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German Pages [372] Year 1975
KÖLNER HISTORISCHE
ABHANDLUNGEN
IN VERBINDUNG MIT E. ANGERMANN, O. ENGELS, A. HILLGRUBER, G. KAHLE, R. KREBS, TH. SCHIEDER, G. STÖKL, F. VITTINGHOFF, J . VOLKMANN, L. WICKERT HERAUSGEGEBEN VON
THEODOR
SCHIEFFER
B a n d 24
SALZBURGER BISTUMSREFORM U N D BISCHOFSPOLITIK IM 12. JAHRHUNDERT Der Erzbischof Konrad I. von Salzburg (1106-1147) und die Regularkanoniker
von
STEFAN W E I N F U R T E R
® 1975
BÜHLAU VERLAG K Ö L N W I E N
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MEINER U N D DEM MEINES
MUTTER ANDENKEN VATERS
INHALT Vorwort
XI
Einleitung
1
Erster Teil
DIE AUSDEHNUNG DES SALZBURGER KANONIKERREFORM-KREISES ABGRENZUNG, DIFFERENZIERUNG U N D ÜBERBLICK I. Der zeitliche Ansatz der Kanonikerreform in der Salzburger Diözese unter dem Erzbischof Konrad I. (1106-1147) II. Der Salzburger Regularkanonikerverband
-
11 24
1. Die Unterscheidung zwischen Kanonikerverband und -Observanz
24
2. Die Stifte des Reformverbandes
26
a) b) c) d) e) f) g) h) i) j) k) 1) m) n) o)
Das Salzburger Domkapitel Reichersberg Maria Saal Bistum und Domstift Gurk Au Gars Zell am See Herrenchiemsee Höglwörth Weyarn Suben Bisdiofshofen St. Zeno-Reichenhall Seckau Vorau
3. Dem Regularkanonikerverband angegliederte Stifte im Diözesanverband a) Berchtesgaden b) Baumburg
26 37 39 42 46 48 50 51 54 58 60 62 63 65 67
69 69 72
VIII
Inhalt
III. Der Kreis der Salzburger Observanz
75
1. Erstreformierte Einzelstifte
75
a) b) c) d) e) f)
Ranshofen Klosterneuburg Waldhausen Beyharting Eberndorf Neuwerk-Halle
75 80 81 85 86 87
2. Kreise
88
a) Brixen aa) Domstift ab) Polling ac) Neustift bei Brixen b) Trient ba) Domstift bb) St. Michael an der Etsch be) S. Maria in Au
88 88 90 92 94 94 96 96
3. Beeinflußte Stifte
97
a) Maria Wörth b) Indersdorf c) Dießen
97 99 100
IV. Beziehungen zu anderen Reformkreisen
102
1. Die Stifte der Passauer Diözese
102
2. Der Freisinger Reformverband des Bischofs Otto 1
103
3. Weiterreichende Verbindungen
104
V. Zusammenfassende Übersicht
107
Zweiter Teil
DER SALZBURGER REGULARKANONIKER-VERBAND IN DER BISTUMSORGANISATION I. Die Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems zwischen dem Erzbischof und den Stiften in der Phase des Aufbaues
111
1. Die traditio als nicht wesentliches Merkmal des Verbandsaufbaues
111
Inhalt 2. Die Klosterpolitik der Salzburger Erzbisdiöfe 12. Jahrhundert in ihrer rechtlichen Ausformung
IX bis
zum 114
3. Die päpstliche „Eigenkloster"-Politik
120
4. Der Abbau des episkopalen Eigenkirchenwesens gegenüber Stiften und Klöstern durch den Erzbischof Konrad 1
123
a) Güterabsdiiditung
123
b) Die Zehntpolitik
132
5. Die neuen Grundlagen des Amtsverständnisses und der Rechtsbeziehungen des Erzbischofs zu den Stiften und Klöstern . . . a) Die Sdiutzherrsdiaft des Salzburger Erzbisdiofs b) Die Vogteipolitik c) Die erzbisdiöfliche Autorität bei der Propstbestellung
. . . .
6. Die wesentlichen Rechtselemente der Reformpolitik des Erzbischofs Konrad 1 II. Die Grundlinien der Reform
134 134 143 151 156 158
1. „Generalreform" in der Diözese als Grundkonzeption des Erzbisdiofs Konrad 1
158
2. Die Prälatenversammlung als Generalkapitelersatz
169
3. Die Seelsorge
178
4. Die Archidiakonate der Salzburger Diözese
191
5. Das Hospitalwesen
197
6. Zusammenfassende Übersicht
198
III. Wirtschaftliche und territorialpolitische Aspekte
200
1. Bemerkungen zur wirtschaftlichen Bedeutung und zum Landgewinn der Reformstifte
200
2. Rückschlüsse auf die Territorialpolitik des Erzbischofs Konrad I
202
IV. Entwicklung und Bedeutung des Salzburger RegulaTkanonikerverbandes in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts
206
1. Die allgemeinen äußeren Umstände
206
2. Die Zeit des Schismas von 1159
208
X
Inhalt 3. Unabhängigkeitstendenzen
220
a) Das Salzburger Domkapitel b) Gurk c) Verschiedene Stifte
220 225 228
4. Erzbischöfliche Autoritätseinbuße
229
Dritter Teil DIE INNERE ORDNUNG DER REGULARKANONIKERSTIFTE DES SALZBURGER REFORMKREISES I. Der Ordo der Regularkanoniker
235
1. Das Band der Observanz
235
2. Die Regel des Augustinus
235
II. Der eingeschränkte Ordo monasterii
im Salzburger Reformkreis
III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis . . . . 1. Die Handschriften der Consuetudines Nocturnis 2. Die H e r k u n f t der Consuetudines Nocturnis
itaque horis
itaque horis • • •
3. Die Entstehungszeit der Consuetudines Nocturnis
241 253 253 255
itaque horis
259
4. Gemäßigter Ordo novus als Grundlage der Gewohnheiten im Salzburger Regularkanonikerkreis
270
5. Die zeitliche Geltung des gemäßigten Ordo novus burger Regularkanonikerkreis
280
im Salz-
IV. Lebensgrundsätze der Konversen und Regularkanonissen . . . .
285
1. Die Konversen
285
2. Die Regularkanonissen
290
Ergebnisse
293
Karte
297
Abkürzungen
298
Quellen- und Literaturverzeichnis
299
Personen- und Ortsregister
344
VORWORT
Im Sommersemester 1973 wurde die vorliegende Arbeit von der Philosophischen Fakultät der Universität Köln als Dissertation angenommen. Die erste Anregung zu dieser Untersuchung erhielt ich von meinem Lehrer, Herrn Professor Dr. Odilo Engels. Ihm, der mit verständnisvollem Rat, kritischem Gutachten und unermüdlichem Zuspruch auch den weiteren Verlauf der Arbeit begleitete, möchte ich in erster Linie und besonders danken. Sodann gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Theodor Schieffer für das wohlwollende Interesse und die Aufnahme in die Reihe der „Kölner historischen Abhandlungen". Da zahlreiches ungedrucktes Quellenmaterial zugrunde gelegt werden mußte, waren Archivreisen und Bibliotheksstudien nötig. Dabei waren mir vor allem behilflich Pater Dr. Norbert Backmund aus dem Kloster Windberg, Herr Professor DDr. Karl Rehberger aus dem Stift St. Florian und Herr Professor Dr. Jakob Richter aus Marburg/Maribor. Ihnen sowie allen Archivaren und Bibliothekaren, die mir Material bereitstellten, sei vielmals gedankt. Zu danken habe ich auch meiner Frau für alle ihre Hilfe und für den Entwurf der Karte des Salzburger Reformkreises; ebenso für wertvolle Hinweise, die mir meine Mitdoktoranden Fräulein Ursula Liebenstein, die eine Untersuchung über den Reformkreis von S. Ruf vorbereitet, und Herr Wolfgang Gärtner, der das Reformzentrum Klosterrath bearbeitet, geben konnten. Die Drucklegung schließlich wurde ermöglicht durch außergewöhnliche Unterstützung von meiner Familie. Die mühevolle Aufgabe, die Korrekturen mitzulesen, übernahmen Frau Dr. Hanna Vollrath und Herr Wolfgang Gärtner. Herr Dr. Günther Johannes Henz vom Böhlau-Verlag in Köln war mit aller erdenklichen Bereitschaft und Geduld um den reibungslosen Ablauf der Drucklegung bemüht. Ihnen allen sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt. Köln, im November 1974
Stefan
Weinfurter
EINLEITUNG
Mangelnde Aufmerksamkeit wird der Kanonikerreformbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts mittlerweile nicht mehr entgegengebracht, wie das noch vor einigen Jahren behauptet werden konnte, nachdem die Historiker jahrzehntelang neben der gregorianischen Kirchenreform und dem Investiturstreit nur noch der Mönchsreform als besonderem Ereignis dieser Zeit ein Interesse gezollt hatten. Nach ersten Ansätzen schon durch die Dissertation von Johannes Wirges1 wurden der Regularkanonikerforschung entscheidende Impulse gegeben vornehmlich durch die Untersuchungen von Charles Dereine2, dessen zahlreiche Veröffentlichungen, welche jeweils Einzelaspekte behandeln, außer in einem umfangreichen Lexikonartikel 3 leider nicht zu einem umfassenden Kompendium verarbeitet wurden; neben ihm wären zu nennen John C. Dickinson4, dessen Forschungen in England allerdings noch nicht das wünschenswerte Echo gefunden haben, und Jakob Mois5, der sich vor allem um die Erarbeitung der Regularkanonikerreform im süddeutschen Raum verdient machte, die er in den großen Zusammenhang der Gesamtbewegung zu stellen wußte. Ein erstes Zeugnis für die intensivere Beschäftigung mit dieser Reform legt ein Vortragsband mit Beiträgen über das Thema „La vita comune del clero nei secoli XI e XII" 6 ab, der eine Reihe von An*) J. W i r g e s , Die Anfänge der Augustiner-Chorherren und die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes Ravengiersburg (Hunsrück). Freiburger Diss., Betzdorf 1928. 2 ) Hervorzuheben sind aus den Arbeiten von D e r e i η e : Les coutumiers de Saint-Quentin de Beauvais; Vie commune; Le premier ordo de Premontre; SaintRuf; Les chanoines ^guliers au diocese de Liege; im einzelnen sei auf das Literaturverzeichnis verwiesen. 3 ) C h . D e r e i n e , Chanoines (Des origines au XIII e s.). In: Dictionnaire d'histoire et de geographie ecclesiastiques XII, Paris 1953, Sp. 353—405. 4 ) J. C. D i c k i n s o n , The origins of the Austin canons and their introduction into England. London 1950. Zur weiteren Regularkanonikerforsdiung in England vgl. d e r s . , I canonici regolari. 5 ) J. M o i s , Das Stift Rottenbuch in der Kirdienreform des X I . - X I I . Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Ordens-Geschichte der Augustiner-Chorherren. München 1953 ( = Beiträge zur altbayerisdien Kirchengeschichte 19). e ) La v i t a c o m u n e del clero nei secoli X I e XII. Atti della Settimana di
2
Einleitung
regungen vermittelt 7 . Speziell für den deutschen Raum haben sodann die Arbeiten von Peter Classen8 und von Josef Siegwart 9 weitere Klärung gebracht. Als jüngste größere Werke über die Regularkanoniker haben diejenigen von Ludo Milis 10 über den Reformverband von Arrouaise, von Henri Dubled 11 über die Regularkanoniker in der Diözese Straßburg und von Karlotto Bogumil 12 über die Reform in Halberstadt zu gelten. Wie groß der Nachholbedarf war, geht daraus hervor, daß bisher fast durchweg die Schwerpunkte gelegt wurden auf die historischen Zusammenhänge der Ausbreitung der Reform, wie von Jakob Mois und Josef Siegwart, und auf die geistigen Hintergründe und Anstöße für das Reform-Gedankengut, wie von Johannes Wirges, Peter Classen, Josef Siegwart in seiner Ausgabe der Marbacher Consuetudines und wiederum Jakob Mois; Charles Dereine bewegt sich mit seinen Aufsätzen zwischen beiden Richtungen, Charles Giroud 13 beschäftigte sich vorzugsweise mit der inneren Organisation. Dabei stand im ganzen das Ziel im Vordergrund, das Gesamtphänomen der Kanonikerreform in den Hauptentwicklungszügen zu erfassen oder durch spezielle Fallstudien gesicherte Ausgangsbasen zu schaffen. Inzwischen haben sich die bedeutenden Reformzentren herausgeschält und wurden die verschiedenen bestimmenden Richtungen der studio: Mendola, settembre 1959. Vol. 1: Relazioni e questionario. Vol. 2: Comunicazioni e indici. Mailand 1962 ( = Miscellanea del centro di studi medioevali 3). 7 ) Vgl. die Rezension von T h . S c h i e f f e r in: Historische Zeitschrift 200, 1965, S. 632-641. 8 ) P. C 1 a s s e η , Gerhoch von Reichersberg. Wiesbaden 1960. 9 ) J . S i e g w a r t , Die Chorherren- und Chorfrauengemeinschaften in der deutschsprachigen Schweiz vom 6. J a h r h u n d e r t bis 1160. Freiburg (Schweiz) 1962 ( = Studia Friburgensia N F 30). Hgg. von d e m s. : Die Consuetudines des Augustiner-Chorherrenstiftes Marbach im Elsaß (12. Jahrhundert). Freiburg (Schweiz) 1965 ( = Spicilegium Friburgense 10). 10 ) L. M i l i s , L ' O r d r e des chanoines reguliers d'Arrouaise. Son histoire et son organisation, de la fondation de l'abbaye-mere (vers 1090) a la fin des chapitres annuels (1471). Brügge 1969 ( = Rijksuniversiteit te Gent. Werken uitgegeven door de faculteit v a n de letteren en wijsbegeerte 147/148). Hgg. von d e m s. : Constit u t i o n s canonicorum regularium ordinis Arroasiensis. T u r n h o u t 1970 ( = Corpus Christianorum. Continuatio Mediaevalis 20). n ) H . D u b l e d , Recherches Sur les chanoines reguliers de saint Augustin au diocese de Strasbourg. I n : Archives de l'Eglise d'Alsace 32 (NS 16), 1967/68, S. 5 - 5 2 ; 34 (NS 18), 1970, S. 55-116. 12 ) K. B o g u m i l , Das Bistum H a l b e r s t a d t im 12. J a h r h u n d e r t . Studien zur Reichs- und Reformpolitik des Bischofs Reinhard und zum Wirken der AugustinerChorherren. K ö l n - W i e n 1972 ( = Mitteldeutsche Forschungen 69). 13 ) C h. G i r o u d , L ' O r d r e des chanoines reguliers de Saint-Augustin et ses diverses formes de regime interne. Diss. Lateran in Rom, Martigny (Schweiz) 1961.
Fragestellung
3
Reformbewegung voneinander abgehoben. Wie bei der Mönchsreform-Forschung, bei der Kassius Hallinger 14 und, durch die Anregungen von Theodor Schieffer 15 , Josef Semmler 16 und Hermann Jakobs 17 eine „Differenzierung innerhalb der monastischen Bewegung" 18 vorangetrieben haben, indem sie die spezifischen Eigenarten einzelner Reformkreise herausgearbeitet haben, gilt es nun auch für die Kanonikerreform-Forschung, die charakteristische Entwicklung, Ausformung und Bedeutung einzelner Reformgruppen näher zu bestimmen, sie innerhalb des Gesamtvorgangs der Reform zum Leuchten zu bringen. Diese jeweilige Eigenart ist bestimmt durch die verfassungsrechtliche Situation im Zusammenspiel mit den politischen und wirtschaftlichen Interessen der Reformträger und im Zusammenspiel mit den geistigen Strömungen, und, nicht zuletzt, durch die historisch gewachsenen Voraussetzungen in einem bestimmten Raum. Unter diesem methodischen Aspekt hat erstmals Karlotto Bogumil die Reformgruppe der Regularkanoniker im Bistum Halberstadt untersucht 19 . Für die Untersuchung der Salzburger Regularkanonikerbewegung im 12. Jahrhundert in diesem Sinne müssen einmal, im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Reformkreises, die Voraussetzungen in der historischen Entwicklung und sodann in den Rechtsverhältnissen aufgedeckt werden. Da sich als Hauptinitiator der Reform der Salzburger Erzbischof darstellen wird, gilt es, von Anfang an die Kanonikerreform im größeren Rahmen der erzbischöflichen Diözesanpolitik zu betrachten. Darauf soll die verfassungsrechtliche Bedeutung der Reform im Wechselspiel mit den diözesanpolitischen Konsequenzen erarbeitet werden, wie sie auf dem Höhepunkt der Reform in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu erkennen ist, mit einem Überblick über Weiterentwicklung und Niedergang in der zweiten Jahrhunderthälfte. Schließlich 14 ) Κ . Η a 11 i η g e r , Gorze-Kluny. Studien zu den monastisdien Lebensformen und Gegensätzen im Hochmittelalter. 2 Bde., Rom 1950 u. 1951 ( = Studia Anselmiana 22/23 u. 24/25). 15 ) T h . S c h i e f f e r , Cluniazensisdie oder gorzische Reformbewegung? In: Archiv f. mhr. K G 4, 1952, S. 24-44. 1β ) J. S e m m l e r , Die Klosterreform von Siegburg. Ihre Ausbreitung und ihr Reformprogramm im 11. und 12. Jahrhundert. Bonn 1959 ( = Rheinisches Archiv 53). 17 ) H. J a k o b s , Die Hirsauer. Ihre Ausbreitung und Rechtsstellung im Zeitalter des Investiturstreites. K ö l n - G r a z 1961 ( = Kölner Historische Abhandlungen 4). 18 ) S c h i e f f e r , Reformbewegung, S. 26. 19 ) Vgl. B o g u m i l , Halberstadt, S. 6 1 f . ; Bogumil und der Verfasser dieser Arbeit sind unabhängig voneinander zum selben methodischen Ansatz gekommen.
4
Einleitung
ergänzt ein Blick auf die besondere Ausprägung der geistigen Grundlagen der Salzburger Kanonikerreform, wie sie sich vor allem in den Consuetudines, die das innere Leben eines Reformstiftes regelten, manifestieren, den Gesamtcharakter und das Gesamtbild des Salzburger Reformkreises. Der Ausbildung dieses Reformkreises im 12. Jahrhundert war eine im 8. Jahrhundert beginnende Entwicklung des Instituts der Kanoniker vorangegangen. Damals begann man damit, die nach monastischem Vorbild gemeinsam an einer Domkirche lebenden Kanoniker durch Bestimmungen für die vita communis von den Mönchen abzuheben, nachdem „die Grenzen zwischen monastischer Spiritualität und kanonikalem Chordienst an der Bischofskirche fließend geworden waren" 20 . Der Bischof Chrodegang von Metz ließ um 755 Vorschriften für seinen Domklerus abfassen21, die 816 auf der Reformsynode zu Aachen der Institutio canonicorum Aquisgranensis zugrunde gelegt wurden22. Diese stellte ein kanonikales Gegenstück zu den Anordnungen für den monastischen Bereich dar und regelte Messe, Chorgebet, Zeit und Art der Lesung und des Kapitels und das gemeinsame Wohnen, eben die vita communis23. Sie gestattete Privateigentum, wenngleich es schon im Text selbst Widersprüche darüber gibt24. Mit diesen Satzungen wurde erstmals das kanonikale Leben grundlegend kodifiziert und die Ordnung in den Stiftskirchen vereinheitlicht. Nach einer Wiederbelebung dieser Lebensweise im Sinne der vita communis im 10. Jahrhundert mit dem Zentrum Hildesheim und zu Beginn des 11. Jahrhunderts mit dem Zentrum Bamberg ist sie in einer Vielzahl der deutschen Stifte bis in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts nachweisbar25. Für die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts kann man jedoch von einem allgemeinen Verfall der vita communis an den Kanonikerstiften, vor allen Dingen an den Domkapiteln, sprechen26. Zugleich mit diesem 20) E n g e l s , Orden, Sp. 889. Einen Überblick über die Gesamtentwiddung bieten ansonsten S i e g w a r t , Die Chorherren; D e r e i η e , Chanoines; in knapper Form D e η ζ 1 e r , Die Kanonikerreform. 2 1 ) Zur Chrodegang-Regel vgl. H o c q u a r d , Chrodegang; E w i g , Chrodegang, der auf den Einflußbereich der Chrodegang-Reform eingeht. 2 2 ) Zur Aachener Regel vgl. W e n n i n g h o f f , Beschlüsse des Aachener Concils; S e m m 1 e r , Beschlüsse des Aachener Konzils. Jetzt auch v a n Waesb e r g h e , De Akense regels voor canonici en canonicae uit 816. 2 3 ) M G H C o n c . 2,1, S. 3 0 8 - 4 2 1 ; M a n s i 14, Sp. 1 4 7 - 2 7 9 . 2 4 ) Vgl. S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 66f. 2 5 ) Vgl. ebd., S. 9 9 - 1 4 0 u. 1 5 1 - 1 5 6 . %v) Vgl. C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 342.
Anfänge der Regularkanoniker
5
N i e d e r g a n g aber finden sich andererseits die ersten Anzeichen einer völlig neuen und tiefgreifenden R e f o r m des kanonikalen Bereiches: eine Bewegung, deren Bemühen sich nicht auf eine mehr oder weniger konsequent durchgeführte Beachtung der vita communis beschränkte, sondern die das Kanonikerleben auf ein neues Verständnis gründete, dessen G r u n d s a t z lautete: zurück zur Urkirche, zu einem Leben in A r m u t , ohne Eigentum, zurück in eine Gemeinschaft, wie sie die A p o stel und die ersten Christen vorgelebt hatten 2 7 . E t w a vorausgehende R e f o r m e n des 10. und 11. Jahrhunderts spielten dabei keine Rolle 2 8 , vielmehr wirkte sich dort, w o der V e r f a l l besonders groß w a r , mitunter die neue R e f o r m w e l l e besonders k r ä f t i g aus, wie das auch a m Beispiel Salzburgs bestätigt wird. Zuerst o f f e n b a r t e sich die neue Richtung an der Basis der Kirche. 1039 zogen sich vier K a n o n i k e r in eine kleine Kirche bei A v i g n o n zurück, u m abgeschlossen von der Welt ein Leben nach dem neuen Ideal zu führen: es w a r die Geburtsstunde des bedeutendsten K a n o n i k e r reformzentrums, S. R u f 2 9 . Ähnlich eremitenhafter C h a r a k t e r kennzeichnete das Regularkanonikerstift Rottenbuch, das, 1073 gegründet, ebenfalls z u m Zentrum eines umfangreichen Kreises wurde 3 0 . N e b e n solchen Initiativen setzte aber auch b a l d die Förderung v o n höchster kirchlicher Spitze her ein. A u f der Lateransynode von 1059 formulierte der K a r d i n a l H i l d e b r a n d scharfe Forderungen gegen die „weitherzigen" Aachener Bestimmungen, v o r allem gegen den Passus, der den Privatbesitz gestattete 3 1 , w o r a u f h i n der P a p s t N i k o l a u s II. eine ernst" ) Vgl. D e r e i n e , Chanoines, Sp. 375f.; audi M i c c o l i , „Ecclesiae primitivae f o r m a " ; H o u r l i e r , L ' i g e classique, S. 79-97; zur allgemeinen Tendenz Z i m m e r m a n n , Ordensleben, S. 213-221. 28 ) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 342, weist darauf hin. 2β) D a z u M o i s , Rottenbuch, S. 152ff.; D e r e i n e , Saint-Ruf; C a r r i e r d e B e l l e u s e bringt in C o u t u m i e r S. R u f zahlreiche Hinweise; außerdem ist dort auf den Einbandblättern eine Zusammenstellung der vielen Einzeluntersuchungen von d e m s. über S. Ruf zu finden, deren Veröffentlichungen leider durchwegs äußerst schwer zugänglich sind. Gleiches gilt für die masch. Diss, von L e b r i g a n d , L'ordre de Saint-Ruf. Einen zusammenfassenden Überblick über die Geschichte von S. Ruf bringt D u ρ a r c , Un joyau de l'Eglise d'Avignon. so) Dazu M o i s , Rottenbuch. S 1 ) D a s Fragment der Rede Hildebrands ist abgedruckt bei Werminghoff, Beschlüsse des Aachener Concils, S. 669-675. Die Bedeutung, die der Besitzlosigkeit zugemessen wurde, wird ersichtlich ζ. B. aus dem daraus entnommenen Zitat: Nonnulli ex clericali ordine, per Spiritum sanctum perfectae caritatis igne inflammati, iam dudum in hac Romana urbe et in provinciis atque parrodiiis eidem specialius pertinentibus seu cohaerentibus noscuntur communem vitam, exemplo primitivae aecclesiae, amplexi simul et professi in tantum, ut nil sibi reservassent
6
Einleitung
hafte Beschäftigung mit der Kanonikerreform vorschlug32. Als Papst Gregor VII. soll Hildebrand später, zwischen 1074 und 1078, selbst eine Regularkanoniker-Regel geschrieben haben33, die eine weite Verbreitung gefunden haben muß 34 . Bischöfe wie Altmann von Passau (1065-1091) 35 und Anselm II. von Lucca (1073-1086) 3 6 versuchten in ihren Diözesen die Reformforderungen durchzuführen, was allerdings in vielen Fällen scheiterte oder doch nur kurzzeitigen Erfolg brachte. So mußte Anselm dem Widerstand der Domherren weichen; Altmann scheiterte ebenfalls am Domkapitel, und die unter seinem Einfluß entstandenen Regularkanonikerstifte in der Passauer Diözese mußten, abgesehen von St. Florian, zu Beginn des 12. Jahrhunderts erneuert werden, oder sie wurden, wie Göttweig, von Mönchen besiedelt. p r ο ρ r i i , facultate sua vel distributa egenis aut relicta propinquis vel certe oblata Christi ecclesiis (S. 669). 32 ) Vgl. ebd., S. 671; die Beschlüsse der Synode in diesem Sinne M G H Const. 1, S. 547, N r . 384, Absatz 4 : Et precipientes statuimus, ut ii predictorum ordinum, qui eidem predecessori nostro obedientes castitatem servaverunt, iuxta aecclesias quibus ordinati sunt, sicut oportet religiosos clericos, simul manducent et dormiant et quicquid eis ab aecclesiis venit communiter habeant. Et rogantes monemus, ut ad apostolicam, communem scilicet vitam summopere pervenire studeant. Vgl. allgemein dazu Ε g g e r , D e antiquis regulis; d e r s . , Augustiner-Chorherren. 33 ) Μ ο r i η , Reglements, S. 179-183, h a t sie gedruckt nach ms. Vat. lat. 629 und sie Gregor V I I . zugeschrieben. Z u r Datierung siehe ebd. und D e r e i η e , Chanoines, Sp. 387. D e r e i η e , La pretendue regle, hat dann erstmals mit gewichtigen Gründen die Autorschaft Gregors V I I . bestritten, und der Beitrag von F ο η s e c a , Medioevo Canonicale, S. lOlff., bestätigt sein Ergebnis: nur der erste Teil der angeblichen Regel Gregors VII., wie sie bei Morin gedruckt ist (In die resurrectionis . . . antiquos imitantes patres), stammt von diesem Papst, der restliche Teil (In primis a pasca . .. vitam consequi possunt sempiternam) von einem anonymen Autor. Ein weiterer Beleg f ü r diese These ist darin zu sehen, daß in den Consuetudines B N ms. lat. 1233, erste H ä l f t e des 12. Jahrhunderts, aus S. Ruf zwar der erste Teil der Gregor-Regel wiederzufinden ist und diesem Papst zugesprochen w i r d (De ordine officii huius diei in matutinis et pentecosten Gregorius papa septimus in generali sinodo residens dixit: „In die resurrexionis . . . antiquos patres immitantes", fol. 18 v ; ein Hinweis nochmals fol. 22 v ), nicht aber der zweite Teil. - Zur Reform der Laterankirche T. S c h m i d t , Die Kanonikerreform in Rom. 34 ) Das gilt auch von dem nicht von Gregor stammenden zweiten Teil, der zu seiner Zeit entstanden ist. D a z u und zu einigen Handschriften F ο η s e c a , Medioevo Canonicale, S. 101-109. 35 ) Die jüngste Untersuchung über Altmanns Reformtätigkeit bietet H a i d e r , Passau-St. Florian-St. Pölten; ansonsten siehe unten, Zweiter Teil, Anm. 338. 3e ) D a z u K i t t e l , Lucca. In Lucca gab es mit St. Fridian allerdings schon vorher ein Reformzentrum, das vom Bischof Anselm I. (1056/57-1073), der diesen Bischofsstuhl auch während seiner Papstzeit als Alexander II. (1061-1073) innehatte, vornehmlich gefördert wurde.
Urban II. und die Regularkanoniker
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Die Reform „von oben" ließ sich, vor allem im deutschen Raum, vor dem 12. Jahrhundert noch kaum verwirklichen. Dazu bedurfte es nicht zuletzt erst einer Konstituierung des neuen Kanoniker-Verständnisses im kirchlichen Gesamtgebäude: der Kanoniker, der nach der neuen Richtung lebte, geriet leicht in Kollision mit den Mönchen, seine Lebensweise überschnitt sich mit der monastischen; eine Trennung zwischen beiden ordines - wie einst in der karolingischen Kirchenreform - und vor allem eine Klärung der Rangfolge war nötig. Diese Probleme erkannt und eine Lösung angestrebt zu haben, war im wesentlichen das Verdienst des Papstes Urban II. 3 7 , wenngleich nach seinem Tod die Auseinandersetzung in der Praxis noch längst nicht beendet war. Urban II. sicherte den Regularkanonikern aber sozusagen einen Platz in der Kirche, einen nicht weniger ehrenvollen als der, den die Mönche beanspruchten, aber doch deutlich von ihm getrennt. Sein in diesem Sinne zu verstehendes Privileg für das Reformstift Rottenbuch von 1092 wurde als Grundlage des Kanonikertums in den Schriften der Regularkanoniker häufig zitiert und verbreitet 3 8 . Schließlich mußte auch der politische Hintergrund geschaffen werden, der eine Reform in der dafür nötigen Ruhe und mit den dafür nötigen Mitteln zuließ - gerade die Reform des Passauer Bischofs Altmann, auch die zaghaften Versuche des Erzbischofs Gebhard von Salzburg scheiterten daran, daß diese Voraussetzungen fehlten. Erst mit dem Wormser Konkordat aber war im deutschen Raum diese Situation geschaffen worden. Seit dem dritten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts setzte daraufhin hier die Regularkanonikerbewegung mit voller Intensität ein, ob wir auf den rheinischen, den sächsischen oder den bayerischsalzburgischen Bereich blicken 39 .
" ) Vgl. dazu M o i s , Rottenbuch, S. 75ff. u. 2 4 3 ; D e r e i n e , Vie commune; d e r s . , L'elaboration du Statut canonique; über neuere Forschungsliteratur zu U r ban II. ein Bericht von d e m s. in der Revue d'histoire ecclesiastique 66, 1971, S. 1 1 6 - 1 2 4 . Eine sehr aufschlußreidie Skizze über die Grundzüge des Pontifikats Urbans von B e c k e r , Urban II. und die deutsche Kirche. 3 S ) G P 1, S. 375f., Nr. 2 ; P L 151, Sp. 3 3 7 - 3 3 9 , Nr. 58. Es findet sich beispielsweise im Kommentar zum Psalm 64 von Gerhoch von Reichersberg, M G H Ldl 3, S. 4 7 4 ; vgl. dazu M o i s , Rottenbudi, S. 9 2 ; weitere Zitate hat D e r e i n e zusammengestellt in: Studi Gregoriani 3, 1948, S. 293ff.; eine bisher unbeachtete Überlieferung bei J ο h a η e k , Ordensreform. M ) Eine Karte zur Ausbreitung der Regularkanoniker von E n g e l s und S i e g w a r t , Die regulierten Chorherren bis 1250.
Erster Teil
DIE AUSDEHNUNG DES SALZBURGER K A N O N I K E R R E F O R M - K R E I S E S ABGRENZUNG, DIFFERENZIERUNG U N D UBERBLICK
I. D E R Z E I T L I C H E A N S A T Z DER KANONIKERREFORM IN DER SALZBURGER DIÖZESE U N T E R D E M E R Z B I S C H O F K O N R A D I. ( 1 1 0 6 - 1 1 4 7 )
Es besteht zwar kein Zweifel daran, daß der Erzbischof Konrad I. von Salzburg (1106-1147) der Initiator und Promotor der Regularkanonikerreform in seiner Diözese war; dagegen ist man bislang uneinig darüber, wann Konrad I. seine Reform begonnen hat. Die Schwierigkeit ergibt sich vor allem dadurch, daß die ersten 15 Regierungsjähre dieses Erzbischofs in eine überaus turbulente Zeit fielen. Konrad, um 1075 geboren 40 , wurde auf dem Reichstag von Mainz am 7. Januar 1106 zum Erzbischof von Salzburg gewählt und vom König Heinrich V. investiert 41 . Vorher war er Mitglied der königlichen Hofkapelle gewesen42. Am 21. Oktober 1106 erhielt er vom Papst Paschalis II. das Pallium auf der Kirchenversammlung von Guastalla 43 . Bis zu seiner Flucht aus seiner Diözese im Jahre 1112 ist sehr wenig bekannt über seine Bistumspolitik. 1106 noch bestimmte er jedenfalls seinen Kaplan Hiltebold zum Gurker Bischof (1106-1131) 4 4 und entfernte damit den unkanonischen Bischof Berthold von Gurk (1090 bis 1106), den einst der Intrusus Berthold von Moosburg, der Gegenerzbischof von Salzburg (1085-1106), eingesetzt hatte. Berthold von Gurk zog sich daraufhin als Mönch in das Kloster St. Paul im Lavanttal zurück 45 . Dieser Akt kann freilich kaum als Beweis für eine schon zu Be40) Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 11 f.; zur Abstammung vgl. ebd., ferner W i d m a n n , Geschichte Salzburgs, Bd. 1, S. 2 2 3 ; C l a s s e n , Gerhoch, S. 5 8 ; W o d k a , Kirche in Österreich, S. 108. 4 1 ) Dazu und zu Konrads Kontrahenten, dem Abt Hartmann von Göttweig, vgl. Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 10f.; Vita Chunradi, M G H SS 11, S. 65. 4Z ) Konrad war aber niemals Kaplan Heinrichs V., auch nicht Domherr oder gar Propst von Hildesheim, wie bei W i d m a n n , Geschichte Salzburgs, Bd. 1, S. 223, oder bei Μ ο i s , Rottenbuch, S. 145, zu lesen ist; vgl. dazu C l a s s e n , Gerhoch, S. 58, Anm. 1; Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 13. Eine Beziehung zu Sachsen infolge solcher Tätigkeit kann somit nidit angenommen werden. " ) G P 1 . S . 2 0 , N r . 47. « ) M C 1, S. 85, N r . 4 1 ; Vita Chunradi, M G H SS 11, S. 70. " ) W i d m a η η , Geschichte Salzburgs, Bd. 1, S. 2 2 5 ; J a k s c h , Geschichte Kärntens, Bd. 1, S. 2 3 8 ; M C 1, S. 84, Nr. 40.
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I. Der zeitliche Ansatz der Reform unter Konrad I.
ginn von Konrads Regierung geplante Klerusreform großen Stils gelten, eher als das Gegenteil, denn erst 1123 erfolgte die Reform des Gurker Domkapitels, für die doch schon seit 1106 die Gelegenheit bestanden hätte 46 . In Salzburg selbst mußte sich Konrad I. gegen den Widerstand der Ministerialen den Weg zum Bischofsstuhl erkämpfen 47 . In den ersten beiden Jahren seiner Regierung scheint er dann zweimal von seinem Amtssitz abwesend gewesen zu sein, so 1107, als er an der um den 23. Mai stattfindenden Synode von Troyes, wie vermutet werden darf, teilnahm 48 , und 1108, als er zu Beginn des Monats Juni in Merseburg beim König Heinrich V. weilte 49 . Ebenso mußte er im Juli des Jahres 1110 Salzburg wieder verlassen, als er sich der Romfahrt Heinrichs V. anschloß 50 , von der er erst im April 1111 wieder zurückkehrte, nachdem er in Rom mit dem inzwischen zum Kaiser gekrönten Herrscher gebrochen hatte. Im August desselben Jahres hatte er sich dann vor dem Kaiser in Mainz zu verantworten für die angebliche Mitbeteiligung an derMißhandlung des prepositus Albuin 51 , eines Salzburger Wirtschaftsdistriktvorstehers, der zu Konrads ärgsten Feinden zählte. In der Umgebung des Kaisers, der ihn daraufhin für einige Zeit gefangen hielt, erscheint er noch im Januar 1112 52 . Vielleicht konnte er im selben Jahr noch einmal nach Salzburg zurückkommen 53 , mußte aber jedenfalls noch 1112 Zuflucht bei der Markgräfin Mathilde von Tuscien suchen54, um sich vor den Nachstellungen der kaiserlichen Parteigänger zu sichern55. Nach dem Tod der Markgräfin am 24. Juli 1115 verließ er seinen Zufluchtsort und hielt sich in den folgenden Monaten in seiner 4e ) Dazu unten, S. 45. ") Vita Chunradi, MGH SS 11, S. 66. « ) Vgl. Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 14. 4β ) M e y e r v o n K n o n a u , Jahrbücher des deutschen Reidies unter Heinrich IV. und Heinrich V., Bd. 6, S. 77, Anm. 9. 5 °) Ebd., S. 129ff. 51 ) Vita Chunradi, MGH SS 11, S. 69. Zur Bedeutung von prepositus in diesem Fall vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 65, Anm. 39. 52 ) Er wird als Zeuge genannt, vgl. M e y e r v o n K n o n a u , Jahrbücher des dt. Reidies unter Η. IV. u. Η. V., Bd. 6, S. 250. 53 ) Die Annahme bei Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 21, dies sei vor dem 24. Mai geschehen, da Konrad an diesem Tag in Salzburg urkundet, ist nicht zu belegen, da, wie Zeillinger offenbar übersehen hat, die entsprechende Urkunde eine Fälschung von 1203/06 ist, was bereits August von Jaksch festgestellt hat in MC 1, S. 85, Nr. 42. M ) Vita Chunradi, MGH SS 11, S. 69f. und 64. " ) Ebd., S. 69 u. 64.
Der Bericht der Reidiersberger Annalen
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Diözese auf, durfte aber wegen der Anfeindungen der Ministerialen und der Domherren seine Residenz nicht betreten 56 . Vermutlich im Sommer des Jahres 1116 5 7 floh er dann nach Magdeburg 58 , wo er mit dem Herzog Lothar von Supplinburg, dem Erzbischof Adelgot von Magdeburg und dem Bischof Reinhard von Halberstadt zusammentraf 59 . Erst um die Mitte des Jahres 1121 konnte er wieder nach Salzburg zurückkehren 60 . Aus diesem äußeren Rahmen der Geschehnisse geht schon hervor, daß der Erzbischof Konrad I. in dieser Zeit relativ wenig Gelegenheit haben konnte, eine intensive Reformtätigkeit zu entfalten und Klosterpolitik zu betreiben. Dennoch deutet manches darauf hin, daß er bereits während der ersten Jahre seiner Amtszeit Reformmaßnahmen eingeleitet hat, die auf die Kanonikerreform zu beziehen sind61. So berichten die Annales Reicherspergenses zum Jahre 1110 6 2 : Circa haec tempora sedata tempestate persecutions et adunata aliquantulum ecclesia post scisma, quod fuit sub Heinrico inperatore seniore, Chuonradus arcbiepiscopus Salzburgensis cupiens promovere et dilatare in ecclesiis sibi commissis vitam canonicam . . . Deshalb habe der Erzbischof Gesandte nach Sachsen geschickt, um von dort mehrere Kanoniker kommen zu lassen, quos in cenobiis sibi subditis locavit. Unter ihnen sei Berwin gewesen, der in Reichersberg das Amt des Propstes übernommen habe 68 .
«·) Ebd., S. 70 u. 64. " ) Vgl. C l a u d e , Magdeburg, S. 397. Dagegen sind M a y e r , Die östlichen Alpenländer, S. 146f., und Ζ e i l l i n g e r , Konrad I., S. 22, für das Jahr 1117, weil die Vita Chunradi berichtet, Konrad sei vier Jahre in Sachsen gewesen, und weil der Erzbischof 1121 nach Salzburg zurückgekehrt ist. Die Annales Reicherspergenses, MGH SS 17, S. 452f., geben das Jahr 1116 an. Vgl. dazu unten, Anm. 80. 5 8 ) Schon der Erzbischof Gebhard von Salzburg hatte sich während seiner Exilszeit nach Magdeburg zum Erzbischof Werner zurückgezogen, vgl. C l a u d e , Magdeburg, S. 398. 59 ) Vgl. Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 22f.; B o g u m i l , Halberstadt, S . 4 4 u. 155. Vgl. RAS, S. 418f., Nr. 17; unten, S. 32. " ) Dazu B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 34f.; T o m e k , Kirchengeschidite Österreichs, Teil 1, S. 151; M o i s , Rottenbuch, S. 145; R o t h , Seckau, S. 39; C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 311; d e r s . , Gerhoch, S. 65f.; Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 71, Anm. 133. «2) M G H SS 17, S. 451. 43) C l a s s e n , Gerhoch, S. 68, Anm. 5, gibt zu bedenken, daß die Annalen nicht eindeutig aussagen, auch Berwin sei, wie die anderen Kanoniker, aus Sachsen gekommen, er daher auch Professe von Rottenbuch gewesen sein könnte. Ich meine aber, daß der Bezug sinngemäß durchaus vorliegt, daß zumindest eine andere Herkunft noch weniger angedeutet ist; auch spricht die Endung „-win" für Sachsen.
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I. Der zeitliche Ansatz der Reform unter K o n r a d I.
Diese Nachricht ist uns nur durch diese eine Quelle überliefert, außerdem ist das um 1157 angelegte Werk nicht immer genau bei zeitlichen Angaben 64 . Der gewichtigste Grund, der gegen die Glaubwürdigkeit dieser Meldung sprechen könnte, ist aber der Umstand, daß man für diese Zeit, 1110, in Sachsen kaum Regularkanoniker vermuten möchte. Der Bischof Reinhard von Halberstadt (1107-1123) war der erste Förderer der Kanonikerreform in Sachsen 65 . In seiner Diözese sind vor 1110 Osterwieck, dessen Gründung 1107/08 am 7. August 1108 von ihm bestätigt wurde 66 , und St. Johann in Halberstadt, ebenfalls 1107 oder 1108 reformiert 67 , als Regularkanonikerstifte nachweisbar. In die Magdeburger Diözese kamen die Regularkanoniker dagegen erst seit 1116, worauf wir noch zu sprechen kommen, und der Hildesheimer Sprengel besaß in St. Bartholomäus auf der Sülte seit 1115/1119 das erste Reformstift 6 8 . Diese scheinbar recht dürftige Bilanz darf aber nicht zu voreiligen Schlüssen führen. Mit der Gründung Osterwiecks und der Reform St. Johanns ist zumindest erwiesen, daß im norddeutschen Raum die Reformbewegung schon weiter vorangeschritten war als in der Diözese Salzburg 69 ; aus diesen beiden Stiften konnten Reguβ4 ) Zu 1110 bringt sie auch die G r ü n d u n g Klosterneuburgs, die jedoch w a h r scheinlicher vor oder nach 1110 anzusetzen ist, vgl. unten, Erster Teil, Anm. 473. Allgemein zur Entstehung und zu den Handschriften der Reichersberger Annalen C l a s s e n , Gerhoch, S. 434f., O p u s 23. β5 ) Gesta episcoporum Halberstadensium, M G H SS 23, S. 102: Ipse enim in Saxonia primus auctor fuit communis vite, secundum regulam beati Augustini constitute. Vgl. Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. l f . ββ ) H U B 1, S. 90f., N r . 130; U r k. Hamersleben, hgg. von Z ö l l n e r , S. 3ff., N r . 1. Zur G r ü n d u n g von Osterwieck, das 1109 nach Hamersleben verlegt wurde, vgl. Β ο g u m i 1 , Halberstadt, S. 107-113.
) V a n D ü l m e n , Baumburg, S. 17. 441 ) M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 410. 44i ) V a n D ü l m e n , Baumburg, S. 17.
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II. Der Salzburger Regularkanonikerverband
sterii BaumburgensisiiZ
den Erzbischof Konrad I. immer noch als tradi-
tionelle ius per secula sanctum infringere non metuens charakterisierte. War die Zuteilung der Archidiakonswürde als Ausgleichspolitik vorgenommen worden, und daraufhin das Baumburger Stift auch auf die Consuetudines-Basis des Salzburger Reformverbandes übergewechselt 444 ? Sicherlich hatte, wie bei Berchtesgaden, der Papst auch bei Baumburg die Annäherung gebilligt, wahrscheinlich gefördert. Die Beziehungen zwischen Baumburg und Salzburg festigten sich jedenfalls noch unter Gottschalks Nachfolger Meingot ( 1 1 6 3 - 1 1 8 6 ) : er wurde aus dem Salzburger Domkapitel gewählt 445 .
443 )
MGH SS 15,2, S. 1061-1064; Zitat S. 1063. Zu den Konsequenzen der spezifischen Salzburger Consuetudines vgl. unten, S. 279f. 445 ) Brief des Kardinalbisdiofs Walter von Albano an den Papst Alexander III. vom August 1176 im Chronicon Magni presbiteri, MGH SS 17, S. 502: Megengozus Boumburgensis prepositus et archidiaconus de choro Salzburgensi. Nekrologium des Salzburger Domstifts, MGH Necr. 2, S. 160, zum 20. August: Meingotus prep. Bätnberch fr. n. ob. 444 )
III. DER KREIS DER SALZBURGER
OBSERVANZ
Das Reformzentrum, das Salzburger Hochstift und Domstift, beschränkte sidi keineswegs darauf, innerhalb der Salzburger Diözese und in Eigenstiften die Kanonikerreform durchzuführen. Man versuchte, Stifte in anderen Diözesen zu erreichen, die neu errichtet wurden, auch wenn die Beziehungen mitunter nur sehr schwach waren, man zog bereits reformierte Stifte in den Einzugsbereich des Salzburger Reformgedankengutes — wie das bei Berchtesgaden und Baumburg schon zu sehen war - und man errichtete neue Stützpunkte, die für sich wiederum kleine Reformkreise bildeten.
1. Ε r s t r e f ο r m i e r t e E i n z e l s t i f t e a) R a n s h o f e n Bereits 898 war in der königlichen Pfalz Ranshofen die Kirche des hl. Pankraz erbaut worden 446 , in der sich eine Klerikergemeinschaft ansiedelte. Trotz wechselvollen Schicksals447 scheint sich diese behauptet zu haben; zu Beginn des 12. Jahrhunderts sind Kleriker bzw. Kanoniker anzutreffen 448 . Ort und Kirche gehörten zu dieser Zeit ohne Zweifel zum Reichsgut, wie der Herzog Heinrich der Löwe am 15. September 1174 noch bestätigte: loco Ranshouensi, quem ad regnum pertinentem. . . 449 . Der Terminus „Eigenkloster des bayerischen Herzogs" 450 kann aus diesem Grund nicht ganz korrekt sein451. Allerdings verhielten sich die Weifen zu diesem Stift wie zu einem Hauskloster 452 , 44e
) Zur Frühgeschichte Ranshofens: S c h i f f m a n n , Baugeschidite Ranshofens, S. 4ff.; Κ1 e b e 1, Eigenklosterredite und Vogteien, S. 201. 447 ) K l e b e l , ebd. 448 ) T r a d . Ranshofen, hgg. von S c h i f f m a n n , S. 5, Nr. 16, circa 1110: Erimbertus canonicus s. Pancratii mart. 44ί ) MGH D. Heinrichs des Löwen 98. 45 °) Τ e 11 e η b a c h , Eigenklöster, S. 7. 451 ) Teilenbach selbst schwächt die Behauptung wieder ab: „Die Kapelle Ranshofen hat dem Reiche gehört", ebd., S. 7, Anm. 41. 452 ) Das zeigt eine Aussage wie die des Heinrich des Löwen von 1174: (Rans-
76
III. Der Kreis der Salzburger Observanz
und das Privileg des Papstes Eugen III. von 1147 erging auf Intervention des Herzogs 453 . Die Lösung für dieses Verhalten dürfte darin zu suchen sein, daß Ranshofen als Reichsgut im Ditionsbereich des bayerischen Herzogs lag, und dieser im Herzogtum Bayern seit dem Herzog Weif V. auch dinglicher Herr des Reichsgutes in diesem Raum war 454 . Als Reichsgut konnte Ranshofen dennoch von den Weifen als Hauskloster ausgebaut und als solches betrachtet werden, da die dingliche Herrschaft auf Erbrecht beruhte 455 . Obwohl der Zeitpunkt der Reform Ranshofens recht eindeutig festzustehen scheint, ergibt sich auch hier ein Problem. Eine Urkunde vom 30. Juli 1125 berichtet, der Herzog Heinrich IX., der Schwarze, habe Güter an Ranshofen geschenkt und eine Besitzbestätigung vorgenommen für die Kleriker, „die dort nach der Regel des hl. Augustinus leben" 456 . Dem entgegen steht nun eine offenbar bisher übersehene Aussage Heinrichs des Löwen von 1157, sein Vater Heinrich X., der Stolze, habe als erster Regularkanoniker in Ranshofen eingeführt 457 . Da Heinrich X. erst 1126 Herzog wurde - Heinrich der Schwarze starb am 13. Dezember 1126 - , ist eine der Quellen nicht korrekt, es sei denn, der eigentliche Aufschwung wäre eben erst 1126/27 erfolgt, worauf sich Heinrich der Löwe später bezog, oder Heinrich der Stolze wäre noch zu Lebzeiten seines Vaters der eigentliche Initiator der Regulierung gewesen. Daß die Reform 1125/26 in Verbindung mit dem Salzburger Reformkreis durchgeführt wurde, ergibt sich erst auf Grund verschiedener hofen), quem ... nostrorumque parentum donationibus institutum nos quoqtte sublimare cupimus, MGH D. Heinridis des Löwen 98. 453 ) GP 1, S. 204, Nr. 2; PL 180, Sp. 1201-1203, Nr. 165, 1147 April 10. Ebenso dasjenige vom Papst Hadrian IV. vom 29. Januar 1158, GP 1, S. 204, Nr. 3; MB 3, S. 318f„ Nr. 8. 454 ) Vgl. F a u ß η e r , Herzog und Reichsgut, S. lOf. 455 ) Die Formulierung „Besitz der Bayernherzöge" bei C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 328, und K l e b e l , Eigenklosterredite und Vogteien, S. 201, umschreibt diesen Sachverhalt nur vage. « · ) UBLOE 2, S. 161f., Nr. 108; MB 3, S.314f„ Nr. 5. Die Tradition MB 3, S. 246, Nr. 34, dürfte zeitlich vorher einzuordnen sein, da in ihr 21 Manzipien an Ranshofen gelangen, auf die in der Urkunde Bezug genommen wird. Auch in dieser Notiz heißt es: in servitium fratribus, qui inibi sunt communis vite. 457 ) MGH D. Heinridis des Löwen 37: Quapropter ... notum facimus, qualiter nos pie devotioni beate memorie patris nostri Heinrici ducis Bawarie et Saxonie inclinantes ea, que deo et sanctis eius in capella nostra Raneshouen ad usus fratrum regularium, quo s ipse ρ rim um ad serviendum ibi deo inv it αν er at, obtulit... adauximus.
Ranshofen
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Überlegungen, denn bis 1 1 3 8 haben wir keinen direkten quellenmäßigen Hinweis darauf 4 5 8 . Wahrscheinlich ist der alte Konvent Ranshofens auch nach der Regulierung wenigstens teilweise im Stift geblieben 4 5 9 und durch neuhinzugekommene Regularkanoniker ergänzt worden; daß diese aus dem Salzburger Domkapitel kamen, kann nur vermutet werden 4 6 0 . Audi hat schon Peter Classen darauf hingewiesen 4 6 1 , daß keine Rede sein kann von einer Unterstellung des Stiftes durch den H e r z o g Heinrich den Schwarzen unter das Domstift Salzburg 4 6 2 . W e r der erste Propst w a r und woher er kam, ist unbekannt 4 6 3 , so daß auch auf diesem Wege kein weiterer Aufschluß zu gewinnen ist. Dennoch muß die Beziehung zu Salzburg bereits 1 1 3 8 sehr ausgeprägt gewesen sein, als der Salzburger Erzbischof und der Gurker Bischof eine Reichsministerialenschenkung für Ranshofen entgegennahmen und außerdem bestätigten 4 6 4 . Sollte das auch eventuell auf Bitten des Herzogs, der ja gerade zu dieser Zeit sehr mit den Reichs458) Woher Ρ r i t ζ , Ranshofen, S. 340, die Quelle für das durchaus wahrscheinliche Zusammentreffen des Herzogs Heinrich des Schwarzen und des Erzbisdiofs Konrad I. von Salzburg 1125 anläßlich der geplanten Reform nimmt, gibt er nicht an. Wahrscheinlich stützt er sich auf das Antiquarium Ranshovianum von 1650, in dem fol. 20/27 r von diesem Zusammentreffen in der Pfalz Ranshofen und von der Aufforderung Konrads berichtet wird, die Pfarrkirche in ein Regularkanonikerstift umzuwandeln. Ob diese Tradition zuverlässig ist, ist natürlich fraglich. 45e ) UBLOE 1, S. 210, Nr. 14: der Pfarrer Erenbert wird auch nach der Reform canonicus von St. Pankraz genannt. 4eo ) Im Antiquarium Ranshovianum, fol. 24/3 lv, wird diese Herkunft angegeben. 4 e l ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 61, Anm. 16. 4β2 ) Μ ο i s , Rottenbuch, S. 147, hatte diese Behauptung aufgestellt, welcher R o t h , Sedcau, S. 40, und V e r h e i j e η , La regle, Bd. 1, S. 127, folgen. 4βί ) S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 43, sieht, wie schon H. M a y r im Antiquarium Ranshovianum, fol. 24/31*, im Kämmerer des Herzogs Heinrich IX., Raffold, den ersten Propst, weil dieser auch prepositus genannt wird (MB 3, S. 314, Nr. 5). Es ist jedoch eher anzunehmen, daß damit nur die allgemeine Vorsteherfunktion bezeichnet wurde. Raffold war Beamter des Herzogs und übte offenbar eine gewisse Aufsichtsfunktion über das Stift aus, wie das später auch bei Germunt zu sehen ist, der zwischen 1130 und 1150 abwechselnd bezeichnet wird als proprius Ducis (MB 3, S. 254, Nr. 60, 1140), officialis Domini ducis (ebd., S. 252, Nr. 53, 1130), prepositus ducis ( T r a d . Ranshofen, hgg. von S c h i f f m a n n , S. 20, Nr. 55 und 57; S. 22, Nr. 63; S. 23, Nr. 67) und prepositus (MB 3, S. 251, Nr. 51, 1150), als er bei verschiedenen Geschäftsaktionen des Stiftes, gerade in letzterem Fall unter dem Propst Manegold von Ranshofen, anwesend war. Auch R. W. S c h m i d t , Die Erforschung der Ranshofener Handschriften, S. 15, Anm. 40, äußert sich skeptisch darüber, ob Raffold überhaupt Geistlicher war. 4 M ) UBLOE 1, S. 255, Nr. 148 = T r a d . Ranshofen, hgg. von S c h i f f m a n n , S. 68, Nr. 8: suscipientibus et banno confirmanttbus Archiepiscopo Chunrado et Gurcensi Episcopo Romano.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
angelegenheiten beschäftigt war, geschehen sein465, so ist die Beziehung dennoch evident; er hätte sich, was nähergelegen hätte, auch an den zuständigen Diözesanbischof in Passau wenden können. Gerade diesem aber scheinen das Stift und dessen nur auf Grund einer engen Verbindung zu Salzburg mögliche exponierte Stellung innerhalb seiner Diözese ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Hartnäckig versuchte er, das Ranshofener Propstamt mit einem seiner Vertrauten zu besetzen, wie das gegen ihn gerichtete Mandat des Papstes Innocenz II. von 1139/414®6 zeigt, um über diesen Weg die Seelsorgetätigkeit des Stiftes und dessen Pfarrei kontrollieren zu können. Von Salzburg aus wurde Ranshofen dagegen auch in dieser Hinsicht großzügig behandelt: der Erzbischof Eberhard I. übergab dem Stift 1151/53 eine weitere Pfarrei, die Kirche Hochburg467, wobei daran erinnert sei, daß Ranshofen de facto den Status eines laikalen Eigenstiftes besaß. Unter diesen Umständen muß eine recht enge Bindung zu Salzburg vorausgesetzt werden, die nur auf dem Gebiet der Observanz gelegen haben kann 468 . Der erste namentlich bekannte Propst, Manegold (um 1141 - vor 1158) 469 , 4β5 ) Die Erklärung bei C l a s s e n , Gerhodi, S. 61, Anm. 16, darin eine Sicherung des Klosters gegenüber dem Herzog zu sehen, scheint mir nicht sonderlich plausibel zu sein, da Ranshofen gerade vom Weifenhaus das ganze 12. Jahrhundert über die größte Förderung erfuhr. Wichtiger dabei ist doch, daß Konrad durch diesen Akt eine erzbischöfliche Schutzhoheit neben die herzogliche stellen konnte, was der verfassungsmäßigen Neuordnung in der Salzburger Diözese unter diesem Erzbischof entsprach, wie sich zeigen wird. 46β) G P 1 , S. 171, Nr. 40; ediert bei B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 207. 4β7 ) SUB 2, S. 402f., Nr. 286. 468^ DJ e Pfarreiübertragung sollte auch nur so lange gültig sein, als die regularis vita in Ranshofen beachtet würde. Aufschlußreich ist auch das Privileg des Papstes Hadrian IV. vom 29. Januar 1158 für Ranshofen (GP 1, S. 204, Nr. 3; UBLOE 2, S. 283ff., Nr. 190), in dem es über die Pfarreien von Ranshofen heißt: ut videlicet nullus in eis preter ipsum archiepiscopum et ecclesie vestre prepositum aliquid debeat ordinäre (S. 284). 4 " ) Die letzte Propstliste bei Ρ r i t ζ , Ranshofen, S. 348ff., ist sehr ergänzungsbedürftig. Für die Zeit bis vor 1139/41 kennen wir den Propst nicht (vgl. oben, Anm. 463). Wir wissen nur, daß circa 1139 auf den Druck des Passauer Bischofs Reginbert hin ein „junger Mann" auf den Propststuhl kam (laut Mandat des Papstes Innocenz II. von 1139/41, GP 1, S. 204, N r . l ; ediert bei B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 207). Nach dessen Absetzung auf das Mandat Innocenz' II. hin wurde Manegold Propst, der zwischen Oktober 1151 und März 1153 (SUB 2, S. 403, N r . 286) zum letztenmal Erwähnung findet und der, da sein Todestag mit 28. Oktober angegeben wird (MGH Necr. 2, S. 180), spätestens 1157 starb. Sein Nachfolger Meinhard wird erstmals zum 23. Nov. 1157 urkundlich genannt (MGH D.Heinrichs des Löwen 37), im Privileg Hadrians IV. vom 28. Januar 1158 (GP 1, S. 204, Nr. 3) bereits zum letztenmal. Auf ihn folgte Altmann, dem der Erzbischof
Ranshofen
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konnte infolgedessen durchaus dem Salzburger Verband so nahe gestanden haben, daß er in einer anläßlich einer Salzburger innerdiözesanen Angelegenheit 1144 ausgefertigten erzbischöfliehen Urkunde in der Unterschrift Ego Manigoldus prepositus ss. zu identifizieren ist 470 . Die Verbindung mit Salzburg ist schließlich recht eindeutig auf Grund der Regel- und Consuetudinesüberlieferung festzustellen 471 , die eine Befolgung des im Salzburger Reformkreis gültigen Ordo novus erkennen läßt 472 . Anhand dieser Ergebnisse, die ausschließlich auf Verbindungen mit Salzburg hinweisen, kann die Reform in Ranshofen von Anbeginn an in den Salzburger Einflußbereich gestellt werden. Eberhard I. am 6. Oktober 1162 eine Urkunde ausstellte (SUB 2, S. 511f., Nr. 364). Altmann starb nicht 1178, sondern spätestens am 20. April 1174 (zum Todestag M G H Necr. 2, S. 127), da sein Nachfolger Adelhard bereits am 30. Januar 1174/75 als Zeuge auftrat (SUB 2, S. 557, Nr. 404). Adelhard wiederum kann nicht 1180 gestorben sein, da er nodi zum 25. August 1189 urkundlich nachzuweisen ist (SUB 2, S. 633, Nr. 465b). Demzufolge war audi der Ranshofener Sdiatzkämmerer Liutold, entgegen der Annahme von R. W. S c h m i d t , Liutold von Ranshofen, S. 109fF., der in ihm von 1180-1186 den Vorsteher des Stiftes erblickt, niemals Propst von Ranshofen. Adelhards Nachfolger, Eticho, wird erstmals zum 29. April 1195 erwähnt (GP 1, S. 205, Nr. 4). Wo der in M G H Necr. II, S. 111, zum 2. März genannte Propst Liutfried von Ranshofen (12. Jh.) einzureihen ist - vor Manegold? - , ist ungeklärt. 47 °) SUB 2, S. 335, N r . 232, 1144 Nov. 3; die Unterschriften dieser Urkunde bringen nur die Propstnamen, nidit die H e r k u n f t ; C l a s s e n , Gerhodi, S. 76, Anm. 65, bezweifelt diese Identität ohne nähere Begründung. Manegold findet im übrigen audi im Nekrologium des Salzburger Domstifts Erwähnung, M G H Necr. 2, S. 180, zum 28. Oktober. 471 ) Dabei wären zu nennen: 1) Eine Regel aus Ranshofen mit dem Praeceptum longius (gedruckt bei A m o r t , Vetus diseiplina, S. 128-135). 2) Eine Profeßformel des 12. Jahrhunderts aus Ranshofen (MB 3, S. 308), die genau derjenigen der Klosterrather Consuetudines in der Hs. Wien NB cod. 1482, fol. 67 T , entspricht, vgl. dazu unten, S. 258f. 3) Fragmente der Klosterrather-Salzburger Consuetudines im Antiquarium Ranshofianum, Oberösterreidiisdies Landesardiiv, Hs. 137, von 1650, auf Grund alter Handschriften zusammengeschrieben, fol. 32/39 r -37/44r; allerdings braucht das dritte Beispiel nicht unbedingt beweiskräftig zu sein, da die Consuetudines-Gemeinsamkeiten zwischen Salzburg und Ranshofen audi auf die zweite Reform der Salzburger Kanoniker unter dem Erzbischöf Eberhard II. zwisdien 1218 und 1224 zurückzuführen sein könnten, vgl. unten, Dritter Teil, Anm. 181. 472 ) Kein Kriterium für die Befolgung des Ordo novus in Ranshofen ist, entgegen der Ansicht von S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 43, Anm. 4, der Satz Sane laborum vestrorum, quos propriis manibus aut sumptibus colitis sive de nutrimentis vestrorum animalium nullus omnino a vobis deeimas exigere presumat im Privileg des Papstes Eugen III. von 1147 (GP 1, S. 204, Nr. 2; UBLOE 2, S. 226, N r . 154), nur weil dort die Handarbeit, ein Kriterium des Ordo novus durdiaus, angesprodien ist. In diesem Fall ist das lediglich Urkundenformular. So lautet die Formel 6 der Papstprivilegien für Augustinerdiorherrenstifte schlechthin nadi dem Liber Provincialis des 13. Jahrhunderts bei T a n g l , Kanzleiordnungen, S. 230, Nr. 6, und S. 233, N r . 6 , ebenso: Sane novalium vestrorum
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
b) K l o s t e r n e u b u r g Wenn auch der Gründungstermin Klosterneuburgs in der Diözese Passau immer noch umstritten ist 473 , so ist doch seine Umwandlung in ein Regularkanonikerstift im Jahre 1133 sicher überliefert 474 . In diesem Jahr ließ sich der Markgraf Leopold III. von Österreich für sein Eigenstift vom Salzburger Erzbischof Regularkanoniker schicken. Hartmann war dazu ausersehen worden, das Propstamt zu übernehmen: ein überaus erfahrener und zuverlässiger Reformer, der seit 1121/22 mit Konrad den Verband aufgebaut hatte und erster Dekan des reformierten Salzburger Domkapitels und Propst in Herrenchiemsee gewesen war. Allein dieser Umstand weist auf die Bedeutung dieser Stiftsreform in den Augen des Erzbischofs hin: er beabsichtigte damit vielleidit, erste Maßnahmen zu ergreifen gegen ein sich anbahnendes Streben des Markgrafen, eine Landeskirche aufzubauen, das begleitet wurde von dem Versuch, alle Babenberger Vogteirechte in der Hand des Sohnes Adalbert zu zentralisieren 475 . Von einer straffen Organisation seiner Eigenkirchen mit dem Zentrum im Reformstift Klosterneuburg versprach sich Leopold offenbar einen Schritt in diese Richtung, weshalb er seine 13 Eigenkirchen der Disposition Hartmanns anvertrauen wollte, was dieser jedodi ablehnte und nun seinerseits dagegen erde possessionibus habitis ante concilium generale ac etiam novalium, que propriis manibus aut sumptibus colitis, de quibus novalibus aliquis hactenus non percepit, sive de ortis virgultis et piscationibus vestris vel de nutrimentis animalium vestrorum nullus a vobis decimas exigere vel extorquere presumat. Daß es dabei einmal um den Gesamtzehnt und einmal nur um den Novalzehnt geht, ist in unserem Zusammenhang unwesentlich. Entsprechende Formulierungen enthalten im übrigen audi die Privilegien für Reifersberg vom 8. Januar 1142 (GP1, S. 192, Nr. 8; MB 4, S. 406, Nr. 3) und vom 4. Mai 1146 (GP 1, S. 194f., Nr. 16; UBLOE 1, S. 279, Nr. 2), für Neustift-Brixen vom 9. April 1143 (GP 1, S. 147f., Nr. 1; U r k . Neustift, hgg. von Κ u g 1 e r , FRA II, 77, S. 29f., Nr. 1), für St. Zeno-Reichenhall vom 5. April 1144 (GP 1, S. 66, Nr. 1; MB 3, S. 530, Nr. 3), für Berchtesgaden vom 9. Oktober 1145 (GP 1, S. 62, Nr. 9; PL 180, Sp. 1058, Nr. 41), für St. Michael an der Etsch vom 10. August 1177 (GP 1, S. 406, Nr. 1; Η u t e r , St. Michael, S. 249) und für Gars vom 28. Oktober 1185 (GP 1, S. 80, Nr. 2; MB 1, S. 62, Nr. 4). 4") H a n n s , Klosterneuburg, S. 85ff.: Gründung in der Mitte des 11. Jahrhunderts, Erneuerung durch den Markgrafen Leopold III. im Jahre 1113; M a s c h e k , Wie entstand das Stift Klosterneuburg, S.407ff.: Gründung 1108; F i s c h e r in UB von Klosterneuburg, S. 5: Anfänge 1106 oder 1107; die Continuatio Claustroneoburgensis I berichtet die Gründung zu 1114 durch Leopold III., MGH SS 9, S. 609. Ein neuer Hinweis zum Gründungsvorgang bei R ö h r i g , Der sei. Hartmann und Klosterneuburg, S. 142. Vgl. auch BUB 4,1, S. 48-50, Nr. 615. "*) Continuatio Claustroneoburgensis I, MGH SS 9, S. 611. Vgl. F i s c h e r , Merkwürdigere Schicksale, Bd. 1, S. 30ff. BUB 4,1, S. 78f., Nr. 669. 47S ) Continuatio Claustroneoburgensis I, MGH SS 9, S. 610.
Klosterneuburg; Waldhausen
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reichte, daß Leopold 1135 im Greifensteiner Zehntvertrag dem Passauer Diözesanbischof an 12 der Pfarreien die zustehenden Rechte einräumte 476 ; nur die Pfarrei Klosterneuburg blieb ausgenommen. Vermutlich ein Versuch des Babenbergers, den bestehenden Rechtsbestand zu sichern, also eine Barriere gegen eine weitere Intensivierung des Salzburger Einflusses zu errichten, war die Ubereignung Klosterneuburgs an den Papst im Jahre 1135477. Ebenso ist der Versuch Leopolds IV. zu werten, 1140 das freie Propstwahlrecht zu übergehen478. Die Verbindung mit dem Salzburger Verband konnte jedoch nicht abgeschnitten werden, denn 1140 wurde als Nachfolger Hartmanns, der zum Bischof von Brixen gewählt worden war, zunächst gegen den Willen des Markgrafen der Bruder des Propstes Gerhoch von Reichersberg, Marquard, zum neuen Propst ernannt, dem 1167 ein weiterer Bruder, Rüdiger, folgte. Erst der Propst Wernher (1168-1186 resigniert, und 1192-1195) kam als Dekan aus dem eigenen Konvent, wobei zwischenzeitlich mit Gottschalk (1186-1192) ein Kanoniker aus dem Salzburger Domkapitel das Propstamt wahrnahm 479 . Klosterneuburg bietet ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür, welche Wirkung ein Einfluß haben konnte, der nur über den Weg der Observanz zustande kam, und dafür, wie eng diese Komponente „gemeinsame Observanz" die Bindung zum Zentrum in Salzburg gestalten konnte. c) W a l d h a u s e n Uber die Gründung des Stiftes Waldhausen in der Diözese Passau herrscht bis heute Unklarheit 480 . Albert Brackmann hat darauf hin47β ) Das Angebot Leopolds von 1133/35: BUB 4,1, S. 75f„ Nr. 663. Der Greifensteiner Zehntvertrag von Sept. 1135: BUB 4,1, S. 81-83, Nr. 674; ebd., S. 82: Precibus igitur et admonitionibus prepositi Hartmanni viri religiosi, cuius sana exhortatione et doctrina et consilio fideli marchio decimas sancte ecclesie remisit. Dazu P l ö c h l , Das kirchliche Zehentwesen, S. 29ff. (S. 30: Aufzählung und Auflösung der Pfarreien); R ö h r i g , Der sei. Hartmann und Klosterneuburg, S. 143-148, der diesen politischen Hintergrund besonders betont. Vgl. audi S ρ a r b e r , Quellen zur Lebensgesdiichte, S. 232. 477 ) GP 1, S. 248, Nr. 1. BUB 4,1, S. 80f„ Nr. 673. 478) Vgl. M i t i s , Urkundenwesen, S. 258f.; dies initiierte die Klosterneuburger Fälschung einer Stiftungsurkunde mit entsprechenden Rediten. 47e ) M G H Necr. 2, S. 163, zum 30. August: Gotscalcus pbr. et can. s. R. quondam Niwenburc prep. 480) Vgl. dazu M i t i s , Urkundenwesen, S. 161ff.; B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 213-215; T e i l e n b a c h , Eigenklöster, S. 43ff.; C l a s s e n , Gerhoch, S. 341f., Nr. 31; zuletzt M ü l l e r , Waldhausen, S. 75-86. Eine ältere Darstellung der Gründungsepoche bei P r i t z , Waldhausen, S. 310-316.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
gewiesen, daß in dem Mandat des Papstes Coelestin II. für den Propst Gerhoch von Reichersberg vom 27. Januar 1144 mit s. Maria de Silva curiae Waldhausen gemeint sein könnte481. Es heißt dort, Gerhoch solle seinen Bruder Heimo482 den Kanonikern von s. Maria de Silva curiae zurückschicken, wohin er ihn auf ein Mandat des Papstes Innocenz II. hin schon einmal delegiert hatte. Das Problem ist nun aber, daß Waldhausen in der sonstigen Uberlieferung nicht so früh belegt ist, und vor allem, daß sich Unstimmigkeiten beim Patrozinium ergeben. Fest steht nämlich, daß im Jahre 1147 Otto von Machland das Stift Säbnich gestiftet hat, indem er Güter an das Hochstift Passau übereignete, von wo aus die Gründung des Regularkanonikerstiftes mit dem Patrozinium sancti Johannis erfolgte483. Spätestens 1162 wurde dann das Stift Säbnich nach Waldhausen verlegt484, das sich auf ursprünglichem Gründungsgut von Säbnich befand und nun dessen Patrozinium trug. Wenn die These Albert Brackmanns, von der er selbst sagt, er könne dafür keinen zwingenden Beweis führen, richtig wäre, müßte man für ein kleines Stift Waldhausen - Heimo sollte magister sein - für die Zeit vor 1144 Salzburger Reformeinfluß annehmen. Diese These wird jedoch von Peter Classen skeptisch beurteilt485, von Hubert Fr. X . Müller im Anschluß an Gerd Tellenbach völlig abgelehnt486. Folgende Quellen können zur Lösung des Problems herangezogen werden: Laut Continuatio Claustroneoburgensis HI zu 1151: Heinricus prepositus celle (beati Iohannis euangeliste in Walthusen) obiit. Selpkerus in locum eius eligituri87; in einer Urkunde vom 1. Mai 1161 treten zusammen auf Berchtholdus prepositus in Waldhausen und Selkerus prepositus et fratres sui de cenobio sancti Johannis in Sebnichim; und 1162 starb der Propst Selpker, dem der eben genannte Berthold von Waldhausen folgte, wobei er aber in Waldhausen blieb489. Diese Quellen 4 8 1 ) G P 1, S. 224, N r . 2 ; vgl. auch Nr. 1. Sdion L ö w e n f e l d , J L 8484, übersetzte mit Waldhausen. 482) C l a s s e n , Gerhoch, S. 341 f., N r . 31, hat den Namen berichtigt; früher war Heinrich gelesen worden. 4 8 3 ) U B L O E 2, S. 236, N r . 157. 4 8 4 ) Continuatio Claustroneoburgensis III, M G H SS 9, S. 6 3 0 : der Propst Berthold (von Waldhausen) wird als Nachfolger des Propstes Selpker (von Säbnich) bezeichnet; über den Grund der Verlegung vgl. T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 47, und ihm folgend M ü l l e r , Waldhausen, S. 85. 485) C l a s s e n , Gerhoch, S. 342. 48e) M ü l l e r , Waldhausen, S. 83flf.; T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 47ff. 4 8 7 ) M G H SS 9, S. 629. 4 8 8 ) U B L O E 2, S. 308f., N r . 208. 4 8 9 ) Continuatio Claustroneoburgensis III, M G H SS 9, S. 630.
