ein Genuss sein, wenn du halbtot vor Angst nicht schlafen kannst und Tag und Nacht in Furcht lebst vor bösen Dieben, Brandgefahr und vor Sklaven, die dich ausplündern könnten und dann durchbrennen? An solchen Gütern will ich für meine Person immer bettelarm sein. Wenn dir aber dein vom Fieberfrost geschüttelter Körper wehtut oder ein anderes Übel dich ans Krankenlager fesselt, hast du dann jemand, der an deinem Bett sitzt, warme Umschläge herrichtet und den Arzt bittet, er möge dich wieder auf die Beine bringen und deinen lieben Kindern und Verwandten wiederschenken? Nein! Nicht Weib noch Kind wünscht deine Genesung; deine ganze Nachbarschaft hasst dich, alle deine Bekannten, Jungen und Mädchen. Wunderst du dich dann, wenn dir niemand Liebe erweist, die du nicht zu erwerben strebst, weil dir nichts übers Geld geht? Oder wenn du die Zuneigung deiner Blutsverwandten, welche dir die Natur
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quos tibi dat, retinere velis servareque amicos, infelix operam perdas, ut si quis asellum in campo doceat parentem currere frenis? denique sit finis quaerendi, cumque habeas plus, pauperiem metuas minus et finire laborem incipias, parto quod avebas, ne facias quod Ummidius quidam; non longa est fabula: dives ut metiretur nummos, ita sordidus, ut se non umquam servo melius vestiret, ad usque supremum tempus, ne se penuria victus opprimeret, metuebat. at hunc liberta securi divisit medium, fortissima Tyndaridarum. ‘quid mi igitur suades? ut vivam Naevius aut sic ut Nomentanus?’ pergis pugnantia secum frontibus adversis conponere: non ego avarum cum veto te, fieri vappam iubeo ac nebulonem: est inter Tanain quiddam socerumque Viselli: est modus in rebus, sunt certi denique fines, quos ultra citraque nequit consistere rectum. illuc, unde abii, redeo. nemon ut avarus se probet ac potius laudet diversa sequentis? quodque aliena capella gerat distentius uber, tabescat? neque se maiori pauperiorum turbae conparet? hunc atque hunc superare laboret? sic festinanti semper locupletior obstat, ut, cum carceribus missos rapit ungula currus, instat equis auriga suos vincentibus, illum praeteritum temnens extremos inter euntem. inde fit, ut raro, qui se vixisse beatum dicat et exacto contentus tempore vita cedat uti conviva satur, reperire queamus. iam satis est. ne me Crispini scrinia lippi conpilasse putes, verbum non amplius addam.
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ohne dein Bemühen schenkt, dir erhalten und sichern wolltest, würdest du dann dich umsonst abmühen, wie wenn man etwa einen störrischen Esel auf dem Marsfeld lehren wollte, nach dem Zügel zu traben? Kurz, das Erwerben muss ein Ziel haben, und da du schon mehr hast als früher, hast du beschränkte Verhältnisse umso weniger zu fürchten und kannst allmählich mit dem Arbeiten Schluss machen, nachdem du ja das erworben hast, wonach du so gierig verlangtest. Mach es nicht wie ein gewisser Ummidius! Die Geschichte ist nicht lang: So reich, dass er das Geld mit Scheffeln maß, dabei so geizig, dass er sich nie besser kleidete als ein Sklave, fürchtete er doch bis zu seinem letzten Stündlein, er könnte aus Mangel an Lebensmitteln verhungern. Aber er verhungerte nicht, sondern seine Freigelassene hieb ihn mitten entzwei, tapfer wie nur ein Kind des Tyndareos. „Was rätst du mir also? Soll ich leben wie ein Naevius oder Nomentanus?“ Du stellst in einem fort unversöhnliche Gegensätze Stirn gegen Stirn zusammen. Wenn ich dir abrate, ein Geizhals zu werden, so will ich damit nicht sagen, du sollst ein Lump werden und ein Windbeutel. Zwischen einem Tanais und dem Schwiegervater des Visellius ist ein großer Unterschied. Es gibt ein rechtes Maß in allen Dingen, kurz, es gibt bestimmte Grenzen, jenseits und diesseits deren das Rechte nicht bestehen kann. Ich kehre zu dem Punkt zurück, von dem ich abschweifte. Kann es denn wahr sein, dass kein Habgieriger mit sich selbst zufrieden ist, vielmehr die glücklich preist, die einen ganz anderen Beruf ausüben, und deswegen, weil die Ziege des Nachbarn ein strotzenderes Euter hat, die Schwindsucht kriegt und sich nicht mit der größeren Schar der weniger Reichen vergleicht, sondern erst diesen und dann jenen zu überholen trachtet? Wer so daherhastet, dem wird immer noch ein Reicherer im Wege stehen, wie in der Rennbahn, wenn der Rosse Huf die gestarteten Wagen fortreißt, der Wagenlenker nur dem Gespann nachjagt, das dem seinigen voraus ist, während er den schon Überholten nicht mehr beachtet, als ob dieser schon unter den Letzten daherführe. Daher kommt es, dass wir so selten einen Menschen finden, der sagen könnte, er habe glücklich gelebt, und der zufrieden mit der durchmessenen Zeit vom Leben Abschied nimmt wie ein gesättigter Gast. Jetzt ist’s genug. Damit du nicht glaubst, ich hätte den Bücherschrank des triefäugigen Crispinus geplündert, will ich kein weiteres Wort hinzufügen.
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II Ambubaiarum collegia, pharmacopolae, mendici, mimae, balatrones, hoc genus omne maestum ac sollicitum est cantoris morte Tigelli. quippe benignus erat. contra hic, ne prodigus esse dicatur metuens, inopi dare nolit amico, frigus quo duramque famem propellere possit. hunc si perconteris, avi cur atque parentis praeclaram ingrata stringat malus ingluvie rem, omnia conductis coemens obsonia nummis, sordidus atque animi quod parvi nolit haberi, respondet. laudatur ab his, culpatur ab illis. Fufidius vappae famam timet ac nebulonis: [dives agris, dives positis in fenore nummis] quinas hic capiti mercedes exsecat atque quanto perditior quisque est, tanto acrius urget; nomina sectatur modo sumpta veste virili sub patribus duris tironum. ‘maxime’ quis non ‘Iuppiter’ exclamat simul atque audivit? ‘at in se pro quaestu sumptum facit hic?’ vix credere possis, quam sibi non sit amicus, ita ut pater ille, Terenti fabula quem miserum gnato vixisse fugato inducit, non se peius cruciaverit atque hic. si quis nunc quaerat ‘quo res haec pertinet?’ illuc: dum vitant stulti vitia, in contraria currunt. Maltinus tunicis demissis ambulat, est qui inguen ad obscaenum subductis usque; facetus pastillos Rufillus olet, Gargonius hircum: nil medium est. sunt qui nolint tetigisse nisi illas quarum subsuta talos tegat instita veste, contra alius nullam nisi olenti in fornice stantem. quidam notus homo cum exiret fornice, ‘macte virtute esto’ inquit sententia dia Catonis; ‘nam simul ac venas inflavit taetra libido, huc iuvenes aequom est descendere, non alienas permolere uxores.’ ‘nolim laudarier’ inquit ‘sic me’ mirator cunni Cupiennius albi. audire est operae pretium, procedere recte qui moechis non voltis, ut omni parte laborent utque illis multo corrupta dolore voluptas atque haec rara cadat dura inter saepe pericla. hic se praecipitem tecto dedit, ille flagellis ad mortem caesus, fugiens hic decidit acrem praedonum in turbam, dedit hic pro corpore nummos, hunc perminxerunt calones; quin etiam illud
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Satire 1,2 Die Zünfte der syrischen Flötendirnen, die Quacksalber, Bettelpfaffen, Schauspielerinnen, Possenreißer und alles, was zu dieser Sorte gehört, ist in tiefe Trauer versetzt durch den Tod des Sängers Tigellius. Natürlich! Das war ja ein splendider Herr. Ein anderer, der sich vor dem Ruf eines Verschwenders fürchtet, würde einem mittellosen Freunde nicht das bisschen Geld schenken, womit sich dieser Kälte und bitteren Hunger vom Leibe halten könnte. Fragt man einen dritten, warum er sein prächtiges, von Großvater und Vater erworbenes Vermögen in unersättlicher Fressgier sinnlos verprasst, indem er alle möglichen Leckerbissen mit seinem ganzen Gelde zusammenkauft, so gibt er zur Antwort, er wolle nicht für einen engherzigen Knauser gelten. Dafür wird er von den einen gelobt, von den anderen getadelt. Fufidius, der den Ruf eines Taugenichts und Windbeutels scheut, [ist reich an Landbesitz und reich an Geld, mit dem er Wucher treibt,] presst für ein ausgeliehenes Kapital monatlich fünf Prozent heraus, und je verzweifelter die Lage des Schuldners ist, umso härter setzt er ihm zu. Besonders macht er Jagd auf die Schuldscheine junger Leute, die soeben die Männertoga angelegt haben und noch unter harter väterlicher Zucht stehen. Wer ruft da nicht „Ja du großer Gott!“, wenn er so etwas hört? „Aber für sich macht er doch einen Aufwand, der seinem großen Erwerb entspricht?“ Der? Man kann es kaum glauben, wie wenig gut er es mit sich meint, so dass der bekannte Vater, den Terenz in seinem Lustspiel den Sohn verstoßen und dann voll Reue ein elendes Leben führen lässt, sich nicht ärger gequält hat als dieser Wucherer. Sollte nun einer fragen: „Worauf will das alles hinaus?“, so antworte ich: „Darauf, dass die Toren, wenn sie einen Fehler vermeiden wollen, sich ins Gegenteil verrennen. Maltinus geht einher, indem er die Tunika bis auf die Knöchel herabfallen lässt, ein anderer zieht sie bis zur Scham hinauf. Der feine Rufillus riecht nach Duftpillen, Gargonius nach Achselschweiß. Niemand kennt einen Mittelweg. Manche möchten keine anderen Frauen anrühren als solche, deren Fesseln die unten am Kleide angenähte Rüsche bedeckt, ein anderer dagegen nur eine, die im muffigen Bordell für jeden bereitsteht. Als ein angesehener junger Mann aus einem Bordell herauskam, begrüßte ihn der erhabene Weisheitsspruch Catos so: „Bravo! So ist’s recht. Denn wenn schlimme Begier die Adern schwellt, ziemt es sich für junge Leute, hier abzusteigen, statt auf fremden Ehefrauen herumzurammeln.“ „Nach solchem Lobe trag’ ich kein Verlangen“, sagt Cupiennius, der nur eine Fummel in weißen Kleidern bewundern kann. Hört jetzt – es lohnt sich für euch alle, die ihr Ehebrechern keinen Erfolg wünscht –, wie diese unter allen möglichen Nöten leiden und wie ihnen der Genuss durch viele Schmerzen vergällt, dazu noch selten erreicht wird und oft böse Gefahr bringt! Da musste sich einer vom Dach herunterstürzen, ein anderer wurde fast totgepeitscht, ein dritter fiel auf der Flucht einer grimmen Räuberbande in die Hände, ein vierter zahlte schweres Geld für Leib und Leben, einen fünften entehrten die Stallknechte, ja es kam sogar schon vor,
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accidit, ut cuidam testis caudamque salacem demeterent ferro. ‘iure’ omnes: Galba negabat. tutior at quanto merx est in classe secunda, libertinarum dico – Sallustius in quas non minus insanit quam qui moechatur. at hic si, qua res, qua ratio suaderet quaque modeste munifico esse licet, vellet bonus atque benignus esse, daret quantum satis esset nec sibi damno dedecorique foret. verum hoc se amplectitur uno, hoc amat et laudat: ‘matronam nullam ego tango’, ut quondam Marsaeus, amator Originis ille, qui patrium mimae donat fundumque laremque, ‘nil fuerit mi’ inquit ‘cum uxoribus umquam alienis’. verum est cum mimis, est cum meretricibus, unde fama malum gravius quam res trahit. an tibi abunde personam satis est, non illud, quidquid ubique officit, evitare? bonam deperdere famam, rem patris oblimare malum est ubicumque. quid interest in matrona, ancilla peccesne togata? Villius in Fausta Sullae gener, hoc miser uno nomine deceptus, poenas dedit usque superque quam satis est, pugnis caesus ferroque petitus, exclusus fore, cum Longarenus foret intus. huic si muttonis verbis mala tanta videnti diceret haec animus ‘quid vis tibi? numquid ego a te magno prognatum deposco consule cunnum velatumque stola, mea cum conferbuit ira?’ quid responderet? ‘magno patre nata puella est.’ at quanto meliora monet pugnantiaque istis dives opis natura suae, tu si modo recte dispensare velis ac non fugienda petendis inmiscere. tuo vitio rerumne labores, nil referre putas? quare, ne paeniteat te, desine matronas sectarier, unde laboris plus haurire mali est quam ex re decerpere fructus. nec magis huic, inter niveos viridisque lapillos sit licet, hoc, Cerinthe, tuum tenerum est femur aut crus rectius, atque etiam melius persaepe togatae. adde huc, quod mercem sine fucis gestat, aperte quod venale habet ostendit nec, si quid honesti est, iactat habetque palam, quaerit, quo turpia celet. regibus hic mos est, ubi equos mercantur: opertos inspiciunt, ne si facies, ut saepe, decora molli fulta pede est, emptorem inducat hiantem, quod pulcrae clunes, breve quod caput, ardua cervix. hoc illi recte: ne corporis optima Lyncei contemplere oculis, Hypsaea caecior illa,
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dass man einem die Hoden samt dem geilen Schwanz mit dem Messer absäbelte. „Ganz mit Recht“, meinten alle Leute, und nur Galba sagte: „Keineswegs!“ Wie viel sicherer ist dagegen der Genuss bei Weibern der zweiten Klasse, ich meine die Freigelassenen, für die freilich Sallustius nicht weniger verrückte Ausgaben macht als ein Ehebrecher für verheiratete Frauen. Aber wenn dieser Sallustius nur so weit, als Vermögen und Vernunft es raten und das rechte Maß einem Freigebigen erlaubt, ein ‘guter, splendibler Herr’ sein wollte, dann zahlte er nur so viel, als genügt, und zöge sich keinen Schaden an Vermögen und Ehre zu. Er meint es jedoch nur deswegen gut mit sich selbst, nur deswegen ist er mit sich zufrieden und lobt sich, weil er sagen kann: „Eine Verheiratete rühre ich nicht an“, wie einst Marsaeus, der stadtbekannte Liebhaber der Origo, der dieser Schauspielerin den väterlichen Grundbesitz samt Haus und Hof opferte, auch sagte: „Mit fremden Ehefrauen will ich nichts zu tun haben.“ Aber mit Schauspielerinnen hältst du es und mit feilen Dirnen, durch die der gute Ruf noch mehr Schaden leidet als das Vermögen. Oder genügt’s dir schon vollauf, nur die Rolle des Ehebrechers abzulehnen, aber nicht alles, was in jedem Falle schadet? Den guten Ruf einzubüßen, das Vatererbe zu verschleudern, das ist unter allen Umständen von Übel. Was macht es also für einen Unterschied, ob du diesen Fehler bei einer Matrone begehst oder bei einer Freigelassenen? Villius, der bei Fausta den Schwiegersohn Sullas spielte – der arme Kerl ließ sich nur durch den großen Namen berücken –, wurde dafür immer wieder und mehr als genug bestraft, mit Fäusten verbläut, mit dem Messer bedroht und ausgesperrt, und dabei war Longarenus drinnen! Wenn zu diesem Narren, der so großes Unglück erdulden muss, der Verstand im Namen des Penis Folgendes sagte: „Was willst du denn? Fordere ich etwa von dir eine von einem großen Konsul abstammende und mit einer Stola verhüllte Fummel, wenn ich in wütender Gier entbrannt bin?“, was würde er dann erwidern? „Diese Frau ist eben die Tochter eines großen Mannes.“ Aber wie viel besser ist das, was im Gegensatz zu deinem Tun und Treiben die Natur rät, die in ihrem Haushalt reichliche Mittel bietet, wenn du sie nur richtig gebrauchen und nicht Schädliches mit Nützlichem vermengen willst! Oder meinst du, es sei gleichgültig, ob du durch eigene Schuld oder durch die Umstände ins Unglück gerätst? Damit du also nichts zu bereuen hast, höre auf, verheirateten Frauen nachzustellen! Denn bei diesen ist mehr Unheil zu holen als wirklicher Genuss. Und wenn die Verheiratete noch so mit Perlen und Smaragden behangen ist, so ist sie deshalb einer Freigelassenen nicht überlegen oder hat deswegen so zarte Schenkel wie du, Cerinthus, oder geradere Beine als eine Freigelassene, ja diese hat sogar sehr oft schönere. Dazu kommt, dass eine Freigelassene ihre Ware ohne Schminke herumträgt, offen zeigt, was sie zu bieten hat, und nicht nach Mitteln sucht, um hässliche Stellen zu verbergen, während sie mit ihren schönen prunkt und sie zur Schau stellt. Könige haben es so im Brauch: Wenn sie Pferde kaufen, prüfen sie diese erst, nachdem man ihnen eine Decke übergeworfen hat, damit nicht der schöne Wuchs, wenn er, wie häufig, auf schwachen Hufen ruht, den gierigen Käufer ins Garn lockt, weil die Kruppe schön, der Kopf klein, der Nacken stolz ist. Darin verfahren sie richtig, zur Mahnung für dich, die schönsten Körperteile nicht mit den Augen eines Lynkeus zu betrachten, dagegen auf die hässlichen blinder als
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quae mala sunt, spectes. ‘o crus, o bracchia.’ verum depugis, nasuta, brevi latere ac pede longo est. matronae praeter faciem nil cernere possis, cetera, ni Catia est, demissa veste tegentis. si interdicta petes, vallo circumdata – nam te hoc facit insanum –, multae tibi tum officient res, custodes, lectica, ciniflones, parasitae, ad talos stola demissa et circumdata palla, plurima, quae invideant pure adparere tibi rem. altera, nil obstat: Cois tibi paene videre est ut nudam, ne crure malo, ne sit pede turpi; metiri possis oculo latus. an tibi mavis insidias fieri pretiumque avellier ante quam mercem ostendi? leporem venator ut alta in nive sectetur, positum sic tangere nolit, cantat et adponit ‘meus est amor huic similis; nam transvolat in medio posita et fugientia captat.’ hiscine versiculis speras tibi posse dolores atque aestus curasque gravis e pectore pelli? nonne, cupidinibus statuat natura modum quem, quid latura sibi, quid sit dolitura negatum, quaerere plus prodest et inane abscindere soldo? num, tibi cum faucis urit sitis, aurea quaeris pocula? num esuriens fastidis omnia praeter pavonem rhombumque? tument tibi cum inguina, num, si ancilla aut verna est praesto puer, impetus in quem continuo fiat, malis tentigine rumpi? non ego; namque parabilem amo venerem facilemque. illam ‘post paulo’ ‘sed pluris’ ‘si exierit vir’ Gallis, hanc Philodemus ait sibi, quae neque magno stet pretio neque cunctetur cum est iussa venire. candida rectaque sit, munda hactenus, ut neque longa nec magis alba velit quam dat natura videri. haec ubi supposuit dextro corpus mihi laevom, Ilia et Egeria est; do nomen quodlibet illi. nec vereor, ne, dum futuo, vir rure recurrat, ianua frangatur, latret canis, undique magno pulsa domus strepitu resonet, vepallida lecto desiliat mulier, miseram se conscia clamet, cruribus haec metuat, doti deprensa, egomet mi. discincta tunica fugiendum est et pede nudo, ne nummi pereant aut puga aut denique fama. deprendi miserum est: Fabio vel iudice vincam.
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Hypsaea zu schauen. „Diese Schenkel! Diese Arme!“, rufst du. Aber sie hat ja gar keinen richtigen Hintern, hat eine zu große Nase, einen kurzen Oberleib und lange Füße. Von einer Matrone kann man nur das Gesicht sehen, weil sie, wenn sie keine Catia ist, alles Übrige mit dem herabwallenden Kleid bedeckt. Wenn du auf Verbotenes ausgehst, das von einem Wall umgeben ist – gerade das macht dich ja verrückt –, dann steht dir vieles im Weg: auf der Straße die Wächter und die Sänfte, im Boudoir die Lockenkräuslerinnen, Gesellschafterinnen, die bis zu den Knöcheln herabwallende Stola und der umgeworfene Mantel, also sehr vieles, was dir den genauen Anblick des Körpers missgönnt. Bei der anderen: nichts im Wege! Durch die koischen Gewänder kannst du sie fast wie nackt sehen und schauen, ob sie nicht unschöne Beine oder hässliche Füße hat; ihren Oberleib kannst du schon mit den Augen abmessen. Oder ist es dir lieber, wenn dir eine Falle gestellt und der Kaufpreis dir schon entrissen wird, ehe man dir die Ware zeigt? „Wie ein Jäger im tiefen Schnee einen Hasen verfolgt, ihn aber nicht anrühren würde, wenn er so ohne weiteres vor ihm läge“, singt da einer und fügt hinzu: „Diesem Jäger gleicht mein Liebesverlangen, denn an dem, was bequem zur Hand liegt, eilt es vorbei und hascht nach dem, was sich entzieht.“ Hoffst du, dass mit solchen Verschen sich Schmerzen, wallende Hitze und schwere Sorgen aus deinem Herzen verbannen lassen? Ist es nicht viel nützlicher, danach zu fragen, welches Maß die Natur den Begierden setzt, welche Entbehrungen sie zu ertragen gewillt ist, welche ihr Schmerz bereiten, und überhaupt zwischen hohlem Dunst und Wesentlichem scharf zu unterscheiden? Rufst du etwa, wenn Durst in deiner Kehle brennt, nach einem goldenen Becher? Verschmähst du im Hunger alles außer Pfau und Steinbutt? Und wenn dein Glied angeschwollen ist, willst du dich dann von der Spannung zerreißen lassen, während eine Sklavin oder ein junger Sklave bei der Hand wäre, auf die man sofort losgehen kann? Ich nicht: Ich liebe mir eine leicht zu beschaffende und willfährige Schöne. Eine Verheiratete mit ihren Sprüchen: „Bisschen später“, „Aber mehr Geld!“, „Wenn mein Mann fort ist“, überlässt Philodemos den Bettelpfaffen, für sich wählt er ein Liebchen, die nicht viel kostet und nicht zögert, wenn man sie rufen lässt. Sie soll eine weiße Haut und geraden Wuchs haben und nur so weit auf ein nettes Äußeres bedacht sein, dass sie nicht größer oder weißer scheinen will, als die Natur sie schuf. Wenn sie dann ihre linke Seite unter meine rechte schmiegt, ist sie für mich Ilia und Egeria; ich gebe ihr alle möglichen Namen. Und während ich ficke, muss ich nicht befürchten, dass der Ehemann vom Lande heimkommt, die Tür aufgerissen wird, der Hund bellt, das ganze Haus von wildem Lärm widerhallt, die Frau totenbleich vom Bett herunterspringt, die Zofe, ihre Mitwisserin, „Weh mir!“ schreit und für ihre Knochen fürchtet wie die erwischte Herrin für ihre Mitgift und ich für mich selber. Dann heißt es, mit flatternder Tunika fliehen und barfuß, damit nicht der Zaster zum Teufel geht oder der Hintere oder schließlich der gute Ruf. Erwischt zu werden ist ein Unglück: Diesen Satz wollte ich sogar vor dem Richterstuhl des Fabius beweisen.
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III Omnibus hoc vitium est cantoribus, inter amicos ut numquam inducant animum cantare rogati, iniussi numquam desistant. Sardus habebat ille Tigellius hoc. Caesar, qui cogere posset, si peteret per amicitiam patris atque suam, non quicquam proficeret; si conlibuisset, ab ovo usque ad mala citaret ‘io Bacchae’ modo summa voce, modo hac, resonat quae chordis quattuor ima. nil aequale homini fuit illi: saepe velut qui currebat fugiens hostem, persaepe velut qui Iunonis sacra ferret; habebat saepe ducentos, saepe decem servos; modo reges atque tetrarchas, omnia magna loquens, modo ‘sit mihi mensa tripes et concha salis puri et toga, quae defendere frigus quamvis crassa queat.’ deciens centena dedisses huic parco, paucis contento, quinque diebus nil erat in loculis; noctes vigilabat ad ipsum mane, diem totum stertebat; nil fuit unquam sic inpar sibi. nunc aliquis dicat mihi ‘quid tu? nullane habes vitia?’ immo alia et fortasse minora. Maenius absentem Novium cum carperet, ‘heus tu’ quidam ait, ‘ignoras te an ut ignotum dare nobis verba putas?’ ‘egomet mi ignosco’ Maenius inquit. stultus et inprobus hic amor est dignusque notari. cum tua pervideas oculis mala lippus inunctis, cur in amicorum vitiis tam cernis acutum quam aut aquila aut serpens Epidaurius? at tibi contra evenit, inquirant vitia ut tua rursus et illi. iracundior est paulo, minus aptus acutis naribus horum hominum; rideri possit eo quod rusticius tonso toga defluit et male laxus in pede calceus haeret: at est bonus, ut melior vir non alius quisquam, at tibi amicus, at ingenium ingens inculto latet hoc sub corpore. denique te ipsum concute, numqua tibi vitiorum inseverit olim natura aut etiam consuetudo mala; namque neglectis urenda filix innascitur agris. illuc praevertamur, amatorem quod amicae turpia decipiunt caecum vitia aut etiam ipsa haec delectant, veluti Balbinum polypus Hagnae. vellem in amicitia sic erraremus et isti errori nomen virtus posuisset honestum. ac pater ut gnati, sic nos debemus amici siquod sit vitium non fastidire. strabonem
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Satire 1,3 Alle Sänger haben die Unart, dass sie sich im Freundeskreis trotz aller Bitten nie dazu herbeilassen, ein Lied vorzutragen, dagegen nicht mehr damit aufhören, wenn man sie gar nicht aufgefordert hat. Der bekannte Tigellius aus Sardinien hatte diesen Fehler. Selbst Caesar, der doch sonst einen Zwang auf ihn ausüben konnte, wenn er ihn bei der Freundschaft mit seinem Adoptivvater und mit ihm selbst bat, hätte da nicht das Geringste ausgerichtet. Wenn es ihm aber gerade behagte, dann konnte er von der Vorspeise bis zum Nachtisch immer wieder die Worte „Auf, ihr Bacchantinnen!“ herleiern, bald im höchsten Diskant, bald im tiefsten Bass. Dieser Mensch kannte kein Gleichmaß. Oft rannte er wie einer, der vor dem Feinde flieht, oft schritt er wieder würdevoll einher wie einer, der die Heiligtümer der Juno trägt. Oft hatte er zweihundert Sklaven, oft nur zehn, bald sprach er nur von Königen und ‘Vierfürsten’ und von lauter großen Sachen, bald konnte er wieder sagen: „Wenn ich nur einen Tisch mit drei Füßen hätte, eine Muschel mit reinem Salz und eine Decke, die mich vor der Kälte schützt, sei sie auch noch so grob!“ Hätte man diesem sparsamen, so genügsamen Mann eine Million geschenkt, in fünf Tagen hätte er keinen Pfennig mehr in seiner Kasse gehabt. Die Nächte durchwachte er bis zum hellen Morgen, dafür schnarchte er den ganzen Tag. Nie gab es etwas so voller Widersprüche. Nun könnte man zu mir sagen: „Wie steht es mit dir? Hast du keine Fehler?“ Gewiss, aber andere und vielleicht kleinere. Als Maenius den Novius hinter dessen Rücken durchhechelte, sagte jemand: „He du! Kennst du dich selber nicht oder meinst du, wir kennten dich nicht, weil du glaubst, uns blauen Dunst vormachen zu können?“ „Ja, mir selber nehme ich nichts übel“, erwiderte da Maenius. – Töricht und verwerflich ist solche Eigenliebe, und sie verdient, dass man sie brandmarkt. Warum siehst du, wenn es den Fehlern deiner Freunde gilt, so scharf wie ein Adler oder eine Schlange aus Epidauros, während du deine eigenen schlechten Eigenschaften übersiehst wie ein Triefäugiger, der gerade seine Augen eingesalbt hat? Aber dafür ist der ganze Erfolg für dich der, dass hinwiederum auch sie deine Fehler aufspüren. Da ist einer ein bisschen zu aufbrausend, er passt den kritischen Nasen der heutigen Welt nicht recht, man könnte sich über ihn lustig machen, weil er zu bäurisch geschoren ist, die Toga nachlässig herunterhängen lässt und die zu locker gebundenen Schuhe schlecht an seinen Füßen sitzen. Aber er ist ein braver Mensch, wie es keinen besseren gibt, er ist dir herzlich zugetan, und ein gewaltiger Geist verbirgt sich hinter diesem vernachlässigten Äußeren. Überhaupt, klopfe nur bei dir selber an, ob nicht auch dir seinerzeit die Natur oder auch eine schlechte Gewohnheit irgendwelche Fehler eingepflanzt hat! Denn auf vernachlässigten Äckern wächst Unkraut, das man verbrennen muss. Wollen wir uns doch lieber nach dem Verhalten eines Verliebten richten, der blind ist für die entstellenden Schönheitsfehler seiner Freundin oder gerade an diesen Fehlern sein Entzücken findet, wie Balbinus an den Nasenpolypen seiner Hagna! Ich wollte, wir begingen diesen Irrtum auch in der Freundschaft, und die Moral hätte diesem Irrtum einen ehrenvollen Namen gegeben. Wir sollten es doch wenigstens machen wie ein Vater bei den Gebrechen seines Kindes: Wir sollten uns nicht mit Widerwillen abwenden vom Fehler eines Freundes. Einen Schieler
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Sermonum Liber Prior
appellat paetum pater, et pullum, male parvus sicui filius est, ut abortivus fuit olim Sisyphus; hunc varum distortis cruribus, illum balbutit scaurum pravis fultum male talis. parcius hic vivit: frugi dicatur; ineptus et iactantior hic paulo est: concinnus amicis postulat ut videatur; at est truculentior atque plus aequo liber: simplex fortisque habeatur; caldior est: acris inter numeretur. opinor, haec res et iungit iunctos et servat amicos. at nos virtutes ipsas invertimus atque sincerum furimus vas incrustare. probus quis nobiscum vivit, multum demissus homo: illi tardo cognomen, pingui damus. hic fugit omnis insidias nullique malo latus obdit apertum, cum genus hoc inter vitae versemur, ubi acris invidia atque vigent ubi crimina: pro bene sano ac non incauto fictum astutumque vocamus. simplicior quis et est, qualem me saepe libenter obtulerim tibi, Maecenas, ut forte legentem aut tacitum inpellat quovis sermone: ‘molestus, communi sensu plane caret’ inquimus. eheu, quam temere in nosmet legem sancimus iniquam. nam vitiis nemo sine nascitur; optimus ille est, qui minimis urgetur. amicus dulcis, ut aequum est, cum mea conpenset vitiis bona, pluribus hisce, si modo plura mihi bona sunt, inclinet, amari si volet: hac lege in trutina ponetur eadem. qui, ne tuberibus propriis offendat amicum, postulat, ignoscet verrucis illius: aequum est peccatis veniam poscentem reddere rursus. denique, quatenus excidi penitus vitium irae, cetera item nequeunt stultis haerentia, cur non ponderibus modulisque suis ratio utitur ac res ut quaeque est, ita suppliciis delicta coercet? si quis eum servum, patinam qui tollere iussus semesos piscis tepidumque ligurrierit ius, in cruce suffigat, Labeone insanior inter sanos dicatur. quanto hoc furiosius atque maius peccatum est: paulum deliquit amicus, quod nisi concedas, habeare insuavis: acerbus odisti et fugis ut Rusonem debitor aeris, qui nisi, cum tristes misero venere kalendae, mercedem aut nummos unde unde extricat, amaras porrecto iugulo historias captivus ut audit. conminxit lectum potus mensave catillum Euandri manibus tritum deiecit: ob hanc rem,
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nennt der Vater ‘Blinzler’, und wenn jemand einen zwerghaft kleinen Sohn hat, wie es einst das Siebenmonatskind Sisyphus war, dann heißt er ihn ‘Küken’; ein Kind, dessen Beine einwärts gekrümmt sind, nennt er zärtlich lallend ‘Grätschelchen’ und eines, das auf verwachsenen Knöcheln daherwackelt, ‘Humpelchen’. Da lebt einer etwas sparsam: man nenne ihn einen guten Haushalter! Der da ist taktlos und ein bisschen zu aufdringlich: er will als ein Mann erscheinen, der gegen seine Freunde liebenswürdig ist. Dagegen wieder ist einer zu grob und über Gebühr freimütig: er gelte als offener und furchtloser Charakter! Einer ist zu hitzköpfig: man zähle ihn zu den Feuergeistern! Ich dächte, ein solches Verfahren knüpft das Band der Freundschaft und hält es zusammen. Wir aber verdrehen sogar gute Eigenschaften in ihr Gegenteil und gehen förmlich darauf aus, ein reines Gefäß zu beschmutzen. Da lebt unter uns ein ehrlicher, ganz anspruchsloser Mensch: dem geben wir den Beinamen ‘Lahmian’ und ‘Einfaltspinsel’. Der dort weiß allen Schlingen zu entgehen und bietet keinem Schurken eine Blöße, da wir in einer Gesellschaft leben, in der grimmiger Neid und Verleumdung im Schwange sind: den heißen wir statt gescheit und vorsichtig ‘verstellt’ und ‘hinterhältig’. Einer ist zu unbefangen – wie z.B. wohl ich mich, Maecenas, oft gegen dich ganz keck benahm –, so dass er einen mitten im Lesen oder stillen Nachdenken durch ein vom Zaun gebrochenes Gespräch stört: „Dieser aufdringliche Kerl!“, sagen wir, „er hat doch nicht den gewöhnlichsten Takt!“ Ach, wie fahrlässig stellen wir ein so unbilliges Gesetz zu unserem eigenen Schaden auf! Denn niemand kommt ohne Fehler zur Welt, der Beste ist der, den die kleinsten drücken. Ein liebenswürdiger Freund soll, wie es nicht mehr als billig ist, beim Abwägen meiner Fehler gegen die guten Eigenschaften sich der größeren Zahl von diesen zuwenden, vorausgesetzt, dass die guten Eigenschaften bei mir in der Überzahl sind. Will er auf diese Bedingung hin mein Freund sein, so soll er von mir mit dem gleichen Gewicht gewogen werden. Wer verlangt, dass er mit seinen eigenen Pusteln bei seinem Freunde keinen Anstoß erregt, muss Nachsicht mit dessen Warzen haben. Es ist nicht mehr als billig, dass einer, der für seine Schwächen Nachsicht fordert, auch wieder Nachsicht schenkt. Kurz und gut, da nun einmal das Laster des Zornes sich so wenig wie alle andern den Toren anhaftenden Fehler gänzlich ausrotten lässt, warum bedient sich die Vernunft nicht ihres eigenen Maßes und Gewichtes und warum ahndet sie die Fehler nicht mit Strafen, die jeweils dem Sachverhalt entsprechen? Wollte jemand einen Sklaven, der eine Schüssel abzutragen hatte und dabei von den halbverzehrten Fischen und der erkaltenden Tunke genascht hat, ans Kreuz schlagen lassen, so würde man ihn unter vernünftigen Leuten für noch verrückter halten als Labeo. Wie viel toller und folgenschwerer ist folgender Fehler: Ein Freund hat sich ein unwesentliches Versehen zuschulden kommen lassen, das du ihm nachsehen musst, wenn du nicht für lieblos gelten willst. Aber voll Grimm hassest du ihn und gehst ihm aus dem Wege wie dem Ruso sein Schuldner, der wie ein Kriegsgefangener mit vorgestrecktem Halse dessen traurige Geschichtsvorlesungen anhören muss, wenn er nicht Zins und Kapital irgendwo auftreibt, sobald die für ihn so düsteren Kalenden angebrochen sind. Oder ein Freund hat im Rausch auf das Speisesofa gepisst oder ein schon von Euander benütztes Schälchen hinuntergeworfen: Soll er deswegen, oder
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Sermonum Liber Prior
aut positum ante mea quia pullum in parte catini sustulit esuriens, minus hoc iucundus amicus sit mihi? quid faciam, si furtum fecerit aut si prodiderit conmissa fide sponsumve negarit? quis paria esse fere placuit peccata, laborant, cum ventum ad verum est: sensus moresque repugnant atque ipsa utilitas, iusti prope mater et aequi. cum prorepserunt primis animalia terris, mutum et turpe pecus, glandem atque cubilia propter unguibus et pugnis, dein fustibus atque ita porro pugnabant armis, quae post fabricaverat usus, donec verba, quibus voces sensusque notarent, nominaque invenere; dehinc absistere bello, oppida coeperunt munire et ponere leges, ne quis fur esset neu latro neu quis adulter. nam fuit ante Helenam cunnus taeterrima belli causa, sed ignotis perierunt mortibus illi, quos venerem incertam rapientis more ferarum viribus editior caedebat ut in grege taurus. iura inventa metu iniusti fateare necesse est, tempora si fastosque velis evolvere mundi. nec natura potest iusto secernere iniquum, dividit ut bona diversis, fugienda petendis, nec vincet ratio hoc, tantundem ut peccet idemque, qui teneros caules alieni fregerit horti et qui nocturnus sacra divum legerit. adsit regula, peccatis quae poenas inroget aequas, ne scutica dignum horribili sectere flagello. nam ut ferula caedas meritum maiora subire verbera, non vereor, cum dicas esse paris res furta latrociniis et magnis parva mineris falce recisurum simili te, si tibi regnum permittant homines. si dives, qui sapiens est, et sutor bonus et solus formosus et est rex, cur optas quod habes? ‘non nosti, quid pater’ inquit ‘Chrysippus dicat: sapiens crepidas sibi numquam nec soleas fecit; sutor tamen est sapiens.’ qui? ‘ut quamvis tacet Hermogenes, cantor tamen atque optumus est modulator; ut Alfenus vafer omni abiecto instrumento artis clausaque taberna sutor erat: sapiens operis sic optimus omnis est opifex, solus sic rex.’ vellunt tibi barbam lascivi pueri, quos tu nisi fuste coerces, urgeris turba circum te stante miserque rumperis et latras, magnorum maxime regum. ne longum faciam: dum tu quadrante lavatum rex ibis neque te quisquam stipator ineptum
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Satire 1,3
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weil er mir im Hunger ein Huhn weggeschnappt hat, das zuerst auf meiner Seite der Schüssel gelegen war, mir ein weniger lieber Freund sein? Was soll ich erst tun, wenn er mich bestohlen oder ein anvertrautes Geheimnis verraten oder ein feierliches Versprechen abgeleugnet hat? Die Philosophen, die den Satz aufgestellt haben, dass alle Fehler so ziemlich gleich seien, geraten in Verlegenheit, sobald es auf die Praxis ankommt. Natürliches Gefühl und Herkommen sträuben sich dagegen, ja schon die Belange der menschlichen Gesellschaft, die nahezu die Quelle des Rechtes und der Billigkeit sind. Als die Geschöpfe aus der jungen Erde hervorkrochen – sprachlose, ungeschlachte Tiere –, kämpften sie um Eicheln und Lagerstätten, erst mit Nägeln und Fäusten, dann mit Knütteln und im weiteren Verlauf mit Waffen, deren Anfertigung später das Bedürfnis lehrte, bis sie endlich Zeit- und Nennwörter erfanden, mit denen sie ihre Naturlaute und ihre Empfindungen sprachlich ausdrücken konnten. Hernach ließen sie allmählich vom Kriege ab, legten feste Städte an und stellten Gesetze auf, die Diebstahl, Straßenraub und Ehebruch verboten. Denn schon vor Helena war das Weib der abscheulichste Anlass zum Kriege, aber alle fanden, ohne von einem Dichter gerühmt zu werden, den Tod, wenn sie wie wilde Tiere wahllos den Gegenstand ihrer Liebesbrunst an sich rissen und ein Stärkerer sie dabei erschlug wie ein Stier, der seine Herde verteidigt. Dass die Rechtsordnungen ihr Entstehen nur der Furcht vor Unrecht verdanken, wird man unbedingt zugeben müssen, wenn man sich dazu bequemt, die Jahrbücher der Weltgeschichte aufzuschlagen. Sowenig der natürliche Instinkt des Menschen Recht von Unrecht so zu trennen vermag, wie er Nutzen und Schaden, Nachteil und Vorteil unterscheidet, ebenso wenig wird der Vernunft der Beweis gelingen, dass einer, der in fremden Gärten zarten Kohl stiehlt, genau das gleiche Unrecht begeht wie einer, der nachts die Heiligtümer der Götter raubt. Es muss einen bestimmten Maßstab geben, der über Vergehen die entsprechenden Strafen verhängt, damit man nicht einen Menschen, der nur die Lederpeitsche verdient, mit der grässlichen Knute züchtigt. Denn dass du einen Verbrecher, der härtere Streiche verdient, nur mit dem Rohrstock schlägst, brauche ich nicht zu befürchten, da du behauptest, Diebstahl und Raub seien ein Ding, und drohst, du wolltest kleine Vergehen durch dieselben Strafen beseitigen wie die großen, wenn dir die Leute die Königswürde übertrügen. Wenn aber der Weise schon reich und ein guter Schuster ist und allein schön und König, warum wünschest du dann noch etwas, was du schon hast? „Du verstehst nicht“, heißt es dann, „was Vater Chrysippos sagen will. Der Weise hat sich zwar nie Schuhe und Sandalen gemacht, und doch ist der Weise ein Schuster.“ Wieso? „Wie Hermogenes, auch wenn er schweigt, doch ein meisterhafter Sänger und Tonsetzer ist und wie der pfiffige Alfenus auch dann, als er sein ganzes Handwerkszeug fortgeworfen und seine Werkstatt geschlossen hatte, immer noch ein Schuster war, so ist der Weise Meister in jedem Handwerk, so allein König.“ Aber die ausgelassenen Gassenjungen zupfen dich am Bart, und wenn du sie dir nicht mit deinem Prügel vom Leib hältst, kommst du durch den Haufen, der um dich herumsteht, ins Gedränge und musst elend bersten vor lauter Brüllen, du allergroßmächtigster ‘König’. Um es kurz zu machen: Während du, der Herr ‘König’, um einen Dreier ins Bad gehst und doch kein Mensch dich dabei als Leibwächter begleitet
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praeter Crispinum sectabitur, et mihi dulces ignoscent, si quid peccaro stultus, amici inque vicem illorum patiar delicta libenter privatusque magis vivam te rege beatus.
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IV Eupolis atque Cratinus Aristophanesque poetae atque alii, quorum comoedia prisca virorum est, si quis erat dignus describi, quod malus ac fur, quod moechus foret aut sicarius aut alioqui famosus, multa cum libertate notabant. hinc omnis pendet Lucilius, hosce secutus, mutatis tantum pedibus numerisque, facetus, emunctae naris, durus conponere versus. nam fuit hoc vitiosus: in hora saepe ducentos, ut magnum, versus dictabat stans pede in uno; cum flueret lutulentus, erat quod tollere velles; garrulus atque piger scribendi ferre laborem, scribendi recte: nam ut multum, nil moror. ecce, Crispinus minimo me provocat ‘accipe, si vis, accipiam tabulas; detur nobis locus, hora, custodes; videamus, uter plus scribere possit’. di bene fecerunt, inopis me quodque pusilli finxerunt animi raro et perpauca loquentis; at tu conclusas hircinis follibus auras usque laborantis, dum ferrum molliat ignis, ut mavis, imitare. beatus Fannius ultro delatis capsis et imagine, cum mea nemo scripta legat, volgo recitare timentis ob hanc rem, quod sunt quos genus hoc minime iuvat, utpote pluris culpari dignos. quemvis media elige turba: aut ob avaritiam aut misera ambitione laborat. hic nuptarum insanit amoribus, hic puerorum; hunc capit argenti splendor, stupet Albius aere; hic mutat merces surgente a sole ad eum, quo vespertina tepet regio, quin per mala praeceps fertur uti pulvis collectus turbine, ne quid summa deperdat metuens aut ampliet ut rem. omnes hi metuunt versus, odere poetas. ‘faenum habet in cornu, longe fuge; dummodo risum excutiat, sibi non, non cuiquam parcet amico, et quodcumque semel chartis inleverit, omnis gestiet a furno redeuntis scire lacuque
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Satire 1,4
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außer dem abgeschmackten Crispinus, werden mir meine lieben Freunde es verzeihen, wenn ich, der ‘Narr’, einen Fehler begangen habe, und umgekehrt werde ich ihre Versehen gern ertragen und so als schlichter Bürger glücklicher leben als du, der ‘König’.
Satire 1,4 Die Dichter Eupolis, Kratinos und Aristophanes und die anderen Männer, denen die alte Komödie ihre Gestalt verdankt, pflegten jeden, der es verdiente, als Schurke und Dieb, als Ehebrecher oder Meuchelmörder oder als sonst berüchtigter Mensch an den Pranger gestellt zu werden, mit großer Freimut zu brandmarken. Von diesen Dichtern ist Lucilius ganz und gar abhängig, da er sich eng an sie anschloss und nur das Versmaß und den Rhythmus änderte: ein witziger und scharfsinniger Kopf, aber sein Versbau ist hart. Sein Fehler lag nämlich darin, dass er oft in einer Stunde auf einem Fuße stehend zweihundert Verse diktierte, als ob das etwas Großes wäre. Da nun seine Rede wie ein schlammiger Strom dahinfloss, gab es manche Stelle, die man gern weggewünscht hätte. Er war geschwätzig und zu bequem, die Mühe des Dichtens auf sich zu nehmen, das heißt des richtigen Dichtens, denn auf die Menge gebe ich nichts. Da fordert mich ein Crispinus um ein Nichts zu einer Wette heraus: „Nimm, wenn du Lust hast, nur gleich die Schreibtafel zur Hand! Ich will es auch tun. Man bestimme uns Ort, Zeit und Aufsicht! Wir wollen einmal sehen, wer von uns die meisten Verse machen kann!“ Den Göttern sei es gedankt, dass sie mich so arm und klein an Geist schufen, dass ich nur selten und dann nur sehr wenig rede! Du dagegen kannst meinetwegen die Luft im bocksledernen Blasebalg nachahmen, die in einem fort arbeitet, bis das Feuer das Eisen schmilzt. Ein Fannius ist ganz glückselig, wenn er ohne Aufforderung seine Werke ‘mit dem Bilde des Verfassers’ den Leuten ins Haus getragen hat, während meine Schriften niemand zu lesen bekommt und ich mich sogar scheue, sie öffentlich vorzutragen, weil manche Leute an dieser Art von Gedichten keinen Gefallen finden, da eben die Mehrzahl der Menschen Rüge verdient. Greife nur den Nächstbesten mitten aus der großen Menge heraus! Entweder krankt er an Habgier oder an erbärmlichem Ehrgeiz. Der ist rasend verliebt in verheiratete Frauen, der in Knaben. Den bezaubert der Glanz silberner Geräte, ein Albius gerät ganz außer sich vor Kunstwerken aus Bronze. Ein anderer setzt Waren um auf dem ganzen Wege vom Morgenbis zum Abendland, ja er stürzt sich Hals über Kopf von einem Ungemach ins andere, wie ein Staubwirbel dahinfährt, damit er ja nichts von seinem Vermögen verliert, sondern seine Habe vermehrt. All diese Leute fürchten die Verse und hassen den Satirendichter: „Der hat Heu auf dem Horn“, heißt es, „geh ihm nur weit aus dem Weg! Wenn er nur die Lacher auf seiner Seite hat, schont er sich so wenig wie einen seiner Freunde, und hat er einmal etwas aufs Papier geschmiert, dann giert er förmlich danach, dass alle es erfahren, die vom Backofen und vom Stadtbrunnen heimgehen,
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et pueros et anus.’ agedum pauca accipe contra. primum ego me illorum, dederim quibus esse poetis, excerpam numero: neque enim concludere versum dixeris esse satis neque, si qui scribat uti nos sermoni propiora, putes hunc esse poetam. ingenium cui sit, cui mens divinior atque os magna sonaturum, des nominis huius honorem. idcirco quidam comoedia necne poema esset, quaesivere, quod acer spiritus ac vis nec verbis nec rebus inest, nisi quod pede certo differt sermoni, sermo merus. ‘at pater ardens saevit, quod meretrice nepos insanus amica filius uxorem grandi cum dote recuset, ebrius et, magnum quod dedecus, ambulet ante noctem cum facibus.’ numquid Pomponius istis audiret leviora, pater si viveret? ergo non satis est puris versum perscribere verbis, quem si dissolvas, quivis stomachetur eodem quo personatus pacto pater. his, ego quae nunc, olim quae scripsit Lucilius, eripias si tempora certa modosque, et quod prius ordine verbum est posterius facias praeponens ultima primis, non, ut si solvas ‘postquam Discordia taetra belli ferratos postis portasque refregit’, invenias etiam disiecti membra poetae. hactenus haec: alias, iustum sit necne poema. nunc illud tantum quaeram, meritone tibi sit suspectum genus hoc scribendi. Sulgius acer ambulat et Caprius, rauci male cumque libellis, magnus uterque timor latronibus; at bene si quis et vivat puris manibus, contemnat utrumque. ut sis tu similis Caeli Birrique latronum, non ego sim Capri neque Sulgi: cur metuas me? nulla taberna meos habeat neque pila libellos, quis manus insudet volgi Hermogenisque Tigelli, nec recito cuiquam nisi amicis idque coactus, non ubivis coramve quibuslibet. in medio qui scripta foro recitent, sunt multi quique lavantes: suave locus voci resonat conclusus. inanis hoc iuvat, haud illud quaerentis, num sine sensu, tempore num faciant alieno. ‘laedere gaudes’ inquit ‘et hoc studio pravus facis’. unde petitum hoc in me iacis? est auctor quis denique eorum, vixi cum quibus? absentem qui rodit, amicum qui non defendit alio culpante, solutos qui captat risus hominum famamque dicacis, fingere qui non visa potest, conmissa tacere
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Kinder und alte Weiber.“ Gut! Nur ein paar Worte der Erwiderung! Fürs erste möchte ich mich aus der Zahl derer ausnehmen, denen ich zugestehe, dass sie Dichter sind. Denn so wenig man es ausreichend nennen kann, wenn jemand einen abgerundeten Vers baut, so wenig darf man den für einen Dichter halten, der wie ich Sachen schreibt, die der Prosa näher stehen. Nur wer Erfindungsgabe, Begeisterung und erhabene Sprache besitzt, nur dem kann man diesen Ehrennamen geben. Deswegen haben manche Gelehrte gefragt, ob die Komödie überhaupt eine Dichtung sei oder nicht, weil feuriger Schwung und Kraft weder ihrer Sprache noch ihrem Inhalt innewohnt und weil sie die reinste Prosa wäre, wenn sie sich von dieser nicht durch das feste Silbenmaß unterschiede. „Aber der Vater in der Komödie tobt doch voller Wut, wenn sein verschwenderischer Sohn rasend in eine Dirne verliebt ist und eine Braut mit reicher Mitgift ausschlägt und wenn er im Rausch – welche Schande! – noch vor Einbruch der Nacht mit Fackeln durch die Straßen zieht.“ Bekäme etwa Pomponius glimpflichere Worte zu hören, wenn sein Vater noch am Leben wäre? Also reicht es nicht hin, dass man einen regelrechten Vers in schmucklosen Worten bauen kann; denn man braucht ihn nur aufzulösen, und jeder Vater machte seinem Zorn auf die gleiche Weise Luft wie der Vater in der Komödie. Wenn man aus dem, was ich jetzt schreibe und einst Lucilius schrieb, das feste Versmaß und den Rhythmus wegnimmt und ein Wort, das im Vers das frühere ist, weiter nach hinten stellt, indem man das Ende zum Anfang macht, dann kann man nicht auch noch in den zerstückelten Gliedern den Dichter erkennen, was doch der Fall wäre, wenn man den Vers auflöste: ‘Nachdem die grässliche Zwietracht des Krieges erzstarrende Pfosten und Pforten erbrochen.’ Doch genug davon! Die Frage, ob die Satire überhaupt Poesie ist oder nicht, will ich ein andermal untersuchen, jetzt nur die, ob diese Gattung wirklich deinen Verdacht verdient. Sulgius und Caprius schreiten grimmig und ganz heiser vom vielen Reden vor Gericht mit Anklageschriften einher, jeder ein gewaltiger Schrecken für Straßenräuber. Aber wenn einer brav ist und saubere Hände hat, braucht er beide nicht zu fürchten. Doch selbst den Fall gesetzt, du seiest ein Räuber wie Caelius und Birrius, brauche ich deswegen noch kein Caprius oder Sulgius zu sein. Warum also mich fürchten? Keine Buchhandlung und kein Auslagekasten sollen meine Schriftchen bekommen, dass der Pöbel und ein Hermogenes Tigellius ihre schweißigen Hände an ihnen abwischen können. Nur meinen Freunden lese ich daraus vor, und auch das nur, wenn man mich nötigt, auch nicht überall und nicht vor jedem Publikum. Freilich gibt es viele Dichter, die ihre Schriften mitten auf dem Forum oder auch im Volksbad vorlesen; widerhallt doch die Stimme so süß in einem geschlossenen Raum. Aber daran finden nur eitle Tröpfe Gefallen, die nicht danach fragen, ob sie es ohne Taktgefühl und zu unpassender Zeit tun. „Aber“, heißt es, „du hast deine Freude daran, wenn du jemandem wehtun kannst, und in deiner Schlechtigkeit tust du es auch mit Fleiß.“ Woher stammt der Vorwurf, den du da gegen mich schleuderst? Ist überhaupt einer von den Leuten, mit denen ich verkehre, dein Gewährsmann? Wer einen Menschen hinter dessen Rücken schlechtmacht, wer seinen Freund gegen die Beschuldigungen eines Dritten nicht verteidigt, wer nach dem ausgelassenen Gelächter der Leute und dem Ruf eines Witzbolds hascht, wer Dinge erdichtet, die niemand sah, und wer an-
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Sermonum Liber Prior
qui nequit: hic niger est, hunc tu, Romane, caveto. saepe tribus lectis videas cenare quaternos, e quibus unus amet quavis aspergere cunctos praeter eum qui praebet aquam; post hunc quoque potus, condita cum verax aperit praecordia Liber: hic tibi comis et urbanus liberque videtur infesto nigris: ego si risi, quod ineptus pastillos Rufillus olet, Gargonius hircum, lividus et mordax videor tibi? mentio si quae de Capitolini furtis iniecta Petilli te coram fuerit, defendas, ut tuus est mos: ‘me Capitolinus convictore usus amicoque a puero est causaque mea permulta rogatus fecit et incolumis laetor quod vivit in urbe; sed tamen admiror, quo pacto iudicium illud fugerit’: hic nigrae sucus lolliginis, haec est aerugo mera; quod vitium procul afore chartis, atque animo prius, ut si quid promittere de me possum aliud vere, promitto. liberius si dixero quid, si forte iocosius, hoc mihi iuris cum venia dabis: insuevit pater optimus hoc me, ut fugerem exemplis vitiorum quaeque notando. cum me hortaretur, parce frugaliter atque viverem uti contentus eo quod mi ipse parasset: ‘nonne vides, Albi ut male vivat filius utque Baius inops? magnum documentum, ne patriam rem perdere quis velit.’ a turpi meretricis amore cum deterreret: ‘Scetani dissimilis sis.’ ne sequerer moechas, concessa cum venere uti possem: ‘deprensi non bella est fama Treboni’ aiebat. ‘sapiens, vitatu quidque petitu sit melius, causas reddet tibi; mi satis est, si traditum ab antiquis morem servare tuamque, dum custodis eges, vitam famamque tueri incolumem possum; simul ac duraverit aetas membra animumque tuum, nabis sine cortice.’ sic me formabat puerum dictis et, sive iubebat ut facerem quid, ‘habes auctorem, quo facias hoc’ unum ex iudicibus selectis obiciebat, sive vetabat, ‘an hoc inhonestum et inutile factu necne sit, addubites, flagret rumore malo cum hic atque ille?’ avidos vicinum funus ut aegros exanimat mortisque metu sibi parcere cogit, sic teneros animos aliena opprobria saepe absterrent vitiis. ex hoc ego sanus ab illis, perniciem quaecumque ferunt, mediocribus et quis ignoscas vitiis teneor. fortassis et istinc
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Satire 1,4 vertraute Geheimnisse nicht verschweigen kann, der ist ein heimtückischer Kerl, vor dem musst du dich in Acht nehmen, ehrlicher Römer! Oft kann man bei einem Gastmahl die drei Speisesofas dicht besetzt mit je vier Gästen sehen, von denen einer es liebt, die ganze Tischgesellschaft zu begeifern, ausgenommen den Gastgeber, nachher freilich, im Rausch, auch diesen, wenn der Wahrheitsfreund Liber die Geheimnisse des Herzens offenbart. Ein solcher Mensch ist in deinen Augen ein lustiger, witziger, ungezwungener Kerl – und doch bist du den Heimtückischen so feind! Wenn ich mich einmal darüber lustig gemacht habe, dass der geckenhafte Rufillus nach Gewürzkügelchen duftet und Gargonius nach Achselschweiß, muss ich dir dann gleich als boshaft und bissig gelten? Wenn vielleicht in deiner Gegenwart eine Äußerung fällt über Unterschlagungen des Petillius Capitolinus, so verteidigst du ihn nach deiner Art etwa so: „Capitolinus war von meiner frühesten Jugend an mein ständiger Tischgenosse und Freund und erwies mir auf meine Bitten hin sehr viele Gefälligkeiten; es freut mich, dass er unangefochten in unserer Stadt leben darf. Aber das begreife ich doch nicht, wie man ihn in diesem Prozess hat freisprechen können.“ So etwas ist Saft des schwarzen Tintenfisches, das ist der pure Grünspan. Dieses Laster soll meinen Schriften fernbleiben und vorher schon meinem Herzen: das verspreche ich so heilig, wie ich überhaupt etwas von mir versprechen kann. Wenn ich aber einmal ein allzu freimütiges oder scherzhaftes Wort spreche, musst du mir so viel Recht gütigst einräumen. Daran hat mich nämlich mein guter Vater gewöhnt, indem er mir jedes Laster an Beispielen verächtlich machte, damit ich es meiden sollte. Wenn er mich mahnte, ich solle sparsam, haushälterisch und mit dem zufrieden leben, was er für mich erworben, dann konnte er sagen: „Siehst du nicht, wie schlecht es dem Sohn des Albius geht und dem verarmten Baius? Ein warnendes Beispiel dafür, dass es sich niemand einfallen lasse, sein väterliches Erbe zu vertun!“ Wenn er mich von der schimpflichen Liebschaft mit einer Dirne abschrecken wollte, sagte er: „Dem Scetanus musst du es nicht nachmachen.“ Damit ich nicht verheirateten Frauen nachliefe, während ich doch erlaubte Liebe genießen könnte, sagte er: „Trebonius, den man erwischt hat, steht in keinem guten Rufe. Die Philosophie wird dir später einmal die Gründe dafür angeben, warum man besser daran tut, gewisse Dinge zu meiden oder zu erstreben. Mir genügt es, wenn ich die von den Altvordern überlieferte Sitte bewahren und deinen Lebenswandel und guten Leumund unbescholten erhalten kann, solange du noch der Aufsicht bedarfst. Sobald einmal die Jahre deine Glieder und deinen Verstand ausreifen lassen, wirst du schon ohne Korkgürtel schwimmen.“ So erzog er mich in meiner Knabenzeit durch gute Lehren, und wenn er mir eine Ermahnung gab, hielt er mir einen von den auserlesenen Schöffen vor Augen mit den Worten: „Da hast du ein Vorbild, nach dem du dich richten kannst.“ Oder verbot er mir etwas, so sagte er: „Kannst du noch zweifeln, ob dies ehrlich und schädlich gehandelt heißt oder nicht, da doch der und jener deswegen in schlechtem Rufe steht?“ Wie ein Todesfall in der Nachbarschaft gierigen Kranken einen tödlichen Schrecken einjagt und sie durch die Furcht vor dem Tode zwingt, sich zu schonen, so schreckt fremde Schande ein zartes Gemüt oft vom Laster ab. Durch diese Erziehung blieb ich frei von allen Fehlern, die ins Verderben führen, und bin nur mit unbedeutenden und verzeihlichen behaftet. Vielleicht hat auch von diesen die lange Lebenszeit,
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largiter abstulerit longa aetas, liber amicus, consilium proprium; neque enim, cum lectulus aut me porticus excepit, desum mihi. ‘rectius hoc est; hoc faciens vivam melius; sic dulcis amicis occurram; hoc quidam non belle: numquid ego illi inprudens olim faciam simile?’ haec ego mecum conpressis agito labris; ubi quid datur oti, inludo chartis. hoc est mediocribus illis ex vitiis unum; cui si concedere nolis, multa poetarum veniat manus, auxilio quae sit mihi – nam multo plures sumus –, ac veluti te Iudaei cogemus in hanc concedere turbam.
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V Egressum magna me accepit Aricia Roma hospitio modico; rhetor comes Heliodorus, Graecorum longe doctissimus; inde Forum Appi differtum nautis cauponibus atque malignis. hoc iter ignavi divisimus, altius ac nos praecinctis unum: minus est gravis Appia tardis. hic ego propter aquam, quod erat deterrima, ventri indico bellum, cenantis haud animo aequo exspectans comites. iam nox inducere terris umbras et caelo diffundere signa parabat: tum pueri nautis, pueris convicia nautae ingerere: ‘huc adpelle’; ‘trecentos inseris’; ‘ohe, iam satis est.’ dum aes exigitur, dum mula ligatur, tota abit hora. mali culices ranaeque palustres avertunt somnos; absentem cantat amicam multa prolutus vappa nauta atque viator certatim; tandem fessus dormire viator incipit ac missae pastum retinacula mulae nauta piger saxo religat stertitque supinus. iamque dies aderat, nil cum procedere lintrem sentimus, donec cerebrosus prosilit unus ac mulae nautaeque caput lumbosque saligno fuste dolat: quarta vix demum exponimur hora. ora manusque tua lavimus, Feronia, lympha. milia tum pransi tria repimus atque subimus inpositum saxis late candentibus Anxur. huc venturus erat Maecenas optimus atque Cocceius, missi magnis de rebus uterque legati, aversos soliti conponere amicos.
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Satire 1,5 ein freimütiger Freund und eigenes Nachdenken noch ein gut Teil weggenommen. Auch dann nämlich, wenn ich im warmen Bett liege oder in einer Säulenhalle spazieren gehe, lasse ich es an mir nicht fehlen und sage mir: „Das ist das Richtigere. Wenn ich es so mache, werde ich besser fahren. So komme ich meinen Freunden liebenswürdig entgegen. Das war gar nicht schön von diesem Manne; sollte ich es aus Unbedachtsamkeit auch einmal so machen?“ Solche Gespräche führe ich mit mir im Stillen. Bietet sich dann ein freier Augenblick, so werfe ich meine Gedanken aufs Papier. Das ist so eine von den vorhin angedeuteten kleinen Schwächen. Und wenn du mir die nicht nachsehen willst, dann erscheint das gewaltige Heer der Dichter, das mir helfen wird – denn wir sind bei weitem in der Überzahl –, und wir nötigen dich wie die Juden zum Übertritt in unsere Gemeinde.
Satire 1,5 Nach meiner Abreise aus der Großstadt Rom fand ich in Aricia eine leidliche Unterkunft. Mein Begleiter war der Rhetor Heliodoros, bei weitem der gelehrteste aller Griechen. Dann ging es nach Forum Appi, ein Nest, das gesteckt voll ist von Fährleuten und betrügerischen Schankwirten. Diese Strecke, die Reisende, die es eiliger haben als wir, in einem Tag zurücklegen, zerlegten wir aus Bequemlichkeit in zwei Abschnitte, denn das Fahren auf der Appischen Straße ist weniger lästig, wenn man sich Zeit lässt. Hier in Forum Appi war das Wasser, das ganz abscheulich war, schuld daran, dass ich meinen Magen kurz halten musste; in übler Laune wartete ich auf die Reisegesellschaft, die zu Abend speiste. Schon schickte sich die Nacht an, Dunkel über die Lande zu breiten und am Himmel die Sterne auszustreuen, da schimpften sich unsere Sklaven mit den Fährleuten und die Fährleute mit unseren Sklaven herum. „Da leg an!“ „Du stopfst ja dreihundert ins Boot.“ „Halt! Jetzt ist’s genug!“ Bis man das Fahrgeld einfordert und das Maultier anbindet, vergeht eine geschlagene Stunde. Die bösen Schnaken und Frösche im Sumpf verscheuchen den Schlaf ebenso wie ein Fährmann und ein Reisender, die sich den Magen tüchtig mit Krätzer ausgespült haben und nun um die Wette Lieder auf ihr fernes Lieb singen. Endlich schläft der Wanderer vor Müdigkeit ein; doch der faule Bootsmann lässt das Maultier grasen, bindet das Zugseil an einen Meilenstein, legt sich auf den Rücken und schnarcht. Und es war schon heller Tag, als wir merken, dass die Fähre nicht um ein Haarbreit vorwärtskam, bis ein Hitzkopf aufsprang und dem Maulesel samt dem Bootsmann Kopf und Lenden mit einem Weidenprügel verdrosch. Kaum dass wir um zehn Uhr vormittags endlich an Land gesetzt werden. Wir wuschen uns Gesicht und Hände in deinem Born, Feronia. Nach dem Frühstück legen wir dann im Schneckentempo drei Meilen zurück und steigen nach Anxur hinauf, das auf weithin schimmernden Felsen erbaut ist. Hier wollten der gute Maecenas und Cocceius zu uns stoßen, beide als Gesandte in wichtigen Angelegenheiten und gewohnt, entzweite Freunde zu versöhnen.
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hic oculis ego nigra meis collyria lippus inlinere. interea Maecenas advenit atque Cocceius Capitoque simul Fonteius, ad unguem factus homo, Antoni, non ut magis alter, amicus. Fundos Aufidio Lusco praetore libenter linquimus, insani ridentes praemia scribae, praetextam et latum clavum prunaeque vatillum. in Mamurrarum lassi deinde urbe manemus, Murena praebente domum, Capitone culinam. postera lux oritur multo gratissima; namque Plotius et Varius Sinuessae Vergiliusque occurrunt, animae, qualis neque candidiores terra tulit neque quis me sit devinctior alter. o qui conplexus et gaudia quanta fuerunt. nil ego contulerim iucundo sanus amico. proxima Campano ponti quae villula, tectum praebuit et parochi, quae debent, ligna salemque. hinc muli Capuae clitellas tempore ponunt. lusum it Maecenas, dormitum ego Vergiliusque; namque pila lippis inimicum et ludere crudis. hinc nos Coccei recipit plenissima villa, quae super est Caudi cauponas. nunc mihi paucis Sarmenti scurrae pugnam Messique Cicirri, Musa, velim memores et quo patre natus uterque contulerit litis. Messi clarum genus Osci; Sarmenti domina exstat: ab his maioribus orti ad pugnam venere. prior Sarmentus ‘equi te esse feri similem dico’. ridemus, et ipse Messius ‘accipio’, caput et movet. ‘o tua cornu ni foret exsecto frons’, inquit ‘quid faceres, cum sic mutilus minitaris?’ at illi foeda cicatrix saetosam laevi frontem turpaverat oris. Campanum in morbum, in faciem permulta iocatus, pastorem saltaret uti Cyclopa rogabat: nil illi larva aut tragicis opus esse cothurnis. multa Cicirrus ad haec: donasset iamne catenam ex voto Laribus, quaerebat; scriba quod esset, nilo deterius dominae ius esse; rogabat denique, cur umquam fugisset, cui satis una farris libra foret, gracili sic tamque pusillo. prorsus iucunde cenam producimus illam. tendimus hinc recta Beneventum, ubi sedulus hospes paene macros arsit dum turdos versat in igni. nam vaga per veterem dilapso flamma culinam Volcano summum properabat lambere tectum. convivas avidos cenam servosque timentis tum rapere atque omnis restinguere velle videres.
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Satire 1,5 Hier musste ich wegen eines Augenkatarrhs meine Augen mit schwarzer Salbe einreiben. Unterdessen erschien Maecenas und zugleich mit ihm Cocceius und Fonteius Capito, ein Mann von feinster Bildung und dem Antonius ergeben wie kein anderer. Mit Vergnügen lassen wir Fundi unter der Prätur des Aufidius Luscus hinter uns und lachen über den prunkenden Aufzug dieses größenwahnsinnigen ehemaligen Sekretärs, über den breiten Purpurstreifen an seiner Toga und Tunika und über sein Kohlenbecken. Todmüde bleiben wir dann in der Vaterstadt der Familie Mamurra über Nacht, wo Murena uns sein Haus, Capito seine Küche zur Verfügung stellte. Der nächste Tag war weitaus der schönste; denn in Sinuessa trafen Plotius, Varius und Vergil ein, die redlichsten Seelen, die die Welt je gesehen hat, und Männer, denen wohl niemand ergebener ist als ich. Was gab es da für Umarmungen und Jubel über Jubel! Solange ich bei gesundem Verstand bin, soll mir nichts über einen lieben Freund gehen. Ganz in der Nähe der kampanischen Brücke bot uns ein kleiner Bauernhof Obdach, und seine Bewirtschafter lieferten uns vorschriftsmäßig Brennholz und Salz. Von hier ging es nach Capua, wo man den Mauleseln beizeiten die Sättel abnahm. Maecenas ging zum Ballspiel, ich und Vergil zu einem Mittagsschläfchen; denn das Ballspiel ist für Triefäugige und Magenleidende nicht zuträglich. Dann nahm uns die reiche Villa des Cocceius auf, die über den Gasthöfen von Caudium liegt. Jetzt, bitte, erzähle mir, Muse, kurz den Wortkampf zwischen dem Spaßmacher Sarmentus und Messius Cicirrus und nenne die Geschlechter, aus denen die beiden Kämpen stammten! Die Sippe des Messius ist berühmt – oskische Bauern! Die Herrin des Sarmentus lebt heute noch. Von solchen Ahnen stammend schritten sie zum Kampfe. Zuerst schrie Sarmentus: „Ich behaupte, dass du einem Wildpferd gleich siehst.“ Wir lachen, und Messius sagt selber: „Stimmt!“ und schüttelt drohend den Kopf. „Hui“, fährt Sarmentus fort, „was tätest du erst, wenn man dir nicht das Horn aus der Stirn geschnitten hätte, da du jetzt noch trotz deiner Verstümmelung so gefährlich drohst?“ Dem Messius hatte nämlich eine hässliche Narbe auf der linken Gesichtshälfte seine borstige Stirn verschandelt. Dann riss Sarmentus noch viele Witze über seine kampanische Warzenkrankheit und sein Gesicht und bat ihn, er solle doch das Ballett ‘Der Kyklop als Hirt’ tanzen; Maske und tragische Stiefel brauche er dazu nicht. Cicirrus zahlte es ihm reichlich heim: Ob Sarmentus schon seine Sklavenkette ‘aus Gelöbnis’ den Hausgöttern geweiht habe? Wenn er auch jetzt Sekretär sei, so sei deswegen der Rechtsanspruch seiner Herrin auf ihn nicht erloschen. Schließlich fragte er, warum er überhaupt entlaufen sei, da für ihn doch ein halbes Kilo Dinkel reichlich genug gewesen sei, für einen so schmächtigen, kleinen Kerl. So dehnten wir unsere Abendmahlzeit in höchst behaglicher Laune bis in die Nacht hinein aus. Von hier ging es geradenwegs nach Beneventum, wo unser diensteifriger Gastgeber beinahe abgebrannt wäre, als er die mageren Drosseln im Feuer hin- und herwendete. Denn das Feuer breitete sich in der ganzen alten Küche aus, so dass die Flammen um sich griffen und schon begannen, nach dem Dachstuhl hinaufzuzüngeln. Jetzt hätte man sehen sollen, wie die hungrigen Gäste und das erschrockene Gesinde nach dem Essen griffen und alle löschen wollten!
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incipit ex illo montis Apulia notos ostentare mihi, quos torret Atabulus et quos nunquam erepsemus, nisi nos vicina Trivici villa recepisset lacrimoso non sine fumo, udos cum foliis ramos urente camino. hic ego mendacem stultissimus usque puellam ad mediam noctem exspecto; somnus tamen aufert intentum veneri; tum inmundo somnia visu nocturnam vestem maculant ventremque supinum. quattuor hinc rapimur viginti et milia raedis, mansuri oppidulo, quod versu dicere non est, signis perfacile est: venit vilissima rerum hic aqua, sed panis longe pulcherrimus, ultra callidus ut soleat umeris portare viator. nam Canusi lapidosus, aquae non ditior urna: qui locus a forti Diomede est conditus olim. flentibus hinc Varius discedit maestus amicis. inde Rubos fessi pervenimus, utpote longum carpentes iter et factum corruptius imbri. postera tempestas melior, via peior ad usque Bari moenia piscosi; dein Gnatia Lymphis iratis exstructa dedit risusque iocosque, dum flamma sine tura liquescere limine sacro persuadere cupit. credat Iudaeus Apella, non ego; namque deos didici securum agere aevom nec, si quid miri faciat natura, deos id tristis ex alto caeli demittere tecto. Brundisium longae finis chartaeque viaeque est.
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Satire 1,5 Von dort an zeigte mir allmählich Apulien die vertrauten Berge, die der Schirokko ausdörrt und aus denen wir uns nie herausgeschleppt hätten, wenn uns nicht bei Trivicum eine Villa bewirtet hätte; freilich presste uns der Rauch dort Tränen aus, denn im Kamin brannten grüne Äste samt ihrem Laub. Hier warte ich großer Dummkopf auf ein wortbrüchiges Mädchen bis Mitternacht, wo mich doch der Schlaf überwältigte trotz meinem heftigen Verlangen nach Liebe. Und während ich dann auf dem Rücken liege, besudelt mir ein lüsternes Traumbild das Nachthemd und den Bauch. Von hier brachte uns der Wagen in rascher Fahrt vierundzwanzig Meilen weiter; wir wollten nämlich in einem Städtchen bleiben, dessen Name zwar nicht in den Hexameter passt, das sich aber durch Andeutungen sehr leicht bezeichnen lässt. Hier nämlich muss man ein Ding, das sonst das billigste ist, das Wasser, um teures Geld kaufen; dafür ist das Brot ganz ausgezeichnet, so dass kluge Reisende gewöhnlich eine Portion im Rucksack mitnehmen. Denn in Canusium ist das Brot voller Sand und der Wasserkrug nicht besser gefüllt. Dafür ist auch dieser Ort einst von dem tüchtigen Diomedes gegründet worden. Hier trennte sich Varius betrübt von seinen weinenden Freunden. Von da kamen wir recht müde nach Rubi, denn der Weg, den wir zu machen hatten, war lang und dazu noch durch den Regen ziemlich verdorben. Am nächsten Tag war das Wetter besser, die Straße noch schlechter, bis vor die Mauern des fischreichen Barium. Dann gab uns das unter dem Fluche der Wassernymphen erbaute Gnatia reichen Stoff zu Gelächter und Witzen, da es uns weismachen wollte, dass auf der Schwelle seines Tempels der Weihrauch ohne Feuer schmelze. Das soll der Jude Apella glauben! Ich glaub’s nicht. Denn ich habe seinerzeit gelernt, dass die Götter ein sorgenfreies Leben führen, und dass, wenn die Natur eine auffallende Erscheinung hervorbringt, die Götter dies nicht in ihrem Zorn von ihrem hohen Himmelshaus herunterschicken. Mit Brundisium hat die weite Reise und mein langes Schreiben ein Ende.
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VI Non quia, Maecenas, Lydorum quidquid Etruscos incoluit finis, nemo generosior est te, nec quod avus tibi maternus fuit atque paternus olim qui magnis legionibus imperitarent, ut plerique solent, naso suspendis adunco ignotos, ut me libertino patre natum. cum referre negas, quali sit quisque parente natus, dum ingenuus, persuades hoc tibi vere, ante potestatem Tulli atque ignobile regnum multos saepe viros nullis maioribus ortos et vixisse probos amplis et honoribus auctos; contra Laevinum, Valeri genus, unde Superbus Tarquinius regno pulsus fugit, unius assis non umquam pretio pluris licuisse, notante, iudice quo nosti, populo, qui stultus honores saepe dat indignis et famae servit ineptus, qui stupet in titulis et imaginibus. quid oportet nos facere a volgo longe longeque remotos? namque esto: populus Laevino mallet honorem quam Decio mandare novo censorque moveret Appius, ingenuo si non essem patre natus: vel merito, quoniam in propria non pelle quiessem. sed fulgente trahit constrictos Gloria curru non minus ignotos generosis. quo tibi, Tilli, sumere depositum clavum fierique tribuno? invidia adcrevit, privato quae minor esset. nam ut quisque insanus nigris medium impediit crus pellibus et latum demisit pectore clavum, audit continuo ‘quis homo hic est? quo patre natus?’ ut si qui aegrotet quo morbo Barrus, haberi et cupiat formosus, eat quacumque, puellis iniciat curam quaerendi singula, quali sit facie, sura, quali pede, dente, capillo: sic qui promittit civis, urbem sibi curae, imperium fore et Italiam, delubra deorum, quo patre sit natus, num ignota matre inhonestus, omnis mortalis curare et quaerere cogit. ‘tune, Syri Damae aut Dionysi filius, audes deicere de saxo civis aut tradere Cadmo?’ ‘at Novius collega gradu post me sedet uno; namque est ille, pater quod erat meus.’ ‘hoc tibi Paulus et Messalla videris? at hic, si plostra ducenta concurrantque foro tria funera magna, sonabit, cornua quod vincatque tubas: saltem tenet hoc nos.’
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Satire 1,6 Wenn auch, Maecenas, von allen Lydern, die je etruskisches Land bewohnt haben, keiner von höherem Adel ist als du, und wenn du auch mütterlicher- wie väterlicherseits Ahnen hast, die einst gewaltige Heere befehligten, so siehst du deswegen nicht, wie so viele es machen, hochnäsig über Nichtadlige hinweg, etwa mich, den Sohn eines Freigelassenen. Und wenn du behauptest, es komme nicht darauf an, von welchem Vater einer stamme, wenn er nur ein Freigeborener sei, so hast du die richtige Überzeugung: schon vor der Königsherrschaft des nichtadeligen Tullius hat gar mancher Mann ohne Stammbaum rechtschaffen gelebt und es zu hohen Ehrenämtern gebracht; ein Laevinus dagegen, der Nachkomme jenes Valerius, der Tarquinius Superbus vom Throne stürzte und in die Verbannung trieb, hat trotzdem nie auch nur einen Heller mehr gegolten: So urteilt über ihn sogar das Volk, dessen Urteilskraft du kennst, das Volk, das in seinem Unverstand Ehrenämter oft Unwürdigen überträgt, in seiner Albernheit sich sklavisch vor berühmten Namen bückt und vor Ahnenbildern und ihren Beischriften in Ehrfurcht erstarrt. Was soll nun unsereiner tun, den vom Volke eine ganze Welt trennt? Denn es ist einmal so: Das Volk verliehe ein Ehrenamt lieber einem Laevinus als einem Decius, wenn dieser ‘ein neuer Mann’ wäre, und der Zensor Appius würde mich aus dem Senate stoßen, wenn ich nicht der Sohn eines Freigeborenen wäre. Und dies mit Recht, weil ich mich in meiner Haut nicht wohlgefühlt hätte. Freilich fesselt der Ehrgeiz Nichtadlige so gut wie Adlige an seinen funkelnden Triumphwagen und schleift sie mit sich fort. Was hast du davon gehabt, Tillius, dass du Tribun geworden und somit den verlorenen Purpurstreifen wieder angelegt hast? Nur der Neid ist gewachsen, der dich als Privatmann weniger träfe. Denn sowie einer in seinem Größenwahn das Schienbein bis zur Mitte mit schwarzen Schnürriemen umwickelt und die Tunika mit den breiten Purpurstreifen von der Brust herabwallen lässt, bekommt er sofort zu hören: „Was ist das für ein Mann? Was war sein Vater?“ Wie einer, der etwa an der Manie des Barrus leidet, nämlich an der Sucht, für schön gelten zu wollen, die Frauen auf Schritt und Tritt zur Neugier herausfordert, dass sie ihn auf alle Einzelheiten prüfen, was er für ein Gesicht hat und was für Waden, Füße, Zähne und Haare – so zwingt einer, der verspricht, für seine Mitbürger, für die Hauptstadt, das Reich und Italien, die Heiligtümer der Götter zu sorgen, alle Leute zu der neugierigen Frage, was sein Vater sei und ob er nicht durch eine nichtadelige Mutter seinen Adel verloren habe. „Du, der Sohn des syrischen Sklaven Dama oder Dionysios, du hast die Stirn, römische Bürger vom Tarpejischen Felsen hinabzustürzen oder dem Henker Cadmus zu überantworten?“ „Aber mein Amtsgenosse Novius sitzt ja im Theater noch eine Reihe hinter mir; denn er ist erst, was schon mein Vater gewesen ist.“ „Hältst du dich deswegen für einen Paullus oder Messalla? Aber der kann wenigstens, wenn zweihundert Lastwagen und drei große Leichenzüge auf dem Forum zusammenstoßen, so laut schreien, dass es die Hörner und Trompeten übertönt. Solche Lungenkraft wenigstens kann uns für ihn einnehmen.“
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nunc ad me redeo libertino patre natum, quem rodunt omnes libertino patre natum, nunc, quia sim tibi, Maecenas, convictor, at olim, quod mihi pareret legio Romana tribuno. dissimile hoc illi est, quia non, ut forsit honorem iure mihi invideat quivis, ita te quoque amicum, praesertim cautum dignos adsumere, prava ambitione procul. felicem dicere non hoc me possim, casu quod te sortitus amicum; nulla etenim mihi te fors obtulit: optimus olim Vergilius, post hunc Varius dixere, quid essem. ut veni coram, singultim pauca locutus – infans namque pudor prohibebat plura profari – non ego me claro natum patre, non ego circum me Satureiano vectari rura caballo, sed quod eram narro. respondes, ut tuus est mos, pauca; abeo, et revocas nono post mense iubesque esse in amicorum numero. magnum hoc ego duco, quod placui tibi, qui turpi secernis honestum non patre praeclaro, sed vita et pectore puro. atqui si vitiis mediocribus ac mea paucis mendosa est natura, alioqui recta, velut si egregio inspersos reprendas corpore naevos, si neque avaritiam neque sordes nec mala lustra obiciet vere quisquam mihi, purus et insons, ut me collaudem, si et vivo carus amicis, causa fuit pater his; qui macro pauper agello noluit in Flavi ludum me mittere, magni quo pueri magnis e centurionibus orti laevo suspensi loculos tabulamque lacerto ibant octonos referentes idibus aeris, sed puerum est ausus Romam portare docendum artis quas doceat quivis eques atque senator semet prognatos. vestem servosque sequentis, in magno ut populo, si qui vidisset, avita ex re praeberi sumptus mihi crederet illos. ipse mihi custos incorruptissimus omnis circum doctores aderat. quid multa? pudicum, qui primus virtutis honos, servavit ab omni non solum facto, verum opprobrio quoque turpi nec timuit, sibi ne vitio quis verteret, olim si praeco parvas aut, ut fuit ipse, coactor mercedes sequerer; neque ego essem questus. at hoc nunc laus illi debetur et a me gratia maior. nil me paeniteat sanum patris huius, eoque non, ut magna dolo factum negat esse suo pars, quod non ingenuos habeat clarosque parentes,
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Nun komme ich auf mich zurück, den ‘Sohn eines Freigelassenen’, den alle herunterreißen als ‘Sohn eines Freigelassenen’, jetzt, weil ich dein unzertrennlicher Begleiter bin, Maecenas, wie sie mich früher herunterrissen, weil mir als Militärtribun eine römische Legion gehorchte. Aber das sind zwei ganz verschiedene Dinge: Wenn man mich vielleicht mit Recht um jenes Amt beneiden konnte, so darf mich nicht jeder beliebige um deine Freundschaft beneiden, zumal du vorsichtig genug bist, nur solche Leute in deinen Kreis aufzunehmen, die es verdienen; denn du bist weit entfernt von dem verrückten Ehrgeiz, möglichst viele Klienten zu haben. Ich kann mich nicht deshalb ein Glückskind nennen, weil ich etwa durch Zufall zu deiner Freundschaft gekommen bin; denn es war kein blinder Zufall, der mich zu dir führte. Der gute Vergil und nach ihm Varius sprachen damals zu dir davon, was an mir sei. Als ich dann vor dir stand, konnte ich, immer wieder stockend, nur wenige Worte sprechen; die Befangenheit raubte mir die Sprache und hinderte mich, mehr herauszubringen; ich konnte nicht von einer Abkunft aus erlauchter Familie berichten, auch nicht davon, dass ich auf einem apulischen Gaul auf meinen Feldern herumtrabe; ich sagte nur, was an mir war. Du erwidertest, wie es deine Art ist, mit wenigen Worten. Ich entferne mich, und erst nach acht Monaten lässt du mich wieder rufen und nimmst mich in den Kreis deiner Freunde auf. Hohen Wert lege ich darauf, dass ich dein Gefallen gefunden habe, weil du zwischen ‘edel’ und ‘gemein’ nicht nach dem hohen Stande des Vaters unterscheidest, sondern nach der Lauterkeit des Lebens und der Gesinnung. Und doch! Wenn mein Charakter mit nur unbedeutenden und wenigen Fehlern behaftet, sonst aber anständig ist, wie man ja an einem hervorragend schönen Körper auch hier und da ein Muttermal zu tadeln findet, wenn mir niemand mit Recht Habgier vorwerfen kann oder schmutzigen Geiz oder den Besuch schlechter Häuser, wenn ich – um mich selbst zu loben – einen ehrbaren, unsträflichen Lebenswandel führe und wenn ich meinen Freunden lieb und wert bin, so verdanke ich dies meinem Vater. Der lebte zwar auf seinem mageren Gütchen in bescheidenen Verhältnissen, aber er wollte mich doch nicht in die Winkelschule des Flavius schicken, in welche die stolzen Söhnchen stolzer Hauptleute gingen, die ihr Rechenkästchen und ihre Schreibtafel selber an der linken Schulter tragen mussten und am 15. jeden Monats vierzig Pfennig Schulgeld zahlten, sondern er entschloss sich kühn, mich schon als Knaben nach Rom zu bringen, um mich in allen Fächern unterrichten zu lassen, in denen nur irgendein Ritter oder Senator seinen leiblichen Sohn unterrichten lassen kann. Wenn da jemand meine Kleidung und die mir folgenden Sklaven im Gewühl der Großstadt betrachtet hätte, musste er meinen, ein solcher Aufwand werde für mich aus altererbtem Vermögen bestritten. Er selbst begleitete mich als unbestechlichster Hüter von einem Lehrer zum andern. Mit einem Wort: In Unschuld – und das ist die erste Stufe der Manneswürde – hat er mich nicht nur vor jeder schimpflichen Handlung, sondern auch vor jeder schimpflichen Beschuldigung bewahrt, ohne zu fürchten, man könnte ihm später einen Vorwurf machen, wenn ich einst als Ausrufer oder Einkassierer, was er selber gewesen, einem kleinen Verdienst nachginge. Und ich hätte mich darüber auch nicht beklagt. So aber schulde ich ihm nur umso größeres Lob und größeren Dank. Nie werde ich, solange ich bei Verstand bin, mit einem solchen Vater unzufrieden sein. Daher werde ich mich nie so verteidigen wie ein großer Teil der Leute, die da sagen, es sei nicht ihre Schuld, dass sie keine freigeborenen und berühmten Eltern hätten.
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Sermonum Liber Prior
sic me defendam. longe mea discrepat istis et vox et ratio. nam si natura iuberet a certis annis aevum remeare peractum atque alios legere, ad fastum quoscumque parentes optaret sibi quisque, meis contentus honestos fascibus et sellis nollem mihi sumere, demens iudicio volgi, sanus fortasse tuo, quod nollem onus haud umquam solitus portare molestum. nam mihi continuo maior quaerenda foret res atque salutandi plures, ducendus et unus et comes alter, uti ne solus rusve peregre exirem, plures calones atque caballi pascendi, ducenda petorrita. nunc mihi curto ire licet mulo vel si libet usque Tarentum, mantica cui lumbos onere ulceret atque eques armos. obiciet nemo sordis mihi, quas tibi, Tilli, cum Tiburte via praetorem quinque secuntur te pueri, lasanum portantes oenophorumque. hoc ego commodius quam tu, praeclare senator, milibus atque aliis vivo. quacumque libido est, incedo solus, percontor quanti holus ac far, fallacem circum vespertinumque pererro saepe forum, adsisto divinis, inde domum me ad porri et ciceris refero laganique catinum; cena ministratur pueris tribus et lapis albus pocula cum cyatho duo sustinet, adstat echinus vilis, cum patera guttus, Campana supellex. deinde eo dormitum, non sollicitus, mihi quod cras surgendum sit mane, obeundus Marsya, qui se voltum ferre negat Noviorum posse minoris. ad quartam iaceo; post hanc vagor aut ego lecto aut scripto quod me tacitum iuvet unguor olivo, non quo fraudatis inmundus Natta lucernis. ast ubi me fessum sol acrior ire lavatum admonuit, fugio campum lusumque trigonem. pransus non avide, quantum interpellet inani ventre diem durare, domesticus otior. haec est vita solutorum misera ambitione gravique; his me consolor victurum suavius ac si quaestor avus pater atque meus patruusque fuisset.
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Himmelweit entfernt von solchem Gebaren ist mein Reden und Denken. Denn wenn das Naturgesetz geböte, von einem bestimmten Alter an den zurückgelegten Lebensweg von neuem zu durchlaufen und andere Eltern zu wählen, wie jeder sie nach seinem Dünkel wünschte, so wäre ich mit den meinen zufrieden und wählte mir keine solchen, die durch Rutenbündel und Ratsherrnsitze geadelt sind. Das wäre freilich nach dem Urteil des Pöbels verrückt, aber vernünftig vielleicht nach dem deinigen, weil ich keine lästige Bürde, die ich nicht gewohnt bin, tragen möchte. Denn sofort müsste ich dann auch nach größerem Vermögen streben, mehr Besuche machen, den einen und anderen Begleiter mitschleppen, um nie allein aufs Land oder auf Reisen zu gehen, müsste mehr Stallknechte und Gäule füttern und mehr Kutschen mitnehmen. So aber kann ich, wenn ich Lust habe, sogar nach Tarent reisen auf einem unansehnlichen Maultier, dem der schwere Zwerchsack die Flanken und der Reiter den Vorderbug wunddrückt. Niemand wird mir deshalb schmutzigen Geiz vorwerfen wie dir, Tillius, wenn dich, den Prätor, auf der Straße nach Tibur ganze fünf Sklaven begleiten, die dir Nachtstuhl und Weinkorb nachtragen. In diesem Stück und in tausend anderen lebe ich bequemer als du, erlauchter Senator. Ich gehe allein, wohin mir beliebt, frage, was Kohl und Korn kosten, schlendere durch den verdächtigen Circus und oft noch am Abend durch das ruhig gewordene Forum, bleibe bei den Wahrsagern stehen und begebe mich schließlich nach Hause zu einer Schüssel Lauch und Kichererbsen mit Pfannkuchen. Die Mahlzeit wird von drei Sklaven serviert, und ein Tischchen aus weißem Marmor trägt zwei Becher samt der Schöpfkelle. Daneben steht ein gewöhnlicher Mischkrug und ein Weinkännchen mit Opferschale, alles kampanisches Geschirr. Dann gehe ich schlafen, ohne mir Sorgen zu machen, dass ich etwa morgen in aller Frühe aufstehen und zu einem Verhandlungstermin bei der Statue des Marsyas gehen muss, der zu erkennen gibt, dass er das Gesicht des jüngeren Novius nicht ausstehen kann. Bis zehn Uhr vormittags bleibe ich liegen und lese oder schreibe stillvergnügt ein bisschen; dann gehe ich bummeln oder reibe mich mit Öl ein, aber nicht mit so einem wie der schmutzige Natta, der es seinen Lampen abstiehlt. Sobald ich aber müde geworden bin und die zunehmende Sonnenhitze mich ans Baden erinnert, verlasse ich das Marsfeld und das Dreiballspiel. Habe ich dann gefrühstückt, nicht gierig, sondern nur so viel, dass ich nicht den ganzen Tag mit leerem Magen ausharren muss, halte ich zu Hause Siesta. Das ist die Lebensweise von Leuten, die von erbärmlichem, drückendem Ehrgeiz frei sind; und so werde ich – das ist mein Trost – vergnügter leben, als wenn mein Großvater, mein Vater und mein Oheim Quästor gewesen wären.
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VII Proscripti Regis Rupili pus atque venenum hybrida quo pacto sit Persius ultus, opinor omnibus et lippis notum et tonsoribus esse. Persius hic permagna negotia dives habebat Clazomenis et iam litis cum Rege molestas, durus homo atque odio qui posset vincere Regem, confidens, tumidus, adeo sermonis amari, Sisennas, Barros ut equis praecurreret albis. ad Regem redeo. postquam nihil inter utrumque convenit – hoc etenim sunt omnes iure molesti, quo fortes, quibus adversum bellum incidit: inter Hectora Priamiden, animosum atque inter Achillem ira fuit capitalis, ut ultima divideret mors, non aliam ob causam, nisi quod virtus in utroque summa fuit: duo si Discordia vexet inertis aut si disparibus bellum incidat, ut Diomedi cum Lycio Glauco, discedat pigrior, ultro muneribus missis – : Bruto praetore tenente ditem Asiam, Rupili et Persi par pugnat, uti non conpositum melius cum Bitho Bacchius. in ius acres procurrunt, magnum spectaculum uterque. Persius exponit causam; ridetur ab omni conventu; laudat Brutum laudatque cohortem, solem Asiae Brutum appellat stellasque salubris appellat comites excepto Rege; Canem illum, invisum agricolis sidus, venisse: ruebat flumen ut hibernum, fertur quo rara securis. tum Praenestinus salso multoque fluenti expressa arbusto regerit convicia, durus vindemiator et invictus, cui saepe viator cessisset magna conpellans voce cuculum. at Graecus, postquam est Italo perfusus aceto, Persius exclamat: ‘per magnos, Brute, deos te oro, qui reges consueris tollere, cur non hunc Regem iugulas? operum hoc, mihi crede, tuorum est.’
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Satire 1,7
Satire 1,7 Wie sich der Halbgrieche Persius für die giftigen, galligen Angriffe des geächteten Rupilius Rex gerächt hat, ist wohl allen Augenleidenden und Bartscherern bekannt. Dieser Persius, ein reicher Mann, betrieb ein großes Geschäft in Klazomenai und führte jetzt einen lästigen Prozess mit dem Rex. Er war ein unnachgiebiger Mensch, der imstande war, an Widerwärtigkeit sogar den Rex zu überbieten, frech, hochmütig und in seinen Äußerungen so bissig, dass er sogar Lästermäulern wie Sisenna und Barrus um viele Nasenlängen voraus war. Doch zurück zum Rex! Nachdem sie sich gütlich nicht einigen konnten – denn alle Unversöhnlichen haben das gleiche Recht wie Helden, die im Krieg aneinander geraten: zwischen Hektor, dem Sohn des Priamos, und dem beherzten Achilleus herrschte eine so tödliche Erbitterung, dass zuletzt nur der Tod die beiden trennen konnte. Der Grund war allein der, dass in beiden der höchste Heldenmut lohte. Wenn Feiglinge sich entzweit haben oder wenn es zwischen zwei ungleichen Kämpen zum Streite kommt, wie zwischen Diomedes und dem Lykier Glaukos, dann verlässt wohl der zaghaftere die Walstatt, nachdem er seinem Gegner noch obendrein ein Geschenk gegeben –, da fochten also vor dem Richterstuhl des Brutus, der als Statthalter das reiche Kleinasien verwaltete, Rupilius und Persius ihren Kampf aus, ein Fechterpaar, wie die Gladiatoren Bithus und Bacchius kein besseres abgeben konnten. Hitzig stürmten sie vor Gericht, jeder allein schon ein prächtiges Schauspiel. Persius setzt den Rechtsstreit auseinander, wird aber von der ganzen Versammlung ausgelacht. Er preist den Brutus und preist dessen Gefolge, nennt Brutus die Sonne Kleinasiens und seine Begleiter die glückbringenden Trabanten dieser Sonne – den Rex ausgenommen. Dieser, sagt er, sei wie der Hundsstern über das Land gekommen, ein Gestirn, das den Bauern verhasst sei. Der Strom seiner Rede raste dahin, wie ein Fluss im Winter durch den Urwald braust. Diesen witzreichen Worterguss zahlt ihm der Mann aus Praeneste mit Schimpfworten heim, die er aus dem Weingarten geholt hat, wie ein grober, unbesieglicher Winzer, vor dem schon oft ein Wanderer, der ihm ein lautes ‘Kuckuck’ zugerufen, den kürzeren gezogen hat. Als sich aber der Grieche Persius so mit italischem Essig begossen sah, rief er aus: „Bei den großen Göttern frage ich dich, Brutus, dessen Handwerk es doch ist, Könige umzubringen, warum bringst du diesen König (Rex) nicht um? Das gehört zu deinen Amtspflichten, glaub mir’s nur!“
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VIII Olim truncus eram ficulnus, inutile lignum, cum faber, incertus scamnum faceretne Priapum, maluit esse deum. deus inde ego, furum aviumque maxima formido; nam fures dextra coercet obscaenoque ruber porrectus ab inguine palus, ast inportunas volucres in vertice harundo terret fixa vetatque novis considere in hortis. huc prius angustis eiecta cadavera cellis conservus vili portanda locabat in arca; hoc miserae plebi stabat commune sepulcrum; Pantolabo scurrae Nomentanoque nepoti mille pedes in fronte, trecentos cippus in agrum hic dabat, heredes monumentum ne sequeretur. nunc licet Esquiliis habitare salubribus atque aggere in aprico spatiari, quo modo tristes albis informem spectabant ossibus agrum, cum mihi non tantum furesque feraeque suetae hunc vexare locum curae sunt atque labori quantum carminibus quae versant atque venenis humanos animos: has nullo perdere possum nec prohibere modo, simul ac vaga luna decorum protulit os, quin ossa legant herbasque nocentis. vidi egomet nigra succinctam vadere palla Canidiam pedibus nudis passoque capillo, cum Sagana maiore ululantem: pallor utrasque fecerat horrendas adspectu. scalpere terram unguibus et pullam divellere mordicus agnam coeperunt; cruor in fossam confusus, ut inde manis elicerent animas responsa daturas. lanea et effigies erat altera cerea: maior lanea, quae poenis conpesceret inferiorem; cerea suppliciter stabat, servilibus ut quae iam peritura modis. Hecaten vocat altera, saevam altera Tisiphonen: serpentes atque videres infernas errare canes Lunamque rubentem, ne foret his testis, post magna latere sepulcra. mentior at si quid, merdis caput inquiner albis corvorum atque in me veniat mictum atque cacatum Iulius et fragilis Pediatia furque Voranus. singula quid memorem, quo pacto alterna loquentes umbrae cum Sagana resonarint triste et acutum utque lupi barbam variae cum dente colubrae abdiderint furtim terris et imagine cerea largior arserit ignis et ut non testis inultus
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Satire 1,8 Ehemals war ich nur der Strunk eines Feigenbaums, ein unnützer Holzklotz, bis der Tischler, unschlüssig, ob er eine Fußbank oder einen Feldgott aus mir machen sollte, sich doch für einen Gott entschied. Seitdem bin ich ein Gott, der größte Diebs- und Vogelschreck. Denn die Diebe hält meine Rechte und der aus dem schamlosen Unterleib vorgestreckte rote Phallus fern; die unverschämten Vögel aber schreckt das Rohrbüschel auf meinem Kopf und verwehrt ihnen das Nisten in den neuen Parkanlagen. Hierher ließen früher die Sklaven die Leichen ihrer Kameraden, die man aus ihren engen Zellen geworfen hatte, in einer armseligen Lade bringen; hier war auch der allgemeine Begräbnisplatz für arme Bürger; für Schmarotzer wie Pantobulos und Verschwender wie Nomentanus stellte hier eine Spitzsäule eine Fläche von tausend Fuß Länge und dreihundert Fuß Breite zur Verfügung mit dem Zusatz, dass das Grab nicht ins Eigentum der Erben übergehen dürfe. Jetzt ist der Esquilin eine so gesunde Gegend, dass man auf ihm wohnen und auf dem Serviuswall im Sonnenschein spazieren kann, wo man noch vor kurzem den traurigen Ausblick auf einen durch weißes Gebein entstellten Schindanger hatte. Mir dagegen machen Grabräuber und wilde Tiere, die diese Gegend immer noch heimsuchen, nicht so viel Not und Arbeit wie die Weiber, die mit ihren Zaubersprüchen und Hexentränken die Menschen verrückt machen. Dieses Geschmeiß kann ich auf keine Weise vernichten und auch nicht verhindern, dass sie Totengebein und schädliche Kräuter sammeln, sobald der wandelnde Mond sein schönes Antlitz zeigt. Hab’ ich es doch mit ansehen müssen, wie Canidia in aufgeschürztem schwarzem Kleid mit nacktem Fuß und flatterndem Haar einherschritt und mit der älteren Sagana ihre Zauberformeln herheulte. Totenblässe hatte beiden ein fürchterliches Aussehen gegeben. Dann fingen sie an, mit ihren Nägeln die Erde aufzukratzen und mit ihren Zähnen ein schwarzes Lamm zu zerreißen. Das Blut ließen sie in die Grube fließen, um aus ihr die Seelen der Verstorbenen hervorzulocken, die ihre Fragen beantworten sollten. Zwei Puppen standen da, die eine aus Wolle, die andere aus Wachs. Die größere war die aus Wolle, und sie sollte die kleinere peinigen. Die wächserne Puppe stand mit flehender Gebärde, sollte sie doch im nächsten Augenblick erbärmlich wie ein Sklave sterben. Die eine Hexe rief Hekate herbei, die andere die wütende Tisiphone. Da konntest du sehen, wie Schlangen und Hündinnen der Unterwelt herumkrochen und -liefen und wie sich der Mond schamrot hinter den großen Grabmälern verbarg, um nicht Zeuge dieser Szene zu sein. Wenn nur ein Wort davon erlogen ist, sollen mir die Raben mit ihrem weißen Kot den Kopf beschmutzen, und Julius, der zum Weib erniedrigte Pediatius und der Dieb Voranus sollen kommen, um mich anzupissen und anzukacken. Wozu soll ich alle Einzelheiten aufzählen, wie die Schatten im Wechselgespräch mit der Sagana in schauerlichen, schrillen Tönen antworteten, und wie die Hexen eine Wolfsschnauze und Zähne einer gefleckten Viper heimlich in die Erde gruben, wie das Feuer höher loderte, als die Wachspuppe hineingeworfen, und wie ich mich für das Entsetzen gerächt habe, das ich als
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horruerim voces furiarum et facta duarum? nam, displosa sonat quantum vesica, pepedi diffissa nate ficus; at illae currere in urbem. Canidiae dentis, altum Saganae caliendrum excidere atque herbas atque incantata lacertis vincula cum magno risuque iocoque videres.
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IX Ibam forte via sacra, sicut meus est mos nescio quid meditans nugarum, totus in illis: accurrit quidam notus mihi nomine tantum arreptaque manu ‘quid agis, dulcissime rerum?’ ‘suaviter, ut nunc est’, inquam ‘et cupio omnia quae vis’. cum adsectaretur, ‘numquid vis?’ occupo. at ille ‘noris nos’ inquit; ‘docti sumus.’ hic ego ‘pluris hoc’ inquam ‘mihi eris’. misere discedere quaerens ire modo ocius, interdum consistere, in aurem dicere nescio quid puero, cum sudor ad imos manaret talos. o te, Bolane, cerebri felicem aiebam tacitus, cum quidlibet ille garriret, vicos, urbem laudaret. ut illi nil respondebam, ‘misere cupis’ inquit ‘abire: iamdudum video; sed nil agis: usque tenebo; persequar hinc quo nunc iter est tibi’. ‘nil opus est te circumagi: quendam volo visere non tibi notum; trans Tiberim longe cubat is prope Caesaris hortos.’ ‘nil habeo quod agam et non sum piger: usque sequar te.’ demitto auriculas, ut iniquae mentis asellus, cum gravius dorso subiit onus. incipit ille: ‘si bene me novi, non Viscum pluris amicum, non Varium facies; nam quis me scribere pluris aut citius possit versus? quis membra movere mollius? invideat quod et Hermogenes, ego canto.’ interpellandi locus hic erat: ‘est tibi mater, cognati, quis te salvo est opus?’ ‘haud mihi quisquam. omnis conposui.’ felices. nunc ego resto. confice; namque instat fatum mihi triste, Sabella quod puero cecinit divina mota anus urna: „hunc neque dira venena nec hosticus auferet ensis nec laterum dolor aut tussis nec tarda podagra: garrulus hunc quando consumet cumque: loquaces, si sapiat, vitet, simul atque adoleverit aetas.“ ventum erat ad Vestae, quarta iam parte diei
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Augenzeuge des Redens und Treibens dieser zwei Teufelsweiber ausstehen musste? Denn da ich aus Feigenholz bin, ließ ich meine Hinterbacken auseinanderspringen und einen so Lauten fahren, dass es knallte, wie wenn eine Blase platzt. Da liefen sie in aller Eile der Stadt zu. Wie dabei Canidia das falsche Gebiss aus dem Mund und der Sagana ihre Perücke vom Kopfe fiel und wie sie ihre Zauberkräuter und Hexenknoten aus den Händen fallen ließen, das war ein Anblick, um sich krank zu lachen.
Satire 1,9 Geh’ ich da zufällig auf der heiligen Straße, wie gewöhnlich irgendeine poetische Spielerei im Kopfe und ganz darin vertieft, als ein Mann, den ich nur dem Namen nach kenne, auf mich zurennt, mich bei der Hand packt und fragt: „Wie geht’s, mein Liebster?“ „Ganz gut zur Zeit“, erwidre ich, „und dir wünsche ich alles, was du dir selbst wünschest.“ Als er mit mir weiterging, kam ich ihm mit der Frage zuvor: „Willst du vielleicht etwas von mir?“ Er: „Du solltest mich doch kennen. Ich bin ein Dichter.“ Darauf ich: „Du wirst mir deshalb nur umso werter sein.“ Ich gab mir alle erdenkliche Mühe, von ihm loszukommen; bald ging ich rascher, bald blieb ich stehen und sagte meinem Sklaven irgendwas ins Ohr, während mir der Angstschweiß bis zu den Fußknöcheln hinunterlief. O wie glücklich bist du, Bolanus, mit deinem Hitzkopf!, sagte ich mir im Stillen, während jener alles Mögliche daherschwatzte und bald einzelne Straßenzüge, bald die Stadt als Ganzes herausstrich. Als ich ihm keine Antwort gab, sagte er: „Du plagst dich ja ganz jämmerlich, von mir loszukommen. Ich seh’s schon längst. Aber das gelingt dir nicht. Ich lasse dich nicht aus und begleite dich von hier bis dahin, wohin dich jetzt dein Weg führt.“ „Aber es ist gar nicht nötig, dass du dich so in der Welt herumjagen lässt; ich will jemand besuchen, den du nicht kennst; er liegt krank, weit von hier, überm Tiber drüben, ganz nah bei den Gärten Caesars.“ „Ich habe nichts zu tun und bin gut zu Fuß; ich will dich überallhin begleiten.“ Da lasse ich meine Ohren hängen wie ein verdrossener Esel, wenn er auf seinen Rücken eine Last hat nehmen müssen, die für ihn zu schwer ist. Da fängt er wieder an: „Wenn ich mich recht kenne, wirst du deine Freunde Viscus und Varius nicht höher schätzen als mich. Denn wer könnte mehr Verse machen und schneller als ich? Wer geschmeidiger tanzen? Und singen kann ich, dass selbst ein Hermogenes mich darum beneiden könnte.“ Jetzt war es höchste Zeit, ihm mit der Frage ins Wort zu fallen: „Hast du noch eine Mutter und Verwandte, die auf deine Gesundheit Wert legen?“ „Keine Seele mehr. Alle habe ich zur letzten Ruhe gebracht.“ – Die Glücklichen! Jetzt bin nur ich noch übrig. Gib mir nur gleich den Gnadenstoß! Denn jetzt steht das traurige Schicksal drohend vor mir, das die Alte aus den Sabinerbergen mir schon an der Wiege gesungen hat, nachdem sie ihren Lostopf geschüttelt: „Diesen Jungen wird weder grausiges Gift dahinraffen noch feindliches Schwert noch Lungenentzündung oder Schwindsucht noch lähmende Gicht. Nein, ein Schwätzer wird ihm einmal den Garaus machen. Drum, wenn er gescheit ist, soll er den Schwätzern aus dem Wege gehen, sobald er das reifere Alter erreicht hat.“ – So war man zum Tempel der Vesta gelangt, und der vierte Teil des Tages war
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praeterita, et casu tum respondere vadato debebat, quod ni fecisset, perdere litem. ‘si me amas’, inquit ‘paulum hic ades. ‘inteream, si aut valeo stare aut novi civilia iura; et propero quo scis.’ ‘dubius sum, quid faciam’, inquit, ‘tene relinquam an rem.’ ‘me, sodes.’ ‘non faciam’ ille, et praecedere coepit; ego, ut contendere durum cum victore, sequor. ‘Maecenas quomodo tecum?’ hinc repetit. ‘paucorum hominum et mentis bene sanae.’ ‘nemo dexterius fortuna est usus. haberes magnum adiutorem, posset qui ferre secundas, hunc hominem velles si tradere: dispeream, ni summosses omnis.’ ‘non isto vivimus illic, quo tu rere, modo; domus hac nec purior ulla est nec magis his aliena malis; nil mi officit, inquam, ditior hic aut est quia doctior; est locus uni cuique suus.’ ‘magnum narras, vix credibile.’ ‘atqui sic habet.’ ‘accendis quare cupiam magis illi proximus esse.’ ‘velis tantummodo: quae tua virtus, expugnabis: et est qui vinci possit eoque difficilis aditus primos habet.’ ‘haud mihi dero: muneribus servos corrumpam; non, hodie si exclusus fuero, desistam; tempora quaeram, occurram in triviis, deducam. nil sine magno vita labore dedit mortalibus.’ haec dum agit, ecce Fuscus Aristius occurrit, mihi carus et illum qui pulchre nosset. consistimus. ‘unde venis et quo tendis?’ rogat et respondet. vellere coepi et pressare manu lentissima bracchia, nutans, distorquens oculos, ut me eriperet. male salsus ridens dissimulare; meum iecur urere bilis. ‘certe nescio quid secreto velle loqui te aiebas mecum.’ ‘memini bene, sed meliore tempore dicam; hodie tricensima sabbata: vin tu curtis Iudaeis oppedere? ‘nulla mihi’ inquam ‘relligio est.’ ‘at mi: sum paulo infirmior, unus multorum. ignosces; alias loquar.’ huncine solem tam nigrum surrexe mihi! fugit inprobus ac me sub cultro linquit. casu venit obvius illi adversarius et ‘quo tu, turpissime?’ magna inclamat voce, et ‘licet antestari?’ ego vero oppono auriculam. rapit in ius; clamor utrimque, undique concursus. sic me servavit Apollo.
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Satire 1,9 schon vorüber. Zufällig musste sich mein Begleiter jetzt wegen eines Termins vor Gericht stellen, sonst verlor er den Prozess. Aber er sagte: „Wenn du mein Freund bist, machst du jetzt ein wenig meinen Beistand.“ „Ich will auf der Stelle sterben, wenn ich das lange Stehen aushalte oder etwas vom bürgerlichen Gesetz verstehe. Und dann habe ich, das weißt du ja, einen eiligen Gang zu machen.“ „Ich weiß nicht, was ich tun soll“, sagte er, „ob ich dich aufgeben soll oder meinen Prozess.“ „Mich, wenn du so freundlich sein willst.“ „Das tue ich nicht“, erwiderte er und fing an vorauszugehen. Ich gehe hinter ihm drein, wie es denn eine missliche Sache ist, mit einem Sieger zu streiten. Jetzt fängt er wieder an: „Wie stehst du mit Maecenas?“ „Er ist nur für wenige Leute zugänglich und ein sehr vorsichtiger Mann.“ „Niemand hat sein Glück besser zu nützen verstanden als du. Du hättest einen mächtigen Helfer, der die zweite Rolle übernehmen könnte, wenn du meine Wenigkeit ihm empfehlen wolltest. Der Teufel soll mich holen, wenn du nicht schon längst alle andern verdrängt hättest.“ „Wir leben dort nicht auf die Art, wie du es dir vorstellst. In keinem Hause geht es so sauber her wie in diesem, und keines steht solchen Ränken so fern. Ich versichere dir, es tut mir durchaus keinen Eintrag, wenn der oder jener reicher oder gelehrter ist als ich. Jeder hat den ihm zustehenden Platz.“ „Das ist ja großartig, was du erzählst, kaum zu glauben.“ „Und doch ist es so.“ „Du weckst in mir noch mehr das Verlangen, ihm ganz nahe zu stehen.“ „Du brauchst auch nur zu wollen. Bei deiner Tatkraft brichst du jeden Widerstand, und Maecenas ist auch leicht zu gewinnen; gerade deshalb ist es schwer, an ihn heranzukommen.“ „An mir soll es nicht fehlen: die Diener besteche ich mir mit Geschenken; werde ich heute nicht vorgelassen, so lasse ich deshalb noch nicht locker. Ich suche die passenden Gelegenheiten herauszukriegen, gehe ihm auf offener Straße entgegen, geleite ihn nach Hause. Das Leben gibt ja dem Menschen nichts ohne Anstrengung.“ Während er es so wichtig hat, schau, da kommt mein guter Freund Aristius Fuscus, der den Kerl nur zu gut kannte. Wir bleiben stehen. „Woher, wohin?“, fragen wir einander und geben uns Antwort. Ich begann nun, ihn zu zupfen und in seine Arme zu kneifen, die aber ganz unempfindlich zu sein schienen. Ich gebe ihm Winke und verdrehe die Augen, er solle mich doch erlösen. Der aber erlaubt sich den schlechten Spaß und stellt sich lachend, als ob er nichts merke. Mir lief vor Zorn die Galle über. „Du hast doch ganz gewiss gesagt, du wolltest etwas unter vier Augen mit mir besprechen.“ „Ja, ich erinnere mich ganz gut, aber ich will es bei besserer Gelegenheit anbringen. Heute ist Sabbatruhe am dreißigsten. Du wirst doch nicht etwa den beschnittenen Juden ins Gesicht furzen wollen?“ „Daraus mache ich mir gar kein Gewissen.“ „Aber ich. Ich bin kein solcher Freigeist, ich gehöre zur Masse. Du wirst schon entschuldigen, ich sag’s dir ein andermal.“ Dass heute ein solcher Unglückstag für mich anbrechen musste! Der schlechte Kerl läuft davon und lässt mich unterm Messer. Zum Glück kommt jetzt dem Schwätzer sein Prozessgegner in den Weg und schreit ihn mit lauter Stimme an: „Wohin, du Schuft?“ Und zu mir sagt er: „Darf ich dich zum Zeugen nehmen?“ Ich halte ihm natürlich sofort mein Ohrläppchen entgegen. Er schleppt ihn vor Gericht. – Geschrei der beiden Gegner. – Allgemeiner Volksauflauf. – So hat mich Apollo gerettet.
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X [ Lucili, quam sis mendosus, teste Catone, defensore tuo, pervincam, qui male factos emendare parat versus, hoc lenius ille, quo melior vir et est longe subtilior illo, qui multum puer et loris et funibus udis exoratus, ut esset, opem qui ferre poetis antiquis posset contra fastidia nostra, grammaticorum equitum doctissimus. ut redeam illuc: ] Nempe inconposito dixi pede currere versus Lucili. quis tam Lucili fautor inepte est, ut non hoc fateatur? at idem, quod sale multo urbem defricuit, charta laudatur eadem. nec tamen hoc tribuens dederim quoque cetera; nam sic et Laberi mimos ut pulchra poemata mirer. ergo non satis est risu diducere rictum auditoris; et est quaedam tamen hic quoque virtus. est brevitate opus, ut currat sententia neu se inpediat verbis lassas onerantibus auris, et sermone opus est modo tristi, saepe iocoso, defendente vicem modo rhetoris atque poetae, interdum urbani, parcentis viribus atque extenuantis eas consulto. ridiculum acri fortius et melius magnas plerumque secat res. illi, scripta quibus comoedia prisca viris est, hoc stabant, hoc sunt imitandi; quos neque pulcher Hermogenes umquam legit neque simius iste nil praeter Calvum et doctus cantare Catullum. ‘at magnum fecit, quod verbis Graeca Latinis miscuit.’ o seri studiorum, quine putetis difficile et mirum, Rhodio quod Pitholeonti contigit! ‘at sermo lingua concinnus utraque suavior, ut Chio nota si conmixta Falerni est.’ cum versus facias, te ipsum percontor, an et cum dura tibi peragenda rei sit causa Petilli? scilicet oblitus patriaeque patrisque Latini, cum Pedius causas exsudet Poplicola atque Corvinus, patriis intermiscere petita verba foris malis, Canusini more bilinguis. atque ego cum Graecos facerem, natus mare citra, versiculos, vetuit me tali voce Quirinus post mediam noctem visus, cum somnia vera: ‘in silvam non ligna feras insanius ac si magnas Graecorum malis inplere catervas.’ turgidus Alpinus iugulat dum Memnona dumque
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Satire 1,10 [Wie viel Fehler deine Dichtung hat, Lucilius, will ich durch das Zeugnis des Cato selbst, deines Verteidigers, beweisen: der geht ja daran, schlechte Verse zu verbessern, und tut dies, als ein guter Mann, sehr behutsam. So ist er auch viel feinsinniger als jener, der als Knabe mit Riemen und nassen Stricken (zur Arbeit) ‘gebeten’ wurde, damit er ein Mann werde, der die alten Dichter gegen unsere Mäkelsucht schützen könnte, er, der gelehrteste der grammatischen Ritter. Aber ich will zum Anfang zurückkehren:] Ich habe doch nur behauptet, dass die Verse des Lucilius auf stolpernden Füßen laufen. Wo gibt es einen so albernen Verehrer des Lucilius, dass er das nicht zugäbe? Aber auf dem gleichen Blatt habe ich ihn auch gelobt, dass er ganz Rom gründlich mit Salz abgerieben hat. Wenn ich ihm aber dieses Lob erteile, will ich damit noch nicht alles andere zugegeben haben; denn sonst müsste ich auch die Mimen des Laberius als schöne Gedichte bewundern. Es genügt also nicht, den Hörer so weit zu bringen, dass er vor Lachen das Maul aufreißt – und selbst hierin gibt es eine künstlerische Vollendung –, nein, Kürze tut not, damit der Gedanke rasch fortschreitet und sich nicht in Worte verwickelt, die das Ohr ermüden und belästigen. Und eine Redeweise tut not, die bald ernst, bald scherzhaft ist und bald die Aufgabe des Redners und Dichters erfüllt, bald die eines feinen Weltmanns, der mit seinen Kräften sparsam umgeht und sie mit Absicht abschwächt. Der Scherz entscheidet wichtige Fragen oft kräftiger und treffender als der bittere Ernst. Da lag die Stärke der alten Komödiendichter, da muss man sie nachahmen. Aber diese hat der geschniegelte Hermogenes nie gelesen und auch jener Affe nicht, der nichts gelernt hat, als dem Calvus und dem Catullus nachzuleiern. „Aber indem Lucilius griechische Wörter unter die lateinischen mischte, tat er doch einen großen Wurf!“ O wie seid ihr doch in der Bildung zurück, wenn ihr wirklich das für schwer und bewundernswert haltet, was selbst einem Pitholeon aus Rhodos gelang! „Aber eine Darstellung, die ein Gemisch aus beiden Sprachen gibt, ist lieblicher, gerade wie wenn Chierwein mit einer Falernersorte verschnitten wird.“ Etwa nur dann, wenn du Verse schmiedest – ich frage dich jetzt um dein eigenes Urteil –, oder auch dann, wenn du die schlimme Sache des Petilius vor Gericht zu vertreten hast? Natürlich, wenn Pedius Poplicola und Corvinus über ihren Prozessreden schwitzen, dann würdest du wünschen, ohne an dein Vaterland und Vater Latinus zu denken, sie möchten unter die Worte der Muttersprache Fremdwörter mischen wie ein zweisprachiger Canusier. Aber als ich, der ich doch ein geborener Italer bin, griechische Verschen machte, erschien mir Quirinus nach Mitternacht, wenn die Träume in Erfüllung gehen, und verbot es mir mit folgenden Worten: „Die gewaltigen Scharen der griechischen Dichter noch vermehren zu wollen ist ebenso verrückt, wie wenn man Holz in den Wald tragen wollte.“ Während Alpinus in einem schwülstigen Epos den Memnon umbringt und das
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diffingit Rheni luteum caput, haec ego ludo, quae neque in aede sonent certantia iudice Tarpa nec redeant iterum atque iterum spectanda theatris. arguta meretrice potes Davoque Chremeta eludente senem comis garrire libellos unus vivorum, Fundani; Pollio regum facta canit pede ter percusso; forte epos acer ut nemo Varius ducit, molle atque facetum Vergilio adnuerunt gaudentes rure Camenae: hoc erat, experto frustra Varrone Atacino atque quibusdam aliis, melius quod scribere possem, inventore minor; neque ego illi detrahere ausim haerentem capiti cum multa laude coronam. at dixi fluere hunc lutulentum, saepe ferentem plura quidem tollenda relinquendis. age quaeso, tu nihil in magno doctus reprehendis Homero? nil comis tragici mutat Lucilius Acci? non ridet versus Enni gravitate minores, cum de se loquitur non ut maiore reprensis? quid vetat et nosmet Lucili scripta legentis quaerere, num illius, num rerum dura negarit versiculos natura magis factos et euntis mollius ac si quis pedibus quid claudere senis, hoc tantum contentus, amet scripsisse ducentos ante cibum versus, totidem cenatus, Etrusci quale fuit Cassi rapido ferventius amni ingenium, capsis quem fama est esse librisque ambustum propriis. fuerit Lucilius, inquam, comis et urbanus, fuerit limatior idem quam rudis et Graecis intacti carminis auctor quamque poetarum seniorum turba; sed ille, si foret hoc nostrum fato delapsus in aevum, detereret sibi multa, recideret omne quod ultra perfectum traheretur, et in versu faciendo saepe caput scaberet vivos et roderet unguis. saepe stilum vertas, iterum quae digna legi sint scripturus, neque te ut miretur turba labores, contentus paucis lectoribus. an tua demens vilibus in ludis dictari carmina malis? non ego; nam satis est equitem mihi plaudere, ut audax, contemptis aliis, explosa Arbuscula dixit. men moveat cimex Pantilius aut cruciet quod vellicet absentem Demetrius aut quod ineptus Fannius Hermogenis laedat conviva Tigelli? Plotius et Varius, Maecenas Vergiliusque, Valgius et probet haec Octavius optimus atque Fuscus et haec utinam Viscorum laudet uterque
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Satire 1,10 lehmfarbene Haupt des Rheingottes verunstaltet, schreibe ich Gedichte, die nicht im Tempel der Musen beim Sängerstreit vor dem Richterstuhl des Tarpa vorgelesen und auch nicht auf dem Theater immer wieder aufgeführt werden sollen. Du, Fundanius, verstehst es wie keiner unserer Zeitgenossen, lustige Stücke zu dichten, in denen die pfiffige Dirne und der Sklave Davus den alten Chremes prellen; Pollio besingt in Versen mit drei Hebungen die Taten der Heroen; Varius webt schwungvoll wie sonst niemand ein kühnes Heldenepos; dem Vergil haben die Camenen, die Freundinnen des Landlebens, Weichheit und Anmut der Sprache verliehen. Mein Gebiet aber war das Fach, in dem ich nach den misslungenen Versuchen des Varro vom Atax und anderer etwas Besseres zu leisten vermag, wenn ich auch nicht so groß bin wie ihr Erfinder. Ich möchte mich auch gar nicht erdreisten, ihm den Kranz von der Stirne zu reißen, die ihn mit Ehren trägt. Aber ich behaupte doch, dass seine Verse trübe dahinfließen und oft mehr Dinge mit sich führen, die man tilgen, als solche, die man belassen möchte. Nun gut! Ich frage dich: Findest du als Kenner am großen Homer gar nichts zu tadeln? Und ist Lucilius so gutmütig, dass er an den Tragödien des Accius nichts geändert wissen will? Macht er sich nicht über solche Verse des Ennius lustig, die für die epische Würde zu schwächlich sind, während er zugleich von sich als einem Dichter spricht, der nicht größer sein will als die von ihm getadelten? Was verbietet uns, dass auch wir bei der Lektüre der Lucilischen Schriften uns fragen, ob sein sprödes Talent oder die ungünstige Zeitlage ihm kunstgerechtere, weicher fließende Verse versagt hat, als sie einer schreibt, der schon zufrieden ist, wenn er einen Satz in sechs Versfüße hineinbringt, und sein Vergnügen darin findet, wenn er vor dem Essen zweihundert Verse schreibt und ebenso viele nach Tisch, sprudelnd wie ein reißender Strom, ein Wirrkopf wie der Etrusker Cassius, von dem man sich erzählt, er sei auf seinen eigenen Büchern und Bücherkapseln nur halb verbrannt worden. Ich sage es nochmals: Mag Lucilius auch unterhaltend und witzig, mag er auch ein sorgfältigerer Stilist gewesen sein als der noch ungebildete Begründer dieser Dichtungsart, in der sich die Griechen gar nicht versucht haben, und als die ganze Schar der älteren Dichter, so würde er doch, wenn ihn das Schicksal in unserer Zeit hätte zur Welt kommen lassen, jetzt manches an seinen Versen abschleifen und alles ausmerzen, was über das Maß der Vollendung hinauswuchert, sich beim Versemachen oft den Kopf kratzen und die Fingernägel bis aufs Fleisch benagen. Man muss das Geschriebene oft wieder durchstreichen, wenn man ein Werk schreiben will, das öfters gelesen zu werden verdient; man darf auch nicht auf die Bewunderung der großen Menge hinarbeiten, sondern muss sich mit wenigen Lesern begnügen. Oder bist du so verrückt, dass du es vorzögest, wenn man deine Gedichte in gewöhnlichen Winkelschulen den Kindern in die Federn diktierte? Ich nicht. Denn „mir genügt es, wenn die Ritter mir Beifall klatschen“, wie die kecke Arbuscula sagte, voll Verachtung für das übrige Publikum, das sie auspfiff. Sollten die Wanzenbisse eines Pantilius mich aus der Fassung bringen, soll es mir wehtun, wenn ein Demetrius hinter meinem Rücken an mir herummäkelt oder wenn der fade Fannius über mich lästert, der ständige Tischgast des Hermogenes Tigellius? Männer wie Plotius und Varius, Maecenas und Vergil, Valgius und der gute Octavius und Fuscus sollen meine Arbeiten billigen und die Brüder Viscus mögen ihnen
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Sermonum Liber Prior
ambitione relegata. te dicere possum, Pollio, te, Messalla, tuo cum fratre, simulque vos, Bibule et Servi, simul his te, candide Furni, conpluris alios, doctos ego quos et amicos prudens praetereo, quibus haec, sint qualiacumque, adridere velim, doliturus, si placeant spe deterius nostra. Demetri, teque, Tigelli, discipularum inter iubeo plorare cathedras. i, puer, atque meo citus haec subscribe libello.