Waldhausen
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sprechen dafür, daß in Waldhausen auch das Patrozinium des Johannes, nicht s. Maria galt, und daß Berthold, Propst dieses Nebenstiftes, später, nach dem Tod des Propstes Selpker von Säbnich, die Leitung des vereinigten Konvents übernahm. Hubert Fr. X. Müller 490 sieht in der Tatsache, daß Waldhausen in einer bischöflichen Urkunde 1194 den Besitz, den schon Säbnich aufweisen konnte, bestätigt erhielt491, ein Kriterium dafür, daß von Seiten Waldhausens kein anderer Besitz hinzugekommen war, somit keine besondere Gründung Waldhausens vor der Säbnichs anzunehmen sei. Dazu ist folgendes zu sagen: Ein anderes Stift, auf das s. Maria de Silva curiae zutreffen könnte, ist nicht zu finden492. Zum zweiten hat man bisher die Argumentation ausschließlich auf die Aussagen der Continuatio Claustroneoburgensis gegründet, und offenbar ist bislang noch nicht aufgefallen, daß der dort für 1151 zitierte Propst Heinrich von Waldhausen in einer Urkunde des Bischofs Konrad von Passau (1147/48-1164), ebenfalls 1151, als Zeuge Heinricus de Sabenich genannt wird, also Propst von Säbnich493; ebenso dürfte entgangen sein, daß es für die Continuatio Claustroneoburgensis von Anfang an nur ein Stift Waldhausen gibt - zur Zeit der Abfassung war die Zusammenlegung auch längst erfolgt - , was der dortige Eintrag über die Gründung von Säbnich im Jahre 1147 zeigt: Cella beati Iohannis euangeliste in Walthusen fundata est, et septima ebdomata dedicatai9i. Die Bemerkung zu 1151 in dieser Quelle, Heinrich, der Propst des Stiftes beati Iohannis euangeliste in Waldhausen sei gestorben, bezieht sich somit zweifellos in Wirklichkeit auch auf Säbnich, wo Heinrich demzufolge der erste Propst gewesen sein dürfte. Ob zu dieser Zeit in Waldhausen, das seit der Gründung Säbnichs 1147 zu dessen Ausstattung gehörte - was bereits die Argumentation von Hubert Fr. X. Müller widerlegt, denn aus diesem Grunde kann nach dem Zusammenlegen der beiden Konvente gar kein Güterzuwachs zu erwarten sein - , bereits das Patrozinium des Johannes geehrt wurde, ist somit völlig unbewiesen. Eine Erklärung ergibt sich daher zwanglos. In Waldhausen gab es 490 )
M ü l l e r , Waldhausen, S. 86. Der Bischof Wolfger von Passau bestätigte 1 1 9 4 die Urkunde des Bischofs Reginbert von Passau vom Mai 1 1 4 7 (UBLOE 2, S. 236f., Nr. 157); dazu H a m m e r l , Eine unbekannte Urkunde; M ü l l e r , Waldhausen, S. 77ff. 492 ) Auch die Bemühungen von C l a s s e n , Gerhoch, S. 342, helfen nicht weiter. 493 ) UBLOE 2, S. 258, Nr. 171, 1 1 5 1 Mai 22. 494 ) Continuatio Claustroneoburgensis III, M G H SS 9, S. 629, zu 1148. 491)
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
bereits während der Amtszeit des Papstes Innocenz II. eine kleine Regularkanonikerzelle auf Machländer Eigengut, nämlich s. Maria de Silva curiae, in der Gerhochs Bruder Heimo als Magister den Konvent leitete. Vor 1144 war Heimo wieder nach Reichersberg zurückgekehrt. Der Grund dafür lag vielleicht in den fortwährenden Auseinandersetzungen Gerhochs mit dem Passauer Bischof Reginbert (1138-1147/48), der ja auch Ranshofen attackiert hatte, wie bereits erwähnt495, und möglicherweise auch Heimo in Waldhausen zusetzte. Gerade Gerhoch und seine Brüder haben immer eine feste, einheitliche Front gegen alle Angreifer gebildet. Das könnte auch bedeuten, daß die Ankunft Heimos in Waldhausen eher vor 1138 anzusetzen ist496, sein Weggang, da das Mandat des Papstes Coelestin II. am 27. Januar 1144 ausgefertigt wurde, spätestens im Herbst 1143. Wie schon Peter Classen erwägt497, wurde das Mandat Coelestins nicht befolgt; Heimo erscheint in den fünfziger Jahren des 12. Jahrhunderts im Klosterneuburger Konvent, wo ein anderer Bruder, Marquard (1140-1167), Propst war498. Die kleine Zelle Waldhausen löste sich infolgedessen ganz auf. 1147 wurde dann dieser ehemalige Stiftskomplex zum Ausstattungsgut des neuen Stiftes Säbnich geschlagen499. Frühzeitig, vielleicht schon in den ersten Jahren nach 1147, wurde Waldhausen auf Grund der zentralen Lage500 von Säbnich aus erneuert, wobei entweder der erste Propst von Säbnidi, Heinrich, zugleich für das jetzige „Eigenstift" Säbnichs, Waldhausen, zuständig war, oder ein unbekannter abhängiger Propst fungierte, wahrscheinlich aber schon der 1161 genannte Berthold, der bezeichnenderweise vor seiner Propstzeit Regularkanoniker in Klosterneuburg war, in Fortsetzung der Tradition also aus dem Salzburger Reformkreis kam501. 1162, als Berthold Selpkers Nachfolger wurde, erfolgte dann 495)
Vgl. auch C l a s s e n , Gerhodi, S. 76. Allerdings darf der Zeitpunkt nicht zu weit von 1138 entfernt werden, da Heimo nach C l a s s e n , Gerhodi, S. 341, N r . *30, „kaum vor 1110 geboren w a r " . 497) C l a s s e n , Gerhodi, S. 342. 4 9 8 ) Zu Heimo in Klosterneuburg vgl. d e r s . , ebd. S. 366, N r . 86. 4 9 9 ) Der Einwand von T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 47, der Vogt von Waldhausen hätte es nidit zugelassen, daß die Güter zusammengelegt werden, ist gegenstandslos, da sich Waldhausen nach den Darstellungen von M ü l l e r , Waldhausen, S. 81, auf Machländer Gut befand. 50 °) Vgl. M ü l l e r , Waldhausen, S. 84. 5 0 1 ) U B L O E 2, S. 309, N r . 2 0 8 : Erwähnung zu 1161. D a ß Berthold Kanoniker in Klosterneuburg war, geht aus seiner Einordnung in die Gruppe der aus Klosterneuburg mit Seckau Verbrüderten hervor, M G H Necr. 2, S. 371, Spalte 65, Zeile 16. Berthold wurde auch in das Nekrologium des Salzburger Domstifts aufgenommen, M G H Necr. 2, S. 177, zum 15. Oktober. 49e)
Waldhausen; Beyharting
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die Verlegung Säbnidis nadi Waldhausen, und im Zusammenhang damit auch die des Säbnicher Patroziniums502. W i r können somit bei der Erstgründung Waldhausens von circa 1138 bis 1143 einen Reformeinfluß des Salzburger Reformkreises annehmen, der unter Berthold erneuert worden sein dürfte.
d)
Beyharting
Das von Judith, der Gemahlin Gebolfs I I . von Beyharting, gegründete kleine Stift Beyharting in der Diözese Freising entzieht sich wegen Quellenmangels fast völlig der Aufdeckung seiner Geschichte im 12. Jahrhundert. Der von Theodor Wiedemann herausgegebene Traditionskodex gibt die einzigen, wenigen Aufschlüsse503. Fest steht einmal, daß von der Gründung an Regularkanoniker das Stift bewohnten504, zum anderen, daß zwischen 1132 und 1143 an einem 18. September505 die Kirche in Beyharting vom Bischof Roman I. von Gurk auf Weisung des Papstes Innocenz I I . und des Salzburger Erzbischofs Konrad I. geweiht wurde 506 . Peter Classen hat diese Weihe um 1138 angesetzt507, was vielleicht eine Bestärkung findet dadurch, daß der 18. September in diesem Jahr auf einen Sonntag fiel; auch kommt die Zeit nach 1138 deshalb weniger in Betracht, da dann wohl der Bischof Otto I. von Freising, der selbst dem Reformgedanken - im Gegensatz zu seinem Vorgänger Heinrich - sehr aufgeschlossen war, die Weihe vorgenommen hätte. 502 ) Die Gründe für die Verlegung sind in diesem Zusammenhang unwesentlich; sie können audi nur erschlossen werden, vgl. T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 47. 503 ) T r a d . Beyharting, hgg. von W i e d e m a n n , S. 129-137; ebd., S. lf., nähere Hinweise auf die Gründer, zum Teil allerdings sehr korrekturbedürftig: Judith war nicht die Schwester, sondern die Gemahlin Gebolfs! - Eine Kurzdarstellung der Stiftsgeschidite mit einem Quellen- und Literaturüberblids bei B a c k m u η d , Die Chorherrenorden, S. 67-69. 5M) T r a d . Beyharting, S. 129, N r . 1: ad serviendum fratribus in communi vita degentibus. Dieselbe Wendung ist des öfteren zu finden. 505 ) Der Weihetag wird zweimal genannt: auf dem ersten Blatt des Traditionskodex, M C 3, S. 276, N r . 702, und in einer Traditionsnotiz, T r a d . Beyharting, hgg. von W i e d e m a n n , S. 134, N r . 19, jeweils mit XIIII kalend. octobris. 60e) (consecrata est ecclesia) s. Iohannis baptiste XIIII kalend. octobris a domno venerabili Gurcensi episcopo Romano misso α domno papa Innocentio et archiepiscopo Salzburgensi Chonrado, M C 3, S. 276, N r . 702. 507 ) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 330, mit der Begründung, seit 1138 sei die Vertretung Konrads durdi Roman häufig; dieselbe Einordnung, aber ohne Begründung, M C 3, S. 276, N r . 702; 1132 nadi Μ ο i s, Rottenbuch, S. 147, ist jedenfalls zu früh.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
Die Weihe durch Roman auf die genannte Aufforderung hin bedeutet, im Unterschied zu den Weihen in Baumburg oder Berchtesgaden, die in der Salzburger Diözese lagen, möglicherweise einen Hinweis auf Beziehungen des Stiftes zum Salzburger Reformkreis, denn Beyharting war in der Freisinger Diözese errichtet worden 508 . In Ermangelung irgendwelcher anderer Hinweise liegt eine Zusammenarbeit der Gründer mit dem Salzburger Reformkreis bei der Stiftung noch am nächsten, wobei die Gründung nur auf den Zeitraum von 1122 bis vor 1138 eingegrenzt werden kann. e) E b e r n d o r f Nicht viel zahlreicher als für Beyharting sind die Hinweise auf das Stift Eberndorf in Kärnten im Patriarchat Aquileja. 1106 war es als Kollegiatstift gegründet worden 509 und unterstand seitdem dem Patriarchen von Aquileja. 1129, nach der Absetzung des Patriarchen Gerhard, versuchte der Erzbischof Konrad I. von Salzburg, wie 1125 in Brixen, in Aquileja einen Mann seines Vertrauens an die Spitze zu bringen, was zwar mißlang 510 , aber doch schon das große Interesse des Salzburger Erzbischofs an dem seiner Diözese benachbarten Kirchensprengel bekundet. Auch zu dem Kompromiß-Patriarchen Pilgrim I. (1131 bis 1161) suchte Konrad sogleich engeren Kontakt. 1132 trafen beide ein Zehntabkommen zum Vorteil des Patriarchen 511 , 1136/37 kamen sie ein weiteres Mal zusammen 512 . Anstalten zu einer eigenen Klerusreform unternahm der Patriarch Pilgrim I. jedoch erst zur Zeit des Salzburger Erzbischofs Eberhard I. 508 ) Allerdings wäre es möglich, daß am 1 8 . 9 . 1 1 3 8 der Freisinger Bischofsstuhl noch vakant war - Otto wurde „gegen Ende des Jahres 1138" Bischof, vgl. K r a u s e n , Otto I., S. 42; dann wäre das zwar ein zusätzliches Indiz für die Datierung auf 1138, kein besonderes jedoch für die Beziehung zwischen Salzburg und Beyharting: der Erzbischof wäre qua Amt als Vertreter zuständig gewesen. SOi >) R e g e s t e η Eberndorf, hgg. von S c h r ο 11, S. 18, Nr. 1; vgl. S c h m i d i n g e r , Patriarch und Landesherr, S. 84; S e h r o l l in der Einleitung von R e g e s t e n Eberndorf, S. 5ff.; d e r s . in N e c r o l o g i u m Eberndorf, S. 211; N e u g a r t , Eberndorf, S. 97f.; M. S c h m i d , Eberndorf; immer noch wichtig RAS, S. 501 f. sl °) Dazu P a s c h i n i , I patriardii d'Aquileia, S. 4ff.; d e r s . , Storia del Friuli, Bd. 1, S. 240; S c h m i d i n g e r , Die Besetzung des Patriarchenstuhls, S. 347f.; auch der Gegenkandidat konnte sich nicht behaupten. 511 ) SUB 2, S. 232f., Nr. 156, 1132 Mai 29. 512 ) SUB 2, S. 261f., Nr. 177. Zusammentreffen Pilgrims mit dem Bischof Roman I. von Gurk: MC 3, S. 278, Nr. 709, 710 u. ö.
Eberndorf; N e u w e r k - H a l l e
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Nachdem sich 1151 auch Beziehungen zwischen Pilgrim I., mit dem Propst Leo von Eberndorf im Gefolge, und dem Domkapitel in Salzburg 513 angebahnt hatten - der Patriarch erließ, als er in Salzburg weilte, dem Domkapitel Mautgebühren zu Chiusaforte - , ging er 1154 daran, die Augustinusregel in Eberndorf unter Leos514 Nachfolger Roman (vor Oktober 1154 - vor 1167) einzuführen 515 . Den Salzburger Anteil an dieser Reform spiegelt das Eberndorfer Nekrologium: von allen Salzburger Erzbischöfen des Mittelalters wurde nur der Erzbischof Eberhard I. eingetragen516, und gleichermaßen ist des Bischofs Roman I. von Gurk gedacht517; es sind also diejenigen Bischöfe genannt, die zur Zeit der Reform in Eberndorf Hauptträger der Salzburger Reformbewegung waren. Auf der anderen Seite fand der Propst Roman Erwähnung in den Nekrologien von Seckau518 und Gurk 519 . Direkte Kontakte lassen sich dagegen kaum nachweisen. Nur einmal, 1167, fungierte der zweite Propst des regulierten Eberndorf, Otto I. (vor 1167-1173), in einer Urkunde des Salzburger Erzbischofs, ausgestellt in Friesach, als Zeuge520. Dennoch werden die Salzburger Einflüsse vorherrschend gewesen sein, obwohl von 1173 bis 1183 der Rottenbucher Propst Otto als Otto II. auch die Leitung in Eberndorf übernahm: diese Maßnahme hatte mit der inneren Ordnung des Stiftes nichts zu tun 521 . f) N e u w e r k - H a l l e Das Stift Neuwerk in der Diözese Magdeburg ist nur bedingt hier einzureihen, da die Besiedelung durch Reichersberger Regularkanoniker 61S
) S U B 2, S. 403f., N r . 287, Salzburg 1151. ) D e r Propst Leo hatte sich kurz vor seinem T o d den Nachstellungen gegen sein Stift und gegen ihn bezeichnenderweise durch die Flucht nach Gurk entzogen, w o er auch starb, N e c r o l o g i u m Eberndorf, hgg. v o n S c h r o l l , S. 244, zum 25. August. 515 ) M C 3, S. 362, N r . 930, 1154 Okt. 20: canonicam fratrum regularium sub beati Augustini regula degentium in Iunensi ecclesia ( = Eberndorf) fieri statuimus. 5le ) N e c r o l o g i u m Eberndorf, S. 236. 5 " ) Ebd., S. 224. 518 ) M G H N e c r . 2, S. 379, Sp. 89. 519 ) Ebd., S. 452, zum 24. September. 52 °) S U B 2, S. 534, N r . 385. 621 ) Vgl. Μ ο i s , Rottenbucii, S. 322f. und 353. Vgl. audi F e c h η e r , U d a l rich II. v o n Aquileja, S. 295ff. U n t e r dem Patriarchen Ulrich II. v o n Aquileja ( 1 1 6 1 - 1 1 8 3 ) w u r d e am 3. Februar 1181 das D o m k a p i t e l in Aquileja reguliert, vgl. Paschini, I patriarchi d'Aquileia, S. 179; d e r s . , Storia del Friuli, Bd. 1, S. 259; M o n u m e n t a eccl. Aquil., hgg. v o n R u b e i s , Sp. 621f. 514
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
1116522 sozusagen noch in die erste Reformphase Salzburgs fiel und, schon bedingt durch die äußeren Ereignisse, mehr zufälligen Charakter trug. Wenn es die Vita Lamberti auch etwas beschönigt523, so ist der Weggang des Reichersberger Konvents 1116 doch nur als Fludit zu werten. Berwin bzw. Berwig, der Propst von Reichersberg, war bis zu seinem Tod 1118 auch erster Propst von Neuwerk 524 . Sein Mitkanoniker aus Reichersberg, Lambert, einst Domkanoniker in Köln, wurde sein Nachfolger (1118-1144) 525 . 1121, unter dem Erzbischof Rotger von Magdeburg (1119-1124), war die Gründung fertiggestellt und abgeschlossen526. Unter dem Propst Lambert scheint der Kontakt zu Salzburg immerhin in gewissem Rahmen fortbestanden zu haben, denn mit St. Peter-Salzburg kam noch vor 1140 eine Verbrüderung zustande 527 , und Lambert selbst wurde im Nekrologium des Salzburger Domstiftes verzeichnet528. Neuwerk-Halle bildete in dieser Zeit selbst wieder ein Reformzentrum 529 , zu dem die Stifte Lauterberg, St. Moritz in Halle, Altenburg und St. Moritz in Naumburg zu zählen sind530.
2. K r e i s e a) Β r i χ e η aa) Domstift Schon 1125 hatte der Erzbischof Konrad I. den Schismatiker Hugo, Bischof von Brixen, abgesetzt und an seine Stelle den Abt von St. PeterSalzburg, Reginbert, erhoben531. Inwieweit dieser eine - vielleicht nur 522 ) Vgl. oben, S. 16; UB der Stadt Halle, Teil 1, S. 17-20, Nr. 15; Μ o i s , Rottenbudi, S. 187-197. 523 ) M G H SS 30,2, S. 950: Der Erzbisdiof Konrad I. schickt dem Erzbischof Adelgot auf dessen Bitten hin Regularkanoniker. 624 ) Vgl. Β r e s s l a u , Die Vita des Propstes Lambert, S. 594; B o g u m i l , Halberstadt, S. 152. 625 ) Zu Lambert B r e s s l a u , Die Vita des Propstes Lambert. 52e ) O s t w a l d , Adalgoz, S. 35; C l a u d e , Magdeburg, S. 416. 527 ) M G H Necr. 2, S. 54, Sp. 34; vgl. dazu unten, Dritter Teil, Anm. 220. 528 ) M G H Necr. 2, S. 104, zum 9. Februar: Lambertus Hallensis prep. 52 °) Ausmaß und Eigenart dieses Reformkreises bedürfen noch einer Untersudiung. 53 °) Vgl. M o i s , Rottenbudi, S. 197; B o g u m i l , Halberstadt, S. 152f. 631 ) Konrad weihte Reginbert, bevor dieser mit den Regalien belehnt worden war, vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 59, Anm. 6.
Domstift Brixen
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partielle - Reform des Brixener Domkapitels 532 bereits vorgenommen hat, wissen wir nicht. Unter seinem Nachfolger Hartmann, der, wieder auf Initiative Konrads, 1140 vom Klosterneuburger Propstamt auf den Brixener Bischofsstuhl berufen wurde, begegnen wir jedenfalls einem „halbregulierten" Domkapitel. Diese Charakterisierung kann getroffen werden im Anschluß an die Akten der Salzburger Provinzialsynode in Reichenhall im Oktober 114 3 5 3 3 , wonach die Bischöfe dort ermahnt wurden, ihre Domkanoniker so zu instruieren, daß diese wenigstens einen Teil der canonice religionis befolgten, indem sie einen gemeinsamen Speiseraum und Schlafraum benutzen und die Einkünfte der Kirche gemeinsam besitzen sollten 534 . Auf den Einwand von „Unverständigen", dies sei ungewöhnlich, kam die Erwiderung, dies würde ζ. B. schon so bei den Domkapiteln von Verona und Brixen gehalten, in quibus canonici quidem habent suas proprietates, sed iuxta preceptum Aleandri pape et Nicolai pape communia ecclesie sve stipendia non nisi communiter habent et communiter ea consumunt in suo refectorio, nec inde aliquis aliter in suo hospicio, nisi quem nota infirmitas prohibet interesse communi refectorio535. Wurde im Brixener Domstift selbst also nicht bis in die letzte Konsequenz das Beispiel Salzburgs nachvollzogen, da Privateigentum, wenn audi ohne private Nutzung, erlaubt war 5 3 6 , so wurden von den 5S2 ) Zur persönlichen Zusammensetzung des Domkapitels und zur Herkunft und Schichtzugehörigkeit der Brixener Domkanoniker vgl. S a n t i f a l l e r , Brixener Domkapitel. 533 ) Clm 12 612 aus Ranshofen, fol. 117 r -117v. Dieses Fragment wurde bisher nicht ausgewertet - gerade für die Untersuchung von S p ä t l i n g , Kardinal Guido, über den Kardinal Guido und seine Legationen nach Böhmen hätte es beigetragen, da diese Reichenhaller Synode unter seinem Vorsitz abgehalten wurde. J o h a n e k , Ordensreform, S. 166, Anm. 24, weist erstmals auf die Existenz dieser Quelle hin. Zur Datierung siehe unten, Zweiter Teil, Anm. 375. 534 ) Clm 12612, fol. 117 v : Commoniti sunt etiam episcopi, ut congregationes suas canonice ordinent atque in ecclesiis episcopalibus ad hoc studiose laborent, ut canonici, qui proprietates habent, saltem umbram canonice religionis obseruent utendo cottidie uno refectorio, uno dormitorio et communia ecclesie sue stipendia communiter habendo. 635 ) Ebd.; als negatives Gegenbeispiel wurde interessanterweise Bamberg erwähnt, was ein Schlaglicht auf die Intention der Bamberger Reform unter dem Bischof Otto I. wirft. 5Se ) Die bisher einzige Untersuchung über die vita communis im Brixener Domkapitel von K l o s - B u z e k , Brixner Domkapitel, ist damit in manchen Punkten widerlegt. Friderike Klos-Buzek kommt zu dem Ergebnis, daß „in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts nicht einmal Ansätze" zu einer vita canonica vorhanden gewesen seien (ebd., S. 107). Auch die Rolle Hartmanns ist nicht richtig gezeigt: er
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
Brixener Bischöfen Reformen in Brixener Klöstern und Stiften gründlicher durchgeführt. Reginbert reformierte Wilten, indem er es den Prämonstratensern anvertraute 537 , das Benediktinerkloster St. Georgenberg, das der Hirsauer Reform angeschlossen wurde 538 , und das Brixener Eigenstift Polling; Hartmann gründete das Reformstift Neustift bei Brixen. Polling und Neustift fallen in unseren Themenbereich. ab) Polling Zwar glaubt Jakob Mois 539 , es sei „hinreichend gerechtfertigt, auch das Stift Polling wenigstens vermutungsweise dem Kreis der von Rottenbuch aus reformierten Klöster zuzuzählen". Es gibt hierfür jedoch kein einziges auch nur einigermaßen stichhaltiges Argument 540 . Vor allem hat Jakob Mois außer Acht gelassen, daß Polling in der Diözese Augsburg seit 1065 Brixener Eigenstift war 5 4 1 . In Brixen aber amtierte, wie wir gesehen haben, seit 1125 auf Veranlassung des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg Reginbert als Bischof — bis dahin Abt im Kloster St. Peter-Salzburg. Frühestens seit diesem Zeitpunkt dürfen wir erste Reformmaßnahmen in Polling vermuten, für die, wie für sonstige Förderung 542 , der Brixener Bischof zuständig war. Die Reform Pollings muß spätestens 1136 abgeschlossen gewesen sein, da der Papst Innocenz II. in diesem Jahr bereits die Regel des
weidit nicht völlig dem inneren Widerstand seines Kapitels, wie Klos-Buzek meint (ebd., S. 107), sondern es ist offensichtlich ein Kompromiß gefunden worden. 5 3 7 ) Über Wilten vgl. B a c k m u n d , Monasticon Praemonstratense, Bd. 1, S. 5 3 - 5 5 ; P a l m e , Wilten, der S. 238f. die wichtigste Literatur über das Stift zusammenstellt; außerdem: L e n t z e , Wilten; E b n i c h e r , Der Grundbesitz. 5 3 8 ) Ober St. Georgenberg vgl. J a k o b s , Die Hirsauer, S. 75. 539) M o i s , Rottenbudi, S. 207. 540) M o i s , ebd., bringt drei Gründe v o r : 1) Die Nähe Pollings zu Rottenbudi. 2) „Audi seht fest, daß in Polling nach der Reform die sogenannten Constitutiones Marbacenses befolgt wurden." 3) Die Familie Gerhodis von Reidiersberg stammt aus Polling, was Gerhodi als Rottenbucher Chorherren seit 1124 „gewiß" zur Reformierung des Stiftes in seinem Heimatort veranlaßt habe. Die Gründe 1 und 3 sind nur Spekulation, zu 2 ist zu sagen, daß dies keineswegs feststeht. Der Pollinger Kodex der Marbacher Consuetudines, clm 11 338, stammt aus dem 13. Jahrhundert. Hinweise, daß diese Consuetudines sdion im 12. Jahrhundert eingeführt worden wären, gibt es nicht. 5 4 1 ) GP 2,1, S. 6 8 ; vgl. M G H D . H . I V . 155 vom 11. Juni 1065. Schon Classen, Regularkanoniker, S. 329, weist darauf hin. 5 4 2 ) 2 . B. T U B 1, S. 70, N r . 153; MB 10, S. 9, zweite Notiz.
Polling
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Augustinus in Polling bestätigt h a t 5 4 3 ; sie wurde also unter dem Bischof Reginbert zwischen 1 1 2 5 und 1 1 3 6 durchgeführt. Die Herausgeber der Monumenta Boica 5 4 4 geben ohne Quellennachweis an, die R e f o r m sei auf Betreiben des Bischofs Walther von Augsburg ( 1 1 3 3 - 1 1 5 2 ) erfolgt. Diese Annahme hat insofern etwas für sich, als Walther tatsächlich im Privileg des Papstes Innocenz von 1 1 3 6 als Intervenient genannt wird und sich gerade in dieser Zeit als Förderer der R e f o r m zeigte 5 4 5 ; als Ordinarius von Polling könnte er an der R e f o r m mitbeteiligt gewesen sein, und demzufolge kann man den Reformzeitraum wohl auf 1 1 3 3 bis 1 1 3 6 eingrenzen 5 4 6 . Erster Reformpropst soll, allerdings nach unsicherer Quellenangabe, ein Hildebert gewesen sein 5 4 7 , dessen H e r k u n f t und Sterbejahr unbekannt sind 5 4 8 . Genaueres ist dagegen über seinen Nachfolger K u n o (vor 1 1 3 6 - nach 1 1 5 0 ) zu finden: er k a m aus dem Salzburger D o m kapitel 5 4 9 , ist im Innocenz-Privileg von 1 1 3 6 erstmals urkundlich nachweisbar 5 5 0 und w a r bis nach 1 1 5 0 Propst von Polling 5 5 1 ; ihm folgte
543 ) GP 2,1, S. 69, Nr. 1, 1136 Okt. 23; PL 179, Sp. 291ff„ Nr. 243. Eine Kurzdarstellung der Stiftsgeschichte mit einem Quellen- und Literaturüberblick bei B a c k m u n d , Chorherrenorden, S. 114-119. 544 ) MB 10, S. 4. 545 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 135; M o i s , Rottenbuch, S. 120f.; Zoepfl, Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter, S. 129-132. 54e ) S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 70, gibt auf Grund einer Verbrüderungsliste von St. Peter-Salzburg - Siegwart schreibt sie fälschlich dem Salzburger Domkapitel zu - eine Verbrüderung Pollings mit Salzburg für circa 1132/33 an, womit die Reform spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte erfolgt sein müssen. Die Anordnung im Verbrüderungsbuch sagt jedodi kaum etwas über die zeitliche Abfolge der Verbrüderungen aus, denn die Einträge in der Liste erfolgten mit wenigen Zusätzen in einem Zuge, vgl. unten, Dritter Teil, Anm. 220; man kann lediglich eine Verbrüderung vor 1138 beweisen, also bevor die Liste angelegt wurde, was aber auch nicht weiterhilft. Immerhin zeigt der Eintrag, daß Polling in engem Kontakt zum Salzburger Verband stand. 547 ) M o i s , Rottenbuch, S. 206; beruht wohl auf clm 1890, 17. Jh., S. 13. 548 ) M o i s , ebd., gibt (wohl im Anschluß an MB 10, S. 6) „1128 (?)" an. 54®) Nekrologium des Salzburger Domkapitels, MGH Necr. 2, S. 113, zum 10. März: Chono prep. de Pollingen et fr. n. 55°) GP 2,1, S. 69, Nr. 1; PL 179, Sp. 291, Nr. 243,1136 Okt. 23. 551 ) M o i s , Rottenbuch, S. 206, gibt zwar sein Sterbejahr mit circa 1147 an, aber am 18. Oktober 1150 ist Kuno nodi auf der Provinzialsynode in Salzburg anwesend (SUB 2, S. 396, Nr. 280). Da sein Todestag der 10. März ist (siehe oben, Anm. 549), kann er frühestens 1151 gestorben sein. - Daß er ohne Zweifel der entscheidende Propst für Reform und Aufschwung Pollings war, bestätigt audi die Anlage eines Traditionskodex während seiner Amtszeit (vgl. MB 10, S. 9).
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
K o n r a d als P r o p s t ( 1 1 5 1 / 6 0 — 1 1 8 0 ) 5 5 2 . E i n weiterer Pollinger K a n o niker namens K o n r a d verdient besondere Aufmerksamkeit, da er die enge Verbindung des Pollinger Reformstiftes mit B r i x e n dokumentiert: ihn nämlich holte sich H a r t m a n n , als er 1 1 4 0 Bischof in B r i x e n wurde, als seinen K a p l a n aus Polling, der ihm, wie berichtet wird, mit Fleiß, Klugheit und Treue zur H a n d ging 5 5 3 . Alle Hinweise sprechen somit eindeutig dafür, d a ß die R e f o r m in Polling, die k a u m v o r 1 1 3 0 anzusetzen ist, nicht dem Rottenbucher, sondern dem Salzburger R e f o r m kreis zugeschrieben werden muß. a c ) Neustift bei B r i x e n Die Geschichte des Stiftes Neustift bei B r i x e n ist durch Quellenpublikationen und Untersuchungen hinreichend geklärt 5 5 4 . In das 1 1 4 2 552 ) Konrad wurde Propst weder ca. 1147, wie M o i s , Rottenbuch, S. 206, meint, noch 1140, wie Η a r t i g , Die oberbayeristhen Stifte, Bd. 1, S. 125, angibt, sondern frühestens nach dem 10. März 1151. Andererseits dürfte er das Propstamt vor 1158 besessen haben, weil er in einer Traditionsnotiz gleichzeitig mit Markwart I. von Marbach genannt wird (MB 10, S. 13f.), dessen Todesjahr vermutlich vor dem seines Sohnes, Markwart II., liegt, der 1158 starb (nach T y r o l l e r , Genealogie des altbayerischen Adels, S. 382f.); auf jeden Fall war Konrad vor 1160 Propst, da in diesem Jahr die Vogtei von Polling auf Heinrich den Löwen überging (MGH D. Heinrichs des Löwen 43), Konrad aber sdion unter Heinrichs Vorgänger, Bernhard II. von Weilheim, als Propst auftritt (MB 10, S. 14). S M ) Vita beati Hartmanni, hgg. von S p a r b e r , S. 47. Dieser Kaplan Konrad wird gewöhnlich mit dem Propst Konrad identifiziert, so sdion von S i n n a c h e r , Säben und Brixen, Bd. 3, S. 253f., und S. 319; dann von H a r t i g , Die oberbayerischen Stifte, Bd. 1, S. 125; ebenso M o i s , Rottenbudi, S. 206. Diese Identität ist mehr als fraglich, denn noch in einer erzbischöflichen Urkunde aus dem Jahre 1161, zu einer Zeit also, als er längst Propst hätte sein müssen, unterschrieb der Kaplan Konrad als Ego Chunradus domini Hartmanni Brixinensis ecclesie episcopi capellanus (SUB 2, S. 496, Nr. 353). Den einzigen Hinweis darauf, daß dieser Kaplan möglicherweise Propst in Polling wurde, bringt die Vita beati Hartmanni, in der es heißt: qui (= Cünradus capellanus) etiam post mortem ipsius (— Hartmanni episcopi) in Pollingens i prepositura devote Deo serviens religiosam vitam beato fino conclusit (S. 47). Wäre prepositura wirklich mit „Propstamt" und nicht mit „Propstei" ( = Stift) zu übersetzen, würde Konrads Amtszeit erst 1165 beginnen, nämlich nadi dem Tod Hartmanns, der am 23. Dezember 1164 starb. Diese zeitliche Einordnung widerspricht aber den sonstigen Überlieferungen über die Amtszeit des Propstes Konrad (siehe vorhergehende Anm.). 554 ) U r k. Neustift, hgg. von Κ u g 1 e r , FRA II, 77, bietet eine Neuedition der Urkunden; Editionen des Traditionsbuches: L i b e r testamentorum Neustift, hgg. von S c h r o t t ; T r a d . Neustift, hgg. von W a g n e r , FRA II, 76. Untersuchungen bringen: S c h r o t t , Gli avvenimenti storici; d e r s . , Le relazioni della Prepositura; d e r s . , De confraternitatibus; S p a r b e r , Abriß der Geschichte des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen; d e r s . , Das Chorherrenstift Neustift; W o l f s g r u b e r , Propstwahl; jetzt audi eine wirtschaftsgeschichtliche Untersuchung von I n n e r h o f e r , Die Grundherrschaft.
Neustift bei Brixen
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vom Brixener Bischof mit Gütern des Burggrafen Reginbert von Säben, eines Ministerialen von Brixen, gegründete Stift 555 ließ Hartmann Regularkanoniker und Konversen aus Klosterneuburg kommen, wo er selbst noch zwei Jahre vorher Propst gewesen war 556 . Die Aufrechterhaltung der Bindung an den Salzburger Reformverband war allein schon durch Hartmann, den bewährten Reformer, gewährleistet 557 . Nach dem Tod des ersten Propstes, Heinrich (1142-1164), der in Klosterneuburg einst Dekan gewesen war, sollte 1164 wieder ein Klosterneuburger, der dortige Dekan Rüdiger 558 , der Bruder Gerhochs von Reichersberg, die Propstwürde übernehmen. Der Tod des Bischofs Hartmann im gleichen Jahre vereitelte jedoch dieses Vorhaben, denn sein Nachfolger, Otto von Andechs (1165-1170), erzwang 1165 die Einsetzung des Dießener Regularkanonikers Degenhard; als dieser gegen Ende des Dezembers 1173 wieder nach Dießen zurückkehrte, um dort als Propst zu wirken 559 , folgte ihm der Gurker Domkanoniker
555 ) T r a d . Neustift, hgg. von W a g n e r , F R A U , 76, S. 2 9 f f N r . 1, 1142. Uber die strategische Lage S i n n a c h e r , Säben und Brixen, Bd. 3, S. 347: wichtiger Straßenknotenpunkt. Nadi S ρ a r b e r , Abriß der Geschichte des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen, S. 20, war der Ort Kultivierungsland. 55e ) F i s c h e r , Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg, Bd. 1, S. 48; S c h r o t t , Gli avvenimenti storici, S. 47f.: es kamen der Klosterneuburger Dekan, Heinrich, der in Neustift erster Propst wurde, dessen Vetter Heinrich, der in Neustift Dekan wurde, die Kanoniker Reinhard, Ascuin, Waldmann und einige Konversen. Quelle dafür ist das Memoriale Benefactorum, S. 38; dazu S p a r b e r , Abriß der Gesdiidite des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen, S. 8. S57 ) Eine bereits von B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 39 und 77, gesehene Parallele ergibt sich aus den Privilegien des Papstes Innocenz II. vom 9. April 1143 für Neustift und vom 29. Oktober 1142 für Herrenchiemsee (GP 1, S. 147, N r . 1, und S. 70, N r . 1), die fast wörtlich übereinstimmen, was nicht überraschen kann, da Hartmann ja einst Propst in Herrenchiemsee war und wohl noch entsprechende Kontakte dorthin hatte. - S c h r o t t , De confraternitatibus, S. 138, findet, leider ohne Quellenangabe, außerordentliche Beziehungen zwischen Salzburg und Neustift: „Novacella inde ( = vom Salzburger Domkapitel) a constitutione suo (1142) visitabatur." 55β ) S c h r ö d e r , N o t a r Rudiger, S. 833 und 835; W o l f s g r u b e r , Propstwahl, S. 108. 55e ) S c h l ö g l konnte in der Einleitung von T r a d . Dießen, l.Teil, S. 63*, den Todestag des Dießner Propstes Hartwig auf den 4. Dez. 1173 bestimmen; der bisher angenommene Zeitpunkt 1172 für die Rückkehr Degenhards, Hartwigs Nachfolger, kann folglich auf Dez. 1173 korrigiert werden. Allerdings könnte nach S c h l ö g l , S. 68*, die Resignation Degenhards auch schon um 1170 erfolgt sein. A u e r , Dießen, S. 12f., gibt als Amtszeit Degenhards in Dießen 1173-1201 an.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
Konrad (1170/73 - um 1182)560, womit der Zusammenhang mit dem Salzburger Reformkreis weiterhin gewahrt blieb. b) Τ r i e η t ba) Domstift Die Quellensituation für das Hochstift Trient und sein Domkapitel ist extrem schlecht; es gibt kein einziges päpstliches Privileg aus der Zeit vor 1200, auch sonst fast keine Quellenüberlieferung vor 1180561. Dennoch wird in der Literatur, freilich ohne Belege, übereinstimmend eine zeitlich nicht fixierbare Regulierung des Domkapitels von Trient durch den Bischof Altmann (1124-1149) angenommen 562 . Wie bereits ausgeführt, hatte Altmann 1142 das Stift Suben dem Hochstift und Domstift Salzburg unterstellt unter Bedingungen, die eine große Verehrung der besonderen Art des kanonischen Lebens im Salzburger Domkapitel erkennen lassen. Im Zusammenhang damit muß ein Mandat des Papstes Innocenz II. von 1138/42 an verschiedene Bischöfe, unter ihnen Roman von Gurk 563 , betrachtet werden, das schwere Beschuldigungen der Simonie gegen den Trienter Bischof erhob. Nur wenn er den Reinigungseid ablege, könne er überhaupt weiter Bischof bleiben. Die plötzliche extreme Hinneigung zur Reform bei Altmann könnte somit durch Besserungsabsichten des Bischofs zu erklären sein, als er seine Bischofswürde bedroht sah. Vor 1138/42 ist demnach ein Reformunternehmen Altmanns weniger zu erwarten. Da er bereits dem vor 1145 gegründeten Regularkanonikerstift St. Michael an der Etsch einen Kanoniker an die Spitze stellte564, den das Domkapitel auswählte, war vermutlich das Domstift
5eo ) S c h r o t t in L i b e r testamentorum Neustift, Teil 3, S. 65f.: Konrads Sterbedatum ist nicht circa 1178, wie früher angegeben, sondern um 1182 anzusetzen. m ) Zur Quellensituation vgl. TUB 1, S. X L V und L; V o l t e l i n i , Beiträge zur Geschichte Tirols, S. 4f.; GP 1, S. 400-404. 5e2 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 28 und 61, unter Verweisung auf B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 40, dieser wiederum unter Verweisung auf V o l t e l i n i , Beiträge zur Geschichte Tirols, der aber ebenfalls keine Quellenhinweise bieten kann. 5M ) GP 1, S. 402, Nr. 7, 1138/1142 N o v . 12. 5M ) Β ο η e 11 i , Notizie istorico-critiche, Bd. 2, S. 392; H u t e r , St. Michael, S. 239; TUB 1, S. 95, Nr. 221.
Domstift Trient
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auch schon vor 1145 reformiert worden 565 . In einer Urkunde Altmanns von 1144 erscheint unter den Zeugen der Handlung, die in palatio episcopali in Trient vollzogen wurde, unter anderen die Nennung eines Vamberti prepositi, dem die des Ottonis Mezzecanis canonici folgte, so daß in Vambert ein geistlicher Propst gesehen werden muß, vielleicht der erste Propst des regulierten Domkapitels 566 . Nach dem Vorgehen in Suben zu schließen, wird sich Altmann wahrscheinlich auch bei seiner Domstiftsreform um die Unterstützung aus Salzburg beworben haben, wenn auch kein eindeutiger Beweis dafür vorliegt; es ist allerdings beachtenswert, daß Altmann außer Suben auch noch seine Burg Hochburg an Salzburg geschenkt hat 567 , was doch auf eine recht enge Verbindung schließen läßt. Schon gegen Ende seines Lebens scheint sich aber die strengere Form des regulierten Lebens bei den Trienter Domkanonikern gelockert zu haben: das Protokoll, das Altmann am 20. November 1147 anläßlich der Pfarreischenkung an das Domkapitel ausfertigen ließ 568 , übergab er seinem Vertrauten Pilgrim von Verona, damit dieser es in die Hände der „geeigneten" Kanoniker gelangen lasse569. Pilgrim, ein vir illustris Ueronensis, wie er genannt wird 570 , hatte offenbar für den alten Trienter Bischof die Aufsicht über die Domkanoniker übernommen, unter denen wohl einige das kanonische Leben wieder aufgegeben hatten oder aufgeben wollten. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird es im Trienter Domkapitel schon weitgehend zum Erliegen gekommen sein. 5®5) Den einzigen konkreten Hinweis auf Förderung des Domkapitels von Trient geben die Series episcoporum Tridentinorum, MGH SS 13, S. 369: Altemanni benigrtissimi episcopi . . qui aecclesiam beati Vigilii noviter renovavit, consecravit . .. Et prebendam confratrum duabus parrochiis ditavit, et multa alia isdem fratribus contulit beneficia. Dazu TUB 1, S. lOOf., Nr. 230. 5ββ ) Daß der 1129 genannte Waltherus Tridentinus prepositus zu Brixen gehört, wurde schon von S i n n a c h e r , Sähen und Brixen, Bd. 3, S. 56, und von v. Μ e i 11 e r , RAS, S. 427, Nr. 44, erkannt. - V ο 11 e 1 i η i , Beiträge zur Geschichte Tirols, S. 43f., und Η u t e r in TUB 1, S. LI, behaupten allerdings im Ansdiluß an S i n n a c h e r , Säben und Brixen, Bd. 3, S. 57, bis 1426 habe es im Trienter Domkapitel die Propstwürde nicht gegeben. Für die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts trifft das ohne Zweifel zu, für die erste Hälfte fehlen Quellen. Die Urkunde Altmanns vom 23. Nov. 1144 ist gedruckt bei Β ο η e 11 i , Notizie istoricocritiche, Bd. 2, S. 389f.; vgl. TUB 1, S. 91f., Nr. 217. 5β7 ) SUB 2, S. 303f„ Nr. 207a, 1142. 5 · 8 ) Die Pfarreisdienkung erwähnen audi die Series episcoporum Tridentinorum, MGH SS 13, S. 369. 5 M ) U r k. Trient, hgg. von S a η t i f a 11 e r , S. 3f., Nr. 1; TUB 1, S. 101, Nr. 230. "») Ebd.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
bb) St. Michael an der Etsch Auf gestiftetem Grund des Grafen Ulrich von Eppan gründete der Bischof Altmann von Trient vor 1145 5 7 1 das Stift St. Michael, das dem Hochstift Trient unterstellt war und einen Anerkennungszins — ein Pfund Pfeffer jährlich - dorthin leistete 572 . Der erste Vorsteher, Konrad, erhielt auf Veranlassung des Trienter Domkapitels die Leitung 573 . D a er noch prior genannt wurde — im Gegensatz zu seinem Nachfolger Engelbert, der 1177 als Propst erscheint 574 liegt es nahe, daß wir im Trienter Reformkreis audi andere Reformeinflüsse außer den salzburgischen annehmen müssen, denn im Salzburger Reformkreis wurde der Stiftsleiter nie Prior genannt. Am ehesten ist dabei an S. Maria in Porto bei Ravenna zu denken, wo schon frühzeitig eine Aufzeichnung der Consuetudines erfolgt war (1116) und wo der Vorsteher eines Stiftes Prior hieß 5 7 5 . D a ß Kanoniker zur Besiedelung aus dem Salzburger Kreis kamen, ist dennoch zu vermuten, es kann jedoch kein direkter Beweis dafür erbracht werden 576 . bc) S.Maria in Au Nicht mehr unter Altmann wurde ein weiteres Regularkanonikerstift in der Diözese Trient gegründet. Vor 1166 hatten der Graf Arnold II. von Morith und Greifenstein und seine Gemahlin Mathilde, eine Gräfin von Peilstein, beträchtliche Güter zur Errichtung eines Stiftes für Regularkanoniker, S. Maria in Au, zur Verfügung ge5 7 1 ) A m 29. September 1145 weihte Altmann die neue Kirche bereits ein, vgl. Β ο η e 11 i , Notizie istorico-critiche, Bd. 2, S. 3 9 1 ; T U B 1, S. 93, N r . 2 2 1 : Anna dominice incarnationis millesimo CXLV, indictione VII, III. kal. oct. consecrata est hec ecclesia a venerabili Altmanno Tridentine ecclesie episcopo . . . " 2 ) Η u t e r , St. Midiael, S. 2 3 9 ; T U B 1, S. 95, N r . 221. 5 7 3 ) T U B 1, ebd.: Scire quoque conveniens est pretaxati loci dispensationem cuidam sancte conversations vir ο priori nomine Conrado cathedralium Tridentinensium canonicorum communi rogatu et obtentu ab episcopo Altmanno accepisse. Abdruck der Notiz audi bei Β ο η e 11 i , Notizie istorico-critiche, Bd. 2, S. 392. t 7 4 ) G P 1 , S . 4 0 6 , N r . 1. 5 7 5 ) Abdruck der von Petrus de Honestis verfaßten Consuetudines in P L 163, Sp. 7 0 3 - 7 4 8 ; die Kapitel 6 und 7, ebd., Sp. 71 Of., behandeln die Wahl des Priors. 5 7 e ) Daß Chorherren aus Suben gekommen seien, behauptet als erster der anonyme Verfasser des Artikels „Das Chorherrenstift Welschmichel" im Allgemeinen Tiroler Nationalkalender von 1826, S. 77, freilich ohne Quellenangabe; Belege bringt audi S ρ a r b e r , St. Midiael, S. 336, nidit, der diese Ansicht teilt. Die Behauptung von L i n n i n g e r , De historia ordinis canonici in Austria, S. 38, die Kanoniker von St. Midiael seien aus St. Florian gekommen, entbehrt ebenfalls jeder Quellengrundlage.
S. Maria in Au; Maria Wörth
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stellt 577 . Dieses Stift, das spätestens am 31. Oktober 1166 bereits bestanden haben muß, da es an diesem Tag eine Bestätigungsurkunde des Kaisers Friedrich I. erhielt578, war wie St. Michael an der Etsch dem Hochstift übereignet worden 579 . Der erste Propst, Heinrich, seit 1167 in dieser Würde, war der Dekan von Neustift bei Brixen, der einst aus Klosterneuburg gekommen war 580 , was die Verbindung des Trienter Kreises mit dem Salzburger Reformkreis audi noch zu dieser Zeit bestätigt. 3. B e e i n f l u ß t e a) M a r i a
Stifte
Wörth
Da das Freisinger Eigenstift Maria Wörth innerhalb der Salzburger Diözese lag 581 , hat sich der Erzbischof Konrad I. von Salzburg darum bemüht, es der vollen kirchlichen Jurisdiktion des Salzburger Erzbischofs zu unterstellen. Auf die Gegenwehr des Freisinger Bischofs Otto I. (1138-1158) hin und wohl auf Grund der Tatsache, daß Otto selbst seit seiner Erhebung auf den Bischofsstuhl die Reform der Kanoniker intensiv unterstützte 582 , räumte ihm Konrad 1141 das Redit ein 577 ) W i l d - G a s s e r , Das Mortilogium, S.2; V o l t e l i n i , Beiträge zur Geschichte Tirols, S. 77; TUB 1, S. X X I V ; Τ r a f ο j e r , Das Kloster Gries, S. 22ff.; d e r s., Das Kloster Muri-Gries, S. 277ff. Das Stift besteht heute nicht mehr; 1405/6 wurde es nach Gries bei Bozen (heute in Bozen) verlegt. 578 ) Stumpf 4078; Β o n e I i i , Notizie istorico-critiche, Bd. 3, S. 166; TUB 1, S. 152f., Nr. 311; daß am Tag der Urkundenausfertigung das Kloster bestanden haben muß, zeigt die Formulierung: Notum sit..qualiter ...construxerunt claustrum in loco, qui dicitur Howe. 579 ) Stumpf 4520; Β o n e I i i , Notizie istorico-critiche, Bd. 2, S.498; TUB 1, S. 245, Nr. 450: Urkunde des Kaisers Friedrich I. von 1189: videlicet ut ipsa ecclesia in episcopatu Tridenttno sita ecclesie Tridentine sit subiecta tanquam matri filia. 58 °) F i s c h e r , Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und der Stadt Klosterneuburg, Bd. 1, S. 48. W i l d - G a s s e r , Das Mortilogium, S. 101, Anm. 1: „Heinrich mag zwar aus Neustift gekommen sein, in Au ist er immer als Klosterneuburger betrachtet worden." 581 ) Die Gründung erfolgte vielleicht schon um 830, vgl. Ρ a g i t ζ , Maria Wörth, S. 32. Unter dem Bischof Waldo von Freising (884-906) ist die Kirche nachweislich im Besitz des Freisinger Hodistifts, vgl. M a ß , Das Bistum Freising, S. 112f. Zur Entwicklung des Stiftes MC 3, S. 15, Nr. 38, 875-883: Erwähnung des Ortes; ebd., S. 18f., Nr. 48, 883/906: Erwähnung der Klerikergemeinschaft (ut ibi a clericis deo servientibus iamborum perpetualiter memoria sacris in orationibus permansisset). Weitere Erwähnungen ebd., Nr. 63, 120, 394 usw. Vgl. audi F a s t l i n g e r , Die wirtschaftliche Bedeutung der bayerischen Klöster, S. 114. 582) vgl. Β u s l e y , Neustift bei Freising, S. 51, Anm. 11. Eine Kurzbiographie Ottos bringt S ρ ö r 1, Bisdiof Otto von Freising.
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III. Der Kreis der Salzburger Observanz
inveniendi ac mittendi presbiteros, ut investiantur a nobis, et quicquid in ecclesiis de iure fundi legittime possidere debetis, vobis benigne remittimus583. Otto seinerseits gewährte ihm gleiches Recht 584 . Diese Bindung an den Eigenkirchenherrn verhinderte die Angliederung des Stiftes Maria Wörth an den Salzburger Reformverband innerhalb der Diözese, wie das bei Berchtesgaden und Baumburg geschehen konnte. Einflüsse auf Maria Wörth durch den Salzburger Reformkreis sind dennoch festzustellen. Am 19. März 1151 ist erstmals ein Propst des Stiftes, Adalbert, urkundlich erwähnt, als er in einer Urkunde des Erzbischofs Eberhard I. von Salzburg als Zeuge erscheint, und zwar in der Gruppe der Prälaten des Salzburger Verbandes 585 . 1155 weihte der Bischof Roman I. von Gurk die Kirche von Maria Wörth 5 8 6 . Für die Zeit unter Adalberts Nachfolger, Gotbert, der 1158 zweimal genannt wird, als er jeweils in einer Urkunde vom Bischof Roman I. von Gurk und vom Erzbischof Eberhard I. als Zeuge unterschreibt 587 , darf sogar eine engere Beziehung zu Salzburg angenommen werden. Gotberts Vater, der Stadtrichter Adalbert von Friesach, schenkte nach dem Tod seines Sohnes Güter an die Salzburger Kirche 588 , was zumindest einen Kontakt dieser Familie zu Salzburg bekundet. Außerdem hatte der Propst Gotbert vom Erzbischof Eberhard I. einst einen Zehnthof am Wörthersee als Lehen erhalten 589 . Diese Hinweise lassen zwar nicht den zwingenden Schluß zu, geben aber Anlaß, gerade unter Gotbert eine Anlehnung an den Salzburger Verband und seinen Reformgedanken zu vermuten 590 .
5 8 3 ) M C 3, S. 274, N r . 6 9 1 ; C o d e x Diplomaticus Austriaco-Frisingensis, hgg. von Z a h n , S. 100, N r . 102. Der Papst Innocenz II. bestätigte diese Vereinbarung durch ein Privileg vom 20. November 1141, GP 1, S. 333, N r . 11; P L 179, Sp. 558, N r . 486. 5β4) B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 63. 5 8 5 ) SUB 2, S. 400, N r . 283. Ρ a g i t ζ , Maria Wörth, S. 156, legt seine Amtszeit auf 1146?—1151. 5 8 e ) M C 1, S. 156, N r . 190. 5 8 7 ) M C I , S. 164, N r . 201, 1158 Juni 2 0 ; SUB 2, S. 469, N r . 336, 1158 Sept. 18 (die Zeugenliste dieser geringfügig verunechteten Urkunde ist zweifellos echt). Gotbert ist im Mai 1162 gestorben; seine Amtszeit gibt Ρ a g i t ζ , Maria Wörth, S. 156, an mit 1 1 5 1 - 1 1 6 2 . 5 8 8 ) SUB 2, S. 508f„ N r . 362, 1162 nadi Mai 11. 5 8 9 ) SUB 2, S. 537f., N r . 388. 5 9 °) Ρ a g i t ζ , Maria Wörth, S. 85, vertritt dagegen die Ansicht, Maria Wörth sei niemals nach der Augustinus-Regel reguliert gewesen. Als Hauptbegründung führt er an, „allein die Stellung des Propstes als Mitglied des Freisinger Kapitels
Maria Wörth; Indersdorf
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Wie lange die Reformforderungen in Maria Wörth beachtet wurden, ist unsicher. Schon der Nachfolger Gotberts, Friedrich, war gleichzeitig Domherr von Freising 591 , womit auch die Phase der Beeinflussung durch Salzburg aller Wahrscheinlichkeit nach beendet war 592 .
b)
Indersdorf
Wohl war das Stift Indersdorf in der Diözese Freising, eine Stiftung des Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach zwischen 1120 und 1126, ursprünglich von Marbach im Elsaß aus besiedelt, war von dorther 1126 der Ordo antiquus, also die gemäßigte Richtung der Regularkanonikerbewegung eingeführt worden 593 . Die ersten drei Pröpste, die dem vor 1131 dem Papst übereigneten Stift 594 vorstanden, waren auch dementsprechend aus dem Stift Marbach geschickt worden, so daß Inders-
würde der Vorstehung eines Klosters entgegenstehen" (mit „Kloster" meint Pagitz ein reguliertes Stift). Ebd., S. 42, hat er jedoch dem widersprechend festgestellt, daß die Pröpste von Maria Wörth erst seit Friedrich (vgl. nächste Anm.) „auch Mitglied des Freisinger Domkapitels" waren, und daß die ersten Pröpste, Adalbert und Gotbert, „dem Kreis der Salzburger Kleriker entnommen" wurden. Gründe, die außerdem noch gegen eine Regulierung sprechen sollen, beziehen sich alle auf den Status des Stiftes seit dem 13. Jahrhundert. Auch Maria Saal zählt Pagitz, ebd., S. 27 und 85, im übrigen nicht zu den regulierten Stiften, allerdings ohne Begründung. 591 ) Er ist 1187 erstmals nachweisbar, MC 3, S. 501ff., Nr. 1332ff. 592 ) Ein anderes Freisinger Eigenstift, Innichen in der Diözese Brixen, dagegen, in das nach B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 48, Μ ο i s , Rottenbuch, S. 214, C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 330, vermutlich, wenn auch nicht sicher, um 1142 durch den Bischof Otto I. von Freising Regularkanoniker eingeführt wurden, war wohl nur „halbreguliert", wie das beim Domstift Brixen zu sehen war. Nach W o l f s g r u b e r , Das Stift Innichen, S. 35-37, und K ü h e b a c h e r , Innichen, S. 92, war der Propst Ulrich von Innichen (1142-1160), der aus dem Geschlecht der Wittelsbacher kam, vor seiner Propstzeit Domherr im nicht regulierten Freisinger Domstift, und waren seine Nachfolger Richer (1160-1174) und Ortolf (1178-1212) Kanoniker im Domstift Brixen. Alle waren sie also keine Regularkanoniker gewesen. Zum Freisinger Domstift vgl. Β u s I e y , Die Geschichte des Freisinger Domkapitels, und d e r s., Bischof Otto und sein Domkapitel; zur Geschichte Innichens auch S c h a r n a g e l , Freising und Innichen; jetzt vor allem die Untersuchungen anläßlich der 1200-Jahrfeier von B o s l , D ö r r e r , P r i n z und W o l f s g r u b e r im Schiern 45, 1971, und von Η u t e r , Stift Innichen. 593 ) M o i s , Rottenbuch, S. 213f.; es bestand aber keine rechtliche Abhängigkeit. Vgl. auch S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 80, Anm. 4; eine ältere Darstellung der Stiftsgeschichte bei F u g g e r , Indersdorf; auch Η a r t i g , Die oberbayerischen Stifte, Bd. 1, S. 200ff. Eine Kurzdarstellung der Stiftsgeschichte mit einem Quellen- und Literaturüberblick bei B a c k m u n d , Die Chorherrenorden, S. 93-97. 5M ) GP 1, S. 349, N r . 1 und 2; MB 10, S. 235, Nr. 3.
100
III. Der Kreis der Salzburger Observanz
dorf bis dahin als feste Stütze des Ordo antiquus gelten muß. Der Propst Richard jedoch, der vierte Indersdorfer Stiftsleiter (1143-1166), kam aus dem bayerisch-salzburgischen Raum 595 und, wie die Anzeichen vermuten lassen, aus dem Salzburger Reformkreis. Die Handschrift clm 7804 aus Indersdorf überliefert nämlich als Augustinusregel das Praeceptum longius, also eine Verbindung von Praeceptum mit dem strengeren Ordo monasterii596, wie das für den im Salzburger Reformkreis gültigen Ordo novus charakteristisch ist597, sowie die älteste Aufzeichnung der Salzburger-Klosterrather Consuetudines, also der in den Stiften befolgten Gewohnheiten, auszugsweise in den für den Salzburger Reformkreis typischen Passagen598. Diese Handschrift, die in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden ist599, fällt bezeichnenderweise genau in die Amtszeit des vierten Propstes von Indersdorf, Richard; so liegt die Folgerung sehr nahe, daß sich Indersdorf unter diesem Leiter dem Salzburger Ordo novus angeschlossen hat 600 . Später, vielleicht schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts, dürfte man sich in Indersdorf allerdings wieder mehr an die freizügigere Marbacher Richtung gehalten haben 601 .
c) D i e ß e n Wie Berchtesgaden oder Baumburg erfuhr auch das Stift Dießen in der Diözese Augsburg 1123 die ersten Reformeinflüsse aus Rotten595
) S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbadi, S. 71. ) Clm 7804, fol. 1 0 9 r - i m . 687 ) Vgl. unten, S. 245ff. 5β8 ) Clm 7804, fol. 118 r -122r. S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbadi, S. 80, Anm. 4, hat dieses Fragment erstmals richtig identifiziert, jedoch nicht ausgewertet. Vgl. auch unten den Abschnitt über die Consuetudines, S. 253ff. 58e ) Vgl. C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 336. 600 ) S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 71, meint, man habe 1143 einen bayerischen Stiftsvorsteher wählen können, weil zu dieser Zeit, seit circa 1140, bereits mit dem Salzburger Domkapitel der Salzburger Reformkreis zu den Marbacher Consuetudines übergewechselt sei - wobei ihm ein Zirkelschluß unterläuft, wenn er der Ansicht ist, die Wahl eines bayerischen Kanonikers zum Stiftsvorsteher in Indersdorf sei wiederum ein Beweis für den Consuetudines· Wechsel im Salzburger Reformkreis. Dieser angebliche Wechsel ist eines der entscheidenden Ergebnisse der Ausführungen Siegwarts, das im Dritten Teil unserer Arbeit überprüft wird; allein die Kenntnis der Indersdorfer Handschrift, welche die typischen Passagen des Salzburger ordo enthält (vgl. unten, S. 279), hätte sein Ergebnis bereits in Frage stellen müssen. ,01 ) Vgl. Η a r t i g , Die oberbayerischen Stifte, Bd. 1, S. 204f. 69β
Dießen
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buch802. Das päpstliche Privileg vom 6. Februar 1132 603 , das die Übertragung an Rom bestätigte, wurde allerdings bereits auf Intervention des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg ausgestellt. Eine Altarweihe 1150 wurde vom Bischof Hartmann von Brixen vorgenommen 604 . Vor allen Dingen aber überliefert clm 1018 eine Dießener Regelhandschrift aus dem 12. Jahrhundert605, welche, wie die aus Indersdorf, das Praeceptum longius, also die Regel mit dem Ordo monasterii, enthält. Wir können demnach auch bei Dießen eine Annäherung an den Ordo novus des Salzburger Reformkreises annehmen606.
»°2) S c h l ö g l in der Einleitung von Τ r a d. Dießen, 1. Teil, S. 63*-68*, macht die Gründung um 1123 wahrscheinlich, indem er auf die Aufbewahrung einer Abschrift des Rechtfertigungsschreibens vom Papst Calixt II. für den Bischof Hermann von Augsburg vom 31. März 1123 in Dießen selbst hinweist; dieses Schreiben habe in Dießen wahrscheinlich als Rechtmäßigkeitsbeweis der Konsekration des ersten Propstes Hartwig, der vorher in Rottenbuch Dekan war, durch den Bischof Hermann gedient. Daß die Gründung bereits 1114 erfolgt sein soll, wie Μ ο i s , Rottenbudi, S. 201, und im Ansdiluß daran C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 327, vertreten, bestreitet Schlögl mit dem Hinweis darauf, daß der als Stifter bezeichnete Graf Otto III. von Wolfratshausen erst seit 1121 als comes nachweisbar ist. Ein Abriß der Stiftsgesdiichte mit Quellen- und Literaturüberblick bei B a c k m u n d , Die Chorherrenorden, S. 71-75. eos ) GP2,1, S.61, N r . 1; T r a d . Dießen, 1. Teil, hgg. von S c h l ö g l , S. 103, Nr. 2. · " ) Notae Diessenses, M G H SS 17, S. 324. Vgl. V e r h e i j e η , La r^gle, Bd. 1, S. 135. eo6 ) Nach Ζ a u η e r , Die ältesten Statuten, S. 380, könnten in Dießen auch die Klosterrather-Salzburger Consuetudines Nocturnis itaque horis in Geltung gewesen sein. Der Beleg dafür, eine Randnotiz vom Generalvikar Grünwalder in den neuen Statuten, ist allerdings wenig beweiskräftig. - Ein weiteres Stift aus dem Rottenbucher Reformkreis, Beuerberg in der Diözese Freising (dazu Μ ο i s , Rottenbuch, S. 210; C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 327; B a c k m u n d , Die Chorherrenorden, S. 64-66), dürfte in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von Salzburg beeinflußt worden sein, da der dritte Propst, Gebolf (MB 6, S. 400), aus dem Salzburger Domstift kam: Gebolf us prep. Burberch fr. n., M G H Necr. 2, S. 130, zum 30. April.
IV. B E Z I E H U N G E N Z U A N D E R E N REFORMKREISEN
l . D i e S t i f t e der Passauer
Diözese
Obwohl Peter Classen engere Beziehungen der Regularkanoniker der Passauer Diözese - Reichersberg, Suben, Ranshofen und Klosterneuburg natürlich ausgenommen - mit dem Salzburger Reformkreis bestreitet607, kann man doch gewisse Verbindungen nicht übersehen. Wider Erwarten finden sie sich allerdings nicht bei St. Florian, einer Neugründung des Bischofs Altmann von Passau um 107 1 608, obwohl uns gerade aus diesem Stift eine Handschrift mit den SalzburgerKlosterrather Consuetudines Nocturnis überliefert ist609. Sie stammt jedoch zweifellos erst aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts 610 , als sich St. Florian der neuen Salzburger Reformbewegung 611 anschloß, die der Erzbischof Eberhard II. von Salzburg zwischen 1218 und 1224 durchführte, denn die in der Handschrift vorausgehenden Kapitelsbeschlüsse und die am Ende folgenden Aufzeichnungen612 über die Bestimmungen des Papstes Innocenz III. von 1215 über das Generalkapitel der Regularkanoniker weisen klar auf diese Zusammenhänge613. Den ausgesprochenen Mangel an Beziehungen vielmehr zwischen St. Florian und Salz-
«") C l a s s e n , Gerhoch, S. 64. *08) Dazu H o l l n s t e i n e r , St. Florian; Μ i t i s , Urkundenwesen, S. 100123, und S. 18ff.; G r o ß , Uber das Urkundenwesen der Bischöfe von Passau, S. 618ff.; T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 14ff. u. ö.; H a i d e r , Passau - St. Florian - St. Pölten. • oe ) Cod. St. Florian X I 250, fol. ,i0 ) S i e g w a r t in C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. X V , setzt sie auf „saeculum 12 vel 13"; Ζ a u η e r , Die ältesten Statuten, S. 363: 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts oder Beginn des 13. Jahrhunderts. Vgl. aber unten, S. 171f.: sie ist 1224 oder kurz danadi entstanden. el1 ) Zur Reform von 1218-1224 vgl. M e e r s s e m a n , Reform. M2 ) Cod. St. Florian X I 250, fol. und fol. 62^-63^. ,1S ) M e e r s s e m a n , Reform, hat diese Zusammenhänge bei den Consuetudines von St. Florian übersehen; sie sind in den von ihm beschriebenen Vorgang einzuordnen.
Stifte der Passauer Diözese; Freisinger Reformverband
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bürg im 12. Jahrhundert bezeugt uns das Nekrologium von St. Florian 614 . Eine Verbindung Salzburgs dagegen mit St. Nikola bei Passau, einer Gründung Altmanns um 1071 6 1 5 , geht aus der Verbrüderung von St. Peter-Salzburg mit diesem Stift hervor 616 , aus dem Hartmann, der erste Dekan des regulierten Salzburger Domkapitels kam, wenn dies freilich auch noch nichts über eine gemeinsame Observanz aussagt 617 . Nodi näher scheinen die Beziehungen zu dem ebenfalls von Altmann um 1071 reformierten St. Pölten 618 gewesen zu sein. Der Propst Heinrich (c. 1170-1181) wird im Salzburger Domstiftsnekrologium als Hainricus prepos. s. Ypoliti fr.n. bezeichnet619. Auch eine Verbrüderung mit St. Peter vor 1140 ist nachzuweisen620. Dieselbe Verbrüderung finden wir bei St. Georgen-Herzogenburg, 1112 gegründet621, für die Zeit vor 1140 6 2 2 . Wie weit bei all diesen Stiften nicht nur Beziehungen, sondern auch eine Beeinflussung vorliegt, ist nicht näher bestimmbar, wenn sie auch bei St. Pölten für die entsprechende Zeit wahrscheinlich ist.
2. D e r
Freisinger Reformverband d e s B i s c h o f s O t t o I.
Noch geringer als mit den Passauer Regularkanonikern war der Kontakt Salzburgs mit dem Freisinger Regularkanonikerverband des Bischofs Otto I. von Freising (1138-1158) 6 2 3 , wenn wir von Maria , 1 4 ) M G H Necr. 4, S. 260ff.; N e k r o l o g i u m St. Florian, hgg. von C ζ e r η y , S. 3 5 1 ; vgl. oben, Anm. 69. · 1 5 ) Μ i t i s , Urkundenwesen, S. 9 0 - 1 0 0 ; Μ ο i s , Rottenbuch, S. 3 2 ; C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 325f.; O s w a l d , Beiträge zur Geschichte Bisdiof Altmanns. · " ) M G H Necr. 2, S. 54, Sp. 34. * 1 7 ) Audi die Gemeinsamkeiten der Consuetudines in clm 16 105, fol. 5 4 r - 1 9 1 T , aus St. Nikola aus dem 15. Jahrhundert mit den Klosterrather-Salzburger, auf die S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 77f., hinweist, besagen nicht viel, denn sie können erst auf die neue Reformphase von 1218/1224 zurückgehen. β 1 8 ) Zu St. Pölten vgl. T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 16ff.; G u t k a s , St. Pölten; H a i d e r , Passau - St. Florian - St. Pölten. · " ) M G H Necr. 2, S. 142, zum 10. Juni. ·"») M G H Necr. 2, S. 54, Sp. 34. • 2 1 ) Zu St. Georgen-Herzogenburg vgl. M i t i s , Urkundenwesen, S. 1 9 0 - 2 0 3 ; Classen, Regularkanoniker, S. 3 2 7 ; S c h m ο 1 k, Herzogenburg; auch S a n d n e r , Herzogenburg, geht stellenweise auf die Zeit des 12. Jahrhunderts ein. β 2 2 ) M G H Necr. 2, S. 54, Sp. 34. « " ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 64 mit Anm. 36, und S. 88. Inwieweit O t t o
104
IV. Beziehungen zu anderen Reformkreisen
Wörth absehen. Es handelt sich dabei um die 1 1 4 0 - 1 1 4 2 reformierten Stifte Schliersee, Schlehdorf und Isen; Neustift-Freising und Schäftlarn waren prämonstratensisch ausgerichtet 624 . N u r bei Isen, bei dem bisher eine Reform nach der Augustinusregel als unsicher bezeichnet 625 oder gänzlich bestritten wurde 6 2 6 , ist zumindest eine Verbindung mit Salzburg nachzuweisen: im Salzburger Domstiftsnekrologium findet sich zum 24. Mai der Eintrag Hoholdus prep. de Ysne627. Wäre der um 1 1 5 7 gestorbene 628 Propst Hochold Vorsteher eines säkularen Kollegiatstiftes gewesen, so wäre der Eintrag im Nekrologium eines Reformstiftes sicherlich nicht erfolgt. Diese Notiz zeugt demnach auch davon, daß Isen tatsächlich reformiert war.
3. W e i t e r r e i c h e n d e
Verbindungen
Mit welchen Stiften man in Salzburg über den bisher geschilderten Rahmen hinaus noch Verbindungen unterhielt, ohne daß dadurch auf eine Beeinflussung von irgendeiner Seite eine Aussage zu machen wäre, darüber gibt eine Verbrüderungsliste des Reformklosters St. Peter in Salzburg von 1 1 4 0 / 4 2 Auskunft 6 2 9 ; vom Salzburger Domstift sind uns keine Verbrüderungsaufzeichnungen erhalten 6 3 0 , aber man kann bei der Konzeption der Salzburger Reform, welche ein enges Zusammengehen Reformen in seinem Domkapitel durchgeführt hat, ist nicht restlos zu klären, vgl. Β u s 1 e y , Die Gesdiidite des Freisinger Domkapitels, S. 129; d e r s . , Neustift bei Freising. Sie sind jedenfalls nicht so weit gegangen wie die beim Brixener Domkapitel erwähnten, denn Versuche zur Einführung eines gemeinsamen Dormitoriums sind beispielsweise erst kurz vor 1158 festzustellen, vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 64. Zur Problematik von Weltklerus und Regularklerus in der Diözese Freising: K r a u s e n , Bischof Otto I. von Freising. ®24) Das kann als Hinweis auf das Vordringen des Ordo novus im bayerischen Raum seit circa 1140 zu werten sein. e25) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 330. β2β ) B a c k m u n d , Die Chorherrenorden, S. 157f. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 214, übergeht Isen. Eine Kurzdarstellung der Isener Stiftsgeschichte bei B a c k m u n d , Kollegiatstifte, S. 72f.; vornehmlich die ältere Stiftsgesdiidite bei H e i l m a i e r , Das obere Isental. o") M G H Necr. 2, S. 137. e 2 8 ) Nadi W i e d e m a n n in N e k r o l o g i e n Salzburg, S. 101. Erstmals wird er genannt zum 31. Juli 1129 (RAS, S. 19, Nr. 110). e 2 9 ) MGH Necr. 2, S. 54, Sp. 34. S i e g w a r t in der Einleitung von C ο η s u e t u d i n e s Marbach, S. 67-69, schreibt sie irrtümlich dem Salzburger Domstift zu, vgl. unten, Dritter Teil, Anm. 220. * 50 ) Vgl. H e r z b e r g - F r ä n k e l , Über die necrologischen Quellen, S. 276.
Weiterreichende Verbindungen
105
von Reformmönchen und Regularkanonikern mit sich brachte631, annehmen, daß die Salzburger Domkanoniker mit denselben Regularkanonikerstiften Kontakt pflegten wie die Mönche von St. Peter. In dieser Liste finden wir die meisten der von uns bereits besprochenen Stifte wieder: aus dem Salzburger Reformverband Herrenchiemsee, Au, Gurk, Reichersberg, St. Zeno-Reichenhall, Suben, Seckau und die angegliederten Stifte Baumburg und Berchtesgaden, aus dem Kreis der Observanz sodann Polling, Klosterneuburg, Ranshofen und Dießen; auch Neuwerk-Halle ist genannt. Aus der Salzburger Kirchenprovinz kommen St. Nikola bei Passau, St. Pölten, St. Georgen-Herzogenburg, Osterhofen, Aldersbach, Wilten, Schäftlarn, Dietramszell und Beuerberg hinzu, außerdem noch Bernried aus der Diözese Augsburg. Wie weit darüber hinaus die Verbindungen außerhalb des Erzbistums reichten, zeigen die Einträge von Klosterrath im Bistum Lüttich, das für den Salzburger Reformkreis wie im übrigen auch, bisher unbeachtet, für die Prämonstratenser auf dem Gebiet der Gewohnheiten eine überaus wichtige Rolle spielte632, dann von S. Maria in Porto bei Ravenna, dessen Consuetudines bei vielen Regularkanonikerstiften Italiens und in der Diözese Regensburg Geltung fanden 633 , von St. Moritz in Naumburg, dem Zentrum eines kleinen Regularkanonikerkreises im Bistum Naumburg 634 , von Springiersbach im Bistum Trier, das zeitweise einen eigenen Verband leitete635, und schließlich von Marbach im Bistum Basel, dessen Consuetudines, die dem Ordo antiquus folgten, neben denen von Klosterrath zu den bedeutendsten im deutschen Raum gehörten 636 . Dieses Verbindungsnetz läßt erkennen, e31
) Vgl. unten, S. 159ff. ) Vgl. unten, S. 266ff. «") Uber S. Maria in Porto bei Ravenna und seine Observanz gibt es bislang keine Untersuchung. Einige Hinweise sind zu finden in IP 5, S. 94f. und 97, zu Nr. 2. Zum Regensburger Reformkreis, der mit dem von S. Maria in Porto in enger Verbindung stand, vgl. Μ a i in der Einleitung von T r a d . Rohr, S. 55*-59*. β34 ) Audi über die Regularkanoniker im Bistum Naumburg wurde noch keine über einzelne Stifte hinausgehende Arbeit vorgelegt. Hinweise gibt S c h l e s i n g e r , Kirchengeschichte Sachsens, Bd. 2, S. 195ff., und S. 202. Der Kontakt von St. Moritz mit Salzburg dürfte sidi auf Grund der Zugehörigkeit des Reformstiftes in Naumburg zur Neuwerker Reformgruppe ergeben haben, denn Neuwerk-Halle war ja von Reichersberg aus besiedelt worden. ®35) Uber Springiersbach und seinen Verband Ρ a u 1 y , Springiersbach. Geschichte des Kanonikerstifts. Eine Kurzdarstellung von d e m s . , Das AugustinerChorherrenstift Springiersbach. β3β ) Uber Marbach S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 263-270; d e r s . , Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 15-98. G P 2,2, S. 285-289. M2
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IV. Beziehungen zu anderen Reformkreisen
daß die großen Zentren der Regularkanonikerreform in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, zur Zeit der größten Blüte also, in engem Kontakt miteinander standen, und unterstreicht somit die Bedeutung dieser Bewegung nachdrücklich.
V. Z U S A M M E N F A S S E N D E
ÜBERSICHT
Vor der Amtszeit des Erzbisdiofs Konrad I. (1106-1147) hatte es in der Salzburger Diözese nur einen Versuch gegeben, ein reguliertes Kanonikerstift einzurichten: 1080/84 in Reichersberg durch den Erzbischof Gebhard (1060-1088). Dieser Anlauf war schon wenige Jahre später kläglich gescheitert. Der Erzbischof Konrad I. mußte ganz neu beginnen. Nur im gerade entstehenden Rottenbucher Reformkreis konnte sich Hilfe aus nächster Umgebung anbieten. Konrad beschränkte sich bei seinem ersten Reformversuch vor 1121 aber keineswegs auf Regularkanoniker aus diesem Kreis, sondern holte sich reformwillige Helfer vor allem aus Sachsen und dem Rheingebiet. Diese frühen Reformansätze, die, vielleicht aus mangelnder Uberlieferung, nur in Reifersberg und Maria Saal nachzuweisen sind, waren nicht zentral vom Hochstift-Domstift als Mittelpunkt aus angelegt; diese Konzeption lag erst der Reform seit 1121 zugrunde. In dieses Jahr 1121, nach der Rückkehr Konrads aus dem Exil, ist audi der Beginn der eigentlichen Salzburger Kanonikerreform zu setzen — die früheren Reformen waren durch die widrigen Umstände wieder weitgehend zum Erliegen gekommen. 1121/22 konnte Konrad das Salzburger Domkapitel regulieren, wobei ihm zustatten kam, daß ein solches wegen der besonderen Entwicklung des Salzburger Hochstiftes aus einem Mönchskloster noch nicht sonderlich institutionalisiert war. Von diesem Zentrum aus erneuerte, reformierte oder gründete er in rascher Folge bis 1129 bereits acht weitere Regularkanonikerstifte« 37 mit Reichersberg 1121/22, Maria Saal 1121/22638, Au 1122, dem Gurker Domstift 1123, Herrenchiemsee 1125/29, Gars vor 1129, Zell am See vor 1129 und Höglwörth vor 1129; bis 1142/43 folgten nochmals fünf mit Weyarn 1133, St. Zeno-Reichenhall 1136, *") Im Frühjahr 1131 schrieb Gerhoch von Reichersberg in der Epistola ad Innocentium papam, der Erzbischof Konrad I. domino cooperante omne s p ene parrochiae suae congregationes fecit reguläres, M G H Ldl 3, S. 235f. «") Maria Saal dürfte als einziges Stift unter dem Propst Roman eine gewisse Kontinuität zur ersten Reformphase Konrads aufgewiesen haben. Trotzdem sind für 1121/22 entscheidende Neuimpulse anzunehmen.
108
V. Zusammenfassende Übersidit
Feistritz-Sedtau 1140, Bischofshofen 1139/43 und Suben 1142, lauter Stifte, die durch ihre besondere Abhängigkeit vom Hochstift einen engen Verband bildeten, zu dem noch, mit Einschränkungen allerdings, 1163 Vorau kam. Baumburg und Berchtesgaden konnten wegen ihrer Zugehörigkeit zum Diözesanverband angeschlossen werden. Viele Stiftspröpste, so zeigte sich, kamen aus dem Domstift, so Pabo I. von Gurk, Heinrich von Gars, Hartmann und Kuno von Herrenchiemsee, Dagobert von Höglwörth, Kuno von Suben, Wernher von Seckau, Hugo von Berchtesgaden, um nur einige zu nennen, oder sie stammten aus der unmittelbaren Umgebung des Erzbischofs wie Lanzo von St. Zeno-Reichenhall, ursprünglich als Pfarrer eingesetzt, Roman von Maria Saal, Wilhelm von Weyarn, Adalbert von Bischofshofen oder Ulrich von Herrenchiemsee. Deutlich ist daran zu sehen, wie systematisch die Reform vom Salzburger Domstift und Hochstift als Zentrum aus aufgebaut wurde. Besonders im dritten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts breitete sich der Kreis der Salzburger Observanz rasch aus. In Brixen und Trient entstanden sogar kleine eigene Reformkreise, die in Observanzbeziehung zur Salzburger Reformbewegung standen. Die Initiative des Salzburger Reformkreises beschränkte sich aber auf die Kirchenprovinz Salzburg und die Diözese Augsburg - Neuwerk-Halle darf nur bedingt mitberücksiditigt werden, und Eberndorf lag unmittelbar an der Grenze der Salzburger Diözese - , strebte also keine übergreifende Observanzkreisbildung an wie Marbach oder im 11. Jahrhundert S. Ruf. Die Anlage erweckt eher den Eindruck einer Sicherung des Reformkerns, also des Verbandes, der, wie zu zeigen sein wird, eine entscheidende Funktion in der Regierungskonzeption und in der Amtsausübung des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg einnahm.
Zweiter Teil
DER SALZB URGE R RE GULARKAN Ο Ν I K E R-VE RBAND I N DER B I S T U M S O R G A N I S A T I O N
I. DIE N E U O R D N U N G DES VERFASSUNGSRECHTLICHEN B E Z I E H U N G S S Y S T E M S Z W I S C H E N DEM E R Z B I S C H O F U N D DEN S T I F T E N IN DER PHASE DES AUFBAUES Der Erzbischof Konrad I. von Salzburg war der „Vater" und Gestalter des Salzburger Regularkanonikerverbandes. Welche Funktion er ihm im Gesamtrahmen seiner Regierungskonzeption zugeordnet hat, läßt sich nur erkennen, wenn seine Diözesanpolitik insgesamt berücksichtigt wird. Ihm selbst war bewußt, daß er mit seiner Politik, mit seiner Tätigkeit als Vorsteher einer Diözese einen neuen Beginn in der Geschichte der Salzburger Diözesankirdie setzte. Die Arengen seiner Urkunden sind beherrscht von dem Gedanken, das Salzburger Bistum, quem pauperimum et valde vastatum invenimus, divitem deo gratias et satis copiosum tamque a ruinis morum, quam a ruinis murorum honeste favente deo reparatum successoribus nostris moriendo zu hinterlassen1. Seine Amtszeit hat in der Tat neue Rechts- und Bezugsordnungen innerhalb der Diözese geschaffen, die im Bunde mit der Regularkanonikerreform eine neue Form der bischöflichen Amtswaltung erkennen lassen.
1. D i e t r a d i t i o a l s n i c h t w e s e n t l i c h e s des V e r b a η d s a u f b a u es
Merkmal
Von Georg Schreiber ausgehend, der den irreführenden Begriff „päpstliches Eigenkloster"2 für die im ausgehenden 11. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts an den Papst übereigneten ») SUB 2, S. 260, Nr. 1 7 6 , 1 1 3 7 . *) S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 1, S. 9f.; vgl. dagegen E n g e l s , Sdiutzgedanke und Landesherrsdiaft, S. 232f.; d e r s . , Episkopat und Kanonie, S. 123; H i r s c h , Klosterimmunität, S. 38; die Rezension von B r a c k m a n n in GGA 175, S. 279; M e z l e r - A n d e l b e r g , Beiträge zur Geschichte der Rechtsstellung, S. 99 und 118.
I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Klöster und Stifte geprägt hatte, verschob Albert Brackmann diesen Rechtshintergrund ganz und gar auf die Bischofspolitik des 12. Jahrhunderts, indem er der Reformpolitik des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg als „das wesentlichste Element" die traditio, die Ubereignung von Stiften an das Hochstift und damit eine Rückkehr zur „älteren Art der Klostergründung" attestierte, was er nun seinerseits zusammenfaßte im traditionellen Begriff „bischöflicher Eigenklosterherr" 3 ; gegen diesen Eigenklosterherrn hätten die päpstlichen Privilegien für Stifte und Klöster angekämpft, Papst und Kloster seien dem Bischof gegenübergestanden. Jakob Mois charakterisiert auf dieser Basis folgerichtig: „Vom Standpunkt der allgemeinen Reform aus gesehen, bedeutet dies eigentlich einen Rückschritt gegenüber der vom Rottenbucher und schwäbischen Kreis gepflogenen Übereignung an den Apostolischen Stuhl; denn die bischöflichen Eigenklöster waren schließlich nur eine andere Form des Eigenklosterrechts der Laien." 4 Er hat damit eine Beurteilung der Reformpolitik des Erzbischofs Konrad I. getroffen, die in dezidierter Form bis heute wiederholt worden ist5. In bewußtem Widerspruch dazu sollen dem nun folgende Thesen gegenübergestellt werden: 1. Gerade in der Salzburger Reform war der Akt der Übereignung für die Bildung des Verbandes von untergeordneter Bedeutung; die Stifte standen in enger Beziehung zum Hochstift durch Rechtsformen, die vom reinen Eigenkirchenwesen deutlich geschieden werden müssen. 2. Eigenkirchenrechtliche Elemente spielten allerdings eine Rolle in den Rechtsverbindlichkeiten gegenüber Dritten, da diesen gegenüber die Reform in Bahnen des zeitgenössischen Rechtsdenkens abgesichert werden mußte. 3. Innerhalb des diözesankirchlichen Bereiches wurden eigenkirchenrechtliche Momente zwar noch verwendet, aber sie spielten keine bestimmende Rolle mehr bei der Aufrichtung eines neuen Bezugssystems zwischen diözesanem Kirchengut und episkopaler Verfügungsgewalt. Dieses wurde auf eine neue Grundlage gestellt.
') B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 37f. und 61 ff. ) M o i s , Rottenbuch, S. 150. 5 ) Z . B. Z e i l l i n g e r , Konrad I., S. 34: „Bedeutete der Zug zum Eigenkirchenwesen des Salzburger Reformkreises vom Standpunkt der allgemeinen Reform aus gesehen eigentlich einen Rückschritt gegenüber Rottenbudi und seinen Tochterklöstern . . . " ; entsprechend audi R o t h , Seckau, S. 42. 4
Übereignung nicht „wesentlidistes Element"
113
Ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der einzelnen Stifte des Salzburger Reformverbandes relativiert bereits die apodiktische Formulierung vom Ubereignungscharakter der Reform: von den 13 regulierten Stiftsinstitutionen einschließlich des Gurker Domstifts, aber ohne das erst 1163 gegründete Vorau, das in diesem Zusammenhang wegfällt, entstanden sieben auf altem Salzburger Kirchenbesitz aus dem 8. und 9. Jahrhundert, nämlich Maria Saal, Au, Gars, Zell am See, Herrenchiemsee, Bischofshofen und St. Zeno-Reichenhall. Weitere zwei waren bereits im 11. Jahrhundert an Salzburg gekommen: Gurk und Reichersberg. Nur bei den restlichen vier haben wir eine Stiftung zu berücksichtigen. Von diesen war Höglwörth eine Gemeinschaftsgründung von Stifter und Domstift, Weyarn eine solche von Stifter und Erzbischof®. Nur Suben wurde als schon bestehendes Stift in die volle Verfügungsgewalt des Erzbischofs gestellt, hinsichtlich Seckau wurden die Güter für ein zu gründendes Stift übertragen. Allein schon dieser Uberblick macht es unwahrscheinlich, in der Übereignung an das Hochstift grundsätzlich das „wesentlichste Element" der Salzburger Reform sehen zu müssen, auch wenn aus dem Bereich der Klosterinstitutionen drei weitere Beispiele der Übereignung angeführt werden können 7 , denn auch sie nahmen in der Gesamtheit der Klosterreform-Politik Konrads keine entscheidende Stellung ein. Der Unterschied wird evident durch einen Blick auf Diözesen, in denen die Übereignung tatsächlich ein charakteristisches Merkmal gewesen ist: von den elf Stiften und Klöstern, welche während der Amtszeit des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz (1110-1137) errichtet wurden, entstanden neun auf Grund einer traditio an das Erzstift 8 ; bischöfliches Dominikalgut wurde dabei nicht angetastet. Ebenso ist das von der Klosterpolitik des Bischofs Otto I. von Bamberg (1102-1139) zu sagen, dessen Gründungen überwiegend auf tradierten Gütern vorgenommen worden sind9. e
) Die Stiftungsurkunde vom 9. Juli 1133 ist eine Doppelurkunde: in einer Urkunde wird sowohl das Stiftungsgut vom Grafen Sigboto II. von Weyarn und Neuenburg wie auch dasjenige vom Erzbischof Konrad I. aufgeführt, und in derselben einen Urkunde äußern sich beide in der Ich-Form, SUB 2, S. 234ff., Nr. 158. 7 ) B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 37, weist nachdrücklich darauf hin; es handelt sich um Viktring, Schutzing-Raitenhaslach und Attel. 8 ) F a l c k , Klosterfreiheit und Klostersdiutz, S. 23f.; S c h m i t t , Erzbischof Adalbert I., S. 12 und 28. ·) Vgl. G u t t e n b e r g , Das Bistum Bamberg, S. 129-136; B ü t t n e r , Bamberg, S. 246-319; ebd., S. 310: „Eine Schmälerung des Vermögens des Bistums oder irgendeines zur Bamberger Kirche zählenden älteren Instituts trat durch die Gründung Ottos nirgends ein. Wenn eine Klosterstiftung, wie bei Michelfeld und Aura
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Das erste typische Merkmal der Reform des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg darf man also gerade in der Tendenz sehen, für die Errichtung von Regularkanonikerstiften hochstiftisches Dominikalgut zur Verfügung zu stellen oder es mit tradierten Gütern zur besseren Dotierung der Neugründungen zu vereinen, eine Haltung, die Konrad bereits 1121 dem Domstift gegenüber bekundet hatte 10 ; auffallenderweise findet sich eine Parallele im anderen großen Regularkanonikerzentrum Deutschlands, in Halberstadt unter dem Bischof Reinhard (1107—1123)11. Damit ist freilich über eine bloße Bestandsaufnahme hinaus noch nichts ausgesagt über den Bindungscharakter dieser Stifte. Um die Beziehung dieser vornehmlich auf solche Weise errichteten Stifte zum Erzbischof zu erfassen, ist es nötig, die klösterliche Rechtsstellung in der Diözese vor dem 12. Jahrhundert zu verfolgen, dergegenüber die neue Form unter Konrad I. abzugrenzen ist.
2. D i e K l o s t e r p o l i t i k d e r S a l z b u r g e r E r z b i s c h ö f e b i s z u m 12. J a h r h u n d e r t in i h r e r r e c h t l i c h e n A u s f o r m u n g „Einst hatte alles Kirchengut innerhalb der Diözese eine einzige Masse gebildet, die in der Verwaltung des Bischofs und seines Oekonomen, Archidiakons oder Vicedominus stand." 1 2 Diese äußere Organisation war bis zum 5.Jahrhundert ausgebildet 13 . Sie bestand in der geistlichen und bischöflichen Leitungsgewalt - darunter die Disziplinargewalt über Mönche und Kleriker - und der Verfügung über das gesamte Kirchenvermögen in der Hand des Bischofs 14 . Zwei Umstände a. d. Saale, auf Grundbesitz erfolgte, der vorher zur Vermögensmasse der Bamberger Kirche gehörte, wurden die für das Kloster verwandten Güter dem Bistum vollwertig ersetzt." Vgl. auch B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 43; Τ h. M a y e r , Fürsten und Staat, S. 270; d e r s . , Die Anfänge des Bistums Bamberg, S. 285f. 10 ) Vgl. oben, S. 35f. " ) B o g u m i l , Halberstadt, S. 159: „Alle Augustiner-Chorherrenstifte in der Halberstädter Diözese waren aus dem Eigentum des Bistums planmäßig geschaffen worden". 12 ) S t u t z , Benefizialwesen, S. 320; diese rein auf bischöfliche Herrschaft aufgebaute Diözesanordnung nennt Stutz „reines Einheitsprinzip". 13 ) S t u t z , Die Eigenkirche, S. 13; P ö s c h l , Bischofsgut, Bd. 1, S. 11; T e l 1 e η b a c h , Eigenklöster, S. 1. 14 ) Zum Inhalt der „bischöflichen Gewalt", die sich in die potestas magisterii = Lehrgewalt, die iura ordinis propria = Weihegewalt und in die Jurisdiktionsgewalt aufgliedert, vgl. S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 1, S. 29f.
Salzburger Klosterpolitik bis zum 12. Jahrhundert
115
sind dabei festzuhalten: jede Kirche gehörte a priori dieser Organisation an, und die bischöfliche Herrschaft war eine „publizistische" 15 , d. h. der Bischof übte seine Herrschaft rein amtsrechtlich aus, nicht auf Grund persönlicher Eigentumsrechte. Das laikale Eigenkirchenwesen mußte diesen bischöflichen Herrschaftsanspruch zwangsläufig auf eine neue Rechtsbasis stellen. Wollte ihn der Bischof auch nur in bisheriger Form aufrechterhalten, so mußte er ihn doch in der neuen, erforderlichen Form geltend machen, denn die Kirchen in seinem Bistum unterstanden ihm nicht mehr a priori, ein erheblicher Teil von ihnen überhaupt nicht, und die Rückführung in seinen Herrschaftsbereich mußte auf einer für den Vorbesitzer verbindlichen Rechtsebene abgewickelt werden, also innerhalb des Eigenkirchenrechts. Gerade im bayerisch-salzburgischen Raum waren die Voraussetzungen für diesen Vorgang günstig, da hier eine geordnete Diözesanverfassung erst relativ spät ausgebildet wurde und anfangs die meisten Kirchen vom Bischof unabhängig waren 16 . Die ambivalente Stellung des Bischofs in diesem Prozeß erhellt eine ausführlich beschriebene Kirchweihe des Bischofs Virgil von Salzburg von 767: Der Graf Gunther, der auf Eigengut eine Klosterzelle in Otting errichtet hatte, eröffnete dem gerufenen Bischof Virgil, er wolle dort Möndie ansiedeln. Als aber der Graf auf die Frage Virgils, in wessen Dominium die Gründung stehen solle, keine Antwort gab, entschied der Bischof, er werde weder Kirche noch Kloster oder Abt weihen, wenn er nicht wüßte, wem rectitudo et dominacio zustünden. D a habe Gunther erkannt, daß der Bischof secundum canonum statuta vorgehen wollte, und versprach, die Gründung ad Salzburgensem sedem episcopatus
et ad illam dominacionem
pleniter per omnia secundum
canones
. 17 ,
tradere .. womit der Weihe nichts mehr im Wege stand. Die Legitimierung für das Vorgehen Virgils wurde noch aus den Kanones bezogen, die Legitimierung für die bischöfliche Herrschaft, das dominium, erfolgte freilich bereits in den Bahnen des Eigenkirchenrechts. Daß sich die zwangsläufige Konsequenz aus dieser Praxis folgerichtig eingestellt hat, ist bekannt 18 : der Bischof wurde persönlicher Nachfolger des laikalen Eigenkirchenherrn, er übernahm auch dessen Redits1S )
S t u t z , Benefizialwesen, S. 329. »·) Ebd., S. 206. " ) Breves notitiae, SUB 1, S. 34. 1β ) Vgl. S t u t z , Benefizialwesen, S. 326ff.
116
I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Stellung und die daraus resultierende privat-persönliche Verfügungsgewalt mit dem Veräußerungsrecht, die eine völlig andere ist als die auf der „publizistischen" Herrschaft basierende. Schließlich wurde das Verhältnis des Bischofs zu allen seiner Verfügungsgewalt unterstehenden Kirchen in diesem Rechtsdenken verstanden 19 . Als gegen Ende des 8. Jahrhunderts der Salzburger Erzbischof die entscheidenden Erfolge im Neugewinn von Klöstern erzielte, war das Rechtsverhältnis zwischen ihm und den Klöstern eigenkirchenrechtlich geprägt. Bischofshofen20, Au und Gars 21 , Zell am See22, Nonnberg 23 , Herrenchiemsee24 und Kufstein 25 wurden in die rechtliche Abhängigkeit von Salzburg tradiert. Der Erzbischof Arno (785-821) besaß über diese Zellen, die bedeutende Funktionen als seelsorgerische und wirtschaftliche Stützpunkte übernahmen 26 , de facto dieselbe Verfügungsgewalt wie über die Kirche Haslach, die er an den Grafen Adalbert vertauschte, um von diesem Land zu erhalten 27 , denn Kirche und Zelle besaßen keinen unterschiedlichen Rechtsstatus. So stand es auch völlig in Übereinstimmung mit dem Rechtsdenken, daß der Erzbischof Odalbert 924 und 927 Kirchen und Klöster, unter anderem Gars, an die edle Frau Rihni vertauschte 28 . Das bischöfliche Eigenkirchenwesen war jetzt in Salzburg vollständig ausgeformt 29 . Der entscheidende Unterschied zur le ) Sicherlich war für die Ausbildung des bischöflichen Eigenkirdienwesens die Anerkennung des Eigenkirchenrechts durch das Papsttum ein bedeutender, wenn audi nicht entscheidender Katalysator, vgl. S t u t z , Eigenkirche, Eigenkloster, S. 64; F e i n e , Kirchliche Rednsgeschidite, S. 168. 20 ) Notitia Arnonis, SUB 1, S. 15. « ) Ebd., S. 10 und 7. 22 ) Ebd., S. 8. 2S ) Breves notitiae, SUB 1, S. 22ff. 24 ) Vgl. oben, S. 52; Herrenchiemsee kam 891 an Salzburg. 25 ) Notitia Arnonis, SUB 1, S. 12. Altmünster und Raitenhaslach sind anzureihen, vgl. P r i n z , Bayern, Die innere Entwicklung, S. 379; das von ihm erwähnte Elsenwang ist im 8. Jahrhundert nicht als cella, sondern nur als locellum bezeichnet (SUB 1, S. 7 und 27). 2e ) M i t t e r e r , Die bischöflichen Eigenklöster, S. 40f. 27 ) SUB 1, S. 49, Nr. 23: Concambium factum est cum Adilberto comite deditque idem comes Arnoni episcopo ad Zilarn, quod ad Heribertum virum nobilem conquisivit, et accepit ab eo ad Haselach ecclesiam et mansum 1 cum aliis rebus suis. 28 ) SUB 1, S. 105-108, Nr. 44a und 44b, 924 und 927; dabei spielt es keine Rolle, daß diese Kirchen nach Rihnis und eines Erben Tod wieder an Salzburg zurückfielen. 2 ·) T e l l e n b a c h , Eigenklöster, S. 52f., bringt Einwände gegen den Begriff „bischöfliches Eigenkloster", weil theoretisch der Bischof nie Eigentümer der Klöster und Kirchen gewesen sei, sondern nur der entsprechende Heilige des Hochstifts. Im praktischen Rechtsdenken wurde dieser Unterschied in Salzburg schon zu Ende des 8. Jahrhunderts verwischt, wie die Güterbestätigung Karls des Großen für den
Salzburger Klosterpolitik bis zum 12. Jahrhundert
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„publizistischen" Bischofsherrschaft bestand zum einen im persönlich willkürlichen Verfügungsrecht über das Klostergut und das Klostergebäude 30 , das sich in der Veräußerung jeder Art, Verleihung, Tausch oder Teilbesitz äußern konnte, zum anderen in einer eigenkirchenherrlichen Interpretation der Vorstehereinsetzung 31 , wobei hier freilich römisch-amtsrechtliche Anschauungen über die Pfarrereinsetzungen durch den Bischof Berührungspunkte boten. Daß „Außenkirchen", Kirchen in fremden Diözesen, nur bedingt der Bischofsherrschaft des Ordinarius unterstanden, ist eine konsequente Folge der vermögensrechtlichen Bindung. Ganz diesem Rechtsdenken verhaftet war noch der Erzbischof Gebhard von Salzburg (1060-1088), als er die einst von der Gräfin Hemma zur Errichtung eines Nonnenklosters zur Verfügung gestellten Güter diesem Zweck vertragswidrig entfremdete und damit zwei extrem abhängige Institutionen dotierte, nämlich das Kloster Admont 32 und das Eigen-Hochstift Gurk 3 3 . Die Klosterpolitik Gebhards 34 in diesem Punkt entsprach dem vorgregorianischen Reformdenken des 11. Jahrhunderts, das noch nicht darauf ausgerichtet war, sich gegen das Eigenkirchenrecht in der Hand des Episkopates zu wenden 35 . Die beiden Neuschöpfungen Admont im Jahre 1074 und Gurk 1070/72 sollten Bischof Arno von Salzburg von 790 zeigt: Precipientes ergo iubemus, ut, quicquid ad prefatum episcopatum iuste et racionabiliter pertinet et memoratus Arno episcopus moderno tempore tenere videtur, eciam et hoc, quod inantea ibidem recto ordine largitum vel delegatum fuerit, cum omni integritate per nostrum precepcionem iam dietus Arno episcopus s u i q u e successores inantea h ab e ant, teneant at que posside ant . . . (SUB 2, S. 1, N r . 1 ; M G H D . Karol. 1, 168). Der Rechtstitel wird hier ganz persönlich aufgefaßt. Der Begriff „bischöfliches Eigenkloster" ist in dieser Phase bis zum Ende des 11. Jahrhunderts, wie zu zeigen sein wird, genau zutreffend. 30) S t u t z , Benefizialwesen, S. 3 3 0 - 3 6 3 ; T e l l e n b a c h , Libertas, S. 114. 31) F e i n e , Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 1 7 4 ; T e l l e n b a c h , Libertas, S. 114. 3 2 ) Zur stark ausgeformten Abhängigkeit des Klosters Admont von Salzburg vgl. Mezler-Andelberg, Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 39 u. ö.; S t e i η b ö c k , Gebhard, S. 74f.; neuerdings auch d e r s . , Admont. 3 3 ) Vgl. oben, S. 4 3 ; J a k s c h , in M C 1, S. 6 ; S t e i n b ö c k , Gebhard, S. 66f. und 9 0 f . ; K o l l e r , Gurker Bistumsgründung. 3 4 ) Uber Gebhard und seine Politik jetzt die Biographie von Steinböck, Gebhard. Sonstige Hinweise zu Gebhards Politik bei F. M. M a y e r , Die östlichen Alpenländer, S. 29ff.; B r a c k m a n n , Salzburger Kirdienprovinz, S. 10f.; S ρ ο h r , Gebhard, S. 6ff.; M e z l e r - A n d e l b e r g , Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 31 und 3 3 ; eine ältere Arbeit von E r b e n , Gebhard. 35) T e l l e n b a c h , Libertas, S. 1 4 0 - 1 4 2 , 219f. und 227. J a k o b s , Die H i r sauer, S. 228 und 108ff.
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bischöfliche Stützpunkte darstellen, die in jeder Beziehung der Verfügungsgewalt des Erzbischofs unterworfen waren 3 6 . Der Papst Alexander II. hatte Gebhards Wunsch respektiert, ein Nebenbistum einzurichten, damit in der großen Diözese Salzburg die Seelsorge besser besorgt werden könne 3 7 ; in diesem Sinne entsprach die Gründung dem Reformanliegen. Außerdem war das vom Papst eingeräumte Recht des Erzbischofs, den Gurker Bischof allein zu bestimmen und zu investieren, im Grunde, auch wenn es von diesem gebilligt wurde, gegen den König gerichtet 38 . Auf der anderen Seite aber ging die eigenkirchenherrliche Tendenz des Erzbischofs so weit, daß er seinen Hilfsbischof weder mit einem festen Sprengel noch mit einem Zehnt ausstattete 39 , was den Besitzstand und die Einnahmen des Erzstiftes geschmälert hätte. Diese Handlungsweise mißfiel schon dem Papst Gregor VII., der einst die Bistumseinrichtung Gurks befürwortet hatte, und er tadelte den Erzbischof deswegen außergewöhnlich scharf 40 . Typisch für die Rechtseinstellung dieses Erzbischofs war auch seine Zehntpolitik. E r versuchte, den Zehnt in seiner Diözese auf jede, auch unkanonische Weise in die H a n d zu bekommen - so vertauschte er dafür beispielsweise Pfarrechte an laikale Eigenkirchen - und auch über die gesteigerten Einkünfte selbst zu verfügen 4 1 . 3e) S t e i n b ö c k , Gebhard, S. 91: „Man kann also durchaus von einem Eigenbistum und einem Eigenkloster sprechen." - Bei den Klosterneuerwerbungen Frauenchiemsee und Reichersberg ist nur bekannt, daß sie dem Erzbischof Gebhard zur vollen Verfügungsgewalt übergeben worden sind: Frauenchiemsee vom König Heinrich IV. am 12. Dezember 1062 (MGH D.H.IV. 97; SUB 2, S. 168f., Nr. 101): ...in proprium dedimus atque tradidimus .. ut praedictus arthiepiscopus G. suique successores de eadem abbatia liberum potestatem habeant tenendi, regendi vel quicquid Ulis ad utilitatem aecclesiae suae placuerit inde faciendi . . .; Reichersberg von Wernher von Reichersberg 1080 (Annales Reicherspergenses, MGH SS 17, S. 447): . . . delegavit et contradidit eundem locum ... iuri et ditioni et defensioni Salzpurgensis episcopii, presente archiepiscopo Gebhardo et suscipiente traditionem. Das Zitat für Reichersberg stammt aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts und ist daher nur bedingt zu verwenden; möglicherweise aber beruht es auf alten Unterlagen, denn es gibt keine Gründe, die dagegen sprechen, daß Gebhard auch über diese beiden Institutionen wie ein Eigenkirchenherr verfügen konnte.
" ) GP 1, S. 17f., Nr. 40; SUB 2, S. 169ff., Nr. 102, 1070 März 21. 38 ) M e z l e r - A n d e l b e r g , Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 38; S t e i n b ö c k , Gebhard, S. 91. 3 9 ) Vgl. oben, S. 43. 4 °) Register Gregors VII., M G H Epp.sel.11,1, Nr. 11,77, S . 2 4 0 f . ; auch SUB 2, S. 177f., Nr. 109, 1075 Juni 17; GP 1, S. 19, Nr. 43. 4 1 ) Vgl. unten, S. 132. - Im übrigen ist seine Biographie, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts geschrieben wurde, ein prägnanter Hinweis darauf, daß sich die Ansicht über diese Folgen des bischöflichen Eigenkirchenrechts zur Zeit der Ab-
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Bis zum Ende des 11. Jahrhunderts - die Zeit der Wirren im letzten Jahrzehnt brachte keine Änderung - wurde somit von den Salzburger Erzbischöfen das episkopale Eigenkirchenrecht angewandt: der Erzbischof Gebhard noch verfügte eigenkirchenherrlich über das Nonnenkloster Gurk und beanspruchte zur Errichtung von Admont und dem Hochstift Gurk das Salzburger Dominikalgut kaum 42 . Er stand mit dieser Politik und diesem Rechtsverständnis als Bischof in seiner Zeit nicht alleine da. Noch um 1100 entzog der Kölner Erzbischof den Klöstern Besitz, den er anderen Klöstern übertrug43, und er gab Klosterund Stiftsgut als Lehen aus44, was seine Handlung als typisch eigenkirchenrechtlich geprägt kennzeichnet45. Dasselbe ist für das Mainzer Bistum zu sagen, wo unter dem Erzbischof Adalbert I. (1100-1137) das bischöfliche Eigenklosterwesen eine Wiederbelebung erfuhr46 und die Hirsauer Reformbestrebungen zugunsten seiner Bischofspolitik auf das „intern-klösterliche" Leben zurückgedrängt wurden 47 . Ebenso verhält es sich in Speyer um diese Zeit 48 . Das bischöfliche Eigenkirchenrecht, angewandt auf Klöster und Stifte, war um 1100 noch überall voll in Geltung, auch in der Sallzburger Diözese.
fassung sehr geändert hat: die Vita, die den Erzbischof verklärend darstellt, berichtet im Widerspruch zur urkundlichen Überlieferung, Gebhard habe Gurk mit einer festen Sprengelgrenze neuerrichtet (MGH SS 11, S. 38). Eben das entsprach jetzt dem Idealbild eines Reformbischofs. Auf die UnZuverlässigkeit in der Grundhaltung der Vita Gebhards hat kürzlich auch K o l l e r , Gurker Bistumsgründung, S. 7 2 f f m i t einem anderen Beispiel hingewiesen. Seiner Meinung nach ist der vom Biographen erwähnte veterum noticiarum codex erfunden. Er wurde laut Vita zur Zeit der Gurker Bistumsgründung in Salzburg entdeckt, und Gebhard soll von den darin berichteten Streitigkeiten zwischen den Salzburger Erzbischöfen und den Chorbischöfen Kenntnis erlangt haben. K o l l e r erblickt darin den Versuch, für Gebhards rechtswidriges Vorgehen gegen das Nonnenkloster Gurk und für die eigenkirchenrechtliche Abhängigkeit des neuen Hochstifts eine vertretbare Erklärung zu finden, denn um fürderhin solche Streitigkeiten zu vermeiden, mußte quasi das neue Projekt in diese straffe Abhängigkeit gestellt werden. 42 ) M e z l e r - A n d e l b e r g , Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 32; S t e i η b ö c k , Gebhard, S. 75; Vita Gebehardi et succ., M G H SS 11, S. 36; Vita Chunradi, M G H SS 11, S. 65. 43 ) S e m m l e r , Siegburg, S. 201; NrhUB 1, S. 141, Nr. 218; S. 157, Nr. 244. " ) NrhUB 1, S. 130, Nr. 203. 45 ) Vgl. S e m m l e r , Siegburg, S. 199. 4e ) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 139f.; Τ h. Μ a y e r , Fürsten und Staat, S. 207; siehe unten, S. 135f. " ) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 140. 48 ) S e m m l e r , Siegburg, S. 192.
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
3. D i e p ä p s t l i c h e
„Eigenkloster"-Politik
Gegen das bischöfliche Eigenkirchenrecht, was dessen Niederschlag im absoluten, willkürlichen Verfügungsrecht über die Klöster betraf, gab es auch Gegentendenzen, die sich in gewissem Sinne schon in der cluniazensischen Reform manifestierten. Cluny gelangte in den Genuß einer Exklusivität vom Episkopat, nachdem die freie constitutio des Abtes, freilich eigenkirchenrechtlich verstanden, und 998/9 sogar die Exemtion aus dem Diözesanverband erreicht werden konnten49. Wenn audi die maßgeblichen Motive dafür durch die Interessen der weltlichen Gewalten bedingt waren und nicht durch bewußtes Reformstreben gegen das bischöfliche Eigenkirchenrecht, wurde die eigenkirchenherrliche Gewalt des Bischofs dadurch de facto doch erheblich eingeschränkt. Im deutschen Bereich entstand eine Bewegung solchen Ausmaßes nicht. St. Emmeram in Regensburg zielte mit seinen Fälschungen in der Mitte des 11. Jahrhunderts nur auf die „verfassungsrechtliche Immunität" ab 50 , aber nicht auf die Exemtion von der bischöflich-geistlichen Gewalt 51 . Auch Hirsau hatte nicht die antiepiskopalen Tendenzen Clunys übernommen52, schon gar nicht Siegburg, das sich ganz der episkopalen potestas und auctoritas fügte53. In der Salzburger Kirchenprovinz ist, mit Ausnahme von St. Emmeram, das ganze 11. Jahrhundert hindurch kein Versuch eines Klosters oder Stiftes festzustellen, aus eigener Initiative die verfassungsrechtliche Immunität oder gar die Exemtion anzustreben. Statt dessen wirkten hier päpstliche Maßnahmen seit dem letzten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts bis zu einem gewissen Grad in diesem Sinne, wenn auch die Grundintention eine andere war: gemeint sind die päpstlichen Kloster4 ' ) Vgl. F i c k e r , Reichskirchengut, S. 2 5 ; T e i l e n b a c h , Neue Forschungen über Cluny, S. 16; J a k o b s , Die Hirsauer, S. 82ff., 224f. 50) B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 8 - 1 0 und 31ff. Für die U n tersuchungen Brackmanns bedeutet das Vorgehen von St. Emmeram geradezu einen programmatischen Auftakt für eine dann durch das Reformpapsttum geförderte gemeinsame Kampagne von Papst und Klöstern des Erzbistums Salzburg gegen die Bischöfe im 12. Jahrhundert. In dieses Programm paßte nur ein EigenkirchenErzbischof Konrad I., dessen eigentliche Rolle im Prozeß der verfassungsrechtlichen Entwicklung überdeckt wurde.
) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 10. ) Das ist eines der Hauptergebnisse der Untersuchung von Hirsauer. 5S) S e m m 1 e r , Siegburg, S. 364. 51 52
Jakobs,
Die
Päpstliche „Eigenkloster'-Politik
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Privilegien, die verschiedenen Stiften und Klöstern die libertas Romana zusicherten, nachdem diese dem Papst übereignet worden waren 54 . Das Regularkanonikerstift Rottenbuch machte 1090 den Anfang 55 . Diese päpstliche Klosterpolitik war nicht prinzipiell gegen die Gewalt des Ordinarius gerichtet, vielmehr konnten damit zuverlässige Stützpunkte der reformpäpstlichen Richtung auch in die Diözesen der kaiserlich gesinnten Bischöfe gesetzt werden, da die päpstlichen Stifte und Klöster nur den Papst zum Eigenherrn hatten und sich auch der bischöflichen Amtsgewalt entziehen konnten, wenn der Ordinarius nicht kanonisch, d. h. nicht päpstlich gesinnt und gemäß den Kanones eingesetzt war5®. Die päpstliche Oberhoheit konnte freilich in der Regel nur fiktiv sein57, denn der Papst war nicht in der Lage, seine Hoheitsrechte gegen die örtlichen Gewalten zu vertreten; er war gezwungen; dem Vogt diese Rolle zu überlassen, wodurch das Vogteiinstitut eine entscheidende Belebung erfuhr: es trat die Nachfolge des laikalen Eigenkirchenrechts an 58 . So war die päpstliche Eigenklosterpolitik schließlich de facto sogar vornehmlich gegen den Bischof gerichtet, und die mächtigsten Fürsten und Grafen übereigneten nun ihre Gründungen und Hausklöster immer häufiger dem Papst - schon bei Rottenbuch treffen wir auf die Weifen als Gründer, bei St. Paul auf den Grafen Engelbert I. von Spanheim 59 , bei St. Lambrecht auf den Eppensteiner Herzog Heinrich III. von Kärnten 60 , bei Michaelbeuern auf den Grafen
" ) Vgl. dazu B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 14; neuerdings audi Ρ f a f f , Sankt Peters Abteien im 12. Jahrhundert, der den Versuch einer systematischen Differenzierung des Rechtsstatus dieser „päpstlichen" Klöster und Stifte unternimmt. 65 ) GP 1, S. 375, Nr. 1; vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 52. M ) Vgl. S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 1, S. 29f. und 172ff. So z . B . im Privileg für Rottenbuch vom 28. Jan. 1092, GP 1, S. 375f., Nr. 2; PL 151, Sp. 338, Nr. 58: Alias vero, vobis liceat catbolicum quem volueritis adire antistitem . . . 57 ) E n g e l s , Sdiutzgedanke und Landesherrschaft, S. 232; für den dort behandelten Raum findet sich dieselbe Entwicklung, ebd., S. 200-233. - Einer der seltenen Fälle, daß der „Eigenklosterherr" Papst tatsächlich im eigenkirchenrechtlichen Sinne handelte, war die Übertragung der Abtei Harsefeld durch Viktor IV. 1160 an den Erzbisdiof Hartwig von Bremen für eine jährliche Rente, JL 14 433 und JL 14 432; dazu Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 85. 58 ) Vgl. H i r s c h , Studien über die Privilegien, S. 522; J a k o b s , Die Hirsauer, S. 162. 69 ) GP 1, S. 118, Nr. 1. Eine Kurzdarstellung der Klostergeschichte von F r e s a c h e r , Das Benediktiner-Kloster St. Paul. GP 1, S. 103, Nr. 1. Zur Geschichte des Klosters M e z l e r - A n d e l b e r g , St. Lambrecht; Κ 1 a a r , Eppensteiner, passim, bes. S. 121ff.
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von Peilstein61, bei Millstatt auf den Pfalzgrafen Engelbert62 - ; damit waren sie dem bischöflichen Einflußbereich etwas entzogen, zumal sich die Gründer durchwegs die Vogtei sicherten. Auch Stifte und Klöster in Diözesen päpstlich gesinnter Bischöfe wurden dem Papst jetzt angetragen, wie das Reformstift Klosterneuburg 1135 durch die Babenberger, deren damit verbundene Ziele bereits angedeutet wurden: Sicherung der eigenen Rechte gegenüber dem bischöflichen Einfluß und ein erster Versuch, die Errichtung einer Art Landeskirche in kleinem Rahmen durch Straffung des gesamten Eigenkirchenvermögens unter der Führung Klosterneuburgs anzubahnen63. Diese Beobachtung wird ergänzt durch die Tatsache, daß kleinere Herren ihre Gründungen vornehmlich an die Bischöfe übereigneten, wie wir bei Sedtau, Weyarn oder Höglwörth gesehen haben: für sie war es wichtig, ihre Stiftungen in einen wirksamen Sdiutz vor der expandierenden Territorialpolitik mächtiger Nachbarn zu stellen, der bei einer Übertragung an den Papst nicht gewährleistet war. Von dieser Praxis konnten durchaus, ja mußten unter Umständen Impulse ausgehen in dem Sinne, einen Lockerungsprozeß der bisherigen engen eigenkirchenrechtlichen Bindungen zwischen Bischof und Kloster einzuleiten, wenn ein Bischof versuchen wollte, sein Herrschaftssystem, wie einst beim Eindringen des Eigenkirchenrechts, den neuen Strömungen, nun dem kurialen Gedankengut, anzupassen. Das wurde verstärkt durch den Umstand, daß bisweilen audi bischöfliche Eigenklöster, wenn sie gegen antipäpstlich eingestellte Bischöfe geschützt werden sollten, päpstliche Schutzprivilegien erhielten, wie Admont im Jahre 1104, worin Verbote gegen Güterentfremdung und bischöfliche exactiones ausgesprochen wurden64. Damit konnte eine, wenn auch anfangs, wie bei Admont, meist recht wirkungslose, rechtliche Grundlage und Absicherung gegenüber bischöflichen Ubergriffen geschaffen werden65. Auf diesem Hintergrund ist die Stifts- und Klosterpolitik des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg zu verfolgen, auf einem Hintergrund, e l ) GP 1, S. 56f., N r . 1. Die Obereignung erfolgte vor 1104. Zur Klostergesdiidite F i l z , Michaelbeuern. e 2 ) G P 1 , S. 107, N r . 1. Zur Klostergesdiidite Weinzierl-Fischer, Geschichte des Benediktinerklosters Millstatt. Die Gründung erfolgte bereits um 1088 durdi Aribo VI., Graf im unteren Salzburggau. e 3 ) Vgl. oben, S. 80f. • 4 ) G P 1, S. 90, N r . 1. Vgl. M e z l e r - A n d e l b e r g , Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 34f. e 5 ) Zur Entwicklung des päpstlichen Schutzinstitutes im 11. und 12. Jahrhundert vgl. auch P f u r t s c h e l l e r , Die Privilegierung des Zisterzienserordens.
Güterabsdiiditung
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der bestimmt ist einmal durch das bis zum Beginn des 12. Jahrhunderts konsequent praktizierte bischöfliche Eigenkirchenrecht gegenüber den Eigenstiften und Eigenklöstern in der Diözese Salzburg; zum anderen durch Bestrebungen zu einer Lösung vom Eigenkirchenrechtsprinzip bei Klöstern und Stiften durch das Wirken der libertas Romana, das den damit ausgezeichneten Institutionen ein Höchstmaß an Freiheit vom Eigenkirchenwesen einräumen sollte. Dabei spielte es vorerst keine Rolle, daß sich der laikale Einfluß auf anderem Wege erneut Zugang schaffen konnte.
4. D e r A b b a u d e s e p i s k o p a l e n Ε i geηk i r ch eηw eseη s gegenüber Stiften und K l ö s t e r n d u r c h d e n E r z b i s c h o f K o n r a d I. a) G ü t e r a b s c h i c h t u n g Die Kloster- und Stiftspolitik in verfassungsrechtlicher Hinsicht ist für die Regierungszeit des Erzbischofs Konrad I. vor 1121 auch nicht annäherungsweise zu erfassen, da es keinerlei Quellenaussagen darüber gibt. Die Besitzbestätigung für Nonnberg von 1117 ist eine nachträgliche Beurkundung von 1140/4466, so daß es unsicher ist, welcher Zeit die Formulierung omnia conscriptione hac pontificali, ut rata tarn presentibus quam futuris sint, roboramus zuzuordnen ist, die einen bischöflichen Eingriff in die Besitzverhältnisse des Nonnenklosters erschweren mußte. Deutlich dagegen zeichnet sich die Einstellung des Erzbischofs nach seinem Exil in Sachsen ab. Die Vermögensabschichtung für das Salzburger Domkapitel seit 1121/22, die auch als Sicherung des Domkapitelgutes zu verstehen ist, wurde bereits erwähnt. Genau in diesem Sinne legen aber auch andere Quellen für seine Bistumspolitik Zeugnis ab. Von 1129 ist bereits ein Tausch des Erzbischofs mit dem Regularkanonikerstift Au überliefert 67 . Man muß sich dabei noch einmal vergegenwärtigen, daß Au auf altem hochstiftlichem Dominikalgut wiedererrichtet worden war 68 , wenn auch die Herren von Megling
··) SUB 2, S. 187f., Nr. 119,1117 Juni 9. ") SUB 2, S. 205f., Nr. 137. ·») Vgl. oben, S. 46f.
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manches Gut dazugegeben hatten. Der Erzbischof hatte zumindest noch vor dem Wiederaufbau und dem Ausbau des Stiftes volle eigenkirchenherrliche Gewalt über dieses besessen. Ein Tausch setzt jedoch bereits eine gewisse gleichberechtigte Stellung der Parteien voraus, wie das bei einem neuerlichen Tauschgeschäft zwischen Au und dem Erzbischof Konrad I. klar zum Ausdruck kommt in dem Satz: quod ei dedimus quodque ab eo recepimus equa vicissitudine commutatis69. Dazu stellte jede Partei Gutachter, die den gleichen Wert der Tauschgüter feststellen sollten. Seit dem Ende des dritten Jahrzehnts des 12. Jahrhunderts mehren sich die Indizien dafür, daß der Erzbischof den meisten der noch vor kurzem in völliger rechtlicher Abhängigkeit von ihm stehenden Stiften und Klöstern freie Verfügungsgewalt über ihr Gut einräumte, die seine unmittelbare immer mehr ausschloß. Admont erhielt 1130/35, nachdem 1104, wie erwähnt, der Papst eine allgemeine Besitzbestätigung schon ausgestellt hatte, auch die bischöfliche für die von Konrad selbst übertragenen Güter 70 . Die Sprengelzuteilung für Gurk deutet ebenso auf die vom Erzbischof Gebhard verschiedene Grundhaltung Konrads hin 71 . Eine Schlüsselstellung in diesem Zusammenhang nimmt Konrads Besitzbestätigung für Reichersberg von 1137 ein, in der geradezu eine Rechtfertigung für diese Praxis des Erzbischofs gesucht wurde: der allgemeine Kirchenbesitz werde durch diese Schenkungen und ihre Bestätigungen nicht vermindert; es bedeute keine distractio, heißt es, im ββ ) SUB 2, S. 228, Nr. 151, 1132-1147; die Urkunde ist natürlich erst in die Zeit nach Anfang September 1142 zu setzen, da der Propst Kuno von Suben (1142 bis nach 1166) in ihr genannt wird. Der ganze Tenor der Tauschurkunde ist im Sinne der Gleichberechtigung beider Partner in besitzreditlichem Bereich gehalten: Dedimus ergo ei et jratribus ipsius sub communis vite professione deo servientibus predium quod habebamus in loco Pirchinwanch vocato cum omnibus eius pertinentiis, cum pascuis, cultis et incultis, quesitis et inquirendis. Prefatus autem prepositus vicisstm dedit nobis, quicquid possessionis et iuris habuerat Ouensis congregatio in locis infra nominatis, scilicet Sandenheim, Bethenheim, Windiberch, Grunted, missis tarn ex parte no s tri quam ex parte congregation is fidelibus nunc it s, qui prediorum utilitatem exam inarent et sub c er t a testificatione iu s tarn commutationem a f f i r m a r e n t (ebd., S. 228f.). 70 ) SUB 2, S. 213ff., Nr. 141; auch die nachträgliche Bestätigung der durch den Erzbischof Gebhard dem Kloster übertragenen Güter durch den Erzbischof Konrad I. ist ganz im Geiste von Konrads Gegenwart bestimmt (SUB 2, S. 213, Nr. 140, 1130/35): . . . unanimi maioris ecclesie canonicorum et ministerialium saneti Rudperti consilio et assensu beschreibt einen Einfluß dieser beiden Gemeinschaften, wie er erst unter Konrad I. zum Durchbruch kommt. 71 ) SUB 2, S. 223fF., Nr. 147, 1131 Juli 17.
Güterabsdiichtung
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Gegenteil, die res episcopates würden dadurch noch vermehrt 72 . Die distractio des Dominikalgutes wurde also im Prinzip genau erkannt 73 , nur hatte sie de facto nicht diese Bedeutung, wie wir noch sehen werden. Der Hinweis dabei auf die Abhängigkeit Reichersbergs vom Hochstift als Rechtfertigung darf nicht falsch interpretiert werden: auch diese wurde vom Stift erstrebt und betont, was dennoch kein Widerspruch und mit dem extremen Standpunkt Gerhochs von Reichersberg — sein Diktat liegt der Urkunde zugrunde - von der Freiheit der Kirche vereinbar war, denn sie bedeutete zu dieser Zeit in erster Linie Abhängigkeit vom Schutz durch den Erzbischof. Nirgendwo ist besser als hier der subtile Begriffswandel und Begriffsgebraudi nachzuvollziehen 74 , der das Ende des unverfälschten Salzburger episkopalen Eigenklosterwesens signalisiert. Konrads Bestimmungen und Drohungen in den Bestätigungsurkunden auch gegen etwa abweichende Maßnahmen seiner Amtsnachfolger, der Salzburger Erzbischöfe, schon in der Reichersberger Besitzbestätigung scharf formuliert 75 , treten nun gehäuft auf: in der Besitzbestätigung für Admont vom 10. Oktober 1139 7 6 , vor allem in den Be7 2 ) SUB 2, S. 260, N r . 176, 1137: . . . ratum esse convenit subsidium, quo nos auctore deo de nostra copia illius inopiam supplevimus, quoniam hoc η ο η est r er um episcopalium distractio sed ampliatio, si pauper ib us Christi episcopatum respicientihus et ah e ο pendent i bus competens f i a t sustentatio . . . Unde successors nostros per tremendum ultimi examinis iudicium obtestatos et obsecratos esse volumus, ut ratum habeant, quod nos divine pietatis intuitu in Richerispergensis cenobii consolationem disposuimus. 7 3 ) Bezeichnenderweise stammt das Diktat der Urkunde vom Empfänger, dem Propst Gerhoch von Reidiersberg, vgl. C l a s s e n , Gerhodi, S. 333, Nr. 12; M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 638f. n ) C l a s s e n , Gerhodi, S. 43-47, hat das Problem der verfassungsrechtlichen Einordnung dieser Urkunde umgangen, nur S. 77 meint er pauschal: „Gerhodi sudit deutlich, die beurkundeten Rechte mit seinen eigenen Anschauungen vom kanonischen Recht zu vereinigen, wenn er hervorhebt, die Schenkung bischöflichen Gutes an das Chorherrnstift bedeute keine unkanonische Entfremdung des Bischofsgutes, weil ein Eigenstift des Erzbisdiofs beschenkt wurde." Ein Eigenstift im eigenkirchenrechtlidien Sinne war Reidiersberg eben nicht mehr, wie nodi deutlich wird, weshalb die Schenkung tatsächlich vordergründig den Eigenbesitz des Erzstifts verminderte. Eine Bestätigung unserer Überlegungen neuerdings bei L a z z a r i n o del G r o s s o , Armut u. Reichtum, S. 10, 13, 24ff., 32, 38f., 50 u. 101. 7 5 ) SUB 2, S. 260, Nr. 176: Quecunque autem secularis aut sρ iritalis persona, quod a nobis est pie dispositum, aliquo modo duxerit in irritum, in ultimo examine reddat rationem coram summo iudice, und oben, Anm. 72. 7 6 ) SUB 2, S. 288, N r . 196: . . . inbannivimus, ut null us successor um nostrorum hanc nostre auctoritatis paginam infringere et prefatis fratribus designatas possessiones auferre, minuere vel ahalienare presumat.
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stätigungen für die tradierten Güter zur Errichtung neuer Stifte und Klöster, so für das Regularkanonikerstift Feistritz-Seckau77, für das Reformkloster Attel 78 , für das Zisterzienserkloster Viktring 79 oder für das Regularkanonikerstift Weyarn 80 . Kann diese Besitzsicherungsklausel in den zuletzt genannten Fällen noch auf den entsprechenden Wunsch des Stifters zurückgeführt werden 81 , so wird dieser Einwand gegenstandslos im Falle von St. Zeno-Reichenhall. Dieses Regularkanonikerstift wurde auf altem Salzburger Kirchenbesitz errichtet, ohne jede Beteiligung eines Dritten. Der Erzbischof Konrad I. bestätigte ihm schon in der Stiftungsurkunde vom 5. April 1136: Quod ergo de superfluis nostris usui pauperum contulimus, perpetua stabilitate in usu eorum permanere volumus82; der Erzbischof und seine Nachfolger besaßen damit keine freie Verfügungsgewalt mehr über dieses Gut, auf Initiative und auf den Willen des Erzbischofs hin. Man kann demnach als erste Neuorientierung im Rechtsstatus einer Reihe von Salzburger Stiften und Klöstern festhalten, daß es dem Erzbischof nicht mehr möglich war, willkürlich den Stiftsbestand zu verändern. Dabei ist vor allem entscheidend, daß diese Bestimmung nicht nur auf Grund von entsprechenden Forderungen der Stifterpersonen erfolgte, sondern auch vom Erzbischof selbst ohne diesen direkten " ) SUB 2, S. 291, Nr. 199, 1140 Jan. 10: . . . si forte succedentium episcoporum aliq ui s iusticie regulam exorbitans supradictum locum eique attinentia aliis quam destinatis usibus addicere presumpserit hancque huiuscemodi delegationem cassare studuerit, hat der Stifter oder sein Erbe das Recht, das Stift dato nummo aureo super altare prefate Salzburgensis ecclesie de episcopali potestate emancipare et divinis, ut dictum est, obsequiis separare. 78 ) SUB 2, S. 341, Nr. 237: Et si quis episcoporum ipsum aggravare presumpserit vel in aliquo molestare voluerit, fundatoris progenies V denarios sancto Rodberto singulis annis persolvat locusque sub infestatore libertatem habeat. 7e ) SUB 2, S. 311, Nr. 211, 1143: ... ut nulli unquam per s one episcoporum, advocatorum vel cuiuslibet hominis liceat... 80 ) SUB 2, S. 235, Nr. 158, 1133 Juli 9: . . . ut si quis episcoporum in alium usum, quam nos ordinavimus, retorquere presumpserit, proximus nostre consanguinitati super altare sancti Rodberti unum Bizancium exsolvat et ipsam canonicam cum eius utensilibus in proprium ius redigat. 81 ) In diesem Bereich ist eine Weiterentwicklung bei der traditio von Vorau anzutreffen, die der Gesamtentwicklung entspricht: wird die Stiftung durch einen Bischof oder Prälaten bestimmungswidrig verwendet oder enteignet, so fällt sie sofort, ohne irgendeine symbolische Zahlung, an die Stifterfamilie zurück (StUB 1, S. 446, Nr. 479, 1163: Si uero, quod absit, aliquis episcoporum siue alior um prelatorum quis pi am predia iam sepius memorata a monasterio in Vorowe alienare aut in proprios usus redigere quocunque modo presumpserit. . .). 82 ) SUB 2, S. 254, Nr. 171.
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äußeren Zwang bei bischöflichen Eigenstiften angewandt wurde. Das deutet an, daß ihm selbst unmittelbare absolute Verfügungsgewalt als Eigenkirchenherr nicht mehr primäres Ziel war, und läßt im weiteren Sinn erkennen, daß die durch die päpstliche Klosterpolitik hervorgerufenen Impulse zur Neuorientierung des klösterlichen Rechtsstatus von einem Reformbischof wie dem Erzbischof Konrad I. offenbar berücksichtigt wurden 83 . Es kann infolgedessen nicht verwundern, daß die päpstlichen Privilegien für die Regularkanoniker des Salzburger Reformverbandes überwiegend auf Intervention oder unter Beteiligung des Erzbischofs ausgestellt wurden. Schon das Privileg Honorius' II. vom 30. April 1125/26 84 für das Salzburger Domstift war interventu venerabilis fratris nostri Chonradi Salzburgensis arcbiepiscopi85 erfolgt und umfaßte immerhin neben der Bestätigung des ordo eine des Besitzes, die es jedem verbot possessiones auferre vel ablatas retinere, minuere vel temerariis vexationibus fatigare, also die bekannte allgemeine Besitzbestätigungsformel, nachdem vorher der positive Besitzanspruch gesichert worden war mit: Vobis itaque vestrisque successoribus in canonici. religione mansuris ea omnia perpetuo possidenda sancimus, que inpresentiarum iuste et legitime possidetis sive in futurum largiente deo iustis modis poteritis adipisci86. Das nächste für ein Verbands-Mitglied ausgefertigte Papstprivileg - außer dem für das Domkapitel von 1139 - stellte der Papst ebenfalls venerabilis fratris nostri Conradi Salzburgensis arcbiepiscopi precibus inclinati am 8. Januar 1142 für Reichersberg aus 87 , mit einer Besitzbestätigung, welche die Güter detailliert aufführt. Ebenso erwähnt das Privileg vom 12. März 1143 für Seckau88 die Intervention Konrads. Der Papst Lucius II. bezog sich in seinem Privileg für St. Zeno-Reichenhall vom 5. April 1144 sogar aus83 ) Entsprechendes konnte Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 168, für den Halberstädter Reformbischof Reinhard feststellen, bei dem ebenso eine Orientierung am kurialen Gedankengut zu bemerken sei. 84 ) Zur Datierung siehe unten, S. 244f. 85 ) SUB 2, S. 202f., Nr. 133; GP 1, S. 48, Nr. 2. Demnach dürfte audi das Privileg von Calixt II. für das Domkapitel vom 19. Febr. 1123 (SUB 2, S. 195-197, Nr. 128; auch Β u 11 a i r e du Pape Calixte II, Bd. 2, hgg. von R o b e r t , S. 108f., Nr. 343; GP 1, S. 47f., Nr. 1), das als Vorurkunde diente, kaum gegen den Willen des Erzbischofs zustande gekommen sein, auch wenn eine entsprechende Interventionsformel fehlt. » ) SUB 2, S. 203, Nr. 133. " ) PL 179, Sp. 575, Nr. 514; GP 1, S. 192, Nr. 8. ββ ) GP 1, S. 100, Nr. 1; StUB 1, S. 219, Nr. 211.
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drücklich auf die erzbischöfliche Urkunde vom 5. April 1 1 3 6 8 9 mit der Formel prout venerabilis frater noster Chunradus Salzburgensis archiepiscopus ordinavit et scripto suo firmavit90. Die päpstlidie Besitzbestätigung für Suben vom 4. Januar 1 1 4 6 9 1 erfolgte, nachdem von Konrad eine solche bereits ausgestellt worden war, auf die sich der Papst stützte 9 2 . N u r beim Privileg für Herrenchiemsee vom 29. Oktober 1 1 4 2 9 3 liegt kein direktes Zeugnis für ein Zusammenwirken von Papst und Erzbischof vor. Wenn man jedoch berücksichtigt, daß ein Papstprivileg vom 9. April 1143 für Neustift-Brixen nach der Vorlage dieses Innocenz-Privilegs für Herrenchiemsee geschrieben94 und ausdrücklich Hartmanni Brixinensis episcopi precibus ausgestellt wurde, so darf man mit guten Gründen annehmen, daß audi die Privilegierung H e r renchiemsees nicht gegen den Willen des Salzburger Erzbischofs geschehen war 9 5 . Freilich wären solche Besitzbestätigungen an sich nicht außergewöhnlich. Auffällig daran ist, daß die Rechtsabhängigkeit von Salzburg jeweils unerwähnt bleibt, obwohl der Erzbischof an der Beurkundung beteiligt w a r : er hatte daran offensichtlich kein Interesse. Allgemein gesehen bezeugen die genannten Beispiele eine weitgehende Zusammenarbeit zwischen dem Papst und dem Erzbischof 98 . ) SUB 2, S. 253ff., Nr. 171. »») PL 179, Sp. 851, Nr. 18; GP 1, S. 66, Nr. 1. 9 1 ) GP 1, S. 188, Nr. 1; ediert bei B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 205-207. 92 ) SUB 2, S. 737, Nr. D 3 1 ; die Datierung kann nicht, wie von M a r t i n angegeben, 1142/47 lauten, sondern nur 1142/45, da die Urkunde ja vor das EugenPrivileg zu setzen ist. M ) G P 1 , S. 70, Nr. 1; A c t a pont. Rom. inedita, Bd. 2, hgg. von P f l u g k H a r t t u n g , S. 326f., Nr. 365. »") GP 1, S. 147, Nr. 1; U r k. Neustift, hgg. von Κ u g 1 e r , FRA II, 77, S. 29, Nr. 1. Vgl. B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 39 und 77. 95 ) Genau in diesem Punkt verfolgen die Untersuchungen von Brackmann eine andere Richtung. Er sieht auch jetzt in den Privilegien der Päpste für die Stifte nur den Versuch, „die Rechte der bischöflichen Eigenklosterherren einzuschränken . . . Dahin gehört zunächst das Verbot der Entfremdung der Klostergüter durch den bischöflichen Herrn des Klosters" ( B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 61). Im Prinzip sagen die Privilegien das freilich aus, aber sie stehen damit nicht in Gegensatz zu Konrads eigener Politik, wenn sie Maßnahmen bestätigen, die vom Erzbischof bereits vorher vollzogen worden sind! 8e
9 ") Die Bischofspolitik im Halberstädter Reformkreis muß in dieser Hinsicht nahe an die des Salzburgers herangerückt werden. 1116 bemühte sich der Bischof Reinhard von Halberstadt um den päpstlichen Schutz für Hamersleben, ein bischöfliches Eigenstift ( J L 6 5 1 2 ; vgl. B o g u m i l , Halberstadt, S. 112). mit dem der Papst den ordo und den Besitz bestätigte. Damit wurde erstmals der päpstliche Schutz für
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So wird dann auch verständlicher, daß sich der Erzbisdiof bei den päpstlichen „Eigenstiften" Berchtesgaden und Baumburg praktisch an die Stelle des Papstes begeben durfte, und daß diese Stifte an den Salzburger Verband angeschlossen werden konnten, nur so auch, daß der Erzbischof bei Stiften außerhalb seiner Diözese, für die offenbar keine reformgünstigere Rechtsbasis zu erreichen war, sich für eine Ubereignung an den Papst einsetzte, wie bei Dießen97. Freilich darf hier nicht der Eindruck entstehen, als sei dieser Übergang vom unmittelbaren Verfügungsrecht des Erzbischofs zum freien Verfügungsrecht des Klosters und Stiftes über seinen Besitz überall gleichmäßig und vollständig vor sich gegangen. Vielfach noch wurden Gütergeschäfte der Stifte in Anwesenheit des Erzbischofs oder unter seiner Aufsicht vorgenommen98. Auch erreichten nicht alle Stifte diese Unabhängigkeit. Die neu tradierten Stifte Weyarn und Seckau nahmen wie die Klöster Attel und Viktring eine gewisse Sonderstellung ein, da sie von vornherein aus der vollen Verfügungsgewalt des Erzbischofs ausgenommen waren. Die Stifte dagegen, welche aus Dominikalgut errichtet worden waren, zu denen noch das mit vollem Verfügungsrecht übertragene Suben zu zählen ist, waren allein von der Initiative des Erzbischofs abhängig. Für die größeren Stifte Reichersberg, Herrenchiemsee, St. Zeno-Reichenhall, Suben, auch Au dürfen wir die vollzogene Abschichtung nach den oben getroffenen Feststellungen annehmen, das Gurker Domkapitel hatte bereits unter dem Bischof Hiltebold, wohl auf Anordnung des Erzbischofs, eine eigene mensa erhalten 99 . ein Bisdiofskloster in die Diözese Halberstadt gebracht. Zwischen dem 20. Okt. und dem 1 1 . N o v . 1 1 1 9 stellte Calixt II. auf Reinhards Bitten hin ein Sciiutzprivileg f ü r St. Johann in Kaltenborn und St. Johann in Halberstadt aus ( Β ο g u m i 1 , Halberstadt, Urkundenanhang, S. 262f.). Im Schutzbrief des Bischofs Rudolf v o n Halber Stadt f ü r das v o n Regularkanonikern geleitete Benediktinerinnenkloster Hadmersleben v o m 1. A p r i l 1 1 4 3 heißt es: Horum quoque fidelissimt successores Honorius papa II. et Innocentius papa II. omnia in hoc episcopatu monasteria regularium clericorum et sanctimonialium feminarum sub episcopo et patribus gubernanda secundum Reinhardt episcopi Privilegium constituerunt (HUB 1, S. 1 7 3 , N r . 204). Auch hier t r e f f e n w i r also auf Anzeichen enger Zusammenarbeit v o n Bischof und Papst (vgl. Β ο g u m i 1 , Halberstadt, S. 127). A u f die hervortretende Bereitschaft der Päpste der nachgregorianischen Epoche grundsätzlich, mit den Reformbisdiöfen zusammenzuarbeiten, weist Κ e m ρ f , Kanonistik und kuriale Politik, S. 16, hin. »') Τ r a d. Dießen, 1. Teil, hgg. v o n S c h l ö g l , S. 103, N r . 2. 1 1 3 2 Febr. 6. >e ) Z . B . bei A d m o n t , SUB 2, S. 192, N r . 1 2 4 ; beim Domstift Salzburg, SUB 1, S. 6 2 1 , N r . 7 8 ; S. 590, N r . 8 ; bei A u , MB 1, S. 129, N r . 1. M ) M C I , S. 9 1 , N r . 54, 1 1 2 4 . Diese U r k u n d e ist z w a r eine Fälschung v o n 1196/
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Die Kleinstifte Bischofshofen und Zell am See blieben dagegen weiterhin völlig in der Verfügungsgewalt des Erzbischofs. Das ergibt sich daraus, daß der Erzbischof bei Schenkungen an diese Stifte aus Hochstiftsgut offenbar nie eine Zustimmung des Domkapitels benötigte 100 , und daß beide Stifte 1217 dem neuerrichteten Bistum Chiemsee zur Ausstattung übertragen werden konnten. Sie überstiegen nicht den Rechtsstatus von Kirchen, auf die das bischöfliche Eigenkirchenrecht nach wie vor angewandt wurde 101 . Bei Gars, Maria Saal und Höglwörth ist unsicher, wieweit die güterrechtsmäßige Selbständigkeit erreicht wurde. Einerseits wurde an Gars noch unter dem Erzbischof Konrad I. der Archidiakonat übertragen, was doch auf eine gewisse Bedeutung hinweist 102 ; andererseits konnte der Erzbischof Adalbert III. um 1170 dem Stift - freilich in der besonderen Situation, daß in Gars ein kaiserlicher Propst eingesetzt worden war - die Kapelle Pürten enteignen, allerdings eigenmächtig, wie der Papst Coelestin III. rügend vermerkte. Gegen das Vorgehen des Erzbischofs erhob sich denn auch nach kurzer Zeit heftiger Widerspruch, und ein Streit brach aus, in dem Gars bezeichnenderweise alte Eigentumsrechte geltend machen konnte: Pürten war noch vom Erzbischof Konrad I. übertragen worden 103 . Ein päpstliches Privileg mit einer Besitzbestätigung erhielt Gars zwar erst 1185104, aber man muß bei diesem Stift schon für die Zeit der ersten Jahrhunderthälfte mit einer vermögensrechtlich selbständigen Position rechnen. Bei Maria Saal und Höglwörth können wir infolge mangelnder Quellen noch schwerer zu einer Aussage kommen. Bezeichnenderweise zählte Höglwörth zu den kleinen Stiften und mußte bis zu seiner Auflösung zu Beginn des 19. Jahrhunderts stets um die Existenzgrundlage kämpfen. Dennoch wird man gerade im Falle Höglwörths geneigt sein, eine solche Selbständigkeit anzunehmen, da das Interesse der Mitgründerfamilie, der Plainer Grafen, sicher in diesem Sinne gewirkt haben wird. Um 1230 erteilte der Graf Liutold IV. selbst eine Besitzbestätigung105. 1200, geht aber auf eine Aktnotiz zurück, vgl. die Vorbemerkung von J a k s c h ebd., S. 90f. 10 °) SUB 2, S. 498, Nr. 355a und 355b; S. 450, Nr. 324. ιοί) Vgl. Ζ e d i η e k , Die rechtliche Stellung der klösterlidien Kirchen, S. 98ff.; seit dem 12. Jahrhundert tauchen Bestimmungen wie die „pleno iure Pertinenz" auf. 102 ) Vgl. unten, S. 194. 103 ) Zu diesem Streit siehe unten, S. 230f. 104 ) GP 1, S. 80, Nr. 2. 105 ) Siehe oben, S. 54f.
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Vollständig war somit das reine bischöfliche Eigenklosterrecht unter dem Erzbischof Konrad I. zwar nicht überwunden, was auch in der Zukunft immer wieder Zündstoff in sich bergen konnte108. Es ist aber deutlich geworden, daß der Erzbischof Konrad I. eine eigenkirchenrechtliche Bindung der Stifte im besitzrechtlichen Sinne in den meisten Fällen nicht mehr erstrebte und daß er sich mit dieser Politik ganz im Einvernehmen mit den päpstlichen Reformvorstellungen befand. Die Grundtendenz der freien Selbstverfügung der Stifte über ihr Eigengut bricht unter Konrads Nachfolger nicht ab. Im Gegenteil: als der Erzbischof Eberhard I. 1158 an Au ein Gut schenkte, tat er das unter der Bedingung, ut... si forte, quod absit, ordo canonicus secundum regulam sancti Augustini apud vos esse desierit, in dominicalia nostra possessio predicta revertatur107. Daß ihm die Verfügungsgewalt mit dieser Schenkung entzogen war, war ihm also von vornherein bewußt. Wie einst die laikalen Stifter mußte jetzt der Erzbischof Vorbehaltsklauseln einbringen, damit das Gut sozusagen bestimmungsgemäß verwendet werde. Hier noch von bischöflichem Eigenstift im klassischen Sinne zu sprechen, dürfte schwerfallen. Mit dem letzten Beispiel ist audi angedeutet worden, daß es nicht bei einer einmaligen Abschichtung von Dominikaigütern blieb. Bereits der Erzbischof Konrad I. vergrößerte die selbständigen Stifte und Klöster durch zahlreiche Schenkungen, ja man darf behaupten, daß solche erzbischöflichen Schenkungen erst seit Konrad I. überhaupt in nennenswerter Weise - und sogleich überaus zahlreich - einsetzten108. Die Verfügungsgewalt des Stiftes oder Klosters über das geschenkte Gut war voll anerkannt und wurde in der Form der traditio durch den Erzbischof bestätigt109. Güterabschichtung vom hochstiftischen Dominiloe ) Ein Relikt des Eigenkirchenrechts bildete auch die Einrichtung von Außenstiften, also Stiften in fremder Diözese, an sich, auch wenn diese Stifte über ihr Gut frei verfügen konnten wie Reichersberg, Suben und Weyarn. Sie widersprach der römisch-kanonischen Zuständigkeitsverteilung der Ordinarien. Aber auch die Päpste im 12. Jahrhundert sahen darin nichts Anstößiges, sondern unterstützten sogar, wie im Falle von Reichersberg, diese Einrichtung. 107 ) SUB 2, S. 461, Nr. 332a, 1158 Sept. 2. 108 ) Η ο f m a η η , Geschichte der Dotation, der die Besitzverhältnisse des Salzburger Domkapitels - zum Teil freilich korrekturbedürftig - erarbeitet hat, stellt fest (S. 93), daß es bis zum Anfang des 12. Jahrhunderts keine Hinweise darauf gäbe, daß das Domkapitel durch erzbischöfliche Schenkungen mit Gütern des Hochstifts dotiert worden wäre. Seit Konrad I. aber beginnen die überaus zahlreichen Schenkungen, die Hofmann zusammenstellt (S. 94fT.). 10e ) Z . B . SUB 2, S. 309, Nr. 210a, circa 1143: . . . tradidimus .. ut in usus
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kalgutsbesitz zur Bildung von Sondervermögen, die rechtlich gegen jeden Eingriff von außen gesichert waren, auch gegen den des Erzbischofs und seiner Nachfolger, bildet somit ein erstes entscheidendes Kennzeichen der Stifts- und Klosterpolitik des Erzbischofs Konrad I. und beschreibt den neuen Rechtsstatus der meisten Stifte des Salzburger Reformverbandes. b) D i e
Zehntpolitik
Eine Bestätigung der geschilderten Abschichtungs-Politik und gleichzeitig ein Motiv dafür bietet ein Blick auf die Zehntpolitik des Erzbischofs Konrad I. 110 . Zwar hatte sich schon der Erzbischof Gebhard im 11. Jahrhundert darangemacht, das Zehntwesen neu zu ordnen mit dem Ziel, den Zehnt, der sich in Laienhand befand, zurückzugewinnen und anstelle des Gewohnheitszehnten den kanonischen Zehnt zu fordern 111 . Die Art des Vorgehens stellt ihn aber noch in die Reihe der bischöflichen Eigenkirchenherrn. Um vom Edlen Aribo den „richtigen" Zehnt zu erlangen, gestand ihm Gebhard in einer Art Tauschgeschäft mit kirchlichen Einrichtungen den dritten Teil der Zehnten für dessen vier Eigenkirchen mitsamt den Pfarrechten zu 112 , eine Praxis, die er noch öfter anwandte. So zahlte ihm der Edle Hartnid den kanonischen Zehnten von seinen Besitzungen und schenkte ihm dazu noch seine St. Lorenz-Kirche in Leistach, wofür er vom Erzbischof den ganzen Zehnt und die Pfarrechte für seine Eigenkirche zu Feistritz übernehmen konnte 113 . Pfarreien in der Hand von Laien erachtete Gebhard als vertretbares Äquivalent dafür, daß diese ihm die geforderten Zehntzahlungen leisteten. Er war offensichtlich auf Steigerung der Einkünfte fratrum ibidem deo servientium in perpetuum cederet. S U B 2, S. 223, N r . 146, 1131; S. 259, N r . 176, 1137. 110 ) Zum Zehntwesen vgl. S t u t z , Benefizialwesen, S. 240-247; Ρ ö s c h 1, D a s karollngische Zehentgebot; T r e m e l , D a s Zehentwesen; P l ö c h l , Das kirchliche Zehentwesen; D . L i η d η e r , Vom mittelalterlichen Zehntwesen. l n ) Eine Definition dieser beiden Zehntarten liefert eine Urkunde von nach 1165, S U B 2, S. 527, N r . 378: der Gewohnheitszehnt war ein festgesetzter Pauschalbetrag, der immer gleich blieb, der kanonische Zehnt dagegen war der zehnte Teil des jeweiligen Gesamtertrags und gewöhnlich bedeutend höher als der Gewohnheitszehnt; dazu auch D. L i n d n e r , Vom mittelalterlichen Zehntwesen, S. 292; F. Μ. Μ a y e r , Die östlichen Alpenländer, S. 32f., und die Vorbemerkung von M a r t i n in S U B 2, S. 160, N r . 94. 1 1 2 ) S U B 2, S. 166, N r . 99, 1060/88. " » ) S U B 2, S. 164f„ N r . 97; weitere Beispiele: S U B 2, S. 163f., N r . 96; S. 161ff., N r . 95.
Zehntpolitik
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für das Salzburger Hochstift bedacht 114 und nicht gewillt, diese Einkünfte aus der Hand zu geben; 1075 ermahnte ihn der Papst Gregor V I I . , wie erwähnt, eindringlich, nicht mehr den Gurker Bischof nur die Arbeit leisten zu lassen, ihm aber den Lohn der Arbeit, die Zehntzuteilung, vorzuenthalten 115 . Zwar versuchte auch der Erzbisdiof Konrad I., die decima iusta116 und den Zehnt überhaupt zu erhalten. Bei Amtsbeginn sei ihm kaum von einem der Zehnt gezahlt worden, aber mit Mühe und Fleiß habe er es doch dazu gebracht, weiß die Vita Chunradi zu berichten 117 . Seine Mittel dafür hielten sich jedoch enger in den Grenzen der kanonischen Vorschriften als bei seinem Vorgänger Gebhard; er gab nicht mehrPfarrrechte an laikale Eigenkirchen als Gegenleistung aus. Zum Teil scheint er jedoch gezwungen gewesen zu sein, den Laien den Zehnt als Lehen wieder zu überlassen, wodurch er aber immerhin mittels der Lehensherrlichkeit eine Oberherrschaft anmelden konnte 118 . Der andere entscheidendere Unterschied zu Gebhard aber ist der, daß Konrad geradezu ängstlich darum bemüht war, erworbene Zehnten sogleich an seine Stifte und Klöster weiterzugeben. Das Admonter Traditionsbuch berichtet in diesem Sinne: Als es Konrad gelungen war, von dem Herzog Heinrich von Kärnten die Zehntzahlung zu erzwingen, gab er diese Einkünfte sofort dem Kloster Admont, ne secularibus illas in beneficium cedere cogeretur119. Diese Aussage wird bestätigt durch eine Vielzahl von Zehntschenkungen und -Übertragungen an die Stifte und Klöster 1 2 0 . Der Erzbischof Konrad I. verfügte damit in gewissem Sinne freilich auch wie ein Eigenkirchenherr über Kirchengut, aber der Unterschied zu Gebhard besteht darin, daß es ihm nicht mehr auf den persönlichen Reditstitel, d. h. auf die persönliche Verfügung über die Einnahmen ankam. 1I4) S t e i n b ö c k , Gebhard, S. 51, charakterisiert die Einstellung Gebhards mit „Streben der Kirche nach materiellem Besitz". » 5 ) G P 1, S. 19, N r . 43. Register Gregors VII., M G H Epp.sel.11,1, N r . 11,77; auch SUB 2, S. 177, Nr. 109, 1075 Juni 17: . . . illum qtiidem in societatem laboris misisse, sed tibi fructum laboris scilicet decimas retinuisse. l l e ) SUB 2, S. 527, N r . 378. 1 1 7 ) M G H SS 11, S. 75. l l e ) Vita Chunradi, M G H SS 11, S. 7 5 : . . . quamvis eas (— decimas) in beneficio possideri a laicis nulla ratione prohibere valuerit. " " ) StUB 1, S. 139, N r . 123, wohl 1122. Ein entsprechendes Verhalten zeigt D. L i n d n e r , Vom mittelalterlichen Zehntwesen, bes. S. 301, audi für den Freisinger Bischof Otto I. ( 1 1 3 8 - 1 1 5 8 ) auf. 1 2 °) Ζ. B. SUB 2, S. 307f„ N r . 2 0 9 ; S. 230f., N r . 1 5 4 ; S. 206f., N r . 138a und 138b; S. 267, N r . 182; Notae s. Zenonis, F. M. M a y e r , Die östlichen Alpenländer, S. 243, Beilage I I I ; auch Neubruchzehnt, SUB 2, S. 330ff., N r . 230.
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In unserem Zusammenhang bedeutet das, daß er die Abschichtung von Kirchengütern sowie von Zehnten an die Sondervermögen der selbständigen Stifte und Klöster ganz bewußt und gezielt als Sicherung verstand 121 . Daraus ist zu folgern, daß er auch die Bestimmungen gegen Eingriffe in die Besitzangelegenheiten der Stifte und Klöster nicht nur zum Schutz der jeweiligen Institution, sondern im allgemeineren Sinne als Sicherung von diözesanem Kirchengut erließ. Damit lassen sich auch die zahlreichen erzbischöflichen Schenkungen erklären, die neben dem Motiv des Unterhalts der Kanoniker oder Mönche eben auch das der Gütersicherung vorbringen konnten, was schließlich die res episcopates stärkte. Der gesamte bisher festgestellte Absdiichtungsprozeß mit allen Konsequenzen war demnach ein konsequent praktizierter Grundbestandteil von Konrads Diözesanpolitik 122 , und es ist nun zu fragen, auf welche Weise dieses Sondervermögen, das in diesem Sinne einen großen Teil des Diözesangutes repräsentierte, dennoch vom Erzbischof kontrolliert werden konnte. 5. D i e n e u e n G r u n d l a g e n d e s A m t s V e r s t ä n d n i s s e s und der R e c h t s b e ζ i e h u η g e η des E r z b i s c h o f s zu den S t i f t e n u n d K l ö s t e r n a) D i e S c h u t z h e r r s c h a f t d e s Salzburger Erzbischofs Der Abbau des bischöflichen Eigenklosterwesens, wie er für die Salzburger Diözese beschrieben wurde, ist im 12. Jahrhundert keineswegs eine für Salzburg singuläre Erscheinung. Es ist auf Grund der bisherigen Forschung jedoch ersichtlich, daß die Art und Weise, das Ausmaß und die jeweils daraus resultierende neue Ordnung für die verschiedenen Bistümer sehr unterschiedliche Akzente und Abstufungen 1 2 1 ) Auch bei Bischöfen anderer Diözesen müßte dieses Motiv bei Güterschenkungen an Klöster, die zu dieser Zeit überhaupt häufiger als vorher zu verzeichnen sind, berücksichtigt werden. So erscheint es fraglich, ob der Erzbischof Arnold I. von Köln ( 1 1 3 8 - 1 1 5 1 ) , der ebenfalls durch eine Vielzahl von Schenkungen an seine Klöster und Stifte auffällt, dies nur als frommer, „auf sein Seelenheil bedachter Christ" getan hat, wie G r e b e , Arnold I., Teil 1, S. 54, vermutet, der ferner glaubt: „Eine bestimmte Absicht scheint den Strom seiner Spenden nicht gesteuert zu haben." 1 2 2 ) Gewissermaßen sehen wir hier eine Analogie zur Domkapitelgut-Abschichtung bei der mensa-Teilung durch die Bischöfe im 9. und 10. Jahrhundert, die ebenfalls vom Motiv der Sicherung diözesanen Kirchengutes geleitet w a r ; vgl. oben, Erster Teil, Anm. 170.
Schutzherrschaft des Salzburger Erzbischofs
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aufweisen 123 . Um die Besonderheit der Stifts- bzw. Klosterpolitik in der Diözese Salzburg in diesen Zusammenhang einzuordnen, sollen die entsprechenden Verhältnisse in den Diözesen Mainz und Köln als Modelle umrissen werden. Die beiden bieten sich deshalb an, weil sie bereits gründlich erforscht worden sind und für die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts relativ unterschiedliche Entwicklungen zeigen. Die beherrschende Figur in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Mainz war der Erzbischof Adalbert I. (1110-1137) 1 2 4 , ähnlich wie in Salzburg der Erzbischof Konrad I.; für Köln wäre entsprechend der Erzbischof Friedrich I. (1100-1131) 1 2 5 zu nennen. Adalbert I. von Mainz nun schuf eine neue Basis für die Rechtsbeziehung zwischen Kloster bzw. Stift und Erzbischof, die in der Formel libertas Moguntinensis, seit Henny Grüneisen libertas Moguntina126 genannt, zum Ausdruck kommt. Wichtig ist dabei die Grundhaltung des Erzbischofs: er, der keine Laiengründungen gestattete, sah in den ihm durch traditio unterstellten Klöstern und Stiften vor allem eine Besitzerwerbung für das Mainzer Erzstift. Für Neugründungen gab er kaum Dominikalgut aus, und die tradierten Klöster suchte er weitgehend der Rechtslage der alten Eigenklöster anzupassen 127 . Um dies auf breiter Basis zu erreichen, versuchte er mit dem Rechtsband der libertas Moguntina möglichst alle Klöster auf irgendeine Weise diesem Ziel näherzubringen: er befreite sie aus der Archidiakonatsverfassung, um seine eigene Jurisdiktion voller zur Geltung zu bringen, bewahrte sich, soweit irgendwie möglich, Eigenkirchenrechte, gestand nur selten freie Abtswahl zu und strebte die Entvogtung der Klöster und Stifte an 128 . Alle diese Komponenten trugen dazu bei, unter Ausschaltung irgendeiner Zwi1 2 s ) D e r Umbruch in der bischöflichen Klosterpolitik a m E n d e des 11. und im 12. J a h r h u n d e r t hat zahlreiche Untersuchungen f ü r eine Reihe v o n Diözesen veranl a g t : Τ h. Μ a y e r , Fürsten und S t a a t , S. 201ff., als Überblick, und ebd., S. 270ff., f ü r B a m b e r g ; B ü t t n e r , H ö r d t , für S p e y e r ; d e r s . , D a s E r z s t i f t M a i n z , f ü r M a i n z ; F a l c k , Klosterfreiheit und Klosterschutz, f ü r M a i n z ; Grüneisen, Klostervogteipolitik, f ü r M a i n z ; S e m m l e r , Siegburg, S. 1 7 0 - 2 1 2 , f ü r K ö l n ; Z i m m e r m a n n , Ebrach, f ü r W ü r z b u r g ; B ü t t n e r , B a m b e r g , f ü r B a m b e r g ; Β ο g u m i 1, H a l b e r s t a d t , f ü r H a l b e r s t a d t . 1 2 4 ) Biographische H i n w e i s e bei B ü t t n e r , Erzbischof A d a l b e r t v o n M a i n z . Eine zusammenfassende biographische Darstellung steht aus. 1 2 5 ) Biographie v o n W i s p l i n g h o f f , Friedrich I. 12') S c h m i t t , E b . A d a l b e r t I., S. 18; F a l c k , Klosterfreiheit und Klosterschutz, S. 2 7 ; G r ü n e i s e n , Klostervogteipolitik, S. 107ff. 127) S c h m i t t , E b . A d a l b e r t I., S. 28. F a l c k , Klosterfreiheit und K l o s t e r schutz, S. 26. 12e) Vgl. F a l c k , ebd., S. 2 7 - 3 8 .