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Beifall spenden, ohne sich durch ihre Freundschaft mit mir zu einem Lob verleiten zu lassen. Dich, Pollio, darf ich nennen, und dich, Messalla samt deinem Bruder, zugleich euch, Bibulus und Servius, und in einem Atem mit diesen dich, ehrlicher Furnius, und noch eine ganze Reihe anderer sachverständiger und mir geneigter Männer, die ich bewusst nicht nenne. Ihnen sollen meine Schriften gefallen, sei ihr Wert auch noch so gering. Es wäre schmerzlich für mich, wenn sie ihnen weniger behagen, als ich hoffe. Aber ihr, Demetrius und Tigellius, könnt meinetwegen vor den Lehnsesseln eurer Schülerinnen euer Geheul ertönen lassen. Komm, Schreiber, und füge diesen Wunsch noch schnell als Schluss unter mein Büchlein!
S ER MON UM L I B E R ALTE R I ‘Sunt quibus in satura videar nimis acer et ultra legem tendere opus; sine nervis altera quidquid conposui pars esse putat similisque meorum mille die versus deduci posse. Trebati, quid faciam? praescribe.’ ‘quiescas.’ ‘ne faciam, inquis, omnino versus?’ ‘aio.’ ‘peream male, si non optimum erat; verum nequeo dormire.’ ‘ter uncti transnanto Tiberim, somno quibus est opus alto, inriguumque mero sub noctem corpus habento. aut si tantus amor scribendi te rapit, aude Caesaris invicti res dicere, multa laborum praemia laturus.’ ‘cupidum, pater optime, vires deficiunt; neque enim quivis horrentia pilis agmina nec fracta pereuntis cuspide Gallos aut labentis equo describit volnera Parthi.’ ‘attamen et iustum poteras et scribere fortem, Scipiadam ut sapiens Lucilius.’ ‘haud mihi dero, cum res ipsa feret: nisi dextro tempore Flacci verba per attentam non ibunt Caesaris aurem: cui male si palpere, recalcitrat undique tutus.’ ‘quanto rectius hoc quam tristi laedere versu Pantolabum scurram Nomentanumque nepotem, cum sibi quisque timet, quamquam est intactus, et odit.’ ‘quid faciam? saltat Milonius, ut semel icto accessit fervor capiti numerusque lucernis; Castor gaudet equis, ovo prognatus eodem pugnis; quot capitum vivunt, totidem studiorum milia: me pedibus delectat claudere verba Lucili ritu, nostrum melioris utroque. ille velut fidis arcana sodalibus olim credebat libris neque, si male cesserat, usquam decurrens alio neque, si bene; quo fit ut omnis votiva pateat veluti descripta tabella vita senis. sequor hunc, Lucanus an Apulus anceps; nam Venusinus arat finem sub utrumque colonus, missus ad hoc pulsis, vetus est ut fama, Sabellis, quo ne per vacuum Romano incurreret hostis, sive quod Apula gens seu quod Lucania bellum incuteret violenta. sed hic stilus haud petet ultro quemquam animantem et me veluti custodiet ensis
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SATIREN – ZWEITES BUCH Satire 2,1 „Manche meinen, dass ich in der Satirendichtung zu scharf vorgehe und den Bogen allzu straff spanne; andere finden alle meine Dichtungen kraftlos und glauben, solche Verse wie die meinigen ließen sich tausend an einem Tag herunterleiern. Was soll ich tun? Gib du mir Bescheid, Trebatius!“ „Tu gar nichts!“ „Du willst damit sagen, ich soll überhaupt keine Verse machen?“ „Ja.“ „Hol mich der Henker, wenn das nicht das Beste wäre! Aber ich kann nicht schlafen.“ „Leute, die einen festen Schlaf wünschen, sollen sich mit Öl einreiben, dann dreimal über den Tiber schwimmen und gegen die Nacht hin sich tüchtig mit ungemischtem Wein anfeuchten. Oder, wenn dich der Drang zu dichten so unwiderstehlich hinreißt, so wage doch den Versuch, die Taten des unbesiegbaren Caesar zu besingen; du wirst dann obendrein reichen Lohn für deine Mühe ernten.“ „Ich täte das nur zu gern, guter Vater, aber dazu fehlt mir die Kraft. Denn nicht der nächstbeste Dichter kann speerstarrende Heerhaufen schildern oder sterbende Gallier, deren Wurfspeere zerbrochen sind, oder Parther, die mit Wunden bedeckt vom Pferde sinken.“ „Aber du könntest ihn doch als Friedens- und Kriegsheros besingen wie der weltkluge Lucilius den jüngeren Scipio.“ „An mir soll es nicht fehlen, wenn sich Gelegenheit bietet; aber der Augenblick muss geschickt gewählt sein, wenn die Worte eines Flaccus den Weg zum aufmerksamen Ohr Caesars finden sollen; denn wenn man ihm ungeschickt schmeichelt, schlägt er wie ein Ross nach allen Seiten aus, um sich Ruhe zu verschaffen.“ „Das ist noch zehnmal besser, als einen schmarotzenden Hanswurst wie Pantolabus oder einen Verschwender wie Nomentanus mit bissigen Versen zu quälen, weil jeder, auch wenn er nicht angegriffen ist, für sich bangt und den Dichter hasst.“ „Was tun? Milonius tanzt, sowie er einmal einen Hieb hat und ihm die Hitze in den Kopf steigt, dass er die Lampen doppelt sieht. Kastor hat seine Freude an Pferden, sein Zwillingsbruder am Faustkampf. So viel Köpfe, so viel Liebhabereien. Mir macht es Spaß, in der Weise des Lucilius, der ein größerer Mann war als wir beide, meine Gedanken in Verse zu kleiden. Er vertraute einst die geheimsten Gefühle seinen Schriften an wie treuen Gefährten, und wenn es ihm schlecht ging, nahm er ebenso seine Zuflucht zu ihnen, wie wenn es ihm gut ging. So kommt es, dass das ganze Leben des guten Alten offen vor uns liegt wie auf einer Votivtafel geschildert. Ihm folge ich nach, mag ich nun, worüber man streiten kann, ein Lukaner oder ein Apulier sein. Denn die Bauern von Venusia haben ihre Felder hart an der Grenze der beiden Stämme; man hat sie ja, wie die alte Sage geht, nach Vertreibung der Sabeller eigens deshalb dort angesiedelt, damit kein Feind über ungeschütztes Gebiet zum Angriff auf Rom anrennen könne, wollte nun das apulische Volk oder das gewalttätige Lukanien die Kriegsfackel hineinschleudern. Trotzdem soll meine Feder ohne Herausforderung keine lebende Seele angreifen, sondern mich nur
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Sermonum Liber Alter
vagina tectus: quem cur destringere coner tutus ab infestis latronibus? o pater et rex Iuppiter, ut pereat positum robigine telum nec quisquam noceat cupido mihi pacis! at ille, qui me conmorit – melius non tangere, clamo –, flebit et insignis tota cantabitur urbe. Cervius iratus leges minitatur et urnam, Canidia Albuci, quibus est inimica, venenum, grande malum Turius, si quid se iudice certes. ut quo quisque valet suspectos terreat utque imperet hoc natura potens, sic collige mecum: dente lupus, cornu taurus petit: unde nisi intus monstratum? Scaevae vivacem crede nepoti matrem: nil faciet sceleris pia dextera – mirum, ut neque calce lupus quemquam neque dente petit bos –, sed mala tollet anum vitiato melle cicuta. ne longum faciam: seu me tranquilla senectus exspectat seu mors atris circumvolat alis, dives, inops, Romae, seu fors ita iusserit, exsul, quisquis erit vitae scribam color.’ ‘o puer, ut sis vitalis metuo et maiorum ne quis amicus frigore te feriat.’ ‘quid? cum est Lucilius ausus primus in hunc operis conponere carmina morem detrahere et pellem, nitidus qua quisque per ora cederet, introrsum turpis: num Laelius aut qui duxit ab oppressa meritum Karthagine nomen ingenio offensi aut laeso doluere Metello famosisque Lupo cooperto versibus? atqui primores populi arripuit populumque tributim, scilicet uni aequus virtuti atque eius amicis. quin ubi se a vulgo et scaena in secreta remorant virtus Scipiadae et mitis sapientia Laeli, nugari cum illo et discincti ludere, donec decoqueretur holus, soliti. quidquid sum ego, quamvis infra Lucili censum ingeniumque, tamen me cum magnis vixisse invita fatebitur usque invidia et fragili quaerens inlidere dentem offendet solido – nisi quid tu, docte Trebati, dissentis.’ ‘equidem nihil hinc diffindere possum. sed tamen ut monitus caveas, ne forte negoti incutiat tibi quid sanctarum inscitia legum: si mala condiderit in quem quis carmina, ius est iudiciumque.’ ‘esto, si quis mala; sed bona si quis iudice condiderit laudatus Caesare? si quis opprobriis dignum latraverit, integer ipse?’ ‘solventur risu tabulae, tu missus abibis.’
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schützen wie der Degen in der Scheide. Warum sollte ich ihn ziehen, solange ich vor Strauchrittern sicher bin? O Vater und König Jupiter! Möge doch das Schwert unbenützt daliegen und durch Rost verderben und niemand mir, dem Friedliebenden, schaden! Aber wer mich aus meiner Ruhe stört – ‘Vorsicht! Nicht anrühren!’ warne ich laut –, der soll Ach und Weh schreien und in ganz Rom als Gebrandmarkter der Gegenstand von Spottliedern sein. Wenn Cervius gereizt wird, droht er mit Strafgesetz und richterlichem Urteil; Canidia droht ihren Feinden mit dem Gift, durch das sie Albucius wegräumte; Turius droht mit großem Schaden, wenn du einen Prozess hast, in dem er als Geschworener auftritt. Dass jeder die ihm Verdächtigen mit dem Mittel schreckt, in dem seine Stärke liegt, und dass dies der mächtige Selbsterhaltungstrieb so will, den Schluss kannst du so gut wie ich aus folgender Beobachtung ziehen: Der Wolf greift mit seinen Zähnen an, der Stier mit seinen Hörnern. Wie kämen sie darauf, wenn es ihnen nicht ein innerer Trieb zeigte? Vertraue dem verschwenderischen Scaeva seine Mutter an, die ihm schon zu lange lebt! O, seine kindliche Rechte wird keinen Gewaltstreich verüben – merkwürdig, dass der Wolf niemand mit den Füßen und der Stier keinen mit den Zähnen angreift! –, aber giftiger Schierling, in den Honig gemischt, wird die Alte aus dem Weg räumen. Kurz und gut: Mag ein ruhiges Alter auf mich warten oder mag schon bald der Tod mit schwarzem Fittich um mich flattern, mag ich reich sein oder arm, in Rom oder, wenn es das Schicksal will, in der Verbannung leben, mag sich mein Leben gestalten, wie es will – das Dichten gebe ich nicht auf.“ „Lieber Junge, ich fürchte, dass du nicht alt wirst und dass irgendein Freund mächtiger Männer dir die kalte Schulter zeigt.“ „Wie? Als Lucilius zuerst wagte, Gedichte dieser Art zu schreiben und allen die Maske herabzureißen, in der sie gleißend vor der Welt stolzierten, während sie inwendig Schurken waren, nahmen da Laelius oder der Mann, der seinen Ehrennamen der Vernichtung Karthagos verdankt, an seinem Wesen Anstoß? Oder schmerzte es sie, dass Metellus bös mitgenommen und Lupus mit Schmähversen zugedeckt wurde? Und doch griff Lucilius die vornehmsten Männer des Volkes und das Volk selbst Tribus für Tribus an; natürlich, vor ihm fanden nur die Tugend und ihre Anhänger Gnade. Im Gegenteil! Sooft sich Scipio, der Held, und Laelius, der sanfte Philosoph, vom Schauplatz des öffentlichen Lebens in die Einsamkeit zurückzogen, scherzten sie immer mit ihm und trieben im bequemen Hauskleid miteinander Possen, bis das Gemüse gargekocht war. Was nun auch an mir sein mag und wie tief ich auch unter dem Stand und dem Geiste des Lucilius stehen mag, so wird der Neid, ob er will oder nicht, immer wieder zugeben müssen, dass ich mit den Größen Roms befreundet war, und wenn er seine Zähne in morsches Holz zu hauen denkt, wird er auf Granit beißen: es müsste denn sein, dass du, rechtskundiger Trebatius, anderer Meinung bist.“ „Ich kann wirklich von all dem nichts wegtüfteln. Damit du aber gewarnt bist und dich hütest und damit dir die Unkenntnis der geheiligten Gesetze nicht Unannehmlichkeiten bereitet, bemerke ich nur noch: Wenn man böse Gedichte auf einen macht, gibt es in Rom noch Recht und Gericht.“ „Ja, wenn man böse macht. Aber wenn einer solche schreibt, die nach dem Urteil Caesars gut sind und für die ihn Caesar lobt? Und wenn er nur solche anbellt, die eine Rüge verdienen, selbst aber frei von Schuld ist?“ „Ja, dann löst sich der Gerichtshof lachend auf, und du kannst unbehindert nach Hause gehen.“
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II Quae virtus et quanta, boni, sit vivere parvo – nec meus hic sermo est, sed quae praecepit Ofellus rusticus, abnormis sapiens crassaque Minerva –, discite non inter lances mensasque nitentis, cum stupet insanis acies fulgoribus et cum adclinis falsis animus meliora recusat, verum hic inpransi mecum disquirite. cur hoc? dicam, si potero. male verum examinat omnis corruptus iudex. leporem sectatus equove lassus ab indomito vel, si Romana fatigat militia adsuetum graecari – seu pila velox molliter austerum studio fallente laborem, seu te discus agit, pete cedentem aera disco: cum labor extuderit fastidia, siccus, inanis sperne cibum vilem; nisi Hymettia mella Falerno ne biberis diluta. foris est promus, et atrum defendens piscis hiemat mare: cum sale panis latrantem stomachum bene leniet. unde putas aut qui partum? non in caro nidore voluptas summa, sed in te ipso est. tu pulmentaria quaere sudando: pinguem vitiis albumque neque ostrea nec scarus aut poterit peregrina iuvare lagois. vix tamen eripiam, posito pavone velis quin hoc potius quam gallina tergere palatum, corruptus vanis rerum, quia veneat auro rara avis et picta pandat spectacula cauda: tamquam ad rem attineat quidquam. num vesceris ista, quam laudas, pluma? cocto num adest honor idem? carne tamen quamvis distat nil, hac magis illam inparibus formis deceptum te petere esto: unde datum sentis, lupus hic Tiberinus an alto captus hiet? pontisne inter iactatus an amnis ostia sub Tusci? laudas, insane, trilibrem mullum, in singula quem minuas pulmenta necesse est. ducit te species, video: quo pertinet ergo proceros odisse lupos? quia scilicet illis maiorem natura modum dedit, his breve pondus: ieiunus raro stomachus volgaria temnit. ‘porrectum magno magnum spectare catino vellem’ ait Harpyiis gula digna rapacibus. at vos
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Satire 2,2
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Satire 2,2 Liebe Freunde! Wie groß die Tugend ist, mit Wenigem auszukommen – diese Predigt ist aber nicht mein geistiges Eigentum, sondern Lehre des Ofellus, eines einfachen Bauern und Philosophen ohne Schulsystem und feinere Bildung –, das dürft ihr nicht vor schimmernden Silberschüsseln und Tischen lernen, wo bei dem unsinnigen Glanz die Augen flimmern und das Herz alle guten Lehren abweist, weil es sich da zum Falschen hinneigt, nein, das müsst ihr gleich hier, noch vor dem Essen, mit mir untersuchen. Warum das? Ich will es euch erklären, wenn ich dazu imstande bin. Ein bestochener Richter bringt die Wahrheit nicht leicht heraus. Wenn du von einer Hasenjagd oder vom Ritt auf einem störrischen Pferd müde bist oder – falls dir, der nur leichte griechische Gymnastik gewöhnt ist, die echtrömische Leibesübung zu anstrengend ist – das schnelle Ballspiel, bei dem der Eifer über die herbe Mühe angenehm wegtäuscht, oder das Diskuswerfen dich außer Atem bringt – wirf immerhin den Diskus durch die Luft! –, kurz, wenn dir Anstrengung die Leckerhaftigkeit ausgetrieben hat, dann verschmähe mit trockener Kehle und leerem Magen ein gewöhnliches Essen und trinke nichts als Falerner, in dem Honig vom Hymettos aufgelöst ist! Wenn der Küchenmeister ausgegangen ist und die düstere See mit stürmischen Wellen ihre Fische beschirmt, besänftigt Brot mit Salz recht gut den knurrenden Magen. Warum wohl? Und woher kommt die Genügsamkeit? Im Duft eines teuren Bratens liegt eben nicht der höchste Genuss, sondern in dir selbst. Die Zukost musst du dir durch Schweiß verschaffen. Ist einer durch Schwelgerei fett und bleich geworden, dann kann ihm keine Auster, kein Lippfisch und kein ausländisches Haselhuhn schmecken. Und doch kann man dich, wenn ein Pfau aufgetragen ist, kaum abhalten, dass du lieber mit ihm als mit einem gewöhnlichen Huhn deine Kehle schmierst, weil dich der hohle Schein verführt und ein seltener Vogel mit Gold bezahlt wird und mit seinem ausgebreiteten, bunten Schweif ein prächtiges Schauspiel bietet – als ob darauf etwas ankäme. Isst du denn die Federn, die du so lobst? Und hat der Pfau nach dem Kochen noch seine frühere Schönheit? Doch es mag noch hingehen, dass du durch das bunte Aussehen dich verleiten lässt, auf diesen Vogel mehr als auf einen andern erpicht zu sein, obwohl sein Fleisch nicht besser ist als das des anderen. Aber woher hast du die Gabe zu riechen, ob der Seebarsch hier, der auf der Schüssel sein Maul aufsperrt, im Tiber oder auf hoher See gefangen wurde und ob er sich zwischen den zwei Brücken oder an der Mündung des etruskischen Stromes getummelt hat? Du Narr! Du preisest eine dreipfündige Meerbarbe, die du doch in kleine Portionen schneiden musst. Das schöne Aussehen ist es, was dich verführt, das seh’ ich ganz klar. Welchen Sinn hat es also, einen großen Seebarsch zu verschmähen? Natürlich, weil die Natur diesem Fisch ein größeres Wachstum verlieh, der Meerbarbe dagegen nur ein geringes Gewicht. Ein Magen, der nur selten nüchtern ist, verschmäht eben gewöhnliche Speisen. „Eine große Meerbarbe will ich sehen, die sich lang über eine große Schüssel hinstreckt“, sagt so ein Kerl mit einer Gurgel, die der raffgierigen Harpyien würdig wäre.
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praesentes, Austri, coquite horum obsonia. quamquam putet aper rhombusque recens, mala copia quando aegrum sollicitat stomachum, cum rapula plenus atque acidas mavolt inulas. necdum omnis abacta pauperies epulis regum: nam vilibus ovis nigrisque est oleis hodie locus. haud ita pridem Galloni praeconis erat acipensere mensa infamis. quid? tunc rhombos minus aequor alebat? tutus erat rhombus tutoque ciconia nido, donec vos auctor docuit praetorius. ergo si quis nunc mergos suavis edixerit assos, parebit pravi docilis Romana iuventus. sordidus a tenui victu distabit Ofello iudice: nam frustra vitium vitaveris illud, si te alio pravum detorseris. Avidienus, cui Canis ex vero dictum cognomen adhaeret, quinquennis oleas est et silvestria corna ac nisi mutatum parcit defundere vinum et cuius odorem olei nequeas perferre, licebit ille repotia, natalis aliosve dierum festos albatus celebret, cornu ipse bilibri caulibus instillat, veteris non parcus aceti. quali igitur victu sapiens utetur et horum utrum imitabitur? hac urget lupus, hac canis, aiunt. mundus erit, qua non offendat sordibus, atque in neutram partem cultus miser. hic neque servis, Albuci senis exemplo, dum munia didit, saevus erit, nec sic ut simplex Naevius unctam convivis praebebit aquam: vitium hoc quoque magnum. accipe nunc, victus tenuis quae quantaque secum adferat. in primis valeas bene; nam variae res ut noceant homini credas, memor illius escae, quae simplex olim tibi sederit. at simul assis miscueris elixa, simul conchylia turdis, dulcia se in bilem vertent stomachoque tumultum lenta feret pitvita. vides, ut pallidus omnis cena desurgat dubia? quin corpus onustum hesternis vitiis animum quoque praegravat una atque adfigit humo divinae particulam aurae. alter ubi dicto citius curata sopori membra dedit, vegetus praescripta ad munia surgit.
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Satire 2,2 Kommt doch hilfreich herbei, Südwinde, und kocht solchen Leuten ihre Zukost! Allerdings riecht auch ein frischer Eber und ein frischer Steinbutt schlecht, wenn Überladung den Magen krank macht und drückt und dieser in seiner Überfüllung lieber Radieschen und scharfen Alant will. Und doch sind einfache Speisen sogar vom Tisch der Reichen nicht ganz verbannt; denn heute noch ist dort gewöhnlichen Eiern und schwarzen Oliven ein Platz vergönnt. Es ist noch nicht lang her, da war die Tafel des Auktionators Gallonius wegen eines Störs berüchtigt. Wie? Nährte das Meer damals noch keine Steinbutte? O doch, aber sicher war noch der Butt, und sicher saß der Storch in seinem Nest, bis ein Mann, der bei der Wahl zum Prätor durchgefallen war, euch durch sein Beispiel ‘eines Besseren’ belehrte. Wenn also heute irgendeiner die Verfügung erlässt, dass gebratene Tauchenten gut schmecken, so folgt ihm ganz Jungrom, das man ja leicht zu jeder Verrücktheit abrichtet. Von einfacher Lebensweise wird sich eine schmutzige nach dem Urteil des Ofellus immer unterscheiden. Denn es ist sinnlos, den einen Fehler zu meiden, dafür aber sich so zum andern hinzuneigen, dass man doch wieder ein verdrehter Mensch wird. Avidienus, an dem der Spottname ‘Hund’ hängenblieb, den er mit Recht trägt, verzehrt Oliven, die schon fünf Jahre alt sind, und wilde Kornelkirschen und hütet sich, einen anderen Wein einzuschenken als sauer gewordenen; und mag er auch eine Hochzeit, einen Geburts- oder sonst einen Festtag in weißer Toga feiern, er träufelt ein Öl, dessen Geruch unerträglich ist, eigenhändig aus einem zwei Pfund fassenden Horn auf den Kohl, spart aber nicht mit altem Essig. Welches Leben wird also der Weise wählen, welches von den zwei Beispielen nachahmen? Hier droht, wie man sagt, der Wolf, dort der Hund. Der Weise wird so weit reinlich sein, dass er durch Schmutz keinen Anstoß erregt, und in der Körperpflege nach keiner Seite hin übertreiben. Er wird weder nach dem Beispiel des alten Albucius gegen seine Sklaven schon wüten, wenn er die Dienste unter sie verteilt, noch wie der einfältige Naevius es zulassen, dass sie den Gästen schmieriges Wasser reichen: Auch das ist ein grober Verstoß. Vernimm jetzt von dem großen Gewinn, den einfaches Leben mit sich bringt! Fürs Erste bleibst du dabei gesund. Denn wie sehr das bunte Gemisch von Speisen dem Menschen schadet, davon wirst du überzeugt sein, wenn du dich an das einfache Gericht erinnerst, das dir früher immer gut bekam. Sobald man aber Gebratenes und Gesottenes, Austern und Drosseln durcheinander isst, verwandeln sich die guten Bissen in Galle, und eine hartnäckige Verschleimung bringt den Magen in Aufruhr. Du siehst ja, wie jeder Gast ganz fahl von einer Mahlzeit aufsteht, bei der einem die Wahl zur Qual wird. Ja, ein Körper, auf dem noch die Unmäßigkeit von gestern lastet, drückt sogar das Teilchen göttlichen Odems, die Seele, zu Boden und bannt es in den Staub. Der andere, der im Handumdrehen gegessen und sich dann dem Schlaf überlassen hat, steht frisch und munter zu seinem vorgeschriebenen Tagewerk auf.
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hic tamen ad melius poterit transcurrere quondam, sive diem festum rediens advexerit annus, seu recreare volet tenuatum corpus, ubique accedent anni, tractari mollius aetas imbecilla volet: tibi quidnam accedet ad istam quam puer et validus praesumis mollitiem, seu dura valetudo inciderit seu tarda senectus? rancidum aprum antiqui laudabant, non quia nasus illis nullus erat, sed, credo, hac mente, quod hospes tardius adveniens vitiatum commodius quam integrum edax dominus consumeret. hos utinam inter heroas natum tellus me prima tulisset. das aliquid famae, quae carmine gratior aurem occupet humanam: grandes rhombi patinaeque grande ferunt una cum damno dedecus. adde iratum patruum, vicinos, te tibi iniquum et frustra mortis cupidum, cum deerit egenti as, laquei pretium. ‘iure’ inquit ‘Trausius istis iurgatur verbis: ego vectigalia magna divitiasque habeo tribus amplas regibus.’ ergo quod superat non est melius quo insumere possis? cur eget indignus quisquam te divite? quare templa ruunt antiqua deum? cur, inprobe, carae non aliquid patriae tanto emetiris acervo? uni nimirum recte tibi semper erunt res, o magnus posthac inimicis risus. uterne ad casus dubios fidet sibi certius? hic qui pluribus adsuerit mentem corpusque superbum, an qui contentus parvo metuensque futuri in pace, ut sapiens, aptarit idonea bello? quo magis his credas, puer hunc ego parvus Ofellum integris opibus novi non latius usum quam nunc accisis. videas metato in agello cum pecore et gnatis fortem mercede colonum ‘non ego’ narrantem ‘temere edi luce profesta quicquam praeter holus fumosae cum pede pernae. ac mihi seu longum post tempus venerat hospes sive operum vacuo gratus conviva per imbrem vicinus, bene erat non piscibus urbe petitis, sed pullo atque haedo; tum pensilis uva secundas et nux ornabat mensas cum duplice ficu. post hoc ludus erat culpa potare magistra ac venerata Ceres, ita culmo surgeret alto, explicuit vino contractae seria frontis.
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Satire 2,2 Ein solcher kann sich immer noch ab und zu einen besseren Bissen erlauben, sei es, dass der Kreislauf des Jahres einen Festtag bringt oder dass er seinen erschöpften Körper stärken will, wenn mit zunehmenden Jahren das hinfällige Alter eine zartere Pflege verlangt. Aber welche Steigerung soll denn das weichliche Leben erfahren, da du es schon als junger, kräftiger Mann vorwegnimmst, wenn eine Krankheit über dich kommt oder das lähmende Alter? Den starken Wildgeruch eines Ebers lobten unsere Altvorderen nicht etwa, weil sie keine Nase hatten, sondern wohl in der Überzeugung, dass es schicklicher sei, wenn ein später Gast den schon riechenden Braten verzehre, als wenn ihn der Herr des Hauses noch frisch aufäße. O hätte mich die junge Erde zur Zeit jener Heroen hervorgebracht! Gibst du etwas auf guten Ruf, der süßer als Gesang dem menschlichen Ohr klingt, so bedenke: Große Steinbutte und große Schüsseln bringen mit dem Schaden noch große Schande. Dazu kommt die Empörung deines Oheims und der ganzen Nachbarschaft, die Unzufriedenheit mit dir selbst und die vergebliche Sehnsucht nach dem Tode, wenn dir in deiner Armut sogar der Heller fehlt, den ein Strick kostet. „Mit Recht“, heißt die Erwiderung, „richtest du diese Strafrede an einen Trausius; aber ich habe große Einkünfte und einen Reichtum, der für drei Könige ausreicht.“ Gibt es also nichts Besseres, worauf du deinen Überfluss verwenden könntest? Warum darbt noch einer ohne seine Schuld, während du reich bist? Warum sinken die alten Göttertempel in Schutt? Warum lässt du dem teuren Vaterland nichts zukommen von deinem großen Geldhaufen, du Schurke? Natürlich, du bist der einzige, dem es immer gut gehen wird. Wie schadenfroh werden einmal deine Feinde über dich lachen! Wer kann für den Fall, dass er in eine missliche Lage kommt, größeres Selbstbewusstsein hegen, der, welcher seinen hochmütigen Geist und seinen anspruchsvollen Körper an Überfluss gewöhnt hat, oder einer, der sich mit Wenigem begnügt und, für die Zukunft besorgt, als kluger Mann im Frieden sich auf den Krieg vorbereitet? Und damit du meinen Worten umso eher glaubst, so höre: Schon als kleiner Bub hab ich gesehen, wie unser Ofellus von seinem Besitz, der damals noch ungeschmälert war, keinen größeren Gebrauch machte als jetzt, da er verkleinert ist. Du solltest ihn nur sehen auf dem ihm neu zugemessenen kleinen Grundstück, das er mit seinem Vieh und seinen Kindern als tüchtiger Pächter gegen Zins bestellt, und ihn erzählen hören: „Nicht leicht aß ich an einem Werktag etwas Anderes als eine geräucherte Haxe mit Kraut. Aber wenn nach langer Zeit ein Gastfreund zu mir kam oder an einem Regentage, wo man nicht arbeiten konnte, ein Nachbar als willkommener Tischgast, dann ließen wir es uns wohl sein, nicht bei Fischen aus der Stadt, sondern bei Geflügel und Kitzbraten. Dann bildeten getrocknete Trauben, Nüsse und gespaltene Feigen den Nachtisch. Hiernach kam zur Kurzweil ein Trunk, dessen Maß jeder selbst bestimmte, und Ceres, zu der man betete, sie möge nach unserer Bitte sich in hohen Halmen erheben, glättete mit Hilfe des Weins die Runzeln der ernsten Stirn.
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saeviat atque novos moveat Fortuna tumultus: quantum hinc inminuet? quanto aut ego parcius aut vos, o pueri, nituistis, ut huc novus incola venit? nam propriae telluris erum natura nec illum nec me nec quemquam statuit: nos expulit ille, illum aut nequities aut vafri inscitia iuris, postremum expellet certe vivacior heres. nunc ager Umbreni sub nomine, nuper Ofelli dictus, erit nulli proprius, sed cedet in usum nunc mihi, nunc alii. quocirca vivite fortes fortiaque adversis opponite pectora rebus.’
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III ‘Sic raro scribis, ut toto non quater anno membranam poscas, scriptorum quaeque retexens, iratus tibi, quod vini somnique benignus nil dignum sermone canas. quid fiet? at ipsis Saturnalibus huc fugisti sobrius. ergo dic aliquid dignum promissis. incipe. nil est. culpantur frustra calami inmeritusque laborat iratis natus paries dis atque poetis. atqui voltus erat multa et praeclara minantis, si vacuum tepido cepisset villula tecto. quorsum pertinuit stipare Platona Menandro, Eupolin, Archilochum, comites educere tantos? invidiam placare paras virtute relicta? contemnere miser. vitanda est inproba Siren desidia, aut quidquid vita meliore parasti ponendum aequo animo.’ ‘di te, Damasippe, deaeque verum ob consilium donent tonsore. sed unde tam bene me nosti?’ ‘postquam omnis res mea Ianum ad medium fracta est, aliena negotia curo excussus propriis. olim nam quaerere amabam, quo vafer ille pedes lavisset Sisyphus aere, quid scalptum infabre, quid fusum durius esset. callidus huic signo ponebam milia centum; hortos egregiasque domos mercarier unus cum lucro noram; unde frequentia Mercuriale inposuere mihi cognomen compita.’ ‘novi
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Mag Fortuna wüten und neue Stürme erregen: Was kann sie von unserer jetzigen Lebensweise rauben? Sehe ich oder ihr, Jungens, nur ein bisschen schlechter aus, seit der neue Besitzer hierher kam? Denn die Natur hat weder ihn noch mich noch überhaupt jemand zum Herrn eigenen Grund und Bodens gemacht. Er hat uns vertrieben, und ihn wird entweder seine üble Wirtschaft oder Unkenntnis der verzwickten Gesetze, sicherlich zuletzt sein Erbe vertreiben, der ein zäheres Leben hat. Der Boden, der heute unter dem Namen des Umbrenus steht und jüngst noch der des Ofellus hieß, wird keines Menschen dauerndes Eigentum sein, sondern nur bald mir, bald anderen zum Nießbrauch dienen. Drum seid tapfer und stemmt den Schlägen des Unglücks eine tapfere Brust entgegen!“
Satire 2,3 „Du schreibst so selten, dass du keine viermal im ganzen Jahr Pergament verlangst, da du alles schon Geschriebene immer wieder umarbeiten musst, voll Zorn auf dich selbst, weil dir wegen des reichlichen Genusses von Wein und Schlaf kein Gedicht gelingt, das der Rede wert wäre. Was soll das noch werden? Freilich, als ‘Freund der Nüchternheit’ bist du gerade am Saturnusfest hierher aufs Land geflohen. Also! Mach ein Gedicht, das den Erwartungen entspricht, die du erregt hast! Fang an! Gelt, es geht nicht. Da wird dann grundlos die Schuld auf das Schreibrohr geschoben, und die unschuldige Wand muss herhalten, die unter dem Fluche der Götter und Dichter gebaut ist. Und doch hattest du eine Miene aufgesetzt, die viele herrliche Gedichte versprach, wenn du frei von Geschäften wärest und dein liebes Landhaus dich im behaglich gewärmten Raum aufgenommen hätte. Was hatte es also für einen Sinn, den Platon mit Menander und den Eupolis mit Archilochos zusammenzupacken und so große Dichter als Reisegefährten mitzuschleppen? Hast du es darauf abgesehen, den Neid zu versöhnen, indem du jede Tätigkeit aufgibst? Armer Mann! Man wird dich verachten. Die Faulheit, diese tückische Sirene, musst du meiden oder in Ergebung auf alle Güter verzichten, die du durch ein besseres Leben erworben hast.“ „Götter und Göttinnen mögen dir zum Dank für deinen guten Rat einen Barbier bescheren, Damasippus! Aber woher kennst du mich so genau?“ „Seitdem ich mit meinem ganzen Vermögen beim mittleren Janus Bankrott gemacht habe, kümmere ich mich um fremde Angelegenheiten, weil ich keine eigenen mehr habe. Früher war es nämlich meine Lieblingsbeschäftigung, das Erzbecken ausfindig zu machen, in dem sich der pfiffige Sisyphos die Füße wusch, an Marmorbildern die technischen Fehler und an Bronzestatuen den zu leblosen Guss festzustellen. So legte ich als gewiegter Kenner für eine Statue hunderttausend Sesterzen an; ich verstand es wie kein anderer, Gärten und schöne Paläste mit Gewinn zu verkaufen. Deshalb gaben mir alle Leute an den Straßenkreuzungen den Beinamen ‘der Liebling Merkurs’.“ „Das weiß ich,
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et miror morbi purgatum te illius. atqui emovit veterem mire novus, ut solet, in cor traiecto lateris miseri capitisve dolore, ut lethargicus hic cum fit pugil et medicum urget. dum nequid simile huic, esto ut libet.’ ‘o bone, ne te frustrere: insanis et tu stultique prope omnes, si quid Stertinius veri crepat, unde ego mira descripsi docilis praecepta haec, tempore quo me solatus iussit sapientem pascere barbam atque a Fabricio non tristem ponte reverti. nam male re gesta cum vellem mittere operto me capite in flumen, dexter stetit et „cave faxis te quicquam indignum. pudor“ inquit „te malus angit, insanos qui inter vereare insanus haberi. primum nam inquiram, quid sit furere: hoc si erit in te solo, nil verbi, pereas quin fortiter, addam. quem mala stultitia et quemcumque inscitia veri caecum agit, insanum Chrysippi porticus et grex autumat. haec populos, haec magnos formula reges, excepto sapiente, tenet. nunc accipe, quare desipiant omnes aeque ac tu, qui tibi nomen insano posuere. velut silvis, ubi passim palantis error certo de tramite pellit, ille sinistrorsum, hic dextrorsum abit, unus utrique error, sed variis inludit partibus: hoc te crede modo insanum, nihilo ut sapientior ille qui te deridet caudam trahat. est genus unum stultitiae nihilum metuenda timentis, ut ignis, ut rupes fluviosque in campo obstare queratur; alterum et huic varum et nihilo sapientius ignis per medios fluviosque ruentis: clamet amica, mater honesta, soror cum cognatis, pater, uxor: ‘hic fossa est ingens, hic rupes maxima: serva!’ non magis audierit, quam Fufius ebrius olim, cum Ilionam edormit, Catienis mille ducentis ‘mater, te appello’ clamantibus. huic ego volgus errori similem cunctum insanire docebo. insanit veteres statuas Damasippus emendo: integer est mentis Damasippi creditor? esto. ‘accipe quod numquam reddas mihi’ si tibi dicam: tune insanus eris, si acceperis, an magis excors reiecta praeda, quam praesens Mercurius fert? scribe decem a Nerio: non est satis; adde Cicutae nodosi tabulas, centum, mille adde catenas: effugiet tamen haec sceleratus vincula Proteus.
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und ich staune, dass du von jener Krankheit geheilt bist. Und doch hat nur eine sonderbare neue Krankheit die alte ausgetrieben, wie es gewöhnlich geht, wenn sich der Schmerz aus der kranken Lunge oder aus dem Kopf auf das Herz wirft, wie zum Beispiel ein Schlafsüchtiger zum Boxer wird und den Arzt anpackt. Mag sein, wie es will – wenn du nur mir nicht mit so etwas kommst.“ „Täusch dich nur nicht, mein Bester! Auch du bist verrückt, und fast alle Toren gleichfalls, so wahr Stertinius mit seinem Poltern recht hat, aus dessen Mund ich diese herrlichen Lehren gehört und dann gelehrig aufgeschrieben habe in jener Zeit, da er mich tröstete und aufforderte, ich solle mir einen Philosophenbart wachsen lassen und getrost von der Fabricischen Brücke wieder heimgehen. Denn als ich mein Geld verloren hatte und mit verhülltem Kopf ins Wasser gehen wollte, stand er plötzlich rechts von mir und sprach: ‘Tu ja nichts, was deiner nicht würdig ist! Es ist nur falsche Scham, die dich beklemmt, wenn du dich fürchtest, unter Verrückten für verrückt zu gelten. Zuerst nämlich will ich fragen, was Tollheit eigentlich ist. Wenn sie nur in d e i n e m Kopf spukt, will ich kein Wort weiter sprechen, um dich von deinem Heldentod abzuhalten. Aber die Stoa und die Zunft des Chrysippos erklärt kühn jeden für verrückt, den törichter Wahn und Unkenntnis der Wahrheit blind durch die Welt hetzen. Diese Bestimmung trifft ganze Völker, erfasst sogar mächtige Könige, ausgenommen den Weisen. Vernimm nun den Grund, weshalb alle, die dich einen Narren schalten, geradeso verrückt sind wie du! Wie, wenn ein Irrtum im Walde zwei Wanderer vom rechten Weg abbringt, so dass sie weit voneinander abkommen, indem der eine nach links, der andere nach rechts abbiegt, es doch nur ein Irrtum ist, der beiden mitspielt – allerdings von zwei verschiedenen Seiten her –, so musst auch du glauben, dass du auf die gleiche Art verrückt bist wie die andern, so dass einer, der dich auslacht, um kein Haar vernünftiger ist als du und auch den Zopf, den ihm die Gassenjungen angeheftet haben, hinter sich dreinschleppt. – Eine Art Narrheit besteht darin, dass man sich vor Dingen ängstigt, die man nicht zu fürchten braucht, und auf offenem Feld jammert, ein Feuer, ein Abgrund oder ein Fluss versperre einem den Weg. Eine andere Art, ganz das Gegenteil von dieser, aber um kein Haar vernünftiger ist die, dass man mitten ins Feuer oder ins Wasser rennt. Mag auch die Geliebte, mag die würdige Mutter und die Schwester samt allen Verwandten, mag der Vater und die Gattin laut schreien: ‘Da ist ein tiefer Graben, da ist ein gähnender Abgrund! Gib doch acht!’ – man hört es ebenso wenig wie einst Furius, als er im Rausch die Rolle der schlafenden Iliona spielte, das Stichwort hörte, und wenn zwölfhundert Catieni geschrien hätten: ‘Mutter, dich rufe ich.’ Dass die Masse samt und sonders an einem ähnlichen Wahnsinn krankt, will ich dir gleich beweisen. Damasippus ist wahnsinnig, weil er antike Statuen kauft. Ist aber der Gläubiger des Damasippus bei gesundem Verstand? Meinetwegen. Wenn ich zu dir sagte: ‘Nimm das Geld, wenn du es mir vielleicht auch nie zurückzahlen kannst!’ – bist du dann verrückt, wenn du es nimmst, oder wärest du nicht noch ein größerer Dummkopf, wenn du die Beute zurückwiesest, die dir Merkur gnädig anbietet? Lass durch den Bankier Nerius den Betrag von zehntausend Sesterzen für dich buchen – nein, das ist noch nicht genug – füge noch hinzu die von Cicuta erfundenen, verzwickten Schuldscheine, füge hundert, ja tausend Klauseln hinzu: der durchtriebene Proteus geht doch durch alle diese Netze.
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cum rapies in ius malis ridentem alienis, fiet aper, modo avis, modo saxum et, cum volet, arbor. si male rem gerere insani est, contra bene sani: putidius multo cerebrum est, mihi crede, Perelli dictantis, quod tu numquam rescribere possis. audire atque togam iubeo conponere, quisquis ambitione mala aut argenti pallet amore, quisquis luxuria tristive superstitione aut alio mentis morbo calet: huc propius me, dum doceo insanire omnis vos ordine, adite. danda est ellebori multo pars maxima avaris: nescio an Anticyram ratio illis destinet omnem. heredes Staberi summam incidere sepulcro, ni sic fecissent, gladiatorum dare centum damnati populo paria atque epulum arbitrio Arri, frumenti quantum metit Africa. ‘sive ego prave seu recte hoc volui, ne sis patruus mihi’: credo hoc Staberi prudentem animum vidisse. quid ergo sensit, cum summam patrimoni insculpere saxo heredes voluit? quoad vixit, credidit ingens pauperiem vitium et cavit nihil acrius, ut, si forte minus locuples uno quadrante perisset, ipse videretur sibi nequior. omnis enim res, virtus, fama, decus, divina humanaque pulchris divitiis parent; quas qui construxerit, ille clarus erit, fortis, iustus. ‘sapiensne?’ etiam, et rex et quidquid volet. hoc veluti virtute paratum speravit magnae laudi fore. quid simile isti Graecus Aristippus? qui servos proicere aurum in media iussit Libya, quia tardius irent propter onus segnes. uter est insanior horum? nil agit exemplum, litem quod lite resolvit. si quis emat citharas, emptas conportet in unum, nec studio citharae nec Musae deditus ulli, si scalpra et formas non sutor, nautica vela aversus mercaturis: delirus et amens undique dicatur merito. qui discrepat istis, qui nummos aurumque recondit, nescius uti conpositis metuensque velut contingere sacrum? si quis ad ingentem frumenti semper acervum porrectus vigilet cum longo fuste neque illinc audeat esuriens dominus contingere granum ac potius foliis parcus vescatur amaris;
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Satire 2,3 Ziehst du ihn, der dir ins Gesicht lacht, vor Gericht, so verwandelt er sich nach Belieben in einen Eber, Vogel, Felsen oder Baum. Wenn es verrückt ist, sein Vermögen durchzubringen, und klug, es zu erhalten, dann, glaube mir, ist das Hirn des Perellius noch weit mehr verbrannt als deines, wenn er dir einen Schuldschein andiktiert, den du nie einlösen kannst. Nun soll jeder seine Toga ordnen und aufmerken, der durch verderblichen Ehrgeiz oder Geldgier die gesunde Farbe verloren hat, und jeder, der an Schwelgerei, trübsinnigem Aberglauben oder sonst einer Geisteskrankheit leidet. Geht nur näher her zu mir, dieweil ich der Reihe nach beweise, dass ihr alle verrückt seid! Die allergrößte Dosis Nieswurz muss man den Habgierigen verabreichen, ja vielleicht weist ihnen die Vernunft das ganze Antikyra an. Die Erben des Staberius mussten die ganze Erbschaftssumme auf seinen Grabstein einmeißeln lassen, sonst wären sie laut Testament verpflichtet gewesen, bei der Leichenfeier hundert Gladiatorenpaare fechten zu lassen und dem Volk einen Schmaus zu geben, dessen Kosten Arrius bestimmen sollte, und noch die ganze Getreideernte aus seinen Besitzungen in Nordafrika. ‘Ob ich das zu Unrecht oder mit Recht wollte, deswegen hast du mich nicht zu hofmeistern.’ Diese Antwort hat Staberius wohl im Voraus geben wollen. Was hat er sich also gedacht, als er anordnete, seine Erben müssten die Erbschaftssumme in den Grabstein einhauen lassen? Antwort: Solang er lebte, hielt er die Armut für ein ungeheures Verbrechen und hütete sich vor nichts ängstlicher als vor ihr, so dass er sich, wenn er beim Sterben nur um ein Viertelas ärmer gewesen wäre, sich selbst als umso größeren Taugenichts betrachtet hätte. Denn alle Dinge – Tugend, Ruhm, Ehre, kurz himmlische und irdische Güter – sind dem mächtigen Reichtum untertan. Wer also Reichtum zusammengescharrt hat, ist angesehen, tapfer, gerecht. ‘Auch weise?’ Auch das, und dazu König und alles, was er sein will. Der Reichtum, hoffte Staberius, werde ihm großes Lob eintragen, wie wenn er durch Tugend erworben wäre. Wie anders handelte da der Grieche Aristippos, der seine Sklaven mitten in Afrika die Goldkisten wegwerfen ließ, weil sie ihm, von dieser Last behindert, zu langsam gingen! Wer ist nun der größere Narr von beiden? Aber freilich, ein Beispiel, das ein Problem durch ein anderes lösen will, beweist nichts. Wenn jemand Zithern kauft und sie dann auf einen Haufen zusammenlegt, ohne die Zither oder sonst ein Instrument zu spielen, wenn er Ahlen und Leisten kauft, ohne ein Schuster zu sein, oder Schiffssegel, obwohl er von Handelsfahrten gar nichts wissen will, so würde er von aller Welt mit Recht ein Narr genannt. Wodurch unterscheidet sich von solchen einer, der Silber- und Goldmünzen in den Kasten einschließt, aber nicht weiß, was er damit anfangen soll und sich fürchtet, sie anzurühren, wie wenn sie ein Heiligtum wären? Wenn sich einer dauernd vor einen großen Kornhaufen hinlegte und mit einem langen Knüttel Wache hielte, aber trotz seinem Hunger, obwohl er Herr darüber ist, kein Körnchen anzurühren wagte, sondern aus Sparsamkeit lieber von bitteren Kräutern lebte,
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si positis intus Chii veterisque Falerni mille cadis – nihil est: tercentum milibus, acre potet acetum; age si et stramentis incubet undeoctoginta annos natus, cui stragula vestis, blattarum ac tinearum epulae, putrescat in arca: nimirum insanus paucis videatur, eo quod maxima pars hominum morbo iactatur eodem. filius aut etiam haec libertus ut ebibat heres, dis inimice senex, custodis? ne tibi desit? quantulum enim summae curtabit quisque dierum, unguere si caules oleo meliore caputque coeperis inpexa foedum porrigine? quare, si quidvis satis est, peiuras, surripis, aufers undique? tun sanus? populum si caedere saxis incipias servosve tuos, quos aere pararis, insanum te omnes pueri clamentque puellae; cum laqueo uxorem interimis matremque veneno, incolumi capite es. quid enim? neque tu hoc facis Argis nec ferro ut demens genetricem occidis Orestes. an tu reris eum occisa insanisse parente ac non ante malis dementem actum Furiis quam in matris iugulo ferrum tepefecit acutum? quin, ex quo est habitus male tutae mentis Orestes, nil sane fecit quod tu reprehendere possis: non Pyladen ferro violare aususve sororem Electran, tantum maledicit utrique vocando hanc Furiam, hunc aliud, iussit quod splendida bilis. pauper Opimius argenti positi intus et auri, qui Veientanum festis potare diebus Campana solitus trulla vappamque profestis, quondam lethargo grandi est oppressus, ut heres iam circum loculos et clavis laetus ovansque curreret. hunc medicus multum celer atque fidelis excitat hoc pacto: mensam poni iubet atque effundi saccos nummorum, accedere pluris ad numerandum: hominem sic erigit; addit et illud: ‘ni tua custodis, avidus iam haec auferet heres.’ ‘men vivo?’ ‘ut vivas igitur, vigila. hoc age.’ ‘quid vis?’ ‘deficient inopem venae te, ni cibus atque ingens accedit stomacho fultura ruenti. tu cessas? agedum sume hoc tisanarium oryzae.’ ‘quanti emptae?’ ‘parvo.’ ‘quanti ergo?’ ‘octussibus.’ ‘eheu, quid refert, morbo an furtis pereamque rapinis?’
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Satire 2,3 wenn er tausend – nein, das ist noch gar nichts –, wenn er dreihunderttausend Krüge alten Chier und Falerner im Haus gelagert hätte, aber nur sauren Krätzer tränke, wenn er gar noch als Neunundsiebziger auf Stroh schliefe, während sein feines Bettzeug als Futter für Schaben und Motten im Kasten vermoderte, dann gälte er gewiss nur bei wenigen für verrückt, weil der größte Teil der Menschheit von der gleichen Krankheit geplagt wird. Du gottverhasster alter Kerl, bewachst du das alles, damit es dein Sohn oder auch ein Freigelassener, der dich beerbt, durch die Gurgel jagt? Damit du keinen Mangel leidest? Um wie viel würde denn jeder Tag dein Vermögen schmälern, wenn du anfingest, deinen Kohl und deinen ungekämmten, von hässlichem Grind entstellten Kopf mit besserem Öl zu beträufeln? Warum, wenn dir doch das nächste Beste genügt, schwörst du Meineide, warum stiehlst und raubst du überall? Du bei Vernunft? Wenn du anfingest, die Leute und deine teuer gekauften Sklaven mit Steinen zu bewerfen, dann schrien alle Jungen und Mädchen: ‘Du bist ja verrückt!’ Wenn du aber deine Frau mit einem Strick umbringst und deine Mutter durch Gift, dann bist du richtig im Kopf. Warum? Du tust es eben nicht in Argos und tötest deine Erzeugerin auch nicht mit dem Schwert wie der rasende Orestes. Oder glaubst du wirklich, er sei erst nach dem Muttermord wahnsinnig geworden und nicht schon vorher von den bösen Furien im Wahnsinn herumgetrieben worden, ehe er den scharfen Stahl ins warme Herzblut der Mutter tauchte? Im Gegenteil! Seit dem Augenblick, da man Orestes für nicht ganz richtig im Kopfe hielt, tat er nichts, was man tadeln könnte: Er wagte nicht, Pylades oder seine Schwester Elektra mit dem Schwert zu verletzen, sondern gab ihnen höchstens Schimpfnamen, indem er die Schwester eine Furie hieß und den Freund irgendetwas anderes, was ihm gerade die kranke Galle eingab. Opimius, der arm war bei all dem Gold und Silber, das er daheim aufgehäuft hatte, der an Festtagen immer nur gewöhnlichen Vejentaner aus kampanischer Schöpfkelle trank und an Werktagen überhaupt bloß Krätzer, wurde einst von so schwerer Schlafsucht befallen, dass sein Erbe schon voll Freude und laut frohlockend nach den Geldkisten und Schlüsseln umherlief. Sein Arzt, der sofort bei der Hand und auch sehr treu war, rüttelte ihn durch folgendes Mittel auf: Er lässt einen Tisch aufstellen, die Geldsäcke darauf ausschütten und mehrere Leute zum Zählen antreten. So bringt er den Kranken wieder zum Bewusstsein; er fügt noch hinzu: ‘Wenn du auf dein Geld nicht achtgibst, wird es sogleich dein gieriger Erbe fortnehmen.’ ‘Während ich noch am Leben bin?’ ‘Ja. Bleib also wach, dass du am Leben bleibst! Pass auf!’ ‘Was willst du?’ Du bist ganz blutleer, und dein Puls wird stillstehen, wenn deinem geschwächten Magen nicht Speise und besondere Stärkung zu Hilfe kommt. Du zögerst noch? Komm, nimm diese Reisschleimsuppe!’ ‘Wie viel hat sie gekostet?’ ‘Nicht viel.’ ‘Wie viel also?’ ‘Acht As.’ ‘Ach, was liegt daran, ob ich durch meine Krankheit umkomme oder durch Diebstahl und Raub?’
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quisnam igitur sanus? qui non stultus. quid avarus? stultus et insanus. quid, siquis non sit avarus, continuo sanus? minime. cur, Stoice? dicam. ‘non est cardiacus’ Craterum dixisse putato ‘hic aeger’. recte est igitur surgetque? negabit, quod latus aut renes morbo temptentur acuto. non est periurus neque sordidus: inmolet aequis hic porcum Laribus; verum ambitiosus et audax: naviget Anticyram. quid enim differt, barathrone dones quidquid habes an numquam utare paratis? Servius Oppidius Canusi duo praedia, dives antiquo censu, gnatis divisse duobus fertur et hoc moriens pueris dixisse vocatis ad lectum: ‘postquam te talos, Aule, nucesque ferre sinu laxo, donare et ludere vidi, te, Tiberi, numerare, cavis abscondere tristem, extimui, ne vos ageret vesania discors, tu Nomentanum, tu ne sequerere Cicutam. quare per divos oratus uterque Penatis tu cave ne minuas, tu ne maius facias id quod satis esse putat pater et natura coercet. praeterea ne vos titillet gloria, iure iurando obstringam ambo: uter aedilis fueritve vestrum praetor, is intestabilis et sacer esto.’ in cicere atque faba bona tu perdasque lupinis, latus ut in circo spatiere et aeneus ut stes, nudus agris, nudus nummis, insane, paternis scilicet ut plausus quos fert Agrippa feras tu, astuta ingenuum volpes imitata leonem? ne quis humasse velit Aiacem, Atrida, vetas cur? ‘rex sum –’ nil ultra quaero plebeius. ‘– et aequam rem imperito, ac si cui videor non iustus, inulto dicere quod sentit permitto.’ maxime regum, di tibi dent capta classem redducere Troia. ergo consulere et mox respondere licebit? ‘consule.’ cur Aiax, heros ab Achille secundus, putescit, totiens servatis clarus Achivis, gaudeat ut populus Priami Priamusque inhumato, per quem tot iuvenes patrio caruere sepulcro? ‘mille ovium insanus morti dedit, inclitum Ulixen et Menelaum una mecum se occidere clamans.’ tu cum pro vitula statuis dulcem Aulide natam ante aras spargisque mola caput, inprobe, salsa, rectum animi servas? ‘quorsum?’ insanus quid enim Aiax
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‘Wer ist denn also bei Vernunft?’ Wer nicht verrückt ist. ‘Und der Geizhals?’ Der ist verrückt und wahnsinnig. ‘Und wenn einer kein Geizhals ist? Ist er dann schon gleich vernünftig?’ Keineswegs. ‘Und warum nicht, Herr Stoiker?’ Das will ich dir gleich erklären. Nimm an, der Arzt Krateros habe gesagt: „Dem Kranken hier fehlt es nicht im Magen.“ Es geht ihm also gut, und er darf aufstehen? Das wird der Arzt verneinen, weil Lunge und Nieren schwer angegriffen seien. Da ist einer kein Meineidiger und auch kein Geizkragen. Dann soll er seinen Hausgöttern, die ihm so gnädig sind, ein Ferkel opfern. ‘Aber er ist ehrgeizig und daher zu jeder Schandtat bereit.’ Dann muss er nach Antikyra fahren. Denn was ist da für ein Unterschied, ob du deine ganze Habe in einen Abgrund wirfst oder das Erworbene nie genießt? Man erzählt, Servius Oppidius, ein nach alter Schätzung reicher Mann, habe zu Canusium seine zwei Landgüter an seine beiden Söhne verteilt, sie an sein Sterbebett gerufen und dann Folgendes zu ihnen gesagt: ‘Nachdem ich bemerkt habe, dass du, Aulus, deine Würfel und Nüsse nachlässig im Togabausch trägst, sie herschenkst und leichtsinnig verspielst, du dagegen, Tiberius, sie immer wieder zählst und mit finsterer Miene in Löchern versteckst, begann ich zu fürchten, es könnte euch eine grundverschiedene Narrheit plagen, und du könntest es dem Nomentanus, du dem Cicuta nachmachen. Daher bitte ich euch beide bei den Göttern unseres Hauses, dich, dass du nicht verkleinerst, und dich, dass du nicht vergrößerst das Gut, das euer Vater für hinreichend hält und über dessen Grenzen hinauszugehen die natürlichen Bedürfnisse selbst verbieten. Damit euch übrigens nicht die Ruhmsucht kitzelt, müsst ihr mir jetzt alle zwei einen Eid schwören: Wer von euch Ädil oder Prätor wird, der soll ehrlos vor den Menschen sein und verflucht vor den Göttern!’ Willst du wirklich dein Gut durchbringen durch den Aufwand für Erbsen, Bohnen und Lupinen, um breitbeinig im Zirkus auf- und abzustolzieren oder in Erz gegossen dort zu stehen nach Verlust deiner Äcker und Verlust des Geldes, das dein Vater dir hinterlassen, du Narr – natürlich, damit du den gleichen Beifall erntest, den Agrippa erhält, du, das schlaue Füchslein, das den edlen Löwen nachgeäfft hat? Sohn des Atreus, warum verbietest du, dass es sich einer einfallen lässt, den Aias zu beerdigen? ‘Ich bin der König.’ Dann habe ich als Mann aus dem Volke nichts weiter zu fragen. ‘Und was ich befehle, ist recht und billig. Doch wenn es jemandem scheint, als sei ich nicht gerecht, so erlaube ich ihm, ohne Furcht vor Strafe seine Meinung zu sagen.’ Großmächtigster König! Die Götter mögen dir die Gnade schenken, Troja zu erobern und die Flotte glücklich heimzuführen! Ist es also erlaubt, zu fragen und dann zu erwidern? ‘Frage nur!’ Warum muss Aias, der erste Held nach Achilleus, ohne Grab verfaulen, er, dadurch berühmt, dass er die Achiver so oft gerettet hat? Etwa damit Priamos und sein Volk schadenfroh lachen, weil der Mann unbeerdigt bleibt, durch den so viele junge Trojaner um ihren Platz im Ahnengrab kamen? ‘Er hat im Wahnsinn tausend Schafe hingemordet, indem er schrie, er schlachte den berühmten Odysseus ab und den Menelaos samt mir.’ Und wenn du deine holde Tochter in Aulis als Opfertier vor den Altar führst, du Schurke, und ihr Haupt mit gesalzenem Opfermehl bestreust, ist es dann bei dir noch recht im Oberstübchen? ‘Worauf zielt diese Frage?’ Was hat denn
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fecit, cum stravit ferro pecus? abstinuit vim uxore et gnato; mala multa precatus Atridis non ille aut Teucrum aut ipsum violavit Ulixen. ‘verum ego, ut haerentis adverso litore navis eriperem, prudens placavi sanguine divos.’ nempe tuo, furiose. ‘meo, sed non furiosus.’ qui species alias veris scelerisque tumultu permixtas capiet, commotus habebitur atque stultitiane erret nihilum distabit an ira. Aiax inmeritos cum occidit desipit agnos: cum prudens scelus ob titulos admittis inanis, stas animo et purum est vitio tibi cum tumidum est cor? si quis lectica nitidam gestare amet agnam, huic vestem ut gnatae, paret ancillas, paret aurum, Rufam aut Pusillam appellet fortique marito destinet uxorem: interdicto huic omne adimat ius praetor et ad sanos abeat tutela propinquos. quid, si quis gnatam pro muta devovet agna, integer est animi? ne dixeris. ergo ubi prava stultitia, hic summa est insania; qui sceleratus, et furiosus erit; quem cepit vitrea fama, hunc circumtonuit gaudens Bellona cruentis. nunc age luxuriam et Nomentanum arripe mecum. vincet enim stultos ratio insanire nepotes. hic simul accepit patrimoni mille talenta, edicit, piscator uti, pomarius, auceps, unguentarius ac Tusci turba inpia vici, cum scurris fartor, cum Velabro omne macellum mane domum veniant. quid tum? venere frequentes, verba facit leno: ‘quidquid mihi, quidquid et horum cuique domi est, id crede tuum et vel nunc pete vel cras.’ accipe quid contra haec iuvenis responderit aequus. ‘in nive Lucana dormis ocreatus, ut aprum cenem ego; tu piscis hiberno ex aequore verris. segnis ego, indignus qui tantum possideam; aufer, sume tibi deciens; tibi tantundem; tibi triplex, unde uxor media currit de nocte vocata.’ filius Aesopi detractam ex aure Metellae, scilicet ut deciens solidum absorberet, aceto diluit insignem bacam: qui sanior ac si illud idem in rapidum flumen iaceretve cloacam?
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der wahnsinnige Aias verbrochen, als er mit seinem Schwert das Vieh niedermetzelte? Er hielt seine Hand von Frau und Kind zurück; er hat zwar auf euch Atriden viel Böses herabgewünscht, aber den Teukros nicht verletzt und auch den Odysseus nicht. ‘Aber ich habe, um die am feindlichen Ufer festgebannten Schiffe loszubekommen, mit gutem Bedacht die Götter mit Blut versöhnt.’ Ja, mit deinem Blut, du Tollhäusler! ‘Jawohl, mit meinem, aber nicht als Tollhäusler.’ Wer Vorstellungen hat, die von der Wirklichkeit abweichen und noch obendrein durch verbrecherische Leidenschaft getrübt sind, der ist und bleibt verrückt, und es ist kein Unterschied, ob er aus Dummheit oder im Zorn einen Fehltritt begeht. Wenn Aias unschuldige Lämmer abschlachtet, ist er eben wahnsinnig. Aber wenn du ‘mit gutem Bedacht’ eitlen Ruhmes halber ein Verbrechen begehst, bist du dann noch recht im Kopf, und ist dein Herz frei von Schuld und Fehl, wenn es von Ruhmsucht schwillt? Wenn jemand seine Freude daran hätte, ein schnee-weißes Lämmchen in einer Sänfte tragen zu lassen, und ihm, wie wenn es seine Tochter wäre, Kleider, Zofen und Goldschmuck kaufte, es ‘Goldschatz’ oder ‘süße Kleine’ hieße und einem wackeren Manne zur Gemahlin bestimmte, so nähme ihm der Prätor durch gerichtliche Verfügung das ganze Recht über sein Eigentum, und die Aufsicht darüber ginge an seine gesunden Verwandten über. Und wenn nun einer seine Tochter opfert statt eines stummen Lammes, ist der noch recht im Kopf? Sage das ja nicht! Wo also verschrobene Dummheit herrscht, da herrscht auch der helle Wahnsinn; wer ein Verbrecher ist, der ist auch rasend; wen die gleißende Ruhmsucht einfing, den hat Bellona betäubt, die an blutigen Taten ihre Freude hat. So, nimm jetzt mit mir die Schwelgerei vor und den Nomentanus! Denn die Vernunft wird siegreich beweisen, dass die Verschwender wahnsinnig sind, weil sie eben Toren sind. Sowie dieser Nomentanus tausend Talente von seinem Vater geerbt hat, gibt er kund und zu wissen, dass die Fischer, die Obst-, Vogel- und Salbenhändler, die ganze Schwindlerbande aus der Tuskergasse, die Geflügelmäster samt den Possenreißern und alle Feinkost- und Fischhändler morgen früh zu ihm ins Haus kommen sollen. Was geschieht jetzt? Sie sind vollzählig erschienen. Das Wort führt der Kuppler: ‘Alles, was ich, und alles, was jeder von den Herrn in seinem Hause hat, das betrachte als dein Eigentum und fordere es jetzt gleich oder morgen!’ Vernimm nun, was der junge Mann in seiner Erkenntlichkeit darauf antwortet! ‘Du musst gestiefelt im Schnee Lukaniens schlafen, damit ich einen Eber verspeisen kann, und du zerrst für mich mit dem Schleppnetz die Fische aus der stürmischen See. Ich bin ein Faulpelz und gar nicht wert, dass ich so viel besitze. Fort damit! Nimm du eine Million Sesterzen, du dir ebenso viel, und du, dessen Frau, wenn ich sie rufen lasse, noch nach Mitternacht zu mir gelaufen kommt, nimm dir das Dreifache!’ Der Sohn des Aesopus nahm vom Ohr der Metella eine herrliche Perle und löste sie in Essig auf, natürlich um eine ganze Million auf einmal hinunterzuschlürfen. Wieso war das vernünftiger von ihm, als wenn er die gleiche Summe in einen reißenden Fluss oder einen Abwasserkanal geworfen hätte?
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Sermonum Liber Alter
Quinti progenies Arri, par nobile fratrum nequitia et nugis pravorum et amore gemellum luscinias soliti inpenso prandere coemptas, quorsum abeant? sani ut creta, an carbone notati? aedificare casas, plostello adiungere muris, ludere par inpar, equitare in harundine longa si quem delectet barbatum, amentia verset. si puerilius his ratio esse evincet amare nec quicquam differre, utrumne in pulvere, trimus quale prius, ludas opus, an meretricis amore sollicitus plores: quaero, faciasne quod olim mutatus Polemon? ponas insignia morbi, fasciolas, cubital, focalia, potus ut ille dicitur ex collo furtim carpsisse coronas, postquam est inpransi correptus voce magistri? porrigis irato puero cum poma, recusat; ‘sume, catelle’: negat; si non des, optet. amator exclusus qui distat, agit ubi secum, eat an non, quo rediturus erat non arcessitus, et haeret invisis foribus? ‘nec nunc, cum me vocet ultro, accedam? an potius mediter finire dolores? exclusit; revocat: redeam? non, si obsecret.’ ecce servus, non paulo sapientior: ‘o ere, quae res nec modum habet neque consilium, ratione modoque tractari non volt. in amore haec sunt mala, bellum, pax rursum: haec siquis tempestatis prope ritu mobilia et caeca fluitantia sorte laboret reddere certa sibi, nihilo plus explicet ac si insanire paret certa ratione modoque.’ quid? cum Picenis excerpens semina pomis gaudes, si cameram percusti forte, penes te es? quid? cum balba feris annoso verba palato, aedificante casas qui sanior? adde cruorem stultitiae atque ignem gladio scrutare. modo, inquam, Hellade percussa Marius cum praecipitat se, cerritus fuit? an commotae crimine mentis absolves hominem et sceleris damnabis eundem ex more inponens cognata vocabula rebus? libertinus erat, qui circum compita siccus lautis mane senex manibus currebat et ‘unum’ – ‘quid tam magnum?’ addens – ‘unum me surpite morti!
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Die Sprösslinge des Quintus Arrius, ein edles Brüderpaar, echte Zwillinge in ihrer Nichtsnutzigkeit, ihrem läppischen Wesen, ihrer Neigung zu verrückten Streichen, die gewöhnlich schon zum Frühstück Nachtigallen verspeisten, die sie für Unsummen zusammengekauft hatten – in welche Klasse sollen sie gehören? Sind sie als Vernünftige mit Kreide oder als Narren mit Kohle zu kennzeichnen? Häuschen bauen, Mäuse vor ein Wägelchen spannen, ‘grad und ungrad’ spielen, auf einem langen Rohr reiten – wenn so etwas einen bärtigen Mann freute, so plagte ihn Tollheit. Wenn nun die Vernunft schlagend beweist, dass Verliebtheit etwas noch Kindischeres ist als solche Spiele, und dass es gar nichts ausmacht, ob du wie früher als dreijähriges Kind im Sande ein Häuschen baust oder aus Liebe zu einer Dirne kummervoll heulst, so frage ich dich, ob du es nicht machen willst wie einst Polemon nach seiner Sinnesänderung, ob du also nicht den Narrenorden ablegen willst, das heißt die Wickelgamaschen, Armbinden und Halswärmer; wie man sich von jenem erzählt, er habe trotz seines Rausches verstohlen den Kranz vom Halse gerissen, als ihn der Vortrag des nüchternen Lehrers erschütterte. Gibt man einem zornigen Buben einen Apfel, so stößt er ihn zurück. ‘Nimm ihn doch, mein Kleiner!’ Er mag nicht. Gibst du ihm den Apfel nicht, dann will er ihn. Wodurch unterscheidet sich von so einem Buben der Liebhaber, vor dem man die Tür zugesperrt hat, wenn er mit sich verhandelt, ob er dahin gehen soll oder nicht, wohin er ungerufen gewiss wieder ginge, und der von der leidigen Türe nicht wegkommt? ‘Soll ich auch jetzt nicht gehen, wo sie mich selbst rufen lässt? Oder soll ich lieber darauf denken, meiner Qual ein Ende zu machen? Sie hat mich ausgesperrt. Jetzt lässt sie mich wieder rufen. Soll ich wieder hingehen? Nein, und wenn sie mich bei den Göttern beschwört.’ Schau, da sagt sein Sklave, der weit vernünftiger ist als er: ‘O Herr! Eine Sache, die weder Maß noch Vernunft kennt, lässt sich mit Vernunft und Maß nicht betreiben. In der Liebe ist das von Übel, dass in ihr bald Krieg, bald Frieden herrscht. Und wenn sich einer alle Mühe gäbe, diese Zustände, die fast wie das Wetter wechseln und nach dem Willen des Zufalls hin- und herwogen, für sich festzulegen, so würde er nicht mehr ausrichten, als wenn er sich anschickte, Methode in seinen Wahnsinn zu bringen.’ Und wenn du aus picenischen Äpfeln die Kerne nimmst und dich freust, wenn du mit ihnen zufällig die Zimmerdecke triffst, bist du dann noch bei Trost? Und wenn du alter Esel mit zärtlich lallender Zunge einem Mädchen lang und breit von deiner Liebe vorstammelst – inwiefern bist du dann vernünftiger als ein Kind, das Häuschen baut? Jetzt stochere nur noch mit dem Schwert im Feuer herum und lass zur Narrheit noch eine Bluttat kommen. Ich frage nochmals: Als jüngst Marius seine Geliebte Hellas erstach und sich dann hinunterstürzte, war er da hirnwütig, oder sprichst du den Mann vom Vorwurf der Verrücktheit frei und verurteilst ihn nur wegen eines Verbrechens, indem du, wie es Sitte ist, den Dingen verwandte Namen gibst? Es war einmal ein Freigelassener, der in seinem hohen Alter mit nüchternem Magen schon frühmorgens mit gewaschenen Händen auf den Kreuzwegen herumlief und betete: ‘Nur mich allein, nur mich entreißt dem
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Sermonum Liber Alter
dis etenim facile est’ orabat, sanus utrisque auribus atque oculis; mentem, nisi litigiosus, exciperet dominus, cum venderet. hoc quoque volgus Chrysippus ponit fecunda in gente Meneni. ‘Iuppiter, ingentis qui das adimisque dolores’, mater ait pueri mensis iam quinque cubantis ‘frigida si puerum quartana reliquerit, illo mane die, quo tu indicis ieiunia, nudus in Tiberi stabit’. casus medicusve levarit aegrum ex praecipiti: mater delira necabit in gelida fixum ripa febrimque reducet, quone malo mentem concussa? timore deorum.“ haec mihi Stertinius, sapientum octavus, amico arma dedit, posthac ne conpellarer inultus. dixerit insanum qui me, totidem audiet atque respicere ignoto discet pendentia tergo.’ ‘Stoice, post damnum sic vendas omnia pluris, qua me stultitia, quoniam non est genus unum, insanire putas? ego nam videor mihi sanus.’ ‘quid, caput abscissum manibus cum portat Agaue gnati infelicis, sibi tunc furiosa videtur?’ ‘stultum me fateor – liceat concedere veris – atque etiam insanum; tantum hoc edissere, quo me aegrotare putes animi vitio.’ ‘accipe: primum aedificas, hoc est longos imitaris, ab imo ad summum totus moduli bipedalis, et idem corpore maiorem rides Turbonis in armis spiritum et incessum: qui ridiculus minus illo? an, quodcumque facit Maecenas, te quoque verum est, tanto dissimilem et tanto certare minorem? absentis ranae pullis vituli pede pressis unus ubi effugit, matri denarrat, ut ingens belua cognatos eliserit: illa rogare, quantane? num tantum, sufflans se, magna fuisset? ‘maior dimidio.’ ‘num tanto?’ cum magis atque se magis inflaret, ‘non, si te ruperis’, inquit, ‘par eris’. haec a te non multum abludit imago. adde poemata nunc, hoc est, oleum adde camino, quae si quis sanus fecit, sanus facis et tu. non dico horrendam rabiem –’ ‘iam desine.’ ‘– cultum maiorem censu –’ ‘teneas, Damasippe, tuis te.’ ‘– mille puellarum, puerorum mille furores –’ ‘o maior tandem parcas, insane, minori.’
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Tode! Was soll denn das für ein großes Verlangen sein?’, fügte er bei. ‘Für Götter ist das ja eine Leichtigkeit.’ Dabei war er gesund an beiden Augen und Ohren. Nur den Verstand hätte sein Herr, wenn er ihn verkaufen wollte, ausnehmen müssen, falls er kein Freund von Prozessen war. Auch diese Zunft der Abergläubischen rechnet Chrysippos zur fruchtbaren Sippe des Menenius. – ‘Jupiter, der du schwere Leiden schickst und wieder abnimmst’, sagt die Mutter eines Knaben, der schon fünf Monate krank liegt, ‘wenn das kalte Wechselfieber den Jungen verlässt, soll er an dem Tage, an dem du zu fasten befiehlst, in aller Frühe dir zu Ehren nackt im Tiber stehen.’ Hat ihn nun ein glücklicher Zufall oder der Arzt von Todesgefahr befreit, so wird seine alberne Mutter ihn am Ufer ins kalte Wasser stellen, ihm das Fieber wieder an den Hals ziehen und ihn so umbringen. Und durch welche Krankheit ist ihr Gehirn erschüttert? Durch den Aberglauben.’ Das sind die Waffen, die Stertinius, der achte Weltweise, mir, seinem Freunde, in die Hand gegeben hat, damit ich mich künftig nicht ungerächt beschimpfen lassen muss. Heißt mich wer einen Narren, bekommt er das gleiche zu hören und lernt das Päckchen Fehler kennen, das ihm unbewusst auf dem Rücken hängt.“ „Herr Stoiker, ich wünsche dir, dass du nach deinem Bankrott all deine Waren noch teurer als früher an den Mann bringst, wenn du mir sagst, an welcher Torheit – weil es ja nicht bloß eine Art von ihr gibt – ich nach deiner Ansicht leide. Denn ich komme mir ganz gesund vor.“ „Was? Wenn Agaue den Kopf ihres unglückseligen Sohnes, den sie ihm selbst abgerissen hat, in ihren Händen trägt, kommt sie sich da verrückt vor?“ „Nun ja, ich bin ein Tor, ich gestehe es – man muss der Wahrheit die Ehre geben –, und obendrein ein Narr. Bezeichne mir nur noch genau die Geisteskrankheit, an der ich nach deiner Ansicht leide!“ „So vernimm! Erstens hast du die Bauwut, das heißt du machst es den Großen nach, obwohl du von der Fußsohle bis zum Scheitel nur ganze zwei Fuß misst und doch selbst über den Turbo lachst, wenn er im Harnisch stolzer und würdevoller einherschreitet, als es für sein Körpermaß passt. Wieso bist du weniger lächerlich als er? Oder ist es richtig, dass du alles, was Maecenas tut, auch tust, wo du ihm doch so wenig ähnlich und umso weniger berechtigt bist, mit ihm wettzueifern? Als einmal der alte Frosch fort war, zertrat ein Kalb mit seinem Huf die Jungen. Von diesen war eines entkommen und erzählte nun der Mutter haarklein, wie ein riesiges Untier seine Geschwister zerquetscht habe. Diese fragte: ‘Wie groß war es?’ Und indem es sich aufblähte, fragte sie weiter, ob es s o groß gewesen sei. ‘Noch um die Hälfte größer.’ ‘Vielleicht s o groß?’ Als sie sich immer mehr aufblies, sagte der junge Frosch: ‘Und wenn du dich zum Zerplatzen aufbläst, wirst du nicht so groß werden.’ Dieses Gleichnis scheint nicht schlecht auf dich zu passen. Jetzt nimm noch die Dichterei hinzu, das heißt gieße Öl ins Feuer! Denn wenn einer, der Verse macht, bei Verstand ist, dann bist auch du bei Verstand. Von deinem fürchterlichen, rasenden Zorn will ich gar nicht reden.“ „Aber jetzt hör auf!“ „Und von deiner Lebenshaltung, die über deine Mittel geht.“ „Kehre vor deiner Tür, Damasippus!“ „Und die Tausende und Abertausende von Liebschaften mit Mädchen und Knaben.“ „Du bist ein größerer Narr als ich; drum lass mich, den kleineren, endlich in Ruhe!“
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Sermonum Liber Alter
IV ‘Unde et quo Catius?’ ‘non est mihi tempus, aventi ponere signa novis praeceptis, qualia vincent Pythagoran Anytique reum doctumque Platona.’ ‘peccatum fateor, cum te sic tempore laevo interpellarim; sed des veniam bonus, oro. quodsi interciderit tibi nunc aliquid, repetes mox, sive est naturae hoc sive artis, mirus utroque.’ ‘quin id erat curae, quo pacto cuncta tenerem utpote res tenuis, tenui sermone peractas.’ ‘ede hominis nomen, simul et, Romanus an hospes.’ ‘ipsa memor praecepta canam, celabitur auctor. longa quibus facies ovis erit, illa memento, ut suci melioris et ut magis alba rotundis, ponere: namque marem cohibent callosa vitellum. cole suburbano qui siccis crevit in agris dulcior: inriguo nihil est elutius horto. si vespertinus subito te oppresserit hospes, ne gallina malum responset dura palato, doctus eris vivam musto mersare Falerno: hoc teneram faciet. pratensibus optima fungis natura est; aliis male creditur. ille salubris aestates peraget, qui nigris prandia moris finiet, ante gravem quae legerit arbore solem. Aufidius forti miscebat mella Falerno: mendose, quoniam vacuis conmittere venis nil nisi lene decet: leni praecordia mulso prolueris melius. si dura morabitur alvus, mitulus et viles pellent obstantia conchae et lapathi brevis herba, sed albo non sine Coo. lubrica nascentes inplent conchylia lunae; sed non omne mare est generosae fertile testae: murice Baiano melior Lucrina peloris, ostrea Circeis, Miseno oriuntur echini, pectinibus patulis iactat se molle Tarentum. nec sibi cenarum quivis temere arroget artem, non prius exacta tenui ratione saporum. nec satis est cara piscis averrere mensa ignarum, quibus est ius aptius et quibus assis languidus in cubitum iam se conviva reponet. Umber et iligna nutritus glande rotundas curvat aper lances carnem vitantis inertem; nam Laurens malus est, ulvis et harundine pinguis. vinea submittit capreas non semper edulis.
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Satire 2,4 „Der Catius! Woher, wohin?“ „Ich hab’ keine Zeit. Bin gerade damit beschäftigt, mir im Gedächtnis eine neue Lehre aufzuzeichnen, welche die des Pythagoras, des Sokrates und des weisen Platon in den Schatten stellen wird.“ „Ich gebe zu, es ist ein Verbrechen, dass ich dich zu so unpassender Zeit anrede und störe. Aber verzeih mir, bitte, gütigst! Wenn dir etwas entfallen ist, kannst du es bald wiederfinden, sei es mit dem natürlichen Gedächtnis oder dem künstlichen; du bist ja in beiden bewundernswert.“ „Das war es gerade, was mir Sorge machte, die Art und Weise, wie ich alles behalten könnte; denn das sind ganz feine Lehren, und sie sind in ganz feiner Sprache behandelt.“ „Sag mir doch den Namen des Lehrers und zugleich, ob er ein Römer ist oder ein Fremder!“ „Die Lehren selbst, die ich noch gut im Kopf habe, will ich dir verkünden, aber ihren Urheber verrate ich nicht. Denke immer daran, dass du deinen Gästen nur Eier von länglicher Form vorsetzen darfst, weil solche einen besseren Geschmack haben und ein reineres Weißes als die rundlichen, denn sie haben dickere Schalen und enthalten einen männlichen Dotter. – Kohl, der auf trockenen Böden gewachsen ist, schmeckt besser als der aus Vorstadtgärten; es gibt nichts Kraftloseres als Gartengemüse, das immer begossen wird. – Wenn dich noch am Abend unerwartet ein Gast überrascht, dann musst du wissen, dass man ein Huhn lebendig in Falernermost ersticken muss, damit das Fleisch nicht zäh wird und dem Gaumen widersteht; aber der Most wird es zart machen. – Wiesenschwämme sind die besten; den andern darf man nicht recht trauen. – Wer sein Frühstück mit schwarzen Maulbeeren beschließt, die er noch vor der stechenden Tageshitze vom Baum gepflückt hat, der wird auch im Sommer gesund bleiben. – Aufidius mischte Honig in starken Falerner – ganz falsch, weil man einem leeren Magen nur leichten Wein zumuten darf; es ist besser, wenn man die Brust mit leichtem Honigwein anfeuchtet. – Wenn man an Verstopfung leidet, dann treiben Miesmuscheln, gewöhnliche Austern und kurzblätteriger Sauerampfer die Verstopfung heraus, aber man muss weißen Koer dazu trinken. – Die schlüpfrigen Muscheltiere werden voller, wenn der Mond im Wachsen ist. Aber nicht jedes Meer bringt edle Schaltiere hervor. Die lukrinische Gienmuschel ist besser als die Stachelschnecke von Bajae; Austern gedeihen am besten bei Circeii, Seeigel bei Misenum; seiner breiten Kammmuscheln rühmt sich das üppige Tarent. – Aber es darf sich nicht so leicht der nächste Beste den Ruhm der Kochkunst anmaßen, wenn er nicht zuvor die feine Lehre vom Geschmack sich völlig angeeignet hat. Es genügt auch nicht, teure Fische vom Tisch des Händlers in den Marktkorb herunterzufegen, wenn man nicht weiß, für welche Sorten besser eine Brühe passt und welche man braten muss, wenn ein schon satter Gast sich nochmals auf den Ellenbogen stützen soll. – Ein umbrischer, mit Eicheln gemästeter Eber soll es sein, der die runde Platte krummbiegt, wenn man von fadem Fleisch nichts wissen will; denn ein Eber aus der Gegend von Laurentum schmeckt schlecht, weil er nur vom Sumpfgras und Schilf fett geworden ist. – Weinberge liefern nicht immer essbares Wildbret. –
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fecundae leporis sapiens sectabitur armos. piscibus atque avibus quae natura et foret aetas, ante meum nulli patuit quaesita palatum. sunt quorum ingenium nova tantum crustula promit. nequaquam satis in re una consumere curam, ut si quis solum hoc, mala ne sint vina, laboret, quali perfundat piscis securus olivo. Massica si caelo suppones vina sereno, nocturna si quid crassi est tenuabitur aura et decedet odor nervis inimicus; at illa integrum perdunt lino vitiata saporem. Surrentina vafer qui miscet faece Falerna vina, columbino limum bene colligit ovo, quatenus ima petit volvens aliena vitellus. tostis marcentem squillis recreabis et Afra potorem coclea; nam lactuca innatat acri post vinum stomacho; perna magis et magis hillis flagitat inmorsus refici, quin omnia malit quaecumque inmundis fervent allata popinis. est operae pretium duplicis pernoscere iuris naturam. simplex e dulci constat olivo, quod pingui miscere mero muriaque decebit non alia quam qua Byzantia putuit orca. hoc ubi confusum sectis inferbuit herbis Corycioque croco sparsum stetit, insuper addes pressa Venafranae quod baca remisit olivae. Picenis cedunt pomis Tiburtia suco: nam facie praestant. venucula convenit ollis; rectius Albanam fumo duraveris uvam. hanc ego cum malis, ego faecem primus et allec, primus et invenior piper album cum sale nigro incretum puris circumposuisse catillis. inmane est vitium dare milia terna macello angustoque vagos piscis urgere catino. magna movet stomacho fastidia, seu puer unctis tractavit calicem manibus, dum furta ligurrit, sive gravis veteri creterrae limus adhaesit. vilibus in scopis, in mappis, in scobe quantus consistit sumptus? neglectis flagitium ingens. ten lapides varios lutulenta radere palma et Tyrias dare circum inlota toralia vestis, oblitum, quanto curam sumptumque minorem haec habeant, tanto reprehendi iustius illis, quae nisi divitibus nequeunt contingere mensis?’
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Ein kluger Mann greift nach dem Bug einer Häsin, die schon einmal geworfen hat. – Die natürliche Beschaffenheit des Fisch- und Geflügelfleisches und die Zeit, wo es am besten schmeckt, ist vor mir von niemandem untersucht und also auch nicht erkannt worden. – Es gibt Leute, deren Erfindungsgabe nur neues Süßgebäck aufbringt. Es reicht aber durchaus nicht hin, seine Sorgfalt auf ein einziges Gebiet zu beschränken, z.B. wenn sich einer nur darum bemüht, dass die Weine nicht schlecht sind, ohne sich um das Öl zu kümmern, in dem er die Fische brät. – Wenn man Massiker bei heiterem Himmel ins Freie stellt, wird durch die Nachtluft alles Dicke verdünnt, und der den Sehnen schädliche Dunst verzieht sich; wenn man ihn aber durch ein leinenes Tuch seiht, wird er verdorben und verliert seinen vollen Geschmack. Wer Wein aus Sorrent klug mit Falernerhefe mischt, kann mit Taubeneiern das Trübe leicht binden, weil der Dotter sich auf den Boden senkt und die fremden Stoffe mit sich zieht. – Einen Zecher, der schon den Kopf hängen lässt, kann man mit gerösteten Krabben und afrikanischen Schnecken wieder auf den Damm bringen, aber nicht mit Salat, denn dieser schwimmt in einem vom Wein versäuerten Magen bloß oben herum; der Magen will viel lieber durch Schinken und Würstchen gereizt und wiederhergestellt werden, ja er möchte sogar alles, was siedendheiß aus einer Garküche geholt wird, lieber als Salat. – Es ist der Mühe wert, das Wesen der Doppeltunke gründlich kennenzulernen. Die einfache besteht aus süßem Olivenöl, das man mit einem vollen Wein vermischen muss und mit keiner anderen Fischlake als der, von welcher eine byzantinische Tonne ihren stinkenden Geruch bekommen hat. Das gießt man alles zusammen, gibt zerschnittene Kräuter dazu, lässt es aufwallen, streut korykischen Safran darüber und lässt es dann erkalten; außerdem gibt man Öl hinzu, das aus den Oliven Venafrums gepresst ist. – Äpfel aus Tibur haben keinen so guten Geschmack wie die aus Picenum, doch sehen sie schöner aus. – Die Venucula-Trauben eignen sich zum Einmachen, die Albanertrauben dörrt man besser im Rauch. Diese Trauben ließ ich als Erster mit Äpfeln zum Nachtisch reichen; ebenso Weinhefe mit Fischlakengewürz; man wird auch finden, dass ich zuerst auf den Gedanken kam, weißen Pfeffer mit schwarzem Salz vermischt in reinen Schüsselchen auf die Tische zu stellen. Es ist eine ungeheuerliche Verirrung, dreitausend Sesterzen auf dem Markt zu zahlen und dann die Fische, die früher so weit umhergestreift sind, in eine enge Schüssel zu zwängen. – Großen Ekel erregt es dem Magen, wenn ein Diener den Becher mit fettigen Händen anrührt, die er vom heimlichen Naschen bekommen hat, oder wenn sich an einem antiken Mischkrug widerlicher Schmutz angesetzt hat. Wie groß sind denn die Kosten für wohlfeile Besen, Handtücher und Sägemehl? Vernachlässigt man diese Dinge, so ist es eine ungeheure Schande. Wie? Du lässt den Mosaikboden mit schmutzigen Palmbesen aufkehren und tyrische Purpurdecken über ungewaschene Polsterüberzüge breiten und vergisst, dass das mit desto mehr Recht getadelt wird, je geringere Mühe und geringeren Aufwand es erfordert im Vergleich zu jenen Dingen, die nur auf die Tische der Reichen kommen?“
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Sermonum Liber Alter
‘docte Cati, per amicitiam divosque rogatus ducere me auditum, perges quocumque, memento. nam quamvis memori referas mihi pectore cuncta, non tamen interpres tantundem iuveris. adde voltum habitumque hominis, quem tu vidisse beatus non magni pendis, quia contigit; at mihi cura non mediocris inest, fontis ut adire remotos atque haurire queam vitae praecepta beatae.’
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V ‘Hoc quoque, Tiresia, praeter narrata petenti responde, quibus amissas reparare queam res artibus atque modis. quid rides?’ ‘iamne doloso non satis est Ithacam revehi patriosque penatis adspicere?’ ‘o nulli quicquam mentite, vides ut nudus inopsque domum redeam te vate, neque illic aut apotheca procis intacta est aut pecus: atqui et genus et virtus, nisi cum re, vilior alga est.’ ‘quando pauperiem missis ambagibus horres, accipe qua ratione queas ditescere. turdus sive aliud privum dabitur tibi, devolet illuc, res ubi magna nitet domino sene; dulcia poma et quoscumque feret cultus tibi fundus honores ante Larem gustet venerabilior Lare dives. qui quamvis periurus erit, sine gente, cruentus sanguine fraterno, fugitivus, ne tamen illi tu comes exterior, si postulet, ire recuses.’ ‘utne tegam spurco Damae latus? haud ita Troiae me gessi, certans semper melioribus.’ ‘ergo pauper eris.’ ‘fortem hoc animum tolerare iubebo; et quondam maiora tuli. tu protinus, unde divitias aerisque ruam, dic, augur, acervos.’ ‘dixi equidem et dico: captes astutus ubique testamenta senum neu, si vafer unus et alter insidiatorem praeroso fugerit hamo, aut spem deponas aut artem inlusus omittas. magna minorve foro si res certabitur olim, vivet uter locuples sine gnatis, inprobus, ultro qui meliorem audax vocet in ius, illius esto defensor; fama civem causaque priorem sperne, domi si gnatus erit fecundave coniux.
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„Gelehrter Catius! Ich bitte dich bei unserer Freundschaft und bei den Göttern, vergiss nicht – mag dein Weg dich führen, wohin er wolle –, mich zu deinem Lehrer zu führen, damit ich ihn selbst hören kann. Denn obwohl du mir alles aus getreuem Gedächtnis berichtet hast, kannst du mir als bloßer Berichterstatter doch nicht die gleichen Dienste leisten wie der Lehrer. Nimm noch dazu die Miene und die Haltung des Mannes, den geschaut zu haben du in deinem Glück nicht so hoch anschlägst, weil es dir schon beschieden war. Aber ich fühle ein ungewöhnliches Verlangen, ihn zu sehen, damit ich zu den fernen Quellen vordringen und aus ihnen die Lehren holen kann für ein glückliches Leben.“
Satire 2,5 „Du hast mir manches erzählt, Teiresias. Gib nun, bitte, noch Bescheid, durch welche Mittel und Wege ich mein verlorenes Vermögen wiedergewinnen kann! Was lachst du?“ – „Es genügt also dem Listenreichen schon nicht mehr, dass er nach Ithaka heimkehren und seine väterlichen Hausgötter wiedersehen darf?“ „Du, der noch nie einem Menschen etwas vorgelogen hat, du siehst doch, wie ich nach deiner Weissagung nackt und arm nach Hause komme, wo weder das Weinlager noch das Vieh von den Freiern verschont blieb. Nun aber ist Adel und Heldentum ohne Vermögen wertlos wie Seetang.“ „Weil du denn ohne Umschweife sagst, dass es dir vor der Armut graut, lass dir das Mittel sagen, durch das du zu Reichtum kommen kannst! Wenn du eine Drossel oder sonst einen besonders feinen Bissen geschenkt bekommst, lass sie schnell in ein Haus fliegen, in dem ein alter Mann wohnt mit einem großen, glänzenden Vermögen! Süßes Obst und alle guten Sachen, die dir dein wohlbestelltes Grundstück liefert, soll der Reiche noch vor deinen Hausgöttern kosten, denn er ist verehrungswürdiger als ein Hausgott. Und mag er ein Meineidiger sein, von niedriger Herkunft, mit Bruderblut befleckt, ein entlaufener Sklave, so darfst du dich doch nicht weigern, ihn auf sein Verlangen zu begleiten und dabei an seiner linken Seite zu gehen.“ „Ich soll dem schmutzigen Dama die Flanke decken? So habe ich es vor Troja nicht gehalten, wo ich immer mit den Besten um den Vorrang stritt.“ „Na schön, dann bleibst du arm.“ „Ich werde meiner Dulderseele befehlen, auch das noch zu ertragen; hab’ ich doch vordem noch Ärgeres erduldet. Also nun weiter, Prophet; sage mir, wo ich den Reichtum und die Geldhaufen herauswühlen kann!“ „Ich habe es dir schon gesagt und sage nochmals: Sei schlau und mache überall Jagd auf die Vermächtnisse alter Leute! Und wenn der eine oder andere so pfiffig war, den Köder vom Angelhaken wegzuknabbern und deinen Nachstellungen zu entgehen, gib trotz der Überlistung die Hoffnung und das Geschäft nicht auf! Wenn einst auf dem Forum eine größere oder geringere Streitsache verhandelt wird, so musst du den Verteidiger dessen machen, der in Wohlstand ohne Kinder lebt, wenn er auch ein Schurke ist und ohne jeden Anlass einen Menschen, der besser ist als er, frech vor Gericht zieht. Einen Bürger, dessen Leumund und Sache besser ist, musst du verachten, wenn er zu Hause Kinder hat oder eine Frau, die noch Kinder
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„Quinte“ puta aut „Publi“ – gaudent praenomine molles auriculae – „tibi me virtus tua fecit amicum. ius anceps novi, causas defendere possum; eripiet quivis oculos citius mihi quam te contemptum cassa nuce pauperet; haec mea cura est, ne quid tu perdas neu sis iocus.“ ire domum atque pelliculam curare iube; fi cognitor, ipse persta atque obdura: seu rubra Canicula findet infantis statuas, seu pingui tentus omaso Furius hibernas cana nive conspuet Alpis. „nonne vides“ aliquis cubito stantem prope tangens inquiet, „ut patiens, ut amicis aptus, ut acer?“ plures adnabunt thynni et cetaria crescent. si cui praeterea validus male filius in re praeclara sublatus aletur, ne manifestum caelibis obsequium nudet te, leniter in spem adrepe officiosus, ut et scribare secundus heres et, si quis casus puerum egerit Orco, in vacuum venias: perraro haec alea fallit. qui testamentum tradet tibi cumque legendum, abnuere et tabulas a te removere memento, sic tamen, ut limis rapias, quid prima secundo cera velit versu; solus multisne coheres, veloci percurre oculo. plerumque recoctus scriba ex quinqueviro corvum deludet hiantem captatorque dabit risus Nasica Corano.’ ‘num furis? an prudens ludis me obscura canendo?’ ‘o Laertiade, quidquid dicam, aut erit aut non: divinare etenim magnus mihi donat Apollo.’ ‘quid tamen ista velit sibi fabula, si licet, ede.’ ‘tempore quo iuvenis Parthis horrendus, ab alto demissum genus Aenea, tellure marique magnus erit, forti nubet procera Corano filia Nasicae, metuentis reddere soldum. tum gener hoc faciet: tabulas socero dabit atque ut legat orabit; multum Nasica negatas accipiet tandem et tacitus leget invenietque nil sibi legatum praeter plorare suisque. illud ad haec iubeo: mulier si forte dolosa libertusve senem delirum temperet, illis accedas socius: laudes, lauderis ut absens. adiuvat hoc quoque, sed vincit longe prius ipsum expugnare caput. scribet mala carmina vecors:
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Satire 2,5
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bekommen kann. Sage etwa: ‘Quintus!’ oder ‘Publius!’ – empfängliche Ohren hören den Vornamen gern – ‘deine Tugend hat mich zu deinem Freunde gemacht. Ich kenne das zweideutige Recht und verstehe mich auf die Verteidigung bei Prozessen. Eher soll mir einer die Augen auskratzen als dich verachten und nur um eine taube Nuss ärmer machen. Lass es nur meine Sorge sein, dass du nichts einbüßt und nicht zum Gespött wirst!’ Sage zu ihm, er solle nur heimgehen und sich auf die faule Haut legen. Lass dir von ihm Vollmacht geben, stehe bis zur Entscheidung vor Gericht und harre aus, ob nun der rotglühende Hundsstern stumme Statuen zerspringen lässt oder Furius, dem der Bauch von fetten Kaldaunen angeschwollen ist, ‘die winterlichen Alpen mit grauem Schnee bespeit’. Da wird mancher seinen Nebenmann mit dem Ellbogen anstoßen und sagen: ‘Siehst du nicht, was das für ein ausdauernder Mann ist, wie er seinen Freunden nützt und welche Tatkraft er entwickelt?’ Es werden dann noch mehr Thunfische zu dir heranschwimmen und deine Fischbehälter größer werden. Wenn ferner ein Mann in glänzenden Verhältnissen einen kränklichen Sohn aufzieht, dann musst du, damit dich nicht allzu offene Dienstbeflissenheit, wie sie Kinderlosen gegenüber am Platze ist, bloßstellt, dich sachte mit Gefälligkeiten heranschlängeln, damit du hoffen kannst und als zweiter Erbe im Testament stehst, oder, wenn ein Unglück den Jungen unter die Erde bringt, an den leergewordenen Platz kommst. Dieses Glückspiel schlägt ganz selten fehl. – Wenn dir einer, es sei wer mag, sein Testament zu lesen geben will, denke ja daran, das abzulehnen und die Schreibtafeln von dir zu weisen, doch so, dass du mit einem raschen Seitenblick erfassen kannst, was die erste Seite in der zweiten Zeile bestimmt. Überfliege schnell mit dem Auge, ob du allein Erbe bist oder neben vielen andern! Oft genug foppt ein neugebackener Sekretär, der früher Schutzmann war, den gierigen Raben, und so gibt der Erbschleicher Nasica dem Coranus Stoff zum Lachen.“ „Bist du verrückt oder willst du mich absichtlich verhöhnen mit deinen rätselhaften Sprüchen?“ „O Sohn des Laertes! Alles, was ich verkünde, trifft ein oder nicht ein. Denn der große Apollo ist es, der mir die Gabe der Weissagung verleiht.“ „So sage doch, wenn du darfst, was diese Geschichte bedeuten soll!“ „Zu der Zeit, da der Jüngling, der sein Geschlecht vom erlauchten Aeneas herleitet und der Schrecken der Parther ist, zu Wasser und zu Lande Sieger sein wird, da wird sich die schlanke Tochter des Nasica, der das Darlehen nicht heimzahlen will, dem wackeren Coranus vemählen. Dann wird der Eidam es so machen: er wird sein Testament dem Schwäher hinreichen und ihn bitten, es zu lesen. Nasica wird es lange ablehnen, dann endlich annehmen und stillschweigend lesen – und er wird finden, dass ihm und seinen Angehörigen nichts vermacht ist als das Heulen. – Außerdem gebe ich dir noch folgende Anleitung: Wenn zufällig ein listiges Weibsbild oder ein listiger Freigelassener einen kindischen Alten beherrschen, dann schließe dich ihnen als Teilhaber an und lobe sie, damit auch du in deiner Abwesenheit von ihnen gelobt wirst! Dieses Mittel hilft schon etwas; aber am ehesten führt es zum Siege, wenn man die Hauptperson selbst erobert. Schreibt der verrückte Trottel Gedichte,
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laudato. scortator erit: cave te roget; ultro Penelopam facilis potiori trade.’ ‘putasne, perduci poterit tam frugi tamque pudica, quam nequiere proci recto depellere cursu?’ ‘venit enim magnum donandi parca iuventus nec tantum veneris quantum studiosa culinae. sic tibi Penelope frugi est; quae si semel uno de sene gustarit tecum partita lucellum, ut canis a corio numquam absterrebitur uncto. me sene quod dicam factum est. anus inproba Thebis ex testamento sic est elata: cadaver unctum oleo largo nudis umeris tulit heres, scilicet elabi si posset mortua; credo, quod nimium institerat viventi. cautus adito neu desis operae neve immoderatus abundes. difficilem et morosum offendet garrulus: ultra ‘non’ ‘etiam’ sileas; Davus sis comicus atque stes capite obstipo, multum similis metuenti. obsequio grassare; mone, si increbruit aura, cautus uti velet carum caput; extrahe turba oppositis umeris; aurem substringe loquaci. inportunus amat laudari: donec ‘ohe iam’ ad caelum manibus sublatis dixerit, urge: crescentem tumidis infla sermonibus utrem. cum te servitio longo curaque levarit, et certum vigilans „quartae sit partis Ulixes“ audieris „heres“: „ergo nunc Dama sodalis nusquam est? unde mihi tam fortem tamque fidelem?“ sparge subinde et, si paulum potes inlacrimare, est gaudia prodentem voltum celare. sepulcrum permissum arbitrio sine sordibus exstrue: funus egregie factum laudet vicinia. si quis forte coheredum senior male tussiet, huic tu dic, ex parte tua seu fundi sive domus sit emptor, gaudentem nummo te addicere. sed me imperiosa trahit Proserpina: vive valeque.’
VI Hoc erat in votis: modus agri non ita magnus, hortus ubi et tecto vicinus iugis aquae fons et paulum silvae super his foret. auctius atque di melius fecere. bene est. nil amplius oro,
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Satire 2,6
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so lobe sie! Ist er ein Dirnenjäger, so lass dich nicht erst lange bitten! Sei zuvorkommend und liefere ihm ungebeten als einem Manne, der den Vorzug verdient, deine Penelope aus!“ „Meinst du, dass eine so brave, keusche Frau sich verkuppeln lässt, sie, die nicht einmal die Freier vom rechten Weg abzubringen vermochten?“ „Es kamen ja nur junge Leute zu ihr, die mit großen Geschenken sparsam waren und es nicht so sehr auf Liebe als auf gute Küche abgesehen hatten. Unter solchen Umständen kann dir deine Penelope leicht treu sein. Wenn sie aber einmal von einem hübschen Profitchen bei einem einzigen Alten gekostet und es mit dir geteilt hat, dann lässt sie sich nie mehr davon abbringen, so wenig wie ein Jagdhund vom eingefetteten Hirschleder. Was ich dir jetzt erzähle, hat sich ereignet, als ich schon ein alter Mann war. Ein boshaftes altes Weib wurde in Theben laut ihrem letzten Willen so bestattet: Ihr Erbe musste ihren Leichnam, der reichlich mit Öl eingesalbt war, auf seinen nackten Schultern tragen; sie wollte jedenfalls versuchen, ob sie ihm nicht wenigstens nach ihrem Tod entschlüpfen könnte, vermutlich weil er sich ihr im Leben allzu sehr aufgedrängt hatte. Nahe dich also mit Vorsicht; lass es an Gefälligkeiten nicht fehlen, übertreibe sie aber auch nicht ins Maßlose! Einen griesgrämigen, mürrischen Alten stößt ein Geschwätziger ab; sprich also nicht mehr als Ja und Nein! Spiele den Sklaven Davus in der Komödie und stehe mit geducktem Kopfe da wie einer, der sich arg fürchtet. Aber in der Dienstbeflissenheit musst du fest ins Zeug gehen. Wenn die Luft stärker geht, mahne ihn, er solle vorsichtig sein und sein teures Haupt einhüllen! Ziehe ihn mit vorgestemmten Schultern aus dem Gedränge! Höre ihm mit gespitzten Ohren zu, wenn er ein Schwätzer ist! Hat er es gern, wenn man ihn recht unverschämt lobt, überschütte ihn mit Lob und blase den Schlauch mit geschwollenen Redensarten so auf, dass er sich bläht, bis er die Hände zum Himmel streckt und ruft: „Halt jetzt!“ Wenn er dich von langem, kummervollem Knechtsdienst durch seinen Tod erlöst hat und du sicher bist, dass du nicht träumst, wenn du hörst: ‘Odysseus soll den vierten Teil meines Vermögens erben’, dann wirf immer wieder mit Klagen um dich: „So ist also mein Dama nicht mehr! Woher jetzt einen so biederen, treuen Kameraden nehmen?’ Und wenn du noch ein bisschen dazu weinen kannst, lässt sich die Miene verbergen, die deine Freude verraten möchte! Ist das Grabmal deinem Ermessen anheimgestellt, so lass es ohne schmutzigen Geiz errichten! Es muss eine so glänzende ‘Leiche’ geben, dass die ganze Nachbarschaft voll des Lobes ist. Und wenn vielleicht einer deiner Miterben schon älter ist und einen bösen Husten hat, so sage ihm, falls er von deinem Anteil ein Grundstück oder ein Haus kaufen möchte, du wollest es ihm mit Vergnügen um einen Sesterz zusprechen. – Doch Proserpina zieht mich gebieterisch hinab. Leb wohl und bleibe gesund!“
Satire 2,6 Ja, das gehörte schon immer zu meinen sehnlichsten Wünschen: ein nicht eben großes Stück Land, auf dem ein Küchengarten und nahe beim Haus ein nie versiegender Wasserquell und darüber ein bisschen Wald wäre. Die Götter haben diesen Wunsch in reicherem Maße und schöner erfüllt, als ich je erhoffen durfte. Es ist gut so. Ich
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Maia nate, nisi ut propria haec mihi munera faxis. si neque maiorem feci ratione mala rem nec sum facturus vitio culpave minorem, si veneror stultus nihil horum ‘o si angulus ille proximus accedat, qui nunc denormat agellum!’ ‘o si urnam argenti fors quae mihi monstret, ut illi, thesauro invento qui mercennarius agrum illum ipsum mercatus aravit, dives amico Hercule!’, si quod adest gratum iuvat, hac prece te oro: pingue pecus domino facias et cetera praeter ingenium, utque soles, custos mihi maximus adsis. ergo ubi me in montes et in arcem ex urbe removi, quid prius inlustrem saturis musaque pedestri? nec mala me ambitio perdit nec plumbeus auster autumnusque gravis, Libitinae quaestus acerbae. Matutine pater, seu Iane libentius audis, unde homines operum primos vitaeque labores instituunt – sic dis placitum –, tu carminis esto principium. Romae sponsorem me rapis: ‘eia, ne prior officio quisquam respondeat, urge.’ sive aquilo radit terras seu bruma nivalem interiore diem gyro trahit, ire necesse est. postmodo quod mi obsit clare certumque locuto luctandum in turba et facienda iniuria tardis. ‘quid tibi vis, insane?’ et ‘quam rem agis?’ inprobus urget iratis precibus, ‘tu pulses omne quod obstat, ad Maecenatem memori si mente recurras.’ hoc iuvat et melli est, non mentiar. at simul atras ventum est Esquilias, aliena negotia centum per caput et circa saliunt latus. ‘ante secundam Roscius orabat sibi adesses ad Puteal cras.’ ‘de re communi scribae magna atque nova te orabant hodie meminisses, Quinte, reverti.’ ‘inprimat his cura Maecenas signa tabellis.’ dixeris: ‘experiar’: ‘si vis, potes’, addit et instat. septimus octavo propior iam fugerit annus, ex quo Maecenas me coepit habere suorum in numero, dumtaxat ad hoc, quem tollere raeda vellet iter faciens et cui concredere nugas hoc genus: ‘hora quota est?’ ‘Thraex est Gallina Syro par?’ ‘matutina parum cautos iam frigora mordent’, et quae rimosa bene deponuntur in aure.
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Satire 2,6
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wünsche nichts weiter, Sohn der Maia, als dass du dieses Geschenk zu meinem dauernden Eigentum machst. Wenn ich meinen Besitz nicht durch unehrliche Mittel vergrößert habe und entschlossen bin, ihn nicht durch Verschwendung oder Vernachlässigung zu verkleinern, wenn ich nicht so töricht bin, eine Bitte an dich zu richten wie diese: „O wenn doch der nächste Winkel dort noch dazu käme, der jetzt mein schönes Gütchen verschandelt!“ „O wenn mir doch ein glücklicher Zufall einen Topf voll Geld zeigte wie jenem Tagelöhner, der in einem Acker einen Schatz fand, dann aber jenen Acker kaufte und weiterhin mit dem Pflug bearbeitete, obgleich er durch die Huld des Herkules ein reicher Mann geworden war.“ Wenn ich mich an meinem gegenwärtigen Besitz dankbar freue, dann darf ich die Bitte an dich richten: „Lass dem Besitzer sein Vieh und alles andere fett werden – außer seinem Hirn – und stehe mir auch in Zukunft als mächtigster Schutzpatron bei, wie du es gewohnt bist!“ Nachdem ich mich also aus der Großstadt in die Berge und in meine Burg zurückzog, was soll ich da in meinen Prosagedichten, den Satiren, eher verherrlichen? Da bringt mich kein übles Strebertum ums Leben, kein bleierner Schirokko oder drückender Spätsommer, die beste Erntezeit der unbarmherzigen Libitina. Vater Morgenfrühe oder Vater Janus, wenn du lieber so genannt werden willst, du, mit dem die Menschen ihre mühselige Tages- und Lebensarbeit beginnen – so haben es die Götter angeordnet –, du sollst der Anfang meines Liedes sein. In Rom treibst du mich aus dem Bett zu einer Bürgschaft vor Gericht. „Auf, spute dich, damit niemand vor dir diese Freundschaftspflicht übernimmt!“ Ob nun der Nord über die Erde hinfegt oder der Winter den Tag bei Schneegestöber in der tiefsten Sonnenbahn daherschleppt – ich muss fort. Habe ich dann klar und bestimmt etwas gesprochen, was mir später Schaden bringen kann, so muss ich mich durch die Volksmenge hindurchkämpfen und denen, die nicht schnell genug Platz machen, einen Rippenstoß versetzen. „Narr, was fällt dir denn ein?“ und „Was erlaubst du dir?“ schilt so ein Grobian dann noch unter zornigen Flüchen, „du glaubst wohl alles anrempeln zu dürfen, was dir im Wege steht, wenn du nur wieder zu Maecenas hinrennen kannst, an den du den ganzen Tag denkst!“ Freilich ist mir das eine Wonne und süß wie Honig; das will ich nicht leugnen. Aber sowie man zu den düsteren Esquilien kommt, schwirren einem schon hundert fremde Anliegen um Kopf und Ohren. „Roscius lässt bitten, du möchtest morgen vor der zweiten Tagesstunde seinen Beistand beim Blitzmal machen.“ „Lieber Quintus, die Sekretäre lassen dich bitten, du möchtest ja nicht vergessen, heute nochmal zu einer wichtigen Vereinssitzung mit überraschender Tagesordnung zu erscheinen.“ „Sorge dafür, dass Maecenas sein Siegel auf diese Bittschriften drückt!“ Sagt man: „Ich will es versuchen“, so fügt der Bittsteller hinzu: „Wenn du willst, kannst du schon“, und besteht auf seiner Bitte. Das siebente Jahr rückt dem achten schon näher und wird bald vorüber sein, seitdem mich Maecenas zum Kreis der Seinen zu zählen begann, nur zu dem Zweck, dass er jemanden hat, den er bei einem Ausflug zu sich in den Wagen nehmen und mit ihm vertraulich über Lappalien sprechen kann, wie etwa: „Wie viel Uhr ist es?“ „Ist der Gladiator Gallina dem Syrus gewachsen?“ „Die Morgenfröste können jetzt unvorsichtigen Leuten schon recht zusetzen“ und sonstige Geheimnisse, die sich einem, der kaum etwas für sich behalten kann, ohne Schaden anvertrauen lassen.
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per totum hoc tempus subiectior in diem et horam invidiae noster. ludos spectaverat, una luserat in campo: ‘fortunae filius’ omnes. frigidus a rostris manat per compita rumor: quicumque obvius est, me consulit: ‘o bone – nam te scire, deos quoniam propius contingis, oportet –, numquid de Dacis audisti?’ ‘nil equidem.’ ‘ut tu semper eris derisor.’ ‘at omnes di exagitent me, si quicquam.’ ‘quid? militibus promissa Triquetra praedia Caesar an est Itala tellure daturus?’ iurantem me scire nihil mirantur ut unum scilicet egregii mortalem altique silenti. perditur haec inter misero lux non sine votis: o rus, quando ego te adspiciam quandoque licebit nunc veterum libris, nunc somno et inertibus horis ducere sollicitae iucunda oblivia vitae? o quando faba Pythagorae cognata simulque uncta satis pingui ponentur holuscula lardo? o noctes cenaeque deum, quibus ipse meique ante Larem proprium vescor vernasque procacis pasco libatis dapibus. prout cuique libido est, siccat inaequalis calices conviva solutus legibus insanis, seu quis capit acria fortis pocula seu modicis uvescit laetius. ergo sermo oritur, non de villis domibusve alienis, nec male necne Lepos saltet; sed, quod magis ad nos pertinet et nescire malum est, agitamus, utrumne divitiis homines an sint virtute beati, quidve ad amicitias, usus rectumne, trahat nos et quae sit natura boni summumque quid eius. Cervius haec inter vicinus garrit anilis ex re fabellas. si quis nam laudat Arelli sollicitas ignarus opes, sic incipit: ‘olim rusticus urbanum murem mus paupere fertur accepisse cavo, veterem vetus hospes amicum, asper et attentus quaesitis, ut tamen artum solveret hospitiis animum. quid multa? neque ille sepositi ciceris nec longae invidit avenae, aridum et ore ferens acinum semesaque lardi frusta dedit, cupiens varia fastidia cena vincere tangentis male singula dente superbo, cum pater ipse domus palea porrectus in horna esset ador loliumque, dapis meliora relinquens. tandem urbanus ad hunc „quid te iuvat“ inquit, „amice, praerupti nemoris patientem vivere dorso?
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Satire 2,6 Die ganze Zeit hindurch ist unsereins täglich und stündlich mehr dem Neid ausgesetzt. Hat man mit Maecenas den Festspielen zugesehen oder mit ihm auf dem Marsfeld Ball gespielt, gleich schreit alles: „Dieser Glückspilz!“ Verbreitet sich von der Rednerbühne her eine Schauermär durch Straßen und Gassen, so fragt mich jeder, der mich trifft: „Hast du etwas über die Daker gehört, mein Lieber? Du musst es ja wissen, weil du mit den Allmächtigen in näherer Fühlung stehst.“ „Kein Wort.“ „Dass du doch immer ein Spaßvogel bleiben musst.“ „Mich sollen alle Götter zu Tode hetzen, wenn ich nur ein Sterbenswörtchen gehört habe!“ „Was ist’s? Will Caesar den Soldaten die versprochenen Grundstücke auf sizilischem oder italischem Boden anweisen?“ Wenn ich dann schwöre, ich wisse gar nichts, so bewundert mich natürlich jeder als einen Menschen, der einzig dasteht mit seiner ausnehmend tiefen Verschwiegenheit. Mit solch ödem Zeug wird von mir armem Kerl der ganze Tag unnütz vertan, nicht ohne Stoßseufzer: O liebes Dörfchen! Wann sehe ich dich wieder und wann darf ich jetzt aus den Büchern der Alten, dann wieder aus Schlaf und Mußestunden süßes Vergessen des sorgenvollen Lebens schlürfen? O wann werden die Bohnen, die Basen des Pythagoras, und dazu Kohl vorgesetzt, der durch fettes Rauchfleisch schon genügend geschmälzt ist? Ihr Nächte mit euern Göttermahlzeiten, bei denen ich als Hausherr mit meinen Leuten am eigenen Herd esse und nach dem Speiseopfer die kecken Haussklaven füttere! Jeder Gast leert nach Belieben seinen Becher, dessen Maß er selbst bestimmt, frei von blödem Komment, mag nun einer als tapferer Zecher eine stärkere Mischung vertragen oder schon durch eine leichtere in feuchtfröhliche Laune geraten. Dann hebt auch unsere Unterhaltung an, nicht über fremde Land- und Stadthäuser, auch nicht über die Frage, ob Lepos schlecht tanzt oder nicht, sondern wir verhandeln über Dinge, die uns näher angehen und deren Unkenntnis schädlich ist: Ob der Mensch durch Reichtum oder durch Tugend glücklich wird, ob uns der Vorteil zur Freundschaft drängt oder die Tugend und worin das Wesen des Guten besteht und seine Vollendung. Zwischen solchen Erörterungen erzählt der plauderhafte Nachbar Cervius je nach Anlass seine Altweibergeschichten. Wenn beispielsweise einer in seiner Unerfahrenheit den Reichtum des Arellius lobt, der diesem doch nur Sorgen macht, dann fängt er so an: „Es war einmal eine Feldmaus, die, wie es heißt, eine Stadtmaus, eine alte Freundin, in ihrem ärmlichen Loche gastfreundlich bewirtete, sonst streng gegen sich selbst und sparsam mit ihren zusammengesuchten Vorräten, aber doch fähig, wenn es Bewirtungen galt, ihren engen Sinn zu lockern. Kurz, sie geizte nicht mit ihren Ersparnissen an Erbsen und langen Haferkörnern, trug auch in der Schnauze trockene Weinbeeren herbei und setzte halbverzehrte Speckbrocken vor, in heißem Bemühen, durch eine abwechslungsreiche Mahlzeit den verwöhnten Gaumen ihres Gastes zu besiegen, der mit heiklem Zahne die Herrlichkeiten alle nacheinander kaum berührte, während die Hausfrau selbst, auf heurige Spreu hingelagert, nur Dinkel und Lolch verzehrte und die besseren Bissen der Mahlzeit ihrem Gaste überließ. Endlich sagte die Städterin zu ihr: ‘Meine Liebe, wie kann es dir nur Vergnügen machen, so schafsgeduldig auf dem Rücken eines abschüssigen Bergwaldes zu leben?
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vis tu homines urbemque feris praeponere silvis? carpe viam, mihi crede, comes, terrestria quando mortalis animas vivunt sortita neque ulla est aut magno aut parvo leti fuga: quo, bone, circa, dum licet, in rebus iucundis vive beatus, vive memor, quam sis aevi brevis.“ haec ubi dicta agrestem pepulere, domo levis exsilit; inde ambo propositum peragunt iter, urbis aventes moenia nocturni subrepere. iamque tenebat nox medium caeli spatium, cum ponit uterque in locuplete domo vestigia, rubro ubi cocco tincta super lectos canderet vestis eburnos multaque de magna superessent fercula cena, quae procul exstructis inerant hesterna canistris. ergo ubi purpurea porrectum in veste locavit agrestem, veluti succinctus cursitat hospes continuatque dapes nec non verniliter ipsis fungitur officiis, praelambens omne quod adfert. ille cubans gaudet mutata sorte bonisque rebus agit laetum convivam, cum subito ingens valvarum strepitus lectis excussit utrumque. currere per totum pavidi conclave magisque exanimes trepidare, simul domus alta Molossis personuit canibus. tum rusticus: „haud mihi vita est opus hac“ ait et „valeas: me silva cavusque tutus ab insidiis tenui solabitur ervo.“ ’
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VII ‘Iamdudum ausculto et cupiens tibi dicere servus pauca reformido.’ ‘Davusne?’ ‘ita, Davus, amicum mancipium domino et frugi quod sit satis, hoc est, ut vitale putes.’ ‘age, libertate Decembri, quando ita maiores voluerunt, utere: narra.’ ‘pars hominum vitiis gaudet constanter et urget propositum; pars multa natat, modo recta capessens, interdum pravis obnoxia. saepe notatus cum tribus anellis, modo laeva Priscus inani vixit inaequalis, clavum ut mutaret in horas, aedibus ex magnis subito se conderet unde mundior exiret vix libertinus honeste;
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Willst du nicht die Menschen und die Großstadt deiner Waldwildnis vorziehen? Mach dich rasch auf den Weg, trau mir nur und begleite mich, weil die irdischen Wesen ja doch einmal mit einer sterblichen Seele, die sie durch Los erhielten, leben müssen und es für groß wie klein keine Möglichkeit gibt, dem Tode zu entrinnen! Drum, meine Gute, lebe in Freuden und Wonne, weil noch das Lämpchen glüht, genieße das Leben und denke immer daran, wie kurz dein Dasein währt!’ Sowie diese Worte auf das Landkind tiefen Eindruck gemacht hatten, sprang es mit einem Satz aus seinem Loche. Dann vollenden sie die beschlossene Reise und beeilen sich, noch in der Nacht vor die Stadtmauer zu kommen. Und schon hatte die Nacht ihre Mitte erreicht, als beide den Fuß in ein wohlhabendes Haus setzten, wo über elfenbeinernen Speisesofas scharlachfarbene Decken schimmerten und von einer reichen Mahlzeit noch viele Gerichte übrig waren, die von gestern her in Körben aufgehäuft abseits standen. Sowie sie also die Landmaus auf einer Purpurdecke sich hat hinstrecken und Platz nehmen lassen, läuft die Gastgeberin wie ein aufgeschürzter Diener hin und her, trägt ein Gericht nach dem andern auf und versieht so geradezu den Dienst eines Haussklaven, indem sie alles, was sie aufträgt, zuerst vorkostet. Jene freut sich auf ihrem Lager der Veränderung ihrer Lebensweise und spielt bei den guten Sachen den vergnügten Gast, als plötzlich ein entsetzliches Krachen der Flügeltür beide von ihrem Lager aufschreckt. Sie laufen voll Angst im ganzen Zimmer umher und fürchten sich erst recht zu Tode, als das ganze hohe Haus vom Bellen der Molosserhunde widerhallt. Da sagte die Landmaus: ‘Ein solches Leben ist nichts für mich. Leb wohl! Mein Wald und mein Loch sind vor Gefahr sicher und entschädigen mich so für meine ärmlichen Wicken.’“
Satire 2,7 „Schon lange horch’ ich und möchte dir gern ein paar Worte sagen, aber als Sklave hab’ ich halt Angst.“ „Der Davus?“ „Ja, der Davus, ein seinem Herrn treu ergebener Knecht und ein ganz braver Bursche, das heißt so weit brav, dass du ihm ein längeres Leben zuschreiben darfst.“ „Gut also, benütze nur die Redefreiheit, die der Dezember schenkt, nachdem es die Altvorderen so gewollt haben! Sag dein Sprüchlein!“ „Ein Teil der Menschen lebt in seinen Fehlern ganz vergnügt dahin und verfolgt beharrlich sein Ziel; ein großer Teil aber schwankt hin und her, indem er bald das Rechte ergreift, bald wieder dem Bösen unterliegt. Priscus, der oft unangenehm auffiel mit drei Ringen an der Linken, dann aber wieder keinen einzigen trug, führte ein so ungleichmäßiges Leben, dass er alle Stunden den Purpurstreifen an der Tunika abändern ließ und sich aus seinem Palaste plötzlich in eine Hütte verkroch, aus der kaum ein besserer Freigelassener mit Ehren hätte herausgehen können,
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iam moechus Romae, iam mallet doctus Athenis vivere, Vortumnis quotquot sunt natus iniquis. scurra Volanerius, postquam illi iusta cheragra contudit articulos, qui pro se tolleret atque mitteret in phimum talos, mercede diurna conductum pavit: quanto constantior isdem in vitiis, tanto levius miser ac prior illo, qui iam contento, iam laxo fune laborat.’ ‘non dices hodie, quorsum haec tam putida tendant, furcifer?’ ‘ad te, inquam.’ ‘quo pacto, pessime?’ ‘laudas fortunam et mores antiquae plebis, et idem, si quis ad illa deus subito te agat, usque recuses, aut quia non sentis, quod clamas, rectius esse, aut quia non firmus rectum defendis et haeres nequiquam caeno cupiens evellere plantam. Romae rus optas; absentem rusticus urbem tollis ad astra levis. si nusquam es forte vocatus ad cenam, laudas securum holus ac, velut usquam vinctus eas, ita te felicem dicis amasque, quod nusquam tibi sit potandum. iusserit ad se Maecenas serum sub lumina prima venire convivam: „nemon oleum fert ocius? ecquis audit?“ cum magno blateras clamore fugisque. Mulvius et scurrae, tibi non referenda precati, discedunt. „etenim fateor me“ dixerit ille „duci ventre levem, nasum nidore supinor, inbecillus, iners, si quid vis, adde, popino. tu cum sis quod ego et fortassis nequior, ultro insectere velut melior verbisque decoris obvolvas vitium?“ quid, si me stultior ipso quingentis empto drachmis deprenderis? aufer me voltu terrere; manum stomachumque teneto, dum quae Crispini docuit me ianitor edo. te coniunx aliena capit, meretricula Davum: peccat uter nostrum cruce dignius? acris ubi me natura intendit, sub clara nuda lucerna quaecumque excepit turgentis verbera caudae clunibus aut agitavit equum lasciva supinum, dimittit neque famosum neque sollicitum, ne ditior aut formae melioris meiat eodem. tu cum proiectis insignibus, anulo equestri Romanoque habitu, prodis ex iudice Dama, turpis odoratum caput obscurante lacerna, non es quod simulas? metuens induceris atque altercante libidinibus tremis ossa pavore.