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
scheninstanz die Klöster extrem eng an sich zu binden, indem er sich sowohl der Mittel des Eigenkirchenrechts bediente, wie auch solcher Mittel, die ihm durch die Reformforderungen zuträglich sein konnten für den Ausschluß jeder weiteren Gewalt und Herrschaft außer der seinigen. Insofern konnte der Begriff libertas angewandt werden, als er Freiheit der Klöster vor dem Zugriff weltlicher Personen bedeutete; aber schon Ludwig Falck bemerkt, Adalbert I. habe sich „freilich nicht mehr aus derselben aufrichtigen Reformbegeisterung heraus" 1 2 9 dieses Schlagwortes bedient 130 . Ein Beispiel für die Einstellung des Mainzer Erzbischofs zur Klosterpolitik bietet seine Haltung zur Hirsauer Reformbewegung, indem er deren Forderungen auf Befreiung vom Eigenkirchenwesen, die von seinem Vorgänger Ruthard bereits berücksichtigt worden waren, wieder zurückdrängte auf das „intern-klösterliche" Leben und aus seiner Bischofspolitik eliminierte 131 . Die Politik der libertas Moguntina ist also im wesentlichen bestimmt gewesen vom bischöflichen Eigenkirchenrechts-Denken. Seit 1133 bahnte sich aber, noch in der Regierungszeit des Erzbischofs Adalbert I., ein neues Zuordnungsverständnis an, das sich unter Adalberts Nachfolgern ganz in den Vordergrund schieben sollte: die erzbischöfliche Schutzverpflichtung löste die bisherige Bindung in Form der libertas ab 1 3 2 ; mit der Beschränkung auf die Schutzzusage fanden die Erzbischöfe in Mainz eine neue Rechtsform, Klöster und Stifte, seien sie eigenkirchenherrlich gebunden oder nicht, zur eigenen Amtsgewalt in Beziehung zu setzen. In der Kölner Diözese hatte der Begriff libertas schon unter dem Erzbischof Anno II. von Köln ( 1 0 5 6 - 1 0 7 5 ) seinen Höhepunkt überschritten 133 . Ebenso wie in Mainz unter Adalbert I. hatte er in Köln eine möglichst weitgehende Unterordnung unter den Erzbischof in eigenkirchenrechtlichem Sinne bedeutet und wurde in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, freilich nur formell, abgelöst durch spezifischere Termini wie lex, welche aber denselben Rechtsinhalt meinten 134 . In unserem Zusammenhang ist dabei festzuhalten, ) F a l c k , ebd., S. 39. ) Die Begriffsbestimmung für libertas hinsichtlich Cluny, Gorze und Hirsau zusammenfassend bei J a k o b s , Die Hirsauer, S. 2 2 4 - 2 2 9 . 12> 130
m ) Vgl. J a k o b s , ebd., S. 1 3 7 - 1 4 0 ; auf S. 139 bezeichnet er die Politik des Erzbischofs als „Kollisionskurs". Vgl. auch S c h m i t t , Eb. Adalbert I., S. 17. 132) F a l c k , Klosterfreiheit und Klosterschutz, S. 39ff. 1 3 3 ) S e m m 1 e r , Siegburg, S. 196. 1 3 4 ) Im Bistum Halberstadt findet sich unter dem Bischof Burchard II. (1059-1088) für den entsprechenden Rechtsverhalt der Begriff immunitas, dazu Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 76f.
Schutzherrschaft des Salzburger Erzbischofs
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daß der Erzbisdiof vermögensrechtliche Aufsicht über die Stifte und Klöster ausübte135. Noch um 1100 verfügte er frei über den Besitz der Klöster, den er nach Belieben entziehen und verlehnen konnte 136 . Die Kölner libertas subsumierte im Prinzip die Rechte, gegen die, wurden sie von Laien beansprucht, das Reformpapsttum des 11. Jahrhunderts kämpfte 137 . Aber bereits seit Friedrich I. (1100-1131) 138 kehrten sich die Kölner Erzbischöfe vom reinen bischöflichen Eigenkirchenwesen ab, wenn auch nicht unvermittelt. Unter ihm wurde, wie unter den Nachfolgern des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz, die neue Rechtsbeziehung des bischöflichen Schutzes tragend, der natürlich eine Reihe von Einzelrechten in sich vereinigte, aber den bischöflichen Einfluß im weltlichen Bereich einschränkte. Er hat sich im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts durchgesetzt und „wurde seit dem zweiten Drittel des 12. Jhs. zum verfassungsrechtlichen Mittel, um die Anordnungs- und Herrschaftsgewalt über ein Kloster zu erwerben" 139 . Josef Semmler sieht den Umschwung herbeigeführt durch das Eindringen der Zisterzienser in die Kölner Diözese, die 1122 das Kloster Kamp besiedelten 140 ; auch Ludwig Falck führt für Mainz die Neuorientierung auf die Anregung durch die Zisterzienser zurück141. Reiner Rosen hingegen entwickelt einen ähnlichen Einflußhintergrund, der den geschilderten Prozeß in der Kölner Diözese in Gang gebracht habe, wie er in dieser Untersuchung für den Salzburger Bereich ebenfalls angedeutet wurde: allgemeine Reformforderungen, insbesondere der reformpäpstlichen Klosterpolitik 142 , wobei Reiner Rosen allerdings die Initiative zur Rezeption den Klöstern und Stiften zuspricht143, während sie in der Salzburger Diözese allein beim Erzbischof lag.
1,s) S e m m l e r , Siegburg, S. 198ff. Weitere Komponenten der libertas Coloniensis sind: Ausschluß jedes anderen eigenkirchenrechtlichen Anspruches neben dem bischöflichen durch Rechtsformen der traditio, ebd., S. 195f., das Recht der freien Abtswahl, ebd., S. 202ff., Servitienleistungen der Klöster, ebd., S. 202f., und Verlehnung der Klostervogtei durch den Erzbischof, ebd., S. 209fF. 13β ) S e m m l e r , Siegburg, S. 201. w ) R o s e n , Die Stellung der Kölner Erzbischöfe, S. 175. 138 ) R o s e n , Die Stellung der Kölner Erzbischöfe, S. 157-166. O e d i g e r , Das Bistum Köln, S. 131-140. 1 M ) G r e b e , Arnold I., Teil 1, S. 41. 14 °) S e m m l e r , Siegburg, S. 197f. 141 ) F a l c k , Klosterfreiheit und Klosterschutz, S. 42. 142 ) Zum parallelen Vorgang in Halberstadt vgl. Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 168. 14S ) R o s e n , Die Stellung der Kölner Erzbischöfe, S. 175.
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Die beiden Modelle zeigen als Gemeinsamkeit, daß sich früher oder später als dominierende Bezugsbindung die bischöfliche Schutzhoheit durchgesetzt hat 144 . In Mainz wurde diese Entwicklung durch die sehr eigenkirchenherrlich ausgerichtete Persönlichkeit des Erzbischofs Adalbert I. nur aufgehalten. Schon aus dem bisher über die Salzburger Verhältnisse Geschilderten kann eine Parallele zum Mainzer Modell unter Adalbert I. hier nicht erwartet werden. Die polemischen Angriffe Gerhochs von Reichersberg gegen diesen Mainzer Erzbischof und sein Auftreten als Fürst werden auch als Ablehnung seiner Eigenkloster-Politik zu verstehen sein 145 . Die Grundhaltung der Stifts- und Klosterpolitik des Erzbischofs Konrad I. war eine andere, wie wir feststellen konnten: sie war auf bewußte Abschichtung von Dominikalgut an einzelne Monasterien hin orientiert, verstanden als Sicherung von Bistumsgut. Zunächst soll versucht werden, den neuen Bindungscharakter in der Salzburger Diözese vom Begriffsbestand her einzugrenzen. Leider verbietet auch hier wiederum der Quellenmangel bis in das dritte Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts eine ausreichende Berücksichtigung der ersten Hälfte von Konrads Regierungszeit. Soviel kann man vorweg sagen, daß der Begriff libertas in den Urkunden des Erzbischofs Konrad I. nicht vorkommt. Die erste Aussage über das Beziehungsverständnis bei einem in Abhängigkeit vom Erzbischof tretenden Stift begegnet bei der traditio des Stiftungsgutes für die Gründung des Regularkanonikerstiftes Weyarn am 9. Juli 1133: Hanc autem delegationem tali conscriptione corroboratam ego Conradus Salzpurgensis ecclesie dei gratia archiepiscopus defendendam suscipio et in nomine domini nostri Iesu Christi et auctoritate beati Petri apostoli et Innocentii pape nostraque confirmoli6. In der Folgezeit finden sich Termini, welche die Schutzverpflichtung enthalten, in erzbischöflichen Urkunden für Reichersberg von 1137: Quoniam autem ab ipso suo fundatore iam dicte 1 4 4 ) Zur entscheidenden Bedeutung der „bischöflichen Schutzherrschaft" und des „Klosterschutzredites" auch in der Würzburger Diözese für das 12. Jahrhundert vgl. Z i m m e r m a n n , Ebrach, S. 180. 1 4 5 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 47 mit Anm. 54, wo er die Angriffe Gerhochs zu Recht auf Adalbert I. und nicht auf Adalbert II. bezieht. Allerdings sieht Classen als Motiv nur das reidisfürstengleiche Auftreten des Erzbischofs. 1 4 β ) SUB 2, S. 235, Nr. 158. Zur Formel der päpstlichen Autorität verbunden mit der Berufung auf den Apostel Petrus in bischöflichen Urkunden vgl. P e t e r s , Studien, S. 2 0 0 - 2 2 5 : sie kennzeichnet die Auffassung von einer bischöflichen successio apostolica, bei der audi ein Bisdiof in der personalbezogenen Petrusnadifolge gesehen wird.
Schutzherrschaft des Salzburger Erzbischofs
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ecclesie fundus et patrocinium in ius et tuitionem firmamque possessionem ecclesie Salzpurgensis agnoscitur per legitimam traditionem devenisse .. . 1 4 7 , für Seckau vom 22. Mai 1141: Fecit hoc consilio et favore venerande memorie domni Chonradi Salzburgensis archiepiscopi, utque altius opitulationem eins mereretur ac stabilius locus ille firmaretur, sub t u t e I a m eius locum eundem delegavit ac libera donatione super reliquias sancti Rodperti Salzburch contradiditli9. Erst 1143 treffen wir in der Salzburger Diözese auf zwei Privilegien für Zisterzienserklöster, welche diese Schutzformel aufweisen, fürViktring: in protect ionem beati Petri sanctique Rudberti suscipimus und qualiter . . . tradidit atque in perpetuam protect ionem archiepiscoporum eiusdem sedis149, und für Schützing: nobisque et successoribus nostris possessioni, provisioni et defensioni ad ordinem Cisterciensium monachorum designaverunt eo tenore, ut episcopali traditione omne ius cenobiorum nostrorum in collationibus liberorum hominum vel ministerialium nostrorum irrefragabiliter possideant150. Die Schutzgewährung ist in sämtlichen Urkunden das grundlegende Prinzip, das aber immer in Verbindung mit der traditio steht - eine völlig „eigenkirchenrechtsfreie Anwendung", wie es Ludwig Falck in der Diözese Mainz seit 1133 gefunden hat 1 5 1 , kommt in Salzburg nicht vor. Als gemeinsames Merkmal der bisherigen Quellenstellen ergibt sidi, daß die traditio als eine solche in die Schutzherrschaft des Erzbischofs zu verstehen war. Gerade bei Reichersberg, in der Urkunde von 1137, wird das deutlich: ius, tuitio und possessio wurden parallel verwendet, eine traditio in das ius war gleichbedeutend mit der in den Schutz des Erzbischofs; ja es wurde damit sogar die Hilfspflicht des Erzbisdiofs dem Stift gegenüber gerechtfertigt. Audi die traditio von Schützing bedeutet gemäß der Formulierung Schutz und ein besonderes Recht für das Kloster, welches vom Erzbischof irrefragabiliter den Mönchen gesichert werden muß. Seit dem vierten Jahrzehnt - für die ) SUB 2, S. 260, N r . 176. ) SUB 2, S. 295, N r . 202. Die Echtheit dieser Urkunde ist noch nicht erwiesen, aber audi als Fälschung würde sie in unserem Zusammenhang denselben Wert besitzen, da sie von einer zeitgenössischen Seckauer H a n d geschrieben worden ist, vgl. oben, Erster Teil, Anm. 392. 1 4 9 ) SUB 2, S. 311, N r . 211. 1 5 °) SUB 2, S. 351, N r . 244a. U r k. Raitenhaslach, hgg. von K r a u s e n , S. 6f., Nr. 4. 1M) F a l c k , Klosterfreiheit und Klostersdiutz, S. 47. 147
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Zeit vorher fehlen die Quellen - lag dieses Grundprinzip der Stiftsund Klosterpolitik des Erzbischofs Konrad I. zugrunde, wenn es auch vorwiegend gegenüber neu tradierten Stiften und Klöstern formuliert wurde und so für uns greifbar wird. Bei alten Salzburger Eigenstiften war das, wie auch beispielsweise eine Gründungsurkunde, überflüssig, da Konrad hier den Rechtsvorgang keinem Dritten gegenüber vertreten und verbindlich fixieren mußte. Beachtenswert ist, daß sich der Gedanke der Schutzherrschaft in der Salzburger Diözese zum erstenmal gegenüber einem Regularkanonikerstift zeigt und nicht, wie beim Kölner Beispiel, bei einem Zisterzienserkloster. Inwieweit der Erzbisdiof Konrad I. schon um 1130 vom Gedankengut der Zisterzienser beeinflußt war, ist schwer festzustellen; immerhin wurde dieser Orden, relativ spät zwar, in drei Klöstern seiner Diözese eingeführt 152 . 1160 taucht überraschenderweise der Begriff libertas in der Salzburger Diözese dann doch noch auf in einer Urkunde des Erzbischofs Eberhard I. für Reichersberg, verfaßt von Gerhoch von Reichersberg. Der Erzbischof Konrad I. habe, so heißt es darin, mit den Bedrückungen durch den „Schismatiker Berthold", den Salzburger Gegenerzbischof (1085-1106), der die Regularkanoniker vertrieben und das Stiftsgut verliehen hatte, aufgeräumt et pristinam libertatem atque regulärem vitam loco Uli renovavit und alle Angriffe darauf er152 ) Es sind dies Rein, Viktring und Sdiutzing-Raitenhasladi. Rein, das Familienkloster der Markgrafen von Steiermark, war die erste Zisterzienserniederlassung und wurde von Ebrach aus besiedelt, was am 22. Febr. 1138 von Konrad I. bestätigt wurde (SUB 2, S. 268, N r . 183; die veruneditete Urkunde beruht auf einer echten Urkunde Konrads I.). Die Gründung Reins war von der Markgräfin Sophie, der Witwe des Markgrafen Leopold I. von Steiermark (gest. am 27. Okt. 1129) zwischen 1129 und 1138 vollendet worden; nach G r i l l , Das Traungauerstift Rein, S. 43-45, und d e r s . , Der hl.Bernhard von Clairvaux, S. 88, war sie 1130 abgeschlossen. Ob Rein wie Viktring und Schützing dem Hochstift übereignet war, ist unsicher (vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 60, Anm. 9; G r i l l , Das Traungauerstift Rein, S. 78), auffallend ist jedoch, daß der Erzbisdiof zusammen mit dem Abt Gerlach (um 1130 - nach 1180) eine Schenkung der Markgräfin an das Kloster entgegennahm (SUB 2, S. 269, N r . 183; dieser Passus dürfte auf die edite Vorlage zurückgehen). Um 1130 kann man demnach frühestens mit zisterziensischen Vorstellungen in Salzburg rechnen, aber erst in der Verunechtung von 1138 klingt der Gedanke der Schutzhoheit gegenüber Rein auf: nostra institutio ..., que et altrinsecvs bullam Otakri marchionis inpressam continet, ut in servorum dei tutela cum sacerdotali auctoritate etiam secularis potestas evigilet (SUB 2, S. 270, N r . 183; dieser Teil der Bannformel ist echt). Die Gründung der beiden anderen Zisterzienserklöster erfolgte erst 1142/43. - Im Kölner Sprengel zum Vergleich haben schon die Erzbischöfe Friedrich I. (1100-1131) und Bruno II. (1131-1137) die Zisterzienser gefördert, vgl. G r e b e , Arnold I., S. 45f.
Schutzherrschaft des Salzburger Erzbisdiofs
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folgreich abgewehrt 153 . Unter dieser libertas werden nun gewichtige Rechte des Stiftes aufgezählt, vor allem das Recht, nur den Salzburger Erzstiftsvogt als Vogt zu haben, ohne daß dieser Untervögte einsetzen dürfe, und das Recht, die von den Stiftern eingerichteten Teilvogteien für Schenkungsgut bei Bedarf abzuschaffen. Es wird deutlich, daß unter dieser libertas tatsächlich der Rechtsstand einer weitgehenden Unabhängigkeit vom Vogt gemeint war, der diesesmal aber bewußt vom Stift zur Sicherung gegen weltlichen vogteilichen Einfluß und nicht einseitig, wie einst unter Adalbert I. von Mainz, vom Erzbischof zur verstärkten Bindung der Klöster an ihn angestrebt wurde. Ganz im Sinne unserer bisherigen Ergebnisse war die Funktion, die der Salzburger Erzbischof dabei einzunehmen und die der Erzbischof Konrad I. ausgeübt hatte, darin zu sehen, diese libertas zu schützen und zu verteidigen: der Unterschied zur libertas Moguntina ist eindeutig, und es ist daher nicht berechtigt, hieraus analog zur libertas Moguntina eine libertas Salzburgensis zu konstruieren 154 , es sei denn, man ginge so weit, jedes Verhältnis Kloster — Erzbischof, bei dem ein Einfluß durch weltliche Personen so weit wie möglich ausgeschaltet war, als libertas zu bezeichnen, wie das von Seiten des Papsttums aus offenbar praktiziert wurde. Obwohl nämlich, wie Josef Semmler versichert, unter dem Erzbischof Friedrich I. von Köln und seinen Nachfolgern der Begriff libertas in erzbischöflichen Urkunden gar nicht mehr erwähnt wurde 155 , bestätigte der Papst Innocenz II. 1136 dem Stift Steinfeld, das 1121 an das Kölner Hochstift tradiert worden war: Ut autem omnipotenti Domino servire securius valeatis, libertatem a recolende memorie Friderico arcbiepiscopo Coloniensi ecclesie vestre concessam, et a venerabili fratre nostro, Brunone, ejus decessore, postmodum approbatam, ipsius precibus inclinati, omnimodam firmitatem in perpetuum tenere sancimus156. Eine Rechtsbeziehung, die nach dem oben skizzierten Modell einer solchen in der Salzburger Diözese relativ nahestand, wurde vom Papst als libertas bezeichnet. Für die Salzburger Diözese findet sich jedoch kein Beispiel dieser Art 1 5 7 . ) S U B 2, S. 487, N r . 349, 1160 August 19. ) C l a s s e n , Gerhodi, S. 75, deutet das an. 155) S e m m l e r , Siegburg, S. 196f. 1 M ) P L 179, Sp. 300, N r . 2 4 9 ; J L 7801. 1 5 7 ) Lediglich die Reditsbeziehung des Stiftes Ranshofen zu seiner Kapelle, wie sie der Erzbischof Eberhard I. von Salzburg festgelegt hatte, wurde im Privileg Hadrians IV. vom 29. Jan. 1158 (GP 1, S. 204, N r . 3) mit libertas umschrieben, womit aber eine andere Rechtsebene angesprochen war. 1H
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I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
Das für die Politik des Erzbischofs Konrad I. typische Prinzip der Schutzherrschaft - im Folgenden werden die davon erfaßten Stifte entsprechend bischöfliche Eigenschutzstifte genannt in Abgrenzung zu den Eigenstiften - ist hiermit umrissen als ein Verhältnis zwischen Stiften bzw. Klöstern zum Erzbischof, bei dem dieser oberster Bezugspunkt ist, auf den die Institutionen unbedingt angewiesen waren que specialiter nos attinent, wie der Erzbischof Eberhard I. 1154/57 dieses Verhältnis umschrieb158 und der ihnen zu ihrem Recht zu verhelfen hatte. Daß dieses Prinzip unter dem Erzbischof Konrad I. sehr strikt durchgeführt wurde, zeigt der Umstand, daß es in seiner Zeit keine Appellationen gegen ihn an die Kurie gab159, im Unterschied etwa zur Halberstädter Diözese, wo die Regularkanoniker schon im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts, nach dem Tod des Bischofs Reinhard, mehrmals diesen Rechtsweg einschlugen160. Auch die beiden päpstlichen „Eigenstifte" Baumburg und Berchtesgaden wurden innerhalb dieses Prinzips in den Salzburger Verband integriert: ihren Streit entschied der Erzbischof 1136 ohne ausdrückliche päpstliche Aufforderung, und dem Spruch beugten sich beide Stifte ohne eine mögliche, ja naheliegende Appellation nach Rom 161 . Dieser hier dargelegte Grundsatz der bischöflichen Schutzherrschaft Konrads hatte, was schon mehrfach angeklungen ist, gleichsam ein Vorbild in der Diözesanreform des Bischofs Reinhard von Halberstadt (1107-1123). Auch dort, wo durch Abschichtung von Dominikalgut Stifte als „Sondervermögen im Rahmen des Gesamtvermögens des Bistums" entstanden und vom Eingriff auch aller Nachfolger im Bischofsamt gesichert worden waren, wurden die Eingriffsbefugnisse des Bischofs „auf Schutz und Garantie beschränkt"162. Da Reinhard, der 1123 starb, bereits vor Konrad seine Konzeption in dieser Weise realisierte, und da sich der Salzburger Erzbischof seit 1116 im sächsischen 1 5 8 ) SUB 2, S. 431, N r . 308, Urkunde für Herrenchiemsee. Wie seine Vorgänger müsse er die Kirchen fördern und ihnen nützlidi sein, maxime Ulis, que specialiter nos attinent. Wie bei den päpstlichen „Eigenstiften" wurde das Rechtsverhältnis mit specialiter umschrieben, vgl. S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 1, S. 4 7 - 5 6 . 159) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 3 1 2 ; vgl. auch H a g e n e d e r , Gerichtsbarkeit, S. 24. Zu den im Gegensatz dazu häufigen Appellationen im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts siehe unten, S. 230f. l e o ) So 1127 und 1135; dazu B o g u m i l , Halberstadt, S. 215 und 228. 1 M ) SUB 2, S. 251ff., N r . 170, 1 1 3 6 ; 1142 bestätigte der Papst Innocenz II. diesen Spruch, GP 1, S. 60f., N r . 4. 1β2) B o g u m i l , Halberstadt, Zitate S. 159 und 166.
Schutzherrschaft; Vogteipolitik
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Exil befand und dort vor allem Kontakt mit dem Erzbischof Adelgot von Magdeburg und dem Bischof Reinhard von Halberstadt hatte 163 , liegt der Gedanke nahe, Konrad habe dort das Halberstädter Rechtsund Verfassungsmodell kennengelernt und übernommen 164 . Diese Verbindung sollte aber - zumal beim Fehlen jeder direkten Aussage - nicht als monokausaler Faktor gewertet werden, denn es ist daran zu erinnern, daß sich solche Rechtsvorstellungen einem päpstlich gesinnten Reformbischof dieser Zeit anbieten mußten. D a Konrad I. ein längeres Wirken vergönnt war als Reinhard, konnte er dieses Prinzip der Schutzherrschaft jedenfalls bei weitem intensiver durchführen. Dabei zeigen sich als wesentliche Elemente die Gestaltung der Vogteiverhältnisse und der Propstbestellung. b) D i e
Vogteipolitik
Die Obervogtei über die Eigenkirchen des Hochstiftes lag seit dem 9./10. Jahrhundert in den Händen der Bischöfe, entsprechend den laikalen Eigenklöstern, bei denen ihre Herren die Vogtei selbst ausübten oder darüber verfügten 165 . Seit 923 wird für Salzburg ein Hochstiftsvogt erwähnt 166 , der auch für die Salzburger Eigenstifte zuständig war. Zwar war der Salzburger Kirche schon unter Karl dem Großen Immunität verliehen worden - die Urkunde darüber ist verloren die von Ludwig dem Frommen und Ludwig dem Deutschen bestätigt wurde 167 ; ) Ζ e i 11 i η g e r , Konrad I., S. 22g. ) Audi B o g u m i l , Halberstadt, S. 158, äußert diese Vermutung, ohne nodi die so weitgehende Übereinstimmung zu kennen. 165) G r a f f , Kaiserurkunde und Eigenkirdienredit, S. 68f.; Tellenbach, Eigenklöster, S. 1 2 6 ; H i r s c h , Die Klosterimmunität seit dem Investiturstreit, S. 5 ; über die Vogtei allgemein W a a s , Vogtei und Bede; R a t h g e η , Klosterund Stiftsvogtei; eine Obersicht über die Vogteientwicklung vom 10. bis zum 12. Jahrhundert bei W i s p l i n g h o f f , Der Kampf um die Vogtei, S. 3 0 8 - 3 2 6 ; eine ausführliche Behandlung der Vogtei bei den Hirsauern bei J a k o b s , Die Hirsauer, S. 15ff. und 143ff.; über die Vogtei im Siegburger Kreis vgl. S e m m I e r , Siegburg, S. 301ff.; über die Vogtei im Erzbistum und in der Diözese Salzburg: S t a r f l i n g e r , Domvogtei; A. D o p s c h , Reformkirdie und Landesherrlidikeit; d e r s . , Steuerpflicht und Immunität, passim; K l e b e l , Eigenklosterrechte und Vogteien; M a r t i n , Die kirchliche Vogtei; weitere Hinweise bei Β u s 1 e y , Die Geschichte des Freisinger Domkapitels, S. 25; zur Vogtei besonders im bayerischen Raum vom 9. bis zum 11. Jahrhundert S t ö r m e r , Früher Adel, S. 424—456; für Oberösterreich F e l d b a u e r , Herrenstand, S. 193ff. Ιββ) K l e b e l , Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 177. 1 6 7 ) SUB 2, S. 14ff., N r . 5, 816 Febr. 6 (BM 2 6 0 6 ) ; M G H D.LdD. 22, 837 Febr. 14 (BM 2 1362). 1M
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erst im Diplom des Königs Otto I. von 945/53 1 6 8 aber legte ein neuer Einschub über die Gerichtsregelung die Vogtei eindeutig in die Macht und Disposition des Erzbischofs169. Es ist in dieser Urkunde von V ö g t e n des Erzbischofs die Rede, was bedeutet, daß neben dem Hauptvogt des Hochstifts schon Nebenvögte die Belange einzelner hochstiftischer Güter, wohl auch Eigenklöster, zu vertreten hatten. Sie sollten vom Erzbischof eingesetzt werden. Rein rechtlich hat sich daran in der Salzburger Diözese auch im 12. Jahrhundert nichts geändert, obwohl hierin ein Charakteristikum des Eigenkirchenwesens hätte bekämpft werden können, wie das gegenüber den laikalen Eigenkirchenherren auch vertreten wurde, beispielsweise in Hirsau, wo der Vogt zum Klosterbeamten geworden war, der den Vogtbann eigens vom König übertragen bekam 170 . In der Kölner Diözese versuchte der Siegburger Reformkreis sogar, die Vogteioberhoheit des Erzbischofs einzuschränken, was allerdings nicht gelang 171 . Wie sehr diese Oberhoheit dagegen in der Salzburger Diözese von den Reformstiften akzeptiert wurde, zeigen verschiedene Beispiele. So wandten sich 1158 die Regularkanoniker von Herrenchiemsee an den Erzbischof Eberhard I. von Salzburg, um von ihm den Grafen Sigboto IV. von Neuenburg und Falkenstein zum Vogt zu erbitten 172 . Bei den Stiften Au und Gars finden wir das bestätigt 173 . Der Vogt des ) MGH D.O.I. 68; auch SUB 2, S. 79f., Nr. 44. ) Zur Rechtslage des Vorgangs allgemein D r ο e g e , Landrecht und Lehnrecht, S. 127. 17°) Vgl. J a k o b s , Die Hirsauer, S. 15-20 und 162; hier arbeiteten sozusagen Kirchenreform und Königsinteresse zusammen: für das Kloster gewährleistete der Bann eine Sicherung gegenüber dem Vogt, für den König bot sich die Möglichkeit, Positionen des Adels, der in der Regel die Vogteifunktion übernahm, zu kontrollieren, was denn audi Bemühungen des Königs hervorrief, die Bannleihe obligatorisch zu machen, ζ. B. durch das Vogteiweistum vom 21. August 1149, MGH Const. 1, S. 181, Nr. 127: kein Vogt kann Gerichtsbarkeit ausüben nisi qui bannum de manu regia recepisset. Auch in der Salzburger Diözese versuchte der König Lothar III. in einem Fall, auf ähnlichem Wege Einfluß zu gewinnen, als er am 18. Oktober 1130 in einem Diplom für Gurk die Absetzung des Hochstiftsvogtes mittels Reichsbesdilusses zusicherte, MGH D.L.III. 29 (die Urkunde ist zwar eine Verunechtung aus der Zeit um 1172, der entsprechende Passus ist jedoch dem echten Bestand zuzuweisen, vgl. ebd., Vorbemerkung, S. 45). Über den Fall einer Initiative, die vom Erzbischof ausging, vgl. unten, S. 151. 171 ) Vgl. R o s e n , Die Stellung der Kölner Erzbischöfe, S. 173, der zu diesem Problem eine andere Meinung vertritt als S e m m l e r , Siegburg, S. 286f. " 2 ) SUB 2, S. 463, Nr. 333, 1158 Sept. 12. 173 ) Drei bayerische Traditionsbücher, S. 131, Nr. 201; vgl. S c h m a l z l , Au am Inn, S. 23. 1β8
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Domkapitels erhielt die Vogtei sogar noch unter dem Erzbischof Eberhard II. (1200-1246) aus den Händen des Erzbischofs174. Diese Beispiele beziehen sich nun freilich auf ehemals völlig vom Erzbischof abhängige Institutionen; aber auch die Stifte, die durch Übereignung dem Reformverband zufielen, unterlagen bei der Vogtbestimmung prinzipiell dem Erzbischof, auch wenn, als Bedingung für die Stiftung, die Stiftervogtei zugestanden wurde175. Die Rechtsanschauung dokumentiert für diese Stifte die erzbischöfliche Urkunde für Reichersberg von 1137, in der es heißt, fundus et patrocinium, Boden und Schutz dieses Stiftes seien vom Gründer an Salzburg übertragen worden176. Diese Urkunde bezieht sich zwar auf einen Akt, der über 50 Jahre vorher stattgefunden hatte, es liegen ihr aber die Rechtsanschauungen der Abfassungszeit zugrunde177. Die Vogtei über das gestiftete Weyarn erhielt entsprechenderweise Rudolf von Falkenstein, der Schwiegersohn des Stifters Sigboto II. von Weyarn und Neuenburg, nur me petente, wie Sigboto vermerkte178, vom Erzbischof; auch wenn hier eine Stiftungsbedingung anzunehmen ist, änderte das nichts an der rechtlichen Verteilung. Ebenso war der Erzbischof für die Seckauer Vogtei die zuständige Instanz: ihn gingen die Kanoniker von Seckau 1152 an mit der Frage, wen sie zum Vogt nehmen sollten, worauf dieser den Markgrafen Ottokar III. von Steiermark dazu auserwählte179. Eine königliche Bannleihe für den Vogt ist in der Salzburger Diözese nicht zu finden180; nur der Erzbischof war prinzipiell zuständig und höchste Instanz, wenn die Vogtei eines Stiftes des Reformverbandes 1 7 4 ) SUB 3, S. 374, N r . 838, 1229 April 2 6 : die verwendete Formulierung setzt voraus, daß die Domstiftsvogtei bis dahin, trotz freier Vogtwahl des Domkapitels, vom Erzbischof verliehen worden war. 1 7 5 ) Vorau bildet bereits eine Ausnahme. Dort sicherte sich der aufstrebende Landesherr Ottokar III. von Steiermark 1163 für sein Haus die Vogtei: . . . ut nullus successorum nostrorum heredum aliquod seruicium iure advocacie ab eis ( = den Kanonikern von Vorau) uel ab eorum colonis requirat (StUB 1, S. 446, N r . 479, 1163). Der Stifter selbst regelte also die Vogtei, was eigentlich zu den Rechten des Erzbischofs gehörte. Der Grund für das Vorgehen des Markgrafen ist bekannt: die Vogtei war wesentliches Element des Landesherrsdiafts-Ausbaues, vgl. L e c h η e r , Die Bildung des Territoriums, S. 406f. 1 7 β ) SUB 2, S. 260, N r . 176. 1 7 7 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 75. 1 7 8 ) SUB 2, S. 235, N r . 158, 1133 Juli 9. 1 7 9 ) SUB 2, S. 697, N r . 5 1 5 ; vgl. M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 415. 1 8 0 ) Vgl. oben, Anm. 170, zu einer Ausnahme, die aber nur als Versuch zu werten ist.
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besetzt wurde, mit der Einschränkung, daß er den Wunsch des Stifters berücksichtigen mußte 181 . Diese Haltung entsprach der päpstlichen Vogteipolitik, die ebenso eine Stiftervogtei zubilligte, wobei das Recht der Absetzung reserviert wurde für den Fall, daß sich der Gründervogt etwas zuschulden kommen ließ182. Zusätzlich trat in den Papstprivilegien für Empfänger in der Salzburger Kirchenprovinz und der angrenzenden Diözese Augsburg seit 1107 eine neue Komponente in den Vordergrund: die Klausel der freien Vogtwahl für die Stifte und Klöster183, wie sie beispielsweise die päpstlichen „Eigenstifte" Bernried 1122184 oder Berchtesgaden 1121185 erhielten - was im übrigen aufstrebende Landesherren nicht daran hinderte, sich die Vogtei dennoch zu sichern, wie die Babenberger 1137 bei Klosterneuburg 186 . Genau wie die Päpste gewährten die Salzburger Erzbischöfe im 12. Jahrhundert ihren Eigenschutzstiften das Privileg der Vogtwahlfreiheit. So wurde 1133 für die Weyarner Vogtei festgesetzt: . . . ut si in aliquo notabili excessu ter deliquerit et quarto non correxerit, canonici habeant libertatem eligendi alium advocation167. Daß solche Bestimmungen jedoch nicht gegen die erzbischöfliche Obergewalt gerichtet waren, zeigt das Beispiel der Herrenchiemseer Kanoniker, die sogar durch ein päpstliches Privileg 1142 die Vogtwahlfreiheit zugesichert
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) Die Übernahme des Vogtschutzes für die 2isterzienserklöster durch den Erzbischof bedeutete daher im Grunde rechtlich gesehen keine Neuerung, so bei Viktring: . . . nullam personam in eodem loco nomen vel officium advocati sibi usurpare prohibuit excepto Salczburgensi archiepiscopo (MC 3, S. 299, Nr. 754). Nur der Vogt als Gewalt der Exekutive wurde ausgeschaltet und durch einen erzbischöflichen Beamten ersetzt. 1β2 ) Über die päpstliche Vogteipolitik vgl. B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 14ff. 183 ) B r a c k m a n n , ebd., S. 21. 184 ) GP 2,1, S. 64, Nr. 1, 1122 N o v . 12; Β u 11 a i r e du Pape Calixte II, Bd. 2, hgg. von R o b e r t , S. 74, Nr. 320: Advocati etiam et defensores eidem celle utiles ab ipsius loci fratribus provideantur et libere eligantur. 185 ) GP 1, S. 60, Nr. 2, 1121 Mai 9; Β u 11 a i r e du Pape Calixte II, Bd. 1, hgg. von R o b e r t , S. 339, Nr. 229: Porro loci vestri advocatiam sine prepositi et jratrum consensu aut a fundatorum heredibus aut a quibuslibet aliis occupari omnimodis prohibemus. Vgl. dazu B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 21. 18e ) GP 1, S. 248, Nr. 2, 1137 N o v . 30; PL 179, Sp. 340, Nr. 293: . . . ut nullus prefate ecclesie advocatus nisi de domo et progenie dilecti filii nostri marchionis Liupaldi, vestro tarnen electus arbitrio, constituatur. Vgl. S c h ö n s t e i n e r in U r k. Klosterneuburg, S. 20, zu Nr. 4. BUB 4,1, S. 98, Nr. 705. 187 ) SUB 2, S. 235, Nr. 158, 1133 Juli 9.
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bekommen hatten 188 , die sich aber dennoch wieder an den Erzbischof Eberhard I. wandten 1 8 9 . Wie dann eine solche Vogtwahl ablaufen sollte, beschreibt ein päpstliches Privileg für Neustift-Brixen: der Vogt soll vom Propst auf den Rat der Brüder und gemeinsam mit dem Bischof eingesetzt werden 190 ; natürlich lag die letzte Entscheidung beim Bischof, der aber, wenn es seinem Konzept entsprach, den Wünschen der Kanoniker entgegenzukommen versuchte, wie wiederum das Beispiel des Stiftes Herrenchiemsee bezeugt. Die erzbischöfliche Obervogtei über die bischöflichen Eigenschutzstifte Salzburgs, gleich ob es sich dabei um ehemalige Eigenstifte oder tradierte Stifte handelte, wurde also von keiner Seite in Zweifel gezogen, weder von der päpstlichen, noch von der stiftlichen. Sie wurde vom Papst überdies ausdrücklich gebilligt und durch Vogtwahlfreiheitsbestimmungen nicht eingeschränkt. Diese oberste bischöfliche Gewalt mußte f ü r die Reformdurchführung sogar unentbehrlich sein, denn nur der Erzbischof konnte verhindern, daß die Vögte ihre Befugnisse mißbrauchten 191 - und von Klagen über Bedrückungen durch die Vögte hören wir in den meisten Urkunden, die sich mit der Vogtei befassen 192 . Die Vogteibefugnisse erstreckten sich auf die Gerichtsbarkeit über die Hintersassen des Klosters oder Stiftes und auf eine gewisse Beteiligung bei den Vermögensgeschäften 193 , welche in der Salzburger Diözese gerade beim Aufbau des Reformverbandes, als sich mit der Anlage vieler neuer Stifte eine beträchtliche Güterverschiebung ergab, 188 ) G P 1, S. 70, N r . 1, 1142 Okt. 29; A c t a pontificum Rom. inedita, Bd. 2, hgg. v o n P f l u g k - H a r t t u n g , S. 326, N r . 365. 189 ) SUB 2, S. 463, N r . 333, 1158 Sept. 12. 19 °) G P 1, S. 148, N r . 2; U r k. Neustift, hgg. v o n K u g l e r , F R A U , 77, S. 38, N r . 6, 1177 Mai 20: . . . cui cum consilio jratrum prepositus una cum episcopo officium advocatie pro remedio tantum anime sue sine questus gratia committat. 191 ) Im Falle Hirsaus war diese Funktion dem König zugedacht. Das zeigt, für wie wichtig eine solche Kontrolle eingeschätzt wurde, aber audi, daß man auf eine Vogtei nicht verzichten konnte. D i e Päpste selbst betrachteten sie als „nützliche und notwendige Einrichtung": . . . advocatum, quem eidem loco perutilem et necessarium esse perspexerit... (PL 204, Sp. 1447, N r . 129; G P 1, S. 78, Nr. 8). 192 ) Stellvertretend für die überaus zahlreichen Beispiele, die sich hier anführen ließen, ein Zitat aus einer Urkunde des Erzbischofs Eberhard I.: . . . ut remoto omni gravamine, quod advocatorum plerique sub nomine patronatus ecclesiis heu damnabiliter inferre consueverunt . . . (SUB 2, S. 463, N r . 333, 1158 Sept. 12). 193 ) R a t h g e η , Kloster- und Stiftsvogtei, S. 68. Ober die Kompetenzen der Kloster- b z w . Stiftsvögte allgemein H i r s c h , D i e Klosterimmunität seit dem Investiturstreit, S. 6 6 - 9 8 , der die Hoch- und Niedergeriditsbarkeit als die widitigste Obliegenheit der Klostervogtei bezeichnet.
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eine wesentliche Rolle spielen mußte. In den Traditionsnotizen treten die Vögte als Salmänner auf, sind als anwesend vermerkt oder bestätigen die Aktionen. Der Vogt war derjenige, der als erster Besitzstreitigkeiten zu regeln hatte, der Erzbischof war die nächste und unter dem Erzbischof Konrad I. die höchste Instanz. Die Rechte in der Gerichtsbarkeit dagegen wurden seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts abgebaut. Während bis dahin allgemein ein dreimaliges placitum im Jahr üblich war - Hirsau hielt sich noch daran194 —, findet sich im Salzburger Regularkanoniker-Verband das einmalige placitum195, ganz in Parallele zu der Entwicklung im Siegburger Reformkreis196. Wir können diese Reduzierung zwar nicht ursächlich mit dem Aufbau des Salzburger Reformverbandes in Zusammenhang bringen, es wurde aber in dieser Zeit besonders auf die weitere Handhabung dieser Bestimmung geachtet. Sodann waren das Stift selbst sowie ein gewisser Bannbezirk für die Abhaltung eines placitum eximiert197, was wiederum der allgemeinen Entwicklung entspricht. Während aber die Vögte im Siegburger Kreis Hoch- und Blutgerichtsbarkeit ausübten198, waren die Kompetenzen der Vögte im Salzburger Verband in diesem Punkt offenbar wesentlich stärker eingeschränkt199: Β annum sibi de contentionibus et iniustis contract ib us, sic u t alii s advocatis est permissum, nos quoque permittimus .. .20°. Es ist mehr als fraglich, ob diese Befugnisse noch in die hohe Gerichtsbarkeit einzureihen sind; Franz Martin201 sieht darin nur die Zuständigkeit für die niedere Gerichtsbarkeit. Jedenfalls müssen wir daraus schließen, daß der Erzbischof im Salzburger Verband, wie die 194 )
J a k o b s , Die Hirsauer, S. 169. SUB 2, S. 464, Nr. 333, 1158 Sept. 12: Placitum universale cum familia ecclesie in anno semel habeat (Urkunde für Herrenchiemsee). Weitere Belege für das einmalige placitum in Bayern und Österreich seit Beginn des 12. Jahrhunderts bei D o l l i n g e r , Involution des classes rurales, S. 66f., Anm. 123/125. " · ) S e m m l e r , Siegburg, S. 297. 197 ) SUB 2, S. 464, Nr. 333, für Herrenchiemsee: hier ist es die Insel; bei Eberndorf zum Vergleich war ein bestimmter Bereich, der Stift und Dorf umfaßte, festgelegt, R e g e s t e n Eberndorf, hgg. von S c h r ο 11, S. 21, Nr. 3, 1194 April 27. 1β8 ) S e m m l e r , Siegburg, S. 294f. 199 ) Zu den Möglichkeiten einer unterschiedlichen Abstufung des Vogtanteils an der Gerichtsbarkeit in geistlichen Bezirken vgl. D r ο e g e , Landrecht und Lehnrecht, S. 131 f. 2°°) SUB 2, S. 464, Nr. 333, für Herrenchiemsee. 201 ) M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 393; vgl. auch H i r s c h , Die Klosterimmunität seit dem Investiturstreit, S. 66; B e r t h o l d , Die Anfänge der steierischen Ministerialität, S. 318. 195 )
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zitierte Bestimmung aus der Bischofsurkunde für Herrenchiemsee von 1158 zeigt, zumindest durch eine sehr vage Formulierung der Kompetenzbereiche den Einfluß und die Bedeutung der Vögte im Gerichtswesen zu mindern versuchte. Prinzipiell lag es ja beim Erzbischof, der seit 945/53 gemäß dem Immunitätsdiplom von Otto I. die hohe Gerichtsbarkeit über alle Immunitätsinsassen besaß202, wieweit er sie an die Vögte delegierte. In Hirsau, wo eine direkte interessenvertretende Machtspitze fehlte, wie sie der Erzbischof im Salzburger Reformverband darstellte, wurde dem Vogt bezeichnenderweise gerade ausschließlich die Hochgerichtsbarkeit übertragen, da für sie nur er in Frage kam; dagegen behielt sich der Abt die niedere Gerichtsbarkeit vor, um auf diese, für Hirsau einzig mögliche Weise, den Vogteinfluß in Grenzen zu halten 203 . Eine andere Maßnahme zur Kontrolle der Vögte neben der Einschränkung der Gerichtsbefugnisse war die Vogteisplitterung, die unter dem Erzbischof Konrad I. besonders ausgeprägt in Erscheinung tritt 204 , denn die Salzburger Hochstiftsvogtei war in sechs Teilvogteien zerlegt 205 : Hauptvögte waren die Peilsteiner; Teilgüter wurden bevogtet von den Lebenauern, den Plainern, den Meglingern, den Falkensteinern und den Spanheimern. Ein entsprechendes Prinzip verfolgte der Bischof Roman I. von Gurk (1131-1167), als er dem Herzog Heinrich V. von Kärnten nur bestimmte Besitzungen zur Bevogtung übertrug 206 . Diese Vogteipolitik verhinderte eine übermäßige Abhängigkeit von einem Vogt. Dazu kam die Praxis, solchen Herren, die bereits Hochstiftsgut bevogteten, auch die Vogteien über Stifte zu erteilen. Die Peilsteiner waren dementsprechend auch Vögte von Reichersberg und St. ZenoReichenhall, die Meglinger von Au und Gars, die Falkensteiner von Herrenchiemsee, die Plainer von Höglwörth 207 . Damit sollte die Kontrolle mittels gleichzeitiger Bindung an den Erzbischof durch Bevogtung seiner Dominikalgüter verstärkt werden; diese Vögte standen zwangsläufig in engerem Kontakt zum Erzbischof als Vögte, die nur für ein 2 2
° ) MGH D.O.I. 68; audi SUB 2, S. 79f., Nr. 44. ) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 169. 2M ) Dazu K l e b e l , Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 193ff.; M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 423. 205 ) Vgl. die Zusammenstellung bei K l e b e l , Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 193, Anm. 7. 20e ) MC 1, S. 162-165, Nr. 201, 1158 Juni 20. 207 ) K l e b e l , Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 193f. 203
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Stift zuständig gewesen wären. Zugleich wurde damit eine Zusammengehörigkeit von Stift und Hochstift zum Ausdrude gebracht. Eine zusätzliche Möglichkeit, eine Kontrolle über die Vögte zu erlangen, lag in der Feudalisierung der Vogtei, einer Tendenz, die schon seit der Mitte des 11. Jahrhunderts allgemein festzustellen ist208. Indem der Bischof als Lehensherr dem mit einer Stiftsvogtei belehnten Vogt gegenüberstand, war er in das Verhältnis monasterium - Vogt als Aufsichtsinstanz im Rahmen des Lehensrechts eingeschaltet209. Konrad I. von Salzburg belehnte in dieser Weise bereits 1116/17 den Markgrafen Ottokar II. von Steiermark mit der Vogtei des Klosters Nonnberg210; der Graf Sigboto IV. von Neuenburg und Falkenstein reihte seine zahlreichen Vogteien selbst unter die Rubrik der Lehen ein211. Der Salzburger Erzbischof, dem prinzipiell die oberste Verfügungsgewalt über die Vogteien der Stifte des Salzburger Reformverbandes zukam, verwandte somit als Maßnahmen, die ihm die Schutzfunktion im Interesse der Stifte gegen Übergriffe der Vögte gewährleisten sollten, 1. die Einschränkung der Vogtbefugnisse, 2. die Vogteisplitterung, 3. die Vogtbindung durch Bevogtung von Teilen des Hochstiftsgutes durch die Stiftsvögte, und 4. die Feudalisierung der Vogtei. Diese Art der Vogteiregelung verwies die Stifte gänzlich auf den Erzbischof; keine andere Instanz konnte ihnen hier Schutz oder Rechte sichern212. Seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gerieten die Vogteien dann zunehmend in die Hand der Landesfürsten, der Babenberger, 2 0 8 ) Τ h. Μ a y e r , Fürsten und Staat, S. 2 1 ; W a a s , Vogtei und Bede, Teil 1, 5. 32. 2 0 e ) Vgl. S e m m 1 e r , Das Stift Frankenthal, S. 109. 2 1 0 ) SUB 2, S. 187, N r . 119: Huius ecclesie advocatia fidelem nostrum Otakarum marchtonem de Stire virum tarn strenuum quam discretum rogatu dilecte sororis nostre Diemädis nunc abbatisse inbeneficiavimus. Zur Datierung siehe oben, Erster Teil, Anm. 81. 2 1 1 ) Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 8, nach 1165 - vor 1174; es sind dies Herrenchiemsee, erzstiftliche Güter beim Chiemsee und Weyarn. 2 1 2 ) Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 164f., für die Vogteiverhältnisse des Halberstädter Regularkanonikerkreises unter dem Bischof Reinhard; auch dort blieb der Bischof Herr über die Vogtei, versuchte er, den Einfluß der einzelnen Vögte möglichst gering zu halten, und garantierte er die Sicherheit der Stifte.
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Traungauer und später der Wittelsbacher213. Diese Entwicklung kam sogar ursprünglich den bischöflichen Intentionen entgegen, da so die unmittelbare Gefahr an Machtstreben und Bedrückung durch kleinere Herren als Vögte, die sich dabei oft besonders hervortaten, gemindert oder ausgeschaltet schien214. Durch ihr Machtpotential aber gelang es den Fürsten erst recht, die erzbischöfliche Schutzstellung zu überbieten und dadurch Funktionen der erzbischöflichen Schutzherrschaft zu übernehmen — auf unmittelbare exactiones konnten sie leicht verzichten und ihre Vogtei als reine „Schirmvogtei" deklarieren. Eine Möglichkeit des Erzbischofs, sich auch dagegen zu sichern, wird im Salzburger Reformverband nur in Ansätzen sichtbar. Als 1152 die Vogtei über Seckau an den Markgrafen von Steiermark übertragen worden war, in dessen Machtbereich das Stift lag, wurde auf dem Reichstag zu Regensburg 1152 festgelegt, daß dem Vogt wegen Bedrückung und Schädigung des Stiftes auf gerechte Klage des Erzbischofs hin durch Fürstenspruch sein Amt aberkannt werden könne215. Die Reichsgewalt sollte also, analog dem über 75 Jahre älteren Hirsauer Modell, eine Sicherung gegenüber dem Vogt darstellen und die Schutzherrschaft des Erzbischofs unterstützen. Die politischen und kriegerischen Wirren, hervorgerufen durch das Schisma von 1159, in denen sich Salzburgs Erzbischof und Reformverband gegen die kaiserlichen Interessen stellten216, verhinderten ein weiteres Verfolgen dieses Weges. Das Bestreben der Landesfürsten, die vogteiliche Schirmherrschaft an sich zu ziehen, unterstreicht im übrigen die Bedeutung der erzbischöflichen Stellung im Vogteiinstitut für die Aufrichtung einer erzbischöflichen Machtstellung in der Zeit, bevor die Landesfürsten hier einzubrechen versuchten, also vornehmlich in der Zeit der Regierung des Erzbischofs Konrad I. c) D i e e r z b i s c h ö f l i c h e Propstbestellung
Autorität
bei
der
Neben der Schutzherrschaft, die in der Vogteihoheit am deutlichsten greifbar wird, läßt sich der erzbischöfliche Einfluß auf die Eigenschutz2i3) Vgl. A. D ο ρ s c h , Reformkirche und Landesherrlidikeit, S. 6 9 ; Κ 1 e b e 1, Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 2 0 7 ; F r i e d , Vogtei und Grundherrsdiaft. ) Vgl. A. D ο ρ s c h , Reformkirche und Landesherrlidikeit, S. 70f. ) SUB 2, S. 698, N r . 5 1 5 ; vgl. Α ρ ρ e 1 1 , Friedrich Barbarossa und die Landesherrschaft der Traungauer, S. 307. Die in der Urkunde verwendete Formulierung coram regno bedeutet „die vom König und von den Fürsten in R a t und Gericht gemeinsam geübte Rei&sgewalt", ebd., S. 308. S1 «) Vgl. unten, S. 208ff. 2U
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stifte bei dem Vorgang feststellen, der die politische und geistige Richtung eines Stiftes entscheidend bestimmen konnte: bei der Propstbestellung 217 , die sich in die constitutio, also die Aufstellung des Vorstehers durch Wahl oder Bestimmung, in die Investitur, also die Einsetzung in die weltlichen Güter, und in die Ordination, also die Weihe, aufgliederte 218 . Das Eigenkirchenrecht gestattete dem Eigenkirchenherrn die Bestellung und die Einsetzung des Vorstehers 219 . Demgegenüber stand das kanonische Prinzip, wonach zwar freie Wahl für jede Amtseinsetzung galt, diese jedoch als „Erwählung" durch den Bischof zu verstehen war 2 2 0 . Allein für das Amt des Abtes sicherte die Benediktregel absolut freie Wahl für den Klosterkonvent zu, sei es daß sie einmütig, sei es daß sie von der sanior pars bestimmt ausfiel 221 . Der Bischof übernahm aber auch in diesem Fall die „Einführung" des Erwählten in sein Amt, wobei in diesem Verständnis eine Trennung von Ordination und Investitur gar nicht zum Problem wurde, da die besitzrechtliche Seite keine Rolle spielte. Es ist längst darauf hingewiesen worden, daß dieses reine Wahlprinzip auch vor Einbruch des Eigenkirchenrechts kaum im idealen Sinne praktiziert wurde, da der Bischof kraft seiner auctoritas und potestas jederzeit eine Aufsicht ausüben konnte 222 : die sanior pars hatte sich infolgedessen von Anfang an de facto an der bischöflichen Meinung zu orientieren. Unverkennbar zeigen sich daher enge Berührungspunkte des eigenkirchenherrlichen Anspruchs auf uneingeschränktes Erwählungs- und Einsetzungsrecht mit der aus der bischöflichen Amtsgewalt resultierenden Einwirkung auf die Vorstehererhebung. Unter Umständen konnte eben der faktische Einfluß des Bischofs auf die Abtsbestellung nach römischem Rechtsverständnis genauso entschei2 1 7 ) Zur Vorsteherwahl findet sidi ein allgemeiner Überblick bei P a l m e , Wilten, S. 53-60; ansonsten P h . H o f m e i s t e r , „Pars sanioris consilii"; d e r s . , Wahl des Vorstehers; d e r s . , Kompromißwahl. 2 l e ) Vgl. J a k o b s , Die Hirsauer, S. 80f. 218) F e i n e , Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 174; S t u t z , Eigenkirche, Eigenkloster, S. 70ff.; G r a f f , Kaiserurkunde und Eigenkirchenrecht, S. 66: „Noch zur Zeit der Ottonen und Salier war die Bestellung des Abtes oder der Äbtissin für den Eigenklosterherrn Ausdruck seiner Herrschaft." 2 2 °) B a r t h , Hildebert, S. 112f. 2 2 1 ) Im Kapitel 64, Absatz 1, B e n e d i c t i Regvla, hgg. von Η a η s 1 i k , S. 148; vgl. Ρ h. H o f m e i s t e r , Kompromißwahl, S. 70; S t u t z , Eigenkirche, Eigenkloster, S. 70. 222) P h . H o f m e i s t e r , Kompromißwahl, S. 70; H e g g l i n , Der benediktinische Abt, S. 50.
Erzbischöfliche Autorität bei der Propstbestellung
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dend sein wie nach Eigenkirchenrecht, oder anders formuliert: der bischöfliche Einfluß auf die Propstbestellung ist nicht ausschließlich auf eigenkirchenherrliche Rechtspraktiken zurückzuführen, sondern besitzt auch eine Komponente, welche auf der bischöflichen auctoritas und potestas beruht. Als sich die bischöfliche Herrschaft auf das Eigenkirchenrecht gründete, wurde die unbeschränkte Verfügungsgewalt über die Abtsbestellung freilich ausschließlich als Ausfluß dieses Rechts verstanden. Dies erklärt die Tatsache, daß sich Cluny in so radikalem Maße dem Bischof zu entziehen trachtete und völlige Exemtion anstrebte, obwohl Cluny selbst bezeichnenderweise seinen Tochterklöstern die Vorsteherwahlfreiheit vorzuenthalten suchte: Aufsicht über die Wahl im Interesse der Reform war nicht anstößig223. Die Stellungnahme Hirsaus zu diesem Problem zeigt bereits eine neue Entwicklungsstufe an: nun war eine Trennung zwischen Investitur in die weltlichen Güter, die jetzt als Signum des Eigenkirchenrechts gelten mußte und bekämpft wurde, und Ordination durch den Bischof vollzogen worden. Am deutlichsten zeigt sich das im sog. Hirsauer Formular von 107 52 2 4 , das die Mitwirkung des Bischofs auf den Weiheakt beschränkte und damit auf neue Art den kanonischen Vorstellungen ebenfalls zuwiderlief. Ein Ausgleich war erst erreicht, als der zuständige Bischof gemeinsam mit der Weihe dem Hirsauer Abt als Investiturakt auch den Abtsstab überreichen sollte. Damit wurde zwar die Aufsichtsgewalt des Bischofs wieder allgemein anerkannt, sollte aber ganz allein auf die kanonischen Satzungen gegründet und somit Ausfluß der amtsbischöflichen auctoritas und potestas sein225. Da dieser Ausgleich in Hirsau vor allem auf den Einfluß des Papstes Gregor VII. hin zustandekam226, ist damit sdion angedeutet, daß die vom Reformpapsttum geforderte Freiheit der Vorsteherwahl für Klöster und Stifte nicht rigoros gegen die Bischöfe gerichtet gewesen sein kann. Zumal bei einer vom Bischof aus betriebenen Reform hätte das zu Widersprüchen geführt, denn ein bischöflicher Eingriff in die Vorsteherbestellung war unumgänglich, wenn es um die Reformierung 22S 224
) Vgl. S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 1, S. 118. ) MGH D.H.IV. 280; dazu T h . M a y e r , Fürsten und Staat, S. 53ff. und
11 Off.
225) Vgl. Τ h. M a y e r , Fürsten und Staat, S. 75-78; J a k o b s , S. 99 ff. " · ) Τ h. M a y e r , Fürsten und Staat, S. 112.
Die Hirsauer,
154
I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
eines Stiftes oder um die Aufrechterhaltung des für gut befundenen ordo ging. So besteht auch kein Zweifel daran, daß alle ersten Pröpste der Stifte des Salzburger Kanonikerreformverbandes auf die Weisung des Erzbisdiofs Konrad I. hin ihr Amt erhielten 227 . Auch die Initiatoren der Kreise verhielten sich so: der Bischof Hartmann von Brixen ließ für Neustift-Brixen Regularkanoniker und den designierten Propst von Klosterneuburg kommen. Er selber war einst von Konrad I. zum Vorsteher von Herrenchiemsee und Klosterneuburg gemacht worden, um die Reform planmäßig auszubreiten; im einzelnen wurde dieser Vorgang im ersten Teil unserer Arbeit geschildert. Man könnte hier einwenden, bei diesen Reformstiften habe sich vielleicht noch kein Konvent konstituiert, der selber hätte wählen können. Dieser Gesichtspunkt spielte jedoch im Grunde keine Rolle; in Freistritz-Seckau wählten die Kanoniker, nachdem sie nachweislich schon Formen eines Konvents gebildet hatten, den ersten Propst dennoch unter der Aufsicht des erzbischöflichen Stellvertreters, des Bischofs Roman I. von Gurk. Die parallele Klosterreform bestätigt das: in Admont stellte der Erzbischof Konrad I. den Reformanschluß her, indem er um 1115 die Wahl Wolfholds von St. Georgen im Schwarzwald zum neuen Abt ohne Rücksicht auf die 1104 dem Kloster durch päpstliches Privileg zugestandene Abtswahlfreiheit in die Wege leitete 228 . Eingriffe des Erzbischofs dieser Art zur Durchführung der Reform richteten sich nicht nach dem Entwicklungsgrad der Institutionen, weshalb audi die noch zur Zeit Konrads I. dem Salzburger Domkapitel 229 und den Reformstiften Herrenchiemsee230 und Reichersberg 231 in päpstlichen Privilegien eingeräumte Propstwahlfreiheit 232 kaum als Kampfmittel gegen den Erzbischof und seine Aufsichtsgewalt *") Vgl. oben, S. 108. 228) vgl. M e z l e r - A n d e l b e r g , Beiträge zur Geschichte der Rechtsstellung, S. 159. Zu St. Georgen und Admont vgl. W ο 11 a s c h , St. Georgen, S. 114116. 22») GP 1, S. 47, Nr. 1; S. 48, Nr. 2 und Nr. 3; SUB 2, S. 196, Nr. 128, 1123 Febr. 19: Ad hec adicientes statuimus, ut obeunte ipsius loci abbate nullus in abbatem qualibet surreptionis astutia seu violentia preponatur, nisi quem fratres communi consensu vel fratrum pars consilii sanioris secundum dei timorem providerint regulariter eligendum. ! »°) GP 1, S. 70, Nr. 1. m ) GP 1, S. 192, Nr. 8. " 2 ) Die Propstwahlfreiheitsbestimmung wurde zu einer festen Formel des Papstprivilegs und im Liber Provincialis, dem Kanzleibuch der Kurie im 13. Jahrhundert, verankert, vgl. Τ a η g 1, Kanzleiordnung, S. 234.
Erzbisdiöflidie Autorität bei der Propstbestellung
155
gedacht gewesen sein dürfte. Das bezeichnendste Zeugnis dafür, daß solche Zugeständnisse nicht darauf gerichtet waren, ist darin zu sehen, daß der Erzbischof Konrad I. selbst die freie Propstwahl urkundenmäßig zuerkannte, nämlich 1136 für St. Zeno-Reichenhall: Defuncto vero quolibet eiusdem loci preposito, nullus in eius locum qualibet subreptione aut violentia subrogetur, nisi quem aut fratrum concors unanimitas aut sanior pars regulariter elegerit23S. Wie wesentlich gerade St. Zeno als erzbischöflicher Stützpunkt war, wurde erwähnt; gerade deshalb mußte es dem Erzbischof sehr angelegen sein, dort einen Mann seines Vertrauens an der Spitze zu sehen. Die genannte Bestimmung ist demnach ohne Zweifel als Sicherung gegen Eingriffe durch Dritte in den erzbischöflichen Amtsbereich zu verstehen. Dementsprechend muß dieser Zweck auch den päpstlichen Privilegien unterstellt werden, denn sie waren ja durchwegs auf Intervention des Erzbischofs hin ausgestellt worden. Wie sehr sich das Papsttum tatsächlich mit dieser salzburgischerzbischöflichen Eingriffsgewalt einverstanden zeigte, wird augenfällig am Beispiel Berchtesgadens: dieses päpstliche „Eigenstift" 234 wurde mit Billigung des Papstes dazu veranlaßt, zur weiteren Aufrechterhaltung des ordo einen Propst, Hugo (1142-1151), aus dem Salzburger Verband zu akzeptieren235. Strenggenommen ist es demnach nicht zulässig, in solchen Handlungsweisen des Erzbischofs Konrad I. nur ein Weiterleben des bischöflichen Eigenkirchenrechts zu sehen, wie das mitunter vertreten wird236, da diese Aufsichtsgewalt237 auf der bischöflichen Amtsautorität basieren konnte und im Falle Konrads vom Papsttum auch als eine solche verstanden wurde. Reste eigenkirchenherrlichen Gedankengutes sind aber auch im Salzburger Bereich noch anzutreffen, wie das an den BeiSUB 2, S. 254, Nr. 171, 1136 April 5; Konrad übernahm also die Formel des päpstlichen Privilegs. «*) GP 1, S. 60, Nr. 1 und 2. « 5 ) Vgl. oben, S. 70f. 2") M e z l e r - A n d e l b e r g , Beiträge zur Geschichte der Reditsstellung, S. 158f., vertritt beispielsweise diese Ansicht. M 7 ) Wie sehr diese Aufsichtsgewalt zum Tragen kommen sollte, schildert recht prägnant eine Urkunde des Reformbischofs Reinhard von Halberstadt, der 1120 das Reformstift Kaltenborn privilegierte: Decernimus et Dei famulis ibidem regulariter viventibus lib er am electionem, quatenus, quemcunque sanioris consilii jratres de eodem sive de alio monasterio eiusdem ordinis secundum Deum elegerint, episcopi consensu statuatur (HUB 1, S. 117, Nr. 148, 1120 April 16). Die bischöfliche Zustimmung hatte also die „freie Wahl" zu ergänzen. Vgl. dazu auch B o g u m i l , Halberstadt, S. 160-164, der diese Form der bischöflichen Kontrolle ebenfalls dem Reformgedankengut zuschreibt.
156
I. Neuordnung des verfassungsrechtlichen Beziehungssystems
spielen der Reformstifte Suben, Höglwörth und Weyarn zu sehen ist. Ihnen wurde der Propst regelmäßig vom Domstift vorgeschrieben, was zwar der Sicherung der Reform diente und durch die damit verbundene Gewährleistung des ordo das Band der Observanz stärkte, keineswegs jedoch der Reformforderung nach freier Propstwahl entsprechen konnte, die sich, wie das Beispiel Sedsau zeigt, zumindest in einer Beteiligung des Konvents an der Wahl manifestieren sollte. Hier ergibt sich eine Nahtstelle zwischen extremer amtsrechtlicher bischöflicher Kontrolle und bischöflichem Eigenkirchendenken. Nicht nur zur Durchführung der Reform, sondern auch zur weiteren Aufrechterhaltung der Reform und schließlich zur Sicherung der erzbischöflichen Interessen in den Eigenschutzstiften, so dürfen wir diesen Gesichtspunkt zusammenfassen, wurde die bischöfliche Autorität bei der Propstbestellung im Salzburger Reformverband voll zur Geltung gebracht. Es darf sogar als besonderes Kennzeichen dieses Verbandes gelten, daß noch bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts hinein viele Stiftspröpste aus dem Domstift kamen, was man auf die Initiative der Erzbischöfe zurückführen muß, die sich damit unmittelbaren und mittelbaren Einfluß auf die Eigenschutzstifte zu sichern suchten.
6. D i e w e s e n t l i c h e n R e c h t s e l e m e n t e der R e f o r m p o l i t i k des E r z b i s c h o f s K o n r a d
I.
Noch vor 1130, so haben unsere Untersuchungen ergeben, drang im Salzburger Reformverband die Tendenz durch, nicht mehr auf der Rechtsbasis des reinen Eigenkirchenrechts, sondern modifiziert auf der einer Schutzbeziehung, eines Klosterschutzrechtes die Bindung der Stifte an den Erzbischof zu bestimmen. Mit Ausnahme kleinerer Stifte wie Zell am See und Bischofshofen ist dabei zwischen alten bischöflichen Eigenstiften, Stiften, die auf Hochstifts-Dominikalgut entstanden sind, und übereigneten Stiften oder auf Stiftungsgütern errichteten kaum ein Unterschied zu machen. Die übereigneten Stifte Suben, Weyarn und Seckau besaßen prinzipiell keinen besseren Rechtsstatus als Herrenchiemsee, St. Zeno-Reichenhall oder Au, wenn man auch einen faktischen Einfluß der Gründer berücksichtigen muß, und vor allem die Rückkaufklausel den Erzbischof in größerem Maße verpflichtete. In erster Linie verzichtete der Erzbischof weitgehend auf die eigen-
Die wesentlichen Reditselemente
157
kirchliche Komponente des unbeschränkten Verfügungsrechtes über das Stiftsgut und sicherte dieses darüber hinaus noch gegen mögliche Eingriffe anderer, auch seiner Nachfolger im Bischofsamt. Dafür stärkte er als Diözesanoberhaupt andererseits seine Stellung als höchste Instanz in allen Fragen des Rechts und des Schutzes, was sich vor allem im Bereich der Vogtei auswirkte. Die ausgeprägte Anwendung der bischöflichen Autorität auf dem Gebiet der Propstbestellung, was als Reformkontrolle und Reformsicherung verstanden werden muß, gewährleistete von vornherein eine Vertretung der erzbischöflichen Interessen in den Reformstiften des Salzburger Reformverbandes. Im ganzen gesehen fällt bei dieser Stiftspolitik des Erzbischofs Konrad I. der Versuch auf, den allgemeinen Reformforderungen auf verfassungsrechtlichem Gebiet zu entsprechen, soweit das im eigenen Interesse überhaupt möglich war; jedenfalls ist eine deutliche Ausrichtung nach päpstlichen Impulsen und eine Zusammenarbeit mit den Päpsten nicht zu übersehen. D a somit Konrads Reformpolitik in dieser Beziehung keineswegs im Gegensatz zur päpstlichen Klosterpolitik stand, und da die Ubereignung von Klöstern und Stiften an den Papst im Grunde dem kanonischen Hierarchie-Aufbau der Kirche widersprach, der doch das Gefälle Papst - Bischof - Kloster festsetzte und der auch niemals prinzipiell verändert werden sollte 238 , kann man, entgegen der Meinung von Jakob Mois, die Reformpolitik des Erzbischofs auf verfassungsrechtlicher Ebene der päpstlichen Eigenklosterpolitik gegenüber eher als Fortschritt im Sinne der Reform bezeichnen. Zu den bisher geschilderten verfassungsrechtlichen Komponenten des neuen bischöflichen Herrschaftssystems kam eine weitere, eine, die der Salzburger Kanonikerreform das besondere Charakteristikum verlieh und welche die neue Bindung zwischen dem Erzbischof und den Stiften besonders wirksam machte: die spezifische Gestaltung der inneren Diözesanreform, bei der den Regularkanonikern eine hervorragende Bedeutung und Rolle zukam.
Vgl. J a k o b s , Die Hirsauer, S. 109f.; S e m m 1 e r , Das Stift Frankenthal, S. 110.
Barth,
Hildebert, S. 194;
II. D I E G R U N D L I N I E N D E R
REFORM
1. „ G e n e r a l r e f o r m " i n d e r D i ö z e s e a l s G r u n d k o n z e p t i o n d e s E r z b i s c h o f s K o n r a d I. War schon bisher bei der Kanonikerreform Konrads I. der monastische Bereich immer wieder zu berücksichtigen, so gilt dies für die Reformkonzeption dieses Erzbischofs in noch größerem Maße. Die Salzburger Regularkanonikerbewegung ist nicht losgelöst von der Mönchsreform zu betrachten, beide sind von Anfang an parallel angelegt; der Schwerpunkt freilich liegt ohne Frage bei den Regularkanonikern 239 . Die wenigen direkten Aussagen zu Konrads Reformvorstellungen in den Arengen lassen deutlich werden, daß es ihm um einen allgemeinen Neubeginn ging. Bei seinem Amtsantritt sei alles verwüstet gewesen, die Sitten heruntergekommen, die kirchliche Ordnung zerstört: .. . instituta sacrorum canonum, regulas orthodoxorum patrum adamavimus, sed longe his contraria in ecclesiis nostris invenimus2ia. Mit Arengen und Narrationen einen Tatbestand zu belegen ist problematisch, da wir das Medium „Kanzlei" berücksichtigen müssen. Eine vorherrschende Tendenz festzustellen ist jedoch bei einer entsprechenden Häufung der Zitate legitim; sie lautet bei Konrad I.: bewußter Neuansatz, den Nachfolgern eine gebesserte und gefestigte Diözese übergeben241. Noch deutlicher hebt sich diese Grundtendenz ab, wenn wir die seiner Nachfolger dagegenstellen, wie sie in den Arengen formuliert wurde. Das Prinzip lautet bei ihnen: bewahren, was man über*>») Diese Gedanken vertritt bereits thesenartig C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 312, These 3. - Uber das Verhältnis der Gewichtigkeit von Kanoniker- und Mönchsreform, das man grob auf 3:1 bringen kann, siehe unten die prosopographisdie Übersidit, S. 163. 240 ) SUB 2, S. 334, Nr. 232, 1144 N o v . 3. 241 ) SUB 2, S. 260, Nr. 176, 1137: . . . ut episcopatum, quem pauperimum et valde vastatum invenimus, divitem deo gratias et satis copiosum tamque a ruinis morttm quam α ruinis murorum honeste favente deo reparatum successoribus nostris moriendo relinquamus. Auffallend dieselbe Vorstellung eines Neubeginns und Wiederaufbaus einer misera ecclesia audi beim Bischof Reinhard von Halberstadt (1107-1123), dazu Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 2, 20 und 59. - Zur Problematik der Arenga vgl. F i c h t e n a u , Arenga, S. 8ff.
„Generalreform" als Grundkonzeption
159
nommen hat 242 , so z.B. beim Erzbischof Adalbert III.: Decessorum statuta sicut legittima et iusta successorem convenit custodire. . .243, oder: Antecessorum statuta bona et iusta decet conservare atque confirmare legittimos eorum successores in dispensatione pie ordinationis2ii. Schon Eberhard I. verwendete das erstgenannte Gelasiuszitat etwas abgewandelt: Predecessorum statuta iusta et rationabilia successores debent inviolabiliter custodire . . . 245 . Dieser Gedanke fehlt eben in den Arengen Konrads I. völlig. Daß mit dem Neubeginn nicht nur Stifte und Klerus, sondern auch Klöster und Mönche erfaßt werden sollten, ersehen wir am Beispiel des Klosters St. Peter-Salzburg, quod in principio nostre promotionis valde adnichilatum et dissipatum invenimus, wie eine Urkunde Konrads I. vermerkt 246 . Audi hier mußte also eine Änderung erfolgen. Den Beginn der Klosterreform machte der Erzbischof beim Kloster Admont, wo er auf frühere Reformansätze zurückgreifen konnte 247 ; es wurde über St. Georgen im Schwarzwald der Hirsauer Observanz angeschlossen248. Auf die Initiative des Erzbischofs Konrad I. hin erhielt Wolfhold aus St. Georgen um 1115 in Admont die Abtswürde (1115 bis 1137) 249 . Von Admont aus wurde zunächst die Mönchsreform gesteuert: Millstatt und St. Peter in Salzburg wurden noch bis 1116 reformiert 250 . Als Konrad 1121 nach Salzburg zurückkehrte, fand er bei den Mönchen von St. Peter auch sogleich Unterstützung. Ihr Abt Reginbert wurde 1125 Bischof von Brixen auf Betreiben Konrads, und das deutet bereits darauf hin, daß der Erzbischof dieses Kloster besonders in seine Reformpläne einzubauen gedachte. Schon als der Edle Dietmar von Lungau 1121 eine Stiftung machte, ging diese rogatu nostro, auf Bitten 242 ) Nur der Erzbisdiof Konrad III. (1177-1183) bildet dabei eine Ausnahme, was seine eigenständige Politik auch hier diarakterisiert. 2 ") SUB 2, S. 559, Nr. 407, 1175 Sept. 5. 244 ) SUB 2, S. 657f., Nr. 484, 1192. 245 ) SUB 2, S. 503, Nr. 359, 1161. 24e ) SUB 2, S. 316, Nr. 215, 1143 (?) Dez. 9. 247 ) Dazu neuerdings A r n o l d , Admont und die monastische Reform, bes. S. 354. 248 ) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 60; schon seit 1091 waren St. Paul im Lavanttal und Millstatt mit Hirsau in Beziehung getreten, vgl. J a k o b s , ebd., S. 45. Zu St. Georgen W o l l a s c h , Die Anfänge des Klosters St. Georgen. 249 ) W i c h n e r , Admont, Bd. 1, S. 64ff.; dazu C l a s s e n , Gerhoch, S. 59, Anm. 8: „Admont 1115 - ob nicht doch schon früher?" Er zieht wahrscheinlich die Exilszeit Konrads in Erwägung. 250 ) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 71; D e m m , Reformmönchtum, S. 25ff. Auch Melk in der Diözese Passau wurde noch 1116 erfaßt, J a k o b s , ebd., S. 70.
160
II. Die Grundlinien der Reform
des E r z b i s c h o f s , a n St. P e t e r , w e l c h e s a u f d e m G u t das B e n e d i k t i n e r k l o s t e r E l s e n b a c h - S t . V e i t errichtete 2 5 1 . D a n e b e n b l i e b A d m o n t
aber
i m m e r als R e f o r m z e n t r u m bestehen. S o o r d n e t e K o n r a d 1 1 2 2 d i e R e f o r m des N o n n e n k l o s t e r s St. G e o r g e n a m L ä n g s e e durch A d m o n t a n 2 5 2 . G e g e n E n d e d e r A m t s z e i t K o n r a d s I. stieg A d m o n t als R e f o r m m i t t e l p u n k t sogar z u ü b e r r e g i o n a l e r B e d e u t u n g a u f 2 5 3 . N e b e n d e n R e f o r m b e n e d i k t i n e r n f a n d auch d e r Z i s t e r z i e n s e r o r d e n durch K o n r a d I. U n t e r s t ü t z u n g , w e n n auch in g e r i n g e r e m M a ß e 2 5 4 ; i n einer erzbischöflichen U r k u n d e v o n circa 1 1 4 3 w i r d der O r d e n i m m e r h i n als magnum
sue lumen255
ecclesie
bezeichnet. D i e
Zisterzienser
suchten a n f a n g s , w i e d i e R e g u l a r k a n o n i k e r , f e s t e A n l e h n u n g a n d e n Diözesanbischof256
ihm,
im
Gegensatz e t w a zu den regulierten K a n o n i k e r n v o n Premontre -
sie
wiederum heben
257
sind
und
von
bejahten den
die Schutzbeziehung
Magdeburger
zu
Prämonstratensern
abzu-
d i e i n d e r S a l z b u r g e r D i ö z e s e d a h e r nicht berücksichtigt
w u r d e n u n d i m K r e i s der O b s e r v a n z n u r i n W i l t e n 2 5 8 E i n g a n g f a n d e n . 251
) SUB 1, S. 327f., N r . 156, 1121; SUB 2, S. 219, Nr. 144b, 1130 Jan. 22. U r k. St. Veit, hgg. von H ö r und Μ ο r e η ζ , S. 1-3, Nr. 1 und N r . 3. 252 ) SUB 2, S. 237, Nr. 160, Vorbemerkung; M C 3 , S. 228, N r . 568; P e s c h l , Gurk, S. 69, gibt irrtümlich als Reformzeitpunkt 1134 an, wohl in Anlehnung an die gefälschte Urkunde SUB 2, S. 237, Nr. 160, von 1134, die er nach MC 1, S. 107, Nr. 76 zitiert, wo kritische Beurteilung und Einordnung freilich fehlen; diese wären in MC 3, S. 258ff., Nr. 647, zu finden gewesen. Vgl. audi Annales Admuntenses, M G H SS 9, S. 578. 253 ) Der Aufschwung erfolgte unter Gottfried (1138-1165), dem Nachfolger Wolfholds. Aus Admont gingen hervor die Äbte Werner von Prühl bei Regensburg (1140), Berthold und Adalbert von St. Emmeram in Regensburg (1143 und 1149), Günther von Weihenstephan/Freising (1147), Irimbert von Seeon (1146), Otker von St. Lambrecht (um 1154), Johannes von Göttweig (1157), Irimbert von Michelberg/Bamberg (1160), wahrscheinlich Rudolf von Rosazzo und die Äbtissin von Bergen (1156). Dazu kamen unter Gottfrieds Nachfolger, Liutold (1165-1171), noch Heinrich von Millstatt (1166), Isenrik von Biburg (1169) und Konrad von Garsten (1169); 1168 war auch das Benediktinerinnenkloster Neuburg/Donau erfaßt worden. Vgl. dazu A r n o l d , Admont und die monastische Reform, S. 351ff.; dort auch die jeweiligen Belege. Arnold weist, wie auch B r a u n , Irimbert von Admont, S. 267ff., die von D e m m , Reformmönchtum, entwickelte These einer hirsauisch-zisterziensischen Mischobservanz in Admont zurück; beide betonen dagegen nachdrücklich die Hirsauer Observanz Admonts. ***) Vgl. oben, Zweiter Teil, Anm. 152. " 5 ) SUB 2, S. 351, Nr. 244, circa 1143 Okt. 27. t5e ) Vgl. K r a u s e n , Raitenhaslach, S. 42f.; F l i e d e r , Heiligenkreuz, S. 329f. 257 ) Zu einigen Aspekten der Magdeburger Kanonikerreform durch Prämonstratenser vgl. F. W. Κ 1 e b e 1, Norbert von Magdeburg. l5e ) Zu Wilten B a c k m u n d , Monasticon Praemonstratense, Bd. 1, S. 53ff.; P a l m e , Wilten.