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bald als Ehebrecher in Rom, bald als Philosoph in Athen leben wollte, ein Mensch, der im Zorn aller Wettergötter geboren war, die es gibt. Der Possenreißer Volanerius dagegen, dem seine wohlverdiente Handgicht die Fingerknöchel gelähmt hatte, fütterte und dingte für ein Tagegeld einen Mann, der für ihn die Würfel aufheben und in den Würfelbecher werfen musste; aber je beharrlicher er in seinen Lastern war, umso weniger unglücklich war und immer noch besser als ein Mensch, der wie ein Stück Vieh an einem bald gestrafften, bald gelockerten Strick angebunden ist und sich abmüht.“ „Willst du wohl heute noch sagen, worauf dieses geschraubte Geschwätz abzielt, du Galgenstrick?“ „Auf dich! Das sag’ ich frei heraus.“ „Wieso, du Schurke?“ „Du lobst die Vermögensverhältnisse und die Biederkeit des alten Römervolkes; aber wenn dich plötzlich ein Gott in jene Zeiten versetzen wollte, würdest du dich immer wieder dagegen sträuben, entweder weil du an das Bessere, das du mit lautem Geschrei verkündest, im Herzen nicht glaubst oder weil du das Richtige nicht beharrlich verfichtst, sondern im Morast steckenbleibst und vergebens den Fuß herausziehen willst. In Rom wünschest du dich aufs Land, auf dem Land erhebst du wankelmütig die ferne Hauptstadt bis zu den Sternen. Wenn du zufällig nirgends zum Essen eingeladen bist, dann rühmst du dein Gemüse, das du in behaglicher Ruhe essen könnest, und preisest dich glücklich und bist zufrieden, dass du nirgends zechen musst, gerade wie wenn du irgendwohin in Ketten gehen müsstest. Beordert dich aber Maecenas noch am späten Abend zur Tafel, wenn schon die ersten Lichter angezündet werden, plärrst und schreist du laut: ‘Bringt vielleicht einer bald das Öl? Hört denn keiner?’ Und dann rennst du fort. Mulvius und deine anderen Schmarotzer entfernen sich unter Wünschen für dich, die ich nicht wiederholen darf. Dieser darf wohl sagen: ‘Ich gebe ja zu, dass ich ein haltloser Mensch bin und meinem Bauch fröne; beim Duft eines fetten Bratens reißt es mir die Nase in die Höhe; ich bin ein Schwächling, ein Faulpelz, und wenn du willst, kannst du noch hinzufügen: ein Schlemmer. Da du aber geradeso bist wie ich und vielleicht noch nichtsnutziger, darfst du mich dann ohne allen Grund anfahren, als ob du besser wärest, und deine Laster mit schönen Redensarten bemänteln?’ Und wenn es sich gar noch herausstellt, dass du noch törichter bist als ich, den du für fünfhundert Drachmen gekauft hast? – Hör auf, mich mit deinem finstern Gesicht zu schrecken! Beherrsche deinen Zorn und deine Hand, solange ich das wieder von mir gebe, was mich der Türhüter des Crispinus gelehrt hat! Dich zum Beispiel bezaubert die Frau eines andern, den Davus eine Dirne. Wer von uns zweien verdient nun für seine Fehler eher den Tod am Kreuze? Wenn der hitzig gewordene Naturtrieb mich in Spannung bringt und irgendeine Dirne nackt im hellen Licht der Lampe die Stöße der geschwellten Rute aufgefangen oder mit ihren Hinterbacken, während ich auf dem Rücken liege, mich wie ein Pferd mutwillig geritten hat, dann lässt sie mich ziehen ohne Schaden an meinem Leumund und ohne die Befürchtung, es könnte ein reicherer oder schönerer Mann in das gleiche Loch pissen. Wenn du die Abzeichen deines Standes, den Ritterring und die römische Toga, abgelegt hast, dann bist du, wenn du auf die Straße trittst, aus einem Geschworenen in einen Dama verwandelt; entstellt und den ölduftenden Kopf in eine Kapuze gehüllt – bist du dann nicht das, wofür du dich ausgibst? Voll Furcht lässt du dich einführen und erzitterst bis in die Knochen, weil die Angst mit der Begierde im Streit liegt.
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Sermonum Liber Alter
quid refert, uri virgis ferroque necari auctoratus eas, an turpi clausus in arca, quo te demisit peccati conscia erilis, contractum genibus tangas caput? estne marito matronae peccantis in ambo iusta potestas, in corruptorem vel iustior? illa tamen se non habitu mutatve loco peccatve superne, cum te formidet mulier neque credat amanti. ibis sub furcam prudens dominoque furenti conmittes rem omnem et vitam et cum corpore famam. evasti: credo, metues doctusque cavebis: quaeres, quando iterum paveas iterumque perire possis, o totiens servus. quae belua ruptis, cum semel effugit, reddit se prava catenis? „non sum moechus“ ais. neque ego hercule fur, ubi vasa praetereo sapiens argentea. tolle periclum: iam vaga prosiliet frenis natura remotis. tune mihi dominus, rerum imperiis hominumque tot tantisque minor, quem ter vindicta quaterque inposita haud umquam misera formidine privet? adde super, dictis quod non levius valeat; nam, sive vicarius est, qui servo paret, uti mos vester ait, seu conservus, tibi quid sum ego? nempe tu, mihi qui imperitas, aliis servis miser atque duceris ut nervis alienis mobile lignum. quisnam igitur liber? sapiens sibi qui imperiosus, quem neque pauperies neque mors neque vincula terrent, responsare cupidinibus, contemnere honores fortis, et in se ipso totus, teres atque rotundus, externi ne quid valeat per leve morari, in quem manca ruit semper fortuna. potesne ex his ut proprium quid noscere? quinque talenta poscit te mulier, vexat foribusque repulsum perfundit gelida, rursus vocat: eripe turpi colla iugo liber, „liber sum“ dic age. non quis. urget enim dominus mentem non lenis et acris subiectat lasso stimulos versatque negantem. vel cum Pausiaca torpes, insane, tabella, qui peccas minus atque ego, cum Fulvi Rutubaeque aut Pacideiani contento poplite miror proelia rubrica picta aut carbone, velut si re vera pugnent, feriant vitentque moventes arma viri? nequam et cessator Davus; at ipse subtilis veterum iudex et callidus audis.
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Satire 2,7
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Was ist da für ein Unterschied, ob du als Gladiator dich verpflichtet hast, dich mit Ruten geißeln und mit dem Schwert töten zu lassen, oder ob du schmählich in einen Kasten gesperrt, in den dich die Zofe als Helfershelferin ihrer Herrin gesteckt hat, den Kopf einziehst und mit den Knien berührst? Hat nicht der Ehemann der untreuen Frau über euch beide ein gesetzlich begründetes Recht? Gegen den Verführer ist es sogar noch begründeter; denn sie wechselt wenigstens nicht Kleidung und Haus, sie reitet nicht auf dir, weil sie als Frau vor dir Angst hat und deiner Liebe nicht traut. Du aber gehst mit sehenden Augen unter die Gabel und gibst dem wütenden Ehemann dein ganzes Vermögen in die Hand, dein Leben und deinen Leumund samt dem Körper. – Du bist entwischt. Nun wirst du wohl gewitzigt sein und dich ängstlich in Acht nehmen? O nein, du suchst eine Gelegenheit, bei der du wieder beben und wieder das Leben einbüßen kannst, du Obersklave! Welches Tier, das einmal entflohen ist, wäre so verrückt, dass es zur Kette zurückkehrte, die es zerbrochen hat? ‘Ich bin kein Ehebrecher’, erwiderst du. Und ich, beim Herkules, kein Dieb, wenn ich an silbernen Geräten wohlweislich vorübergehe. Nimm die Gefahr weg, und sofort wirft der Naturtrieb den Zügel ab und tobt sich hemmungslos aus. Du willst mein Herr sein, du, der selber so vielen mächtigen Zwängen unterworfen ist, die von Dingen und Menschen ausgehen, und den eine drei- und viermal wiederholte Freilassung nie von der erbärmlichen Angst erlösen wird? Füge noch hinzu, was nicht weniger ins Gewicht fällt als das Gesagte: Mag nämlich einer, der einem Sklaven Dienste leisten muss, dessen ‘Stellvertreter’ sein, wie euer Sprachgebrauch sagt, oder sein ‘Mitsklave’ – was bin ich dir gegenüber? Denn du, der mir befiehlt, leistest ja in deiner Armseligkeit einem anderen Sklavendienste und lässt dich ziehen wie ein Hampelmann, den man durch Schnüre von außen in Bewegung setzen kann. Wer ist also frei? Der Weise, der sein eigener Herr ist, den weder Armut noch Tod noch Ketten schrecken, der stark genug ist, den Leidenschaften zu widerstehen und Ehrenstellen zu verschmähen, der ganz in sich selbst ruht, glatt und rund, damit an der glatten Oberfläche sich nichts festsetzen kann, was von außen an ihn herantritt, er, auf den Fortuna immer wieder erfolglos einstürmt. Kannst du von all diesen Tugenden nur eine als dir eigen erkennen? Fünf Talente darf von dir eine Dirne fordern, sie darf dich quälen, dich von ihrer Tür wegweisen, eiskaltes Wasser dir auf den Kopf schütten und dich wieder rufen lassen. Reiß doch das schimpfliche Joch als freier Mann vom Hals! Sag doch: ‘Ich bin frei!’ Du kannst es nicht, denn ein harter Gebieter herrscht über dein Herz, und wenn du ermattest, dann haut er dir den scharfen Stachel in die Weichen und reißt dich herum, wenn du dich weigerst. Wenn du etwa, du Narr, vor einem Gemälde des Pausias starr vor Staunen stehst, wie begehst du da einen geringeren Fehler als ich, wenn ich mit durchgedrückten Knien die Kämpfe des Fulvius, des Rutuba oder des Pacideianus betrachte, die mit Rötel oder Kohle so gemalt sind, wie wenn diese Männer in Wirklichkeit kämpften, die Stöße führten und parierten und ihre Waffen schwängen? Aber freilich, der Davus muss ein Nichtsnutz und Tagedieb sein. Du dagegen stehst im Rufe eines feinen, sachverständigen Kenners antiker Kunstwerke.
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Sermonum Liber Alter
nil ego, si ducor libo fumante: tibi ingens virtus atque animus cenis responsat opimis? obsequium ventris mihi perniciosius est cur? tergo plector enim. qui tu inpunitior illa, quae parvo sumi nequeunt, obsonia captas? nempe inamarescunt epulae sine fine petitae inlusique pedes vitiosum ferre recusant corpus. an hic peccat, sub noctem qui puer uvam furtiva mutat strigili: qui praedia vendit, nil servile gulae parens habet? adde, quod idem non horam tecum esse potes, non otia recte ponere teque ipsum vitas fugitivus et erro, iam vino quaerens, iam somno fallere curam, frustra: nam comes atra premit sequiturque fugacem.’ ‘unde mihi lapidem?’ ‘quorsum est opus?’ ‘unde sagittas?’ ‘aut insanit homo aut versus facit.’ ‘ocius hinc te ni rapis, accedes opera agro nona Sabino.’
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VIII ‘Ut Nasidieni iuvit te cena beati? nam mihi quaerenti convivam dictus here illic de medio potare die.’ ‘sic, ut mihi numquam in vita fuerit melius.’ ‘da, si grave non est, quae prima iratum ventrem placaverit esca.’ ‘in primis Lucanus aper: leni fuit austro captus, ut aiebat cenae pater: acria circum rapula, lactucae, radices, qualia lassum pervellunt stomachum, siser, allec, faecula Coa. his ut sublatis puer alte cinctus acernam gausape purpureo mensam pertersit et alter sublegit quodcumque iaceret inutile quodque posset cenantis offendere, ut Attica virgo cum sacris Cereris procedit fuscus Hydaspes Caecuba vina ferens, Alcon Chium maris expers. hic erus „Albanum, Maecenas, sive Falernum te magis adpositis delectat, habemus utrumque.“’ ‘divitias miseras! sed quis cenantibus una, Fundani, pulcre fuerit tibi, nosse laboro.’ ‘summus ego et prope me Viscus Thurinus et infra, si memini, Varius; cum Servilio Balatrone Vibidius, quos Maecenas adduxerat umbras.
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Ich bin ein Nichtsnutz, wenn ich mich von einem dampfenden Kuchen verlocken lasse: Widersteht etwa deine ungeheure Tugend und hohe Gesinnung einer fetten Mahlzeit? Für mich ist es gefährlicher, wenn ich meinem Magen fröne. Warum? Weil mein Buckel Prügel kriegt. Wieso wirst du weniger gestraft, wenn du einer Zukost nachjagst, die man um billiges Geld nicht kaufen kann? Natürlich schmecken dir allmählich die endlos wiederholten Mahlzeiten gallenbitter, und die Beine, denen rücksichtslos mitgespielt wurde, weigern sich, den siechen Leib zu tragen. Macht sich ein Sklave, der bei Einbruch der Nacht eine Traube gegen ein gestohlenes Schabeisen einhandelt, eines Vergehens schuldig, und einer, der als Knecht seiner Gurgel ganze Landgüter verkauft, soll nichts Sklavisches an sich haben? Dazu kommt noch, dass du nicht eine Stunde mit dir allein sein und deine freie Zeit nicht richtig benützen kannst, sondern vor dir selbst fliehst wie ein Ausreißer und Streuner, indem du die Sorgen bald mit Wein, bald durch Schlaf zu betäuben suchst. Alles umsonst! Denn die schwarze Begleiterin bedrängt dich und eilt hinter dir her, wenn du ihr entfliehen willst.“ „Wo ist denn gleich ein Stein?“ „Wozu brauchst du denn einen?“ „Wo Pfeile?“ „Entweder ist dieser Mann verrückt oder er dichtet.“ „Wenn du dich nicht schleunigst packst, kommst du als neunter Landarbeiter auf das Sabinum.“
Satire 2,8 „Wie hat dir das Mahl geschmeckt, das der reiche Nasidienus gegeben hat? Als ich dich nämlich gestern zu mir einladen wollte, sagte man, du zechtest schon seit Mittag bei ihm.“ „So gut, dass es mir im Leben noch nie wohler war.“ „Sag, wenn es dir nicht lästig fällt, welches Gericht das erste war, das den knurrenden Magen besänftigte!“ „Unter den ersten Gängen ein lukanischer Eber; er war bei lindem Südwind gefangen, wie der Gastgeber versicherte; rund herum lagen scharfe Rettiche, Kopfsalat und Radieschen, lauter Dinge, die einen schlappen Magen reizen, Rapunzeln, Fischlake und koisches Weinsteinsalz. Sowie dies abgetragen war und ein hochgeschürzter junger Sklave mit einem purpurnen Friestuch den Ahorntisch abgewischt und ein anderer alles aufgehoben hatte, was unnütz herumlag und die Gäste beleidigen konnte, da schreitet feierlich wie eine attische Jungfrau, die die Heiligtümer der Ceres trägt, der braune Hydaspes herein und trägt Caecuber auf, Alkon dagegen einen Chier, der nicht mit Meerwasser verschnitten war. Da sagte der Hausherr: ‘Wenn dir Albaner oder Falerner besser mundet, Maecenas, als die aufgetragenen Sorten – wir haben beides!’“ „O armseliger Reichtum! Aber, lieber Fundanius, ich möchte gern wissen, was es für eine Gesellschaft war, in der du dir’s so wohl sein ließest.“ „Zuerst kam ich, neben mir lag Viscus aus Thurii, und dann kam, wenn ich mich recht erinnere, Varius; neben Servilius Balatro lag Vibidius; diese beiden hatte Maecenas als Begleiter mitgebracht.
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Sermonum Liber Alter
Nomentanus erat super ipsum, Porcius infra, ridiculus totas semel absorbere placentas; Nomentanus ad hoc, qui, si quid forte lateret, indice monstraret digito; nam cetera turba, nos, inquam, cenamus avis, conchylia, piscis, longe dissimilem noto celantia sucum, ut vel continuo patuit, cum passeris atque ingustata mihi porrexerit ilia rhombi. post hoc me docuit melimela rubere minorem ad lunam delecta. quid hoc intersit, ab ipso audieris melius. tum Vibidius Balatroni „nos nisi damnose bibimus, moriemur inulti“, et calices poscit maiores. vertere pallor tum parochi faciem nil sic metuentis ut acris potores, vel quod maledicunt liberius vel fervida quod subtile exsurdant vina palatum. invertunt Allifanis vinaria tota Vibidius Balatroque secutis omnibus: imi convivae lecti nihilum nocuere lagoenis. adfertur squillas inter murena natantis in patina porrecta. sub hoc erus „haec gravida“ inquit „capta est, deterior post partum carne futura. his mixtum ius est: oleo, quod prima Venafri pressit cella; garo de sucis piscis Hiberi; vino quinquenni, verum citra mare nato, dum coquitur – cocto Chium sic convenit, ut non hoc magis ullum aliud – ; pipere albo, non sine aceto, quod Methymnaeam vitio mutaverit uvam. erucas viridis, inulas ego primus amaras monstravi incoquere; inlutos Curtillus echinos, ut melius muria quod testa marina remittat.“ interea suspensa gravis aulaea ruinas in patinam fecere, trahentia pulveris atri quantum non Aquilo Campanis excitat agris. nos maius veriti, postquam nihil esse pericli sensimus, erigimur; Rufus posito capite, ut si filius inmaturus obisset, flere. quis esset finis, ni sapiens sic Nomentanus amicum tolleret: „heu, Fortuna, quis est crudelior in nos te deus? ut semper gaudes inludere rebus humanis!“ Varius mappa conpescere risum vix poterat. Balatro suspendens omnia naso „haec est condicio vivendi“ aiebat, „eoque responsura tuo numquam est par fama labori.
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Nomentanus lag links vom Hausherrn, rechts von diesem Porcius, der durch seine Kunst, ganze Kuchen auf einmal hinunterzuschlingen, unsere Heiterkeit zu erregen suchte. Nomentanus war zu dem Zweck da, um mit dem Zeigefinger auf Feinheiten hinzuweisen, die etwa übersehen wurden; denn der übrige Haufe, das heißt wir, verspeiste Geflügel, Austern und Fische, die einen Geschmack in sich bargen, der vom gewöhnlichen ganz und gar verschieden war, wie sich etwa gleich zeigte, als er mir das Gekröse einer Stachelflunder und eines Steinbutts reichte, das ich nicht gekostet hatte. Hernach belehrte er mich, dass die Honigäpfel rote Backen bekommen, wenn man sie bei abnehmendem Monde pflückt. Wie wichtig das ist, lässt du dir besser von ihm selbst erklären. Jetzt sagte Vibidius zu Balatro: ‘Wenn wir nicht ganz mörderisch trinken, müssen wir sterben, ohne uns gerächt zu haben’, und verlangte größere Becher. Totenblässe überzieht das Gesicht unseres Wirts, der nichts so fürchtet wie scharfe Zecher, entweder weil sie mit größerem Freimut lästern oder weil feurige Weine das feine Gefühl des Gaumens abstumpfen. Durch ihr Trinken aus Allifanerbechern stürzen Vibidius und Balatro ganze Weinkrüge um, und die ganze Gesellschaft macht es ihnen nach; nur die Gäste auf dem letzten Sofa tun den Flaschen keinen Schaden. Nun wird eine Muräne hereingebracht, die sich zwischen schwimmenden Krabben lang über die Platte erstreckt. Dabei sagte der Hausherr: ‘Sie ist noch in trächtigem Zustand gefangen worden, weil das Fleisch nach dem Laichen schlechter geworden wäre. Die Tunke ist aus folgenden Bestandteilen gemischt: aus Öl, wie es die Kelter Venafrums im Vorlauf presst, aus Fischlake vom Safte spanischer Makrelen, aus fünfjährigem Wein, der aber diesseits des Meeres gewachsen ist – solange die Tunke kocht; wenn sie gekocht ist, passt Chier dazu besser als jeder andere Wein –, und aus weißem Pfeffer mit etwas Essig, der aus sauer gewordenem Wein von Methymna gemacht ist. Ich war der Erste, der lehrte, grünes Senfkraut und bitteren Alant darunterzukochen, Curtillus lehrte, nichtgewässerte Seeigel hineinzukochen, weil der Saft, den dieses Schaltier des Meeres liefert, besser sei als Fischlake.’ Während dieser Rede stürzt der aufgespannte Baldachin mit schwerer Wucht auf die Schüssel und zieht eine Wolke schwarzen Staubes hinter sich drein, wie der Nordwind keine größere auf den kampanischen Feldern aufwirbelt. Wir hatten ein größeres Unglück befürchtet, doch als wir merkten, dass keine Gefahr drohte, richteten wir uns wieder auf. Nur Rufus legte den Kopf auf seine Arme und weinte, wie wenn ihm ein Sohn in jungen Jahren weggestorben wäre. Und es wäre kein Ende gewesen, wenn nicht Nomentanus seinen Freund mit philosophischem Zuspruch aufgerichtet hätte: ‘Weh dir, Fortuna! Welche Gottheit ist grausamer gegen uns als du? Dass du doch immer deine Freude daran hast, mit Menschenglück dein Spiel zu treiben!’ Varius war kaum imstande, mit dem Mundtuch das Lachen zu unterdrücken. Balatro aber, der sich über alles lustig macht, sagte: ‘Ja ja, so geht’s im Leben, und deswegen wird dein Ruhm nie deiner Mühe ganz entsprechen.
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Sermonum Liber Alter
tene, ut ego accipiar laute, torquerier omni sollicitudine districtum, ne panis adustus, ne male conditum ius adponatur, ut omnes praecincti recte pueri comptique ministrent. adde hos praeterea casus, aulaea ruant si, ut modo; si patinam pede lapsus frangat agaso. sed convivatoris, uti ducis, ingenium res adversae nudare solent, celare secundae.“ Nasidienus ad haec „tibi di, quaecumque preceris, commoda dent: ita vir bonus es convivaque comis“ et soleas poscit. tum in lecto quoque videres stridere secreta divisos aure susurros.’ ‘nullos his mallem ludos spectasse; sed illa redde age quae deinceps risisti.’ ‘Vibidius dum quaerit de pueris, num sit quoque fracta lagoena, quod sibi poscenti non dentur pocula, dumque ridetur fictis rerum Balatrone secundo, Nasidiene, redis mutatae frontis, ut arte emendaturus fortunam; deinde secuti mazonomo pueri magno discerpta ferentes membra gruis sparsi sale multo non sine farre, pinguibus et ficis pastum iecur anseris albae et leporum avolsos, ut multo suavius, armos, quam si cum lumbis quis edit. tum pectore adusto vidimus et merulas poni et sine clune palumbis, suavis res, si non causas narraret earum et naturas dominus; quem nos sic fugimus ulti, ut nihil omnino gustaremus, velut illis Canidia adflasset, peior serpentibus Afris.’
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Satire 2,8 Dass du dich, nur damit ich eine feine Bewirtung fände, mit allen möglichen Sorgen foltern und abquälen musstest, dass ja kein angebranntes Stück Brot und keine schlecht gewürzte Brühe auf den Tisch käme, dass alle Sklaven richtig aufgeschürzt und gekämmt bedienten! Lass dann solche Unglücksfälle dazukommen, dass der Baldachin herunterfällt, wie jetzt eben, oder dass ein Tölpel von Sklave stolpert und eine Schüssel zerbricht! Und doch bringt das Unglück immer das Genie eines Gastgebers wie das eines Feldherrn an den Tag, während das Glück es im Dunkeln lässt.’ Darauf erwiderte Nasidienus: ‘Mögen dir die Götter alles Gute schenken, um das du bittest, so wahr du ein braver Mann und ein liebenswürdiger Gast bist!’ Dann ließ er sich seine Sandalen bringen. Jetzt hättest du noch sehen sollen, wie auf den einzelnen Speisesofas jeder seinem Nachbarn heimlich ins Ohr zischelte und flüsterte.“ „Kein Schauspiel hätte ich lieber gesehen als dieses. Aber komm, erzähle mir, worüber du noch zu lachen hattest!“ „Während Vibidius die Diener fragt, ob der Weinkrug auch zerbrochen sei, weil ihm trotz seines Verlangens kein Trunk gereicht werde, und während man über seine boshaft erfundenen Witze lacht, zu denen Balatro wacker mithilft, kommst du, Nasidienus, mit entwölkter Stirn zurück wie ein Mann, dem es gelingen muss, das Glück durch schöpferischen Geist zu verbessern. Hinter ihm drein kamen Diener, die in einem mächtigen Brotkorb tranchierte Kranichkeulen trugen, die reichlich mit Salz und Mehl bestreut waren, Lebern von weißen Gänsen, die man mit saftigen Feigen gemästet hatte, und abgerissene Vorderbüge von Hasen, weil sie so besser schmecken, als wenn man sie samt den Lenden isst’. Dann sahen wir noch Drosseln mit knusprig gebratener Brust auftragen und Wildtauben ohne Bürzel, lauter Leckerbissen – wenn der Wirt nicht immer ihre Herkunft und die ganze Naturgeschichte erzählt hätte. Daher nahmen wir vor ihm Reißaus, indem wir uns dadurch rächten, dass wir gar nichts versuchten, gerade wie wenn Canidia diese Speisen angehaucht hätte, die gefährlicher ist als Afrikas Schlangen.“
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EPISTULARUM LIBER PRIOR I Prima dicte mihi, summa dicende Camena, spectatum satis et donatum iam rude quaeris, Maecenas, iterum antiquo me includere ludo? non eadem est aetas, non mens. Veianius armis Herculis ad postem fixis latet abditus agro, ne populum extrema totiens exoret harena. est mihi purgatam crebro qui personet aurem: ‘solve senescentem mature sanus equum, ne peccet ad extremum ridendus et ilia ducat.’ nunc itaque et versus et cetera ludicra pono: quid verum atque decens, curo et rogo et omnis in hoc sum: condo et conpono quae mox depromere possim. ac ne forte roges, quo me duce, quo lare tuter: nullius addictus iurare in verba magistri, quo me cumque rapit tempestas, deferor hospes. nunc agilis fio et mersor civilibus undis virtutis verae custos rigidusque satelles, nunc in Aristippi furtim praecepta relabor et mihi res, non me rebus subiungere conor. ut nox longa quibus mentitur amica, diesque longa videtur opus debentibus, ut piger annus pupillis quos dura premit custodia matrum: sic mihi tarda fluunt ingrataque tempora quae spem consiliumque morantur agendi naviter id quod aeque pauperibus prodest, locupletibus aeque, aeque neglectum pueris senibusque nocebit. restat ut his ego me ipse regam solerque elementis. non possis oculo quantum contendere Lynceus: non tamen idcirco contemnas lippus inungui; nec, quia desperes invicti membra Glyconis, nodosa corpus nolis prohibere cheragra. est quadam prodire tenus, si non datur ultra. fervet avaritia miseroque cupidine pectus: sunt verba et voces, quibus hunc lenire dolorem possis et magnam morbi deponere partem. laudis amore tumes: sunt certa piacula, quae te ter pure lecto poterunt recreare libello. invidus, iracundus, iners, vinosus, amator, nemo adeo ferus est, ut non mitescere possit, si modo culturae patientem commodet aurem.
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EPISTELN – ERSTES BUCH Brief 1,1: An Maecenas Du, den mein Lied zuerst besang und den es zuletzt besingen soll, Maecenas, suchst den Gladiator, der oft genug aufgetreten und schon mit dem Freistab beschenkt ist, wieder in die alte Fechterschule einzusperren? Aber mein Alter und meine Gesinnung sind nicht mehr die gleichen. Veianius hat seine Waffen an einem Pfeiler des Herkulestempels aufgehängt und lebt in der Verborgenheit auf seinem Landgute, um das Volk nicht mehr so oft am Rande der Arena um seine Entscheidung anbetteln zu müssen. Mir ruft eine innere Stimme oft ins gereinigte Ohr: „Wenn du vernünftig bist, spannst du den alten Renner beizeiten aus, damit er nicht zu guter Letzt als Zielscheibe des Spottes mit keuchenden Flanken daherstolpert.“ Und so lege ich die Verse wie allen übrigen Tand beiseite. Was wahr und gut ist, danach forsche und frage ich und gehe ganz in diesem Streben auf; ich berge und ordne mir einen Vorrat, den ich später hervorholen kann. Und damit du mich nicht etwa fragst, wer mein Führer sei und in welchem Hause ich Schutz suche, so wisse: Keinem Meister habe ich mich verpflichtet, bedingungslos auf seine Worte zu schwören; überall, wohin mich Wind und Wetter verschlagen, kehre ich als Gast ein. Bald werde ich tätig und tauche in die Wogen des bürgerlichen Lebens als unbeugsamer Wächter und Trabant der wahren Tugend, bald gleite ich unversehens zur Lehre Aristipps zurück und versuche es, die Dinge mir, nicht mich den Dingen unterzuordnen. Wie die Nacht denen lang vorkommt, welchen die Geliebte nicht Wort hält, und der Tag denen lang, die im Tagelohn arbeiten müssen, wie das Jahr träg dahinschleicht für Unmündige, auf denen die strenge Aufsicht der Mütter lastet, so verfließt mir zögernd und freudenlos die Zeit, die die Erfüllung meiner Hoffnung und meines Vorsatzes verzögert, das tatkräftig zu betreiben, was Armen und Reichen in gleichem Maße nützt und dessen Vernachlässigung Jungen und Alten in gleichem Maße schadet. Es bleibt mir also nichts übrig, als dass ich mein eigener Führer und Tröster bin nach folgenden Grundwahrheiten: Kannst du auch nicht so weit sehen wie Lynkeus, so verschmähst du es darum doch nicht, deine Augen einzusalben, wenn du triefäugig bist; und weil du nicht auf die Muskelkraft des unbesieglichen Glykon hoffen darfst, versäumst du es doch nicht, dir die knotige Handgicht vom Leibe zu halten. Man kann wenigstens bis zu einem bestimmten Punkte fortschreiten, wenn es nicht vergönnt ist, über ihn hinauszukommen. Glüht dein Herz von Habsucht und schnöder Begier, so gibt es Sprüche und Zauberformeln, durch die du dieses Weh lindern und die Krankheit zu einem großen Teil beheben kannst. Du bist von Ruhmsucht aufgeblasen: Nun, es gibt sicherwirkende Sühnegebete, die dir Erleichterung verschaffen, wenn du das Büchlein dreimal mit reinem Herzen liest. Der Neidische, der Jähzornige, der Faule, der Trunkenbold, der Lüstling, kein Mensch ist so wild, dass er nicht zahm werden könnte, wenn er nur der veredelnden Pflege willig sein Ohr leiht.
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Epistularum Liber Prior
virtus est vitium fugere et sapientia prima stultitia caruisse. vides, quae maxima credis esse mala, exiguum censum turpemque repulsam, quanto devites animi capitisque labore: inpiger extremos curris mercator ad Indos, per mare pauperiem fugiens, per saxa, per ignis; ne cures ea quae stulte miraris et optas, discere et audire et meliori credere non vis? quis circum pagos et circum compita pugnax magna coronari contemnat Olympia, cui spes, cui sit condicio dulcis sine pulvere palmae? vilius argentum est auro, virtutibus aurum. ‘o cives, cives, quaerenda pecunia primum est; virtus post nummos’: haec Ianus summus ab imo prodocet, haec recinunt iuvenes dictata senesque [laevo suspensi loculos tabulamque lacerto.] est animus tibi, sunt mores, est lingua fidesque, sed quadringentis sex septem milia desunt: plebs eris. at pueri ludentes ‘rex eris’ aiunt, ‘si recte facies’. hic murus aeneus esto nil conscire sibi, nulla pallescere culpa. Roscia, dic sodes, melior lex an puerorum est nenia, quae regnum recte facientibus offert, et maribus Curiis et decantata Camillis? isne tibi melius suadet, qui, rem facias, rem, si possis, recte, si non, quocumque modo, rem, ut propius spectes lacrumosa poemata Pupi, an qui Fortunae te responsare superbae liberum et erectum praesens hortatur et aptat? quodsi me populus Romanus forte roget, cur non ut porticibus sic iudiciis fruar isdem, nec sequar aut fugiam quae diligit ipse vel odit: olim quod volpes aegroto cauta leoni respondit, referam: ‘quia me vestigia terrent, omnia te adversum spectantia, nulla retrorsum.’ belua multorum es capitum. nam quid sequar aut quem? pars hominum gestit conducere publica; sunt qui frustis et pomis viduas venentur avaras excipiantque senes, quos in vivaria mittant; multis occulto crescit res fenore. verum esto aliis alios rebus studiisque teneri: idem eadem possunt horam durare probantes?
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Der erste Schritt zur Tugend ist es, wenn man das Laster meidet, und Anfang der Weisheit, wenn man von Torheit frei ist. Du siehst doch die große geistige und körperliche Anstrengung, mit der du die vermeintlich größten Übel zu meiden suchst, nämlich ein geringes Vermögen und schimpfliche Zurücksetzung; rastlos eilst du als Kaufmann bis an den Rand der Erde zu den Indern und fliehst vor der Armut durch Meere, durch Klippen, durch Feuer: Willst du nicht lernen, hören und einem besseren Menschen glauben, um dich nicht mehr um das kümmern zu müssen, was du jetzt töricht anstaunst und haben möchtest? Welcher Ringkämpfer, der sich in Dörfern und an Straßenkreuzungen zeigt, verschmähte es, den Kranz in den großen olympischen Spielen zu gewinnen, wenn sich ihm Aussicht und Möglichkeit böte, den lockenden Palmzweig mühelos zu gewinnen? Wie Silber weniger wert ist als Gold, ist das Gold weniger wert als die Tugend. „O Bürger, Bürger! Geld muss man sich vor allem verschaffen, Tugend erst nach den Goldstücken.“ Diesen Spruch predigt die Börsenstraße von oben bis unten, diesen Spruch leiert jung und alt wie ein Diktat nach [wie Schulbuben, die das Rechenkästchen und die Schreibtafel an der linken Schulter hängen haben]. Du magst Geist und Charakter haben, Beredsamkeit und Pflichttreue, fehlen dir aber an den vierhunderttausend Sesterzen nur sechs- bis siebentausend, so gehörst du zur Plebs. Die Buben dagegen sagen bei ihren Spielen: „König wirst du, wenn du es recht machst.“ Das sei dir eine eherne Schutzmauer: sich keines Unrechtes bewusst zu sein und ob keiner Schuld erbleichen zu müssen! Nun sage mir gefälligst, ist das Gesetz des Roscius besser oder der Kinderreim, der die Königswürde denen überträgt, die ihre Sache recht machen, und der schon von Helden wie Curius und Camillus gesungen wurde? Rät dir der besser, der sagt: „Mach’ dir Geld, Geld, wenn möglich auf ehrliche Weise, wenn nicht, Geld auf jede Art, damit du dir die Rührstücke des Pupius aus größerer Nähe anschauen kannst!“, oder der, welcher dich als treuer Helfer aufmuntert und befähigt, der tyrannischen Laune des Schicksals frei und aufrecht Trotz zu bieten? Wenn das römische Volk mich etwa fragte, warum ich nicht mit ihm die Grundsätze ebenso teile wie die Säulenhallen und nicht das anstrebe und meide, was es selbst hochschätzt oder hasst, würde ich die Antwort wiederholen, die einst der vorsichtige Fuchs dem kranken Löwen gab: „Weil mich die Spuren schrecken; alle führen zu dir hin, keine zurück.“ Du bist ein Untier mit vielen Köpfen: an was oder an wen soll ich mich denn halten? Ein Teil der Menschen pachtet voll Gier die Staatszölle, manche machen mit guten Bissen und Obst auf geizige Witwen Jagd und fangen Greise ein, um sie in ihre Mastkäfige zu schicken. Viele lassen ihr Vermögen durch heimlichen Wucher wachsen. Doch mag es noch hingehen, dass sich der eine von diesen, der andere von jenen Dingen und Neigungen fesseln lässt – aber können denn die gleichen Leute nur eine einzige Stunde lang das gleiche Ziel gutheißen?
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Epistularum Liber Prior
‘nullus in orbe sinus Bais praelucet amoenis’ si dixit dives, lacus et mare sentit amorem festinantis eri; cui si vitiosa libido fecerit auspicium: ‘cras ferramenta Teanum tolletis, fabri.’ lectus genialis in aula est: nil ait esse prius, melius nil caelibe vita; si non est, iurat bene solis esse maritis. quo teneam voltus mutantem Protea nodo? quid pauper? ride: mutat cenacula, lectos, balnea, tonsores, conducto navigio aeque nauseat ac locuples, quem ducit priva triremis. si curatus inaequali tonsore capillos occurri, rides; si forte subucula pexae trita subest tunicae vel si toga dissidet inpar, rides: quid? mea cum pugnat sententia secum, quod petiit spernit, repetit quod nuper omisit, aestuat et vitae disconvenit ordine toto, diruit, aedificat, mutat quadrata rotundis? insanire putas sollemnia me neque rides nec medici credis nec curatoris egere a praetore dati, rerum tutela mearum cum sis et prave sectum stomacheris ob unguem de te pendentis, te respicientis amici. ad summam: sapiens uno minor est Iove, dives, liber, honoratus, pulcher, rex denique regum, praecipue sanus, nisi cum pitvita molesta est.
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II Troiani belli scriptorem, Maxime Lolli, dum tu declamas Romae, Praeneste relegi; qui, quid sit pulcrum, quid turpe, quid utile, quid non, plenius ac melius Chrysippo et Crantore dicit. cur ita crediderim, nisi quid te detinet, audi. fabula qua Paridis propter narratur amorem Graecia barbariae lento conlisa duello, stultorum regum et populorum continet aestus. Antenor censet belli praecidere causam: quid Paris? ut salvus regnet vivatque beatus, cogi posse negat. Nestor componere litis inter Pelidem festinat et inter Atriden: hunc amor, ira quidem communiter urit utrumque. quidquid delirant reges, plectuntur Achivi. seditione, dolis, scelere atque libidine et ira
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„Keine Bucht in der Welt ist so reizend wie das liebliche Bajae“ – kaum hat der Millionär dieses Wort ausgesprochen, so bekommt auch schon Lagune und Meer die Baulust des hastenden Herrn zu spüren. Hat ihm aber seine krankhafte Laune einen anderen Wink gegeben, so heißt es: „Maurer, morgen schafft ihr euer Werkzeug nach Teanum!“ Steht das Ehebett in seinem Atrium, so behauptet er, es gebe nicht Vorzüglicheres und nichts Besseres als das Junggesellenleben; wo nicht, so schwört er, die Verheirateten allein seien glücklich. Wo ist die Schlinge, mit der ich diesen Proteus festhalten kann, der stets seine Gestalt wechselt? Und wie macht es der Unbemittelte? Ja, lache nur! Er wechselt Zimmer, Betten, Badeanstalt und Bartscherer und langweilt sich im Kahn, den er gemietet hat, ebenso wie der Reiche, den seine Privatjacht trägt. Wenn mir der Barbier das Haar staffelig geschnitten hat und ich erscheine so vor dir, dann lachst du; wenn vielleicht ein abgetragenes Hemd unter einer neugekrempelten Tunika hervorschaut oder wenn meine Toga schief sitzt, dann lachst du. Wie aber, wenn mein Dichten und Trachten mit sich selbst im Kampfe liegt, heute verwirft, was es gestern noch erstrebt, jetzt wieder nach dem greift, was es vor kurzem aufgab, haltlos hin- und herschwankt und in der ganzen Lebensführung jegliche Harmonie vermissen lässt, einreißt, wieder aufbaut und Viereckiges mit Rundem vertauscht? Dann hältst du mich für einen gewöhnlichen Narren und findest nichts Lächerliches dabei, glaubst auch nicht, ich bedürfe eines Arztes oder eines vom Prätor gestellten Vormunds, während du doch der Schirmherr meines ganzen Seins bist und dich ärgern kannst über einen ungeschickt geschnittenen Fingernagel deines Freundes, der ganz von dir abhängt und immer seine Blicke auf dich richtet. Kurz und gut, der Weise kommt gleich nach Jupiter, er ist reich, frei, geehrt, schön, mit einem Worte: Er ist König der Könige und gesünder als andere Menschen – außer wenn ihn der Schnupfen plagt.
Brief 1,2 : An Lollius Maximus Während du, Lollius Maximus, in Rom dich im Reden übst, habe ich in Praeneste wieder einmal den Dichter des trojanischen Krieges gelesen, weil er das Schöne und Hässliche, das Nützliche und Schädliche anschaulicher und besser darstellt als Chrysippos und Krantor. Wie ich zu dieser Überzeugung gekommen bin, will ich dir sagen, wenn dich nichts abhält. Das Epos, das erzählt, wie wegen der Buhlerei des Paris Hellas mit den Barbaren in langwieriger Fehde zusammenstieß, hat die heißen Leidenschaften törichter Fürsten und ihrer Völker zum Inhalt. Antenor beantragt, die Ursache des Krieges mit einem raschen Schnitt zu beseitigen. Was tut nun Paris? Er sagt, dazu, dass er ungehindert weiterherrsche und glücklich weiterlebe, könne man ihn nicht zwingen. Nestor gibt sich alle Mühe, die Streitigkeiten zwischen dem Sohn des Peleus und dem des Atreus so schnell wie möglich beizulegen; aber den einen entflammt die Liebe, beide gemeinsam der Zorn. Und alle Fehler, die die Könige in ihrem Wahnwitz begehen, müssen die Achiver büßen. Durch Zwietracht, Hinterlist, Frevel, Willkür und Jähzorn
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Epistularum Liber Prior
Iliacos intra muros peccatur et extra. rursus, quid virtus et quid sapientia possit, utile proposuit nobis exemplar Ulixen, qui domitor Troiae multorum providus urbes et mores hominum inspexit latumque per aequor, dum sibi, dum sociis reditum parat, aspera multa pertulit, adversis rerum inmersabilis undis. Sirenum voces et Circae pocula nosti; quae si cum sociis stultus cupidusque bibisset, sub domina meretrice fuisset turpis et excors; vixisset canis inmundus vel amica luto sus. nos numerus sumus et fruges consumere nati, sponsi Penelopae nebulones, Alcinoique in cute curanda plus aequo operata iuventus, cui pulchrum fuit in medios dormire dies et ad strepitum citharae cessatum ducere somnum. ut iugulent hominem, surgunt de nocte latrones: ut te ipsum serves, non expergisceris? atqui si noles sanus, curres hydropicus; et ni posces ante diem librum cum lumine, si non intendes animum studiis et rebus honestis, invidia vel amore vigil torquebere. nam cur quae laedunt oculum, festinas demere: si quid est animum, differs curandi tempus in annum? dimidium facti, qui coepit, habet: sapere aude, incipe. vivendi qui recte prorogat horam, rusticus exspectat dum defluat amnis; at ille labitur et labetur in omne volubilis aevum. quaeritur argentum puerisque beata creandis uxor et incultae pacantur vomere silvae: quod satis est cui contingit, nihil amplius optet. non domus et fundus, non aeris acervus et auri aegroto domini deduxit corpore febris, non animo curas; valeat possessor oportet, si conportatis rebus bene cogitat uti. qui cupit aut metuit, iuvat illum sic domus et res ut lippum pictae tabulae, fomenta podagram, auriculas citharae collecta sorde dolentis. sincerum est nisi vas, quodcumque infundis acescit. sperne voluptates: nocet empta dolore voluptas. semper avarus eget; certum voto pete finem. invidus alterius macrescit rebus opimis; invidia Siculi non invenere tyranni maius tormentum. qui non moderabitur irae, infectum volet esse, dolor quod suaserit et mens, dum poenas odio per vim festinat inulto. ira furor brevis est: animum rege; qui nisi paret,
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sündigt man vor und hinter den Mauern Ilions. Andererseits hat uns der Dichter für die Macht der Tugend und Weisheit ein lehrreiches Beispiel in Odysseus vor Augen gestellt. Denn dieser, Trojas Bezwinger, hat sich die Städte und Sitten vieler Menschen mit klugen Augen angesehen und dabei auf dem hohen Meere viel Ungemach ausgestanden, während er sich und seinen Gefährten die Heimkehr zu ermöglichen suchte, aber die feindlichen Wogen des Schicksals konnten ihn nicht in die Tiefe ziehen. Du kennst die Sirenenstimmen und die Becher der Kirke: Hätte er diese gleich seinen Gefährten in törichter Gier getrunken, so hätte er unter der Zwingherrschaft einer Buhlerin, hässlich entstellt und seines Verstandes beraubt, als unflätiger Hund weiterleben müssen oder als Schwein, das am Unrat seine Freude hat. Von uns dagegen gehen zwölf aufs Dutzend, und wir sind nur dazu auf der Welt, die Früchte der Erde zu verzehren, sind die nichtsnutzigen Freier der Penelope und das junge Hofgesindel des Alkinoos, das sich über Gebühr mit der Pflege seines Felles beschäftigte und dem es für rühmlich galt, bis in den hellen Tag hinein zu schlafen und mit Leierklang den säumenden Schlaf herbeizuziehen. Um einen Mord zu begehen, stehen die Räuber noch in tiefer Nacht auf: und du willst nicht aufwachen, um dein eigenes Leben zu retten? Nun gut! Wenn du dir nicht in gesunden Tagen starke Bewegung machen willst, wirst du es als Wassersüchtiger tun müssen, und wenn du nicht schon vor Tage nach Büchern und Licht verlangst, wenn du den Geist nicht auf edle Bestrebungen und Gegenstände richtest, so wirst du von Neid und Begierde bis zur Schlaflosigkeit gefoltert. Warum entfernst du denn schleunig etwas, was dem Auge wehtut, während du die Zeit der Heilung aufs nächste Jahr verschiebst, wenn dir etwas das Herz abfrisst? Frisch gewagt ist halb gewonnen! Entscheide dich nur mutig für ein vernünftiges Leben! Fange nur an! Wer den Zeitpunkt für richtige Lebensführung immer hinausschiebt, der wartet wie jener Bauer, bis der Strom zu fließen aufhört. Aber der gleitet und gleitet dahin, sich fortwälzend in alle Ewigkeit. Da sucht man Geld zu erwerben und eine reiche Ehefrau zu bekommen, um Kinder zu erzeugen, und Urwälder macht man mit dem Pflug urbar. Wem aber das Glück so viel beschert hat, als zum Leben reicht, soll nichts weiter wünschen. Nicht Haus und Hof, nicht Haufen von Gold und Silber haben jemals den kranken Leib ihres Herrn von Fieberschauern oder sein Herz von Sorgen befreit. Gesund muss der Besitzer sein, wenn er das aufgehäufte Gut behaglich genießen will. Wer immer voll Gier ist oder immer in Furcht lebt, dem machen Haus und Besitz ebenso wenig Freude wie einem Triefäugigen Gemälde, weiche Hüllen einem Gichtkranken und Leierklang den Ohren, die vom angesammelten Schmutz wehtun. Wenn ein Gefäß nicht rein ist, magst du hineingießen, was du willst – es wird sauer. Verachte die sinnlichen Lüste! Schädlich ist die Lust, die mit Schmerz erkauft wird. Ewig darbt der Habsüchtige: Setze also deinen Wünschen ein festbegrenztes Ziel! Der Neidische magert ab, weil er seinen Nachbarn reich begütert sieht: Neid ist eine Folterqual, wie die Tyrannen Siziliens keine ärgere erfinden konnten. Wer seinen Zorn nicht meistert, wird bald das ungeschehen wünschen, was ihm Erbitterung und Leidenschaft eingaben, als er sich beeilte, seinem ungestillten Hasse gewaltsam Vergeltung zu schaffen. Zorn ist ein kurzdauernder Wahn. Beherrsche also dein Herz! Ist es nicht dein
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Epistularum Liber Prior
imperat; hunc frenis, hunc tu conpesce catena. fingit equum tenera docilem cervice magister ire, viam qua monstret eques; venaticus, ex quo tempore cervinam pellem latravit in aula, militat in silvis catulus. nunc adbibe puro pectore verba, puer, nunc te melioribus offer. quo semel est inbuta recens servabit odorem testa diu. quodsi cessas aut strenuos anteis, nec tardum opperior nec praecedentibus insto.
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III Iuli Flore, quibus terrarum militet oris Claudius Augusti privignus, scire laboro. Thracane vos Hebrusque nivali compede vinctus an freta vicinas inter currentia turris an pingues Asiae campi collesque morantur? quid studiosa cohors operum struit? hoc quoque curo. quis sibi res gestas Augusti scribere sumit? bella quis et paces longum diffundit in aevum? quid Titius, Romana brevi venturus in ora, Pindarici fontis qui non expalluit haustus, fastidire lacus et rivos ausus apertos? ut valet? ut meminit nostri? fidibusne Latinis Thebanos aptare modos studet auspice Musa an tragica desaevit et ampullatur in arte? quid mihi Celsus agit – monitus multumque monendus, privatas ut quaerat opes et tangere vitet scripta, Palatinus quaecumque recepit Apollo, ne, si forte suas repetitum venerit olim grex avium plumas, moveat cornicula risum furtivis nudata coloribus – ? ipse quid audes? quae circumvolitas agilis thyma? non tibi parvum ingenium, non incultum est et turpiter hirtum: seu linguam causis acuis seu civica iura respondere paras seu condis amabile carmen, prima feres hederae victricis praemia. quodsi frigida curarum fomenta relinquere posses, quo te caelestis sapientia duceret, ires. hoc opus, hoc studium parvi properemus et ampli, si patriae volumus, si nobis vivere cari. debes hoc etiam rescribere, sit tibi curae quantae conveniat Munatius. an male sarta gratia nequiquam coit et rescinditur ac vos
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Diener, ist es dein Herr. Das musst du mit Zaum und Kandare bändigen. Solange ein Pferd noch Lehre annimmt und sein Nacken zart ist, richtet es sein Reitlehrer so ab, dass es den Weg geht, den ihm der Reiter weist. Ein junger Jagdhund tut seinen Dienst im Wald erst von der Zeit an, wo er das Hirschfell im Hofe verbellt hat. Jetzt, in der Jugend, musst du die Lehren der Weisheit mit reinem Herzen trinken. Jetzt schließe dich an Bessere an! Den Geruch, den ein neues Gefäß einmal angenommen hat, behält es lange. Magst du nun säumen oder rüstig voranschreiten – ich warte nicht auf Langsame und eile denen nicht nach, die einen Vorsprung haben.
Brief 1,3 : An Julius Florus Julius Florus, in welcher Gegend an den Rändern der Erde Tiberius, der Stiefsohn des Augustus, mit dem Heere steht, das möcht’ ich gerne wissen. Hält euch noch Thrakien fest und der mit den Banden des Winters gefesselte Hebros oder die zwischen den benachbarten Türmen strömenden Wasser der Meerenge oder schon die fetten Ebenen und Hügel Kleinasiens? An welchen Werken arbeitet das gelehrte Gefolge? Auch das interessiert mich. Wer nimmt sich vor, die Taten des Augustus zu besingen? Wer überliefert seine Erfolge in Krieg und Frieden der fernen Nachwelt? Was dichtet Titius, der bald in aller Römer Munde sein wird? Denn er ist nicht davor zurückgeschreckt, aus Pindars Quell zu trinken und die allen zugänglichen Teiche und Bäche kühn zu verschmähen. Wie steht’s mit seiner Gesundheit? Denkt er auch noch an mich? Geht sein Streben dahin, die Weisen des Thebaners unter dem Beistand der Muse der lateinischen Leier anzupassen, oder lässt er seine tragischen Helden sich in hochtrabenden Worten austoben? Was treibt mein guter Celsus? Ich habe ihn eindringlich gemahnt und muss ihn immer wieder mahnen, er solle sich eigenen Besitz erwerben und es vermeiden, sich an all den Dichtungen zu vergreifen, die die Bibliothek im Apollotempel auf dem Palatin in sich aufgenommen hat, damit er nicht wie die arme Krähe der gestohlenen Farbenpracht beraubt wird und Hohngelächter erregt, wenn einmal die ganze Vogelschar kommt, um ihre Federn zurückzufordern. Und du selbst, an welche Aufgabe wagst du dich? Um welchen Thymian schwärmst du geschäftig? Du hast kein geringes Talent und hast es auch nicht brachliegen und schmählich verwildern lassen. Magst du deine Zunge für Prozessreden schärfen oder dich anschicken, Auskünfte im bürgerlichen Recht zu erteilen, oder magst du ein liebliches Lied dichten: Immer wirst du den ersten Preis, den Efeukranz, davontragen. Wenn du also nur die Sorgen, die wie kalte Umschläge deine Begeisterung abkühlen, unter dir lassen könntest, würdest du dich zu dem Ziel aufschwingen, zu dem dich die Weisheit führen möchte, die vom Himmel stammt. Dieser Tätigkeit, dieser Beschäftigung wollen wir, hoch und niedrig, ungesäumt uns widmen, wenn unser Leben dem Vaterlande und uns selbst lieb und wert sein soll. Auch das musst du mir in deiner Antwort noch schreiben, ob du den Munatius so gern hast, wie es sich gehört. Oder ist eure Freundschaft nur schlecht geflickt, so dass die Wunde sich vergeblich schließt und
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seu calidus sanguis seu rerum inscitia vexat indomita cervice feros? ubicumque locorum vivitis, indigni fraternum rumpere foedus, pascitur in vestrum reditum votiva iuvenca.
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IV Albi, nostrorum sermonum candide iudex, quid nunc te dicam facere in regione Pedana? scribere quod Cassi Parmensis opuscula vincat an tacitum silvas inter reptare salubris curantem quidquid dignum sapiente bonoque est? non tu corpus eras sine pectore: di tibi formam, di tibi divitias dederunt artemque fruendi. quid voveat dulci nutricula maius alumno, qui sapere et fari possit quae sentiat et cui gratia fama valetudo contingat abunde et mundus victus non deficiente crumina? inter spem curamque, timores inter et iras omnem crede diem tibi diluxisse supremum: grata superveniet quae non sperabitur hora. me pinguem et nitidum bene curata cute vises, cum ridere voles, Epicuri de grege porcum.
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V Si potes Archiacis conviva recumbere lectis nec modica cenare times holus omne patella, supremo te sole domi, Torquate, manebo. vina bibes iterum Tauro diffusa palustris inter Minturnas Sinuessanumque Petrinum. si melius quid habes, arcesse, vel imperium fer. iamdudum splendet focus et tibi munda supellex: mitte levis spes et certamina divitiarum et Moschi causam: cras nato Caesare festus dat veniam somnumque dies; inpune licebit aestivam sermone benigno tendere noctem. quo mihi fortunam, si non conceditur uti? parcus ob heredis curam nimiumque severus adsidet insano: potare et spargere flores
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immer wieder aufbricht, und plagt euch Wildfänge mit eurem harten Schädel das heiße Blut und der Mangel an Erfahrung? Mögt ihr nun weilen, wo ihr wollt: Es ist euer unwürdig, den Bruderbund zu zerreißen. Schon grast eine junge Kuh, die ich für eure glückliche Rückkehr gelobt habe, auf der Weide.
Brief 1,4 : An Albius Tibullus Albius, du aufrichtiger Beurteiler meiner Plaudereien, womit bist du jetzt wohl in der Gegend von Pedum beschäftigt? Schreibst du Gedichte, welche die reizenden Arbeiten eines Cassius von Parma übertreffen, oder schlenderst du still sinnend in der gesunden Waldluft umher und forschest über all das nach, was sich für einen weisen, guten Menschen ziemt? Du warst schon von jeher keine Larve ohne fühlende Brust. Die Götter haben dir schöne Gestalt, sie haben dir auch Reichtum verliehen und die Kunst, ihn zu genießen. Was könnte eine zärtliche Amme ihrem süßen Pflegling noch Besseres wünschen, der klar zu denken und seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen imstande ist und dem Beliebtheit, guter Name und Gesundheit in reichem Maße zuteil geworden, dazu ein anständiges Auskommen, so dass der Geldbeutel niemals leer wird? In Hoffnungen und Sorgen, in Furcht und Unmut halte jeden Tag, der dir angebrochen ist, für den letzten! Als willkommene Zugabe wird dann jede Stunde erscheinen, auf die man nicht mehr gehofft hat. Wenn du einmal recht lachen willst, dann besuche mich, der feist in wohlgepflegter Haut glänzt, ein Schweinchen aus der Herde Epikurs!
Brief 1,5 : An Torquatus Wenn du es über dich bringst, als mein Gast auf einem so gewöhnlichen Tischsofa, wie sie Archias herstellt, zu liegen, und wenn es dir nicht davor graut, auf einem bescheidenen Teller allerhand Gemüse zu verspeisen, dann erwarte ich dich, Torquatus, bei Sonnenuntergang in meiner Wohnung. Zu trinken bekommst du einen Wein, der im zweiten Konsulate des Taurus abgefüllt worden und zwischen dem sumpfigen Minturnae und dem bei Sinuessa gelegenen Petrinum gewachsen ist. Wenn du Besseres hast, lass es mitbringen oder füge dich meinen Anordnungen! Schon längst ist der Herd und das saubere Tafelgerät dir zu Ehren blankgescheuert. Lass die Hoffnung auf nichtige Dinge, das Ringen um Reichtum und den Prozess des Moschos! Morgen ist Feiertag, weil wir da den Geburtstag des Caesar feiern, und das gibt uns Erlaubnis zum Ausschlafen. Ohne Furcht vor Nachteil dürfen wir die Sommernacht mit langen Gesprächen verplaudern. Wozu lebe ich im Glück, wenn ich es nicht genießen darf? Wer aus Sorge für seine Erben allzu sparsam ist und streng gegen sich selbst, der ist nicht weit vom Irrsinn. Drum will ich gleich anfangen zu zechen und
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Epistularum Liber Prior
incipiam patiarque vel inconsultus haberi. quid non ebrietas dissignat? operta recludit, spes iubet esse ratas, ad proelia trudit inertem, sollicitis animis onus eximit, addocet artis. fecundi calices quem non fecere disertum, contracta quem non in paupertate solutum? haec ego procurare et idoneus imperor et non invitus, ne turpe toral, ne sordida mappa corruget naris, ne non et cantharus et lanx ostendat tibi te, ne fidos inter amicos sit qui dicta foras eliminet, ut coeat par iungaturque pari: Butram tibi Septiciumque et nisi cena prior potiorque puella Sabinum detinet adsumam; locus est et pluribus umbris; sed nimis arta premunt olidae convivia caprae. tu quotus esse velis rescribe et rebus omissis atria servantem postico falle clientem.
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VI Nil admirari prope res est una, Numici, solaque, quae possit facere et servare beatum. hunc solem et stellas et decedentia certis tempora momentis sunt qui formidine nulla inbuti spectent: quid censes munera terrae, quid maris extremos Arabas ditantis et Indos ludicra, quid plausus et amici dona Quiritis, quo spectanda modo, quo sensu credis et ore? qui timet his adversa, fere miratur eodem quo cupiens pacto; pavor est utrubique molestus, inprovisa simul species exterret utrumque. gaudeat an doleat, cupiat metuatne, quid ad rem, si, quidquid vidit melius peiusve sua spe, defixis oculis animoque et corpore torpet? insani sapiens nomen ferat, aequus iniqui, ultra quam satis est virtutem si petat ipsam. i nunc, argentum et marmor vetus aeraque et artis suspice, cum gemmis Tyrios mirare colores; gaude quod spectant oculi te mille loquentem; navus mane forum et vespertinus pete tectum, ne plus frumenti dotalibus emetat agris Mutus et – indignum, quod sit peioribus ortus – hic tibi sit potius quam tu mirabilis illi. quidquid sub terra est, in apricum proferet aetas,
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Blumen zu streuen, will es mir auch gefallen lassen, wenn man mich sogar für einen Leichtfuß hält. Was fördert Trunkenheit nicht alles zutage? Sie öffnet die verschlossene Brust, lässt Hoffnungen als erfüllt erscheinen, treibt Schlafmützen zu Schlägereien, nimmt bekümmerten Herzen ihre Last und lehrt überraschende Künste. Volle Becher – wen hätten sie nicht beredt gemacht, wen nicht frei inmitten beengender Armut? Mit Geschick und Vergnügen mache ich es mir zur Aufgabe, dafür zu sorgen, dass kein schmutziger Polsterüberzug und kein unreinliches Mundtuch dich zwingt, die Nase zu rümpfen, dass vielmehr Humpen und Schüsseln dir dein Bild zeigen, dass niemand da ist, der ein im treuen Freundeskreis gesprochenes Wort über die Schwelle trägt, und dass gleich und gleich sich zusammenfinden und nebeneinander liegen. Butra und Septicius werde ich zu deiner Unterhaltung einladen, auch den Sabinus, wenn ihn nicht eine bessere Mahlzeit abhält oder ein Mädchen, dem er den Vorzug gibt. Es ist auch noch Platz für einige Begleiter. Allerdings, eine allzu dicht gedrängte Tischgesellschaft belästigt der übelriechende Schweiß. Schreibe mir also, mit wie viel Leuten du kommen willst, lass alles stehen und liegen und entwische deinen Klienten, die im Atrium auf dich lauern, durch die Hintertür!
Brief 1,6 : An Numicius Sich durch nichts die innere Ruhe rauben zu lassen, Numicius, das ist so ziemlich das einzige und alleinige Mittel, welches das Lebensglück schaffen und erhalten kann. Unsere Sonne, die Sterne und den Wechsel der Jahreszeiten, die nach bestimmten Gesetzen ihren Lauf nehmen, können manche Leute ohne alles Grauen betrachten. Was hältst du aber von den Schätzen der Erde und vom Perlentand des Meeres, das die fernen Araber und Inder bereichert, was vom Beifallklatschen und den Geschenken der Volksgunst? Auf welche Art und Weise, mit welchen Gefühlen und welcher Miene muss man sie wohl betrachten? Wer das Gegenteil davon fürchtet, staunt sie gewöhnlich ebenso an wie einer, der sie begehrt: In beiden Fällen herrscht ein bedrückender Zustand des Bangens, wenn eine unerwartete Erscheinung den einen wie den andern erschreckt. Ob man Freude oder Schmerz fühlt, Verlangen oder Furcht – was tut das, wenn man zu allem, was besser oder schlimmer ist, als man erwartet hat, stiere Augen macht und an Geist und Körper gelähmt ist? Sogar der Weise müsste den Namen eines Toren und der Gerechte den des Ungerechten bekommen, wenn er selbst im Streben nach der Tugend über das rechte Maß hinausginge. So, geh hin und betrachte ehrfürchtig antikes Silbergeschirr und alte Marmorstatuen, Bronzegerät und andere Kunstwerke, staune bunte Edelsteine an und tyrische Purpurgewänder! Freue dich, dass tausend Augen auf dich schauen, wenn du sprichst! Laufe wacker in aller Frühe auf das Forum und geh erst abends wieder heim, damit ja Herr Stumm aus seinen erheirateten Feldern nicht mehr Getreide herauswirtschaftet und damit er nicht – pfui der Schande! er stammt ja aus einer weniger feinen Familie! – für dich eher ein Gegenstand der Bewunderung ist als du für ihn! Alles, was unter der Erde liegt, wird die Zeit ans Tageslicht fördern,
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defodiet condetque nitentia. cum bene notum porticus Agrippae, via te conspexerit Appi, ire tamen restat, Numa quo devenit et Ancus. si latus aut renes morbo temptantur acuto, quaere fugam morbi. vis recte vivere – quis non? – : si virtus hoc una potest dare, fortis omissis hoc age deliciis. virtutem verba putas et lucum ligna: cave ne portus occupet alter, ne Cibyratica, ne Bithyna negotia perdas; mille talenta rotundentur, totidem altera porro et tertia succedant et quae pars quadret acervum. scilicet uxorem cum dote fidemque et amicos et genus et formam regina Pecunia donat ac bene nummatum decorat Suadela Venusque. mancupiis locuples eget aeris Cappadocum rex: ne fueris hic tu. chlamydes Lucullus, ut aiunt, si posset centum scaenae praebere rogatus, ‘qui possum tot?’ ait; ‘tamen et quaeram et quot habebo mittam’; post paulo scribit sibi milia quinque esse domi chlamydum; partem vel tolleret omnis. exilis domus est, ubi non et multa supersunt et dominum fallunt et prosunt furibus. ergo si res sola potest facere et servare beatum, hoc primus repetas opus, hoc postremus omittas. si fortunatum species et gratia praestat, mercemur servum, qui dictet nomina, laevum qui fodicet latus et cogat trans pondera dextram porrigere: ‘hic multum in Fabia valet, ille Velina; cui libet hic fascis dabit eripietque curule cui volet inportunus ebur.’ ‘frater’ ‘pater’ adde; ut cuique est aetas, ita quemque facetus adopta. si bene qui cenat bene vivit: lucet, eamus quo ducit gula, piscemur, venemur, ut olim Gargilius – qui mane plagas, venabula, servos differtum transire forum populumque iubebat, unus ut e multis populo spectante referret emptum mulus aprum –, crudi tumidique lavemur, quid deceat, quid non, obliti, Caerite cera digni, remigium vitiosum Ithacensis Ulixei, cui potior patria fuit interdicta voluptas. si, Mimnermus uti censet, sine amore iocisque nil est iucundum, vivas in amore iocisque. vive, vale. si quid novisti rectius istis, candidus inperti; si nil, his utere mecum.
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und was jetzt glänzt, wird sie vergraben und verbergen. Mag die Säulenhalle des Agrippa und die Appische Straße dich als wohlbekannte Persönlichkeit gesehen haben, das Ende vom Lied ist doch, dass du hinunter musst, wohin Numa und Ancus gegangen sind. Wenn Lunge oder Nieren von einer akuten Krankheit angegriffen sind, so suche Befreiung von dieser Krankheit! Willst du aber glücklich leben – und wer wollte das nicht? – nun, wenn die Tugend allein dieses Gut verleihen kann, entsage dem Genuss und arbeite entschlossen an dieser Aufgabe! Ist dir aber Tugend ein leerer Schall und ein heiliger Hain nur Brennholz, dann gib acht, dass ja kein anderer vor dir die Hafenplätze erreicht und dass du nicht das Geschäft in Kibyra und Bithynien einbüßest! Schau, dass du ein rundes Tausend von Talenten zusammenbringst, dann soll ein zweites und drittes nachrücken und noch ein viertes, um den Haufen voll zu machen. Natürlich, denn das allmächtige Geld verschafft dir eine Frau mit reicher Mitgift, Kredit und Freunde, Adel und Schönheit, und wer viel Geld hat, den schmückt Beredsamkeit und Liebenswürdigkeit. Sklaven hat der König von Kappadokien genug, aber kein Geld. So ein armer Tropf musst du nicht sein! Lucullus gab, wie man sich erzählt, auf die Frage, ob er nicht hundert Soldatenmäntel für das Theater herleihen könne, zur Antwort: „Wie könnte ich so viele auftreiben? Aber ich will nachschauen lassen und, was ich habe, hinschicken.“ Gleich darauf schreibt er, er habe fünftausend Mäntel daheim; man solle einen Teil davon holen oder alle. Das ist ein armseliges Haus, wo nicht vieles im Überfluss da ist, wovon der Besitzer nichts weiß und was den Spitzbuben zugute kommt. Wenn also Geld allein das Lebensglück schaffen und erhalten kann, sei du der Erste, der sich immer wieder an diese Aufgabe macht, und der Letzte, der damit aufhört! Wenn glänzende Stellung und Beliebtheit das Glück verbürgen, so wollen wir uns einen Sklaven kaufen, der uns bei Bewerbungen die Namen der Bürger einsagt, uns einen Stoß in die linke Seite gibt und zwingt, einem die Straße überquerenden Bürger über die Schrittsteine hinüber die Rechte entgegenzustrecken, indem er sagt: „Der da hat großen Einfluss in der Fabischen Tribus, der dort in der Velinischen. Der kann die Fasces verschaffen, wem er mag, und rücksichtslos den kurulischen Sessel jedem entreißen, wem er will.“ Füge noch bei: „Bruder!“, „Vater!“, je nach dem Alter des Betreffenden, und nimm so jeden Spießbürger freundlich in deine Verwandtschaft auf! Wenn der glücklich lebt, der einen guten Tisch führt: Nun, es tagt – auf, wohin uns der Gaumen zieht! Fischen und jagen wir wie einst Gargilius, der in aller Frühe seine Sklaven mit Jagdnetzen und Spießen über das von Menschen wimmelnde Forum ziehen ließ, um (am Abend) eines der vielen Maultiere vor den Augen des Publikums einen gekauften Eber heimtragen zu lassen! Gehen wir, ohne verdaut zu haben, mit vollem Magen ins warme Bad, ohne jeden Gedanken an das, was sich ziemt und was nicht, würdig des Bürgerrechts von Caere, gleich dem liederlichen Matrosengesindel des Odysseus von Ithaka, dem die verbotene Lust lieber war als das Vaterland! Wenn es, wie Mimnermos behauptet, ohne Liebesgetändel keine Freude gibt, dann bring dein Leben hin mit Lieben und Scherzen! Leb wohl, bleibe gesund! Wenn du etwas Besseres weißt als diese Lehren, so teile es mir als redlicher Freund mit; wenn nicht, befolge sie gemeinsam mit mir!
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Epistularum Liber Prior
VII Quinque dies tibi pollicitus me rure futurum Sextilem totum mendax desideror. atqui si me vivere vis sanum recteque valentem, quam mihi das aegro, dabis aegrotare timenti, Maecenas, veniam, dum ficus prima calorque dissignatorem decorat lictoribus atris, dum pueris omnis pater et matercula pallet officiosaque sedulitas et opella forensis adducit febris et testamenta resignat. quodsi bruma nives Albanis inlinet agris, ad mare descendet vates tuus et sibi parcet contractusque leget: te, dulcis amice, reviset cum Zephyris, si concedes, et hirundine prima. non quo more piris vesci Calaber iubet hospes tu me fecisti locupletem: ‘vescere sodes.’ ‘iam satis est.’ ‘at tu, quantum vis, tolle.’ ‘benigne.’ ‘non invisa feres pueris munuscula parvis.’ ‘tam teneor dono, quam si dimittar onustus.’ ‘ut libet: haec porcis hodie comedenda relinques.’ prodigus et stultus donat quae spernit et odit: haec seges ingratos tulit et feret omnibus annis. vir bonus et sapiens dignis ait esse paratus, nec tamen ignorat, quid distent aera lupinis: dignum praestabo me etiam pro laude merentis. quodsi me noles usquam discedere, reddes forte latus, nigros angusta fronte capillos, reddes dulce loqui, reddes ridere decorum et inter vina fugam Cinarae maerere protervae. forte per angustam tenuis vulpecula rimam repserat in cumeram frumenti, pastaque rursus ire foras pleno tendebat corpore frustra. cui mustela procul ‘si vis’ ait ‘effugere istinc, macra cavum repetes artum, quem macra subisti’. hac ego si compellor imagine, cuncta resigno: nec somnum plebis laudo satur altilium nec otia divitiis Arabum liberrima muto. saepe verecundum laudasti, rexque paterque audisti coram, nec verbo parcius absens: inspice, si possum donata reponere laetus. haud male Telemachus, proles patientis Ulixei: ‘non est aptus equis Ithace locus, ut neque planis porrectus spatiis nec multae prodigus herbae: Atride, magis apta tibi tua dona relinquam.’
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Brief 1,7
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Brief 1,7 : An Maecenas Nur fünf Tage hatte ich dir versprochen auf dem Lande zu bleiben, und doch lasse ich wortbrüchig den ganzen August auf mich warten. Wenn du aber willst, dass ich gesund bleibe und gut bei Kräften, dann wirst du, Maecenas, mir die Nachsicht, die du mir in kranken Tagen schenkst, auch dann schenken, wenn ich nur fürchte, krank zu werden, also während der ganzen Zeit, wo die ersten Feigen und die Hitze der Leichenzugordner mit dem Prunke seiner schwarzgekleideten Diener umgibt, wo jeder Vater und jede zärtliche Mutter für ihre Kinder bangt, wo der beflissene Eifer der Klienten und die Plackereien auf dem Forum Fieberanfälle mit sich bringen und Testamente entsiegeln. Wenn aber der Winter die Felder um Alba mit Schnee überzieht, wird dein treuer Sänger ans Meer hinabsteigen, wird sich schonen und in aller Zurückgezogenheit der Lektüre widmen. Dich, liebster Freund, wird er, wenn du es erlaubst, mit den ersten Frühlingslüften und der ersten Schwalbe wieder aufsuchen. Nicht auf die Art, wie der Gastfreund in Calabrien seinen Besuch zum Essen von Birnen nötigt, hast du mich reich gemacht. „So iss doch!“ „Ich habe schon genug.“ „Aber nimm doch mit, so viel du willst!“ „Zu gütig.“ „Deine Buben werden eine Mordsfreude haben, wenn du’s ihnen als kleines Reisepräsent mitbringst.“ „Ich fühle mich durch dein Angebot geradeso verbunden, als wenn ich schwerbepackt damit nach Hause ginge.“ „Wie du willst. Dann kriegen halt die Säue heut das Zeug da zum Fressen, wenn du’s dalässt.“ Verschwender und Toren machen Geschenke mit Dingen, die sie geringschätzen und selbst nicht mögen. Eine solche Saat trug zu jeder Zeit nur Undank ein und wird ihn auch künftig eintragen. Ein guter, vernünftiger Mann dagegen erklärt sich zur Hilfe für Würdige bereit, ohne dabei den Unterschied zwischen wirklichem Geld und Spielmarken zu verkennen. Als würdig werde auch ich mich bewähren, wie es das Verdienst meines Gönners verdient. Wenn du mich aber nie von deiner Seite lassen willst, musst du mir wohl meine kräftige Brust, meine schwarzen Haare und die schmale Stirn wiedergeben müssen, die angenehme Unterhaltungsgabe und das anmutige Lachen und die Fähigkeit, beim Gelage über das Verschwinden der frechen Cinara trauern zu können. War einst ein schmächtig Füchslein durch eine enge Ritze in den Getreidekasten geschlüpft, hatte sich weidlich angefressen und strengte sich nun mit vollem Bauch vergeblich an, wieder herauszukommen. Da rief ihm das Wiesel von draußen zu: „Wenn du da ’rauskommen willst, musst du schon zu dem Loch wieder in magerem Zustand kommen, in das du auch nur mit magerem Leibe hineinkamst.“ Wenn mit diesem Gleichnis ich gemeint sein soll, dann gebe ich alles zurück. Ich lobe mir den Schlaf des gemeinen Mannes nicht erst dann, wenn ich mich an Masthühnern sattgegessen habe, und vertausche meine Unabhängigkeit nicht gegen die Schätze Arabiens. Du hast oft meine Ehrerbietung gelobt, und ich habe dich in deiner Anwesenheit ‘König’ und ‘Vater’ genannt und auch in deiner Abwesenheit nicht weniger ehrfurchtsvoll von dir gesprochen. Sieh also zu, ob ich deine Geschenke nicht mit Freuden zurückgeben kann! Nicht übel sagt Telemachos, der Spross des Dulders Odysseus: „Ithaka ist kein geeigneter Boden für Pferde, weil es keine weiten Ebenen mit üppigem Graswuchs hat. Sohn des Atreus, ich muss deine Geschenke hier lassen, sie passen für dich weit besser.“
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Epistularum Liber Prior
parvum parva decent: mihi iam non regia Roma, sed vacuum Tibur placet aut inbelle Tarentum. strenuus et fortis causisque Philippus agendis clarus ab officiis octavam circiter horam dum redit atque foro nimium distare Carinas iam grandis natu queritur, conspexit, ut aiunt, adrasum quendam vacua tonsoris in umbra cultello proprios purgantem leniter unguis. ‘Demetri’ – puer hic non laeve iussa Philippi accipiebat – ‘abi, quaere et refer, unde domo, quis, cuius fortunae, quo sit patre quove patrono.’ it redit et narrat, Volteium nomine Menam, praeconem, tenui censu, sine crimine, notum et properare loco et cessare et quaerere et uti, gaudentem parvisque sodalibus et lare certo et ludis et post decisa negotia campo. ‘scitari libet ex ipso quodcumque refers: dic ad cenam veniat.’ non sane credere Mena, mirari secum tacitus. quid multa? ‘benigne’ respondet. ‘neget ille mihi?’ ‘negat inprobus et te neglegit aut horret.’ Volteium mane Philippus vilia vendentem tunicato scruta popello occupat et salvere iubet prior; ille Philippo excusare laborem et mercennaria vincla, quod non mane domum venisset, denique quod non providisset eum. ‘sic ignovisse putato me tibi, si cenas hodie mecum.’ ‘ut libet.’ ‘ergo post nonam venies; nunc i, rem strenuus auge.’ ut ventum ad cenam est, dicenda tacenda locutus tandem dormitum dimittitur. hic ubi saepe occultum visus decurrere piscis ad hamum, mane cliens et iam certus conviva, iubetur rura suburbana indictis comes ire Latinis. inpositus mannis arvum caelumque Sabinum non cessat laudare. videt ridetque Philippus, et sibi dum requiem, dum risus undique quaerit, dum septem donat sestertia, mutua septem promittit, persuadet uti mercetur agellum. mercatur. ne te longis ambagibus ultra quam satis est morer: ex nitido fit rusticus atque sulcos et vineta crepat mera, praeparat ulmos, inmoritur studiis et amore senescit habendi. verum ubi oves furto, morbo periere capellae, spem mentita seges, bos est enectus arando: offensus damnis media de nocte caballum arripit iratusque Philippi tendit ad aedis. quem simul adspexit scabrum intonsumque Philippus,
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Für kleine Leute schickt sich eben nur Kleines. Mir gefällt nicht mehr das weltbeherrschende Rom, sondern das menschenleere Tibur und das friedliche Tarent. Philippus, ein tatkräftiger, tüchtiger Mann und berühmt als Rechtsanwalt, ging einmal um die achte Stunde von seinen Geschäften heim; während er nun als alter Herr über die allzu große Entfernung der Carinen vom Forum klagte, erblickte er, wie man erzählt, in einer leeren Barbierstube einen glattrasierten Mann, der sich mit einem Taschenmesser selber gemächlich die Fingernägel putzte. „Demetrius“, – dieser Sklave richtete nämlich die Aufträge des Philippus immer sehr geschickt aus – „geh hin, frag ihn und berichte mir dann, woher der Mann ist, wie er heißt, welchen Beruf er hat und wer sein Vater oder sein Schutzherr ist!“ Der geht hin, kommt wieder und erzählt: Volteius Mena sei sein Name; er sei Auktionator mit geringem Vermögen, aber unbescholten und dafür bekannt, dass er zur rechten Zeit rührig sei, dann auch wieder ausruhe, und zu erwerben, aber auch zu genießen verstehe. Er finde sein Vergnügen im Verkehr mit seinen bescheidenen Vereinsbrüdern, an seinem eigenen Herd, an den Festspielen und nach seinen Geschäften am Sport auf dem Marsfeld. „Ich möchte ihn doch gern selber nach dem fragen, was du berichtest. Sag, er soll zum Essen kommen!“ Das kann Mena nicht recht glauben und wundert sich im Stillen. Kurz, er antwortet mit einem „Sehr gütig“. „Der sollte es mir abschlagen?“ „Ja, das tut er, der Trotzkopf; entweder weiß er dich nicht zu schätzen oder er hat einen Heidenrespekt vor dir.“ Am nächsten Morgen verkauft Volteius gerade billige Trödelware an die kleinen Leute in der Bluse, als Philippus ihn überrascht und zuerst begrüßt. Er entschuldigt sich bei Philippus mit seiner Arbeit und den Fesseln, die ihm sein Gewerbe auferlege, dass er nicht heute morgen seine Aufwartung gemacht, endlich auch, dass er ihn nicht zuerst gegrüßt habe. „Nur unter der Bedingung soll dir verziehen sein, dass du heute Abend bei mir speisest.“ „Ganz nach Belieben.“ „Komm also nach der neunten Tagesstunde! Jetzt geh und mach gute Geschäfte!“ Als man zur Tafel gegangen, schwatzte er das Blaue vom Himmel herunter, bis man ihn endlich zum Schlafen heimließ. Wie man nun unsern guten Mena wie einen Fisch oft auf die verborgene Angel hatte zuschießen sehen, des Morgens als Klient und abends schon als ständigen Tischgast, da muss er einmal, als die Latinischen Feiertage angesagt waren, auf ein Landgut in der Nähe der Stadt mitgehen. Man setzt ihn in einen Wagen mit gallischen Ponys, und er wird nicht müde, die sabinische Feldflur und ihre gute Luft zu preisen. Philippus merkt es belustigt, und weil er sich Erholung und immer Stoff zum Lachen sucht, schenkt er ihm siebentausend Sesterzen, verspricht ihm weitere siebentausend als Darlehen und beredet ihn so zum Kauf des kleinen Gutes. Er kauft es. Ich will dich nicht mit allzu ausführlichen Einzelheiten hinhalten: Aus dem geschniegelten Städter wird ein Bauer, der von nichts Anderem plappert als von Furchen und Rebenpflanzungen, der Ulmen herrichtet, sich schier zu Tode arbeitet und vor lauter Habgier alt und grau wird. Wie aber die Schafe durch Diebstahl und die Ziegen durch Seuchen draufgingen, die Saat seine Hoffnung enttäuschte und die Ochsen zu Tode gepflügt waren, da reißt er voll Wut über die dauernden Verluste mitten in der Nacht seinen Gaul aus dem Stall und sprengt in seinem Zorn zum Palast des Philippus. Sowie nun Philippus sein schäbiges Äußeres und das struppige Haar sah,
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‘durus’, ait, ‘Voltei, nimis attentusque videris esse mihi.’ ‘pol me miserum, patrone, vocares, si velles’, inquit ‘verum mihi ponere nomen. quod te per Genium dextramque deosque Penatis obsecro et obtestor, vitae me redde priori.’ qui semel adspexit, quantum dimissa petitis praestent, mature redeat repetatque relicta. metiri se quemque suo modulo ad pede verum est.
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VIII Celso gaudere et bene rem gerere Albinovano Musa rogata refer, comiti scribaeque Neronis. si quaeret quid agam, dic multa et pulcra minantem vivere nec recte nec suaviter, haud quia grando contunderit vitis oleamque momorderit aestus, nec quia longinquis armentum aegrotet in agris; sed quia mente minus validus quam corpore toto nil audire velim, nil discere, quod levet aegrum, fidis offendar medicis, irascar amicis, cur me funesto properent arcere veterno, quae nocuere sequar, fugiam quae profore credam, Romae Tibur amem, ventosus Tibure Romam. post haec, ut valeat, quo pacto rem gerat et se, ut placeat iuveni percontare utque cohorti. si dicet ‘recte’, primum gaudere, subinde praeceptum auriculis hoc instillare memento: ut tu fortunam, sic nos te, Celse, feremus.
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sagte er: „Mein lieber Volteius, du bist zu hart gegen dich und zu genau, wie mir scheint.“ „Beim Pollux, lieber Herr“, erwiderte jener, „du müsstest mich einen Unglückswurm heißen, wenn du mir den rechten Namen geben wolltest. Drum, bei deinem Schutzgeist, bei deiner Rechten und bei deinen Hausgöttern bitte und beschwöre ich dich: Lass mich zu meinem alten Leben zurück!“ Wer einmal sah, um wie viel das, was er aufgab, besser ist als das später Erstrebte, der soll beizeiten umkehren und das Verlassene wieder aufnehmen. Dass jeder sich nach seinem eigenen Maßstab und Fuß bemüht, das ist das einzig Richtige.
Brief 1,8 : An Albinovanus Celsus Muse, ich bitte dich, erwidere dem Begleiter und Geheimschreiber Neros, dem Albinovanus Celsus, seinen Gruß und seine guten Wünsche! Wenn er fragt, was ich treibe, so sage, dass ich trotz meiner vielen schönen Pläne weder ein richtiges noch ein behagliches Leben führe, nicht etwa, weil der Hagel meine Reben zusammengeschlagen oder die Hitze meine Ölbäume versengt hätte, noch weil mein Vieh auf den fernen Triften von einer Seuche befallen wäre, sondern weil ich mich seelisch weniger gesund fühle als körperlich und nichts hören und nichts lernen mag, was einem Kranken Erleichterung verschaffen könnte, weil ich mich von den redlichen Ärzten gequält fühle und auf meine Freunde zornig bin, dass sie es so eilig haben, mich vor der tödlichen Schlafsucht zu retten, und weil ich Dingen nachjage, die mir noch immer geschadet haben, dagegen das meide, was nach meiner Überzeugung nützlich ist, und wetterwendisch in Rom für Tibur und in Tibur für Rom schwärme. Hernach frage, wie er sein Amt ausfüllt und sich selbst benimmt, wie er dem Prinzen gefällt und wie dessen Gefolge! Wenn er sagt „Gut“, so vergiss nicht, zuerst deine Freude darüber zu zeigen und ihm dann folgende Mahnung ins Ohr zu flüstern: „Wie du dein Glück trägst, so, lieber Celsus, werden wir uns zu dir stellen.“
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IX Septimius, Claudi, nimirum intellegit unus, quanti me facias; nam cum rogat et prece cogit, scilicet ut tibi se laudare et tradere coner, dignum mente domoque legentis honesta Neronis, munere cum fungi propioris censet amici: quid possim videt ac novit me valdius ipso. multa quidem dixi, cur excusatus abirem, sed timui, mea ne finxisse minora putarer, dissimulator opis propriae, mihi commodus uni. sic ego maioris fugiens opprobria culpae frontis ad urbanae descendi praemia. quodsi depositum laudas ob amici iussa pudorem, scribe tui gregis hunc et fortem crede bonumque.
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X Vrbis amatorem Fuscum salvere iubemus ruris amatores. hac in re scilicet una multum dissimiles, at cetera paene gemelli fraternis animis, quidquid negat alter, et alter, adnuimus pariter vetuli notique columbi: tu nidum servas, ego laudo ruris amoeni rivos et musco circumlita saxa nemusque. quid quaeris? vivo et regno, simul ista reliqui, quae vos ad caelum fertis rumore secundo, utque sacerdotis fugitiuus liba recuso: pane egeo iam mellitis potiore placentis. vivere naturae si convenienter oportet ponendaeque domo quaerenda est area primum: novistine locum potiorem rure beato? est ubi plus tepeant hiemes, ubi gratior aura leniat et rabiem Canis et momenta Leonis, cum semel accepit solem furibundus acutum? est ubi divellat somnos minus invida cura? deterius Libycis olet aut nitet herba lapillis? purior in vicis aqua tendit rumpere plumbum quam quae per pronum trepidat cum murmure rivum? nempe inter varias nutritur silva columnas laudaturque domus, longos quae prospicit agros: naturam expelles furca, tamen usque recurret
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Brief 1,9 : An Claudius Tiberius Nero Septimius ist offenbar der einzige Mensch, der weiß, wie hoch du, Claudius, mich schätzest. Wenn er mich nämlich ersucht und mit seinen Bitten geradezu zwingt, dass ich den Versuch mache, ihn dir – selbstverständlich! – zu empfehlen und vorzustellen als einen Mann, der würdig ist der Gesinnung und des Hauses eines Nero, der sich nur Edles aussucht, und wenn er meint, ich nehme die Stellung eines näheren Freundes ein, so sieht und kennt er meinen Einfluss besser als ich selber. Ich habe zwar viel gesagt, um mit einer guten Entschuldigung loszukommen; aber ich musste befürchten, ich könnte die Meinung erwecken, als ob ich meine Geltung bei dir als zu gering hinstellte, meinen Einfluss hartnäckig verleugnend und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. So habe ich mich, um dem Vorwurf einer größeren Schuld zu entgehen, dazu hergegeben, von der Dreistigkeit, die das Vorrecht des Großstädters ist, Gebrauch zu machen. Wenn du es also löblich findest, dass ich auf das Drängen eines Freundes hin die Bescheidenheit beiseite gesetzt habe, so nimm ihn in dein Gefolge auf und sei überzeugt, dass er ein tüchtiger, ehrenhafter Mann ist!
Brief 1,10 : An Aristius Fuscus Dir, Fuscus, dem Freunde der Großstadt, entbieten wir, die Freunde des Landlebens, unseren Gruß. Denn das ist ja das Einzige, worin wir ganz verschiedener Ansicht sind; in allem andern sind wir fast Zwillinge, und zu allem, wozu der eine Nein sagt, sagt auch der andere Nein in brüderlichem Einvernehmen; wir nicken gleichzeitig unser Ja wie zwei altvertraute Tauber. Du hütest also das Nest, ich lobe mir die Bächlein des lieblichen Landes, seine moosumgrünten Felsen und seine Haine. Kurz und gut: Ich lebe auf und fühle mich als König, sobald ich die Herrlichkeiten im Rücken habe, die ihr unter dem lauten Beifall der Menge in den Himmel erhebt. Und wie der entlaufene Sklave eines Priesters weise ich die Opferfladen zurück: Nach Hausbrot hungere ich jetzt und gebe ihm den Vorzug vor Honigkuchen. Wenn es in der Ordnung ist, dass man ein naturgemäßes Leben führt, und wenn man, falls ein Haus gebaut werden soll, vor allem einen Bauplatz suchen muss: Kennst du dann eine Stätte, die den Vorzug verdient vor der gesegneten ländlichen Flur? Gibt es einen Ort, wo der Winter lauer wäre, wo eine labendere Luft die Wut des Hundssterns milderte und die Sprünge des Löwen, sobald er rasend vor Wut die stechenden Sonnenstrahlen verspürt hat? Gibt es einen Ort, wo die neidische Sorge weniger den Schlaf verscheucht? Duftet oder schimmert der Grasteppich weniger als ein Mosaikboden aus afrikanischen Marmorsteinchen? Ist das Wasser, das in euren Großstadtvierteln die Bleiröhren zu sprengen sucht, reiner als das, welches im Bach murmelnd bergab hüpft? Freilich, man zieht zwischen bunten Marmorsäulen einen Wald groß und lobt einen Palast, der eine Aussicht auf weite Fluren bietet. Man mag eben die Natur mit der Heugabel hinaustreiben, sie kehrt doch immer wie-
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Epistularum Liber Prior
et mala perrumpet furtim fastidia victrix. non qui Sidonio contendere callidus ostro nescit Aquinatem potantia vellera fucum certius accipiet damnum propiusve medullis quam qui non poterit vero distinguere falsum. quem res plus nimio delectavere secundae, mutatae quatient. si quid mirabere, pones invitus. fuge magna: licet sub paupere tecto reges et regum vita praecurrere amicos. cervus equum pugna melior communibus herbis pellebat, donec minor in certamine longo imploravit opes hominis frenumque recepit. sed postquam victor violens discessit ab hoste, non equitem dorso, non frenum depulit ore. sic, qui pauperiem veritus potiore metallis libertate caret, dominum vehet inprobus atque serviet aeternum, quia parvo nesciet uti. cui non conveniet sua res, ut calceus olim, si pede maior erit, subvertet, si minor, uret. laetus sorte tua vives sapienter, Aristi, nec me dimittes incastigatum, ubi plura cogere quam satis est ac non cessare videbor. imperat aut servit collecta pecunia cuique, tortum digna sequi potius quam ducere funem. haec tibi dictabam post fanum putre Vacunae, excepto quod non simul esses, cetera laetus.
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XI Quid tibi visa Chios, Bullati, notaque Lesbos, quid concinna Samos, quid Croesi regia Sardis, Zmyrna quid et Colophon, maiora minorane fama? cunctane prae campo et Tiberino flumine sordent? an venit in votum Attalicis ex urbibus una? an Lebedum laudas odio maris atque viarum? scis, Lebedus quid sit? Gabiis desertior atque Fidenis vicus; tamen illic vivere vellem, oblitusque meorum, obliviscendus et illis, Neptunum procul e terra spectare furentem. sed neque qui Capua Romam petit, imbre lutoque adspersus volet in caupona vivere; nec qui frigus collegit, furnos et balnea laudat ut fortunatam plene praestantia vitam; nec si te validus iactaverit Auster in alto,
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der zurück und durchbricht unvermerkt siegreich die Mauer der blöden Blasiertheit. Wer es nicht versteht, mit Kennerblick sidonischen Purpur von Wollstoffen zu unterscheiden, die nur mit aquinatischem Rot gefärbt sind, der wird keinen so gewiss eintretenden und so nahe ans Mark gehenden Schaden erleiden wie einer, der das Falsche vom Wahren nicht unterscheiden kann. Wen das Glück allzu sehr entzückt, den wird sein Wechsel niederschmettern. Wenn du in eine Sache ganz vergafft bist, wirst du sie nur widerwillig aufgeben. Meide also alle Pracht! Man kann unter ärmlichem Dache glücklicher leben als die Großen und ihre Umgebung. Der Hirsch vertrieb einst, weil er im Kampf der Stärkere war, das Pferd immer vom gemeinsamen Weideplatz, bis dieses, im langen Streite unterlegen, den Menschen um seine Hilfe bat und sich einen Zügel anlegen ließ. Aber nachdem es in gewaltigem Ansturm über seinen Feind gesiegt hatte, konnte es den Reiter nicht mehr von seinem Rücken, die Kandare nicht mehr aus seinem Maule loswerden. So muss einer, der aus Furcht vor bescheidenen Verhältnissen seine Freiheit opfert, die doch mehr wert ist als ganze Bergwerke, wegen seiner eigenen Erbärmlichkeit einen Herrn auf seinem Rücken tragen und in Ewigkeit Sklavendienste tun, weil er es nie verstehen wird, mit Wenigem auszukommen. Wem sein Besitz nicht passt, den wird ein größerer zu Fall bringen wie manchmal ein Schuh, der für den Fuß zu groß ist, und ein kleinerer wird ihn drücken. Wenn du dich also mit deinem Lose glücklich fühlst, dann wirst du weise leben, Aristius. Lass es auch mir nicht ohne Rüge hingehen, wenn es dir scheint, dass ich mehr zusammenscharre als genug ist, und damit nicht aufhöre. Das Geld, das einer angehäuft hat, ist entweder sein Herr oder sein Diener; aber jedenfalls ist es besser, wenn es am gewundenen Stricke folgen muss, als wenn es an ihm den Besitzer hinter sich drein zieht. Diesen Brief an dich diktiere ich hinter dem verfallenen Heiligtum der Vacuna, in recht froher Stimmung und bedaure nur, dass du nicht bei mir bist.
Brief 1,11 : An Bullatius Wie hat dir Chios gefallen, Bullatius, und das berühmte Lesbos, wie das schmucke Sardes, die Residenz des Kroisos, wie Smyrna und Kolophon? Schienen sie dir bedeutender oder geringer als ihr Ruf? Dünken sie dir alle nur verächtlich im Vergleich zum Marsfeld und zum Tiberstrom? Oder kommt für deine Wünsche eine von den Städten des Attalos in Betracht? Oder lobst du dir gar Lebedos aus Überdruss an deinen Land- und Seereisen? Weißt du, was Lebedos ist? Ein Nest ist es, noch öder als Gabii und Fidenae. Und doch möchte ich jetzt am liebsten dort leben, meine Freunde vergessend und auch von ihnen vergessen, und in der Ferne vom Lande aus dem Wüten Neptuns zuschauen. Aber wenn man von Capua nach Rom reist, wird man nicht gleich sein ganzes Leben in einem Wirtshaus zubringen wollen, weil man in ihm, vom Regen durchnässt und mit Kot bespritzt, eine Unterkunft fand. Wer recht durchgefroren isst, preist einen braven Ofen und ein warmes Bad noch nicht als Dinge, die das Lebensglück vollauf verbürgen. Und wenn dich der gewaltige Südwind auf hoher See umhergeschleudert
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Epistularum Liber Prior
idcirco navem trans Aegaeum mare vendas. incolumi Rhodos et Mytilene pulchra facit quod paenula solstitio, campestre nivalibus auris, per brumam Tiberis, Sextili mense caminus. dum licet ac voltum servat Fortuna benignum, Romae laudetur Samos et Chios et Rhodos absens. tu quamcumque deus tibi fortunaverit horam grata sume manu neu dulcia differ in annum, ut quocumque loco fueris, vixisse libenter te dicas: nam si ratio et prudentia curas, non locus effusi late maris arbiter aufert, caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt. strenua nos exercet inertia: navibus atque quadrigis petimus bene vivere. quod petis, hic est, est Ulubris, animus si te non deficit aequus.
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XII Fructibus Agrippae Siculis, quos colligis, Icci, si recte frueris, non est ut copia maior ab Iove donari possit tibi. tolle querellas; pauper enim non est, cui rerum suppetit usus. si ventri bene, si lateri est pedibusque tuis, nil divitiae poterunt regales addere maius. si forte in medio positorum abstemius herbis vivis et urtica, sic vives protinus, ut te confestim liquidus Fortunae rivus inauret, vel quia naturam mutare pecunia nescit, vel quia cuncta putas una virtute minora. miramur, si Democriti pecus edit agellos cultaque, dum peregre est animus sine corpore velox, cum tu inter scabiem tantam et contagia lucri nil parvum sapias et adhuc sublimia cures: quae mare conpescant causae, quid temperet annum, stellae sponte sua iussaene vagentur et errent, quid premat obscurum lunae, quid proferat orbem, quid velit et possit rerum concordia discors, Empedocles an Stertinium deliret acumen. verum seu piscis seu porrum et caepe trucidas, utere Pompeio Grospho et, si quid petet, ultro defer: nil Grosphus nisi verum orabit et aequum. vilis amicorum est annona, bonis ubi quid dest. ne tamen ignores, quo sit Romana loco res: Cantaber Agrippae, Claudi virtute Neronis
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Brief 1,12
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hat, wirst du deswegen kaum dein Schiff überm Ägäischen Meer drüben verkaufen. Wenn einer in seiner bürgerlichen Existenz nicht gefährdet ist, tut ihm das schöne Rhodos und Mytilene so wohl wie im Hochsommer ein Wettermantel, ein Kampfschurz bei Schneewind, ein Bad im Tiber zur Winterzeit und ein warmer Ofen im August. Solange es uns vergönnt ist und Fortuna eine gnädige Miene zeigt, mag man in Rom ferne Stätten wie Samos, Chios und Rhodos preisen. Du nimm jede glückliche Stunde, die dir ein Gott gewährt, dankbar an und verschiebe den Genuss nicht immer weiter, damit du sagen kannst, du habest gerne gelebt, an welchem Ort auch immer du gelebt haben magst. Denn wenn Vernunft und Weisheit die Sorgen verscheuchen, nicht aber ein das breite Meer weithin beherrschender Ort, so wechseln Menschen, die über das Meer eilen, nur den Himmelsstrich, nicht aber die Gemütsverfassung. Uns plagt geschäftiger Müßiggang: Auf Schiffen und Viergespannen jagen wir dem Glücke nach. Aber was du erjagen willst, ist schon hier, ist in Ulubrae, wenn es dir nicht an Gleichmut fehlt.
Brief 1,12 : An Iccius Wenn du die Erträge, die du aus den sizilischen Latifundien Agrippas einziehst, Iccius, recht zu genießen verstehst, dann kann dir Jupiter unmöglich eine größere Fülle des Glücks schenken. Fort also mit dem Gejammer! Denn der ist nicht arm, dem der Genuss seines Vermögens freisteht. Wenn Magen, Lunge und Füße gesund sind, wird dir nicht einmal fürstlicher Reichtum noch größeres Glück hinzubringen. Wenn du aber vielleicht von deinen Mitteln keinen Gebrauch machst, sondern enthaltsam von Kräutern und Brennnesseln lebst, wirst du auch dann so weiterleben, wenn das Glück plötzlich einen Strom lauteren Goldes über dich ergießt, weil entweder das Geld die menschliche Natur nicht ändern kann oder weil du alles geringer einschätzest als die Tugend. Da wundert man sich, wenn das Vieh die Äcker und Baumpflanzungen Demokrits abfraß, während sein Geist, vom Körper entbunden, in hohem Flug in die Ferne schweifte, wo doch du inmitten der so lockenden Seuche der Gewinnsucht nicht niedrig denkst, sondern dich bis zur Stunde mit erhabenen Dingen beschäftigst, zum Beispiel mit den Urkräften, die das Meer in seinen Schranken halten, mit dem Gesetz, das die Jahreszeiten regelt, mit der Frage, ob die Planeten aus eigener Kraft oder auf höheres Gebot umherschweifen und umherirren, welche Macht es ist, die die Scheibe des Mondes in Dunkel hüllt und wieder aufhellt, was Bedeutung und Wirkungen der zwieträchtigen Eintracht in der Natur sind, und ob Empedokles vom rechten Wege abirrt oder der scharfsinnige Stertinius. Aber magst du nun Fisch oder Lauch und Zwiebeln abwürgen, jedenfalls musst du den Pompejus Grosphus zu deinem Freunde machen, und wenn er dich um etwas bittet, es ihm zuvorkommend gewähren: Ein Grosphus wird um nichts bitten, was nicht recht und billig ist. Um geringen Preis können wir uns ja Freunde erwerben, wenn guten Menschen etwas mangelt. Damit du aber auch erfährst, wie es um den römischen Staat steht, so vernimm: Die Kantabrer sind
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Armenius cecidit; ius imperiumque Phraates Caesaris accepit genibus minor; aurea fruges Italiae pleno defundit Copia cornu.
XIII Ut proficiscentem docui te saepe diuque, Augusto reddes signata volumina, Vinni, si validus, si laetus erit, si denique poscet; ne studio nostri pecces odiumque libellis sedulus inportes opera vehemente minister. si te forte meae gravis uret sarcina chartae, abicito potius, quam quo perferre iuberis clitellas ferus inpingas Asinaeque paternum cognomen vertas in risum et fabula fias. viribus uteris per clivos flumina lamas. victor propositi simul ac perveneris illuc, sic positum servabis onus, ne forte sub ala fasciculum portes librorum, ut rusticus agnum, ut vinosa glomus furtivae † Pirria lanae, ut cum pilleolo soleas conviva tribulis. ne volgo narres te sudavisse ferendo carmina quae possint oculos aurisque morari Caesaris. oratus multa prece nitere porro; vade, vale; cave ne titubes mandataque frangas.
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dem Heldenarme des Agrippa, die Armenier dem des Claudius Nero erlegen; Phraates hat Recht und Oberherrschaft Roms vor Caesar auf den Knien anerkannt. Die goldene Göttin der Fülle hat über Italien aus vollem Horn ihre Früchte ausgeschüttet.
Brief 1,13 : An Vinnius Asina Wie ich dich schon bei deiner Abreise wiederholt und eindringlich anwies, wirst du dem Augustus die versiegelten Papyrusrollen überreichen, Vinnius, wenn er gesund und guter Dinge ist, kurz, wenn er nach ihnen verlangt. Dass du mir ja nicht aus lauter Begeisterung für mich einen dummen Streich machst und als übereifriger Diener durch ungestümes Bemühen meine Bücher in Ungnade bringst! Wenn vielleicht die schwere Last meiner Papiere dich wunddrückt, wirf sie lieber weg, als dass du dort, wohin du sie zu tragen hast, wild geworden, den Packsattel an eine Mauer haust und so deinen Familiennamen „Eselein“ zum Gespött machst und dich selbst zum Stadtgespräch! Gebrauche deine Kraft vielmehr auf deinem Wege über Hügel, Flüsse und Pfützen! Hast du dann deine Reise glücklich vollendet, musst du gleich nach deiner Ankunft dort deine Last ohne weitere Umstände hinlegen und still aufbewahren. Dass du mir das Bücherpaket nicht etwa unter der Achsel trägst wie der Bauer ein Lamm oder wie die betrunkene Pirria das gestohlene Wollknäuel oder wie ein zu Gast geladener Tribusgenosse seine Sandalen nebst der Fellmütze! Erzähle auch nicht jedermann, wie viel Schweiß es dich gekostet habe, lyrische Gedichte zu tragen, die Auge und Ohr Caesars zu fesseln vermöchten! So, nun habe ich dich oft genug ermahnt, stapfe nur weiter! Zieh hin, bleib gesund und gib acht, dass du nicht stolperst und die anvertrauten Rollen zerdrückst!
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XIV Vilice silvarum et mihi me reddentis agelli, quem tu fastidis, habitatum quinque focis et quinque bonos solitum Variam dimittere patres, certemus, spinas animone ego fortius an tu evellas agro, et melior sit Horatius an res. me quamvis Lamiae pietas et cura moratur fratrem maerentis, rapto de fratre dolentis insolabiliter, tamen istuc mens animusque fert et avet spatiis obstantia rumpere claustra. rure ego viventem, tu dicis in urbe beatum: cui placet alterius, sua nimirum est odio sors. stultus uterque locum inmeritum causatur inique: in culpa est animus, qui se non effugit umquam. tu mediastinus tacita prece rura petebas, nunc urbem et ludos et balnea vilicus optas; me constare mihi scis et discedere tristem, quandocumque trahunt invisa negotia Romam. non eadem miramur; eo disconvenit inter meque et te; nam quae deserta et inhospita tesqua credis, amoena vocat mecum qui sentit, et odit quae tu pulchra putas. fornix tibi et uncta popina incutiunt urbis desiderium, video, et quod angulus iste feret piper et tus ocius uva nec vicina subest vinum praebere taberna quae possit tibi, nec meretrix tibicina, cuius ad strepitum salias terrae gravis; et tamen urges iam pridem non tacta ligonibus arva bovemque disiunctum curas et strictis frondibus exples; addit opus pigro rivus, si decidit imber, multa mole docendus aprico parcere prato. nunc age quid nostrum concentum dividat audi. quem tenues decuere togae nitidique capilli, quem scis inmunem Cinarae placuisse rapaci, quem bibulum liquidi media de luce Falerni, cena brevis iuvat et prope rivum somnus in herba; nec lusisse pudet, sed non incidere ludum. non istic obliquo oculo mea commoda quisquam limat, non odio obscuro morsuque venenat: rident vicini glaebas et saxa moventem. cum servis urbana diaria rodere mavis, horum tu in numerum voto ruis: invidet usum lignorum et pecoris tibi calo argutus et horti. optat ephippia bos piger, optat arare caballus: quam scit uterque, libens, censebo, exerceat artem.
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Brief 1,14 (An den Gutsverwalter) Verwalter meines Waldes und meines lieben Gütchens, das mich mir wiederschenkt, das du aber hochmütig geringschätztest, weil es nur mit fünf Feuerstellen besetzt ist und von jeher nur fünf biedere Hausväter nach Varia auf den Markt schickt, wollen wir einmal im Wettstreit sehen, ob ich wackerer die Dornen aus meinem Herzen ausreiße oder du aus meinem Acker und ob es um Horaz besser bestellt ist oder um seinen Besitz! Obwohl mich die besorgte Liebe um Lamia in Rom festhält, der um seinen Bruder trauert und um dessen plötzlichen Verlust untröstlichen Schmerz empfindet, zieht mich doch mein ganzes Sinnen und Trachten zu euch hinaus, und es möchte am liebsten die Schranken zerbrechen, die mir die freie Bahn versperren. Ich preise den glücklich, der auf dem Lande, du den, der in der Stadt lebt. Wem aber das Los eines andern gefällt, der fühlt natürlich gegen sein eigenes Widerwillen. In ihrer Torheit schieben beide mit Unrecht die Schuld auf ihren Aufenthaltsort, der doch ganz unschuldig ist. Schuld ist vielmehr das eigene Herz, das nie sich selber entfliehen kann. Du hattest früher als Hausknecht immer den heimlichen Wunsch, aufs Land zu kommen. Jetzt als Verwalter wünschest du dich in die Stadt mit ihren Festspielen und Bädern. Du weißt, dass ich mir treu bleibe und jedes Mal unmutig fortgehe, wenn mich verhasste Geschäfte nach Rom rufen. Wir zwei schwärmen eben nicht für das Gleiche: das ist der Punkt, worin wir nicht harmonieren. Denn eine Gegend, die du für eine öde, unwirtliche Steppe hältst, nennt einer, der wie ich empfindet, lieblich und findet das widerwärtig, was du für schön hältst. Das Freudenhaus und die fette Garküche sind es, die dir Heimweh nach der Großstadt einflößen, das sehe ich ganz genau, und die Tatsache, dass ‘der verwünschte Winkel’ eher Pfeffer und Weihrauch tragen wird als Trauben und dass keine Schenke in der Nähe ist, die dich mit Wein versorgen könnte, und keine flötenspielende Dirne, zu deren lärmender Musik du mit schwerem Tanzschritt die Erde stampfen könntest. Und dabei musst du doch die Flur, die schon lange von keinem Karst mehr berührt wurde, in anstrengender Arbeit bebauen, dich um den ausgespannten Stier kümmern und ihm den Bauch mit abgestreiftem Laub füllen. In deiner Verdrossenheit macht dir dann der Bach noch mehr Arbeit, wenn ein Platzregen fällt, weil du ihm dann mit vieler Mühe beibringen musst, dass er die sonnige Wiese schonen soll. Also, vernimm jetzt den Grund, der unsere Eintracht stört! Mich, dem eine Toga aus feiner Wolle und ölglänzendes Haar wohl anstand, mich, von dem du weißt, dass er der habgierigen Cinara gefiel, ohne ihr Geschenke geben zu müssen, und dass er schon vom hellen Mittag an gern vom klaren Falerner trank, mich labt jetzt eine bescheidene Mahlzeit und neben dem Bach ein Schläfchen im Grase. Es ist auch keine Schande, wenn man einmal den Bruder Lustig gespielt hat, aber eine Schande wäre es, wenn man dieses Spiel nicht abbrechen könnte. Bei euch draußen mindert mir niemand mit scheelem Blicke mein Glück, niemand vergiftet es mit verstecktem Hass und heimlicher Nachrede. Höchstens lachen die Nachbarn, wenn ich mir an Erdschollen und Steinen zu schaffen mache. Du willst lieber mit den Sklaven in der Stadt an den schmalen Tagesrationen herumnagen. Dein heißester Wunsch ist es, schnell wieder einer von ihnen zu werden: umgekehrt missgönnt dir mein Stallknecht mit seiner ganzen schlauen Beredsamkeit den Nießbrauch von Brennholz, Fleisch und Gemüse. In seiner Verdrossenheit wünscht sich der Stier einen Sattel, das Reitpferd möchte einen Pflug ziehen. Meines Erachtens jedoch soll jeder mit Lust und Liebe das Handwerk betreiben, das er versteht.
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XV Quae sit hiems Veliae, quod caelum, Vala, Salerni, quorum hominum regio et qualis via – nam mihi Baias Musa supervacuas Antonius, et tamen illis me facit invisum, gelida cum perluor unda per medium frigus. sane murteta relinqui dictaque cessantem nervis elidere morbum sulpura contemni vicus gemit, invidus aegris qui caput et stomachum supponere fontibus audent Clusinis Gabiosque petunt et frigida rura. mutandus locus est et deversoria nota praeteragendus equus. ‘quo tendis? non mihi Cumas est iter aut Baias’ laeva stomachosus habena dicet eques; sed equi frenato est auris in ore – ; maior utrum populum frumenti copia pascat, collectosne bibant imbris puteosne perennis iugis aquae – nam vina nihil moror illius orae. rure meo possum quidvis perferre patique: ad mare cum veni, generosum et lene requiro, quod curas abigat, quod cum spe divite manet in venas animumque meum, quod verba ministret, quod me Lucanae iuvenem commendet amicae – ; tractus uter pluris lepores, uter educet apros, utra magis piscis et echinos aequora celent, pinguis ut inde domum possim Phaeaxque reverti, scribere te nobis, tibi nos adcredere par est. Maenius, ut rebus maternis atque paternis fortiter absumptis urbanus coepit haberi, scurra vagus, non qui certum praesepe teneret, inpransus non qui civem dinosceret hoste, quaelibet in quemvis opprobria fingere saevus, pernicies et tempestas barathrumque macelli, quidquid quaesierat ventri donabat avaro. hic ubi nequitiae fautoribus et timidis nil aut paulum abstulerat, patinas cenabat omasi vilis et agninae – tribus ursis quod satis esset –, scilicet ut ventres lamna candente nepotum diceret urendos correctus Bestius. idem, quidquid erat nactus praedae maioris, ubi omne verterat in fumum et cinerem, ‘non hercule miror’, aiebat, ‘si qui comedunt bona, cum sit obeso nil melius turdo, nil volva pulchrius ampla.’
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Brief 1,15 : An Numonius Vala Wie der Winter in Velia ist, Vala, wie das Klima in Salernum, was für Leute diese Gegend bewohnen und wie der Weg dorthin ist – Antonius Musa sagt nämlich, Bajae komme für mich nicht in Betracht, und macht mich trotzdem bei dessen Einwohnern verhasst, wenn ich mich nach seiner Verordnung mitten in der kalten Jahreszeit mit eiskaltem Wasser übergießen lasse. Freilich sieht das Städtchen mit Seufzen, wie seine Myrtenhaine veröden und seine Schwefelquellen verachtet werden, die doch bisher in dem Ruf standen, hartnäckige Krankheiten gründlich aus den Muskeln zu vertreiben, und es sieht scheel auf die Kranken, die die Kühnheit besitzen, Kopf und Leib unter die Quellen von Clusium zu halten, Gabii aufzusuchen und überhaupt die ländliche Einsamkeit kalter Gegenden. Ich muss also den Kurort wechseln und mein Reitpferd an den wohlbekannten Herbergen vorübertreiben. „Wo willst du denn hin? Mein Weg führt ja nicht nach Cumae oder Bajae“, wird der Reiter sagen und ärgerlich am linken Zügel reißen: denn ein Pferd hat eben das Ohr im gezäumten Maul – ; ob die Einwohner der einen oder die der andern Stadt eine größere Menge Korn zum Sattessen haben, ob sie Regenwasser trinken, das in Zisternen gesammelt ist, oder ob sie aus unerschöpflichen Brunnen nie versiegenden Wassers trinken – denn um die Weine dieser Küstenlandschaft kümmere ich mich gar nicht. Bei mir auf dem Lande nehme ich mit jeder Sorte vorlieb; bin ich aber an der See, verlange ich einen edlen, milden Tropfen, der die Sorgen vertreibt und überschwängliche Hoffnungen in mir weckend durch Adern und Herz kreist, Beredsamkeit verleiht und mich einer lukanischen Schönen begehrenswert erscheinen lässt, wie wenn ich ein junger Mann wäre – ; welche Gegend mehr Hasen, welche mehr Eber ernährt, an welcher das Meer mehr Fische und Seeigel birgt, damit ich als fetter Phaiake wieder heimkomme: das alles musst du mir schreiben, und ich muss es dir pflichtschuldigst glauben. Als Maenius sein mütterliches und sein väterliches Erbe tapfer verprasst hatte und dann allmählich als ‘feiner Städter’ galt, das heißt als Possenreißer, der in seinem unsteten Leben keine bestimmte Futterkrippe besaß und, wenn er nichts zum Frühstück gehabt hatte, zwischen einem Mitbürger und einem Landesfeind keinen Unterschied machte, sondern in seinem Grimm alle möglichen Bezichtigungen erfand, um sie gegen den nächsten Besten zu schleudern: Da war er die Vernichtung, ein Wettersturm, ein Abgrund für den Fleischmarkt und ließ alles, was er sich ergattert hatte, seinem gierigen Bauche zukommen. Wenn dieser Mensch von den Beschirmern seiner Liederlichkeit und von solchen Leuten, die seine böse Zunge fürchteten, einmal nichts oder nur wenig davongetragen hatte, dann konnte er ganze Schüsseln voll Kaldaunen und billiges Lammfleisch verzehren, das für drei Bären hingereicht hätte, natürlich, um dann wie ein bekehrter Bestius zu fordern, man solle die Bäuche der Schlemmer mit weißglühenden Blechplatten brandmarken. Hatte er aber eine größere Beute erwischt und sie bis auf den letzten Rest in Rauch und Asche verwandelt, dann sagte er jedes Mal: „Beim Herkules! Es kann mich nicht wundern, wenn manche Leute ihr Hab und Gut verfressen; es gibt ja nichts Besseres als eine fette Drossel und nichts Schöneres als eine staatliche Schweinevulva.“
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nimirum hic ego sum; nam tuta et parvola laudo, cum res deficiunt, satis inter vilia fortis; verum ubi quid melius contingit et unctius, idem vos sapere et solos aio bene vivere, quorum conspicitur nitidis fundata pecunia villis.
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XVI Ne perconteris, fundus meus, optime Quincti, arvo pascat erum an bacis opulentet olivae, pomisne et pratis an amicta vitibus ulmo, scribetur tibi forma loquaciter et situs agri. Continui montes ni dissocientur opaca valle, sed ut veniens dextrum latus aspiciat sol, laevum discedens curru fugiente vaporet, temperiem laudes. quid si rubicunda benigni corna vepres et pruna ferant, si quercus et ilex multa fruge pecus, multa dominum iuvet umbra? dicas adductum propius frondere Tarentum. fons etiam rivo dare nomen idoneus, ut nec frigidior Thraecam nec purior ambiat Hebrus, infirmo capiti fluit utilis, utilis alvo. hae latebrae dulces et, iam si credis, amoenae incolumem tibi me praestant septembribus horis. tu recte vivis, si curas esse quod audis. iactamus iam pridem omnis te Roma beatum; sed vereor, ne cui de te plus quam tibi credas neve putes alium sapiente bonoque beatum neu, si te populus sanum recteque valentem dictitet, occultam febrem sub tempus edendi dissimules, donec manibus tremor incidat unctis. stultorum incurata pudor malus ulcera celat. si quis bella tibi terra pugnata marique dicat et his verbis vacuas permulceat auris: ‘tene magis salvum populus velit an populum tu, servet in ambiguo qui consulit et tibi et urbi Iuppiter’, Augusti laudes agnoscere possis: cum pateris sapiens emendatusque vocari, respondesne tuo, dic sodes, nomine? ‘nempe vir bonus et prudens dici delector ego ac tu.’ qui dedit hoc hodie, cras, si volet, auferet, ut, si detulerit fasces indigno, detrahet idem. ‘pone, meum est’ inquit: pono tristisque recedo.
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Geradeso bin natürlich auch ich. Denn einen sicheren, wenn auch kleinen Besitz lobe ich mir nur dann, wenn ich kein Geld habe; dann nehme ich mit billigen Dingen vorlieb. Aber wenn mir ein besserer, fetterer Bissen zufällt, dann sage auch ich, dass nur Leute wie du und deinesgleichen vernünftig sind und gut leben, Leute, deren Vermögen in glänzenden Villen sicher angelegt ist, wo es aller Welt vor Augen liegt.
Brief 1,16 : An Quinctius Damit du nicht lange zu fragen brauchst, bester Quinctius, ob mein Grundbesitz mit Getreide seinen Herrn ernährt oder ob er ihn durch Oliven wohlhabend macht, ob durch Obst oder Wiesen oder durch rebenumrankte Ulmen, so soll dir Gestalt und Lage des Landgutes redselig beschrieben werden: Wenn du dir vorstellst, dass eine zusammenhängende Bergkette von einem schattigen Tal durchschnitten wird, und zwar so, dass die Sonne bei ihrem Aufgang die rechte Seite bescheint und, wenn sie auf flüchtigem Wagen scheidet, noch die linke Seite erwärmt, so wirst du das milde Klima wohl loben müssen. Und was sagst du erst dazu, dass die Hecken freigebig hochrote Kornelkirschen und Schlehen tragen, dass Sommer- und Wintereichen mit ihrem reichen Ertrag das Vieh und mit ihrem dichten Schatten den Besitzer erfreuen? Man könnte meinen, Tarent mit seinen Laubwäldern sei herbeigezaubert. Auch eine Quelle fließt hier, stark genug, um dem Bach ihren Namen zu geben, und so kühl und klar wie der Hebros, der sich durch Thrakien windet; ihr Wasser ist gesund und heilsam für Kopf- und Magenleiden. Dieser abgelegene Winkel, der mir eine Wonne und, wenn du es mir glauben willst, sogar landschaftlich schön ist, verbürgt dir meine Gesundheit in den Septembertagen. Du findest dein Lebensglück, wenn du dich bemühst, wirklich das zu sein, was man von dir sagt. Wir alle in Rom rühmen schon längst dein Glück. Doch fürchte ich, du könntest beim Urteil über dich einem Dritten mehr Glauben schenken als dir selbst und dir die Meinung bilden, das Glück bestehe in etwas anderem als in Weisheit und Tugend, und du könntest, wenn man deine Gesundheit und Rüstigkeit immer wieder rühmt, zur Essenszeit dein heimliches Wechselfieber zu verbergen suchen, bis schließlich das Zittern die fettigen Hände befällt. Nur törichte, falsche Scham verheimlicht ungeheilte Geschwüre. Wenn jemand von Schlachten sänge, die von dir zu Lande und zu Wasser geschlagen worden seien, und dein aufmerksames Ohr mit folgenden Worten umschmeichelte: „Ob das Volk dein Wohlergehen heißer wünscht oder du das des Volkes, möge Jupiter, der dich und die Hauptstadt beschirmt, unentschieden lassen!“, dann bist du wohl imstande, darin die Lobpreisungen zu erkennen, die Augustus gebühren. Wenn du es aber ruhig geschehen lässt, dass man dich einen weisen, fehlerlosen Mann nennt, kannst du dann – sag es doch, wenn du dich getraust – mit deinem Namen antworten? „Natürlich macht es mir so gut wie dir Vergnügen, als guter und kluger Mann angesprochen zu werden.“ Aber das Volk, das dir heute diesen Ehrennamen gab, wird ihn dir, wenn es ihm beliebt, morgen wieder nehmen, wie es auch die Fasces, die es einem Unwürdigen verlieh, wieder abnimmt. „Lege sie nieder!“, heißt es dann, „das gehört mir!“ Ich lege sie nieder und trete traurig zurück.
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idem, si clamet furem, neget esse pudicum, contendat laqueo collum pressisse paternum, mordear opprobriis falsis mutemque colores? falsus honor iuvat et mendax infamia terret quem nisi mendosum et medicandum? vir bonus est quis? ‘qui consulta patrum, qui leges iuraque servat, quo multae magnaeque secantur iudice lites, quo res sponsore et quo causae teste tenentur.’ sed videt hunc omnis domus et vicinia tota introrsum turpem, speciosum pelle decora. ‘nec furtum feci nec fugi’ si mihi dicat servus, ‘habes pretium, loris non ureris’ aio. ‘non hominem occidi.’ ‘non pasces in cruce corvos.’ ‘sum bonus et frugi.’ renuit negitatque Sabellus. cautus enim metuit foveam lupus accipiterque suspectos laqueos et opertum miluus hamum: oderunt peccare boni virtutis amore. tu nihil admittes in te formidine poenae: sit spes fallendi, miscebis sacra profanis. nam de mille fabae modiis cum surripis unum, damnum est, non facinus mihi pacto lenius isto. vir bonus, omne forum quem spectat et omne tribunal, quandocumque deos vel porco vel bove placat, ‘Iane pater’ clare, clare cum dixit ‘Apollo’, labra movet metuens audiri: ‘pulchra Laverna, da mihi fallere, da iusto sanctoque videri, noctem peccatis et fraudibus obice nubem.’ qui melior servo, qui liberior sit avarus, in triviis fixum cum se demittit ob assem, non video. nam qui cupiet, metuet quoque; porro qui metuens vivet, liber mihi non erit umquam. perdidit arma, locum virtutis deseruit, qui semper in augenda festinat et obruitur re. ‘vendere cum possis captivum, occidere noli: serviet utiliter; sine pascat durus aretque, naviget ac mediis hiemet mercator in undis, annonae prosit, portet frumenta penusque.’ vir bonus et sapiens audebit dicere: ‘Pentheu, rector Thebarum, quid me perferre patique indignum coges?’ ‘adimam bona.’ ‘nempe pecus, rem, lectos, argentum: tollas licet.’ ‘in manicis et compedibus saevo te sub custode tenebo.’ ‘ipse deus, simulatque volam, me solvet.’ opinor, hoc sentit ‘moriar’. mors ultima linea rerum est.
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Soll ich aber, wenn es mir „Dieb!“ nachschreit und sagt, ich sei kein anständiger Mensch, und wenn es steif und fest behauptet, ich hätte meinem Vater mit einem Strick den Hals zugedrosselt – soll ich mich dann auch durch solche Verleumdungen verletzt fühlen und die Farbe wechseln? Wen erfreut denn unverdiente Ehre und wen schreckt grundloser Vorwurf außer dem, der mit Fehlern behaftet und daher heilungsbedürftig ist? Wer ist aber in den Augen des Volkes ein braver Mann? „Einer, der die Beschlüsse des Senats, die Gesetze und die Rechtsbestimmungen beachtet, als Geschworener viele wichtige Prozesse entscheidet, durch dessen Bürgschaft geschäftliche Angelegenheiten und durch dessen Zeugnis Streitsachen durchgesetzt werden.“ Aber von so einem Menschen weiß ja sein ganzes Haus und die ganze Nachbarschaft, dass er im Innern ein Schurke ist, der nur durch ein schönes Fell die Augen auf sich zieht. „Ich bin kein Dieb und kein Ausreißer.“ Wenn so ein Sklave zu mir spräche, würde ich antworten: „Du hast deinen Lohn bereits: Du bekommst die brennenden Hiebe mit der Lederpeitsche nicht zu spüren.“ „Ich bin auch kein Mörder.“ „Dafür wirst du auch nicht am Kreuz die Raben nähren.“ „Ich bin ein braver, ehrlicher Mensch.“ Da wirft der Sabeller den Kopf zurück und sagt entschieden: „Nein!“ Es nimmt sich ja auch der Wolf in Acht und meidet die Fallgrube wie der Habicht das verdächtige Stellnetz und der Raubfisch die verborgene Angel. Gute Menschen aber haben aus Liebe zur Tugend einen Widerwillen gegen die Sünde. Du wirst dir freilich nichts zuschulden kommen lassen, doch nur aus Grauen vor der Strafe. Gesetzt aber, es bestünde Aussicht, unentdeckt zu bleiben, wirst du Heiliges und Unheiliges durcheinander mengen. Denn wenn du von tausend Scheffeln Bohnen nur einen stiehlst, so ist bei deiner Denkweise nur der materielle Verlust für mich weniger fühlbar, nicht aber der Frevel als solcher milder zu beurteilen. Sooft unser Biedermann, auf den das ganze Forum und der ganze Gerichtshof seine Blicke richtet, die Götter durch ein Schwein oder ein Rind zu besänftigen sucht, ruft er laut „Vater Janus!“ und laut „Apollo!“. Dann aber bewegt er, aus Furcht, gehört zu werden, nur leise die die Lippen zur Bitte: „Mächtige Laverna! Schenke mir die Kunst zu betrügen, verleihe mir die Gnade, dass ich als gerechter, ehrwürdiger Mann dastehe! Bedecke mit Nacht meine Vergehen und mit Nebel meine Betrügereien!“ Wieso ein Geizhals, der sich auf der Straße wegen eines Pfennigs bückt, besser oder weniger unfrei sein soll als ein Sklave, das kann ich nicht einsehen. Denn einer, der Begierden hat, wird auch Furcht haben. Weiter, wer sein Leben in Furcht hinbringt, wird in meinen Augen nie ein Freier sein. Die Waffen hat weggeworfen, den Posten der Tugend hat verlassen, wer immerfort hastet, um sein Vermögen zu vermehren, und in diesem Bestreben ermattet zu Boden sinkt. „Aber da du den Kriegsgefangenen verkaufen kannst, so töte ihn ja nicht! Er mag als Sklave nützliche Dienste tun. Lass ihn – er ist ja ein abgehärteter Gesell – das Vieh hüten und das Feld bestellen; er soll über das Meer fahren und als Kaufmann mitten in den Wogen den Winter hinbringen, die Preise verbilligen und Getreide und Lebensmittel herbeischaffen.“ Der brave und weise Mann wird den Mut haben zu sagen: „Pentheus, Herrscher von Theben, welche Demütigung geduldig zu ertragen willst du mich zwingen?“ „Ich werde dir Hab und Gut nehmen.“ „Das heißt natürlich: Vieh, Geld, Speisesofas, Tafelsilber. Das kannst du nehmen.“ „Ich werde dich in Hand- und Fußschellen unter der Aufsicht eines grimmigen Kerkermeisters in Gewahrsam halten.“ „Der Gott selbst wird mich, sobald ich nur will, erlösen.“ Damit meinte er doch wohl: „Nun, so gehe ich in den Tod.“ Der Tod ist die äußerste Grenze aller irdischen Dinge.