161
„Generalreform" als Grundkonzeption
B e s o n d e r s w i r d das S t r e b e n K o n r a d s , d i e K l ö s t e r z u r e f o r m i e r e n , deutlich dadurch, d a ß er a u d i a l l e k ö n i g l i c h e n K l ö s t e r der S a l z b u r g e r K i r c h e n p r o v i n z d e r R e f o r m z u u n t e r w e r f e n trachtete, w o r ü b e r a u f d e r R e i c h e n h a l l e r P r o v i n z i a l s y n o d e v o n 1 1 4 6 e i n entsprechender B e s c h l u ß g e f a ß t w u r d e 2 5 9 . T e g e r n s e e u n t e r d e m A b t K o n r a d Ι. ( 1 1 3 5 - 1 1 5 5 ) 2 6 0 w i d e r s e t z t e sich d e m P l a n , S e e o n d a g e g e n m u ß t e seit 1 1 4 6 d e m A d m o n t e r R e f o r m a b t I r i m b e r t E i n l a ß g e w ä h r e n , d e r freilich w e g e n d e r großen Widerstände kurz vor 1152 wieder weichen mußte261. Klosterreform neben Kanonikerreform
als A n l i e g e n
bischofs b e s t ä t i g t schließlich d i e Vita
Gebehardi
des S a l z b u r g e r et successorum
a u ß e r F r a u e n c h i e m s e e u n d G ö s s , so w i r d berichtet, sei nulla ν e I
monachorum
monialium
ν el
clericorum
aut
Erzeius; ecclesia
s an c t i -
g e w e s e n , d i e nicht v o n K o n r a d I. r e f o r m i e r t w o r d e n
wäre262.
259
) GP 1, S. 363f., N r . 2; P l e c h l , Tegernseer Briefsammlung, S.52ff.; Plechl sieht in den modernae institutiones et consuetudines claustralium irrtümlich Kanonikerordnungen (S. 61); daß es sich vielmehr um Mönchsreform-Bestimmungen-naheliegenderweise - handelt, stellt K r a u s e n , Bischof Otto I. von Freising, S. 44, richtig. Ebenso entbehrt Plechls Annahme, Konrad habe die Umwandlung Tegernsees in ein bischöfliches Eigenkloster angestrebt (S. 59), jeder Grundlage; vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 64, Anm. 36. 2eo ) Zu den Amtszeiten der Tegernseer Äbte vgl. neuerdings Ρ ο 1 ο c k , Zur Chronologie, bes. S. 314. Konrads Vorgänger, Aribo, war Abt von 1111-1134. 2el ) J o h a n e k , Ordensreform, S. 170ff. Johanek hat erstmals das Vorsatzblatt des cod. 949, 12. Jahrhundert, aus Klosterneuburg bearbeitet, welches vier für die Gesamtreform im Salzburger Reformkreis typische Dokumente enthält: 1) ein Mandat des Papstes Hadrian IV. an Seeon vom 21. März 1155, sich den Reformmaßnahmen des Abtes Heimo zu beugen, bei Johanek erstmals publiziert; 2) die Urkunde des Papstes Urban II. für Rottenbuch vom 28. Januar 1092 (GP 1, S. 375f., Nr. 2), die erstmals den Status und die Rolle der Regularkanoniker programmatisch abgrenzte; 3) den Brief des Papstes Innocenz II. an den Erzbischof Konrad I. vom 16. März 1142 (GP 1, S. 61, Nr. 6; zur Datierung siehe oben, Erster Teil, Anm. 419 und 422) betreffs des geplanten ordo-Wechsels durch die Berchtesgadener Regularkanoniker; 4) den für die Salzburger Regularkanoniker so wichtigen Brief des Papstes Gelasius II. an Springiersbach vom 11. August 1118 (JL6648), der im Verlauf unserer Arbeit nodi zur Sprache kommen wird. Auch diese Kombination von Dokumenten deutet darauf hin, daß Mönchs- und Kanonikerreform tatsächlich weitgehend als Einheit begriffen worden ist. 2β2 ) M G H SS 11, S. 44: Exceptis enim duobus monasteries sanctimonialium Chyemsse et Gosse, quae ilium audire noluerunt et ipse obedire contempserunt, nulla ecclesia vel monachorum vel clericorum aut sanctimonialium in toto eius episcopio fuit, quae non aut sub ipso constructa aut per eum in rebus interioribus et exterioribus meliorata et augmentata fuerit. Zu Göss: A p p e l t , Geschichte des Stiftes Göss, mit Literaturübersicht, S. 51, Anm. 1.
162
II. Die Grundlinien der Reform
Eine Reform auf monastischer und klerikaler Ebene zugleich ist freilich noch nicht außergewöhnlich; wir treffen sie in Halberstadt 2 6 3 wie in Köln an. Charakteristisch für Salzburg sind aber die bewußte Parallelisierung und die Generalreform2®4. Am Erzbischofssitz Salzburg selbst waren die Spitzen der beiden Richtungen - Mönche und Kanoniker — präsent und standen dem Erzbischof zur Verfügung: im Kloster St. Peter und im Domstift. Das Domstift war planmäßig als ein solches Zentrum errichtet worden, das Kloster St. Peter nahm auf Grund des traditionellen Vorranges 265 neben Admont einen Schwerpunkt in der Diözese ein, vornehmlich in administrativer Hinsicht. Allerdings bildeten die Reformklöster der Mönche im Unterschied zu den Kanoniker-Stiften keinen in Abhängigkeit von St. Peter stehenden Kongregationsverband - zumal Admont einen eigenen Reformmittelpunkt darstellte sondern waren allein durch die geistliche Jurisdiktion des Erzbischofs gebunden. Schon die Nähe des Dompropstes und des Abtes von St. Peter zum Erzbischof mußte ihre ausgeprägte Mitwirkung an dessen Regierungsgeschäften veranlassen: in seinen Urkunden bezeugen und unterschreiben sie fast immer gemeinsam und unter den Salzburger Prälaten und unter denen des Reformkreises an erster Stelle und am häufigsten. Nur der Gurker Bischof, der ständige Begleiter des Erzbischofs bis zu Konrad III., ist öfter in erzbischöflichen Urkunden genannt. Ein statistischer Uberblick über die Häufigkeit der Nennung der verschiedenen Prälaten in Urkunden der Salzburger Erzbischöfe oder in Notizen über ihre Handlungen anhand des Salzburger Urkundenbuches bestätigt die Bedeutung der beiden Institutionen am Ort des Hochstifts 266 : 2β3) Vgl J ä s c h k e , Junggorzer Reformbewegung, S. 30ff.; Β ο g u m i 1, H a l berstadt, S. 60ff. 2 β 4 ) In Halberstadt verlief die Entwicklung zu Beginn des Pontifikats Reinhards (1107-1123) fast gleichartig, später strebten Mönchs- und Kanonikerreform dort allerdings auseinander, vgl. B o g u m i l , Halberstadt, S. 60fT. und 88fif. 21S5) Vgl. oben, S. 28ff. 2 " ) Diese prosopographische Übersicht kann natürlich nur dazu dienen, Tendenzen, die sich auch sonst abzeichnen, zu untermauern, denn die Nennungen in den Urkunden können keine absolute Zahl darüber hergeben, wie oft sich die einzelnen Prälaten wirklich beim Erzbischof aufgehalten haben. Auch regionale Schwerpunkte der erzbischöflichen Politik müssen berücksichtigt werden. Die Pröpste von Seckau und Vorau waren denen von Berchtesgaden, Herrenchiemsee, Reichersberg usw. gegenüber schon deshalb benachteiligt, weil sie von Salzburg weiter entfernt waren. Verschiedene Tendenzen aber, wie gesagt, lassen sich dadurch sehr wohl bestätigen, nämlich:
„Generalreform" als Grundkonzeption Kon. I.
Eb.I.
Bischof v. Gurk
49
34
2
1
Domstift Salzburg Herrenchiemsee
17
32
3
3
6
20
1
Domstift G u r k
13
13
1 1 1
Erzbischof
Kon. II. Ad. III. Kon. III. Ad. III. 12. Jhdt.
8
12
Reichersberg
8
12
2
Baumburg
5
6
1
Gars
6
6
1
1
Au
5
7
1
Maria Saal
3
3
Bischofshofen St. Zeno
1 3
10 4 6
Höglwörth
5
Seckau Suben
1
6
1
3
Ranshofen
1
Klosterneuburg Vorau
1
1 4
3
3
89
2
23
80
1
9 5
38 33
9
32
1
Berchtesgaden
Zell am See
163
1
1
8
30
1
10
23
1
6 4
21
11
17
1
15
2 1
1
6
15
5
11
3
10
1
2
17
10 6
1 1
10
2
5
3
5 4
1
Weyarn Polling
2 2
2
Maria Wörth
1
Rottenbuch
1
1 1 1
Waldhausen St. Peter
14
25
2
2
Admont St. Paul
8 5
13
1
1
St. Lambrecht
6 1 2 3
Midiaelbeuern Ossiach Millstatt Seeon
3
1
1
1
12
56
1
24
6
1
12
5 6
1 3 3
12 10 9
1 3
9 9 6
4 4 4
1 1
Rein
3
1
Elsenbach Viktring
1 1
4
1
6
1
1
3
Formbadi
1 2
2 1
Raitenhaslach Reichenbach
1
3 3 2 1
Attel
2
164
II. Die Grundlinien der Reform
Jeweils führen die Prälaten der Metropole die Listen an, bei den Regularkanonikern das Salzburger Domstift, bei den Klöstern St. Peter-Salzburg. Typisch dafür ist auch die Reihenfolge der Einträge im Seckauer Verbrüderungsbuch aus dem 12. Jahrhundert: nach dem Erzbischof Konrad I. folgen das Salzburger Domkapitel und St. Peter 267 . In St. Peter selbst wurden zwei Verbrüderungslisten angelegt: eine enthält die Mönchsreformklöster, die andere die Kanonikerreformstifte, mit denen man verbrüdert war; der Komplexität der Reformanlage war man sich bewußt 268 . Die Praxis bestätigt das Prinzip: Äbte und Pröpste wurden bei Angelegenheiten des jeweils anderen ordo herangezogen. So verkündete der Abt von St. Peter das Urteil bezüglich des Streites zwischen Berchtesgaden und Baumburg 113 6269, Pröpste bezeugten Tauschgeschäfte des Erzbischofs mit Mönchen270; gewöhnlich aber waren Vertreter aus beiden Lagern gemeinsam zugegen. Beispielsweise sollte der Bischof Reginbert von Passau 1144 den Streit mit Reichersberg über den Abt Balderich von St. Peter und den Propst Gebeno vom Domstift bereinigen271. Vor allem bezeichnend ist, daß durch häufige Prälatenzusammenkünfte von Pröpsten und Äbten, worauf wir noch zu sprechen kommen, sich gleichsam ein erzbischöfliches Ratskollegium konstituierte, wenn auch völlig ohne feste, rechtlich abgegrenzte Formen oder Statuten. Es war vielmehr eine Aktionsgemeinschaft, zugeschnitten auf das Aktionszentrum in der Person des Erzbisdiofs und in den beiden vorrangigen Institutionen, dem Domkapitel und dem Kloster St. Peter 272 . 1) das Übergewicht der Kanonikerreform gegenüber der Möndisreform (Verhältnis 3 : 1 ) ; 2) die Funktion des Gurker Bischofs als ständiger Begleiter und coadiutor des Erzbisdiofs, aber nur bis in die Zeit des Erzbischofs Konrad II.; 3) die Eingliederung von Baumburg und Berchtesgaden in den Salzburger Verband; 4) die Lähmung der Aktivitäten in der Zeit des Schismas schon während der Regierungszeit des Erzbischofs Konrad II. bis zur Absetzung des Erzbischofs Adalbert III. im Jahre 1177; 5) die selbständige Regierung des Erzbischofs Konrad III. bis 1183. 2 7 « ) M G H Necr. 2, S. 357, Nr. 1, 2 - 4 und 5. 2ββ ) Die Verbrüderungslisten: M G H Necr. 2, S. 52, Sp. 25, und S. 54, Sp. 34; vgl. dazu unten, Dritter Teil, Anm. 220. *«») SUB 2, S. 252, Nr. 170, 1136. "») SUB 2, S. 231, Nr. 154, 1132-1137, St. Lambrecht. 2 " ) Dazu GP 1, S. 194, Nr. 15; UBLOE 1, S. 277, Nr. 1, 1144 April 15. 272 ) Ähnliche Ratskollegien bildeten sich auch in anderen Diözesen aus, so in Köln schon im ausgehenden 11. Jahrhundert, vgl. G r e b e , Arnold I., Teil 2, S. 9f.
„Generalreform" als Grundkonzeption
165
Mit dieser Konzeption trifft es sich, daß die Kontroversen oder Differenzen zwischen Regularkanonikern und Reformmönchen im Salzburger Reformkreis relativ unbedeutend waren. Seit dem 11. Jahrhundert wurde die Frage aufgeworfen, ob Mönche oder Kanoniker wesentlicher für die Gesamtkirche seien. Petrus Damiani nahm für die Mönche Stellung 273 , Lietbert, Abt von S . R u f (1100-1110), für die Kanoniker 274 ; Rupert von Deutz dagegen versuchte abzugleichen, indem er Mönche und Regularkanoniker als gleichwertig betrachtete 275 . Einen entscheidenden Markstein in dieser Entwicklung stellte das Privileg des Papstes Urban II. vom 28. Januar 1092 für Rottenbuch dar, als das Stift in der Gefahr stand, den ordo zu wechseln276. Urban II. unterschied dabei den weltlichen Stand und den Ordensstand, diesen wiederum unterteilt in Kanoniker und Mönche. Die Religion der Kanoniker sei im Gegensatz zu der der Mönche lange Zeit verschwunden gewesen, jetzt aber wieder im Aufblühen begriffen, weshalb die Rottenbucher Brüder sie eifrig weiterbetreiben sollten. Urban II. vermied es, eine Priorität eines der beiden ordines zu setzen, er betrachtete beide als
gleichwertig: Itaque non minoris estimandum est meriti, harte vitam Ecclesie primitivam aspirante et prosequente Domini spiritu sustentare, quam florentem monaeborum religionem ejusdem spiritus perseverantia custodire277. Auf diesen Standpunkt stellte sich im Prinzip auch das Verhältnis Mönche-Kanoniker in Salzburg. Gerhoch von Reichersberg zwar versuchte noch 1128/29 in seinem Opuseulum de aedificio Dei die Kanoniker als den Mönchen übergeordnet erscheinen zu lassen 278 . Kanoniker seien Kleriker und hätten die Seelsorge zu übernehmen 279 , Bischöfe 2 7 3 ) Apologeticus monachorum adversus canonicos, P L 145, Sp. 511ff.; vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 8 0 ; Μ i c c ο 1 i , Pier Damiani, S. 209. 2 7 4 ) Epistola ad Ogerium prepositum congregationis Ferranice, P L 157, Sp. 715— 719; vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 84. 2 7 5 ) Super quaedam capitula regulae divi Benedicti abbatis, liber quartus: De contentione monachorum dicentium „Ego sum Augustini, ego Benedicti", P L 170, Sp. 525ff.; vgl. M o i s , Rottenbuch, S. 80f. Ein Überblick über den geistigen Standpunkt Ruperts von Deutz bei Η a a c k e , Die Überlieferung der Schriften, S. 3 9 7 - 4 0 4 . 2 7 β ) GP 1, S. 375f., N r . 2. Druck: P L 151, Sp. 3 3 7 - 3 3 9 , Nr. 58. M o i s , Rottenbuch, S. 75ff., hat es eingehend behandelt. 2 " ) P L 151, Sp. 338, N r . 58. 2 7 8 ) Druck: P L 194, Sp. 1 1 9 1 - 1 3 3 6 ; über die Qualität des Druckes vgl. Class e n , Gerhoch, S. 407, Opus 1. Die Edition von S a c k u r , M G H Ldl 3, S. 1 3 6 202, ist ebenfalls nicht zufriedenstellend. 2 7 i ) P L 194, Sp. 1331.
166
II. Die Grundlinien der Reform
seien Kleriker, und für einen Papst, der vorher Mönch war, sei es immerhin erforderlich, die Weihen nachzuholen: vom Mönch zum Kleriker sei es also ein Aufstieg 280 . Nachdem Gerhodi als Propst von Reichersberg dem Salzburger Verband gänzlich angeschlossen war, änderte sich aber seine Meinung etwas. Im Kommentar zum Psalm 64, dem Papst Eugen III. gewidmet und im Frühjahr 1152 überreicht, lehnte er sich an die Ausführungen des Papstes Urban II. an und betonte jetzt die Gleichberechtigung und die Gleichwertigkeit 281 . Entsprechend argumentierte sein Bruder Arno in seiner Schrift Scutum canonicorum von circa 114 7 2 8 2 . Der ordo der Kanoniker und derjenige der Mönche seien wie Brüder, wie die Söhne Jakobs: der ältere, Josef, entspreche dem ordo canonicus, der jüngere, Benjamin, dem ordo monasticus2**. Der ordo canonicus habe schwere Nachstellungen erlitten, und sogar der Bruder, der ordo monasticus, habe mit der Ungerechtigkeit geliebäugelt 284 . Einen Unterschied zwischen beiden gebe es nur hinsichtlich der Funktion, denn beide seien auch zu vergleichen mit Johannes und Petrus, von denen der eine die Welt fliehe, der andere sich in ihr behaupte 285 ; der Mönch habe dementsprechend der Demut Gottes zu obliegen, der Kanoniker seinen geistlichen Amtsgeschäften. Wenn somit Mönche und Kanoniker auch verschieden seien, so gehörten sie doch zusammen wie zwei Brüder 286 . So viele Spitzen die Schrift gegen die Mönche aufweist, sie trägt doch einen versöhnlichen Tenor und Ausklang 287 . Ein Anonymus aus dem Salzburger Reformkreis sah um die 2 8 °) P L 194, Sp. 1268, im Kapitel: Vita clericorum inferior non est vita monachorum; vgl. auch Μ ο i s , Rottenbuch, S. 86f. 2 8 1 ) Im Tractatus in psalmum L X I V , P L 194, Sp. 85ff., K a p . 128, hat Gerhoch zuerst die entsprechende Stelle des Urbanprivilegs zitiert und dann seine darauf folgenden Ausführungen danach gerichtet; vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 87; C l a s s e n , Gerhoch, S. 419, Opus 11, und S. 141ff. 2 8 2 ) Drude: P L 194, Sp. 1493-1528. Zur Datierung siehe C l a s s e n , Gerhoch, S. 445, Opus 1. 2 8 3 ) P L 194, Sp. 1497. 2 8 4 ) P L 194, Sp. 1499. 2 8 5 ) P L 194, Sp. 1522: Currant igitur simul in Ecclesia etiam hi duo ordines monasticus et canonicus tanquam Joannes et Petrus, ambo dilecti et diligentes Deum, unus mundum refugiens, alter devincens . . . 2 8 e ) P L 194, Sp. 1523. 2 8 7 ) Arno selbst meinte, er schreibe gegen diejenigen der Mönche, die sich für besser hielten als die Regularkanoniker (PL 194, Sp. 1493). Er war sich aber gleichzeitig dessen bewußt, daß es unter den Mönchen auch solche gebe, die „uns" als ihre Brüder und Vertrauten betrachteten (PL 194, Sp. 1496). Vgl. zum Anlaß der Schrift C l a s s e n , Gerhodi, S. 445, Opus 1. Arno dürfte neben den französischen Prämonstratensern wohl vor allem die Zisterzienser im Sinne gehabt haben, als er sich
„Generalreform" als Grundkonzeption
167
Mitte des 12. Jahrhunderts in all diesen Streitfragen nur Äußerlichkeiten: der N a m e Mönch könne für alle verwendet werden, die sich v o m Weltlichen abgewandt h ä t t e n 2 8 8 ; freilich weist auch er auf die verschiedenen Funktionen beider ordines hin 2 8 9 . Eine richtige Einschätzung dieser Auseinandersetzung im Salzburger Reformkreis vermittelt ein vergleichender Blick auf die Verhältnisse in Sachsen, w o die Kanonikerreform wie in Salzburg eine bedeutende Entwicklung nahm. Schon die dortige Uberlieferung von Arnos canonicorum
Scutum
ist typisch: diese Schrift wurde unter dem N a m e n A n -
selms von Havelberg verbreitet, wobei ihr aber der letzte, versöhnliche Teil, der nochmals zusammenfassend die Gleichwertigkeit von Mönch und Kanoniker betont, gestrichen wurde 2 9 0 . Ein anderes Beispiel führt mitten in die Kontroverse: Peter, der zweite Propst von Hamersleben ( 1 1 3 8 - 1 1 4 6 ) - immerhin des renommiertesten, ältesten und für die Kanonikerreform in der Diözese Halberstadt und darüber hinaus bedeutendsten Regularkanonikerstiftes in Sachsen 2 9 1 - , hatte v o r dem 28. M ä r z 1 1 4 6 sein A m t niedergelegt und w a r als Mönch in das R e formkloster Huysburg eingetreten 2 9 2 . Der A b t Ekbert von Huysburg ( 1 1 3 4 - 1 1 5 5 ) setzte sich nachhaltig für diesen Schritt ein und verteidigte gegen diejenigen riditete, die sogar Augustinus und Benedikt nodi übertreffen wollten, denn die Zisterzienser zeigten sich als große Eiferer: gegen die Siegburger Observanz gingen sie propagandistisch und polemisdi vor, indem sie Vernachlässigung der Handarbeit, mangelnde Feierlichkeit des Gottesdienstes und die Ausübung der Seelsorge angriffen. Rupert von Deutz schrieb eine Apologie dagegen (PL 170, Sp. 511ff.); vgl. S e m m 1 e r , Siegburg, S. 356. 28e) Constat enim, quod monachus secundum ethymologiam nominis non est nomen uestium, sed generale nomen omnium conuersorum sub quocumque habitu discreta a secularibus uita degentium; cod. Wien NB 2207, fol. 14 r ; fol. 14 ist in der Handschrift zweimal gezählt! Ich beziehe midi hier auf das erste Blatt 14. Die Schrift ist betitelt mit: Prologus cuiusdam sapientis in regulam Augustini. 289 ) Ebd., fol. 14 r (diesmal das zweite Blatt 14): Porro diuersitas clerici et monacbi, de qua agunt beatus Jeronimus in epistolis et Johannes Chrisostomus in dyalogo suo et Basilii, iustius intelligitur pertinere ad curam animarum habentes et non babentes quam a diuerso habitu indutos. 2eo ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 446. Vgl. allerdings d e r s., Aus der Werkstatt Gerhochs, S. 85 mit Anm. 11: die falsche Zuschreibung erfolgte möglicherweise erst im 15. Jahrhundert. 291 ) Das wurde jetzt durch die Arbeit von Β ο g u m i 1 über die Halberstädter Reform bestätigt: Hamersleben bildete als ältestes Reformstift den Ausgangspunkt für die Kanoniker-Reform in der Halberstädter und auch Hildesheimer Diözese, und vor allem der Propst Thietmar von Hamersleben (1108-1138) nahm in diesem Kreis eine herausgehobene Stellung ein, indem er „als gemeinsamer Sprecher der übrigen Stiftspröpste auftrat" ( B o g u m i l , Halberstadt, S. 173). 292 ) Z ö l l n e r , Ordensbewegung, S. 25; B o g u m i l , Halberstadt, S. 98. Zu Huysburg vgl. S e m m l e r , Siegburg, S. 65-68; B o g u m i l , aaO., S. 67ff.
168
II. Die Grundlinien der Reform
ihn in zwei Briefen 293 , welche die aggressive Stimmung ausdrücken, die sich im Streit zwischen Mönchen und Kanonikern angesammelt hatte. Ihm erwiderte Anselm von Havelberg in einem leidenschaftlich, mitunter recht spöttisch gehaltenen Brief 294 , den er um 1152 abfaßte. Erst eine solche Gegenüberstellung läßt den vergleichsweise geradezu milden Ton der Auseinandersetzung im Salzburger Reformkreis deutlich werden. Im Rahmen der bewußt vom Erzbischof gesteuerten Parallelreform konnte diese scharfe Kontroverse hier gar nicht in diesem Ausmaß entstehen295. Diese allgemeine Reform, die Mönche und Kanoniker umfaßte, wurde vervollständigt durch das Bemühen des Erzbischofs Konrad I., speziell den Seelsorgeklerus und das Pfarreiwesen neu zu ordnen 296 . Daß es dazu eine Reform sein sollte, die für jeden zugänglich war, deuten die konsequente Einrichtung von Frauenkonventen bei jedem Regularstift 297 und die Förderung des Konverseninstituts 298 an; jedem sollte die Gelegenheit geboten werden, seinen Verhältnissen und Möglichkeiten entsprechend an der Reform mitzuwirken. Die Konzeption der Generalreform ist somit in zweierlei Hinsicht zu verstehen: als allgemeine Parallelreform des Kanonikerwesens und des Mönchtums mit 293
) Ediert bei Z ö l l n e r , Ordensbewegung; im ersten Brief beginnt Ekbert: Omnibus observatoribus et defensoribus monastici ordinis gratiam pro gratia et coronam regni pro defensione ordinis nostri (ebd., S. 27), was die gereizte und überspannte Stimmung kennzeichnet. 294 ) Z.B.: Perlatum est etiam ad nos, quod tu aliquorum auribus instillare non timeas, vel etiam interdum apud aliquos dicere non erubescas, quod canonici reguläres nec parochias tenere, nec curam animarum in populo dirigere debeant. Quod si verum est, de prudentia tua vehementissime admiror . . . (PL 188, Sp. 1128). Zu Anselm und die Regularkanoniker vgl. B e r g e s , Anselm von Havelberg; F i η a , Anselm, passim; Literaturübersicht bei B r a u n , Anselm, S. 134, Anm. 3. 295 ) Ein recht anschaulicher Beleg dafür ist auch darin zu sehen, daß Admont schon unter dem Abt Wolfhold (1115-1137) mit dem Salzburger Domkapitel unter dem Propst Hermann (1122-1137) eine Verbrüderung eingegangen ist, die unter dem Abt Gottfried (1138-1165) und dem Dompropst Hugo (1151-1167) zwischen 1157 und 1165 erneuert wurde (vgl. W i c h n e r , Geschichte des BenediktinerStiftes Admont, Bd. 1, S. 126 und 270ff.; A r n o l d , Admont, S. 358), daß ebenso bereits vor 1140 eine Verbrüderung zwischen Admont und St. Peter-Salzburg bestanden hat (MGH Necr. 2, S. 52, Sp. 25, Zeile 20) und vor 1140 schließlich auch eine zwischen St. Peter-Salzburg und dem Salzburger Domstift (MGH Necr. 2, S. 54, Sp. 34, Zeile 1-3; zur Datierung dieser beiden Listen vgl. unten, Dritter Teil, Anm. 220). Die drei Zentren der Salzburger Gesamtreform waren also unter dem Erzbischof Konrad I. schon vor 1140 solchermaßen miteinander verbunden. 2ββ ) Darüber unten, S. 185ff. 297 ) Darüber unten, S. 290ff. 29e ) Darüber unten, S. 285ff.
Prälatenversammlung als Generalkapitelersatz
169
den herausragenden Vertretern der beiden ordines in Salzburg, Domstift und St. Peter, wobei der Schwerpunkt freilich bei der Kanonikerreform lag und neben St. Peter in Admont ein zweites Klosterreformzentrum existierte, und als Reform, die alle Reformwilligen möglichst vollständig zu erfassen suchte.
2. D i e P r ä l a t e n v e r s a m m l u n g Generalkapitelersatz
als
Die Frage nadi der äußeren Organisation der Salzburger Regularkanoniker scheint sich von selbst zu beantworten: ein Generalkapitel, also eine Zusammenkunft der Regularkanoniker des Salzburger Reformkreises auf Ordensebene zur Besprechung ordensdisziplinärer Fragen, würde der geschilderten Konzeption der vom Hochstift-Domstift zentral ausgerichteten Reform zuwiderlaufen und ist somit für den Salzburger Reformkreis kaum zu erwarten. Jedoch scheinen gewichtige Gründe vorzuliegen, die auf ein Generalkapitel der Salzburger Regularkanoniker eindeutig hinweisen299: 1. Die Klosterrather-Salzburger Consuetudines Nocturnis itaque in den Handschriften Μ, Κ und F überliefern auf dem jeweils letzten Blatt und im letzten Paragraphen: Oportet autem debita et fraterna reuerentia semper respicere ad patrem ipsius monasterii et ad monasterium, vnde electus est, et religionem diligenter imitari et suos, ut imitentur, adhortari. Ad quam plurimum expedit singulis annis f i e r i conuentum in priori monasterio uel in alio, quod ydoneum uisum fuerit, vbi non solum ab ipso, sed etiam ab omnibus conprouincialium monasteriorum rectoribus conueniatur, si fieri potest, pro religionis confirmatione, pro incidentium causarum absolutione, pro conseruanda fraterne caritatis unanimitate300. 2 " ) Über die Generalkapitel der Regularkanoniker im deutschen Bereich im 12. Jahrhundert gibt es bisher keine zusammenfassende Untersuchung. Äußerungen finden sich bei M e e r s s e m a n , Reform, S. 8 7 - 8 9 ; M a c c a r r o n e , I Papi, S. 370f. und 373f., mit einem Diskussionsbeitrag von C l a s s e n , S. 4 0 9 f . ; S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 2, S. 3 2 6 - 3 3 0 ; speziell für Springiersbach bei Ρ a u 1 y , Springiersbach. Geschichte des Kanonikerstifts, S. 4 2 - 4 4 . Vgl. jetzt auch Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 178. 3 0 0 ) Uber die Handschriften und Herkunft dieser Consuetudines siehe unten, S. 253ff. Hier sei nur vorgezogen: Μ = Maribor/Jugoslawien; Κ = Klosterneuburg; F = St. Florian. Die Stelle lautet in allen drei Überlieferungen gleich;
170
II. Die Grundlinien der Reform
2. Der Papst Eugen III. stellte am 26. Oktober 1145 ein Privileg aus: ...dilectis f Hi i s universis prepositis c anonic or um regularium Theotonicorum, conventum in exaltatione sancte crucis celebrantibus, tarn presentibus quam futuris in ppmß01. Ohne auf die Abhängigkeitsverhältnisse der Consuetudines Nocturnis im einzelnen einzugehen, was im dritten Teil dieser Arbeit erfolgt nur soviel muß vorausgeschickt werden, daß sie wahrscheinlich aus Klosterrath stammen 302 —, kann schon aus den Überlieferungsverhältnissen dieser Consuetudines die These widerlegt werden, die in ihnen enthaltenen Vorschriften würden auf ein Salzburger Generalkapitel im 12. Jahrhundert deuten. Keine der drei Handschriften, welche die zitierte Stelle enthalten, stammt aus dem 12. Jahrhundert: die Klosterneuburger aus dem beginnenden 14. Jahrhundert, die aus St. Florian aus dem beginnenden 13. Jahrhundert; die mit der aus St. Florian identischen Handschrift aus Maribor 303 ist in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datieren. Die einzige erhaltene Handschrift aus dem 12. Jahrhundert, die bis zu dem besagten Abschnitt vollständig ist 304 , die Handschrift S aus dem Salzburger Domstift, bricht unmittelbar vor dem Hinweis auf das Generalkapitel ab 305 obwohl kein äußeM e e r s s e m a n , R e f o r m , machte als erster darauf a u f m e r k s a m : er sieht darin den Beleg f ü r ein Generalkapitel der Salzburger Regularkanoniker im 12. J a h r hundert. M1 ) A c t a pontificum R o m a n o r u m inedita, Bd. 1, hgg. von P f l u g k - H a r t t u n g , S. 174 f., N r . 196; J L 8787. S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 2, S. 329f., sah darin den Beweis d a f ü r , d a ß es spätestens 1145 ein Generalkapitel aller deutschen Augustinerchorherren gegeben habe, d a ß man das sogar schon f ü r 1138 annehmen könne, da es aus diesem J a h r ein Privileg des Papstes Innocenz I I . an die Regularkanoniker von H a l b e r s t a d t gibt ( H U B 1, S. 159-162, N r . 190; U r k . H a mersleben, hgg. von Z ö l l n e r , S. 18ff., N r . 5, w o das Tagesdatum der U r k u n d e auf 15. N o v . richtiggestellt w u r d e ; J L 7913), das bereits dieselben Bestimmungen zum alljährlichen Gesamtkonvent formuliert, und in dem Schreiber einen Auszug aus einem von Innocenz I I . „ f ü r die deutschen Augustinerpröpste" ausgestellten Privileg erblickte, das verlorengegangen sei. M a c c a r r o n e , I Papi, S. 374, schließt sich im Prinzip dieser Meinung an, w ä h r e n d C l a s s e n im erwähnten Diskussionsbeitrag (oben, Anm. 299) beide Privilegien auf den sächsischen Raum beschränkt: nur dort sei die U r k u n d e Eugens überliefert, u n d nur mit dieser Inscriptio habe der Papst den angesprochenen Kreis umschreiben können. 502 ) D a z u unten, S. 255ff. 503 ) Siehe unten, Zweiter Teil, Anm. 315. SM ) D a s Fragment I aus Indersdorf enthält nur Abschnitte über die H a n d a r b e i t , das Strafkapitel und das Schweigegebot. •105) Explicit: et secundum ordinem de abbate premissum promouendus.
Prälatenversammlung als Generalkapitelersatz
171
rer Grund dazu gezwungen hat: das letzte Blatt des Codex ist auf dem unteren Drittel unbeschriftet geblieben, überdies hätte die ganze Rückseite zur Verfügung gestanden, den letzten Abschnitt, wie er uns in M, Κ und F überliefert ist, und der nicht einmal eine halbe Seite im gleichen Format beansprucht hätte, anzufügen. Dieser Abschnitt, so hat es demnach den Anschein, wurde in S bewußt nicht mehr aufgeschrieben. Diese Vermutung wird bei einer näheren Betrachtung der Consuetudines Nocturnis bestätigt. Sie sind in zwei Hauptteile gegliedert: der erste behandelt die innere Ordnung eines Stiftes, der zweite sollte über die Ämter, die Wahlen dazu, über die Aufgaben dieser Amtsträger, über die Erziehung der Jungen, über die Krankenpflege u. a. berichten 306 . Von diesem zweiten Teil bringen die Handschriften aber lediglich noch Wahl und Weihe des Abtes, eine Abhandlung über die Gleichwertigkeit der Bezeichnungen Abt und Propst und das Verhalten dem Abt gegenüber. Das dann folgende Kapitel über das Verhältnis jener ehemaligen Kanoniker, die zu Pröpsten in anderen Stiften gewählt wurden, zu ihrem Mutterstift und über die dem Mutterstift gebührenden Ehren und eben das genannte Generalkapitel 307 fand der Schreiber, der die Handschrift S anlegte, des Abschreibens nicht mehr wert, wie auch den gesamten Rest dieses Teils. Dabei wissen wir, daß es in Salzburg einst eine vollständige Handschrift gegeben haben muß, denn der letzte Schreiber der Handschrift aus St. Florian vermerkte am Ende: Hie desunt X I I I I capitula308. Audi er ersparte es sich, diesen Rest abzuschreiben, offenbar weil er nicht wichtig genug erschien, freilich mit einer Ausnahme: dieser Schreiber hatte guten Grund, gerade das Kapitel über die Generalversammlung noch anzufügen. Gilles Gerard Meersseman309 bearbeitete erstmals die Akten über die zweite Salzburger Kanonikerreform, die unter dem Erzbischof Eberhard II. (1200-1246) stattfand, und bei der, gemäß dem Kanon 12 des vierten
306 ) Überschrift in S, fol. 69 r -69 T : Tractatis in superiore opusculo bis, que ad communis obseruantie rationem pertinent, nunc disserendum nobis est de his, que ad singularum officia personarum respitiunt, qualiter eligantur, quid ab electis agatur, que cuique sollicitudo, que creditorum prouisio, que iniuncti operis si ratio postulat, in quibus absolutio, que canonici habitus consuetudo, que minoris etatis educatio, que iuuenum custodia, que infirmorum cura, que egrotantium recreatio aut extrema deductio, que circa morientes diligentia, que mortuorum depositio, que carorum memoria nulla obliuione delenda.
307
) F, fol. 62r-62v; K, fol. 67v; M, fol. 87'.
308
) F, fol. 62T; ebenso überliefert in der Abschrift M, fol. 87r.
"*) M e e r s s e m a n , Reform.
172
II. Die Grundlinien der Reform
Lateranense von 1215 310 , 1218 das erste Generalkapitel von 29 Pröpsten des Salzburger Erzbistums abgehalten wurde 311 , dem 1221 und 1224 zwei weitere folgten. Diese Akten fand er im Codex aus Maribor zusammen mit den Consuetudines Nocturnis überliefert, auf welche in den Akten auch Bezug genommen wird, da man sie als gemeinsame Consuetudines-Basis der neuen Kanonikerreform zugrunde legte 312 . Dabei ist noch darauf hinzuweisen, daß unmittelbar auf die Consuetudines der besagte Kanon 12 der vierten Lateransynode von 1215 folgt 313 . Diese Konzils Vorschrift nun und die erfolgte Abhaltung der Generalversammlung waren bestechende Motive, jetzt auch noch die Zeilen über das Generalkapitel abzuschreiben. Zwar hat, wie gesagt, Meersseman seine Ausführungen mit der Handschrift aus Maribor belegt, die er zweckmäßigerweise in das 13. Jahrhundert datierte314, und nicht erkannt, daß der Consuetudines-Codex aus Maribor eine Abschrift des Codex XI 250 aus St. Florian darstellt und erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts angelegt worden ist315, an seinen Er310 ) Conciliorum Oecumenicorum D e c r e t a , hgg. von J e d i η , S. 240f., Kanon 12, der alle drei Jahre für jeden Orden ein Generalkapitel vorschreibt. 311 ) Die Akten sind ediert bei M e e r s s e m a n , Reform, S. 90-95. Auch eine Seckauer Überlieferung nimmt auf sie Bezug: Hoc anno transacto concilio Lateranensi sub Innocentio Papa in provinciali Concilio Eberhardi Archiepiscopt Salisburgensis a Rectoribus ordinis S. Augustini, qui α Concilio Lateranensi erant constituti, quedam statuta Canonicis Regularibus sunt tradita, et incipiunt: Quia regularis Ordinis observantia etc., D i p l o m a t a r i a sacra ducatus Styriae, Bd. 1, S. 201, N r . 44. s12 ) Vgl. M e e r s s e m a n , Reform, S. 87. 313 ) Fol. 87 r -88 r . 314 ) M e e r s s e m a n , Reform, S. 83; ebenso S i e g w a r t in C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. XV. 315 ) Schon das äußere Gesamtbild der Handschrift Μ mit einer engen, ausgeprägten und exakten gotischen Minuskel macht den Beginn des 13. Jahrhunderts wenig wahrscheinlich. Ausschlaggebend aber ist der Umstand, daß von gleicher Hand auf fol. 88T als Überschrift eingetragen ist: Incipit uita Wilburgis incluse et sororis domus sancti Floriani, quam scripsit Einwicus jrater eiusdem monasterii et prepositus. Bei dieser Überschrift hat es der Schreiber belassen, von der Vita folgt nichts weiter. Als Terminus post quem für die Abfassung der Handschrift ist somit die Regierungszeit des Propstes Einwik von St. Florian gegeben: 1295-1313. Da im 14. Jahrhundert vor allem unter dem Bischof Heinrich IV. (1363-1388) im Lavanter Domstift St. Andrä - von dorther kamen die Handschriften und Archivalien bei der Verlegung des Hochstiftes Lavant 1857 nach Marburg, heute Maribor Reformen durchgeführt wurden (vgl. Τ a η g 1, Bischöfe von Lavant, S. 126), dürfte die Hs. Μ zu dieser Zeit entstanden sein. Schließlich zeugt die Jahresangabe MCCCLXI1 bei einem Kalender auf fol. 7 r , wiederum von gleicher Hand, davon, daß die Handschrift um diese Zeit angelegt wurde. Was nun die Vorlage, cod. XI 250 aus St. Florian, betrifft, so gibt die Vita Wil-
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gebnissen ändert sich dadurch jedoch nichts. Auch bei Κ schließlich liegt es nahe, auch wenn der Kanon 12 des vierten Lateranense und die Kapitelstatuten fehlen, diese Handschrift, die wie Μ und F den Paragraphen über das Generalkapitel aufweist, in denselben Entstehungszusammenhang einzuordnen; bei der Abschrift 100 Jahre später hat der Abschreiber dann beides weggelassen. Zeigen diese Überlegungen schon, daß der Generalkapitelzusatz in den Consuetudines erst aus aktuellem Anlaß zustande kam, so findet sich überdies eine Bestätigung darin, daß die Akten der GeneralkapitelBeschlüsse von 1218-1224 keinen Rüdeverweis auf mögliche Kapitel des 12. Jahrhunderts geben316, sondern sich nur auf die Konzilsbestimmungen von 1215 beziehen. Der Zusatz in Μ, Κ und F kann somit nicht dahin ausgelegt werden, daß es im Salzburger Reformkreis schon im 12. Jahrhundert besondere Generalkapitel gegeben hätte 317 .
burgis den ersten Hinweis. Des weiteren besitzt F wie Μ die Konstitutionen der Salzburger Provinzialsynoden von 1218-1224 (fol. 2 v -4 r ) sowie den Kanon 12 des vierten Lateranense (fol. 62 v -63 r ). Auch der Aufbau ist jeweils derselbe. Jeden Zweifel beseitigt ein Textvergleich; einige Beispiele: In F ist fol. 28 r operantur, das sich audi in S, fol. 42 r , und K, fol. 41 r , findet, bei einer Verbesserung über das zuerst gebrauchte laborent geschrieben worden; der sehr gewissenhafte Schreiber von Μ übernahm nun, völlig sinnlos, diese Stelle als Verdoppelung: Qui uero processu etatis nichil omnino operari ualuerint, dum ceteri laborent operantur, psalmodye uacabunt, ut in diuersa accione laboris unitas fratrum regnet amoris (fol. 53 v ). Zusätzlich gegenüber S und Κ bringt F, fol. 32 r , zu in purgationem noch et lauationem; audi M, fol. 58 r , schreibt so. Besonders auffallend ist, daß F zweimal über das ursprüngliche prior bei einer Korrektur uel decanus geschrieben hat (F, fol. 61 r und 62 r ), da prior in der Salzburger Provinz ungebräuchlidi war; der Schreiber von Μ hat kritiklos übernommen: adduxit uel decanus prior prouidet (fol. S7r) und neglexerit uel decanus prior eius uicem gerit (fol. 86 r ). Die Handschrift F hat also als der eigentliche Beleg für die Ausführungen Meerssemans zu gelten: sie ist die zeitgenössische Quelle und zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstanden. 3le ) Darauf weist bereits M e e r s s e m a n , Reform, S. 88, hin. S17 ) Diese Bestimmung in den Klosterrather-Salzburger Consuetudines ist wahrscheinlich auf den Einfluß des Stiftes Springiersbach auf Klosterrath zurückzuführen, denn beide Stifte standen in engem Kontakt miteinander (vgl. unten, S. 257f.). In Springiersbach gab es tatsächlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Generalkapitel. Am 15. April 1139 bestätigte der Papst Innocenz II. in einem Privileg für Springiersbach: In abbatiis, que per fratres uestros institute sunt uel instituentur, ordo uester secundum b. Augustini regulam teneatur, et, si quid noui in ordine statuendum fuerit, communi assensu prelatorum uestri ordinis annui cοηueη tus concorditer statuantur, et, quod ibi de emendatione siue melioratione uestri ordinis institutum fuerit, a subditis irrefragabiliter obseruetur, MrhUB 1, S. 563, Nr. 507; JL 7993. Die Formulierung dieser Bestimmung übernimmt ab et quod ibi de emendatione ... den Wortlaut aus dem Privileg des Papstes Innocenz II. für
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II. Die Grundlinien der Reform
Es bliebe somit nur mehr der Einwand, entsprediend der Urkunde des Papstes Eugen III. von 1145 hätten alle deutschen Regularkanoniker einen gemeinsamen Konvent einmal im Jahr gefeiert, dem audi die Salzburger Regularkanoniker angeschlossen waren. Im Prinzip kann ich midi in diesem Punkt der Argumentation von Peter Classen anschließen318. Nicht nur, daß das Eugen-Privileg nur im sächsischen Raum überliefert ist, es wiederholt audi im Wortlaut genau das Privileg Innocenz' II. für die Regularkanoniker von Hamersleben von 1138. Innocenz II. schrieb aber in seinem Privileg unter anderem vor: Volumus etiam prepositos vestrarum congregationum in exaltatione s. c r u c i s convenire singulis annis, ut, si quid inibi de ordine vestro corrigendum, communi consilio ibidem auxiliante Deo statuatur319. Es wurde also festgelegt, daß der Halberstädter Regularkanonikerkreis jedes Jahr am 14. September zum Generalkapitel zusammenzutreten habe. Genau an diesen Regularkanonikerkreis richtete sich sieben Jahre später das Eugen-Privileg: Eugenius episcopus servus servorum dei dilectis filiis universis prepositis canonicorum regularium Theotonicorum, c onv entum in exaltatione s an c t e er ucis celebrantibus, tarn presentibus quam futuris in ppm.S20. Da der Reformkreis die Diözesangrenzen gesprengt hatte, konnte er auf
Halberstadt vom 15. Nov. 1138 (siehe oben, Zweiter Teil, Anm. 301). Die erste Hälfte des Zitats entspricht dem bisher nicht beachteten ersten Hinweis auf ein Generalkapitel im deutschen Raum, dem Privileg des Papstes Innocenz II. für Steinfeld vom 10. Dez. 1136 (JL7801; PL 179, Sp. 300, N r . 249): Ordo vester secundum beati Augustini regulam teneatur, ei, si quid novi in ordine statuendum fuerit, communi assensu prelatorum vestri (ordinis) annui conventus concorditer statuatur. Man hat diesen Hinweis im Zusammenhang mit den Augustinerchorherren wohl bisher nicht beachtet, weil ein Übergang Steinfelds zu den Prämonstratensern spätestens für 1135 angenommen wurde; vgl. B a c k m u n d , Monasticon Praemonstratense, Bd. 1, S. 193; K o c h - H e g e l , Steinfeld, S. 35; Ο e d i g e r , Steinfeld, S. 38. Das Reformstift Steinfeld nahm aber noch bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts hinein zuerst eine Mittelstellung zwischen Augustinerchorherren und Prämonstratensern - deren Gegensätzlichkeit sowieso erst im Entstehen begriffen war - und dann zwischen deutschen und französischen Prämonstratensern ein, vgl. H e i j m a n , Praemonstratenser Gewohnheiten, Teil 3, S. 127. Der Vollständigkeit halber sei auch auf das sechste Dokument, welches das Generalkapitel erwähnt, gewiesen: ein Brief des Papstes Eugen III. an Springiersbach und Lonnig von 1145 (JL 8812; MrhUB 1, S. 597f„ N r . 539). 3le ) Diskussionsbeitrag von C l a s s e n , S.410, im Ansdiluß an M a c c a r r ο η e , I Papi. 3le ) JL 7913; H U B 1, S. 160, N r . 190. 520 ) A c t a pontificum Romanorum inedita, Bd. 1, hgg. von P f l u g k - H a r t t u η g , S. 174f., Nr. 196. JL 8787.
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diese Weise unmißverständlidi angesprochen werden 321 . Ein Generalkapitel aller deutschen Regularkanoniker im 12. Jahrhundert hat es nicht gegeben, somit auch keines, in das der Salzburger Verband oder Kreis integriert gewesen wäre. Recht deutlich finden wir demzufolge die skizzierte Grundkonzeption der Salzburger Reform bestätigt: alle Fragen, welche die Regularkanoniker betrafen, wurden zwar sozusagen auf Zusammenkünften im „Mutterstift" bzw. mit dem „Generalabt" behandelt, diese beiden aber waren identisch mit dem Hochstift-Domstift und dem Erzbischof Konrad I. hatte 1121/22 als einer der ersten die Profeß auf die Augustinusregel abgelegt 322 . Da der Erzbischof ferner die Generalreform als Grundkonzeption vertrat, waren auf diesen Versammlungen neben den Stiftspröpsten auch die Äbte der Mönchskongregationen vertreten, also die Prälaten der Salzburger Diözese, so daß man geneigt ist, eher von einem Prälatenkapitel zu sprechen. Schon die so häufige Anwesenheit von Pröpsten und Äbten am Bischofshof, wie sie sich in den Unterschriften und Zeugennennungen der erzbischöflichen Urkunden manifestiert, läßt dieses Prinzip erkennen. In der Diözese Passau etwa zum Vergleich sind solche Zusammenkünfte kaum nachzuweisen 323 . Einige Beispiele mögen den Eindruck verstärken: Als am 3. November 1144 der Besitz des Klosters Nonnberg bestätigt wurde, fanden sich in Salzburg zur Unterschrift ein der Bischof Roman I. von Gurk, die Pröpste Gottschalk von Baumburg, Gebeno vom Domstift, Hugo von Berchtesgaden, Manegold von Ranshofen und der Abt Balderich von St. Peter 3 2 4 ; eine Woche vorher hatten eine Schenkung des Erzbischofs an Reichersberg bestätigt der Bischof Roman I. von Gurk, die Äbte Balderich von St. Peter, Gott3 2 1 ) Vgl. dazu Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 172-179. - Diese viel größere Eigenständigkeit der sächsischen Reformbewegung, die ausgeprägtere Unabhängigkeit vom Diözesanbisdiof beim Halberstädter Reformkreis seit dem Tode Reinhards 1123 - auch wenn unter dem Bischof Rudolf (1136-1149) der bischöfliche Zentralismus zeitweise noch einmal intensiviert wurde - , zeigen für die Zeit nach 1123 doch einen weitgehend anderen Charakter dieses Verbandes gegenüber dem Salzburger auf, obwohl sich für das Anfangsstadium viele Parallelen ergeben haben. 3 2 2 ) Annales Reicherspergenses, M G H SS 17, S. 453. 323) T e i l e n b a c h , Eigenklöster, S. 84: „Man könnte erwarten, Äbte und Pröpste der Eigenklöster zahlreich am bischöflichen H o f zu finden. Die Untersuchungen der Zeugenreihen der bischöflichen Urkunden des 12. Jahrhunderts führte zum entgegengesetzten Ergebnis." In der Kölner Diözese ist dagegen seit circa 1100 schon ein ähnlicher Prälatenkreis anzutreffen wie in Salzburg, vgl. oben, Zweiter Teil, Anm. 272. 3 2 4 ) SUB 2, S. 335, Nr. 232.
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II. Die Grundlinien der Reform
fried von Admont und die Pröpste Gebeno vom Domstift, Kuno von Herrenchiemsee, Hugo von Berchtesgaden, Gottschalk von Baumburg, Herbord von Au, Lanzo von St. Zeno-Reichenhall und Hugo von Gars 325 ; die Besitzbestätigung für St. Peter vom 23. Mai des gleichen Jahres bezeugten in Anwesenheit Romans I. die Pröpste Gebeno vom Domstift, Kuno von Herrenchiemsee, Hugo von Gars, Herbord von Au, Lanzo von St. Zeno-Reichenhall, Gerhoch von Reichersberg, Hugo von Berchtesgaden, Gottschalk von Baumburg, Heinrich vom Domstift Gurk und die Äbte Gottfried von Admont, Heinrich von Michaelbeuern, Pilgrim von Elsenbach, Wolfher von Seeon, Gerlach von Rein, Ulrich von St. Lambrecht und Otto von Millstatt 326 . Die Aufzählungen könnten zahlreich fortgeführt werden 327 ; sie zeigen: zu Fragen, Problemen und Aktionen, die sich auf Belange der Diözese Salzburg und ihrer Institutionen bezogen, wurde eine Versammlung der Prälaten einberufen. Das geschah, wie es scheint, je nach Bedarf und ohne feste Termine; auch waren meist nicht alle Prälaten anwesend, so daß diese Versammlungen nicht mit Diözesansynoden gleichzusetzen sind. Der Erzbischof Eberhard I. umschrieb diesen Kreis in dem S a t z : . . . in manifesto capitulo nostro Salzburch habito multis prelatis et fratribus nostris presentibus dotem quandam ecclesie Perchirchen ... donavimus328, als er Raitenhaslach beschenkte. Bei der Schlichtung des Streites zwischen Berchtesgaden und St. Zeno-Reichenhall 1159 waren gar so viele Prälaten anwesend utpote in communi capitulo329. Das läßt wiederum vermuten, daß diese Prälatenversammlungen den Diözesansynoden immerhin ähnlich waren. Griffen die Probleme über die Diözesangrenzen hinaus, dann galt als Ersatz für ein Generalkapitel offenbar mitunter die Provinzialsynode330. Daß dort Reformfragen behandelt wurden, zeigen die Akten 325
) SUB 2, S. 332, Nr. 230. ) SUB 2, S. 327, Nr. 226. 327 ) Ζ. B. SUB 2, S. 231, Nr. 154; S. 253, Nr. 170; S. 260, Nr. 176; S. 262, Nr. 177; S. 265, Nr. 179; S. 265, Nr. 180; S. 304, Nr. 207a; S. 307, Nr. 208; S. 353, Nr. 245; S. 357, Nr. 247. 32e ) SUB 2, S. 434, Nr. 310a, nach 1155 Mai 10. 329 ) SUB 2, S. 477, Nr. 341, 1159. 33 °) Solche sind seit 1129 recht zahlreich nachzuweisen. Den größten Teil hat bereits Η ü b η e r , Provinzialsynoden, S. 195ff., erfaßt; C z u m p e l i k , Gurk, S. 230ff., weist im Zusammenhang mit der Lebensbeschreibung des Bischofs Roman I. von Gurk auf einige weitere hin. Nachzutragen wäre noch die Provinzialsynode in Reichenhall im Oktober 1143, von der wir jetzt durdi das Fragment clm 12 612, fol. 117r-117* (Ex consilio Hallensi) aus Ranshofen unterrichtet sind. Vgl. dazu unten, Zweiter Teil, Anm. 375. 32e
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der Reichenhaller Provinzialsynode von 1143, nach denen Probleme der Reform der Pfarreien, der Domkapitel und des Seelsorgeklerus auf der Tagesordnung gestanden haben. Auch die Provinzialsynode von 1146 am gleichen Ort beschäftigte sich mit Reformangelegenheiten; unter anderem wurden Gründung und Verlegung von Feistritz-Seckau bestätigt331. Die Art des „Generalkapitels" in Form der Prälatenversammlung müssen wir als charakteristisch für die Salzburger Kanonikerreform betrachten gegenüber dem echten Generalkapitel etwa im HalberstädterHildesheimer oder im Springiersbacher Reformkreis. Audi außerdeutsche Reformverbände, wie der von S. Victor in Paris332 oder der von Arrouaise333 kannten das Generalkapitel schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Dem großräumigen Marbacher Reformkreis wiederum fehlte die Einrichtung der Generalversammlung ebenso wie dem von S. Ruf oder Rottenbuch, wo der Kreis von vornherein nicht auf eine konzentrierte Straffung angelegt war. Das zeigt deutlich, woher der Anstoß für das Regularkanoniker-Generalkapitel kam: Marbach, S. Ruf und Rottenbuch hingen dem Ordo antiquus an, Springiersbach, Steinfeld, Arrouaise und wahrscheinlich auch die Halberstädter Regularkanoniker334 dem Ordo novus. S. Victor lehnte sich im Liber ordinis des Abtes Gilduin von S.Victor (1113-1155) ebenfalls an den Ordo novus, also die strengere Richtung der Regularkanonikerbewegung, an335. Der Ordo novus war für die straffe Verbandsbildung offen-
331 )
H i i b n e r , Provinzialsynoden, S. 196. Β ο η η a r d , St.-Victor de Paris, Bd. 1, S. 147ff.; besonders S. 147f., A n m . 4: der Brief des Reformstiftes S. Vincent an S. Victor. 333) Μ i 1 i s in der Einleitung v o n C o n s t i t u t i o n e s Arroasienses, S. L , und Consuetudines-Text, S. 198, K a p . 205. D i e Consuetudines v o n Arrouaise sind um 1135 entstanden, v g l . ebd., S. X L I X - L I I . Zum Generalkapitel v o n Arrouaise v g l . auch M i l i s , L'ordre des dianoines reguliers d'Arrouaise, S. 533-555: es fand zwischen 1129 und 1132 erstmals statt, entstand also fast gleichzeitig mit dem der Prämonstratenser v o n 1128. 332 )
334 ) Das geht hervor aus der mäßigenden Vorschrift im P r i v i l e g Innocenz' I I . v o m 15. N o v . 1138 an die Regularkanoniker v o n Halberstadt, die Disziplin der vita regularis nur so streng zu handhaben (eo districtionis [regule] moderamine seu discretione), daß für die Brüder audi wirklich die Möglichkeit zu einem kontinuierlichen Aufstieg zum vollkommenen Leben bestünde, U r k. Hamersleben, hgg. v o n Z ö l l n e r , S. 19, N r . 5; auch H U B 1, S. 160, N r . 190; JL 7913. 335 ) So entsprechen die Anweisungen im Liber ordinis für die Handarbeit dem Ordo novus: De labore fratrum, Paris B N ms. lat. 14 673, f o l . 26 r , linke Spalte, bis f o l . 26 v , linke Spalte; Druck bei M a r t e n e , D e antiquis ecclesiae ritibus, Bd. 3, Sp. 752f., K a p . 35.
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II. Die Grundlinien der Reform
sichtlich zugänglicher und für die Herausbildung der Generalversammlung maßgebend. Der Salzburger Verband ging demnach in dieser Hinsicht eigene Wege; auch er ist ja, wie wir sehen werden, dem Ordo novus in gemäßigter Version zuzurechnen. Seine Art der Pröpsteversammlung entsprach jedoch nicht der anderer Verbände, sondern auch hier war die Kanonikerreform eingebettet in die Grundlinien und Einrichtungen der Diözesanordnung und in das Prinzip der Generalreform. Die Prälatenversammlung ersetzte das Generalkapitel, das eine eigene Organisation neben der diözesankirchlichen gebildet hätte, und der oberste Leiter der Diözese, der Salzburger Erzbischof, war damit gleichzeitig sozusagen „Generalabt" des Salzburger Reformverbandes, ja sogar des Salzburger Reformkreises 339 .
3. D i e
Seelsorge
Ob die cura animarum primäres Tätigkeitsfeld der Regularkanoniker gewesen sei, darüber sind die Meinungen oft auseinandergegangen337. So viel wird man sagen dürfen, daß es den ersten Kanoniker83β ) B o g u m i l , Halberstadt, S. 180, vermutet, es könnte im Salzburger Reformverband ein Generalkapitel gegeben haben, da ein conventus prepositorum aus diesem Kreis während der Regierungszeit des Erzbischofs Eberhard I. (1147-1164) mit der Kurie verhandelte (Fragmentum epistolae Gerhohi ad Eberhardum Ardiiepiscopum Salisburgensem, hgg. von C l a s s e n in: G e r h o h i praepositi Reidiersbergensis opera inedita, Bd. 1, S. 377, N r . 3). Mit conventus wurde hier jedodi lediglich der politische Interessenverband der Salzburger Regularkanoniker umfaßt, der seit dem Schisma von 1159 unter dem Einwirken der kaiserlichen Bedrückungen entstanden ist und der neben und mit dem Salzburger Erzbischof die Belange seiner Diözese verteidigte (dazu unten, Zweiter Teil, Anm. 492). Diese Form der Vereinigung kann nicht mit einem Generalkapitel einer Reformkongregation gleichgesetzt werden. 33T ) D e r e i n e , Chanoines, Sp. 391ff., d e r s., Les dianoines reguliere dans l'ancienne provinc ecclesiastique de Salzbourg, S. 913f., wie auch G r u n d m a n n , Eresie, S. 386f., verneinen, daß Seelsorge für die Regularkanoniker eine primäre Rolle gespielt habe, wenn auch D e r e i η e eingesteht, daß die Regularkanoniker in Deutschland, vor allem in der Salzburger und Magdeburger Kirdienprovinz, noch eher als die in Frankreich dazu neigten. C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 309f., steht einer Seelsorgeausübung durch Regularkanoniker im bayerisch-salzburgischen Raum für deren Anfänge skeptisch gegenüber, ebenso Μ ο i s , Rottenbuch, S. 290f. Dagegen H o f m e i s t e r , Mönchtum und Seelsorge, S. 220, S c h r e i b e r , Gregor VII., S. 360, Z u m k e l l e r , Das Mönchtum des hl. Augustin, S. 213, und insbesondere S c h m a l e , Kanonie, treten für ein von Anfang an bewußtes und ausgeprägtes Streben der Regularkanoniker zur Seelsorge ein. Knappe und treffende Hinweise zu diesem Problem, audi einige Richtigstellungen gegenüber Schmale, gibt
Seelsorge
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reformbewegungen im 11. Jahrhundert nicht vordergründig um Seelsorge ging. Die Problematik für sie lag ja zunächst in der Besserung des Klerikerlebens, was eine Art Selbstbesinnung voraussetzte. Typisch für dieses Stadium ist die eremitisdie Zurückgezogenheit, wie sie von S. Ruf oder Rottenbuch bekannt ist. Inwieweit die Reformen des Bischofs Altmann von Passau darüber hinausgehend schon einer systematischen Seelsorgepolitik dienten, ist bei dem Mangel an Quellen nicht eindeutig zu beantworten 338 ; immerhin konnte Siegfried Haider kürzlich feststellen, daß die Pröpste von St. Florian und St. Pölten bereits im 11. Jahrhundert archidiakonale Funktionen ausgeübt haben339, was auf ihre intensive Mitwirkung bei der Reform des Seelsorgeklerus hinweist. Über exemplarische Ansätze und Versuche zur allgemeinen Besserung des Klerus ist die Reform des Passauer Bischofs aber kaum hinausgekommen, schon deshalb, weil sich infolge der politischen Umstände in den Investiturstreitwirren seine Reformstifte nicht lange halten konnten 340 . Zu berücksichtigen bleibt dennoch, daß der Salzburger ErzC l a s s e n , Regularkanoniker, S. 309f., Anm. 22. Hinweise zur cura animarum der Regularkanoniker in der Diözese Straßburg bringt D u b 1 e d , Chanoines reguliers, Teil 1, S. 30—42; seine Ergebnisse besitzen aber nur geringen Aussagewert, da er einen groben Uberblick über die Regularkanoniker-Seelsorge vom 12. bis zum 17. Jahrhundert anbietet und nicht differenziert. Zur Seelsorge bei den Prämonstratensern Μ a r t ο η , Habitudo iuridica. 33e ) Wir besitzen keine einzige echte Urkunde des Bischofs Altmann von Passau über die Kanoniker- oder Stiftsreform. Seine Reform behandeln: B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. lOff.; Μ ο i s , Rottenbuch, S. 28ff.; F u c h s , Göttweig, Teil 1; d e r s., Der Heilige Altmann; Z e d i n e k , Altmann von Passau (Die Zeitschrift „In Unum Congregati. Mitteilungen der österreichischen Chorherrenkongregation", in der dieser Aufsatz erschienen ist, ist leider nicht im freien Buchhandel erhältlich und kann nur in einem der fünf Augustinerchorherrenstifte Österreichs - Reifersberg, St. Florian, Herzogenburg, Klosterneuburg, Vorau oder in Neustift-Brixen in Südtirol benützt werden); R e h b e r g e r , Altmann und die Chorherren; H a i d e r , Passau - St. Florian - St. Pölten; bei der von S t e i n b ö c k , Admont, S. 80, Anm. 164, als „Phil. Diss. München, 1966" angeführten Arbeit von Helga M a y , Altmann von Passau als Reformer und die Reformkrise in Bayern und Deutschland, handelt es sich um eine Zulassungsarbeit zum Staatsexamen, die in der Regel nicht eingesehen werden können. - Einen guten Überblick über den Pfarreibesitz der Reformstifte Altmanns gibt Z e d i n e k , Die rechtliche Stellung der klösterlichen Kirdien. 339 ) H a i d e r , Passau - St. Florian - St. Pölten, S. 47; der Propst von St. Florian hat demnach im Land ob der Enns, der Propst von St. Pölten im östlichen Teil der Diözese die archidiakonale Gewalt ausgeübt. Diese Funktionen können freilich nur erschlossen werden. 340 ) 1078 wurden die Kanoniker des um 1071 gegründeten St. Nikola vertrieben, vgl. M o i s , Rottenbuch, S. 32, und O s w a l d , St. Nikola, S. 215; in dem um 1071 regulierten St. Pölten wurden die Regularkanoniker ebenfalls noch im 11. Jahr-
180
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bischof Konrad I. Impulse aus dem Reformkreis Altmanns erhalten haben kann, was die Verwendung der Regularkanoniker für die Seelsorge betrifft. Von päpstlicher Seite aus wurde die cura animarum als vornehmliche Regularkanonikertätigkeit schon frühzeitig gefördert. Besonders Urban II. wies häufig in seinen Privilegien auf die Seelsorgepflichten hin 341 . Calixt II. räumte Springiersbach 1123 schon alle Seelsorgerechte für seine Pfarreien ein, als das Stift aus Mangel an Pfarreien noch kaum in der Lage war, sie in größerem Maße anzuwenden 342 . Auch für den Salzburger Reformkreis finden sich Beispiele dafür, daß Päpste in ihren Privilegien die Seelsorge der Regularkanoniker vertreten haben. Innocenz II. ging in einem Mandat an den Bischof Reginbert von Passau scharf gegen ihn vor, nachdem dieser versucht hatte, den Pfarrei- und Seelsorgesprengel St. Michael von der Stiftskirche Ranshofens, St. Pankraz, zu lösen343. Für Dießen legte er ausdrücklich Seelsorgehundert verjagt, vgl.
Classen,
Regularkanoniker, S. 326,
Μοis,
Rotten-
buch, S. 30f.; in Göttweig, 1072 gegründet und 1083 mit Chorherren besetzt, wurden 1094 bereits mit päpstlicher Genehmigung Reform-Mönche eingeführt, vgl. Classen,
Regularkanoniker, S. 326,
Brackmann,
Μit is,
Urkundenwesen, S. 177-190,
Salzburger Kirdienprovinz, S. 24f., F u c h s ,
Göttweig, Teil 1,
S. 321. 341 ) Vobis autem claustri vestri canonico per parochiales ecclesias vestras liceat ordinäre, für S. Jean-des-Vignes, PL 151, Sp. 295, Nr. 12; JL 5391. In parochianis itaque ecclesiis, que ad monasterium vestrum pertinent, reguläres vobis liceat claustri vestri canonicos ordinäre, qui et ecclesiis ipsis religiose serviant et adjacentis populi parochiam secundum timorem Dei, salvo episcopi jure debito, sollicite procurare non negligant, für S. Quentin de Beauvais, A n a l e c t a Juris Pontificii, 10. serie, vol. 5,2, Sp. 532f.; JL 5496. Vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 244f.; D e r e i η e , Chanoines, Sp. 393f.; S c h m a l e , Kanonie, S. 46. 342 ) MrhUB 1, S. 510, Nr. 451, 1123 Okt. 12: Concedimus etiam, ut in principali ecclesia uestra et in cellis eins omnibus prelatus uester uel sacerdotes, quibus ipse iniunxerit, uenienti ad missas populo uerbum predicationis annunciet, penitentes de occultis excessibus ad confessionem suscipiant et petentibus infirmis uisitationis solacia prebeant; JL 7079. Vgl. Ρ a u 1 y , Springiersbach. Geschichte des Kanonikerstifts, S. 30f. 343 ) Apostolica igitur auctoritate mandamus atque precipimus, ut .. . ei, quem fratres Uli canonice elegerint, tarn curam plebis quam claustri . .. permittas . . ., 1139/1140 April 12. Das Mandat (GP 1, S. 171, Nr. 40) ist ediert bei B r a c k m a n n , Salzburger Kirdienprovinz, S. 208. Als Ranshofen um 1125 Regularkanonikerstift wurde, legte man in St. Michael eine separate Pfarrkirche für den Pfarrsprengel um Ranshofen an; noch das Privileg des Papstes Eugen III. von 1147 nennt St. Michael als eigentliche Pfarrkirche (MB 3, S. 317, Nr. 7; GP 1, S. 204, N r . 2). Auch für diese separate Pfarrkirche also sollte der Propst von Ranshofen zuständig sein. Zwischen 1157 und 1195 gingen dann die Pfarreirechte ganz auf die Stiftskirche über, vgl. die Vorbemerkung von M a r t i n in SUB 2, S. 137, N r . 80.
181
Seelsorge pflichten
fest 3 4 4 .
Weitgehende
Seelsorgerechte
erließ
der
Papst
Eugen I I I . auch f ü r Klosterneuburg und St. Zeno-Reichenhall 3 4 5 . Die päpstlichen Bestimmungen über den Neubruchzehnten in den P r i v i legien schließlich deuten an, d a ß Regularkanoniker die Seelsorge in Rodungsgebieten übernehmen sollten 3 4 6 . W i e haben sich aber nun die Regularkanoniker in der ersten H ä l f t e des 1 2 . Jahrhunderts selbst dazu gestellt? D a ß sich auch die neue Generation der Regularkanoniker in den ersten Jahrzehnten durchaus nicht aufgeschlossen gegenüber dem Seelsorgeamt gezeigt hätte, d a f ü r w u r d e als A r g u m e n t immer wieder die Ablehnung der Pfarreiübernahme 1 1 1 5 durch den P r o p s t Richer v o n Klosterrath und 1 1 3 3 durch den P r o p s t H a r t m a n n v o n Klosterneuburg angeführt 3 4 7 . Richer aber m u ß gewissermaßen als Ausnahme gelten, da er 1 1 1 1 / 1 2 aus dem eremitisch ausgerichteten Rottenbuch zum P r o p s t v o n Klosterrath bestellt worden ist und die Einstellung seines Mutterstiftes mitgebracht h a t 3 4 8 . D a s Stift selbst
hatte
durchaus
Seelsorgefunktionen
übernommen 3 4 9
erste Vorsteher, Ailbert, w u r d e sogar regelmäßig als sacerdos
-
der
bezeich-
344) Decernimus etiam, ut capella, que sita est in loco Werde, ecclesie beati Stephani de cetero cum omni iure subiaceat et quicquid iuris, quicquid dignitatis ipsa hactenus noscitur habuisse, totum in ecclesia sancti Stephani transfundatur hoc tarnen rationis tenore, ut predicte ecclesie sancti Georgii attenta sollicitudine providere curetis, quatinus divinum ibi officium assidue domino impendatur, Trad. Dießen, Teil 1, hgg. von S c h l ö g l , S. 103f„ Nr. 2, 1132 Febr. 6; GP 2,1, S. 61, Nr. 1. 345 ) Für Klosterneuburg: Sancimus etiam, ut in capellis fundatis vel fundandis in possessionibus vestris nullus ministret sine concessione vestra, PL 180, Sp. 1173, Nr. 140, 1146 Dez. 27; GP 1, S. 249, Nr. 4. Für St. Zeno-Reichenhall: Ad hec adjicientes statuimus, ut Capelle, que infra terminos parochialis ecclesie Hallensis fundate sunt, sicut ab ipso archiepiscopo rationabiliter provisum est, eidem matrici ecclesie subjaceant. In futuro autem, absque assensu prepositi vestri, novas in ipsa parochia capellas edificari prohibemus, salva nimirum sedis apostolice et proprii episcopi auctoritate, PL 180, Sp. 1157, Nr. 129, 1146 Sept. 22; GP 1, S. 66, Nr. 3. S4e ) Z.B. von Paschalis II. um 1107 für Baumburg, MB 2, S. 180, Nr. 2; GP 1, S. 76, Nr. 1. Vgl. v a n D ü l m e n , Baumburg, S. 18. 347 ) D e r e i n e , Chanoines, Sp. 292f.; P a u l y , Springiersbach. Gesdiidite des Kanonikerstifts, S. 32; Μ ο i s , Rottenbuch, S. 175 und 290. 34e ) Er änderte bei seiner Ankunft audi gleich die Consuetudines im Sinne derer von Rottenbuch, Annales Rodenses, MGH SS 16, S. 697, zu 1111; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 42. S4e ) Ebd., S. 704, zu 1108; bzw. S. 36: concessit fratribus ... baptismum consecrare et baptizare, verbum dei pronuntiare, sepulturam prestare, et nutricios ecclesie soli prelato pro anima respondere, omnia stabiliens et confirmans episcopali auctoritate, heißt es anläßlich der urkundlichen Einrichtung des 1104 gegründeten Stiftes durch den Bischof Otbert von Lüttich (1092-1119). Neben dem Stift gab es allerdings noch eine parochia Rodensis.
182
II. Die Grundlinien der Reform
net und auch Ridier änderte seine Meinung und übernahm 1120 die Pfarrei doch noch, wenn auch nur die Aufsicht darüber350. Bei Hartmann von Klosterneuburg kann man heute kaum mehr nur an religiöse Reformmotive für die Ablehnung351 glauben, seitdem man erkannt hat, daß er damit die Pläne des Markgrafen Leopold III. durchkreuzen wollte, der durch die Zentralisierung seiner 13 Eigenkirchen eine Art Grundstock für den Aufbau einer Landeskirche zu legen versuchte352. Als Bischof von Brixen zögerte Hartmann später keineswegs, an das von ihm gegründete Neustift-Brixen die Pfarreien Natz und Kiens zu übertragen353. Überspitzt formuliert müßte man sogar interpretieren, dieser Fall zeige gerade im Gegenteil, daß man in dieser Zeit die Regularkanoniker als für die Seelsorge besonders zuständig, und der Markgraf Leopold III. sie deshalb für seine Pläne als besonders geeignet betrachtet hat. Audi in den theoretischen Erörterungen und Traktaten der Regularkanoniker findet sich durchwegs die Seelsorge als ihr vornehmliches Aufgabenfeld. Ivo von Chartres bereits war dafür eingetreten354; die Fülle der apologetischen Stellungnahmen setzte aber erst seit dem zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts ein, vorzugsweise in den beiden Hauptzentren der Kanonikerreformbewegung in Deutschland, Salzburg und Sachsen. Gerhoch von Reichersberg forderte in seinem Opusculum de aedificio Dei rigoros die Übernahme der Seelsorge ganz allein durch Regularkanoniker355. Sein Bruder Arno sah in ihr die maßgebliche Beschäftigung seiner Mitbrüder 356 . Ebenso fand der bereits zitierte 3 5 0 ) Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 704, zu 1 1 2 0 ; Edition Boeren-Panh u y s e n , S. 50 und 5 2 ; ein Jahr vorher hatte er audi die Consuetudines wieder den ursprünglichen, strengeren von Klosterrath angepaßt. 3 5 1 ) Von der Ablehnung berichtet die Vita beati Hartmanni, hgg. von Sparb e r , S. 43. 3 5 2 ) Vgl. oben, S. 80f.; H a n n s , Klosterneuburg, S. 9 7 - 9 9 ; M a s c h e k , Wie entstand das Stift Klosterneuburg, S. 404ff.; R ö h r i g , Der selige Hartmann und Klosterneuburg, S. 147f. 3 5 3 ) U r k. Neustift, hgg. von Κ u g 1 e r , F R A II,77, S. 33, N r . 3, 1157 N o v . 11, und S. 34, N r . 4 , 1 1 5 7 / 6 4 . 3 5 4 ) Epistola 208, P L 162, Sp. 213. Ivo war von 1 0 7 8 - 1 0 9 0 Propst des Regularkanonikerstiftes S. Quentin de Beauvais und von 1 0 9 0 - 1 1 1 6 Bisdiof von Chartres. Zu Ivo: S p r a n d e l , Ivo von Chartres. 3 5 5 ) P L 194, Sp. 1285; vgl. M o i s , Rottenbudi, S. 8 6 ; C l a s s e n , Gerhodi, S. 29 und 45. 3 5 e ) Scutum canonicorum, P L 194, Sp. 1 5 2 3 : . . . etenim etsi in patientie humiliatione et corporali exercitatione ordo monasticus ordinem nostrum precurrit, non tarnen etiam in dispensatione mysteriorum Dei prior est in his, sicut Joannes Petro, sed ordini clericali prioratum dependit, cui in Petro dictum est: „Pasee oves meas".
Seelsorge
183
Anonymus aus dem bayerisch-österreichischen Raum in der Ausübung der Seelsorge das charakteristische Merkmal der Kanoniker 357 . Daß neben Salzburg gerade im sächsischen Raum, wo die Kontroverse zwischen Regularkanonikern und Mönchen besonders ausgeprägt war, audi die Seelsorge von den Kanonikern ganz besonders als ihr Aufgabenbereich verteidigt wurde, kann nicht verwundern. Bei diesen zum Teil leidenschaftlich apologetisch gehaltenen Erörterungen muß ja bedacht werden, daß sie den eigenen Standpunkt festigen und abgrenzen sollten gegenüber Anfeindungen anderer: gegen Säkularkanoniker und Mönche. Anselm von Havelberg war dabei der Hauptsprecher 358 , der darauf pochte, daß Mönche in der Seelsorge nichts zu suchen hätten, sie vielmehr den Regularkanonikern zukäme. Im Salzburger Kreis räumten die Brüder Gerhoch und Arno dagegen immerhin ein, daß in Ausnahmefällen vom Bischof die cura animarum auch an Mönche delegiert werden dürfe 359 . Diese Auffassung der Reichersberger Kanoniker entsprach gewissermaßen auch der Praxis der Erzbischöfe Konrad I. und Eberhard I., die durchaus Kirchen an Klöster schenkten360. Allerdings muß eingewandt werden, daß diese Schenkungen im Sinne der inkorporativen Ubertragung im Grunde nur sehr bedingt für die gleichzeitige Übertragung auch der Seelsorgeausübung sprechen können 361 . Dennoch werden wir in vielen Fällen zumindest eine Aufsichtsfunktion durch Mönche über den ordnungsgemäßen Seelsorgeablauf annehmen dürfen. Sollten Mönche tatsächlich bisweilen selbst das Priesteramt ausgeübt haben, so hätte das aber audi nicht gegen die herrschende Auffassung, gegen die Kanones verstoßen. Denn zwar wurde den Mönchen auf Kirchensynoden im
357 ) Wien N B cod. 2207, fol. 14 r (das zweite Blatt 14): Porro diuersitas clerici et monacbi . .. iustius intelligitur pertinere ad curam animarum habentes et non habentes, quam a diuerso habitu indutos. 358 ) Epistola Apologetica von um 1152 (vgl. oben, Zweiter Teil, Anm. 294), gedruckt PL 188, Sp. 1119-1140; vgl. S c h r e i b e r , Anselm, S. 5ff.; F i n a , Anselm von Havelberg, in: Analecta Praem. 33, S. 5ff.; B o g u m i l , Halberstadt, S. 88f. 359 ) Gerhoch im Opusculum de aedificio Dei, PL 194, Sp. 1331; Arno im Scutum canonicorum, PL 194, Sp. 1523. 3β0 ) Konrad I.: an St. Paul (SUB 2, S. 343f., Nr. 239, 1145 April 2); an Viktring (SUB 2, S. 317f„ Nr. 218, 1144); an St. Peter-Salzburg (SUB 2, S. 275f., Nr. 191, 1139); an Elsenbadi (SUB 2, S. 445, Nr. 320: Bestätigung durch Eberhard I. von 1155). 3el ) Vgl. zu dieser Einsdiränkung B o g u m i l , Halberstadt, S. 88f.