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XVII Quamvis, Scaeva, satis per te tibi consulis et scis, quo tandem pacto deceat maioribus uti, disce, docendus adhuc quae censet amiculus, ut si caecus iter monstrare velit; tamen adspice, si quid et nos, quod cures proprium fecisse, loquamur. si te grata quies et primam somnus in horam delectat, si te pulvis strepitusque rotarum, si laedit caupona, Ferentinum ire iubebo; nam neque divitibus contingunt gaudia solis nec vixit male, qui natus moriensque fefellit. si prodesse tuis pauloque benignius ipsum te tractare voles, accedes siccus ad unctum. ‘si pranderet holus patienter, regibus uti nollet Aristippus.’ ‘si sciret regibus uti, fastidiret holus, qui me notat.’ utrius horum verba probes et facta, doce, vel iunior audi, cur sit Aristippi potior sententia. namque mordacem Cynicum sic eludebat, ut aiunt: ‘scurror ego ipse mihi, populo tu: rectius hoc et splendidius multo est. equus ut me portet, alat rex, officium facio: tu poscis vilia – verum dante minor, quamvis fers te nullius egentem.’ omnis Aristippum decuit color et status et res, temptantem maiora, fere praesentibus aequum. contra, quem duplici panno patientia velat, mirabor, vitae via si conversa decebit. alter purpureum non expectabit amictum, quidlibet indutus celeberrima per loca vadet personamque feret non inconcinnus utramque; alter Mileti textam cane peius et angui vitabit chlanidem, morietur frigore, si non rettuleris pannum. refer et sine vivat ineptus. res gerere et captos ostendere civibus hostis attingit solium Iovis et caelestia temptat: principibus placuisse viris non ultima laus est. ‘non cuivis homini contingit adire Corinthum.’ sedit qui timuit, ne non succederet. ‘esto. quid? qui pervenit, fecitne viriliter?’ atqui hic est aut nusquam, quod quaerimus. hic onus horret, ut parvis animis et parvo corpore maius, hic subit et perfert. aut virtus nomen inane est, aut decus et pretium recte petit experiens vir.
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Brief 1,17 : An Scaeva Wenn du dir auch selber ganz gut zu raten weißt, Scaeva, und zur Genüge die Art und Weise kennst, auf die man mit den Großen umgehen muss, so höre doch noch die Vorschläge eines guten Freundes, der freilich selber noch der Lehre bedarf, wie wenn dir ein Blinder den Weg zeigen wollte! Sieh aber doch zu, ob nicht auch unsereins etwas zu sagen weiß, was du dir zu eigen machen solltest! Wenn du an deiner lieben Ruhe und an Schlaf bis zur ersten Morgenstunde dein Behagen findest, wenn dir der Straßenstaub und das Rädergerassel und der Lärm in den Wirtschaften eine Qual ist, dann gebe ich dir entschieden den Rat, nach Ferentinum zu gehen. Denn die Reichen sind nicht die einzigen Leute, denen die Freuden des Lebens beschieden sind, und man muss nicht ohne jeden Genuss gelebt haben, wenn man im Verborgenen geboren und gestorben ist. Wenn du aber deinen Angehörigen nützen und dich selbst ein bisschen besser pflegen willst, musst du dich, falls du ein armer Schlucker bist, an einen Reichen anschließen. „Wenn Aristippos sich überwinden könnte, bloß Gemüse zu essen, gäbe er sich nicht dazu her, Königen den Hof zu machen.“ „Und wenn der Mann, der mich da tadelt, die Kunst verstünde, Königen den Hof zu machen, so verschmähte er Gemüse.“ Sage mir, welcher von diesen zwei Männern ist es, dessen Denken und Handeln deinen Beifall hat, oder höre vielmehr – weil du der Jüngere bist –, weshalb der Grundsatz Aristipps den Vorzug verdient! Er fertigte nämlich, wie man erzählt, den bissigen Kyniker also ab: „Ich spiele den Narren zum eigenen Vergnügen, du tust es für den Pöbel. Meine Art ist bei weitem anständiger und feiner. Ich tue Dienst, damit ich ein Rennpferd kriege und der König für meinen Unterhalt aufkommt. Du bettelst zwar nur um geringfügige Dinge, erniedrigst dich aber unter den Geber, magst du dich auch noch so sehr aufspielen, als hättest du nichts nötig.“ – Dem Aristipp standen jede Lebensform, jede Lage und alle Verhältnisse wohl an, und wenn er auch nach Besserem trachtete, so nahm er doch gewöhnlich mit dem vorlieb, was ihm zur Hand war. Dagegen sollte es mich wundern, wenn einem, den die Entsagung in den Doppelmantel des Kynikers hüllt, die entgegengesetzte Lebensführung passte. Der eine wird nicht erst lange auf ein Purpurkleid warten, sondern im nächstbesten Anzug durch die belebteren Straßen schreiten und beide Rollen mit gleicher Geschicklichkeit spielen. Dagegen wird der andere ein in Milet gewebtes Oberkleid ärger fürchten als Hunde und Schlangen und erfrieren, wenn du ihm nicht seine Lumpen wieder zustellst. Gib sie ihm doch wieder und lass den blöden Kerl am Leben! Große Taten vollbringen und den Mitbürgern gefangene Feinde zeigen, das kommt dem Throne Jupiters nahe und macht gottähnlich; doch ist es auch nicht der schlechteste Ruhm, die Anerkennung der ersten Männer im Staate gefunden zu haben. „Aber nicht jeder Mensch hat das Glück, nach Korinth zu kommen.“ Freilich, wer fürchtet, dass ihm nichts gelingt, der bleibt zu Hause sitzen. „Sei es so! Aber hat der wie ein Mann gehandelt, der zu Erfolg gekommen ist?“ Nun, hier oder nirgends liegt das, was wir suchen. Dem einen graut es vor der Last, die freilich für Kleinmütige und Schwächlinge zu schwer ist; der andere nimmt sie auf den Rücken und trägt sie ans Ziel. Entweder ist Mannhaftigkeit ein leeres Wort, oder ein entschlossener Mann tut recht daran, wenn er nach Ehre und Lob strebt.
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Epistularum Liber Prior
coram rege suo de paupertate tacentes plus poscente ferent – distat, sumasne prudenter an rapias – : atqui rerum caput hoc erat, hic fons. ‘indotata mihi soror est, paupercula mater et fundus nec vendibilis nec pascere firmus’ qui dicit, clamat: ‘victum date.’ succinit alter: ‘et mihi.’ dividuo findetur munere quadra. sed tacitus pasci si posset coruus, haberet plus dapis et rixae multo minus invidiaeque. Brundisium comes aut Surrentum ductus amoenum qui queritur salebras et acerbum frigus et imbris aut cistam effractam et subducta viatica plorat, nota refert meretricis acumina, saepe catellam, saepe periscelidem raptam sibi flentis, uti mox nulla fides damnis verisque doloribus adsit. nec semel inrisus triviis attollere curat fracto crure planum. licet illi plurima manet lacrima, per sanctum iuratus dicat Osirim: ‘credite, non ludo; crudeles, tollite claudum’: ‘quaere peregrinum’ vicinia rauca reclamat.
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XVIII Si bene te novi, metues, liberrime Lolli, scurrantis speciem praebere, professus amicum. ut matrona meretrici dispar erit atque discolor, infido scurrae distabit amicus. est huic diversum vitio vitium prope maius, asperitas agrestis et inconcinna gravisque, quae se commendat tonsa cute, dentibus atris, dum volt libertas dici mera veraque virtus. virtus est medium vitiorum et utrimque reductum. alter in obsequium plus aequo pronus et imi derisor lecti sic nutum divitis horret, sic iterat voces et verba cadentia tollit, ut puerum saevo credas dictata magistro reddere vel partis mimum tractare secundas; alter rixatur de lana saepe caprina, propugnat nugis armatus: ‘scilicet ut non sit mihi prima fides?’ et ‘vere quod placet ut non acriter elatrem? pretium aetas altera sordet.’
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Wer in Gegenwart seines hohen Gönners von seinen dürftigen Verhältnissen nicht spricht, wird mehr bekommen als einer, der zudringlich bettelt. Es ist ein Unterschied, ob man ein Geschenk mit Anstand annimmt oder ob man es aus der Hand reißt. Nun war aber dies das Hauptziel und der Ausgangspunkt deines Entschlusses. „Ich habe eine Schwester ohne Mitgift daheim und ein armes Mütterchen, und mein Grundstück ist nicht an den Mann zu bringen und nicht ertragreich genug, um uns zu ernähren“ – wer so spricht, der schreit laut: „Gebt mir Brot!“ Ein zweiter stimmt ein: „Mir auch!“ So wird das Geschenk geteilt und der Brotlaib halbiert. Wenn aber der Rabe seinen Fraß stillschweigend verzehren könnte, so hätte er mehr zu fressen und viel weniger Streit und Neid. Wenn einer als Reisebegleiter nach Brundisium oder nach dem lieblichen Sorrent mitgenommen wird und über die holperigen Wege, die bittere Kälte und das Regenwetter klagt oder heult, weil ihm sein Koffer aufgebrochen und das Reisegeld gestohlen sei, der wiederholt die bekannten Kniffe der Dirnen, die oft über den Diebstahl eines Halskettchens oder einer Fußspange flennen, so dass bald ein wirklicher Verlust und wirkliches Leid keinen Glauben mehr finden. Und wer einmal gefoppt wurde, gibt sich keine Mühe, an der Straßenkreuzung einem Gaukler aufzuhelfen, der das Bein gebrochen hat, mögen diesem auch die Tränen in Strömen herunterrinnen und mag er beim heiligen Osiris schwören und schreien: „Glaubt mir doch! Es ist kein Scherz. Ihr Grausamen, hebt mich doch auf! Ich bin ja gelähmt!“ „Such dir einen, der dich nicht kennt!“, schreien kreischend alle Umstehenden.
Brief 1,18 : An Lollius Maximus Wenn ich dich recht kenne, freimütiger Lollius, so wirst du befürchten, den Schein eines Schmarotzers zu erregen, wo du dich doch als Freund angeboten hast. Aber wie die ehrbare Hausfrau sich in ihrem Wesen und schon in der Farbe ihres Kleides von einer Dirne unterscheidet, so wird auch der Freund von einem treulosen Schmarotzer abstechen. Ja, es gibt sogar einen Fehler, der das Gegenteil von diesem, aber beinahe noch schlimmer ist, nämlich bäuerische, widerborstige, plumpe Barschheit, die sich durch ganz kurzen Haarschnitt und schwarze Zähne zu empfehlen sucht und dabei für lautere Freimütigkeit und wahre Tugend gelten will. Aber jede Tugend liegt in der Mitte von zwei Fehlern und hält sich von beiden fern. Der eine ist mehr als billig zur Willfährigkeit geneigt und fürchtet sich, wie wenn er der Hausnarr auf dem letzten Speisesofa wäre, so sehr vor einem bloßen Winke seines Brotherrn, spricht ihm oft seine Sätze nach und greift die Worte, die er fallen lässt, so eifrig auf, dass man meinen könnte, ein Junge sage vor seinem gestrengen Magister die andiktierte Lektion auf oder ein Mime spiele in einer Posse die zweite Rolle. Ein anderer streitet oft um Ziegenwolle und schlägt schwerbewaffnet förmliche Schlachten für ganz unwichtige Dinge. „Natürlich“, sagt er, „ich soll nie mehr Glauben verdienen als andere?“, und „Soll ich denn nicht mit aller Schärfe herausbellen dürfen, was mir in Wahrheit das Rechte dünkt? Böte man mir als Preis für mein Schweigen ein zweites Leben, so gälte es mir so viel wie Dreck.“
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Epistularum Liber Prior
ambigitur quid enim? Castor sciat an Docilis plus; Brundisium Minuci melius via ducat an Appi. quem damnosa venus, quem praeceps alea nudat, gloria quem supra vires et vestit et unguit, quem tenet argenti sitis inportuna famesque, quem paupertatis pudor et fuga, dives amicus, saepe decem vitiis instructior, odit et horret, aut, si non odit, regit ac veluti pia mater plus quam se sapere et virtutibus esse priorem volt et ait prope vera: ‘meae – contendere noli – stultitiam patiuntur opes, tibi parvola res est: arta decet sanum comitem toga: desine mecum certare.’ Eutrapelus cuicumque nocere volebat vestimenta dabat pretiosa; beatus enim iam cum pulchris tunicis sumet nova consilia et spes, dormiet in lucem, scorto postponet honestum officium, nummos alienos pascet, ad imum Thraex erit aut holitoris aget mercede caballum. arcanum neque tu scrutaberis illius umquam, conmissumque teges et vino tortus et ira. nec tua laudabis studia aut aliena reprendes, nec, cum venari volet ille, poemata panges. gratia sic fratrum geminorum Amphionis atque Zethi dissiluit, donec suspecta severo conticuit lyra. fraternis cessisse putatur moribus Amphion: tu cede potentis amici lenibus imperiis, quotiensque educet in agros Aetolis onerata plagis iumenta canesque, surge et inhumanae senium depone Camenae, cenes ut pariter pulmenta laboribus empta: Romanis sollemne viris opus, utile famae vitaeque et membris, praesertim cum valeas et vel cursu superare canem vel viribus aprum possis. adde, virilia quod speciosius arma non est qui tractet: scis, quo clamore coronae proelia sustineas campestria. denique saevam militiam puer et Cantabrica bella tulisti sub duce, qui templis Parthorum signa refigit nunc et, si quid abest, Italis adiudicat armis. ac ne te retrahas et inexcusabilis absis: quamvis nil extra numerum fecisse modumque curas, interdum nugaris rure paterno: partitur lintres exercitus, Actia pugna te duce per pueros hostili more refertur; adversarius est frater, lacus Hadria, donec alterutrum velox Victoria fronde coronet. consentire suis studiis qui crediderit te,
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Und worum dreht sich denn der Streit? Darüber, ob Castor oder Docilis ein besserer Fechter ist, ob die Minucische Straße bequemer nach Brundisium führt oder die Appische. Wen kostspielige Liebschaften und ruinöses Würfelspiel ums letzte Hemd bringt, wen die Großmannssucht antreibt, sich über seine Mittel zu kleiden und zu parfümieren, wen der qualvolle Durst und Hunger nach Geld plagt oder die Scham über seine Dürftigkeit und das Bestreben, ihr zu entkommen, einen solchen Menschen kann ein reicher Gönner, mag er auch selbst oft mit zehn Fehlern mehr behaftet sein, nicht leiden, ja er fürchtet ihn oder, wenn er ihn auch leiden kann, so gängelt er ihn, will wie eine liebevolle Mutter, dass er vernünftiger sei als er selbst und reicher an Tugenden, und er hat beinahe recht, wenn er meint: „Mir – rede nur nicht drein! –, mir erlauben meine Mittel jede Dummheit. Aber du hast nur ein winziges Vermögen. Für einen Klienten, der bei Vernunft ist, passt nur eine enge Toga. Gib den Wettstreit mit mir auf!“ Wenn Eutrapelus einem schaden wollte, schenkte er ihm kostbare Kleider. Der ‘Beglückte’, dachte er, wird dann sogleich mit den schönen Gewändern neue Pläne und Hoffnungen fassen, wird in den hellen Tag hinein schlafen, über einer Dirne seinen Ehrendienst als Klient vergessen, die Wucherer fett machen, und wird, wenn er ganz heruntergekommen ist, Gladiator werden oder im Tagelohn den Gaul eines Gärtners treiben. Spüre nie den Geheimnissen deines Gönners nach! Ein Wort, das er im Vertrauen zu dir gesprochen hat, musst du bei dir behalten, auch wenn Rausch und Zorn dich foltern. Streiche auch nicht immer deine eigenen Liebhabereien heraus und setze die deines Gönners herunter! Und wenn er auf die Jagd will, schmiede keine Verse! Auf solche Weise bekam das gute Einvernehmen der Zwillingsbrüder Amphion und Zethos einen Riss, bis die dem strengen Bruder verdächtige Leier verstummte. Amphion nämlich gab, wie die Sage erzählt, den Wünschen seines Bruders nach; so musst auch du den sanften Geboten deines mächtigen Freundes nachgeben, und sooft er die mit ätolischen Jagdnetzen beladenen Lasttiere und seine Meute aufs freie Feld hinausführt, musst du aufstehen und die menschenscheue Grämlichkeit deiner Muse ablegen, damit du beim Mahle ebenfalls einen Braten verspeisen kannst, den du durch Anstrengungen verdient hast. Ein herkömmliches Handwerk ist für römische Männer die Jagd; sie vermehrt die Achtung, verlängert das Leben und stärkt die Glieder; außerdem bist du ja ein kräftiger Mann und übertriffst im Laufen einen Jagdhund, an Kraft einen Eber. Dazu kommt, dass es niemanden gibt, der den Degen, die Zierde des Mannes, so glänzend führt wie du. Du kennst ja den lauten Beifall der Zuschauer, unter dem du die Kämpfe auf dem Übungsplatz bestehst. Endlich hast du schon in ganz jungen Jahren den harten Kriegsdienst in den Kämpfen gegen die Kantabrer ausgehalten unter dem Oberbefehl des Mannes, der jetzt die Feldzeichen von den parthischen Tempeln zurückholt und das bisschen Land, das noch fehlt, der Waffenmacht Italiens zuführt. Und dass du dich nicht zurückziehst und unentschuldbar der Jagd fernbleibst: Wenn du dir auch Mühe gibst, nicht gegen Takt und guten Ton zu verstoßen, so treibst du manchmal auch auf deinem väterlichen Landgut Kurzweil: Das Heer teilt sich in die Kähne, unter deinem Kommando wird die Schlacht von Aktium von deinen jungen Sklaven wie im Kriege dargestellt. Den Feind macht dein Bruder, der Teich stellt das Adriatische Meer vor, bis den einen oder andern von euch die schnelle Siegesgöttin mit dem Lorbeerlaube bekränzt. Wer die Überzeugung hat, dass du mit seinen Liebhabereien einverstanden bist,
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Epistularum Liber Prior
fautor utroque tuum laudabit pollice ludum. protinus ut moneam – si quid monitoris eges –, tu quid de quoque viro et cui dicas, saepe videto. percontatorem fugito; nam garrulus idem est, nec retinent patulae conmissa fideliter aures et semel emissum volat inrevocabile verbum. non ancilla tuum iecur ulceret ulla puerve intra marmoreum venerandi limen amici, ne dominus pueri pulchri caraeve puellae munere te parvo beet aut incommodus angat. qualem commendes, etiam atque etiam aspice, ne mox incutiant aliena tibi peccata pudorem. fallimur et quondam non dignum tradimus; ergo quem sua culpa premet, deceptus omitte tueri, ut penitus notum, si temptent crimina, serves tuterisque tuo fidentem praesidio: qui dente Theonino cum circumroditur, ecquid ad te post paulo ventura pericula sentis? nam tua res agitur, paries cum proximus ardet, et neglecta solent incendia sumere vires. dulcis inexpertis cultura potentis amici: expertus metuet. tu, dum tua navis in alto est, hoc age, ne mutata retrorsum te ferat aura. oderunt hilarem tristes tristemque iocosi, sedatum celeres, agilem navumque remissi; [potores bibuli media de nocte Falerni] oderunt porrecta negantem pocula, quamvis nocturnos iures te formidare tepores. deme supercilio nubem: plerumque modestus occupat obscuri speciem, taciturnus acerbi. inter cuncta leges et percontabere doctos, qua ratione queas traducere leniter aevum, num te semper inops agitet vexetque cupido, num pavor et rerum mediocriter utilium spes, virtutem doctrina paret naturane donet, quid minuat curas, quid te tibi reddat amicum, quid pure tranquillet, honos an dulce lucellum, an secretum iter et fallentis semita vitae. me quotiens reficit gelidus Digentia rivus, quem Mandela bibit, rugosus frigore pagus quid sentire putas, quid credis, amice, precari? ‘sit mihi quod nunc est, etiam minus, et mihi vivam quod superest aevi, si quid superesse volunt di; sit bona librorum et provisae frugis in annum copia neu fluitem dubiae spe pendulus horae.’ sed satis est orare Iovem quae ponit et aufert: det vitam, det opes: aequum mi animum ipse parabo.
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wird auch dein Spiel begünstigen, es loben und dir beide Daumen drücken. Um dir weitere Ermahnungen zu geben – falls du überhaupt einen Mahner brauchst –, so musst du dir gut überlegen, was du sagst und über wen und zu wem. Einen Aushorcher musst du meiden, denn der ist zugleich ein Ausplauderer. Ohren, die immer offenstehen, können ein Geheimnis nicht treu bewahren, und ist ein Wort einmal entschlüpft, fliegt es unwiderruflich weiter. Im Marmorpalast deines verehrungswürdigen Gönners darf keine Dienerin und kein Diener dein Herz zur Liebe entflammen, damit nicht der Herr des schönen Sklaven oder des geliebten Mädchens dir mit ihnen ein Geschenk macht, das für ihn geringfügig ist oder dich durch Ungefälligkeit quält. Sieh dir einen, den du empfehlen willst, immer wieder an, was es für ein Mann ist, damit dir später nicht fremde Fehltritte die Schamröte ins Gesicht treiben. Wir können uns täuschen und manchmal einen Unwürdigen empfehlen. Wen also eigene Schuld drückt, für den tritt nicht ein, wenn du dich in ihm getäuscht hast, damit du dafür einen Mann, den du ganz genau kennst, halten kannst, wenn sich Verdächtigungen an ihn heranwagen, und du ihn, der sich auf deinen Schutz verlässt, zu schirmen vermagst; denn wenn an ihm der Zahn des Neides nagt, merkst du dann etwa nicht, dass binnen kurzem die Gefahr an dich selbst herantreten wird? Dein Eigentum steht nämlich auf dem Spiele, wenn das Haus deines Nachbarn brennt, und gewöhnlich greift ein unbeachteter Brand immer weiter um sich. Die Verehrung eines mächtigen Gönners ist nur für Unerfahrene ein Hochgenuss, der Erfahrene ist dabei nicht ohne Besorgnis. Solange also dein Schiff auf hoher See fährt, gib acht, dass es nicht der umschlagende Wind zurücktreibt! Ernste Leute wollen von lustigen nichts wissen und lustige nichts von ernsten, lebhafte nichts von bedächtigen, bequeme nichts von tätigen und energischen. [Zecher, die mitten in der Nacht tüchtig Falerner trinken,] können den nicht leiden, der einen dargereichten Becher ablehnt, mag er auch tausend Eide schwören, dass er sich vor Erhitzungen zur Nachtzeit fürchte. Verscheuche also die Wolken von deinen Brauen! Der Zurückhaltende erregt meist den Schein der Verschlossenheit, der Schweigsame den der Verbissenheit. Aber bei all diesem Tun und Treiben musst du die Philosophen lesen und sie befragen, wie du dein Leben ungefährdet hinbringen kannst, ob dich nicht die ewig darbende Gier herumtreibt und quält oder die Angst und die Hoffnung auf Dinge von untergeordnetem Werte, ob zur Tugend uns Belehrung verhilft oder natürliche Anlage sie uns schenkt, was die Sorgen vermindert, was dich mit dir selbst befreundet und was reinen Seelenfrieden verschafft, ob Ehrenämter oder ein süßes Profitchen oder ein Lebensweg abseits von der großen Heerstraße und ein Pfad, der ins Verborgene führt. Sooft mich Digentia erquickt, der kühle Bach, aus dem Mandela trinkt, das vor Frost verhutzelte Dorf – was meinst du, dass ich dann fühle? Was glaubst du, lieber Freund, dass ich mir dann erbitte? „Möge mir das bleiben, was ich jetzt habe – auch weniger –, und möge ich den Rest meiner Tage, wenn ein solcher Rest im Willen der Götter liegt, mir selbst leben dürfen! Wenn ich nur einen tüchtigen Vorrat an Büchern und mein sicheres Brot fürs nächste Jahr habe und nicht hin- und herschwanke, abhängig von der Hoffnung auf die nächste Stunde, von der man doch nicht weiß, was sie bringt!“ Aber es genügt, Jupiter um das zu bitten, was er geben und nehmen kann. Möge er mir weiterhin Leben und Lebensbedarf schenken! Gleichmut will ich mir selbst erringen.
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XIX Prisco si credis, Maecenas docte, Cratino, nulla placere diu nec vivere carmina possunt, quae scribuntur aquae potoribus. ut male sanos adscripsit Liber Satyris Faunisque poetas, vina fere dulces oluerunt mane Camenae. laudibus arguitur vini vinosus Homerus: Ennius ipse pater numquam nisi potus ad arma prosiluit dicenda. ‘forum putealque Libonis mandabo siccis, adimam cantare severis’; hoc simul edixi, non cessavere poetae nocturno certare mero, putere diurno. quid? si quis voltu torvo ferus et pede nudo exiguaeque togae simulet textore Catonem, virtutemne repraesentet moresque Catonis? rupit Iarbitam Timagenis aemula lingua, dum studet urbanus tenditque disertus haberi. decipit exemplar vitiis imitabile: quodsi pallerem casu, biberent exsangue cuminum. o imitatores, servom pecus, ut mihi saepe bilem, saepe iocum vestri movere tumultus! libera per vacuum posui vestigia princeps, non aliena meo pressi pede. qui sibi fidet, dux reget examen. Parios ego primus iambos ostendi Latio, numeros animosque secutus Archilochi, non res et agentia verba Lycamben. ac ne me foliis ideo brevioribus ornes, quod timui mutare modos et carminis artem: temperat Archilochi musam pede mascula Sappho, temperat Alcaeus, sed rebus et ordine dispar, nec socerum quaerit, quem versibus oblinat atris, nec sponsae laqueum famoso carmine nectit. hunc ego, non alio dictum prius ore, Latinus volgavi fidicen. iuvat inmemorata ferentem ingenuis oculisque legi manibusque teneri. scire velis, mea cur ingratus opuscula lector laudet ametque domi, premat extra limen iniquus: non ego ventosae plebis suffragia venor inpensis cenarum et tritae munere vestis; non ego nobilium scriptorum auditor et ultor grammaticas ambire tribus et pulpita dignor. hinc illae lacrimae. ‘spissis indigna theatris scripta pudet recitare et nugis addere pondus’ si dixi, ‘rides’ ait ‘et Iovis auribus ista
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Brief 1,19 : An Maecenas Wenn du dem alten Kratinos Glauben schenkst, gelehrter Maecenas, so können Gedichte, die von Wassertrinkern verfasst werden, nicht lange gefallen und sich nicht lange am Leben halten. Seitdem Gott Liber die verzückte Poetenschar unter seine Satyrn und Faune aufgenommen hat, dufteten die süßen Camenen meist schon frühmorgens nach Wein. Durch seine Lobsprüche auf den Wein verrät sich auch Homer deutlich als Freund des Weins. Selbst Vater Ennius ist nie zum Preis der Waffentaten aufgesprungen als nach einem guten Trunk. „Das Forum und das Blitzmal des Libo weise ich trockenen Seelen zu; solchen Kopfhängern verwehre ich das Dichten.“ Seitdem ich diese Verfügung erlassen, haben die Dichter nicht gezögert, des Nachts um die Wette ungemischten Wein zu trinken und bei Tage nach ihm zu riechen. Aber wenn ein roher Mensch durch stieren Blick, durch Barfußgehen und eine knapp gewobene Toga den Cato nachahmen wollte, würde er damit auch das mannhafte Wesen und die Sittenstrenge Catos leibhaftig vor Augen stellen? Den Jarbita machte seine böse Zunge, mit der er es dem Timagenes gleichtun wollte, gesellschaftlich unmöglich, während er sich doch nur bemühte, als Witzbold und gewandter Redner zu gelten. Verführerisch wirkt ein Vorbild, dessen Fehler sich leicht nachahmen lassen. Wenn ich also zufällig eine blasse Gesichtsfarbe hätte, würden sie Kümmeltee trinken, der bleich macht. O ihr Nachahmer! Ihr Hammelherde! Wie oft hat mir euer Lärmen die Galle erregt, wie oft mich zum Lachen gebracht! Ich habe zuerst den freien Fuß auf herrenloses Gebiet gesetzt und trat nicht in fremde Spuren. Nur wer Selbstvertrauen besitzt, kann als Weisel den Schwarm leiten. Ich war der Erste, der Latium die parischen Jamben gezeigt hat, indem ich zwar im Rhythmus und in der leidenschaftlichen Erregung dem Archilochos folgte, nicht aber im Stoff und in solchen Worten, die den Lykambes in den Tod trieben. Damit du mich aber deswegen nicht mit kleinerem Lorbeerkranze schmückst, weil ich mich scheute, an der metrischen Form und der poetischen Technik des Archilochos zu ändern, bemerke ich: Nach den Rhythmen des Archilochos formt Sappho mit männlicher Kraft kunstvoll ihr Lied, ebenso Alkaios, nur weicht er ab in Inhalt und Anordnung der Versfüße, sucht also nicht nach einem Schwiegervater, um ihn mit garstigen Versen zu besudeln, und dreht auch nicht seiner Verlobten einen Strick aus einem Schmähgedicht. Diesen Dichter, den vorher kein anderer Mund nachgeahmt hatte, habe ich als lateinischer Sänger allgemein bekannt gemacht. Es ist eine Freude, wenn man etwas Neues bringt und von feingebildeten Männern gelesen und in Händen gehalten wird. Du möchtest gern wissen, weshalb der undankbare Leser meine hübschen Sachen zu Hause lobt und liebt, außerhalb seiner Türschwelle aber sie ungerecht herabsetzt. Das kommt daher: Ich mache nicht auf die Stimmen des wetterwendischen Pöbels Jagd, indem ich kostspielige Essen gebe und meine abgetragenen Kleider verschenke. Ich höre nicht gewohnheitsmäßig die Vorlesungen ‘berühmter’ Dichter und vergelte ihnen nicht Gleiches mit Gleichem, finde es auch unter meiner Würde, die Zünfte der Kunstrichter und ihre Lehrstühle zu umschmeicheln. Daher diese Tränen! Wenn ich sage: „Ich bin zu schüchtern, um vor einem dichtgedrängten Zuhörerkreis meine unbedeutenden Schriften vorzulesen und auf meine leichte Ware Gewicht zu legen“, so heißt es: „Du hältst uns nur zum Besten, und sparst deine Sachen für das Ohr Jupiters auf. Du bist ja doch überzeugt,
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Epistularum Liber Prior
servas; fidis enim manare poetica mella te solum, tibi pulcher.’ ad haec ego naribus uti formido et, luctantis acuto ne secer ungui, ‘displicet iste locus’ clamo et diludia posco. ludus enim genuit trepidum certamen et iram, ira truces inimicitias et funebre bellum.
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XX Vortumnum Ianumque, liber, spectare videris, scilicet ut prostes Sosiorum pumice mundus; odisti clavis et grata sigilla pudico, paucis ostendi gemis et communia laudas, non ita nutritus: fuge quo descendere gestis. non erit emisso reditus tibi. ‘quid miser egi? quid volui?’ dices, ubi quid te laeserit; et scis in breve te cogi, cum plenus languet amator? quodsi non odio peccantis desipit augur, carus eris Romae, donec te deserat aetas: contrectatus ubi manibus sordescere volgi coeperis, aut tineas pasces taciturnus inertis aut fugies Uticam aut vinctus mitteris Ilerdam. ridebit monitor non exauditus, ut ille qui male parentem in rupis protrusit asellum iratus; quis enim invitum servare laboret? hoc quoque te manet, ut pueros elementa docentem occupet extremis in vicis balba senectus. cum tibi sol tepidus pluris admoverit auris, me libertino natum patre et in tenui re maiores pinnas nido extendisse loqueris, ut, quantum generi demas, virtutibus addas; me primis urbis belli placuisse domique, corporis exigui, praecanum, solibus aptum, irasci celerem, tamen ut placabilis essem. forte meum si quis te percontabitur aevum, me quater undenos sciat inplevisse Decembris, conlegam Lepidum quo duxit Lollius anno.
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dass nur aus deinem Munde poetischer Honig quillt, und hältst dich selbst für vollkommen.“ Darauf mit einem verächtlichen Naserümpfen zu antworten fürchte ich mich, und um nicht von den scharfen Fingernägeln meines Gegners zerfleischt zu werden, rufe ich laut: „Der Platz hier gefällt mir nicht“, und fordere Aufschub der Mensur. Denn scherzhaftes Geplänkel führt zu aufgeregtem Streit und Zorn, der Zorn aber zu grimmiger Feindschaft und mörderischer Fehde.
Brief 1,20 (An sein Buch) Nach dem Vertumnus und Janus hältst du, scheint es, Ausschau, liebes Buch, natürlich, um vom Bimsstein der Buchhändler sauber geglättet in der Auslage zu stehen. Du hasst Schloss und Siegel, die einem Züchtigen willkommen sind. Du seufzt, dass man dich nur wenigen Leuten zeige, und lobst dir die breite Öffentlichkeit, obwohl du nicht in diesem Sinne aufgezogen wurdest. So reiße nur schnell aus nach dem Ort, zu dem herunterzusteigen dich so sehr verlangt! Bist du aber einmal in die Welt hinausgeschickt, dann gibt es für dich keine Rückkehr mehr. „Oh, was hab’ ich Armer getan? Was hab’ ich mir gewünscht?“, wirst du dann sagen, sobald dich jemand beleidigt. Und weißt du auch, dass du wieder in die enge Bücherkapsel gezwängt wirst, wenn der Liebhaber übersättigt ist und sich langweilt? Wenn ferner der Seher nicht etwa im Ärger über den Fehltritt Unsinn faselt, so wirst du in Rom nur so lange beliebt sein, bis dich die Jugendschönheit verlässt. Sobald du aber allmählich von den Händen des Pöbels abgegriffen und schmutzig geworden bist, wirst du stumm den kunstfeindlichen Motten zur Nahrung dienen oder wirst nach Utica entweichen müssen oder in Banden nach Ilerda verschickt werden. Nur lachen wird dann der Warner, der kein Gehör gefunden, wie jener Bauer, der in der Wut seinen störrischen Esel in die Felskluft hinabstieß. Wer möchte sich auch die Mühe machen, einen zu retten, der das gar nicht will? Auch das kann dir noch bevorstehen, dass du in den äußersten Stadtvierteln den Kindern das ABC beibringen musst und dich dabei das stammelnde Greisenalter überfällt. Wenn dir aber einmal die laue Sonne eine größere Zahl von Zuhörern zugeführt hat, dann erzähle, ich sei der Sohn eines Freigelassenen und in bescheidenen Verhältnissen geboren, hätte aber doch die Schwingen mächtiger gereckt, als meine Herkunft erwarten ließ, damit du meinem inneren Werte ebenso viel zulegst als du mir an Adel der Herkunft nimmst! Sage, ich hätte im Krieg wie im Frieden den Beifall der ersten Männer Roms gefunden, sei klein von Statur, vor der Zeit grau geworden, ein großer Freund der Sonnenwärme, schnell aufbrausend im Zorn, doch auch leicht wieder zu besänftigen! Sollte dich zufällig jemand nach meinem Alter fragen, so lass ihn wissen, dass ich genau 44 Dezember in dem Jahr vollendet habe, in dem Lollius den Lepidus erst ganz spät zum Amtsgenossen bekam.
EPISTULARUM LIBER ALTER I Cum tot sustineas et tanta negotia solus, res Italas armis tuteris, moribus ornes, legibus emendes, in publica commoda peccem, si longo sermone morer tua tempora, Caesar. Romulus et Liber pater et cum Castore Pollux, post ingentia facta deorum in templa recepti, dum terras hominumque colunt genus, aspera bella conponunt, agros adsignant, oppida condunt, ploravere suis non respondere favorem speratum meritis. diram qui contudit hydram notaque fatali portenta labore subegit, comperit invidiam supremo fine domari. urit enim fulgore suo qui praegravat artis infra se positas; extinctus amabitur idem. praesenti tibi maturos largimur honores iurandasque tuum per numen ponimus aras, nil oriturum alias, nil ortum tale fatentes. sed tuus hic populus sapiens et iustus in uno te nostris ducibus, te Grais anteferendo, cetera nequaquam simili ratione modoque aestimat et, nisi quae terris semota suisque temporibus defuncta videt, fastidit et odit, sic fautor veterum, ut tabulas peccare vetantis, quas bis quinque viri sanxerunt, foedera regum vel Gabiis vel cum rigidis aequata Sabinis, pontificum libros, annosa volumina vatum dictitet Albano Musas in monte locutas. si, quia Graiorum sunt antiquissima quaeque scripta vel optima, Romani pensantur eadem scriptores trutina, non est quod multa loquamur: nil intra est olea, nil extra est in nuce duri; venimus ad summum fortunae: pingimus atque psallimus et luctamur Achivis doctius unctis. si meliora dies, ut vina, poemata reddit, scire velim, chartis pretium quotus adroget annus. scriptor abhinc annos centum qui decidit, inter perfectos veteresque referri debet an inter vilis atque novos? excludat iurgia finis. ‘est vetus atque probus, centum qui perficit annos.’ quid? qui deperiit minor uno mense vel anno,
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EPISTELN – ZWEITES BUCH Brief 2,1 : An Augustus Da du so viele wichtige Regierungsgeschäfte allein zu tragen hast, das italische Reich mit dem Schwerte schirmst, es mit guten Sitten schmückst und durch Gesetze besserst, würde ich mich gegen das Gemeinwohl versündigen, Caesar, wenn ich deine kostbare Zeit durch eine weitschweifige Plauderei in Anspruch nähme. Romulus, Vater Liber, Kastor und Pollux, die wegen ihrer gewaltigen Taten in die Wohnungen der Götter aufgenommen wurden, hatten sich während der ganzen Zeit, wo sie für die Kultivierung der Erde und des Menschengeschlechtes sorgten, wilden Fehden ein Ende machten, Äcker verteilten und Städte gründeten, darüber zu beklagen, dass der Dank, den sie für ihre Verdienste erwarten dürften, diesen nicht entsprächen. Auch der Held, der die gräuliche Hydra zerschmetterte und die allbekannten Ungeheuer durch seine vom Schicksal aufgebürdeten Arbeiten bezwang, musste die Erfahrung machen, dass die Missgunst erst durch den Tod überwunden wird, der allem ein Ende macht. Denn ein Mann, der ihm untergeordnete Talente verdunkelt, belästigt durch seine strahlende Erscheinung: Erst wenn er tot ist, weiß man ihn zu schätzen. Dir freilich erweisen wir schon bei Lebzeiten rechtzeitig Ehren und errichten dir Altäre, um an ihnen bei deiner Gottheit zu schwören, und bezeugen damit offen, dass kein ähnliches Wesen in Zukunft leben wird oder früher gelebt hat. Aber eben dein Volk, das darin weise und gerecht handelt, dass es dich allein allen einheimischen und griechischen Helden vorzieht, beurteilt andere Dinge keineswegs auf gleich vernünftige Art und Weise, sondern was es nicht der Erde entrückt und verstorben weiß, das verschmäht und verwirft es in solcher Bevorzugung des Alten, dass es behauptet, jene Gesetze der zwölf Tafeln, die die Zehnmänner abgefasst haben, die Bundesverträge der Könige mit Gabii oder den sittenstrengen Sabinern, die Jahrbücher der Oberpriester und die uralten Sehersprüche hätten die Musen selbst auf dem Albanerberge verfasst. Wenn deshalb, weil bei den Griechen gerade die ältesten Dichtungen auch die besten sind, die römischen Schriftsteller auf der gleichen Waage gewogen werden, dann hat es keinen Sinn, viele Worte zu machen: Dann hat die Olive innen keinen harten Kern und die Nuss außen keine harte Schale, dann sind wir auf dem Gipfel des Glücks angelangt, dann malen, musizieren und ringen wir kunstgerechter als die von Salböl glänzenden Achiver. Wenn das Alter ein Gedicht ebenso besser macht wie den Wein, möchte ich nur wissen, das wievielte Jahr es ist, das einem Schriftwerk Wert verleiht. Soll ein Schriftsteller, der vor hundert Jahren in die Grube sank, zu den klassischen Alten oder zu den wertlosen Modernen gerechnet werden? Eine feste Grenze soll jeden Wortstreit unmöglich machen! „Alt und vortrefflich ist einer, wenn er vor hundert Jahren gestorben ist.“ Wie aber, wenn einer nur um einen Monat oder ein Jahr früher gestorben ist?
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Epistularum Liber Alter
inter quos referendus erit? veteresne poetas an quos et praesens et postera respuat aetas? ‘iste quidem veteres inter ponetur honeste, qui vel mense brevi vel toto est iunior anno.’ utor permisso caudaeque pilos ut equinae paulatim vello et demo unum, demo etiam unum, dum cadat elusus ratione ruentis acervi, qui redit in fastus et virtutem aestimat annis miraturque nihil nisi quod Libitina sacravit. Ennius, et sapiens et fortis et alter Homerus, ut critici dicunt, leviter curare videtur quo promissa cadant et somnia Pythagorea: Naevius in manibus non est et mentibus haeret paene recens? adeo sanctum est vetus omne poema. ambigitur quotiens, uter utro sit prior, aufert Pacuvius docti famam senis, Accius alti, dicitur Afrani toga convenisse Menandro, Plautus ad exemplar Siculi properare Epicharmi, vincere Caecilius gravitate, Terentius arte. hos ediscit et hos arto stipata theatro spectat Roma potens, habet hos numeratque poetas ad nostrum tempus Livi scriptoris ab aevo. interdum volgus rectum videt, est ubi peccat. si veteres ita miratur laudatque poetas, ut nihil anteferat, nihil illis conparet, errat; si quaedam nimis antique, si pleraque dure dicere credit eos, ignave multa fatetur, et sapit et mecum facit et Iove iudicat aequo. non equidem insector delendave carmina Livi esse reor, memini quae plagosum mihi parvo Orbilium dictare; sed emendata videri pulchraque et exactis minimum distantia miror. inter quae verbum emicuit si forte decorum, si versus paulo concinnior unus et alter, iniuste totum ducit venditque poema. indignor quicquam reprendi, non quia crasse conpositum inlepideve putetur, sed quia nuper, nec veniam antiquis, sed honorem et praemia posci. recte necne crocum floresque perambulet Attae fabula si dubitem, clament periisse pudorem cuncti paene patres, ea cum reprendere coner, quae gravis Aesopus, quae doctus Roscius egit: vel quia nil rectum, nisi quod placuit sibi, ducunt, vel quia turpe putant parere minoribus et quae inberbes didicere, senes perdenda fateri. iam Saliare Numae carmen qui laudat et illud,
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Zu welchen ist er dann zu rechnen? Zu den alten Dichtern oder zu denen, die Gegenwart und Zukunft verächtlich von sich weisen soll? „Auch der zählt noch mit Ehren zu den Klassikern, dem nur ein Monat oder schließlich ein ganzes Jahr daran fehlt.“ An dieses Zugeständnis halte ich mich und ziehe schön langsam, wie man Haare aus einem Pferdeschwanz zieht, ein Jahr ab und wieder eines ab, bis zuletzt der, der sich auf den Kalender versteift, den poetischen Wert nach Jahreszahlen misst und nichts bewundert, als was die Todesgöttin geheiligt hat, durch die Beweisführung mit dem schwindenden Kornhaufen gefoppt und widerlegt ist. Ennius, ein weiser und wackerer Mann, der zweite Homer, wie die Kunstrichter sagen, scheint sich wenig darum zu kümmern, ob seine Verheißungen und Visionen von Pythagoras in Erfüllung gehen. Ist denn nicht der von ihm verachtete Naevius in aller Händen und haftet er nicht in den Herzen beinahe so fest, als lebte er heute? So geheiligt ist jede alte Dichtung. Sooft man darüber streitet, wer den Vorzug vor dem andern verdient, erntet Pacuvius den Ruhm eines feingebildeten, Accius den eines erhabenen Alten; von Afranius urteilt man: seine Toga hätte dem Menander gut angestanden, von Plautus: er eile rasch dahin nach dem Vorbilde des Siziliers Epicharmos, von Caecilius: er sei allen andern an Wucht, von Terenz: er sei allen in der künstlerischen Durchführung überlegen. Solche Dichter lernt das mächtige Rom auswendig, solche schaut es sich an, dichtgedrängt in dem zu engen Theater, an solchen hält man fest und lässt sie für Dichter gelten, angefangen von der Zeit des Schriftstellers Livius (Andronicus) bis herauf zu unserer Gegenwart. Bisweilen ist das Urteil des Volkes richtig, oft ist es auch falsch. Wenn es für die alten Dichter so schwärmt und sie dermaßen lobt, dass es ihnen gar nichts vorzieht, ja nichts mit ihnen auch nur gleichstellt, dann irrt es eben. Wenn es dagegen glaubt, dass bei ihnen manches Veraltete und sehr viele Härten zu finden sind, und wenn es zugesteht, dass viele Stellen matt sind, dann hat es das richtige Verständnis, dann findet sein Urteil Jupiters Billigung. Ich führe keinen Verfolgungskrieg gegen die Gedichte eines Livius und will nicht sagen, man solle sie vernichten, obwohl ich mich noch recht gut der Zeit erinnere, da sie der ‘schlagfertige’ Orbilius mir als kleinem Buben diktiert hat. Dass sie aber für tadellos, ja für schön gelten und vollkommenen Gedichten in nichts nachstehen sollen, das kann ich nicht glauben. Wenn in ihnen vielleicht einmal ein passender Ausdruck hervorsticht und der eine oder andere Vers ein bisschen glatter ist, so ist es unbillig, wenn er das ganze Gedicht ins Schlepptau nimmt und an den Mann bringt. Umgekehrt empört es mich, wenn man ein Werk nicht deshalb tadelt, weil man seine Darstellung für plump und geschmacklos hält, sondern nur weil es modern ist, und wenn man für die alten Dichter nicht Nachsicht verlangt, sondern Auszeichnung und Siegespreise. Wollte ich nur einen Zweifel andeuten, ob die Lustspiele des Atta mit festem Schritt über die mit Safranessenz besprengte und mit Blumen bestreute Bühne gehen oder nicht, so würden fast alle Senatoren schreien, die Scham sei ausgestorben, weil ich solche Stücke zu tadeln mich erdreiste, die Schauspieler wie der würdevolle Aesopus und der feinsinnige Roscius gespielt hätten. So urteilen die älteren Leute, weil sie entweder nichts für gut halten, als was ihnen einmal gefiel, oder weil sie es als Schande ansehen, sich dem Urteile der Jüngeren zu fügen und im Alter einzugestehen, dass das, was sie als bartlose Jünglinge gelernt haben, nicht mehr wert sei, als dass man es vernichtet. Wer vollends das Lied der Salier aus der
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Epistularum Liber Alter
quod mecum ignorat, solus volt scire videri, ingeniis non ille favet plauditque sepultis, nostra sed inpugnat, nos nostraque lividus odit. quod si tam Graecis novitas invisa fuisset quam nobis, quid nunc esset vetus? aut quid haberet quod legeret tereretque viritim publicus usus? ut primum positis nugari Graecia bellis coepit et in vitium fortuna labier aequa, nunc athletarum studiis, nunc arsit equorum, marmoris aut eboris fabros aut aeris amavit, suspendit picta voltum mentemque tabella, nunc tibicinibus, nunc est gavisa tragoedis; sub nutrice puella velut si luderet infans, quod cupide petiit, mature plena reliquit. [quid placet aut odio est, quod non mutabile credas?] hoc paces habuere bonae ventique secundi. Romae dulce diu fuit et sollemne reclusa mane domo vigilare, clienti promere iura, cautos nominibus rectis expendere nummos, maiores audire, minori dicere per quae crescere res posset, minui damnosa libido. mutavit mentem populus levis et calet uno scribendi studio: pueri patresque severi fronde comas vincti cenant et carmina dictant. ipse ego, qui nullos me adfirmo scribere versus, invenior Parthis mendacior et prius orto sole vigil calamum et chartas et scrinia posco. navem agere ignarus navis timet, habrotonum aegro non audet nisi qui didicit dare; quod medicorum est promittunt medici, tractant fabrilia fabri: scribimus indocti doctique poemata passim. hic error tamen et levis haec insania quantas virtutes habeat, sic collige: vatis avarus non temere est animus: versus amat, hoc studet unum; detrimenta, fugas servorum, incendia ridet; non fraudem socio puerove incogitat ullam pupillo; vivit siliquis et pane secundo, militiae quamquam piger et malus, utilis urbi, si das hoc, parvis quoque rebus magna iuvari. os tenerum pueri balbumque poeta figurat, torquet ab obscaenis iam nunc sermonibus aurem, mox etiam pectus praeceptis format amicis, asperitatis et invidiae corrector et irae; recte facta refert, orientia tempora notis instruit exemplis, inopem solatur et aegrum. castis cum pueris ignara puella mariti disceret unde preces, vatem ni Musa dedisset?
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Zeit des Numa lobpreist und sich den Anschein gibt, als ob er allein das verstehe, was er doch so wenig versteht wie ich, der will nicht verstorbenen Dichtergrößen Gunst und Beifall schenken, sondern kämpft gegen unsere Literatur: Von uns und unseren Dichtungen will er nichts wissen, der missgünstige Kerl. Wäre aber den Griechen alles Neue so zuwider gewesen wie uns, was gäbe es dann jetzt Altes? Oder was hätte jetzt das Publikum allgemein zum Lesen und Immer-wieder-Lesen? Als Griechenland nach dem Ende der Perserkriege heiterem Spiele sich zugewandt hatte und in seinem Glücke ausartete, da war es Feuer und Flamme bald für gymnastische Kämpfe, bald für Wagenrennen, schwärmte dann für Kunstwerke aus Marmor, Elfenbein und Bronze, hing mit Aug und Seele an Gemälden und hatte seine Freude bald am Flötenspiel, bald an Tragödien; wie wenn ein unmündiges Mädchen unter Aufsicht seiner Amme spielt, ließ es schnell gesättigt das liegen, was es eben noch heiß begehrt hatte. [Wo gibt es etwas, das gefällt oder missfällt, und das man nicht doch als veränderlich ansehen müsste?] Diese Wirkung hatte die schöne Friedenszeit und der belebende Hauch des Glückes. In Rom dagegen war es lange Zeit ein Genuss und geheiligte Sitte, schon frühmorgens, wenn das Haus aufgesperrt war, wach zu sein und den Klienten Rechtsbescheid zu erteilen, Kapitalien an verlässliche Schuldner gegen gehörige Sicherheit auszuzahlen, auf den Rat älterer Leute zu hören und Jüngeren die Mittel anzugeben, durch die sich das Vermögen vermehren und die verderbliche Sinnenlust eindämmen lässt. Das wankelmütige Volk änderte seinen Sinn und begeisterte sich jetzt nur mehr für die Dichtkunst. Knaben und ernste Männer dichten mit Kränzen im Haar sogar beim Essen. Ich selbst, der eben noch versichert hat, er werde keine Verse mehr schreiben, zeige mich so lügenhaft wie ein Parther, bin schon vor Sonnenaufgang wach und fordere Feder, Papier und Schreibmappe. Wer nichts von der Seefahrt versteht, hütet sich, ein Schiff zu steuern; Stabwurz einem Kranken zu verordnen, wagt nur der Sachverständige; die ärztliche Kunst übt nur der Arzt aus, und mit dem Handwerk befassen sich nur Handwerker. Dagegen dichten wir alle ohne Unterschied, ob gelehrt oder ungelehrt. Dass jedoch diese Verirrung, dieser gelinde Wahnsinn auch gute Seiten hat, kann man daraus entnehmen: Ein Dichterherz ist nicht leicht habsüchtig; es liebt nur Verse, und diese sind seine ganze Leidenschaft. Für Vermögensverluste, Entlaufen von Sklaven und Brandunglück hat es nur ein Lächeln. Nie sinnt es auf Trug am Geschäftsfreund oder einem jungen Mündel; der Dichter lebt von Hülsenfrüchten und Kleienbrot. Wenn er auch zum Kriegsdienst zu faul und untauglich ist, macht er sich doch dem Staat nützlich, wofern du zugestehst, dass Großes auch durch Kleines gefördert werden kann. Der Dichter lehrt den zarten, stammelnden Mund des Knaben deutlich sprechen und lenkt sein Ohr schon jetzt von unflätigen Reden ab. Später bildet er auch seinen Geist durch wohlmeinende Lehren und mildert den Eigensinn, den Neid, den Jähzorn. Er erzählt von edlen Taten und gibt dem kommenden Geschlecht rühmliche Beispiele an die Hand, er tröstet den Armen und Bekümmerten. Von wem sollte auch das unberührte Mädchen und der keusche Knabe das Beten lernen, hätte uns nicht die Muse den Dichter geschenkt?
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Epistularum Liber Alter
poscit opem chorus et praesentia numina sentit, caelestis inplorat aquas docta prece blandus, avertit morbos, metuenda pericula pellit, inpetrat et pacem et locupletem frugibus annum: carmine di superi placantur, carmine Manes. agricolae prisci, fortes parvoque beati, condita post frumenta levantes tempore festo corpus et ipsum animum spe finis dura ferentem, cum sociis operum et pueris et coniuge fida Tellurem porco, Silvanum lacte piabant, floribus et vino Genium memorem brevis aevi. Fescennina per hunc inventa licentia morem versibus alternis opprobria rustica fudit, libertasque recurrentis accepta per annos lusit amabiliter, donec iam saevus apertam in rabiem coepit verti iocus et per honestas ire domos inpune minax. doluere cruento dente lacessiti; fuit intactis quoque cura condicione super communi; quin etiam lex poenaque lata, malo quae nollet carmine quemquam describi: vertere modum, formidine fustis ad bene dicendum delectandumque redacti. Graecia capta ferum victorem cepit et artis intulit agresti Latio. sic horridus ille defluxit numerus Saturnius et grave virus munditiae pepulere; sed in longum tamen aevum manserunt hodieque manent vestigia ruris. serus enim Graecis admovit acumina chartis et post Punica bella quietus quaerere coepit, quid Sophocles et Thespis et Aeschylos utile ferrent. temptavit quoque rem si digne vertere posset, et placuit sibi, natura sublimis et acer; nam spirat tragicum satis et feliciter audet; sed turpem putat inscite metuitque lituram. creditur, ex medio quia res accersit, habere sudoris minimum, sed habet comoedia tanto plus oneris, quanto veniae minus. adspice, Plautus quo pacto partis tutetur amantis ephebi, ut patris attenti, lenonis ut insidiosi, quantus sit Dossennus edacibus in parasitis, quam non adstricto percurrat pulpita socco. gestit enim nummum in loculos demittere, post hoc securus, cadat an recto stet fabula talo. quem tulit ad scaenam ventoso Gloria curru, exanimat lentus spectator, sedulus inflat: sic leve, sic parvum est, animum quod laudis avarum subruit aut reficit. valeat res ludicra, si me
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Der Chor der Mädchen und Knaben fleht um Hilfe und fühlt sogleich der Gottheit Gegenwart; schmeichelnd mit dem erlernten Bittgesang erfleht er Wasser vom Himmel, wendet Seuchen ab, verscheucht drohende Gefahren, erlangt durch seine Bitten den Frieden und ein früchtegesegnetes Jahr. Durch das Lied lassen sich die Götter des Himmels und die Geister der Unterwelt gnädig stimmen. Das biedere, genügsame Bauernvolk der guten alten Zeit pflegte nach der Ernte beim Dankfest sich körperlich zu erholen und auch das Herz, das harte Arbeit nur in der Hoffnung auf ein gutes Ende erträgt, zu erquicken, indem man in Gesellschaft der Arbeitsgenossen, der Kinder und der treuen Gattin der Erdgöttin ein Ferkel opferte, dem Waldgott eine Milchspende und dem Genius, der immer an die Kürze des Lebens denkt, Blumen und Wein. Mit diesem Brauch kam die fescenninische Ausgelassenheit auf, die im Wechselgesang mit bäurischen Schimpfworten um sich warf, und so bürgerte sich im Lauf der Jahre eine Freiheit ein, die ein ergötzliches Spiel trieb, bis der Scherz schließlich bösartig wurde, in offenen Hohn ausartete und ungestraft mit seinen Drohungen sogar in ehrbare Häuser einbrach. Schmerzlich empfanden das die vom blutigen Zahne des Spottes Verletzten, und selbst die Ungekränkten hegten Besorgnis wegen der allen drohenden Gefahr. Sogar Strafgesetze wurden erlassen, die verboten, dass man durch Schmähgedichte jemanden brandmarke. Da zog man andere Saiten auf aus Furcht vor der Prügelstrafe und kehrte notgedrungen zu anständigen Formen der Unterhaltung zurück. Das unterworfene Griechenland unterwarf sich seinen wilden Besieger und führte seine Künste in das bäuerliche Latium ein. So verschwand der berüchtigte, ungehobelte Saturnische Vers, und Sauberkeit verdrängte die widerliche Nachlässigkeit. Aber noch lange Jahre, ja bis zum heutigen Tag sind Spuren des bäurischen Wesens geblieben. Denn erst spät wandte (der Römer) seinen Scharfsinn der griechischen Literatur zu, und erst im Frieden nach den Punischen Kriegen begann er zu forschen, ob Sophokles, Thespis und Aischylos etwas Nützliches bieten könnten. Er versuchte auch, ob er den Stoff würdig übertragen könne. Und da er von Hause aus zum Erhabenen neigt und voll Feuer ist, gefiel er sich darin, denn er besitzt für die Tragödie hinlängliches Pathos, und es glückt ihm mancher kühne Wurf. Nur hält er aus Mangel an Sachverstand sorgfältiges Feilen für eine Schande und scheut es. Man meint, die Komödie koste am wenigsten Schweiß, weil sie die Stoffe mitten aus dem Alltagsleben nimmt, aber sie macht umso mehr Arbeit, je weniger sie Nachsicht findet. Schau nur, wie schlecht Plautus die Rolle des verliebten Jünglings durchführt oder die des sparsamen Vaters, wie schlecht die des tückischen Kupplers, und wie sich bei ihm statt des immer hungrigen Schmarotzers der Vielfraß der Atellane vordrängt, wie locker gebunden der Schuh ist, in dem er hastig über die Bretter schlurft! Es ist ihm ja nur darum zu tun, Geld in die Kasse zu bringen: hernach kümmert es ihn wenig, ob sein Stück durchfällt oder auf geradem Fuße steht. Wen die Ruhmsucht auf ihrem windigen Wagen zur Bühne trägt, dem raubt ein kalter Zuschauer den Atem, ein teilnahmsvoller macht ihn stolz. So nichtig, so armselig ist das, was die ehrgeizige Seele niederdrückt oder aufrichtet. Fahr hin, Bühnendichtung, wenn die Verweigerung
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Epistularum Liber Alter
palma negata macrum, donata reducit opimum. saepe etiam audacem fugat hoc terretque poetam, quod numero plures, virtute et honore minores, indocti stolidique et depugnare parati, si discordet eques, media inter carmina poscunt aut ursum aut pugiles; his nam plebecula gaudet. verum equitis quoque iam migravit ab aure voluptas omnis ad incertos oculos et gaudia vana. quattuor aut pluris aulaea premuntur in horas, dum fugiunt equitum turmae peditumque catervae; mox trahitur manibus regum fortuna retortis, esseda festinant, pilenta, petorrita, naves, captivum portatur ebur, captiva Corinthus. si foret in terris, rideret Democritus, seu diversum confusa genus panthera camelo sive elephans albus volgi converteret ora; spectaret populum ludis attentius ipsis, ut sibi praebentem nimio spectacula plura; scriptores autem narrare putaret asello fabellam surdo. nam quae pervincere voces evaluere sonum, referunt quem nostra theatra? Garganum mugire putes nemus aut mare Tuscum: tanto cum strepitu ludi spectantur et artes divitiaeque peregrinae; quibus oblitus actor cum stetit in scaena, concurrit dextera laevae. ‘dixit adhuc aliquid?’ ‘nil sane.’ ‘quid placet ergo? lana Tarentino violas imitata veneno.’ ac ne forte putes me quae facere ipse recusem, cum recte tractent alii, laudare maligne: ille per extentum funem mihi posse videtur ire poeta meum qui pectus inaniter angit, inritat, mulcet, falsis terroribus inplet, ut magus, et modo me Thebis, modo ponit Athenis. verum age et his, qui se lectori credere malunt quam spectatoris fastidia ferre superbi, curam redde brevem, si munus Apolline dignum vis conplere libris et vatibus addere calcar, ut studio maiore petant Helicona virentem. multa quidem nobis facimus mala saepe poetae – ut vineta egomet caedam mea –, cum tibi librum sollicito damus aut fesso; cum laedimur, unum si quis amicorum est ausus reprehendere versum; cum loca iam recitata revolvimus inrevocati; cum lamentamur non adparere labores nostros et tenui deducta poemata filo; cum speramus eo rem venturam, ut simul atque carmina rescieris nos fingere, commodus ultro
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des Palmzweiges mich unglücklich, seine Verleihung glückstrahlend nach Hause gehen lässt! Oft raubt es selbst einem kühnen Dichter den Mut und schreckt ihn ab, dass die Mehrzahl der Zuschauer, die freilich an innerem Wert und Rang niedriger stehen, – ungebildete, dumme Leute, die gleich zum Entscheidungskampf mit der Faust bereit sind, wenn die Ritterschaft anders urteilt als sie – mitten im Stück eine Bärenhatz fordert oder einen Boxkampf. Denn an solchen Dingen hat das Völkchen seine Freude. Aber auch in Ritterkreisen ist der Kunstgenuss schon ganz vom Ohr zum unstet schweifenden Auge gewandert und zu eitler Schaulust geworden. Volle vier Stunden oder mehr bleibt der Vorhang unten, während ganze Reitergeschwader und Scharen von Fußvolk über die Bühne eilen; darauf schleppt man unglückliche Könige daher, denen die Hände auf den Rücken gebunden sind. Streitwagen rollen vorüber, Kutschen, Lastfuhrwerke, Schiffsschnäbel. Erbeutete Kunstwerke aus Elfenbein, die ganze Beute von Korinth wird einhergetragen. Wenn Demokrit noch auf Erden lebte, lachte er, wenn er sähe, dass ein Panther, der mit einem Kamel zu einem seltsamen Gebilde verschmolzen ist, oder auch ein weißer Elefant die Augen des Volkes auf sich zieht; er würde das Volk mit größerer Aufmerksamkeit betrachten als das Schauspiel selbst, da es ihm weit mehr Anlass zum Betrachten gäbe; von den Bühnendichtern aber glaubte er, sie erzählten einem tauben Esel eine Fabel. Denn welche Stimme vermöchte das Getöse zu übertönen, von dem unsere Theater widerhallen? Man könnte meinen, der Wald auf dem Garganus rausche oder das tuskische Meer, unter solchem Lärm schaut man sich das Spiel an, die Kunstwerke und die kostbaren ausländischen Gewänder; und der mit ihnen beladene Schauspieler braucht nur auf der Bühne zu erscheinen, um sofort einen Sturm des Beifalls zu entfesseln. „Hat er schon etwas gesagt?“ „Keine Silbe.“ „Was gefällt also? Der veilchenblaue, mit tarentinischem Farbstoff getränkte Wollmantel.“ Und damit du nicht etwa meinst, ich karge mit meinem Lob für Dichtungen, die ich selbst nicht schaffen mag, während sie anderen recht gut gelingen, so sage ich: Die Kunst, auf einem gespannten Seil zu gehen, scheint mir der Dichter zu besitzen, der mein Herz durch Illusionen ängstigt, aufregt und wieder beschwichtigt, dann wieder wie ein Zauberer mit täuschenden Schreckbildern erfüllt und mich bald nach Theben, bald nach Athen versetzt. Aber auch solchen Dichtern, die sich lieber einem Leser anvertrauen als die Nörgelei eines stolzen Zuschauers zu ertragen, musst du einige Aufmerksamkeit schenken, falls du den des Apollo würdigen Bau mit Büchern füllen und die Dichter anspornen willst, dass sie mit größerem Eifer den grünenden Helikon erklimmen. Großen Schaden fügen wir Dichter uns oft selber zu – ich muss da an meinen eigenen Weinberg die Axt anlegen –, wenn wir dir unsere Gedichte überreichen, wenn du mit Regierungssorgen belastet oder müde bist; indem wir uns gekränkt fühlen, wenn ein Freund auch nur einen Vers zu tadeln wagt; wenn wir schon gelesene Glanzstellen unaufgefordert wieder aufschlagen; indem wir jammern, dass die Mühe unserer Arbeit und die Feinheit des Fadens, aus dem wir unser Gedicht gesponnen, unbeachtet bleibt, und uns mit der Hoffnung schmeicheln, es werde noch dahin kommen, dass du nur zu erfahren brauchst, wir verlegen uns aufs Dichten, um uns sogleich freundlich und zuvorkommend
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Epistularum Liber Alter
arcessas et egere vetes et scribere cogas. sed tamen est operae pretium cognoscere, qualis aedituos habeat belli spectata domique virtus, indigno non committenda poetae. gratus Alexandro regi magno fuit ille Choerilus, incultis qui versibus et male natis rettulit acceptos, regale nomisma, Philippos. sed veluti tractata notam labemque remittunt atramenta, fere scriptores carmine foedo splendida facta linunt. idem rex ille, poema qui tam ridiculum tam care prodigus emit, edicto vetuit, ne quis se praeter Apellen pingeret aut alius Lysippo duceret aera fortis Alexandri voltum simulantia. quodsi iudicium subtile videndis artibus illud ad libros et ad haec Musarum dona vocares, Boeotum in crasso iurares aere natum. at neque dedecorant tua de se iudicia atque munera quae multa dantis cum laude tulerunt dilecti tibi Vergilius Variusque poetae nec magis expressi voltus per aenea signa quam per vatis opus mores animique virorum clarorum adparent. nec sermones ego mallem repentis per humum quam res conponere gestas terrarumque situs et flumina dicere et arces montibus inpositas et barbara regna tuisque auspiciis totum confecta duella per orbem claustraque custodem pacis cohibentia Ianum et formidatam Parthis te principe Romam, si quantum cuperem possem quoque; sed neque parvum carmen maiestas recipit tua nec meus audet rem temptare pudor quam vires ferre recusent. sedulitas autem, stulte quem diligit, urget, praecipue cum se numeris commendat et arte. discit enim citius meminitque libentius illud quod quis deridet quam quod probat et veneratur. nil moror officium quod me gravat ac neque ficto in peius voltu proponi cereus usquam nec prave factis decorari versibus opto, ne rubeam pingui donatus munere et una cum scriptore meo capsa porrectus operta deferar in vicum vendentem tus et odores et piper et quidquid chartis amicitur ineptis.
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vor dich rufen zu lassen, uns allem Mangel zu entheben und zum Dichten zu nötigen. Es lohnt sich aber zu prüfen, was für Tempelwächter deine in Krieg und Frieden erprobte Heldenkraft hat, die keinem unwürdigen Dichter preisgegeben werden darf. Beim großen König Alexander stand der berüchtigte Choirilos in Gunst, der seinen holprigen, missratenen Versen die Münzen aus Königsgold, die Philippsdor, verdankte. Aber wie schwarze Farbe bei unvorsichtigem Gebrauch Flecken und Male hinterlässt, besudeln oft die Dichter mit abscheulichen Gedichten die glänzendsten Taten. Und doch verbot der gleiche König, der ein so lächerliches Machwerk so verschwenderisch teuer kaufte, durch einen Erlass, dass außer Apelles ihn jemand male oder ein anderer als Lysippos ein Erzbild schaffe, das die Züge des Helden Alexander trüge. Wenn man dieses Urteil, das den bildenden Künsten gegenüber so empfindlich war, auf Schriftwerke übertragen hätte und auf die Gaben der Muse, wovon wir gerade sprechen, so hätte man schwören müssen, Alexander sei in der dicken Luft Böotiens aufgewachsen. Doch die von dir geschätzten Dichter, Vergil und Varius, machen deinem Urteil über sie und den Geschenken, die sie zum hohen Lob des Gebers erhielten, keine Unehre, und es treten auch die Gesichtszüge berühmter Männer an ihren Bronzestatuen nicht lebensvoller hervor als ihr Charakter und Geist im Werk des Sängers. Auch ich würde, statt im einfachen Stil zu schreiben, lieber deine Taten besingen und die Lage fremder Länder schildern und Flüsse, Burgen auf stolzen Höhen, ausländische Königreiche und die Kriege, die unter deiner Leitung auf dem ganzen Erdkreis beendigt wurden, die Pforten, die den Friedenshüter Janus einschließen, und Rom, das seit deiner Regierung der Schrecken der Parther ist, entspräche mein Können meinem Wollen. Aber ein kleines Gedicht verbietet deine Majestät, andererseits erlaubt mir das Gefühl für Schickliches nicht, mich an einem Stoff zu versuchen, den meine Kräfte zu tragen sich weigern. Aber eine Beflissenheit, die ihre Verehrung töricht zum Ausdruck bringt, fällt lästig, besonders, wenn sie sich durch Verse und Kunstübung zu empfehlen sucht. Denn schneller bemerkt man und leichter behält man das im Kopf, worüber man lacht, als das, was man gutheißt und verehrt. Ich danke für eine Gefälligkeit, die mir lästig fällt, und will ebenso wenig je eine Wachskarikatur von mir öffentlich aufstellen als mich in misslungenen Versen rühmen lassen, damit ich nicht über ein plumpes Geschenk schamrot werden muss und samt meinem Sänger in eine festverschlossene Bücherkapsel gesteckt und in das Stadtviertel hinuntergetragen werde, wo man Weihrauch verkauft, Balsam und Pfeffer und alles, was man in wertloses Papier einwickelt.
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II Flore, bono claroque fidelis amice Neroni, si quis forte velit puerum tibi vendere natum Tibure vel Gabiis et tecum sic agat: ‘hic et candidus et talos a vertice pulcher ad imos fiet eritque tuus nummorum milibus octo, verna ministeriis ad nutus aptus erilis, litterulis Graecis imbutus, idoneus arti cuilibet: argilla quidvis imitaberis uda; quin etiam canet, indoctum, sed dulce bibenti. multa fidem promissa levant, ubi plenius aequo laudat venalis qui volt extrudere merces: res urget me nulla; meo sum pauper in aere. nemo hoc mangonum faceret tibi; non temere a me quivis ferret idem. semel hic cessavit et, ut fit, in scalis latuit metuens pendentis habenae’ –, des nummos, excepta nihil te si fuga laedat: ille ferat pretium poenae securus, opinor. prudens emisti vitiosum, dicta tibi est lex: insequeris tamen hunc et lite moraris iniqua? dixi me pigrum proficiscenti tibi, dixi talibus officiis prope mancum, ne mea saevus iurgares ad te quod epistula nulla rediret. quid tum profeci, mecum facientia iura si tamen attemptas? quereris super hoc etiam, quod expectata tibi non mittam carmina mendax. Luculli miles collecta viatica multis aerumnis, lassus dum noctu stertit, ad assem perdiderat. post hoc vehemens lupus et sibi et hosti iratus pariter, ieiunis dentibus acer, praesidium regale loco deiecit, ut aiunt, summe munito et multarum divite rerum. clarus ob id factum donis ornatur honestis, accipit et bis dena super sestertia nummum. forte sub hoc tempus castellum evertere praetor nescio quod cupiens hortari coepit eundem verbis quae timido quoque possent addere mentem: ‘i bone, quo virtus tua te vocat, i pede fausto, grandia laturus meritorum praemia. quid stas?’ post haec ille catus, quantumvis rusticus, ‘ibit, ibit eo quo vis qui zonam perdidit’ inquit. Romae nutriri mihi contigit atque doceri, iratus Grais quantum nocuisset Achilles. adiecere bonae paulo plus artis Athenae,
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Brief 2,2
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Brief 2,2 : An Julius Florus Florus, du treuer Freund des wackeren, kriegsberühmten Nero! Wenn dir etwa jemand einen in Tibur oder in Gabii geborenen Sklaven verkaufen wollte und so mit dir verhandelte: „Dieser schneeweiße, vom Scheitel bis zur Sohle schöne Mensch wird für achttausend Sesterzen dein Eigentum und bleibt es; er ist ein hausbürtiger Sklave, der seinem Herrn die Befehle an den Augen abliest und sie geschickt ausführt; er kann auch ein bisschen Griechisch und hat Talent für jede Kunst. Wie aus feuchtem, weichem Ton kannst du alles aus ihm machen; sogar singen kann er, zwar nicht kunstvoll, aber beim Zechen doch ganz angenehm. Viele Anpreisungen schmälern die Glaubwürdigkeit, wenn man die verkäufliche Ware, die man losschlagen möchte, in zu hohen Tönen lobt. Mich drängt keine Not; ich habe zwar nicht viel Geld, aber auch keine Schulden. Kein Sklavenhändler würde dir ein solches Angebot machen; und nicht jeder erhielte von mir so leicht die gleiche Gefälligkeit. Nur einmal ist er ausgeblieben und hat sich, wie es so geht, unter der Treppe versteckt aus Furcht vor der an der Wand hängenden Peitsche“ –, dann gibst du wohl das Geld, wenn dich die ausdrücklich hervorgehobene Neigung zum Ausreißen nicht bedenklich macht. Der Mann bekäme sein Geld, ohne, wie mich dünkt, Schadenersatz befürchten zu müssen. Mit Wissen und Willen hast du einen mit Fehlern behafteten Sklaven gekauft, die Kaufbedingung war dir ja genannt. Und doch willst du den Verkäufer belangen und ihn mit ungerechtem Prozess behelligen. Ich sagte dir bei deiner Abreise, ich sei schreibfaul, sagte dir, ich sei zu solchen Aufmerksamkeiten beinah unfähig, damit du nicht grimmig mit mir rechten könntest, wenn du keinen Brief von mir bekämest. Was habe ich damals erreicht, wenn du doch das Recht, das ganz auf meiner Seite steht, anfechten willst? Obendrein beklagst du dich, dass ich mein Wort breche und dir die erwarteten Gedichte nicht schicke. Ein Soldat des Lucullus hatte seinen unter vieler Mühsal zusammengesparten Sold bis auf den letzten Heller eingebüßt, während er erschöpft des Nachts schnarchte. Daraufhin wurde er ein reißender Wolf, auf sich ebenso ergrimmt wie auf den Feind, angriffslustig in seinem Hunger, und so warf er, wie man erzählt, eine Besatzung des Königs aus einer befestigten, mit reichen Vorräten versehenen Bergstellung. Dieser Handstreich machte ihn berühmt, er wird mit Ehrengeschenken ausgezeichnet und erhält obendrein noch zwanzigtausend Sesterzen. Nun traf es sich, dass bald darauf der Heerführer irgendein Kastell zerstören wollte und den nämlichen Mann mit Worten aufzufordern begann, die selbst einem Hasenfuß Mut machen konnten: „Auf, Wackerer, auf, wohin dich deine Tapferkeit ruft! Der Himmel segne jeden deiner Schritte. Groß ist der Lohn, den du für deine Verdienste erhalten wirst. Nun, was bleibst du stehen?“ Da erwiderte jener pfiffig, wenn auch ungehobelt: „Dahin, wo du willst, geht nur einer, der seinen Geldgurt verloren hat.“ Ich hatte das Glück, in Rom erzogen zu werden und zu lernen, welch großen Schaden der Zorn Achills den Griechen brachte. Ein bisschen mehr Bildung hat dann das liebe Athen hinzugetan,
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scilicet ut vellem curvo dinoscere rectum atque inter silvas Academi quaerere verum. dura sed emovere loco me tempora grato civilisque rudem belli tulit aestus in arma Caesaris Augusti non responsura lacertis. unde simul primum me dimisere Philippi, decisis humilem pinnis inopemque paterni et laris et fundi paupertas inpulit audax ut versus facerem; sed quod non desit habentem quae poterunt umquam satis expurgare cicutae, ni melius dormire putem quam scribere versus? singula de nobis anni praedantur euntes: eripuere iocos, venerem, convivia, ludum; tendunt extorquere poemata: quid faciam vis? denique non omnes eadem mirantur amantque: carmine tu gaudes, hic delectatur iambis, ille Bioneis sermonibus et sale nigro. tres mihi convivae prope dissentire videntur poscentes vario multum diversa palato: quid dem? quid non dem? renuis quod tu, iubet alter; quod petis, id sane est invisum acidumque duobus. praeter cetera me Romaene poemata censes scribere posse inter tot curas totque labores? hic sponsum vocat, hic auditum scripta relictis omnibus officiis; cubat hic in colle Quirini, hic extremo in Aventino, visendus uterque; intervalla vides humane commoda. ‘verum purae sunt plateae, nihil ut meditantibus obstet.’ festinat calidus mulis gerulisque redemptor, torquet nunc lapidem, nunc ingens machina tignum, tristia robustis luctantur funera plaustris, hac rabiosa fugit canis, hac lutulenta ruit sus: i nunc et versus tecum meditare canoros. scriptorum chorus omnis amat nemus et fugit urbem, rite cliens Bacchi somno gaudentis et umbra: tu me inter strepitus nocturnos atque diurnos vis canere et contracta sequi vestigia vatum? ingenium, sibi quod vacuas desumpsit Athenas et studiis annos septem dedit insenuitque libris et curis, statua taciturnius exit plerumque et risu populum quatit: hic ego rerum fluctibus in mediis et tempestatibus urbis verba lyrae motura sonum conectere digner? frater erat Romae consulti rhetor, ut alter alterius sermone meros audiret honores, Gracchus ut hic illi, foret huic ut Mucius ille. qui minus argutos vexat furor iste poetas?
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das heißt, es hat in mir den Willen gestärkt, das Gerade vom Krummen zu unterscheiden und unter den Bäumen des Akademos die Wahrheit zu suchen. Aber die harte Zeit riss mich aus der geliebten Stadt, und die Wogen des Bürgerkrieges trugen mich, der vom Kriegswesen nichts verstand, zu den Waffen, die dem Arme eines Caesar Augustus nicht gewachsen sein sollten. Sobald mich aus diesem Getümmel Philippi befreit hatte, trieb mich, der nach dem Verlust des väterlichen Hauses und Hofes mit zerbrochenen Schwingen kleinlaut am Boden lag, die keck machende Armut zum Versemachen an. Aber jetzt, wo ich das Unentbehrliche besitze, – welche Dosis Schierling könnte mich da von der Verrücktheit heilen, wenn ich nicht das Schlafen für besser hielte als das Dichten? Ein Gut um das andere rauben uns die Jahre in ihrem Lauf: Mir nahmen sie die Freude am Scherzen, an der Liebe, an Gelagen und am Tändeln. Jetzt wollen sie mir noch die Leier aus der Hand winden. Was soll ich da machen? Und schließlich schwärmen nicht alle für das Nämliche. Du hast deine Freude an lyrischen Gedichten, dieser ergötzt sich an Jamben, jener an Plaudereien in der Art Bions mit ihrem schwarzen Salz. Sie scheinen mir fast drei Gästen zu gleichen, die in ihrem Geschmack nicht übereinstimmen und für ihren verschiedenen Gaumen ganz verschiedene Speisen fordern. Was soll ich ihnen vorsetzen, was nicht? Was du zurückweisest, will ein anderer haben, und was du verlangst, ist gewiss den anderen beiden zuwider und unangenehm. Und abgesehen von allem anderen – meinst du wirklich, ich könne in Rom Gedichte schreiben, inmitten so vieler Aufregungen und Geschäfte? Da verlangt einer, ich solle für ihn als Bürge vor Gericht erscheinen, ein anderer, ich solle alles stehen und liegen lassen und der Vorlesung seiner Gedichte beiwohnen; der liegt krank auf dem Quirinal, der ganz draußen auf dem Aventinus, und beide wollen besucht sein; recht anständige Entfernungen, wie du siehst. „Aber die Straßen sind ja ganz leer, so dass einen nichts beim Nachdenken stört.“ Da kommt mit brennendem Kopf ein Bauunternehmer dahergerannt mit seinen Maultieren und Lastträgern, Krane ziehen hier einen Steinblock, dort einen riesigen Balken in die Höhe, düstere Leichenzüge kämpfen mit schweren Lastfuhrwerken, hier läuft eine tollwütige Hündin, dort stürzt ein schmutziges Schwein heran. So, jetzt geh hin und sinne in deinem Innern auf wohlklingende Verse! Der ganze Dichterchor liebt die Wälder und flieht die großen Städte, echte Gefolgsleute des Bacchus, der seine Freude hat am Schlaf und kühlen Schatten. Und da willst du mir zumuten, ich solle in diesem Lärm bei Tag und Nacht dichten und mit innerer Sammlung den Spuren der Sänger folgen? Ein hoher Geist, der sich das stille Athen zum Aufenthalt erkoren und sieben Jahre dem Studium gewidmet hat, der über seinen Büchern und geistiger Arbeit grau geworden, ist meistens stumm wie eine Statue, wenn er ausgeht, und bringt das Publikum zum Lachen. Und ich soll hier, mitten in den Fluten und Stürmen des großstädtischen Treibens, Lust dazu haben, Worte aneinander zu reihen, die bestimmt sind, den Klang der Leier zu wecken? Es lebte einmal in Rom ein Rhetor mit seinem Bruder, einem Rechtsanwalt, in solcher Eintracht, dass der eine aus dem Munde des andern lauter Ehrentitel zu hören bekam, so dass dieser jenem zum Gracchus, jener diesem zum Mucius wurde. Wie sollte der Wahnsinn, der die liederreichen Dichter plagt, geringer sein?
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carmina compono, hic elegos: ‘mirabile visu caelatumque novem Musis opus.’ adspice primum, quanto cum fastu, quanto molimine circumspectemus vacuam Romanis vatibus aedem; mox etiam, si forte vacas, sequere et procul audi, quid ferat et qua re sibi nectat uterque coronam: caedimur et totidem plagis consumimus hostem lento Samnites ad lumina prima duello; discedo Alcaeus puncto illius; ille meo quis? quis nisi Callimachus? si plus adposcere visus, fit Mimnermus et optivo cognomine crescit. multa fero, ut placem genus inritabile vatum, cum scribo et supplex populi suffragia capto; idem finitis studiis et mente recepta opturem patulas inpune legentibus auris. ridentur mala qui conponunt carmina; verum gaudent scribentes et se venerantur et ultro, si taceas, laudant quidquid scripsere beati. at qui legitimum cupiet fecisse poema, cum tabulis animum censoris sumet honesti: audebit, quaecumque parum splendoris habebunt et sine pondere erunt et honore indigna ferentur verba movere loco, quamvis invita recedant et versentur adhuc inter penetralia Vestae; obscurata diu populo bonus eruet atque proferet in lucem speciosa vocabula rerum, quae priscis memorata Catonibus atque Cethegis nunc situs informis premit et deserta vetustas; adsciscet nova, quae genitor produxerit usus. vemens et liquidus puroque simillimus amni fundet opes Latiumque beabit divite lingua; luxuriantia conpescet, nimis aspera sano levabit cultu, virtute carentia tollet: ludentis speciem dabit et torquebitur, ut qui nunc Satyrum, nunc agrestem Cyclopa movetur. praetulerim scriptor delirus inersque videri, dum mea delectent mala me vel denique fallant, quam sapere et ringi. fuit haud ignobilis Argis, qui se credebat miros audire tragoedos in vacuo laetus sessor plausorque theatro, cetera qui vitae servaret munia recto more, bonus sane vicinus, amabilis hospes, comis in uxorem, posset qui ignoscere servis et signo laeso non insanire lagoenae, posset qui rupem et puteum vitare patentem. hic ubi cognatorum opibus curisque refectus expulit elleboro morbum bilemque meraco
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Ich schreibe lyrische Gedichte, jener Elegien. „Ein Wunderwerk! Alle neun Musen haben daran ziseliert.“ Nun schau dir zuerst den Dünkel und die Wichtigtuerei an, mit der wir uns im Apollotempel umsehen, der noch leer ist von Werken römischer Sänger! Dann, wenn du vielleicht Zeit hast, geh hinter uns drein und höre aus der Nähe an, was jeder von uns beiden zu ertragen hat und auf welche Weise sich jeder den Lorbeerkranz windet! Wir bekommen Hieb auf Hieb und erlegen den Gegner mit ebenso vielen Streichen wie samnitische Gladiatoren in langwierigem Zweikampf, bis die ersten Lampen angezündet werden. Ich gehe aus der Schlacht nach dem Urteil meines Gegners als Alkaios hervor und er nach meinem – als was? Als was anderes als ein Kallimachos? Scheint er noch höhere Ansprüche zu machen, wird er Mimnermos und mit diesem gewünschten Beinamen noch größer. – Solange ich dichte und demütig um die Stimmen des Publikums bettle, muss ich mir viel gefallen lassen, um die reizbare Dichterzunft bei guter Laune zu erhalten. Nun ich aber dieses Handwerk aufgegeben und meinen gesunden Verstand wieder habe, darf ich wohl ohne schlimme Folgen mein bisher offenes Ohr gegen ihre Vorlesungen zustopfen. Man lacht die Leute aus, die schlechte Gedichte machen, aber sie haben am Dichten ihre Freude und streuen sich selber Weihrauch, und hüllt man sich auch in Schweigen, so preisen sie selber in ihrer Glückseligkeit alles, was sie schrieben. Wer aber ein kunstgerechtes Gedicht machen will, wird zugleich mit der Schreibtafel die Gesinnung eines ehrlichen Kritikers annehmen. Er wird es über sich bringen, alle Ausdrücke, die zu wenig Glanz oder keine Kraft haben und ihres Ehrenplatzes für unwürdig befunden werden, auszustreichen, so ungern sie auch weichen mögen und so sicher sie sich im Allerheiligsten des Vestatempels fühlen. Dagegen wird er Wörter, die das Volk längst vergessen hat, redlich wieder ausgraben und glänzende Bezeichnungen wieder zutage fördern, die einst so ehrwürdige Männer wie Cato und Cethegus im Munde führten, worauf freilich jetzt entstellender Moder lastet und vereinsamtes Alter. Auch neue Wortbildungen wird er sich aneignen, die das schöpferische Bedürfnis hervorgebracht hat. Kraftvoll und doch klar, ähnlich einem lauteren Strome, wird er seine Gaben ausgießen und Latium mit dem Reichtum seiner Sprache beglücken. Üppige Auswüchse wird er zurückschneiden, zu große Härten durch vernünftige Pflege glätten, kraftloses Zeug entfernen. Er wird den Eindruck erwecken, als sei ihm seine Arbeit ein müheloses Spiel, und sich drehen und wenden wie ein Pantomime, der bald einen Satyr, bald den plumpen Kyklopen im Tanze darstellt. Ich möchte lieber als verrückter Dichterling ohne künstlerisches Verständnis erscheinen, wenn ich nur an meinen eigenen Fehlern meine Freude haben könnte oder wenn sie am Ende gar mir selbst verborgen blieben, statt etwas von Kunst zu verstehen und mich zu ärgern. In Argos lebte einst ein Mann von nicht gemeinem Stande, der sich immer einbildete, er höre wundervolle Tragödien an, wenn er vergnügt im leeren Theater saß und Beifall klatschte; sonst war er ein Mann, der seine Pflichten als Mensch vollkommen erfüllte, ein ganz guter Nachbar, ein liebenswürdiger Gastfreund, liebevoll gegen seine Frau, konnte auch seinen Sklaven etwas nachsehen und geriet über das verletzte Siegel einer Weinflasche nicht gleich in Tobsucht, hatte auch so viel Verstand, um einem Abgrund oder offenen Brunnen auszuweichen. Als nun dieser Mann durch die sorgsame Pflege seiner Verwandten wiederher-
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et redit ad sese, ‘pol me occidistis, amici, non servastis’, ait ‘cui sic extorta voluptas et demptus per vim mentis gratissimus error.’ nimirum sapere est abiectis utile nugis et tempestivum pueris concedere ludum ac non verba sequi fidibus modulanda Latinis, sed verae numerosque modosque ediscere vitae. quocirca mecum loquor haec tacitusque recordor: si tibi nulla sitim finiret copia lymphae, narrares medicis: quod quanto plura parasti, tanto plura cupis, nulline faterier audes? si volnus tibi monstrata radice vel herba non fieret levius, fugeres radice vel herba proficiente nihil curarier: audieras, cui rem di donarent, illi decedere pravam stultitiam, et, cum sis nihilo sapientior ex quo plenior es, tamen uteris monitoribus isdem? at si divitiae prudentem reddere possent, si cupidum timidumque minus te, nempe ruberes, viveret in terris te si quis avarior uno. si proprium est, quod quis libra mercatus et aere est, quaedam, si credis consultis, mancipat usus: qui te pascit ager tuus est, et vilicus Orbi, cum segetes occat tibi mox frumenta daturus, te dominum sentit. das nummos, accipis uvam, pullos, ova, cadum temeti: nempe modo isto paulatim mercaris agrum, fortasse trecentis aut etiam supra nummorum milibus emptum. quid refert, vivas numerato nuper an olim, emptor Aricini quoniam Veientis et arvi emptum cenat holus, quamvis aliter putat? emptis sub noctem gelidam lignis calefactat aenum; sed vocat usque suum, qua populus adsita certis limitibus vicina refugit iurgia: tamquam sit proprium quicquam, puncto quod mobilis horae nunc prece, nunc pretio, nunc vi, nunc morte suprema permutet dominos et cedat in altera iura. sic quia perpetuus nulli datur usus et heres heredem alterius velut unda supervenit undam, quid vici prosunt aut horrea, quidve Calabris saltibus adiecti Lucani, si metit Orcus grandia cum parvis, non exorabilis auro? gemmas, marmor, ebur, Tyrrhena sigilla, tabellas, argentum, vestis Gaetulo murice tinctas sunt qui non habeant, est qui non curat habere. cur alter fratrum cessare et ludere et ungui
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gestellt war, mit ganz reiner Nieswurz seine Gallenkrankheit ausgetrieben hatte und wieder zur Vernunft gekommen war, rief er aus: „Beim Pollux, Freunde, ihr habt mich umgebracht, nicht geheilt, da mir so meine Freude geraubt und der holdeste Wahn meines Geistes mit Gewalt genommen ist.“ Selbstverständlich ist es für mich nützlich, die Possen abzutun, das Spiel den jungen Leuten zu überlassen, für deren Alter es besser passt, und nicht auf Worte Jagd zu machen, die man zur lateinischen Leier singen soll, sondern Takt und Harmonie einer richtigen Lebensweise gründlich zu lernen. Deshalb sage ich zu mir selbst und beherzige es im Stillen: Wenn keine noch so große Wassermenge deinen Durst stillen könnte, würdest du das dem Arzt sagen. Dass du aber umso mehr begehrst, je mehr du erworben hast, das wagst du niemandem zu gestehen? Wenn sich eine Wunde durch eine Wurzel oder ein Kraut, das man dir verordnet hat, nicht besserte, gäbest du es auf, dich mit Wurzel oder Kraut, die nichts helfen, behandeln zu lassen. Nun hast du aber sagen hören, dass von dem die verrannte Dummheit weicht, dem die Götter Reichtum schenken; und jetzt, da du um kein Haar klüger bist, seit du reicher bist, willst du dich an die gleichen Ratgeber halten? Aber wenn der Reichtum die Kraft besäße, dich klug zu machen und weniger begehrlich und furchtsam, dann müsstest du dich allerdings schämen, wenn es auf der Welt einen Menschen gäbe, der noch habgieriger wäre als du. Wenn das Eigentum ist, was man mit Waage und Geldstück kauft, und wenn manches durch Nießbrauch Eigentum wird, falls du den Juristen glaubst, dann ist der Acker, der dich nährt, dein Eigentum, und der Gutsverwalter des Orbius muss das Gefühl haben, dass du der Besitzer bist, wenn er die Flur eggt und dir bald deren Erntesegen einbringen wird. Du gibst deine Groschen hin, erhältst dafür Trauben, Hühner, Eier, einen Krug Wein – und auf diese Weise kaufst du natürlich so nach und nach das Grundstück, das dreihunderttausend Sesterzen oder noch mehr gekostet hat. Was macht es auch aus, ob das Geld, von dem du lebst, neulich erst oder schon längst ausbezahlt wurde? Der Käufer eines Aricinischen oder Vejentinischen Grundstücks speist nur gekauftes Gemüse, wenn er das auch nicht glaubt; mit gekauftem Holze heizt er bei Einbruch der kalten Nacht seinen Wasserkessel. Aber trotzdem nennt er alles sein ‘Eigentum’ bis dorthin, wo die Pappelpflanzung an der klar gezogenen Grenze einem Streit mit dem Nachbarn vorgebeugt hat, gerade als ob irgendetwas Eigentum sein könnte, was in der kurzen Frist einer flüchtigen Stunde bald durch Schenkung, bald durch Verkauf, bald durch Gewalt, bald durch den Tod, der allem ein Ende setzt, seinen Besitzer wechselt und in fremde Hand übergeht. Weil somit keinem Menschen bleibender Besitz vergönnt ist und ein Erbe auf den Erben eines anderen folgt wie eine Welle auf die andere, was helfen dann Dörfer oder Scheunen? Oder was frommt es, lukanische Almen mit calabrischen zu verbinden, wenn doch der Orkus groß und klein niedermäht, er, der durch Gold sich nicht erbitten lässt? Juwelen, Marmorstatuen, Figuren aus Elfenbein, etruskische Bronzefigürchen, Gemälde, Silbergeschirr und Gewänder, die mit gätulischem Purpur gefärbt sind, besitzt gar mancher nicht, und es gibt einen, der nicht nach ihrem Besitze strebt. Warum von zwei Brüdern der eine ein Leben in Untätigkeit, Getändel und Salben-
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praeferat Herodis palmetis pinguibus, alter dives et inportunus ad umbram lucis ab ortu silvestrem flammis et ferro mitiget agrum, scit Genius, natale comes qui temperat astrum, naturae deus humanae mortalis, in unum quodque caput voltu mutabilis, albus et ater. utar et ex modico, quantum res poscet, acervo tollam nec metuam, quid de me iudicet heres, quod non plura datis invenerit; et tamen idem scire volam, quantum simplex hilarisque nepoti discrepet et quantum discordet parcus avaro. distat enim, spargas tua prodigus an neque sumptum invitus facias neque plura parare labores ac potius, puer ut festis quinquatribus olim, exiguo gratoque fruaris tempore raptim. pauperies inmunda domus procul absit: ego utrum nave ferar magna an parva, ferar unus et idem. non agimur tumidis velis aquilone secundo, non tamen adversis aetatem ducimus austris, viribus, ingenio, specie, virtute, loco, re extremi primorum, extremis usque priores. non es avarus: abi. quid? cetera iam simul isto cum vitio fugere? caret tibi pectus inani ambitione? caret mortis formidine et ira? somnia, terrores magicos, miracula, sagas, nocturnos lemures portentaque Thessala rides? natalis grate numeras? ignoscis amicis? lenior et melior fis accedente senecta? quid te exempta iuvat spinis de pluribus una? vivere si recte nescis, decede peritis. lusisti satis, edisti satis atque bibisti: tempus abire tibi est, ne potum largius aequo rideat et pulset lasciva decentius aetas.
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Brief 2,2 duft den ertragreichen Palmenhainen eines Herodes vorzieht, während der andere trotz seines Reichtums rücksichtslos vom Sonnenaufgang bis zur Nacht den mit Gestrüpp bewachsenen Acker mit Feuer und Eisen urbar macht, das weiß nur ihr Genius, der Begleiter des Menschen, der das Gestirn der Geburtsstunde regiert, der göttliche und doch sterbliche Teil des menschlichen Wesens, der für jeden Menschen ein verschiedenes Antlitz zeigt, ein weißes oder ein schwarzes. Also will ich auch einen mäßig großen Besitz genießen und je nach Bedarf etwas davon wegnehmen, ohne das Urteil meines Erben zu fürchten, das er über mich fällen wird, wenn er nicht mehr als das einst mir Hinterlassene vorfindet. Aber doch werde ich wissen wollen, wie groß der Unterschied ist zwischen einem harmlos heiteren Menschen und einem Verschwender und wie groß der Gegensatz zwischen einem Sparsamen und einem Habgierigen. Denn es ist ein Unterschied, ob du deine Habe mit vollen Händen verschleuderst oder ob du weder eine Ausgabe widerwillig machst noch dich abmühst, mehr zu erwerben, statt wie einst als Schulbub am fünftägigen Minervafest die kurze, süße Ferienzeit in raschem Zugreifen zu genießen. Nur schmutzige Armut bleibe von mir in weiter Ferne! Ob ich auf einem kleinen oder auf einem großen Schiffe fahre, ich fahre immer als ein und derselbe. Wohl treibe ich nicht dahin mit geschwellten Segeln bei günstigem Nord, aber ich schleppe mein Leben auch nicht hin unter den Böen des widrigen Südwinds. An Körperkraft, geistiger Begabung, Schönheit, Tugend, Rang und Vermögen bin ich der Letzte unter den Ersten, unter den Letzten immer noch der Erste. Du bist nicht habgierig: Gut, du kannst gehen. Aber wie? Sind mit diesem Laster auch schon alle anderen fort? Ist dein Herz frei von eitlem Ehrgeiz, ist es frei von Todesfurcht und von Zorn auf den Tod? Kannst du lachen über Träume, Schreckbilder der Magier, Wunderzeichen, Hexen, Nachtgespenster und thessalischen Hokuspokus? Zählst du dankbar deine Geburtstage? Bist du nachsichtig gegen deine Freunde? Wirst du mit dem Herannahen des Alters sanfter und überhaupt besser? Was hilft es dir, wenn von vielen Dornen einer herausgezogen ist? Wenn du nicht richtig zu leben verstehst, mach denen Platz, die es verstehen! Du hast genug getändelt, genug gegessen und getrunken: Es ist Zeit für dich heimzugehen, damit dich nicht, wenn du zu viel getrunken hast, das Alter, dem der Mutwille besser ansteht, verhöhnt und misshandelt.
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DE ARTE POETICA Humano capiti cervicem pictor equinam iungere si velit et varias inducere plumas undique conlatis membris, ut turpiter atrum desinat in piscem mulier formosa superne, spectatum admissi risum teneatis amici? credite, Pisones, isti tabulae fore librum persimilem, cuius, velut aegri somnia, vanae fingentur species, ut nec pes nec caput uni reddatur formae. ‘pictoribus atque poetis quidlibet audendi semper fuit aequa potestas.’ scimus, et hanc veniam petimusque damusque vicissim; sed non ut placidis coeant inmitia, non ut serpentes avibus geminentur, tigribus agni. inceptis gravibus plerumque et magna professis purpureus, late qui splendeat, unus et alter adsuitur pannus, cum lucus et ara Dianae et properantis aquae per amoenos ambitus agros aut flumen Rhenum aut pluvius describitur arcus; sed nunc non erat his locus. et fortasse cupressum scis simulare: quid hoc, si fractis enatat exspes navibus, aere dato qui pingitur? amphora coepit institui: currente rota cur urceus exit? denique sit quodvis, simplex dumtaxat et unum. maxima pars vatum, pater et iuvenes patre digni, decipimur specie recti: brevis esse laboro, obscurus fio; sectantem levia nervi deficiunt animique; professus grandia turget; serpit humi tutus nimium timidusque procellae: qui variare cupit rem prodigialiter unam, delphinum silvis adpingit, fluctibus aprum: in vitium ducit culpae fuga, si caret arte. Aemilium circa ludum faber imus et unguis exprimet et mollis imitabitur aere capillos, infelix operis summa, quia ponere totum nesciet: hunc ego me, si quid componere curem, non magis esse velim quam naso vivere pravo, spectandum nigris oculis nigroque capillo. sumite materiam vestris, qui scribitis, aequam viribus et versate diu, quid ferre recusent, quid valeant umeri. cui lecta potenter erit res, nec facundia deseret hunc nec lucidus ordo. ordinis haec virtus erit et venus, aut ego fallor, ut iam nunc dicat iam nunc debentia dici, pleraque differat et praesens in tempus omittat.
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ÜBER DIE DICHTKUNST Wenn ein Maler den Einfall hätte, an den Kopf eines Menschen den Hals eines Pferdes zu fügen, die Glieder aus der ganzen Tierwelt zusammenzuborgen und dann ein buntes Gefieder darüberzuziehen, so dass das Ganze, oben ein schönes Weib, in einen scheußlich schwarzen Fisch ausliefe, könntet ihr da, wenn man euch zur Betrachtung einlüde, das Lachen verhalten, selbst wenn ihr Freunde jenes Malers wäret? Aber ihr dürft mir glauben, Söhne des Piso, dass einem solchen Gemälde ein Buch ganz ähnlich wäre, in dem einzelne Teile wahnwitzige Gebilde sind gleich den Träumen eines Fieberkranken, so dass weder Anfang noch Ende einer einheitlichen Idee entsprächen. „Aber Maler wie Dichter haben doch von jeher das gleiche Recht gehabt, alles zu wagen, was ihnen beliebt.“ Das wissen wir; wir nehmen diese Freiheit für uns in Anspruch und gestehen sie uns gegenseitig zu, aber doch nicht so, dass das Wilde sich mit dem Zahmen paart, dass Schlangen sich mit Vögeln gatten oder Lämmer mit Tigern. Gar oft wird an eine erhabene Einleitung, die große Dinge verheißt, der eine und andere Purpurlappen angeflickt, der über weite Strecken strahlenden Glanz verbreiten soll, indem man einen Hain und einen Altar der Diana beschreibt oder die Windungen eines durch liebliche Auen eilenden Bächleins oder den Rheinstrom oder einen Regenbogen. Aber für solche Schilderungen war eben hier nicht der geeignete Ort. Vielleicht verstehst du es auch, eine Zypresse naturgetreu wiederzugeben. Was soll das aber, wenn sich einer um sein gutes Geld malen lässt, wie er verzweifelt aus den Trümmern eines Schiffbruchs fortzuschwimmen sucht? Eine große Amphore hätte es werden sollen: Wie geht es nur zu, dass beim Drehen der Töpferscheibe nur ein Wasserkrug herauskommt? Kurz und gut, es handle sich, worum es wolle, wenn das Werk nur wenigstens natürlich und einheitlich ist! Der größte Teil von uns Dichtern, Vater Piso und ihr, eures Vaters würdige Söhne, lässt sich durch den Schein des Richtigen irreführen. Bemühe ich mich, kurz zu sein, so werde ich unverständlich. Wer nach Glätte strebt, verliert an Kraft und Feuer. Wer Erhabenes ankündigt, verfällt in Schwulst. Wer allzu vorsichtig ist und den Sturm zu sehr fürchtet, kriecht niedrig am Boden. Wer dagegen in einen Stoff, der nur für einheitliche Behandlung passt, auf abenteuerliche Weise bunte Abwechslung zu bringen sucht, der malt einen Delphin in eine Waldlandschaft und einen Eber in ein Seestück. Zu Fehlern verleitet auch das Bestreben, einen Fehler zu vermeiden, wenn das künstlerische Verständnis fehlt. Der Erzgießer im Eckladen unten bei der Aemilischen Gladiatorenkaserne kann wohl mit besonderem Geschick die Fingernägel einer Statue plastisch herausarbeiten und die Weichheit des Haares in Erz nachbilden – in der Hauptsache hat er doch kein Glück, weil er es nie verstehen wird, ein Ganzes zu schaffen. Ein solcher Künstler möchte ich, wollte ich ein Gedicht verfassen, ebenso wenig sein, wie mit einer schiefen Nase leben trotz der schönsten schwarzen Augen und dem schönsten schwarzen Haar. Wählt einen Stoff, ihr Dichter, der eurem Können entspricht, und überlegt reiflich, was eure Schultern zu tragen vermögen und was nicht. Wer einen Stoff wählt nach dem Maße seiner Kraft, dem wird es weder an gutem Ausdruck fehlen noch an lichtvoller Ordnung. Der Wert der Ordnung und ihre Schönheit bestehen, wenn ich mich nicht täusche, darin, dass der Dichter gerade jetzt sagt, was er gerade jetzt sagen muss, dagegen sehr vieles aufspart und für den Augenblick beiseite lässt. Auch im Wortgebrauch
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in verbis etiam tenuis cautusque serendis hoc amet, hoc spernat promissi carminis auctor. dixeris egregie, notum si callida verbum reddiderit iunctura novum. si forte necesse est indiciis monstrare recentibus abdita rerum, et fingere cinctutis non exaudita Cethegis continget dabiturque licentia sumpta pudenter, et nova fictaque nuper habebunt verba fidem, si Graeco fonte cadent parce detorta. quid autem Caecilio Plautoque dabit Romanus ademptum Vergilio Varioque? ego cur, adquirere pauca si possum, invideor, cum lingua Catonis et Enni sermonem patrium ditaverit et nova rerum nomina protulerit? licuit semperque licebit signatum praesente nota producere nomen. ut silvae foliis pronos mutantur in annos, prima cadunt: ita verborum vetus interit aetas, et iuvenum ritu florent modo nata vigentque. debemur morti nos nostraque: sive receptus terra Neptunus classes Aquilonibus arcet, regis opus, sterilisve diu palus aptaque remis vicinas urbes alit et grave sentit aratrum, seu cursum mutavit iniquum frugibus amnis doctus iter melius: mortalia facta peribunt, nedum sermonem stet honos et gratia vivax. multa renascentur quae iam cecidere cadentque quae nunc sunt in honore vocabula, si volet usus, quem penes arbitrium est et ius et norma loquendi. res gestae regumque ducumque et tristia bella quo scribi possent numero, monstravit Homerus; versibus inpariter iunctis querimonia primum, post etiam inclusa est voti sententia compos; quis tamen exiguos elegos emiserit auctor, grammatici certant et adhuc sub iudice lis est; Archilochum proprio rabies armavit iambo; hunc socci cepere pedem grandesque cothurni, alternis aptum sermonibus et popularis vincentem strepitus et natum rebus agendis; Musa dedit fidibus divos puerosque deorum et pugilem victorem et equum certamine primum et iuvenum curas et libera vina referre: descriptas servare vices operumque colores cur ego si nequeo ignoroque poeta salutor? cur nescire pudens prave quam discere malo? versibus exponi tragicis res comica non volt; indignatur item privatis ac prope socco dignis carminibus narrari cena Thyestae:
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muss ein Schriftsteller, der eine Dichtung versprochen hat, feines Empfinden und Behutsamkeit besitzen und so dem einen Wort den Vorzug geben, ein anderes verwerfen. Deine Sprache ist ausgezeichnet, wenn eine geschickte Verbindung ein allbekanntes Wort neu erscheinen lässt. Wenn es dann nötig ist, einen Gegenstand, der bisher unbekannt war, durch neue Bezeichnungen zu veranschaulichen, wird es dir gelingen, Wörter zu bilden, die Cethegus mit seinem Lendenschurz nie gehört hat; diese Freiheit wird man dem Dichter einräumen, wenn er sie maßvoll in Anspruch nimmt, und neue, erst jüngst geprägte Ausdrücke werden Kredit erhalten, wenn sie nach der Analogie des Griechischen gebildet sind und in sparsamer Auswahl einfließen. Warum sollte man auch in Rom einem Caecilius und Plautus gestatten, was man einem Vergil oder Varius verwehrt? Warum schaut man mich schief an, wenn ich ein paar Ausdrücke gewinnen kann, da doch der Wortschatz eines Cato und Ennius die Muttersprache bereichert und neue Bezeichnungen zutage gefördert hat? Es war von jeher erlaubt und wird immer erlaubt sein, ein Wort zu prägen, das den Stempel der Gegenwart trägt. Wie die Wälder im Laufe der flüchtigen Jahreszeiten ihre Blätter wechseln – die ersten fallen ab –, so gehen auch veraltete Wörter unter, und neu gebildete blühen voll Kraft und Frische wie junge Leute. Wir und unsere Schöpfungen sind dem Tode verfallen. Mag das ins Land aufgenommene Meer ganze Flotten vor dem Nordwind schützen – ein echt königliches Werk! –, mag ein Sumpf, der lange unfruchtbar und nur für Kanalschifffahrt geeignet war, die benachbarten Städte ernähren und den schweren Pflug zu spüren bekommen, oder mochte ein Fluss seinen den Feldfrüchten verderblichen Lauf ändern müssen, weil man ihm einen besseren Weg gewiesen hat: Menschenwerk wird untergehen, geschweige denn dass Ehre und Ansehen der Wörter feststeht und am Leben bleibt. Viele Bezeichnungen, die schon verschwunden sind, werden wieder aufleben und solche, die jetzt in Ehren sind, werden verschwinden, wenn es das Bedürfnis so will, bei dem die Entscheidung, das Gesetz und der Maßstab des Sprachgebrauchs liegen. In welchem Versmaße die Taten der Könige und Feldherrn und die trauererregenden Kriege darzustellen sind, hat Homer gezeigt. – In Paaren ungleich langer Verse wurde zuerst die Totenklage niedergelegt, dann auch die Freude über erfüllte Wünsche. Wer allerdings der Erste war, der die kleinen Elegien in die Welt geschickt hat, darüber streiten die Philologen, und der Prozess ist noch nicht entschieden. – Den Archilochos hat seine Wut mit dem Jambus bewaffnet, der sein Eigentum ist. Diesen Versfuß übernahm die Komödie und die erhabene Tragödie, weil er sich für die Wechselrede eignet, den Lärm des Volkes übertönt und überhaupt für die Darstellung einer Handlung naturgegeben ist. – Dem Lyriker hat die Muse verliehen, Götter und Göttersöhne, siegreiche Faustkämpfer, Rosse, die im Wettrennen den Preis gewonnen, den Liebesgram der Jünglinge und den sorgenlösenden Wein zu besingen. – Wenn ich also den bestimmten Wechsel des Rhythmus und die stilistische Färbung der verschiedenen Versgattungen nicht kenne und daher nicht imstande bin, sie zu wahren, warum lasse ich mich dann ‘Dichter’ nennen? Warum will ich aus falscher Scham lieber unwissend bleiben als lernen? Ein komischer Stoff lässt sich nicht in tragischen Versen darstellen; ebenso empört sich die Mahlzeit des Thyestes gegen eine Erzählung in der Umgangssprache und in Versen, die sich beinahe für das Lustspiel eignen.
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singula quaeque locum teneant sortita decentem. interdum tamen et vocem comoedia tollit iratusque Chremes tumido delitigat ore; et tragicus plerumque dolet sermone pedestri, Telephus et Peleus cum pauper et exsul uterque proicit ampullas et sesquipedalia verba, si curat cor spectantis tetigisse querella. non satis est pulchra esse poemata: dulcia sunto et quocumque volent animum auditoris agunto. ut ridentibus adrident, ita flentibus adflent humani voltus. si vis me flere, dolendum est primum ipsi tibi: tum tua me infortunia laedent, Telephe vel Peleu; male si mandata loqueris, aut dormitabo aut ridebo. tristia maestum voltum verba decent, iratum plena minarum, ludentem lasciva, severum seria dictu. format enim natura prius nos intus ad omnem fortunarum habitum: iuvat aut inpellit ad iram aut ad humum maerore gravi deducit et angit: post effert animi motus interprete lingua. si dicentis erunt fortunis absona dicta, Romani tollent equites peditesque cachinnum. intererit multum, Davosne loquatur an heros, maturusne senex an adhuc florente iuventa fervidus, et matrona potens an sedula nutrix, mercatorne vagus cultorne virentis agelli, Colchus an Assyrius, Thebis nutritus an Argis. aut famam sequere aut sibi convenientia finge scriptor. honoratum si forte reponis Achillem, inpiger, iracundus, inexorabilis, acer iura neget sibi nata, nihil non adroget armis. sit Medea ferox invictaque, flebilis Ino, perfidus Ixion, Io vaga, tristis Orestes. si quid inexpertum scaenae conmittis et audes personam formare novam, servetur ad imum, qualis ab incepto processerit, et sibi constet. difficile est proprie communia dicere, tuque rectius Iliacum carmen deducis in actus quam si proferres ignota indictaque primus: publica materies privati iuris erit, si non circa vilem patulumque moraberis orbem nec verbo verbum curabis reddere fidus interpres nec desilies imitator in artum, unde pedem proferre pudor vetet aut operis lex, nec sic incipies, ut scriptor cyclicus olim: ‘fortunam Priami cantabo et nobile bellum.’ quid dignum tanto feret hic promissor hiatu?
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Jede Gattung soll den Platz behalten, den sie als passend erlost hat. Bisweilen jedoch schlägt auch die Komödie einen höheren Ton an, und Chremes macht seinem Zorn in schwülstigen Scheltworten Luft, und in der Tragödie geben Telephos und Peleus gar oft ihrem Schmerz in prosaischer Sprache Ausdruck, indem beide, arm und verbannt, den Bombast, das heißt die ellenlangen Wörter von sich werfen, wenn es ihnen darum zu tun ist, das Herz des Zuschauers durch ihre Klage zu rühren. Es reicht nicht hin, wenn ein Gedicht nur schön ist: bezaubern muss es und die Seele des Hörers in jede beabsichtigte Stimmung versetzen. Wie das menschliche Antlitz einem Lächelnden zulächelt, so weint es mit einem Weinenden. Willst du, dass ich weine, so musst du, Telephos oder Peleus, zuerst selber von Schmerz ergriffen sein; erst dann wird dein Leid mir zu Herzen gehen. Wenn du nur eine dir ungeschickt in den Mund gelegte Rede hersagst, dann langweilt es mich oder ich muss lachen. Nur wehmutsvolle Worte passen zu betrübter Miene, drohende zu einer erzürnten, mutwillige zu einer lustigen, ernsthafte zu einer strengen. Denn die Natur versetzt zuerst unser Herz je nach Art der äußeren Geschehnisse in verschiedene Stimmung; sie macht uns froh oder reizt uns zum Zorn oder beugt uns durch schweren Gram zu Boden und ängstigt uns. Erst dann trägt sie mittels der Sprache den Affekt nach außen. Wenn also die Worte des Sprechenden nicht im Einklang mit seinem Schicksal stehen, brechen alle Römer, Ritter und Fußvolk, in schallendes Gelächter aus. Es wird auch ein großer Unterschied sein, ob ein Davus spricht oder ein Held, ein gereifter Greis oder ein feuriger Jüngling in der Blüte der Jugend, eine gebietende Hausfrau oder eine diensteifrige Amme, ein unsteter Kaufmann oder der Bebauer eines grünenden Äckerchens, ein Kolcher oder ein Assyrer, ein Thebaner oder ein Argiver. Halte dich entweder an die Überlieferung, Dichter, oder erfinde etwas, das innere Wahrheit besitzt! Wenn du etwa den gefeierten Achill wieder auf die Bühne bringst, so sei er tatkräftig, jähzornig und unerbittlich; heftig behaupte er, dass Gesetze für ihn nicht da seien, alles verschaffe er sich mit bewaffneter Faust. Medea muss wild sein und unbeugsam, Ino in Tränen aufgelöst, Ixion heimtückisch, Io unstet, Orestes trübsinnig. Wenn du einen noch unversuchten Stoff auf die Bühne bringst und es wagst, einen neuen Charakter zu gestalten, führe ihn bis zum Schluss so durch, wie er gleich anfangs auftrat! Er muss sich immer gleich bleiben. Aber es ist schwer, allgemein menschliches Empfinden und Handeln individuell darzustellen, und daher tust du besser daran, wenn du das Gedicht von Ilion zu Dramen verarbeitest, statt einen unbekannten Stoff, der noch von niemand behandelt ist, als Erster zu bringen. Literarisches Gemeingut wird dein geistiges Eigentum, wenn du dich nicht im Kreis der billigen, jedem zugänglichen Formeln bewegst und nicht ängstlich danach strebst, als treuer Übersetzer Wort für Wort wiederzugeben, und als Nachahmer nicht in eine Klemme gerätst, aus der dir die Rückkehr durch den Respekt vor dem Original oder durch das Stilgesetz des Werkes verwehrt ist. Fange auch nicht so an wie einst ein kyklischer Dichter: „Das Schicksal des Priamos will ich besingen und den weitberühmten Krieg!“ Was wird der Mann, der so Großes verspricht, bringen können, das einer so pompösen
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parturient montes, nascetur ridiculus mus. quanto rectius hic, qui nil molitur inepte: ‘dic mihi, Musa, virum, captae post tempora Troiae qui mores hominum multorum vidit et urbes.’ non fumum ex fulgore, sed ex fumo dare lucem cogitat, ut speciosa dehinc miracula promat, Antiphaten Scyllamque et cum Cyclope Charybdim; nec reditum Diomedis ab interitu Meleagri nec gemino bellum Troianum orditur ab ovo: semper ad eventum festinat et in medias res non secus ac notas auditorem rapit et quae desperat tractata nitescere posse relinquit atque ita mentitur, sic veris falsa remiscet, primo ne medium, medio ne discrepet imum. tu, quid ego et populus mecum desideret, audi, si plausoris eges aulaea manentis et usque sessuri, donec cantor ‘vos plaudite’ dicat. aetatis cuiusque notandi sunt tibi mores, mobilibusque decor naturis dandus et annis. reddere qui voces iam scit puer et pede certo signat humum, gestit paribus conludere et iram colligit ac ponit temere et mutatur in horas. inberbis iuvenis, tandem custode remoto, gaudet equis canibusque et aprici gramine campi, cereus in vitium flecti, monitoribus asper, utilium tardus provisor, prodigus aeris, sublimis cupidusque et amata relinquere pernix. conversis studiis aetas animusque virilis quaerit opes et amicitias, inservit honori, conmisisse cavet quod mox mutare laboret. multa senem circumveniunt incommoda, vel quod quaerit et inventis miser abstinet ac timet uti, vel quod res omnis timide gelideque ministrat, dilator, spe longus, iners avidusque futuri, difficilis, querulus, laudator temporis acti se puero, castigator censorque minorum. multa ferunt anni venientes commoda secum, multa recedentes adimunt: ne forte seniles mandentur iuveni partes pueroque viriles: semper in adiunctis aevoque morabitur aptis. aut agitur res in scaenis aut acta refertur. segnius inritant animos demissa per aurem quam quae sunt oculis subiecta fidelibus et quae ipse sibi tradit spectator: non tamen intus digna geri promes in scaenam multaque tolles
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Ankündigung entspräche? Da kreißen die Berge, und zur Welt kommt – ein lächerliches Mäuslein. Wie viel richtiger er, der nichts ungeschickt unternimmt: „Singe mir, Muse, von dem Manne, der nach der Eroberung Trojas die Sitten und Städte vieler Menschen gesehen hat!“ Er hat nicht im Sinne, Rauch aus dem Feuer, sondern hellen Glanz aus dem Rauch hervorgehen zu lassen, um alsdann die prächtigen Wundergestalten vorzuführen: den Antiphates, die Skylla, den Kyklopen und die Charybdis. Er beginnt auch die Rückkehr des Diomedes nicht mit dem Untergange Meleagers und den trojanischen Krieg nicht mit dem Zwillingsei der Leda, nein, immer eilt er auf das Endziel zu, reißt den Hörer mitten in die Handlung hinein, als ob ihm diese schon bekannt wäre, lässt alle Dinge, von deren Behandlung er sich keinen Glanz verspricht, beiseite und lügt so schön, mischt Wahrheit und Dichtung so geschickt ineinander, dass die Mitte nicht mit dem Anfang, der Schluss nicht mit der Mitte in Widerspruch steht. Vernimm nun, was ich und mit mir das Publikum fordert, wenn du einen Zuschauer haben willst, der dir Beifall spendet, bis zum Aufziehen des Vorhangs wartet und wirklich sitzen bleibt, bis der Schauspieler ruft: „Klatscht Beifall!“ Du musst die Charaktere der einzelnen Altersstufen richtig zeichnen und den mit den Jahren wechselnden Trieben das geben, was ihnen zukommt. Der Knabe, der schon nachsprechen kann, was man ihm vorsagt, und schon mit sicheren Schritten auf den Boden auftritt, wünscht leidenschaftlich mit seinesgleichen zu spielen, gerät plötzlich in Zorn und lässt von ihm ebenso plötzlich wieder ab und ist stündlich ein anderer. Der bartlose Jüngling, der endlich seinen Aufseher losgeworden, hat seine Freude an Pferden, Hunden und dem Grasboden des sonnigen Marsfeldes. Wie Wachs so weich, lässt er sich zum Laster verführen, ist trotzig gegen Warner, säumig, wenn es gilt, nach dem Nützlichen zu sehen, verschwenderisch mit dem Geld, hochfahrend, leidenschaftlich und schnell bereit, das aufzugeben, was er eben noch heiß begehrte. Ganz andere Neigungen haben Alter und Sinn des Mannes: Er sucht Einfluss und politische Verbindungen, trachtet nach Auszeichnung und hütet sich, einen Fehltritt zu tun, den er gleich nachher wieder gutmachen müsste. Ein Heer von Übeln umringt den Greis, sei es, weil er immer mehr zu erwerben sucht und doch vom Erworbenen sich jammervoll keinen Genuss gönnt und sich scheut, es aufzubrauchen, sei es, weil er alles zaghaft angreift und ohne Wärme und alles auf die lange Bank schiebt, weil er noch auf ein langes Leben hofft; er ist untätig und klammert sich gierig an den nächsten Tag, ist schwer zu behandeln, immer zum Jammern geneigt, ein Lobredner der ‘guten alten’ Zeit, als er noch ein kleiner Bub war, ein ewiger Nörgler und Sittenprediger gegenüber der Jugend. Manches Gute bringen die Jahre der aufsteigenden Lebenslinie mit sich, manches nehmen sie uns bei ihrem Scheiden hinweg. Dass du also ja nicht die Rolle eines Greises auf einen jungen Mann überträgst oder die eines Mannes auf einen Knaben! Stets soll die Rolle bei den Eigenschaften verweilen, die einer bestimmten Altersstufe eigen und ihr angemessen sind. Eine Handlung wird entweder auf der Bühne dargestellt oder nach ihrer Ausführung erzählt. Schwächer dringt zum Herzen, was es durch das Ohr aufnimmt, als das, was sich dem zuverlässigen Auge darbietet und was der Zuschauer sich unmittelbar einprägt. Trotzdem wirst du Vorgänge, die sich besser im Innern des Palastes abspielen, nicht auf die offene Bühne bringen und überhaupt
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ex oculis, quae mox narret facundia praesens: ne pueros coram populo Medea trucidet aut humana palam coquat exta nefarius Atreus aut in avem Procne vertatur, Cadmus in anguem. quodcumque ostendis mihi sic, incredulus odi. neve minor neu sit quinto productior actu fabula quae posci volt et spectanda reponi. nec deus intersit, nisi dignus vindice nodus inciderit, nec quarta loqui persona laboret. actoris partis chorus officiumque virile defendat, neu quid medios intercinat actus quod non proposito conducat et haereat apte. ille bonis faveatque et consilietur amice et regat iratos et amet pacare tumentis, ille dapes laudet mensae brevis, ille salubrem iustitiam legesque et apertis otia portis, ille tegat conmissa deosque precetur et oret, ut redeat miseris, abeat Fortuna superbis. tibia non ut nunc orichalco vincta tubaeque aemula, sed tenuis simplexque foramine pauco adspirare et adesse choris erat utilis atque nondum spissa nimis complere sedilia flatu; quo sane populus numerabilis, utpote parvus, et frugi castusque verecundusque coibat. postquam coepit agros extendere victor et urbis latior amplecti murus vinoque diurno placari Genius festis inpune diebus, accessit numerisque modisque licentia maior. indoctus quid enim saperet liberque laborum rusticus urbano confusus, turpis honesto? sic priscae motumque et luxuriem addidit arti tibicen traxitque vagus per pulpita vestem; sic etiam fidibus voces crevere severis, et tulit eloquium insolitum facundia praeceps utiliumque sagax rerum et divina futuri sortilegis non discrepuit sententia Delphis. carmine qui tragico vilem certavit ob hircum, mox etiam agrestis satyros nudavit et asper incolumi gravitate iocum temptavit eo quod inlecebris erat et grata novitate morandus spectator functusque sacris et potus et exlex. verum ita risores, ita commendare dicacis conveniet satyros, ita vertere seria ludo, ne, quicumque deus, quicumque adhibebitur heros, regali conspectus in auro nuper et ostro, migret in obscuras humili sermone tabernas aut, dum vitat humum, nubis et inania captet.