184
II. Die Grundlinien der Reform
12. Jahrhundert die Seelsorge prinzipiell untersagt362, jedodi war mit Erlaubnis des Bischofs eine Ausnahme möglich. Ähnlich gibt das Decretum Gratiani Auskunft363, und in der Praxis widmeten sich die Mönche des Siegburger Reformkreises sogar ganz besonders dieser Tätigkeit 364 . Trotz der genannten Hinweise kann Mönchsseelsorge für die Diözese Salzburg aber nur als Randerscheinung in Betracht gezogen werden. Vielmehr setzten der Erzbischof Konrad I. und noch sein Nachfolger ganz gezielt und vorrangig Regularkanoniker für die Seelsorgeverbesserung und die Pfarreireform ein, und sie konnten, wie erwähnt, dabei die volle Anerkennung und Unterstützung durch Päpste und Regularkanoniker selbst finden. Mit der Wiederherstellung zahlreicher heruntergekommener Zellen, Stifte und Kirchen und deren Besetzung mit Reformkanonikern, wie das bei Au, Gars, St. Zeno-Reichenhall, Bischofshofen, Zell am See, Herrenchiemsee und Maria Saal festgestellt werden konnte, waren für die Reform des Klerus Stützpunkte geschaffen worden, bezeichnenderweise gerade in den dichter besiedelten Gegenden der Diözese365. Jedes der Stifte, auch der aus Traditionsgut neuerrichteten, bildete das Zentrum einer Pfarrei oder besetzte die entsprechende Pfarrkirche. Es liegen nun allerdings gerade für die Amtszeit des Erzbischofs Konrad I. urkundlich kaum Belege vor, welche die Übertragung weiterer Pfarreien an die Regularkanonikerstifte bezeugen würden36®; erst für die Zeit Eberhards I. finden sie sich zahlreicher367. Dies könnte im 3e2) S c h r e i b e r , Kurie und Kloster, Bd. 2, S. 41, stellt die entsprechenden Synoden zusammen. Vgl. audi Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 89. 3 β 3 ) Corpus iuris canonici, Bd. 1, hgg. von F r i e d b e r g , Sp. 771, C. X V I , Q. I, c. 3 6 : His omnibus auctoritatibus monstratur, quod monachi, qui a populo sunt electi, et ab episcopo cum consensu sui abbatis sunt ordinati, legitime potestatem suam exequi valeant. Vgl. S t u t z , Gratian, S. 14; H o f m e i s t e r , Mönchtum und Seelsorge, S. 209. 3β4) S e m m l e r , Siegburg, S. 86f., 267 und 280f.; der Exponent dieser Richtung war Rupert von Deutz, vgl. S e m m l e r , ebd., S. 270, dort bes. Anm. 28, und S. 271. 3 6 5 ) Vgl. L i n n i n g e r , De historia ordinis canonici in Austria, S. 41. 3 β β ) Nach 1142/vor 1146 (das Privileg des Papstes Eugen III. vom 4. Jan. 1146, GP 1, S. 188, N r . 1, nimmt bereits darauf Bezug) schenkte er an Suben die Pfarrei Hengstberg, U B L O E 1, S. 427, N r . 4. 3 β 7 ) Für Reichersberg die Pfarrei Bromberg (SUB 2, S. 484f., N r . 3 4 8 ) ; für Ranshofen die Pfarrei Hochburg (SUB 2, S. 402f., N r . 2 8 6 ) ; für Vorau die Pfarrei Dechantskirchen (SUB 2, S. 535, N r . 386, Bestätigung durdi den Erzbischof Konrad II.); für Seckau die Pfarrei Kobenz (SUB 2, S. 400f., N r . 2 8 4 ) ; weitere Pfarreischenkungen für Herrenchiemsee 1154/57 (SUB 2, S. 431, N r . 308).
Seelsorge
185
ersten Moment zu der Annahme verleiten, unter Konrad I. hätte sich die Seelsorge der Regularkanoniker doch noch sehr in Grenzen gehalten, da man bisher das Urteil über das Ausmaß der Beteiligung der Regularkanoniker an der cura animarum primär von der Anzahl der diesen übertragenen Pfarreien abhängig zu machen pflegte 368 . Dabei läßt man aber folgendes unberücksichtigt: 1. Für die Regularkanoniker war die vita communis vorgeschrieben. Bei vom Stift weit entfernt liegenden Kirchen mußte es problematisch werden, dieses Gebot einzuhalten. Von daher mußten Fürsorgeübertragungen für Pfarreien von vornherein beschränkt bleiben. Nicht einmal alle ihnen übertragenen Kirchen konnten sie selbst versorgen: die dem Stift Au seit der Schenkung durch Konrad I. gehörende Kirche Oberbierwang ζ. B. ließen die Kanoniker vom Pfarrer des Pfarrsprengels Grüntal mitbetreuen 369 . 2. Eine Pfarreiübertragung in dem Sinne, daß nur die cura animarum übernommen wurde, bedurfte in dieser Zeit noch keiner urkundlichen Bestätigung, genausowenig, wie die Einsetzung von Pfarrern in Pfarreien beurkundet wurde 370 . 3. Es kommt gar nicht primär darauf an, daß Pfarrkirchen übertragen wurden. Jede Kapelle und einfache ecclesia hatte gewisse Funktionen der Versorgung von Gläubigen zu übernehmen 371 . Ecclesiae und capellae aber unterstanden den Stiften schon seit Konrad I. in reicher Zahl 3 7 2 . Für die Seelsorge konnten die Regularkanoniker somit zunächst einmal nur die Funktion von Musterzentren übernehmen. Daß sie dieser Konzeption dienen sollten, bestätigt eine Urkunde des Erzbischofs 3 M ) Vor allem S c h m a l e , Kanonie, versucht seine These, von den Regularkanonikern sei schon frühzeitig Seelsorge wahrgenommen worden, durch eine Vielzahl von Beispielen für Pfarreiinkorporationen zu stützen; vgl. dazu aber C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 310, Anm. 22. »·") MB 1, S. 153, N r . 71; SUB 2, S. 4393., Nr. 315a. 37 °) Vgl. K u r z e , Pfarrerwahlen, S. 512. 8 7 1 ) Im Privileg des Papstes Hadrian IV. vom 29. Januar 1158 für Ranshofen heißt es in der Besitzbestätigung: Capellam Howerch cum pertinenciis suis in ea libertate, in qua frater noster Ewerhardus Salzburgensis archiepiscopus vobis scripto proprio racionabiliter confirmavit, ut videlicet nullus in eis preter ipsum archiepiscopum et ecclesie vestre prepositum aliquid debeat ordinäre, MB 3, S. 319, N r . 8 (GP 1, S. 204, Nr. 3). Audi eine Kapelle mußte versorgt werden, und diese Versorgung wurde nicht gering geachtet, wie diese Bestimmung zeigt. 3 7 2 ) Einige Beispiele: Gars: MB 1, S. 13, N r . 4 ; St. Zeno-Reidienhall: MB 3, S. 530, Nr. 3 (6 Kapellen); Reichersberg: MB 3, S. 417, N r . 38.
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II. Die Grundlinien der Reform
Konrad I., in der es heißt, er habe die Stiftsgründung von St. ZenoReichenhall vorgenommen quia nimirum divine auctoritati congruere non dubitatur, ut sub quali norma clerus auctore Christo in primitiva ecclesia institutus est, sub tali et ad hue instituatur taliterque instituto clero ecclesia regenda committatur37S. Demnach wäre es ein Idealzustand gewesen, wenn er sämtliche Kirchen in die Disposition von Regularkanonikern hätte stellen können. Ähnlich forderte auch Gerhoch, ausschließlich Regularkanoniker und keine Säkularkanoniker dürften Seelsorge ausüben, und an allen Pfarrkirchen müßte die vita communis befolgt werden 374 . Der Realität konnte das natürlich nicht entsprechen, denn es wäre schon finanziell und rechtlich nicht so strikt durchführbar gewesen; die Gründung eines Regularkanonikerkonventes erforderte große Mittel, und viele Pfarreien waren eigenkirchenherrlich gebunden. Gewissen Aufschluß über die tatsächlichen Verhältnisse und Vorgänge in der Seelsorgereform bietet das Fragment der Reichenhaller Provinzialsynode vom Oktober 114 3 375 . Die wichtigsten Beschlüsse lauten: jede Kirche solle ihren eigenen, fest auf diese Kirche geweihten Pfarrer haben; wenn es in einer Pfarrei jedoch so viele Kapellen gäbe, daß ein Pfarrer allein nicht alle versorgen könne, dann sollten keine mercenarii angestellt werden 376 , sondern auch jede einzelne Kapelle 37S
) SUB 2, S. 254, Nr. 171, 1136 April 5. ) Opusculum de aedificio Dei, PL 194, Sp. 1285, 1306f., 1311f., 1324; vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 45. 375 ) Diese Provinzialsynode wurde unter dem Vorsitz des Kardinallegaten Guido abgehalten, wie aus den Akten hervorgeht: hte sunt ammonitiones et preeepta episcopis et aliis prelatis prouinitie Salzburgensis in conuentu apud Hallam celebrato promulgata per apostolice sedis legatum Gwidonem cardinalem diaconum, clm 12 612, fol. 117 r . Nach S p ä t l i n g , Kardinal Guido, S. 315ff., befand sich der Kardinal von Herbst 1142 bis November 1143 auf seiner ersten Visitationsreise nadi Prag. Auf der Hinreise traf er in Passau mit Gerhoch zusammen, welcher sich der Legation anschloß, vgl. dazu C l a s s e n , Gerhodi, S. 103f. Im Oktober 1143 hielt sich Guido auf der Rückreise in der Diözese Salzburg auf und war bei der Gründung des Zisterzienserklosters Schützing am 27. Oktober 1143 anwesend (SUB 2, S. 352, N r . 244a; zur Tagesangabe vgl. dort die Vorbemerkung). D a er Ende November wieder in Rom anzutreffen war, und da für seine Rückreise ein Monat zu veranschlagen ist (nach S p ä t l i n g , aaO., S. 321), dürfte die Reidienhaller Synode im Oktober, wohl nicht lange vor dem 27. Oktober 1143 abgehalten worden sein. Bezeichnenderweise sind in der Gründungsurkunde von Schützing audi die Bischöfe von Regensburg und Freising als Zeugen genannt, die sich wegen der Synode noch hier aufgehalten haben werden. 37β ) Gegen die mercenarii oder conducticii, also gegen diejenigen Geistlichen, die ohne feste Titelkirdie vagabundierten und gegen Bezahlung Aushilfsposten übernahmen, ging Gerhoch von Reifersberg besonders scharf vor, vgl. C l a s s e n , Gerhoch. S. 82f. S74
Seelsorge
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sollte ihren eigenen Pfarrer besitzen, und die kleineren, ärmeren Kapellen sollten zu einer zusammengelegt werden, damit dann ein eigener Priester Unterhalt finden könnte 877 . Regularkanoniker, welche eine Pfarrkirche versorgten und von vornherein nicht die Hilfe der conducticii benötigten, besäßen die volle Fürsorgepflicht für alle Kapellen378. Auch dürften nur so viele Priester, wie feste Pfarrstellen vorhanden seien, jedoch nicht absolute, das heißt ohne Titelkirche nur der Weihe wegen, geweiht werden 379 . Nun sei aber von den Bischöfen der gewichtige Einwand gekommen: non esse dicendos absolute ordinatos, qui ordinantur ad episcopalem et cathedralem ecclesiam, ut sie ordinati per totum episcopatum distribui valeant380, woraufhin man sich durdi einen Kompromiß darauf einigte, nur die höheren Weihegrade des Presbyters, Diakons und Subdiakons benötigten eine feste Titelkirche, die niederen jedoch dürften in der Kathedralkirche geweiht und dann nach Bedarf auf die kleineren Kirchen verteilt werden 381 . Zunächst können wir auf Grund dieser Quelle festhalten, daß Regularkanoniker auch in diesem Programm eine wesentliche Bedeutung für die Seelsorge erhielten: sie waren pauschal für ihre Pfarrei und die in ihr befindlichen Kapellen zuständig, sie benötigten in der Regel keine „Mietlinge", da sie die Betreuung unter sich aufteilen konnten. Dem Propst war, ohne daß sich der Bischof weiter hätte darum kümmern müssen, die volle Aufsichtsgewalt über die Seelsorge übertragen. Die zweite in unserem Zusammenhang wichtige Aussage lautet, daß die Bischöfe vor dieser Synode offenbar an ihrem Hochstift geweihte Prie377
) Clm 12 612, fol. 117 r : . . . sed habeant ecclesie singule singulos presbyteros et, si in una ecclesia uel parrochia tot sunt Capelle, ut unus presbyter non eas possit curare sine adiutorio aliorum presbyterorum, non tarnen colligat mercennarios, uerum unaqueque capella, cui facultas suppetit, habeat sacerdotem proprium, pauperiores autem Capelle tot coadunentur in unum, quot sufficere poterunt ad sacerdotem unum sustendandum. ®78) Ebd., fol. 117 T : St qua tarnen ecclesia plebalis habet canonicos reguläres, qui non indigent illi adiutorio conducticiorum, capellarum tota prouidentia disponatur secundum prepositi arbitrium, quia habet hoc Johannis pape octaui decretum. sn ) Ebd., fol. 117 v : . . . ne quis absolute ordinetur, et a papa Clemente preeeptum est non plures ordinari sacerdotes, nisi tot et tales, qui sufficiant et digne ualeant ministerium sacerdotale in singulis parrochiis adimplere. 3eo ) Ebd., fol. 117v. 381 ) Ebd., fol. 117 V : ... ut in maioribus et sacris ordinibus ministrorum altaris hoc obseruetur, ut nullus uel presbyter uel diaconus uel subdiaconus ordinetur nisi prius ad aliquem titulum sie stabilitus, ut in eodem titulo sit minister altaris, ad quem fuerit ordinatus in ministerium altaris. De minoribus autem ordinibus illud uisum est esse tolerabile, ut ad kathedralis ecclesie titulum ordinentur et postea per minores ecclesias dispensentur.
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II. Die Grundlinien der R e f o r m
ster je nach Situation und Bedarf in den Pfarreien einsetzten. Gerade das ist ohne Zweifel auch vom Erzbischof Konrad I. praktiziert worden, als er Leuten seines Vertrauens die Leitung von Seelsorgestationen übertrug, analog zur Übertragung von Reformstiften. Der Verfasser seiner Vita382 hat das offen ausgesprochen, wenn er berichtet: et ipsos sacerdotes per episcopatum constitutes, id est plebanos, continentia et hospitalitate famosos, vita et moribus claros, vestium decenti compositione ornatos fecit, ut quilibet per episcopatum transeuntes glorificarent Deum et cultorem tantorum bonorum predicarent honore dignissimum3SS. So hatte der Erzbischof gleich bei seiner Rückkehr aus dem Exil in der Pfarrkirche St. Zeno in Reichenhall „seinen" Priester Lanzo eingesetzt384. In einer Kapelle, die er an Seckau schenkte, entfernte er kurzerhand den bisherigen Pfarrer Ortolf und setzte den Pfarrer Wides ein, offenbar eine Aktion im Sinne der Reform im Raum um Seckau 385 . Audi der Pfarrer Wernher, Seelsorger in der alten Salzburger Eigenkirche St. Andrä im Lavanttal 386 , von Konrad I. filius noster genannt, hatte sicherlich den speziellen Seelsorgeauftrag für diese umfangreiche Pfarrei vom Erzbischof erhalten und gemäß der für ihn ausgestellten Besitzbestätigungsurkunde des Erzbischofs - für einen Pfarrer ein einmaliger Fall in dieser Zeit in der Diözese Salzburg — auch ganz im Sinne seines Ordinarius gewirkt 387 . Wir können in diesen Fällen geradezu von reformierten Pfarrkirchen sprechen. Konrad I. hat somit an zentraler Stelle nach Leitlinien der Regularkanoniker, vielleicht unter ®82) N a c h S i e b e r e r , Ober den Verfasser, ist der Verfasser der Historia calamitatum ecclesiae Salisburgensis, der Salzburger Domherr Heinrich, ein Zeitgenosse des Erzbischofs K o n r a d I., auch der Autor der V i t a Chunradi. D i e V i t a dürfte um die Mitte des achten Jahrzehnts des 12. Jahrhunderts entstanden sein. Vgl. auch unten, Zweiter Teil, Anm. 480. 3 8 3 ) Vita Chunradi, M G H S S 11, S. 73. 3 8 4 ) Vgl. oben, Erster Teil, Anm. 377; ferner S U B 2, S. 333, N r . 231. 3 8 5 ) S t U B 1, S. 269, N r . 259. 3 8 e ) D a ß St. A n d r ä im L a v a n t t a l im 12. Jahrhundert kein Regularkanonikerstift w a r , soll hier nochmals betont werden - M e e r s s e m a n , R e f o r m , S. 85, Anm. 1, zählt die Kirche wieder darunter - . D e r angeblich 1144 nachweisbare Propst Wernher ( S U B 2, S. 320, N r . 219) ist nicht Propst, sondern A b t von St. Paul im L a v a n t t a l (1138-1158), auch wenn ihn einst Z a h n im Register v o n S t U B 1, S. 755, mit Bezug auf diese U r k u n d e fälschlich unter die Pröpste von St. A n d r ä eingereiht hat. St. A n d r ä w u r d e erst v o m Erzbischof Eberhard II. zwischen 1223 und dem 25. Juli 1225 zum S t i f t ausgebaut (vgl. P a g i t z - R o s c h e r , St. A n d r ä , S. 296f.). 1228 wurde das R e f o r m s t i f t Sitz des neuen Bistums L a v a n t (dazu J . R i c h t e r , U s t a novitev). 3 8 7 ) S U B 2, S. 344, N r . 240, 1145 August 3 : Hec omnia prefatus presbiter baptismali ecclesie sue cum magna diligentia et prudentia aquisivit.
Seelsorge
189
deren Aufsicht, sacerdotes continentia et hospitalitate famosos, vita et moribus claros ausbilden lassen und sie planmäßig eingesetzt. Es geht also gar nicht so sehr darum, ob Regularkanoniker Pfarreien übertragen bekamen oder nicht, vielmehr muß ihre Aufgabe innerhalb der Gesamtkonzeption der Seelsorgeerneuerung gesehen werden. Dabei hatten die Salzburger Regularkanoniker Stützpunkt- und Vorbildfunktion zu übernehmen388 und, wie wir sehen werden, als Archidiakone auch Aufsichtsfunktionen. Die Anzahl der jedem einzelnen Stift urkundlich inkorporierten Pfarreien spielt für diese Konzeption im Grunde eine untergeordnete Rolle. Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und in den sich seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts häufenden Pfarrkirchenübertragungen im Sinne der Inkorporation geradezu einen Niedergang dieser umfassenden Seelsorgereformidee sehen. Übertragungen bedurften der rechtlichen Fixierung nur dann, wenn die gesamte Nutznießung und Verwendungsgewalt über die Pfarreieinkünfte gesichert werden sollten. Ad subsidium fratrum schenkte der Erzbischof Eberhard I. 1151 die Pfarrei Kobenz an Seckau389, aus demselben Grund der Erzbischof Adalbert III. 1168 die Pfarrei St. Lorenzen an Admont390. Wenn nun dazu auch die Seelsorge übernommen werden sollte, so wurde das noch eigens vermerkt: curam etiam animamm drückt förmlich die sekundäre Bedeutung einer solchen Bestimmung aus391. Bezeichnend dafür ist auch, daß seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts durch eine große Anzahl von Fälschungen der Besitz von Kirchen deklariert wurde. Schon 1169 meldete das Salzburger Domkapitel durch eine Fälschung abgesicherte Besitzansprüche auf die Pfarrei Maria Pfarr im Lungau an 392 ; um 1170 kämpfte es hartnäckig um die Verfügungsgewalt über die Salzburger Stadtpfarrei St. Michael, die bis dahin St. Peter zu versorgen hatte, wobei ebenfalls eine Fälschung weiterhelfen sollte393. Das Gurker Domstift entfaltete zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine ausgesprochen rege Fälschertätigkeit, die in vielen Fällen die Gesamtverfügung über Pfarreien urkundlich sichern 3 8 e ) Dies ist audi im Sinne einer Hebung der Bildung im Klerusstand zu verstehen. Viele Stifte hatten eine Sdiule mit einem Scholaster. Die Quellen sind freilich sehr dürftig; vgl. Μ ο i s , Rottenbudi, S. 292f. 3 8 e ) S U B 2, S. 401, N r . 284. 3 M ) SUB 2, S. 542, Nr. 392. 3 e l ) Ebd. 3 · 2 ) SUB 2, S. 421f., N r . 302. 3 8 3 ) Vgl. M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 689f.
190
II. Die Grundlinien der Reform
sollte 394 . Ein besonders augenfälliges Beispiel bietet uns der Verfasser der Vita Hartmanni, der um 1200 in der schon erwähnten Zurückweisung der Pfarreien des Markgrafen Leopold III. durch den Propst Hartmann von Klosterneuburg nur ein ganz außergewöhnlich heiligmäßiges Verhalten Hartmanns sehen kann in dem Bewußtsein: „Wer von uns würde eine, um nicht zu sagen auch von vielen angebotenen Kirchen überhaupt nur eine einzige, ausschlagen? Wer würde sich nicht vielmehr ängstlich bemühen, sie zu erlangen?" 395 . Dieser Vorgriff auf Zerfallserscheinungen der Reformideen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts rückt die Bedeutung und die Einsatzart der Regularkanoniker für die Seelsorge in der ersten Jahrhunderthälfte audi von der Quellensituation her ins rechte Licht. Ein Mangel an urkundlich fixierten Pfarreiübertragungen darf nicht zu voreiligen Schlüssen führen in dem Sinne, auch Seelsorge sei infolgedessen nicht üblich gewesen. Der besonderen Eignung der Regularkanoniker für die Besserung der Seelsorgeverhältnisse trugen naheliegenderweise audi die Ordinarien in den Kreisen der Salzburger Observanz Rechnung. Der Bischof Altmann von Trient verlieh dem Reformstift St. Michael an der Etsch die Seelsorge in der Pfarrei im forum von St. Michael 396 und übertrug dem Domkapitel zwei Pfarreien 397 ; der Bischof Hartmann von Brixen versetzte die Pfarreien Natz und Kiens in die Zuständigkeit von NeustiftBrixen 398 . Auch außerhalb des Salzburger Kreises schließlich finden sich zahlreiche Beispiele in diesem Sinne. Besonders auffällig ist die Vorliebe des Zisterziensers Otto, des Bischofs von Freising (1138-1158), für die Regularkanoniker, die er in größerem Maße förderte als seinen eigenen Orden 399 . Noch systematischer, ähnlich wie in Salzburg, verwendete der Bischof Reinhard von Halberstadt (1107-1123) die Regularkanoniker in der Seelsorge, die gleich bei ihrer ersten Ansiedlung in Osterwieck 1107/08 die Aufgaben der Seelsorge 400 und im Falle Kaltenborns 3M)
Ζ. B. M C 1, S. 114ff., Nr. 9 1 ; S. 134ff., Nr. 142; S. 184ff., Nr. 240. Vita beati Hartmanni, hgg. von S p a r b e r , S. 43: Quis nostrum enim non dico de multis sibi oblatis ecclesiis vel ultimam recusaret, imo, ut eam adipisct posset, non anxie laboraret? 39β ) V ο 1 1 e 1 i η i , Beiträge zur Geschichte Tirols, S. 71. 397 ) Series episcoporum Tridentinorum, MGH SS 13, S. 369. Vgl. V ο 1 1 e 1 i η i , Beiträge zur Gesdiichte Tirols, S. 41. 398 ) U r k. Neustift, hgg. von Κ u g 1 e r , FRA 11,77, S. 33f„ Nr. 3 und 4. 399 ) Β u s 1 e y , Neustift bei Freising, S. 52ff.; K r a u s e n , Bischof Otto I. von Freising, S. 43; E n g e l s , Beiträge zur Gesdiichte der Staufer im 12. Jahrhundert I, S. 436. 40 °) B o g u m i l , Halberstadt, S. 195ff. 395 )
Ardiidiakonate der Salzburger Diözese
191
1120 sogar die uneingeschränkte, urkundlich bestätigte Aufsicht über alle Pfarreien ihres Zuständigkeitssprengeis übernahmen401.
4. D i e
Archidiakonate
der
Salzburger
Diözese
Im engsten Anschluß an die geschilderte Gestaltung der Seelsorgereform ist die Übernahme von Archidiakonaten durdi Regularkanoniker zu verstehen. Die Einrichtung dieses Amtes geht zurück auf das 4. Jahrhundert; es bildete sich bis zum 13. Jahrhundert in drei Phasen aus402: vom Archidiakon als „Agent und Mandatar" des Bischofs und Exekutor des bischöflichen Willens über die „ordentliche" Stellvertreterschaft des Bischofs im 8. und 9. Jahrhundert zum selbständigen Prälaten seit dem 10./11.-12. Jahrhundert, der sich nun anschickte, in Rivalität zum Bischof zu treten. Dabei ist allerdings die regional sehr unterschiedliche zeitliche Einordnung zu berücksichtigen403.
401
) H U B 1, S. 113, Nr. 147, 1120 April 16, für Kaltenborn: der Propst ist zugleich Archidiakon und verfügt frei über alle Seelsorgestellen seines Sprengeis. Diese Urkunde ist zwar verunechtet, aber gerade der hier angesprochene Abschnitt geht auf die echte Vorlage zurück, wie B o g u m i 1, Halberstadt, S. 120-122, nachweist. 402 ) Über das Institut des Archidiakonats gibt es zahlreiche Arbeiten. Den übersichtlichsten Entwicklungs-Abriß bietet F r a n z e n , Ardiidiakonate, S. 1-36; bei ihm findet sich audi die wichtigste Literatur zusammengestellt. Leider übergeht er das Salzburger Bistum völlig, so daß man hier zurückgreifen muß auf U t t e n d ο r f e r , Die Ardiidiakone, der sich allerdings noch allzusehr auf unkritische Quellenausgaben stützte, so daß seine Ergebnisse zum großen Teil wertlos sind; Η ü b η e r , Archidiakonats-Einteilung, für den das bei Uttendorfer Gesagte in geringerem Maße ebenfalls zutrifft. Eine notwendige neuere Untersuchung größeren Rahmens steht aus. Beiträge finden sidi bei B a u e r r e i ß , Kirdiengesdiidite Bayerns, Bd. 2, S. 151ff., dem im Prinzip Μ ο i s , Rottenbuch, S. 67, folgt und an den sidi audi Β ο m h a r d , Herrenchiemsee, S. 8, anlehnt. Bereits C l a s s e n , Gerhoch, S. 61, Anm. 22, hat jedoch auf die Unhaltbarkeit der These von Bauerreiß hingewiesen, der in der Verbindung von Regularkanonikerstift und Archidiakonat etwas für Bayern-Salzburg ganz Einmaliges sehen und dies unmittelbar auf taktische Maßnahmen im Investiturstreit zurückführen wollte. Weiter zu nennen wären J a k s c h , Geschichte Kärntens, Bd. 2, S. 280f., und Μ e r k 1, Archidiakonate, der, obzwar eine neuere Arbeit, keine neuen Ergebnisse vorlegt. Die nach wie vor wertvollsten, freilich zu knappen Hinweise bietet M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 692f. 40S ) In der Diözese Würzburg waren beispielsweise die Ardiidiakonatssprengel schon um die Mitte des 11. Jahrhunderts fest abgegrenzt, in der Diözese Breslau erst im 13. Jahrhundert, vgl. F r a n z e n , Archidiakonate, S. 6f. Zur Entwicklung in der Diözese Halberstadt Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 186-191.
192
II. Die Grundlinien der Reform
Ü b e r d i e A u s b i l d u n g der A r c h i d i a k o n a t e i n n e r h a l b der d r i t t e n P h a s e i n der D i ö z e s e S a l z b u r g 4 0 4 sind w i r q u e l l e n m ä ß i g sehr schlecht u n t e r richtet, w a s j e d o c h w i e d e r u m g e w i s s e Rückschlüsse z u l ä ß t . F e s t z u h a l t e n ist zunächst, d a ß d i e E i n r i c h t u n g der A r c h i d i a k o n a t e bereits u n t e r d e m E r z b i s c h o f K o n r a d I. b e s t a n d e n h a t . D e r A b t W o l f h o l d v o n A d m o n t ( 1 1 1 5 - 1 1 3 7 ) b e k a m v o n A m t s b e g i n n an die Archidiakonswürde
im
E n n s t a l z u e r t e i l t 4 0 5 ; der P f a r r e r H a d a m a r v o n Friesach w i r d e b e n f a l l s schon i n einer U r k u n d e v o n 1 1 1 6 / 1 7 i n dieser W ü r d e g e n a n n t 4 0 6 , u n d d e r P r o p s t R o m a n v o n M a r i a S a a l erscheint als archiprespiter Z e u g e n l i s t e einer e r z b i s c h ö f l i c h e n U r k u n d e v o n ca. 1 1 3 0
407
in der
. D a s näch-
ste Z e u g n i s s t a m m t aus d e m J a h r e 1 1 4 4 : der P r o p s t G e b e n o aus d e m S a l z b u r g e r D o m s t i f t b e z e i c h n e t e sich als archipresbiteri0S;
schließlich
f i n d e n w i r auch d e n z w e i t e n P r o p s t v o n M a r i a S a a l , E n g e l r a m m , e b e n f a l l s 1 1 4 4 , u n t e r d e m T i t e l archidiaconusioa.
D a m i t sind die frühesten
sicheren Q u e l l e n s t e l l e n a n g e f ü h r t . V o n einer u r k u n d e n m ä ß i g e n U b e r t r a g u n g einer A r c h i d i a k o n s w ü r d e
durch d e n E r z b i s c h o f ist freilich
nichts b e k a n n t .
404 ) Eine Karte mit den Grenzen der Salzburger Ardiidiakonate nach dem Stand im Spätmittelalter findet sich bei Η ü b η e r , Ardiidiakonats-Einteilung, zwischen den Seiten 78 und 79 am Schluß des Aufsatzes. 405 ) Annales Admuntenses, M G H SS 9, S. 577; Vita Gebehardi et successorum eius, M G H SS 11, S. 43. 40e ) SUB 2, S. 188, Nr. 119; zu dieser Urkunde vgl. dort die Vorbemerkung und in unserer Arbeit oben, Erster Teil, Anm. 81. 407 ) SUB 2, S. 216, N r . 142. J a k s c h , Geschichte Kärntens, Bd. 2, S. 280, nimmt an, daß Roman die Archidiakonswürde seit 1124/25 besessen habe, liefert jedoch keine Begründung dafür. Doch ist einzuräumen, daß der Archidiakonat von Maria Saal sogar als zeitlich frühester das Muster abgegeben haben könnte, denn er ist eventuell aus dem alten Institut des Chorbischofs, dessen Sitz sich einst in Maria Saal befunden hat, hervorgegangen, wie das G e s c h e r , Der kölnische Dekanat, S. 149, für drei der vier Archidiakonate in der Diözese Köln nachgewiesen hat. Als Vorbild zu berücksichtigen sind aber auch die Regularkanoniker-Pröpste von St. Florian und St. Pölten, die nach H a i d e r , Passau - St. Florian - St. Pölten, S. 47, archidiakonale Funktionen in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ausgeübt haben. Dagegen kaum als Vorbild in diesem Sinne kann der Archidiakonat Rottenbuch gelten, wie Μ ο i s , Rottenbuch, S. 68, annehmen möchte, denn dieser dürfte erst unter dem Freisinger Reformbischof Otto I. entstanden sein, so daß eine Rezeption in umgekehrter Richtung wahrscheinlicher ist. 408 ) SUB 2, S. 327, Nr. 226, 1144 Mai 23. Hier ist anzumerken, daß im Salzburger Kirchensprengel die Begriffe Archidiakon und Ardiipresbyter das ganze 12. Jahrhundert über synonym verwendet wurden, obzwar von der Entstehungsgeschichte her ein Unterschied zu machen wäre. Audi in der Diözese Passau ist diese Synonymverwendung anzutreffen, siehe O s w a l d , Passauer Domkapitel, S. 43. 409 ) SUB 2, S. 335, Nr. 232, 1144 Nov. 3.
Ardiidiakonate der Salzburger Diözese
193
Übereinstimmend wird in der Forschung nun angenommen, daß audi die Ardiidiakonate Baumburg, Gars und Herrenchiemsee bereits von Konrad I. eingerichtet worden seien410. Obwohl sie urkundlich für Baumburg und Herrenchiemsee erst unter dem Erzbischof Eberhard I. 411 , für Gars sogar erst 1168/69 412 nachweisbar sind, muß dieser Ansicht dennoch beigestimmt werden, da das Fehlen der Bezeichnung „Ardiidiakon" für den Inhaber dieses Amtes in den Quellen aus der Zeit vor der Jahrhundertmitte nicht viel besagt. Auch der Salzburger Dompropst, seit 1144 als Archidiakon eindeutig nachgewiesen, trug diese Bezeichnung selbst in der zweiten Jahrhunderthälfte sehr selten, obwohl vom Domkapitel 1169/70 eine auf 1139 datierte Urkunde des Erzbischofs Konrad I. gefälscht wurde, die unter anderem besagt: Dignum etiam duximus eosdem filios nostros canonicos officio archidiaconatus honorare, quod primo Hermanno preposito ipsorum concessimus et postea Gebenoni successori eius tenendum stabilimus, ut ipso decedente omnes, qui sibi de cetero canonice succedunt, eundem archidiaconatum de manu archiepiscopi postulent et sine exactione suscipiant et quiete absque alicuius sacerdotis vel plebis emancipatione integraliter ie«ea»i 413 .Man war also offenbar sehr darauf bedacht, sich nun diese Würde für immer zu sichern, was gleichzeitig bedeutet, daß dies vorher niemals offiziell geschehen war. Daher ist es auch nicht unbedingt unglaubwürdig, daß bereits der erste Dompropst, Hermann (1122-1137), Archidiakonsfunktionen ausgeübt hat, ohne daß wir von einer urkundlichen Übertragung Kenntnis haben. Audi die Ardiidiakonatsübertragung an den Abt Wolfhold von Admont ist nur in den Admonter Annalen erwähnt und findet sonst keinerlei Beachtung mehr. 4 1 0 ) Schon H ü b n e r , Archidiakonats-Einteilung, S. 6 6 ; Μ ο i s , Rottenbudi, S. 6 8 ; C l a s s e n , Gerhoch, S. 61, Anm. 2 2 ; Β ο m h a r d , Herrenchiemsee, S. 8. 4 1 1 ) Baumburg: SUB 2, S. 440, N r . 315a, 1155; Herrenchiemsee: Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü e h e r , S. 156, Nr. 3, 1 1 5 5 - 1 1 6 4 . Der Eintrag Ob. s. Hartmannus primus prep, et archidiac. natus huius ecclesie Chiemensis in ordine canonicorum regularium postea electus et confirmatus in episcopum Brixinensem im Necrologium Chiemense, M G H Necr. 2, S. 212, zum 23. Dez., der schon dem ersten Propst von Herrenchiemsee, Hartmann (vor Juli 1 1 2 9 - 1 1 3 3 ) die Ardiidiakonswürde attestiert, ist kaum beweiskräftig, da er aus dem 15./16. Jahrhundert stammt. Dennoch könnte die Aussage auf alter Oberlieferung fußen und würde dann unser Ergebnis bestätigen. 4 1 2 ) SUB 2, S. 539, N r . 389, nach 1168 N o v . 1 ; der H. arcbidiaconus ist ohne Zweifel der Propst Heinrich von Gars, so daß hier vier Ardiidiakon-Pröpste, vom Salzburger Domstift, von Gars, Baumburg und Herrenchiemsee, zusammenwirkten, als es um die Archidiakonsredite des Herrenchiemseer Propstes ging. 4 1 3 ) SUB 2, S. 279, N r . 194; vgl. dazu M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 692.
194
II. Die Grundlinien der Reform
Erst seit der zweiten H ä l f t e des 12. Jahrhunderts legte man größeren Wert auf das Führen dieses Titels und vor allem auf eine Fixierung der damit verbundenen Rechte. Demnach spricht also nichts dagegen, auch die Anfänge der Archidiakonate Baumburg, Gars und Herrenchiemsee in die Amtszeit Konrads I. zu verlegen; die allgemeine Konzeption der Reform dieses Bischofs und die Existenz der übrigen Archidiakonate während seiner Amtszeit sprechen vielmehr eindeutig dafür 4 1 4 . Einen interessanten Hinweis in diesem Zusammenhang bringt Josef Siegwart, der als Argument f ü r die Archidiakonswürde des Garser Propstes schon unter dem Erzbischof Konrad I. die Bezeichnung des Propstes Hugo als prelatus neben dem prepositus Herbord von Au in einer Traditionsnotiz 4 1 5 von „um 1140" anführt. Das Datum ist zwar nur sehr beiläufig vom Herausgeber durch Zeugenvergleich festgelegt worden und könnte sogar bis 1154, dem Sterbejahr Herbords, verschoben werden. Ansonsten aber entspräche dieser Hinweis den Erkenntnissen von Nikolaus Hilling41®, daß f ü r den Archidiakon „in der täglichen Umgangssprache" prelatus verwendet wurde. Zumindest hätten wir damit eine Bestätigung dafür, daß auch der Archidiakonat Gars fast zwanzig Jahre vor seiner ersten direkten Nennung existiert haben muß. Zweierlei Thesen drängen sich nach den bisherigen Beobachtungen auf: 414
) Zu diesen seit Konrad I. von Regularkanonikern betreuten Archidiakonaten Salzburg, Maria Saal, Baumburg, Gars und Herrenchiemsee ist nach R o t h , Seckau, S. 338, möglicherweise auch Seckau zu stellen. Roth versucht auf Grund der Urkunden von den Erzbischöfen Adalbert III. (SUB 2, S. 694ff., Nr. 515, 1197 März 19) und Eberhard II. (SUB 3, S. 117ff., Nr. 622, 1208 Dez. 11) sowie des Privilegiums vom Papst Alexander III. (GP 1, S. 100f., N r . 2; StUB 1, S. 501ff., Nr. 540, 1171 Febr. 10) nachzuweisen, daß Seckau im 12. Jahrhundert bereits gewisse jurisdiktionelle Sonderrechte erlangen konnte. In Zusammenhang damit bringt er die Formulierung in einer Urkunde des Erzbischofs Leonhard von Salzburg (14951519) - von der er leider weder Fundort noch Datum angibt - : Praeposituram Seccoviensem ante erectionem Cathedralis ecclesiae Seccoviensis . .. stetisse ac praepositum pro tempore existentem jurisdictionem in suo district», übt nunc dioecesis Seccoviensis externa est, exercuisse. Daraus folgert er, daß Seckau vor der Erhebung zum Bistum 1218, wahrscheinlich schon unter dem ersten Propst Wernher (11411196), einen Archidiakonat besaß. Daß die Belege für diesen Sdiluß äußerst dürftig sind, liegt auf der Hand. Auszuschließen ist der Gedanke eines Seckauer Archidiakonats schon zu dieser Zeit, wie die übrige Entwicklung der Archidiakonate zeigt, freilich nicht. Vielleicht erfolgte die Eximierung zur Zeit des Erzbisdiofs Eberhard I., wie bei St. Zeno-Reichenhall (SUB 2, S. 739, Nr. D 48). 415 ) S i e g w a r t in der Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 37. Die Traditionsnotiz: MB 1, S. 13, Nr. 3. 4le ) H i l l i n g , Die Halberstädter Archidiakonate, S. 59.
Archidiakonate der Salzburger Diözese
195
1. Archidiaconus galt in der Zeit des Erzbischofs Konrad I. noch nicht als Titel oder als eine dem jeweiligen Propst rechtlich gesicherte Würde, sondern nur als Auftrag. 2. Diese Auftragsgewalt wurde unter diesem Erzbischof nicht durch urkundliche Bestätigung aus dem Bereich seiner eigenen Befugnisgewalt abgesplittert, wie ζ. B. im Bistum Halberstadt, wo der Bischof Reinhard dem Propst von Kaltenborn, der seit 1120 Archidiakon war, schon weitgehende Jurisdiktionsgewalt über den Klerus seines Archidiakonates abgetreten und urkundlich bestätigt hat 417 , wodurch der Gefahr einer Verselbständigung, wie das später allgemein auftreten sollte, noch besonders Vorschub geleistet wurde; vielmehr blieb in Salzburg diese Auftragsgewalt weiterhin unter erzbischöflicher Aufsicht. Die Gültigkeit dieser Thesen bestätigt ein Blick darauf, wie und wann die Archidiakone eingesetzt wurden. 1155 schickte der Erzbischof Eberhard I. den archipresbiter Gottschalk, Propst von Baumburg, zur Schlichtung eines Streites zwischen dem Stift Au und dem Pfarrer von Grüntal 4 1 8 ; die ausdrückliche Nennung der Archidiakonswürde verrät, daß dieser Auftrag damit zusammenhing. Auch der Dompropst Hugo wurde bei einer Streitschlichtung, die er nostra auctoritate, d. h. auf Befehl des Erzbischofs, ausführte, in seiner Eigenschaft als Archidiakon erwähnt 4 1 9 . Zur Streitschlichtung, die demnach in den Aufgabenbereich des Archidiakons fiel420, war offenbar eine besondere Delegierung notwendig. Die Einberufung zum placitum durften die Archidiakone dagegen wohl selbständig vornehmen; noch 1168 wurde dabei aber betont, daß diese Uberprüfung des Klerus stellvertretend für den Erzbischof ausgeübt werde: Sane quotienscunque archidiaconus vice nostra pro debito officii sui placitum Christianitatis habere voluerit.. , 421 . Der Aufforderung des Archidiakons, zum placitum zu erscheinen, mußten alle Pfarrer dann freilich ausnahmslos Folge leisten; Ende 1168 wurde dem Pfarrer von Gstadt vorgeschrieben, genau 4 1 7 ) HUB 1, S. 113f., Nr. 147, 1 1 2 0 April 16; siehe dazu oben, Zweiter Teil, Anm. 401. 4 1 β ) SUB 2, S. 440f„ Nr. 315a. 4 1 9 ) SUB 2, S. 512, Nr. 364, 1 1 6 2 Okt. 6. 42 °) Über die Funktionen des Archidiakons allgemein H i l l i n g , Die Halberstädter Archidiakonate, S. 3 3 - 3 5 ; B r a c k m a n n , Halberstädter Domkapitel, S. 1 3 1 ; H a g e n e d e r , Gerichtsbarkeit, S. 2 4 9 ; S c h n e i d e r , Domkapitel, S. 1 9 f . ; B a r t h , Hildebert, S. 273; B u s l e y , Die Geschichte des Freisinger Domkapitels, S. 165. 4 2 1 ) SUB 2, S. 535f„ Nr. 386, 1 1 6 8 Jan. 27.
196
II. Die Grundlinien der Reform
wie alle anderen Pfarrer zum placitum des Archidiakons und Propstes von Herrenchiemsee zu kommen 422 . Auf solch einem placitum wurden Angelegenheiten behandelt, que ad salutem animarum populi eiusdem plebis pertinent*23, was dem allgemeinen Tätigkeitsfeld des Archidiakons entsprach. Die Abhängigkeit exekutiver Maßnahmen bei Streitschlichtungen von der Zustimmung des Erzbischofs also und das Betonen der Unselbständigkeit der Archidiakone treffen wir noch unter Konrads Nachfolger an. Daß er die allgemeine Klerusüberwachung durch Archidiakone niemals urkundlich fixiert übertragen und daher niemals als ständiges Recht anerkannt hat, zeigt, wie bestrebt der Erzbischof war, sich im Bereich des Archidiakonatswesens Aufsichtsrechte zu reservieren. Das entsprach der kanonischen Begründung seines Amtes und konnte so im Sinne der päpstlichen Reformforderungen seine Position stärken. Es wurde schon erwähnt, daß sich die Verhältnisse in der Diözese Salzburg in diesem Punkt etwas unterschieden von denen in der Diözese Halberstadt, wo der Einsatz der Regularkanoniker als Archidiakone unter dem Bischof Reinhard (1107-1123) noch konsequenter verfolgt wurde und die Aufsichtsgewalt in einem Fall bereits 1120 urkundlich übertragen worden war 424 . Einen anderen extremen Standpunkt nahm, was nicht überraschen kann, der Erzbischof Adalbert I. von Mainz (1110-1137) ein, dessen Politik gegen eine Mitbeteiligung von Archidiakonen an seinen Amtsgeschäften überhaupt gerichtet war, und der grundsätzlich eine „Beschränkung und Ausschaltung der Gewalt des Archidiakons" anstrebte 425 . Die Politik des Salzburger Erzbischofs schlug demzufolge sozusagen den Mittelweg ein: hier wurden die Archidiakone durchaus an der Klerusreform und an der Klerusbeaufsichtigung beteiligt, aber nur insoweit, als sie nicht in Konkurrenz zum Erzbischof treten konnten. Erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts machten sich Auflösungstendenzen in dieser Konzeption bemerkbar, als das Salzburger Domstift versuchte, die archidiakonalen Auftragspflichten zu einem souveränen Recht umzuwandeln 426 . ) SUB 2, S. 539, N r . 389, nadi 1168 N o v . 1. ) SUB 2, S. 535f., N r . 386, 1168 Jan. 27. ö 4 ) H U B 1, S. 113f., N r . 1 4 7 ; vgl. oben, Zweiter Teil, Anm. 401. 425) F a l c k , Klosterfreiheit und Klosterschutz, S. 2 9 ; das entspricht ganz der eigenkirchenherrlichen Ausrichtung seiner Diözesanpolitik. 4 2 e ) SUB 2, S. 279, N r . 194. 422
423
Hospitalwesen
5. D a s
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Hospitalwesen
Als bedeutender Bestandteil der Seelsorge ist das Hospitalwesen zu werten 427 . Im deutschen Raum sind dessen Anfänge ins 9./10. Jahrhundert zurückzuführen, als die Klöster, besonders von Cluny angeregt, ausgehend von der Benediktinerregel karitative Betätigung übernahmen 428 . Der Höhepunkt dieser Entwicklung fällt in das 12./13. Jahrhundert, und die Regularkanoniker waren maßgeblich daran beteiligt 429 . Für das Bistum Salzburg erfolgte in diesem Bereich unter dem Erzbischof Konrad I. erst der eigentliche Beginn 430 . Schon 1110 gründete er bei der St. Johannes-Kapelle in Salzburg ein Hospital und stattete es aus 431 ; 1121 errichtete er eines in Friesach 432 . Die Regularkanoniker folgten diesem Beispiel, ja man darf annehmen, daß jedes Stift darum bemüht war, ein eigenes Hospital zu erstellen. 1143 baute das Salzburger Domkapitel ein solches, wie eigens vermerkt wurde, aus eigenen Mitteln 433 , das bald Empfänger zahlreicher Schenkungen wurde 434 . In Au bestand ein Hospital um 113 5 4 3 5 , in Ranshofen seit der Stiftsgründung 436 , in Brixen unter dem Bischof Hartmann 4 3 7 , in Gurk, in Seckau438, in Reichersberg439 und in Herrenchiemsee440 bis um die Jahr-
) S c h m a l e , Kanonie, S. 44. ) Benedicti Regvla, hgg. von Η a η s 1 i k , S. 123fF., Kap. 53. Zur allgemeinen Entwicklung vgl. R e i c k e , Spital, Bd. 1, S. 6 - 1 7 ; S c h r e i b e r , Gemeinschaften, S. 3 - 8 0 : Byzantinisdies und abendländ. Hospital; S t e y n i t z , Mittelalterliche Hospitäler. 4 2 e ) Allgemein zum Hospitalwesen der Regularkanoniker R ο c c a , Ospedali e canoniche regolari; F o n s e c a , Canoniche e ospidali. 4 3 0 ) Über das Hospitalwesen in Salzburg vgl. R e i c k e , Spital, Bd. 1, S. 40. « ' ) SUB 2, S. 184f„ Nr. 117. 432 ) SUB 2, S. 190f., Nr. 121: . . . xenodothium construximus Frisach, übt advenientium pro possibilitate inopia relevaretur pauperum. 4 3 3 ) SUB 2, S. 313, Nr. 213, 1143: . . . ospitalem domum, quam ispi suis sumptibus construere decreverunt. 434 ) SUB 1, S. 641f., Nr. 113, Mitte des 12. Jahrhunderts; S. 635, Nr. 101, gleiche Zeit, und weitere: in hospitali canonicorum. 4 3 5 ) MB 1, S. 144, Nr. 43. 43β ) Ρ r i t ζ , Ranshofen, S. 375. 437 ) R e i c k e , Spital, Bd. 1, S. 57; W o l f s g r u b e r , Brixner Domkapitel, S. 58. 43e) R e i c k e , Spital, Bd. 1, S. 41. 4 3 e ) UBLOE 1, S. 323, Nr. 86. 440 ) SUB 2, S. 431, Nr. 308, 1154/57. 427
428
198
II. Die Grundlinien der Reform
hundertmitte. Meist hatte ein Regularkanoniker aus dem jeweiligen Konvent die Leitung inne 441 . Die pauperes Christi, zu denen sich die Regularkanoniker, die sich der Eigentumslosigkeit verschrieben hatten, zählten 442 , nahmen sich der Mitmenschen in ihrer physischen Armut an, der Kranken und Hungernden, wobei die Wirkung dieser ausgeweiteten Seelsorgetätigkeit im Bewußtsein der Zeitgenossen nicht unerheblich gewesen sein muß. Der König Konrad III. rühmte auf seinem Rückmarsch vom Kreuzzug 1149 die Salzburger Kirche: k ar it as tarnen et religio, quorum experimentum non parvum in ecclesia Salzburgensi accepimusii3. Demnach ist das Hospitalwesen sogar als hervorragender Beitrag zum allgemeinen reformerischen "Wirken der Salzburger Regularkanoniker zu werten.
6. Z u s a m m e n f a s s e n d e
Ubersicht
Die Reformkonzeption des Erzbischofs Konrad I. für den Salzburger Regularkanonikerverband kann nicht losgelöst von seiner Reformkonzeption für die Salzburger Diözese insgesamt betrachtet werden, denn neben der Kanonikerreform hat er immer auch die der Mönche berücksichtigt. Das wird besonders sinnfällig in der Anlage der Generalreform, in welcher der Salzburger Dompropst und der Abt von St. Peter-Salzburg neben dem von Admont eine Vorrangstellung bei den Regularkanonikern bzw. bei den Reformmönchen einnahmen. Die Reform der Kanoniker stand aber eindeutig im Vordergrund. Einen eigenen Organisationsverband in Form eines sonst im Ordo novus üblichen Generalkapitels bildeten die Salzburger Regularkanoniker nicht. Statt dessen wurde dieser ersetzt durch die Prälatenversammlung beim Erzbischof, wodurch gerade die Regularkanoniker besonders eng an ihn gebunden wurden, da der Erzbischof Konrad I. selbst die Profeß auf die vita canonica und die Augustinusregel abgelegt hatte und somit 441) Ζ. B. . . . quidam sacerdos eiusdem loci canonicus, Waltherus nomine, cum esset prouisor pauperum, U B L O E 1, S. 323, N r . 86, um 1150, Reichersberg; . . . frater Derinwicus provisor hospitalis, MB 3, S. 262, N r . 85, um 1170, Ranshofen. 4 4 2 ) Zum Umkreis des Begriffs vgl. W e r n e r , Pauperes Christi; dazu die Kritik bei J a k o b s , Die Hirsauer, S. 1 9 0 - 1 9 4 . Ferner der Kongreßbericht P o v e r t y e ricchezza; neuerdings das Sammelwerk: S t ü d e s sur l'histoire de la ρ3υνΓειέ, hgg. von Μ. Μ ο 11 a t. 4 4 S ) M G H D.K.III. 2 0 3 ; auch SUB 2, S. 390, N r . 274, 1149 Mai 21/23.
Zusammenfassende Obersicht
199
neben seiner Eigenschaft als Ordinarius auch als „Ordensoberster" auftreten konnte. Die Salzburger Regularkanoniker, die also innerhalb einer Generalreform vorrangig Förderung erhielten und ordensmäßig in enger Bindung zum Erzbischof standen, wurden nun Hauptträger der vom Erzbischof Konrad I. auf breiter Ebene durchgeführten Klerus- und Seelsorgereform. Sie übernahmen teilweise selber Pfarreien, um dort die Seelsorge auszuüben oder zu überwachen, und nach den Maximen ihrer Reformideale wurden Seelsorger unterwiesen und in „reformierte Pfarreien" eingesetzt. Schließlich übten die Pröpste einiger Regularkanonikerstifte als Archidiakone die Kontrolle über die Pfarrer in bestimmten Archidiakonatssprengeln aus. Aber auch in dieser Funktion sollten sie unter dem Erzbischof Konrad I. keine Verselbständigung entwickeln, sondern waren weitgehend der Weisung des Erzbischofs unterstellt. Wie die Kanonikerreform selbst wurde auch die Seelsorgeund Pfarreienreform systematisch vom Diözesanzentrum, dem Hochstift, aus angelegt und gesteuert.
III. W I R T S C H A F T L I C H E U N D TERRITORIALPOLITISCHE ASPEKTE 1.Bemerkungen zur wirtschaftlichen Bedeutung und zum L a n d g e w i n n der R e f o r m s t i f t e Jede Kloster- oder Stiftsgründung im 12. Jahrhundert hatte noch zur Folge, daß in einem bestimmten Bezirk Kultivierungsarbeit geleistet wurde. O f t mußte gerodet werden, Gebäude und Siedlungen wurden angelegt, Mühlen errichtet, Wege und Zugänge geschaffen444. Die meisten Reformstifte des Salzburger Verbandes waren zwar an Orten entstanden, die bereits als altes Siedlungsland gelten konnten, wie Gars, Au, Herrenchiemsee, Reichersberg, St. Zeno-Reichenhall, auch Maria Saal und Gurk in Kärnten, was darauf hindeutet, daß Rodung und Kultivierung nicht das primäre Motiv der Salzburger Kanonikerreform waren; ohne Frage aber spielten sie eine Rolle. Vor allem bei einer echten Neugründung, wie es, trotz der bestehenden Kirche, bei Seckau der Fall war, mußten die Voraussetzungen erst erarbeitet werden, wobei die Regularkanoniker von den Laienbrüdern unterstützt wurden 445 . Aber auch die anderen Stifte wurden zur Kultivierungsarbeit herangezogen. Das geht hervor aus den umfangreichen Forstschenkungen des Erzbischofs Konrad I., etwa an das Stift Au, das 1131 ein Drittel des Garserwaldes, eines Waldgebietes rechts des Inns gegenüber Gars, erhielt446, an das Stift Gars 447 oder an das Stift 444 ) Vgl. allgemein zur Klosterwirtschaft F a s t l i n g e r , D i e wirtschaftliche Bedeutung der bayerischen Klöster, S. 30fF. und S. 42ff., der auf Wirtschaftsorganisation und Landeserschließung eingeht, allerdings primär für das frühere Mittelalter. N o w a k , Soziale Wandlungen, S. 227ff., behandelt die wirtschaftlichen Neuorganisationen im Zuge der monastischen Reformbewegungen. 445 ) StUB 1, S. 269, N r . 259: mit den Regularkanonikern aus dem Salzburger D o m s t i f t zogen auch Laienbrüder mit, ebenso bei der Neugründung des Stiftes N e u stift-Brixen, w o h i n die ersten Kanoniker aus Klosterneuburg auch Konversen mitbrachten, S ρ a r b e r , Abriß der Geschichte des Chorherrenstiftes N e u s t i f t bei Brixen, S. 20f. 44e ) SUB 2, S. 223, N r . 146: . . . super altare sancte Felicitatis Howe in servicium dei omnipotentis et subsidium fratrum communem vitam ibi ducentium delegavi, deutet darauf hin, daß die Kanoniker das Waldgut nutzbar und urbar machen sollten. 447 ) D a v o n haben wir aus einem Bestätigungsprivileg des Papstes Lucius III. v o m 28. Okt. 1185 Kenntnis, der unter anderem bestätigte: . . . syluam Aichenawe, quam
Wirtschaftliche Bedeutung und Landgewinn
201
Reichersberg, dem in der Mark Pitten vom Erzbischof weite ungerodete Gebiete übertragen wurden 448 . Konrads Nachfolger, der Erzbischof Eberhard I., übergab an Bischofshofen in einem Tauschgeschäft zwei Neubrüche 449 . Daß Kultivierungsarbeit im Anschluß an diese Ubertragungen erwartet wurde, wird bestätigt durch Schenkungen der Novalzehnten für diese Gebiete, wie das im Falle Reichersbergs für das Jahr 1144450 bekannt ist. Die wirtschaftliche Kapazität der Stifte wuchs aber nicht nur durch eigene Landeserschließung, sondern vor allem durch zahlreiche Schenkungen meist schon erschlossener Landgüter, sowohl vom Erzbischof wie auch von Laien, wovon die Traditionsbücher der Stifte, die noch zahlreich erhalten sind451, beredtes Zeugnis ablegen. Richard van Dülmen452 hat die Besitzgeschichte von Baumburg erarbeitet 453 , also eines päpstlichen „Eigenstiftes", das vom Erzbischof nicht dotiert wurde und seinen Besitz in der Hauptsache weltlichen Donatoren zu verdanken hatte - weshalb sich an diesem Beispiel der Landgewinn, den ein Stift auf diese Weise erzielen konnte, besonders gut ablesen läßt. Für die Zeit um 1200, also nach ungefähr hundertjährigem Bestehen, sind auf Grund der Traditionsnotizen zu errechnen454: 6 14 1 44 30 21 17 196
curiae villicales, curiae (curtes) curia dimidia, mansi, dimidii mansi, Weinberge, Mühlen, predia.
Conradus Archiepiscopus senior ecclesie uestre contulit, MB 1, S. 62, Nr. 4; GP 1, S. 80, Nr. 2. 448 ) Dazu C l a s s e n , Gerhodi, S. 72f.; M i t t e r , Die Reidiersberger Chorherren in der Pittener Waldmark. "·) SUB 2, S. 450, Nr. 324, 1156 April 16. 450 ) SUB 2, S. 331 f., Nr. 230. 451 ) Die meisten davon sind gedruckt in den Bänden der MB und des UBLOE, vereinzelt in Neueditionen wie für Dießen ( T r a d . Dießen, hgg. von S c h l ö g l ) oder für Neustift-Brixen ( L i b e r testamentorum Neustift, hgg. von S c h r o t t ; T r a d . Neustift, hgg. von W a g n e r , FRA 11,76). Die Drucke in den MB bedürfen einer Neuausgabe. 452 ) V a n D ü l m e n , Baumburg. 458) Wichtige Vorarbeiten wurden geleistet von D ο 11 i η g e r , Involution des classes rurales, und d e r s., Les transformations. 454 ) Vgl. v a n D ü l m e n , Baumburg, S. 36.
202
III. Wirtschaftliche und territorialpolitische Aspekte
Dieser Umfang entspricht zwar noch nicht einmal dem tatsächlichen Stand dieser Zeit, weil damit zu rechnen ist, daß nicht alle Traditionen durch Notizen überliefert sind, aber schon dieser Besitz umfaßte eine Fläche von annähernd 4000 Hektar 4 5 5 . Rein quantitativ wurde damit ein beträchtliches Gebiet kontrolliert. In qualitativer Hinsicht sind vor allem die Mühlen nicht zu unterschätzen, die mit geringem Aufwand einen großen Gewinn einbrachten 456 . D a Baumburg zu den mittelgroßen Stiften zu zählen ist 457 , kann sein Besitz als Durchschnittsgröße auch für die Stifte des Salzburger Reformverbandes gelten 458 . Eine Stiftsgründung oder -erneuerung bedeutete infolgedessen in der Regel eine enorme Vergrößerung der wirtschaftlichen Kapazität und, wenn wir uns an die neue Verfassungskonzeption erinnern, für den Salzburger Kirchensprengel eine beträchtliche Vermehrung des Bistumsgutes.
2. R ü c k s c h l ü s s e a u f d i e T e r r i t o r i a l p o l i t i k d e s E r z b i s c h o f s K o n r a d I. Die geschilderte Konzeption des Salzburger Reformverbandes in Verbindung mit der verfassungsrechtlichen Neuordnung und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung der Stifte ermöglicht es nun, in vollem Umfang das Bezugssystem zwischen dem Erzbischof und den Reformstiften und die daraus entstehende Herrschaftsstellung des Erzbischofs zu überblicken. Durch Abschichtung von bischöflichem ) Zur Berechnung waren folgende Flächenwerte zu berücksichtigen: 1 mansus entspricht circa 34/35 Tagewerk, also umgerechnet circa 11/12 Hektar. Die Bezeichnung h ub α , die bei Traditionen ebenfalls verwendet wurde, ist nur die volkstümliche Form für mansus, wie eine Urkunde vom 12. Sept. 1158 bestätigt: . . . a singulis monasterii mansis, qui vulgo appellantur höbe . . . (SUB 2, S. 464, N r . 333). Eine curia war von sehr unterschiedlicher Größe, auf alle Fälle aber beträchtlich größer als ein mansus. Weinberge schließlich sind mit 1 bis 4 Tagewerk zu veranschlagen, Mühlen hatten gewöhnlich kaum ein dazugehörendes Land. Vgl. v a n D ü l m e n , Baumburg, S. 37ff. 4 5 e ) Vgl. v a n D ü l m e n , Baumburg, S. 38. 4 6 7 ) Ebd., S. 30. 4 5 8 ) Das wird bestätigt durch den Besitzstand des Stiftes Dießen, das nach der Aufstellung von S c h l ö g l in T r a d . Dießen, Teil 2, S. 3 - 9 , in der Mitte des 13. Jahrhunderts ungefähr 5000 Hektar besaß. Ähnlich verhält es sich bei NeustiftBrixen, dessen Besitzstand bei I n n e r h o f e r , Die Grundherrschaft, S. 27, für circa 1278 mit 372 curie angegeben wird, was auf einen Besitz von weit mehr als 4000 Hektar hinweist. Zum Besitzstand von Weyarn vgl. Ν u s s e r , Weyarn. 455
Rückschlüsse auf die Territorialpolitik Konrads I.
203
Dominikalgut, durch Laienstiftungen und durch eine Vielzahl von bischöflichen und laikalen Schenkungen waren Sondervermögen in Form von Reformstiftgründungen entstanden, die sich, auch durch Kultivierungsarbeit der Regularkanoniker, rasch vergrößerten. Die unmittelbare Verfügungsgewalt darüber hatte der Erzbischof in den meisten Fällen aufgegeben und überdies durch Privilegierungen, die durch den Papst unterstützt wurden, auch für Dritte, seine Nachfolger miteingeschlossen, unterbunden. Diese Sondervermögen bildeten also Schutzbereiche und gesicherte Träger von Teilen des diözesanen Kirchengutes, das dazu ständig vermehrt wurde. Die eigenkirchenherrlichen Bindungen wurden weitgehend aufgegeben. Auf anderem Wege, durch die Schutzherrschaft, durch das Klosterschutzrecht und durch die konsequente Anwendung seiner bischöflichen Autorität, gelang es dem Erzbischof dennoch, seinen Einfluß auf diese Diözesanteile geltend zu machen und sie zu kontrollieren. Eine zusätzliche Komponente, wodurch das Bezugssystem in der Salzburger Diözese während dieser Zeit ganz besonders gekennzeichnet ist, stellt sich in der Reformkonzeption dar. Durch die spezifische Art und Anlage der Reformdurchführung, die sich nur auf die Mittel der diözesanen Institutionen und Organisationseinrichtungen stützte, wurde die Bindung der Mönche, vor allem aber der Regularkanoniker und mit ihnen weiter Kreise des Klerus an den Erzbischof erheblich verstärkt; seine Stellung als zentraler Bezugspunkt erlaubte ihm auch hier optimale Kontrollbefugnisse. Mit diesem Gesamtsystem konnte es dem Erzbischof gelingen, gemeinsam mit der Reformdurchführung eine Sicherung des diözesanen Kirchengutes anzustreben bei gleichzeitig ausgeprägter erzbischöflicher Präsenz und Vorrangstellung. Die Wirksamkeit dieses Bindungsspektrums verdeutlichen einige Beispiele. Das Recht des Domstifts, in den zwei Salzburger Außenstiften Weyarn und Suben die Propstwahl zu kontrollieren, ist nicht so sehr als Festigung der Bindung im eigenkirchenherrlichen Sinn zu verstehen, sondern eher als Sicherung der Observanzbefolgung mit eigenkirchenherrlich gefärbten Mitteln. Dadurch konnte der Einfluß des Salzburger Erzbischofs neben seiner Schutzhoheit auf dem Wege der gemeinsamen Observanz gewährleistet werden. Noch deutlicher kommt das bei Klosterneuburg zum Ausdruck. Allein durch das Band der Observanz gelang es hier dem Erzbischof, die Kirchenpolitik des Markgrafen Leopold III. wieder in kanonische Bahnen zu lenken, als sich dieser durch die Haltung des Reformpropstes Hartmann von Kloster-
204
I I I . Wirtschaftliche und territorialpolitisdie A s p e k t e
neuburg veranlaßt sah, die Rechte des Passauer Ordinarius zu respektieren 459 . Gegenüber dem Außenstift Reichersberg konnte dagegen die Beziehung zu Salzburg neben Schutz- und Observanzbindung besonders effektiv gestaltet werden, indem die bischöfliche Amtsautorität des Salzburger Erzbischofs vergrößert wurde. Auf Intervention des Erzbischofs Konrad I. hin erhielt das Stift 1142 durch päpstliches Privileg das Recht, zu jeder Zeit die Sakramente und Weihen vom Salzburger Erzbischof zu empfangen 460 , womit die Rechte des zuständigen Ordinarius, des Passauer Bischofs, sogar in unkanonischer Weise übergangen wurden. Durch Kombination von Observanzbindung und bischöflicher Amtsautorität schließlich war es Konrad I. sogar bis zu einem hohen Grad möglich, die päpstlichen „Eigenstifte" Baumburg und Berchtesgaden, die in seiner Diözese lagen, seinem Einfluß zu öffnen. Die Reform-Politik des Erzbischofs Konrad I. erscheint nach diesen Überlegungen in einem neuen Licht. Seine Abschichtungspraxis konnte zwar durchaus als distractio erscheinen, letztlich hatte sie aber, infolge der Gesamtanlage der Diözesanpolitik Konrads, nicht diese Konsequenz für ihn. Sie stellte keine Verminderung der res episcopales dar, sondern sogar eine Vermehrung, wie schon Gerhoch von Reichersberg 1137 anläßlith erzbischöflicher Schenkungen an das Stift Reichersberg erkannte 461 . Die Regularkanonikerbewegung in der Salzburger Diözese ist in dieser Sicht eingebettet in den Versuch, die Ausbreitung der bischöflichen Einflußzone in den Grenzen der Kirchenreform und mit Hilfe der Kirchenreform voranzutreiben, eines durch das andere zu sichern und zu stärken, was zweifellos gelungen ist. In Anbetracht der Bemühungen der geistlichen Fürsten bereits zu dieser Zeit, so wie die weltlichen Fürsten Territorialpolitik zu betreiben, können wir auch in der beschriebenen Bistumspolitik Konrads I. eine spezifische Form der episkopalen Territorialpolitik sehen. Sie war für die Zukunft jedoch nicht tragfähig, da, wie wir sehen werden, in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts Tendenzen zur Verselbständigung der Institutionen und zur Absplitterung bischöflicher Rechtskompetenzen dominieren sollten. Dadurch mußte die bischöfliche Macht- und Schutzstellung erhebliche Einbußen hinnehmen. Die zahlreichen bischöflichen Stifte und Klöster haben infolgedessen für die "») "·) sen, 4β1)
V g l . oben, S. 80f. mit A n m . 476. G P 1, S. 192, N r . 8, 1142 J a n . 8 ; U B L O E 2, S. 196£f., N r . 132. V g l . G e r h o d i , S. 338, R e g e s t N r . 24. S U B 2, S. 260, N r . 176.
Clas-
Rückschlüsse auf die Territorialpolitik Konrads I.
205
spätere „Hoheitsentwicklung des Erzstiftes keinerlei Bedeutung gehabt" 462 . Nur dort, wo Forsthoheit, grundherrschaftliche Rechte und vor allem Vogteirechte in der Hand des Erzbischofs blieben, konnte im 13. Jahrhundert eine erzbischöfliche Landeshoheit erzielt werden 463 . In der Tat versuchte der Erzbischof Eberhard II. (1200-1246), erledigte Yogteien wieder an sich zu ziehen und nicht mehr auszugeben. In seinen Tagen, so bemerkte er einmal, habe auch die Salzburger Kirche aufgehört, Vögte zu besitzen. So behielt er sich, nachdem er vorher schon die Vogtei über Au wieder in die Hand hatte bekommen können 464 , die Hochstiftsvogtei und die Vogtei über Reichersberg vor 465 , ebenso die des Domstifts 466 und des Klosters Seeon467. Die zweite Salzburger Kanonikerreform, unter diesem Erzbischof, war bereits eine reine Ordensreform, mit einem Generalkapitel organisiert 468 und über die Diözesangrenzen hinweg auf die Kirchenprovinz ausgedehnt.
4β2 ) K l e b e l , Eigenklosterredite und Vogteien, S. 185. Vgl. audi M e z l e r A n d e l b e r g , Die rechtlichen Beziehungen des Klosters Admont, S. 39. 483) v g i . Β r u n η e r , Land und Herrschaft, S. 224; T h . M a y e r , Fürsten und Staat, S. 269. Β ο s 1, Forsthoheit, hat am Beispiel Berchtesgaden aufgezeigt, daß die Grundlagen für die spätere Landeshoheit durch die Gewährung der Forsthoheit, des Bergbauregals und der freien Vogtwahl mit dem Diplom Barbarossas in entscheidender Weise vorgegeben worden sind (Stumpf 3742; MB 29,1, S. 321ff., Nr. 490, 1156 Juni 13); vgl. dazu T h . M a y e r , Analekten, S. lOOff.; jetzt auch F e l d b a u e r , Herrenstand, S. 189ff., und d e r s . , Herren und Ritter, S. 168fF. 4M ) B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 198. 4β5 ) SUB 3, S. 332-334, Nr. 805, 1225 Dez. 30. 4iS ) SUB 3, S. 374f., Nr. 838, 1229 April 26. 4 « ) SUB 3, S. 375f., Nr. 839, 1229 April 26. 4i8 ) Zu dieser zweiten Kanonikerreform: M e e r s s e m a n , Reform.
IV. E N T W I C K L U N G U N D B E D E U T U N G D E S SALZBURGER REGULARKANONIKERVERBANDES IN DER ZWEITEN HÄLFTE DES 12. J A H R H U N D E R T S
1. D i e
allgemeinen
äußeren
Umstände
Um die Mitte des 12. Jahrhunderts war die Aufbauphase sowohl des Kanonikerreformverbandes wie auch des Reformkreises - die expansive Phase - vorüber. Zum Verband selbst kam in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nur mehr Vorau hinzu, wobei die rechtliche Situation aber bereits verändert war; dem Kreis der Observanz schlossen sich S. Maria in Au und Eberndorf an. Schon das deutet darauf hin, daß die Kraft der Bewegung nachgelassen hatte. Die Geschichte des Verbandes in der zweiten Jahrhunderthälfte führt aber noch weiter: schon 25 Jahre nach dem Tod des Erzbischofs Konrad I. war sein Werk weitgehend wieder zunichte gemacht worden. Zunächst einmal sind die Ursachen in der allgemeinen Entwicklung während dieser Zeit zu suchen. Peter Classen skizziert in seiner Gerhoch-Biographie die Ablösung der alten durch eine neue Generation im sechsten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts 469 , ein Vorgang, der reduzierbar ist auf damit verbundene Tendenzen hin zu gesteigerter wissenschaftlicher Arbeit, nüchterner Politik, Judifizierung und Kommerzialisierung. Die Geschichtstheologie, die gerade im salzburgischen Raum in Gerhoch von Reichersberg einen markanten Vertreter besaß, mußte immer mehr dem scholastischen Denken weichen 470 . In den salzburgischen und bayerischen Regularkanoniker-Stiften setzte sich seit circa 1160 die Scholastik durch, dort, wo eine intensive Beschäftigung mit der theologischen Argumentation des Gegners ihre Verbreitung gefördert hatte 4 7 1 . 1163 standen die Reichersberger, angeführt von Ger) C l a s s e n , Gerhodi, S. 1 5 0 - 1 5 9 . °) Dazu B e r n a r d s , Gesdiichtsperiodisches Denken; B a u e r , Die mittelalterlichen Grundlagen des hist. Denkens, bes. S. 27f. 4 7 1 ) Zum geistigen Hintergrund des 12. Jahrhunderts S p ö r l , Grundformen; speziell für Österreich und Bayern C l a s s e n , Zur Geschichte der Frühsdiolastik in österreidi und Bayern. 4β9 47
Die allgemeinen äußeren Umstände
207
hodi, bereits allein im Kampf gegen die neuen Lehren472. Es machte sich dabei natürlich bemerkbar, daß von der „Gründergeneration" nur mehr einige große Vertreter am Leben waren: mit Gerhoch (gest. 1169), Arno (gest. 1175), Hartmann von Brixen (gest. 1164), Roman von Gurk (gest. 1167) und Marquard von Klosterneuburg (gest. 1167) sind sie bereits genannt. Audi das Papsttum sah in Hadrian IV. (1154-1159) den letzten Regularkanoniker auf dem Stuhl Petri - er war Abt von S. Ruf gewesen - , doch bereits er setzte nicht mehr die Linie des großen Regularkanoniker-Papstes Innocenz II. (1130-1143) fort 473 , sondern enttäuschte mit seiner nüchternen, diplomatischen Politik die H o f f nungen der „alten Generation", wie beispielsweise Gerhochs von Reichersberg474. Die aufblühende Rechtswissenschaft, von Bologna ausgehend und auf kanonischem Gebiet in Gratian ihren Exponenten besitzend, begann die Basis der Rechtsbeziehungen umzugestalten, als sie diese objektivierte und auf verbindliche Grundsätze bradite. Das stärkte die Rechtssubjektivität der einzelnen klösterlichen und stiftlichen Institutionen und förderte Unabhängigkeitstendenzen. Geld und Wirtschaft schließlich als in den Vordergrund tretende Machtfaktoren beeinflußten audi die Einstellung der Kirche und insbesondere der Klöster und Stifte zu ihren Besitzungen. Auf die veränderte Haltung der Stifte zum Erwerb und Besitz von Kirchen wurde bereits hingewiesen; Besitz und wirtschaftliche Verfügungsgewalt setzten neue Schwerpunkte im Streben der Kanoniker. Gerhoch von Reichersberg sdion erkannte diese Entwicklung und prangerte sie an: die durdi Schenkung, Rodung und Landesausbau reich gewordenen Kirchen seien zum „begehrten Objekt" klösterlicher und stiftlicher Erwerbspolitik geworden, die Seelsorge dagegen werde immer mehr auf die zweite Stelle verdrängt 475 . So lassen die allgemeinen Entwicklungsströmungen bereits erkennen, daß der Salzburger Regularkanonikerverband tiefgreifenden Umwälzungen ausgesetzt war. Dazu kam noch die besondere politische Situation der Salzburger Kirche im päpstlichen Schisma seit der Doppelwahl von 1159, da sich die Salzburger Diözese als Parteigängerin Alexan472
) C l a s s e n , Zur Geschichte der Frühscholastik, S. 271. ) Regularkanoniker waren audi die Päpste Honorius II. (1124-1130) und Lucius II. (1144-1145) gewesen. Zur Bedeutung der Regularkanoniker-Päpste vgl. K e m p f , Kanonistik und kuriale Politik, S. 15fT.; S c h m a l e , Studien zum Schisma des Jahres 1130; knappe Hinweise gibt D e r e i η e , Chanoines, Sp. 400. 474 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 156. 475 ) Vgl. ebd., S. 176. 473
208
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
ders III. in der Folgezeit den ärgsten Anfeindungen und Nachstellungen durch den Kaiser und seine Anhänger ausgesetzt sah. Auch diese Belastungsprobe mußte den Charakter des Verbandes verändern; sie machte aber auf der anderen Seite offenkundig, welche bedeutende Rolle die Regularkanoniker in diesen großen politischen Auseinandersetzungen zu übernehmen wußten.
2. D i e Z e i t
des S c h i s m a s
von
1159
Bereits im Schisma von 1130 erlangten die Regularkanoniker große Bedeutung: überall, wo sich der Regularklerus durchgesetzt hatte, wurde der Papst Innocenz II. anerkannt. Nicht die Benediktinermönche trugen zur Entscheidung bei, sondern die Regularkanoniker 476 . Diese Feststellung bezieht sich auf die Gesamtheit der Regularkanoniker. Eine analoge Untersuchung zum Schisma von 1159 liegt noch nicht vor. Doch zeichnet sich bereits durch das Ergebnis der Arbeiten von Jakob Mois 477 und jetzt vor allem von Karlotto Bogumil 478 ab, daß auch bei diesem Schisma den Regularkanonikern eine gewichtige Rolle zukam. In dem Propst Otto von Rottenbuch (um 1147-1183) stellten sie einen einflußreichen Vertreter der antikaiserlichen Bewegung, und in der Diözese Halberstadt waren sie es, die als geschlossener Block, zeitweise sogar in Widerspruch zu ihrem Bisdiof, die Sadie Alexanders III. gegen den kaiserlichen Papst Victor IV. und seinen Einfluß in der Diözese verteidigten. Dasselbe ist, wie sich zeigen wird, für die Salzburger Regularkanoniker zu sagen, welche die Partei Alexanders III. ergriffen, des Papstes, der nach Jahren heftiger Kämpfe und Auseinandersetzungen mit dem Kaiser und seinen Parteigängern 1177 als rechtmäßiger Papst schließlich allgemein Anerkennung finden konnte. Hatte die antikaiserlidie Stellungnahme der Salzburger Erzbischöfe seit Gebhard und Konrad I. bereits Tradition, so war sie für Eberhard I. (1147-1164) und Konrad II. (1164-1168) doch nur möglich gewesen wegen der festen Einigkeit des Salzburger Kirchensprengels auf der Grundlage des von Konrad I. geschaffenen Verbandes. 47 ·) Zur Rolle der Regularkanoniker im Schisma von 1130 vgl. Studien zum Schisma des Jahres 1130, S. 139f., 270ff. u. ö. 477 ) M o i s , Rottenbuch, S. 308ff. 47β ) B o g u m i l , Halberstadt, S. 240 und 244.
Schmale,
Die Zeit des Schismas von 1159
209
Unter Eberhard I. und Konrad II. erlebte der Salzburger Verband, von außen bedrängt und dadurch innerlich noch mehr gestärkt, einen neuen und gleichzeitig letzten Höhepunkt. Ihm folgte in einer anschließenden zweiten Phase zu Beginn der Amtszeit des Erzbischofs Adalbert III. (1168-1177 und 1183-1200) der absolute Zusammenbruch, als der gegnerische Druck übermächtig wurde und schon länger angelegte innere Spannungen zum Durchbruch kamen. Nicht daß wir darin den einzigen Grund für den Niedergang des Salzburger Verbandes sehen möchten - Ursachen, die in einer allgemeineren Entwicklung zu suchen sind, wurden schon erwähnt, andere kommen noch zur Sprache - , aber die Wirren des Schismas beschleunigten wie ein Katalysator den Prozeß in spektakulärer Weise, weshalb diese Ereignisse in unserem Zusammenhang vorangestellt werden 479 . In Salzburg selbst wurde über die Geschehnisse, die für die Geschichte der Diözese eine einschneidende Epoche darstellen, von einem Zeitgenossen eine Schrift verfaßt, die Historia calamitatum ecclesie Salzburgensis, dem Erzbischof Adalbert III. gewidmet, geschrieben, wie Alois Sieberer meint, von einem Domkanoniker Heinrich 480 . 47e ) Zur Geschichte Salzburgs in der Zeit des Schismas von 1159 vgl. W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg zu Kirche und Reich unter Kaiser Friedrich I. bis zum Frieden von Venedig; W i d m a n n , Geschichte Salzburgs, Bd. 1, S. 273f.; C l a s s e n , Gerhoch, S. 273-306. 480 ) Gedruckt PL 196, Sp. 1539-1552. Diese Schrift entstand um 1170, zumindest vor 1174, da der Gegenerzbischof Heinrich noch nicht erwähnt ist, der Erzbischof Adalbert III. aber als von seinem Bischofssitz abwesend bezeichnet wird. S i e b e r e r , Über den Verfasser, hat mit guten Gründen im Verfasser einen Salzburger Domherren Heinrich gesehen, der mit dem Erzbischof Konrad I. in enger Beziehung stand, zuerst Kaplan und nach der Mitte des 12. Jahrhunderts Archidiakon im südlichen Kärnten war. Sieberer meint, derselbe Heinrich habe auch die Vita Chunradi verfaßt. Dennoch ist der Beweis, daß mit dem Verfassernamen Heinrich, der wohl feststeht, dieser besagte Salzburger Domherr zu identifizieren ist, nicht mit letzter Gewißheit zu führen. Möglicherweise handelt es sich auch um den Propst Heinrich von Gars, der, wie der Verfasser der Historia calamitatum, einen Ardiidiakonat zu betreuen hatte. Er wurde 1169/70 vom kaiserlich gesinnten Egelolf verdrängt. Die Gesinnungsrechtfertigung gegenüber dem Erzbischof Adalbert III., die in der Historia calamitatum zum Ausdruck kommt, mag dann wegen seiner allzu leichtfertigen Amtspreisgabe, die den Verdacht Adalberts oder dessen Unwillen erweckt haben könnte, notwendig geworden sein. Heinrichs Ausführungen über den schlechten Klerus in seinem Archidiakonat in der Historia calamitatum: . .. meque contempto in archidiaconatu meo missam cantant . . . (Sp. 1552), wären dann in Zusammenhang zu bringen mit einem Mandat des Papstes Alexander III. vom 15. Juni 1171/72 an den Klerus des Garser Archidiakonats, in dem dazu aufgefordert wurde, dem Heinrich wieder zu gehorchen (GP 1, S. 80, Nr. 1). Zur Verfasserfrage vgl. auch L h ο t s k y , Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte Österreichs, S. 217.
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
E m p h a t i s c h v e r k ü n d e t e d e r V e r f a s s e r z u r S i t u a t i o n in d e r ersten Z e i t des Schismas: Totum clesia Salzburgensis tiam Alexandro
occidentem immunis
pape
error
schismatis
ab hac pestilentia
intrepide
servavit,
occupavit:
permansit,
sola matrem
sola
sola
suam
Ec-
obedienRomanam
recognovit . 481
S a l z b u r g h a t t e sich f r ü h z e i t i g u n t e r d e r F ü h r u n g des E r z b i s c h o f s E b e r h a r d I. d e m P a p s t A l e x a n d e r I I I . angeschlossen482, w a s
anfangs
freilich n o c h k e i n e E x i s t e n z f r a g e f ü r die S a l z b u r g e r K i r c h e d a r s t e l l t e , w i e w o h l das A u s s c h e r e n S a l z b u r g s f ü r die s y s t e m a t i s c h
vorbereitete
Politik Barbarossas v o n Beginn an zu einem P r o b l e m w u r d e 4 8 3 . E b e r h a r d I . a b e r stellte f ü r d e n K a i s e r g e w i s s e r m a ß e n eine i n t e g r e P e r s o n d a r ; dieser selbst h a t t e sich ö f t e r u m R a t a n ihn g e w a n d t 4 8 4 u n d v e r suchte n u n
erst
einmal,
dem
Erzbischof
seine E n t s c h e i d u n g
gegen
A l e x a n d e r I I I . u n d sein V e r h a l t e n a u f d e m K o n z i l v o n P a v i a plausibel z u m a c h e n
485
. A l l e r d i n g s schrieb schon 1 1 6 1 d e r B i s c h o f E b e r -
h a r d v o n B a m b e r g a n den E r z b i s c h o f E b e r h a r d I . v o n S a l z b u r g : principis, serat..
quae
1160
adversus
vos
et ecclesiam
vestram
vehementer
Ira exar-
, 4 8 6 , w o m i t a n g e d e u t e t ist, d a ß K l e r u s u n d E r z b i s c h o f v o n S a l z -
) PL 196, Sp. 1541. ) Zu Eberhards frühzeitiger Entscheidung vgl. W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. 19f.; zu Eberhard I. allgemein: G r u b e r , Eberhard I.; K a r n e r , Eberhard I.; R . J o r d a n , Die Stellung des deutschen Episkopats, S. 85f.; G r i l l , Eberhard I.; zur Wahl: H o f m e i s t e r , Zur Erhebung Eberhards I. auf den Salzburger Erzstuhl 1147. Eberhard war vorher Abt des neugegründeten Reformklosters Biburg gewesen. 4 8 3 ) Zur Politik des Kaisers Friedrich I. im Schisma von 1159 vgl. Engels, Die Staufer, S. 69-79. Engels zeigt u. a., daß der Kaiser von Anfang an gezielt Viktor IV., den Kontrahenten des Papstes Alexander III., gefördert hat und seine nach außen getragene Schiedsriditerrolle nur taktisches Verhalten war. 4 8 4 ) Das geradezu freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Kaiser und dem Erzbischof vor dem Schisma skizziert die Empfehlung Barbarossas für seine UngarnGesandten an den Erzbischof: Quos tue dilectioni et honestati attentius commendatnus, plurimum exorantes, quatinus eos pro nostro honore et amore honorabiliter suscipias, et necessaria eis ministrando securum conductum per terram tuam eis prouideas et exhibeas, R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 1, hgg. von S u d e n d o r f , S. 61, Nr. 21, 1158. Vgl. audi C l a s s e n , Gerhoch, S. 274. 4 8 5 ) Vgl. E n g e l s , Die Staufer, S. 70, der die Rolle Friedrichs I. auf dem Konzil in ein neues Licht rückt. Tatsächlich scheint man in Salzburg das politische Taktieren des Kaisers etwas unterschätzt zu haben, da Eberhard am 30. März 1162 mit dem Bischof Hartmann von Brixen und mit dem Propst Gerhoch von Reichersberg es auf Bitten Alexanders I I I . versuchte, den Kaiser zur Anerkennung Alexanders zu veranlassen, V e t e r a m o n u m e n t a contra schismaticos, hgg. von T e n g n a g e l , S. 393, Nr. 38. 48e) V e t e r a m o n u m e n t a contra schismaticos, hgg. von T e n g n a g e l , S. 404, Nr. 50. 481
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Die Zeit des Schismas von 1159
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bürg bereits zu dieser Zeit als „Gegner-Block" betrachtet wurden. Tatsächlich hatte sich der Klerus der gesamten Diözese hinter den Ordinarius gestellt - wenn von Klerus die Rede ist, so ist in der Salzburger Diözese nun in erster Linie der regulierte Klerus, also der Regularkanonikerverband angesprochen - , wenn auch mitunter erst nach längerem Ringen um die Wahrheit, wie der Propst Gerhoch von Reifersberg, der erst 1163 öffentlich für Alexander Partei ergriff 487 . Uberhaupt hatte das Schisma nur allmählich die inneren Vorgänge in der Diözese Salzburg bestimmt. Noch im Herbst 1162 wurde der Münsteurer Tausch für Reichersberg488 in der Weise beendet, daß Gerhoch den Herzog Heinrich den Löwen, einen erklärten Parteigänger des kaiserlichen Gegenpapstes Viktor IV. 4 8 9 , zum Vogt dieses Besitzes erwählte, und der Alexandriner-Erzbischof Eberhard I. darüber hinaus sogar das erzbischöfliche Eigenschutzstift Reichersberg dem Schutz des Herzogs anvertraute 490 . Vom 4. April 1162 ist auch noch ein Schutzdiplom Barbarossas für Reichersberg überliefert 491 . Als Eberhard I. am 22. Juni 1164 starb, hatte sich die Situation für den Salzburger Klerus im Vergleich zu den Zeiten Konrads I. immerhin schon sehr gewandelt: zusammen mit dem Erzbischof hatte man Stellung in der großen Politik bezogen, deren Konsequenzen noch gar nicht abzusehen waren 492 . Nach dem Tod des Erzbischofs lag nun 487 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 213f.; audi von den Suffraganen des Salzburger Erzbistums hatten sich nur die Bischöfe Konrad von Passau und Hartwig von Regensburg auf dem vom Kaiser beherrschten Konzil 1160 in Pavia eingefunden, aber später den Vorbehalt einer Prüfung vorgebracht; Hartwig hatte sidi allerdings dann ganz für Viktor IV. entschieden. C l a s s e n , Gerhoch, S. 202f., gibt eine Aufstellung der Parteienverteilung in der Salzburger Kirchenprovinz. 488 ) Ausführlich darüber C l a s s e n , Der Prozeß um Münsteuer. 4 8 ') K . J o r d a n , Heinrich der Löwe, bes. S. 228. 49 °) SUB 2, S. 504f., Nr. 360. - Eine andere interessante Tatsache ist, daß der Erzbischof 1162 und 1163 Güter an Admont und Seckau verpfänden mußte wegen der Geldsummen, die er sich für seine zahlreichen Reisen, die in der Zeit des Schismas notwendig geworden waren, geliehen hatte (SUB 2, S. 517-519, Nr. 369371; zur Datierung der Urk. Nr. 371 vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 378, Nr. 107). Das ist ein weiterer Beleg dafür, daß der Erzbischof keinerlei Verfügungsgewalt mehr über Güter oder Einkünfte der abgeschichteten Institutionen besaß. 491 ) Stumpf 3935; C l a s s e n , Gerhoch, S. 379, Reg. Nr. 109. 492 ) Das Brieffragment des Propstes Gerhoch an den Erzbischof Eberhard I. (ed. C l a s s e n in: Gerhohi praepositi Reichersbergensis opera inedita, Bd. 1, S. 376f., Nr. 3) drückt in den wenigen erhaltenen Worten am ehesten die gefährdete Lage der Salzburger Diözese kurz vor Eberhards Tod aus: In litteris quas conventus prepositorum destinavit ad dominum papam neque petitiones nostras exprimere neque consilia suggerere ausi fuimus pericula tarnen ... Der conventus prepositorum
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
plötzlich eine große Verantwortung auf der Salzburger Geistlichkeit, repräsentiert vom Domkapitel, dem gemäß der allgemeinen Entwicklung die Bischofswahl in immer größerem Maße zukam 493 . Es war entscheidend für die weitere Gesamtentwicklung der Diözese, wen man zum Nachfolger Eberhards I. erwählen würde. Die Historia calamitatum gibt die Stimmung wieder, in der man sich befand: man war fest dazu entschlossen, die unter Eberhard bezogene Stellung zu verteidigen und, da qui majores videbantur in eadem Ecclesia befürchteten, der Kaiser könnte ihnen einen andersdenkenden Erzbischof aufzwingen, wählten sie in großer Hast einen Mann ihrer Richtung, den Bischof Konrad von Passau, von dem sie erwarteten, daß er ihre politische Position vertreten und dennoch gleichzeitig, als Verwandter des Kaisers, eine ausgleichende Wirkung diesem gegenüber erzielen könnte 494 . Zwar hatte Konrad einst auf dem vom Kaiser bestimmten Konzil 1160 in Pavia den Gegenpapst Viktor IV. anerkannt, dann aber seinen Vorbehalt vorgebracht und sich heimlich der Partei Alexanders angeschlossen. Die Historia calamitatum berichtet entsprechend: Quia mox ut electus est, et Salzburgensem Ecclesiam intravit, qui prius occultus erat propter metum Judeorum, nude communioni consensit Alexandri pape, et sub eo canonicorum cunctorumque prelatorum obedientiam suscepiti9s. Doch hatte sich der Salzburger Klerus vorher abgesichert und die Wahl von einem offenen Bekenntnis des war somit die politische Organisationsform, mit der die Regularkanonikerpröpste geschlossen neben dem Erzbisdiof als Interessensvertreter der Diözese auftraten und sich laut Zitat an den Papst wandten. Zu diesem Brieffragment vgl. auch C l a s s e n , Gerhoch, S. 378f., N r . 108. 4M ) F e i n e , Kirchliche Rechtsgeschichte, S. 380: entsprechend dem Kardinalskollegium bei der Papstwahl erlangten die Domkapitel im Laufe des 12. Jahrhunderts das Recht der Bischofswahl; vgl. Β u s 1 e y , Die Geschichte des Freisinger Domkapitels, S. 159 und 161, für Freising: nadi Otto von Freising, bei dessen Wahl noch sein Halbbruder Konrad III. entscheidend mitgewirkt haben wird, wurden die Bischöfe bis ins 14. Jahrhundert ausschließlich vom Domkapitel gewählt, dann schaltete sich das Papsttum ein. Das zweite Lateranense von 1139 erkannte im Kanon 28 bereits an, „daß die Hauptfunktion bei der Wahl in die Hände des Domkapitels gelegt ist". Grundlegend dazu jetzt G a n z e r , Zur Beschränkung der Bischofswahl (Zitat ebd., Teil 1, S. 30). Über die Verhältnisse in Deutschland gegen Ende des 12. Jahrhunderts vgl. audi Ρ f a f f , Die deutschen Domkapitel. 494 ) PL 196, Sp. 1541f. Zu Konrad II. von Salzburg: W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. 59-80 u. ö.; W i d m a η η , Geschichte Salzburgs, Bd. 1, S. 267-272; eine ältere Biographie von L ü p k e s , Konrad, Bischof von Passau, Erzbischof von Salzburg; verschiedene Hinweise bei C l a s s e n , Gerhoch, S. 274f., 279 u. ö. « s ) PL 196, Sp. 1542.
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Bischofs für Alexander III. abhängig gemacht 496 . Der Hauptinitiator dieser Unternehmungen war zweifellos der Dompropst Hugo 4 9 7 : ihm wurde als einzigem unter dem Salzburger Klerus für den 18. November 1164, als Barbarossa den Salzburger Erzbischof, die Prälaten und Ministerialen zum H o f t a g nach Bamberg lud, das freie Geleit verweigert; auf ihn hatte sich also besonderer Zorn gesammelt 498 . Die Salzburger Kirche, unter der Führung des Salzburger Domkapitels, hatte mit dieser Entscheidung ganz bewußt Stellung gegen den Kaiser bezogen und war bereit, mit dem neuen Erzbischof kompromißlos zusammenzustehen. Diese vier Jahre der Regierung Konrads II. können, wie bereits angedeutet, als ein neuer Höhepunkt der Wirksamkeit des Salzburger Reformverbandes - nach dem ersten Aufschwung unter Konrad I. - betrachtet werden, freilich in einem ganz anderen Sinne als unter Konrad I.: die Basis bildete jetzt nicht mehr die diözesane Reformpolitik bzw. die besondere Reformkonzeption, sondern die gemeinsame Situation, in der Bischof und Klerus als gleichberechtigte Partner aufeinander angewiesen waren gegen einen gemeinsamen äußeren Feind, den Kaiser Friedrich I., welcher Salzburgenses omnes proscripsit quasi publicos hostes totius imperii4". Der Kaiser verweigerte dem neugewählten Erzbischof erwartungsgemäß die Investitur, was dessen Lage beträchtlich verschlechterte 500 . Aber erst der Würzburger Hoftag zu Pfingsten 1165 brachte unmittelbare Gefahr: das Reich sollte uneingeschränkt den Eid auf Paschalis, den Nachfolger des Papstes Viktor IV., ablegen, eine Weigerung aber Amtsverlust bedeuten 501 . Barbarossa war zur Offensive entschlossen. Dieser verschärfte Druck schloß den Salzburger Klerus noch enger zusammen. Typisch dafür ist der Bericht in der Continuatio Claustro4ββ ) Annales Reidierspergenses, M G H SS 17, S. 471: ea cautione, ut cum Alexandra papa staret sicut predecessor suus. 497 ) H u g o war aus dem Salzburger Domstift, vielleicht über St. Zeno-Reichenhall, als Propst nach Berchtesgaden gekommen, als der Erzbischof Konrad I. für das Stift, das gerade den ordo wechseln wollte, einen zuverlässigen Vorsteher benötigte. Er ist daher schon in dieser Zeit unter die Führungsschicht der Regularkanonikerreform Salzburgs einzureihen. 1151 wurde er dann zum Dompropst gewählt, wobei ein Einfluß durch den Erzbischof Eberhard I., der möglicherweise sein Onkel war, recht naheliegend erscheint; vgl. ergänzend oben, Erster Teil, Anm. 421. 4 8 " ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 278f. 4 ") Historia calamitatum, PL 196, Sp. 1542. 500 ) Annales Reidierspergenses, M G H SS 17, S. 471. R. J o r d a n , Die Stellung des deutschen Episkopats, S. 106ff. 501 ) Dazu und über das rigorose Vorgehen des Kaisers vgl. E n g e l s , Die Staufer, S. 74.
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
neoburgensis I: „Dies eine, glaube ich, ist würdig, daß es die Nachkommen erfahren, daß nämlich in jenem Zeitabschnitt (1165-1168) das Schisma überaus gewütet hat, so sehr, daß das Edikt des Kaisers, der zum ersten Mal durch Schwur alle Fürsten an sich band, alle Bischöfe und die übrigen Väter der Kirchen der unteren Weihen dazu trieb, was niemals vorher geschehen war, auf das Schisma den Schwur abzulegen, und daß er durch Schmeicheleien wie durch Drohungen und Einschüchterungen möglichst viele der Väter zu diesem Verbrechen veranlaßte. Aber die Kirche von Klosterneuburg ist dem Eberhard, dem verstorbenen Erzbischof von Salzburg, und dessen Nachfolger Konrad, der erwähnt wurde, und natürlich auch dem Hartmann, dem Bischof von Brixen, gefolgt, und so sehr das Stift Klosterneuburg auch durch kaiserliche Gesandte bedrängt wurde, die zum Herrn Herzog Heinrich von Österreich geschickt wurden, damit dieser die Kirche wieder abspenstig mache, und wie sehr es auch vom Bischof Rupert von Passau, dem unmäßigen Schismatiker, mißhandelt wurde, es konnte vom rechten Haupt, dem Papst Alexander, nicht weggetrieben werden. Im Gegenteil, durch seine Festigkeit zog es ganz Österreich zu diesem Haupte, zu diesem Papst, mit Gottes Gunst mit sich. Soviel darüber." 502 Ein Regularkanonikerstift der Salzburger Observanz, als päpstliches „Eigenstift" nicht einmal zum Verband gehörig, hatte sich also geradezu enthusiastisch der Salzburger Politik angeschlossen. Wenn auch bei Klosterneuburg die besondere Bindung der Pröpste Marquard und Rüdiger als Brüder Gerhochs von Reichersberg an den Salzburger Verband zu berücksichtigen ist, so wird dennoch damit ein Zeugnis abgelegt von dem neuen Gemeinsamkeitsideal des Salzburger Reformkreises. Zwar haben sich auch Mönche an dieser Politik beteiligt, der eigentliche Träger aber war wieder der Regularklerus. Vor allem der Dompropst tat sich hervor; er war Berater des Erzbischofs beispielsweise in so wichtigen Fragen, ob ein offenes Bündnis mit dem Patriarchen von Aquileja und damit auch mit den Lombarden eingegangen werden sollte, worauf er nach Abwägung der taktisch-politischen Folgen zu bedenken gab, daß es die Stellung Salzburgs noch mehr gefährden würde 503 . Diesem Rat entsprechend richtete der Erzbischof sein weiteres ) MGH SS 9, S. 611: Hoc unum posteris innotescere dignum duxi, quod ... ) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 1, hgg. von S u d e n d o r f , S. 68f., Nr. 25; zum Datum vgl. W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. 139, Regest Nr. 67: 1167 August - 1168 September. 502
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Handeln ein. Die Haltung des übrigen Klerus wurde unmißverständlich, nachdem am 29. März 1166 die Reichsacht über Salzburg verkündet worden war 5 0 4 . Beinahe ausschließlich Regularkanoniker scharten sich um den Erzbischof, als dieser 1167 und 1168 nach Admont und Friesadi ausweichen mußte: der Dompropst Hugo (gest. am 12. Juli 1167) und sein Nachfolger Sigboto, der Gurker Dompropst Roman, der Domdekan von Salzburg, Meingot, der Salzburger Domcellerar Gundacher, die Pröpste Ulrich von Herrenchiemsee, Otto I. von Eberndorf 5 0 5 , Wernher von Seckau, Liupold von Vorau, Heinrich von Gars, Adalbert von Bischofshofen50®, Heinrich von Berchtesgaden, dann eine Reihe von Reformklerikern, unter ihnen der Propst und Archidiakon Adalbert von Friesach und Kapläne des Erzbischofs Konrad II.; von den Mönchen dagegen sind nur der Abt Heinrich I. von St. Peter, dessen Nachfolger Heinrich II. - Heinrich I. wurde 1167 Bischof von Gurk - und der Prior von St. Peter zu nennen; der Abt Liutold von Admont wird noch erwähnt, als man sich in seinem Kloster aufhielt 507 . Den Kern der salzburgischen Widerstandsbewegung bildeten also die Mitglieder des Regularkanonikerverbandes, während die Mönche sich ganz eindeutig zurückhielten 508 . Die ersten militärischen Angriffe von Parteigängern des Kaisers gegen diesen Widerstandsblock erfolgten zwar bereits seit 1166/67 - so wurde Reichersberg von Heinrich von Baumgarten überfallen 509 die entscheidende Auseinandersetzung hatte sich jedoch bis zu Konrads Tod am 28. September 1168 immer noch nicht ergeben. Maßgeblich zu 504) W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. 68ff.; S c h a m b a c h , Der Prozeß des Erzbischofs Konrad von Salzburg 1 1 6 5 - 1 1 6 6 . Zur „Niederwerfung der Salzburger Opposition" insgesamt R . J o r d a n , Die Stellung des deutschen Episkopats, S. 1 2 8 - 1 3 8 . 5 0 5 ) Dieser ist nicht identisch mit dem Propst Otto von Rottenbuch, wie Class e n , Gerhodi, S. 298, Anm. 54, angibt; vgl. dagegen Μ ο i s , Rottenbuch, S. 323, und oben, S. 87. 5 0 e ) Im Register von SUB 3, S. R 28, fälschlidi zu Au eingeordnet. 5 0 7 ) Die Aufzählung beruht auf den Urkunden vom 6. März 1167, ausgestellt in Friesach (SUB 2, S. 531ff., N r . 384), vom 30. August 1167, ausgestellt in Friesach (SUB 2, S. 533f., N r . 385), vom 27. Januar 1168, ausgestellt in Admont (SUB 2, S. 534ff., N r . 386), und vom 3. März 1168, ausgestellt in Friesadi (SUB 2, S. 537f., N r . 388). 5 0 S ) Vgl. dazu die auffällige Parallele in der Diözese Halberstadt, Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 241ff. 5 0 9 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 290 und S. 426, Opus 18. Zu militärischen Ereignissen in dieser Zeit vgl. audi den Bericht im Salzburger Nekrologium, M G H Necr. 2, S. 121f., zum 4. April: danach wurde 1167 bei einem Uberfall durch die Grafen von Piain „beinahe die ganze Stadt Salzburg eingeäschert".
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
dieser Verzögerung beigetragen hatte, daß 1167 das Heer des Kaisers vor Rom durch Malaria für einige Zeit erheblich geschwächt worden war. Die Wende vollzog sich aber nach dem Tod Konrads II. in den Jahren 1169 und 1170. In noch größerem Maße als nach dem Tod Eberhards I. mußte nun die Entscheidung des Salzburger Klerus, wiederum angeführt durch den Kathedralklerus, das weitere Schicksal der Salzburger Kirche bestimmen: wählte man wieder einen Alexandriner, um damit der eigenen Linie treu zu bleiben, stand der direkte Konflikt mit dem Kaiser unausweichlich bevor. Erneut wollte man gewissermaßen einen Kompromiß erreichen, indem die Wahl wieder auf einen Verwandten des Kaisers fiel, auf Adalbert, den Sohn des Königs Wladislaw von Böhmen. Zur Begründung für diesen Schritt heißt es in der Historia calamitatum: Spes enim maxima erat omnibus, quod electionem vestram ad favorem suum factam sine dubio intelligeret Imperator, et quod filium amite sue nunquam sineret cadere in errorem schismatis . . .510. Diesmal ließ sich der Kaiser nicht mehr hinhalten, sondern war entschlossen, eine Entscheidung gegen Salzburg herbeizuführen. Dazu kam, was maßgeblich zur weiteren Entwicklung beigetragen hat, ein voreiliges, undiplomatisches und starrsinniges Handeln des neuen Erzbischofs Adalbert III., eines jungen, unerfahrenen Mannes, wodurch er einen Teil des bis dahin einigen Klerus- und Kanonikerblocks verprellte 511 . Ohne vorher die Investitur durch den Kaiser überhaupt erbeten zu haben, verfügte er über die Regalien, über das Salzburger Kirchengut, und beging dadurch einen offenen Rechtsbruch, womit die gesamte Salzburger Widerstandsbewegung in den Ruf der Gesetzlosigkeit zu geraten drohte512. Als sich Adalbert im Juni 1169 endlich um die Investitur bewarb, konnte der Kaiser nun mit gutem Grund ablehnen513 und seinerseits die Vorkehrungen dazu treffen, gegen Salzburg mit militärischer Gewalt vorzugehen und claustra destruere ac funditus devastare et clerum universum vel dispergere vel omnino perdere51i. Noch im selben Jahr rückte er vor die Stadt und die Burg Salz) Historia calamitatum, P L 196, Sp. 1542. ) Zu Adalbert III. von Salzburg vgl. W . S c h m i d t , Die Stellung der E r z bischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. 8 0 - 1 2 9 ; W i d m a n n , Gesdiidite Salzburgs, Bd. 1, S. 272ff. 5 1 2 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 305. 5 1 3 ) Chronicon Magni presbiteri, M G H SS 17, S. 490. ! 1 4 ) Historia calamitatum, P L 196, Sp. 1543. 510
511
Die Zeit des Schismas von 1159
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bürg, und beide wurden ihm fast kampflos nach kurzer Zeit schon übergeben. Aber nicht nur die militärische Übermacht hatte den schnellen Erfolg des Kaisers herbeigeführt. Als der Bischof Heinrich von Gurk, der Dompropst Sigboto von Salzburg, der Dompropst Roman von Gurk, die Pröpste Heinrich von Berchtesgaden, Adelhard von St. ZenoReichenhall, die Äbte Heinrich von St. Peter-Salzburg, Liutold von Admont, Pilgrim von St. Paul, Wernher von St. Lambrecht, der Salzburger Domdekan Meingot, das gesamte Salzburger Domkapitel und der Propst Adalbert von Bischofshofen noch im selben Jahr den Papst Alexander III. über die Ereignisse brieflich in Kenntnis setzten, wurde deutlich, wie sich die Stimmung gewandelt hatte: die Prälaten selbst distanzierten sich von ihrem Erzbischof und seinem unüberlegten Handeln, ja sie lasteten vor allem ihm die Schuld an dem nun eingetroffenen Unheil an: Quis enim uel sensus comprehendere, uel sermo ualeat explicate, que et quanta rerum et religionis dispendia sustinuerit ecclesia nostra quondam florentissima, nunc autem paupercula et multis calamitatibus et pressuris pene annullata m axime pro e ο , quod dominus noster post introitum suum consilio patris sui regalia secundum consuetudinem principum Teutbonicorum ab imperatore requirere neglexit, unde ipse, ecclesiam nostram funditus destruere uolens, iuxta ciuitatem ad unum miliare castra posuit.. . 515 . Das Vorgehen des Kaisers wird geradezu als berechtigte Konsequenz aus dem ungeschickten und dem Recht widersprechenden Verhalten des Erzbischofs dargestellt. "Weiter heißt es, Adalbert habe dem Kaiser sogar große Summen von Geld angeboten, um seine Herrschaft wiederzuerlangen; würde der Kaiser darauf eingehen, so müßte diese übergroße Belastung den Ruin für die Salzburger Kirche bedeuten51®. Adalbert scheint daraufhin auf seine Weise gegen den Abfall seiner Kleriker vorgegangen zu sein, denn er suspendierte, ohne Verhandlung und ohne die kanonischen Formen und Regeln einzuhalten, den Dompropst Sigboto vom Amt, was ihm der Abt Heinrich von St. Peter bitter vorwarf: Quid fecistis cum preposito maioris Ecclesie post tot labores,post tot seruitia,quem sine Ecclesiastico iure et forma Canonica non uocatum, absentem, inauditum, nulla in eum data sententia, officii 515 ) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 1, hgg. von S u d e n d ο r f , S. 70, Nr. 27, 1169. Vgl. MUB 2,1, S. 595, Nr. 354. "·) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 1, S. 71, Nr. 27, 1169.
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
suspensione damnatis, und weiter: Vultis audire fidem meamf In uera fide moneo, rogo et consulo, ut prelatis vestris parcatis et libenter uobis seruientibus filiis patrem uos et pastorem exhibeatis517. Aber Adalbert bestrafte weiterhin die „Untreuen" und exkommunizierte auch den Bischof Heinrich von Gurk 518 . Das bis dahin zuverlässige und feste Band zwischen Erzbischof und Prälaten war zerrissen, nicht zuletzt auch wegen dieses schroffen Vorgehens Adalberts. Es bildeten sich in der Folgezeit bis 1177 zwei Parteien heraus: die eine hielt weiterhin bedingungslos zu Adalbert, wie Reichersberg519, Au 520 , Höglwörth 521 , Vorau 5 2 2 ; der Kardinalbischof Walter von Albano nannte in seinem Schreiben vom August 1176 an Alexander III. als Parteigänger Adalberts die Pröpste von Klosterneuburg, Reichersberg, Baumburg, Herrenchiemsee, Seckau, Vorau, St. Zeno-Reichenhall und Waldhausen 523 . Von den Mönchen Schloß sich dieser Gruppe, nach anfänglicher Oppositionshaltung, vornehmlich St. Peter-Salzburg an 524 . Die andere Partei, die zwar nach wie vor auf Seiten Alexanders III. stand, jedoch auch eine Verständigung mit Friedrich I. suchte, wurde angeführt vom Salzburger Domkapitel mit dem Dompropst Sigboto ) Ebd., S. 73, Nr. 28, 1169. ) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 2, hgg. von S ü d e n d o r f , S. 151, Nr. 66, 1173. Sle) C l a s s e n , Gerhoch, S. 310. 5 2 0 ) Diesem Stift schenkte Adalbert die Kirche Pürten, die Gars gehört hatte, nachdem er sie eigenmächtig und rechtswidrig diesem Stift entzog, als der Kaiser Friedrich I. 1169 oder 1170 gewaltsam Egelolf als Propst in Gars eingesetzt hatte. Das geht hervor aus dem Privileg des Papstes Cölestin I I I . vom 2. Juni 1197 für Gars (GP 1, S. 81, Nr. 6; MB 1, S. 64-66, Nr. 5) und aus dem Mandat vom 11. Dezember 1196 desselben Papstes (GP 1, S. 80f., Nr. 5; Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 157, Nr. 4). 521) H a u t h a l e r , Ein ökonomischer Rechenschaftsbericht, S. 52. 5 2 2 ) Es hatte der Erzbischof Konrad II. (1164-1168) zum Unterhalt für den 1160 aus seiner Diözese vertriebenen Bischof Ulrich von Halberstadt, einen Anhänger Alexanders III., Zehnten an Vorau überwiesen. Diese Zehnten nun überließ Adalbert 1170 dem Regularkanonikerstift zum Bau der dortigen Pfarrkirche (SUB 2, S. 545f., Nr. 396). Noch eindeutiger kann als Beleg gelten, daß der Propst Liupold von Vorau als Zeuge in einer Urkunde des Erzbischofs vom 5. Oktober 1170 (SUB 2, S. 551, Nr. 400) erscheint, und daß Adalbert am 24. November des gleichen Jahres das Stift beschenkt hat (SUB 2, S. 551f., Nr. 401). In dieser Zeit hielt sich der Erzbischof ohne Frage in Vorau als Asylort auf. 5 2 3 ) Chronicon Magni presbiteri, M G H SS 17, S. 502. 5 2 4 ) 1174 schrieben die Möndie von St. Peter an Adalbert, daß sie wegen ihrer Treue zu ihm vom Herzog von Bayern, Heinrich dem Löwen, verfolgt würden, R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 2, hgg. von S u d e n d o r f , S. 152f., Nr. 67. 517 5le
Die Zeit des Schismas von 1159
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(1167-1183) 525 . Daneben traten besonders hervor der Bischof Heinrich von Gurk 526 , dem der Erzbischof Adalbert III. nicht zu Unrecht vorwarf, er wolle die Gelegenheit benützen, um sein Bistum vom Salzburger Erzstift zu lösen 527 , mit Heinrich auch sein Domkapitel 528 , und der Propst Heinrich von Berchtesgaden, der 1174 die vom Kaiser gebilligte Wahl zum Gegenerzbischof von Salzburg annahm529. Heinrich wurde von Alexander III. jedoch nicht anerkannt, so daß auch die auf seiner Seite stehende Gruppe in einen Gegensatz zum Papst geriet530. Nicht nur der Block, der zehn Jahre lang im Schisma für und mit dem Papst Alexander III. gegen den Kaiser Stand gehalten hatte, war 525 ) In dem in der letzten Anmerkung zitierten Brief meldeten die Mönche von St. Peter dem Erzbischof Adalbert audi, daß das Domkapitel den über den 1174 als Gegenerzbischof gewählten Heinrich verhängten Bann nicht anerkennen wollten: Sed et hoc minime paternitatem uestram uolumus (latere), quod, ex quo sententia excommunicationis uestre in superelectum illum promulgata est, pauci de maiore monasterio ab illius communione abstinent, imo quorundam assertio est, huiusmodi uestram excommunicationem, quasi legitima et canonica non sit, in irritum debere duci, et super hoc ad audientiam domini pape uobis appellatum est. Vgl. dazu das Mandat des Papstes Alexander III. an den Propst Sigboto und den Salzburger Domkonvent vom 8. September 1174 ( G P 1 , S. 50, N r . 9). Zwischen 1174 und 1177 scheint sogar neben Sigboto ein zweiter, von Adalbert begünstigter Dompropst von Salzburg aufgestellt worden zu sein, denn zum Friedensschluß von Venedig am 24. Juli 1177 fanden sich zwei Salzburger Dompröpste ein laut Historia ducum Veneticorum, M G H SS 14, S. 87; vgl. RAS, S. 487, Nr. 30. Nur der Domdekan Meingot scheint anfangs eine Mittlerrolle eingenommen zu haben: über ihn ließ der Autor der Historia calamitatum sein Rechtfertigungsbemühen dem Erzbischof zukommen, wie er in seinem Werk vermerkte (PL 196, Sp. 1539), und am 5. Oktober 1170 hielt sich Meingot beim Erzbischof in Vorau auf (SUB 2, S. 551, Nr. 400). 1172, nach dem 20. Februar, trat er dann allerdings im Schreiben an Alexander III. gemeinsam mit dem Bischof Heinrich von Gurk und dem Salzburger Dompropst Sigboto auf (GP 1, S. 34, Nr. 109). 52e
) Die Bischöfe Heinrich von Gurk und Richer von Brixen erklärten 1174 den Erzbischof Adalbert III. für abgesetzt, MUB 2,1, S. 604f., N r . 363. 527 ) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 2, hgg. von S ü d e n d o r f , S. 151, Nr. 66, 1173; vgl. MUB 2,1, S. 595f., N r . 354. t2S ) Am 10. März 1170 schenkte Barbarossa als Herr der Salzburger Regalien — Adalbert war ja nicht investiert worden - dem Bischof und dem Domkapitel von Gurk alle Salinen und Bergwerke, die sich auf ihren Gütern befanden, und gewährte seinen Schutz (Stumpf 4111; M C I , S. 202f., Nr. 265). Außerdem richtete Alexander III. seine Schreiben vom 25. Januar und 12. Juni 1172 an den Bischof Heinrich von Gurk und die Dompröpste Sigboto von Salzburg und Roman von Gurk (GP 1, S. 33, Nr. 106; S. 34, N r . 110), womit diese Gruppe in ihren Hauptvertretern erfaßt ist. 52e ) Dazu W. S c h m i d t , Die Stellung der Erzbischöfe und des Erzstiftes von Salzburg, S. llOff. Vgl. MUB 2,1, S. 604, Nr. 363. H0 ) Im August 1176 suspendierte der Legat Alexanders III., Walter von Albano, prepositum (von Berchtesgaden) et canonicos et omnes, qui contrarii sint archiepiscopo (Adalberto), GP 1, S. 37f„ Nr. 121; vgl. MUB 2,2, S. 632, Nr. 383.
220
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
damit auseinandergebrochen. Auch was seine Bedeutung für die erzbischöflidhe Amtsherrschaft betrifft, war die Zeit des vom Erzbischof Konrad I. noch wenige Jahrzehnte zuvor so kunstvoll, großräumig und wirkungsvoll konzipierten und aufgebauten Regularkanoniker-Verbands zu Ende gegangen - daran konnte auch die seit 1177 eintretende allgemeine Beruhigung unter dem von beiden Parteien anerkannten Erzbischof Konrad III. (1177-1183) nichts ändern. Gleichzeitig setzte auch ein Niedergang der Zucht im Klerus ein, womit eines der Hauptanliegen der Reform Konrads I. ebenfalls zunichte gemacht wurde. Anschaulich und ausführlich schilderte der Autor der Historia calamitatum den einstigen Glanz der Salzburger Kirche unter Konrad I. und Eberhard I.: . . . longe preibat alias Ecclesias religione, hospitalitate, castitate et omni tarn seculari quam spirituals honestate ... ita, ut in curiis regum pre aliis principibus honor precipuus archiepiscopis Salzburgensibus deferretur, et venerationem maximam haberet clerus omnis tarn in claustris sub Regula constitutus, quam foris per parochias ordinatus. Nun aber sei der Klerus wieder verkommen, der Geistliche habe wieder, sogar gewöhnlich mehrere, Frauen und schere sich nicht um das geistliche Gericht531. Die geschilderten politischen Umstände wirkten sicherlich auf diesen Niedergang beschleunigend. Jedoch waren in der inneren Entwicklung bereits die Bahnen zu diesem Ende vorgezeichnet gewesen: die Gefahr, sich von der bischöflichen Amtsgewalt zu emanzipieren und damit den Verband zu sprengen, war durch die von Konrad I. konzipierte Reformanlage und die außergewöhnliche Förderung der Institutionen den Reformstiften von Anbeginn immanent.
3.
Unabhängigkeitstendenzen
a) D a s S a l z b u r g e r
Domkapitel
Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß das Salzburger Domkapitel erst durch den Erzbischof Konrad I. eigentlich konstituiert worden war 532 . Zwar hatte es schon vorher selbständig Sondergut verwalten können, der planmäßig durch den Erzbischof geförderte Ausbau des rechtlichen Fundaments und des Sondervermögens erfolgte 532 )
PL 196, Sp. 1550f. Vgl. audi unten, S. 283f. Oben, S. 35f.
Unabhängigkeitstendenzen des Salzburger Domkapitels
221
jedoch erst jetzt533. Die zentrale Stellung, welche dem Domkapitel vom Erzbischof Konrad I. in der Kanonikerreform zugedacht war, mußte auch seine politische Bedeutung innerhalb der Diözese erheblich steigern: Rechte wie die, welche es bei der Besetzung der Propststühle von Suben, Weyarn und Höglwörth auszuüben hatte534, hoben das Domkapitel weit über den übrigen Kanonikerklerus der Diözese hinaus. Dazu kam die wachsende Beteiligung an den Regierungsgeschäften des Erzbischofs. Noch bis ins 11. Jahrhundert ist ein Konsensrecht für den Salzburger Kathedralklerus unbekannt535, nur eine beratende Funktion konnte er beanspruchen, die er freilich mit anderen teilen mußte. Ein solches Ratskollegium bestand aus dem Stadtklerus insgesamt und den angesehenen Laien. Im 12. Jahrhundert reduzierte sich der Kreis auf das Domkapitel und die Ministerialität, und qualitativ änderte sich die beratende Funktion zu einer zustimmenden oder ablehnenden, wobei der Erzbischof bei bestimmten Rechtsgeschäften von dieser Zustimmung abhängig wurde. Daß dieser Prozeß bereits unter dem Erzbischof Konrad I. weit fortgeschritten war, zeigt seine Urkunde aus der Zeit vor dem 11. November 1146 für Reichersberg, in der er versicherte, sein Tauschgeschäft mit dem Kloster Formbach - die Reichersberger selbst waren an den Tauschgütern interessiert - sei ungültig, da ihm die erforderliche Zustimmung der Salzburger Kleriker und Ministerialen fehle536. In der Zeit des Erzbischofs Eberhard I. begegnen wir diesem Vermerk der ausdrücklichen Zustimmung bereits häufiger: quod factum est consensu Salzpurgensium canonicorum et ministerialium537 oder annuentibus etiam et consentientibus fratribus nostris Salzburgensis ecclesie canonic is538 heißt es nun, wenn der Erzbischof Hochstiftsgüter durch Tausch oder Schenkung veränderte. Nur aus der Regierungszeit des Erzbischofs Konrad III. (1177-1183) fehlen solche Hinweise: ein Anzeichen dafür, daß dieser Erzbischof, obwohl er einst Domkanoniker von Salzburg war, unabhängig vom 5SS) J . A. H o f m a n n , Geschichte der Dotation, S. 92ff.; es ändert prinzipiell nichts daran, daß Hofmann mangels zuverlässiger Urkundenkritik manche Fälschung als echte Urkunde mitverwendet hat, so ζ. B. die angebliche Schenkung der Saline am Tuval im Jahre 1123 (vgl. dagegen die Vorbemerkung in SUB 2, S. 194, Nr. 127). 5 M ) Vgl. jeweils die Ausführungen zu den Stiften oben, Erster Teil. 635) D o l i , Domkapitel, S. 23. 5 M ) SUB 2, S. 358, Nr. 248; zum Datum C l a s s e n , Gerhoch, S. 347f., Regest Nr. 45. Daß hierbei eine Empfängerausfertigung vorliegt, ändert die Sachlage nicht. ' « ) SUB 2, S. 408, Nr. 291,1152/64. 53β) SUB 2, S. 474, Nr. 339, 1159.
222
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
D o m k a p i t e l z u regieren v e r s u c h t e 5 3 9 . D e r z w e i t e R e g i e r u n g s a b s c h n i t t A d a l b e r t s I I I . ( 1 1 8 3 - 1 2 0 0 ) d a g e g e n b r i n g t w i e d e r Belege f ü r diesen Zustimmungsmodus choro Salzburgensi
d u r c h die D o m k a n o n i k e r : presente
in ecclesia
et
annuente
maioriuo.
D a s politische G e w i c h t des D o m k o n v e n t s m u ß t e ebenfalls steigen, als sich A n g e h ö r i g e des h o h e n A d e l s einreihten, w i e H . , ein V e r w a n d t e r des K a i s e r s F r i e d r i c h B a r b a r o s s a 5 4 1 , K o n r a d v o n W i t t e l s b a c h , d e r 1161 Erzbischof von Mainz, 1 1 7 7 von Salzburg und 1 1 8 3 wieder von M a i n z w u r d e , H u g o , d e r s p ä t e r e D o m p r o p s t v o n S a l z b u r g ( 1 1 5 1 bis 1 1 6 7 ) , ein V e r w a n d t e r des G r a f e n h a u s e s
Neuenburg-Falkenstein542,
u n d H a r t w i g , d e r S o h n des H e r z o g s E n g e l b e r t I I . v o n K ä r n t e n u n d v o n 1 1 5 5 - 1 1 6 4 B i s c h o f v o n R e g e n s b u r g 5 4 3 . I n d e r ersten H ä l f t e des 1 2 . J a h r h u n d e r t s g e h ö r t e das S a l z b u r g e r D o m k a p i t e l z w e i f e l l o s , schon als F o l g e d e r R e f o r m v o n 1 1 2 1 / 2 2 , noch zu d e n Institutionen
544
„gemeinständischen"
, welche M i t g l i e d e r a l l e r S t ä n d e a u f n a h m e n . D i e T e n -
d e n z z u r „ g e m i s c h t a d e l i g e n " A n s t a l t , in die n u r A d e l i g e u n d M i n i sterialen e i n t r e t e n k o n n t e n - R u d o l f C z u m p e l i k 5 4 5 z ä h l t d a s S a l z b u r ger D o m k a p i t e l zu U n r e c h t schon f ü r den B e g i n n des 1 2 . J a h r h u n d e r t s
6 3 9 ) Schon die prosopographische Übersicht über die Anwesenheitshäufigkeit der Prälaten beim Erzbischof (siehe oben, S. 163) deutet an, daß keiner der Erzbischöfe sonst im 12. Jahrhundert so wenig mit den Stiften und Klöstern zusammenarbeitete. 5 4 0 ) SUB 2, S. 662, Nr. 487, 1193/1195. Kapitulationenzwang und Konsensredit wurden zu dieser Zeit von den Domkapiteln bereits allgemein wahrgenommen, vgl. dazu Ρ f a f f , Die deutschen Domkapitel, S. 52ff. 541) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, Teil 2, hgg. von S ü d e n d o r f , S. 130, Nr. 53. 5 4 2 ) Vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 299ff.; zu seiner Verwandtschaft mit dem Erzbischof Eberhard I. von Salzburg siehe oben, Erster Teil, Anm. 421. 5 4 3 ) Vor dem 18. März 1151 erhielt das Salzburger Domstift von ihm zwei curtes, denn: Apud eos enim tarn litterarum documentis quam morum et disciplinarum informatus institutes rependere decrevi, quod adolescentulus adolevi, SUB 1, S. 625, Nr. 85 (audi MC 3, S. 320, Nr. 823, mit falscher Datierung, da der Dompropst Heinrich bis 1151 amtierte). Offenbar gehörte die Salzburger Domschule schon unter Konrad I. zu den angesehenen: hier erhielten die Kanoniker eine fundierte Ausbildung. 5 4 4 ) Bereits K l e i n , Salzburger Domkapitel, S. 13f., kommt zu diesem Ergebnis. Zu der ständischen Zusammensetzung einzelner Domstifte: S a n t i f a l l e r , Brixener Domkapitel: Brixen gehörte zu den gemeinständischen Anstalten; C z u m p e l i k , Gurk: es war gemischtadelig; B u s l e y , Geschichte des Freisinger Domkapitels: er zählt es zu den gemeinständischen; O s w a l d , Passauer Domkapitel: es ist den gemeinständischen Anstalten zuzurechnen. Zur Terminologie allgemein S c h u l t e , Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter, S. 11 f., und B u s l e y , Geschichte des Freisinger Domkapitels, S. 33. 545 ) C z u m p e l i k , Gurk, S. 27.
Unabhängigkeitstendenzen des Salzburger Domkapitels
223
zu dieser Kategorie - erscheint erst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts; jetzt häufen sich vor allem die Meldungen über den Eintritt von Ministerialen 546 . Audi diese Entwicklung hin zur Exklusivität konnte dem Bestand des Reformverbandes nur abträglich sein, weil dadurch eine Abgrenzung und ein Absdiluß den anderen Institutionen gegenüber erfolgte. Auf einem ganz anderen Gebiet läßt sich der Umschwung zur Absonderung, zur Verselbständigung ebenso erkennen: seit circa 1150 besaß das Domkapitel einen eigenen Vogt, den Grafen von Lebenau, während bis dahin der Hochstiftsvogt zuständig gewesen war 547 . Dieser grobe Abriß läßt sich etwas differenzieren anhand der Urkunden und Fälschungen des Domkapitels. Am 5. Januar 1139 erhielt das Salzburger Domstift vom Papst Innocenz II. ein Privileg, in dem sich erstmals ganz konkret eine Formel gegen den Erzbischof befand: Nulli etiam episcopo licentia pateat, angarias vel alias novas exactiones canonice quieti et religioni contrarias vobis vel ecclesie vestre imponere548. Es darf auf Grund unserer Ergebnisse über die Gestaltung der Rechtsordnungen in der Reform des Erzbischofs Konrad I. zwar nicht angenommen werden, diese Bestimmung sei ohne des Erzbischofs Wissen und Willen gegen ihn erteilt worden: eine solche rechtliche Absicherung lag ja ganz in der Konzeption des Reformers. Für das Domkapitel jedoch galt dieser Termin später offenbar als der Beginn, der Auftakt der Emanzipation. Eine Fälschung, vom Schreiber des Domkapitels 1169/70 verfaßt 549 , wurde deshalb auf den 22. März 1139 datiert 550 . Diese Urkunde, auf die wir noch zu sprechen kommen, enthält sehr weitgehende Rechte für das Domkapitel, die in erzbischöfliche Kompetenzbereiche eindrangen. Die vom Erzbischof geförderte Absicherung des Domkapitels, deren Motive besprochen wurden, war somit in direkten Zusammenhang gebracht worden mit der Absicherung einer Konkurrenzstellung zum Erzbischof in einer Zeit, als dessen auctoritas und potestas sowie seine Fähigkeit und Möglichkeit, den Verbandsmitgliedern Schutz zu gewähren, unter dem Erzbischof Adalbert III. große Einbußen erlitten hatten. Der Keim zum Auseinander54β
) ) S. 30. 64e ) 54e ) 550 ) 547
Ζ. Β. SUB 1, S. 606, Nr. 45; S. 608, Nr. 50; S. 615, Nr. 63. M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 365; S t a r f l i n g e r , SUB 2, S. 277, Nr. 192. GP 1, S. 48, Nr. 3. Vgl. M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 687ff. SUB 2, S. 278ff., Nr. 194.
Domvogtei,
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IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
brechen des Verbandes war somit vom Erzbischof Konrad I. selbst gelegt worden und mußte aufgehen, als dem von ihm errichteten System die Grundlagen entzogen wurden. Eine zweite Zäsur ist mit dem Tod Konrads I. 1147 zu setzen. Wieder offenbart sich das darin, daß eine Verunechtung aus der Zeit von 1169/70 auf dieses Jahr datiert wurde: ein Privileg des Papstes Eugen III. vom 14. September 1147 551 , das mit der ersten Fälschung in engem Zusammenhang stand und dieselben Rechte bestätigte. Mit dem Tod des Erzbischofs Konrad I. hatte der Regularkanonikerverband den einenden Bezugspunkt auf dem Gebiet der Observanz verloren; seine Nachfolger legten nicht mehr Profeß auf die vita canonica ab, der Erzbischof Eberhard I. kam gar aus dem Lager der Mönche - er war vorher Abt von Biburg gewesen. Eine sehr wesentliche Komponente im Bezugssystem zwischen dem Erzbischof und den Reformstiften war damit ausgeschaltet worden. Als später mit dem Erzbischof Konrad III. wieder ein Regularkanoniker den Erzbischofsstuhl bestieg, spielte das zu dieser Zeit schon keine Rolle mehr. Das Jahr 1147 manifestierte sich folgerichtig zwei Jahrzehnte später als ein Einschnitt. In den folgenden Jahren basierte der Verband, wie erwähnt, bereits zunehmend auf einem neuen Selbstverständnis, das die Gleichberechtigung zwischen dem Erzbischof und den Reformstiften förderte. Die dritte Phase wurde bereits angesprochen: es ist die Zeit, aus der die beiden Fälschungen stammen, in der sich der Erzbischof und ein Teil der Mitglieder des Kanonikerverbandes, angeführt vom Domkapitel, extrem voneinander entfernten, und in welcher der Erzbischof den ihm einst von Konrad I. zugedachten Aufgaben nicht mehr gerecht werden konnte. Jetzt versuchte das Domkapitel, durch die genannte Fälschung und Verunechtung sich Rechte zu sichern wie: die Stadtpfarrei zu besitzen und zu besetzen, den Salzburger Archidiakonat als dem Dompropst immer zugehörig wahrzunehmen, die Appellationsgerichtsbarkeit von Rechtssachen, die an das Erzstift gelangen, immer ausüben zu dürfen und für das Begräbnis aller Hochstiftsministerialen zuständig zu sein; im Eugen-Privileg dazu noch die Bestimmung, die Pröpste von Suben, Höglwörth und Weyarn einsetzen zu dürfen. Sicherlich waren die Fälschung und die Verunechtung zum Teil aus der Rivalität zum Kloster St. Peter heraus entstanden, wie Albert Brack6 5 1 ) S U B 2, S. 369-372, Nr. 256; GP 1, S. 49, Nr. 5. Vgl. B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 114 und 122; M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 695f.
Unabhängigkeitstendenzen der Domkapitel Salzburg und Gurk
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mann vermutet 552 ; in erster Linie wurden dadurch aber erzbischöfliche Rechte usurpiert, wie die Appellationsgerichtsbarkeit und der Besitzanspruch auf den Salzburger Archidiakonat. Es ist auch anzunehmen, daß eine Reihe dieser Rechte zurZeit der Fälschungen tatsächlich bereits vom Domkapitel wahrgenommen worden ist, wie die Besetzung der Propstämter in den drei genannten Stiften oder die Ausübung der Archidiakonatsverwaltung, vielleicht sogar die Appellationsgerichtsbarkeit, als wegen der Zeitwirren der Erzbischof Adalbert III. seinen Amtssitz verlassen mußte. Die Ironie der Geschichte aber wollte es, daß eine der Fälschungen in die Zeit des Erzbischofs Konrad I. datiert wurde: dessen Politik war ja gerade gekennzeichnet dadurch, eine Verminderung der erzbischöflichen Autoritäts-Rechte und Kontrollpositionen, soweit sie den kanonischen Vorschriften entsprachen, möglichst zu verhindern, weshalb beispielsweise die Übertragung der Archidiakonswürde an den Salzburger Dompropst niemals urkundlich fixiert worden war. Daran ist abzulesen, wie weit das System des Erzbischofs Konrad I. zweieinhalb Jahrzehnte nach seinem Tod bereits ausgehöhlt war, wie weit der Zersplitterungsprozeß des Regularkanonikerverbandes und vor allem die Bestrebungen des Domkapitels von Salzburg, sich zu verselbständigen, vorangeschritten waren. Das wird sinnfällig auch in einer kleinen Episode: der Salzburger Dompropst und die Domkanoniker konnten es sich erlauben, der Diözesansynode von 1187 in Leibnitz demonstrativ fernzubleiben; der Kriegszug des Erzbischofs Adalbert III. 1186 nach Böhmen aus Familieninteressen - der Bruder Friedrich sollte wieder auf den Herzogsthron gelangen - hatte die Salzburger Kirche schwer belastet und die Domherren verstimmt 553 . b) G u r k Ein weiteres „schwaches Glied" in der Verbandskette bildeten der Bischof und das Domkapitel von Gurk. Die Rolle, die der Erzbischof Konrad I. Gurk zugedacht hatte, und die daraus resultierenden Konsequenzen wurden in Grundlinien bereits erörtert 554 . Auch in diesem Fall ist Vorsicht geboten gegenüber der Annahme, die Voraussetzungen für 55a
) B r a c k m a n n , Salzburger Kirdienprovinz, S. 116ff. ) Continuatio Claustroneoburgensis III, M G H SS 9, S. 633, zu 1186. SUB 2, S. 609f., Nr. 447. Vgl. Z a u n e r , Chronik von Salzburg, Teil 1, S. 189. 5 ") Oben, S. 43ff. 553
226
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
die Unabhängigkeitsbestrebungen seien gegen den Willen des Erzbischofs Konrad I. zustande gekommen oder etwa durch seine Achtlosigkeit555 heraufbeschworen worden. Der Erzbischof selbst stärkte die Position seines Eigenbistums und wertete den Bischof de facto zum vollwertigen Suffragan auf: ne in aliquo iure et potestate ceterorum 556 episcoporum privaretur . Inwieweit er allerdings an der Erteilung des Privilegs für das Gurker Domkapitel vom 11. Februar 1145 durch den Papst Lucius II.557 beteiligt war, ist schwer zu beurteilen, wurde doch darin dem Domkapitel das Recht zugestanden, den Gurker Bischof frei zu wählen, wodurch das einst bei der Gründung fixierte Rechtsverhältnis, nach dem der Salzburger Erzbischof allein den Gurker Bischof auszuwählen und zu investieren hatte, in beträchtlichem Ausmaß abgeändert wurde. Möglicherweise hat der Erzbischof seinen Einfluß und seine Kontrolle trotzdem durch seine bischöfliche Amtsautorität, wie bei den Propstwahlen der mit Propstwahlfreiheit privilegierten Stifte, als genügend gewährleistet betrachtet und deshalb nichts dagegen unternommen; das würde seiner sonstigen Haltung zu Gurk am ehesten entsprechen. Wie beim Salzburger Domkapitel nahm auch das politische Gewicht des Gurker Domstifts zu durch steigende soziale Exklusivität in der personellen Zusammensetzung. Schon im Laufe des 12. Jahrhunderts beherrschte der Adel das Kapitel, nur Ministerialen fanden daneben noch Zugang558. Dieser Einfluß mußte sich verstärkend auf die Unabhängigkeitsbestrebungen auswirken. Die bedeutendsten Anstrengungen in diesem Sinne wurden unter dem Bischof Heinrich von Gurk (1167-1174) 559 unternommen. Schon die prosopographische Ubersicht560 über die Häufigkeit der Anwesenheit der Prälaten beim Erzbischof bezeugt, daß die Kooperation des Gurker Bischofs mit dem Salzburger Erzbischof seit der Regierungszeit des Erzbischofs Konrad II. (1164-1168) schlagartig zurückgegangen ist. Unter Heinrich von Gurk wurde, zur selben Zeit etwa wie im Salzburger Domkapitel, vom Kaplan Konrad eine Reihe von Fälschungen hergestellt, welche als Stiftungsprivilegien die Unabhängigkeit 555 )
S e i d e n s c h n u r , Salzburger Eigenbistümer, S. 211, ist dieser Auffassung. SUB 2, S. 321, Nr. 220, 1144. δ ") GP 1, S. 130, Nr. 1; MC 1, S. 129, Nr. 136. 55β ) C ζ u m ρ e 1 i k , Gurk, S. 21, 27f. und 38. 559 ) O b e r s t e i n e r , Die Bischöfe von Gurk, S. 45-53. Heinrich war vorher Abt von St. Peter-Salzburg (1147-1167). Siehe oben, S. 163 und S. 164, Anm. 266. 55e )
Unabhängigkeitsbestrebungen des Gurker Domkapitels
227
Gurks bereits für die Zeit der Gründung belegen sollten561. Auf Wahl und Investitur hätte der Salzburger Ordinarius demnach nur mehr geringen Einfluß ausüben dürfen. Auf Grund dessen sah sich der Erzbischof Adalbert I I I . trotz aller Spannungen im Salzburger Klerus veranlaßt, die Domkanoniker zu ersuchen, gegen die vom Bischof Heinrich betriebene Lösung der Gurker Kirche aus der Salzburger Diözese etwas zu unternehmen562. Heinrichs Nachfolger Roman I I . (1174 bis 1179)563, der bisherige Propst des Gurker Domstifts, wurde 1174 dennoch, entgegen den ursprünglichen rechtlichen Bestimmungen, vom Gurker Klerus und von den Gurker Ministerialen gewählt 564 und gegen Ende desselben Jahres sogar vom Papst Alexander I I I . bestätigt565, wodurch indirekt auch der Wahlmodus von ihm anerkannt worden war. Damit war der Höhepunkt der Gurker Unabhängigkeitsbestrebungen im 12. Jahrhundert überschritten. Der Erzbischof Konrad III., der zielstrebig die erzbischöflichen Rechte wiederaufzurichten suchte, ließ sich 1178 vom Kaiser Friedrich I.566 und 1179 vom Papst Alexander III. 5 6 7 alle Rechte des Salzburger Erzbischofs am Bistum Gurk, so wie sie bei der Gründung fixiert worden waren, bestätigen; non ob-
stante quod de Romano
Gurgensi episcopo
tempore scismatis a nobis
permissum fuisse dignoscitur mußte der Papst sogar zugestehen568. Auf die Weigerung Gurks hin, diese Rechte anzuerkennen, entschied eine Schiedsgruppe - bestehend aus dem Bischof Albert von Freising und dem Abt Heinrich von Heiligenkreuz - am 2. Februar 1180 gegen Gurk569, worauf eine weitere päpstliche Bestätigung am 9. Mai 1182 M 1 ) Vgl. J a k s c h in M C 1, S. 13f.; ferner M C 1, S. 69ff., N r . 28; Fälschungen zur Erlangung der vollen geistlichen Jurisdiktionsgewalt ebd., N r . 16 und 31. Vgl. auch Ρ e s c h 1, Gurk, S. 134f.; SUB 2, S. 171f., Vorbemerkung zu N r . 103. 5β2 ) R e g i s t r u m oder merkwürdige Urkunden, T e i l 2 , hgg. von S ü d e n d o r f , S. 151, N r . 66: Adhoc nibilominus ipsum uigilantem operant dare quorundam relatione certissima didicimus per internuncios et Hieras suas apud dominum apostolicum ad emancipandam uidelicet ecclesiam Gurcensem ab ecclesia Saltzburgensi. ίω) O b e r s t e i n e r , Die Bischöfe von Gurk, S. 54-58. 5 M ) M C 1, S. 220, N r . 289. 5 · 6 ) Ebd.; GP 1, S. 127, N r . 14. 5e «) SUB 2, S. 571f., N r . 415,1178 Juni 14. Stumpf 4248. 5 « 7 ) SUB 2, S. 578, N r . 419, 1179 April 12. G P 1, S. 40f., N r . 134. 5β8 ) Ebd. 5ββ ) SUB 2, S. 584f., N r . 424a; vgl. GP 1, S. 41f„ N r . 137. Bestätigung des Schiedsspruches durch päpstliche Legaten im selben Jahr: G P 1, S. 42, N r . 139; SUB 2, S. 586, N r . 424b.
228
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
durch den Papst Lucius III. erfolgte 570 . Der Ausbruchsversuch Gurks war fürs erste abgewehrt worden, die Bemühungen jedoch wurden in Gurk fortgesetzt und erreichten zu Beginn des 13. Jahrhunderts einen erneuten Höhepunkt 571 . c) V e r s c h i e d e n e
Stifte
Uber Unabhängigkeitsbestrebungen anderer Mitglieder des Salzburger Regularkanonikerverbandes sind wir mangels Quellen sdilecht unterrichtet. Jedenfalls war es für die einzelnen Stifte nicht so leicht möglich, sich in noch größerem Maße in der Rechtsbindung vom Erzstift zu entfernen, als dies bereits unter dem Erzbischof Konrad I. geschehen war, ohne Gefahr zu laufen, in den Machtbereich der Fürsten zu geraten. St. Zeno-Reichenhall, das sich offenbar möglichst von jeder Vogtei freizuhalten suchte, gelangte schon im 12. Jahrhundert in die Einflußsphäre der bayerischen Herzöge 572 . In diesem Stift wollten die Kanoniker durch Exemtion aus der Kontrolle des Salzburger Ardiidiakons schon frühzeitig, vor 1157, eine Sonderstellung aufbauen 573 , ein Bestreben, das durch den Erzbischof Eberhard I. unterstützt wurde. Auch Konrad I. hatte dieses Stift wegen der wirtschaftlichen Bedeutung besonders begünstigt574. Wie St. Zeno versuchte möglicherweise auch Seckau, sich aus der Archidiakonsgewalt zu befreien und selbst Ardiidiakonsrechte zu erlangen 575 . Eine Verselbständigung im engeren Breich der Stifte deutet sidi darin an, daß die Vögte aus den Güterangelegenheiten mehr und mehr hinausgedrängt wurden. Während noch beispielsweise in Gars bis zur Mitte des Jahrhunderts vornehmlich der Vogt Schenkungen entgegengenommen hatte, trat seitdem an seine Stelle der Propst 576 . Aber audi der Propst selbst war nicht mehr allein entscheidender Exponent der Konvente. Das 1169/70 verunechtete Privileg des Papstes Eugen III. vom H.September 1 1 4 7 für das Salzburger Domkapitel sollte auch
"") SUB 2, S. 589ff., Nr. 428. GP 1, S. 42f., Nr. 140. 571 ) Vgl. J a k s c h , Einleitung von MC 1, S. 23f. 572 ) M a r t i n , Die kirchliche Vogtei, S. 359. 573 ) Vgl. GP 1, S. 67, Nr. 4 und 5; MB 3, S. 537f., Nr. 7b, 1157 Febr. 17; S. 544f„ Nr. 13, 1169 Juli 1; SUB 2, S. 739, Nr. D 48. " 4 ) Vgl. oben, S. 73ff. 57S ) Vgl. R o t h , Seckau, S. 338; oben, Zweiter Teil, Anm. 414. B7·) MB 1, S. 25ff., Nr. 33, 35 und 36 u. ö.
Unabhängigkeitstendenzen; erzbischöfliche Autoritätseinbuße
229
den Dompropst an die Zustimmung der Kanoniker binden 577 . 1195/98 erhielt der Konvent von Reichersberg vom Erzbischof Adalbert I I I . eine Bestätigung darüber, daß einer von den Kanonikern die Verwaltung bestimmter Güter ausüben könne, ohne daß die Pröpste von Reichersberg dagegen etwas unternehmen dürften 578 . All diese Bestrebungen zielten auf eine Erweiterung des Selbständigkeitsbereiches und darauf, sich der Unterordnung und Kontrolle zu entziehen.
4. E r z b i s c h ö f l i c h e
Autoritätseinbuße
Das Herrschaftssystem des Erzbischofs Konrad I. konnte in vollem Umfang nur Bestand haben, wenn die Autorität und die Machtposition des Erzbischofs keine Einbußen erlitten. Nur dann war dieser in der Lage, die Stifte des Reformverbandes in Abhängigkeit zu halten, da die alte Herrschaftsbasis, das Eigenkirchenrecht, erheblich eingeschränkt worden war. Daß die Entwicklung einen dafür ungünstigen Verlauf nahm, wurde inzwischen deutlich. Von außen wie von innen wurde das erzbischöfliche Machtpotential angegriffen. Die widrigen äußeren Umstände der Zeit des Schismas von 1159 wurden besprochen; sie setzten den Erzbischof immer mehr außer Stande, Schutzfunktionen weiterhin wahrzunehmen. Diese wurden dagegen im Bereich der Vogteien in steigendem Maße von den aufstrebenden Landesfürsten, den Babenbergern, Traungauern und Wittelsbachern übernommen 579 , die sich dadurch Einfluß versprechen konnten. Daß der Erzbischof spätestens seit Adalbert I I I . keine verbindliche höchste Schutzinstanz mehr darstellen konnte, dafür sorgte er nicht zuletzt audi selbst: als Adalbert I I I . vor Oktober 1197 Güter von Berchtesgaden anläßlich eines Streites wegen der Saline am Tuval verwüsten ließ 5 8 0 , trat der Papst als Gewährleister des Schutzes gegenüber dem Erzbischof auf für das Stift, que ad ecclesiam Romanam pertinet nullo mediante; Adalbert sollte Genugtuung leisten, andernfalls er Amt 577) G P l , S. 49, N r . 5 ; SUB 2, S. 371, N r . 256. Vgl. B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 120. Eine Tauschhandlung des Domkapitels 1144/46 war bereits cum consensu domini Gebenonis prepositi et Wolframmi decani et aliorum confratrum erfolgt, SUB 1, S. 612, Nr. 55. 5 7 8 ) SUB 2, S. 668, N r . 495. 5 7 9 ) Vgl. A. D ο ρ s c h , Reformkirche und Landesherrlidikeit, S. 6 9 ; Κ 1 e b e 1, Eigenklosterrechte und Vogteien, S. 2 0 7 ; F r i e d , Vogtei und Grundherrschaft. 5 8 0 ) Vgl. M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 6 9 6 - 7 0 2 .
230
IV. Die Salzburger Regularkanoniker in der 2. Jahrhunderthälfte
und Güter verlieren würde 581 . Noch sechzig Jahre vorher hatte der Erzbischof Konrad I. gerade für dieses Stift de facto Schutzfunktionen übernommen im Streit mit Baumburg; jetzt, 1197, mußte es gegen den Erzbischof geschützt werden. Zu dieser Positionsschwächung des Erzbischofs kam hinzu, daß das Salzburger Domkapitel, unterstützt durch die allgemeine Entwicklung und die politischen Geschehnisse, seine Stellung und seinen Einfluß auf die erzbischöfliche Diözesanpolitik erheblich stärken konnte. Im Zusammenhang mit der schwachen Stellung des Erzbischofs Adalbert III. erfolgte sogar ein Einbruch in den Bereich der amtsrechtlichen bischöflichen Kompetenzen. Eine Spitze des Regularkanonikerverbandes, auf die alle Verbandsmitglieder straff ausgerichtet waren, gab es nicht mehr. Welch geringes Gewicht die erzbischöflichen Rechtsentscheidungen, die kraft eines Synodalbeschlusses erlassen wurden, jetzt noch besaßen, zeigt das Beispiel des Streites der Stifte Au und Gars um die Kirche Pürten 582 . 1169/70 hatte der Erzbischof Adalbert III. sie dem Stift Gars genommen, als in diesem Stift der vom Kaiser gewaltsam eingesetzte Propst Egelolf amtierte, und sie an Au geschenkt. Als der Erzbischof Konrad III. die Diözesanverhältnisse wieder ordnete, gab er auch die Kirche Pürten wieder an den rechtmäßigen Besitzer zurück 583 . Die Kanoniker von Au unterwarfen sich diesem Urteil jedoch keineswegs, wie etwa noch 1136 die Baumburger dem Spruch des Erzbischofs Konrad I., sondern appellierten dagegen an Rom 5 8 4 . Tatsächlich erwirkten die Kanoniker von Au 1178 ein Privileg vom Papst Alexander III., in dem Pürten als ihr Besitz aufgeführt wird 5 8 5 . Dagegen wiederum gingen die Garser vor und erlangten nun ihrerseits päpstliche ) SUB 2, S. 703f., N r . 518, 1197 Okt. 23. G P 1, S. 46, N r . 158, und S. 64, Nr. 21. ) Vgl. dazu B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 133-135; M a r t i n , Das Urkundenwesen, S. 737-740. 583 ) Das ist zu entnehmen dem Mandat des Papstes Cölestin III. vom 11. Dez. 1196 an die Äbte von St. Peter-Salzburg und Ebersberg und den Propst von St. Andrä-Freising: . . . in publica sinodo memoratam capellam Garzensi ecclesie adiudicare curavit ..., Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 157, Nr. 4. G P 1, S. 55, Nr. 7, und S. 80f„ Nr. 5. 584 ) Ebd.: sie schickten einen Gesandten nach Rom und forderten von der Kurie Mandate an den Erzbischof von Salzburg mit dem Befehl, die Garser sollten sogleich vertrieben werden von dem Besitz, den die Kanoniker von Au als ihr Eigentum kurz vorher besetzt hätten. 585 ) B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 133. G P 1, S. 82f., Nr. 2, 1178 Febr. 7. 581 582
Erzbischöfliche Autoritätseinbuße
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Bestätigungen586. Nachdem der Papst Coelestin III. 1196 dann wieder den Ausschlag für Au gegeben hatte 587 , konnten bald darauf die Kanoniker von Gars durch eine Fälschung von 1196/97 588 einen Erfolg für sich buchen, als ihnen derselbe Papst 1197 die Kirche erneut zusprach589. Nun wandten sich die Regularkanoniker von Au wieder einmal an den Erzbischof, denselben, der ihnen einst diese Kirche zugesprochen hatte, und wirklich teilte 1197/1200 Adalbert III. Pürten wieder den Auern zu 590 , angeblich wegen der günstigeren Lage und mit dem Versprechen eines Ersatzes für Gars, wobei es allerdings nur bei der Zusage blieb. Erst der Erzbischof Eberhard II. (1200-1246) beendete am 22. Mai 1204 den Streit, nach einer neuerlichen vom Papst Innocenz III. angeordneten Untersuchung591, indem er an Gars als Entschädigung die Pfarrei Stephanskirchen gab592. Die Schilderung dieses Tauziehens sollte verdeutlichen, als wie wenig definitiv gegenüber der Zeit Konrads I. nun ein erzbischöflicher Entscheid von Regularkanonikerstiften des Salzburger Reformverbandes betrachtet wurde. Eine Instanz wurde gegen die andere ausgespielt, nur das persönliche Interesse wurde verfolgt. Die Struktur des Salzburger Reformverbandes, wie sie unter dem Erzbischof Konrad I. entwickelt worden war, gehörte zu Ende des 12. Jahrhunderts längst der Vergangenheit an.
68e
) Von Lucius III.: GP 1, S. 80, Nr. 2; MB 1, S. 61, Nr. 4, 1185 Okt. 28. Von Clemens III.: GP 1, S. 80, Nr. 3; A c t a pontificum Romanorum inedita, Bd. 1, hgg. von P f l u g k - H a r t t u n g , S. 348, Nr. 402, 1189 Sept. 12. 587 ) Mandat von 1196 vor Dez. 11, GP 1, S. 80, Nr. 4. Mandat vom 11. Dez. 1196, Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 157, Nr. 4; GP 1, S. 80f., Nr. 5. 588 ) SUB 2, S. 56Iff., Nr. 411. 58 ») GP 1, S. 81, Nr. 6; MB 1, S. 64-66, Nr. 5,1197 Juni 2. 59 °) SUB 2, S. 684ff., Nr. 507. 5 «) SUB 3, S. 649, Nr. C 23, 1202 März 14. 592 ) SUB 3, S. 59ff., Nr. 580. Vgl. B r a c k m a n n , Salzburger Kirchenprovinz, S. 134.
Dritter Teil
DIE I N N E R E O R D N U N G DER R E G U L A R K A N O N I K E R S T I F T E DES SALZBURGER R E F O R M K R E I S E S
I. D E R O R D O D E R
REGULARKANONIKER
1. D a s B a n d d e r
Observanz
Um den Kern des Reformverbandes der Salzburger Kanonikerreform hatte sich, wie im ersten Teil dieser Arbeit gezeigt, ein Kreis von Reformstiften gruppiert, die nur auf der Grundlage der Observanz eine Gemeinschaft bildeten. Dieser Kreis war nicht sehr großräumig angelegt, sondern beschränkte sich in der Hauptsache auf die Salzburger Kirchenprovinz und ihre nähere Umgebung. Wie beim Salzburger Reformverband war auch beim Reformkreis insgesamt der Höhepunkt der Entwicklung in der Mitte des 12. Jahrhunderts bereits überschritten. Der Erzbischof konnte auf diese Reformstifte im Verhältnis zu denen des Verbandes, die ihm mittels eines ganzen Spektrums von Bindungen verpflichtet waren, relativ geringen Einfluß nehmen. Dennoch darf dieser, zumal bei bestimmten Stiften, deren Pröpste dem Salzburger Reformzentrum besonders nahestanden, nicht unterschätzt werden; so wurde mehrmals hingewiesen auf die taktische Maßnahme des Erzbischofs Konrad I., die darin bestand, daß er einen seiner überragenden Reformer, Hartmann, nach Klosterneuburg entsandte. Um auf dem Gebiet der Observanz einen Konsens herbeizuführen, war es nötig, einen Kanon von verbindlichen Regeln und Einrichtungen zu schaffen, weldie die Belange der inneren Ordnung betrafen. In diesem Bereich unterschied sich naturgemäß jeder Reformkreis von anderen. Die Observanz des Salzburger Regularkanoniker-Kreises entsprach prinzipiell den Forderungen der allgemeinen Reformbewegung, war aber in ganz spezifischer Weise auf die umfassende Reformanlage, die unter dem Erzbischof Konrad I. entstand, zugeschnitten. 2. D i e R e g e l d e s
Augustinus
Die Bezeichnung „Augustiner-Chorherren", wie die Regularkanoniker auch genannt werden, legt zwar die Vermutung nahe, dieser ordo habe sich auf der Augustinusregel von Beginn an aufgebaut - ein solcher
236
I. Der Ordo der Regularkanoniker
Irrtum hat auch für den Benediktinerorden geraume Zeit bestanden wie aber bereits angedeutet wurde, ging die Bewegung der Regularkanoniker von einer anderen Maxime aus, welche zunächst ganz allgemein „Nachfolge des apostolischen Lebens" hieß 1 . U m das zu erreichen, richtete man sich nach den Vorschriften der Väter, welche die regula apostolica oder regula canonica erläuterten. Die Regel des Augustinus spielte dabei anfangs eine relativ untergeordnete Rolle 2 ; in der sog. „Regel des Papstes Gregor VII." wird sie beispielsweise gar nicht erwähnt, wohl aber die Dekrete sanctorum patrum scilicet Silvestri et Innocentii3. Lediglich vereinzelt, als Beispiel neben anderen, fand sie Berücksichtigung. Erst unter dem Papst Urban II. tauchte die Formel secundum regulam beati Augustini in päpstlichen Privilegien für den deutschen Raum auf 4 , was aber dennoch nicht zu übersetzen ist mit „gemäß der Regel des hl. Augustinus", sondern als „gemäß seinem Leben und Vorbild" 5 , das eben der vita apostolica entsprochen hatte. So schilderte es noch 1121 die Reformbestätigungs-Urkunde des Stiftes Steinfeld: Itaque inter cetera aduerti canonice professionis regulam ab apostolis institutam, ab apostolicis uiris diligenter obseruatam, deinde a uenerabili patre Augustino et doctrina intimatam et usu approbatam, postremo modernis temporibus in ecclesia christi longe lateque pullulantem6. Es war nach wie vor die vita apostolica, die vita canonica, die sich ausVgl. oben, Einleitung, S. 5. ) Die Frage nach der Rolle und der Bedeutung der Regel des Augustinus für die Regularkanonikerbewegung des 11. und 12. Jahrhunderts in verschiedenen Entwicklungsstadien wurde bereits des öfteren behandelt, so bei W i r g e s , Ober den Ursprung der Augustinerregel; S c h r ö d e r , Die Augustinerchorherrenregel, bes. S. 271; Μ ο i s , Rottenbuch, S. 251ff.; zuletzt V e r h e i j e n , La r£gle, in verschiedenen Aufsätzen im zweiten Band seines Werkes: Recherdies Historiques. 3 ) Μ o r i n , Reglements, S. 181; auch Ordo canonicus 1960, S. 21. Sogar die Consuetudines von S. Maria in Porto bei Ravenna, verfaßt von Petrus de Honestis um 1115/1116 (PL 163, Sp. 703-748), nennen die Augustinusregel nicht direkt oder gar hervorhebend, sondern man kann nur darauf schließen, daß sie dem Verfasser vorgelegen haben muß, weil sich die Gewohnheiten an manchen Stellen auf den Regeltext beziehen. Die Augustinusregel galt hier also nodi zu dieser Zeit als eine Vorschrift unter vielen, keineswegs als die bevorzugte. 4 ) 2 . B. im Privileg Urbans II. für Rottenbuch von 1092: . . . canonicum jratrum secundum regulam B. Augustini viventium, in loco qui Rettenbach dicitur, constituentes, PL 151, Sp. 337, N r . 58; GP 1, S. 375f., N r . 2. In Italien und Frankreich ist die Formel schon unter Alexander II. anzutreffen; vgl. D e r e i η e , Vie commune, S. 393 und 374fF. 5 ) Vgl. Μ ο i s , Rottenbudi, S. 246 und 253. e ) NrhUB 1, S. 191, Nr. 292, Urkunde des Erzbischofs Friedrich I. von Köln. 2
D i e Regel des Augustinus
237
zeichnete durch Armut und Verzicht auf Privateigentum, durch die vita communis als Voraussetzung eines Lebens im Dienste für Gott, durch einen dem mönchischen Leben angepaßten Tagesablauf und durch bestimmte Auflagen der Abstinenz, des Fastens und des Schweigens, worauf die Regularkanoniker die Profeß, das Gelübde, ablegten. Schon die Einrichtung dieser Profeß unterschied sie seit der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts von den anderen Kanonikern, welche ein solches Gelübde und damit eine solche Lebensführung verweigerten und daher geringschätzig „Säkularkanoniker" genannt wurden 7 . Der Grund, warum die geschriebene Regel des Augustinus seit dem zweiten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts dann doch immer mehr ins Zentrum rückte, liegt darin, daß Augustinus die authentische Uberlieferung und Interpretation des apostolischen Lebens zu gewährleisten schien. Man erblickte in ihm den Neubereiter der vita canonica, wie der Papst Urban II. es formulierte: Hanc martyr et pontifex Urbanus instituit, hanc Augustinus suis regulis ordinavit8. Als frühestes und für einige Jahre einziges Beispiel der Errichtung eines Regularkanonikerstiftes ausdrücklich auf der Grundlage der Regel des Augustinus, so wie sie von ihm geschrieben worden war also nicht nur im Sinne eines allgemeinen Vorbildes - gilt das Stift Springiersbach in der Diözese Trier 9 . Zur Gründung von 1107 heißt es: ... (cellam) construxit, in qua clericos canonicos seculo abrenuntiantes, quorum pars deus est, secundum instituta r e gule ab. August i no conscripte, locari uoluit10. Daß es in der Diözese Halberstadt zur selben Zeit eine Parallele gab, blieb bisher unbeachtet. In der Bestätigungsurkunde für Hamersleben vom 7. August 1108 führte der Bischof Reinhard von Halberstadt aus: Hoc autem ecce coram deo ea conditione facimus, ut canonici in eodem loco deo mili7 ) Vgl. Μ ο i s , Rottenbuch, S. 240. Nach den Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 706, zu 1111 (Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S, 42), heißt es über die Rottenbucher Regularkanoniker: In monasterio autem illo erat regularis clericorum congregatio vitaque communis et professio. D i e Profeß war eines der spezifischen Merkmale. e ) Privileg des Papstes Urban II. v o n 1092 für Rottenbudi, PL 151, Sp. 338, N r . 58; G P 1, S. 375f., N r . 2. Nach S c h r ö d e r , D i e Augustinerchorherrenregel, S. 271, wurde Augustinus immer mehr in den Vordergrund geschoben, um durch das Ansehen seines N a m e n s der Bewegung mehr Gewicht zu verleihen. 9 ) M o i s , Rottenbuch, S. 256; P a u l y , Springiersbadi. Geschichte des K a n o nikerstifts, S. 46. 10 ) MrhUB 1, S. 476, N r . 415. Spätestens 1110 war die Gründung abgeschlossen; vgl. P a u l y , Springiersbadi. Geschichte des Kanonikerstifts, S. 46.