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manches dem Auge ersparen, was später ein beredter Augenzeuge erzählen kann. Medea darf also ihre Kinder nicht vor den Augen der Zuschauer abschlachten, oder der verruchte Atreus soll nicht Menschenfleisch in aller Öffentlichkeit kochen noch Prokne sich in einen Vogel, Kadmos in eine Schlange verwandeln. Alles, was du mir auf eine so plumpe Art zeigst, kann ich nicht glauben und will davon nichts wissen. Ein Stück, das aufgeführt und nach der Aufführung wiederholt werden soll, darf nicht kürzer und nicht länger sein als fünf Akte. Auch soll kein Gott darin auftreten, wenn nicht eine Verwicklung vorkommt, die eines solchen Retters aus Gefahr würdig ist. Auch soll sich kein vierter Schauspieler abmühen mitzureden. Der Chor vertrete die Rolle eines Schauspielers und stehe als solcher seinen Mann. Er darf nichts zwischen die Akte hineinsingen, was nicht dem Plan des Stückes dient und eng mit ihm zusammenhängt. Er wende seine Gunst den Redlichen zu, gebe freundlich guten Rat, weise die Zornigen zurecht und finde seine liebste Beschäftigung darin, die leidenschaftlich Erregten zu beruhigen; er preise das Mahl an einem bescheidenen Tische, den Segen der Gerechtigkeit und der Gesetze und den bei offenen Toren waltenden Frieden; er wahre ein ihm anvertrautes Geheimnis, flehe zu den Göttern und bete, dass das Glück sich wieder den Bedrängten zuwende und von den Übermütigen weiche. Die Flöte war nicht wie heutzutage mit Messingstücken verbunden und wollte sich nicht mit der Trompete messen, sondern hatte einen dünnen Ton und war ganz einfach, dass heißt sie hatte nur wenige Löcher und diente nur dazu, den Chor zu begleiten und zu unterstützen und die nicht allzu dicht besetzten Sitzreihen mit ihrem Ton zu füllen, auf denen sich eine leicht zählbare Menge – das Volk war noch klein – eingefunden hatte, brave, sittsame, bescheidene Leutchen. Nachdem aber der Sieger seine Gemarkung auszudehnen begonnen hatte, ein weiterer Mauergürtel die Städte umschloss und es keinen Anstoß mehr erregte, den Genius in Festzeiten schon am hellen Tage mit Wein gütlich zu stimmen, drang auch in den Rhythmus und die Melodie größere Freiheit ein. Wie hätte auch der ungebildete Bauer, ledig aller Arbeit, mit dem Städter vermischt, der Niedrige mit dem Vornehmen, einen feinen Geschmack haben können? So gab denn der Flötenspieler seiner alten, schlichten Kunst ein lebhafteres Tempo und größeren Prunk, wandelte unstet über die Bühne und ließ dabei sein Kleid am Boden schleifen. So erhielt auch die strenge Leier mehr Saiten, und die überkühne Sprache des Chors führte zu ungewöhnlicher Ausdrucksweise, so dass sich der Sinn seiner Rede, die klug das Nützliche geraten und die Zukunft verkündet hatte, nicht von den delphischen Orakelsprüchen unterschied. Der Mann, der mit seinem tragischen Liede um einen wertlosen Ziegenbock gestritten, führte alsbald auch die halbnackten, bäuerischen Satyrn auf die Bühne und versuchte sich unbeschadet der tragischen Würde in rauen Späßen, weil es galt, den Zuschauer nach dem Gottesdienst, wenn er tüchtig gezecht hatte und sich über die Gesetze erhaben fühlte, durch Reize und angenehme Überraschungen zu fesseln. Es wird aber ratsam sein, wenn man die stets lachlustigen und zu Sticheleien aufgelegten Satyrn so zu empfehlen sucht und den Scherz so an die Stelle des Ernstes treten lässt, dass nicht derselbe Gott und derselbe Heros, der jetzt ins Satyrspiel hereingezogen wird und kurz vorher noch in königlichen Gold- und Purpurgewändern angestaunt wurde, unter niedrigen Redensarten in obskure Kneipen einkehrt oder, indem er die niedrigen Regionen zu meiden sucht, nach leeren Wolken hascht.
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effutire levis indigna tragoedia versus, ut festis matrona moveri iussa diebus, intererit satyris paulum pudibunda protervis. non ego inornata et dominantia nomina solum verbaque, Pisones, satyrorum scriptor amabo nec sic enitar tragico differre colori, ut nihil intersit, Davusne loquatur et audax Pythias, emuncto lucrata Simone talentum, an custos famulusque dei Silenus alumni. ex noto fictum carmen sequar, ut sibi quivis speret idem, sudet multum frustraque laboret ausus idem: tantum series iuncturaque pollet, tantum de medio sumptis accedit honoris. silvis deducti caveant me iudice Fauni, ne velut innati triviis ac paene forenses aut nimium teneris iuvenentur versibus umquam aut inmunda crepent ignominiosaque dicta. offenduntur enim, quibus est equus et pater et res, nec, si quid fricti ciceris probat et nucis emptor, aequis accipiunt animis donantve corona. syllaba longa brevi subiecta vocatur iambus, pes citus: unde etiam trimetris adcrescere iussit nomen iambeis, cum senos redderet ictus, primus ad extremum similis sibi: non ita pridem, tardior ut paulo graviorque veniret ad auris, spondeos stabilis in iura paterna recepit commodus et patiens, non ut de sede secunda cederet aut quarta socialiter. hic et in Acci nobilibus trimetris adparet rarus et Enni in scaenam missos cum magno pondere versus aut operae celeris nimium curaque carentis aut ignoratae premit artis crimine turpi. non quivis videt inmodulata poemata iudex et data Romanis venia est indigna poetis. idcircone vager scribamque licenter? an omnis visuros peccata putem mea, tutus et intra spem veniae cautus? vitavi denique culpam, non laudem merui. vos exemplaria Graeca nocturna versate manu, versate diurna. at vestri proavi Plautinos et numeros et laudavere sales, nimium patienter utrumque, ne dicam stulte, mirati, si modo ego et vos scimus inurbanum lepido seponere dicto legitimumque sonum digitis callemus et aure. ignotum tragicae genus invenisse Camenae dicitur et plaustris vexisse poemata Thespis, quae canerent agerentque peruncti faecibus ora.
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Es ist unter der Würde der Tragödie, leichtfertige Verse daherzuplappern, vielmehr soll sie sich wie eine ehrsame Matrone, die an Festtagen zum Tanze befohlen ist, verschämt ein wenig unter die frechen Satyrn mischen. Wenn ich ein Satyrspiel schreiben müsste, würde ich weder nur schmucklose Worte und Ausdrücke in ihrer eigentlichen Bedeutung bevorzugen, Pisonen, noch mich bemühen, so von der tragischen Färbung abzuweichen, dass es einerlei wäre, ob ein Davus spricht und eine dreiste Pythias, die den geizigen Simo an der Nase herumgeführt und um ein Talent geprellt hat, oder Silen, der Erzieher und Diener des seiner Pflege anvertrauten Gottes. Nein, ich würde dem geläufigen Sprachschatz einen so poetischen Stil abzugewinnen suchen, dass jeder sich den gleichen Erfolg versprechen, aber trotz aller Anstrengung sich vergeblich abplagen sollte, wenn er sich an die gleiche Aufgabe wagte: Eine solche Wirkung hat die Anordnung und Verbindung der Worte, solchen Glanz können Wörter gewinnen, die mitten aus der Umgangssprache gegriffen sind. Wenn die Faune aus ihren Wäldern auf die Bühne gebracht werden, sollen sie, wenn es auf mein Urteil ankommt, sich hüten, so wie Leute, die auf der Gasse oder beinahe auf dem Forum aufgewachsen sind, entweder in allzu zierlichen Versen zimperlich zu tun oder unsaubere und ehrenrührige Ausdrücke daherzuplappern. Denn daran nehmen alle Anstoß, die ein Ritterross, einen vornehmen Vater und Geld haben, und wenn der Käufer von gerösteten Erbsen und Kastanien mit etwas zufrieden ist, nehmen es jene noch lange nicht günstig auf oder teilen ihm den Preis zu. Eine lange Silbe, die auf eine kurze Silbe folgt, heißt Jambus, ein schneller Versfuß; daher ließ er auch den Jambenzeilen den Namen Trimeter zukommen, obwohl sie sechs Hebungen aufwiesen, und blieb sich vom Anfang bis zum Ende gleich. Aber es ist noch nicht lange her, dass er, um etwas langsamer und somit würdevoller ans Ohr zu dringen, standfeste Spondeen in sein väterliches Erbe aufgenommen hat, liebenswürdig und duldsam, aber nicht so, dass er auch von der zweiten und vierten Stelle gutmütig gewichen wäre. Doch erscheint der Jambus auch in den allbekannten Trimetern des Accius nur selten, und auch die Verse des Ennius, die dieser mit großer Wucht auf die Bühne schleuderte, belastet er mit dem schimpflichen Vorwurf übereilter und wenig sorgsamer Arbeit oder Unkenntnis der Theorie. Nicht jeder Kunstrichter bemerkt unrhythmischen Versbau, und so hat man den römischen Dichtern eine Freiheit eingeräumt, die ihrer nicht würdig ist. Soll ich mich deswegen nun gehen lassen und willkürlich drauflos schreiben? Oder soll ich nicht überzeugt sein, dass alle Welt meine Fehler bemerken wird, und mich deshalb sicherstellen und so weit hüten, dass ich auf Nachsicht hoffen darf? Und auch dann habe ich nur den Tadel vermieden, aber noch kein Lob verdient. Ihr aber sollt die Meisterwerke der Griechen bei Nacht zur Hand nehmen und zur Hand nehmen bei Tag. Freilich, eure Urgroßväter haben den Versbau und den Witz eines Plautus gepriesen und beides nur allzu duldsam – um nicht zu sagen töricht – bewundert, wenn wirklich ich und ihr einen bäurischen Witz von einem feinen zu unterscheiden wisst und den regelrechten Klang eines Verses mit Finger und Ohr abzumessen versteht. Die früher unbekannte Dichtung der tragischen Muse soll Thespis erfunden und seine Dramen auf einem Wagen gefahren haben, damit Chor und Schauspieler, das Gesicht mit Hefe beschmiert, sie sängen und aufführten.
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post hunc personae pallaeque repertor honestae Aeschylus et modicis instravit pulpita tignis et docuit magnumque loqui nitique cothurno. successit vetus his comoedia, non sine multa laude; sed in vitium libertas excidit et vim dignam lege regi: lex est accepta chorusque turpiter obticuit sublato iure nocendi. nil intemptatum nostri liquere poetae nec minimum meruere decus vestigia Graeca ausi deserere et celebrare domestica facta, vel qui praetextas vel qui docuere togatas. nec virtute foret clarisve potentius armis quam lingua Latium, si non offenderet unum quemque poetarum limae labor et mora. vos, o Pompilius sanguis, carmen reprehendite, quod non multa dies et multa litura coercuit atque praesectum deciens non castigavit ad unguem. ingenium misera quia fortunatius arte credit et excludit sanos Helicone poetas Democritus, bona pars non unguis ponere curat, non barbam, secreta petit loca, balnea vitat. nanciscetur enim pretium nomenque poetae, si tribus Anticyris caput insanabile numquam tonsori Licino conmiserit. o ego laevus, qui purgor bilem sub uerni temporis horam. non alius faceret meliora poemata; verum nil tanti est. ergo fungar vice cotis, acutum reddere quae ferrum valet exsors ipsa secandi; munus et officium, nil scribens ipse, docebo, unde parentur opes, quid alat formetque poetam, quid deceat, quid non, quo virtus, quo ferat error. scribendi recte sapere est et principium et fons. rem tibi Socraticae poterunt ostendere chartae, verbaque provisam rem non invita sequentur. qui didicit, patriae quid debeat et quid amicis, quo sit amore parens, quo frater amandus et hospes, quod sit conscripti, quod iudicis officium, quae partes in bellum missi ducis, ille profecto reddere personae scit convenientia cuique. respicere exemplar vitae morumque iubebo doctum imitatorem et vivas hinc ducere voces. interdum speciosa locis morataque recte fabula nullius veneris, sine pondere et arte, valdius oblectat populum meliusque moratur quam versus inopes rerum nugaeque canorae. Grais ingenium, Grais dedit ore rotundo Musa loqui, praeter laudem nullius avaris.
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Nach ihm erfand Aischylos Maske und Gewand, wie sie der Würde der Tragödie entsprechen, schlug auf ein paar Balken eine Bühne auf und lehrte eine erhabene Sprache und das Einherschreiten auf dem Kothurn. Auf diese Männer folgte die alte Komödie, nicht ohne großen Beifall zu ernten. Aber ihr Freimut artete in Frechheit aus und in eine Gewalttätigkeit, die gesetzliche Einschränkungen nötig machte. Das Gesetz wurde angenommen, und der Chor musste schmählich verstummen, nachdem ihm das Recht zur Beleidigung entzogen war. Unsere Dichter ließen keine dieser Gattungen unversucht und erwarben sich kein geringes Verdienst, indem sie es wagten, die Bahn der Griechen zu verlassen und Ereignisse der vaterländischen Geschichte zu verherrlichen, mochten sie nun Trauer- oder Lustspiele verfassen. Überhaupt wäre Latium durch seine Literatur nicht weniger einflussreich als durch seine Tapferkeit und seinen Waffenruhm, wenn unsere Dichter nicht insgesamt Widerwillen hegten gegen das mühsame, zeitraubende Ausfeilen. Ihr aber, Enkel des Pompilius, müsst ein Gedicht verwerfen, das nicht die Länge der Zeit und oftmaliges Ausstreichen von Fehlern gesäubert und zehnmal nach dem Gefühl des scharf geschnittenen Fingernagels sorgfältig verbessert hat. Weil Demokrit überzeugt ist, das Genie befähige eher zum Dichten als mühsam erworbenes Kunstverständnis, und daher Dichter, die noch gesunden Verstand haben, vom Helikon ausschließt, gibt sich ein gut Teil der Dichter nicht mehr die Mühe, sich die Nägel oder den Bart schneiden zu lassen, sondern sucht die Einsamkeit auf und meidet die Bäder. Man erhält ja den Ehrennamen ‘Dichter’, wenn man seinen Kopf, den drei Nieswurzinseln nicht zur Vernunft bringen können, nie dem Barbier Licinus anvertraut. O ich Tölpel, der sich zu Beginn der Frühlingszeit die Galle zu reinigen pflegt! Kein Mensch auf der Welt würde bessere Gedichte machen. Doch nein! Um keinen Preis! Also will ich die Stelle des Wetzsteines versehen, der Kraft hat, das Eisen zu schärfen, wenn auch ihm selbst die Fähigkeit zu schneiden versagt ist. Wenn ich auch selbst nichts dichten kann, will ich doch über Aufgabe und Beruf des Dichters lehren und zeigen, wo sich Gedanken holen lassen, was den Dichter fördert und bildet, was sich ziemt und was nicht, wohin Kunstverständnis führt und wohin Irrtum. Anfang und Urquell aller guten Schriftstellerei ist gesundes Denken. Den Inhalt können dir die Schriften der Sokratiker zeigen, und hast du einen Stoff gründlich durchdacht, werden sich die Worte ohne Zwang einstellen. Wer gelernt hat, welche Pflichten er gegen Vaterland und Freunde hat, welche Liebe er seinen Eltern, Geschwistern und Gastfreunden schuldet, was die Pflicht eines Ratsherrn oder eines Geschworenen, welche Aufgabe ein zum Krieg entsandter Feldherr hat, der weiß sicherlich jeder Persönlichkeit das zu geben, was sich für sie schickt. Ich mache es dem philosophisch geschulten Dichter zur Pflicht, sich an das Vorbild des sittlichen Lebens zu halten und daraus eine lebensvolle Sprache zu holen. Bisweilen macht ein Stück mit schönen Gedanken und gut gezeichneten Charakteren auch ohne anmutige Form und ohne Wucht und Kunstgepränge dem Volke mehr Vergnügen und fesselt es stärker als inhaltsarme Verse und schönklingende Phrasen. Den Griechen hat die Muse Genie verliehen, den Griechen Rundung des sprachlichen Ausdrucks, und nach nichts geizten sie als nach Ruhm.
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Romani pueri longis rationibus assem discunt in partis centum diducere. ‘dicat filius Albini: si de quincunce remota est uncia, quid superat? poteras dixisse.’ ‘triens.’ ‘eu, rem poteris servare tuam. redit uncia, quid fit?’ ‘semis.’ an, haec animos aerugo et cura peculi cum semel imbuerit, speremus carmina fingi posse linenda cedro et levi servanda cupresso? aut prodesse volunt aut delectare poetae aut simul et iucunda et idonea dicere vitae. quidquid praecipies, esto brevis, ut cito dicta percipiant animi dociles teneantque fideles: omne supervacuum pleno de pectore manat. ficta voluptatis causa sint proxima veris: ne quodcumque volet poscat sibi fabula credi neu pransae Lamiae vivum puerum extrahat alvo. centuriae seniorum agitant expertia frugis, celsi praetereunt austera poemata Ramnes: omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci lectorem delectando pariterque monendo. hic meret aera liber Sosiis, hic et mare transit et longum noto scriptori prorogat aevum. sunt delicta tamen, quibus ignovisse velimus: nam neque chorda sonum reddit quem volt manus et mens, poscentique gravem persaepe remittit acutum, nec semper feriet quodcumque minabitur arcus. verum ubi plura nitent in carmine, non ego paucis offendar maculis, quas aut incuria fudit aut humana parum cavit natura. quid ergo est? ut scriptor si peccat idem librarius usque, quamvis est monitus, venia caret, et citharoedus ridetur, chorda qui semper oberrat eadem, sic mihi, qui multum cessat, fit Choerilus ille, quem bis terque bonum cum risu miror; et idem indignor, quandoque bonus dormitat Homerus; verum operi longo fas est obrepere somnum. ut pictura poesis: erit quae, si propius stes, te capiat magis, et quaedam, si longius abstes; haec amat obscurum, volet haec sub luce videri, iudicis argutum quae non formidat acumen; haec placuit semel, haec deciens repetita placebit. o maior iuvenum, quamvis et voce paterna fingeris ad rectum et per te sapis, hoc tibi dictum tolle memor, certis medium et tolerabile rebus recte concedi: consultus iuris et actor causarum mediocris abest virtute diserti Messallae nec scit quantum Cascellius Aulus,
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Die römischen Jungen dagegen lernen in langen Zinsrechnungen, das As in hundert Teile zu zerlegen. „Der kleine Albinus soll uns sagen, was übrig bleibt, wenn man von fünfzwölftel As eine Unze abzieht! – Du hättest es schon längst sagen können.“ „Ein Drittelas.“ „Gut. Du wirst einmal dein Vermögen zusammenhalten können. – Nun kommt aber eine Unze hinzu. Was macht es jetzt?“ „Ein halbes As.“ Hat aber dieser Rost, diese Sorge um den Sparpfennig einmal das Herz vergiftet, können wir dann noch hoffen, dass Gedichte zustande kommen, die es wert sind, dass man sie mit Zedernöl tränkt und in geglätteten Zypressenkapseln aufbewahrt? Die Dichter wollen entweder nützen oder unterhalten oder gleichzeitig Unterhaltung und praktischen Nutzen bringen. Bei allem aber, was du zur Belehrung vorbringst, fasse dich kurz, damit gelehriger Sinn das schnell Gesagte erfassen und treu bewahren kann! Denn alles Überflüssige fließt ab von einem überfüllten Herzen. Was zur Unterhaltung erdichtet ist, soll der Wirklichkeit möglichst nahekommen. Eine Erzählung fordere daher nicht für alles Beliebige Glauben: Sie ziehe also nicht der Lamia, die einen Jungen gefressen hat, diesen lebendig wieder aus dem Bauche! Die Gruppen der älteren Leute verwerfen ein Gedicht, das keinen praktischen Nutzen bringt; die vornehme Jugend dagegen geht mit stolzer Verachtung an strengmoralischen Gedichten vorüber. Dagegen vereinigt auf sich die Stimmen aller ein Dichter, der das Nützliche mit dem Angenehmen verbindet, indem er den Leser ebenso sehr unterhält wie belehrt. Ein solches Buch trägt den Sosiern Geld ein, ein solches findet sogar den Weg übers Meer und verbürgt seinem berühmten Verfasser ein langes Fortleben. Indessen gibt es Fehler, denen wir bereitwillig Nachsicht schenken. Gibt doch auch eine Saite nicht immer den Ton von sich, den Hand und Absicht wollen: Oft gibt sie einen hohen Ton, wenn man einen tiefen will. Auch der Bogen wird nicht immer treffen, worauf man zielt. Wenn aber der größere Teil eines Gedichtes voll Glanz ist, werde ich mich nicht an den paar Flecken stoßen, die entweder Unachtsamkeit verschuldet oder die dem Menschen angeborene Schwäche nicht sorgsam genug vermied. Wie steht es also? Wie ein Bücherabschreiber, der trotz aller Warnungen immer wieder den gleichen Fehler macht, keine Nachsicht findet und wie ein Kitharaspieler ausgelacht wird, wenn er immer beim gleichen Ton danebengreift, wird ein Dichter, der oft versagt, in meinen Augen zum berüchtigten Choirilos, für den ich nur ein ungläubiges Lächeln habe, wenn er zwei- oder dreimal etwas Gutes bietet, wie ich umgekehrt unwillig werde, wenn je ein Dichter wie Homer einschläft. Und doch ist es bei einer langgesponnenen Arbeit verzeihlich, wenn den Dichter einmal der Schlaf beschleicht. Mit Gedichten geht es wie mit Gemälden. Es gibt solche, die einen mehr ansprechen, wenn man näher hinzutritt, und solche, die man aus einem größeren Abstand betrachten muss. Das eine Gemälde liebt das Dunkel, ein anderes will bei hellem Lichte betrachtet sein, weil es das scharfe Auge der Kritik nicht zu scheuen braucht. Das eine gefällt nur einmal, das andere auch bei zehnmal wiederholter Betrachtung. Ich wende mich nun an den älteren von euch Pisonen. Mag dich auch die Belehrung deines Vaters zu richtigem Urteil heranbilden und magst du selbst genug Verstand haben, lass dir doch Folgendes gesagt sein und bewahre es treu im Gedächtnis auf! Nur gewissen Berufen wird mit Recht ein erträgliches Mittelmaß zugestanden. Ein mittelmäßiger Rechtsgelehrter und Sachwalter ist vielleicht weit entfernt von der Beredsamkeit eines Messalla und mag auch keine Kenntnisse besitzen wie Aulus Cascel-
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sed tamen in pretio est: mediocribus esse poetis non homines, non di, non concessere columnae. ut gratas inter mensas symphonia discors et crassum unguentum et Sardo cum melle papaver offendunt, poterat duci quia cena sine istis: sic animis natum inventumque poema iuvandis, si paulum summo decessit, vergit ad imum. ludere qui nescit, campestribus abstinet armis indoctusque pilae discive trochive quiescit, ne spissae risum tollant inpune coronae: qui nescit versus, tamen audet fingere. quidni? liber et ingenuus, praesertim census equestrem summam nummorum vitioque remotus ab omni. tu nihil invita dices faciesve Minerva: id tibi iudicium est, ea mens. si quid tamen olim scripseris, in Maeci descendat iudicis auris et patris et nostras nonumque prematur in annum membranis intus positis: delere licebit, quod non edideris, nescit vox missa reverti. silvestris homines sacer interpresque deorum caedibus et victu foedo deterruit Orpheus, dictus ob hoc lenire tigres rabidosque leones; dictus et Amphion, Thebanae conditor urbis, saxa movere sono testudinis et prece blanda ducere quo vellet. fuit haec sapientia quondam, publica privatis secernere, sacra profanis, concubitu prohibere vago, dare iura maritis, oppida moliri, leges incidere ligno. sic honor et nomen divinis vatibus atque carminibus venit. post hos insignis Homerus Tyrtaeusque mares animos in Martia bella versibus exacuit; dictae per carmina sortes et vitae monstrata via est et gratia regum Pieriis temptata modis ludusque repertus et longorum operum finis: ne forte pudori sit tibi Musa lyrae sollers et cantor Apollo. natura fieret laudabile carmen an arte, quaesitum est: ego nec studium sine divite vena nec rude quid prosit video ingenium: alterius sic altera poscit opem res et coniurat amice. qui studet optatam cursu contingere metam, multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit, abstinuit venere et vino; qui Pythia cantat tibicen, didicit prius extimuitque magistrum. nunc satis est dixisse ‘ego mira poemata pango; occupet extremum scabies; mihi turpe relinqui est et quod non didici sane nescire fateri.’
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lius, und doch gilt er etwas. Den Dichtern dagegen haben weder Menschen noch Götter noch Reklamesäulen ein Recht auf Mittelmäßigkeit eingeräumt. Wie bei einem behaglichen Mahle unharmonische Musik, ein aufdringliches Parfüm oder Mohn mit sardinischem Honig Anstoß erregt, weil man es beim Essen auch ohne solche Zugaben ausgehalten hätte, so fällt ein Gedicht, das seine Entstehung und Erfindung nur dem Zweck verdankt, geistigen Genuss zu bieten, sofort ab, wenn es sich nur ein wenig vom Höhepunkt der Vollendung entfernt. Wer vom Sport nichts versteht, lässt die Hände von den Übungsgeräten auf dem Marsfeld, und wer mit dem Ball, dem Diskus oder dem Reifen nicht umgehen kann, hält sich ruhig, damit nicht der dichte Zuschauerkreis in Gelächter ausbricht, das man ihm nicht verargen kann. Und doch wagt sich einer ans Dichten, der von Versen nichts versteht. Warum auch nicht? Er ist ja frei geboren, stammt aus gutem Hause, besitzt vor allem das Vermögen eines Ritters und ist weit entfernt von jedem sittlichen Makel. Du wirst nichts sagen und tun gegen den Willen Minervas; so viel Urteilskraft und so viel Verstand hast du. Willst du aber doch einmal ein Stück schreiben, lies es erst dem Kritiker Maecius, deinem Vater und mir vor und lass es liegen bis ins neunte Jahr, indem du die Blätter in deinem Pulte verwahrst. Was du noch nicht herausgegeben hast, kannst du vernichten, das einmal entflohene Wort kann nicht mehr zurückkehren. Orpheus, der priesterliche Verkünder göttlichen Willens, brachte die Menschen der Urwälder von Mord und tierischer Nahrung ab. Daher sagte man, er habe Tiger und wütende Löwen zahm gemacht. Auch von Amphion, dem Gründer der Stadt Theben, hieß es, er habe durch den Klang seiner Leier und einschmeichelnden Zaubergesang Felsblöcke von ihrer Stelle bewegt und sie dahin gezogen, wo er sie haben wollte. Einst bestand die Weisheit darin, das Gemeingut vom Privateigentum und Heiliges von Unheiligem zu sondern, die Menschen von hemmungslosem Liebesgenuss abzuhalten, den Verheirateten ihre Rechte zu wahren, Städte zu bauen und Gesetze in hölzerne Tafeln einzuschneiden. Das war der Grund, weshalb gottbegeisterte Sänger und ihre Lieder so hohen Ruhm ernteten. Erst nach diesen Männern tat sich Homer hervor und entflammte Tyrtaios die Männerherzen durch seine Verse zu den Schlachten des Mars. In Versen wurden die Schicksalslose verkündet und Lebensregeln gegeben und in pierischen Weisen warb man um die Gunst der Könige. Man erfand endlich das Bühnenspiel, mit dem man die lange Feldarbeit beschloss. Ich sage das, damit du dich nicht der leierkundigen Muse und des Sängers Apollo schämst. Man hat die Frage gestellt, ob ein gutes Gedicht das Werk natürlicher Begabung sei oder erlernter Technik. Ich für meine Person sehe nicht ein, wie Fleiß ohne reiche poetische Ader oder Naturanlage ohne Schulung etwas leisten könne: So sehr heischt das eine die Unterstützung des anderen und steht mit ihm in freundschaftlichem Bunde. Wer danach strebt, im Wettlauf das ersehnte Ziel zu erreichen, hat schon als Knabe sich viel geplagt und geübt, geschwitzt und gefroren, hat auf Liebe und Wein verzichtet. Wer bei den pythischen Spielen als Flötenbläser auftritt, hat zuerst etwas gelernt und vor seinem Lehrer gezittert. Heute genügt es zu behaupten: „Ich schmiede wundervolle Verse! Der letzte kriege die Krätze! Für mich wäre es eine Schande, wenn ich zurückbleiben und eingestehen müsste, dass ich wirklich nicht verstehe, was ich gar nicht gelernt habe.“
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ut praeco, ad merces turbam qui cogit emendas, adsentatores iubet ad lucrum ire poeta dives agris, dives positis in fenore nummis. si vero est, unctum qui recte ponere possit et spondere levi pro paupere et eripere artis litibus inplicitum, mirabor, si sciet internoscere mendacem verumque beatus amicum. tu seu donaris seu quid donare voles cui, nolito ad versus tibi factos ducere plenum laetitiae; clamabit enim ‘pulchre, bene, recte’, pallescet, super his etiam stillabit amicis ex oculis rorem, saliet, tundet pede terram. ut, qui conducti plorant in funere, dicunt et faciunt prope plura dolentibus ex animo, sic derisor vero plus laudatore movetur. reges dicuntur multis urgere culillis et torquere mero, quem perspexisse laborent an sit amicitia dignus; si carmina condes, numquam te fallent animi sub vulpe latentes. Quintilio si quid recitares, ‘corrige sodes et hoc aiebat ‘et hoc’. melius te posse negares bis terque expertum frustra: delere iubebat et male tornatos incudi reddere versus. si defendere delictum quam vertere malles, nullum ultra verbum aut operam insumebat inanem, quin sine rivali teque et tua solus amares. vir bonus et prudens versus reprehendet inertis, culpabit duros, incomptis adlinet atrum transverso calamo signum, ambitiosa recidet ornamenta, parum claris lucem dare coget, arguet ambigue dictum, mutanda notabit: fiet Aristarchus; nec dicet ‘cur ego amicum offendam in nugis?’ hae nugae seria ducent in mala derisum semel exceptumque sinistre. ut mala quem scabies aut morbus regius urget aut fanaticus error et iracunda Diana, vesanum tetigisse timent fugiuntque poetam qui sapiunt, agitant pueri incautique sequuntur. hic, dum sublimis versus ructatur et errat, si veluti merulis intentus decidit auceps in puteum foveamue, licet ‘succurrite’ longum clamet, ‘io cives’, non sit qui tollere curet. si curet quis opem ferre et demittere funem, ‘qui scis an prudens huc se deiecerit atque servari nolit?’ dicam Siculique poetae narrabo interitum. ‘deus inmortalis haberi dum cupit Empedocles, ardentem frigidus Aetnam
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Wie ein Auktionator, der das Volk zum Kauf seines Krams von allen Seiten herbeiruft, so treibt ein Dichter, der reich an Grundbesitz ist und viel Geld auf Zinsen angelegt hat, seine Schmeichler an, auf Gewinn auszugehen. Ist er vollends ein Mann, der es versteht, leckere Bissen in geschmackvoller Aufmachung aufzutischen oder für einen armen Schlucker Bürgschaft zu leisten und ihn aus würgenden Prozessen, in die er verwickelt ist, zu befreien, so sollte es mich wundern, wenn er in seinem Glück einen heuchlerischen Freund von einem aufrichtigen unterscheiden kann. Hast du jemandem ein Geschenk gemacht oder die Absicht geäußert, ihm etwas zu schenken, so führe ihn, solang er noch voller Jubel ist, ja nicht zu den Versen hin, die du gemacht hast! Denn er wird dann laut rufen: „Prachtvoll, ausgezeichnet, hervorragend!“ Er wird bei deinen Versen vor Rührung erblassen, sogar Tränen werden aus seinen Freundesaugen träufeln, dann wieder wird er aufhüpfen oder mit den Füßen den Boden stampfen. Wie bei einem Leichenbegängnis das gedungene Trauerpersonal beinahe noch lauter jammert und sich kläglicher gebärdet als die, deren Trauer aus dem Herzen kommt, so zeigt sich ein Spötter noch mehr ergriffen als ein aufrichtiger Bewunderer. Den Königen sagt man nach, sie setzten mit vielen Humpen dem zu und folterten ihn mit Wein, von dem sie sicher wissen wollen, ob er ihrer Freundschaft würdig ist. Machst du also Gedichte, so lass dich nicht täuschen über die wahre Gesinnung, die unter dem Fuchsbalg versteckt ist! Wenn man Quintilius ein Gedicht vorlas, pflegte er zu sagen: „Habe die Güte, dies und das zu verbessern!“ Sagte man nun, man könne es nicht besser, man habe es schon zweimal und dreimal vergeblich versucht, so ließ er die Stelle ganz streichen und die schlechtgeschmiedeten Verse nochmals auf den Amboss legen. Wollte man den Fehler verteidigen statt ihn zu verbessern, verlor er kein Wort mehr und gab sich keine vergebliche Mühe, sondern ließ den Dichter sich und seine Verse allein, ohne Nebenbuhler, bewundern. Ein ehrlicher Kenner wird falschgebaute Verse missbilligen, harte tadeln, an schmucklose einen schwarzen Querstrich machen; gefallsüchtige Ausschmückungen wird er beschneiden; bei unklaren Stellen wird er den Dichter nötigen, ihnen größere Deutlichkeit zu geben; mehrdeutige Ausdrücke wird er rügen und alle Stellen bezeichnen, die geändert werden müssen, kurz, er wird ein Aristarch werden und nicht sagen: „Warum soll ich meinen Freund wegen solcher Kleinigkeiten vor den Kopf stoßen?“ Denn diese ‘Kleinigkeiten’ werden den, der einmal ausgelacht und ungnädig aufgenommen wurde, in ernste Unannehmlichkeiten bringen. Wie vor einem Menschen, den schlimme Krätze oder Gelbsucht befiel oder religiöser Wahn und der Fluch der Diana, so fürchten sich alle Vernünftigen, mit einem verrückten Dichter in Berührung zu kommen, und fliehen vor ihm. Nur Knaben necken ihn und laufen ihm unvorsichtig nach. Wenn dann ein solcher, während er hocherhobenen Hauptes Verse rülpst, einen Fehltritt tut und in eine Zisterne oder eine Grube fällt wie ein Vogelsteller, der nur für seine Drosseln ein Auge hat, mag er schreien, dass man es weithin hört: „Zu Hilfe, Mitbürger!“ – es gibt jedoch kaum jemanden, der sich die Mühe gäbe, ihn herauszuziehen. Sollte sich aber doch jemand anschicken, ihm zu helfen und ein Seil hinabzulassen, würde ich sagen: „Wie kannst du wissen, ob er sich nicht mit Absicht da hinuntergestürzt hat und gar nicht gerettet werden will?“ Und ich würde ihm vom Ende des sizilischen Dichters erzählen. „Empedokles, der als unsterblicher Gott gelten wollte, sprang kaltblütig in den heißen Krater des Ätna.
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insiluit. sit ius liceatque perire poetis: invitum qui servat, idem facit occidenti. nec semel hoc fecit nec, si retractus erit, iam fiet homo et ponet famosae mortis amorem. nec satis adparet, cur versus factitet, utrum minxerit in patrios cineres an triste bidental moverit incestus: certe furit ac velut ursus, obiectos caveae valuit si frangere clatros, indoctum doctumque fugat recitator acerbus; quem vero arripuit, tenet occiditque legendo, non missura cutem nisi plena cruoris hirudo.’
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Die Dichter müssen das unbeschränkte Recht haben, zum Henker zu gehen. Wer einen solchen wider dessen Willen rettet, handelt genauso wie ein Mörder. Es ist auch nicht das erste Mal, dass er das macht. Und wenn man ihn herauszieht, wird er kein vernünftiger Mensch und gibt sein Verlangen nach einer auffallenden Todesart auf. Es ist auch nicht ganz klar, aus welcher Ursache er Verse macht: Ob er vielleicht auf die Asche seines Vaters gepisst oder mit frevelnder Hand ein schauriges Blitzmal gottlos entweiht hat. Aber so viel ist gewiss: Er ist verrückt, und wie ein Bär, dem es gelungen ist, die vorgeschobenen Riegel seines Käfigs zu sprengen, treibt er als rücksichtsloser Vorleser Gebildete und Ungebildete in die Flucht. Hat er aber einmal einen in die Klauen bekommen, hält er ihn fest und bringt ihn durch Vorlesen um wie ein Blut egel, der nicht eher von der Haut lässt, als bis er sich ganz mit Blut vollgesogen hat.“
Zur Sprache horazischer Hexameter Die griechische wie die lateinische Dichtung ist, metrisch betrachtet, die geregelte Abfolge von langen und kurzen Silben. Der Grundbaustein des horazischen Hexameters ist der Daktylus (daher auch: daktylischer Hexameter) mit der Silbenfolge lang-kurz-kurz (– ⏑ ⏑); anstelle der Doppelkürze kann auch eine lange Silbe stehen: – – (ein sog. Spondäus, selten offenbar im fünften Metrum oder Versfuß). Der Hexameter besteht aus sechs Daktylen, deren letzter aber nur zweisilbig auftritt und dessen letzte Silbe kurz oder lang sein kann (sog. syllaba anceps: – ×). Daraus ergibt sich folgendes Versschema: – ⏕ – ⏕ – ⏕ – ⏕ – ⏕ – ×
Durch das Wortende ergeben sich im Vers bewusst gesetzte Zäsuren (resp. unvermeidliche Einschnitte), von denen folgende terminologisch eigens erfasst werden: die Trit-, die Pent- und die Hephthemimeres sowie die (‚bukolische‘) Dihärese. Die ersten drei Zäsuren bezeichnen einen Einschnitt nach der (ersten) Länge im zweiten bzw. dritten bzw. vierten Daktylus (auch: Metrum oder Fuß), die Dihärese einen Einschnitt nach dem vierten Daktylus. Der erste Vers der ersten Satire des ersten Satirenbuches wiese demgemäß eine Penthemimeres und eine (insgesamt vermeintlich seltenere) Dihärese auf, der zweite eine Trithemimeres sowie, wenn man möchte, eine Hephthemimeres: Qui fit, Maecenas, ut nemo, quem sibi sortem – – – – – – – – – ⏑⏑ – x seu ratio dederit seu fors obiecerit, illa … – ⏑⏑– ⏑ ⏑ – – – – – ⏑ ⏑ – x Neben diesen Möglichkeiten der Binnengliederung ist für den Hexameter die Spannung zwischen (wie auch immer konkreter) Hervorhebung der jeweils ersten Länge eines Daktylus (sog. Versiktus) und dem Wortakzent charakteristisch; so würde beim traditionellen ‚Skandieren‘ des ersten Verses der Adressat und Widmungsträger auf der ersten und dritten Silbe betont (Maécenás), während der Wortakzent auf der zweiten liegt (Maecénas). Bemerkenswert scheinen in diesem Zusammenhang auch nicht seltene einsilbige Wörter am Versende (parturient montes, nascetur ridiculus mus; ap 139) sowie der auffällige Gebrauch mehr-(bis zu sechs-)silbiger Wörter (vgl. ap 97: sesquipedalia [!] verba; m. S. singulär ap 247 ignominiosaque). Eine Silbe ist bzw. gilt als lang, wenn sie einen langen Vokal oder Diphthong enthält (sog. Naturlänge; s. o. qui, Maecenas, nemo) oder auf den Vokal zwei
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Zur Sprache horazischer Hexameter
oder mehr Konsonanten folgen (sog. Positionslänge; s. o. fit, ut, quem oder fors). Dabei gelten x und z als Doppelkonsonanten, qu sowie die griechischen ‚Buchstaben‘ th, ph und ch als keine Position bildende Einheiten (‚griechisch‘ ps findet sich – gegenüber dem häufigen Binnen-ps wie in ipse – nur E 2,1,33 psallimus und kann deshalb ausgeklammert werden); ein(faches) h bewirkt keine Längung. Kurz oder (positions)lang gemessen werden Vokale vor der Buchstabenfolge Muta cum liquida, d.h. b/p, d/t oder g/c vor l oder r (zu ergänzen um die Kombination – Spirans cum liquida – fl bzw. fr), ebenso offen die zweite Silbe ursprünglich jambischer Wörter (nach dem ‚Jambenkürzungsgesetz‘ neben ⏑ – auch ⏑ ⏑, s. o. sibi). Auslautende Vokale sowie die Endungen -am, -em und -um werden vor Vokal im Anlaut (ggf. samt anlautendem h-) ausgestoßen oder ‚verschluckt‘ (umgekehrt bei folgendem est; besonders S 1,1,63 miserum esse). Zu unterscheiden sind einsilbig gewertete Doppellaute (Diphthong/e) gegenüber aufeinanderfolgenden, zwei Silben bildenden Vokalen (z. B. S 2,8,61 heu vs. v.62 deus, S 1,2,65 poenas vs. S 1,4,33 poëtas oder E 1,7,23 aera vs. S 2,2,13 aëra) und Kombinationen mit den sog. Halbvokalen i und u (z. B. S 2,4,38 ius aptius und S 1,1,16 iam faciam bzw. S 1,3,58 pingui vs. E 1,20,24 exigui und S 1,4,76 suave vs. S 1,2,74 suae; vgl. rätselhaft S 1,10,45 adnuerunt). Im vorliegenden Text (weitestgehend nach der kritischen Ausgabe von Friedrich Klingner, s. u.) gibt es etliche Schreibungen und Formen, die so nicht in (je)der Schulgrammatik stehen. Zu nennen wären hier etwa die Endung -īs für den Akkusativ Plural der Dritten Deklination (statt -ēs, z. B. S 1,1,3 sequentis statt sequentes) oder archaisierendes -o- statt -u- (z. B. S 1,1,16 voltis statt vultis oder S 1,2,34 aequom statt aequum); nachgerade die Regel scheint einfaches -i im Genitiv Singular der o-Deklination (z. B. S 1,5,33 Antoni statt Antonii oder S 1,4,138 oti statt otii). Übliche Lautangleichungen (Assimilationen) unterbleiben (z. B. S 1,1,78 conpilent statt compilent oder S 1,1,81 adflixit statt afflixit). Metrisch bedingt sind wohl Kurz- und Sonderformen wie quis für quibus, nil neben nihil oder di, deum und dis anstelle von dei, deorum und deis. Als Infinitiv Präsens Passiv liest man (altertümlich?) laudarier (S 1,2,35 statt laudari), als 2. Singular im Präsens Passiv rere und habeare (S 1,9,49 statt reris bzw. S 1,3,85 statt habearis), als 3. Plural Indikativ Perfekt Aktiv venere (S 1,3,87 statt venerunt), im Aktiv des Perfekt-Stammes donasset und negarit (S 1,5,65 statt donavisset bzw. S 1,3,95 statt negaverit).
„Wir geben in dieser Ausgabe den Text weitgehend nach Klingner [sc. dessen Horaz-Edition in der 3. Auflage von 1959]; die Interpunktion ist gelegentlich verändert.“
Anmerkungen Kürzel: S = sermones – E = epistulae – ap = ars poetica (ep. = epode – c. = carmen – cs = carmen saeculare) Vornamen: C. = Gaius – L. = Lucius – M. = Marcus – P. = Publius – Q. = Quintus – T. = Titus Soweit nicht eigens angegeben, sind Jahreszahlen in der Regel VORchristlich („v. Chr.“) zu verstehen.
Satiren – Erstes Buch 1. Satire 1 Die Anrede an C. Cilnius Maecenas (um 70–8), den Gönner (‚Mäzen‘) des Horaz und gewichtigen Gefolgsmann des Octavian / Augustus, ist antik als Widmung des Werkes zu lesen (vgl. ep.1,4; c.1,1,1; E 1,1,3 und 2,1,4). – Vgl. Wilhelm Meisters Lehrjahre. Ein Roman. Herausgegeben von Goethe. Erster Band. [Berlin. Bey Johann Friedrich Unger. 1795] Vierzehntes Capitel. [S.124]: „Darauf sagte Wilhelm: mein Herr, wie selten ist der Mensch mit dem Zustande zufrieden, in dem er sich befindet, er wünscht sich immer den seines Nächsten, aus welchem sich dieser gleichfalls heraussehnt! – “ sowie Wilhelm Busch, Knopp-Trilogie (Abenteuer eines Junggesellen. [1875] ‚Die Sache wird bedenklich‘): „Eines weiß man doch hinieden, / Nämlich, wenn man unzufrieden.“ 4 f. Zur Realität römischen Soldatendaseins vgl. die (freilich situativ-tendenziöse) Darstellung in Tacitus’ Annalen 1,17 13 „Fabius Maximus aus der Provinz Narbonensis [im heutigen Südfrankreich] aus dem Ritterstand war Pompejaner und schrieb einige Bücher zur Philosophie der Stoa“ (Fabius Maximus Narbonensis equestri loco natus Pompeianas partes secutus aliquot libros ad Stoicam philoso phiam pertinentes conscripsit) – so nach dem spätantiken Horazkommentar des Pomponius Porphyrio (wohl 3. Jh. n. Chr., kurz: Porph.), der eindrücklich unser Hintergrund(un)wissen zu Horaz dokumentiert 19 Vgl. (o. O., o. J.) bei den Peanuts von Charles M. Schulz: „(Charlie Brown) ‚Denkst du oft an die Zukunft, Linus?‘ – (Linus) ‚Oh ja … immerzu!‘ – (CB) ‚Was möchtest du sein, wenn du groß bist?‘ – (L) ‚Unwahrscheinlich glücklich!‘ – ‚Was möchtest du am liebsten sein, Charlie Braun … glücklich?‘ – (CB) ‚O nein …‘ – ‚Das erwarte ich gar nicht …‘ – ‚Ich möchte nur nicht unglücklich sein!‘“ [lediglich die ersten vier
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Anmerkungen
Panels für den Januar 1960 in Die Peanuts-Werkausgabe 1959–1960. o. O.: Carlsen Comics 2008, p.162: „(CB) ‚Machst Du Dir viele Gedanken um die Zukunft, Linus?‘ – (L) ‚Oh ja … die ganze Zeit.‘ – (CB) ‚Was möchtest Du denn gerne mal werden, wenn Du groß bist?‘ – (L) ‚Unerhört glücklich.‘“] sowie der hoch-romantische Ausklang „Dort, wo du nicht bist, dort ist das Glück“ (so bei Franz Schubert, Der Wanderer D. 493, nach Des Fremdlings Abendlied von Georg Philipp Schmidt von Lübeck [1821]) Vgl. „Es hat mir so wollen behagen / Mit Lachen die Warheit zu sagen“ 24 (Motto des Simplizissimus von Grimmelshausen seit der Ausgabe von 1671) 25 f. Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 1,936–941 = 4,11–16: „sondern [denn] wie, wenn den Kindern eklige Wermutstropfen die Behandelnden zu geben sich mühen, sie vorher die Ränder am Becher bestreichen mit des Honigs süßer und gelber Flüssigkeit, damit die jungen Menschen unvorhergesehen ausgespielt werden bis zu den Lippen, unterdessen zur Gänze austrinken den bitteren Saft des Wermuts und überlisten, doch nicht getäuscht werden …“ (sed [nam] veluti pueris absinthia taetra medentes / cum dare conantur, prius oras pocula circum / contingunt mellis dulci flavoque liquore / ut puerorum aetas inprovida ludificetur / labrorum tenus, interea perpotet amarum / absinthi laticem deceptaque non capiatur …) 33 ff. Vgl. Vergil, Georgica 1,185 f.: „und es plündert den riesigen Dinkelhaufen der Kornwurm und die Ameise, die Altersarmut fürchtet“ (populatque ingentem farris acervum / curculio atque inopi metuens formica senectae) und Aeneis 4,402 f.: „so wie wenn Ameisen einen riesigen Dinkelhaufen mit Blick auf den Winter plündern und für ihren Bau zurücklegen“ (ac velut ingentem formicae farris acervum / cum populant hiemis memores tectoque reponunt) 36 Die Sonne tritt im Rahmen der Tierkreiszeichen am 21. Januar ins Sternbild des Wassermanns 49 ff. Vgl. der stoische Grundsatz bei Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 3,26: „Da also dies das Axiom ist: entsprechend der Natur und ihr gemäß zu leben, folgt daraus zwingend, dass alle Weisen glücklich, einschränkungsfrei, schicksalsfroh leben …“ (cum igitur hoc sit extremum: congruenter naturae convenienterque vivere, necessario sequitur omnes sapientes semper feliciter, absolute, fortunate vivere) sowie Epikur, Maßgebliche Maximen 15: „Der Reichtum unserer Natur ist definiert und gut zu beschaffen, der nichtiger Erwartungen aber kippt ins Unbegrenzte.“ 55 f. s. zu S 1,4,11 und E 1,3,10 f.
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der wütende Aufidus: Fluss im süd(ost)italischen Apulien, der Heimat des Horaz (vgl. c. 3,30,10) ‚Du bist, was du hast‘ ist ein bereits in der Antike verbreiteter Gemein62 platz; vgl. Alkaios (frgm.101 Diehl bzw. 360 Lobel-Page wie Voigt): „Wie ja schon einst Aristodamos, heißt es, nicht unpassend in Sparta das Wort sprach: ‚Geld [sc. macht den] Mann‘; arm aber lebet auch nicht einer edel oder geehrt“; Pindar, Isthmische Ode 2,9 ff.: „Jetzt aber fordert sie, das Wort des Argivers [sc. Aristodamos] zu beachten, das der Wahrheit äußerst nah kommt: ‚Geld, Geld [sc. ist der] Mann‘; der sprach’s, den Besitz zugleich verließen und Freunde“; römisch beim gerade für den ‚satirischen‘ Horaz so bedeutsamen Lucilius (vgl. zu S 1,4,6; frgm. 1119 f. Marx bzw. 1127 f. Krenkel): „Gold und Karriere sind Ausweis der Tugend für beide: So viel du hast, so viel bist du selbst und für so viel wirst du gehalten“ (aurum atque ambitio specimen virtutis utrique est: / tantum habeas, tantum ipse sies tantique habearis) und – aus einem überaus anregenden Zusammenhang gerissen! – Seneca, Briefe an Lucilius (!) 115,14: „Überall galt so viel ein jeder, wie er hatte.“ (ubique tanti quisque, quantum habuit, fuit) Odysseus beschreibt in der Odyssee (11,582–587) diese der sprichwört68 lich gewordenen Tantalusqualen: „Ferner sah ich Tantalos schwer gequält / in einem Teich stehen – der schlug ihm bis ans Kinn; / er schien durstig, konnte aber nicht trinken, / denn so oft der Alte sich bückte um zu trinken, / so oft war das Wasser weggeschlürft verschwunden und um die Füße / kam die schwarze Erde zum Vorschein, ein Dämon bewirkte die Trockenheit.“ 74 Ein sextarius fasst etwa einen halben Liter; die Historia Augusta berichtet vom Kaiser Tacitus (11,1): „Er selbst lebte höchst genügsam, so dass er nie (mehr als) zwei Viertele Wein an einem Tag trank.“ (ipse fuit vitae parcissimae, ita ut sextarium vini tota die numquam potaverit) 91 Marsfeld: zentraler Platz (campus Martius) am westlichen Tiberufer den sieben Hügeln der ‚Altstadt‘ gegenüber, Treffpunkt für Sport und Spiel (vgl. c. 1,8,4; 1,9,18; 3,7,26; 4,1,39 f.; E 1,7,59; 1,11,4), aber auch Stätte der Wahlversammlungen (vgl. c. 3,1,11) 95 f. Vgl. über einen Xenias bei Xenophon, Hellenika 3,2,27: „von ihm wurde gesagt, dass er das Silber(geld) seines Vaters mit einem Scheffel gemessen habe“ und Petron, Satyrika 37,2: „‚Die Frau‘, sagte er, ‚des Trimalchio, sie wird Fortunata genannt, die die Münzen mit dem Scheffel misst.‘“ (‚uxor‘ inquit ‚Trimalchionis, Fortunata appellatur, quae nummos modio metitur‘), das erzähltechnisch bedeutsame Scheffelmaß bei Ali Baba (und den vierzig Räubern) in den Erzählungen aus den tausendundein Nächten (nach der Übertragung Enno Littmanns [© 58
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Anmerkungen
von 1953] die ‚270. Nacht‘) sowie Emil Karl Blümml, Schwänke und Schnurren des französischen Bauernvolkes. 51. Der Müller und sein Herr (Leipzig: Deutsche Verlagsactiengesellschaft 1906, S.150): „Am nächsten Tag befahl er seiner Frau, beim Herrn einen Scheffel zu holen, damit sie das Geld messen könnten“; daher die umgangssprachliche Wendung ‚Geld scheffeln‘ 100 ein Kind des Tyndareos: Klytaimnestra, über Leda eine Halbschwester der Helena, erschlug ihren Mann Agamemnon nach dessen Rückkehr von Troja „mit dem Beil“ (v. 99 securi) im Bad 104 Das Nebeneinander von vappa und nebulo auch S 1,2,12 105 „Tanais – wie manche sagen, ein Freigelassener des Maecenas, nach anderen des L. Munatius Plancus [Adressat von c. 1,7 Laudabunt alii] – war kastriert, der Schwiegervater des Visellius hingegen hatte einen (Hoden-)Bruch“ (Tanais spado fuit – ut quidam aiunt, Maecenatis libertus, ut nonnulli L. Munati Planci, Viselli socer autem herniosus; Porph.); Horaz überträgt hier eine offenbar griechische Redensart ‚entweder Kastrat oder jemand mit Bruch/Kropf‘ 118 f. Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 3,938: „Warum ziehst du dich nicht wie ein lebenssatter Gast zurück?“ (cur non ut plenus vitae conviva recedis?) 120 lippi: Horaz fasst sich hier ans eigene Auge, vgl. S 1,5,30 (& 49) 2. Satire 3 Tigellius wird S 1,3,3 ff. gewissermaßen nachträglich vorgestellt: ein von Caesar wie von Octavian (Augustus) geschätzter Musiker; der Name findet sich noch S 1,10,90 und (verbunden zu Hermogenes T.) S 1,4,72 und S 1,10,80 (nur Hermogenes S 1,3,129; 1,9,25; 1,10,18) – eine zweifelsfreie Identifizierung der gemeinten Person(en) ist hier wie so oft erheblichen Schwierigkeiten unterworfen 12 Das Nebeneinander von vappa und nebulo wie S 1,1,104 13 Der Vers ist bei Horaz doppelt überliefert (auch ap 421 – dort am Platze, hier anzuzweifeln?) 14 Der gewöhnliche Zinsfuß betrug in Rom monatlich 1 % bzw. 12 % aufs Jahr; 60 % waren also schwerer Wucher 16 Männertoga: Wechsel der toga praetexta des ‚Knaben‘ zur toga virilis im 15.–18. Lebensjahr; vgl. Macrobius, Saturnalia 7,7,6: „die Pubertät beginnt nämlich auch nach öffentlichem Recht bei Mädchen mit zwölf, bei Jungen mit vierzehn (Jahren)“ (nam et secundum iura publica duodecimus annus in femina et quartus decimus in puero definit pubertatis aetatem) 17 f. großer Gott: römisch Iuppiter maximus
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20 ff. der bekannte Vater: Menedemos im Heautontimorumenos (des Terenz, neben Plautus der erhaltene römische Komödiendichter, etwa 190–159) Vgl. ap 31 in vitium ducit culpae fuga, si caret arte 24 Zur Etikette in Kleidungsfragen vgl. (gegen Ende des 1. Jh. n. Chr.) 25 Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 11,3,138: „Wer auf einen breiten (Purpur-)Streifen keinen Anspruch hat, soll sich so gürten, dass die Tunika am vorderen Rand ein wenig unterhalb der Knie, am hinteren zur Mitte der Kniekehlen hinabgelangt; denn unterhalb [sc. dieser Grenze] ist es bei Frauen üblich, oberhalb bei Zenturionen.“ (cui lati clavi ius non erit, ita cingatur, ut tunicae prioribus oris infra genua paulum, posterioribus ad medios poplites usque perveniant; nam infra mulierum est, supra centurionum) 32 M. Porcius Cato (234–149) galt als Urbild echten Römertums, der als strenger Zensor die altrömischen Sitten zu erhalten und den Luxus einzuschränken suchte (vgl. c. 3,21,11 f.: prisci Catonis … virtus). – Porphyrio erzählt die Geschichte ebenfalls („Als der berühmte Zensor Marcus Cato einen ehrbaren Zeitgenossen aus dem Bordell kommen sah, lobte er dies, weil so die Begierde ohne Vergehen im Zaum zu halten sei“), in der spätantiken Kommentierung findet sich jedoch auch noch die/ eine Fortsetzung: „Als er ihn aber später häufiger aus demselben Etablissement kommen sah, sagte er: ‚Junger Mann, ich habe dich gelobt, weil du bisweilen hierher kommst, nicht, weil du hier wohnst.‘“ (M. Cato ille censorius, cum vidisset hominem honestum e fornice exeuntem, laudavit existimans libidinem compescendam esse sine crimine und at postea cum frequentius eum ex eodem lupanari exeuntem advertisset, „adolescens“, inquit, „ego te laudavi, quod interdum huc venires, non quod hic habitares.“) Die ‚weiße Scham‘ verweist auf die weiße Stola verheirateter Frauen 36 (Prostituierte trugen offenbar schwarz; vgl. ohne konkrete Farbenbenennung E 1,18,3 f.) 37 f. Vgl. aus den Annalen des Ennius (frgm. 465 [resp. 494 f. Skutsch]): audire est operae pretium, procedere recte / qui rem Romanam Latiumque augescere voltis („Es ist hörenswert, die ihr wollt, dass recht vorankomme die Sache Roms, und Latium fördern.“) 47 der zweiten Klasse: Übertragung nach der Fünfklasseneinteilung des römischen Volkes nach Vermögensstand (Zensus) 48 Der hier allgemein angenommene C. Sallustius Crispus ist der Großneffe und Adoptivsohn des gleichnamigen Historikers (Die Verschwörung Catilinas, Der Krieg gegen Jugurtha u. a.) und später offenbar auch Adressat von c. 2,2
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Anmerkungen
samt Haus und Hof: in Gestalt und unter dem Namen der Haus- und Herdgottheit Lar (s.a. S 2,5,14; 2,6,66; E 1,1,13; 1,7,58 sowie zu E 2,2,209) 64 L. Cornelius Sulla (138–78): schillernder Politiker der sich auflösenden römischen ‚Republik‘, der Anhänger seines Gegners Marius (157–86) durch ‚Proskriptionen‘ verfolgte, aber auch freiwillig von seiner (unbefristeten) Diktatur zurücktrat 90 ‚Luchsauge‘ Lynkeus klassisch als Turmwärter oder ‚Türmer‘ in Goethes Faust (v. 11288 f.): „Zum Sehen geboren, / zum Schauen bestellt …“ 101 f. Vgl. Bond (James Bond), Diamantenfieber (1971): „Ein hübsches kleines Nichts, das Sie da beinahe anhaben.“ 105 ff. Vgl. Kallimachos, Epigramme 31: „Der Jäger Epikydes verfolgt im Gebirge jeden / Hasen und die Fährte jeden Rehs, // bei Regen und Schnee. Wenn aber einer sagte: / ‚Hier, da liegt das Tier‘, nähme er es nicht. // So ist auch mein Verlangen: Das Fliehende zu verfolgen / weiß es, aber am offen Daliegenden fliegt es vorbei.“ 116 Zu Pfau und Steinbutt als kulinarischen Statussymbolen vgl. S 2,2,23 f. bzw. S 2,2,42.48.49.95 und S 2,8,30 sowie ep.2,50 119 Zu dieser Form pointierter (Selbst-)Abgrenzung vgl. S 1,5,101; 1,6,58 oder 1,10,76 sowie Joachim Fests kurz nach seinem Tode 2006 erschienenes Ich nicht. Erinnerungen an eine Kindheit und Jugend, dessen Titel eine väterliche Maxime etiam si omnes, ego non (nach Mt 26,33) aufgreift 121 Bettelpfaffen: Galli sind die verschnittenen Priester der kleinasiatischen Muttergottheit Kybele (vgl. Catull, c. 63 in sog. Galliamben); einem Epikureer Philodemos aus Gadara des 1. Jh. (vgl. ohne Namensnennung Cicero, Gegen Piso 68–74) werden in der Anthologia Graeca gut dreißig (überwiegend ‚erotische‘) Epigramme zugeschrieben (das hier zitierte ist nicht darunter). 126 Ilia / Egeria: Die Mutter des ersten (Romulus) und die Gattin des zweiten (Numa Pompilius) Königs Roms, also höchst vornehme Frauen; vgl. c. 3,9,8: „… erblühte ich strahlender als die Römerin, die Ilia!“ (Romana vigui clarior Ilia) 131 Schuldigen Sklaven wurden die Schenkel gebrochen; bei Ehebruch behielt der Mann einen Teil der Mitgift. 134 Die Stoiker, zu denen offenbar auch Fabius (vgl. zu S 1,1,13) zu rechnen ist, lehrten, den Weisen könne kein Unglück treffen; hier ist das Unheil aber unbestreitbar. 56
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3. Satire 1 ff. Vgl. in Goethes Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten (1795): „Nach einem kurzen allgemeinen Stillschweigen begann der geistliche Hausfreund mit einigem Lächeln: ‚Es ist zwar selten, dass Sänger, Dichter und Erzähler, die eine Gesellschaft zu unterhalten versprechen, es zur rechten Zeit tun; vielmehr lassen sie sich gewöhnlich, wo sie willig sein sollten, sehr dringend bitten und sind zudringlich, wenn man ihren Vortrag gern ablehnen möchte. Ich hoffe daher eine Ausnahme zu machen, wenn ich anfrage, ob Ihnen in diesem Augenblicke gelegen sei, irgendeine Geschichte anzuhören.‘“ Caesar: hier (wie meist bei Horaz) Octavian (auch mit dem Namen sei4 nes Vaters ‚Gaius Octavius‘, s. Sueton, Der vergottete Julius 83,2), der spätere Kaiser Augustus; zu diesem Ehrentitel – nicht Namen! – vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 7,2: „Später nahm er den Beinamen ‚Gaius Caesar‘ und dann ‚Augustus‘ an, den einen nach dem Testament des Großonkels, den anderen auf Antrag des Munatius Plancus [sc. im Senat im 16. Januar 27].“ (postea Gai Caesaris et deinde Augusti cog nomen assumpsit, alterum testamento maioris avunculi, alterum Munati Planci sententia) 6 f. ab ovo / usque ad mala: wörtlich „vom Ei bis zu den Äpfeln“ io Bacchae: wie doppelt in Euripides’ Bakchen 577 7 bald im tiefsten Baß: ‚bald in der Stimm/lag/e, die den vier Saiten als 8 unterste entgegenhallt‘ ‚Tetrarchen‘ heißen die Fürsten der in mehrere Gebiete aufgeteilten 12 Länder des Ostens, so etwa in Judäa Herodes [sc. Antipas; s. Mt 14,1; Lk 3,19. 9,7; Apg 13,1] 27 Die Schlange heißt (nach griech. dérkomai „blicken, schauen“) „Drache“ (‚Schauer‘); im Asklepiosheiligtum in Epidauros wurde der Gott im Symbol der Schlange verehrt (vgl. Pausanias, Beschreibung Griechenlands 2,10,3: „Der Gott soll … in Gestalt einer Schlange … übergeführt worden sein“ und den schlangenumwundenen Aesculap-Stab der Apotheken) 38 ff. Zur Beschönigung von Mängeln geliebter Personen bereits Platon, Der Staat 474d u. a. (römisch etwa Lukrez, Über die Natur der Dinge 4,1160 ff.) 44 ff. Als Koseworte führt Horaz lauter Beinamen vornehmer römischer Familien an (Paetus, Pullus, Varus, Scaurus, Frugi). „Sisyphus, sagt man, sei der Hauszwerg des Triumvirn Marcus Anto47 nius gewesen, von Statur innerhalb eines Zweifußrahmens, aber lebhaft-beweglichen Geistes.“ (Sisyphus M. Antoni III viri pumilio fuisse dicitur intra bipedalem staturam, ingenio tamen vivax; Porph.)
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Anmerkungen
49 ff. Vgl. Schopenhauer, Parerga und Paralipomena II (Zur Ethik § 113): „Jede menschliche Vollkommenheit ist einem Fehler verwandt, in welchen überzugehn sie droht; jedoch auch, umgekehrt, jeder Fehler, einer Vollkommenheit. Daher beruht der Irrthum, in welchen wir, hinsichtlich eines Menschen, gerathen, oft darauf, daß wir, im Anfang der Bekanntschaft, seine Fehler mit den ihnen verwandten Vollkommenheiten verwechseln, oder auch umgekehrt; da scheint uns dann der Vorsichtige feige, der Sparsame geizig; oder auch der Verschwender liberal, der Grobian gerade und aufrichtig, der Dummdreiste als mit edelem Selbstvertrauen auftretend, u. dgl. m.“ 64 f. Zum Gegenüber von (lautem) Lesen und Schweigen vgl. zu S 2,5,68 73 f. Vgl. „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und nimmst nicht wahr den Balken in deinem Auge?“ (Mt 7,3) 87 An den Kalenden, dem 1. des Monats, waren die monatlichen Zinsen zu zahlen. Vgl. ep.2,69 f.: „Da zog (der Geldverleiher Alfius) an den Iden (zur Monatsmitte) alle Außenstände ein / und überlegt sich für die Kalenden eine neue Anlage.“ (omnem redegit Idibus pecuniam, / quaerit Kalendis ponere) 89 Die Sitte öffentlicher Rezitationen wird auf Asinius Pollio, den als Politiker, Dichter und Historiker tätigen Adressaten von c. 2,1 (76 v. – 5 n. Chr.), zurückgeführt (vgl. die Schilderung einer ‚Historien‘-Lesung bei Seneca, Briefe an Lucilius 95,2 sowie S 1,4,73 ff.) 91 Euander, ein mythischer König der Arkader, der noch vor dem Trojanischen Krieg an der Stelle des heutigen Rom eine Siedlung gründete (vgl. Vergil, Aeneis 8,51 ff.), steht für ‚uralt‘ 95 fide als Sonderfall eines Dativs (vgl. formgleich als Genitiv c. 3,7,4) 96 Vgl. Cicero, Paradoxien der Stoiker III 20–21: „Vergehen sind sicher niemandem erlaubt; was aber nicht erlaubt ist, hängt allein daran, ob man nachweisen kann, dass es nicht erlaubt ist. Wenn es aber weder größer noch kleiner werden kann, weil ja gerade darin das Vergehen besteht, dass es nicht erlaubt ist, was immer ein und dasselbe ist, müssen die Vergehen, die daraus entstehen, als gleich gelten. Wenn also die Tugenden unter sich gleichwertig sind, müssen auch die Untugenden gleichwertig sein.“ (peccare certe licet nemini; quod autem non licet, id hoc uno tenetur, si arguitur non licere. id si nec maius mec minus umquam fieri potest, quoniam in eo est peccatum, si non licuit, quod semper unum et idem est, quae ex eo peccata nascuntur, aequalia sint oportet. quod si virtutes pares sunt inter se, paria esse etiam vitia necesse est); als Lehrsatz der älteren Stoa von Diogenes Laertios (7,120) dem Chrysipp (s. zu v. 126 f.) zugeschrieben.
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99 ff. Vgl. zur Kulturentstehung in epikureischer Fassung Lukrez, Über die Natur der Dinge 5,783 ff. 107 schon vor Helena: abgewandelt in c. 4,9,25 f. vixere fortes ante Agamemnona / multi („Schon vor Agamemnon gab es zahlreiche Helden“); die Entführung Helenas, der Frau des Spartanerkönigs (und Bruders Agamemnons) Menelaos, durch Paris, den Sohn des Trojanerkönigs Priamos, löste den Trojanischen Krieg aus. Bei Herodot findet sich gleich eingangs mythologischer Frauenraub (zu und vor Helena noch Io, Europa und Medea) als Ursache der Fundamentalopposition Hellenen vs. Barbaren. 112 Jahrbücher der Weltgeschichte: die ‚Fasten‘ sind von Haus aus ein Kalendarium der römischen Oberpriester (pontifices) für Fest- und Feiertage, aber auch Listen von Amtsträgern (vgl. Ovids poetische Umsetzung der Fasti in sechs ‚Büchern‘ für die erste Jahreshälfte) 113 Zum natürlichen Rechtsempfinden vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 97,15: „An diesem Punkt wollen wir Epikur nicht zustimmen, wo er behauptet, nichts sei von Natur aus gerecht“ (illic dissentiamus cum Epicuro, ubi dicit nihil iustum esse natura) sowie Goethe, Das Göttliche 13 ff.: „Denn unfühlend / ist die Natur: / Es leuchtet die Sonne / über Bös’ und Gute, / und dem Verbrecher / glänzen, wie dem Besten, / der Mond und die Sterne.“ und Faust 328 f.: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange / ist sich des rechten Weges wohl bewusst.“ 115 ratio als Zentralbegriff stoischer ‚Logik‘ 116 Der athenische Gesetzgeber Drakon „war der Ansicht, dass ein Dieb für einen Diebstahl egal welcher Art mit dem Tode zu bestrafen sei“ (Gellius, Attische Nächte 11,18: furem cuiuscumque modi furti supplicio capitis puniendum esse … censuit); wie bei Horaz heißt es dazu bei Plutarch, Solon 17: „Zuerst hob er nun alle Gesetze Drakons auf – außer denen über Mord und Totschlag – wegen ihrer Härte und der Strenge der Strafen. Denn beinahe auf alle Verfehlungen war nur die eine Strafe gesetzt: der Tod, so dass auch die des Müßigganges Überführten sterben mussten und, wer Gemüse und Feldfrüchte stahl, ebenso bestraft wurde wie Tempelräuber und Totschläger.“ 124 f. Vgl. Cicero, Rede für Murena 61: „Es war einmal ein Mann von höchster Begabung, Zeno, dessen Anhänger Stoiker genannt werden; dessen Maximen und Vorschriften lauten folgendermaßen: … allein die Weisen seien, seien sie auch noch so verkrüppelt, schön, seien sie auch noch so mittellos, reich, lebten sie auch als Sklaven, Könige.“ (fuit enim quidam summo ingenio vir, Zeno, cuius inventorum aemuli Stoici nominantur; huius sententiae sunt et praecepta eius modi: … solos sapientes esse, si distortissimi sint, formosos, si mendicissimi, divites, si servitutem ser-
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Anmerkungen
viant, reges) und: „Ferner aber behaupten die Stoiker, der vollkommene Weise besitze alles; in diesem Sinne äußert sich auch Lucilius: ‚… noch nicht einmal der, der das alles besitzen wird, soll allein als schön, reich, frei, König gelten‘ – der Dichter sagt dies allerdings nicht einfach so, sondern zur Verspottung der Stoiker.“ (porro autem Stoici existimant perfectae sapientiae virum omnia habere, in quo sensu et Lucilius versatus sic ait: …. nondum etiam haec omnia habebit, / formonsus dives liber rex solus feretur – qui tamen poeta non simpliciter hoc, sed per derisum Stoicorum dicit; Porph.) 126 f. Vater Chrysippus (276–204) als wissenschaftlicher Begründer der Stoa (und maßgeblicher Nachfolger des Zenon aus Kition auf Zypern [ca. 330–260; nicht oder leicht zu verwechseln mit dem sog. Älteren Zenon von Elea, um 490–430, dem ‚Vorsokratiker‘ neben Parmenides und Lehrer des Perikles, oder dem epikureischen Lehrer Ciceros und des Atticus aus Sidon]), einer der (vier) antiken Philosophenschulen (neben Platons Akademie, dem Peripatos des Aristoteles und dem ‚Garten‘ [griech. kēpos] Epikurs) 127 f. crepidae sind hohe griechische Schuhe, soleae flache Hausschuhe der Römer. 133 ff. Der hier verspottete Philosophen-König ist eher ‚kynisch‘ denn ‚stoisch‘ ge(kenn)zeichnet (neben Bart und Stock insbesondere das Gebell – latrare – des Hundes, nach dem die Kyniker [griech. kýon] benannt wurden; vgl. Pausanias, Beschreibung Griechenlands 2,2,4: „Wer nach Korinth hinaufgeht, stößt am Weg auch auf verschiedene Denkmäler, und beim Tor ist Diogenes von Sinope [Zeitgenosse Alexander des Großen, mit dem er am selben Tag – der eine jung in Babylon, der andere hochbetagt in Korinth – gestorben sein soll; s. Diogenes Laertios 6,79] begraben, den die Hellenen mit Beinamen ‚Hund‘ nennen.“ und Diogenes Laertios 6,60: „Als Alexander einmal zu ihm trat und sagte: ‚Ich bin Alex ander, der große König!‘, sagte er: ‚Und ich Diogenes, der Hund.‘“) 137 Zum offenbar (spott-)billigen Preis eines Viertelasses (quadrans) vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 86,9: „Doch einst gab es nur wenige (öffentliche) Bäder und die ohne besondere Ausstattung: Warum hätte man auch, was nur ein Viertelas kostete und für den Gebrauch, nicht als Luxus gedacht war, besonders ausstatten sollen?“ (at olim et pauca erant balnea nec ullo cultu exornata: cur enim exornaretur res quadrantaria et in usum, non in oblectamentum reperta?) 4. Satire 1 Eupolis, Kratinos, Aristophanes: ein durch diese Stelle greifbarer Komiker-‚Kanon‘ (vielleicht in Analogie zu den Klassikern der attischen
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Tragödie Aischylos, Sophokles und Euripides – so für beide dramatischen Gattungen bei Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,66 f.); von Aristophanes (Theaterdebüt 427, die letzte von ihm selbst inszenierte Aufführung 388) sind 11 Stücke erhalten, von Eupolis (um 446– 412; für Horaz nach S 2,3,12 noch ‚Reiselektüre‘) und Kratinos (wohl der Älteste der drei) nur kümmerlichste Bruchstücke. notabant erinnert an die nota censoria, die Rüge durch den Zensor (den 5 altrömischen ‚Sittenwächter‘) 6 C. Lucilius (um 180–103), der nur fragmentarisch (von einstmals 30 ‚Büchern‘; Werner Krenkel, der Herausgeber einer zweisprachigen wie -bändigen Ausgabe, eröffnet seine Einführung: „Lucilius und die Satire, die beiden Themen, von denen das vorliegende Buch zu handeln hat, entziehen sich durch die Spärlichkeit der aus der Antike stammenden Nachrichten und durch den trümmerhaften Überlieferungszustand des Textes in weitem Maße unserer Kenntnis.“) überlieferte Begründer der römischen (Vers-)Satire (vgl. aber S 1,10,66) Vgl. zu poetischem Versausstoß Plutarch, Cicero 40: „Von seiner Leich9 f. tigkeit des poetischen Ausdrucks machte er nur spielerisch Gebrauch; es heißt, dass er, wenn er einmal dazu Lust hatte, in einer Nacht fünfhundert Verse dichtete.“ und bei Peter de Mendelssohn, Nachbemerkungen zu Thomas Mann 2 (Frankfurt am Main 1982, S.73): „Er notierte die tägliche Produktionsziffer [sc. für sein ‚Kleinepos‘ Gesang vom Kindchen] gewissenhaft und war sehr zufrieden, wenn er zwanzig Hexameter am Tag zuwege brachte; beschämend wenig freilich, fand er, wenn er bedachte, dass Goethe bei ‚Hermann und Dorothea‘ hundertfünfzig Zeilen täglich schrieb.“ Vgl. Kallimachos, Hymnos auf Apollon 105 ff.: „Phthonos (der Neid) 11 sagte heimlich in Apolls Ohr: / ‚Ich mag keinen Sänger, der nicht singt, was so groß ist wie das Meer.‘ / Dem Phthonos gab Apoll einen Tritt und sagte: / ‚Des assyrischen Flusses (Euphrat) Strom ist mächtig, aber er führt viel / Schlamm und viel Unrat mit sich. / Für Deo (= Demeter) bringen nicht von irgendwoher ihre Bienen (= Priesterinnen) das Wasser, / sondern wo rein und unvermengt aufsteigt aus heiligem Quell ein kleines Nass: (das ist) höchste Vollendung.‘ / Willkommen, Herr; Momos (der Tadel) aber gehe dahin, wo Phthonos ist!“ 14 „Wir pflegen nämlich zu sagen: ‚mit dem kleinen Finger herausfordern‘, wenn wir wollen, dass jemand einsieht, dass wir damit so viel vermögen wie ein anderer mit all seinen Kräften.“ (solemus namque dicere ‚minimo digito provocat‘, cum volumus quem intellegere tantum valere minimo digito quantum alium totis viribus; Porph.) 25 Vgl. Goethe, Faust 167: „Greift nur hinein ins volle Menschenleben!“
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Anmerkungen
Vgl. Plutarch, Crassus 7: „Seine Macht gründete sich auf Zuneigung und auf Furcht, auf letztere nicht weniger. So gab einmal der Mann, der den Amtsinhabern und den Demagogen seiner Zeit das meiste zu schaffen machte, Sicinnius, dem Frager, warum er allein Crassus nichts am Zeug flicke, sondern ihn immer ungeschoren lasse, die Antwort: ‚Der hat Heu am Horn!‘ Die Römer pflegten nämlich den stößigen Ochsen Heu ums Horn zu wickeln, damit die Begegnenden sich vor ihnen in Acht nähmen.“ 43 f. Vgl. Demokrit (bei Clemens von Alexandria, Teppiche 6,168,2 = 68 B 18 in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/Kranz; vgl. zu E 1,12,12 f.): „Was ein Dichter gotterfüllt und heilig inspiriert [griech. enthusiasmós bzw. hieròn pneũma] schreibt, ist fürwahr schön“; Platon, Ion 534d/e: „Die Gottheit selbst ist es, die spricht, und sie spricht durch diese (bestimmten Menschen) zu uns … nichts Menschliches sind diese schönen Gedichte und von Menschen, sondern göttlich und von Göttern, die Dichter aber sind nichts anderes als das Sprachrohr der Götter“ und Cicero, Rede für den Dichter Archias 18: „Und so hören wir von den bedeutendsten Gelehrten, wie die Bemühungen in allem anderen auf Ausbildung und Kunstregeln beruhen, dass (aber) der Dichter durch sein eigenes Wesen wirkt und von des Geistes Kräften angetrieben wird und gewissermaßen göttlich inspiriert ist – weshalb völlig zu Recht unser Ennius [vgl. zu S 1,10,54] die Dichter ‚heilig‘ nennt, weil sie uns wie eine Göttergabe und ein Geschenk anvertraut zu sein scheinen“ (atque sic a summis hominibus eruditissimisque accepimus ceterarum rerum studia et doctrina et praeceptis et arte constare, poetam natura ipsa valere et mentis viribus excitari et quasi divino quodam spiritu inflari; quare suo iure noster ille Ennius sanctos appellat poetas, quod quasi deorum aliquo dono atque munere commendati nobis esse videantur). 45 f. Vgl. Cicero, Der Redner 67: „Und so sehe ich, wie manche den Eindruck gewonnen haben, die Sprachform Platons und Demokrits sei – auch wenn sie kein Vers ist, doch, weil sie engagierter auftritt und den Worten höchste Lichter aufsetzt – eher für Dichtung zu halten als die der Komödiendichter; bei diesen gibt es (ja) außer der Versbildung nicht den geringsten Unterschied zur Alltagssprache.“ (itaque video visum esse nonnullis Platonis et Democriti locutionem, etsi absit a versu, tamen, quod incitatius feratur et clarissimis verborum luminibus utatur, potius poema putandum quam comicorum poetarum; apud quos, nisi quod versiculi sunt, nihil est aliud cotidiani dissimile sermonis) 60 f. Zitat von Ennius (Annalen frgm. 266 Vahlen; vgl. zu S 1,10,54); zum (offenen bzw. geschlossenen) Janus-Tempel als Auskunft über Krieg oder Frieden (index pacis bellique, Livius 1,19,2; vgl. Vergil, Aeneis 34
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7,601 ff.) vgl. Augustus, Tatenbericht 2,13: „Den (Tempel des) Janus Quirinus, den unsere Vorfahren geschlossen haben wollten, sobald im gesamten Herrschaftsbereich des römischen Volkes zu Lande und zur See durch Siege Frieden erreicht worden sei, beschloss der Senat, nachdem er laut Überlieferung vor meiner Geburt seit Gründung der Stadt überhaupt erst zwei Mal geschlossen worden war, in meiner Zeit als Prinzeps drei Mal [offenbar in den Jahren 29, 25 und noch einmal zu ungewisser Zeit] schließen zu lassen.“ (Ianum Quirinum, quem claussum esse maiores nostri voluerunt cum per totum imperium populi Romani terra marique esset parta victoriis pax, cum priusquam nascerer, a condita urbe bis omnino clausum fuisse prodatur memoriae, ter me principe senatus claudendum esse censuit) Vgl. Cervantes, Don Quijote de la Mancha II, Kap.16 (Von dem, was Don Quijote begegnete mit einem verständigen Edelmann aus der Mancha): „Daher sei die Schlussfolgerung aus dem von mir Gesagten, edler Junker, dass Euer Gnaden Euren Sohn den Weg gehen lassen sollt, den ihm sein Stern weist … Dann aber scheltet mit euerem Sohn, wenn er Satiren schreibt, in denen er die Ehre anderer kränkt, straft ihn darüber, ja zerreißt sie; schreibt er aber Sermonen nach Art des Horatius, in denen er die Laster allgemein tadelt, wie es jener auf elegante Weise getan hat, so lobt ihn; denn es ist dem Poeten erlaubt, gegen den Neid zu schreiben und in seinen Versen schlecht vom Neidischen zu sprechen, ebenso wie von den anderen Lastern, wenn er nicht Leute persönlich anführt; aber es gibt Poeten, die, um nur eine Bosheit niederzuschreiben, sich der Gefahr aussetzen, nach den Inseln des Pontus verbannt zu werden.“ Vgl. Petron, Satyrika 92,6: „Denn auch, als ich badete – sagte er [sc. der wenig erfolgreiche Dichter Eumolpus] –, hätte ich beinahe Prügel bezogen, weil ich mich unterfing, den rings um das Becken Sitzenden ein Gedicht vorzutragen …“ (‚nam et dum lavor‘ ait ‚paene vapulavi, quia conatus sum circa solium sedentibus carmen recitare‘) und zu S 1,3,89 Vgl. episch-hochgestimmt bei Vergil, Aeneis 6,851: „Du, Römer, sei eingedenk, in Vollmacht die Völker zu lenken!“ (tu regere imperio populos, Romane, memento) Vgl. klassisch-korrekte neun Teilnehmer bei der cena S 2,8,20–23 Liber: italischer Vegetationsgott, später mit Bacchus (Dionysos), dem Gott des Weines, gleichgesetzt; vgl. ep.11,13 f.: „sobald der indiskrete Gott mit feurigem Wein die Geheimnisse des Glühendbewegten hervorgeholt hatte“ (simul calentis inverecundus deus / fervidiore mero arcana promorat loco)
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Anmerkungen
Selbstzitat (S 1,2,27); vgl. Vergils Rückgriff mit dem letzten Georgica(4,566: Tityre, te patulae cecini sub tegmine fagi) auf den ersten Eklogen-Vers (1,1: Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi) 94 „Petillius Capitolinus wurde, als er für das Kapitol zuständig war, angeklagt, den Kranz vom Kapitol entwendet zu haben, und von Augustus freigesprochen“ (Petillius Capitolinus, cum Capitolii curam ageret, coronae subreptae de Capitolio causam dixit absolutusque a Caesare est; Porph.); vgl. Plautus, Trinummus 83 f.: „Denn wenn ich dich jetzt verdächtigte, den Kranz vom Kopf des kapitolinischen Zeus gestohlen zu haben …“ (nam nunc ego si te surrupuisse suspicer / Iovi coronam de capite ex Capitolio) und im Wortgefecht Menaechmi 941: „Und ich weiß, dass du den heiligen Kranz des Zeus gestohlen hast“ (at ego te sacram coronam surrupuisse Iovi’ ). 96 f. verschliffener Versübergang: amícoqu(e) / á pueró (e)st … (als Vers, der um eine Silbe zu lang ist, ein sog. Hypermeter) 100 Zur (antiken) Farben-‚Symbolik‘ vgl. Plutarch, Über die Späte göttlichen Strafvollzugs 26,565b f.: „‚Sieh aber‘, sagte er, ‚die folgende bunten und vielfältigen Farben der Seelen: das Dunkle und Schmutzige als Anstrich von Unfreiheit und Habgier …; schlechte Gesinnung verbunden mit Neid zeigt das Rostig-Violette und Schwärende gerade wie die Tintenfische mit ihrem Schwarz‘.“ 105 ff. Vgl. (den Vater Demea bei) Terenz, Adelphoe 414 ff.: „… ich gewöhne [sc. den Sohn daran] und lasse (ihn) wie in einen Spiegel in jedes Leben schauen und sich an den anderen ein Beispiel zu nehmen: Das tu! … Das lass! … Das ist löblich … Das ist zu tadeln …“ (consuefacio, denique / inspicere tamquam in speculum in vitas omnium / iubeo atque ex aliis sumere exemplum sibi: / hoc facito …hoc fugito … / hoc laudist … hoc vitio datur). 121 Vgl. Plutarch, Von der Kindererziehung 5,3e f.: „Denn wie die Glieder des Körpers der Kinder gleich von Geburt an zu formen sind, damit sie gerade und unverbogen wachsen, muss man auf dieselbe Weise von Anfang an den Charakter der Kinder bilden. Denn gut zu formen und (noch) im Fluss ist die Jugend, und ihren weichen Seelen werden noch die Lernstoffe eingegossen; alles Harte aber wird (nur) schwer erweicht. Denn wie Siegel weichem Wachs aufgedrückt werden, so werden die Lerngegenstände den Seelen der noch kleinen Kinder eingeprägt. Und mir scheint der göttliche Platon stimmig den Ammen zu raten, den kleinen Kindern nicht die erstbesten Geschichten zu erzählen, damit ihre Seelen nicht von Anfang an mit Unvernunft und Verderbnis angefüllt werden. Es scheint aber auch der Dichter Phokylides recht zu raten, wenn er sagt: Gut ist’s, noch als Kind die rechten Din92
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ge zu lernen.“ Bei Platon steht unmittelbar vor der von Plutarch paraphrasierten Passage (Der Staat 377a f.): „Nun weißt du, dass der Anfang das Wichtigste aller Dinge ist, zumal bei jedem (noch) jungen und weichen Wesen; denn es wird ja gerade dann besonders geformt, und die Prägung wird angelegt, die man einem jeden einzeichnen möchte.“ 142 f. wie die Juden: ein frühes Zeugnis für die Missionstätigkeit dieser Glaubensrichtung (sog. ‚Proselytentum‘); vgl. Cicero, Rede für Flaccus 66 f.: „Du weißt, wie groß ihre Schar ist, wie groß ihr Zusammenhalt, welche Rolle sie bei Versammlungen spielen … Diesem unrömischen Aberglauben entgegenzutreten, bewies Entschlossenheit, den Haufen der Juden, wie er nicht selten bei Versammlungen über die Stränge schlägt, im öffentlichen Interesse links liegen zu lassen, hohe Souveränität“ (scis, quanta sit manus, quanta concordia, quantum valeat in contionibus … huic autem barbarae superstitioni resistere severitatis, multitudinem Iudaeorum flagrantem non numquam in contionibus pro re publica con temnere gravitatis summae fuit). 5. Satire Nach meiner Abreise …: Ein sog. Iter Brundisinum (einmal gewisser1 maßen die via Appia: diese [unbelegte] ‚Königin der Straßen‘ war vom Zensor Appius Claudius Caecus Ende des 4. Jahrhunderts erbaut worden, ursprünglich bis Capua, später bis Brundisium weitergeführt) als Gegenstück zu einem Iter Siculum des Lucilius: „Mit Lucilius wetteifert in dieser Satire Horaz, indem er seine Reise von Rom nach Brundisium beschreibt, was auch jener in seinem dritten Buch getan hat, zunächst (als Reisebericht) von Rom bis Capua und von da bis zur Meerenge von Sizilien.“ (Lucilio hac satyra aemulatur Horatius iter suum a Roma Brundisium usque describens, quod et ille in tertio libro fecit, primo a Roma Capuam usque et inde fretum Siciliense; Porph.); die Etappen im Einzelnen: Erste Tagereise von Rom bis Aricia (auf der ersten Höhe der Albanerberge, etwa 24 km); zweite Tagereise bis Forum Appi (dort beginnt ein Kanal, der durch die Pontinischen Sümpfe bis kurz vor Tarracina führte; 40 km); dritte (kurze) Tagereise (nach rund 26 km Kanal-Fahrt) vom Hain der altitalischen Göttin Feronia bis Tarracina (Anxur; 4,5 km); vierte Tagereise über Fundi (im Süden Latiums; etwa 19 km) nach Formiae (insgesamt rund 38 km); fünfte Tagereise über Minturnae der Küste entlang nach Sinuessa (etwa 27 km) und landeinwärts zum Pons Campanus (an der Grenze zwischen Latium und Kampanien; 13 km); sechste Tagereise bis Capua (Hauptort Kampaniens; 25 km); siebente Tagereise bis zum Caudinischen Pass in Samnium (31 km); achte Tagereise bis Beneventum (Stadt in Samnium;
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Anmerkungen
rund 16 km); neunte Tagereise bis Aeclanum (etwa 22 km), dann auf der via Minucia (vgl. zu E 1,18,20) zur Villa bei Trivicum (heute Trevico); der zehnte Tag führt an einen metrisch unmöglichen Ort (Silbenfolge lang-kurz-lang: vielleicht Ausculum?); elfte Tagereise über Herdoneae bis Canusium (Ort in Apulien, heute Canosa; 52 km); zwölfte Tagereise bis Rubi (südöstlich von Canusium, heute Ruvo; 34 km); dreizehnte Tagereise bis Barium (heute Bari; 34 km); vierzehnte Tagereise bis Gnatia (Hafenstadt in Apulien an der Adria; 55 km); fünfzehnte Tagereise bis Brundisium (Hafenstadt in Calabrien, heute Brindisi; 58 km). altius … praecinctis: ‚mit höher geschürzter (Tunica)‘; vgl. die (zudem geschnittenen) ‚kurzen Hosen‘ beim heutigen Fuß- oder Handball eigentlich „dem Magen Krieg ansagen“ (vgl. als Wendung bei Julian, Der Barthasser 340 B: „mit dem Bauch Krieg führen / kämpfen“) dreihundert: Ausdruck für (zu) viele; vgl. Catull, c. 11,17 f.: „soll sie [sc. ‚mein Mädchen‘] leben und glücklich werden mit ihren Liebhabern, / von denen sie dreihundert auf einmal umschlungen hält“ (cum suis vivat valeatque moechis, / quos simul complexa tenet trecentos). Vgl. episch Vergil, Aeneis 2,132: „Und schon war der unsägliche Tag gekommen …“ (iamque dies infanda aderat) Feronia: altitalische Gottheit etruskischen (sabinischen?) Ursprungs Gesandte in wichtigen Angelegenheiten: Vorverhandlungen und Vermittlungsversuche im Spannungsfeld zwischen Octavian und Antonius (v.33) sind der (von Horaz fast völlig ausgeblendete) Hintergrund der Reise nach Brundisium im Frühjahr 37, an deren Ende der ‚Vertrag von Tarent‘ steht (vgl. Appian, Bürgerkriege 5,398: „Da aber die Amtszeit, die für das Triumvirat beschlossen worden war, ausgelaufen war, setzten sie für sich eine weitere fünfjährige Amtszeit fest, ohne das Volk noch zu fragen“). Vgl. zu einer hochanalogen diplomatischen Mission des Jahres 40 (Appian, Bürgerkriege 5,272): „… wählte man Abgesandte, dieselben für beide Seiten; diese hörten die gegenseitigen Beschuldigungen nicht an, da sie nicht zu Schiedsrichtern, sondern um eine Aussöhnung zu vermitteln, gewählt seien. In diese Abordnung nahmen sie auch Cocceius [sc. L. C. Nerva, Suffektkonsul dann des Jahres 39] als gemeinsamen Freund der Streitenden auf, von den Freunden des Antonius den Pollio sowie Maecenas von denen Caesars (= Octavians). Es wurde festgelegt, dass für Caesar und Antonius Amnestie für das Vergangene und Freundschaft für die Zukunft gelten solle.“ von feinster Bildung: „Übertragung eines Sprachgebrauchs der Bildhauer, die Fügung des Marmors sei dann vollkommen, wenn ein (zur Prüfung) darüberfahrender Nagel nicht hängenbleibe.“ (translatio a marmorariis
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ducta, qui iuncturas marmorum tum demum perfectas dicunt, si unguis superductus non offendat, Porph.; vgl. ap 292–294 und die ‚Nagelprobe‘) Purpurstreifen: Abzeichen der Magistrate, der römischen Amtsinhaber (‚Beamte‘) „Cornelius Nepos überliefert, dass Mamurra als Erster in Rom die Wände seines Hauses auf dem Caelius [einem der ‚sieben Hügel‘] komplett mit Marmorplatten überzogen habe, der römische Ritter aus Formiae und Oberst der Pioniere Gaius Caesars in Gallien, damit keine Peinlichkeit fehle bei der Einführung der Sache durch einen solchen Trendsetter. Denn dieser Mamurra ist der, der von Catull aus Verona in seinen Gedichten [namentlich c. 29 und 57; wohl auch als ‚Bankrotteur von Formiae‘ c. 41,4 bzw. 43,5] zerrupft wurde und dessen Haus deutlicher als Catull sagte, er habe faktisch besessen, was immer das Gallien jenseits der Alpen (zuvor) besessen hatte“ (Plinius der Ältere, Naturgeschichte 36,48: primum Romae parietes crusta marmoris operuisse totos domus suae in Caelio monte Cornelius Nepos tradit Mamurram, Formiis natum equitem Romanum, praefectum fabrum C. Caesaris in Gallia, ne quid indignati desit, tali auctore inventa re. hic namque est Mamurra Catulli Veroniensis carminibus proscissus, quem, ut res est, domus ipsius clarius quam Catullus dixit habere quidquid habuisset Comata Gallia) L. Licinius Murena wäre der nachmalige Schwager des Maecenas (und Adressat von c. 2,10?) Zum (etwas weiter gezogenen) Kreis für Horaz wichtiger Personen vgl. zu S 1,10,81 ff. Vgl. Suetonvita (gemeinhin Donatvita genannt) 8 „(Vergil) war von mächtigem Körper und Statur; bei dunkelbrauner (Haut-)Farbe, bäuer lichem Aussehen und wechselnder Gesundheit; denn meist litt er am Magen und Rachen und Kopfschmerzen, spuckte sogar oft Blut.“ (corpore et statura erat grandi, aquilo colore, facie rusticana, valetudine varia; nam plerumque a stomacho et a faucibus ac dolore capitis laborabat, sanguinem etiam saepe reiecit) Caudium: In den ‚Caudinischen Pässen‘ wurden die Römer im Zweiten Samnitischen Krieg 321 zur Kapitulation (und daraufhin unter das sprichwörtlich gewordene ‚Caudinische Joch‘) gezwungen (vgl. Li vius 9,6,1: „Zuerst wurden die Konsuln fast halbnackt unter das Joch geschickt; dann wurde jeder so, wie er seinem Rang der Nächste war, der Demütigung unterzogen; dann im Anschluss die einzelnen Legionen.“ [primi consules prope seminudi sub iugum missi; tum, ut quisque gradu proximus erat, ita ignominiae obiectus; tum deinceps singulae legiones])
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Anmerkungen
Vgl. Phaedrus, Buch der Fabeln 5,5,16–21: „Der steckte plötzlich seinen Kopf ins Gewand und ahmte die Stimme eines Ferkels mit der eigenen derart nach, dass man meinte, es sei wirklich eines unterm Mantel (verborgen), und forderte, es auszuschütteln. Als daraufhin nichts gefunden wurde, überschüttet man den Mann mit Schalen und bedenkt ihn mit Riesenbeifall.“ (ille in sinum repente demisit caput / et sic porcelli vocem est imitatus sua, / verum ut subesse pallio contenderent / et excuti iuberent. quo facto simul / nihil est repertum, multis onerant lancibus / hominemque plausu prosequuntur maximo.) Der ‚Kyklop als Hirte‘ in der Tradition des unglücklich verliebten Sängers in bukolischer Dichtung bei Theokrit, Idyll 11 (vgl. zu E 2,2,125) die Flammen: vgl. zum Stichwort ‚Metonymie‘ Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 8,6,24: „Denn wie wir verbreitet ‚Vulcanus‘ statt Feuer [sc. sagen & entsprechend] hören und ‚gekämpft wurde mit wechselndem Mars‘ gehobene Umgangssprache ist und man dezenter ‚Venus‘ als Sex sagt, so klingen ‚Liber‘ und ‚Ceres‘ für Wein und Brot lockerer, als es der Ernst auf dem Forum erträgt.“ (nam ut ‚Vulcanum‘ pro igne volgo audimus et ‚vario Marte pugnatum‘ eruditus est sermo et ‚Venerem‘ quam coitum dixisse magis decet, ita ‚Liberum et Cererem‘ pro vino et pane licentius, quam ut fori severitas ferat) Schirokko: vgl. Seneca, Naturkundliche Untersuchungen 5,17: „Einige [sc. Winde] gehören zu bestimmten Gegenden … der Atabulus bedrängt (nur) Apulien, der Iapyx Calabrien …“ (quidam sunt quorundam locorum proprii … Atabulus Apuliam infestat, Calabriam Iapyx …) erepsemus kurz für erepsissemus (vgl. S 1,9,73 surrexe für surrexisse, S 2,3,169 divisse für dividisse und 273 percusti für percuvisti sowie S 2,7,68 evasti für evasisti) „(Horaz) bezeichnet damit Aequum Tuticum, dessen Name im Hexameter nicht untergebracht werden kann. Er setzte dies aber nach dem Vorbild des Lucilius, denn der schrieb im sechsten Buch seiner Satiren: … der Sklaven Feiertag ist dieser, den du schlicht im Hexameter nicht nennen kannst“ (Aequum Tuticum significat, cuius nomen hexametro versu compleri non potest. hoc autem sub exemplo Lucili posuit, nam ille in sexto Saturarum sic ait: servorum est festus dies hic / quem plane hexametro versu non dicere possis; Porph.); vgl. Ovid, Briefe vom (Schwarzen) Meer 4,12,1 ff. zur (metrisch bedingten) ‚Unaussprechlichkeit‘ eines Eigennamens (der seines Freundes Tuticanus) und aus der älteren griechischen Tradition: „Nach dieser unserer Debatte zum Thema Fisch mag der gute Ulpian nachfragen, warum Archestratos [ein offenbar nicht ganz bierernster Gourmet-Poet des 4. Jahrhunderts aus Gela (Syrakus?) auf Sizilien, von dessen hexametrischer Dichtung über kulinarisches Wohl-
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leben um die 60 Fragmente in Athenaios’ Gelehrte beim Gelage – hier 284e bzw. 7,21 – erhalten sind] in seinen trefflichen Ausführungen über eingelegte Fische vom Bosporus sagt: ‚die vom Bosporus herausschwimmenden sind die weißesten, aber hinzu komme dabei nichts vom harten Fleisch des Fisches, der im Maiotischen Gewässer aufgewachsen ist und den im Versmaß zu nennen nicht verstattet‘ – welcher ist das, von dem er behauptet, ihn zu benennen sei in metrisch korrekter Weise nicht statt haft?“ sowie im zweiten Kapitel vom Handbuch zur Metrik des Grammatikers Hephaistion aus Alexandria (2. Jahrhundert n. Chr.; Abschnitt 2 f. = p.8 s. Consbruch): „Die Formen der Synekphonesis [‚Silbenzusammenziehung‘] aber sind Folgende: … oder zwei Kürzen zu einer (einzelnen) Kürze, was man in den anderen Versmaßen findet, wie bei Sotades in seiner Ilias [in nach dem Verfasser benannten ‚Sotadeen‘!]: ‚schwingend die Eschenlanze des Peliden (Achilleus) über der rechten Schulter‘. In epischer Dichtung selten; deshalb glaubte auch Kritias in seiner Elegie auf Alkibiades, der Name des Alkibiades passe nicht [sc. in das Versmaß]; er sagt nämlich: ‚Und jetzt werde ich des Kleinias Sohn aus Athen bekränzen, / indem ich Alkibiades auf neue Weise preise – / es war ja nicht möglich, seinen Namen irgendwie dem elegischen Metrum anzupassen: / jetzt aber im jambischen wird er nicht unmetrisch gesetzt sein.‘“ das Wasser: vgl. zum ‚durstigen Apulien‘ (ep.3,16: siticulosae Apuliae) Platon, Euthydemos 304b: „Denn es ist nun einmal so, Euthydemos, das Seltene ist das Geltende, und das Wasser ist das Allerwohlfeilste, unerachtet es das Vortrefflichste ist, wie Pindaros sagt.“ (mit Bezug auf den Beginn der ersten Olympischen Ode Pindars: „Das Beste zwar ist Wasser …“). Diomedes: aus der Ilias bekannter Held vor Troja, der in Italien landete (vgl. Vergil, Aeneis 11,226 ff.); Schönberger (über)setzt im Anschluss an den Kommentar von Kießling-Heinze (dort mit dem Verweis auf E 1,6,30): „von dem bedürfnislosen Helden“ Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 2,240: „Man findet in den Quellen …, in Egnatia, einer Stadt der Sallentiner (im süditalischen Calabrien), brenne ununterbrochen eine Flamme in einem Holz, das auf einem dort heilig gehaltenen Stein liege“ (reperitur apud auctores … in Sallentino oppido Egnatia inposito ligno in saxum quoddam ibi sacrum protinus flammam existere). Für eine spezifisch jüdische Leichtgläuigkeit scheinen sonst keine Belege vorzuliegen. habe … gelernt: Horaz outet sich hier als Epikureer nach Lukrez, Über die Natur der Dinge 5,82: nam bene qui didicere deos securum agere
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Anmerkungen
aevom („denn wer recht gelernt hat, dass die Götter ein sorgloses Leben führen“). Schreiben: das lat. charta lässt zunächst an die materielle Dimension von Texten (hier etwa ‚Blatt‘) und damit an das überaus bedenkenswerte Verhältnis von ‚luftigen Gedanken‘ und handfestem ‚Medium‘ denken; vgl. zu S 2,3,2
6. Satire 1 Lydern: Nach Herodot (1,94,5 f.) „schied der König alle Lyder in zwei Gruppen und ließ sie losen. Die eine Hälfte sollte im Lande bleiben, die andere musste auswandern; zu der einen Gruppe, die das Bleiben erloste, gesellte sich der König selbst. Der anderen Gruppe, welche sich von der Heimat lösen sollte, gab er seinen Sohn Tyrsenos mit. Die einen, die das Los des Auswanderns getroffen hatten, … kamen schließlich zum Lande der Umbrer. Hier gründeten sie Städte und wohnen noch heute dort. Statt Lyder nannten sie sich nun anders nach des Königs Sohn, der sie dorthin geführt hatte. Nach ihm bildeten sie sich ihren Namen und nannten sich Tyrsener.“ 2 generosior: Zur Herkunft des Maecenas aus königlichen Verhältnissen vgl. c. 1,1,1 atavis edite regibus oder c. 3,29,1 Tyrrhena regum progenies dum ingenuus: Maecenas (und Horaz?) macht also schon noch Unter8 schiede und sieht den Menschen nicht – wie etwa die Stoa – an und für sich (falls mit ingenuus nicht lediglich die Rechtschaffenheit des Charakters gemeint sein sollte). 9 Servius Tullius: der vorletzte der sagenhaften (sieben) Könige Roms, war Sohn einer Sklavin (vgl. aber neben Livius 4,3,12 „ohne Vater, die Mutter eine Sklavin“ [patre nullo, matre serva] bei demselben die ‚Diskussion‘ 1,39,5 f.) 12 „Dieser Publius Valerius [sc. Laevinus] war charakterlich so abscheulich und zu jeder Schändlichkeit bereit, dass er [sc. auf der Ämterleiter] nicht über die Würde eines Quästors hinauskommen konnte.“ (hic Publius Valerius adeo foedis et proiectis in omnem turpitudinem moribus vixit, ut provehi non potuerit ultra quaestoriam dignitatem; Porph.); zu seinen Ahnen zählte insbesondere P. Valerius Publicola, der nach dem Selbstmord der Lucretia unter der Führung des L. Junius Brutus an der Vertreibung des Tarquinius (s. zu v.13) beteiligt war (vgl. Livius 1,58,6 ff.). 13 Tarquinius Superbus: der letzte der sagenhaften Könige Roms (um 510 gestürzt und vertrieben)
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Vornehme Familien stellten bei feierlicher Gelegenheit die Masken (imagines) ihrer Vorfahren mit der Aufzählung ihrer Titel (tituli) aus (vgl. Polybios, Historien 6,53). 20 ‚ein neuer Mann‘: ein newcomer in der Politik ohne Vorfahren, die bereits ein Amt bekleidet haben (der bekannteste homo novus dürfte Cicero sein – noch vor einem legendären P. Decius Mus, der sich als Konsul 340 in einer Schlacht gegen die Latiner für das römische Volk und Heer dem Opfertod geweiht hatte; vgl. Livius 8,9,4 ff.) Appius Claudius Pulcher, ein Bruder des berühmt-berüchtigten Clodius 21 (und Vorgänger Ciceros als Statthalter des kleinasiatischen Kilikiens nördlich Zyperns), verstieß als Zensor 50 v. Chr. mit großer Strenge Söhne von Freigelassenen aus dem Senat. 22 quoniam in propria non pelle quiessem: „Einem Sprichwort entlehnt. Denn wir pflegen über diejenigen, die ihre Durchschnittlichkeit vergessen und Höheres anstreben, als ihnen ansteht, zu sagen, sie könnten sich nicht in ihrer Haut zurückhalten.“ (ex proverbio sumptum est. eos namque, qui mediocritatis suae obliti maiora se ipsis adpetunt, solemus dicere non continere se intra pelliculam suam; Porph.); vgl. Martial, Epigramme 3,16,5 f.: „Denk daran, Cerdo: Bleib hinfort in deiner Haut!“ (memento / nunc in pellicula, Cerdo, tenere tua) Wie Siegesgöttin und römischer Triumphator hat auch die Gottheit des 23 Ruhmes Gloria einen Wagen (vgl. E 2,1,177 ventoso Gloria curru). 39 Vom Tarpejischen Felsen, einem steilen Abhang am Fuße des Kapitols, wurden Hochverräter (de perduellione) herabgestürzt – als Amtshandlung bei Livius 6,20,12: „die Tribunen warfen (den Angeklagten M. Manlius) vom tarpejischen Felsen“ (tribuni de saxo Tarpeio deiecerunt) und Velleius Paterculus 2,24,2: „Im selben Jahr warf der Volkstribun Publius Laenas den Sextus Lucilius, der im Vorjahr Volkstribun gewesen war, vom tarpejischen Felsen“ (eodem anno P. Laenas tribunus plebis Sex. Lucilium, qui in priore anno tribunus plebis fuerat, saxo Tarpeio deiecit); „Kadmos soll seinerzeit Scharfrichter gewesen sein” (Cadmus carnifex illo tempore fuisse dicitur; Porph.). 40 Amtsgenosse: die Ämter der römischen Republik waren immer mehrfach, zumindest ‚paarig‘ besetzt (Grundsatz der ‚Kollegialität‘) 41 f. Paullus und Messalla sind (Bei-)Namen (cognomen) prominenter römischer Familien; zu letzterer gehörte etwa M. Valerius M. Corvinus (64 v.– 13 n. Chr.), der wie Maecenas einen (Dichter-)‚Kreis‘ – mit Tibull als bekanntestem Vertreter – um sich scharte (vgl. c. 3,21,7; S 1,10,29.85; ap 371)
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Anmerkungen
Vgl. Petron, Satyrika 44,9: „Wenn er ferner auf dem Forum tätig war, so schwoll seine Stimme an wie ein Signalhorn.“ (cum ageret porro in foro, sic illius vox crescebat tamquam tuba) Dichter(freunde) aus dem Kreis des Maecenas – P. Vergilius Maro (70– 19) gut erhalten (Bucolica / Eklogen, Georgica, Aeneis mit zusammen rund 12900 Versen), L. Varius Rufus praktisch komplett verloren (etwa eine Tragödie Thyestes aus dem ‚Haus des Pelops‘, vgl. c. 1,6,8). auf einem apulischen Gaul: Satyrion (Satureiano) heißt mit altem Namen die Gegend um Tarent im unteritalischen Calabrien (dem Stiefel‚absatz‘); für das lokal leicht nordöstlich abweichende ‚apulisch‘ vgl. „wir müssen aber apulische Pferde als die durchaus besten annehmen“ (Apulum autem equum pro optimo utique accipere debemus; Porph.) sowie einen Lucilius-Hintergrund, bei dem eine Grammatikernotiz („so wie Lucilius ein träges und langsames Pferd fuß-‚lahm‘ genannt hat“: sicut Lucilius pedibus stlembum dixit equum pigrum et tardum) zu Apulidae pedibus stlembi „einer fußlahmen Stute aus Apulien“ führt Vgl. c. 1,22,1 integer vitae scelerisque purus Vgl. Wilhelm Busch, Kritik des Herzens (1874): „Die Selbstkritik hat viel für sich. / Gesetzt den Fall, ich tadle mich: / So hab’ ich erstens den Gewinn, / dass ich so hübsch bescheiden bin; / zum zweiten denken sich die Leut’, / der Mann ist lauter Redlichkeit; / auch schnapp’ ich drittens diesen Bissen / vorweg den andern Kritiküssen; / und viertens hoff’ ich außerdem / auf Widerspruch, der mir genehm. / So kommt es denn zuletzt heraus, / dass ich ein ganz famoses Haus.“ centurionibus: ein (nebst und nächst v.81 incorruptissimus seltener) Beleg bei Horaz für sesquipedalia verba (ap 97; s. zudem – sozusagen leider – S 2,3,79 superstitione und 117 f. unde-octoginta [!], S 2,4,75 circumposuisse, S 2,5,14 venerabilior und 25 insidiatorem, S 2,7,104 perniciosius, S 2,8,68 sollicitudine sowie E 1,7,8 officiosaque, E 1,14,8 insolabiliter, E 1,18,58 inexcusabilis und 71 inrevocabile sowie E 2,2,122 luxuriantia, schließlich ap 29 prodigialiter und 119 sowie 316 jeweils convenientia – dem beim hexametrischen Horaz offenbar singulären [sog. Hapaxlegomenon] Siebensilbler ap 247 ignominiosaque entspricht lyrisch e.13,10 sollicitudinibus) vierzig Pfennig: schwer bestimm/taxierbarer Geldwert von ‚acht (Ass) Kupfer‘ Vgl. Reinhard Mey, 51er Kapitän (1994): „… das war genau seine [sc. ‚meines‘ Vaters] Art, / an sich selber immer rumzuknausern, / an uns hat er nie gespart. // Mir jede Chance im Leben geben, / mich einmal auf dem Treppchen zu sehn, / das war es …“
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Rutenbündel: die Zeichen (fasces) der die Amtsträger begleitenden Liktoren (entsprechend die ‚offiziellen‘ Amtssessel [sella]) 108 Tibur (heute Tivoli), eine Stadt im mittelitalischen Latium gut 30 km südöstlich von Rom, war ein beliebter Sommeraufenthalt der reichen Römer. 113 Antike Randbemerkungen (Scholien) erklären, Horaz nenne den Circus (sc. Maximus, die größte Rennbahn Roms, die unter ihren Bögen vielen Läden und Ständen Platz bot) trügerisch wegen der Betrüger, Wahrsager und Astrologen (letztere auch bei Cicero, Über die Weissagung 1,132). 120 Marsyas: Gestalt der griechischen Sage mit Statue auf dem Forum 122 ff. Vgl. Tagesabläufe bei Cicero (Briefe an sein Umfeld 9,20,3) und Pli nius (Briefe 9,36). 126 Marsfeld: s. zu S.1,1,91; textkritisch-legendäre Stelle, an der sich die nur durch den commentator Cruquianus erhaltene ‚richtige‘ Lesung einer verlorengegangenen Handschrift Blandinianus vetustissimus durchgesetzt und der Ruhm des englischen Philologen Richard Bentley (1662– 1742) (mit)etabliert hat 131 Die Quaestur ist die unterste Stufe der Ämterlaufbahn, des cursus honorum (zum frühest möglichen Zeitpunkt – suo anno [vgl. Über das Agrargesetz 2,3 f.] – durchlaufen von Cicero: Quästor mit 31, Ädil mit 37, Prätor mit 40 und Konsul mit 43 in den Jahren 75, 69, 66 und 63), die zudem die Aufnahme in den Senat nach sich zog. Vgl. Livius 40,44,1: „In diesem Jahr [sc. 180 v. Chr.] wurde erstmals vom Volkstribunen Lucius Villius ein Gesetzesentwurf eingebracht, mit wie vielen Jahren man sich um jedes Amt bewerben und es übernehmen dürfe.“ (eo anno rogatio primum lata est ab L. Villio tribuno plebis, quot annos nati quemque magistratum peterent caperentque) und – wenig ermutigend – Wolfram Letzner, Lucius Cornelius Sulla. Versuch einer Biographie. Münster: LIT Verlag 2000, S.277 Fußnote 21: „In der Forschung haben sich sehr unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Zugangsalter für die einzelnen Ämter etabliert.“ Immerhin bestehe offenbar ein Konsens darin, dass die Vorschriften der [sc. sullanischen] lex Cornelia [sc. de magistratibus des Jahres 81 v. Chr.] mit denen der lex Villia annalis des Jahres 180 v. Chr. weitestgehend identisch seien … 97
7. Satire Klazomenai: ionische Stadt an der Westküste Kleinasiens 5 16 f. wie zwischen Diomedes und dem Lykier Glaukos: vgl. Ilias 6,119–236 (232 ff.: „Da sie nun so gesprochen, sprangen die zwei von den Pferde(wage)n / und nahmen einander an den Händen und versicherten sich ihrer Freundschaft. / Jetzt aber raubte der Sohn des Kronos, Zeus, dem
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Anmerkungen
Glaukos den Verstand: / Er tauschte mit dem Sohn des Tydeus, Diomedes, seine Rüstung, / eine goldene für eine aus Erz, den Wert von hundert Rindern für den von neun.“) M. Iunius Brutus (85–42) verwaltete nach der Ermordung Caesars Pro18 vinzen im östlichen Mittelmeerraum, war aber geächtet worden; s. Velleius Paterculus, Römische Geschichte 2,69,5: „Durch die lex Pedia, die der Konsul Pedius als Kollege Caesars [= Octavians] eingebracht hatte, waren alle, die Caesar, den Vater, umgebracht hatten, verurteilt und von Wasser und Feuer ausgeschlossen worden“ (lege Pedia, quam consul Pedius collega Caesaris tulerat, omnibus, qui Caesarem patrem interfecerant, aqua ignique damnatis interdictum erat). 20 „Bythus und Bacchius waren die besten Gladiatoren jener Zeit; nachdem sie viele (andere Gegner) getötet hatten, starben sie beim Kampf untereinander an den Wunden, die sie sich gegenseitig zugefügt hatten.“ (Bythus et Bacchius gladiatores optimi illis temporibus fuerunt. qui cum multos interemissent, commissi inter se mutuis vulneribus conciderunt; Porph.) 25 f. Vgl. (buchstäblich als Tropfen auf den heißen Stein antiker Sternenkunde) Geminos von Rhodos (stoischer Philosoph und Astronom wohl des 1. Jh.s v. Chr.) im ‚Calendarium‘ seiner Einführung in die (Himmels-)Erscheinungen: „Den Löwen durchläuft die Sonne in 31 Tagen. Am ersten Tag wird laut Euktemon der Hund sichtbar und erdrückende Hitze setzt ein“; mit dem Frühaufgang des Sirius, des hellsten Sternes im ‚Großen Hund‘, beginnt (Mitte Juni? 26. Juli?) offenbar die heißeste Zeit des Jahres (‚Hundstage‘; als Filmtitel aufgegriffen 1944 von Willi Forst und 2001 von Ulrich Seidl sowie für die deutsche Fassung von Dog Day Afternoon mit Al Pacino [1975 von Sidney Lumet]); desweiteren allein bei Horaz S 2,5,39 f.; c. 1,17,17 f.; c. 3,13,9 f. sowie E 1,10,15 ff. 28 Praeneste: Stadt in Latium, der mittelitalischen Heimat des Rupilius 30 f. Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 18,249: „In diesem Zeitabschnitt der ersten fünfzehn Tage [sc. beim Aufgang des Siebengestirns am 10. Mai] muss der Bauer sich sputen (zu tun), wozu er vor der Tagnachtgleiche nicht gekommen ist, sofern er weiß, dass daher der schimpfliche Vorwurf gegen diejenigen stammt, die ihre Weinstöcke in Nachfolge des Gesangs des Zeitvogels, den man Kuckuck nennt, beschneiden; denn es wird für eine Schande gehalten und berechtigten Schimpf, wenn eine Sichel von diesem Vogel am Weinstock erwischt wird; und deswegen heißt man auch gepfefferte Bemerkungen des Mutwillens am Frühlingsanfang gut.“ (in hoc temporis intervallo XV diebus primis agricolae rapienda sunt; quibus peragendis ante aequinoctium
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non suffecerit, dum sciat inde natam exprobrationem foedam putantium vites per imitationem cantus alitis temporariae, quam cuculum vocant. dedecus enim habetur obprobriumque meritum, falcem ab illa volucre in vite deprehendi, et ob id petulantiae sales, etiam cum primo vere, laudantur) Handwerk: Im verallgemeinernden Tonfall mag – neben dem tagesaktuellen Bezug auf die Ermordung Caesars an den Iden des Märzes 44 durch den M. Junius Brutus der Anekdote – auch die Erinnerung an L. Junius Brutus mitschwingen, der um 510 den letzten sagenhaften König Roms, Tarquinius Superbus, vertrieben haben soll.
8. Satire „Kennen Sie die achte Satire des Horaz? Ich lese ihn eben wieder in diesen Tagen, er verleiht einiges Gleichgewicht …“ (Bertolt Brecht, Leben des Galilei, Szene 8) Vgl. Ovid, Amores 3,7,15: „Ein Klotz, reglos, lag ich da, ein Schemen 1 und unnütze Masse.“ (truncus iners iacui, species et inutile pondus) Vgl. das dem griechischen Dichter Epicharm zugeschriebene Fragment: 2 f. „Aus jedem Holz kann wohl ein Halseisen werden oder ein Gott“; nicht weniger als achtzig ‚Priapeen‘ umfasst (neben sonstigen Dichtungen rund um die anstößige Gartengottheit) allein das sog. Corpus Priapeorum Vgl. Vergil, Georgica 4,110: „und ein Wächter gegenüber Dieben und 3 f. Vögeln mit Weiden-Sichel“ (et custos furum atque avium cum falce saligna). Vgl. Columella, Über die Landwirtschaft 10,31b-34: „doch den wo4 f. möglich roh behauenen Stamm / eines alten Baumes verehre als Gottheit ‚Priapus‘ / mit dem furchteinflößenden Glied, der mitten im Garten immer / mit seinem Glied den Jungen, den Dieben mit der Sichel droht“ (sed truncum forte dolatum / arboris antiquae numen venerare Priapi / terribilis membri, medio qui semper in horto / inguenibus puero, praedoni falce minetur). 12 Umgerechnet umfasste das Areal demnach rund 300 x 90 m. 13 Hoc monumentum heredes non sequitur (gewöhnlich H.M.H.N.S. abgekürzt: „Dieses Grabmal hat keine Erben“) heißt es, wenn das Grab nicht mit dem übrigen Besitz vererbt wird (hier auf Arme ohne Erben übertragen); vgl. Petron, Satyrika 71,7: „Und deshalb will ich, dass vor allem hinzugefügt wird: Dieses Grabmal gehe auf keinen Erben über!“ (et ideo ante omnia adici volo, hoc monumentum heredem non sequatur) 14 Der Esquilin galt als so gesunde Gegend, dass Augustus sich bei Krankheit ins Haus des Maecenas begab (vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 72,2: aeger autem in domo Maecenatis cubabat).
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28 f. 33 f. 39
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Anmerkungen
„Unter dem Namen Canidia soll Gratidia, eine neapolitanische Salbenhändlerin, erkannt werden, die Horaz durchgängig als Giftmischerin attackiert. Aber weil es nicht korrekt ist, Schmähgedichte auf jemanden zu schreiben, arbeiten Dichter gewöhnlich mit Decknamen. So spricht etwa Vergil in seinen Eklogen [sc. 10,2.22.42] von Lycoris statt von Cytheris“ (sub hoc Canidiae nomine Gratidiam Neopolitanam unguentariam intellegi vult, quam ut venificam Horatius semper insectatur. sed quia non licet probrosum carmen in quemquam scribere, idcirco fere poetae similia adfingunt. sic et Vergilius in Bucolicis pro Cytheride Lycoridem appellat; Porph.); zur Bedeutung dieser Hexengestalt für den ‚frühen‘ Horaz vgl. neben ep.3,8 (sowie S 2,1,48 und 2,8,95) vor allem ep.5 und 17 (dort ‚rückblickend‘ auf unsere Satire v.58 f.: „dass du Hohepriester der Giftmischerei auf dem Esquilin ungestraft die Stadt mit meinem Namen erfüllst“ [et Esquilini pontifex venefici / inpune ut urbem nomine inpleris meo]); vgl. zum Äußeren von Zauberinnen über Medea Ovid, Metamorphosen 7,183: „nackten Fußes, unbedeckt auf die Schultern herabfallend die Haare“ (nuda pedem, nudos umeris infusa capillos) Vgl. Teiresias zu Odysseus in der Unterwelt (Odyssee 11,95 f.): „Doch tritt von der Grube zurück und halte das scharfe Schwert beiseite, / dass ich von dem Blut trinke und dir Unfehlbares (weis)sage.“ Hekate ist eine Gottheit allen Zaubers, Tisiphone („die den Mord rächende“) eine Furie (mit Schlangenhaar). Der Gentilname der ‚Caesaren‘ Iulius in diesem verfänglichen Kontext lässt den Herausgeber Friedrich Klingner das sog. ‚Kreuz der Verzweiflung‘ (crux desperationis) setzen (vgl. zu E 1,13,14); zur femininen Bildung des Pediatus (-tia) vgl. Ilias 2,235: „O ihr Feiglinge, schlimme Memmen, – Achaierinnen, nicht Achaier!“ und Vergil, Aeneis 9,617: „O ihr Phrygerinnen, echt – ihr seid keine Phryger – ab mit euch …“ (o vere Phrygiae – neque enim Phryges – ite) sowie Cicero, Über den Redner 2,277. Teufelsweiber: mit dem auch für Menschen möglichen Decknamen ‚Fu rien‘ (vgl. S 2,3,141)
9. Satire 1 Die Via Sacra führte vom Esquilin längs des Palatins über das Forum zum Kapitol. 2 Vgl. nugae als Bezeichnung für die eigenen Gedichte bei Catull, c. 1,4 18 Vgl. Sueton, Der vergottete Julius 83,2: „Dem Volk vermachte er die Gärten am Tiber zur allgemeinen Nutzung“ (populo hortos circa Tiberim publice … legavit), etwa eine Wegstunde vom Forum entfernt.
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22 f. Viscus / Varius: Mitglieder des Maecenas-Kreises (s. zu S 1,10,81 ff.) 24 f. Vgl. Seneca der Ältere, Strittige Rechtsfälle 1 Vorwort 8: „Anrüchige Übungen im Singen und Tanzen beschäftigen die Verweichlichten.“ (cantandi saltandique obscena studia effeminatos tenent) Hermogenes: vgl. zu S 1,2,3 25 35 Der Tempel der Vesta (Göttin des heiligen Feuers) befand sich auf dem Forum dicht beim Tribunal des Prätors, wo die Gerichtsverhandlungen stattfanden. Das ‚Platz-schaffen‘ (submovere) wie bei den Liktoren (einer Art anti48 ker Bodyguards) der Amtsinhaber, vgl. c. 2,16,9 f. 59 f. Vgl. Hesiod, Werke und Tage 288: „Vor das Erreichen des Ideals haben die Götter den Schweiß gesetzt“ oder Epicharm (bei Xenophon, Denkwürdigkeiten 2,1,20): „Um den Preis der Anstrengung verkaufen uns die Götter alles Gute“ Aristius Fuscus ist Adressat von c. 1,22 Integer vitae und E 1,10 Urbis 61 amatorem. Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,93: „Die ‚Satire‘ zu66 mindest ist ganz unser.“ (satura quidem tota nostra est). Ähnlich selbstbewusst wird der Hobbit Meriadoc (‚Merry‘) Brandybuck später oder früher für den Anbau von Pfeifenkraut bzw. das Rauchen vermerken: „Dies ist die einzige Kunstfertigkeit, die wir mit Bestimmtheit als unsere eigene Erfindung reklamieren können.“ (This is the one art that we can certainly claim to be our own invention; Prologue ‘2 Concerning Pipe-weed’). „Sabbat bezeichnet Neumondstage, an denen die gewöhnlichen Leute 69 sich frei nehmen.“ (sabbata lunaria significat, quae vulgares homines ferias sibi adsumunt, Porph.); offenbar geht es um eine Art Sabbatruhe am Monatsende, wenn der Geschäftsverkehr der Juden ruht. 72 f. Unglückstag: im Bilde einer ‚schwarzen Sonne‘ – das Gegenbild bei Catull, c. 8,3 (& 8): „Es glänzten einst dir schimmernd-weiße Sonnen“ (fulsere quondam candidi tibi soles; zu dies atri als unheilvoll besetzten ‚schwarzen Tagen‘ vgl. Gellius, Attische Nächte 5,17,1) 78 So hat mich Apollo gerettet: vgl. „den [sc. Hektor] aber entrückte Apollon“ (Ilias 20,443; nach Porph. hatte schon Lucilius im sechsten Buch seiner Satiren auf diese Stelle zurückgegriffen); c. 2,7,13 f. hatte sich Horaz in der Schlacht von Philippi poetisch durch Merkur (griech. Hermes) retten lassen (s. zu S 2,6,15) 10. Satire * 1–8 In ihrer Echtheit umstrittene Verse, die nur in wenigen, meist jüngeren Handschriften überliefert sind.
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Anmerkungen
P. Valerius Cato war ein „Philologe, die lateinische Sirene, / der als Einziger Dichter liest und hervorbringt“ (‚Cato grammaticus, Latina Siren, / qui solus legit et facit poetas‘; Sueton, Über Philologen 11,2), aber auch selbst dichtete; väterlicher Lehrer und Förderer der sog. Neoteriker, den ‚jungen Wilden‘ im Rom der ausgehenden Republik, lässt über Beziehungen zu Calvus und Catull (v.19) spekulieren. *6 exoratus: Übersetzung des wohl verdorben überlieferten Textes (vgl. den Verbesserungsvorschlag qui multum puerum est loris et funibus udis / exhortatus „der den Knaben mit Riemen und nassen Stricken kräftig zur Arbeit anhielt“) 2 Lucilius (s. zu S 1,4,6) dient erneut als Bezugspunkt für den Satirendichter Horaz. 3 f. Vgl. Persius 1,114 ff.: „Es zerlegte Lucilius die Stadt, dich, Lupus, dich, Mucius, und brach den Backenzahn an jenen; jede Schwäche berührt dem amüsierten Freund der raffinierte Flaccus [sc. Horaz] und spielt mit der Lizenz dazu rings der Innereien, gewieft, mit geschneuzter Nase das Volk hochzunehmen“ (… secuit Lucilius urbem, / te Lupe, te Muci, et genuinum fregit in illis; / omne vafer vitium ridenti Flaccus amico / tangit et admissus circum praecordia ludit, / callidus excusso populum suspendere naso) 6 Decimus Laberius (105–43) war ein römischer Mimendichter, der auf der Bühne zeitgenössische Missstände geißelte (erhalten sind offenbar rund 100 Zitate aus mehr als 40 Stücken; zum uns weithin ungreifbaren literarhistorischen Hintergrund vgl. Macrobius, Saturnalia 2,7,1–11). 18 Hermogenes: vgl. zu S 1,2,3; zur Tieranalogie (‚nachäffen‘) vgl. bei Ennius: „Du Affe, hässlichstes Tier – wie ähnlich uns (Menschen)!“ (simia, quam similis, turpissima bestia, nobis) und Heraklit in dialektischem Doppel-Zitat bei Platon (Hippias maior 289a f. = 22 B 82 bzw. 83 in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/Kranz): „Von den Affen der Schönste (ist) hässlich gegenüber dem Menschengeschlecht im Vergleich“ und „Von den Menschen der Weiseste erscheint neben Gott wie ein Affe in puncto Weisheit und Schönheit und allem Anderen.“ 19 Die Dichter‚kollegen‘ C. Licinius Macer Calvus und C. Valerius Catull – der eine (um 82–53) als Dichter wie Redner berühmt, aber praktisch verloren(gegangen), der andere der bei Horaz nur hier namentlich genannte, mit rund 2300 Versen erhaltene zweite ‚große‘ Lyriker Roms (um 87–54); side-by-side bei Properz 2,25,3 f.: „diese Idealgestalt [sc. (m)einer Geliebten] wird durch meine Gedichtbändchen höchst berühmt – mit deiner Genehmigung, Calvus, deinem placet, Catull!“ (ista meis fiet notissima forma libellis, / Calve, tua venia, pace, Catulle, tua) und in dessen ‚Dichter-Katalog‘ 2,34,87–90: „dies [sc. erotische Lyrik] auch
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singen die Schriften des locker-verfänglichen Catull, / durch die (s)eine Lesbia bekannter ist als selbst Helena; / dies gestand sogar ein das Blatt des gelehrten Calvus, / als er besang den Tod der armen Quintilia“ (haec quoque lascivi cantarunt scripta Catulli, / Lesbia quis ipsa notior est Helena; / haec etiam docti confessa est pagina Calvi, / cum caneret miserae funera Quintiliae) wie später bei Ovid, Amores 3,9,61 f.: „Du wirst ihm [sc. Tibull] entgegen kommen, mit Efeu bekränzt die jugendlichen / Schläfen, gelehrter Catull, zusammen mit deinem Calvus“ (obvius huic venies hedera iuvenalia cinctus / tempora cum Calvo, docte Catulle, tuo) und mit etlichen Fragezeichen in Martials Epigrammen 14,195 und 196 20 ff. „(Horaz) kritisiert diejenigen, die Lucilius dafür bewundern, dass er unter sein Latein Griechisches gestreut hat, da dies jeder könne – so wie Pitholeon der Rhodier, der [uns nicht erhaltene] Epigramme dieser Art eher auslaufen ließ als verfasste“ (castigat eos, qui mirantur Lucilium, quod inseruerat verba Graeca orationi Latinae, cum id facere quivis possit, sicut Pitholeo Rhodius, qui huius modi epigrammata effutivit magis quam scripsit; Porph.); vgl. Cicero, Von den Pflichten 1,111: „Denn so, wie wir die uns vertraute Sprache benutzen sollen, damit wir nicht wie manche, wenn wir Griechisches untermengen, völlig zurecht verlacht werden, (so) sollen wir bei einzelnen Handlungen wie überhaupt unser ganzes Leben lang keine Unstimmigkeiten akzeptieren.“ (ut enim sermone eo debemus uti, qui notus est nobis, ne ut quidam Graeca verba inculcantes iure optimo rideamur, sic in actiones omnemque vitam nullam discrepantiam conferre debemus) Vielleicht der Caesar-Kritiker bei Sueton, Der vergottete Julius 75,5: 22 „… und dass seine Reputation durch das höchst polemische Buch des Aulus Caecina und die übelsten Schmähverse des Pitholaus zerfetzt wurde, trug er mit der Ruhe eines Bürgers [sc. der sich durch derlei nicht provozieren lässt].“ (Aulique Caecinae criminosissimo libro et Pitholai carminibus maledicentissimis laceratam existimationem suam civili animo tulit) 24 Der italische Falerner, ein herber Wein vom Falernus ager, einer Hügellandschaft im Norden Kampaniens, wird mit dem süßen Wein aus Chios (Insel vor der kleinasiatischen Küste im imaginären Inseldreieck Euböa – Lesbos – Samos) verschnitten. 26 Sache des Petillius: s. zu S 1,4,94 28 f. „Pedius Publicola und [sc. M. Valerius] Messala [Corvinus; vgl. zu S 1,6,42] sollen so besorgt gewesen sein, kein Griechisch unter ihr Latein zu mengen, dass Messala zuerst funambulus (‚Seiltänzer‘) sagte, um nicht ‚schynobátes‘ [sprich: s-ch-!] zu sagen“ (Pedius Publicola
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Anmerkungen
et Messala adeo curasse dicuntur, ne Graeca Latinis verbis inmiscerent, ut Messala primus funambulum dixerit, ne ‚schynobátēn‘ diceret; Porph.); der ältere Seneca kennt Messalla als „überaus sorgfältige(n) Beobachter der lateinischen Sprache“ (Strittige Rechtsfälle 2,4 [12],8: fuit autem Messalla … Latini … sermonis observator diligentissimus). Canusiner: Apulien gehört zu dem Teil Italiens, den „großteils Griechen bewohnten, woher er den Namen Magna Graecia [‚Groß-Griechenland‘; vgl. Great Britain: ‚Großbritannien‘] erhielt“ (ex maiore parte Graeci ibi incoluerunt, ex quo Magnae Graeciae nomen accepit; Porph.) Quirinus: Name des vergöttlichten Romulus; vgl. Cicero, Vom Gemeinwesen 2,20: „Tatsächlich war in ihm [sc. Romulus] ein solches Maß Veranlagung und Tüchtigkeit, dass man bezüglich seiner Person einem Proculus Julius, einem bäurischen Mann, Glauben schenkte, was man schon lange Zeit zuvor über keinen anderen Sterblichen geglaubt hätte – dieser soll auf Drängen der Senatoren, die dadurch die Missstimmung über das Verschwinden des Romulus von sich abwenden wollten, in der Volksversammlung gesagt haben, er habe auf dem Hügel, der jetzt Quirinal genannt wird, Romulus gesehen; dieser habe ihm aufgetragen, das Volk zu bitten, ihm auf diesem Hügel ein Heiligtum zu errichten; er sei (jetzt) ein Gott und heiße Quirinus“ (profecto tanta fuit in eo vis ingenii atque virtutis, ut id de Romulo Proculo Iulio homini agresti crederetur, quod multis iam ante saeclis nullo alio de mortali homines credidissent; qui inpulsu patrum, quo illi a se invidiam interitus Romuli pellerent, in contione dixisse fertur, a se visum esse in eo colle Romulum, qui nunc Quirinalis vocatur; eum sibi mandasse, ut populum rogaret, ut sibi eo in colle delubrum fieret; se deum esse et Quirinum vocari) und Vergil, Aeneis 1,292 f.: „mit seinem Bruder Remus wird Quirinus / Recht sprechen“ (Remo cum fratre Quirinus / iura dabunt). Verwandte Warnungen an Dichter aus göttlichem Mund, doch bei ihrem Leisten zu bleiben, finden sich auch bei Vergil, Ekloge 6,3 ff. oder Properz 3,3,13 ff. oder später bei Horaz selbst c. 4,15,1 ff. – nach dem Vorbild des Kallimachos in dessen nur fragmentarisch erhaltenen Aitien (‚Buch 1‘: frgm.1 Pfeiffer v.21 ff.) Vgl. Platon, Kriton 44a: „Ich schließe (darauf) aufgrund eines Traumes, den ich gesehen habe ein wenig früher in dieser Nacht“; Moschos, Europa 1 ff.: „Zu Europa kam einst Kypris mit einem süßen Traum, / als der Nacht dritter Teil endete, nahe der Morgenröte, / als Schlaf, süßer als Honig auf die Lider sich senkend, / gliederlösend bindet mit weicher Fessel die Augenlichter, / wenn auch die Schar untrüglicher Träume umhergrast …“; Ovid, Heroides 19,195 f. (Hero an Leander): „Denn vor Sonnenaufgang, wenn die Lampe bereits schläft, zu welcher Zeit man gemeinhin wahre Träume erblickt …“ (namque sub aurora, iam dor-
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mitante lucerna, / somnia quo cerni tempore vera solent) und G oethe, Prometheus (v.50 f.): „Weil nicht alle Knabenmorgen- / Blütenträume reiften?“; mit lokaler statt temporärer Differenzierung bei Homer, Odyssee 19,560 ff. (Penelope zu Odysseus): „Fremder, ja, Träume widerfahren doch ohne Gegenmittel, indifferent, und nicht alles erfüllt sich für die Menschen. Denn zwiefach sind die Tore der unsteten Träume: die einen sind nämlich aus Horn gefertigt, die anderen aus Elfenbein. Die nun von diesen durch das geschnitzte Elfenbein kommen, die trügen [griech. Wortspiel mit eléphas, dem ‚Elefanten‘, und elephaíromai], indem sie unerfüllbare Worte bringen; die aber durch geglättetes Horn kommen zur Tür hinaus, die führen Wirkliches mit sich, wenn von den Sterblichen einer (sie) sieht.“ Vgl. Aristophanes, Die Vögel 301: „Wer trägt Eulen nach Athen?“ (s. in derselben Komödie v.203: „und wecke meine Nachtigall“) und bereits quasi historisch-redensartlich Cicero, Briefe an sein Umfeld 6,3,4: „doch erneut ‚Bier nach München‘, wenn ich dir das schreibe“ (sed rursus glauk’ eis Athenas [im Original stets griechisch!], qui ad te haec), ebendort 9,3,2: „doch was [sc. schreibe] ich jetzt dies an dich, in dessen Haus es geboren wurde – ‚Wasser in den Rhein‘! – ?“ (sed quid ego nunc haec ad te, cuius domi nascuntur – glauk’ eis Athenas?) und Briefe an seinen Bruder Quintus 2,16,4 : „Ich bin dir gern, worum du bittest, nach meinen Möglichkeiten behilflich und schicke dir die Verse, um die du bittest, – ‚Torf ins Moor getragen‘! – zu“ (ego te libenter, ut rogas, quibus rebus vis, adiuvabo et tibi versus, quos rogas – glauk’ eis Athenas – mittam) sowie als Beginn von Lukians Nigrinos: „Das Sprichwort sagt: ‚eine Eule nach Athen‘, weil es lächerlich wäre, wenn jemand Eulen nach Athen tragen wollte, wo deren schon so viele sind. Ebenso lächerlich würde ich mich machen, wenn ich etwas geschrieben hätte, um eine Probe meines schriftstellerischen Talentes abzulegen, und schickte es dem Nigrinos zu; das hieße in der Tat, Eulen nach Athen tragen!“ und unter Wolfgang Hildesheimers Lieblose Legenden. Erzählungen (1952) „Ich trage eine Eule nach Athen“; die römischen Geschichtsschreibern zugeschriebene Formulierung ululas Athenas war nicht zu identifizieren. Ein anderes Bild für vergebliches, sich selbst erübrigendes Tun findet oder wählt Catull, c. 70,3 f.: „Aber was eine Frau einem Liebhaber voller Verlangen sagt, / kann man getrost in den Wind und in reißendes Wasser schreiben.“ (sed mulier cupido quod dicit amanti, / in vento et rapida scribere oportet aqua) Memnon: ein (von Achill getöteter) Held der Troja-Sage im Tempel der Musen: „wo die Dichter ihre Gedichte vortrugen“ (in aede Musarum, ubi poetae carmina sua recitabant; Porph.); vgl. zum
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Anmerkungen
28 v. Chr. von Octavian auf dem Palatin eingeweihten Apollo-Tempel mit seiner öffentlichen Bibliothek („Er ließ sehr viele öffentliche Bauten errichten, von denen ein Forum mit einem Tempel des Mars Ultor, ein Heiligtum des Apoll auf dem Palatin und ein Tempel des Iuppiter Tonans auf dem Kapitol herausragen … Das Heiligtum des Apoll errichtete er an der Stelle seines Palastes auf dem Palatin, den – vom Blitz getroffen – die Eingeweideschauer als vom Gott gewünscht bezeichnet hatten; dazu ließ er Säulenhallen mit lateinischer und griechischer Bibliothek anbauen“; Sueton, Der vergottete Augustus 29,1.3: publica opera plurima exstruxit, e quibus vel praecipua: forum cum aede Martis Ultoris, templum Apollinis in Palatio, aedem Tonantis Iovis in Capitolio … templum Apollinis in ea parte Palatinae domus excitavit, quam fulmine ictam desiderari a deo haruspices pronuntiarant; addidit porticus cum bibliotheca Latina Graecaque) c. 1,31; E 1,3,17; 2,1,216 f. und 2,2,94; der (Kunst-)Richter Sp.(urius) Maecius Tarpa auch ap 387. 42 ff. Horaz wünscht sich seinen dichtenden Freundeskreis zugleich als Kritiker (s. zu v.81 ff.); dort fehlt allerdings der Komödiendichter C. Fundanius (außer als Gesprächspartner und ‚Erzähler‘ in S 2,8 ein für uns völlig unbeschriebenes Blatt der Literaturgeschichte). 45 Camenen: mit den Musen (vgl. cs 62: Phoebus acceptusque novem Camenis) identifizierte Quellnymphen (vgl. c. 1,12,39; 2,16,38; 3,4,21; E 1,1,1; 18,47; 19,5; c. 4,6,27; 9,8; ap 275) 46 Der (erfolglose) Konkurrent Terentius Varro Atacinus (geb. 82) stammt aus Südfrankreich und ist praktisch verloren (vom Namensvetter M. Terentius Varro [116–27] aus dem italischen Reate gibt es allein rund 600 Fragmente seiner sog. Menippeischen Satiren). „Von den altvorderen Tragikern sind Accius und Pacuvius die berühm53 testen“ (Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,97: tragodiae scriptores veterum Accius atque Pacuvius clarissimi) – wie schon E 2,1,55 f.; zur literarischen Höchstschätzung des nur fragmentarisch erhaltenen L. Accius (um 170–86) vgl. Columella, Über die Landwirtschaft. praefatio 30: „die Musen Latiums haben nicht nur Accius und Vergil in ihren Tempeln aufgenommen“ (Latiae musae non solos adytis suis Accium et Vergilium recepere). 54 Q. Ennius, der größte (ein ‚zweiter Homer‘; E 2,1,50) und größtenteils verlorene altrömische Dichter (239–169), gilt auch als Begründer der ‚Satire‘ (vgl. v. 66) 72 Mit dem breiteren Ende des Schreibgeräts wurde das Wachs der Notiztäfelchen für eine neue Beschriftung geglättet (‚den Griffel wenden‘); zum Qualitätskriterium des ‚Wieder-Lesens‘ Cicero, Brutus 71: „… und die Stücke des Livius (sind) nicht hinlänglich wert, dass sie ein zweites
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Mal gelesen werden“ (et Livianae fabulae non satis dignae, quae iterum legantur) und die ‚Alleinstellungsmerkmal‘-Auszeichnung Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,96: „Doch von den Lyrikern ist derselbe Horaz nahezu als Einziger wert, gelesen zu werden.“ (at lyricorum idem Horatius fere solus legi dignus) „Du fragst noch nach Arbuscula – sie war sehr gut“, schreibt Cicero im 77 Sommer 54 seinem Freund und Verleger Atticus über (s)einen Theaterbesuch (4,15,6: quaeris nunc de Arbuscula; valde placuit). 81 ff. Aus dem Freundeskreis des Horaz sind uns Plotius Tucca (mit Varius Erbe der Manuskripte Vergils), C. Valgius Rufus, Octavius, Aristius Fus cus (vgl. zu S 1,9,61; erneut E 1,10,1.44), die Brüder Viscus, C. Calpurnius Bibulus (Sohn des M. C. B., des Konsul-Kollegen Caesars 59, und wie Horaz nach Studium in Athen auf Seiten des Brutus, dessen Stiefsohn er war), Servius und C. Furnius kaum mehr als schemenhaft bekannt (zu Varius und Vergil s. zu S 1,6,55; zu Maecenas s. zu S 1,1,1; zu Pollio s. zu S 1,3,89; zu Messalla s. zu S 1,6,41 f.).
Satiren – Zweites Buch 1. Satire 1 Hier offenbar erstmals in der lateinischen Literatur satura als Gattungsbegriff (vgl. S 1,4,65: genus hoc scribendi) 4 Der Jurist C. Trebatius Testa (um 84 v. – 4 n. Chr.) ist uns zumal durch 17 Briefe Ciceros (Briefe an sein Umfeld 7,6–22), der ihm auch seine Schrift Topica widmete, bekannt 8 f. Die Formen transnanto bzw. habento ahmen die feierliche Gesetzessprache nach. 10 ff. Vgl. die von Horazens ‚Vorgänger‘ Lucilius erhaltenen Fragmente percrepa pugnam Popili, facta Corneli cane („verkünde lautstark den Kampf des Popilius [sc. Laenas], die Taten des Cornelius [Scipio] besinge“) und hunc laborem sumas, laudem qui tibi ac fructum ferat („diese Aufgabe übernimm, die dir Lob und Anerkennung einträgt“) 14 f. Kämpfe gegen Gallier oder Parther gehören historisch nicht zu den „Taten Octavians“ (v.11: Caesaris … res) 17 Den jüngeren Scipio (P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor, 185–129) hatte auch Lucilius mehrfach gepriesen. 22 Leicht variiertes ‚Selbstzitat‘ von S 1,8,11 23 Vgl. der Sache nach S 1,4,33
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Anmerkungen
Vgl. Cicero, Rede für Murena 13: „Es tanzt praktisch niemand in nüchternem Zustand, wenn er nicht verrückt sein sollte.“ (nemo enim fere saltat sobrius, nisi forte insanit) Die Dioskuren, (Zeus-)„Söhne der Leda, / dieser für seine Erfolge zu Pferd, jener für die beim Boxen / berühmt“ (c. 1,12,25 ff.: puerosque Ledae, / hunc equis, illum superare pugnis / nobilem), bereits homerisch (eg Ilias 3,237: ‚der Pferdebändiger Kastor und der fauststarke Polydeukes [Pollux]‘) Vgl. Terenz, Phormio 454: „So viele Menschen, so viele Geschmäcker“ (quot homines, tot sententiae). Vgl. quasi als Alternative zur Votivtafel eine vom Grammatiker Donat (um 320–380, offenbar ein Lehrer des Hieronymus) erhaltene Äußerung Ciceros (Vom Gemeinwesen 4,13): „Die Komödie sei, sagt Cicero, Nachahmung des Lebens, Spiegel des Alltags, Abbild der Wahrheit.“ (comoediam esse Cicero ait imitationem vitae, speculum consuetudinis, imaginem veritatis; vgl. Cervantes, Don Quijote de la Mancha I, Kap.48 [Worin der Kanonikus weiterhin über die Ritterromane spricht, nebst anderen Dingen, die eines so klugen Kopfes würdig sind]: „… denn obschon das Schauspiel, wie Cicero meint, ein Spiegel des menschlichen Lebens, ein Vorbild der Sitte und ein Abbild der Wahrheit sein soll, so sind die Stücke, die man nun aufführt, Spiegel der Ungereimtheiten, Vorbilder der Albernheiten und Abbilder der Unanständigkeit.“) und, noch weiter ausholend, Alanus ab Insulis (Alain de Lille; um 1120–1202): „Aller Welten Kreatur / gleichsam Buch und G’mälde nur / für uns ist und Spiegelbild.“ (omnis mundi creatura / quasi liber et pictura / nobis est et speculum) Nach Venusia, der Vaterstadt des Horaz an der Grenze zwischen Apu lien und Lukanien, war nach der Vertreibung des sabellischen Stammes der Hirpiner 291 v. Chr. eine Kolonie von 20 000 römischen Bürgern gesandt worden. Vgl. Shakespeare, Hamlet, Prinz von Dänemark (Akt 3, Szene 2 a.E.): „Nur reden will ich Dolche, keine brauchen …“ (I will speak daggers to her [sc. Königin Gertrude, seine Mutter], but use none) Vgl. die Verwünschung des Eisens bei Kallimachos, Aitien frgm.110,48 ff. Pfeiffer: „Dass doch das Volk der Chalyber zugrunde ginge, die als Erste das in der Erde entstehende schlimme Gewächs ans Licht förderten und das Werk der Hämmer erfanden!“ (entsprechend Catull, c. 66,48 ff.) und Tibull, Elegie 1,10,1 f.: „Wer hat als Erster die schrecklichen Schwerter hervorgebracht? / Wie roh und buchstäblich eisern muss der gewesen sein!“ (quis fuit, horrendos primus qui protulit enses? / quam ferus et vere ferreus ille fuit!)
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Canidia: s. zu S 1,8,24 Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 5, 862 f.: „Zunächst erhielt die raue Gattung der Löwen und deren grimme Generationen / ihre Tüchtigkeit, die Füchse ihre List und die Flucht die Hirsche“ (principio genus acre leonum saevaque saecla / tutatast virtus, volpes dolus et fuga cervos) und Cicero, Von der Natur der Götter 2,127: „Wir bemerken zudem jenen Umstand, dass sich alle (Tiere) gegen Gewalt und Furcht mit den ihnen eigenen Waffen verteidigen: mit ihren Hörnern die Stiere, Eber mit ihren Hauern, mit ihrem Lauf die Löwen, die einen schützen sich durch Flucht, die anderen durch Sichverbergen …“ (iam illa cernimus, ut contra vim et metum suis se armis quaeque defendat: cornibus tauri, apri dentibus, cursu leones, aliae fuga se, aliae occultatione tutantur) Schierling darf seit der Hinrichtung des Sokrates als Synonym für ‚Gift‘ gelten Vgl. Vergil, Aeneis 6,866: „… doch schwarze Nacht umflattert sein [sc. Marcellus’, des früh verstorbenen Neffen des Caesar Augustus] Haupt mit düsterem Schatten.“ (sed nox atra caput tristi circumvolat umbra) Die Vorstellung des Dichters in der Verbannung (exsul) wird von Ovid in umfänglicher Exils-Dichtung aufgegriffen und ausgeführt (Tristia; Briefe vom [Schwarzen] Meer). Vgl. die Klage der Achilleus-Mutter Thetis in der Ilias 18,95: „Ein nur kurzes Los scheint mir dir, mein Kind, vergönnt, wenn du so sprichst.“ Zu im Tierreich angesiedelter trügerischer Verkleidung vgl. „Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.“ (Mt 7,15), nach Christoph Martin Wieland Lukian, Der Lügenfreund 5: „wie es möglich gewesen, dass ich in so langer Zeit den lächerlichen Affen unter seiner Löwenhaut nicht gewahr worden“ und Die entlaufnen Sklaven 13: „ungefähr wie Äsop von dem Esel zu Kumä erzählt, der in eine Löwenhaut gekrochen war und, indem er gar furchtbar aus derselben hervorgähnte, sich einbildete, nun auch ein Löwe zu sein, und, was noch lustiger ist, vielleicht Leute fand, die ihn für einen hielten“ sowie bei Horaz selbst E 1,16,45 C. Laelius Sapiens (Konsul 140 v. Chr.), zumal durch Ciceros gleichnamige Schrift prominenter Freund des jüngeren Scipio (Kern des sog. ‚Scipionen-Kreises‘); dieser (Africanus als Zerstörer Karthagos 146) ausdrücklich v.72 wie schon v.17 Q. Caecilius Metellus Macedonicus war 143 v. Chr. Konsul, L. Cornelius Lentulus Lupus 156 (wiederholt von Lucilius angegriffen); vgl. Martial im Geleitbrief zum ersten Buch seiner Epigramme: „Ich hoffe,
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dass ich in meinen Büchlein eine solche Mäßigung gewahrt habe, dass über sie nicht klagen kann, wer immer von sich recht Kenntnis genommen hat, da sie mit vollem Respekt auch Personen niedrigsten Standes gegenüber spielen; der fehlte den alten Autoren so sehr, dass sie nicht nur mit wahren, sondern sogar mit großen Namen Missbrauch getrieben haben.“ (spero me secutum in libellis meis tale temperamentum, ut de illis queri non possit, quisquis de se bene senserit, cum salva infimarum quoque personarum reverentia ludant; quae adeo antiquis auctoribus defuit, ut nominibus non tantum veris abusi sint, sed et magnis) und 10,33,9 f.: „Diesen Anstand wissen meine Büchlein zu wahren: / Personen zu verschonen und von Unsitten zu reden.“ (hunc servare modum nostri novere libelli: / parcere personis, dicere de vitiis) sowie (Hans) Arnfrid Astel (*1933; Website www.zikaden.de: Sand am Meer. Sinnund Stilübungen), Parcere personis?: „Wer von der Scheiße redet, / muss auch von den Arschlöchern reden, / verstehst du, Alter, / Martial oder wie du heißt, / das Verbrechen hat / Namen und Anschrift.“ bzw. Parcere personis – dicere de vitiis: „Martials Maxime, / die Schweinereien aufzugreifen, / aber die Schweine zu schonen, / wird gewöhnlich als Vornehmheit gedeutet, / manchmal als Feigheit, / obwohl die Angst / vor diesen einflussreichen Persönlichkeiten / durchaus berechtigt war; / aber er wollte die Schweine / ganz einfach nicht verewigen, / diesen wie hieß er doch gleich / Kaiser etwa, strotzend / vor Dummheit & Brutalität.“ Vgl. Cicero, Gespräche in Tusculum 4,4: „Allerdings belegen diesen Punkt, dass bereits damals gedichtet wurde, schon die zwölf Tafeln; sie schreiben gesetzlich fest, dass dies nicht zum Schaden eines anderen geschehen dürfe.“ (quamquam id quidem etiam XII tabulae declarant, condi iam tum solitum esse carmen; quod ne liceret fieri ad alterius iniuriam, lege sanxerunt; ähnlich Vom Gemeinwesen 4,12) und quasi ‚dokumentarisch‘ Plinius der Ältere, Naturgeschichte 28,17 f.: „Was? Ist nicht auch im Zwölftafel-Gesetz selbst der Wortlaut: ‚Wer Früchte wegsingt …‘ und andernorts [für Tafel VIII]: ‚Wer ein schlechtes Lied anstimmt …‘“ (quid? non et legum ipsarum in duodecim tabulis verba sunt: qui fruges excantassit, et alibi: qui malum carmen incantassit – ?) Vgl. Catull, c. 16,5 f.: „Denn anständig zu sein schickt sich für den frommen Dichter selbst – für seine Verschen gilt das mitnichten!“ (nam castum esse decet pium poetam / ipsum, versiculos nihil necesse est) und das eigene c. 1,22,1: „Integren Lebenswandels und von Verbrechen frei …“ (integer vitae scelerisque purus)
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2. Satire 1 Vgl. Tibull, Elegie 1,1,25: „Könnt’ ich, ja, könnt’ ich nur zufrieden leben mit Wenigem …“ (iam modo iam possim contentus vivere parvo) Vgl. das Euripides(fragment)-Zitat bei Platon, Das Gastmahl 177a: „Die 2 Kunde ist nicht von mir“ (sc. „sondern von meiner Mutter …“) Zur Gestalt einer ‚fetten‘ Göttin von Kunst und Wissenschaft vgl. Cicero, 3 Laelius 19: „Lass uns die Sache, wie man so sagt, mit einer dicken Minerva angehen!“ (agamus … pingui, ut aiunt, Minerva); vgl. zu ap 385 Zur Nähe der Jagd zu militärischem Exerzieren vgl. Cicero, Von der 9 Natur der Götter 2,161: „… und um uns zu üben durch Jagen aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit der Kriegskunst“ (ut … exerceamur in venando ad similitudinem bellicae disciplinae) 13 Cicero, Über den Redner 2,21 wird der Diskus(wurf) – freilich im Gegenüber zu ernsthafter Philosophie – zur luftigsten Unterhaltung (levissima delectatio) der Griechen gerechnet Zum Maßstab Honig vom Hymettos (einer Erhebung südöstlich von 15 Athen) vgl. c. 2,6,14 f., zur Mixtur Macrobius, Saturnalia 7,12,9: „Weinmet, den man richtig ansetzt, ist aus frischem Hymettier(honig) und altem Falerner(wein) zu mischen.“ (mulsum, quod probe temperes, miscendum esse novo Hymettio et vetulo Falerno) 20 f. Vgl. Hesiod, Werke und Tage 288 f.: „Vor den Erfolg haben den Schweiß die Götter gesetzt, / die unsterblichen …“ (s. a. zu S 1,9,59 f.) 22 Für das unbekannte Haselhuhn findet man wahlweise auch ‚Alpenhühner‘, ‚Perl-‘, ‚Birk-‘ oder ‚Schneehuhn‘, sehr eindrucksvoll die Vermutung „Alpenschneehuhn (Lagopus mutus)“ – alles eins (resp. einerlei)? Vgl. zur (für uns) überaus vertrackten Sachlage Plinius der Ältere, Naturgeschichte 10,133 Vgl. Columella, Über die Landwirtschaft 8,16,3 f.: „… schon zur Zeit 32 unserer Großväter, als quasi höchst kultiviert von Marcius Philippus die Runde machte, was (gleichermaßen) dekadent getan wie gesagt war. Denn als dieser einmal in Casinum bei einem Gastfreund speiste und einen aus dem Nachbarfluss herbeigebrachten Seebarsch kostete und ausspuckte, begleitete er die deplatzierte Tat mit dem Ausspruch: ‚Ich will verflucht sein, wenn ich das nicht für einen Fisch gehalten habe!‘ Diese Verfluchung hat nun die Kehle vieler sensibilisiert und renommiert-routinierte Gaumen gelehrt, Flussbärsche zu verschmähen, wenn sie nicht der Tiber bei gegenläufiger Strömung angetrieben hat.“ (iam tum avorum memoria, cum circumferretur Marcii Philippi velut urbanissimum, quod erat luxuriose factum atque dictum. nam is forte Casini cum apud hospitem cenaret adpositumque e vicino flumine lupum degustasset atque exspuisset, inprobum factum dicto persecutus: ‚pe-
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Anmerkungen
ream‘ inquit ‚nisi piscem putavi!‘ hoc igitur periurium multorum subtiliorem fecit gulam doctaque et erudita palata fastidire docuit fluvialem lupum, nisi quem Tiberis adverso torrente defetigasset) und als Vergleich für kulinarische Bestnoten herangezogen Plinius der Ältere, Naturgeschichte 9,169: „wie die Lupusfische im Tiberstrom zwischen den zwei Brücken (gefangen)“ (sicut lupi pisces in Tiberi amne inter duos pontes) Zum Tiber (bereits v.31) als ‚etruskischem‘ Fluss vgl. c. 3,7,28 (Tusco 33 … alveo) „Kein schrecklicheres Ungeheuer als jene und kein wilderes / Unheil 40 und Götter-Strafe hat sich aus den Wogen der Styx erhoben; / Mädchenköpfe auf Vogelgestalt, ganz grauenhaft ihrer Därme / Exkremente und Krallen-Hände und stets bleich / die Gesichter vor Hunger“ (Vergil, Aeneis 3,214 ff.: tristius haud illis monstrum nec saevior ulla / pestis et ira deum Stygiis sese extulit undis: / virginei volucrum voltus, foedissima ventris / proluvies uncaeque manus et pallida semper / ora fame), verleideten die Harpyien der Sage nach dem König Phineus das Essen. 47 Vgl. Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 2,24: „… treffend auch jenes: O Publius Gallonius, du Gierschlund! Du bist ein armer Mensch – sagt [sc. Laelius im Verszitat des Lucilius] –, du hast niemals in deinem Leben gut gegessen, wo du alles investierst für diese Krabbe und bei einem gewichtigen Stör“ (illudque vere: o Publi, o gurges, Galloni! Es homo miser, inquit, / cenasti in vita numquam bene, cum omnia in ista / consumis squilla atque acupensere cum decimano) und 2,90: „Aber wer ausschließlich am Lustgewinn orientiert lebt wie Gallonius …“ (sed qui ad voluptatem omnia referens vivit ut Gallonius) 48 Eine regelrecht episch-satirische Steinbutt-Diskussion unter Kaiser Domitian schildert Juvenal, Satiren 4,34 ff. (eine analoge Debatte über die Verwendung von Champignons in Asterix bei den Olympischen Spiele [1968; dt. zuerst 1972] S.6) 49 f. „(Sempronius) Rufus im Rang eines Prätors (?) soll den Verzehr von Jung-Störchen eingeführt haben; bei seiner Wahlniederlage um die Prätur verdiente er sich folgenden Spottvers: ‚Dieser Störche-Zubereiter Rufus – vielleicht doppelt so raffiniert wie ein Plancus, erreichte er bei der Wahl keine sieben Stimmanteile; das Volk rächte den Tod der Störche.‘“ (Sempronius Rufus praetorius instituisse traditur, ut ciconiarum pulli manducarentur; isque cum repulsam praeturae tulisset, tale epigramma meruit: ciconiarum Rufus iste conditor, / licet duobus elegantior Plancis, / suffragiorum puncta non tulit septem: / ciconiarum populus ultus est mortem; Porph.); vgl. Petron, Satyrika 55,6 (v.1.5–8 im Rahmen einer Versparodie?): „Des Luxus Rachen lässt die Mauern des
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Mars vermodern. … Sogar der Storch, der geschätzte Gast aus der Ferne, der pietätvolle, dünnbeinige Klapperschnabel, der Vogel mit Winter-Exil, das Synonym lauerer Jahreszeit, hat bereits sein Nest in der Pfanne eurer Dekadenz gebaut.“ (luxuriae rictu Martis marcent moenia. / … / ciconia etiam, grata peregrina hospita / pietaticultrix gracilipes crotalistria, / avis exul hiemis, titulus tepidi temporis, / nequitiae nidum in caccabo fecit modo) und die mittelalterlich-neuzeitliche Travestie der Carmina Burana (wohl überwiegend dem 12. und frühen 13. Jahrhundert zuzuschreiben) mit dem Gesang eines gebratenen Schwanes Olim lacus colueram („Einst bewohnte ich den See“; CB 130 bzw. Stück 12 bei Carl Orff [uraufgeführt 1937]) Vgl. zu S 1,3,133 ff. Zur altrömischen Kleiderordnung vgl. Cicero, Gegen Vatinius 30 ff. Vgl. Plautus, Casina 970 f.: „Jetzt steck’ ich zwischen Opferaltar und Stein [sc. -messer des Priesters] und weiß nicht, wohin ich fliehen soll: Hier die Wölfe, hier die Hunde“ (nunc ego inter sacrum saxumque sum nec quo fugiam scio: / hac lupi, hac canes) Vgl. Gellius, Attische Nächte 13,11,5: „Doch der Herr des Gastmahls müsse [lt. M. Varro in einer seiner Menippeischen Satiren mit dem Titel ‚Du weißt nicht, was der späte Abend bringt’] nicht so sehr herausgeputzt sein als vielmehr ohne schmutzigen Geiz“ (‚dominum autem‘ inquit ‚convivii esse oportet non tam lautum quam sine sordibus‘) Vgl. Terenz, Phormio 342 f.: „Ein zweifelhaftes Gericht wird aufgetragen … wo du zweifelst, was du am liebsten nehmen solltest.“ (cena dubia apponitur / … ubi tu dubites, quid sumas potissumum) Vgl. Cicero, Gespräche in Tusculum 5,38: „die menschliche Seele, genommen vom göttlichen Geist“ (humanus … animus decerptus ex mente divina) sowie Vergil, Aeneis 6,726 ff.: „… und die gesamte Materie setzt der Geist, den Gliedern eingeflößt, in Gang und vermischt sich mit dem großen Gesamtkörper; von dort rührt auch die Existenz des Menschengeschlechts und des Viehs und der Vögel und der Ungeheuer, die das Meer unter seiner marmornen Oberfläche birgt.“ (… totamque infusa per artus / mens agitat molem et magno se corpore miscet. / inde hominum pecudumque genus vitaeque volantum / et quae marmoreo fert monstra sub aequore pontus) Vgl. Vergil, Aeneis 9, 610 f.: „und das lähmende Alter / schwächt nicht unsere Geisteskräfte und ersetzt unsere Jugendfrische“ (nec tarda senectus / debilitat viris animi mutatque vigorem) Zum Stereotyp des strengen Onkels neben der Komödie auch S 2,3,88 und c. 3,12,3 sowie Cicero, Rede für Caelius 25: „Er war in dieser Sa-
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Anmerkungen
che wie ein mürrischer Oheim, Sittenrichter, Schulmeister“ (fuit in hac causa pertristis quidam patruus, censor, magister) 103 f. Vgl. c. 3,6,1 ff.: „Die Vergehen der Vorfahren wirst du unverschuldet büßen, / Römer, bis du die Tempel wiederhergestellt hast / und die zerfallenden Wohnstätten der Götter“ (delicta maiorum inmeritus lues, / Romane, donec templa refeceris / aedisque labentis deorum …) sowie Augustus in seinem Tatenbericht 4,19 f.: „Die Curia und an sie anstoßend das Chalcidicum und das Heiligtum des Apoll auf dem Palatin mit seinen Säulengängen, den Tempel des vergotteten Julius, das Lupercal, den Säulengang beim Circus Flaminius, bei dem ich zuließ, dass er benannt werde nach dem Namen dessen, der zuvor an derselben Stelle einen ‚Octavius‘ errichtet hatte, den Göttersitz beim Circus Maximus, die Tempel auf dem Kapitol des Jupiter Feretrius und des Jupiter To nans, den Tempel des Quirinus [vgl. zu S 1,10,32], die Tempel der Minerva und der Juno Regina und des Jupiter Libertas auf dem Aventin, den Tempel der Laren auf der Spitze der Via Sacra [vgl. zu S 1,9,1], den Tempel der Penaten-Gottheiten auf der Velia, den Tempel der Juventas [s. c. 1,30,7] (und) den Tempel der Großen Mutter auf dem Palatin ließ ich erbauen. Das Capitolium und das Pompeiustheater ließ ich beide mit beträchtlichem Aufwand wiederherstellen ohne jegliche Erwähnung meines Namens … Zweiundachtzig Heiligtümer von Gottheiten in der Stadt ließ ich während meines sechsten Konsulats [sc. 28 v. Chr.] auf Ermächtigung des Senats wiederherstellen, ohne eines auszulassen, das zu dieser Zeit wiederhergestellt werden musste“ (curiam et continens ei Chalcidicum templumque Apollinis in Palatio cum porticibus, aedem divi Iuli, Lupercal, porticum ad circum Flaminium, quam sum appellari passus ex nomine eius, qui priorem eodem in solo fecerat Octaviam, pulvinar ad circum Maximum, aedes in Capitolio Iovis Feretri et Iovis Tonantis, aedem Quirini, aedes Minervae et Iunonis Reginae et Iovis Libertatis in Aventino, aedem Larum in summa Sacra via, aedem deum Penatium in Velia, aedem Iuventatis, aedem Matris Magnae in Palatio feci. Capitolium et Pompeium theatrum utrumque opus impensa grandi refeci sine ulla inscriptione nominis mei … duo et octoginta templa deum in urbe consul sextum ex auctoritate senatus refeci nullo praetermisso, quod eo tempore refici debebat) 107 Vgl. Euripides, Medea 797: „denn von seinen Feinden verlacht zu werden, ist unerträglich“ 111 Vgl. neben Publilius Syrus, Sentenzen P 16: „Vorausschauen im Frieden ist angezeigt, was im Falle eines Krieges nützt.“ (prospicere in pace oportet, quod bellum iuvet) das in seinem Ursprung unscharfe: „Frieden mit den Menschen wirst du haben – bei Krieg den Lastern!“
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(pacem cum hominibus habebis, bellum cum vitiis.) sowie (Flavius) Vegetius (Renatus; Militärschriftsteller um 400 n. Chr.), Kurzfassung des Kriegswesens 3 (Vorwort 8): „Wer sich nach Frieden sehnt, bereite Krieg vor!“ (qui desiderat pacem, praeparet bellum); seiner genauen Herkunft nach ebenfalls ungeklärt scheint das verbreitete si vis pacem, para bellum („Wenn du Frieden willst, plane Krieg!“) 123 Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 122,6: „Nach Zwischenmahlzeit oder Hauptessen ist Trinken Usus; das machen Familienväter auf dem Lande und wahrer Wonne Unkundige.“ (post prandium aut cenam bibere vulgare est; hoc patres familiae rustici faciunt et verae voluptatis ignari) 124 Ceres, die Göttin des Pflanzenwuchses, besonders des Getreides, wurde mit der griechischen Demeter gleichgesetzt (vgl. S 2,8,13 f.). 126 Vgl. Sallust, Die Verschwörung Catilinas 10,1: „Zu wüten begann das Schicksal und alles zu vermengen.“ (saevire Fortuna ac miscere omnia coepit) und die beeindruckende Eröffnung der Orffschen Carmina Burana (vgl. zu v.49 f. a.E.): O Fortuna / velut luna / statu variabilis (CB 17: „O Fortuna – wie der Mond ein ständiges Auf und Ab!“) 133 ff. Vgl. Anthologia Graeca 9,74: „Ein Feld eines Achaimenides war ich einst, jetzt aber eines Menippos, / und weiter werde ich vom einen gehen zum anderen. / Denn jener glaubte zu besitzen mich einst, und wiederum dieser / glaubt es (jetzt); ich aber gehöre überhaupt niemandem, lediglich dem Zufall.“ 134 Die Worterläuterung „proprium steht auch für ‚fortwährend‘“ belegt ein Grammatiker mit einem Lucilius-Zitat: „wo ich doch weiß, nichts gibt es im Leben auf Dauer den Sterblichen gegeben“ (‚proprium‘ rursum significat perpetuum …: cum sciam nihil esse in vita proprium mortali datum) 3. Satire 2 mebrana ist das Pergament für das Konzept (vgl. ap 389); ediert werden die Bücher auf charta (Papyrus; vgl. S 1,4,36.101.139; 1,5,104; 1,10,4; E 1,13,6; 2,1,35.113.161.270; c. 4,8,21; 9,31; ap 310); zur im Altertum beliebten Metapher aus der Weberei (retexens) für Dichtung (‚Text‘!) vgl. nachgerade archetypisch Penelope (womöglich < péne ‚Gewebe‘ + lépein ‚auflösen‘), die als Hinhaltetaktik über Jahre tagsüber am Leichentuch für ihren Schwiegervater Laertes strickte – und es nachts wieder auftrennte (vgl. Odyssee 2,93–110 und 19,137–156) 5 Saturnusfest: altitalisches, im Laufe der Zeit auf sieben Tage ausgedehntes Fest Mitte Dezember mit allerlei Narren-, zumal Redefreiheit (vgl. S 2,7,4); „Noch Ende Dezember wurde beim Tempel des Saturn in Rom geopfert, ein Göttermahl angeordnet – die Liege dazu richteten
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Anmerkungen
Senatoren her –, und eine öffentliche Speisung auf Staatskosten, in der Stadt rief man einen Tag und eine Nacht lang ‚Saturnalia!‘, das Volk angewiesen, diesen Tag als Festtag zu nehmen und für alle Zukunft beizubehalten“ (postremo Decembri iam mense ad aedem Saturni Romae immolatum est, lectisterniumque imperatum – et eum lectum senatores straverunt – et convivium publicum ac per urbem Saturnalia diem ac noctem clamata populusque eum diem festum habere ac servare in perpetuum iussus; laut Livius 22,1,19 f. für das Jahr 219). Platon (428–348, als Autor philosophischer Dialoge umfangreich erhalten – wenn nicht der praktisch verlorene Komiker gleichen Namens [etwa 427–385] gemeint sein sollte), Menander (342–293/90, im Umriss größerer Bruchstücke bis hin zu fast vollständig erhaltenen Einzelstücken als Hauptvertreter der sog. Neueren Komödie ein Stück weit erkennbar), über Eupolis vgl. zu S 1,4,1, Archilochos von Paros (um 650; nur fragmentarisch erhalten) ist lt. E 1,19,23 ff. Vorbild für Horazens jambische Dichtung (Epoden) Sirene: sagenhafte Gestalten aus der Odyssee (vgl. 12,39 ff. und 166 ff. – eine Übersetzung ihres Gesangs bietet Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 5,49 – sowie E 1,2,23 und Ovid, Heilmittel gegen die Liebe 789 f.: „Nimm an, dass in jener Höhle Lotophagen sind, dort Sirenen!“ [illo Lotophagos, illo Sirenas in antro / esse puta]), nach den frühesten bildlichen Darstellungen Vögel mit Frauenköpfen wie bei Ovid, Metamorphosen 5,552 f.: „Woher habt ihr, Töchter des Achelous [= Sirenes, v.555], Gefieder und Krallen von Vögeln, wo ihr doch Mädchengesichter tragt?“ (vobis, Acheloïdes, unde / pluma pedesque avium, cum virginis ora geratis?); vgl. in deutscher Dichtung (klassisch Clemens Brentano und Heinrich Heine) die ‚Schöne Loreley‘ Vgl. das sprichwörtliche (Erstbeleg?): „Ein Bart macht noch lange keinen Philosophen“ (barba non facit philosophum), wohl nach dem Bonmot des Herodes Atticus bei Gellius, Attische Nächte 9,2,4 gegenüber einem sich als (kynischen Bettel-)Philosophen ausgebenden Bittsteller: „Ich sehe Bart und Mantel, einen Philosophen sehe ich noch nicht“ (video … barbam et pallium, philosophum nondum video); der Sache nach auch bei Plutarch, Über Isis und Osiris 3, 352c: „Nicht nämlich machen einen Philosophen Struppigebärtewachsenlasser noch Abgewetztemäntelträger“ beim mittleren Janus: ein Durchgang am Forum, in dessen Mitte Bankiers und Wechsler ihre Geschäfte abwickelten; vgl. Cicero, Von den Pflichten 2,87: „Aber über diese ganze Frage, den Erwerb oder die Anlage von Geld sowie dessen Gebrauch, wird erhellender von einigen Fachleuten mit Sitz am Ianus medius als von irgendwelchen Philoso-
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phen (in) irgendeiner Schule gesprochen“ (sed toto hoc de genere, de quaerenda, de collocanda pecunia, etiam de utenda, commodius a quibusdam optimis viris ad Ianum medium sedentibus quam ab ullis philosophis ulla in schola disputatur) der pfiffige Sisyphos: Im Fragment eines Satyrspiels von Aischylos fordert der titelgebende mythische König von Korinth: „Und nun heißt es das Waschwasser für die gotttragenden Füße zu bringen; / wo (bleibt) die löwenfüßige Wanne, aus Erz getrieben?“ Als Strafe (‚Sisyphusarbeit‘!) für seine Durchtriebenheit hat er in der Unterwelt einen Felsblock auf einen Berg zu wälzen, der aber stets kurz vor dem Ziel wieder hinunterrollt. Vgl. neben Homers durchgängig daktylisch ‚hinabstürzendem‘ Hexameter (Odyssee 11,598) in Johann Heinrich Voss’ selbst fast schon legendärer Übertragung: „Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor“ ep.17,68 f.: „Es wünscht auf dem Gipfel zu lagern Sisyphos / am Berg den Felsen; aber es verhindern die Anordnungen Jupiters“ (optat supremo conlocare Sisyphus / in monte saxum; sed vetant leges Iovis) und die blass-anonymisierende, aber offenbar bewusst kontrastiv-konzentrierte Kürze und metrische ‚Schwere‘ bei Vergil, Aeneis 6,616 (das lautmalerische ‚Gegenstück‘ 8,596): „Einen mächtigen Felsblock wälzen andere“ (saxum ingens volvunt alii). Nach einer neueren Deutung hat man sich Sisyphos gleichwohl als einen glücklichen Menschen vorzustellen. hunderttausend Sesterzen: zur relativen Einordnung vgl. zu S 2,7,43 und zu E 1,1,58 sowie S 2,4,76; E 1,7,80 und 2,2,5.33.164 Merkurs: als Schutzgottheit des Handels und Gewerbes (vgl. zu S 2,6,5) fast alle Toren gleichfalls: eine der ‚Stoischen Paradoxien‘ vom Wahnsinn aller Dummen (die vierte in Ciceros gleichnamiger Schrift: omnem stultum insanire; vgl. hier v.43 ff.) Zum ‚Bart der Philosophen‘ vgl. zu S 1,3,133 ff. und oben zu v.17 von der Fabricischen Brücke: die 62 v. Chr. von L. Fabricius (dem Sohn des Gaius: Gai filius = C.F.) als curator viarum erbaute und nach ihm (pons Fabricius [Ponte Fabricio] benannte Tiberbrücke, die Marsfeld und Tiberinsel verbindet (inschriftlich erhalten: L . FABRICIVS . C . F . CVR . VIAR | FACIVNDVM . COERAVIT | IDEMQVE | PROBAVIT [bzw. EIDEMQVE | PROBAVEIT] und als Ponte dei Quattro Capi offenbar die älteste noch im – 21 v. Chr. unter den ebenfalls inschriftlich verewigten Konsuln M. Lollius und Q. Lepidus [s. zu E 1,20,28] auf Senatsbeschluss restaurierten – Ursprungszustand erhaltene Brücke Roms)
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Anmerkungen
Chrysippos: s. S 1,3,126 f.; nach der stoà poikíle (etwa ‚bunte Wandelhalle‘) in Athen, wo der ‚Schulgründer‘ Zenon lehrte, ist die ganze philosophische Richtung benannt worden 53 „wie Vieh, das heißt dumpf; oder von einem Lausbuben-Streich genommen für: ‚(der) verlacht zu werden verdient‘. Denn freche Jungs hängen Ahnungslosen Schwänze an, so dass sie wie Vieh einen Schweif nach sich ziehen“ (ut pecus, id est stultus; aut ex consuetudine puerorum sumptum est pro: derideatur. solent enim pueri deridentes nescientibus stuppas suspendere, ut velut pecus caudam trahant; Porph.) 53 ff. Vgl. (in Xenophons Denkwürdigkeiten 1,1,14 Sokrates zugeschrieben): „Bei den Verrückten nämlich erschreckten die einen nicht einmal vor dem Schreckenserregenden, die anderen hingegen fürchteten das gar nicht Furchtbare.“ 57 f. „Besser ist es so (zusammen) zu nehmen: ‚liebe Mutter‘, wie nach der griechischen Verbindung ‚liebe Mutter‘, als für sich ‚Freundin‘ und dann für sich ‚Mutter‘, da im Folgenden die Ehefrau erwähnt wird“ (melius est sic accipi: ‚amica mater‘, ut sit ex Graeco tractum [fíle méter], quam per se ‚amica‘, per se deinde ‚mater‘, quia mentionem uxoris facit in sequentibus; Porph.) 62 Vgl. ohne Nachweis (der verlorenen Tragödie Iliona des Pacuvius [vgl. zu S 1,10,53]) bei Cicero, Gespräche in Tusculum 1,106: „Da, ein anderer erhebt sich aus der Erde, der seine Mutter nicht schlafen lässt: ‚Mutter, ich rufe dich (an), du, die du deinen Kummer, im Schlaf aufgehoben, linderst / und dich meiner nicht erbarmst: Steh auf und begrabe dein Kind!‘“ (ecce alius exoritur e terra, qui matrem dormire non sinat: ‚Mater, te appello, tu, quae curam somno suspensam levas, / neque te mei miseret: surge et sepeli natum!‘) 71 der durchtriebene Proteus: Meeresgott mit großer Wandlungsfähigkeit (vgl. Odyssee 4,455–458) 72 der dir ins Gesicht lacht: lat. malis – alienis nach (ebenfalls rätselhaftem) Odyssee 20,347 „die [sc. Freier] aber lachten mit fremden Wangen“ 82 ff. Die stoische Predigt zieht gegen (vier? fünf?) Kardinallaster zu Felde: Habgier (avaritia, v.82 ff.), Ehrgeiz (ambitio, v.164 ff.), Ausschweifung (luxuria, v.224 ff.), Liebeswahnsinn (amantes amentes [nach Plautus, Mercator 82: amens amansque („ohne Hirn und voller Herz“)? Vgl. auch Terenz, Andria 218: „denn dies ist ein Unterfangen Wahnsinniger, nicht Liebender“ (nam inceptiost amentium, haud amantium)], v.247 ff.) und Aberglauben (superstitio, v.281 ff.) 83 Antikyra: die Stadt in Phokis am Golf von Korinth galt quasi als Heimat für Nieswurz, die Heilpflanze gegen Wahnsinn (vgl. zu ap 300) 44
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Vgl. Petron, Satyrika 71,12 (in der vorweggenommenen Grabinschrift des Neureichen Trimalchio): „30 Millionen Sesterzen hinterließ er und hat nie einen Philosophen gehört.“ (sestertium reliquit trecenties nec umquam philosophum audivit) Zum ‚Maßstab‘ Arrius s. Cicero, Befragung des Zeugen Publius Vati nius 30 f. Nordafrikanische Kornkammern als Maß schier unermesslichen Reichtums auch c. 1,1,9 f.: „Jenen (erfreut es), wenn er in eigener Scheune hortet, was immer von libyschen Tennen zusammengekehrt wird“ (illum, si proprio condidit horreo, / quidquid de Libycis verritur areis) Vgl. abgewandelt E 1,1,53: „Gelderwerb steht an erster Stelle“ (quaerenda pecunia primum est) Aristippos von Kyrene (435–360), als Philosoph aus dem Umfeld des Sokrates ein Vorläufer der Lustlehre Epikurs, für den Horaz ein(ig)e Sympathie verspüren lässt (vgl. E 1,1,18 f. und zumal 1,17,13–32) Chier: Wein von der Insel Chios vor der kleinasiatischen Küste (neben Falerner vgl. zu S 1,10,24) Vgl. sprachlich wie gedanklich Sallust, Krieg gegen Jugurtha 31,11: servi aere parati iniusta imperia dominorum non perferunt; vos, Quirites, in imperio nati aequo animo servitutem toleratis? („Sklaven, für Geld gekauft, lassen sich die ungerechte Ausübung der Herrschaft ihrer Eigentümer nicht gefallen; ihr aber, Bürger von Rom, als Herren geboren, ertragt gleichgültig eine Knechtschaft?“) Argos hier für die Landschaft der östlichen Peloponnes, in der der Herrschersitz Agamemnons, Mykene, lag? Zur Unsicherheit zwischen Stadt und Gegend vgl. ap 118: „jemand aus Kolchis oder ein Assyrer, in Theben aufgezogen oder in Argos“ (Colchus an Assyrius, Thebis nutritus an Argis; ein Schulwörterbuch zu den homerischen Gedichten vermerkt zum Stichwort: „Manchmal bleibt zweifelhaft, was der Dichter mit [griech.: Árgos] bezeichnen will.“) Vgl. Euripides, Orestes 264 (der Titelheld zu Elektra): „Du, eine meiner Erinyen!“ Vejentaner: Wein aus der Gegend der etruskischen Stadt Veji (s. zu E 2,2,167). Opimius möchte ein fiktiv-‚sprechender‘ Name sein (vgl. opimus ‚fett; reich‘ und c. 3,16,28 magnas inter opes inops: „inmitten gewaltiger Mittel mittellos“) Vgl. Cicero, Briefe an Atticus 12,14,4: „Attica bereitet mir Sorgen, doch vertraue ich Craterus“ (de Attica doleo, credo tamen Cratero) weil Lunge und Nieren …: Vers fast identisch mit E 1,6,28 Antikyra: s. zu v.83
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Anmerkungen
Canusium: vgl. als Station des elften Reisetages des Iter Brundisinum zu S 1,5,1 176 Der Name der (dem Lar – s. zu S 1,2,56 – nahestehenden) Hausgottheiten Penaten (so auch S 2,5,4 und E 1,7,94) stand neuzeitlich Pate für eine Baby-Creme 182 „Einst streuten die Ädilen derlei [offenbar als Wahlgeschenk] am Fest der Floralia unters Volk.“ (antiqui aediles huius modi res populo Floralibus spargebant; Porph.) 185 M. Vipsanius Agrippa (64/63–12), wichtiger Gefolgsmann des Octa vian (so etwa Sieger bei Aktium 31 v. Chr.; vgl. E 1,12,26) und durch seine Ehe mit Julia auch sein Schwiegersohn (vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 63,1); Ädil (s. zu v.182!) im Jahre 33 und Adressat von c. 1,6 Scriberis Vario (zu seiner Bautätigkeit vgl. E 1,6,26 und den ihm zugeschriebenen Pantheon: „Von Marcus Agrippa, dem Sohn des Lu cius, während seines dritten Konsulats [sc. 27 v. Chr.] errichtet“ [M. Agrippa L.(uci) f.(ilius) consul tertium fecit]) 186 Füchslein: das lat. Wort volpes ist grammatikalisch femininum 187 Sohn des Atreus: Agamemnon, der Oberbefehlshaber der Griechen vor Troja; zusammen mit seinem Bruder Menelaos die ‚Atriden‘ (v.203; als Hintergrund wäre neben Homer insbesondere die Tragödie Ajax des Sophokles zu vergleichen) 191 Vgl. Homer, Ilias 1,18 f.: „Mögen euch die Götter gewähren …, Priamos’ Stadt zu zerstören und gut nach Hause zu gelangen“ 195 Vgl. Homer, Ilias 1,255 f.: „Ja, da dürfte sich freuen Priamos und des Priamos Söhne, / und die anderen Troer wären wohl hocherfreut in ihrem Herzen.“ 199 ff. Vgl. das bleibend befremdliche Kinds- und Menschenopfer Abrahams (‚Isaaks Bindung‘) Gen 22,1–19 (sowie später Jesu von Nazareths, des ‚Sohnes Gottes‘); die Opferung Iphigenies dient Lukrez als Beispiel seiner ‚Kardinalsünde‘ religio (vgl. Über die Natur der Dinge 1,80 ff.) 200 Vgl. zu Mehl und Salz im Rahmen antiker Opferpraxis c. 3,23,20 (farre pio et saliente mica) 204 Teukros: (Halb-)Bruder des ‚Großen‘ Aias (vgl. bei Horaz c. 1,7,21 ff.) 214 ff. Zu antiker Konstellation oder Kombination Tochter-Schaf vgl. in einer Erzählung des Propheten Nathans: „… der Arme aber besaß nichts außer einem einzigen kleinen Lamm, das er gekauft hatte. Er zog es auf und es wurde bei ihm zusammen mit seinen Kindern groß. Es aß von seinem Stück Brot und es trank aus seinem Becher, in seinem Schoß lag es und war für ihn wie eine Tochter.“ (2 Sam 12,2 f.) 217 f. Einschlägige Bestimmungen bei Wahnsinn wie auch Verschwendung sind bereits für Tafel V des Zwölftafel-Gesetzes bezeugt 168
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Bellona: (schlecht bezeugte) Gottheit des Krieges (gleichwohl ohne Kommentar bei Porphyrius!); vgl. immerhin zu E 1,10,49 sowie literarisch Tibull, Elegie 1,6,45 ff. und Juvenal, Satiren 4,123 f. sowie exemplarisch für die allgemeine Verunsicherung in Plutarchs Sulla 9,4: „Gesagt wird aber auch, in seinen Träumen sei Sulla selbst die Gottheit erschienen, die die Römer verehren, nachdem sie (sie) bei den Kappadokern kennengelernt haben – sei es nun, dass es sich um Selene [Semele – !?] handelt oder um Athene oder um Enyo.“ 228 f. Velabrum als Synonym für den Lebensmittelmarkt ist die Senke zwischen dem vicus Tuscus (‚Tuskergasse‘) am Nordabhang des Palatins und dem forum Boarium (‚Rindermarkt‘). 239 Vgl. Cicero, Briefe an Atticus 11,15,3: „Auch Aesops Sohn ist eine Qual für mich“ (quin etiam Aesopi f.[ilius] me excruciat) und „Aesopus, der Tragödienschauspieler, hinterließ seinem verschwenderischen Sohn Marcus Aesopus ein großes Vermögen“ (Aesopus tragicus magnas opes M. Aesopo filio luxurioso reliquit; Porph.) 244 Zwillinge: Die Form des Genitiv Plural gemellum wie nach der 3. Deklination (statt wie im Schulbuch gemellorum). 246 Vgl. c. 1,36,10: „Nicht ohne kretisches (= Kreide-)Zeichen bleibe der schöne Tag!“ (Cressa ne careat pulcra dies nota) sowie zu S 1,9,72 f. und zu E 2,2,189, erhalten in zeitgenössischer ‚Schwarz-Weiß-Malerei‘ 248 Vgl. Valerius Maximus 8,8 ext. 1: „Sokrates … wurde seinerzeit nicht rot, als er beim Spiel mit seinen kleinen Jungs mit einem Stecken zwischen den Schenkeln von Alkibiades verlacht wurde.“ (Socrates … non erubuit tunc, cum interposita harundine cruribus suis cum parvulis filiolis ludens ab Alcibiade risus est). 254 Polemon soll (nach Diogenes Laertios 4,16) betrunken in eine Vorlesung des Xenokrates (über Selbstbeherrschung!) geraten sein und übernahm ernüchtert von diesem die Leitung der (sog. Alten) Akademie. 256 Vgl. Tibull, Elegie 1,7,52: „und auf dem Kopf und am Hals soll er [sc. der Genius] weiche Geflechte tragen!“ (et capite et collo mollia serta gerat) 259 ff. Terenz, Eunuchus 46–49.57–63 frei nachgestaltet (Vers 49 hingegen geradezu ‚zitiert‘: exclusit; revocat: redeam? non si me obsecret) 270 f. Vgl. Shakespeare, Hamlet, Prinz von Dänemark (Akt 2, Szene 2; ‚Polonius beiseite‘): „Und ist’s auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.“ (Though this be madness, yet there is method in it) 272 aus picenischen Äpfeln: Landschaft (‚Picenum‘) zwischen den Apenninen und der Adria (zur Obst-Qualität auch S 2,4,70) 223
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Anmerkungen
284 ff. Vgl. „Denn die, die Eigentum verkaufen, pflegen dies hinzufügen: Gehe von ‚Gesund an Leib und Seele‘ aus!“ (quia hi, qui vendunt mancipia, solent hoc adicere: ‚sanum corpore et animo‘ putes; Porph.) 287 Menenius: offenbar schon Porphyrius unbekannt (sed Menenium melius furiosum accipimus vel potius stultum, unde Meneniae stultitiae vel ineptiae: „Aber wir nehmen Menenius besser als Verrückten oder noch besser als Narren, daher ‚menenisches Narreteien oder Albernheiten‘.“) 291 Das für Jupiter befremdliche Fasten assoziieren manche Gelehrte mit ‚Jahwe‘, dem Gott des sog. AT, und vermuten an dieser Stelle weitere orientalische Hintergründe; vgl. allerdings Petron, Satyrika 44,17: „Denn niemand nimmt den Himmel (mehr) als Himmel, niemand hält das Fasten ein, niemand gibt einen Pfifferling auf Jupiter [zur lat. Wendung vgl. Catull, c. 10,13 und c. 17,17], sondern alle berechnen bei verschlossenen Augen ihr Guthaben.“ (nemo enim caelum caelum putat, nemo ieiunium servat, nemo Iovem pili facit, sed omnes opertis oculis bona sua computant) und quasi zeitgenössisch Sueton, Der vergottete Augustus 76,2: „Nicht einmal ein Jude, mein Tiberius, hält am Sabbat das Fasten so ein, wie ich es heute gehalten habe, der ich im Bad erst nach der ersten Stunde der Nacht zwei Bissen zu mir nahm, bevor ich mit dem Salböl anfing.“ (ne Iudaeus quidem, mi Tiberi, tam diligenter sabbatis ieiunium servat, quam ego hodie servavi, qui in balineo demum post horam primam noctis duas buccas manducavi, priusquam ungui inciperem) 296 der achte Weltweise: ‚Sieben Weise‘ erstmals bei Platon, Protagoras 343a: „Dazu gehört auch Thales von Milet und Pittakos von Mytilene und Bias von Priene und Solon, unser Mann [sc. aus Athen], und Kleo bulos von Lindos und Myson von Chenai – und als siebter wird zu diesen der Lakedaimonier Chilon gerechnet.“; zur Überbietungstopik vgl. Kallimachos frgm. 586 Pfeiffer: „Ihr sieben Weisen, seid gegrüßt – den achten, wie Koroibos [ein offenbar sprichwörtlicher ‚Dummbeutel‘], rechnen wir nicht mit!“ sowie Anthologia Graeca 9,66: „Staunen erfasste Mnemosyne [‚Erinnerung‘], als sie die (Lieder) hörte der honigtönenden / Sappho: ‚Offenbar haben die Sterblichen eine zehnte Muse (gefunden)!‘“, 9,506 (dem ‚göttlichen‘ Platon zugeschrieben): „Es gebe neun Musen, sagt man; wie engstirnig! / Siehe noch da: Sappho von Lesbos, die zehnte.“ und 9,571,7 f.: „und nicht als neunte der Männer [sc. des griechischen Lyrikerkanons: Pindar, Simonides, Stesichoros, Ibykos, Alkman, Bakchylides, Anakreon und Alkaios; vgl. v.1 ff.] weilt Sappho (auf Erden), sondern unter / den lieblichen Musen wird sie als zehnte Muse verzeichnet.“
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Vgl. Catull, c. 22,20 f.: „Jedem ist sein eigenes Irren zugewiesen; / aber wir sehen nicht, welcher Teil des Rucksacks im Rücken ist“ (suus cuique attributus est error; / sed non videmus, manticae quod in tergo est) und Phaedrus, Buch der Fabeln 4,10: „Zwei Ranzen legte Jupiter uns auf: / den mit den eigenen Fehlern gefüllten platzierte er im Rücken, / den mit fremden schweren hängte er vor der Brust auf. / Deshalb können wir unsere Schwächen nicht sehen; / sobald andere sich verfehlen, sind wir Sittenrichter.“ (peras imposuit Iuppiter nobis duas: / propriis repletam vitiis post tergum dedit, / alienis ante pectus suspendit gravem. / hac re videre nostra mala non possumus; / alii simul delinquunt, censores sumus) 303 Agaue: Mutter des Thebanerkönigs Pentheus, den sie in dionysischem Rausch tötet (dramatisch greifbar in Euripides’ Bakchen) 310 „Turbo war ein Gladiator [!?] von kleinem Wuchs, aber beherzt im Kampf … Und Turbo war ‚Threx‘ [Sonderform eines Gladiators in ‚thrakischer‘ Rüstung; s. zu S 2,6,44].“ (Turbo gladiator fuit parvo corpore, sed animosus in pugna …; et fuit Threx Turbo; Porph.) 314 ff. Die Fabel vom Frosch und dem Ochsen auch bei Babrios 28 (wie zu S 2,6,79 ff.) und Phaedrus, Buch der Fabeln 1,24. 315 Einzig zum Erzählen Überlebende finden sich vom Buche Hiob (1,15.16.17.19: „Ich ganz allein bin entronnen, um es dir zu berichten“) bis Moby Dick („Call me Ismael“), deutsch am bekanntesten wohl im Grimmschen Uhrenkasten bzw. der „Wanduhr“ (das siebente Geißlein …) 4. Satire Vgl. neben S 1,9,62 f. den Beginn des platonischen Phaidros (227a): 1 „O lieber Phaidros, woher denn und wohin?“ Sokrates: umschrieben als ‚Angeklagter des Anytos‘ (lt. Platons Apo3 logie 18b.29c.30b.31a einer der Ankläger des Sokrates) 11 Vgl. Ovid, Metamorphosen 15,146 f.: „Großes und von früheren Geistern Unaufgespürtes / und, was lange verborgen geblieben ist, will ich [sc. durch den Mund des Pythagoras] singen“ (magna nec ingeniis investigata priorum / quaeque diu latuere, canam) 12 f. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 10,145 schreibt das doppelt gebrochene Geschmacksurteil direkt dem Satirendichter zu: „Dass länglichere Eier besser schmecken, meint Horatius Flaccus.“ (quae oblonga sunt ova, gratioris saporis putat Horatius Flaccus) 19 Falernermost: vgl. (wie für v.24 Falerner und v.55 Falernerhefe) zu S 1,10,24 29 Koer: Wein von der Sporadeninsel Kos in der Ägäis vor der Südwestküste Kleinasiens
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Anmerkungen
Vgl. Gellius, Attische Nächte 20,8,4: „Als wir fragten, was sonst ebenso bei abnehmendem Monde schwände, sagte er: ‚Erinnert ihr euch denn nicht, wie unser Lucilius sagt: ‚Der Mond nährt die Austern und füllt die Seeigel …‘ – ?‘“ (cum quaereremus, quae alia item senescente luna tabescerent, ‚nonne Lucilium‘ inquit ‚nostrum meministis dicere: luna alit ostrea et implet echinos‘) Baiae: (Bade-)Ort im mittelitalischen Kampanien, bei dem auch der Lucrinersee, eine künstlich eingedämmte Lagune (oder Meeresbucht?), zu suchen ist Circeii: Stadt und Vorgebirge in Latium am südlichen Ende der Pontinischen Sümpfe; beim älteren Plinius werden Geschmack und Zartheit der dortigen Muscheln gepriesen (vgl. Naturgeschichte 32,62: „Das sei gesagt vom Körper; wir sprechen auch von den Herkunftsländern, damit nicht getäuscht werden vom eigenen Ruhm die Küsten, aber wir sprechen mit fremder Zunge, die zugleich die erfahrenste bei dieser Beurteilung in unserer Zeit war. Es sind also Mucians Worte, die ich anfüge: die aus Kyzikos [sind] größer als die lucrinischen, süßer als die britannischen, süßer als die aus Medulla, kräftiger als die ephesischen, voller als die iliciensischen, trockener als die koryphantischen, zarter als die histrischen, heller als die aus Circeii. Aber süßer oder zarter als diese zu sein wurden keine ausfindig gemacht.“ [haec sint dicta de corpore; dicemus et de nationibus, ne fraudentur gloria sua litora, sed dicemus aliena lingua quaeque peritissima huius censurae in nostro aevo fuit. sunt ergo Muciani verba, quae subiciam: Cyzicena maiora Lucrinis, dulciora Brittannicis, suaviora Medullis, acriora Ephesis, pleniora Iliciensibus, sicciora Coryphantenis, teneriora Histricis, candidiora Cerceiensibus. sed his neque dulciora neque teneriora ulla esse compertum est]); Misenum: Stadt und Vorgebirge am Golf von Neapel im mittelitalischen Campanien Tarent: s. zu S 1,6,59 Umber: nach der mittelitalischen Landschaft Umbrien; vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 8,210: „Einen Eber am Stück brachte als erster Römer Publius Servilius beim Schmaus auf den Tisch, der Vater jenes Rullus, der im Konsulatsjahr Ciceros [sc. 63 v. Chr.] das Agrargesetz verabschieden ließ.“ (solidum aprum Romanorum primus in epulis adposuit P. Servilius, pater eius Rulli, qui Ciceronis consulatu legem agrariam promulgavit) Laurentum: alte Küstenstadt in Latium, in deren Nähe sich große Sümpfe befanden Massiker: einer der edelsten Weine Campaniens (vgl. c. 1,1,19; 2,7,21; 3,21,5)
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Sorrent: Stadt im mittelitalischen Campanien est operae pretium: s. zu S 1,2,37 (und E 2,1,229). Aus Byzanz am Bosporus kamen die marinierten Thunfische. Korykos: Stadt und Vorgebirge in Kilikien an der Südküste der heutigen Türkei nördlich Zyperns; vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 21,31: „Höchste Qualität hat der cilicische (sc. Safran) und dort der vom (Berg) Corycus …“ (prima nobilitas Cilicio et ibi in Coryco monte) Venafrum: Stadt im mittelitalischen Campanien nahe dem heutigen Monte Cassino Tibur: s. zu S 1,6,108; Picenum: s. zu S 2,3,272 Venacula-Trauben: ungeklärter Beiname einer (kampanischen?) Esstraube Albanertrauben: nach dem Gebirgszug südöstlich Roms (mit dessen Mutterstadt Alba Longa) dreitausend Sesterzen: s. zu S 2,3,23 Die phönikische Handelsstadt Tyros (im heutigen Libanon) war berühmt für ihre das gesamte Mittelmeergebiet beliefernden Purpurfärbereien (vgl. ep.12,21; c. 3,29,60; E 1,6,18). Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 1,927 (bzw. 4,2) f.: „Es erfreut, unberührte Quellen anzugehen und (aus ihnen) zu schöpfen.“ (iuvat integros accedere fontes / atque haurire)
5. Satire Teiresias: Das setting der Satire greift die Unterweltsfahrt in der Odys1 see 11,90 ff. auf, bei der sich Odysseus beim thebanischen Seher nach dem Heimweg erkundigt väterlichen Hausgötter: (wie c. 3,27,49 bei der phönizischen Kö4 nigstochter Europa) unter dem Namen der römischen ‚Penaten‘ (s. zu S 2,3,176) 7 apotheca (daher bottega und boutique) ist das Weinlager im oberen Teil des Hauses (vgl. c. 1,9,7 f.: „Hol, Thaliarch, den vierjährigen Wein in sabinischer Amphore herab!“; deprome quadrimum Sabina, / o Thaliarche, merum diota), wo der Wein in Krügen im Rauch steht. 10 Zur Drossel als Delikatesse und Geschmacksmaßstab vgl. E 1,15,40 f. 14 Die ‚Hausgötter‘ in Gestalt des Lar ins Römische transponiert (s. zu S 1,2,56) 20 f. Vgl. Odyssee 20,18: „Halt aus, Herz; noch andres Hündisches hast du schon ausgehalten …“ sowie später Ovid, Tristia 5,11,7: „Ertrag’s und halt stand; weit Schlimmeres hast du getragen!“ (perfer et obdura; multo graviora tulisti) 22 Prophet: angerufen in Gestalt des römischen augur
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Anmerkungen
Die zum Witz gewordene Person bereits bei Catull, c. 42,3: „Für einen Jux hält mich die schändliche Ehebrecherin!“ (iocum me putat esse moecha turpis) Vgl. Catull, c. 8,11: „… sondern mit gefestigtem Sinn ertrag’s, halt stand!“ (sed obstinata mente perfer, obdura) und oben zu v.20 f.; Canicula vgl. zu S 1,7,25 f. Vgl. das kritische Zitat des Verses bei Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 8,6,17: „Es gibt auch harte Metaphern, … wie … ‚Jupiter bespie die winterlichen Alpen mit grauem Schnee‘. Darin liegt aber ein kapitaler Irrtum …“ (sunt et durae [sc. translationes] … ut … ‚Iuppiter hibernas cana nive conspuit Alpes‘. in illo vero plurimum erroris) Zur Anerkennung der Vaterschaft durch Aufheben eines Neugeborenen vgl. Vergil, Aeneis 9,201/3: „Nicht hat mich so mein Erzeuger …, nachdem er mich aufgehoben hatte, aufgezogen.“ (non ita me genitor … sublatum erudiit) quid prima secundo: „Gut ist das gesagt und nach der Ordnung, weil zunächst der Name des Erblassers steht, dann der des Erben.“ (bene hoc et iuxta ordinem, quia prior testatoris nomen, sic heredis; Porph.) Vgl. Cicero, Cato 83: „Dorthin einmal aufgebrochen wird mich wohl kaum einer leicht erneut behandeln und wie einen Pelias wieder aufkochen“ (quo quidem me proficiscentem haud sane quis facile retraxerit nec tamquam Peliam recoxerit), in behaglich-breiter Aufbereitung in Ovids Metamorphosen 7,297–349 (vorlaufend die Verjüngung des Aison durch Medea gleichfalls quasi am Herd in der Küche v.162 ff.) der Jüngling: gemeinhin auf Octavian (ein iuvenis von rund 30 Jahren; vgl. zu E 1,15,21) gedeutet, dessen Familie der Julier sich auf Aeneas’ Sohn Julus zurückführte; vgl. Caesar bei Sueton Der vergottete Julius 6,1: „von Venus [Aeneas’ Mutter] stammen die Julier, zu deren Geschlecht unsere Familie gehört“ (a Venere Iulii, cuius gentis familia est nostra), und Jupiter in Vergils Aeneis 1,267 f. & 288: „doch der Knabe Ascanius, dem jetzt der Beiname Julus gegeben wird“ und „[sc. zur Welt kommt] Julius, den Namen bezogen vom großen Julus“ (at puer Ascanius, cui nunc cognomen Iulo / additur & Iulius, a magno demissum nomen Iulo). In der Antike wurde gemeinhin (wenngleich so durchaus nicht unumstritten) ‚hörbar‘, also laut gelesen; vgl. neben der hier ausdrücklich vermerkten stillen Lektüre eine Abhandlung Plutarchs Wie Jugendliche Dichtung rezipieren sollten (für die Lektüreform steht griech. das Verb akúein – Standardwortgleichung ‚hören‘), Augustinus, Bekenntnisse 6,3: „Aber während (Ambrosius) las, wurden seine Augen über die Seiten geführt und das Herz forschte nach dem Sinn, doch Stimme und
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Zunge blieben stumm“ (sed cum legebat, oculi ducebantur per paginas et cor intellectum rimabatur, vox autem et lingua quiescebant) und den späten Nachklang in Goethes Faust (v.522 f.): „Verzeiht! Ich hör’ Euch deklamieren; / Ihr last gewiss ein griechisch Trauerspiel?“ Vgl. dagegen Odyssee 18,212 f.: „Denen aber lösten sich da die Knie, 80 von Begierde wurde ihr Sinn bezaubert, / und alle begehrten, sich (zu ihr) ins Bett zu legen.“ Vgl. Lukian, Gegen den Ungebildeten und Käufer vieler Bücher 25 f.: 83 „Denn auch eine Hündin wird, hat sie erst einmal gelernt, Leder zu verbeißen, kaum damit aufhören.“ 84 ff. Vgl. die noch krassere Verfügung in Petrons Satyrika 141,2: „Alle, die in meinem Testament bedacht wurden, sollen – meine Freigelassenen ausgenommen – (nur) unter der Bedingung erhalten, was ich gab, wenn sie meinen Leichnam zerstückeln und im Beisein der Leute verspeisen.“ (omnes, qui in testamento meo legata habent, praeter libertos meos hac condicione percipient, quae dedi, si corpus meum in partes conciderint et astante populo comederint) Vgl. zur (Selbst-!)Charakterisierung einer Person Cicero, Der Redner 90 104: „dass wir uns s o heikel und wählerisch wissen, dass uns selbst ein Demosthenes nicht genug tun könnte“ (ut usque eo difficiles et morosi simus, ut nobis non satisfaciat ipse Demosthenes) 90 f. Vgl. „Eure Rede aber sei: ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ (Mt 5,37) Vgl. als Einleitung eines Bonmots (mit Götteranruf!) bei Catull, c. 53,4: 97 „Voll Bewunderung sagte er Folgendes und die Hände erhoben: …“ (admirans ait haec manusque tollens) 103 f. Vgl. Publilius Syrus, Sentenzen H 19 (bei Gellius, Attische Nächte 17,14,4): „Des Erben Weinen ist unter der Maske Frohlocken.“ (heredis fletus sub persona risus est); gedanklich aufgegriffen in Tacitus’ Annalen 2,77,3: „… und über Germanicus’ Tod trauert niemand offenkundiger als, die sich am meisten darüber freuen.“ (et perisse Germanicum nulli iactantius maerent quam qui maxime laetantur) 109 nummo: ein symbolisch zu verstehender Preis (zur Wahrung der Form eines Scheinkaufs, der sog. mancipatio) 110 Proserpina (griech. Persephone) ist die Göttin der Unterwelt. 6. Satire 1 Vgl. Vergil, Aeneis 12,259: „Das war es, das, was ich in meinen Gebeten“, sagte (der Augur Tolumnius), „oft gewünscht habe.“ (‚hoc erat, hoc, votis‘ inquit ‚quod saepe petivi‘)
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Anmerkungen
super his statt örtlich ‚oberhalb von, darüber‘ übertragen ‚darüber hinaus, außerdem‘? 4 f. Vgl. Goethe, Faust 1699 ff.: „Werd’ ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen, / Dann will ich gern zugrunde gehn!“ (als Erwiderung auf das teuflische Angebot 1674: „Ich gebe dir, was noch kein Mensch gesehn.“) Sohn der Maja: Hermes / Mercur(ius), nachgerade d i e Gottheit des 5 Horaz (vgl. neben hymnisch c. 1,10, lebensrettend 2,7,13 [s.u. zu v.15] und anrufend 3,11,1–24 merk- wie denkwürdig 2,17,29 f.); zur zeitlichen Konnotation von propria vgl. zu S 2,2,134; faxis ist eine altertümliche, ins Gebet passende Form (statt eines lehrbuchmäßigen facias wie v.14) 10 ff. Schatz: Biblisch (mit offenem Ende) wiederaufgegriffen Mt 13,44: „Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen im Acker, den ein Mensch fand und verbarg; und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte den Acker.“ Zur Ambivalenz von pinguis wie crassus vgl. zu S 2,2,3 (positiv besetzt 14 eg ep.16,55) 15 Vgl. c. 2,7,13 f.: „Doch mich hat bang, wie ich war, mitten unter den Feinden der flinke Merkur in dichtem Gewölk entrückt“ (sed me per hostis Mercurius celer / denso paventem sustulit aere) 17 Für den ‚alten‘ Vergleich von Prosa (‚niederen Fußes‘; vgl. E 2,1,250 f.) und Poesie (‚hoch zu Ross‘; das geflügelte Dichterross bei Wilhelm Busch, Fipps der Affe. Anfang [1879] „Pegasus, du alter Renner, / Trag mich mal nach Afrika …“) konnten keine griffig-konkreten Belege ermittelt werden; vgl. immerhin Kallimachos, Aitien frgm.112 Pfeiffer: „aber ich beschreite zu Fuß der Musen Flur“ 19 Libitina: Todesgottheit, der Horaz c. 3,30,6 f. großteils entkommen zu können meint (multaque pars mei / vitabit Libitinam); s. auch E 2,1,49 20 Matutinus ist ein Beiname des Gottes Janus, dem als Gott aller Türen, Eingänge und Anfänge (vgl. ‚Januar‘) auch der Tagesbeginn geweiht war (zur Namensgebung in religiösem Umfeld vgl. c. 1,2,43 f.: „Sohn der Maja, der du es zulässt, Caesars Rächer genannt zu werden“ [filius Maiae, patiens vocari / Caesaris ultor] und cs 14 ff.: „… sanft, Ilithyia, schau nach den Müttern, / sei es, dass du Lucina gutheißt genannt zu werden / oder Genitalis“ [lenis, Ilithyia, tuere matres, / sive tu Lucina probas vocari / seu Genitalis], letztere Stelle zumal vor der Folie Catull, c. 34,13–16 / 21 f.: „Du wirst ‚Juno Lucina‘ genannt bei den Gebärenden in den Wehen, du mächtige ‚Trivia‘ und unter falschem Licht ‚Luna‘ … Sei, mit welchem Name auch immer es dir gefällt, geheiligt!“ [tu Lucina dolentibus / Iuno dicta puerperis, / tu potens Trivia et notho 3
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es / dicta lumine Luna. (…) sis quocumque tibi placet / sancta nomine] sowie Ex 3,15: „Das ist mein Name auf ewig, mit dem man mich anrufen soll von Geschlecht zu Geschlecht“ und Mt 6,9: „Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.“) 22 f. Zu Gottheiten als Anfang eines Liedes vgl. Hesiod, Theogonie 1: „Mit den Musen vom Helikon wollen wir beginnen zu singen“; Homerischer Hymnus 9,8 (‚Auf Artemis‘): „Doch ich will mit dir als Erster und von dir her beginnen zu singen“ (worauf im vorliegenden Text nur noch ein einziger Vers folgt!); Apollonius Rhodius, Argonautika 1,1: „Beginnend bei dir, Phoibos …“; Theokrit, Idyll 17,1: „Mit Zeus wollen wir beginnen und auf Zeus lauft hinaus, ihr Musen“ bzw. Arat, Himmelserscheinungen 1: „Mit Zeus wollen wir beginnen“ sowie gewissermaßen aktuell Vergil, Ekloge 3,60: „Mit Jupiter der Beginn, ihr Musen!“ (ab Iove principium, Musae) 32 Vgl. Ilias 1, 249: „… und von dessen [sc. Nestor] Zunge floss süßer als Honig die Rede“, Ex 3,17: „Ich will euch aus dem Elend Ägyptens führen in das Land der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter, in das Land, darin Milch und Honig fließt“, Catull, c. 3,6: „Denn er [sc. der verstorbene Spatz seiner ‚Lesbia‘] war honigsüß …“ (nam mellitus erat), E 1,19,44 f.: „Denn du gehst davon aus, fließen ließest poetischen Honig / du allein, dir schön.“ (fidis enim manare poetica mella / te solum, tibi pulcher), Paul Fleming, An Herrn Olearius; vor Astrachan 1636: „Wer weiß, was Honig ist, der Wermuth nicht versucht?“, Hugo von Hofmannsthal, Ballade des äußeren Lebens: „Und dennoch sagt der viel, der ‚Abend‘ sagt, / ein Wort, daraus Tiefsinn und Trauer rinnt // wie schwerer Honig aus den hohlen Waben.“ sowie neuzeitlich-anglophon ‚Honey!‘ Esquilien: Stadtteil Roms beim Esquilin, wo Maecenas seinen Wohn33 sitz hatte (s. zu S 1,8,14) 38 Vgl. Der Kleine Pauly, sv Maecenas: „Seit dem J. 40 wurde er von Octavian mit einer Reihe von bedeutenden diplomat. Missionen betraut, während er militär. nicht hervortrat; seit 36 vertrat er in Rom, wenn nötig, den Princeps [!?] mit unbeschränkter Vollmacht; seine staatsrechtlich nicht präzisierte Stellung paßt zu dem Bild der frühen Form des Prinzipats.“ 40 Nüchtern-prosaische Datierung des Beginns der Beziehung zu Maecenas (wann erschien das zweite Buch der Satiren?) – und/oder eine Parodie auf Odyssee 2,89: „Es ist ja bereits das dritte Jahr, und bald folgt das vierte“ – ?
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Anmerkungen
der Gladiator Gallina: Thraex ist die Bezeichnung für eine bestimmte Art der Arenenkämpfer (mit Rundschild und Krummsäbel; vgl. zu S 2,3,310) 46 Vgl. Terenz, Eunuchus 105: „Ich bin voller Ritzen, allseits durchlässig (hierhin und dorthin fließe ich aus)“ (plenus rimarum sum, hac atque illac perfluo) 52 Bei den umgangssprachlich benannten ‚Göttern‘ ist vor allem an Octavian, aber auch an Maecenas oder Agrippa (s. zu S 2,3,185) zu denken 53 die Daker: ein thrakischer Volksstamm am Unterlauf der Donau, als potentielle Bedrohung wahrgenommen (vgl. c. 1,35,9 und 3,6,13 ff. sowie Vergil, Georgica 2, 497) 55 Triquetra (‚Dreieck[sinsel]‘) als Umschreibung für das metrisch unpassende Sicilia; vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 1,717: „den [Empedokles aus Akragas] die Insel an den Küsten ihrer dreieckigen Lande getragen hat“ (insula quem triquetris terrarum gessit in oris) Bohnen: (der Gemeinschaft des) Pythagoras wurde eine besondere Be63 ziehung zu dieser Hülsenfrucht nachgesagt (so Cicero, Über die Weissagung 1,62 und 2,119 zum pythagoreischen Bohnenverzehrverbot; Lukian, Ausverkauf der Philosophen 6, lässt Pythagoras selbst sagen: „Beseeltes esse ich gar nicht, das andere schon, außer Bohnen“, die er eben für heilig hält und ihnen eine wunderbare ‚Natur‘ zuschreibt; vgl Plinius der Ältere, Naturgeschichte 18,118: „Ja, nach altem Brauch dient gestampfte Bohne den Göttern unseres Glaubens zum Opfer – überlegen der Zukost [Fleischspeise?], aber im Rufe, die Sinne abzustumpfen, auch Schlaflosigkeit zu bewirken, deshalb nach pythagoreischer Anschauung verworfen, wie andere überliefern, weil die Seelen der Toten in ihr seien, weshalb sie zumal zum Totenopfer verwendet wird.“ [quin et prisco ritu pulsa fabata suae religionis diis in sacro est. praevalens pulmentari cibo, set hebetare sensus existimata, insomnia quoque facere, ob haec Pythagoricae sententiae damnata, ut alii tradidere, quoniam mortuorum animae sint in ea, qua de causa parentando utique adsumitur]) 66 am eigenen Herd: s. zu S 1,2,56 Vgl. Cicero, Gegen Verres 2,5,28: „Jenen Gesetzen, die fürs Bechern 69 erlassen wurden, leistete (Verres) penibel Folge.“ (illis legibus, quae in poculis ponebantur, diligenter obtemperabat) 77 f. Vgl. Tibull, Elegie 1,3,85: „Die(se Alte) soll dir Geschichten erzählen“ (haec [sc. anus] tibi fabellas referat) 79 ff. Vgl. die auch für ‚Äsop‘ bezeugte (297 Halm bzw. 314 Hausrath/Hunger) Fabel in 32 griechischen Versen bei Babrios (1./2. Jh.), der im Anschluss an Sokrates (vgl. Platons Phaidon 61b: „… wie ich bedachte, 44
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der Dichter müsse, wenn er denn ein Dichter sein wollte, Geschichten in Verse bringen und nicht Gedanken und ich selbst darin nicht versiert war, – deswegen habe ich nun die Geschichten, die ich zur Hand hatte – und ich kannte die des Äsop –, in Verse gebracht, wie sie mir gerade in den Sinn kamen“) 143 Prosavorlagen jambisch nachdichtete (hier ‚Nr.‘ 108) 80 ff. eine Feldmaus: lat. durchgängig genus masculinum (exemplarisch nachvollziehbar vielleicht durch Franziskus’ sog. Sonnengesang mit seinem ‚Bruder‘ Sonne und den ‚Schwestern‘ Mond, Wasser und Tod) 104 f. Vgl. „Und er nahm die fünf Brote und zwei Fische … Und sie aßen alle und wurden satt. Und sie sammelten die Brocken auf, zwölf Körbe voll, und von den Fischen.“ (Mk 6,41–43 sowie vorlaufend 2 Kön 4,42–44) 114 f. Molosserhunde (ep.6,6 als Hirtenhund gepriesen: amica vis pastoribus) aus Epirus in Nordwestgriechenland, gefühlt unseren Doggen vergleichbar 7. Satire vitale: vgl. „große Begabungen sind nicht sonderlich lebenstüchtig“ 4 (Seneca der Ältere, Strittige Rechtsfälle 1,1,22: magnum ingenium non esse vitale) sowie Plautus’ Bacchides 816 f. „Wen die Götter lieben, stirbt jung, noch bei Kräften, Sinn und Verstand“ (quem di diligunt / adulescens moritur, dum valet sentit sapit); Redefreiheit: „An den Saturna lien [s. zu S 2,3,5] haben die Sklaven uneingeschränkte Narrenfreiheit.“ (Macrobius, Saturnalia 1,7,26: Saturnalibus tota servis licentia permittitur) – die Satire ist selbst eine künstlerische Umsetzung und ‚Realisation‘ ihres Themas 6 ff. Vgl. Manilius, Astronomica 4,256 ff.: „Daher (rührt) auch die Flexibilität der Dinge, und eine oft wechselnde / Einstellung schwimmt; und besser ist unter dem (dem Steinbock, v.243) angehängten Fisch(schwanz) das Alter. / Der frühere Teil jedoch dient der Venus, vermischt mit Verbrechen.“ (hinc et mobilitas rerum mutataque saepe / mens natat; et melior iuncto sub pisce senecta est. / pars prior at Veneri mixto cum crimine servit.) 8 ff. Vgl. Isidor von Sevilla, Sprachliche Ursprünge 19, 32 3 f.: „Bei den Römern wurden Ringe öffentlich vergeben, und nicht undifferenziert: denn aufgrund ihrer Würde wurden herausragenden Persönlichkeiten Ringe mit Stein gegeben, den anderen (nur) einfache. Einen goldenen Ring trug weder ein Sklave noch ein Freigelassener öffentlich, sondern goldene Ringe trugen freie Bürger, Freigelassene silberne und Sklaven eiserne; wahlweise trugen auch viele höchst ehrbare Leute einen eisernen Ring. Bei den Alten hielt man es für anrüchig, als Mann mehr als
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Anmerkungen
einen Ring zu tragen. Gracchus (stichelte) gegen Mevius: ‚Habt, Bürger, seine Linke im Blick! Aber hallo: Ihr folgt der Autorität eines, der sich aufgrund seiner Vorliebe für Frauen wie eine Frau ausstaffiert.‘ Crassus, der (im Kampf) gegen die Parther umkam, trug im Alter zwei Ringe, wobei er zur Begründung vorbrachte, dass sein Reichtum ins Unermessliche gewachsen sei. Viele Römer nahmen auch im Blick auf ihre Gewichtigkeit davon Abstand, einen Ring am Finger zu tragen.“ (apud Romanos anuli de publico dabantur, et non sine discrimine; nam dignitate praecipuis viris gemmati dabantur, ceteris solidi: anulum aureum neque servus neque libertinus gestabat in publico, sed anulo aureo liberi utebantur, libertini argenteo, servi ferreo; licet et multi honestissimi anulo ferreo utebantur. apud veteres ultra unum anulum uti infame habitum viro. Gracchus in Mevium: ‚considerate, Quirites, sinistram eius; en cuius auctoritatem sequimini, qui propter mulierum cupiditatem ut mulier est ornatus.‘ Crassus, qui apud Parthos periit, in senectute duos habuit anulos, causam praeferens quod pecunia ei inmensa crevisset. Multi etiam Romanorum pro gravitate anulum gestare in digito abstinuerunt); Seneca, Naturkundliche Fragen 7,31,2: „Durch Glätte und Körperpflege haben wir weibliche Raffinesse hinter uns gelassen, nehmen als Männer nuttige Schminke, die ehrbaren Frauen zumindest nicht anstünde, schmücken mit Ringen unsere Finger, jedem Fingerglied wird ein Edelstein aufgesetzt.“ (levitura et politura corporum muliebres munditias antecessimus, colores meretricios matronis quidem non induendos viri sumimus, exornamus anulis digitos, in omni articulo gemma disponitur.) und Martial, Epigramme 5,61,1/5 f.: „Wer ist dieser Krauskopf, … / über dessen sämtliche Finger ein leichter Ring läuft, / der Beine hat, die von keinem Haar verunziert sind?“ (crispulus iste quis est, … / per cuius digitos currit levis anulus omnis, / crura gerit nullo qui violata pilo?) und 11,59: „(Je) Sechs Ringe trägt Charinus an sämtlichen Fingern / und legt sie weder nachts ab / noch, wenn er sich wäscht. Was der Grund sei, fragt ihr? / Er hat kein Ringkästchen.“ (senos Charinus omnibus digitis gerit / nec nocte ponit anulos / nec, cum lavatur. causa quae sit, quaeritis? / dactyliothecam non habet) Zu den breiteren bzw. schmaleren Purpurstreifen der Senatoren bzw. Ritter vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 73: „(Er trug) weder zu eng geraffte noch zu weit hängende Togen, den Tunikabesatz weder zu breit noch zu schmal, überhöhte Schuhe, um größer zu scheinen, als er war.“ ([usus est …] togis neque restrictis neque fusis, clavo nec lato nec angusto, calciamentis altiusculis, ut procerior, quam erat, videretur) Wettergötter: nach der ursprünglich etruskischen Gottheit des Wechsels und Wandels Vortumnus
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Vgl. neben E 1,8,12 den Vorläufer Lukrez, Über die Natur der Dinge 3,1082–1084: „Doch solange nicht da ist, was wir begehren, scheint dies das Übrige zu übertreffen; später, wenn jenes erlangt ist, begehren wir Anderes und derselbe Lebensdurst hält immer, die nach ihm [sc. dem Leben] offenen Mundes gieren.“ (sed dum abest, quod avemus, id exsuperare videtur / cetera; post aliud, cum contigit illud, avemus / et sitis aequa tenet vitai semper hiantis) und in später Nachfolge Thomas Mann, Doktor Faustus (in der ‚Einschaltung‘ des Kapitels XXV): „Um es in zwei Worten zu sagen: ihr [sc. der Hölle] Wesen oder … ihre Pointe ist, dass sie ihren Insassen nur die Wahl lässt zwischen extremer Kälte und einer Glut, die den Granit zum Schmelzen bringen könnte, – zwischen diesen beiden Zuständen flüchten sie brüllend hin und her, denn in dem einen erscheint der andre immer als himmlisches Labsal, ist aber sofort und in des Wortes höllischster Bedeutung unerträglich.“ für fünfhundert Drachmen: etwa 2000 Sesterzen entsprechend (vgl. zu S 2,3,23) ein geringer Preis für einen römischen Sklaven (vgl. das 8000-Sesterzen-Angebot E 2,2,5) Vgl. Juvenal, Satiren 6,122 f./126: „Da bot sich (die kaiserliche Hure; v.117 meretrix Augusta [sc. Messalina, die dritte Frau des Claudius]) nackt feil, mit vergoldeten Brustwarzen … und zog liegend fortgesetzt alle Stöße ein“ (tunc nuda papillis / prostitit auratis … / continueque iacens cunctorum absorbuit ictus) Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 37,1: „Die Worte dieses höchst ehrbaren und jenes höchst schimpflichen Kontrakts sind dieselben: ‚sich brennen, fesseln und mit dem Schwert töten lassen‘.“ (eadem honestissimi huius et illius turpissimi auctoramenti verba sunt: ‚uri, vinciri ferroque necari‘) und Petron, Satyrika 117,5: „Damit bei allen sicherer Trug Bestand habe, schworen wir auf die Worte des Eumolpus [vgl. zu S 1,4,75] den Fahneneid: sich brennen, fesseln, geißeln und mit dem Schwert töten zu lassen und, was immer Anderes Eumolpus anordne – wir verpflichten hochheilig wie rechtmäßige Schwertkämpfer ihrem Herrn Leib und Seele.“ (ut duraret inter omnes tutum mendacium, in verba Eumolpi sacramentum iuravimus: uri, vinciri, verberari ferroque necari et, quicquid aliud Eumolpus iusisset, tanquam legitimi gladiatores domino corpora animasque religiosissime addicimus; vgl. dazu E 1,1,14 nullius addictus iurare in verba magistri) iusta potestas: vgl. Gellius, Attische Nächte 10,23,4 f. „Die Worte Marcus Catos füge ich an aus seiner Rede mit dem Titel ‚Zur Mitgift‘, in der auch der Punkt festgehalten ist, dass es Recht des Ehemanns sei, beim Ehebruch ertappte Ehefrauen zu töten … Zum Tötungsrecht aber heißt es: ‚Wenn jemand seine Ehefrau beim Ehebruch ertappt, darf er
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Anmerkungen
sie ohne Gerichtsverfahren straffrei töten; jene (aber) unterstehe sich, wenn er seinerseits die Ehe bricht oder brach, ihn (auch nur) mit dem Finger zu berühren – es wäre nicht rechtens‘.“ (verba Marci Catonis adscripsi ex oratione, quae inscribitur de dote, in qua id quoque scriptum est in adulterio uxores deprehensas ius fuisse maritis necare … de iure autem occidendi ita scriptum: in adulterio uxorem tuam si prehendisses, sine iudicio impune necares; illa te, si adulterares sive tu adulterarere, digito non auderet contingere, neque ius est) 66 unter die Gabel: nach dem Grammatiker Donat (zu Terenz’ Andria 618) wurden Sklaven ‚Holz-Träger‘ genannt, die aufgrund eines leichten Vergehens von ihren Herren eher zur Bloßstellung als zur Bestrafung gezwungen wurden, unter ihresgleichen ein gabelförmiges Holzstück am Hals zu tragen – die Hände an diesem befestigt –, dergestalt ihr Vergehen zu bekennen und zugleich andere zu ermahnen, sich nichts Ähnliches zuschulden kommen zu lassen (furciferi dicebantur, qui ob leve delictum cogebantur a dominis ignominiae magis quam supplicii causa circa vicinos furcam in collo ferre subligatis ad eam manibus et praedicare peccatum suum simulque admonere ceteros, ne quid simile admittant) 72 Vgl. den Stoiker Kleanthes (3. Jh. v. Chr.) bei Stobaios, Blütenlese 3,6,3 (‚Über Zügellosigkeit‘): „Wer sich voll Begier einer schimpflichen Handlung enthält, der wird sie (dann) begehen, wenn er die Gelegenheit ergreift“ und Mt 5,27 f.: „Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: ‚Du sollst nicht ehebrechen.‘ Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau mit begehrlichem Blick ansieht, hat schon in seinem Herzen mit ihr die Ehe gebrochen.“ Vgl. Platon, Gesetze 644d f.: „Denken wir das nun einmal in folgen82 der Weise durch: Ein Wunderwerk (‚Marionette‘?) sei ein jedes von uns Lebewesen annahmsweise, ein göttliches, sei es als ein Spielzeug von jenen, sei es mit irgendeiner ernsthaften Absicht zusammengesetzt – denn das erkennen wir doch nicht (so recht) –, das aber wissen wir, dass diese Regungen in uns uns wie eine Art Nervenstränge oder Fäden ziehen und hin- und herzerren, da sie zueinander im Widerspruch stehen, zu widersprüchlichen Handlungsweisen, wo nun einmal Tugend und Laster voneinander getrennt liegen.“ 89 fünf Talente: für den Preisvergleich nur bedingt hilfreich sind die tausend(e) Talente S 2,3,226 und E 1,6,34 bzw. das eine Talent ap 238 95 Pausias von Sikyon: nach Plinius der Ältere, Naturgeschichte 35,40 ein Zunft- und Zeitgenosse des Apelles (2. Hälfte 4. Jh. v. Chr.) 96 ff. Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 35,52: „Als sein [sc. Kaiser Neros] Freigelassener in Antium ein Gladiatorenspiel veranstaltete, statte-
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te er bekanntlich die öffentlichen Säulengänge mit einem Gemälde aus, auf dem die Bilder aller Gladiatoren und Hilfskräfte realistisch wiedergegeben waren. Dies war für schon viele Jahrhunderte der bedeutendste Schub in der Malerei, dass jedoch Gladiatorenspiele bildlich dargestellt und öffentlich ausgestellt wurden, fing mit Gaius Terentius Lucanus [2. Jh. v. Chr.?] an. Dieser ließ für seinen Großvater, von dem er adoptiert worden war, drei Tage lang dreißig Kämpferpaare auf dem Forum auftreten und stellte eine bemalte Tafel im Hain der Diana auf.“ (libertus eius, cum daret Anti munus gladiatorium, publicas porticus occupavit pictura, ut constat, gladiatorum ministrorumque omnium veris imaginibus redditis. hic multis iam saeculis summus animus in pictura, pingi autem gladiatoria munera atque in publico exponi coepta a C. Terentio Lucano. is avo suo, a quo adoptatus fuerat, triginta paria in foro per triduum dedit tabulamque pictam in nemore Dianae posuit) 96 f. Unter den (sonst unbekannten) Berufskollegen Fulvius und Rutuba ist ein Gladiator namens Pacideianus bemerkenswert greifbar, nach einem Lucilius-Fragment „der bei weitem beste Schwertkämpfer, seit die Menschheit auf Erden“ (optimus multo / post homines natos gladiator qui fuit unus) – für Horaz sind dabei literarische Reminiszenz wie die Annahme eines aktuellen ‚Kampfnamens‘ durch einen Zeitgenossen (vgl. die ‚Künstler‘namen brasilianischer Fußballspieler; Südamerikas Fußballer des Jahres von 1983 dagegen hieß offenbar tatsächlich Sócrates [Brasileiro Sampaio de Souza Vieira de Oliveira; 1954–2011], desgleichen der Bundesligaprofi Dante [Bonfim Costa Santos, *1983]) denkbar 113 Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 3,1068 f.: „Derart flüchtet ein jeder vor sich, dem man freilich, wie es halt so ist, nicht entrinnen kann“ (hoc se quisque modo fugitat, quem scilicet, ut fit, / effugere haud potis est) und Ulpianus (umfänglichst erhaltener römischer Jurist ungewisser Herkunft um 200 n. Chr.), Digesten XXI 1,17,14 (aufgenommen ins Corpus iuris [civilis], der Rechtssammlung des oströmischen Kaisers Justinian 533/4): „Einen ‚erro‘ definieren wir so: einer, der zwar nicht flieht, aber häufig ohne Grund umherzieht und, nachdem die Zeit für unnütze Dinge verbraucht wurde, spät nach Hause zurückkehrt.“ (erronem sic definimus, qui non quidem fugit, sed frequenter sine causa vagatur et temporibus in res nugatorias consumptis seruis domum redit) 115 die schwarze Begleiterin: wohl gleichzusetzen mit der gleichfarbigen ‚Sorge‘, die hinter dem Reiter sitzt (c. 3,1,40: post equitem sedet atra Cura; gegen ihren Plural sollen Festtage bzw. Dichtung ein wenig helfen, vgl. c. 3,14,13 f.: hic dies vere mihi festus atras / exiget curas bzw. c. 4,11,35 f.: minuentur atrae / carmine curae)
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Anmerkungen
das Sabinum: das hoch gelegene Landgut des Horaz nördlich Roms (sein ‚Lebenstraum‘, vgl. S 2,6,1 ff. und c. 2,18,14 sowie die singuläre Schilderung E 1,16,1–16)
8. Satire here statt älterem heri (nach Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 1,4,8 2 hörte man bei here einen Mittellaut zwischen e und i [neque e plane neque i auditur]) 6 Die unteritalische Landschaft Lukanien war nach S 2,1,34 ff. neben Apulien eine mögliche ‚Heimat‘ des Horaz Kos: s. zu S 2,4,29 9 14 Ceres: s. zu S 2,2,124; der Name des Sklaven – wie ein ‚sagenhafter‘ Nebenfluss des Indus (c. 1,22,7 f.: fabulosus / … Hydaspes) – könnte auf seine Herkunft verweisen 15 Caecuber: Wein aus Latium südlich Roms; Chier (wie v.48): s. zu S 1,10,24 Albaner: s. zu S 2,4,72; Falerner: s. zu S 1,10,24 16 19 ff. Zu den (uns letztlich weithin schattenhaften) Teilnehmern des Gastmahls vgl. Horazens näheres Umfeld S 1,10,42 ff.; Thurii ist eine griechische Kolonie in Unteritalien Vgl. Vergil, Aeneis 2,670: „Niemals werden wir alle heute ungerächt 34 sterben!“ (numquam omnes hodie moriemur inulti) und in der griechischen Tragödie Aischylos, Agamemnon 1279: „Nicht ehrlos wenigstens vonseiten der Götter werden wir umkommen.“ 35 Vgl. Cicero, Gegen Verres 1,66: „Man kommt ins Gespräch, fordert, nach griechischem Brauch zu trinken; der Gastgeber spricht zu – man ruft nach größeren Bechern und unterhält sich bestens bei allgemeinem Gespräch in fröhlicher Runde.“ (fit sermo inter eos et invitatio, ut Graeco more biberetur. hortatur hospes: poscunt maioribus poculis, celebratur omnium sermone laetitiaque convivium) 39 Allifae liegt im mittelitalischen Samnium an der Grenze Campaniens 45 Venafrum: s. zu S 2,4,69 50 Methymna auf Lesbos vor der kleinasiatischen Küste 75 f. Vgl. bereits in der Odyssee 6,180 (Odysseus zu Nausikaa): „Mögen die Götter dir alles gewähren, wonach dich in deinem Innern verlangt …“ 85 Vgl. Lessing, Minna von Barnhelm (4. Akt, 2. Auftritt): „Corriger la fortune, (…) das nenn die Deutsch betrügen? betrügen! O, was ist die deutsch Sprak für ein arm Sprak! für ein plump Sprak!“ 90 edit (wie ep.3,3): ungewohnte (unthematisches Optativsuffix -i-?) Form des Konjunktivs (Präsens, statt edat) 95 Canidia: s. zu S 1,8,24; zum ‚Pesthauch‘ von Schlangen vgl. Columella, Über die Landwirtschaft 8,5,18: „Man gebe Acht, dass sie [sc. pul-
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li, die Küken] nicht von Schlangen angehaucht werden, deren Atem so giftig ist, dass er alle umbringt“ (cavendum, ne a serpentibus adflentur, quarum odor tam pestilens est, ut interemat universos), zur Lokalisierung c. 3,10,18: „und nicht milder … als maurische Schlangen“ (nec Mauris …mitior anguibus) und Lucan, Bürgerkrieg 9,384: „… und (wo) die trockenen Gefilde [sc. ‚Libyen‘, als Erdteil verstanden bzw. problematisiert] von todbringenden Schlangen wimmeln.“ (siccaque letiferis squalent serpentibus arva)
Briefe – Erstes Buch 1. Brief 1 Lied: in Gestalt der Camena, dem italischen Pendant der Muse(n); zum ‚Rahmen‘ vgl. Ilias 9,97 (Nestor zu Agamemnon!): „Bei dir werde ich enden, mit dir will ich beginnen“ und Homerischer Hymnus 21,3 f. (‚Auf Apollon‘): „Dich besingt der Sänger, in Händen die tönende Leier, / der süß beredte, als Ersten und als Letzten stets“ sowie zu S 2,6,22 f. 2 f. Vgl. Paul Fleming, An Herrn Olearius; vor Astrachan 1636: „So hätte Flakkus auch es nicht so weit gebracht, / Wenn sein Mäcenas ihm nicht hätte Lust gemacht.“ 6 Zur Bitte des Gladiators um Begnadigung vgl. wirkungsgeschichtlich höchst weitreichend Juvenal, Satiren 3,36 f.: „Sie veranstalten jetzt Gladiatorenspiele und lassen, wenn die Menge es durch die Wendung seines Daumens verlangt, populistisch töten.“ (munera nunc edunt et, verso pollice vulgus / cum iubet, occidunt populariter) – das Historiengemälde Pollice verso (englisch: Thumbs down – !) des Franzosen Jean-Léon Gérôme von 1872 inspirierte Ridley Scott 2000 zu seinem Film Gladiator mit Russell Crowe in der Titelrolle – sowie Martial, Epigramme 5,62,4: „… denn mein ([buchstäblich: erbärmlicher] Hausrat) hat schon den Gästen gegenüber den Finger gehoben“ (nam mea [sc. supellex] iam digitum sustulit hospitibus) 13 in welchem Hause: s. zu S 1,2,56 14 Vgl. in völlig anderem Zusammenhang ep.15,4 und in diabolischer Dia lektik in Goethes Faust 1988 f.: „Am besten ist’s auch hier, wenn Ihr nur E i n e n hört / Und auf des Meisters Worte schwört.“ 18 zur Lehre Aristipps: ein (praktisch verlorener) ‚Sokratiker‘ (vgl. zu S 2,3,100); zur Sache vgl. Cicero, Academica (Lucullus) 2,139: „Ich gleite dahin ab, Epikur oder Aristipp zuzustimmen; aber die Tugend ruft mich zur Räson …“ (labor eo, ut adsentiar Epicuro aut Aristippo: revocat virtus)
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Anmerkungen
Vgl. Diogenes Laertios 2,75: „Zu denen, die ihm [sc. sein Verhältnis zur Hetäre Laïs] vorhielten, sagte (Aristipp): ‚Ich habe [sc. etwas mit ihr], aber ich werde nicht gehabt‘.“ 28 Lynkeus: s. zu S 1,2,90 30 Die Anthologia Graeca (7,692) enthält folgendes Epigramm auf diesen Sportler: „Glykon, du Ruhm Asiens aus Pergamon, / du Allkampf-Blitz, du Breitfüßiger, / du neuer Atlas und ihr unbesiegten Fäuste – / verloren: Den vormals weder im Italischen / noch in Hellas zu Boden Geworfenen oder in Asien / warf der alles bezwingende Hades zu Boden.“ 34 f. Vgl. Euripides, Hippolytos 478 f.: „Es gibt Beschwörungen und Zauber-Worte; / zeigen wird sich ein Heilmittel für diese Krankheit.“ 35 Vgl. Cicero, Gespräche in Tusculum 3,7: „Denn sich erbarmen, neidisch sein, triumphieren, jubilieren: dies alles bezeichnen die Griechen als ‚Krankheit‘ – Geistes-Regungen, die nicht der Vernunft folgen.“ (nam misereri, invidere, gestire, laetari: haec omnia ‚morbos‘ Graeci appellant, motus ainimi rationi non obtemperantes) 37 Zur Dreizahl in magischen Zusammenhängen vgl. bereits bei Horaz S 2,1,7 oder c. 3,22,3 sowie hoch-literarisch Goethe, Faust 1531: „Du musst es dreimal sagen!“ und volkstümlich ‚dreimal schwarzer Kater‘ 38 Mit einer gehörigen Portion Unschärfe mag man hier die christlichen ‚Todsünden‘ (invidia, ira, acedia, gula und luxuria nebst und nach avaritia und superbia) präfiguriert sehen; vgl. bereits Gal 5,19 ff.: „Offenkundig sind aber die Werke des Fleisches, als da sind: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Saufen, Fressen und dergleichen.“ 40 Vgl. Cicero, Gespräche in Tusculum 2,13: „Philosophie aber ist: Geistes-Pflege“ (cultura autem animi philosophia est) 51 Wenn kein Gegner antritt, gewinnt man, ohne sich schmutzig (staubig: sine pulvere) zu machen 52 Vgl. Platon, Gesetze 728a: „Denn alles Gold auf wie unter der Erden ist kein Gegenwert für Tugend.“ 54 Börsenstraße: in Gestalt des Gottes Janus (s. zu S 2,3,18 f.) wie Schulbuben: gelegentlich (vgl. zu S 1,2,13) finden sich Verse bei 56 Horaz doppelt (hier wie S 1,6,74) 58 an den vierhunderttausend Sesterzen: nach der lex Roscia (v.62) Vermögensgrenze für die Aufnahme in den Ritterstand (und damit zum Senatorenamt) 59 f. „Doch die Kinder pflegen im Spiel zu singen: ‚König wird, wer richtig handelt; wer es nicht tut, wird es nicht‘.“ (contra pueri lusu cantare solent: ‚rex erit, qui recte faciet – qui non faciet, non erit‘; Porph.); 19
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vgl. bereits Platon, Theaitet 146a: „Wer von uns möchte als Erster reden? Wer daneben liegt – und stets, wer daneben liegt –, sitzt als Esel, wie die Kinder beim Spielen sagen, nieder; wer aber ohne Danebenliegen gewinnt, soll unser ‚König‘ sein und, was immer er will, zu beantworten aufgeben.“ 64 Manius Curius Dentatus war im 3. Jh. gegen die Samniten und den griechischen König Pyrrhus erfolgreich, M. Furius Camillus im 4. Jh. gegen Etrusker und Gallier (nach Livius 5,49,7 als ‚zweiter Gründer der Stadt‘ [‚Romulus‘ ac parens patriae conditorque alter urbis haud vanis laudibus appellabatur] gefeiert) 73 ff. Die ‚äsopische‘ Fabel griechisch mit immerhin rund zwanzig Versen bei Babrios 103 (vgl. zu S 2,6,79 ff.), hoch fragmentarisch bei Lucilius (vgl. zu S 1,4,6) Vgl. Platon, Der Staat 588c: „Fingiere nun das Bild eines buntschecki76 gen und vielköpfigen Tieres …“, als verwirrende Vielfalt im Phaidros 230a: „ob ich etwa ein Tier sein sollte, vielverschlungener als Typhon und noch ungetümer“ Baiae: s. zu S 2,4,32 83 Teanum: im Landinnern des mittelitalischen Campanien, etwa 50 km 86 von Baiae entfernt Proteus: s. zu S 2,3,71 90 102 f. Vgl. zu S 2,3,217 f. 106 Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 73,12: „Sextius pflegte zu sagen, dass Jupiter nicht mehr könne als ein guter Mann.“ (solebat Sextius dicere Iovem plus non posse quam bonum virum) und insgesamt zu S 1,3,124 f. sowie im Ernste bei Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 3,75 2. Brief 1 den Dichter des trojanischen Krieges: Homer als Autor von Ilias (v.6 ff.) und Odyssee (v.17 ff.); Lollius Maximus: wohl auch der Adressat „Lol lius“ von E 1,18,1 (dann Rahmen wie mit Maecenas E 1,1,3 und 1,19,1) Praeneste (das heutige Palestrina) südöstlich von Rom im mittelitali2 schen Latium (neben Tibur [s. zu S 1,6,108] und Baiae [s. zu S 2,4,32] c. 3,4,23) 4 Chrysippos (geboren etwa 280 v. Chr.), nach Gellius, Attische Nächte 7,2,1 der große Mann der Stoa (Stoicae princeps philosophiae; s. zu S 1,3,126 f.); Krantor (um 340–275), ein praktisch verlorener Philosoph der ‚Älteren Akademie‘ 7 Die Abgrenzung zu ‚barbarischen‘ Trojanern findet sich erst nachhomerisch, etwa im Euripides zugeschriebenen Rhesos 404 f. (Hektor spricht): „Du aber, (uns) verwandt und (selbst) ein Barbar, gabst uns Barbaren
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Anmerkungen
den Hellenen hin“ (vgl. Ilias 2,867 und Herodot 2,158,5: „‚Barbaren‘ nennen die Ägypter [!] alle, die nicht ihre Sprache sprechen“); duellum (‚Duell‘!) ist eine archaische Form für bellum (vgl. c. 3,5,38; 3,14,18; 4,15,8; E 2,1,254 sowie 2,2,98) Vgl. Aristophanes, Die Frösche 812 f.: „… wenn die Herrn in Rage ge14 raten, gibt es für unsereins was zum Weinen.“; vielleicht e i n e frühe Quelle für den verbreiteten gedanklichen Gemeinplatz ‚Die da oben, wir hier unten‘ 16 Vgl. Ferdinand Freiligrath, Aus Spanien (1841; aufgenommen in Ein Glaubensbekenntniß. Zeitgedichte. Mainz: Viktor von Zabern 1844, hier S.9) v.67 f.: „Seit Priam’s Tagen, weiß er [sc. der Poet], wird gesündigt / In Ilium und außer Ilium!“ 17 f. Zu Odysseus als Muster vgl. Aristoteles, Rhetorik 3,3 (1406b): „Oder wie Alkidamas … die Odyssee ein ‚schönes Spiegelbild menschlichen Lebens‘ nennt …“ Sirenenstimmen: vgl. zu S 2,3,14 23 25 Die ‚Hure‘ Kirke spannungsvoll neben die ‚treue Gattin‘ Penelope gestellt c. 1,17,19 f. 26 Der Hund lässt sich homerisch nicht finden. 40 Vgl. Platon, Gesetze 753e: „Der Anfang heißt ja im Sprichwort die Hälfte eines jeden Unterfangens und ein gutes Anfangen preisen alle jedesmal; es ist aber, wie mir scheint, mehr als die Hälfte, und niemand hat es, wenn es schön geworden, genügend gepriesen“ (vgl. im Staat 377a: „Du weißt ja wohl, dass der Anfang eines jeden Unterfangens das Wichtigste ist“) und Aristoteles, Politik 5,4 (1303b): „Am Anfang nämlich geschieht die Verfehlung, der Anfang aber – sagt man – sei die Hälfte des Ganzen“ sowie Nikomachische Ethik 1,7 (1098b): „Es scheint ja mehr als die Hälfte des Ganzen zu sein der Anfang und vieles von dem, was untersucht wird, durch ihn einsichtig zu werden.“ (vgl. in den Widerlegungen der Sophisten 34 [183b]: „Das Wichtigste einer jeden Sache ist vielleicht der Anfang, wie man sagt.“) 58 Vgl. Cicero, Gegen Verres 2,5,145: „es trug ja jene Insel [sc. Sicilia] einst viele grausame Tyrannen“ (tulit enim illa quondam insula multos et crudelis tyrannos) und 2,4,73: „der berühmt-berüchtigte Stier, den der grausamste aller Tyrannen, Phalaris, besessen haben soll und in den er zur Bestrafung Menschen lebendig hinabließ und Feuer darunter legte“ (ille nobilis taurus, quem crudelissimus omnium tyrannorum Phalaris habuisse dicitur, quo vivos supplici causa demittere homines et subicere flammam solebat) 62 f. Vgl. Publilius Syrus, Sentenzen A 40: „Seinem Willen wird der Weise befehlen, der Tor dienen“ (animo imperabit sapiens, stultus serviet)
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und Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung (Zweiter Band, Erster Teilband, Kapitel 19 [unter Punkt ‚4)‘]): „Denn was, für ein unbändiges Roß, Zügel und Gebiß ist, das ist für den Willen im Menschen der Intellekt: an diesem Zügel muß er gelenkt werden, mittelst Belehrung, Ermahnung, Bildung u.s.w.“ 69 f. Vgl. Philon von Alexandrien (1. Hälfte 1.Jh. n. Chr.), Dass jeder aufrichtig Bemühte frei sei 2,15: „… wie man ja sagt, dass Gefäße selbst leer die Gerüche weitertragen von dem, was zuerst in sie eingefüllt wurde, so auch die Seelen junger Menschen …“ oder Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 1,1,5: „Und wir halten von Natur am stärksten an dem fest, was wir ungeprägten Sinnes aufgenommen haben, wie das Aroma, mit dem du neue Gefäße benetzt, anhält …“ (et natura tenacissimi sumus eorum, quae rudibus animis percepimus, ut sapor, quo nova imbuas vasa, durat) 3. Brief Julius Florus: wohl auch der Adressat „Florus“ von E 2,2,1 1 Der nachmalige Kaiser Tiberius (bei Horaz: Claudius [42 v. – 37 n. Chr.]) 2 ist ein Sohn des Tiberius Claudius Nero und der Livia und wurde erst 4 n. Chr. von Augustus – so seit Januar 27 v. Chr. Ehrentitel des Octavian (vgl. zu S 1,3,4) – adoptiert Hebros: Fluss in Thrakien (in etwa das heutige Bulgarien); zu seiner 3 nachgerade sprichwörtlichen Kühle vgl. Anthologia Graeca 9,56,1 f.: „Als auf des thrakischen Hebros vor Eiseskälte gefrorenes Wasser / das unbedachte Kind den Fuß setzte, entkam es nicht dem Tod“ und E 1,16,13 Voraussetzungsreiche Umschreibung des Hellespont vor dem Hinter4 grund der Geschichte des Liebespaares Hero und Leander (für uns griechisch greifbar in einem Klein-Epos des sonst unbekannten ‚Grammatikers‘ Musaios [5./6. Jh.n. Chr.] oder lateinisch durch das Briefpaar in Ovids Heroides 18 & 19); vgl. „Die Türme der Hero und des Leander, zwischen Sestos und Abydos findet sich die Meerenge des Hellespont oder auch die Türme eben dieser Städte.“ (turres Herus et Leandri, inter Seston et Abydon medium est Hellesponti fretum vel ipsarum urbium turres; Porph.) 9 Vgl. Properz 3,9,32: „… und kommen wirst auch du [sc. Maecenas!] in die Münder der Männer“ (et venies tu quoque in ora virum) 10 f. Vgl. Kallimachos’ Epigramm 28,3 f.: „und ich trinke nicht von der [sc. jedermann zugänglichen] Quelle; alles Gemeingut ekelt mich!“ 13 des Thebaners: Pindar (altgriechischer Lyriker um 520 – nach 446, präludiert in v.10; vgl. zu diesem horazisch insbesondere c. 4,2,1 ff.)
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Anmerkungen
Vgl. zu ap 97. An (einen) Albinovanus Celsus als Begleiter und Schreiber des Tibe rius ist E 1,8 gerichtet. 17 Palatinus … Apollo: gemeint ist die öffentliche Bibliothek des von Octavian (Augustus) im Jahre 28 gestifteten Tempel des Apoll auf dem Palatin (vgl. zu S 1,10,38 und E 2,1,216) 18 ff. In der ‚äsopische‘ Fabel bei Babrios 72 (vgl. zu S 2,6,79 ff.) lässt sich eine Dohle mit fremden Federn schmücken, Phaedrus verwendet (Buch der Fabeln 1,3,4) für ‚seine‘ Krähe das Wort graculus Die Biene als Selbstbildnis des Dichters c. 4,2,27–32 21 25 Der Efeukranz als Auszeichnung auch c. 1,1,29 (doctarum hederae praemia frontium: „die Auszeichnung gelehrter Stirnen aus Efeu“; c. 3,30,15 f. wünscht sich Horaz delphischen Lorbeer) 34 Der ‚ungezähmte Nacken‘ (indomita cervice) ein Gegenbild zur Dressur des noch ‚zarten Nackens‘ E 1,2,64 (tenera … cervice) 14 15
4. Brief 1 Albius Tibullus (um 54–19/18) ist Adressat auch von c. 1,33 Albi, ne doleas und bildet mit Properz und Ovid die klassische Trias der (erhaltenen) römischen Elegiker (vgl. Goethe, Römische Elegien 5,19 f.: „Amor schüret die Lamp’ indes und denket der Zeiten, / Da er den nämlichen Dienst seinen Triumvirn getan.“) 2 Pedum lag zwischen Tibur und Praeneste (im mittelitalischen Latium). 3 Cassius von Parma war wohl auch Caesarmörder (und nach Aktium getöteter Octavian-Gegner), ist aber nicht der neben M. Junius Brutus berühmte (C.) Cassius (Longinus); vgl. widersprüchlich-verwirrend „Er spricht vom Etrusker Cassius von Parma, dessen Tragödie … ‚Thyestes‘ erhalten ist.“ (Cassi Etrusci Parmensis dicit, cuius tragoedia … Thyestes exstat; Porph. zu S 1,10,61 ff.) und „Dies ist der Cassius, der auf Seiten des Cassius [!] und Brutus mit Horaz als Militärtribun kämpfte; nach deren Niederlage ging er nach Athen. Quintus Varius – von Augustus beauftragt, ihn zu töten – traf ihn beim Studium an und nahm nach seiner Ermordung ein Behältnis mit Buchrollen (mit sich). Deshalb vermuteten viele, der ‚Thyestes‘ stamme von Cassius von Parma; Cassius hatte nämlich viele andere Tragödien geschrieben.“ (hic est Cassius, qui in partibus Cassi et Bruti cum Horatio tribunus militum militavit; quibus victis Athenas se contulit. Quintus Varius ab Augusto missus, ut eum interficeret, studentem repperit et perempto eo scrinium cum libris tulit. Unde multi crediderunt Thyesten Cassi Parmensis fuisse; scripserat enim multas alias tragoedias Cassius; z.St.)
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Vgl. im Zusammenhang mit der delphisch-apollinischen Forderung nach Selbst-Erkenntnis Cicero, Gespräche in Tusculum 1,52: „denn wir sind nicht bloße Körper“ (neque nos corpora sumus) sowie Euripides, Elek tra 387: „geist-freies Fleisch“ und Ovid, Metamorphosen 13,290 (Ulixes [Odysseus] über sich in gebrochener Selbstdarstellung): „ein roher Soldat ohne Einstellung“ (rudis et sine pectore miles) Vgl. Goethe, Torquato Tasso. Ein Schauspiel (5.Aufzug, 5.Auftritt; v.3432 f.): „Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, / Gab mir ein Gott zu sagen, wie ich leide.“ (bzw. als Selbstzitat im Vorspruch zur sog. Marienbader Elegie: „… was ich leide.“) Vgl. Terenz, Phormio 251: „Was immer wider Erwarten (für mich) herauskommen wird, all das will ich als Gewinn veranschlagen!“ (quidquid praeter spem eveniet, omne id deputabo esse in lucro) und c. 1,9,14 f.: „Jeden Tag, den das Geschick (dir) geben mag, setze auf die Habenseite!“ (quem fors dierum cumque dabit, lucro / adpone) Vgl. neben Sidonius Apollinaris (431/2 – nach 479), Briefe 9,9,14: „… und nicht, dass du dem gehörig nacheifertest, wie in den areopagitischen resp. prytaneischen Gymnasien abgebildet werden mit gekrümmtem Nacken Speusipp, Arat mit ebenem, Zenon mit zusammengezogener Stirn(falte), Epikur mit entspannter Haut, Diogenes mit haarigem Bart, Sokrates mit fallendem Haar, Aristoteles mit entblößtem Arm, Xenokrates mit gerafftem Bein(kleid), Heraklit mit vor Weinen geschlossenen Augen, Demokrit mit vor Lachen offenen Lippen, Chrysipp mit wegen Zahlenangaben verschränkten Fingern, Euklid mit wegen Abstandsmessungen gelockerten, Kleanthes mit wegen beidem zernagten“ (neque te satis hoc aemulari, quod per gymnasia pingantur Areopagitica vel prytanea curva cervice Speusippus Aratus panda, Zenon fronte contracta Epicurus cute distenta, Diogenes barba comante Socrates coma cadente, Aristoteles bracchio exerto Xenocrates crure collecto, Heraclitus fletu oculis clausis Democritus risu labris apertis, Chrys ippus digitis propter numerorum indicia constrictis, Euclides propter mensurarum spatia laxatis, Cleanthes propter utrumque corrosis) ausgerechnet für Diogenes von Sinope (s. zu S 1,3,133 ff.) bei Diogenes Laertios 6,81: „Athenodoros sagt im achten Buch seiner ‚Philosophischen Spaziergänge‘, der Philosoph habe immer geglänzt, weil er sich salbte.“ aus der Herde Epikurs: die Epikureer hatten (wohl nicht ganz fair) bereits in der Antike keine gute Presse; vgl. Cicero, Gegen Piso 37: „Du unser Epikur, hervorgegangen aus dem Schweinestall, nicht einer Philosophenschule!“ (Epicure noster ex hara producte non ex schola)
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Anmerkungen
5. Brief holus omne ist Umschreibung für die ganze Mahlzeit; vgl. die Einla2 dung ‚auf ein Butterbrot‘ bei Thomas Mann (Buddenbrooks. Verfall einer Familie. Sechster Teil. Viertes Kapitel): „als aber die Konsulin bemerkte: ‚(…) machen Sie uns das Vergnügen, ein Butterbrot mit uns zu essen …?‘“, der den Gast, Herrn Alois Permaneder aus München, kurz darauf „die Auswahl an kalter Küche auf dem Tische“ überblicken lässt 3 Torquatus: vielleicht der (spätere) Adressat von c. 4,7 Diffugere nives 4 T. Statilius Taurus bekleidete neben Augustus das Konsulat des Jahres 26 Minturnae: Ortschaft an der Mündung des Liris im mittelitalischen 5 Campanien; Petrinum gehört zum 9000 Schritt entfernt an der Via Appia (vgl. zu S 1,5,1) gelegenen Sinuessa 9 „Dieser [nach Tacitus, Annalen 4,43,5: Vol- oder Vulcacius] Moschus aus Pergamon war ein hochberühmter Redner. Er wurde der Giftmischerei angeklagt, dessen Fall als Redner damals insbesondere d e r Torquatus, von dem er jetzt spricht und dessen Rede [sc. uns nicht] erhalten ist, und Asinius Pollio verhandelten.“ (Moschus hic Pergamenus fuit rhetor notissimus. reus veneficii fuit, cuius causam ex primis tunc oratores egerunt Torquatus hic, de quo nunc dicit, cuius extat oratio, et Asinius Pollio; Porph.); Geburtstag des Caesar: vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 5: „Geboren wurde Augustus, als Marcus Tullius Cicero und Gaius Antonius das Konsulat innehatten [63 v. Chr.], am neunten Tag vor den Kalenden des Oktober [23. September] kurz vor Sonnenaufgang.“ (natus est Augustus M. Tullio Cicerone C. Antonio conss. VIIII. Kal. Octob. paulo ante solis exortum) – beim seit 42 v. Chr. (vgl. Cassius Dio [um 163 – nach 229], Römische Geschichte 47,18,5) gefeierten Wiegenfest des C. Julius landete man in einem Wespennest chronologischer Probleme kurz vor den Iden (= 15.) des Juli 16 ff. Vielleicht wie eine Art Paraphrase dieser Verse zu hören der quasi explizite Dionysos-Hymnus bei Hermann Hesse, Peter Camenzind (zu Beginn von Abschnitt ‚4‘): „Der starke, süße Gott ward mir ein treuer Freund und ist es heute noch. Wer ist so mächtig wie er? Wer ist so schön, so phantastisch, schwärmerisch, fröhlich und schwermütig? Er ist ein Held und Zauberer. Er ist ein Verführer und Bruder des Eros. Er vermag Unmögliches; arme Menschenherzen füllt er mit schönen und wunderlichen Dichtungen. Er hat mich Einsiedler und Bauern zum König, Dichter und Weisen gemacht. Leer gewordene Lebenskähne belastet er mit neuen Schicksalen und treibt Gestrandetes in die eilige Strömung des großen Lebens zurück. So ist der Wein. (…) Er verwandelt die Wirrnis des Lebens in große Mythen und spielt auf mächtiger Har-
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fe das Lied der Schöpfung. (…) Wenn er mit seinen Lieblingen redet, dann überrauscht sie schauernd und flutend die stürmende See der Geheimnisse, der Erinnerung, der Dichtung, der Ahnungen. Die bekannte Welt wird klein und geht verloren, und in banger Freude wirft sich die Seele in die straßenlose Weite des Unbekannten, wo alles fremd und alles vertraut ist und wo die Sprache der Musik, der Dichter und des Traumes gesprochen wird.“ Vgl. Seneca, Über Wohltaten 3,27,1: „Unter dem vergotteten Augustus waren den Menschen ihre eigenen Äußerungen noch nicht gefährlich, aber bereits problematisch.“ (sub divo Augusto nondum hominibus verba sua periculosa erant, iam molesta) Die Begleiter lateinisch in Gestalt von ‚Schatten‘ (umbra wie S 2,8,22), die Duftnote konkretisiert in ‚Ziegen‘ (capreae; vgl. ep.12,5: „oder ob ein schwerer Bock in den struppigen Achseln lagert“ [an gravis hirsutis cubet hircus in alis])
6. Brief Vgl. bei Plutarch, Vom Hören 13 (Moralia 44a): „Viele gibt es ja, die 1 sind schlecht und vernehmen die Stimme des Pythagoras ganz entgegen ihrem eigentlichen Klang und Gang. Dieser hatte ja gesagt, aus der Philosophie habe sich für ihn (die Maxime) ergeben: ‚nichts bewundern‘“; Demokrit (68 B 216 in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/ Kranz): „Weisheit unerschüttert (ist) am allerbesten / der höchste Wert“, bezeugt bei Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 5,87 [s.a. zu E 1,12,12 f.]: „… wollte er [sc. Demokrit] durch diese Erforschung der Natur erreichen, guten Muts zu sein; denn dieses höchste Gut nennt er ‚Wohlgemutheit‘ und oft ‚Unerschrockenheit‘, das heißt: einen von Schrecken freien Sinn“ (… ex illa investigatione naturae consequi volebat, bono ut esset animo; id enim ille summum bonum [euthymían] et saepe [athambían] appellat, id est animum terrore liberum) und Strabon (etwa 63 v. Chr. – 23 n. Chr.), Geographika 1,21: „Man fügt aber auch die durch die Auswanderungen (bewirkten) Veränderungen hinzu, wenn man noch mehr Verwunderungslosigkeit [athaumastían] bei uns erzeugen will, die hymnisch preist Demokritos und die anderen Philosophen alle; sie ist nämlich bei dem, der nicht in Furcht oder Verwirrung oder Schrecken gerät.“; allgemein Cicero, Gespräche in Tusculum 5,81: „Das ist ja das Merkmal eines Philosophen, … sich über nichts, was geschieht, zu wundern, als ob es unvermutet und erstmals geschehen sei.“ (sapientis est enim proprium … nihil, cum acciderit, admirari, ut inopinatum ac novum accidisse videatur) und: „Gar der antike Philosoph! Nil admirari – in diesem Satze sieht er die Philosophie.
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Anmerkungen
Und ein Deutscher, nämlich Schopenhauer, geht [unnachgewiesen] so weit im Gegentheil zu sagen: admirari id est philosophari.“ (Nietzsche, Morgenröthe. Drittes Buch ,207. Verhalten der Deutschen zur Moral‘) sowie Schopenhauer sozusagen zur Stelle (gegen Ende der Kritik der Kantischen Philosophie, dem Anhang des ersten Bandes Die Welt als Wille und Vorstellung): „Nil admirari mit ‚Nichts bewundern‘ zu übersetzen ist ganz falsch. Dieser Horazische Ausspruch geht nicht sowohl auf das Theoretische, als auf das Praktische, und will eigentlich sagen: ‚Schätze keinen Gegenstand unbedingt, vergaffe dich in nichts, glaube nicht, daß der Besitz irgend einer Sache Glücksäligkeit verleihen könne: jede unsägliche Begierde auf einen Gegenstand ist nur eine neckende Chimäre, die man ebenso gut, aber viel leichter, durch verdeutlichte Erkenntniß, als durch errungenen Besitz, los werden kann.‘“ und (Vom Unterschiede der Lebensalter, innerhalb der Aphorismen zur Lebensweisheit im ersten Band der Parerga und Paralipomena): „Erst im spätern Alter erlangt der Mensch ganz eigentlich das Horazische nil admirari, d. h. die unmittelbare, aufrichtige und feste Ueberzeugung von der Eitelkeit aller Dinge und der Hohlheit aller Herrlichkeiten der Welt: die Chimären sind verschwunden.“ Zur terminologisch (und damit in der Sache?) problematischen ‚klassischen‘ Gegenposition vgl. Platon, Theaitet 155d: „Denn das (scheint) insbesondere die Befindlichkeit eines Philosophen: die Verwunderung, denn (es gibt) keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen“ (mit dem Evangelisten Johannes sozusagen: ‚Im Anfang war das Erstaunen‘) und Aristoteles, Metaphysik A 2 (982b): „Denn wegen der Verwunderung begannen die Menschen so jetzt so am Anfang zu philosophieren.“ – Vgl. ‚inhaltlich‘-alternativ Liedtexte der Comedian Harmonists wie „Es führt kein andrer Weg zur Seligkeit / als über deinen Mund“, „Eins, zwei, drei und vier, / glücklich bin ich nur mit dir“ oder „Wochenend’, Sonnenschein – / brauch’ ich mehr, um glücklich zu sein?“ (es folgt allerdings, gewissermaßen komplettierend: „Wochenend’ und Sonnenschein / und dann …“ – !), Reinhard Mey [1974]: „Über den Wolken / muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …“, in Schlagworten: Ruhm, Macht, Geld, Sex; die eigenen vier Wände (‚Trautes Heim, Glück allein‘) neben dem eigenen Stück Garten (präfiguriert S 2,6,1 ff.!); Reisen (vgl. E 1,11 sowie dessen Gegenstück c. 1,7) und (Traum-)Urlaub (incl. Urlaubsphotos); Haustiere (vgl. bei Wilhelm Busch [Max und Moritz. Eine Bubengeschichte in sieben Streichen. Erster Streich] Witwe Boltes Federvieh: „All mein Hoffen, all mein Sehnen, / meines Lebens schönster Traum“) sowie Lebens-(‚Wunsch-‘, ‚Traum-‘)partner/in, Familie – u. a. m.
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Vgl. Rhetorik an Herennius 3,36: „Der Sonne Aufgang, Lauf und Untergang wird niemanden verwundern, gerade weil es täglich geschieht … Es lehrt also die Natur, dass sie durch ein verbreitetes und gewöhnliches Geschehen nicht aufgeschreckt, (aber) durch Neuigkeit und einen gewissermaßen ausgezeichneten Umstand beeindruckt wird“ (solis exortus, cursus, occasus nemo admiratur, propterea quia cottidie fiunt … docet ergo se natura vulgari et usitata re non exsuscitari, novitate et insigni quodam negotio commoveri) und Seneca, Naturkundliche Fragen 7,1,1: „Niemand ist so lahm und stumpf und zu Bodennähe abgesunken, dass er nicht zu Göttlichem aufgerichtet wird und sich mit seinem ganzen Innern erhebt, zumindest sobald ein neuartiges Spektakel vom Himmel blitzt. Denn solange (nur) das Übliche abläuft, verdunkelt Gewohnheit die Größe der Dinge; so sind wir nämlich gemacht, dass Alltägliches, auch wenn es des Erstaunens wert wäre, an uns vorbeigeht, hingegen selbst geringfügigste Dinge, wenn sie überraschend ans Licht treten, zu willkommenen Attraktionen geraten.“ (nemo usque eo tardus et hebes et demissus in terram est, ut ad divina non erigatur ac tota mente consurgat, utique ubi novum aliquod e caelo miraculum fulsit. Nam quamdiu solita decurrunt, magnitudinem rerum consuetudo subducit, ita enim compositi sumus, ut nos cottidiana, etiamsi admiratione digna sunt, transeant, contra minimarum quoque rerum, si insolitae prodierunt, spectaculum dulce fiat) Freude oder Schmerz, Verlangen oder Furcht: vgl. das Referat des stoischen Systems (in Ciceros Gespräche in Tusculum 3,25): „Entsprechend irritieren diese zwei Erlebnisformen, die ausgreifende Lust und das Verlangen, durch die Sicht der Dinge im positiven Bereich wie die zwei übrigen, Furcht und Betrübnis, im negativen.“ (ergo haec duo genera, voluptas gestiens et libido, bonorum opinione turbantur, ut duo reliqua, metus et aegritudo, malorum) tyrische Purpurgewänder: s. zu S 2,4,84 Agrippa: s. zu S 2,3,185 und vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte 53,27,1: „Er vollendete [sc. 25 v. Chr. auf dem Marsfeld] im Blick auf die Seeschlachten die sogenannte Säulenhalle des Poseidon und schmückte sie mit der Darstellung der Argonauten.“; die Appische Straße: s. zu S 1,5,1 Numa und Ancus: zwei (der sieben) legendäre(n) Könige Roms; nachgerade ein Echo c. 4,7,14 ff.: „Sobald wir hinabgefallen sind, wohin auch Vater Aeneas, der reiche [vgl. Dionysios von Halikarnassos (ca. 54 v. – 8 n. Chr.), Geschichte des Alten Rom 3,1,4 f.] Tullus (Hostilius) und Ancus (Marcius) [fielen], sind wir nur noch Staub und Schatten.“ (nos
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Anmerkungen
ubi decidimus, / quo pater Aeneas, quo Tullus dives et Ancus, / pulvis et umbra sumus) Kibyra: kleinasiatische Stadt im phrygisch-lykischen Grenzgebiet (im Südwesten der heutigen Türkei); Bithynien: Landschaft südlich des Schwarzen Meeres Tausend von Talenten: vgl. zu S 2,7,89 Suadela ist die personifizierte Überredung; vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,82: „bezüglich des Perikles das Zeugnis der Alten Komödie …: auf seinen Lippen habe Platz genommen nachgerade die Göttin der Überredung“ (de Pericle veteris comoediae testimonium … in labris eius sedisse quandam persuadendi deam) sowie zu E 2,2,117. Deutlich greifbarer zeigt sich ihr griechisches Pendant Pei thó, der niemand etwas abschlägt (vgl. Aischylos, Die Schutzflehenden 1039 f.); Porphyrio erklärt: „Wortfolge: ‚und Venus Suadela‘. Suadela ist jedoch Beiname der Venus, die von den Griechen als Pitho … angesehen wird.“ (ordo: et Venus Suadela. Suadela autem epitheton est Veneris, quae a Graecis [Pithó] … accipitur) König von Kappadokien: zum offenbar notorisch klammen Herrscher der kleinasiatischen Gegend südlich des Schwarzen Meeres vgl. Cicero, Briefe an Atticus 6,1,3 f.: „Irgendeinem anderen zahlt er [sc. der bei Pompeius verschuldete König Ariobarzanes III.] nicht noch könnte er es; denn er hat weder Geldreserven noch feste Einnahmen … Und so, beim Hercules, habe ich den Eindruck, es gebe kein geplünderteres Reich als dieses und keinen bedürftigeren Regenten.“ (alii neque solvit cuiquam nec potest solvere; nullum enim aerarium, nullum vectigal habet. … et mehercule ego ita iudico, nihil illo regno spoliatius, nihil rege egentius) Vgl. Plutarch, Lucullus 39: „Ein in Sachen Außenwirkung ambitionierter Prätor fragte einmal um Purpurmäntel für die Ausstattung eines Chores an; (Lucullus) sagte zu – nachdem er geprüft habe, ob er welche hätte. Tags darauf ließ er ihn dann fragen, wie viele benötigt würden. Als der nun sagte, hundert dürften reichen, ließ er zweimal so viele nehmen – wozu der Dichter Flaccus [d.h. Horaz!] bemerkte, er halte nicht für Reichtum, wo nicht Übersehenes und Verborgenes das vor Augen Liegende übertreffe.“ L. Licinius Lucullus war ein einflussreicher Politiker und Feldherr zur Zeit der ausgehenden Republik (erste Hälfte des 1. Jh.s v. Chr.), blieb aber vor allem für seinen Reichtum und Luxus (‚lukullische Genüsse‘) in Erinnerung Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 27,5 f.: „Es gab da zu meiner Zeit einen Calvisius Sabinus, reich … Der hatte ein so schlechtes Gedächtnis, dass ihm der Name bald des Odysseus entfiel, bald des Achill, bald des
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Priamus, die er so gut kannte, wie wir unsere Aufseher kennen. Kein ältlicher Namennenner, der Namen nicht parat hat, sondern improvisiert, sprach so verfehlt das einfache Volk der Wahlbezirke an, wie jener Trojaner und Achiver. Gleichwohl wollte er gebildet erscheinen. Er ersann deshalb folgende Kompensation: Für eine beträchtliche Summe Geldes kaufte er Sklaven, einen, der Homer, einen, der Hesiod auswendig konnte; außerdem ordnete er je einen den neun Lyrikern [vgl. zu S 2,3,296] zu.“ (Calvisius Sabinus memoria nostra fuit dives … huic memoria tam mala erat, ut illi nomen modo Ulixis excideret, modo Achillis, modo Priami, quos tam bene noverat, quam paedagogos nostros novimus. nemo vetulus nomenclator, qui nomina non reddit, sed imponit, tam perperam tribus, quam ille Troianos et Achivos persalutabat. nihilominus eruditus volebat videri. hanc itaque compendiariam excogitavit: magna summa emit servos, unum, qui Homerum teneret, alterum, qui Hesiodum; novem praeterea lyricis singulos assignavit) Tribus: Wahlbezirke des Alten Rom 52 Fasces: wie S 1,6,97 die Rutenbündel der Liktoren (Begleiter der 53 Amtsträger) als Zeichen der Amtsgewalt, ebenso der Amtsstuhl ‚aus Elfenbein‘ (ebur) 62 f. Vgl. Gellius, Attische Nächte 16,13,7: „Als Erste aber, so hören wir, seien die Caeriten (die Bewohner der etrurischen Stadt Caere) zu Munizipalbürgern ohne Stimmrecht gemacht worden; ihnen wurde das römische Bürgerrecht zugestanden, doch freigestellt von Verpflichtungen und Lasten – für ihre Annahme und Aufbewahrung der Staatsheiligtümer während des gallischen Krieges. Umgekehrt heißen daher die Listen Caerites, in die die Zensoren eintragen ließen, wem sie aufgrund ihrer amtlichen Rüge die Stimmberechtigung entzogen.“ (primos autem municipes sine suffragii iure Caerites esse factos accepimus concessumque illis, ut civitatis Romanae honorem quidem caperent, sed negotiis tamen atque oneribus vacarent pro sacris bello Gallico receptis custoditisque. hinc tabulae Caerites appellatae versa vice, in quas censores referri iubebant, quos notae causa suffragiis privabant). 64 Vgl. Odyssee 9,102: „dass keiner noch über den Genuss des Lotos die Rückkehr vergesse“ 65 Von Mimnermos, einem Zeitgenossen Solons (1. Hälfte 6. Jh.) und Begründer der ‚erotischen Elegie‘, ist überliefert (frgm.1): „Was ist das Leben, was erfreulich ohne die goldene Aphrodite? Ich wollte sterben, wenn mich das nicht mehr bewegte!“ 67 Vgl. Isokrates, An Nikokles 38: „Setze das Gesagte um oder suche Besseres als dieses!“
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Anmerkungen
7. Brief 2 Der August ist nach (alt)römischer Zählung (Sextilis) der sechste Monat des Jahres (die Umbenennung nach Augustus aufgrund seines ersten Konsulats gemeinhin datiert in das Todesjahr des Horaz 8 v. Chr.; vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte 55,6,6 f.: „Er [sc. Augustus] erweiterte die Begrenzungen des Pomerium und benannte den sogenannten Sextilis in ‚August‘ um; denn während die anderen den September so benennen wollten, da er in ihm geboren sei, zog er ihm jenen vor, weil er in ihm erstmals zum Konsul gewählt wurde und viele große Kämpfe siegreich bestanden hatte.“); ganz offenkundig nicht durchgesetzt hat sich eine vergleichbare Umbenennung durch Domitian (Sueton, Domitian 13,3): „Als er aber nach zwei triumphalen Erfolgen den Beinamen ‚Germanicus‘ angenommen hatte, benannte er die Monate September und Oktober nach seinen eigenen Namen in ‚Germanicus‘ und ‚Domitianus‘ um, weil er im einen die Herrschaft übernommen habe, im anderen geboren sei.“ (post autem duos triumphos Germanici cognomine assumpto Septembrem mensem et Octobrem ex appellationibus suis Germanicum Domitianumque transnominavit, quod altero suscepisset imperium, altero natus esset), die Tiberius zwischenzeitlich noch abgelehnt hatte (Sueton, Tiberius 26,2): „Er schritt auch dagegen ein, dass man auf seine Erlasse Schwüre ablegte und dass der Monat September ‚Tiberius‘, der Oktober ‚Livius‘ genannt wurden“ (intercessit et quo minus in acta sua iuraretur et ne mensis September Tiberius, October Livius vocarentur). Für den Januar als Jahresbeginn vgl. Ovid, Fasten 1,64: „und in meinem Gedicht steht Janus an erster Stelle“ (inque meo primum carmine Ianus adest) Eine Umschreibung der Grußformel vive vale(que; s. S 2,5,110 bzw. E 3 1,6,67) 10 Felder um Alba: s. zu S 2,4,72 13 Vgl. Aristophanes, Die Ritter 419: „Schaut doch mal, Jungs! Seht ihr nicht? Eine neue Jahreszeit – eine Schwalbe!“ und Aristoteles, Nikomachische Ethik 1,6 (1098a): „… wenn dem so ist, ist das für den Menschen Gute die tugendhafte Verwirklichung der Persönlichkeit, für den Fall mehrerer Tugenden entsprechend der besten und vollkommensten – zudem ein voll(kommen)es Leben hindurch. Denn eine Schwalbe macht keinen Frühling noch ein Tag; genauso wenig (macht) glückselig ein Tag oder eine kurze Zeit.“ 14 Calabrien: (in der Antike!) der ‚Absatz‘ des italienischen Stiefels 25 ff. Vgl. Goethe, Faust 184 f. / 197: „So gib mir auch die Zeiten wieder, / Da ich noch selbst im Werden war, / … Gib meine Jugend mir zurück!“
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Cinara: eine (reale?) Geliebte Horazens (nur im & als Rückblick: E 1,14,33 sowie c. 4,1,4 und 13,21 f.) Der befremdlich vegetarische Fuchs (‚Körnerfresser‘) bei Horaz fin29 det in der entsprechenden ‚äsopischen‘ Fabel bei Babrios 86 (vgl. zu S 2,6,79 ff.) in einer alten Eiche einen Proviantbeutel voll Brot und – Fleisch! Artgerechter findet sich in einem Brief des Heiligen Hieronymus (347–420, bekannt vor allem durch seine Bibelübersetzung, die sog. Vulgata) An Salvina [Brief 79 in PL 22, Sp.726]: „Es lehrt auch eine Fabel des Aesop, dass der volle Bauch einer Maus durch eine enge Öffnung nicht zu entweichen vermochte.“ (docet et Aesopi fabula plenum muris ventrem per angustum foramen egredi non valere) gebe ich alles zurück: Im Rahmen einer großen Maecenas-Ode hatte 34 Horaz eine Absage der Göttin Fortuna gegenüber verwandt formuliert (c. 3,29,53 f.): „Wenn sie ihre schnellen Flügel schlägt, gebe ich zurück, was sie gewährte!“ (si celeris quatit / pinnas, resigno, quae dedit) 41 Vgl. Odyssee 4,601 ff.: „Die Pferde aber werde ich nicht nach Ithaka bringen, sondern dir selbst / hier als Prunkstück zurücklassen … / [605] Auf Ithaka gibt es weder breite Wege noch Wiesen, / von Ziegen beweidet und einnehmender als von Pferden beweidet.“ Situativ entsprechend v.43 „der Sohn des Atreus“ = Menelaos, der König von Sparta (und Gatte Helenas) Tibur: s. zu S 1,6,108; Tarent: s. zu S 1,6,59 45 Der ‚historische‘ L. Marcius Philippus (Konsul 91 v. Chr.)? Vgl. Varro, 46 Fragen der Landwirtschaft 3,3,10: „Denn wer kennt nicht ob ihrer Exquisitivität die Fischteiche eines Philippus, eines Hortensius, der Luculli?“ (quis enim propter nobilitates ignorat piscinas Philippi, Hortensi, Lucullorum?) und Cicero, Brutus 173: „Den beiden Spitzen(rednern) also, Crassus und Antonius, kam Lucius Philippus am nächsten, gleichwohl am nächsten bei freilich beträchtlichem Abstand … Aber gleichwohl besaß Philippus, was einer, der ohne die Folie jener die Sache betrachtete, hinlänglich ‚groß‘ nennen würde: größte Freiheit in der Rede, von großer Schlagfertigkeit, hinlänglich findig, souverän bei der Erläuterung von Standpunkten; insbesondere war er auch, für damalige Verhältnisse, mit der griechischen Fachwissenschaft vertraut, im Streitgespräch mit anderen spitz und verleumdnerisch schlagfertig.“ (duobus igitur summis, Crasso et Antonio, L. Philippus proxumus accedebat, sed longo intervallo tamen proxumus … sed tamen erant ea in Philippo, quae qui sine comparatione illorum spectaret satis magna diceret: summa libertas in oratione, multae facetiae, satis creber in reperiendis, solutus in explicandis sententiis; erat etiam in primis, ut tempori28
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Anmerkungen
bus illis, Graecis doctrinis institutus, in altercando cum aliquo aculeo et maledicto facetus) Carinen: ein vornehmes Wohnviertel am Abhang des Esquilin (vgl. zu S 1,8,14.24; 1,9,1 und 2,6,33) an seinem eigenen Herd: s. zu S 1,2,56 Marsfeld: s. zu S 1,1,91 die Latinischen Feiertage: mehr(vier-?)tägiges Fest zu Ehren des Jupiter Latiaris im Frühling auf dem Albanerberg – an den feriae Latinae bzw. dem ‚latinischen Bundesfest‘ wäre exemplarisch eine wenig befriedigende Quellenlage wie deren wissenschaftliche Aufbereitung zu studieren siebentausend Sesterzen: 14.000 Sesterzen sind der offenbar hinreichende Hintergrund für den Erwerb eines agellus (vgl. zu S 2,3,23) Vgl. Terenz, Andria 289: „Darum bitte ich dich bei dieser Rechten und deinem Genius!“ (quod per ego te dextram hanc oro et genium tuom) und Cicero, Briefe an Atticus 11,1,1: „und dass du das tust, bitt’ ich dich inständig wie inbrünstig“ (idque ut facias te obtestor atque obsecro); die Schutzgottheit des Einzelnen Genius bei Horaz nach c. 3,17,14 noch E 2,1,144 und 2,2,187 (s. z.St.) sowie ap 210; zur Hausgottheit der Penaten s. zu S 2,3,176
8. Brief 1 Der Adressat Albinovanus Celsus womöglich auch der „Celsus“ E 1,3,15 2 Nero: für uns (der nachmalige Kaiser) Tiberius (s. zu E 1,3,2; für den damals etwa zweiundzwanzigjährigen iuvenis [v.14] vgl. zu E 1,15,21) 11 Vgl. Medea in Euripides’ gleichnamiger Tragödie 1078 ff.: „Und ich bemerke zwar, was ich Übles zu tun im Begriffe bin, / aber mein Bauchgefühl ist stärker als meine Bedenken, / – der Urheber der größten Übel bei den Sterblichen“ und in Ovids Metamorphosen 7,20 f.: „Ich sehe das Bessere und heiße es gut, folge aber dem Schlechteren“ (video meliora proboque, / deteriora sequor); Phaidra in Euripides’ Hippolytos 380 f.: „Wir wissen um das Nützliche und erkennen es, / mühen uns aber nicht darum“ sowie als Titelheldin bei Seneca 178 f.: „doch die Raserei zwingt (mich), dem Schlechteren zu folgen; der Verstand geht wissend auf den Abgrund zu“ (sed furor cogit sequi / peiora. vadit animus in praeceps sciens); Platon, Protagoras 352d: „doch (die meisten Menschen) sagen, viele, die das Beste erkennen, wollten es nicht tun, obwohl sie könnten, sondern täten anderes“ sowie Paulus, Brief an die Römer 7,15.18 f.: „Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich. (…) Wollen habe ich
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wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Tibur: s. zu S 1,6,108
9. Brief 1 Ein Septimius (der in der Horaz-Vita genannte Vertraute des Augustus?) ist auch Adressat von c. 2,6 Septimi, Gadis; Claudius (bzw. v.4 Nero): s. zu E 1,8,2 bzw. 1,3,2 10. Brief 1 Aristius Fuscus: Adressat von c. 1,22 Integer vitae und verschmitzter ‚Freund‘ S 1,9,60 ff. (s.a. zu S 1,10,81 ff.); der Beginn ahmt die förmlichen Wendungen des Briefstils nach, vgl. aber auch Plautus, Asinaria 296: „Ich heiße dich willkommen mit kräftigster Stimme, bis wo die Kräfte reichen!“ (iubeo te salvere voce summa, quo ad vires valent) und E 1,7,66 Vgl. bei Sallust, Die Verschwörung Catilinas 20,4: „Denn dasselbe wol4 f. len und dasselbe nicht wollen – das ist ja erst feste Freundschaft!“ (nam idem velle atque idem nolle: ea demum firma amicitia est) 12 Dem stoischen Grundsatz ‚in Übereinstimmung mit der Natur leben‘ nachgebildet (vgl. zu S 1,1,49 ff.) Vgl. zu S 1,7,25 f. 16 26 Sidon ist eine phönikische Hafenstadt nördlich von Tyros (s. zu S 2,4,84), hier kontrastiert durch Aquinum im mittelitalischen Latium 34 ff. Vgl. Aristoteles, Rhetorik 2,20,5 (1393b): „Stesichoros erwog, als die Bewohner von Himera Phalaris zum Feldherrn mit absoluter Vollmacht nahmen und ihm eine Leibwache geben wollten, die andere Seite der Medaille und sagte ihnen ein Wort, wie ein Pferd eine Wiese allein in Besitz hielt; als aber ein Hirsch kam und die Weide verwüstete, wollte es sich am Hirsch rächen und fragte einen Menschen, ob er sich mit ihm am Hirsch rächen könne. Der sagte: Wenn es Zügel nähme und er selbst auf es stiege mit Wurfspießen. Nach Zustimmung und Besteigung war (das Pferd), statt sich zu rächen, selbst dem Menschen untertan: ‚So‘, sagte (Stesichoros), ‚seht aber auch ihr zu, dass euch nicht, weil ihr euch an euren Feinden rächen wollt, dasselbe widerfährt wie dem Pferd: Denn den Zügel habt ihr bereits, wenn ihr den Feldherrn mit absoluter Vollmacht nehmt; wenn ihr aber eine Wache gebt und (ihn) aufsteigen lasst, seid ihr bereits Phalaris untertan‘.“; variiert in Phaedrus’ Buch der Fabeln 4,4 („Pferd und Eber [!]“: equus et aper) Vgl. Epikur, Aussprüche 77: „Der Unabhängigkeit größte Frucht ist 39 Freiheit.“
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Anmerkungen
Vgl. Epiktet, Handbüchlein 39: „Maß für Besitz (ist) der Körper für jeden wie der Fuß für den Schuh“ und in den Grimmschen Kinder- und Hausmärchen (21. Aschenputtel), wo die große Zehe bzw. hinten die Ferse nicht in den Schuh passen: „rucke di guck, rucke di guck, / Blut ist im Schuck [= Schuh], / der Schuck ist zu klein …“ Vgl. Seneca, Vom glückseligen Leben 26,1: „Reichtümer bedeuten für einen weisen Menschen Knechtschaft, für einen dummen Befehlsgewalt.“ (divitiae … apud sapientem virum in servitute sunt, apud stultum in imperio) Vgl. „Vacuna ist eine sabinische [vgl. zu S 2,7,118] Gottheit, die unter ungewissem Äußeren gestaltet ist; manche halten sie für Bellona [vgl. zu S 2,3,223], andere für Minerva, andere für Diana.“ (Vacuna in Sabinis dea, quae sub incerta specie formata; hanc quidam Bellonam, alii Minervam, alii Dianam; Porph.); inschriftlich bezeugt ist offenbar die Restaurierung ihres (und/oder der Victoria?) Tempels bei Rocca Giovane, also in der Nähe des horazischen Sabinums, durch Vespasian
11. Brief 1 Chios: vgl. zu S 1,10,24; zur Identifizierung des Bullatius mit L. Munatius Plancus (dem Adressaten von c. 1,7 Laudabunt alii) vgl. Lohmann 453 f.; Lesbos: Insel vor der kleinasiatischen Küste (und Heimat der horazischen ‚Hausgötter‘ Sappho und Alkaios) 2 Samos: Insel vor der kleinasiatischen Küste südlich von Chios; Kroi sos: legendär reicher König von Lydien in der heutigen (West-)Türkei (um 600 v. Chr.) 3 Smyrna und Kolophon: kleinasiatische Städte an der Küste Lydiens bzw. zwischen Smyrna und Ephesos gelegen Marsfeld: s. zu S 1,1,91 4 5 Attalos III. von Pergamon vermachte 133 (vgl. c. 2,18,5 f.: ‚Attalos’ Erbe‘) sein Herrschaftsgebiet den Römern, für die man es im Wesentlichen als Provinz Asia ansetzen mag; sein Reichtum (Attalicis condicionibus) dient c. 1,1,12 als hoch-attraktiver Bezugspunkt 6 Lebedos: kleinasiatische Seestadt zwischen Smyrna und Kolophon, hier abgehoben von Gabii (v.7) und Fidenae (v.8) im mittelitalischen Latium 10 Vgl. Cicero, Briefe an Atticus 2,7,4: „Jetzt aber … möchte ich dieser Leute Schiffbruch vom Lande aus betrachten, möchte, wie dein Freund Sophokles sagt: ‚unterm Dach dichten Niederschlag hören ruhigen Sinnes‘“ (nunc vero … cupio istorum naufragia ex terra intueri, cupio, ut ait tuus amicus Sophocles [mit griechisch angeführtem Zitat]) und Lukrez, Über die Natur der Dinge 2,1 f.: „Wie angenehm, wenn auf dem großen Meer der Wind die Oberfläche aufwühlt, / vom Land aus die
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große Not eines anderen zu sehen!“ (suave mari magno turbantibus aequora ventis / e terra magnum alterius spectare laborem); ähnlich auch für Archippos, einen Vertreter der sog. Alten Tragödie [vgl. zu S 1,4,1], in Stobaios’ Blütenlese bezeugt: „wie süß, das Meer [im Sinne von: ‚tobende See‘ o.dgl.] vom Land aus zu sehen …“ Capua: Stadt im mittelitalischen Campanien an der Via Appia (vgl. zu S 1,5,1) nördlich von Neapel Rhodos: Insel an der Südwestküste Kleinasiens; Mytilene: Hauptstadt auf Lesbos (s. zu v.1); die Kombination wie c. 1,7,1: „Preisen mögen andere das berühmte Rhodos oder Mytilene …“ (laudabunt alii claram Rhodon aut Mytilenen). Zu facere = ‚passen, geeignet sein‘ vgl. Properz 3,1,20: „Nicht passen will der harte Kranz (zu) meinem Kopf.“ (non faciet capiti dura corona meo) Vgl. Augustinus, Vom Gottesstaat 14,17: „Dann flochten sie [sc. Adam und Eva] – durcheinander aufgrund des Ungehorsams ihres Fleisches … – Blätter eines Feigenbaumes zusammen und machten sich campestria, d.h. Schürze für die Genitalien; denn manche Übersetzer haben ‚Schürze‘ eingesetzt. Nun ist zwar campestria ein durchaus lateinisches Wort, hat aber seinen sprachlichen Hintergrund darin, dass die jungen Männer, die nackt auf dem Übungsplatz trainierten, den Schambereich bedeckten. Deshalb nannte der Volksmund diejenigen, die so geschürzt waren, campestrati.“ (proinde confusi inoboedientia carnis suae … ‚consuerunt folia fici et fecerunt sibi campestria‘, id est succinctoria genitalium; nam quidam interpretes ‚succinctoria‘ posuerunt. porro autem ‚campestria‘ Latinum quidem verbum est, sed ex eo dictum, quod iuvenes, qui nudi exercebantur in campo, pudenda operiebant; unde qui ita succincti sunt, ‚campestratos‘ vulgus appellat) August: s. zu E 1,7,2 Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 28,1: „Die Einstellung musst du ändern, nicht den Himmel!“ (animum debes mutare, non caelum), Johann Christoph Friedrich Haug, Epigrammen und Einfälle (1805; Drittes Buch. ‚17. Als Marforio ins Bad reisete‘): „Willst du, Marforio, / Von Krankheit dich befrei’n, / Musst du nicht anderswo, / Du musst ein And’rer seyn!“ und Friedrich Wilhelm Weber, Dreizehnlinden (‚III. Auf dem Habichtshofe‘ 4. 133 ff.): „Doch du denkst nur an dich selber, / Vor dir selber willst du fliehen: / Deine Qual, durch alle Meere / Rastlos wird sie mit dir ziehen.“ Vgl. Seneca, Von der Stille des Gemüts 12,3: „Diesen ähnlich führen die meisten ihr Leben, das man nicht grundlos umtriebige Untätigkeit nennen könnte.“ (his plerique similem vitam agunt, quorum non immerito quis inquietam inertiam dixerit)
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Anmerkungen
Vgl. Cicero, Briefe an sein Umfeld 7,18,3: „Diese Zeilen schrieb ich im Pomptinischen [im mittelitalischen Latium], als ich im Hause des Marcus Aemilius Philemon abstieg, aus dem ich bereits das Rumoren meiner Klienten gehört hatte, die du mir eingehandelt hast; denn in Ulu brae, so viel steht fest, hat sich mir zu Ehren eine ungeheure Menge quakender Frösche in Bewegung gesetzt.“ (has litteras scripsi in Pomptino, cum ad villam M. Aemili Philemonis devertissem, ex qua iam audieram fremitum clientium meorum, quos quidem tu mihi conciliasti; nam Ulubris honoris mei causa vim maximam ranunculorum se commosse constabat)
12. Brief 1 Agrippa (wie v.26): s. zu S 2,3,185; Iccius: wohl der Adressat von c. 1,29 Icci, beatis 4 ff. Vgl. (bei Theognis 719 ff. überlieferte) Verse Solons, des athenischen Staatsmannes (um 600): „gleichermaßen reich, wem viel Silber gehört und Gold … und wem das Nötige bereit steht, für Bauch, Flanke [Lenden?] und Füße Angenehmes zu erleben“ 8 Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 21,93: „Zur Zeit wenigstens ihres Wachstums im Frühling gehört (die Brennnessel) selbst zur nicht unwillkommenen, für viele sogar zauberkräftigen Ernährung, des ganzen Jahres Krankheiten abzuwehren.“ (incipiens quidem [sc. urtica] ipsa nasci vere non ingrato, multis etiam religioso in cibo est ad pellendos totius anni morbos) 12 f. Vgl. Cicero, Von den Grenzen des Guten und Bösen 5,87: „Gewiss hat (Demokrit [sizilischer Philosoph des 5. Jh.; vgl. zu E 2,1,194]), damit sein Geist möglichst wenig von Überlegungen abgelenkt würde, sein väterliches Erbe vernachlässigt, die Äcker unbebaut liegen lassen, auf der Suche nach – was anderem als dem Lebensglück?“ (certe ut quam minime animus a cogitationibus abduceretur, patrimonium neglexit, agros deseruit incultos, quid quaerens aliud nisi vitam beatam?) 13 Vgl. das ‚Portrait des unbekannten Philosophen‘ in Platons Theaitet 173e f.: „Und von diesem allem weiß er nicht einmal, dass er es nicht weiß; denn er hält sich davon fern nicht um seines guten Rufes willen, sondern tatsächlich ist nur der Körper in der Stadt hier und hält sich dort als Fremder auf, seine Geisteskraft aber, die dies alles für gering und nichts erachtet, fliegt voller Verachtung überall umher, das – nach Pindar – unter der Erde (Befindliche) und das Ebenirdische vermessend, das über dem Himmel im Sternenblick und überall jegliche Natur dessen erforschend, was es insgesamt je für sich gibt, ohne sich auf irgendetwas in der Nähe einzulassen. – Wie meinst du das, o Sokrates?
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– Gerade wie auch Thales beim Sternenblick, o Theodoros, und nach oben Sehen in einen Brunnen fiel, und ihn eine in sich stimmige und gewitzte thrakische Magd kommentiert haben soll, er verlange das am Himmel zu verstehen, das aber in seiner unmittelbaren Umgebung und vor seinen Füßen entginge ihm. Derselbe Kommentar reicht auch für alle, die in der Philosophie leben.“ 15 ff. Vgl. zu derlei Fragestellung und Betrachtungsweisen Lukrez, Über die Natur der Dinge 6,608 ff. und – fürs Alter reserviert – Properz 3,5,25 ff. Die Fügung concordia discors findet sich später auch umgestellt bei 19 Ovid, Metamorphosen 1,433 (discors concordia), variiert bei Mani lius, Astronomica 1,142 (discordia concors) und unverändert bei Lukan, Bürgerkrieg 1,98; der philosophische Hintergrund – vgl. Seneca, Naturkundliche Fragen 7,27,3: „Dieser ganze Einklang der Welt besteht aus Dissonanzen.“ (tota haec mundi concordia ex discordibus constat) –, dass also eine höhere Synthese die Widersprüchlichkeit von These und Antithese in sich schließe und aufhebe, beginnt spätestens beim höchst dialektischen Heraklit: „Der Gott: Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Friede, Sattheit und Hunger“ (strukturell analog Gen 8,22: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“) und hört bei Hugo von Hofmannsthal (am Ende des ‚lyrischen Dramas‘ Der Tor und der Tod [1894]): „Wie wundervoll sind diese Wesen [hier = ‚der kleine Gott der Welt‘, also der Mensch], / Die, was nicht deutbar, dennoch deuten, / Was nie geschrieben wurde, lesen, / Verworrenes beherrschend binden / Und Wege noch im Ewig-Dunkeln finden.“ oder Robert Gernhardt (im Gedicht Finger weg aus Körper in Cafés [1987]) nicht auf: „Ich bin das gänzlich Andere, / das wortentrückt Besandere, / stand stets und steh auch hier und jetzt / hoch über Sprach- und Reimgesetz, / so durch und durch besonders: / Noch anders bin ich onders.“ 20 Empedokles von Akragas (auf Sizilien, 5. Jh.) soll die Welt durch Anziehung und Abstoßung (‚Hass und Liebe‘) vierer Grundstoffe (die ‚Elemente‘ Erde, Wasser, Feuer und Luft) erklärt haben: die von Horaz formulierte ‚komplexe Ein(fach)heit‘?; Stertinius: der stoische ‚Lehrmeister‘ des Davus in S 2,3 (v.33.296) 21 Empedokles wurde als Vertreter der Seelenwanderung (vgl. zu S 2,6,63) namhaft gemacht (vgl. 31 B 117 in der ‚Vorsokratiker‘-Sammlung von Diels/Kranz): „Denn ich war bereits ein junger Mann und eine junge Frau / und ein Busch und ein Vogel und aus dem Meer ein stummer Fisch“; vgl. zudem für Ägypten Juvenal, Satiren 15,9: „Lauch und Zwiebel zu verletzen und zu kauen, ist Frevel!“ (porrum et caepe nefas violare ac frangere morsu)
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Anmerkungen
Pompejus Grosphus: vielleicht der Adressat (v.5 Pompei) von c. 2,7 O saepe mecum, sicherer (v.7 Grosphe) der von c. 2,16 Otium divos 25 ff. Hochkomprimierte Auskunft zur ‚Lage der Nation‘ und dem Stand der Dinge des Jahres 21/20 (chronologisch nicht unproblematisch!) – im (nord)spanischen Westen (Cantaber) wie im näheren Osten zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer (Armenius); Claudius Nero: s. zu E 1,3,2; zum Partherkönig Phraates IV. (nicht wechselfreie Herrschaft etwa 37–2) – seit der Niederlage des Crassus bei Carrhae i.J. 53 das außenpolitische Trauma der Römer – vgl. Augustus’ Tatenbericht 5,29: „Die Parther zwang ich, Beutestücke und Feldzeichen dreier römischer Heere mir zurückzugeben und fußfällig die Partnerschaft des römischen Volkes zu ersuchen.“ (Parthos trium exercituum Romanorum spolia et signa reddere mihi supplicesque amicitiam populi Romani petere coegi) 22
13. Brief Als mögliche literarische Reminiszenz vgl. Martial, Epigramme 5,6 1 2 die versiegelten Papyrusrollen: man denkt bei diesem ‚Bücherpaket‘ gern an die ersten drei Odenbücher als Sammeledition (gemeinhin ins Jahr 23 v. Chr. datiert; befremdet wie befremdlich liest man allerdings auch: „17 v. Chr. ließ Horaz die drei eben vollendeten Bücher seiner Carmina durch Vinnius Asina … dem Kaiser überreichen.“) 8 f. Wortspiel mit dem Beinamen Asina (asinus bzw. asina: ‚Esel/in‘) 9 fabula fias: vgl. ep.11,8 fabula quanta fui („Was für eine Geschichte bin ich geworden!“) Die neben S 1,8,39 offenbar einzige Stelle im hexametrischen Werk 14 Horazens, wo der Herausgeber Friedrich Klingner das sog. ‚Kreuz der Verzweiflung‘ (crux desperationis) setzt 14. Brief 3 Varia: ein Städtchen 12 km nördlich von Tibur (s. zu S 1,6,108) an der Mündung der Digentia (s. E 1,18,104) in den Anio 4 f. Ausdrückliche Parallelisierung von agricultura und ‚animicultura‘ bei Cicero, Gespräche in Tusculum 2,13 Lamia: womöglich der Adressat von c. 1,26 Musis amicus und c. 3,17 6 Aeli vetusto (vgl. auch die Nennung dieses Namens c. 1,36,7) 13 Zur Flucht vor sich selbst vgl. zu S 2,7,113 sowie Goethe / Schiller, Tabulae votivae 24 (‚Das Subjekt‘): „Wichtig wohl ist die Kunst und schwer, sich selbst zu bewahren, / Aber schwüriger ist dieses: sich selbst zu entfliehn.“ 23 Vgl. c. 2,6,13 f.: ille terrarum mihi praeter omnis / angulus ridet („Dieser Winkel lacht mir vor allen (Plätzen) der Welt …“)
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Cinara: s. zu E 1,7,28 Falerner: s. zu S 1,10,24 Vgl. die noch ‚heile‘ Tierwelt in einem Pindar-Fragment: „unterm Wagengeschirr das Pferd, am Pflug das Rind“ Vgl. Cicero, Gespräche in Tusculum 1,41: „Treffend wird ja im bekannten Sprichwort der Griechen festgehalten: Welche Kunsttätigkeit ein jeder versteht, darin übe er sich!“ (bene enim illo Graecorum proverbio praecipitur: quam quisque norit artem, in hac se exerceat), abgekürzt in Briefe an Atticus 5,10,3: „O jenes wahre ‚Tue einer …‘!“ (o illud verum [griech.: érdoi tis]!) nach Aristophanes, Wespen 1431: „Tue einer, welche Sache ein jeder versteht!“
15. Brief Velia (als griechische Kolonie Elea berühmt für die Philosophen[schu1 le] insbesondere um Parmenides und Zenon [s. zu S 1,3,126 f.]) und Salernum: Orte rund 35 km südlich bzw. nördlich von Paestum an der Westküste des süditalischen Lukanien (auch v.21) Baiae: s. zu S 2,4,32 2 Vgl. Sueton, Der vergottete Augustus 81: „Von einer Leber-Erkran3 kung zur Verzweiflung getrieben … ließ er sich, weil warme Umschläge nichts brachten, notgedrungen auf Diagnose des Antonius Musa mit kalten behandeln.“ (iocinere vitiato ad desperationem redactus … quia calida fomenta non proderant, frigidis curari coactus auctore Antonio Musa) Clusium: Stadt in Etrurien (der heutigen Toskana); Gabii: s. zu E 1,11,6 9 Cumae: das „Tor nach Baiae“ (ianua Baiarum; Juvenal, Satiren 3,4) im 11 mittelitalischen Campanien iuvenis kann lateinisch durchaus einen Vierzigjährigen bezeichnen (vgl. 21 c. 1,2,41 mit Augustus als iuvenis im Jahre 23; ein konkretes Alter ist wie bei adulescens jeweils für den Einzelfall im jeweiligen Kontext zu bestimmen) 24 Phaiake: Bewohner der sagenhaften Insel Scheria, auf der Odysseus von seiner Odyssee erzählt (vgl. „des [Phäakenkönigs] Alkinoos … Jungvolk“ E 1,2,28 ff.) Vgl. unter Berufung auf das Zwölftafel-Gesetz Cicero, Von den Pflich29 ten 1,37: „Als ‚hostis‘ wurde nämlich bei unseren Vorfahren derjenige bezeichnet, den wir heute als ‚Ausländer‘ bezeichnen (würden).“ (hostis enim apud maiores nostros is dicebatur, quem nunc peregrinum dicimus)
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Anmerkungen
16. Brief Quinctius: vielleicht (Hirpinus) der Adressat von c. 2,11 Quid bellicosus 1 Tarent: s. zu S 1,6,59 11 13 Zum Hebros vgl. zu E 1,3,3 17 Vgl. S 2,7,100 f.: „Doch du selbst hörst (von dir) als einem feinsinnigen und beschlagenen Beurteiler der Alten“ (at ipse / subtilis veterum iudex et callidus audis) und E 1,7,37 f.: „(die Anrede) ‚König‘ und ‚Vater‘ hast du gehört in deinem Beisein“ (rexque paterque / audisti coram); zur Sache auch Aischylos, Sieben gegen Theben 592: „Denn er [sc. der Seher Amphiaraos] will nicht der Beste scheinen, sondern sein“ und Sallust, Die Verschwörung Catilinas 54,6: „Er [sc. der jüngere Cato] wollte lieber gut sein als scheinen“ (esse quam videri bonus malebat) sowie eine popularphilosophische Abhandlung (‚Diatribe‘) des Teles (s. zu E 1,17,30) Über Schein und Sein und der (römische?) Pragmatismus Ciceros Von den Pflichten 2,43: „Gleichwohl sagte vortrefflich Sokrates [bei Xenophon, Denkwürdigkeiten 2,6,39; s.a. ders., Des Kyros Lehrjahre 2,30], dies sei der nächstliegende Weg zum Ruhm und gleichsam die Abkürzung, wenn einer darauf hinarbeite, so zu sein, wie er angesehen werden wolle.“ (quamquam praeclare Socrates hanc viam ad gloriam proximam et quasi compendiariam dicebat esse, si quis id ageret, ut, qualis haberi vellet, talis esset) 27 ff. Vgl. „diese Verse [sc. tene – Iuppiter], die aus dem/einem höchst bekannten Preisgedicht auf Augustus stammen“ (hos versus … qui sunt notissimo ex panegyrico Augusti; Porph.) 30 Vgl. S 2,6,20: „‚Vater Matutinus‘ – oder ‚Janus‘, (falls) du (das) lieber hörst“ (Matutine pater seu Iane libentius audis) und c. 1,2,43 f.: „der sich Caesars Rächer nennen lässt“ (patiens vocari / Caesaris ultor) 34 Fasces: s. zu S 1,6,97 resp. E 1,6,53 45 Vgl. zu S 2,1,64 f., Schiller, Anthologie auf das Jahr 1782 (Elegie auf den Tod eines Jünglings 57): „Gauner durch Apostel Masken schielen“ und Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher E 215: „Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinguckt, so kann freilich kein Apostel heraus sehen …“ (vgl. in seiner Streitschrift Über Physiognomik: „Solche Werke [sc. wie die Shakespeares] sind Spiegel; wenn ein Affe hinein guckt, kann kein Apostel heraus sehen.“) 49 der Sabeller: offenbar Horaz selbst, der sich auf seinem Gut als echter Sabiner (vgl. zu S 2,7,118) fühlt 60 Laverna: Gottheit dunklerer Machenschaften und Diebereien 73 Pentheus: als Beispiel eines Gewaltherrschers nach Euripides’ Bakchen (vgl. dort v.492/8: „Was heißt es dann zu erleiden? Was willst du mir groß tun? … Befreien wird mich die Gottheit selbst, wenn ich es will.“)
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Vgl. Angelus Silesius (Johannes Scheffler), Cherubinischer Wandersmann 1, 118 (‚Der Geist bleibt allzeit frei‘): „Schließ mich, so streng du willst, in tausend Eisen ein, / Ich werde doch ganz frei und ungefesselt sein.“ Vgl. Euripides, Elektra 955 f.: „… bevor er bei der (Ziel-)Linie ankommt und die letzte Kurve des Lebens nimmt.“
17. Brief „sprichwörtlich, wie wenn die Sau Minerva [s. zu S 2,2,3] belehrte“ (pro3 f. verbialiter, ut si sus Minervam doceat; Porph.); vgl. eine offenbar griechische Wendung „weder den Blinden als Wegführer noch den Einsichtslosen als Berater“ und Mt 15,14: „Lasst sie, sie sind blinde Blindenführer! Wenn aber ein Blinder den andern führt, so fallen sie beide in die Grube.“ Vgl. im Ovid zugeschriebenen Nussbaum 87/89: „Glücklich der Baum, 7 der auf entlegenem Gelände wuchs …: er hört nicht das Getöse der Menschen, nicht das der Räder“ (felix secreto quae nata est arbor in arvo / … / non hominum strepitus audit, non illa rotarum) Ferentinum: Stadt im mittelitalischen Latium 8 Ovid formuliert Tristia 3,4,25 die epikureische Maxime ‚Lebe im Ver10 borgenen‘ (vgl. Philostrat, Das Leben des Apollonios von Tyana 8,28: „Zeit seines Lebens soll er oft gesagt haben: ‚Lebe im Verborgenen, wenn du es aber nicht kannst, stirb im Verborgenen‘“; von Plutarch liegt – unter dem lateinischen Titel: an recte dictum sit latenter esse vivendum – eine Abhandlung vor, „Ob zu Recht gesagt wurde, man müsse verborgen leben“) so: „Glaub’ mir: Wer sich gut verborgen hielt, hat gut gelebt!“ (crede mihi, bene qui latuit, bene vixit) Aristippos: s. zu S 2,3,100; vgl. Diogenes Laertios 2,68: „Den einmal 14 an ihm vorbeiziehenden (Aristipp) zog der Gemüse putzende Diogenes [von Sinope, der ‚bissige Kyniker‘ v.18; s. zu S 1,3,133 ff.] mit der Bemerkung auf: ‚Wenn du dies gelernt hättest dir als Mahlzeit vorzusetzen, würdest du nicht den Höfen der Tyrannen aufwarten.‘ Der aber erwiderte: ‚Und du würdest, wenn du mit Menschen umzugehen wüsstest, kein Gemüse putzen.‘“ und Epikur (ebenfalls bei Diogenes Laertios 10,120), der Weise werde dem Monarchen zur rechten Zeit dienen 20 Vgl. Diogenianus (ein Grammatiker zur Zeit Hadrians), Centurien 5, 31: „‚Das Pferd fährt mich, der König nährt mich‘: Korrhaios, der unter Philipp als Reiter diente, soll dies gesagt haben, als seine Mutter (ihn) ersuchte, er möge den Abschied vom Dienst erbitten.“ 22 Vgl. Seneca, Briefe an Lucilius 9,14: „(Chrysipp [s. zu S 1,3,126 f.]) sagt, dem Weisen fehle nichts.“ (ait sapientem nulla re egere)
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Anmerkungen
Vgl. Isokrates, An Demonikos 29: „Schätze das Vorhandene, aber suche das Bessere!“ Vgl. Diogenes Laertios 6,13: „Und (Antisthenes) habe als Erster den Mantel doppelt umgeschlagen, wie Diokles sagt, und nur ihn in Gebrauch gehabt; einen Stock nahm er und einen Ranzen“ und Cicero, Über den Redner 3,62: „… dann gingen von Antisthenes, der Askese und Härte im sokratischen Diskurs besonders schätzte, zuerst die Kyniker, dann die Stoiker hervor …“ (deinde ab Antisthene, qui patientiam et duritiam in Socratico sermone maxime adamarat, Cynici primum, deinde Stoici [sc. manaverunt]) Milet: Stadt an der Westküste Kleinasien südlich von Ephesos; der nur aus zweiter Hand bei Stobaios (offenbar frühes 5. Jahrhundert n. Chr.) in dessen Blütenlese bekannte Teles von Megara (Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. zu suchen) soll die ‚Luxus-chlamýs‘ dem ‚Philosophen-tríbon‘ gegenübergestellt haben. Zu Hund und Schlange vgl. Terenz, Phor mio 705 ff.: „Wie viele Dinge sind mir über den Weg gelaufen, die sich im Nachhinein als dunkle Vorzeichen herausstellten: Hinein kam ins Haus ein schwarzer fremder Hund; eine Schlange fiel in den Hof von den Dachziegeln …“ (quot res postilla monstra evenerunt mihi! / intro iit in aedis ater alienus canis; / anguis per inpluvium decidit de tegulis); freilich ist der Abscheu vor Schlangen ein Gemeinplatz (vgl. Plautus, Der Kaufmann 761: „gleichermaßen wie Schlangen hassen“ [odisse aeque atque anguis]), der vor Hunden für einen Kyniker (vgl. zu S 1,3,133 ff.) von satirischem Wortwitz Vgl. E 1,20,23: „ich hätte den Ersten der Stadt im Krieg gefallen und zuhaus“ (me primis urbis belli placuisse domique) und Schiller, Prolog (zu Wallenstein. Ein dramatisches Gedicht) 48 f.: „Denn wer den Besten seiner Zeit genug / Getan, der hat gelebt für alle Zeiten.“ Vgl. Gellius, Attische Nächte 1,8,3 f.: „In diesem Buch [sc. Füllhorn der Amaltheia des Peripatetikers Sotion, von Gellius eigens lateinisch mit cornu Copiae umschrieben] über den Redner Demosthenes und die Hetäre Laïs steht folgende Geschichte geschrieben: Laïs – so sagt er – aus Korinth nahm aufgrund der Anmut und Attraktivität ihres Äußeren viel Geld, und der Andrang reicher Männer zu ihr aus ganz Griechenland war beträchtlich, aber es wurde nicht zugelassen, wer nicht gab, was sie forderte; sie forderte aber außergewöhnlich viel. Daher, sagt er, sei jenes bei den Griechen verbreitete Sprichwort entstanden: ‚Nicht jedes Mannes Fahrt gelangt nach Korinth‘, weil sich vergeblich nach Korinth zu Laïs auf den Weg machte, wer nicht zahlen konnte, was sie forderte.“ (in eo libro super Demosthene rhetore et Laide meretrice historia haec scripta est: ‚Lais‘ inquit ‚Corinthia ob elegantiam
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venustatemque formae grandem pecuniam demerebat, conventusque ad eam ditiorum hominum ex omni Graecia celebres erant, neque admittebatur, nisi qui dabat, quod poposcerat; poscebat autem illa nimium quantum.‘ hinc ait natum esse illud frequens apud Graecos adagium: ou pantos andros es Korinthon esth’ ho plous, quod frustra iret Corinthum ad Laidem, qui non quiret dare, quod posceretur) 50 f. Vgl. „… als ein Rabe sich einer Mahlzeit näherte, rief er durch sein Gekrächze andere Vögel herbei; so kam es, dass er nicht allein essen konnte.“ (corvus cum accedit ad cibum, strepitu vocis alias aves arcessit; unde fit, ut solus pasci non possit; Porph.) Brundisium: s. zu S 1,5,1; Sorrent: Stadt im mittelitalischen Campanien 52 Osiris: die auf einen ersten flüchtigen Blick für Rom nicht vor dieser 60 Stelle belegte große Gottheit der Ägypter („O Isis und Osiris!“) 18. Brief Lollius: der Lollius Maximus von E 1,2? 1 Vgl. Diogenes Laertios 6,31: „(die Haare) bis auf die Haut kurz gescho7 ren und ungeschmückt bearbeitete (Diogenes seine Schüler) und mantellos und schuhlos und schweigend und auf sich sehend unterwegs“ 9 Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik 2,6 (1106b): „Es ist also die Tugend ein Verhalten mit Wahlcharakter, in der Mitte befindlich für uns … eine Mitte aber zwischen zwei Übeln, dem Zuviel und dem Zuwenig“ Vgl. Cicero, Paradoxien der Stoiker 5,39: „Welches Nicken des be11 güterten kinderlosen Greises beachtet (die Spekulation auf eine Erbschaft [hereditatis spes]) nicht?“ (quem nutum locupletis orbi senis non observat?) Von Beneventum nach Brundisium führte neben dem ‚Königinnen20 weg‘ Via Appia auch die kürzere, aber offenbar weniger komfortable Via Minucia (vgl. zu S 1,5,1) 31 P. Volumnius Eutrapelos war ein Freund von Ciceros Briefpartner und Verleger Atticus und Vertrauter des Triumvirn und Octavian-Rivalen M. Antonius (wohl der Adressat von Cicero, Briefe an sein Umfeld 7,32 & 33) 36 Gladiator: s. zu S 2,6,44 41 ff. Vgl. Platon, Gorgias 485e: „Ich laufe Gefahr, dass es mir ergeht wie Zethos gegenüber Amphion bei Euripides [in einer nur fragmentarisch bezeugten Antiope], den ich erwähnte. Denn auch mich kommt die Lust an, dir derartiges zu sagen wie jener zu seinem Bruder: ‚Du, o Sokrates, kümmerst dich nicht, worum du dich kümmern solltest …‘“ 46 Ätolien in Mittelgriechenland ist Schauplatz der sagenhaften (‚kalydonischen‘) Eberjagd Meleagers 47 Muse: s. zu S 1,10,45
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Anmerkungen
Kantabrer und Feldzeichen: vgl. zu E 1,12,25 ff. In der (See-)Schlacht bei Aktium an der Westküste Griechenlands errang Agrippa (s. zu S 2,3,185) für Octavian am 2. September 31 den entscheidenden Sieg über Antonius und Kleopatra Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 28,25: „Die Daumen zu drü66 cken, wenn wir (etwas oder jemanden) favorisieren, werden wir sogar im Sprichwort angehalten.“ (pollices, cum faveamus, premere etiam proverbio iubemur [andere Lesart: monemur]) sowie zu E 1,1,6 76 f. Vgl. Theognis 963 f.: „Niemals preise, bevor du einen Mann sicher betrachtet hast, / wie er emotional und vom Taktgefühl her und charakterlich ist“ 82 Ein Freigelassener Luthienus Theon (der ‚theoninische Zahn‘) soll durch seine Bissigkeit seinen Patron derart erzürnt haben, dass ihm dieser sein Haus verbot (vgl. c. 4,3,16: „und schon werde ich vom Zahn weniger gebissen, dem missgünstig-neidischen“; et iam dente minus mordeor invido) 84 tua res agitur: so bereits bei Plautus, Rudens 1148 86 Vgl. ein Pindar-Fragment (das stärker noch die berühmt-berüchtigte ‚Zweckpropaganda‘ c. 3,2,13: „Süß und ehrenvoll (ist’s), für’s Vaterland zu sterben“ [dulce et decorum pro patria mori] erhellen möchte): „Süß ist ‚Krieg‘ für Unerfahrene, jemanden mit Erfahrung erfasst der Schrecken (bereits) bei seinem Heranziehen im Herzen über die Maßen“ 91 fehlt in besseren Handschriften (vgl. E 1,14,34 quem bibulum liquidi media de luce Falerni) und deshalb vom Herausgeber in Klammern gesetzt (‚getilgt‘; s.a. zu E 2,1,101) 97 Vgl. die Vergil zugeschriebene Mücke 97: „(der Rivale des Dichters aus Askra [sc. Hesiods] …) führt ein sorgenfreies Leben mit befriedeter Brust“ (securam placido traducit pectore vitam) 100 Vgl. Friedrich Wilhelm Weber, Dreizehnlinden (‚IV. Die Mette‘ 113 ff.): „Jetzt erwog er das Problema, / Ob der Tugend milde Flamme / Aus Belehrung und Erfahrung / Oder aus dem Herzen stamme.“ 101 Vgl. praktisch das Ende von Platons Staat 621c: „dass wir uns selbst Freund seien und den Göttern“ und S 1,2,19 f.: „Du möchtest kaum glauben, / wie er sich selbst nicht Freund ist.“ (vix credere possis, / quam sibi non sit amicus) 105 Mandela: Ortschaft an der Mündung der Digentia in den Anio in der Nähe von Horazens Sabinum (vgl. zu S 2,7,118) 106 ff. Vgl. Goethe, Epigramme. Venedig 1790 34a: „Oft erklärtet ihr euch als Freunde des Dichters, ihr Götter! / Gebt ihm auch, was er bedarf! Mäßiges braucht er, doch viel: / Erstlich freundliche Wohnung, dann leidlich zu essen, zu trinken / Gut, der Deutsche versteht sich auf den Nek-
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tar, wie ihr. / Dann geziemende Kleidung und Freunde, vertraulich zu schwatzen; / Dann ein Liebchen des Nachts, das ihn von Herzen begehrt. / Diese fünf natürlichen Dinge verlang’ ich vor allem. / Gebet mir ferner dazu Sprachen, die alten und neu’n, / Daß ich der Völker Gewerb’ und ihre Geschichten vernehme; / Gebt mir ein reines Gefühl, was sie in Künsten getan. / Ansehn gebt mir im Volke, verschafft bei Mächtigen Einfluß, / Oder was sonst noch bequem unter den Menschen erscheint; / Gut – schon dank’ ich euch, Götter; ihr habt den glücklichsten Menschen / Eh’stens fertig: denn ihr gönntet das meiste mir schon.“ sowie ebenda Nachlese 19: „Mehr hat Horaz nicht gewollt, er fand es! Weniger wollen / Kann man mit größerm Verdienst und man erhält auch nicht das.“ (Zum Stichwort Venetianische Epigramme vgl. Ernst Lautenbach, Lexikon Goethe Zitate. Auslese für das 21. Jahrhundert. Aus Werk und Leben, München 2004, S.385: „Der Ton gleicht etwas dem ‚Horazschen‘, verbunden mit einer freien Erotik wie in den ‚Römischen Elegien‘.“) 19. Brief 1 Kratinos: griechischer Dichter der sog. Alten Komödie (vgl. S 1,4,1), zitiert in der Anthologia Graeca 13,29: „Wein ist für den charmanten Sänger ein schnelles Pferd; / Wasser trinkend setzt du nichts Gescheites in die Welt. / Also sprach er, Dionysos, und atmete nicht nach einem Schlauch / Kratinos, sondern roch nach einem ganzen Fass. / Deshalb erblüht er unter Kränzen groß und hat mit Efeu / die Stirn wie auch du umwunden.“ Vgl. 11,20,5 f.: „Heute begehen wir den Tag des Archilochos und des männlichen Homer / festlich-feucht; der Mischkrug fasst keine Wassertrinker.“ Entschieden anders antwortete Thomas Mann 1906 auf eine Rundfrage: „Daß mehrere große Dichter Potatoren gewesen sind, beweist mir nichts. Denn wie beinahe alles Große, was dasteht, als ein Trotzdem dasteht, trotz Kummer und Qual, Armut, Verlassenheit, Körperschwäche, Laster, Leidenschaft und tausend Hemmnissen zustande gekommen ist, so glaube ich, daß auch jene Poeten ihre Leistungen nicht mit dem Alkohol, sondern trotz ihm vollbracht haben.“ Der Gedanke des großen Trotzdem findet sich wortgetreu – freilich ohne die anti-alkoholische Zuspitzung und Abrundung – auch 1912 an gut sichtbarer Stelle (Zweites Kapitel) Gustav von Aschenbach im Der Tod in Venedig mittelbar zugeschrieben. 4 Liber: s. zu S 1,4,89 5 Camenen: s. zu S 1,10,45 Vgl. die schmückenden Beiwörter (‚Epitheta ornantia‘) des Weines bei 6 Homer wie ‚herzerfreuend‘, ‚honigsüß‘, ‚lieblich (zu trinken)‘, ‚stärkend
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Anmerkungen
(< ‚gut für den Mann‘)‘ u. a. m. (Ilias 3,246; 4,346 und 6,264; Odyssee 2,340 und 3,51; 4,622) Ennius (s. zu S 1,10,54) soll vom Trinken Fußgicht (Podagra) bekommen haben; vgl. das als Wort-Beleg beim Grammatiker Priscian (um 500 n. Chr.) überlieferte Selbstzeugnis: „‚Grammatiker‘ und ‚Philosoph‘ und ‚Architekt‘ und ‚Sophist‘ und ‚Poet‘ sind griechisch; deshalb gibt es aus den Namen selbst Wörter bei den Griechen, woher auch wir ‚ich denke‘, ‚ich entwerfe‘ (und) ‚ich dichte‘ in Gebrauch haben. Ennius: ‚niemals dichtender Hand, wenn nicht gichtigen Fußes‘“ (grammaticus et philosophus et architectus et sophista et poeta Graeca sunt; itaque ex nominibus ipsis habent verba apud Graecos, unde nos quoque philosophor architector poetor in usu habuimus. Ennius: numquam poetor nisi si [?] podager) edixi: Das ‚Selbstzitat‘ (v.8 f.: forum … severis) findet sich nicht in den überlieferten Werken des Horaz. Die Einfachheit und Sittenstrenge des jüngeren Cato (95–46) betont Plutarch mehrfach in seiner Vita (der ‚nackte Fuß‘ spricht für die Unterscheidung vom älteren Cato [vgl. zu S 1,2,32]) „Dieser Iarbutha (!) (war) ein Maure aus der Gegend von Milevit, den es, als er Timagenes nacheiferte, wie er nach dem Gelage und beim Umtrunk deklamierte, aufgrund der Ungewohntheit seines Tuns, das er unternahm, selbst verriss.“ (hic Iarbutha Maurus regione Milevitana ortus qui dum Timagenem imitatur post convivium et inter pocula declamantem propter insolentiam faciendi quod conabatur ipse diruptus est; Porph.); vgl. Seneca der Ältere, Strittige Rechtsfälle 10,5,22: „Oft pflegte (Parrhasius) bei Caesar mit Timagenes aneinander zu geraten, einen Menschen mit Essig-Zunge und einer, der allzu ‚frei‘ war – ich denke, weil er es lange nicht gewesen war: vom Kriegsgefangenen zum Koch, vom Koch zum Sänftenträger, vom Sänftenträger bis zur Freundschaft Caesars emporgekommen, achtete er beiderlei, sein gegenwärtiges wie das vorangegangene Geschick so gering, dass er, als ihm aus vielerlei Gründen erzürnt Caesar das Haus verbot, die Geschichte der von jenem begangenen Taten verbrannte, wie wenn nun auch er jenem seine Begabung entzöge – ein hochberedter Mensch, von dem (es) viel nicht ganz hasenrein, aber anmutig Gesagtes (gibt).“ (saepe solebat apud Caesarem cum Timagene confligere, homine acidae linguae et qui nimis liber erat: puto, quia diu non fuerat. ex captivo cocus, ex coco lecticarius, ex lecticario usque in amicitiam Caesaris enixus, usque eo utramque fortunam contempsit, et in qua erat et in qua fuerat, ut, cum illi multis de causis iratus Caesar interdixisset domo, combure-
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ret historias rerum ab illo gestarum, quasi et ipse illi ingenio suo interdiceret: disertus homo et dicax, a quo multa inprobe, sed venuste dicta) Vgl. Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher C 250: „Als der brave Mann tod war, so trug dieser den Hut, dieser den Degen so wie er, der ließ sich so frisieren, jener ging wie er, aber der redliche Mann wie er wollte keiner mehr sein.“ und F 214: „Er hatte die Eigenschaften der größten Männer in sich vereint. Er trug den Kopf immer schief wie Alexander, und hatte immer etwas in den Haaren zu nisteln wie Cäsar. Er konnte Kaffee trinken wie Leipniz, und wenn er einmal recht in einem Lehnstuhl saß, so vergaß er Essen und Trinken darüber wie Newton, und man mußte ihn wie jenen wecken. Seine Perücke trug er wie Dr Johnson und ein Hosenknopf stund ihm immer offen wie dem Cervantes. (und nun auf einmal mit Magister Reinhold)“; Schiller, Wallensteins Lager (6. Auftritt, v.207 ff.): „Sie bekam euch übel, die Lection. / Wie er räuspert und wie er spuckt, / Das habt ihr ihm glücklich abgeguckt; / Aber sein Schenie, ich meyne sein Geist, / Sich nicht auf der Wachparade weist.“ Vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 20,159: cuminum … silvestre … omne pallorem gignit bibentibus („Der wilde Rosskümmel … erzeugt insgesamt Blässe bei denen, die ihn trinken.“) und unmittelbar darauf (160): „So, sagt man wenigstens, hätten die Anhänger des Porcus Latro, berühmt unter den Redelehrern, eine ähnliche Gesichtsfärbung nachgeahmt, die durch anhaltende Studien bedingt worden war. “ (ita certe ferunt Porci Latronis, clari inter magistros dicendi, adsectatores similitudinem coloris studiis contracti imitatos) Vgl. Lukrez, Über die Natur der Dinge 3,3 f.: „Dir folge ich, o Griechen-Volkes Zier [sc. Epikur], und in deinen Spuren setze ich jetzt meine poetischen Zeichen.“ (te sequor, o Graiae gentis decus, inque tuis nunc / ficta pedum pono pressis vestigia signis) Archilochos von Paros (um 650 v. Chr.; bei dem ‚Vorsokratiker‘ Heraklit fast in einem Atemzug mit Homer genannt [vgl. Diogenes Laertios 9,1 = 22 B 42 in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/Kranz: „Und den Homer, sagte er, solle man aus den Wettbewerben werfen und mit der Rute züchtigen, und Archilochos desgleichen“], in Platons Ion 531a neben Hesiod offenbar auf Augenhöhe mit diesem [„Jetzt aber antworte mir soweit: Bist du nur bei Homer kompetent oder auch bei Hesiod und Archilochos?“]; vgl. Dion Chrysostomos, Rede 33,11: „Insofern es ja (nur) zwei Dichter gegeben hat in aller Zeit, denen sich keiner der anderen an die Seite stellen lässt, Homer und Archilochos …“) soll mit (jambischen) Schmähgedichten Lykambes, den wortbrüchigen Vater seiner Verlobten Neobule, in den Tod getrieben haben (vgl. ep.6,13:
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Anmerkungen
„wie der von Lykambes treulos verschmähte Schwiegersohn“ [qualis Lycambae spretus infido gener]; wenigstens zwei – namenlose – Töchter und den ‚Knackpunkt‘ der Jungfräulichkeit für die gescheiterte Beziehung dokumentiert Anthologia Graeca 7,351 und 352 [vgl. in letzterem v.5 f.: „und der Worte schönen Ausdruck verwandte er nicht auf schöne / Werke, sondern für einen Krieg gegen Frauen“]); vgl. zum horazischen primus … ostendi allerdings Plutarch, Cato der Jüngere 7,2: „Aber Cato … verlegte sich [sc. anlässlich einer geplatzten Verlobung] aus Zorn und Jugendsinn auf Schmähgedichte [griech. iámbous!] und überschüttete den Scipio [sc. Metellus, seinen Nebenbuhler] mit reichlich Gift, an Bitterkeit auf Augenhöhe mit Archilochos, aber ohne dessen Zügellosigkeit und Infantilitäten.“ Sappho und Alkaios (um 600 v. Chr. auf Lesbos) als Vorbilder horazischer Lyrik (vgl. c. 2,13,24–32 und c. 3,30,13 Aeolium carmen) Vgl. Juvenal, Satiren 1,1 f.: „Soll ich immer nur Zuhörer sein? Soll ich niemals zurückschlagen (dürfen), so oft gequält durch die Theseïs des [vom Rezitieren bereits] heiseren Cordus?“ (semper ego auditor tantum? numquamne reponam / vexatus totiens rauci Theseide Cordi?) Vgl. Terenz, Andria 125 f.: „Aha: das war es also, / daher jene Tränen, deswegen jenes Mitgefühl!“ (attat, hoc illud est, / hinc illae lacrumae, haec illast misericordia), bereits ‚zitiert‘ bei Cicero, Rede für Caelius 61 und variiert später bei Juvenal, Satiren 1,168: inde ira et lacrimae („Von dort Unmut und Emotion!“) Vgl. zu ‚Jupiter‘ als Benennung des Augustus (E 2,1,68?) auch S 2,6,52 (deos quoniam propius contingis), seine Inkarnation c. 1,2,41 ff.: „oder (der) du in verwandelter Gestalt den jungen Mann auf Erden nachbildest, geflügelter Sohn der segenspendenden Maja“ (sive mutata iuvenem figura / ales in terris imitaris, almae / filius Maiae), Sueton, Der vergottete Augustus 53,1: „Vor der Anrede ‚Herr‘ graute es ihn immer wie vor einer Verleumdung oder Schmähung“ (domini appellationem ut maledictum et obprobrium semper exhorruit) und Tertullian, Verteidigungsschrift 34,1: „Augustus, des Reiches Gestalter, wollte nicht einmal ‚Herr‘ genannt werden; auch dies ist ja ein Beiname Gottes.“ (Augustus, imperii formator, ne dominum quidem dici se volebat. et hoc enim dei est cognomen). Bei Domitian (Kaiser 81–96) siegt die Überlieferung durch Sueton (Domitian 13,2): „Mit gleicher Selbstherrlichkeit begann er, als er im Namen seiner Prokuratoren ein offizielles Schreiben diktierte, so: ‚Unser Herr und Gott befiehlt, dass dies geschehe …‘ Worauf sich später einbürgerte, dass er sogar schriftlich und mündlich von niemandem anders angesprochen wurde“ (pari arrogantia, cum procuratorum suorum nomine formalem dictaret epistulam, sic coe-
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pit: ‚dominus et deus noster hoc fieri iubet‘. unde institutum posthac, ut ne scripto quidem ac sermone cuiusquam appellaretur aliter) über Statius’ Mitteilung (Wälder 1,6,83 f.): „… und riefen in süßer Schmeichelei ‚Herr‘; / dies allein verbot als unzulässig der Caesar.“ (et dulci dominum favore clamant: / hoc solum vetuit licere Caesar) diludia: ein bei Horaz nur hier begegnendes Wort (‚Hapaxlegomenon‘); vgl. „eine Unterbrechung der Spiele oder Aufschub“ (intermissionem ludorum vel dilationem; Porph.)
20. Brief Vertumnus (vgl. zu S 2,7,14) und Janus (s. zu S 2,3,18 f.) als Synony1 me für stadtbekannte Verkaufsstellen und Umschlagplätze; vgl. Martial, Epigramme 1,3,1 f.: „Beim Argiletum willst du lieber bewohnen die Läden, / während dir, kleines Buch, unsere Schreine freistehen.“ (Argiletanas mavis habitare tabernas, / cum tibi, parve liber, scrinia nostra vacent) der Buchhändler: „Die Brüder Sosius waren damals die berühmtes2 ten Verleger.“ (Sosii illo tempore fratres erant bibliopolae celeberrimi, Porph.) 9 der Seher: hier in Gestalt des augur (neben auspex und haruspex – Vogel- bzw. Eingeweideschauer – eine weitere Form des römischen Weissagewesens; vgl. aufschlussreich-differenziert den gleichnamigen As terix-Band 19 [1972; dt. zuerst 1975] Der Seher, S.9) Vgl. Ovid, Tristia 1,1,1: „Mein kleines Buch – und ich neid’ es dir nicht 10 [wie Anthologia Graeca 12,208,1] –, ohne mich wirst du in die Stadt gehen“ (parve, – nec invideo – sine me, liber, ibis in urbem) und Martin Opitz, An diß Buch (sc. seiner Sonette): „So wiltu dennoch jetzt auß meinen Haenden scheiden, / Du kleines Buch, unnd auch mit andern seyn veracht? / Gewiß, du weissest nicht, wie hoenisch man jetzt lacht, / Wie schwerlich sey der Welt Spitzfindigkeit zu meiden. // Es muß ein jeglich Ding der Menschen Urtheil leiden, / Und ob es tauglich sey, steht nicht in seiner Macht; / Der meiste Theil ist doch auff Schmaehen nur bedacht / Und denckt, was er nicht kan, dasselbe muß’ er neiden. // Noch dennoch (daß du nicht so offt’ und viel von mir / Auffs newe dulden duerffst, daß ich dich nehme fuer) / Muß ich dir loß zu seyn und außzugehn erleuben. // So ziehe nun nur hin, weils ja dir so gefellt, / Und nimb dein Urtheil an, zieh’ hin, zieh’ in die Welt; / Du hettest aber wol zu Hause koennen bleiben.“ 12 Vgl. Ovid, Briefe vom (Schwarzen) Meer 1,1,72: „wie das verräumte Buch vom Maul der Motte zerpflückt wird“ (conditus ut tineae carpitur ore liber; unmittelbar zuvor stehen v.69 ‚Wurm‘ und v.71 ‚Rost‘ für
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Anmerkungen
Be- und Verfall), ein Pindar-Fragment: „Zeus’ Kind (ist) das Gold; jenes verspeist nicht Motte noch Wurm …“ und Mt 6,19: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen …“; das Buch wird nicht mehr (laut) vorgelesen (s. zu S 2,5,68) Utica: Stadt nördlich Karthagos (wo sich der jüngere Cato – Uticensis! – nach der Niederlage gegen Caesar 46 v. Chr. den Tod gab); Ilerda: Stadt am Sicoris, einem Nebenfluss des Ebro, im nordöstlichen Spa nien (wo Caesar 49 v. Chr. über Pompejaner siegte) Zu Horaz und Vergil als Schullektüre vgl. Juvenal, Satiren 7,226 f.: „wie viele Schüler [sc. den sitzenden Lehrer um-]standen, während der ganze (Quintus Horatius) Flaccus verfärbt war und Ruß am schwarzen (Pub lius Vergilius) Maro haftete“ (quot stabant pueri, cum totus decolor esset / Flaccus et haereret nigro fuligo Maroni) Ein sozusagen spätes Echo des Versendes (me) libertino patre natum (S 1,6,6.45.46) dann erzähle: vgl. Anthologia Graeca 12,208,7 f.: „… aber über uns, / Büchlein, ich bitte (dich), erzähle was Komprimiertes!“ Vgl. in der Horazvita Suetons (als Bemerkung Augustus’): „Du scheinst mir aber zu fürchten, deine Büchlein könnten größer werden als du selbst bist; doch wenn dir die Statur fehlt, das Bäuchchen fehlt nicht.“ (vereri autem mihi videris, ne maiores libelli tui sint quam ipse es; sed si tibi statura deest, corpusculum non deest) Vgl. Cicero, Briefe an Atticus 1,17,4: „reizbar sei oft das Wesen bester Menschen und zugleich versöhnlich“ (irritabiles animos esse optimorum saepe hominum et eosdem placabiles) in dem Jahre: 21 v. Chr. (zur ‚Nachwahl‘ des Lepidus vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte 54,6,1 ff.: „Währenddessen aber geschah Folgendes: Der Augustus ging nach Sizilien, um die Lage dort wie auch andernorts bis nach Syrien zu regeln. Und wie er noch dort war, rumorte es im römischen Volk bei der Wahl der Konsuln, dass auch daraus ersichtlich wurde, dass es unmöglich war, dass sie in einem demokratischen Rahmen Bestand haben. Obwohl sie nun bei den Wahlen zu den Ämtern und bei den Ämtern selbst wenig zu sagen hatten, machten sie Lärm. Denn die zweite Stelle wurde für den Augustus freigehalten, und deswegen trat Markus Lollius am Anfang des Jahres sein Amt allein an; als jener aber [das Amt] nicht übernahm, kandidierten Quintus Lepidus und Lucius Silvanus und brachten so alles durcheinander, dass sogar der Augustus von den Besonnenen angerufen wurde. Da er aber nicht umkehrte und die zu ihm Kommenden mit Vorwürfen wegschickte und der Anweisung, in ihrer beider Abwesenheit die Wahl durchzuführen,
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beruhigten sie sich keineswegs, sondern waren wieder völlig uneins, worauf irgendwann spät der Lepidus gewählt wurde.“)
Briefe – Zweites Buch 1. Brief 2 f. Zum Versuch einer geistig-moralischen Erneuerung aus dem Geiste des mos maiorum („Brauch der Vorfahren“) vgl. Augustus, Tatenbericht 2,8: „Durch neue, von mir als Initiator eingebrachte Gesetze konnte ich zahlreiche Verhaltensweisen der Väter, die schon aus unserer Gegenwart zu verschwinden drohten, wiederbeleben und habe selbst künftigen Generationen für Vieles Vorbilder zur Nachahmung überliefert.“ (legibus novis me auctore latis multa exempla maiorum exolescentia iam ex nostro saeculo reduxi et ipse multarum rerum exempla imitanda posteris tradidi) und quasi literarisiert Ovid, Metamorphosen 15,832 ff.: „Nach Befriedung der Welt wird er [sc. Augustus] seinen Fokus auf die bürgerlichen Rechte richten und Gesetze einbringen als Initiator höchster Gerechtigkeit und durch sein eigenes Vorbild die Sitten ausrichten.“ (paca data terris animum ad civilia vertet / iura suum legesque feret iustissimus auctor / exemploque suo mores reget) Liber: s. zu S 1,4,89; Kastor und Pollux: vgl. zu S 2,1,26 f. 5 10 der Held: Hercules (Herakles); vgl. c. 4,4,61 f.: „Nicht wuchs die Hydra – einen Kopf abgeschlagen – kräftiger gegen Hercules, der (bereits) befürchtete, besiegt zu werden.“ (non Hydra secto corpore firmior / vinci dolentem crevit in Herculem) bei Lebzeiten: vgl. Pompeius, den schon Catull als ‚den Großen‘ kennt 15 bzw. identifizieren kann (c. 55,6: „in des Großen Säulenhalle“ [in Ma gni … ambulatione]), sowie horazisch c. 3,5,2 f.: „gegenwärtig für einen Gott gehalten werden wird Augustus“ (praesens divus habebitur / Augustus) 19 Grai möchte gehoben-gewählter klingen als ein eher alltägliches Graeci 22 Vgl. Tacitus, Gespräch über die Redner 23,2: „… die die commentarii unserer Rhetoren verschmähen, hassen, die eines Calvus [womöglich der Zeitgenosse Catulls, vgl. zu S 1,10,19] bewundern“ (qui rhetorum nostrorum commentarios fastidiunt oderunt, Calvi mirantur) 23 f. Die Kodifizierung der sog. Zwölftafel-Gesetze durch die Decemvirn, einem Zehnmännerkollegium, wird gemeinhin um 450 v. Chr. angesetzt 25 Gabii: s. zu E 1,11,6 und vgl. Dionysios von Halikarnassos, Geschichte des Alten Rom 6,58,4: „Eine Art Protokoll von diesen Eiden [sc. zwischen dem letzten römischen König Tarquinius Superbus und den Ein-
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Anmerkungen
wohnern von Gabii] ist in Rom hinterlegt im Tempel des Zeus Pistios, den die Römer Sankos nennen – ein hölzerner Schild, überspannt mit der Ochsenhaut des bei den Eiden geopferten Ochsen, in altertümlichen Schriftzeichen beschrieben mit den gegenseitigen Vereinbarungen“; zu den Sabinern vgl. zu S 2,7,118 und erneut Dionysios von Halikarnassos, Geschichte des Alten Rom 3,33,1: „Als unter diesen Bedingungen die Sabiner den Krieg [sc. gegen den römischen König Tullus Hosti lius] beendet und Säulen mit den Vereinbarungen als Duplikat in ihren Tempeln aufgestellt hatten …“; vgl. allgemein Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 8,2,12: „Hingegen entsteht Dunkelheit durch Worte, die bereits aus dem Gebrauch gekommen sind, wie wenn jemand die commentarii der Pontifices [eine ‚Sorte‘ römischer Priester] und sehr alte Vertragsurkunden und überholte Autoren durchforstete und nur darauf aus wäre bei dem, was er von dort zusammenträgt, dass sie nicht verstanden werden; in dieser Richtung nämlich streben manche den Ruf der Gelehrsamkeit an, dass sie den Eindruck zu erwecken suchen, sie allein wüssten um manche Dinge.“ (at obscuritas fit verbis iam ab usu remotis, ut si commentarios quis pontificum et vetustissima foedera et exoletos scrutatus auctores id ipsum petat ex his, quae inde contraxerit, quod non intelleguntur. hinc enim aliqui famam eruditionis adfectant, ut quaedam soli scire videantur) 27 Albanerberge: s. zu S 2,4,72; vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,99: „In der Komödie hinken wir ganz besonders hinterher, mag auch Varro in Anlehnung an Aelius Stilo behaupten: ‚Die Musen hätten wie Plautus gesprochen, wenn sie lateinisch hätten reden wollen‘ …“ (in comoedia maxime claudicamus. licet Varro ‚Musas‘, Aeli Stilonis sententia, ‚Plautino‘ dicat ‚sermone locuturas fuisse, si Latine loqui vellent‘); ‚klassische‘ griechische Musenberge wären [s.a. zu v.218] der Helikon oder der Parnass(os; vgl. zu letzterem allerdings Der Kleine Pauly: „Zum Musenberg und damit zum Symbol der Dichtung überhaupt ist der P. erst in röm. Z. geworden.“) 45 f. Eine einschlägige Anekdote dazu bei Plutarch, Sertorius 16 bzw. Valerius Maximus, Denkwürdige Taten und Aussprüche 7,3,6 47 ff. Vgl. Cicero, Akademica (Lucullus) 2,49: „Und als Erstes ist allemal dieser Punkt zu kritisieren: Sie verwenden eine höchst verfängliche Form des Diskurses, die für gewöhnlich in der Philosophie überhaupt keine Billigung findet, indem etwas scheibchenweise und allmählich hinzugefügt oder weggenommen wird. Sie nennen dies ‚sorites‘, weil sie durch die Hinzufügung eines einzigen Kornes einen ‚Haufen‘ erzeugen – eine völlig fehlerhafte und verfängliche Argumentationsform.“ (et primum quidem hoc reprehendum, quod captiosissimo genere in-
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terrogationis utuntur quod genus minime in philosophia probari solet, quom aliquid minutatim et gradatim additur aut demitur: soritas hoc vocant, qui acervum efficiunt uno addito grano, vitiosum sane et captiocum genus) der Tod: personifiziert in der Friedhofsgöttin Libitina (vgl. zu S 2,6,19) 49 Ennius: s. zu S 1,10,54 (seine ‚pythagoreischen Träume‘ zielen wohl 50 auf die von ihm reklamierte ‚Wiedergeburt‘ Homers in ihm) Naevius: weitgehend verlorener Dichter (grob des 3. Jh.s), der schon 53 von Ennius als eine eigentümliche Art poetischer Waldschrat diffamiert wurde, vgl. Cicero, Brutus 75: „Und der Punische Krieg dessen, den Ennius den Sehern und Faunen zurechnet, erfreut (uns) doch (immer noch) wie ein Werk des Myron.“ (tamen illius, quem in vatibus et Faunis adnumerat Ennius, bellum Punicum quasi Myronis opus delectat) und unten zu v.158; von den im Folgenden genannten Autoren sind nur Plautus mit rund zwanzig Stücken und Terenz mit sechs Komödien in einem engeren Sinne greifbar (zu Menander s. zu S 2,3,11 f.) 68 Es liegt nahe, bei dem Kunstrichter ‚Jupiter‘ (mit Blick auf E 1,19,43 und sozusagen gegen c. 1,32,13 f.) an den Adressaten des Briefes Augustus zu denken, vgl. allerdings „insofern es jedenfalls durch einen erzürnten Jupiter dazu kommt, dass die Leute irren und [sc. in ihrem ästhetischen Urteil] aus der Spur geraten“ (si quidem Iove irato fit, ut errent homines ac delirent; Porph.) 69 ff. Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,2,7: „Schändlich ist auch jenes, zufrieden zu sein, das zu erreichen, was du nachahmst. Denn nochmals: Was wäre geworden, wenn niemand mehr geschafft hätte als der, dem er nachfolgte? Wir hätten bei den Dichtern nichts über Livius Andronicus, bei den Geschichtswerken nichts über die Jahrbücher der Priester …“ (turpe etiam illud est, contentum esse id consequi, quod imiteris. Nam rursus: quid erat futurum, si nemo plus effecisset eo, quem sequebatur? nihil in poetis supra Livium Andronicum, nihil in historiis supra pontificum annales haberemus) und zu S 1,10,72. 71 Vgl. Sueton, Über Grammatiker 9,4: „Er war aber rauen Naturells, nicht nur gegenüber Antiintellektuellen, die er bei jeder Gelegenheit zerriss, sondern auch gegenüber Schülern, wie ihn Horaz mit der Beschreibung ‚prügelnd‘ kennzeichnet und Domitius Marsus, wenn er schreibt: ‚Wenn Orbilius diese mit Rute und Peitsche schlug …‘“ (fuit autem naturae acerbae, non modo in antisophistas, quos omni in occasione laceravit, sed etiam in discipulos, ut et Horatius significat plagosum eum appellans et Domitius Marsus scribens: ‚si quos Orbilius ferula scuticaque cecidit‘)
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Anmerkungen
Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 11,3,111: „und deshalb war Roscius wendiger, Aesopus gewichtiger, weil jener in Komödien, dieser in Tragödien auftrat.“ (ideoque Roscius citatior, Aesopus gravior fuit, quod ille comoedias, hic tragoedias egit) und „Aesopus aber und Roscius waren hochberühmte Komödien-Darsteller“ (Aesopus autem et Roscius famosissimi comoediarum actores fuerunt; Porph.); ein (tragischer?) Schauspieler Aesopus ist durch Briefe an sein Umfeld 7,1,2.4 für die Zeit Ciceros bezeugt (vgl. zu S 2,3,239), von dem auch eine umfangreichere Partie einer Rede für einen Komödianten Roscius wohl aus dem Jahre 76 erhalten ist (pro Q.[uinto] Roscio comoedo oratio) 86 Salier: ein altrömisches Priesterkollegium, dessen jährliche Prozessionen mit üppigem Festschmaus und einer Götterspeisung verbunden waren (vgl. c. 1,36,12; 1,37,2 und 4,1,28); Pompilius Numa war der zweite (der legendären sieben) König(e) Roms (vgl. E 1,6,27) 87 f. Vgl. Friedrich Haug, Epigrammen und Einfälle (1805; Erstes Buch. ‚17. N. N.‘): „Dass er die Alten preisst, und die Neueren tadelt, ist’s Liebe / Für die Todten? – O nein! Wider die Lebenden Hass.“ 93 positis … bellis: die ‚Freiheits‘-Kriege der Griechen gegen die Perser 490 (Schlacht bei Marathon) und 480/79 (der Kampf bei den Thermopylen und die Seeschlacht bei Salamis sowie das Landgefecht bei Myrtale) 101 Der Herausgeber hält diesen Vers für ‚unecht‘ und ‚tilgt‘ (vgl. zu E 1,18,91) ihn durch die Klammern; andere (ver-)setzen ihn nach v.107 109 f. Vgl. Goethe / Schiller in recht gut greif-, aber nicht vergleichbar leicht nachweisbaren Xenien: „Alles schreibt, es schreibt der Knabe, der Greis, die Matrone. / Götter, erschafft ein Geschlecht, welchem das schreibende schreibt.“ 110 Kränze aus unterschiedlichen Materialien erfüllten in der Antike vielfältige Funktionen (hier im fließenden Übergang von Symposionsaccessoire und Symbol bzw. Siegespreis der Dichtkunst; vgl. zu letztem neben c. 1,1,29 und E 1,3,25 Properz 2,5,25 f.: „Irgendein Bauer, dessen Kopf kein Efeu umringt, mag solchen so schändlichen Streit suchen.“ [rusticus haec aliquis tam turpia proelia quaerat, / cuius non hederae circuiere caput]). 112 Parther (wie v.256): vgl. zu E 1,12,25 ff.; das Klischee des falschen Nahen Ostens c. 4,15,23: „und die unzuverlässigen Perser“ (infidique Persae; vgl. ähnlich beim ‚Erzrivalen‘ Karthago c. 3,5,33 als „den tückischen Feinden“ [perfidis … hostibus] und c. 4,4,49: „der tückische Hannibal“ [perfidus Hannibal])
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126 ff. Vgl. Aristophanes, Die Frösche 1030 f.: „Denn prüfe von Anfang an, / wie nützlich von den Dichtern die Edlen gewesen sind!“ 132 Vgl. cs 5 ff.: „… zu welcher (Zeit) die sibyllinischen Verse anmahnten, / dass auserlesene Mädchen und reine Knaben / den Göttern … / ein Festgedicht vortragen“ (quo [sc. tempore] Sibyllini monuere versus / virgines lectas puerosque castos / dis … / dicere carmen) 143 Vgl. cs 29 f.: „Ergiebig an Früchten und Vieh möge Tellus / mit der Ährenkrone Ceres beschenken!“ (fertilis frugum pecorisque Tellus / spicea donet Cererem corona) und ep.2,21 f.: „mit welcher (Traube) er dich, Priapus, beschenke und dich, Vater / Silvanus, Hüter der Grenzraine“ (qua [sc. uva] muneretur te, Priape, et te, pater / Silvane, tutor finium) 144 Genius: vgl. zu E 2,2,187 145 Vgl. Livius 7,2,7: „Diese (Schauspieler) warfen nicht so wie zuvor – den Fescenninen ähnlich – spontan improvisierte und kunstlose Verse hin und her“ (qui [sc. histriones] non sicut ante Fescennino versu similem incompositum temere ac rudem alternis iaciebant) 152 ff. Vgl. Augustinus, Vom Gottesstaat 2,9: „‚Unsere zwölf Tafeln hingegen‘, sagt er [sc. Cicero] dann ein wenig später, ‚die doch nur für sehr wenige Fälle die Todesstrafe vorsahen, meinten unter diesen auch diesen sanktionieren zu sollen, wenn einer ein Spottlied gesungen oder ein Gedicht verfasst hatte, das einem anderen Verunglimpfung oder üble Nachrede einbrächte (…)‘. Dies meinte ich aus dem vierten Buch Ciceros ‚Vom Gemeinwesen‘ im Wortlaut zitieren zu müssen, einiges (allerdings) zum leichteren Verständnis ausgelassen bzw. ein klein wenig verändert“ (dein paulo post: nostrae, inquit, contra duodecim tabulae, cum perpaucas res capite sanxissent, in his hanc quoque sanciendam putaverunt, si quis occentavisset sive carmen condidisset, quod infamiam faceret flagitiumve alteri … haec ex Ciceronis quarto de re publica libro ad verbum excerpenda arbitratus sum, nonnullis propter faciliorem intellectum vel praetermissis vel paululum commutatis) 156 Zu dialektischer ‚Vereinnahmung‘ in griechischem Ambiente vgl. M. Porcius Cato bei Livius 34,4,3: „Davor habe ich – je besser und erfreulicher von Tag zu Tag die Lage der Nation ist, je nachhaltiger das Reich wächst (und schon zieht es uns nach Griechenland und Asien, von allen Lockungen an Lustbarkeiten angefüllt, und wir greifen sogar nach königlichen Schätzen) – desto mehr Angst, dass jene Dinge uns nachhaltiger erobern als wir jene.“ (haec ego, quo melior laetiorque in dies fortuna rei publicae est, quo magis imperium [alternative Lesung: imperiumque] crescit – et iam in Graeciam Asiamque transcendimus omnibus libidinum inlecebris repletas et regias etiam adtrectamus gazas –, eo plus horreo, ne illae magis res nos ceperint quam nos illas) und
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Anmerkungen
bei Plinius dem Älteren, Naturgeschichte 29,14: „Ich werde auf diese Griechen an seinem Ort zu sprechen kommen, mein Sohn Marcus, was ich in Athen in Erfahrung gebracht habe, und dass gut ist, einen Blick in ihre Schriften zu werfen, aber nicht, sich ernstlich in sie zu vertiefen. Ich werde beweisen, dass ihr Volk völlig nichtsnutzig und unbelehrbar ist, und dies halte für ein Seherwort: Wann immer dieses Volk seine Wissenschaft bringen wird, wird es alles verderben, dann sogar noch mehr, wenn es seine Ärzte hierher schickt.“ (dicam de istis Graecis suo loco, Marce fili, quid Athenis exquisitum habeam, et quod bonum sit illorum litteras inspicere, non perdiscere. vincam nequissimum et indocile esse genus illorum, et hoc puta vatem dixisse: quandoque ista gens suas litteras dabit, omnia conrumpet, tum etiam magis, si medicos suos hoc mittet) 158 Saturnische Vers: nur in wenigen Bruchstücken erhaltenes und im metrischen Detail umstrittenes Versmaß, womöglich schon von Ennius (vgl. zu S 1,10,54) aufs Korn genommen: „Es schrieben andere ihre Texte in Versen, die einst Faune und Seher sangen.“ (scripsere alii rem / versibus, quos olim Fauni vatesque canebant) 163 Thespis und Aischylos: vgl. ap 275–280 (unter letzteren [525/24–456] Namen sind wie für den jüngeren Sophokles [497–406] sieben Tragödien überliefert; der jüngste und mit rund 20 Dramen besterhaltene ‚klassische‘ attische Tragiker Euripides [485/84 oder 480–406] bleibt hier – wie Sophokles an der genannten Stelle der Ars poetica – ungenannt) 173 der Vielfraß der Atellane: typisiert im ‚Dossenus‘ des römischen Boulevardtheaters 174 Schuh: vgl. zu ap 80 189 Im Unterschied zum neuzeitlichen ‚Vorhang auf‘ (und auseinander) bzw. ‚Vorhang zu‘ (und fallen lassen) wurde der antike Vorhang offenbar anfangs in eine Vertiefung herabgelassen und am Ende des Stückes wieder heraufgezogen (premi vs. tolli). 189 ff. Vgl. Cicero, Briefe an sein Umfeld 7,1,2: „Die Betrachtung der Ausstattung, auf die du zweifelsfrei völlig gelassen verzichten könntest, hebt jede gute Laune auf. Denn welchen Unterhaltungswert haben sechshundert Maulesel in der ‚Clytaemestra‘ oder dreitausend Mischkrüge im ‚Trojanischen Pferd‘ [zwei uns nicht weiter bekannte Stücke der römischen Theatertradition] oder die bunte Bewaffnung von Infanterie und Kavallerie in irgendeinem Gefecht? Dies erfreute sich allgemeiner Wertschätzung …“ (apparatus … spectatio tollebat omnem hilaritatem, quo quidem apparatu non dubito quin animo aequissimo carueris. quid enim delectationis habent sescenti muli in ‚Clytaemestra‘ aut in ‚Equo Troiano‘ creterrarum tria milia aut armatura varia peditatus
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et equitatus in aliqua pugna? quae popularem admirationem habuerunt …) und Sueton, Der vergottete Augustus 43,1: „An Länge, Vielfalt und Prunk öffentlicher Veranstaltungen übertraf er alle.“ (spectaculorum et assiduitate et varietate et magnificentia omnes antecessit) Korinth war 146 von den Römern erobert und geplündert worden; vgl. Livius (Exzerpt des nicht erhaltenen Buches 52 seiner ‚Römischen Geschichte‘ ab urbe condita [‚Seit Gründung der Stadt‘] 4 & 14): „Dieser [sc. L. Memmius] … zerstörte nach der Kapitulation ganz Achäas Korinth auf Beschluss des Senats, weil es dort Übergriffe auf römische Gesandte gegeben hatte. … Lucius Memmius triumphierte über die Achäer, beim Triumphzug führte er eherne und mamorne Standbilder sowie Gemälde mit sich.“ (qui omni Achaia in deditionem accepta Corinthon ex senatus consultu diruit, quia ibi legati Romani violati erant. … L. Memmius de Achaeis triumphavit, signa aerea marmoreaque et tabulas pictas in triumpho tulit) Demokrit: nach Cicero, Über den Redner 2,235: „Was genau Lachen sei, … möge Demokrit zusehen.“ (quid sit ipse risus …, viderit Democritus) offenbar frühester Beleg für die Konzeption des ‚lachenden‘ Philosophen (vgl. zu E 1,12,12 f.) aus Abdera (dem antiken Schilda), in klassischem Kontrast zum ‚weinenden‘ Heraklit aus Ephesos bei Seneca, Vom Zorn 2,10,5: „Heraklit musste, sooft er aus dem Haus ging und so viele sah, die elend lebten, ja elend zugrunde gingen, weinen, er empfand Mitleid mit allen … Demokrit dagegen soll sich niemals ohne Gelächter in der Öffentlichkeit bewegt haben, so wenig schien ihm etwas wirklich ernst von dem, was ernst betrieben wurde.“ (Heraclitus quotiens prodierat et tantum circa se male viventium, immo male pereuntium viderat, flebat, miserebatur omnium … Democritum contra aiunt numquam sine risu in publico fuisse; adeo nihil illi videbatur serium eorum, quae serio gerebantur) und Von der Seelenruhe 15,2: „In diesem Punkt müssen wir uns daher arrangieren, dass wir all die Fehler der Menge nicht schief ansehen, sondern als lachhaft nehmen und (darin) eher Demokrit folgen denn Heraklit; denn diesem war, sooft er in die Öffentlichkeit herauskam, zum Weinen, jenem zum Lachen – diesem schien alles, was wir treiben, eine Tragödie, jenem purer Flachsinn.“ (in hoc itaque flectendi sumus, ut omnia vulgi vitia non invisa nobis, sed ridicula videantur et Democritum potius imitemur quam Heraclitum; hic enim, quotiens in publicum processerat, flebat, ille ridebat: huic omnia, quae agimus, miseriae, illi ineptiae videbantur) und Lukian, Ausverkauf der Philosophen 13: „Kunde: ‚Beim Zeus – was für ein Kontrast! Der eine hört nicht auf zu lachen, der andere scheint um jemanden zu trauern, er weint zumindest die ganze Zeit. Was ist das,
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Anmerkungen
mein Guter: warum lachst du?‘ Demokrit: ‚Du fragst? Weil mir alles lachhaft vorkommt, eure Geschäfte und ihr selbst.‘“ sowie zu E 1,4,15 195 Vgl. für das Säugetier aus der Ordnung der Paarhufer neben der wissenschaftlichen Benennung giraffa camelopardalis (die sog. Steppengiraffe; griech. párdalis für ‚Panther, Leopard, Pardel‘) Plinius der Ältere, Naturgeschichte 8,69: „Eine gewisse Ähnlichkeit zu diesen [sc. Kamelen; hier offenbar feminin: harum] wird auf zwei (weitere) Tiere übertragen: ‚Nabus‘ nennen die Äthiopier (das eine), am Hals dem Pferd ähnlich, an Füßen und Beinen dem Rind, dem Kamel am Kopf; weiße Flecken unterbrechen die rötliche Grundfarbe – daher die Bezeichnung ‚Camelopardalis‘, erstmals in Rom zu sehen bei den Zirkusspielen Caesars, des Diktators.“ (harum aliqua similitudo in duo transfertur animalia. nabun Aethiopes vocant collo similem equo, pedibus et cruribus bovi, camelo capite, albis maculis rutilum colorem distinguentibus, unde appellata camelopardalis, dictatoris Caesaris circensibus ludis primum visa Romae) und Cassius Dio, Römische Geschichte 43,23,1 ff.: „Zur sogenannten ‚Kamelopardalis‘ aber möchte ich sagen, dass es seinerzeit [offenbar 46 v. Chr. für den Triumphzug ex Africa] erstmals von ihm [sc. Caesar] nach Rom gebracht und für alle ausgestellt wurde. Denn dieses Tier ist in allen Punkten ein Kamel, außer insoweit es keine gleichmäßigen Glieder hat, denn seine hinteren Beine sind kürzer; angefangen von den Hinterbacken wächst es allmählich in die Höhe, so dass es einem gleicht, der irgendwohin hinaufsteigt und von oben besehen zum Gipfel. Der übrige Körper stemmt sich auf die vorderen Knochen, den Hals aber streckt es wiederum in eigentümliche Höhe. Farblich ist es wie ein Pardel, und deshalb trägt es auch den gemeinsamen Namen von beiden.“ 199 f. Vgl. Terenz, Heautontimorumenos 222: „Jener [sc. der Vater Chremes] weiß nicht, wie er mir [sc. dem Sohn Clitipho] als derzeit Taubem seine Lebensweisheit erzählt“ (ne ille haud scit, quam mihi nunc surdo narret fabulam) und Zenobios (offenbar ein/der Sophist und Rhetoriklehrer zur Zeit Hadrians) 5,42: „‚Einem Esel erzählt jemand eine Geschichte [griech. mýthos], der aber bewegte die Ohren‘: zur Nichtwahrnehmung mancher ist das Sprichwort gesagt in beiderlei Richtung“ 202 Garganus: Berg in Apulien (vgl. zu S 1,1,58); das tuskische (heute: tyrrhenische) Meer: an der Westküste Italiens 207 (Tarent): s. zu S 1,6,59 213 In Theben spielt die Ödipussage (so etwa Aischylos’ Sieben gegen Theben oder Sophokles’ Antigone), in Athen Aischylos’ Eumeniden (der dritte Teil der Orestie), Sophokles’ Oidipus auf Kolonos oder Euripides’ Hippolytos
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den des Apoll würdigen Bau: die von Agrippa (s. zu S 2,3,185) errichtete und 26 v. Chr. eingeweihte Bibliothek auf dem Palatin (vgl. c. 1,31 sowie zu S 1,10,38 und E 1,3,17; inschriftlich offenbar stets bybliothece Latina Apollinis) 218 Helikon: seit Hesiod, Theogonie 1 f.: „Mit den Musen, den helikonischen, wollen wir beginnen zu singen, / die den Helikon bewohnen, den großen, heiligen Berg“ der – neben dem Parnass nördlich von Del phi – klassische ‚Musensitz‘ im mittelgriechischen Böotien; einen gescheiterten Sturm auf den Wohnort der Dichtkunst schildert Catull in epigrammatischer Zuspitzung (c. 105): „‚Schwanz‘ versucht, den Berg Pimpla zu besteigen; / die Musen schleudern ihn mit Mistgabeln jäh hinab.“ (Mentula conatur Pipleium scandere montem: / Musae furcillis praecipitem eiciunt) 229 est operae pretium: s. zu S 1,2,37 233 Vgl. Curtius Rufus, Historien Alexanders des Großen, des Makedonen 8,5,8: „ein Agis, ein Argiver, der Verfasser der schlechtesten Gedichte nach Choerilus“ (Agis quidam Argivus, pessimorum carminum post Choerilum conditor) und „Caesar (sc. favorisierte) gute Dichter, während Alexander der Makedone Choerilus hochschätzte, einen schlechten Dichter“ (Caesar poetis bonis, quando quidem Alexander Macedo Choerilum magni fecit malum poetam; Porph.) 234 Philippi waren Goldmünzen mit dem Porträt König Philipps II., die Hauptwährung der hellenistischen Zeit; vgl. „(Choirilos) hatte aber für jeden einzelnen Vers entsprechend Philippi erhalten.“ (acceperat autem pro singulis versibus singulos Philippos; Porph.) 239 f. Vgl. Cicero, Briefe an sein Umfeld 5,12,7: „Und der große Alexander wollte ja nicht umsonst gerade von Apelles gemalt und von Lysipp modelliert werden, sondern weil er glaubte, die Kunstfertigkeit jener werde wie zu ihrem so insbesondere auch zu seinem eigenen Renommee beitragen.“ (neque enim Alexander ille gratiae causa ab Apelle potissimum pingi et a Lysippo fingi volebat, sed quod illorum artem cum ipsis tum etiam sibi gloriae fore putabat), Plinius der Ältere, Naturgeschichte 7,125: „Dieser selbe Heerführer gebot, dass ihn selbst kein anderer denn Apelles male, denn Pyrgoteles als Skulptur gestalte, denn Lysipp in Erz ausführe.“ (idem hic imperator edixit ne quis ipsum alius quam Apelles pingeret, quam Pyrgoteles scalperet, quam Lysippus ex aere duceret), Valerius Maximus, Denkwürdige Taten und Aussprüche 8,11,ext.2: „Welches Maß Würde wurde unserer Ansicht nach von König Alexander der Kunst zuerkannt, der von dem einen Apelles allein gemalt und nur von Lysipp modelliert werden wollte?“ (quantum porro dignitatis a rege Alexandro tributum arti existimamus, qui se et pin216
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Anmerkungen
gi ab uno Apelle et fingi a Lysippo tantum modo voluit?) und Apuleius, Blütenlese 7,3 ff.: „… bei der Bewunderung der zahlreichen ganz besonderen und hochberühmt vollbrachten Taten dieses Alexanders nun, sei es im Krieg gewagt, seien es innenpolitische Maßnahmen, würdest du ermüdet werden – die sämtlich ins rechte Licht zu setzen mein Clemens, der gebildetste und ansprechendste (aller) Dichter, in einer wunderschönen Dichtung in Angriff genommen hat; doch das (war) vor anderem von Alexander brillant, dass er sein Bild, um es der Nachwelt sicherer zu hinterlassen, nicht von zahlreichen Künstlern populär entstellt sehen wollte, sondern seiner ganzen Welt gebot, niemand dürfe einfach so eine Darstellung des Königs in Erz, mit Farbe, als Relief gestalten, ja sogar oft festhalten ließ, allein Polyklet dürfe ihn in Erz ausführen, allein Apelles mit Farben abzeichnen, allein Pyrgoteles als Relief herausmeißeln; wenn irgendein anderer außer diesen dreien bei weitem Angesehensten in den eigenen Kunstwerken irgendwie dabei angetroffen würde, wie er an das hochheilige Bild des Königs Hand anlege, werde er gegen ihn nicht anders als wie gegen einen Tempelschänder vorgehen.“ (eius igitur Alexandri multa sublimia facinora et praeclara edita fatigaberis admirando vel belli ausa vel domi provisa, quae omnia adgressus est meus Clemens, eruditissimus et suavissimus poetarum, pulcherrimo carmine inlustrare; sed cum primis Alexandri illud praeclarum, quod imaginem suam, quo certior posteris proderetur, noluit a multis artificibus vulgo contaminari, sed edixit universo orbi suo, ne quis effigiem regis temere adsimularet aere, colore, caela mine, quin saepe [sc. scripsit,] solus eam Polycletus aere duceret, solus Apelles coloribus deliniaret, solus Pyrgoteles caelamine excuderet; praeter hos tris multo nobilissimos in suis artificiis si quis uspiam repperiretur alius sanctissimae imagini regis manus admolitus, haud secus in eum quam in sacrilegum vindicaturum) 244 in der dicken Luft Böotiens: klassisch (beim Böotier Pindar aus Theben in der sechsten Olympischen Ode 89 f.: „und dann zu erkennen, ob wir dem alten Vorwurf mit wahrhaften Worten entkommen [können], dem ‚boiotischen Schwein‘“) für schlichter gestrickte Zeitgenossen, vgl. Cicero, Über das Schicksal 7: „Über Athen ist der Himmel zart, weshalb man Menschen aus Attika auch für raffinierter hält, dichtdumpf (hingegen) über Theben, deshalb gelten die Thebaner als plump und lebenstüchtig.“ (Athenis tenue caelum, ex quo etiam acutiores putantur Attici; crassum Thebis, itaque pingues Thebani et valentes) 247 Vergil und Varius: vgl. zu S 1,6,55 252 f. Vgl. c. 4,14,11 ff.: „und warf Burgen auf den bedrohlichen Alpen nieder“ (et arces / Alpibus impositas tremendis / deiecit)
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Friedenshüter Janus: vgl. zu S 1,4,60 f. Vgl. „Und man sagt, es gebe diesen alten Ausspruch Aristarchs [vgl. zu ap 450], der, als er vieles sogar an Homer auszusetzen hatte, bemerkte, er könne weder schreiben, wie er wolle, noch wolle er, wie er könne“ (et hoc vetus esse dictum Aristarchi ferunt, qui cum multa reprehenderit et in Homero, aiebat neque se posse scribere, quem ad modum vellet, neque velle, quem ad modum posset; Porph.) und als Beispiel einer commutatio in der Rhetorik an Herennius 4,39 (deren Autor wohl nicht der ‚Neoteriker‘ Q. Cornificius, neben einigen Briefen Ciceros an ihn [Briefe an sein Umfeld 12,17–30] kaum mehr als der Name bei Catull, c. 38,1 und Ovid, Tristia 2,436): „Desgleichen: ‚Deshalb verfertige ich keine Gedichte, weil ich, welcher Art ich will, nicht kann (und), welcher Art ich kann, nicht will‘.“ (item: ea re poemata non facio, quia, cuius modi volo, non possum, cuius modi possum, nolo) Umschreibung des vicus Tuscus, einer Gasse beim Forum, wo viel Kleinhandel getrieben wurde (mit Anklang an lat. tus ‚Weihrauch‘).
2. Brief Florus: wohl der Julius Florus von E 1,3; Nero: s. zu E 1,3,2 1 3 Tibur: s. zu S 1,6,108; Gabii: s. zu E 1,11,6 Vgl. Plautus, Epidicus 622 f.: „Die ist es – ist sie (nicht) so, wie ich dir 4 gesagt habe? Schau und betrachte, Epidicus: / von der kleinsten Zehe bis zur Haarspitze ein Festgedicht!“ (haec est. estne ita, ut tibi dixi? aspecta et contempla, Epidice: / usque ab unguiculo ad capillum summumst festivissuma) 5.33.164 achttausend / zwanzigtausend / dreihunderttausend Sesterzen: s. zu S 2,3,23 Lucullus: s. zu E 1,6,40 26 39 f. Vgl. c. 2,17,10: „Wir werden gehen, wir werden gehen …“ (ibimus, ibimus) 41 f. Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 1,8,5: „Und deshalb ist es bestens eingerichtet, dass die Schullektüre mit Homer und Vergil beginnt, wenngleich zur Würdigung ihrer Stärken ein ziemlich gefestigtes Urteilsvermögen vonnöten ist“ (ideoque optime institutum est, ut ab Homero atque Vergilio lectio inciperet, quamquam ad intellegendas eorum virtutes firmiore iudicio opus est), hier offenbar mit Blick auf die Ilias (Livius Andronicus [E 2,1,69] wird eine lateinische Odusia zugeschrieben, von der offenbar kaum ein halbes Hundert Verse erhalten sind; vgl. Cicero, Brutus 71: „denn auch die lateinische ‚Odyssee‘ ist so wie irgendein Werk des Daedalus“ [nam et Odyssia Latina est sic tamquam opus aliquod Daedali])
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Anmerkungen
Im Hain des Heros Akademos vor den Toren Athens lag die Stätte, wo Platon gelehrt hatte (‚Akademie‘!). 49 Bei Philippi im nordgriechisch-thrakischen Makedonien verloren die ‚Republikaner‘ unter Brutus und Cassius 42 v. Chr. entscheidend gegen die ‚Caesar-Erben‘ Antonius und Octavian Vgl. neben E 1,20,21 (maiores pinnas … extendisse) Cicero, Briefe 50 an Atticus 4,2,5: „die mir die Federn gestutzt haben“ (qui mihi pinnas inciderant) 51 laris (s. zu S 1,2,56 sowie unten zu v.209) meint das Haus in der Stadt (oder in Venusia?), fundi das Gut am Voltur (vgl. c. 3,4,9–13: „Mich haben – als kleinen Jungen – am Voltur in Apulien … Tauben mit frischem Laub bedeckt.“ [me … Volture in Apulo / … / … / fronde nova puerum palumbes // texere]) 51 f. Vgl. Theokrit, Idyll 21,1 f. (‚Die Fischer‘): „Die Armut, Diophantos, allein erweckt die Künste; / sie ist der Anstrengung Lehrer!“, Plautus, Stichus 178: „Denn jene lehrt alle Künste, wo sie einen erwischt.“ (nam illa [sc. paupertas] artis omnis perdocet, ubi quem attigit) sowie (unnachgewiesen Friedrich Hebbel zugeschrieben): „Ich erkläre mir den ganzen Shakespeare aus seinem leeren Geldbeutel.“ 55 ff. Für nostalgische Ausbrüche vgl. zu E 1,7,25 ff. 59 f. Eine Art Werkübersicht als Selbstportrait des Dichters mit Oden (carmen), Epoden (iambi) und Satiren (sermones) – ? Bion von Borysthenes (am Schwarzen Meer) sei unter den philosophischen Wanderlehrern und -predigern des dritten Jahrhunderts der einflussreichsten einer gewesen und habe den sog. Diatriben-Stil begründet, ist aber für uns bis auf kümmerliche Reste weitgehend verloren (vgl. allerdings Diogenes Laertios 4,46–57) 68 f. Quirinal / Aventinus: zwei der sieben Hügel Roms (vgl. cs 7: „den Göttern, denen die sieben Hügel gefielen“ [dis, quibus septem placuere colles]) 77 f. Vgl. c. 3,25,1 f.: „Wohin reißt du, Bacchus, mich, von dir / erfüllt? In welche Haine oder welche Grotten werde ich getrieben …?“ (quo me, Bacche, rapis tui / plenum? quae nemora aut quos agor in specus …?) Ist die Beziehung Horazens zu Maecenas als ein Verhältnis von cliens zu patronus zu sehen? 82 Von Philippi zurückgerechnet ergäben wörtlich genommene sieben Jahre eine Studienzeit von 49 bis 42 (als Lebensabschnitt zwischen 16 und 23), bei einer Ankunft Brutus’ in Athen im Herbst 44 und einer dann erfolgten ‚Abwerbung‘ des Studenten begönne der Auslandsaufenthalt bereits 51 (im zarten Alter von 14) 45
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Der genaue Hintergrund der beiden Vorzeigegestalten Gracchus (der 121 v. Chr. umgekommene ‚jüngere‘ Gracche Gaius Sempronius?) und Mucius (sc. Scaevola) lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen; vgl. „Hier führt (Horaz) seine Geschichte dazu an, um zu zeigen, dass Dichter sich selbst im Wechsel nicht aufgrund (objektiver) Beurteilung, sondern gegenseitiger Bestätigung loben. Die Brüder brachten wunderbare Erhebungen einer Ehrung vor, wenn der eine den Rechtskundigen ‚Mucius Scaevola‘, der andere den Redner ‚Tiberius [!] Gracchus‘ nennt; denn bei den Alten trat so als die Eins der rechtskundige Mucius Scaevola auf wie der Redner Tiberius Gracchus.“ (hic fabulam ad hoc inducit, ut ostendat poetas se ipsos invicem laudare non iudicio, sed mutua adsentatione. fratres miras elevationes honoris proferebant, cum alter iuris consultum Mucium Scaevolam diceret, alter oratorem Tiberium Gracchum nominaret. nam apud veteres tam primus iuris consultus Mucius Scaevola extitit quam orator Tiberius Gracchus; Porph.) Der namenlos belassene Elegiendichter kann doch – vgl. v.100: „Wer, wenn nicht (als) Callimachus?“ (quis nisi Callimachus?) – füglich kaum ein anderer sein als der bei Horaz namentlich nie genannte Properz (um 50 – nach 16); vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,58: „(die Elegie,) als deren Archeget Callimachus gilt“ (cuius [sc. elegiae] princeps habetur Callimachus) und 93: „Auch bei der Elegie fordern wir die Griechen heraus, als deren geglättetsten und gewandtesten Vertreter ich Tibull sehe; es gibt (andere), die Properz lieber mögen.“ (elegia quoque Graecos provocamus, cuius mihi tersus atque elegans maxime videtur auctor Tibullus; sunt, qui Propertium malint) „E i n Teil der Rede [sc. circum-spectemus (s.a. S 2,3,117 f.)] ist geteilt über zwei Verse nach Art des Lucilius und der Alten.“ (una pars oratio nis est divisa in duos versus Lucili more et antiquorum; Porph.; nicht zu verwechseln mit einem sog. Hypermeter [vgl. zu S 1,4,96 f.]!) im Apollotempel: vgl. zu E 2,1,216; „er meint aber den/einen Tempel der Musen, in dem Dichter vortrugen. Und dies zu Recht: denn die griechischen Dichter hielten es so im Athenaion.“ (significat autem aedem Musarum, in qua poetae recitabant; et hoc recte, nam Graeci poetae in Atheneo consueverant; Porph.), vgl. ohne weiteren Nachweis Meyers Großes Konversations-Lexikon. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Leipzig / Wien 1905 ff. (Bd.2, S.33): „Athenäum (griech. A t h e n a i o n), ursprünglich Tempel, Heiligtum der Göttin Athene; dann Bezeichnung höherer Unterrichtsanstalten. Ein solches A. stiftete Kaiser Hadrian um 135 für Philosophie und Beredsamkeit in Rom; die seit Augustus üblich gewordenen Vorlesungen neuer Literaturwerke wurden hierher verlegt.“ und zu S 1,3,89
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Anmerkungen
Bezeichnung eines schwergerüsteten Gladiatorentyps nach dem mittel italischen Samnium; vgl. „‚So wie die Samniten‘, deren Kampf immer (wie angewurzelt) feststehend ist; es scheint aber diese Übertragung nach den samnitischen Gladiatoren oder dem äußerst verbissen geführten Krieg der Samniten gegen die Römer metaphorisch gebraucht zu sein.“ (tamquam Samnites, quorum pugna semper stataria est. videtur autem haec metafora vel a Samniticis gladiatoribus vel a bello acerrimo Samnitum adversum Romanos esse translata; Porph.) 99 ff. Alkaios (vgl. zu E 1,19,28 f.), Kallimachos (d e r Repräsentant alexandrinischer Kleinkunst des 3. Jh.s; vgl. programmatisch bei Properz 3,1,1 f.: „Manen des Kallimachos und Heiligkeiten des Philetas von Kos, lasst mich, ich bitte darum, in euren Hain eintreten“ [Callimachi Manes et Coi sacra Philitae / in vestrum, quaeso, sinite ire nemus], „neben Kallimachos’ kleinen Büchern Beifall gefunden zu haben, wird genug sein“ [3,9,43: inter Callimachi sat erit placuisse libellos] sowie die Selbststilisierung 4,1,64: Umbria, Romani patria Callimachi [„Umbrien, die Heimat des römischen Kallimachos“]) und Mimnermos (vgl. zu E 1,6,65) als literarische Vorbilder, allesamt (mit leichter Einschränkung für Kallimachos, von dem immerhin sechs vollständige Hymnen mit knapp 1100 Versen vorliegen) beklagenswert schlecht erhalten 114 Zu Vesta vgl. zu S 1,9,35 (bei Horaz noch c. 1,2,16.28 und 3,5,11) 117 Männer wie Cato: s. zu S 1,2,32; zum Konsul des Jahres 204 vgl. Cicero, Brutus 57 ff.: „Der Erste, … von dem der Erinnerung überliefert wurde, er sei beredt gewesen und auch dafür gehalten geworden, ist Marcus Cornelius Cethegus, für dessen Beredsamkeit Quintus Ennius Gewährsmann ist – und ein zumindest meiner Meinung nach glaubwürdiger – … Es steht also bei diesem im, wie ich meine, neunten Buch seiner Annalen: ‚hinzugefügt wird als Redner mit süßredendem Mund Marcus Cornelius Cethegus, Amtskollege ds Tuditanus, Marcus’ Sohn.‘ … Die (Gottheit), die die Griechen Peithó nennen, deren Urheber der Redner ist, hat Ennius Suada benannt; er möchte aber, dass Cethegus deren Mark gewesen sei, um auszudrücken, dass unser Redner das Mark dieser Göttin hier gewesen sei, von der Eupolis schrieb, sie habe auf den Lippen des Perikles Platz genommen.“ (de quo sit memoriae proditum eloquentem fuisse et ita esse habitum, primus est M. Cornelius Cethegus, cuius eloquentiae est auctor, et idoneus quidem mea sententia, Q. Ennius … est igitur sic apud illum in nono, ut opinor, annali: ‚additur orator Cornelius suaviloquenti ore Cethegus Marcus Tuditano collega Marci filius. … [Peithó] quam vocant Graeci, cuius effector est orator, hanc Suadam appellavit Ennius; eius autem Cethegum medullam fuis98
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se volt, ut – quam deam in Pericli labris scripsit Eupolis sessitavisse – huius hic medullam nostrum oratorem fuisse dixerit) 120 Vgl. Cicero, Brutus 274: „Diese (rhetorische Potenz) war erstens so rein, dass nichts flüssiger (sein könnte), floss so frei, dass es nirgends anhaftete; kein Wort würdest du außer an seinem Ort gesetzt und gleichsam in ein Mosaik [wörtlich etwa ‚gewürfelte Einlegearbeit‘], wie Luci lius [!] sagt, eingefügt sehen.“ (quae [sc. oratoris potestas] primum ita pura erat, ut nihil liquidius, ita libere fluebat, ut nusquam adhaeresceret; nullum nisi loco positum et tamquam in vermiculato emblemate, ut ait Lucilius, structum verbum videres) 124 f. „Das heißt, er wird solch eine Dichtung schaffen, dass er dem Hörer gespielt, nicht gearbeitet zu haben scheint; dennoch wird er so gewunden und ermüdet werden wie ein Bühnendarsteller, der jetzt ganz [sc. in seiner Rolle aufgehend] die Figur eines Satyrn, jetzt (die) des Kyklopen Polyphem zu verkörpern versucht.“ (id est, tale carmen efficiet, ut auditori lusisse, non laborasse videatur. ita tamen torquebitur et fatigabitur ut pantomimus, qui nunc totus Satyri, nunc Polyfemi Cyclopis conatur imitari personam; Porph.); von der tödlich endenden Dreiecksbeziehung Polyphem - Akis (als Sohn des Faunus ein Satyr?) – Galatea lässt Ovid letztere erzählen (Metamorphosen 13,750–897), der Zyklop in sozusagen bukolischem Musical S 1,5,63 128 „Dieser hieß [lt. spätantiken Erläuterungen (Scholion) zur Stelle] Lykas“ (hic Lycas dictus est), seine Geschichte findet sich so oder so ähnlich in der antiken ‚Buntschriftstellerei‘ (unter Verweisen auf pseud-aristotelische Erstaunliche Erzählungen 31 über einen Bürger von Abydos, Aelians Vermischte Geschichten 4,25 und Athenaios, Gelehrte beim Gelage 12,554e); Argos: Stadt auf der Peloponnes (und ein Hauptschauplatz der Atriden-Sage, vgl. S 2,3,132) 132 Vgl. Hesiod, Werke und Tage 346 (nach anderer Zählung: 345): „Unheil (ist) ein schlechter Nachbar, so sehr ein guter ein großer Nutzen“, Kaspar Schatzgeyer, Wider Herrn Hansen von Schwarzenbergs Büchlein von der Kirchendiener und geistlichen Personen Ehe (Vorrede [in: Flugschriften gegen die Reformation (1525–1530). Herausgegeben und bearbeitet von Adolf Laube unter Mitarbeit von Ulman Weiß. Berlin: Akademie Verlag 2000; S.417, Z.33 f.]): „Es ist ein allt sprichwort, ainer hat von aussen so lanng frid, als lanng sein nachtper wil …“ und Schiller, Wilhelm Tell (Vierter Aufzug, Dritte Szene; v.2682 f.:) „Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, / Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“ 138 Die ‚doppelte Optik‘ von servare und occidere auch ap 467
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Anmerkungen
Vgl. Platon, Protagoras 326b: „Denn das ganze Leben des Menschen bedarf Harmonie und Stimmigkeit“ 146 ff. Vgl. Plutarch, Von der Habgier 3 (Moralia 524b): „Jener [sc. Aristipp] pflegte zu sagen, dass einer, der viel esse und viel trinke, aber nie genug bekomme, zu den Ärzten gehe und sich erkundige, was das Leiden und welches die Verfassung (sei) und wie er (davon) loskomme; wenn aber einer, der fünf Liegen hat, nach zehn verlangt und im Besitz von zehn Tischen ebenso viele weitere zusammenkauft und – viele Ländereien sind vorhanden und Silbergeld – nicht satt wird, sondern auf Anderes abzielt und schlaflos ist und unerfüllt mit allem, der glaube nicht dessen zu bedürfen, der (ihn) behandelt und aufzeigt, aus welchem Grund er dies erleidet.“ 167 Aricia liegt im mittelitalischen Latium südöstlich Roms (die erste Sta tion des Reisegedichts S 1,5), Veji ähnlich nah nördlich in Etrurien 170 f. Vgl. Varro, Fragen der Landwirtschaft 1,15: „Außerdem werden Areale von bebauten Gütern ohne Einfriedung durch die Kennzeichnung mit Bäumen eindeutiger, so dass Hausstände nicht mit ihren Nachbarn in Streit geraten und strittige Grenzverläufe nach einem Richter rufen. Die einen säen rings Pinien, wie es meine Frau im Sabinischen hält, andere Zypressen, wie ich einst in der Gegend beim Vesuv, andere Ulmen, wie viele im Crustuminischen [vgl. Plinius der Ältere, Naturgeschichte 3,68: „In der ersten Region gab es außerdem in Latium an bekannten Städten Satricum, Pometia, Scaptia, Politorium, Tellena, Tifata, Caenina, Ficana, Crustumeria, Ameriola, Medullum, Corniculum …“ (in prima regione praeterea fuere in Latio clara oppida Satricum, Pometia, Scaptia, Politorium, Tellena, Tifata, Caenina, Ficana, Crustumeria, Ameriola, Medullum, Corniculum …)] …“ (praeterea sine saeptis fines praedii sationis notis arborum tutiores fiunt, ne familiae rixent cum vicinis ac limites ex litibus iudicem quaerant. serunt alii circum pinos, ut habet uxor in Sabinis, alii cupressos, ut ego habui in Vesuvio, alii ulmos, ut multi habent in Crustumino …) 177 f. Calabrien und Lucanien: an Apulien bzw. Campanien anschließende Regionen Süditaliens; zu ihrer Verbindung vgl. ep.1,27 f.: „oder das Vieh mit calabrischer Weide vor dem glühenden Gestirn die lucanische ersetze“ (pecusve Calabris ante sidus fervidum / Lucana mutet pascuis) 178 der Orkus: Personifizierung der Unterwelt (vgl. S 2,5,49) in der weithin anzutreffenden Vorstellung (wie Darstellungen des Todes) als ‚Schnitter‘ oder ‚Sensenmann‘, vgl. Jer 9,20 f.: „Der Tod ist zu unsern Fenstern hereingestiegen und in unsere Häuser gekommen. Er würgt die Kinder auf der Gasse und die jungen Männer auf den Plätzen. / So spricht der Herr: Die Leichen der Menschen sollen liegen wie Dung auf dem Fel144
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de und wie Garben hinter dem Schnitter, die niemand sammelt.“, Johannes von Tepl, Der Ackermann (verbreitet auch mit dem Zusatz aus Böhmen; 17. Kapitel): „Obschon Ihr im Paradies ins Dasein gefallen seid als Schnitter und Euch des Rechts rühmt, so verfehlt Eure Sense doch das Recht.“ (Allein jr jn dem paradeiß gefallen seyt ein meder vnde rechtes rumet, doch hewet euwer segenß neben recht) und das ‚Volkslied‘ des 17. Jahrhunderts [auch in Des Knaben Wunderhorn]: „Es ist ein Schnitter, der heißt Tod“; den Bestechungsversuch präfiguriert c. 2,18,34 ff.: „und nicht hat der Gehilfe des Orkus / den verschlagenen Prometheus / zurückbefördert, vom Gold eingenommen“ (nec satelles Orci / callidum Promethea / revexit auro captus) Nach Horaz wäre gätulisch durch Löwen (c. 1,23,10; 3,20,2) ein Stück weit einzugrenzen; seine Kombination mit ‚Syrten‘ (c. 2,20,15; die Meeresbucht[en] an der tunesisch-libyschen Küste zwischen Karthago und Kyrene) liegt hingegen etwas quer zur landläufigen Lokalisierung Gätuliens im Nordwesten Afrikas (etwa dem heutigen Marokko) Vgl. Diogenes Laertios 2,25: „Oftmals aber sagte (Sokrates) im Blick auf die Fülle des Angebotenen zu sich selbst: ‚An wie vielem habe ich keinen Bedarf!‘“ Herodes ‚der Große‘: der aus den biblischen Evangelien bekannte ‚König‘ von Judäa (Regent 37–4); zur Sache vgl. „Herodes war in SyrienPhönizien König der Juden, mit dessen Dattelpalmenhainen (Horaz) großen Reichtum bezeichnet.“ (Herodes in Syria Phoenice rex Iudaeorum, per cuius palmeta magnas divitias significat; Porph.) und Strabon, Geographika 16, 763: „Hierikus [= Jericho] ist eine von einer Art Bergrücken umschlossene Ebene, die sich auch irgendwie nach Gestalt eines Theaters an ihn anlehnt; hier ist der Palmenwald, der auch andere gemischte Pflanzen, kultivierte und fruchttragende, umfasst, aber überwiegend Palmen, der Länge nach hundert Stadien … Auch beherbergt nur dieser Palmenwald hier – außer dem babylonischen und dem gegen Osten gelegenen – die Nussdattel; die Einnahmen daraus sind entsprechend groß.“, bereits biblisch Dtn 34,1.3: „Und der Herr zeigte ihm [sc. Mose] das ganze Land: … und das Südland und die Gegend am Jordan, die Ebene von Jericho, der Palmenstadt, bis nach Zoar.“ Vgl. den Grammatiker Servius (Ende des 4. Jahrhunderts) zu Vergils Georgica 1,302: „‚Genius‘ nannten die Alten den naturgegebenen Gott eines jedweden Ortes [genius loci!] oder Sache oder Menschen.“ (genium dicebant antiqui naturalem deum uniuscuiusque loci vel rei aut hominis) und zu Aeneis 6,743 („Jeder von uns muss seine Manen tragen!“ [quisque suos patimur Manis]): „Wenn wir geboren werden, erlosen wir zwei Seelenantriebe: einen, der zum Guten ermahnt, einen
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Anmerkungen
anderen, der zum Bösen verleitet.“ (cum nascimur, duos genios sortimur; unus est qui hortatur ad bona, alter qui depravat ad mala) Vgl. Catull, c. 93: „‚Nichts im Übermaß‘: ich bin bemüht, Caesar, dir gefallen zu wollen / und nicht zu wissen, ob du ein weißer oder schwarzer Mensch bist.“ (nil nimium – studeo, Caesar, tibi velle placere / nec scire, utrum sis albus an ater homo) und Cicero, Philippische Reden 2,41: „Und sieh nur, wie dich dieser geliebt hat, von dem du nicht weißt, ob er weiß oder schwarz war!“ (et quidem vide, quam te amarit is, qui albus aterne fuerit ignoras) „Quinquatrus: Tag der Kunstwerker, weil der Minerva-Tempel auf dem Aventin an diesem Tag geweiht wurde“ (Quinquatrus: artificum dies, quod Minervae aedis in Aventino eo die est dedicata; ‚Kalender‘notiz bei Festus zum 19. März [a.(nte) d.(iem) XIV Kal.(endas) Apr.(iles): ‚dem vierzehnten Tag vor den Kalenden des Aprilis‘]); vgl. Varro, Über die lateinische Sprache 6,3,3: „Dieser Einzel-Tag wird durch einen begrifflichen Irrtum begangen, als ginge es um fünf; wie man in Tusculum den sechsten Tag nach (!) den Iden entsprechend ‚Sexatrus‘ und den siebten ‚Septimatrus‘ nennt, so sagt man hier ‚Quinquatrus‘, weil er am fünften Tag nach den Iden liegt.“ (Quinquatrus: hic dies unus ab nominis errore observatur proinde ut sint quinque; dictus, ut ab Tusculanis post diem sextum Idus similiter vocatur Sexatrus et post diem septimum Septimatrus, sic hic, quod erat post diem quintum Idus, Quinquatrus) bzw. Ovid, Fasten 3,809 f. „E i n Tag (noch) in der Mitte – und das Fest der Minerva findet statt, das seinen Namen von den fünf verbundenen Tagen hat.“ (una dies media est, et fiunt sacra Minervae, / nomina quae iunctis quinque diebus habent) Womöglich die einzige Unterbrechung des Schuljahres? Für dessen Bestimmung von Mitte Oktober bis Juli vgl. Martial, Epigramme 10,62,6 f. und 11 f..: „Hell glüht unter dem Flammengestirn des Löwen das Tageslicht und der sengende Juli röstet (die Felder) bis zur Erntereife … (Riemen und Ruten der Pädagogen) mögen pausieren und schlafen bis zu den Iden des Oktober; wenn Kinder im Sommer gesund bleiben, haben sie genug gelernt!“ (albae leone flammeo calent luces / tostamque fervens Iulius coquit messem. // … // cessent et Idus dormiant in Octobres: / aestate pueri si valent, satis discunt) nocturnos lemures: vgl. „Vor Tag(esbeginn) umherschweifende Schatten verstorbener Menschen und deshalb zu fürchten; und man meint, sie hießen ‚lemores‘ wie ‚Remuli‘ nach Remus – als sein Bruder Romulus dessen Schatten nach seiner Ermordung besänftigen wollte, stiftete er die Lemurien, das heißt die Parentalia, die man gemeinhin im Mai drei Tage lang feiert, vor der Ergänzung des Jahres durch den Februar.“
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(umbras vagantes hominum ante diem mortuorum et ideo metuendas. et putant lemores esse dictos quasi Remulos a Remo, cuius occisi umbras frater Romulus cum placare vellet, Lemuria instituit, id est Parentalia, quae mense Maio per triduum celebrari solent, ante additum anno mensem Februarium; Porph.), Apuleius, Vom Genius des Sokrates 15,152 f.: „Es gibt auch in einer zweiten Bezeichnung die Gattung der Dämonen: die menschliche Seele, die nach Erfüllung des Lebensdienstes ihrem Körper abschwört; diese finde ich altlateinisch ‚Lemur‘ genannt. Von diesen Lemuren nun heißt, wer mit dem Los der Fürsorge für seine Nachkommen in versöhntem und ruhigen Walten Hauseigentümer ist, ‚Lar familiaris‘; wer aber ob gegenläufiger Lebensleistung ohne gute Wohnstätte mit ungewissem Umherschweifen wie mit einer Art Exil bestraft wird – eine leere Schreckensvorstellung für gute Menschen, für böse hingegen eine (echte) Strafe –, diese Art nennen die meisten ‚Larvae‘. Da aber unsicher ist, welches Los für einen jeden von diesen (Lemuren) herausgekommen ist, ob er ein Lar oder eine Larva ist, versieht man (ihn) mit dem Namen ‚Gott(heit) Manis‘.“ (est et secundo significatu species daemonum animus humanus emeritis stipendiis vitae corpori suo abiurans; hunc vetere Latina lingua reperio Lemurem dictitatum. ex hisce ergo Lemuribus, qui posterorum suorum curam sortitus placato et quieto numine domum possidet, Lar dicitur familiaris; qui vero ob adversa vitae merita nullis bonis sedibus incerta vagatione ceu quodam exilio punitur – inane terriculamentum bonis hominibus, ceterum malis noxium – id genus plerique Larvas perhibent. cum vero incertum est, quae cuique eorum sortitio evenerit, utrum Lar sit an Larva, nomine Manem deum nuncupant …) sowie ihr dramatisches Nachleben in Goethes Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Fünfter Akt, Grosser Vorhof des Palasts & Grablegung. v.11510 ff.; Thessalien im Nordosten Griechenlands als Synonym für Magie und Hexerei (vgl. ep.5,45 und c. 1,27,21 f.) wird über die Gestalt der Medea bzw. ihren Aufenthalt in Jolkos ‚erklärt‘; vgl. Apuleius, Metamorphosen oder Der goldene Esel 2,1,1: „mitten in Thessalien …, wo nach einhelliger Anschauung der ganzen Welt Gesänge magischer Natur originär gepflegt werden“ (media Thessaliae loca …, qua artis magicae nativa cantamina totius orbis consono ore celebrentur) 215 f. Vgl. das ‚Kontrastgedicht‘ über eine alternde Lyce c. 4,13
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Anmerkungen
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1 f.
Vgl. Goethe, Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit [Zweiter Teil. Siebentes Buch]: „Übrigens aber sollte der Dichter Kenntnisse haben, ja gelehrt sein, er sollte Geschmack besitzen, und was dergleichen mehr war. Man wies uns zuletzt auf Horazens ‚Dichtkunst‘; wir staunten einzelne Goldsprüche dieses unschätzbaren Werks mit Ehrfurcht an, wussten aber nicht im Geringsten, was wir mit dem Ganzen machen, noch wie wir es nutzten sollten.“ bzw. Tag- und Jahres-Hefte als Ergänzung meiner sonstigen Bekenntnisse, von 1749 bis Ende 1806 (Stuttgart / Tübingen: J.G. Cotta 1830; hier: ‚1806.‘ S.260 f.): „W i e l a n d s Uebersetzung der Horazischen Epistel an die Pisonen leitete mich wirklich auf eine Zeit lang von andern Beschäftigungen ab. Dieses problematische Werk wird dem einen anders vorkommen als dem andern, und jedem alle zehn Jahre auch wieder anders. Ich unternahm das Wagniß kühner und wunderlicher Auslegungen des Ganzen sowohl als des Einzelnen, die ich wohl aufgezeichnet wünschte, und wenn auch nur um der humoristischen Ansicht willen: allein diese Gedanken und Grillen, gleich so vielen tausend andern in freundschaftlicher Conversation ausgesprochen, gingen ins Nichts der Lüfte.“ Zum Namen der Schrift vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik (‚Zum Geleit‘ 2): „Dann folgte ich dem Ratschlag des Horaz, der in der ars poetica empfiehlt, eine Veröffentlichung nicht zu überstürzen …“ (usus deinde Horati consilio, qui in arte poetica suadet, ne praecipitetur editio) und „Dieses Buch, das ‚Von der Dichtkunst‘ überschrieben ist … In diesem Buch häuft er Vorschriften des [uns nur schemenhaft greifbaren Literaturtheoretikers] Neoptolemos von Parion ‚Über die Dichtkunst‘ auf, freilich nicht alle, sondern (nur) die herausragendsten.“ (hunc librum, qui inscribitur de arte poetica …; in hunc librum congessit praecepta Neoptolemi [griech.: toũ Parianoũ] de arte poetica, non quidem omnia, sed eminentissima; Porph., der es zwischen viertem Odenbuch und carmen saeculare kommentiert!) Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 8,3,60: „… ein dem ähnlicher Fehler es bei uns ist, wenn einer Erhabenes mit Niedrigem, Altes mit Neuem, Poetisches mit Umgangssprachlichem mischt, denn das (ergäbe) ein solches Monster, wie es Horaz im ersten Teil seines Buches von der Dichtkunst imaginiert: Wenn einem menschlichen Kopf ein Maler den Nacken eines Pferdes anschließen wollte und Weiteres aus verschiedenen Naturen unterlegte.“ (cui simile vitium est apud nos, si quis sublimia humilibus, vetera novis, poetica vulgaribus misceat; id enim tale monstrum, quale Horatius in prima parte libri de arte poetica fingit: humano capiti cervicem pictor equinam iungere si velit et ce-
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tera ex diversis naturis subiciat) und Symmachus, Briefe 1,4,3 (‚Symmachus dem Vater‘ [Symmachus patri]): „Du heißt mich auch, deinen Versen einige anzufügen. Nicht so hat es dein Flaccus vorgeschrieben in jenen Verfügungen der Dichtkunst – ich erinnere mich, dass dies deren Anfang ist, es solle einem Menschenkopf kein Pferdenacken verbunden werden.“ (me quoque iubes versibus tuis nonnulla subnectere. haud ita Flaccus tuus praecepit in illis poeticae artis edictis, quorum hoc memini esse principium ‚ne humano capiti cervix equina iungatur‘) Vgl. Cicero, Von der Natur der Götter 1,71: „Es scheint verwunderlich, 5 dass ein Eingeweideschauer nicht lachen muss, wenn er einen seinesgleichen sieht; das (aber ist noch) verwunderlicher, dass ihr [sc. Epikureer] unter euch das Lachen zurückhalten könnt!“ (mirabile videtur, quod non rideat haruspex, cum haruspicem viderit; hoc mirabilius, quod vos inter vos risum tenere possitis) Söhne des Piso: Über die Adressaten der ap (incl. Vater v.24 und erneut 6 v.235; vgl. ‚Enkel des Pompilius‘ v.292 und Anrede des älteren Bruders v.366) scheint es nur vage und nicht wirklich erhellende Vermutungen zu geben; gewissermaßen entsprechend datiert man die ap in die letzten Lebensjahre des Horaz oder ‚früh‘ zwischen 23 und 18 8 f. Vgl. Plautus, Asinaria 729: „Ja, weder Kopf noch Fuß passt zur Rede.“ (quin nec caput nec pes sermoni apparet) Vgl. Lukian, Plädoyer für Gemälde 18: „… alt ist dieses Wort, nicht 9 f. rechenschaftspflichtig seien Dichter und Maler.“ 12 f. Vgl. verwandte ‚Unmöglichkeiten‘ [griech. adýnaton bzw. adýnata] ep.16,25–34, aber auch schon bei Archilochos (vgl. zu S 2,3,11 f. und E 1,19,23): „wenn mit Delphinen Landtiere gegenseitig wechseln die Meeresweide“ (frgm. 74 Diehl bzw. 122 West) Vgl. Juvenal, Satiren 1,7 f.: „Bekannter ist keinem das eigene Haus als 16 mir der Hain des Mars …“ (nota magis nulli domus est sua quam mihi lucus / Martis) „Er sagte nicht im Genus masculinum ‚Rhenus‘, sondern (im Genus) 18 neutrum ‚dieses Rhenum‘, weil es ‚dieser Fluss‘ heißt“ (non dixit genere masculino ‚Rhenus‘, sed neutro ‚hoc Rhenum‘, quia est ‚hoc flumen‘; Porph.) 19 f. „Dieses Sprichwort richtet sich gegen einen schlechten Maler, der nichts Anderes gut zu malen wusste als eine Zypresse; von dem verlangt ein Schiffbrüchiger, seine Situation darzustellen – jener fragte, ob er von einer Zypresse etwas angefügt wolle. Dieses Sprichwort ist bei den Griechen in Gebrauch: ‚Willst du nicht auch eine Zypresse?‘“ (hoc proverbium est in malum pictorem, qui nesciebat aliud bene pingere quam cupressum. ab hoc naufragus quidam petit, statum suum exprimeret;
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Anmerkungen
ille interrogavit, num ex cypresso vellet aliquid adici. quod proverbium Graecis in usu est …; Porph.) 21 f. Vgl. Platon, Gorgias 514e: „dieses nun (so) Gesagte: beim Krug die Töpferei zu lernen versuchen“, fast identisch aufgegriffen in den Centurien der Sprichwortsammler Zenobios bzw. Diogenian 3,65 bzw. 2,65: „‚an einem Krug lerne ich die Töpferei‘: Sprichwort gegen die, die die ersten Lerninhalte übergehen und sofort die größeren anlangen; wie wenn einer, während er zu töpfern lernt, bevor er gelernt hat, Schüsseln oder etwas anderes Kleines zu verfertigen, sich an einem Krug versuchte. Dikaiarch aber sagt, etwas Anderes meine das Sprichwort, (nämlich) die Bemühung, sich gewissermaßen am Gleichen zu schaffen zu machen, wie ein Steuermann beim Schiff und ein Wagenlenker bei den Pferden“ bzw. „‚bei einem Krug die Töpferei lernen‘: gegen die, die die ersten Lerninhalte übergehen und sofort die größeren anlangen; wie wenn einer lernt zu töpfern, er, bevor er gelernt hat, Schüsseln oder etwas anderes Kleines zu fertigen, einen Krug versuchte zu machen. Dikaiarch aber sagt, dass etwas Anderes das Sprichwort meine, (nämlich) die Bemühung, sich gewissermaßen am Gleichen zu schaffen zu machen, wie ein Steuermann bei einem Schiff und ein Wagenlenker bei Pferden“ Vgl. Cervantes, Don Quijote de la Mancha I, Kap.47 (Von der seltsa23 men Art und Weise, wie Don Quijote de la Mancha verzaubert wurde, nebst anderen rühmenswerten Begebnissen): „Erfundene Geschichten müssen den Verstand des Lesers ansprechen und so geschrieben werden, dass das Unmögliche begreiflich, das Allzuhohe geebnet und das Gemüt in Spannung versetzt wird, und solcherart müssen sie erstaunen, verwundern, ergötzen und unterhalten auf eine Weise, dass Verwunderung und Freude Hand in Hand zu gehen vermögen. Dies wird einer, der die Wahrscheinlichkeit und die Nachbildung der Wirklichkeit flieht, auf denen allein die Vollkommenheit eines Werkes beruht, nicht zustande bringen. Ich habe keinen einzigen Ritterroman gesehen, der eine einheitliche Fabel in Übereinstimmung mit ihren Teilen gehabt und bei dem die Mitte dem Anfang und das Ende dem Anfang und der Mitte entsprochen hätten; die Schreiber der Ritterromane setzen vielmehr die Fabel aus so vielen Gliedern zusammen, dass es einem bedünkt, sie wollten eher eine Chimäre oder ein sonstiges Ungetüm zustande bringen als jene ausgewogene Gestalt.“ 25 f. Vgl. Georg Christoph Lichtenberg, Über Physiognomik : „Eine große Veränderung im Gehirn für unser Auge, könnte eine sehr kleine für die Seele sein, von der es bewohnt wird, und umgekehrt. Und ihr wollt gar aus dem Gewölbe über dieses Gehirn schließen? Doch ich will Worte sparen und werde unverständlich. Was ist nun die Folge aus obigen
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Betrachtungen? Diese: die Physiognomik wird in ihrem eignen Fett ersticken“ [dieser Schluss wie Sudelbücher F 217].“ Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 8,5,32: „So bleiben (man28 che), während sie fürchten, sie könnten einmal fallen, immer liegen.“ (ita dum timent, ne aliquando cadant, semper iacent) und Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?: „Nun ist diese Gefahr [sc. allein zu gehen versuchen] zwar eben so groß nicht, denn sie würden durch einigemahl Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch schüchtern, und schrekt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.“ Vgl. zum so unbelegten „delectat variatio [‚Abwechslung erfreut‘] / 29 steht schon beim Horatio“ Euripides, Orestes 234 (bereits mehrfach von Aristoteles zitiert): „Veränderung ist immer süß“ und stellvertretend für die lateinische Tradition die Rhetorik an Herennius 3,22 (s. zu E 2,1,257): „und den Zuhörer erfreut Flexibilität allemal am meisten“ (et auditorem quidem varietas maxime delectat) „Die Fechtschule des Aemilius Lepidus ist heute das Bad des Polyklet. 32 Hier belegt sie die Existenz eines Metallbearbeiters, imum heißt: am Ende des Schulgebäudes mit einem Laden.“ (Aemilii Lepidi ludus gladiatorius fuit, quod nunc Polycleti balineum est. hic demonstrat aerarium fuisse fabrum, imum hoc est: in angulo ludi tabernam habentem; Porph.) Vgl. explizit als Schönheitsideal c. 1,32,11 f.: et Lycum nigris oculis 37 nigroque / crine decorum („… und Lycus, betörend mit seinen schwarzen Augen und dem schwarzen Haar.“) 45 f. Nicht unumstrittene Versumstellung des Herausgebers Friedrich Klingners 47 f. Vgl. (aus dem Zusammenhang gerissen und noch nicht in der Erstausgabe von 1851, die zugleich die Ausgabe ‚letzter Hand‘ darstellt!) Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena. Kapitel 23. Ueber Schriftstellerei und Stil. § 283: „Man brauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge …“ (verbreitet auch die unnachgewiesene Fassung: „Für eine gelungene Rede gebrauche man“ usw.) 48 ff. Vgl. den römischen locus classicus zum lateinischen Wortschatz bei Lukrez, Über die Natur der Dinge 1,138 f.: „…, zumal weil vieles mit neuen Worten zu behandeln ist wegen der Armut der Sprache und der Neuheit der Sachverhalte.“ (multa novis verbis praesertim cum sit agendum / propter egestatem linguae et rerum novitatem) 50 Cethegus: s. zu E 2,2,117 53 ff. Vgl. (als Referat einer Moralpredigt) Gellius, Attische Nächte 1,10,4: „Lebe also nach den Maximen der Vergangenheit, sprich mit den Wor-
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Anmerkungen
ten der Gegenwart und habe das, was Gaius (Julius) Caesar, dieser her ausragend begabte und kluge Mann, im ersten Buch ‚Über die Analogie‘ geschrieben hat, immer im Sinn und Herzen, du sollest wie ein Felsenriff ein unerhörtes und ungewohntes Wort meiden!“ (vive ergo moribus praeteritis, loquere verbis praesentibus atque id, quod a C. Caesare, excellentis ingenii ac prudentiae viro, in primo de analogia libro scriptum est, habe semper in memoria atque in pectore, ut tamquam scopulum, sic fugias inauditum atque insolens verbum) Vgl. Cicero, Über die beste Art Redner 2: „Deshalb kann man sagen, 54 Ennius sei der größte Epiker, wenn es einem so vorkommt, und Pacuvius der größte Tragiker und Caecilius vielleicht der größte Komödienautor“ (itaque licet dicere et Ennium summum epicum poetam, si cui ita videtur, et Pacuvium tragicum et Caecilium fortasse comicum) neben dem harten Urteil über deren Latinität Brutus 258: „Caecilius und Pacuvius haben schlecht gesprochen, wie wir sehen“ (Caecilium et Pacuvium male locutos videmus) und als komische Trias (Plautus-Caecilius-Terenz) bei Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,99; vgl. zu E 2,1,53 55 Vergil oder Varius: s. zu S 1,6,55 56 Cato und Ennius: s. zu S 1,2,32 bzw. (wie für v.259) zu S 1,10,54 60 ff. Vgl. das ‚Gleichnis‘ Ilias 6,146 ff.: „Wie der Blätter Geschlechter, so auch die der Männer – / die einen Blätter gießt der Wind zu Boden, andere aber lässt der Wald, / der knospende, wachsen und es kommt des Frühlings Stunde: / so der Männer Geschlechter, das eine wächst, das andere schwindet.“ 63 Vgl. (Simonides zugeschrieben) Anthologia Graeca 10,105,2: „Beim Tod stehen wir alle in Schuld“, wohl kaiserzeitlich Manilius, Astronomica 4,16: „Mit der Geburt sterben wir und das Ende hängt am Ursprung.“ (nascentes morimur finisque ab origine pendet), das mittelalterliche media vita in morte sumus („Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen“) oder stilisiert-archaisierend (als Übertragung aus dem Elbischen bzw. der ‚Schwarzen Sprache‘) im ‚Programm-Gedicht‘ (v.3) bei John Ronald Reuel Tolkien, Der Herr der Ringe: „Den Sterblichen, ewig dem Tode verfallen, neun [sc. Ringe]“. 70 ff. Vgl. Gellius, Attische Nächte 12,13,16 (zu einer Kontroverse über die Bedeutung bzw. Differenz von intra und in bzw. intra, citra und ultra …): „Doch natürlich blieb der Usus Sieger, der wenn Herr aller Dinge, so ganz besonders der Worte ist.“ (sed nimirum consuetudo vicit, quae cum omnium domina rerum tum maxime verborum est) und Willi Fischer, Die deutsche Sprache von heute (Leipzig / Berlin 1914, S.79): „Der Gebrauch also ist Herrscher im Reich der Sprache.“
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Das sog. ‚elegische Distichon‘ meint die Verbindung von Hexameter und Pentameter (letzterer erscheint überhaupt nur in dieser Kombina tion); vgl. Das Distichon bei Schiller: „Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule; // im Pentameter drauf / fällt sie melodisch herab.“ bzw. Matthias Claudius: „Im Hexameter zieht der ästhetische Dudelsack Wind ein; // im Pentameter drauf / lässt er ihn wieder heraus.“ Zu Archilochos s. zu S 2,3,11 f. und E 1,19,23 79 80 Der jeweilige ‚Schuh‘ für die literarische Gattung (soccus: Komödie [vgl. E 2,1,174]; cothurnus: Tragödie [s. S 1,5,64 sowie c. 2,1,12]) 89 Vgl. Cicero, Über die beste Art Redner 1: „Und so ist in der Tragödie Komisches fehlerhaft wie umgekehrt in der Komödie Tragisches verfehlt.“ (itaque et in tragoedia comicum vitiosum est et in comoedia turpe tragicum) Mahlzeit des Thyestes: klassischer Tragödienstoff aus dem Sagenkreis 91 um die Nachkommen des Pelops (erhalten ist lediglich ein Thyestes Senecas) 94/6 Chremes / Telephos und Peleus: Repräsentanten der Komödie (in Terenz’ Andria, Heautontimorumenos oder Phormio; vgl. Plautus, Asinaria 865 f. [bei diesem offenbar nie als Bühnenfigur belegt]) bzw. (nicht erhaltener) Tragödie(n) Das lateinische ampulla setzt Horaz (vgl. E 1,3,14) für das griechische 97 Gefäß ‚Lekythion‘, das leer ein hohles Dröhnen (‚Pathos‘) erzeugt, was Kallimachos (s. zu E 2,2,99 ff.) veranlasste [die gelehrte antike Ausführung in den Scriptores metrici Graeci, p.156 s.], die Tragödie als ‚Muse des Lekythion‘ zu bezeichnen; vgl. Cicero, Briefe an Atticus 1,14,3: „dieses ganze Thema, das ich in meinen Reden, deren Aristarch [vgl. zu v.450] du bist, abwechslungsreich auszumalen pflege: Brand, Stahl – du kennst jene rhetorischen Kniffe“ (totum hunc locum, quem ego varie meis orationibus, quarum tu Aristarchus es, soleo pingere: de flamma, de ferro – nosti illas [griech.: lekýthous]) und in einem im Übrigen sprachlich-thematisch grenzwertigen Gedicht Catulls (c. 97,5 f.): „der Mund hat Zähne, anderthalb Fuß lang“ (os dentis sesquipedalis / … habet) 100 Vgl. Sextus Empiricus, Gegen die Mathematiker 1,297: „… die (Dichter) hingegen wollen durchweg Seelen führen, Seelen führt aber stärker die Täuschung als das Wahre“ 101 Vgl. neben Paulus, Brief an die Römer 12,15: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden!“ auch Platon, Ion 535c: „Denn wenn ich etwas sage, was zum Heulen ist, füllen sich meine Augen mit Tränen …“ sowie grundsätzlich Odyssee 17,217 f.: „Jetzt schleppt doch tatsächlich ein Übel ein weiteres mit sich, / wie immer ein Gott treibt
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Anmerkungen
den Ähnlichen zum Ähnlichen“ und Platon, Das Gastmahl 195b: „Mit jungen Leuten aber ist (Eros) immer zusammen und ist es (auch selbst); denn das alte Wort trifft es gut, dass Ähnliches sich immer zu Ähnlichem halte“, E 1,5,25 f.: „dass gleich und gleich zusammengehe und verbunden werde“ (ut coeat par / iungaturque pari) neben c. 1,33,10 ff.: „So schien es (gut) der Venus, der es gefällt, ungleiche / Gestalten und Sinne unter eherne Joche / zu spannen in grimmem Scherz“ (sic visum Veneri, cui placet inparis / formas atque animos sub iuga aenea / saevo mittere cum ioco) sowie den deutschen Gemeinplatz ‚Gleich und gleich gesellt sich gern‘ (neben ‚Gegensätze ziehen sich an‘); womöglich über Macrobius, Saturnalia 7,7,12: „Dass (Frauen) Kälte der Luft leichter ertragen als Männer, dies bewirkt ihre eigene Kälte, denn an Ähnlichem erfreut sich Ähnliches. Dass ihren Körper deshalb Kälte nicht schreckt, bewirkt die Gegebenheit der kälteren Natur, die sie erlost haben.“ (quod frigus aeris tolerabilius viris ferunt, facit hoc suum frigus; similibus enim similia gaudent. ideo ne corpus earum frigus horreat, facit consuetudo naturae, quam sortitae sunt frigidiorem) der ‚Wahlspruch‘ der Homöopathie similia similibus curantur (‚Gleiches wird durch Gleiches geheilt‘), vgl. Samuel Hahnemann, Organon der Heilkunst (Vierte verbesserte und vermehrte Auflage. Dresden / Leipzig 1829 [mit dem Motto Aude sapere – !]; ‚II. Beispiele unwillkürlicher, homöopathischer Heilungen bisheriger Aerzte der alten Schule‘, S.51): „Durch Beobachtung, Nachdenken und Erfahrung fand ich, dass im Gegentheile von letztern [sc. der ‚Curart contraria contrariis‘] die wahre, richtige, beste Heilung zu finden sey in dem Satze similia similibus curentur: Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (…) für sich erregen kann, als sie heilen soll! [letzterer Grundsatz im Original gesperrt]“ bzw. bereits in der Erstauflage Organon der rationellen Heilkunde (Dresden 1810; ‚Einleitung‘ p.V): „Man kurirte bisher die Krankheiten der Menschen n i c h t r a t i o n e l l , nicht nach feststehenden Gründen, sondern nach sehr verschiednen Heilzwecken, unter andern auch nach der palliativen Regel: contraria contrariis curentur. Im Gegentheile hievon lag die Wahrheit, der ächte Heilweg, zu welchem ich in diesem Werke die Anleitung gebe: wähle, um sanft, schnell und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (…) vor sich erregen kann, als sie heilen soll (similia similibus curentur)! Diesen homöopathischen Heilweg l e h r t e bisher niemand.“ Das klassische exemplum dazu findet sich in der Geschichte des mysischen Königs Telephos: „ihm hatte Apollon gesagt, er werde dann Heilung erlangen, wenn der Verwunder [sc. Achilleus] zum Arzt
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werde“ (Apollodor, Epitome 3,20; s.a. Hyginus, Fabeln 101); dies geschieht dann durch den abgeschabten Rost der verwundenden Lanze bzw. ein Heilkraut namens ‚achilleos‘ (Plinius der Ältere, Naturgeschichte 25,42: „Auch Achilleus, der Schüler des Chiron, soll (etwas) entdeckt haben, womit er Wunden behandeln könne – welches deshalb ‚Achilleos‘ genannt wird –, und (damit) Telephus geheilt haben. Die einen wollen, er habe als Erster den Rost entdeckt als äußerst nützlich für Pflaster, und deshalb wird er abgebildet, wie er mit dem Schwert diesen von der Speerspitze abkratzt, andere, er habe beide Heilmittel eingesetzt.“ [invenisse et Achilles discipulus Chironis, qua volneribus mederetur – quae ob id Achilleos vocatur – ac sanasse Telephum dicitur. alii primum aeruginem invenisse utilissimam emplastris – ideoque pingitur ex cuspide decutiens eam gladio in volnus Telephi –, alii utroque usum medicamento volunt]) 102 f. Vgl. Aristoteles, Poetik 17 (1455a): „es bestürzt der Bestürzte und tobt der Erzürnte am realistischsten“ und Cicero, Über den Redner 2,189: „Denn es ist unmöglich, dass ein Zuhörer Schmerz, Hass, Neid, Furcht vor irgendetwas empfindet, dass er zu Tränen und Mitgefühl geführt wird, wenn nicht alle diese Emotionen, die der Redner heranziehen will für den Richter, dem Redner selbst eingeprägt und eingebrannt zu sein scheinen.“ (neque fieri potest, ut doleat is, qui audit, ut oderit, ut invideat, ut pertimescat aliquid, ut ad fletum misericordiamque deducatur, nisi omnes illi motus, quos orator adhibere volet iudici, in ipso oratore impressi esse atque inusti videbuntur) 108 ff. Vgl. zu diesem Ideal aus der Schauspiel(er)praxis Shakespeare, Hamlet, Prinz von Dänemark (Akt 2, Szene 2 [gegen Ende]): „… Und alles das um nichts! Um Hekuba! Was ist ihm Hekuba, was ist er ihr, dass er um sie soll weinen?“ (… and all for nothing! / For Hecuba! / What’s Hecuba to him, or he to Hecuba, / that he should weep for her?) 114 Davus: Typus des Sklaven in der Komödie (wie in Terenz’ Andria und Phormio; erneut v.237); das alternativ überlieferte divus („reich“) ergäbe einen verschobenen Kontrast zum heros 123 f. Gewissermaßen tragischer Musterfall der Überlieferung: Medea und Orestes sind als Gestalten der Tragödie (über gleichnamige Stücke des Euripides hinaus!) gut, Io (im Gefesselten Prometheus des Aischylos) leidlich, Ino und Ixion praktisch gar nicht erhalten oder greifbar 128 Vgl. Plautus, Casina (‚Prolog‘ [sc. v.5 f.]): „Die alten Wein einschenken, halte ich für weise / und, die gern alte Geschichten betrachten.“ (qui utuntur vino vetere sapientes puto / et qui lubenter veteres spectant fabulas – mit Seitenblick auf Pindar, Olympische Ode 9,48 f.: „… und lobe den alten Wein, aber die Blüten der Hymnen, / der neuen!“),
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Anmerkungen
Gotthold Ephraim Lessing, Hamburgische Dramaturgie (‚Neunzehntes Stück. Den 3ten Julius, 1767‘): „Nun hat Aristoteles längst entschieden, wie weit sich der tragische Dichter um die historische Wahrheit zu bekümmern habe; nicht weiter, als sie einer wohleingerichteten Fabel ähnlich ist, mit der er seine Absichten verbinden kann. Er braucht eine Geschichte nicht darum, weil sie geschehen ist, sondern darum, weil sie so geschehen ist, dass er sie schwerlich zu seinem gegenwärtigen Zwecke besser erdichten könnte.“ und Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens (‚Jena, Donnerstag, den 18. September 1823‘): „Besonders warne ich vor eigenen großen Erfindungen …“ Ilion: Name Trojas nach einem legendären Stadtgründer Ilos (daher auch Ilias als ‚Lied vom Kampf um Troja‘) Vgl. Cicero, Academica 1,10: „Oder da ja erfreut ein Ennius, Pacuvius, Accius und viele andere, die nicht die Worthülsen, sondern die inhaltliche Gewalt der griechischen Dichter ausgedrückt haben: Um wie viel mehr werden die Philosophen erfreuen, wenn sie – wie jene Aischylos, Sophokles, Euripides – so ihrerseits Platon nachgestalteten, Aristoteles und Theophrast!“ (an quia delectat Ennius Pacuvius Accius multi alii, qui non verba, sed vim Graecorum expresserunt poetarum – quanto magis philosophi delectabunt, si, ut illi Aeschylum Sophoclem Euripidem, sic hi Platonem imitentur Aristotelem Theophrastum) und Von den Grenzen des Guten und Bösen 3,15: „‚Das ist doch überaus einfach‘, sagte ich. ‚Denn wenn es einem Zeno erlaubt war, wenn er auf einen ungewöhnlichen Sachverhalt kam, diesem Sachverhalt auch einen unerhörten Namen beizulegen, warum sollte es einem Cato nicht erlaubt sein? Und dennoch muss ein (bestimmtes) Wort nicht durch ein (bestimmtes) Wort ausgedrückt werden, wie es sprachlich limitierte Übersetzer tun, wenn es ein gewöhnlicheres Wort gibt, das dasselbe bezeichnet.‘“ (facillimum id quidem est, inquam: si enim Zenoni licuit, cum rem aliquam invenisset inusitatam, inauditum quoque ei rei nomen inponere, cur non liceat Catoni? nec tamen exprimi verbum e verbo necesse erit, ut interpretes indiserti solent, cum sit verbum, quod idem declaret, magis usitatum) ‚Kyklische‘ Autoren versuchten sich (meist vor der Folie und im negativen Gegensatz zu Homer gesehen und beurteilt) am gesamten Sagen‚kreis‘ um den trojanischen Krieg; vgl. (terminologisch der früheste Beleg?) Kallimachos, Epigramm 28,1 f.: „Ich hasse kyklische Dichtung und habe an dem Weg, der die Vielen mal so, mal so führt, keinen Gefallen.“
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Vgl. Lukian, Wie Geschichte zu schreiben ist 23: „Und du möchtest wiederum andere sehen, die Proömien verfassen, glänzend und imposant und ausufernd lang, dass man erwartet, Wunders was danach zu hören zu bekommen, das Ganze selbst aber der Historie ziemlich mickrig und kümmerlich ausführen …; sofort rufen die Hörer ihnen natürlich das ‚Es kreißte ein Berg‘ zu.“, Athenaios, Gelehrte beim Gelage 14,616d f.: „Und Tachos, der König der Ägypter, verspottete Agesilaos, den König der Lakedaimonier, als er kam, um als sein Bündnispartner in den Kampf zu ziehen – er war nämlich klein an Gestalt –, und verlor seinen Thron, nachdem jener die Bündnispartnerschaft aufgekündigt hatte; die Verspottung aber war diese: ‚Es kreißte ein Berg und Zeus fürchtete sich, doch der gebar eine Maus.‘ Als Agesilaos dies gehört hatte, sagte er voll Zorn: ‚Ich werde dir noch als Löwe erscheinen!‘ Später nämlich beim Abfall der Ägypter, wie Theopomp sagt und Lykeas aus Naukratis in seinen Aegyptiaca, bewirkte er, indem er ihm nicht zur Seite stand, dass er, von seiner Herrschaft vertrieben, zu den Persern floh.“ und Phaedrus, Buch der Fabeln 4,24 (‚Der Berg bei der Geburt‘ [mons parturiens]): „Ein Berg lag in Wehen, mit ungeheurem Stöhnen, / und die Welt war voller Erwartung; / doch er gebar eine Maus. Dies wurde für dich geschrieben, / der du, während du Großes ankündigst, nichts zustande bringst.“ (mons parturibat gemitus immanes ciens / eratque in terris maxima expectatio. / at ille murem peperit. hoc scriptum est tibi, / qui, magna cum minaris, extricas nihil) 140 er, der: Homer (mit dem Beginn der Odyssee, deren erste drei Verse Horaz v.141 f. leicht gekürzt wiedergibt) 145 Vgl. Odyssee 10,87 ff., 12,73 ff. und 9,106 ff. (187 ff.) 146 Rückkehr: Diomedes als einer der ‚Epigonen‘, der Nachfolgegeneration der Sieben gegen Theben (vgl. lateinisch eine Thebais des Statius [40/50 – nach 95] in 12 Büchern mit knapp 9750 Versen) oder ‚Troja-Heimkehrer‘ 156 ff. Vgl. Shakespeare, Wie es euch gefällt (As you like it; Akt 2, Szene 7): „Die ganze Welt ist Bühne, / Und alle Fraun und Männer bloße Spieler. / Sie treten auf und gehen wieder ab. / Sein Leben lang spielt einer manche Rollen, / Durch sieben Akte hin. Zuerst das Kind, / Das in der Wärtrin Armen greint und sprudelt; / Der weinerliche Bube, der mit Bündel / Und glattem Morgenantlitz, wie die Schnecke / Ungern zur Schule kriecht; dann der Verliebte, / Der wie ein Ofen seufzt, mit Jammerlied / Auf seiner Liebsten Brau’n; dann der Soldat, / Voll toller Flüch’ und wie ein Pardel bärtig, / Auf Ehre eifersüchtig, schnell zu Händeln, / Bis in die Mündung der Kanone suchend / Die Seifenblase Ruhm. Und dann der Richter, / Im runden Bauche, mit Kapaun ge139
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Anmerkungen
stopft, / Mit strengem Blick und regelrechtem Bart, / Voll abgedroschner Beispiel’, weiser Sprüche, / Spielt seine Rolle so. Das sechste Alter / Macht den besockten hagern Pantalon, / Brill’ auf der Nase, Beutel an der Seite; / Die jugendliche Hose, wohl geschont, / ’ne Welt zu weit für die verschrumpften Lenden; / Die tiefe Männerstimme, umgewandelt / Zum kindischen Diskante, pfeift und quäkt / In seinem Ton. Der letzte Akt, mit dem / Die seltsam wechselnde Geschichte schließt, / Ist zweite Kindheit, gänzliches Vergessen, / Ohn’ Augen, ohne Zahn, Geschmack und alles.“ (All the world’s a stage, / And all the men and women merely players: / They have their exits and their entrances; / And one man in his time plays many parts, / His acts being seven ages. At first the infant, / Mewling and puking in the nurse’s arms. / Then the whining school-boy, with his satchel / And shining morning face, creeping like snail / Unwillingly to school. And then the lover, / Sighing like furnace, with a woeful ballad / Made to his mistress’ eyebrow. Then a soldier, / Full of strange oaths, and bearded like the pard, / Jealous in honour, sudden and quick in quarrel, / Seeking the bubble reputation / Even in the cannon’s mouth. And then the justice, / In fair round belly with good capon lined, / With eyes severe and beard of formal cut, / Full of wise saws and modern instances; / And so he plays his part. The sixth age shifts / Into the lean and slipper’d pantaloon, / With spectacles on nose and pouch on side, / His youthful hose, well saved, a world too wide / For his shrunk shank; and his big manly voice, / Turning again toward childish treble, pipes / And whistles in his sound. Last scene of all, / That ends ethis strange eventful history, / In second childishness and mere oblivion, / Sans teeth, sans eyes, sans taste, sans everything.) und Goethe, Grabschrift: „Als Knabe verschlossen und trutzig, / Als Jüngling anmaßlich und stutzig, / Als Mann zu Thaten willig, / Als Greis leichtsinnig und grillig! – / Auf deinem Grabstein wird man lesen: / Das ist fürwahr ein Mensch gewesen!“ 162 campus apricus wie c. 1,8,3 f.: „(Sag, …) warum er das offene Feld meidet, (sonst doch) resistent gegen Staub und Sonne?“ (cur apricum / oderit campum patiens pulveris atque solis; vgl. zu S 1,6,126) 180 ff. Vgl. Heraklit (bei Polybios, Historien 12,27 = 22 B 101a in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/Kranz): „Zwei (Sinne) sind es ja …, durch die wir alles erfahren und mancherlei tun, Hören und Sehen, näher an der Wahrheit aber ist um nicht Weniges das Sehen nach Heraklit: ‚Augen (sind) ja genauere Zeugen als die Ohren‘ …“, Parmenides (Diogenes Laertios 9,22; in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/ Kranz unter 28 B 7): „Als Kriterium aber nannte er das rationale Denken (griech. lógos); die Sinneswahrnehmungen seien nicht genau. Er
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sagt jedenfalls: ‚Und nicht zwinge dich vielerfahrene Gewohnheit auf diesen Weg, / handhabend das ausrichtungslose Auge und das widerhallende Ohr / und die Zunge, sondern beurteile mit rationalem Denken den hoch streitbaren Gedankengang‘“, Herodot 1,8,2: „Gyges, ich [sc. Kandaules, der König der Lyder] scheine dich ja nicht zu überzeugen, wenn ich rede vom Aussehen meiner Frau – die Ohren gelten ja den Menschen als unglaubwürdiger als die Augen –, (also) mach, dass du sie nackt zu sehen bekommst!“ und Goethe, Aug’ um Ohr (nach der Hamburger Ausgabe ‚Alterswerke: Sprüche‘): „Was dem Auge dar sich stellet, / Sicher glauben wir’s zu schaun, / Was dem Ohr sich zugesellet, / Gibt uns nicht ein gleich Vertraun …“ 189 f. Die wirkungsmächtigen ‚fünf Akte‘ eines Dramas offenbar hier erstmals belegt 191 f. Der sprichwörtlich gewordene deus ex machina, vgl. im Platon zugeschriebenen Kleitophon 407a: „Ich nämlich, o Sokrates, war, wenn ich mit dir zusammen war, oft geplättet, wenn ich (dich) hörte, und du schienst mir vor den anderen Menschen am Schönsten zu reden, sooft du die Menschen auf die Ehre verpflichtetest, wie von einem Bühnenkran der Tragödie ein Gott, Hymnen sprechend: ‚Wo treibt ihr hin, o Menschen?‘“ (bei Horaz ep.7,1: „Wohin, wohin, Übeltäter, stürzt ihr …?“ [quo quo scelesti ruitis]) und Platon, Kratylos 425d: „Denn wir haben nichts Besseres als dieses, worauf wir uns beziehen könnten bezüglich der Wahrheit der ersten Begriffe, – wenn du so willst, wie die Tragiker, wenn sie vor Ort ratlos sind, zu den Maschinen Zuflucht nehmen, indem sie Götter in die Höhe hieven, möchten auch wir erlöst werden, indem wir so sprechen: Die ersten Begriffe haben die Götter formuliert und deswegen ist es in Ordnung.“; vgl. Johann Tobias Wagner, Entwurff einer Soldaten-Bibliothec. Nebst der gantzen Alten, Römischen, Teutschen wie auch Neuen Krieges-Verfassung. § CCCXXXVIII. Vergleichung zwischen den alten und neuen Krieges-Künsten. (Leipzig: Joh. Christoph König 1724, S.343 f.): „Wo ist unter den Christen ein Häufflein dessen er [sc. GOtt] sich unmittelbahrer Weise annehmen will/ bey den Juden hat er es auf eine miraculoese Art gethan/ izt aber muß man nicht bloß Deum ex Machina erwarten/ denn es auch noch disputirlich ist/ welches das rechte Häufflein ist. Darum muß man natürliche Mittel brauchen/ welche die Vernunft an die Hand giebet/ und sich zum Kriege schicken/ und also auf seine Vertheidigung dencken.“ (von Hanss Friedrich von Fleming, Der Vollkommene Teutsche Soldat &c findet man bereits 1726 für Seite 86 zitiert: „Bei denen Juden hat er [Gott] es auf eine miraculeuse Art gethan, ietzt aber muß man nicht bloß Deum ex machina erwarten, sondern sich natürlicher Mittel gebrauchen“!) und
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Anmerkungen
Nietzsche, Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik (‚12.‘): „dies ist die Aufgabe des berüchtigten deus ex machina.“ 192 Vgl. Aristoteles, Poetik 4 (1449a): „Und die Zahl der Schauspieler von einem auf zwei hat als Erster Aischylos gebracht und das (Gewicht) des Chores reduziert und den Dialog zum Hauptdarsteller gemacht; drei (Schauspieler) aber und Bühnenbilder (hat) Sophokles (eingeführt).“ 202 ff. Die Musik – von Horaz insbesondere mit Blick auf die Instrumente thematisiert – ist nach Aristoteles, Poetik 6 (1450a f.) eine der sechs die Tragödie konstituierenden Größen (‚Plot‘, Charaktere, argumentative Struktur, Sprache, akustisches Arrangement, Inszenierung); s/ein Bild römischer Blasinstrumente (anlässlich eines Triumphzuges) vermittelt der Asterix-Band 18 Die Lorbeeren des Cäsar (1972, deutsch zuerst 1974; S.47) 210 Genius: vgl. zu E 2,2,187 220 Horaz folgt hier der (falschen?) Etymologie, die den Namen Tragödie davon ableitet, dass die Sieger in tragischen Agonen einen Bock, das Tier des Dionysos, erhielten; vgl. (mit Verweis auf diese Stelle) Isidor von Sevilla, Sprachliche Ursprünge 8,7,5: „Tragiker wurden (so) genannt, weil anfangs der Sänger Preis ein Bock war, der bei den Griechen trágos heißt.“ (tragoedi dicti, quod initio canentibus praemium erat hircus, quem Graeci ‚tragos‘ vocant) 235 Pisonen: einzige Anrede der Adressaten so ziemlich in der Mitte des 476 Verse zählenden Gedichts 239 des seiner Pflege anvertrauten Gottes: Dionysos/Bacchus 243 Vgl. Cicero, Der Redner 163: „Jetzt wollen wir den Klang behandeln. Am besten sind, wie wir oben gesagt haben, gut klingende Wörter zu wählen, aber nicht solche, wie bei den Dichtern, klanglich auserlesene, sondern mitten (aus dem Leben) genommene.“ (nunc de sono quaerimus. verba, ut supra diximus, legenda sunt potissimum bene sonantia, sed ea non – ut poetae – exquisita ad sonum, sed sumpta de medio) und Martinus Luther, Sendbrief vom Dolmetschen (nach dem ‚Nürnberger urdruck‘ von 1530): „den man mus nicht die buchstaben inn der lateinischen sprachen fragen / wie man sol Deutsch reden / wie diese esel thun / sondern / man mus die mutter jhm hause / die kinder auff der gassen / den gemeinen man auff dem marckt drumb fragen / und den selbigen auff das maul sehen / wie sie reden / und darnach dolmetzschen / so verstehen sie es den / und mercken / das man Deutsch mit jn redet. … sondern also redet die mutter ym haus und der gemeine man / Wes das hertz vol ist / des gehet der mund uber / dz heist gut deutsch geredet / des ich mich geflissen / und leider nicht all wege erreicht noch troffen
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habe / Denn die lateinischen buchstaben hindern aus der massen seer gut deutsch zu reden.“ 250 den Preis: buchstäblich der ‚Siegerkranz‘ (corona; vgl. zu E 1,3,25 und kulturgeschichtlich bei Herodot 8,26,3: „Denn als er [sc. Tritantaichmes] erfahren hatte, der Kampfpreis sei ein Kranz und kein Geld, konnte er nicht mehr an sich halten und sagte vor allen Folgendes: ‚Wehe, Mardonios, gegen was für Menschen hast du uns in den Krieg geführt, die nicht um Geld ihren Wettkampf bestreiten, sondern aus Idealismus!‘“) 258 f. Accius / Ennius: s. zu S 1,10,53 bzw. 54; Ovid urteilt über den Letzteren (Tristia 2,424): „Ennius: höchst talentiert, (aber) in der Kunst (noch) ungehobelt“ (Ennius ingenio maximus, arte rudis) 275 Muse: in Gestalt der ‚römischen‘ Camene (vgl. zu S 1,10,45) 276 auf einem Wagen: die Geburtsstelle des sog. Thespiskarren 278 ff. „Aischylos gab als Erster den Tragödien Kothurne und Schleppkleid und Maske; er ist nämlich der Urheber dieser drei (Innovationen).“ (Aeschylus primus tragoediis coturnos et syrma et personam dedit – horum enim trium auctor est; Porph.) und Dioskorides in der Anthologia Graeca 7,411,1 ff.: „Des Thespis’ Erfindung ist dies [sc. die Trag ödie]; die Spiele mit bäurischem Stoff und diese Umzüge aber brachte Aischylos zur höchsten Vollendung, der nicht gedrechselte Buchstaben niederschrieb, sondern wie mit Schmelzwasser getränkte …“ 296 Helikon: s. zu E 2,1,218 297 Vgl. Cicero, Über die Weissagung 1,80: „Es bestreitet nämlich Demokrit, dass jemand ohne Wahnsinn ein großer Dichter sein könne“ (negat enim sine furore Democritus quemquam poetam magnum esse posse) und Über den Redner 2,194: „Oft habe ich nämlich gehört, dass niemand – etwas, das, wie man sagt, Demokrit und Platon [vgl. zu S 1,4,43] schriftlich hinterlassen haben – ein guter Dichter sein könne ohne innere Begeisterung und ohne den Anflug einer Art Wahnsinns.“ (saepe enim audivi poetam bonum neminem – id quod a Democrito et Platone in scriptis relictum esse dicunt – sine inflammatione animorum exsistere posse et sine quodam adflatu quasi furoris) 300 Nieswurz galt als Wahnsinns-Heilmittel, hier gesteigert zumal bei der Annahme von einem ‚Antikyra‘ als Herkunftsort am Malischen Meerbusen und einem am Golf von Korinth; vgl. zu S 2,3,83 304 f. Vgl. Plutarch, Leben der zehn Redner 838e (über Isokrates): „Und zu einem, der fragte, wie er – obwohl selbst nicht imstande – andere (zu Rednern) mache(n könne), sagte er: ‚Auch die Schleifsteine können selbst nicht schneiden, aber sie machen das Eisen schneidend.‘“ 310 die Schriften der Sokratiker: diskutabel erhalten offenbar nur in Platon und Xenophon
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Anmerkungen
Vgl. in der Ars rhetorica des spätantiken Grammatikers C. Julius Victor (‚I. de inventione‘): „Das ist, was Cicero sagt [vgl. Über den Redner 1,20]: Aus der Kenntnis der Dinge soll die Rede aufblühen und überfließen – und wenn die Sache nicht vom Redner wahrgenommen und erkannt worden ist, werde die sprachliche Ausführung gewissermaßen leer und nahezu Kinderkram. Auch Sokrates pflegte zu sagen, dass alle bei dem, was sie wüssten, hinlänglich beredt seien. Wissen aber heißt, die Sache, über die man sprechen will, vorher umfassend zu durchdringen (in diese Richtung zielt bekanntlich auch Catos nahezu göttliche Maxime, der sagt: Die Sache halte fest, die Worte folgen) …“ (hoc est, quod Cicero ait: ex rerum cognitione efflorescat et redundet oratio: ac nisi res sit ab oratore percepta et cognita, inanem quandam elocutionem exsistere ac paene puerilem. Socrates quoque dicere solebat, omnes in eo, quod scirent, satis esse eloquentes. Scire autem est rem, de qua dicturus sis, universam ante pernoscere (in hanc rem constat etiam Catonis praeceptum paene divinum, qui ait: rem tene, verba sequentur) …); Sokrates’ Statement zur Sache ist seinerseits von Cicero (Über den Redner 1,63) übernommen. Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 7,1,41: „Aber sehr viele, die auf den Ruf der Beredsamkeit aus sind, begnügen sich mit bloß ansehnlichen Stellen, selbst wenn diese nichts zur Argumentation beitragen.“ (sed plerique eloquentiae famam adfectantes contenti sunt locis speciosis modo vel nihil ad probationem conferentibus) Vgl. Vitruv, Über die Architektur 2,9,13: „Ebenso haben Zeder und Wacholder dieselben Qualitäten und Vorteile; doch wie aus der Zypresse und der Pinie Harz gewonnen wird, so aus der Zeder ein Öl, das ‚cedrium‘ genannt wird, mit dem gesalbt andere Dinge, ja sogar Bücher, von Motten und Fäulnis nicht geschädigt werden.“ (item cedrus et iuniperus easdem habent virtutes et utilitates; sed quemadmodum ex cupressu et pinu resina, ex cedro oleum, quod cedrium dicitur, nascitur, quo reliquae res cum sunt unctae, uti etiam libri, a tineis et carie non laeduntur) und „Denn Bücher, die entweder mit Zeder(nöl) bestrichen werden oder in eine Truhe aus Zypressenholz eingeschlossen sind, werden von Motten nicht verletzt.“ (libri enim, qui aut cedro inlinuntur aut arca cupressea inclusi sunt, a tineis non vexantur; Porph.) Vgl. Strabon (etwa 63 v. Chr. – nach 23 n. Chr.), Geographika 1,1,10: „Und es ist ja nicht wahr, was [der alexandrinische Philologe] Eratosthenes sagt, dass jeder Dichter auf Unterhaltung abzielt, nicht auf Belehrung; ganz im Gegenteil sagen die Verständigsten derer, die etwas zur Dichtkunst vernehmen ließen, eine Art erste Philosophie (sei) die Dichtkunst.“ und 1,2,3: „Denn jeder Dichter, sagte er, ziele auf Un-
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terhaltung ab, nicht auf Belehrung. Im Gegenteil aber sagen die Alten, eine Art Philosophie, eine erste, (sei) die Dichtkunst, die uns ins Leben einführt von Jugend an und Sitten lehrt und Leiden und Taten mit Lust; die Unsrigen [sc. die Stoiker] aber sagen sogar, allein Dichter sei der Weise. (…) Also wäre es zwingend, so zu sagen: Jeder Dichter bringt manches nur der Unterhaltung wegen heraus (und) manches der Belehrung; der aber brachte vor: der Unterhaltung nur, der Belehrung aber nicht.“ 340 In einer Erläuterung (Scholion) zu den Wespen 1035 des Aristophanes heißt es zu dieser Unholdin und Schreckgespinst aus der Kinderstube des Ammenmärchens: „Nachdem Zeus mit ihr geschlafen hatte, habe sie aufgrund der Eifersucht der Hera, was sie gebar, umgebracht; deshalb sei sie vor Kummer zur Missgestalt geworden und raffe die kleinen Kinder anderer dahin, sie zu verderben.“ 342 Ramnes: Name einer der drei alten römischen Tribus, hier offenbar als wahltechnischer Begriff im Gegensatz zu den centuriae seniorum; vgl. Livius 1,13,8: „Zur selben Zeit wurden auch die drei Ritterzenturien festgeschrieben – die Ramnenser nach Romulus, die Titiener nach Titus Tatius benannt; der Ursprung des Namens und der Herkunft der Lucerer ist unklar“ (eodem tempore et centuriae tres equitum conscriptae sunt: Ramnenses ab Romulo, ab T. Tatio Titienses appellati, Lucerum nominis et originis causa incerta est) 345 den Sosiern: s. zu E 1,20,2 348 Leier und Bogen als Grundausrüstung und Wahrzeichen Apolls kombiniert bereits c. 2,10,18–20 und als Umschlagssignet aufgegriffen bei Thomas Mann (sog. Stockholmer Gesamtausgabe); vgl. Heraklit (als Fragment 22 B 51 in der ‚Vorsokratiker‘-Ausgabe von Diels/Kranz): „Sie verstehen nicht, wie das Unstimmige mit sich selbst übereinstimmt: spannungsvolle Harmonie wie bei Bogen und Lyra“ (in leicht abweichender Fassung überliefert bei Platon, Das Gastmahl 187a) 357 Choirilos: s. zu E 2,1,233 359 Vgl. Quintilian, Grundlegung der Rhetorik 10,1,24: „Manchmal zeigen (die Verfasser) Ermüdungserscheinungen, wenn Cicero zwischenein Demosthenes [vgl. Der Redner 104 – oder eine ansonsten unbekannte Stelle?], Horaz aber sogar Homer selbst zu schlafen scheint“ (nonnumquam [sc. auctores] fatigantur, cum Ciceroni dormitare interim Demosthenes, Horatio vero etiam Homerus ipse videatur) 361 Vgl. Rhetorik an Herennius 4,39 (als Beispiel einer commutatio): „Desgleichen: ‚Das Gedicht ist ein sprechendes Bild, das Bild muss ein stilles Gedicht sein.‘“ (item: poema loquens pictura est, pictura tacitum poema debet esse) und Plutarch, Vom Ruhm der Athener [auch: Ob im
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Anmerkungen
Krieg oder im Frieden die Athener glänzender gewesen sind] 346f: „Indes nennt Simonides die Malerei schweigende Dichtung, die Dichtung aber sprechende Malerei.“ 365 Vgl. Georg Christoph Lichtenberg, Vermischte Schriften (aus dem Nachlass: ‚Vertheidigung unserer Odensänger‘ unter III. Bemerkungen vermischten Inhalts. 9. Witzige und satyrische Einfälle und Bemerkungen.): „Horaz, sagt ihr, hätte ganz andere Oden geschrieben, es wären Zeilen darin, die bewundere man immer mehr, je älter man würde und je öfterer man sie läse, da hingegen die meisten deutschen Oden immer einfältiger klängen, je öfterer man sie wiederholte.“ und ebenda (unter 6. Litterärische Bemerkungen): „Ein sichres Zeichen von einem guten Buche ist, wenn es einem immer besser gefällt, je älter man wird.“ 371 Messalla: s. zu S 1,6,42 und 1,10,29; Aulus „Cascellius wurde für einen Juristen von bewundernswerter Urbanität und Liberalität gehalten“ (Cascellius iuris consultus urbanitatis mirae libertatisque habebatur; Macrobius, Saturnalia 2,6,1) 379 Marsfeld: s. zu S 1,1,91 385 Vgl. Cicero, Von den Pflichten 1,110: „Nichts schickt sich gegen den Willen Minervas [vgl. zu S 2,2,3], wie man sagt, d.h. im Widerstand und Kampf mit der Natur.“ (nihil decet invita Minerva, ut aiunt, id est adversante et repugnante natura) 387 der (Kunst-)Richter Sp. Maecius Tarpa wie schon S 1,10,38 388 bis ins neunte Jahr: Vgl. Catull, c. 95,1 f.: „Die Zmyrna meines Cinna ist schließlich nach der neunten Ernte, nachdem sie begonnen, und nach dem neunten Winter herausgekommen“ (Zmyrna mei Cinnae, nonam post denique messem / quam coepta est nonamque edita post hiemem), vielleicht auch eine dezente Huldigung an „der Musen süße Früchte“ (dulcis Musarum … fetus; Catull, c. 65,3); Georg Christoph Lichtenberg, Vermischte Schriften (aus dem Nachlass: ‚Ueber die Horazische Regel: Nonum prematur in annum.‘ unter III. Bemerkungen vermischten Inhalts. 8. Aesthetische Bemerkungen.): „Ich sehe nicht, warum, da der Autor selbst nur neun Monate im Mutterleibe gelegen hat, sein Buch neun Jahre im Pulte liegen soll. Oder werden die Gedanken besser, wenn sie lange liegen? Man kann sich nichts einfältigeres denken. Mich wundert es gar nicht, wenn ein Staat mit solchen Gesetzen nicht bestehen kann. Gottlob kenne ich auch keine Provinz in Deutschland, wo die Gelehrten ihre Werke neun Jahre liegen ließen; doch sind mir Beyspiele bekannt, wo Richter die Horazische Regel befolgt haben: sie ließen nämlich die Prozesse neun Jahre lang liegen, aber am Ende wurden sie gemeiniglich schlechter entschieden, als in den Ländern, wo man sie aus dem Stegreife entscheidet.“, Heine, Reisebilder (Zwei-
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ter Teil. ‚Ideen. Das Buch Le Grand. 1826‘, Kapitel 14): „Sie haben leicht reden, Madame, wenn Sie mich an das Horazische ‚nonum prematur in annum‘ erinnern. Diese Regel mag, wie manche andere der Art, sehr gut in der Theorie gelten, aber in der Praxis taugt sie nichts. Als Horaz dem Autor die berühmte Regel gab, sein Werk neun Jahre im Pult liegen zu lassen, hätte er ihm auch zu gleicher Zeit das Rezept geben sollen, wie man neun Jahre ohne Essen zubringen kann. Als Horaz diese Regel ersann, saß er vielleicht an der Tafel des Mäcenas und aß Truthähne mit Trüffeln, Fasanenpudding in Wildbretsauce, Lerchenrippchen mit Teltower Rübchen, Pfauenzungen, indianische Vogelnester, und Gott weiß! was noch mehr, und alles umsonst. (…) Entschuldigen Sie, Madame, daß ich eben abschweifte, um meinem armen Hunde eine Ehrenerklärung zu geben, ich komme wieder auf die Horazische Regel und ihre Unanwendbarkeit im neunzehnten Jahrhundert, wo die Poeten das Schürzenstipendium der Muse nicht entbehren können – Ma foi, Madame! ich könnte es keine vierundzwanzig Stunden, viel weniger neun Jahre aushalten, mein Magen hat wenig Sinn für Unsterblichkeit, ich hab mir’s überlegt, ich will nur halb unsterblich und ganz satt werden, und wenn Voltaire dreihundert Jahre seines ewigen Nachruhms für eine gute Verdauung des Essens hingeben möchte, so biete ich das Doppelte für das Essen selbst. Ach! und was für schönes, blühendes Essen gibt es auf dieser Welt! Der Philosoph Pangloß [aus Voltaires Roman Candide] hat recht; es ist die beste Welt! Aber man muß Geld in dieser besten Welt haben, Geld in der Tasche und nicht Manuskripte im Pult. Der Wirt im ‚König von England‘, Herr Marr, ist selbst Schriftsteller und kennt auch die Horazische Regel, aber ich glaube nicht, daß er mir, wenn ich sie ausüben wollte, neun Jahr zu essen gäbe.“ und Friedrich Hebbel, Horaz und seine Regel (Anhang zu den Epigrammen in: Neue Gedichte. Leipzig: Verlag von J.J.Weber. 1848, S.212 ff.): „Es sind nun fast zweitausend Jahr, / Da sprach ein römischer Magister. / Der freilich nicht Apollo war, / Doch allerdings sein bester Küster, – / Es sprach Horaz: laß dein Gedicht / Im Pulte sieben [!] Jahre liegen, / Und wenn Dich dann der Kitzel sticht, / So laß es in die Weite fliegen! / Wir wissen zwar nun ganz gewiß, / Daß sich kein Geist darnach gerichtet, / Der sich mit Recht der Kunst befliß / Und für die Ewigkeit gedichtet; / … / Und dennoch hält der hohle Spruch / Sich dogmengleich noch immer oben, / Und platter Köpfe giebt’s genug, / Die ihn als tiefe Weisheit loben; / Auch mög’ er gelten fort und fort, / Es wär’ verkehrt, ihn durchzustreichen, / Allein, an einem andern Ort, / Für Geister, die dem Flaccus gleichen, / Die, statt aus ihrer Brust die Welt / Zum zwei-
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Anmerkungen
tenmal hervorzuspinnen, / Sich kalt beschau’n, was sie enthält, / Und so ihr Inventar gewinnen. / …“ 399 Vgl. Plutarch, Solon 25,1: „Rechtsgültigkeit aber gab er allen Gesetzen für einhundert Jahre, und sie wurden niedergeschrieben auf hölzerne Tafeln …, von denen noch unserer Tage [sc. um 100 n. Chr.] im Prytaneion [sc. in Athen] kleine Überbleibsel aufbewahrt werden.“ 402 Tyrtaios schrieb im 7. Jh. während der Kriege Spartas gegen Messene fragmentarisch erhaltene Marsch- und Kriegslieder 405 in pierischen Weisen: nach Pierien, einer thessalisch-makedonischen Küstenlandschaft, und dem dort beheimateten Pierios, dem Vater der Musen (vgl. Ovid, Metamorphosen 5,300 ff.) 414 bei den pythischen Spielen: Musik- und Sportwettkämpfe zu Ehren Apollons alle vier Jahre in Delphi (und Teil des antiken grand slam, literarisch festgehalten in Pindars Oden auf die Sieger in Olympia, Delphi [‚pythisch‘], Nemea und Korinth [‚isthmisch‘]) 417 „Dies hat (Horaz) aus einem Spiel der Jungen übernommen, die beim Spiel zu sagen pflegen: ‚Wer immer mich als Letzter erreicht, soll die Krätze kriegen!‘“ (hoc ex lusu puerorum sustulit, qui ludentes solent dicere: ‚quiquis ad me novissimus venerit, habeat scabiem‘; Porph.) 434 Vgl. Plutarch, Aussprüche von Königen und Feldherren 176a f.: „Als (Dionysios der Ältere) gehört hatte, zwei junge Leute würden beim Trinken sehr über ihn und seine Tyrannenherrschaft lästern, lud er beide zum Mahl. Wie er nun sah, dass der eine beim Wein die Kontrolle verlor und viel dummes Zeug schwätzte, der andere aber den Tränken sparsam und mit Vorbedacht zusprach, ließ er jenen laufen, da er von Natur aus beim Wein die Kontrolle verlor und im Rausch Mist redete, diesen aber hinrichten – wegen übler Gesinnung und vorsätzlicher Feindseligkeit.“ und Diodor, Historische Bibliothek 20,63,1: „Agathokles hatte nun in wenigen Tagen am Boden wie auf dem Meer seine Feinde besiegt und opferte den Göttern und richtete für seine Freunde glänzende Empfänge aus. Er legte aber bei den Umtrünken die Reputation der Tyrannei ab und gab sich geringer als der erstbeste Normalbürger, wobei er zum einen durch eine derartige Politik Jagd machte auf das Wohlwollen der Menge und zum andern beim Trinken Redefreiheit gewährte im Blick auf sich selbst und so genau die Einstellung eines jeden erkannte, wenn die Wahrheit unverhüllt herauskam durch den Wein.“ 438 Wohl der c. 1,24 betrauerte Quintilius Varus (Adressat von c. 1,18?) 444 Vgl. Cicero, An Bruder Quintus 3,6,4: „O Götter, wie taktlos, wie in sich selbst verliebt ohne Konkurrenz!“ (o di, quam ineptus, quam se ipse amans sine rivali), Georg Christoph Lichtenberg (Sudelbücher H 31): „Wer in sich selbst verliebt ist, hat wenigstens bei seiner Liebe
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den Vorteil, dass er nicht viele Nebenbuhler erhalten wird.“ und Friedrich Haug, Epigrammen und Einfälle (1805; Erstes Buch. ‚79. Erlaubte Selbstliebe‘): „Er liebt nur sich allein; was jeder ihm vergiebt, / Weil er allein – sich liebt.“ 446 f. Vgl. Persius 4,13: „und du kannst einem Verstoß ein schwarzes Theta [wie griech. thánatos ‚Tod‘] voranstellen“ (et potis es nigrum vitio praefigere theta) 450 Vgl. zum Typus eines Kritikerpapstes in Gestalt des alexandrinischen Philologen (um 217–144), der beanstandete Verse buchstäblich aufspießte (die textkritischen Zeichen asterískos und obelós [Asterix und Obelix!] heißen: ,Stern(chen)‘ bzw. ‚[Brat-]Spieß‘), Cicero, Gegen Piso 73: „da wir in dir nicht einen Aristarch, sondern einen Phalaris als Textverständigen haben, der du bei einem schlechten Vers nicht (einfach) ein Negativzeichen setzt“ (quoniam te non Aristarchum, sed Phalarin grammaticum habemus, qui non notam apponas ad malum versum) und in einem Brief an seinen Freund und Verleger Atticus (1,14,3): „in meinen Reden, deren Aristarch du bist“ (meis orationibus, quarum tu Aristarchus es) 454 Vgl. Ovid, Briefe vom (Schwarzen) Meer 1,1,41 f.: „Wir wissen, dass nichts Derartiges auf Befehl Dianas geschieht – / wovon er dennoch leben kann, hat ihr [als herumziehender – Stichwort error bei Horaz unmittelbar zuvor – Bettelpriester identifizierter] Verkünder.“ (scimus ab imperio fieri nil tale Dianae: / unde tamen vivat, vaticinator habet) 465 Empedokles (der ‚sizilische Dichter‘ v. 463): s. zu E 1,12,2
Nordsee
Die Welt zur Zeit des Augustus
Ostsee
Britanni Rhe in
Atlantischer Ozean Loire
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300 km
Karten zu Horaz
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Karten zu Horaz
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heutiger Küstenverlauf
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Etruria
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50
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150 km
Benutzte wie geschätzte Literatur – Hinweise1 Bo, Dominicus: Lexicon Horatianum. (Alpha – Omega I) Hildesheim: Olms 1965/66. [XIII, 276 S., 418 S.] Brink, Charles O.: Horace on Poetry. I: Prolegomena to the Literary Epistles. London: Cambridge University Press 1963 [XI, 299 S.]; II: The ‘Ars Poetica’. 1971 [XXVI, 563 S.]; III: Epistles Book II: the Letters to Augustus and Florus. 1982. [XVII, 644 S.] Färber, Hans (Hrsg.): Horaz: Sämtliche Werke. Lateinisch und deutsch. Teil 2 übersetzt und zusammen mit H. F. bearbeitet von Wilhelm Schöne. (Sammlung Tusculum) München-Zürich: Artemis 101985 (111993). [728 S.] Fink, Gerhard (Hrsg.): Q. Horatius Flaccus: Satiren Briefe – Sermones Epistulae. Lateinisch-deutsch. Übersetzt von Gerd Herrmann, herausgegeben von G. F. (Sammlung Tusculum) Düsseldorf-Zürich: Artemis & Winkler 2000. [406 S.] Heinze, Richard: Q. Horatius Flaccus – Satiren. Erklärt von Adolf Kießling. Sechste Auflage erneuert von R. H. Mit einem Nachwort und bibliographi schen Nachträgen von Erich Burck. Berlin: Weidmann 1957 (u. ö.; 51921 = 12 1999 [xlviii, 351 S.]). [XLV, 413 S.] ders.: Q. Horatius Flaccus – Briefe. Erklärt von Adolf Kießling. Fünfte Auflage erneuert von R. H. Anhang: Horazens Buch der Briefe von R. H. Nachwort und bibliographische Nachträge von Erich Burck. Berlin: Weidmann 1957 (u. ö.; 41914 = 111984 [vii, 380 S.]). [425 S.] Helm, Rudolf: Q. Horatius Flaccus – Satiren und Briefe. Lateinisch und deutsch. Eingeleitet und übersetzt von R. H. (Die Bibliothek der Alten Welt. Römische Reihe) Zürich-Stuttgart: Artemis 1962. [XXII, 426 S.] Holder, Alfred (Hrsg.): Pomponi Porfyrionis Commentum in Horatium Flaccum. (Scholia antiqua in Q. Horatium Flaccum. Recensuerunt A. Holder et O. Keller. Vol. I) Hildesheim: Olms 1967 (ND Innsbruck 1894). [X, 600 S.] 1 Bibliographisches Geschwätz ersetze nie ein Argument: Ist dem etwas hinzuzufügen?
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Benutzte wie geschätzte Literatur – Hinweise
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Benutzte wie geschätzte Literatur – Hinweise
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Mariotti, Scevola (Hrsg.): Orazio: Enciclopedia Oraziana. Fondata da Fran cesco della Corte. Direttore: S. M. 1: L’opera, i luoghi, le persone. Roma: Istituto della Enciclopedia Italiana 1996 [XXIV, 946 S.]; 2: La cultura, la società, la poesia. 1997 [XXI, 950 S.]; 3: La fortuna, l’esegesi, l’attualità. 1998. [XXII, 1046 S.] Radspieler, Hans (Hrsg.): Horazens Satiren – aus dem Lateinischen übersetzt und mit Einleitungen und erläuternden Anmerkungen versehen von C. M. Wieland. Revision des lateinischen Textes und Übersetzung der altsprachlichen Zitate: Hans Ohm. (Wielands Horaz I) Nördlingen: Greno 1985. [548 S.] ders. (Hrsg.): Horazens Briefe – aus dem Lateinischen übersetzt und mit histo rischen Einleitungen und andern nöthigen Erläuterungen versehen von C. M. Wieland. Revision des lateinischen Textes und Übersetzung der altsprachlichen Zitate: Hans Ohm. (Wielands Horaz II) Nördlingen: Greno 1986. [699 S.]
Röhl, Hermann: Die Satiren und Episteln des Horaz. In deutscher Prosa von H.R. Berlin: Grote 1917. [2+280 S.] Schönberger, Otto: Horaz – Satiren und Episteln. Lateinisch und Deutsch von O. S. 2., erweiterte Auflage. (Schriften und Quellen der Alten Welt 33) Berlin: Akademie Verlag 1991 (11976). [354 S.] Schröder, Rudolf Alexander: Vergil / Horaz. Deutsch. (Gesammelte Werke in fünf Bänden. Fünfter Band) Berlin-Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1952. [1091 S.; „Quintus Horatius Flaccus“ 611–1090] Schultess, Friedrich: Horazische Lieder und Briefe erklärt von Friedrich Schulteß, nach dessen Tode herausgegeben von Carl Schulteß. Gotha: Perthes 1920. [XII, 172 S.] Links zum Bearbeiter dieser Ausgabe: http://www.gfa.d-r.de/5-02/weitz.pdf = Bespr. von Gregor Maurach: Horaz. Werk und Leben. (Wissenschaftliche Kommentare zu griechischen und lateinischen Schriftstellern) Heidelberg: Winter 2001 [XIV+506 S.] in: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 5 (2002) 1115–1134 http://gfa.gbv.de/dr,gfa,012,2009,r,09.pdf = Bespr. von Niklas Holzberg: Horaz. Dichter und Werk (s.o.) in: Göttinger Forum für Altertumswissenschaft 12 (2009) 1057–1061
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Benutzte wie geschätzte Literatur – Hinweise
http://www.altphilologenverband.de/forumclassicum/pdf/FC2012-1.pdf = Bespr. von Holzberg, Niklas: Horaz – Satiren. Aus dem Lateinischen übersetzt und herausgegeben von N.H. (Tusculinum) Mannheim: Artemis & Winkler 2011 in: Forum Classicum 55, 1/2012, 55–56 http://www.altphilologenverband.de/forumclassicum/pdf/FC2012-3.pdf = „Fab Five – Zur (noch ungeschriebenen?) Geschichte der Übersetzung(en) antiker Texte ins Deutsche“ in: Forum Classicum 55, 3/2012, 237–238. http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/1866/ = „Gefragt ist also … Hundert Jahre deutsche Prosafassungen horazischer Satiren“ http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/1881/ = „Lectiones Teub nerianae. Textkritische Ausgaben als Problemanzeige (am Beispiele Horazens)“ Wili, Walter: Horaz und die augusteische Kultur. Basel: Schwabe 1948 (ND 1965). [414 S.]
Geflügelte Worte Ab ovo (ap 147): ‘vom Ei’ (sc. der Leda, dem u. a. Helena entschlüpfte) Ab ovo / usque ad mala (S 1,3,6 s.): ‘vom Ei bis zu den Äpfeln’ Adhuc sub iudice lis est. (ap 78) „Bislang liegt die Streitfrage noch beim Richter.“ Aequam memento rebus in arduis / servare mentem! (c. 2,3,1 s.) „Denk daran, in schwierigen Situationen Gleichmut zu bewahren!“ Alius ... et idem (cs 10): ‘ein anderer und (doch) derselbe’ Amabilis insania (c. 3,4,5): ‘ein lieblicher Wahn’ Animi sub vulpe latentes (ap 437): ‘die unter einem Fuchspelz verborgene Gesinnung’ Audax omnia perpeti / gens humana ruit per vetitum nefas. (c. 1,3,25 s.) „Tollkühn alles bis zum Ende zu erdulden, stürzt das Menschengeschlecht auf verbotenen Frevel.“ Auream ... mediocritatem (c. 2,10,5s.): ‘der goldene Mittelweg’ Aut prodesse volunt aut delectare poetae. (ap 333) „Nützen wollen oder unterhalten die Dichter.“ Beatus ille, qui procul negotiis (ep.2,1): „selig der, der fern von Geschäften“ Bene ferre magnam / disce fortunam. (c. 3,27,74 s.) „Lerne, ein großes Geschick recht zu tragen!“ Brevis esse laboro, / obscurus fio. (ap 25 s.) „Ich versuche, mich kurz zu fassen, und werde unverständlich.“ Caelum, non animum mutant, qui trans mare currunt. (E 1,11,27) „Den Himmel, nicht die Befindlichkeit ändert, wer übers Meer fährt.“ Callida ... iunctura (ap 47): ‘die raffinierte Verbindung’ Carpe diem! (c. 1,10,8) „Nutze den Tag!“ Crassa ... Minerva (S 2,2,3): ‘bei fetter Minerva’ Credat Iudaeus Apella. (S 1,5,100) „Das glaube der Jude Apella!“ Crescentem sequitur cura pecuniam. (c. 3,16,17) „Wachsendem Besitz folgt die Sorge.“ Cum sale panis / latrantem stomachum bene leniet. (S 2,2,17 s.) „Brot mit Salz wird den knurrenden Magen leicht besänftigen.“ Debemur morti nos nostraque. (ap 63) „Wir schulden dem Tod uns und das Unsrige.“
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Geflügelte Worte
Decipimur specie recti. (ap 25) „Wir lassen uns täuschen vom Anschein des Richtigen.“ Denique non omnes eadem mirantur amantque. (E 2,2,58) „Schließlich bewundern und lieben nicht alle dasselbe.“ Desiderantem, quod satis est (c. 3,1,25): ‘Wer wünscht, was genug ist’ Digne puer meliore flamma (c. 1,27,20): ‘mein einer besseren Liebschaft würdiger Junge’ Dignum laude virum Musa vetat mori. (c. 4,8,28) „Den Mann, der Lob verdient, lässt die Muse nicht sterben.“ Dimidium facti, qui coepit, habet. (E 1,2,40) „Die Hälfte der Arbeit hat, wer anfängt (, bereits getan).“ Dira necessitas (c. 3,24,6): ‘die furchtbare Notwendigkeit’ Disiecti membra poetae (S 1,4,62): ‘die versprengten Glieder des Dichters’ Dives, qui sapiens est. (S 1,3,124) „Reich (ist), wer weise ist.“ Divitiis potietur heres. (c. 2,3,20) „Die (angesammelten) Reichtümer wird der Erbe bekommen.“ Docte sermones utriusque linguae (c. 3,8,5): ‘sprachkompetent in beiden Zungen’ (d. h. lateinisch und griechisch) Dona praesentis cape laetus horae! (c. 3,8,27) „Die Gaben der gegenwärtigen Stunde ergreife frohgemut!“ Dos est magna parentium / virtus. (c. 3,24,21 s.) „Eine große Mitgift ist der Eltern Tugend.“ Dulce est desipere in loco. (c. 4,12,28) „Süß ist es, am rechten Platz verrückt zu sein.“ Dulce et decorum est pro patria mori. (c. 3,2,13) „Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.“ Dulce mihi furere est. (c. 2,7,28) „Süß ist es für mich zu rasen.“ Dulce ridentem, Lalagen amabo / dulce loquentem. (c. 1,22,23 s.) „Ich werde die süß lachende, die süß singende Lalage lieben.“ Dum loquimur, fugerit invida / aetas. (c. 1,11,7 s.) „Während wir sprechen, entflieht die neidische Zeit.“ Dum res et aetas et sororum / fila trium patiuntur atra. (c. 2,3,15 s.) „Solange es die Situation und das Alter und die schwarzen Fäden der drei Schwestern dulden.“ Dum vitant stulti vitia, in contraria currunt. (S 1,2,24) „Wenn Dummköpfe versuchen, Fehler zu vermeiden, erreichen sie gerade das Gegenteil.“ Durum: sed levius fit patientia, / quidquid corrigere est nefas. (c. 1,24,19 s.) „Es ist hart, aber leichter wird durch Geduld, was immer zu ändern nicht Recht ist.“
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Eheu fugaces, Postume, Postume, labuntur anni. (c. 2,14,1) „Ach, Postumus, Postumus, flüchtig entgleiten die Jahre.“ Epicuri de grege porcum (E 1,4,16): ‘aus Epikurs Herde ein Schwein’ Est et fideli tuta silentio / merces. (c. 3,2,25 s.) „In treuem Schweigen liegt sicherer Lohn.“ Est modus in rebus, sunt certi denique fines, / quos ultra citraque nequit consistere rectum. (S 1,1,106 s.) „Es gibt ein Maß in den Dingen, es gibt letztlich bestimmte Grenzen, jen- und diesseits von denen nichts Rechtes bestehen kann.“ Et mihi forsan, tibi quod negarit, / porriget hora. (c. 2,16,31 s.) „Und vielleicht gewährt mir die Stunde, was sie dir versagt.“ Exegi monumentum aere perennius. (c. 3,30,1) „Ich habe ein Denkmal errichtet, dauerhafter als Erz.“ Expertus metuet. (E 1,18,87) „Ein Erfahrener wird nicht ohne Angst sein.“ Fabula quanta fui. (ep. 11,8) „Was war ich Gesprächsthema!“ Faenum habet in cornu, longe fuge! (S 1,4,34) „Er hat Stroh am Horn, meide (ihn) weitläufig!“ Favete linguis! (c. 3,1,2) „Hütet eure Zungen!“ Feriunt(que) summos fulgura montis. (c. 2,10,11) „Es treffen die Blitze die Berggipfel.“ Frui paratis (c. 1,31,17): ‘das Vorhandene genießen’ Genus inritabile vatum (E 2,2,102): ‘das reizbare Geschlecht der Dichter’ Graecia capta ferum victorem cepit et artis / intulit agresti Latio. (E 2,1,156 s.) „Das bezwungene Griechenland bezwang den wilden Sieger und brachte dem bäuerlichen Latium die Kultur.“ Grammatici certant. (ap 78) „Die Gelehrten streiten (noch).“ Hac urget lupus, hac canis. (S 2,2,64) „Hier droht der Wolf, hier der Hund.“ Haec res et iungit iunctos et servat amicos. (S 1,3,54) „Dies gewinnt Freunde und erhält gewonnene.“ Hic niger est, hunc tu, Romane, caveto! (S 1,4,85) „Der ist schwarz, vor dem nimm du dich, Römer, in Acht!“ Hinc illae lacrimae. (E 1,19,41) „Daher die(se) Tränen.“ Hinc omne principium, huc refer exitum! (c. 3,6,6) „Von dort fang alles an, dort setze den Schlusspunkt! “ Hoc erat in votis. (S 2,6,1) „Das war unter meinen Wünschen ...“
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Iliacos intra muros peccatur et extra. (E 1,2,16) „Innerhalb der Mauern Trojas wird gefehlt und außerhalb.“ Ille terrarum mihi praeter omnis / angulus ridet. (c. 2,6,13 s.) „Jener Winkel lacht mir vor allen der Welt.“ Illi robur et aes triplex / circa pectus erat. (c. 1,3,9 s.) „Der hatte Eichenholz und dreifach Erz um die Brust ...“ In cute curanda plus aequo operata iuventus (E 1,2,29): ‘mit der Pflege der eigenen Haut mehr als billig beschäftigte Jugend’ In medias res (ap 148): ‘mitten ins Geschehen hinein’ In vitium ducit culpae fuga. (ap 31) „Zum Fehler führt die Flucht vor Verfeh lung.“ Incedis per ignis / suppositos cineri doloso. (c. 2,1,7) „Du schreitest über Gluten, überlagert von trügerischer Asche.“ Indecorant bene nata culpae. (c. 4,4,36): „Es entehren (auch) Wohlgeborenes schuldhafte Vergehen.“ Infectum (sc. non) reddet, / quod fugiens semel hora vexit. (c. 3,29,47 s.) „Ungeschehen gibt nicht zurück, was die flüchtige Zeit einmal gebracht hat.“ Ingenium res / adversae nudare solent, celare secundae. (S 2,8,73 s.) „Widrige Umstände pflegen Talent zu enthüllen, günstige zu verbergen.“ Integer vitae scelerisque purus (c. 1,22,1): ‘unbescholtenen Lebenswandels und von Vergehen frei’ Ira furor brevis est. (E 1,2,62) „Der Zorn ist eine kurze Raserei.“ Iurare in verba magistri (E 1,1,14): ‘schwören auf die Worte des Lehrers’ Iustum et tenacem propositi virum (c. 3,3,1): ‘ein gerechter und an seinen Vorsätzen festhaltender Mann’ Laetus sorte tua vives sapienter. (E 1,10,44) „Froh über dein Lebenslos wirst du weise leben.“ Laudator temporis acti (ap 173): ‘Lobredner vergangener Zeiten’ Laudatur ab his, culpatur ab illis. (S 1,2,11) „Gelobt wird er von diesen, kritisiert von jenen.“ Lenit albescens animos capillus. (c. 3,14,25) „Sanfter macht ergrauendes Haar die Gemüter.“ Linque severa! (c. 3,8,28) „Lass den strengen Ernst hinter dir!“ Macte / virtute esto! (S 1,2,31 s.) „Sei gepriesen ob deiner Tugend!“ Magnas inter opes inops (c. 3,16,28): ‘inmitten großer Habe mittellos’
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Me quoque pectoris / temptavit in dulci iuventa / fervor. (c. 1,16,22 s.) „Auch mich versuchte in süßer Jugend der Brust Hitze.“ Mea / virtute me involvo. (c. 3,29,54 s.) „In meine Tugend hülle ich mich ein.“ Mihi res, non me rebus subiungere conor. (E 1,1,19) „Ich versuche, mir die Dinge, nicht mich den Dingen unterzuordnen.“ Minuentur atrae / carmine curae. (c. 4,11,35 s.) „Kleiner werden durch ein Lied die finsteren Sorgen.“ Misce stultitiam consiliis brevem! (c. 4,12,27) „Menge ein wenig Tollerei unter ernste Erwägungen!“ Mobilium turba Quiritium (c. 1,1,7): ‘die Schar wankelmütiger Bürger’ Monitoribus asper (ap 163): ‘Kritikern gegenüber unwirsch’ Monstror digito praetereuntium. (c. 4,3,22): „Auf mich zeigt der Finger der Vorbeiziehenden.“ Mors ultima linea rerum est. (E 1,16,79) „Der Tod ist der Schlussstrich der Dinge.“ Mortalia facta peribunt. (ap 68) „Von Sterblichen Geschaffenes vergeht.“ Multa ferunt anni venientes commoda secum, / multa recedentes adimunt. (ap 175 s.) „Viel Angenehmes bringen die Jahre bei ihrem Kommen mit sich, vieles nehmen sie bei ihrem Gehen.“ Multa petentibus / desunt multa. (c. 3,16,42 s.) „Denen, die vieles wollen, fehlt vieles.“ Multis ille bonis flebilis occidit. (c. 1,24,9) „Jener starb, von vielen Guten zu beweinen.“ Mutato nomine de te fabula narratur. (S 1,1,69) „Unter geändertem Namen erzählt die Geschichte von dir.“ Nam fuit ante Helenam cunnus taeterrima belli / causa. (S 1,3,107 s.) „Denn (bereits) vor Helena war — [sc. Kraftausdruck für das genus femininum] übelste Ursache für Krieg.“ Naso (sc. non) suspendis adunco. (S 1,6,5) „Du schaust nicht mit gerümpfter Nase hinweg ...“ Naturam expelles furca, tamen usque recurret. (E 1,10,24) „Du vertreibst die Natur mit der Gabel, doch sie kommt ständig wieder zurückgelaufen.“ Nec lusisse pudet, sed non incidere ludum. (E 1,14,36) „Nicht gespielt zu haben beschämt, sondern dem Spiel kein Ende zu setzen.“ Nec semper feriet, quodcumque minabitur arcus. (ap 350) „Nicht immer aber trifft, worauf auch immer der Bogen abzielt.“ Nec vixit male, qui natus moriensque fefellit. (E 1,17,10) „Und nicht lebte schlecht, wer ohne Aufsehen ward und starb.“
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Nemo adeo ferus est, ut non mitescere possit. (E 1,1,39) „Niemand ist so wild, dass er nicht milder werden könnte.“ Neque semper arcum tendit Apollo. (c. 2,10,19) „... und nicht ständig hält den Bogen gespannt Apoll.“ Nescit vox missa reverti. (ap 390) „Es weiß das Wort, einmal entsandt, nicht zurückzukehren.“ Nihil est ab omni / parte beatum. (c. 2,16,27) „Nichts ist von jeder Seite glückselig (zu preisen).“ Nil admirari (E 1,6,1): ‘nichts anstaunen’ Nil conscire sibi, nulla pallescere culpa (E 1,1,61): ‘sich keines Unrechts bewusst sein, vor keiner Schuld erblassen’ Nil mortalibus ardui est. (c. 1,3,37) „Nichts ist den Sterblichen zu steil.“ Nil sine magno vita labore dedit mortalibus. (S 1,9,59) „Nichts gab das Leben ohne große Anstrengung den Sterblichen.“ Non cuivis homini contingit adire Corinthum. (E 1,17,36) „Nicht jeder Mensch schafft es, nach Korinth zu kommen.“ Non omnis moriar. (c. 3,30,6) „Ich werde nicht ganz sterben.“ Non possidentem multa vocaveris / recte beatum. (c. 4,9,45 s.) „Nicht wirst du den, der viel besitzt, zurecht glückselig nennen.“ Non semper idem floribus est honor / vernis. (c. 2,11,9 s.) „Nicht immer haben die Frühlingsblumen denselben Schmuck.“ Non, si male nunc, et olim sic erit. (c. 2,10,17) „Es muss nicht, wenn es jetzt schlecht steht, auch dereinst so sein.“ Non sum, qualis eram. (c. 4,1,3) „Ich bin nicht (mehr), wie ich war.“ Nonumque prematur in annum. (ap 388) „... und es werde auf neun Jahre abgelegt!“ Nos numerus sumus et fruges consumere nati. (E 1,2,27) „Wir sind bloße Zahl und geboren, Früchte zu essen.“ Nuda ... veritas (c. 1,24,7): ‘die nackte Wahrheit’ Nugae ... canorae (ap 322): ‘klangvolle Kleinigkeiten’ Nunc est bibendum! (c. 1,37,1) „Jetzt heißt es: Trinken!“ Nunc retrorsum / vela dare et iterare cursus / cogor relictos. (c. 1,34,3) „Jetzt sehe ich mich gezwungen, die Segel rückwärts zu setzen und aufgegebene Bahnen erneut einzuschlagen.“ Nunc vino pellite curas! (c. 1,7,31) „Jetzt vertreibt mit Wein die Sorgen!“ O fortes peioraque passi / mecum saepe viri. (c. 1,7,30 s.) „O ihr tüchtigen Männer, die ihr mit mir oft schon Schlimmeres erlitten habt“ O imitatores, servom pecus (E 1,19,19): ‘Ihr Nachahmer, Sklavenvieh!’
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O matre pulcra filia pulcrior. (c. 1,16,1) „O schöner Mutter schönre Tochter!“ Oderunt hilarem tristes (tristemque iocosi). (E 1,18,89) „Es hassen den Heiteren die Trübsinnigen (und den Trübsinnigen die Lustigen).“ Oderunt peccare boni virtutis amore. (E 1,16,52) „Gute hassen zu sündigen aus Liebe zur Tugend.“ Odi profanum volgus. (c. 3,1,1) „Ich hasse den profanen Pöbel.“ Omne supervacuum pleno de pectore manat. (ap 377) „Alles Überschüssige fließt aus voller Brust.“ Omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci. (ap 343) „Jede Stimme trägt davon, wer das Nützliche mit dem Süßen mischt.“ Omnem crede diem tibi diluxisse supremum! (E 1,4,13) „Glaube jeden Tag, er sei dir als letzter aufgeleuchtet!“ Omnes eodem cogimur. (c. 2,3,25) „Wir alle werden ebendorthin gezwungen.“ Omnes inlacrimabiles / urgentur ignotique longa / nocte. (c. 4,9,26 s.) „Alle werden unbeweint und ungekannt von langer Nacht gedrückt.“ Omnis una manet nox. (c. 1,28,15) „Alle erwartet die eine Nacht.“ Pallida Mors aequo pulsat pede pauperum tabernas / regumque turris. (c. 1,4,13 s.) „Der bleiche Tod pocht mit gleichem Fuß an die Hütten der Armen und die Türme der Könige.“ Par nobile fratrum (E 2,3,243): ‘ein nobles Brüder-Paar’ Parturient montes, nascetur ridiculus mus. (ap 139) „Es kreißen die Berge, geboren wird eine lächerliche Maus.“ Parvum parva decent. (E 1,7,44) „Kleinen schickt sich Kleines.“ Paulum sepultae distat inertiae / celata virtus. (c. 4,9,29 s.) „Wenig unterscheidet von begrabener Untätigkeit verborgene Tugend.“ Paupertas inpulit audax, / ut versus facerem. (S 2,2,51 s.) „Armut trieb verwegen an, dass ich Verse verfasste.“ Permitte divis cetera! (c. 1,9,9) „Überlass den Göttern das Übrige!“ Persta atque obdura! (S 2,5,39) „Halt stand und bleib hart!“ Petimusque damusque vicissim. (ap 11) „Wir fordern und geben im Wechsel.“ Post certas hiemes uret Achaicus / ignis Iliacas domos. (c. 1,15,35 s.) „Nach einer bestimmten Zahl Winter wird achäisches Feuer die Häuser Trojas verbrennen.“ Post equitem sedet atra cura. (c. 3,1,40) „Hinter dem Reiter sitzt die schwarze Sorge.“ Principibus placuisse viris non ultima laus est. (E 1,17,35) „Den führenden Männern gefallen zu haben, ist nicht das letzte Lob.“
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Procul omnis esto / clamor et ira! (c. 3,8,15 s.) „Fern sei jeder Lärm und Zorn!“ Prudens futuri temporis exitum / caliginosa nocte premit deus. (c. 3,29,29 s.) „Vorausschauend bedeckt künftiger Zeit Ausgang mit verdunkelnder Nacht ein Gott.“ Pulvis et umbra sumus. (c. 4,7,16) „Wir sind Staub und Schatten.“ Quandoque bonus dormitat Homerus. (ap 359) „Zuweilen schläft der gute Homer.“ Qui dedit hoc hodie, cras, si volet, auferet. (E 1,16,33) „Wer dies heute gab, wird es morgen, wenn er will, wegnehmen.“ Quia me vestigia terrent. (E 1,1,74) „... denn die Spuren schrecken mich (ab).“ Quid leges sine moribus? (c. 3,24,35) „Was (bedeuten) Gesetze ohne Sitten?“ Quid sit futurum cras, fuge quaerere! (c. 1,9,13) „Was morgen sein wird, meide zu fragen!“ Quidquid delirant reges, plectuntur Achivi. (E 1,2,14) „Wann immer die Könige durchdrehen, die Prügel beziehen die Achiver.“ Quidquid sub terra est, in apricum proferet aetas, / defodiet condetque nitentia. (E 1,6,24 s.) „Was immer unter der Erde ist, wird die Zeit ans Licht bringen, vergraben und verbergen (hingegen), was (jetzt) glänzt.“ Quo mihi fortunam, si non conceditur uti? (E 1,5,12) „Was soll mir Glück, wenn ich es nicht genießen darf?“ Quo semel est inbuta recens servabit odorem / testa diu. (E 1,2,69 s.) „Womit einmal das Gefäß frisch benetzt wurde, dessen Duft wird es lange bewahren. “ Quod satis est cui contingit, nihil amplius optet. (E 1,2,46) „Wer erlangt, was genug ist, wird wohl nichts mehr wünschen.“ Rara avis (S 2,2,26): ‘ein seltener Vogel’ Raro antecedentem scelestum / deseruit pede poena claudo. (c. 3,2,31) „Selten lässt den vorangehenden Übeltäter davonziehen die Strafe mit ihrem lahmen Fuß.“ Rebus angustis animosus atque / fortis adpare! (c. 2,10,21 s.) „Schwierigen Situationen begegne beherzt und tapfer!“ Relicta non bene parmula (c. 2,7,10): ‘der nicht rechtens zurückgelassene Schild’ Rerum concordia discors (E 1,12,19): ‘die zwieträchtige Eintracht der Dinge’ Responsum date! (ep. 7,14) „Gebt Antwort!“ Ridentem dicere verum (S 1,1,24): ‘lachend Wahres sagen’
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Risum teneatis, amici? (ap 5) „Könnt ihr das Lachen halten, Freunde?“ Rixatur de lana saepe caprina. (E 1,18,15) „Man streitet oft um Ziegenwolle.“ Romae Tibur amem, ventosus, Tibure Romam. (E 1,8,12) „In Rom meine ich Fähnchen im Wind Tibur zu lieben, in Tibur Rom.“ Saepe stilum vertas! (S 1,10,72) „Oft sollst du den Griffel wenden!“ Sapere aude! (E 1,2,40) „Trau dich, schlau zu sein!“ Scribimus indocti doctique poemata passim. (E 2,1,117) „Wir schreiben, Ungebildete wie Gebildete, allerorten Gedichte.“ Semel emissum volat inrevocabile verbum. (E 1,18,71) „Einmal entsandt fliegt unwiderruflich das Wort.“ Semper avarus eget. (E 1,2,56) „Ein Habgieriger hat immer etwas, was ihm fehlt.“ Serviet aeternum, qui parvo nesciet uti. (E 1,10,41) „Ewig dient, wer nicht versteht, das Wenige zu nutzen.“ Si bene te novi. (E 1,18,1) „Wenn ich dich recht kenne ...“ Si fractus inlabatur orbis, / inpavidum ferient ruinae. (c. 3,3,7 s.) „Wenn geborsten der Erdkreis einstürzt, werden die Trümmer einen Unerschrockenen treffen.“ Si vis me flere, dolendum est / primum ipsi tibi. (ap 102 s.) „Wenn du willst, dass ich weine, musst du zuerst selbst Schmerzliches erleben.“ Sic me servavit Apollo. (S 1,9,78) „So hat mich Apoll gerettet.“ Simplex munditiis (c. 1,5,5): ‘in schlichter Rafinesse’ Sincerum est nisi vas, quodcumque infundis acescit. (E 1,2,54) „Ist das Gefäß nicht unbeschädigt, wird, was immer du hineinfüllst, sauer.“ Spatio brevi / spem longam reseces. (c. 1,11,6 s.) „In kurzem Zeitraum schneide langfristige Hoffnung zurück!“ Sperne voluptates: nocet empta dolore voluptas. (E 1,2,55) „Verschmähe die Lüste: es schadet die um Schmerz erkaufte Lust.“ Spernere volgus (c. 2,16,40): ‘die Menge verachten’ Statua taciturnius (E 2,2,83): ‘stiller als eine Statue’ Stultitiam patiuntur opes. (E 1,18,29) „Reichtum erträgt Dummheit.“ Sublimi feriam sidera vertice. (c. 1,1,36) „Mit hoch erhobenem Scheitel stoße ich an die Sterne.“ Tua res agitur, paries cum proximus ardet. (E 1,18,84) „Es geht um deine Sache, wenn die Nachbarwand brennt.“ Unus et idem (E 2,2,200) ‘ein und derselbe’
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Geflügelte Worte
Ut pictura poesis. (ap 361) „Wie ein Gemälde (ist) die Dichtung.“ Verecundum Bacchum / sanguineis prohibete rixis! (c. 1,27,3 s.) „Den ehrwürdigen Bacchus haltet fern von blutigen Streitereien!“ Vero distinguere falsum (E 1,10,29): ‘vom Wahren unterscheiden das Falsche’ Versate diu, quid ferre recusent, / quid valeant umeri! (ap 39 s.) „Bewegt lange hin und her, was zu tragen sich weigern, was vermögen die Schultern!“ Victima nil miserantis Orci (c. 2,3,24): ‘Opfer des erbarmungslosen Orkus’ Vilius argentum est auro, virtutibus aurum. (E 1,1,52) „Weniger wert ist Silber als Gold, als die Tugenden Gold.“ Virtus est medium vitiorum. (E 1,18,9) „Tugend ist die Mitte zwischen den Extremen.“ Virtus est vitium fugere et sapientia prima / stultitia caruisse. (E 1,1,41 s.) „Tugend heißt: Extreme meiden, und das Erste der Weisheit: von Dummheit frei sein.“ Virtus post nummos (E 1,1,54): ‘Tugend (kommt erst) nach den Münzen’ Virtus recludens inmeritis mori / caelum negata temptat iter via. (c. 3,2,21 s.) „Tugend erschließt denen, die es nicht verdient haben zu sterben, den Himmel und nimmt ihren Weg auf (sonst) untersagter Bahn.“ Virtutem incolumem odimus. (c. 3,24,31) „Wir hassen unversehrte Tugend.“ Virtutis ... viam ... arduae (c. 3,24,44): ‘der Tugend steiler Pfad’ Vis consili expers mole ruit sua. (c. 3,4,65) „Kraft ohne Kopf stürzt über die eigene Masse.“ Vitae summa brevis spem nos vetat incohare longam. (c. 1,4,15) „Des Lebens kurze Spanne verbietet uns, lange Hoffnungen anzufangen.“ Vive memor, quam sis aevi brevis! (S 2,6,97) „Lebe im Wissen, wie kurz deine Lebenszeit ist!“ Vivere si recte nescis, decede peritis! (E 2,2,213) „Wenn du nicht recht zu leben weißt, tritt hinter Erfahrenen zurück!“ Vivitur parvo bene. (c. 2,16,13) „Man lebt mit wenigem gut.“ Vixere fortes ante Agamemnona multi. (c. 4,9,25) „Es lebten viele Helden vor Agamemnon.“ Vos exemplaria Graeca / nocturna versate manu, versate diurna! (ap 268 s.) „Rollet rauf und runter in den griechischen Vorläufern mit der Hand nachts, rollt tags!“
Stimmen zu Horaz satura quidem tota nostra est, in qua primus insignem laudem adeptus Lucilius quosdam ita deditos sibi adhuc habet amatores, ut eum non eiusdem modo operis auctoribus, sed omnibus poetis praeferre non dubitent. [94] ego quantum ab illis, tantum ab Horatio dissentio, qui Lucilium ‘fluere lutulentum’ et ‘esse aliquid, quod tollere possis’, putat. nam eruditio in eo mira et libertas atque inde acerbitas et abunde salis. multum [et] est tersior ac purus magis Horatius et, nisi labor eius amore, praecipuus. multum et verae gloriae quamvis uno libro Persius meruit. sunt clari hodieque et qui olim nominabuntur. In der Satire ist die Meisterschaft ganz auf unserer Seite, wobei als erster Lucilius besondere Anerkennung fand, der noch heute so ergebene Liebhaber besitzt, daß sie ihn unbedenklich nicht nur allen Bewerbern in dieser Gattung, sondern überhaupt allen Dichtern vorziehen. [94] Ich weiche hierin mit meiner Meinung ebenso von ihnen ab wie von Horaz, der meint, Lucilius ‘ströme mit Schlamm’, und ‘es fände sich immer etwas bei ihm, was besser wegbliebe’. Denn er besitzt erstaunliche Bildung und Unabhängigkeit, und daher seine Bissigkeit und das Übermaß an Witz. Viel geglätteter und reiner ist Horaz und, irre ich mich nicht aus meiner Liebe zu ihm, der Hervorragendste. Großen, und zwar echten Ruhm hat Persius verdient, obwohl es nur das eine Buch von ihm gibt. Auch heutzutage leben noch bedeutende Satirendichter, deren Namen man später noch nennen wird. Quintilian, Institutio oratoria 10,1,93–94 … vobis utique versantur ante oculos isti, qui Lucilium pro Horatio et Lucretium pro Vergilio legunt … … euch stehen diejenigen (sc. Liebhaber der ‚älteren’ Literatur) vor Augen, die Lucilius anstelle von Horaz und Lukrez anstelle von Vergil lesen … Tacitus, Dialogus de oratoribus 23,2 Horatius Flaccus satyricus et lyricus poeta libertino patre Venusii nascitur. Horatius Flaccus, (der) Satiriker und Lyriker, als Sohn eines Freigelassenen in Venusium geboren. Hieronymus, Chronicon (1954 nach Abraham) sciendum est Horacium non sine ratione tantam operum diversitatem, varietatem observasse: siquidem diversas etates et diversos humane vite status consideravit, ideoque adhibuit operi suo tantam varietatem. 2 Primitus enim lirica composuit, ibique adolescentibus loquens amores et iurgia, commessationes et potationes materiam habuit. 3 Deinde epodon condidit et ibi in homines for-
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tioris et turpioris etatis invectiva composuit. 4 Postea seculare carmen scripsit, ibique prudentiores ad precandum deos edocuit. 5 Deinde de arte poetica librum scripsit, ibique sue professionis homines ad bene scribendum instruxit. 6 Postea librum sermonum addidit, ubi diversis generibus viciorum irretitos reprehendit. 7 Ad ultimum opus suum in epistulis terminavit, ibique ad modum boni agricole viciis extirpatis virtutes superseminavit. [nb: Man rechne mit e statt ae sowie ci für ti.] (1) Man sollte wissen, dass Horaz nicht ohne Bedacht eine so große Verschiedenheit (und) Vielfalt seiner Werke beachtet hat: wenn er verschiedene Phasen und verschiedene Situationen des menschlichen Lebens bedachte, wählte er deswegen für sein Werk eine so große Vielfalt. (2) Denn zuerst verfasste er lyrische Gedichte und thematisierte dort, an junge Leute gerichtet, Liebschaften und Streit, Umzüge und Trinkgelage. (3) Dann dichtete er Epoden und verfasste dort Schmähgedichte gegen Menschen fortgeschritteneren und schändlicheren Alters. (4) Später schrieb er das Säkularlied und lehrte dort die Einsichtigeren, die Götter anzubeten. (5) Dann schrieb er das Buch über die Dichtkunst und unterwies dort Menschen seiner Profession, gut zu schreiben. (6) Später fügte er das Buch der Sermonen an, wo er die in die verschiedenen Formen Laster Verstrickten kritisiert. (7) Für sein letztes Werk bestimmte er Briefe und säte dort nach Art eines guten Bauern, sobald die Laster ausgejätet waren, Tugenden. Aus dem sog. sciendum-Kommentar zu den Satiren (wohl 12. Jh.) Poi che la voce fu restata e queta, vidi quattro grand’ ombre a noi venire: sembianz’ avevan né trista né lieta.
Als die Stimme verstummt war, sah ich vier große Schatten auf uns zukommen ihre Mienen waren weder traurig noch froh. Lo buon maestro cominciò a dire: Mein guter Führer begann zu sprechen: „Mira colui con quella spada in „Nimm den mit dem Schwert in der mano, Hand, che vien dinanzi ai tre sì come sire: der geht vor den andern drei als ihr Herr. quelli è Omero poeta sovrano; Das ist Homer, der Dichterfürst; Der zweite ist Horaz, der Satiriker, der l’altro è Orazio satiro che vene; da * Ovidio è ’l terzo, e l’ ultimo Lucano Ovid ist der dritte und der letzte Lucan. Però che ciascun meco si convene Weil sie alle mit mir teilen
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nel nome che sonò la voce sola, den Titel (sc. Dichter), den die eine ** fannomi onore, e di ciò fanno ehren sie mich, und sie ehren mich zubene.“ recht.“ * kommt, ** Stimme nannte
Dante Alighieri, Die Göttliche Komödie 4,82–93
„Dürfte ich mir die Frage erlauben, edler Herr“, sagte Candide, „ob es Ihnen nicht viel Spaß macht, Horaz zu lesen?“ – „Es sind darin Maximen zu finden“, erwiderte Pococurante, „die sich ein Mann von Welt zunutze machen kann; da sie in kraftvolle Verse gegossen sind, prägen sie sich dem Gedächtnis leichter ein. Aber ich mache mir wenig aus seiner Reise nach Brundisium und aus seiner Schilderung eines schlechten Mittagmahls, des Karrenschiebergezänks zwischen irgendeinem Rupilius, dessen Worte, wie er sagt, von Eiter triefen, und einem andern Kerl, dessen Reden nach Weinessig stinken.“ Voltaire, Candide (1759; 25. Kapitel: Besuch bei Signor Pococurante, dem edlen Venezianer) „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) Viele Oden des Horaz, noch mehr aber seine Sermonen und sogenannte Satiren sind feine Bearbeitungen der Menschheit; sie haben alle, wenigstens mittelbar, zum Zweck, einen Umriß in das rohe Gebilde des Lebens zu bringen, die Ideen und Sitten jener Person, dieser Stände nach dem Richtmaß des Wahren und Guten, des Anständigen und Schönen zu ordnen. Johann Gottfried Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität. Dritte Sammlung 30. (1794) „Ein alter Weiser hat es empfunden, und es liegt in dem viel bedeutenden Aus drucke versteckt: sapere aude!
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Erkühne dich, weise zu sein. Energie des Mutes gehört dazu, die Hindernisse zu bekämpfen, welche sowohl die Trägheit der Natur als die Feigheit des Herzens der Belehrung entgegensetzen.“ Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen. Achter Brief (1795) Viele, die dieses lesen, werden sich oft heimlich gesagt haben, daß ihnen die Alten nicht so schmecken, als manche Neuere. Ich muß bekennen, es ist mir selbst so gegangen; ich habe manche bewundert, ehe sie mir gefallen haben; hingegen haben mir auch manche gefallen, ehe ich sie verstanden habe. Und ich bin überzeugt, es geht manchen Personen so, die Commentarien über diese Werke schreiben. Ich habe den Horaz lange vorher bewundert, ehe er mir gefallen hat; ... Georg Christoph Lichtenberg, Vermischte Schriften (aus dem Nachlass; 1800) Mag Virgil zu höherer Bewunderung hinreißen; mögen die Elegien eines Tibull und Properz der Jugend, für die Horaz noch nicht ganz verständlich ist, besser gefallen; dem Manne, namentlich dem Weltmanne, bleibt Horaz, der Dichter voll Lebensweisheit, Menschenkenntnis und Geschmeidigkeit, immer der liebste Freund in einsamen Stunden, den er in jedem Jahre wenigstens einmal gern lesen wird. Wilhelm Binder (1810–1876), Quintus Horatius Flaccus. Deutsch in den Versweisen der Urschrift. Einleitung (nach 1860) Manche Satiren und alle Episteln stehen künstlerisch höher als viele Oden und Epoden. Doch dienen gerade diese seit langer Zeit hauptsächlich dem Studium der Jugend auf Universitäten und Gymnasien, während die Satiren und Episteln erst von dem völlig gereiften Alter ganz genossen werden können. Lucian Müller, Q. Horati Flacci carmina. Oden und Epoden des Horaz (1882) Man muß Gott danken, wenn von der Kälte des egoistischen Epikuräers nichts in die warmen Herzen der deutschen Jugend dringt. Ludwig Kremmer, Grundschäden des Gymnasiums und Vorschläge zu ihrer Heilung (1910) Ein Genie des gesunden Menschenverstandes von Natur und Bildung richtete er alle Gleichgewichtsstörungen rechtzeitig auf die Mitte zwischen den beiden
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Enden aus oder fing sie frühzeitig aus der Mitte ab und wandte die Diät, die Kunst der Mitte in der Lebensweise, wahrhaft platonisch-aristotelisch auf die Seele und die Kunst an. Eben die hieraus gewonnene Disziplin und das Wissen um die adäquate Form brachte dem Menschen und Meister der Mitte in gleicher Weise wie dem Künstler die Vollendung. Walter Wili, Horaz und die augusteische Kultur (1948) … wie man überhaupt die Konsistenz seiner Gedankenwelt um so mehr be-
wundern wird, je mehr man in sie eindringt – was freilich auch einen ganzen Lebensgang fordert. Walther Killy, Elemente der Lyrik (1972)
Fragen Sie Reich-Ranicki (FAZ.NET vom 28. Mai 2008) Sie haben Horaz als Dichter von großem Talent bezeichnet. Entspricht das Ihrer tatsächlichen Auffassung? Gregor Bitto Marcel Reich-Ranicki: Ja. Übrigens kann ich hinzufügen: Ich bin nicht der einzige Bürger der Bundesrepublik, der dies meint. [Vgl. dazu: „Es ist zweitausend Jahre her, dass ein zynischer, wenn auch hochtalentierter römischer Poet schamlos genug war, zu behaupten, es sei süß und ehrenvoll, für das Vaterland zu sterben. Seitdem finden sich in allen Ländern der Welt Dichter, die nicht aufhören, derartiges zu wiederholen. Sie sind allesamt Schreibtischtäter.“ (Marcel Reich-Ranicki: Hölderlin und eine Annäherung. Bilder und Eine Rede aus gegebenem Anlaß. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. Juni 1987, Beilage Bilder und Zeiten. – Zitiert nach Volker Riedel: „Zwischen Ideologie und Kunst. Brecht, Müller und die moderne HorazForschung“ in: Helmut Krasser/Ernst A. Schmidt (Hrsg.): Zeitgenosse Horaz. Der Dichter und seine Leser seit zwei Jahrtausenden. Tübingen: Gunter Narr Verlag 1996, S. 404 Anm. 57]
Informationen zum Autor Otto Schönberger studierte Klassische Philologie, Germanistik und Philosophie. Er lebt in Würzburg. Dort war er Leiter des Siebold-Gymnasiums. Friedemann Weitz ist Klassischer Philologe und unterrichtete Latein und Religion am HansMultscher-Gymnasium in Leutkirch/Allgaeu.