238
I. Der Ordo der Regularkanoniker
tantes sub regula sancti Augustini canonice et religiose vivant, et omnia , que in e a d e m regula scripta et inst it Uta sunt, quantum dominus dederit, diligenter et omni contradictione remota adimplere studeant11. Noch deutlicher als im Falle Springiersbachs wurden hier die gesamte Regel des Augustinus und alle ihre Bestimmungen zur Norm des regulierten Kanonikerlebens gemacht. Das Springiersbacher Beispiel steht also nicht ganz so vereinzelt da. Diese neue Begründungsweise, die zunächst recht klare Maximen schuf, brachte in der Folgezeit beträchtliche Verwirrung in die Regularkanonikerbewegung: die vollständige Regel des Augustinus bestand nicht aus einer homogenen Einheit, sondern aus zwei Teilen, die nicht in allen Punkten in Einklang zu bringen waren, aus dem Praeceptum und dem Ordo monasterii12. Der Ordo monasterii13 zeichnete sidi gegenüber dem Praeceptumu durch knappe Formulierung und schärfere Vorschriften für Fasten, Abstinenz, Schweigen und Handarbeit aus; außerdem entsprach die Ordnung der liturgischen Zeiten und Gebete nicht mehr dem römischen ordo. Das führte dazu, daß seit dem zweiten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts zum einen die Autorschaft des Augustinus für den Ordo monasterii von einem Teil der Regularkanoniker angezweifelt wurde, und zum anderen sich die Kanonikerbewegung, um die Entwicklung grob zu skizzieren, in zwei Lager aufspaltete: in den Ordo antiquus, der sich dem Praeceptum anschloß, und in den Ordo novus, der dem Ordo monasterii folgte15. Die Frage nach der Autorschaft der beiden Regelteile ist bis heute Gegenstand der Auseinandersetzung geblieben16. Luc Verheijen hat jüngst für das Praeceptum " ) Die jüngste Edition in U r k. Hamersleben, hgg. von Z ö l l n e r , S. 3fi., Nr. 1; ansonsten HUB 1, S. 90f., Nr. 130. 12 ) Das Praeceptum wird vielfach Regula tertia genannt. Idi halte mich hier jedoch an die Terminologie des letzten Bearbeiters und Herausgebers der Regel des Augustinus, V e r h e i j e n , La regle. Der Ordo monasterii ist auch sonst unter dieser Bezeichnung zu finden. " ) Ediert bei V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 148-152. " ) Ediert ebd., S. 417-437. 15 ) Es soll hier gleich darauf hingewiesen werden, daß diese Schematisierung für die Erfassung der jeweiligen individuellen Verhältnisse in den verschiedenen Reformkreisen sehr differenziert werden muß. Es handelt sich hier nur um einen Gesamtüberblick. , e ) Dazu S c h r ö d e r , Die Augustinerchorherrenregel; Z u m k e l l e r , Die Regel des heiligen Augustinus; H ü m p f n e r , Die Möndisregel des heiligen Augustinus. Der jeweilige Stand der Forschung läßt sich gut ablesen bei: W i r g e s , Uber den Ursprung der Augustinerregel, S. 583; M o i s , Rottenbuch, S. 247; S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 258. Das Problem der Autorschaft kompliziert
Die Regel des Augustinus
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Augustinus selbst 17 und für den Ordo monasterii den Schüler und Gefährten des Augustinus, Alypius 18 - nur den ersten und den letzten Satz des Ordo monasterii schreibt er dem Augustinus zu als Verfasser nachgewiesen. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden dagegen von der obersten kirchlichen Autorität, dem Papst, beide Regeln auf Augustinus zurückgeführt und als eine Einheit betrachtet 19 . Allerdings sollte anstelle des liturgischen Teils des Ordo monasterii die Liturgie des römischen ordo befolgt werden 20 . Mitten in diese Auseinandersetzung zwischen dem Ordo novus, vornehmlich vertreten durch das Stift Springiersbach, sodann seit 1119 sidi dadurch, daß es audi angebliche Augustinusregeln für Frauengemeinschaften gibt, die Obiurgatio, ediert bei V e r h e i j e n , La rJgle, Bd. 1, S. 105-107, die Regularis informatio, eine Umarbeitung des Praeceptums für Frauenkonvente, ediert ebd., S. 53-66, und den Ordo monasterii f e minis d a t u s , ediert ebd., S. 140-142. " ) V e r h e i j e n , La regle, Bd. 2, S. 187-194. 18 ) Ebd., S. 206f. w ) Der Papst Urban II. schrieb in seinem Privileg für Rottenbudi vom 28. Januar 1092 von den R e g e l n des Augustinus: hanc Augustinus suis regulis ordinavit, PL 151, Sp. 338, N r . 58; GP 1, S. 375f., N r . 2. Für das Praeceptum longius, d. h. die Regelüberlieferung, in welcher das Praeceptum und der Ordo monasterii gemeinsam aufgeschrieben sind und als zusammengehörig betrachtet wurden, ist gerade ein italienischer Überlieferungsstrang kennzeichnend, vgl. V e r h e i j e n , La rJgle, Bd. 2, S. 208. Zum Praeceptum longius grundlegend V e r h e i j e n , La r£gle, Bd. 1, S. 109-127. 20 ) Bekannt ist die Gelasius-Urkunde für Springiersbach vom 11. August 1118 (JL 6648), in der für das Stift, das dem Ordo novus und damit dem Ordo monasterii folgte, entschieden wurde: Ea uero, que de officiis ab eodem doctore scripta sunt, quia et in Romana ecclesia et in ceterarum ecclesiarum consuetudine discrepant, obseruari non possunt ... Precipimus ergo, ut officiorum celebrationes apud uos iuxta communem catholice ecclesie consuetudinem obseruentur, cod. Wien NB 1482, fol. 1 5 7 Ί (zum Teil fehlerhafte Drucke in PL 163, Sp. 497, Nr. 14; V e r h e i j e n , La regle, Bd. 2, S. 121). Dennoch hielt man sich in Springiersbach auch weiterhin an die Augustinische Liturgie, zumal der Papst Calixt II. am 4. November 1119, wenn auch ohne ausdrücklich auf die Liturgie einzugehen, den ordo von Springiersbach billigte, JL 6778; MrhUB 1, S. 499, N r . 438; B u l l a i r e du Pape Calixte II, Bd. 1, hgg. von R o b e r t , S. 142, Nr. 98. Ebenso bedeutsam ist, daß 1126/28 der Papst HonoriusII. auch das Reformstift Premontri darauf hingewiesen hat, die üblichen Liturgievorschriften einzuhalten, P a p s t u r k u n d e n in Frankreich, N F 4, hgg. von R a m a c k e r s , S. 90, Nr. 18 (auch L e f e v r e in den Annalecta Praemonstratensia 12, 1936, S. 69): Ceterum de psalmodia et de aliis officiis ecclesiasticis vobis mandamus, ut ea secundum aliorum regularium fratrum consuetudinem celebretis. Zum Datum dieses Mandats vgl. D e r e i η e , Le premier ordo de Premontre, S. 90; R a m a c k e r s setzt es auf 1126 (vgl. unten, Anm. 159). Zum historischen Zusammenhang auch P e t i t , L'ordre de Primontre de saint Norbert i Anselme de Havelberg, S. 468, der allerdings Klosterrath falsch einordnet, denn Klosterrath befolgte einen gemäßigten Ordo novus, ähnlich wie der Salzburger Reformkreis, wie sich zeigen wird.
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I. Der Ordo der Regularkanoniker
durch Klosterrath und seit 1121 durch Premontre, und dem Ordo antiquus mit den Exponenten S. Ruf, Marbach und Rottenbuch 21 fielen der Aufbau und die Ausbreitung der Salzburger Regularkanonikerreform, wenn wir von den weniger bedeutenden Versuchen vor 1121 absehen. Im Folgenden gilt es, die Stellung dieses Reformkreises in dieser Hinsicht zu konkretisieren.
2 1 ) Ober die Entwicklung dieser beiden Richtungen vgl. D e r e i n e , Saint-Ruf et ses coutumes, S. 167-175; M o i s , Rottenbudi, S. 256-260; D e r e i n e , Chanoines, Sp. 389ff.; S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 289.
II. D E R E I N G E S C H R Ä N K T E ORDO MONASTERII IM S A L Z B U R G E R R E F O R M K R E I S
Alles deutet darauf hin, daß das Praeceptum in den ersten beiden Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts im bayerisch-salzburgischen Raum bekannt war. Eine Regelhandschrift aus St. Florian in der Diözese Passau, cod. XI 249, fol. 27 r -31 v , wird von Franz Linninger22 und Luc Verheijen23 noch in das 11. Jahrhundert datiert24. Noch beweiskräftiger ist der Umstand, daß das Praeceptum im Salzburger Raum offenbar in den Bibliotheken der Mönchsklöster zugänglich war: aus dem Kloster Lambach in der Diözese Passau besitzen wir eine Regelhandschrift aus dem 9. Jahrhundert, cod. Lambach 31, fol. 115 T -124 r , mit dem Praeceptum:25. Daß ein Austausch zwischen Mönchskloster und Regularkanonikerstift nicht unüblich war, wenn es galt, sich Vätersdiriften zu besorgen, beweist uns ein glücklicher Zufall: die Regelhandschrift clm 12617, fol. 91 r -94 r , aus Ranshofen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entspricht in der Schreibart genau dem Lambacher Regeltext 26 , d. h. die Ranshofener Regularkanoniker, deren 22
) L i η η i η g e r , Führer durch das Chorherrenstift St. Florian, S. 7. ) V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 19. " ) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 333, spricht sich für die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts aus. 25 ) Vgl. V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 195. 2 ") Die Lambacher Schreibart hat V e r h e i j e n in seiner Edition des Praeceptum unter dem Sigel Α im Apparat vermerkt; sie zeichnet sich aus dadurch, daß an mehreren Stellen abbas für prepositus eingesetzt ist, ζ. B. V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 430, Zeile 164; S. 431, Zeile 171; S. 435, Zeile 217; sodann dadurch, daß das Kapitel V (Abschnitte 7 und 8) der Regel bedeutend erweitert ist, ebd., S. 432, Zeile 179-185. Genau dieselben Eigenarten weist auch die Ranshofener Handschrift auf, wobei typischerweise jedoch, offenbar bei einer Korrektur, abbas jeweils ausgestrichen und mit prepositus überschrieben wurde. Daß die Ranshofener Handschrift auf die Lambacher und nicht auf die sehr ähnliche Handschrift Paris BN lat. 15 670 (beschrieben bei V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 136 und 183) zurückzuführen ist, zeigen die Gemeinsamkeiten der Ranshofener und Lambacher Handschriften im Unterschied zur Pariser Hs., die aus der Gegend von Narbonne stammt: bei dem zusätzlichen Text im Regelkapitel V, 7-8, hat clm 12 617, fol. 93 r , wie Lambach 31: servo singulo, grandiori und quod gegenüber servos, grandiore und qui im Pariser Codex. Der Titel abbas in der Ranshofener Handschrift weist also nicht auf irgendeine Verbindung zu Regularkanonikerstiften, die, wie Klosterrath oder 2S
242
II. Eingeschränkter Ordo monasters
im Salzburger Reformkreis
Stift 1125/26 reformiert worden war, holten sich eine Regelabschrift aus dem in der Nähe liegenden Kloster. Man darf deshalb annehmen, daß es bereits vor 1125/26 für ein Reformstift wie Rottenbuch nicht sonderlich schwierig gewesen sein kann, in den Besitz einer Regelhandschrift zu gelangen. Die vergebliche Suche Gerhodis von Reichersberg, der 1124 die Profeß auf die vita apostolica gemäß der Regel des Augustinus in Rottenbuch abgelegt hatte27, nach „der Regel, nach der zu leben er gelobt hatte" - so der Bericht des Magnus von Reichersberg28 —, ist daher entweder nur auf den Teil des Ordo monasterii zu beziehen oder vielleicht audi nur auf einen definitiven Autoritätsentscheid darüber, welche der Regeln des Augustinus dem Leben eines Regularkanonikers zugrunde gelegt werden sollte. Einen solchen holte sich Gerhoch nämlich im Februar 1126 auf einer Reise mit einer Gesandtschaft des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg nach Rom 29 : der Papst Honorius II. gab ihm ein Mandat für Rottenbuch mit, welches vorschrieb, regulam igitur beati Augustini scriptam zu befolgen30. Gerhoch, der in Rom Norbert, den Gründer von Premontre, getroffen und mit ihm, dem Vertreter des Ordo novus, Gedanken ausgetauscht hatte31, brachte mit diesem Mandat auch eine Handschrift des Praeceptum longius - des Gesamttextes mit Praeceptum und Ordo monasterii - mit, um es in Rottenbuch zur verbindlichen Grundlage zu erheben32. Dagegen setzte sich der Konvent freilich erfolgreich zur Wehr, und das Praeceptum, ohne dem Ordo monasterii, konnte sich in Rottenbuch behaupten33. Die Frage lautet nun: war eventuell audi im Salzburger ReformSpringiersbach, abbas anstelle prepositus gebrauchten, sondern findet so seine einfache Erklärung, daß diese Handschrift auf einer Vorlage aus einem Mönchskloster fußt, wo natürlich abbas üblich war. " ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 29. 28 ) Chronicon Magni prespiteri, MGH SS 17, S. 491: audi in anderen Stiften der Regularkanoniker sei sie damals nicht zu finden gewesen; vgl. Μ ο i s , Rottenbudi, S. 248. 29 ) Über diese Gesandtschaft vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 30-34. 30 ) Das Mandat bei Μ ο i s , Rottenbuch, S. 249f. In GP 1, S. 377, Nr. 6, ist das Datum auf 1126 Feb. 26 zu korrigieren. 31 ) PL 166, Sp. 1249. Vgl. dazu Κ 1 e b e 1, Norbert von Magdeburg, der entgegen C l a s s e n , Gerhoch, bes. S. 32, einen bedeutend stärkeren gegenseitigen Einfluß der beiden Männer aufeinander vertritt. Auch Norbert habe noch nicht einen aus der Diözesanverfassung herausfallenden, abgeschlossenen Orden gründen wollen und habe dann als Erzbischof von Magdeburg den Regularklerus, die Prämonstratenser, in den Dienst der Diözesanreform gestellt. 32 ) M o i s , Rottenbuch, S. 260. S3 ) Ebd., S. 261.
Verschiedene Reformrichtungen in Salzburg
243
kreis bis 1126 der Ordo monasterii unbekannt, bzw. blieb er aucii dort unbefolgt, und welche Stellung nahm man dort in der Folgezeit gegenüber der „geschriebenen Regel" als Grundlage ein? Daß das Gedankengut des Ordo novtts, zumindest im Salzburger Domkapitel, spätestens seit 1123 geläufig gewesen sein muß, geht allein schon daraus hervor, daß 1123, als das Stift Klosterrath einem Brand zum Opfer fiel, ein Großteil des Konvents der dortigen Regularkanoniker vom Leiter des Stiftes, Bertolf, nach Salzburg geschickt und dort dem Domkapitel eingegliedert wurde 34 . Die Klosterrather Kanoniker waren zu dieser Zeit bereits weitgehend auf den Ordo novus eingestellt: sie hatten in Bertolf (1123-1124) einen ehemaligen Professen aus Springiersbach, ubi etiam tunc similis florebat religio35, zum Vorsteher gewählt. Man darf sogar annehmen, daß schon 1121 diese Richtung in Salzburg bekannt war, weil der Erzbischof Konrad I. sich damals vom Abt Richer von Klosterrath (1112-1122) vier Kanoniker hatte schicken lassen, die dann maßgeblich an der Reform des Salzburger Domkapitels beteiligt waren 36 . Zwei Jahre vorher hatte Richer Maximen des Ordo novus in seinem Stift verwirklicht: „er wollte, daß auch seine Brüder, die bisher an drei Tagen in der Woche nach alter Sitte Fleisch gegessen hatten, vollkommener würden, und nach einer allgemeinen Beratung setzte er fest, daß sie sich des Fleisches zu enthalten hätten . . ," 37 ; damit waren Lebensformen der strengeren Ordnung akzeptiert worden. Die vier Klosterrather Regularkanoniker könnten demnach diese Haltung auch in Salzburg vertreten haben. Zum großen Reformwerk hatte der Salzburger Erzbischof aber auch Kanoniker anderer Provenienz aufgerufen 38 , so den Kanoniker Hart34
) Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 704, zu 1123; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 62: Konrad posuit eos aput Salzeburch in suo principali monasterio. 35 ) Ebd., bzw. Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 60. 3e ) Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 701, zu 1121; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 54. An dieser Stelle sei nachdrücklich auf die Arbeit von E r n s t , Histoire du Limbourg, Bd. 2, S. 282-365, über Klosterrath hingewiesen, der als erster die Zusammenhänge zwischen Klosterrath und Salzburg erkannt hat (S. 335ff.), und dessen Ergebnisse immer noch Gültigkeit besitzen. " ) Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 700, zu 1119; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 50: volens fratres quoque suos, qui tribus adhuc septimane diebus antiquorum more vescebantur carnibus, proficere in domino et agere perfectius, accepto omnium consilio institu.it eos abstinere carnibus ... 38 ) . . . in ecclesia Salzburgensi apostolicam vitam secundum regulam beati Augustini instituit et ad perficiendum desiderium suum personas huic operi necessarias et idoneas u η d i q u e collegit, heißt es in der Vita beati Hartmanni, hgg. von S p a r b e r , S. 41, anläßlith des Reformbeginnens des Erzbischofs Konrad I.
244
II. Eingeschränkter Ordo monasterii im Salzburger Reformkreis
mann aus St. Nikola bei Passau, einem Stift, das wie Rottenbuch dem Ordo antiquus angehörte; und gerade Hartmann spielte eine bedeutende Rolle bei der Durchführung der Reform. Als Dekan des Salzburger Domstifts übte er sogar die Aufsicht über die innere Disziplin aus. Im Salzburger Reformkreis mußten also von Anbeginn die verschiedenen Richtungen der Regularkanonikerbewegung in Auseinandersetzung miteinander gelegen haben. Vielleicht hat man versucht, diese Spannung dadurch etwas zu lösen, daß die Reformforderungen noch längere Zeit betont auf die allgemeine Grundlage der Nachfolge des Lebens in der Urkirche gestellt wurden. Noch 1136 meinte der Erzbischof Konrad I. bei der Gründung von St. Zeno-Reichenhall: quia nimirum divine auctoritati congruere non dubitatur, ut sub q u ali norma cler u s au c tor e Christo in primitiva ecclesia institutus est, sub tali et ad hue instituatur taliterque instituto clero ecclesia regenda committatur39. Auch der bereits öfter zitierte anonyme Verfasser eines Kommentars zur Augustinusregel, der um die Jahrhundertmitte schrieb, weiß zu berichten, daß die Regel, nach der die Regularkanoniker zu leben haben, gleichsam nur zufällig „Augustinus-Regel" heißt als Belohnung für die Bemühungen des Augustinus um die Erhaltung und Überlieferung der vita apostolic α40. Das Leben der Apostelgemeinde und das Leben in der Urkirche waren es, was man befolgen wollte. Dennoch konnte man auch im Salzburger Reformkreis natürlich nicht umhin, prinzipiell inhaltlich eine Klärung zu schaffen zwischen Praeceptum und Ordo monasterii, zwischen Ordo antiquus und Ordo novus. Peter Classen vermutet, daß in der Gesandtschaft des Erzbischofs Konrad I. 1126 nach Rom, an der Gerhoch teilnahm, sich auch der Salzburger Dompropst Hermann befunden habe 41 , der vom Papst Honorius II. durch vermittelnde Intervention des Erzbischofs Konrad I. ein Privileg für das Domstift in Salzburg besorgte, das damit
3e
) SUB 2, S. 254, Nr. 171, 1136 April 5. ) Wien N B cod. lat. 2207, fol. 1 4 ' (das erste Blatt Nr. 14): Vnde spiritus sanetus eum auctoris nomine honorauit, ut regula, que apostolorum est, dicatur Augustini pro eo, quod ab eo diligenter obseruata et scriptis commendata et regularibus sit instituta roborata. 41 ) Gerhoch spricht nur vom „Gesandten" des Erzbischofs, Opusculum de aedificio Dei, M G H Ldl 3, S. 178. 40
Die Gesandtschaft Konrads 1 . 1 1 2 6 nach Rom
245
nicht auf 1125, sondern auf 1126 zu datieren wäre42. Möglicherweise war nicht nur Gerhoch, sondern auch der Erzbischof an einer Entscheidung in der Regelfrage interessiert. Auffällig ist jedenfalls, daß unter den geringfügigen Änderungen im Honorius-Privileg gegenüber dem Privileg des Papstes Calixt II. für das Domstift vom 19. Februar 1123 als bedeutendste hervorzuheben ist der Passus: statuentes, ut canonicus ordo iu χ t a b e ati Augustini regulam... observetur4S. Im Calixt-Privileg hieß es noch einfach: Vite namque canonice ordinem . . . confirmamusil. Man darf daher vermuten, daß die erweiterte Formulierung in diesem Fall bewußt die gesamte Augustinus-Regel betonen wollte, um die allgemein gehaltene Vorlage zu konkretisieren. Daß das Regelproblem Anliegen der Gesandtschaft des Erzbischofs gewesen sein kann, ist auch aus der Antwort des Papstes Honorius II. an Konrad I. herauszulesen, die besagte, er könne des Erzbischofs Forderungen nach neuen Satzungen nicht erfüllen, da die alten Dekrete ausreichten; bei deren Durchführung werde er ihm behilflich sein45. Daß sich jedenfalls im Prinzip nicht nur Gerhoch für den Ordo monaster ii entschieden hat 46 , sondern auch, und das wahrscheinlich im Anschluß an die besagte Delegation nach Rom, der Salzburger Reformkreis, beweisen die überlieferten Regelhandschriften aus diesem Kreis47. Eine Aufstellung aller Regelhandschriften - wobei wir aus Übersichtsgründen jede Handschrift mit einer Nummer versehen - aus dem bayerisch-salzburgischen Reformbereich bis zum 13. Jahrhundert ergibt folgendes Bild 48 : 4 2 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhodi, S. 30 und dort Anm. 2. Die Annales Reicherspergenses, M G H SS 17, S. 454, reihen das Ereignis zu 1125, weshalb das Privileg, dem die Jahresdatierung fehlt, bisher in dieses Jahr gesetzt wurde (GP 1, S. 48, Nr. 2 ; SUB 2, S. 202f„ N r . 133). 4 S ) SUB 2, S. 203, N r . 133. 4 4 ). SUB 2, S. 196, N r . 1 2 8 ; auch Β u 11 a i r e du Pape Calixte II, Bd. 2, S. 108, N r . 3 4 3 ; G P 1, S. 47f., N r . 1. 4 5 ) G P 1, S. 21, N r . 54, 1 1 2 4 - 1 1 2 6 . M G H Ldl 3, S. 178. 4 β ) Im Opusculum de aedificio Dei, Kap. 32, P L 194, Sp. 1277, meinte er, man müsse die „dunklen Stellen", die obscuria, nur erläutern, dann würde diese Regel schon befolgt werden. " ) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 3 3 3 - 3 3 6 , hat eine Reihe von ihnen zusammengestellt; vor ihm hat S c h r ö d e r , Die Augustinerchorherrenregel, S. 279, auf einige hingewiesen. In seiner gründlichen Untersuchung dürfte nun V e r h e i j e η , L a regle, die meisten Regelhandschriften erfaßt haben. 4 8 ) Es wird jeweils angegeben, ob es sich um das Praeceptum oder um das Praeceptum longius, also um die Verbindung von Praeceptum und Ordo monasterii, handelt.
246
II. Eingeschränkter Ordo monasterii im Salzburger Reformkreis
Nr.
Jhdt.
Sigle
Herkunft
Regel
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
IX XI XII
Lambach 31 St. Florian XI 249 Admont 331 Klosterneuburg 587 clm 1018 clm 1031 clm 7 804 clm 12617 clm 17174 Ranshovianus 49 Wien NB 1550 Wien NB 2195 Wien NB 2207 Göttweig 57 (112) Graz Univ. B. 480 Klosterneuburg 79 Wilten 21 clm 14 673 Wien NB 148251 Wien NB 785 Wien NB 1488
Lambach St. Florian Admont Klosterneuburg Dießen Windberg Indersdorf Ranshofen Schäftlarn Ranshofen unbekannt Salzburg unbekannt 60 Göttweig unbekannt Klosterneuburg Wilten St. Emmeram Salzburg unbekannt Salzburg
Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum Praeceptum
XII XII XII XII XII XII XII XII XII XII XII XII XIII XIII XIII XIII XIII XIII
longius longius longius longius longius
longius
longius longius
Praeceptum longius Praeceptum Praeceptum
Die Handschriften aus Mönchsklöstern, Nr. 1, 3, 14 und 18 können aus der weiteren Betrachtung fortfallen, ebenso die Nr. 2. Von Nr. 8 wissen wir inzwischen, daß es sich um eine Abschrift von N r . 1 handelt, die nur so lange in Geltung war, bis Nr. 10 mit dem Praeceptum longius in Ranshofen eingeführt wurde. Zu Nr. 11 und 15 stellt schon Peter Classen fest, daß es sich kaum um Kanonikerhandschriften han4β
) Diese Regel ist abgedruckt in V e t u s disciplina, hgg. von A m ο r t , S. 128-135; die Handschrift ist heute verloren. 60 ) Diese Handschrift stammt sicher nicht aus Rottenbuch, was C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 335, erwägt und was bei V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 134, Anklang findet. Der auf die Regel folgende Kommentar eines Anonymus verteidigt nämlich nachdrücklich die Autorschaft des Augustinus für den Ordo monasterii (fol. l l r ) und ist sogar vornehmlich bestimmt vom Geist dieser Regel: sie sei pie uolentibus uiuere utilissima (ebd.). Gerade in Rottenbuch aber ist das Zentrum der Gegnerschaft gegen den Ordo monasterii im bayerisch-salzburgischen Raum zu suchen. 51 ) V e r h e i j e n , La regle, Bd. 1, S. 135, setzt diese Hs., wie auch F i s c h e r , Bernhardi cardinalis ordo, S. LH, in den Beginn des 13. Jahrhunderts. Das könnte bedeuten, daß sie anläßlich der Neureform unter dem Erzbischof Eberhard II. zwischen 1218 und 1224 angelegt wurde.
Überwiegen der Praeceptum
/ongiKi-Handsdiriften
247
delt 52 . Für N r . 12 muß als Vorlage eine Handschrift mit dem Praeceptum longius angenommen werden, denn das erste Kapitel des Praeceptum wird bereits als Kapitel 13 gezählt 53 . Somit ergibt sidti folgendes Bild: von 14 Handschriften, die aus Kanonikerstiften stammen, besitzen 9 das Praeceptum longius; von den restlichen 5 ist eine, N r . 8, wahrscheinlich durch N r . 10 mit dem Praeceptum longius ersetzt worden, und N r . 12 weist zumindest noch Verbindungen mit dem Or do monasterii auf. Zwei der übrigbleibenden 3 Handschriften, N r . 20 und 21, gehören immerhin dem 13. Jahrhundert an, wobei noch unsicher ist, ob N r . 20 überhaupt aus einem Regularkanonikerstift kommt. N u r Handschrift N r . 4 stammt aus dem 12. Jahrhundert und aus einem Stift des Salzburger Kanonikerreformkreises. Auch wenn man berücksichtigt, daß von den 9 Handschriften mit dem Praeceptum longius drei in Prämonstratenserstiften in Geltung waren 54 , zeigt sich immer noch ein eindeutiges Übergewicht zugunsten der Regel mit dem Ordo monasterii bei Kanonikerstiften. Allein f ü r das 12. Jahrhundert würde die Auswertung lauten: Von dreizehn Handschriften kommen sieben aus Kanonikerstiften, nämlich die N u m mern 4, 5, 7, 8, 10, 12 und 13. Davon besitzen das Praeceptum longius die Nummern 5, 7, 10 und 13; die Handschriften N r . 6 und 9 aus Windberg und Schäftlarn sind dabei unberücksichtigt, da beide Stifte prämonstratensisch waren 55 . Von den restlichen drei Handschriften wird die N r . 8 von N r . 10 ersetzt, und die N r . 12 steht mit dem Praeceptum longius noch in gewisser Verbindung. D a ß das Praeceptum longius die im Salzburger Reformkreis gültige Fornuder Augustinusregel war, darf man somit annehmen. Das Wesentliche, Charakteristische der salzburgischen Regelrezeption läßt sich jedoch noch näher bestimmen. Es soll zunächst in zwei Thesen formuliert werden: 1. Der Ordo monasterii wurde im Salzburger Reformkreis nicht bedingungslos befolgt. 2. Damit zusammenhängend: der liturgische Teil des Ordo monasterii wurde außer K r a f t gesetzt. 52
) C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 334. ) Vgl. C l a s s e n , ebd., S. 333. Der Ordo monasterii hat 12 Kapitel. " ) Nr. 6, 9 und 17 aus Windberg, Schäftlarn und Wilten. Zu Nr. 6 vgl. unten, Anm. 60. 55 ) Die Hs. aus Windberg könnte allerdings berücksichtigt werden, wenn ihre Entstehung vor 1139 gesichert wäre; vgl. unten, Anm. 60. M
248
II. Eingeschränkter Ordo monasterii im Salzburger Reformkreis
Die Hauptquelle für diese Aussagen ergibt sich aus der Verknüpfung des Praecep tum longius mit dem Gelasius-Privileg vom 11. August 1118 für Springiersbach56 in vier der genannten Regelhandschriften: in den Nummern 6, 10, 13 und 19 ist diese Papsturkunde mit dem Praecep tum longius verbunden, entweder vornweg gesetzt, wie bei Nr. 10 und 6, oder zwischen den Ordo monasterii und das Praeceptum geschoben, wie bei Nr. 19, oder zwischen das Praeceptum und den Ordo monasterii, wie bei Nr. 13 57 . D a diese Urkunde, deren Kenntnis über Klosterrath nach Salzburg gelangte 58 , allein im Salzburger Raum überliefert ist, nämlich in diesen genannten vier Regelhandschriften und in dem von Peter Johanek ausgewerteten Vorsatzblatt von cod. 949 aus Klosterneuburg 59 , auf dem vier entscheidende Dokumente für die Gesamtreform im Salzburger Raum des 12. Jahrhunderts zusammengetragen worden sind, kann daran bereits ermessen werden, daß dieses Privileg speziell für die Salzburger Regularkanoniker von großer Bedeutung gewesen sein muß 60 . Es nimmt direkt auf die Augustinusregeln
5e
) Vgl. oben, Dritter Teil, Anm. 20. " ) Vgl. dazu V e r h e i j e η , La rJgle, Bd. 2, S. 120-124. SB ) Darüber kann kein Zweifel bestehen: auch in Klosterrath wurde der Ordo monasterii in gemäßigter Form befolgt, vgl. Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 700, zu 1119; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 50: . . . concessit (nämlich der Abt Richer) infirmis pariter et minutis vesci carnibus, quas etiam refocillandis distribuit debilibus, et interdum non negavit eas adolescentibus. Ein weiteres Argument: Die Consuetudines von Klosterrath weigern sidi ausdrücklich, in der Liturgie die Vorschrift des Ordo monasterii zu befolgen (S, fol. 41 v ). Andererseits stand Klosterrath durch die Stiftsvorsteher Bertolf (1123-1124) u n d B o r n o (1124-1127 und 1134-1137), die beide Springiersbadier Professen waren, schon frühzeitig mit Springiersbach in Verbindung, daneben aber auch mit Salzburg. Im einzelnen vgl. unten, S. 256ff. Im übrigen kam auch eine zweite Urkunde des Papstes Gelasius II., wohl audi von 1118, für Springiersbach (?), welche die stabilitas loci behandelt, nach Salzburg. Sie ist in der Hs. Wien N B cod. 1482, fol. 157v ( = N r . 19) - nicht jedoch, wie C l a s s e n , Gerhoch, S. 71, meint, in den Consuetudines dieses codex 1482 - fragmentarisch überliefert, der erstgenannten folgend, mit der Überschrift Item Gelasius. Außerdem ist sie im Scutum canonicorum des Arno von Reichersberg, PL 194, Sp. 1511, enthalten. Vgl. JL 6649. 59 ) J o h a n e k , Ordensreform, S. 170ff. Siehe oben, Zweiter Teil, Anm. 261. eo ) Die N r . 6, die Handschrift aus Windberg, kann freilich nidit vorbehaltlos in diesen Zusammenhang gestellt werden. Zwischen 1126 und 1132 wurde dort, wohl auf Betreiben des Bischofs K u n o von Regensburg und Gerhochs, der damals bei diesem Bischof und in Chammünster wirkte, die Regel Augustinus' eingeführt. Wahrscheinlich 1139 Schloß sich Windberg dann den Prämonstratensern an (vgl. B a c k m u n d , Die Chorherrenorden, S. 209). Somit ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob die Handschrift in der ersten Reformphase bis 1139 oder in der zweiten nach 1139 ins Stift gelangte. Falls dies erst unter prämonstratensischer Observanz
Einschränkung durdi das Gelasius-Privileg
249
Bezug und gibt Anleitungen für ihre Befolgung: bei den Vorschriften des Ordo monasterii für das Offizium, die Handarbeit und das Fasten sei verständige Mäßigung angebracht; bei den officiorum celebrationes müsse sowieso der römische ordo vorgezogen werden; Handarbeit und Fasten sollen nach den Möglichkeiten des Ortes und der Personen geregelt werden 61 . Diese Auslegungsanleitung führte sogar dazu, daß in einigen der Regelhandsdiriften, welche den Ordo monasterii überliefern, der liturgische Teil gleich ganz eliminiert wurde, nämlich in den Nummern 5, 9, 1362. Zwar durch die Vorschriften der Urkunde des Papstes Gelasius II. eingeschränkt, so ist demnach zu folgern, wurde der Ordo monasterii dennoch, in einer gleichsam gemäßigten Version, im Salzburger Regularkanonikerkreis befolgt. Wie sich das im einzelnen in der Praxis auswirkte, wird im Abschnitt über die Consuetudines zu besprechen sein. Daß sich im Salzburger Reformkreis, wie in Rottenbuch, schon bald wieder eine gänzliche Abkehr vom Ordo monasterii hin zum Ordo antiquus vollzogen haben soll, wie Jakob Mois annimmt 63 , bestätigt sich nicht. Jakob Mois argumentiert damit, daß Gerhoch von Reichersberg wieder zum Ordo antiquus zurückgefunden, und ihn auch Arno von Reichersberg in seinem Scutum canonicorum verteidigt habe 64 , worin Arno um 1147 die gültigen Gewohnheiten für Regularkanoniker zusammenfaßte 65 . Daß sich Gerhoch in seinen Schriften vielmehr durchaus im Bereidi des durch die Gelasius-Urkunde gemäßigten Ordo novus schon von Anbeginn bewegte und im wesentlichen dabei blieb, hat bereits Peter Classen angedeutet 66 . Und auch Arno von Reichersberg geschehen ist, wäre das ein weiterer Beitrag für eine enge Verbindung zwischen Premontre und Klosterrath, wie wir das auf dem Gebiet der Consuetudines noch darstellen werden. ,l ) V e r h e i j e η , La regle, Bd. 2, S. 121: Precipimus ergo, ut officiorum celebrationes apud uos iuxta communem catholice ecclesie consuetudinem obseruentur. Sane opus manuum et ieiunium secundum loci qualitatem et personarum jacultatem exerceatur. ®2) Vgl. dazu C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 334f. M ) M o i s , Rottenbuch, S. 261: „Die konservative Haltung Rottenbuchs in der Regel-Frage war zugleich für die meisten anderen Chorherrenstifte maßgebend und so entschied sich der ganze Rottenbucher Reformkreis, und ihm folgend auch der Salzburger, für den ,ordo antiquus', bzw. für die Regula III. als der allein authentischen , Augustinus-Regel'." M ) M o i s , Rottenbuch, S. 262. M ) Gedruckt PL 194, Sp. 1493-1528; zur Datierung C l a s s e n , Gerhoch, S. 445, Opus 1.
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51 ) S, fol. 37v. 152
) PL 150, Sp. 1046.
) S, fol. 3 6 T : Post hec iussus . . . iterum se prosternit entspricht bei den Hirsauer Const., P L 150, Sp. 1 0 4 3 : Post hec jubetur . . . iterum se prosternit; S, fol. 3 7 T : 15S
Entstehungszeit der Consuetudines Nocturnis
itaque horis
269
Wenn auch bei diesen Beispielen berücksichtigt werden muß, daß die uns vorliegenden Uberlieferungen der Consuetudines von Premontre die ursprüngliche Fassung eventuell nicht vollständig wiedergeben und manche Teile ausgelassen haben könnten - die früheste Handschrift stammt aus der Zeit um die Mitte des 12. Jahrhunderts 154 kann das kaum mehr eine Rolle spielen bei der Beobachtung, daß S den Vorlagen von Marbach und Hirsau auch in der Anordnung und der Reihenfolge der Bestimmungen genauer folgt als die Prämonstratenser-Vorschriften. Während S nur den Satz si in choro riserit . .. nicht wie die Vorlage aus Marbach bei den leichteren Vergehen stehenläßt, sonst aber in der Anreihung genau dieser entspricht, nehmen die Prämonstratenser-Consuetudines, wie im zitierten Text angemerkt, audi die
Bestimmungen in choro autem positus . . . und si alicui extraneo
sine
licentia . . . dederit155 aus dem Kapitel über die leichteren Übertretungen heraus und fügen sie den mittelschweren Vergehen bei156. Auf Grund dieser Überlegungen und Vergleiche ist nur eine Abhängigkeitsfolge Marbach/Hirsau - S - Premontre denkbar. Möglicherweise hat man sich in Premontre mehr den Klosterrather Consuetudines gewidmet, nachdem man zuerst vornehmlich Springiersbach gefolgt war 157 - von dort hatte man das wollene Gewand anstelle des linnenen und die Einteilung des Offiziums übernommen158 - und nachdem man durch das Mandat des Papstes Honorius II. ermahnt worden war, der römischen Liturgie zu folgen159. Für die Klosterrather Consuetudines Si quis autem ... inter seculares homines, qui eius excessum cognouerunt... entspricht Et si inter seculares . . P L 150, Sp. 1045; S, fol. 38 r : Quod si quis inobedientiam ... sed ultro eum apprehendant entspricht Quod si quis inobediens . . . sed ipsi ultro continuo irruentes comprehendunt, PL 150, Sp. 1047. Alle diese Parallelen fehlen den Prämonstratenser-Gewohnheiten. Sehr bezeichnend ist auch, daß dort der letzte Satz im Kapitel über die leichteren Vergehen gegenüber S und den Marb. Cons, völlig anders lautet. 154 ) Η e i j m a η , Praemonstratenser Gewohnheiten, Teil 3, S. 129. Es handelt sich um die in S t a t u t s Premontre, hgg. von W a e f e l g h e m , veröffentlichte Handschrift; vgl. oben, Dritter Teil, Anm. 149. 155 ) Zweite und dritte Klammer im oben zitierten Text der PrämonstratenserConsuetudines; vgl. oben, Dritter Teil, Anm. 150. 15β ) S t a t u t s Premontre, S. 52. 167 ) Nach D e r e i n e , Le premier ordo de Premontre, S.91f., soll der Eremit Liudolf, bei dem Norbert u. a. weilte, nach den Springiersbacher Consuetudines gelebt haben. 158 ) Auch die Abstinenzvorschriften waren in Premontre bedeutend schärfer als in Klosterrath: kein Fleisch und kein Fett! Vgl. S t a t u t s Premontre, S. 37. 159 ) D e r e i n e , Le premier ordo de Premontre, S. 90, datiert es auf 1126-1128. R a m a c k e r s in P a p s t u r k u n d e n in Frankreich, N F 4, S. 90, setzt die
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
ist damit als Terminus ante quem das Datum „vor 1131" gegeben. Da die Entstehung der Prämonstratenser-Gewohnheiten aber infolge der schon fortgeschrittenen Verbandsbildung - die Consuetudines wurden als Klammer für die neue Observanz notwendig - nicht allzunahe an diese Zeitgrenze zu rücken ist und da die aktuelle Situation in Klosterrath 1126/27 zu berücksichtigen ist, möchte ich die Abfassung der Consuetudines Nocturnis itaque horis in die Jahre 1127/29 legen 160 . 4. G e m ä ß i g t e r Ο r d ο η ο ν us a l s G r u n d l a g e der G e w o h n h e i t e n im Salzburger Regularkanonikerkreis Der Salzburger Kanonikerreform konnten nach diesem Ergebnis der Datierungsfrage nicht von Anfang an die geschriebenen Klosterrather Gewohnheiten zugrunde liegen. Zwar kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Kanoniker aus Klosterrath, deren Abt Richer immerhin in das Salzburger Nekrologium aufgenommen wurde 161 , seit 1121/22 die Richtung schon erheblich beeinflußt haben dürften. Bezeichnenderweise wird der Propst Hermann vom Domstift Salzburg in den Privilegien der Päpste Calixt II. und Honorius II. für das Domstift Abt genannt, so wie Richer von Klosterrath 162 . 1123 verstärkte sich diese Urkunde zu 1126 Febr. 16, auf dasselbe Datum also wie ein anderes Privileg des Papstes Honorius II. für Premontre (JL 7244). Nach unserem Zusammenhang ist das Datum aber eher auf 1128 zu verschieben. le0 ) Die Abhängigkeiten und die Quellen für die Klosterrather Consuetudines im einzelnen darzustellen, geht über den Rahmen dieser Arbeit hinaus. Sie werden in einer demnächst folgenden Edition der Klosterrather-Salzburger Consuetudines behandelt. N u r soviel sei angemerkt, daß die Bestimmungen über die Abtwahl in S, fol. 69 v f., teils den Marbacher Consuetudines entsprechen (S, fol. 69 v : Defuncto patre monasterii et dignis obsequiis terre commendato conuocatis omnium cellarum nostrarum prioribus celebratur . . .; C o n s . Marb., S. 252, Kap. 148, § 338: Domno prelato defuncto priores omnium nostrarum cellularum convocamus . . •), teils den Hirsauer Constitutiones (S, fol. 70 r : Post hec, cum oportunum fuerit, inuitatur episcopus ad consecrationem electi . . .; Hirs. Const., PL 150, Sp. 1039: Postea cum proxime opportunum fuerit, invitatur episcopus ad benedicendum eum ,..). Die Bestimmungen über die Wahl eines Stiftsmitgliedes zum Vorsteher eines anderen Stiftes und dessen Pflichten und Rechte gegenüber dem Mutterstift in S, fol. 73 r , stimmen sogar fast völlig mit denen in den Hirsauer Constitutiones, PL 150, Sp. 1054f., überein, mit Ausnahme freilich der Vorschrift eines Generalkapitels, welche auf Springiersbacher Einfluß zurückzuführen ist. lel
) M G H Necr. 2, S. 102, zum 4. Februar, als Richerus abbas canonicorum (Handschrift A), zum 5. Februar als Richerus prep. Rodensis (Handschrift B). 182 ) Vom 19. Februar 1123 und vom 30. April 1125 oder 1126, G P 1, S. 47f., N r . 1 und 2; SUB 2, S. 196, N r . 128 (auch Β u 11 a i r e du Pape Calixte II, Bd. 2, hgg. von R o b e r t , S. 108f„ N r . 343) und S. 202, N r . 133.
Gemäßigter Ordo novus als Grundlage
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enge Bindung noch durch ein besonderes gegenseitiges Unterstützungsabkommen 1 6 3 . Trotzdem dürfte, wie in der Regel-Frage, auch bezüglich der Consuetudines wegen der unterschiedlichen Zusammensetzung des Reformerkollegiums, wodurch Elemente des Ordo novus und des Ordo antiquus zusammentrafen, erst einmal eine grundsätzliche K l ä rung nötig gewesen sein. Es ist naheliegend, daß man sich in Salzburg im Zusammenhang mit der Entscheidung für das Praeceptum longius 1126 auch endgültig einer Consuetudines-Form nach dem Ordo novus angeschlossen hat. D a ß dabei die Klosterrather Gewohnheiten, zumindest in gewissem Rahmen, eine Grundlage abgegeben haben müssen, bezeugen schon die Akten der Generalkapitel von 1 2 1 8 - 1 2 2 4 1 6 4 . D o r t heißt es in Absatz 1, man wolle wieder die regularis ordinis nostri observancia einhalten und daher die Vorschriften, welche man in den weiteren Absätzen festgehalten habe, befolgen, zumal sie den alten bewährten Gewohnheiten entsprächen 1 6 5 ; und daß mit diesen Consuetudines, auf die Bezug genommen wird, unsere Klosterrather gemeint sind, die sich in den Handschriften F und Μ an die Akten direkt anschließen, hat bereits Gilles Gerard Meersseman erkannt 1 6 6 . Freilich darf nicht schon deshalb gefolgert werden, daß die Klosterrather Consuetudines seit 1 1 2 7 / 2 9 - frühestens zu dieser Zeit können sie in die Salzburger Diözese gelangt sein 1 6 7 - allein für den Salz" 3 ) Annales Rodenses, MGH SS 16, S. 704, zu 1123; Edition B o e r e n - P a n h u y s e n , S. 62: Tunc statuta est inter fratres huius ecclesie et bawariensis terre communis et talis conventio, ut utrique uno recipiantur capitulo, et cohabitandi succedant sibi communi consortio. Nam idem Conradus commutavit plurima in episcopatu suo monasteria sub beati Augustini militare regula. 1 M ) Ediert bei M e e r s s e m a n , Reform, S. 90-95. l e 5 ) Ebd., S. 90, Nr. 1: Quia regularis ordinis nostri observancia in omnibus pene ecclesiis ex magna parte venit in desuetudinem, et nos per apostolicum mandatum in lateranensi concilio editum ad ordinis reformacionem cogimur intendere, auctoritate generalis capituli ea, que subscripta sunt, precipimus firmiter observari, presertim cum sint collecta ex t e χ t u r e gul e et approbata consuetudine α η t i q u a. 1ββ ) Ebd., S. 87. Ein direkter Hinweis audi in Absatz 3 der Kapitelsakten (ebd., S. 90): in subsequenti libro. l e 7 ) S ist keineswegs die Urabschrift, die von Klosterrath nach Salzburg gekommen ist, wie S i e g w a r t im Diskussionsbeitrag zu C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 342, vermuten läßt. Zum einen verweist die Schrift auf die Zeit nach der Jahrhundertmitte, sodann verraten die Bemerkungen in Μ und F : Hic desunt XI1II capitula, daß es in Salzburg eine vollständige Handschrift gegeben hat. Dies wird schließlich auch dadurdi deutlich, daß dem Schreiber von S, der sich sonst genau an die Bezeichnungen abbas und prior gehalten hat, dodi zweimal ein Versehen unterlaufen ist: S, fol. 6 8 T : . . . siue presens siue absens sit domnus pr e ρ o-
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
burger Regularkanonikerkreis verbindlich gewesen seien. Denn es ist zu berücksichtigen, daß auch andere Consuetudines168 in diesem Kreis bekannt waren, unter Umständen vor denen aus Klosterrath. So kamen die Marbacher Gewohnheiten 1126 bei der Besiedelung Indersdorfs durch Regularkanoniker aus Marbach169 nach Bayern. Das noch zu besprechende Scutum canonicorum von Arno von Reichersberg aus der Zeit um 1147 zeigt gewisse, wenn auch bisher überschätzte Anklänge an diese Gewohnheiten. Daneben waren auch die Consuetudines des Petrus de Honestis aus S. Maria in Porto bei Ravenna von 1115/16 geläufig170, die der Papst Paschalis II. 1116 approbiert hatte 171 . Spätestens 1138 mußte man sie in Bayern kennen, als sie über den Erzbischof Walther von Ravenna (1118-1144) vom Domkanoniker Gebhard von Regensburg in St. Mang in Stadtamhof in der Diözese Regensburg eingeführt wurden 172 . Walther von Ravenna, der aus dem Regensburger Domkapitel kam, war mit Gerhoch von Reichersberg befreundet 173 und im Schisma von 1130 auch mit dem Erzbischof Konrad I. von Salzburg in engen Kontakt getreten174, so daß die Consuetudines von S. Maria in Porto auch schon zu dieser Zeit in den Salzburger Sprengel gelangt sein konnten. Gerhoch von Reichersberg hat in seinem Opusculum de aedi-
situs, ut tempestiue redire non possit, agente priore uicem eitts, und, noch bezeichnender, bei der Profeßformel, S, fol. 6 7 V : Promitto quo que obedientiam domno prepositoN...;K, fol. 63 v , 2. Spalte, hat an dieser Stelle dagegen korrekterweise abbate stehen, hält sich also genauer an die Vorlage, die nicht S sein konnte. 1ββ ) Einen Überblick über Editionen und Handschriften von RegularkanonikerConsuetudines im allgemeinen gibt D e r e i η e , Coutumiers et ordinaires de chanoines reguliers, in: Scriptorium 5, 1951, S. 107-113, und Bd. 13, 1959, S. 244-246; d e r s., Les coutumiers de Saint-Quentin de Beauvais et de Springiersbach, S. 415f., Anm. 3, und S. 416, Anm. 1. 1M ) M o i s , Rottenbuch, S. 213. Das Datum ist allerdings nicht völlig gesichert; S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 268, gibt 1120-1130 als in Frage kommenden Zeitraum an. "") Drude: PL 163, Sp. 703-748. A m o r t hat in V e t u s discipline S. 340-382, nadi einer anderen Handsdirift, nämlich clm 16 103, XII. Jahrhundert, fol. lb r -48 T , aus St. Nikola bei Passau, herausgegeben. Uber die Ausbreitung dieser Consuetudines vgl. IP 5, S. 94. 171 ) PL 163, Sp. 414, Nr. 480, 1116 Dez. 21; IP 5, S. 96f„ Nr. 2. 172 ) Vgl. C l a s s e n , Gerhodi, S. 70. Am 28.Dez. 1144 wurden sie vom Papst Lucius II. für St. Mang bestätigt (GP 1, S. 294, N r . 2). Sie bildeten überhaupt die Grundlage für die Gewohnheiten der Kanonikerreform in der Diözese Regensburg; dazu M a i , Einleitung von T r a d . Rohr, S. 55*-59*. 173 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 50. Im Prozeß von 1130 gegen Gerhodi entschied Walther als päpstlicher Legat ausgesprochen milde. 174 ) S c h m a l e , Studien zum Schisma des Jahres 1130, S. 144.
Gemäßigter Ordo novus als Grundlage
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ficio Dei115 jedenfalls das ganze erste Kapitel daraus zitiert 176 , in seinem Kommentar zum Psalm 64, den er vor dem Frühjahr 1152 angelegt hat 177 , zusätzlich noch die Kapitel vier und fünf 178 . Sie könnten auch im Trienter Kreis eine Rolle gespielt haben, da in St. Michael an der Etsdi der Vorsteher ursprünglich prior genannt wurde 179 . Eine vollständige Handschrift dieser Consuetudines aus dem 12. Jahrhundert schließlich wurde in St. Nikola bei Passau gefunden 180 , in einem Stift also, das zwar nur am Rande des Salzburger Reformkreises lag, aus dem aber immerhin in Hartmann einer der führenden Männer dieser Reform stammte. Allein von der Handschriftenüberlieferung und ihrer bezeugten Verbreitung im 12. Jahrhundert her kann man also keineswegs ein eindeutiges Übergewicht der Consuetudines Nocturnis itaque koris im Salzburger Reformkreis feststellen: wir besitzen S, das Fragment I und eine Profeßformel aus Ranshofen, die aus den Consuetudines aus Klosterrath stammt. Alle Handschriften und Hinweise aus späteren Jahrhunderten, die darauf deuten, daß die Gewohnheiten in den entsprechenden Stiften bekannt gewesen sein müssen181, besitzen im Grunde wenig Beweiskraft, da sie auch auf die Neureform von 1218-1224 zurückgehen können. Die erwähnte Bezugnahme anläßlich dieser Reform unter dem Erzbischof Eberhard II. spricht allerdings schon für die erhebliche Bedeutung dieser Klosterrather Vorschriften im 12. Jahrhun175 ) Die Überarbeitung des Werkes, anläßlich derer die Consuetudines-Zitate wahrscheinlich eingefügt wurden, erfolgte 1138; vgl. C l a s s e n , Gerhoch, S. 407, Opus 1. " · ) Gerhodi: PL 194, Sp. 1207-1210, Anm. 112 = Petrus de Honestis: PL 163, Sp. 703-707. Die Überschrift lautet: Quod clericorum ordo, levitarum et apostolorum vices teneat; et eorum vitam imitari, propriis quoque facultatibus, necnon voluntatibus renuntiare debeant. 177 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 419, Opus 11. 178 ) Gerhodi: M G H Ldl 3, S. 475-478 = Petrus de Honestis: PL 163, Sp. 703-707 und Sp. 710. " · ) Siehe oben, S. 96. 180 ) Clm 16 103, fol. lb r —48 v . D e r e i n e , Les chanoines reguliers dans l'ancienne provinc ecclesiastique de Salzbourg, S. 911, nimmt deshalb an, St. Nikola habe im 12. Jahrhundert die Consuetudines von S. Maria in Porto befolgt. 181 ) Dazu gehören: K, F, M; des weiteren clm 16 105, fol. 54r-191v, XV. Jahrhundert, aus St. Nikola bei Passau; clm 16 512, fol. 147^-166^ XV. Jahrhundert, aus St. Zeno-Reidienhall (die Consuetudines aber stammen aus Indersdorf, wie es fol. 166t heißt: Explicit tenor statutorum canonicorum regularium scripta nec non collecta in monasterio sancte Marie U η d e η s i; nur die Handschrift kommt aus St. Zeno); Landesarchiv Linz, Hs. 137, fol. 32/39 r -37/44 r , aus Ranshofen von 1650, auf Grund alter Unterlagen zusammengeschrieben.
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
dert. Eine Unterlage, die detailliert Auskunft geben kann über die Gewohnheiten der Salzburger Observanz und die den Anteil der Consuetudines aus Klosterrath daran sehr hoch bewerten läßt, steht uns darüber hinaus zur Verfügung: das Scutum canonicorum des Arno von Reichersberg aus der Zeit um 1147 182 . Arno, der Bruder Gerhochs, war Dekan in Reichersberg spätestens seit 1147 183 bis 1169 und damit für die innere Ordnung in einem Stift zuständig, das immer in besonders enger Beziehung zu Salzburg stand 184 . Sein Scutum sollte eine Verteidigungshilfe für die Regularkanoniker bieten; da die Consuetudines der regulierten Kanoniker selbst schon eine Waffe gegen Angriffe darstellten, habe er ihnen einen Teil seiner Schrift gewidmet 185 . Um das Ergebnis der folgenden Gegenüberstellung vorwegzunehmen: Arnos Scutum folgt dabei im Prinzip, wenn auch in manchen Punkten abgeschwächt, den Consuetudines aus Klosterrath. Als erstes fällt die Betonung der Handarbeit auf, worauf schon im Abschnitt über die Regel-Frage hingewiesen wurde; so wird gearbeitet nach dem Kapitel bis zur Terz, die sogar bis zur Sext verschoben werden darf, wenn, wie im Sommer, besonders viel Arbeit anfällt 186 ; ebenfalls kann die Non etwas vorverlegt werden auf die Mitte der Oktav, um den Mittagsschlaf abzukürzen 187 , was die Arbeitszeit verlängerte; außerhalb der Fastenzeit wird von der Non an die Arbeit fortgesetzt bis zur Vesper 188 . Diese Vorschriften sind nicht weniger streng, wenn audi 182 ) Druck: PL 194, Sp. 1493-1528. Zur Datierung siehe C l a s s e n , Gerhoch, S. 445, Opus 1. 183 ) C l a s s e n , Gerhoch, S. 69, Anm. 10. 184 ) Beispielsweise sollte der Vogt des Salzburger Hochstifts auch Vogt des Stiftes sein, oder: bei Weihen durfte man den eigentlichen Ordinarius, den Passauer Bischof, übergehen und sich an den Salzburger Erzbischof wenden. 185 ) PL 194, Sp. 1493: . . . nec vero nomini et intention! libelli id prejudicare debet, quod in eodem consuetudinum nostrarum dietam, que vestes nostre quotidiane et instrumenta quedam nostre sanctificationis sunt, breviando inserui: Si quidem ipsis consuetudinibus, quasi vestibus nostris quotidianis, et instrumentis nostri operis, pro scuto et armis in defensionem nostri usus sum: sicut in materialibus sepe cogente necessitatis articulo fieri non ignoramus. 18β ) PL 194, Sp. 1507: Sedentes quoque ad opera domestici met a mane, dicta videlicet circa initium ipsius höre tertia de sancta Maria, et capitulo peracto usque ad tertiam majorem, tacent, nisi necessitas exigat, ut loquatur quis: et hec major tertia propter tempus operis percelebrandum, tempore maxime estivo, tardius inchoanda erit, ut sexta, quando misse peracte competenter, valeat continuari. 187 ) PL 194, Sp. 1509. 18e ) PL 194, Sp. 1508: His vero diebus privatis, quibus solvitur jejunatio, postquam dicta sexta refecerunt jratres, simul et mensarum servitores, cum etiam signo ad hoc dato diebus estivis meridiatum fuerit, dicta etiam nona, sive in horto, sive
Gemäßigter Ordo novus als Grundlage
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weniger schematisch, als die in S, die als Arbeitszeit nennen: im Sommer a mane, d. h. post capitulum, bis zur Terz und von der Non bis zur Vesper; vom 14. September bis zur Fastenzeit vom Ende des Kapitels bis zur Sext und von der Non bis zur Vesper; in der Fastenzeit aber nur nach beendetem Kapitel bis zur Terz und von der Terz bis zur Sext 1 8 9 . In den Marbacher Consuetudines zum Vergleich, die den Ordo antiquus repräsentieren, spielt die Arbeit eine geringe Rolle: nach dem Kapitel kann jeder seine Geschäfte erledigen, wobei Sprechen erlaubt ist 190 . Auch nach der Non und dem Nachmittagstrunk wurde in Marbach keineswegs gearbeitet, sondern dort unterhielt man sich jetzt über geistliche Dinge 191 . Nur aus gelegentlichen Bemerkungen geht hervor, daß auch in Marbach bisweilen Handarbeit verrichtet werden mußte 192 . Ganz anders eben der Tenor im Scutum, das sich bei diesen Bestimmungen ohne Frage an S anlehnte. Wenn auch Arno die Handarbeit nicht mit solchem Enthusiasmus verteidigte wie der Verfasser von S 1 9 3 , so muß doch angenommen werden, daß ihm diese apologetische Stelle in S vorgelegen hat: Rusticari igitur in opere manuum diuinitus instituto non est seruile officium, solaque timenda est seruitus, que probris addicta tot domnorum est quot uiciorumiai; denn entsprechend meinte audi Arno: Sed ne rustica quidem et servilia suo tempore aspernamur Opera, scientes Apostolum suis manibus operatum, qui et precepit dicens: Si quis non operatur vel laborat, nec manducet195; auch dieses, freilich verbreitete, Zitat findet sich in S : Nam et cum essemus apud uos, hoc denunciabamus uobis: quoniam si quis non uult operari nec mandu196 cet . Für diejenigen schließlich, die nicht arbeiten können, haben S und Arnos Scutum dieselben Pflichten vorgesehen: im Stift unterdessen zu psalmieren 197 . tibi necessitas postulat, operandum est, quod item faciendum est, si post nonam fratres refecti sunt. l e 9 ) S, fol. 41 r. 190 ) C o n s u e t u d i n e s Marbach, hgg. von S i e g w a r t , S. 139ff., §§ 69ff. m ) Ebd., S. 155, §§ 107f. 1β2 ) Ζ. B. ebd., S. 205, § 225: Sciendum tarnen quod in his jeriis non ieiunabimus quotiens opus manuum facimus . . . 193 ) S, fol. 39 V -40 T . 1 M ) S, fol. 40v. " 5 ) PL 194, Sp. 1513. 19e ) S, fol. 39v. 197 ) Arno: PL 194, Sp. 1513: . . . unde ne otiositati apud nos locus relinquatur, seniores ac debiles et operari non valentes ad psallendum in silentio hortamur. S, fol. 42 r : Qui uero processu etatis nichil omnino operari ualuerint, dum ceteri operantur, psalmodie uacabunt.
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I I I . Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
Nicht nur in den Arbeitsvorschriften, die ganz und gar dem Ordo novus folgen, finden sich Parallelen zwischen S und dem Scutum. Bei beiden darf im Kapitel, also in der allgemeinen Versammlung am Morgen, nur de divinis officiis gehandelt werden, nicht aber über so gewöhnliche Dinge wie Speise und Trank 198 . Ferner entspricht der Abschnitt über die Selbstverteidigung bei einer Anklage im Strafkapitel beim Scutum den Klosterrather Consuetudines und steht damit im Gegensatz zu denen von Marbach: nach S wie nach Arnos Scutum durfte sich der Beschuldigte, falls ein wichtiger und gerechter Grund vorlag, verteidigen199, nach den Marbacher Consuetudines aber grundsätzlich überhaupt nicht200. Schließlich folgte Arno auch in den Schweigegeboten vornehmlich den Klosterrather Consuetudines: während der Arbeitszeiten, und sie erstreckten sich, wie wir gesehen haben, über weite Abschnitte des Tages, sollte wie nach den Vorschriften in S geschwiegen werden, es sei denn, die Arbeit mache eine Unterbrechung notwendig201. In Marbach wurde dagegen das Schweigegebot nach dem Kapitel aufgehoben202. Was die Bestimmungen zur Abstinenz betrifft, so richtete sich Arno nicht primär gegen S, sondern gegen diejenigen Stifte, in denen sich die Kanoniker des Fleisch- und Fettgenusses völlig enthielten und diese Speisen auch nicht den Kranken, Knaben und Gästen zugestehen woll-
198 ) Arno: PL 194, Sp. 1510: Sed nec de causis communibus illic agendum est, aut de cibo et potu . . . S, fol. 31 v : Nam de cibo uel de potu non est decens quemquam loqui in capitulo. 199 ) Arno: PL 194, Sp. 1510: Proclamatus autem quispiam continue surgens in medium stahlt, et audita causa, toto prostratus corpore, se humiliabit, qui et jussus surgere verba confessionis humiliter proferet, aut si habet unde se veraciter excusare valeat, et major causa fuerit, petita licentia id jaciet excluso penitus tumultuario strepitu de capitulo. S, fol. 32 v : . . . nullam pretendat defensionem, nisi si idonea causa est uel grauissima necessitas, pro qua talem incidit lapsum, quam tarnen non multiloquio, non artificiosa palliabit oratione, sed simpliciter et humiliter proferet. 20°) C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 133, § 58: . . . ut nullius etatis vel ordinis frater in capitulo accusatus audeat innocentiam suam pretendere vel dictis accusatoris aliquo modo obviare; sed mox, ut nominatus fuerit, tacitus surgat, veniam querat. 201 ) Arno: PL 194, Sp. 1508: . . . id consuetudinis pie caute assumpserint, ut non nisi cum priore, vel illo, qui operi preest, id, quod necessitas postularit, loquantur. S, fol. 40 v : . . . uniuersaliter omnia cum silentio, nisi quantum operis exigit necessitas breuem locutionem. 202 ) C o n s . Marbach, S. 139, § 6 9 : Quibus finitis fratribus de capitulo vel de ecclesia egressis, Benedicite dicat qui ultimus in congregatione fuerit; et sie licentiam bona loquendi usque ad tertiam habeant.
Gemäßigter Ordo novus als Grundlage
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ten; diese, so w a r f ihnen A r n o v o r 2 0 3 , versuchten, besser zu sein als Augustinus und Benedikt. Die Klosterrather Consuetudines aber gestatteten dem K o n v e n t den Genuß von F e t t außer zu bestimmten Zeiten durchaus, den K r a n k e n darüber hinaus auch Fleisch 2 0 4 . Freilich ist der ganze T e n o r in Arnos Scutum
in diesem P u n k t etwas gemäßigter
und nähert sich der Marbacher Stellungnahme a n 2 0 5 , w o Fleisch zu gewissen T a g e n für den ganzen K o n v e n t erlaubt war 2 0 ®. T r o t z d e m w i r d im Scutum non comedere
wie in S der Grundsatz vornweggestellt: Bonum
carries201;
esse
scharfe Gegenpositionen sind schon v o n daher
nicht zu erwarten. Auch die Kritik Arnos gegen die „neue Erfindung" gewisser R e g u larkanonikerkreise, nämlich nur wollene Tuniken zu tragen anstelle der linnenen 2 0 8 , gilt k a u m den Klosterrather Gewohnheiten. S bringt z w a r keine Hinweise darauf, ob W o l l e oder Leinen vorgeschrieben
203 ) Arno, PL 194, Sp. 1507: . . . qui tarnen alios cenobitas his penitus abstinentes et consolationem in talibus infirmis suis et pueris denegantes, sed et hospites ad regularis abstinentie tenorem destringentes, non quidem judicant, licet eos nonnulle indiscretionis coarguant, eo, quod a Patribus terminos constitutos excedant; nam esse velle quempiam nostri temporis hominem Augustino et Benedicto sanctiorem, meliorem, sapientiorem .. . 204 ) S, fol. 55 T : Ante festiuitatem sancti Johannis baptiste tribus ebdomadibus sagimine abstinemus, quo alio tempore in dominica, secunda, tertia et quinta feria usque ad aduentum domini uti licebit, prorsus abdicato carnium edulio, nisi infirmitatis incomoditas exigat... 205 ) C o n s . Marbach, S. 204f„ §§ 223f. 2oe ) Jeden Dienstag und Donnerstag außer zur Advents-, Vorfasten- und Fastenzeit; zu diesen Zeiten war audi der Genuß von Fett nicht erlaubt. 207 ) Arno: PL 194, Sp. 1507; und S, fol. 56 r : Bonum est non manducare carnem et non bibere uinum. 20S ) Arno: PL 194, Sp. 1502: Quippe in sedibus episcopalibus non in tantum timetur ordo monasticus niger, aut griseus, braccis vestitus, aut spoliatus; sed neque no vi tie adinventionis adeo timetur clerus laneis tunicis adopertus, ut in tpsis sedibus tanquam heres legitimus sedere debeat; sed in meis domesticis laneis ac pelliciis ad necessitatem, et lineis ad sui ordinis honestatem simul et mysterium contectis bissinus vestium Aaron candor et Jacobi apostoli collobium album pertimescitur ...; auch Sp. 1503 und besonders Sp. 1505, wo Arno das Superpelliz, „das apostolische weiße Leinenobergewand", genau beschreibt: es reicht bis auf die Füße hinab und ist vorne mit einem Kreuz versehen. Zur Kleidung gehörte auch noch eine Woll-Cappa (cappa vestis lanea, PL 194, Sp. 1506). Vgl. zur RegularkanonikerKleidung S i e g w a r t , Die Chorherren, S. 151, Anm. 2. Allerdings bedeutet für Arno die toga talaris nidit die tunica, wie Siegwart hier andeutet, sondern ist eindeutig identisch mit dem Superpelliz: Similiter et in toga linea Candida talari et apostolica, quam superpellicium dicimus . . . , PL 194, Sp. 1505. Zur Kleidung noch S i e g w a r t , ebd., S. 280-282.
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
sei209, aber wir wissen, daß in Klosterrath erst nach 1134 durch den Abt Borno, der in diesem Jahr zum zweitenmal zur Leitung des Stiftes berufen wurde, die Wolltunika eingeführt wurde, daß man aber bis dahin nur Leinenunterkleider getragen hatte 210 ; die Klosterrather Consuetudines waren jedoch schon vor 1134 verfaßt worden. Arno hatte vielmehr die Prämonstratenser im Blickfeld, deren französische Richtung mit dem Zentrum Premontre das Wollkleid forderte 211 , während die deutschen Prämonstratenser, seitdem Norbert Erzbischof von Magdeburg geworden war, wieder zum Leinengewand zurückkehrten. Gerade diese „Einsicht" Norberts hob Arno hervor: ... et Pater Norbertus lanearum tunicarum in clero inductor idem ipse sue institutionis postmodum exstitit corrector212. Alle diese Ubereinstimmungen in der Tendenz, in Einzelbestimmungen und sogar in Formulierungen der beiden Consuetudines, S und Arnos Scutum, lassen folgern, daß die Klosterrather Gewohnheiten tatsächlich die Leitlinien für den Observanzbereich des Salzburger Regularkanoniker-Kreises abgegeben haben. Wie schon in der Regel-Frage festgestellt werden konnte, war den einzelnen Stiften auch hinsichtlich der Consuetudines-Vorschriften offenbar eine gewisse Modifizierungsfreiheit gelassen, wie es im Scutum canonicorum angedeutet wird: in ärmeren Stiften sollten die Abstinenz-Bestimmungen gelockert werden, da es dort nicht genügend Fische und Milch als Ersatz gebe; im übrigen sei es überhaupt nicht angebracht, einem Stift und seinen Gewohnheiten als Vorbild bedingungslos zu folgen oder sie als Vorbild vorzuschreiben213. Das erklärt auch, weshalb 2 0 9 ) Das Kapitel über die Kleidung wird in der Inhaltsangabe zum zweiten Teil zwar angekündigt, fol. 6 9 v : que canonici habitus consuetudo, dieser Teil ist aber nicht mehr überliefert. Im übrigen T e x t gibt es für die Kleidung nur folgende H i n weise: S, fol. 5 0 v : beim zu Bette gehen: . . . sed manibus intorsum depositis calceos et s a c c ο s exuant; fol. 5 5 v : Ab ipsa die usque ad octauam pentecostes non utuntur canonici c α ρ ρ i s , sicut et in omnibus festis, in quibus ad missam sequentia cantatur, usque ad festum omnium sanctorum per omnes horas in ρ u r i s superpelliciis erunt; fol. 5 5 T : Reliquis uero diebus, prout frater ad horas intrare uoluerit, non prohibeatur, sed nullus cum solo superpellicio et c a m i s i a quoquam incedat. 2 1 0 ) Annales Rodenses, M G H SS 16, S. 712, zu 1137; Edition Boeren-Panh u y s e η , S. 8 2 : als Borno stirbt, heißt es: Borno primus hie l an e a indutus est tunica pro consuetudine, unde modo quasi pro ordine solent eam omnes induere, qui hactenus lin e i s contenti camiseis fuere. Zur Kleidung in Klosterrath vgl. E r n s t , Histoire du Limbourg, Bd. 2, S. 286ff., Anm. 2.
) Vgl. Η e i j m a η , Praemonstratenser Gewohnheiten, Teil 3, S. 128. ) P L 194, Sp. 1519. 2 " ) P L 194, Sp. 1507. 2U
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Gemäßigter Ordo novus als Grundlage
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H a r t m a n n , als er 1133 als Propst nach Klosterneuburg berufen worden war, dort eigene Consuetudines verfaßte, die eben besonders f ü r dieses Stift und seine Grundlagen und Möglichkeiten zugeschnitten gewesen sein dürften, und nicht etwa nur die Klosterrather Gewohnheiten einführte 2 1 4 . Lediglich ein G r u n d k a n o n von Vorschriften mußte beachtet werden: vor allem H a n d a r b e i t und Schweigen waren vorgesehen, gegenüber den Consuetudines von Marbach und auch von S. Maria in Porto erheblich verschärft, also gerade die beiden Punkte, die man in Indersdorf in der Handschrift I teilweise von den Klosterrather Consuetudines abgeschrieben hatte. In der Kleidungsfrage verfolgte man die ursprüngliche H a l t u n g von Klosterrath, trug also Leinenkleidung, wenn es auch sicherlich Befürworter der Wollkleidung auch im Salzburger Reformkreis gegeben haben wird 2 1 5 . Die Vorschriften f ü r die Abstinenz waren offenbar besonders den individuellen Möglichkeiten anzupassen, Lage und wirtschaftliche Situation eines Stiftes zu berücksichtigen. Dieses Salzburger Consuetudines-Modell, dem gewissermaßen ein Toleranzprinzip zugrunde lag, ist als gemäßigte Ordo ttOfws-Richtung zu bezeichnen, aber doch deutlich abgehoben vom Ordo antiquus, wie er in Marbach oder Rottenbuch vertreten wurde. Dieses Toleranzprinzip im Consuetudines-Bereich macht es zum Teil verständlich, daß es dem Erzbischof Konrad I. gelingen konnte, eine Reihe von Stiften, die ursprünglich dem Ordo antiquus anhingen, seinem Reforrtikreis einzugliedern oder anzunähern, wie Berchtesgaden, Baumburg, Dießen und Indersdorf. Eine auffällige Parallele zu diesem Prinzip findet sich in der Erzdiözese Magdeburg: Als N o r b e r t die erz214 ) Continuatio Claustroneoburgensis I, M G H SS 9, S. 611: Hie est ille, qui consuetudinem nostram religioni omnino congruam scripsit, et scriptum nobis legendam et imitandam reliquit. Habet autem hoc initium: Sub testimonio Christi et ecclesiae etc. Consuetudines mit solchem Incipit konnten nicht mehr aufgefunden werden, auch nicht in Neustift-Brixen, w o sie möglicherweise auch in Gebrauch waren, vgl. S p a r b e r , Das Chorherrenstift Neustift, S. 15; S c h r o t t , Gli avvenimenti, S. 27, meint dagegen, in Neustift könnten die Marbacher Gewohnheiten oder die von S. Maria in Porto gegolten haben, führt jedoch keine Begründung an. Auch die Vita beati Hartmanni hilft kaum weiter; sie gibt nur die Hinweise, Hartmann habe noch zur Zeit des Erzbischofs Eberhard I. „rauhes Gewand" und zuerst audi eine Wolltunika getragen und übermäßig gefastet (hgg. von S p a r b e r , S. 46), was eine Befolgung des Ordo antiquus in dem Sinne, wie er von Marbach und S. Maria in Porto vertreten worden ist, wohl ausschließt und die Ansicht von Schrott wenig wahrscheinlich macht. 215 ) Arno meinte im Scutum, PL 194, Sp. 1502: . . . sed neque novitie adinventionis adeo timetur clerus laneis tunicis adopertus, ut in ipsis sedibus tanquam heres legitimus sedere debeat, was darauf hindeutet. Vgl. auch die vorhergehende Anm.
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
bischöflichen Interessen in seinem Sprengel, den er seit 1126 zu leiten hatte, vertreten mußte, rückte er von der ursprünglichen Strenge und den ursprünglichen Vorschriften der Prämonstratenser in manchen Punkten ab und gestaltete sie flexibler216. Ein vielzitiertes Beispiel betrifft, wie erwähnt, die Kleiderfrage: als Erzbischof duldete Norbert durchaus das Leinengewand für die Prämonstratenser der Magdeburger Diözese217, während er vorher selbst das Wollgewand in Premontre eingeführt hatte, und dieses zu einem Grundbestandteil der Prämonstratenser-Einrichtung geworden war. Offenbar war ein in seinen Gewohnheiten extrem streng uniformierter Reformverband oder -kreis auf Bistumsebene nicht zu erzielen, so daß, um möglichst alle Stifte zu erfassen, die Bestimmungen innerhalb bestimmter Grenzen modifizierbar sein mußten. Diese Überlegungen deuten darauf hin, daß die spezifische Ausprägung des Salzburger Consuetudines-Programms als ein bewußter Formungsakt verstanden werden muß, ohne Zweifel gelenkt vom Erzbischof Konrad I., in dessen sonstiges Reformprogramm es mühelos eingeordnet werden kann.
5. D i e z e i t l i c h e G e l t u n g d e s g e m ä ß i g t e n Ordo novus im S a l z b u r g e r R e g u l a r k a n o n i k e r k r e i s Die Frage, wie lange dieser gemäßigte Ordo novus bei den regulierten Kanonikern des Salzburger Reformkreises in Geltung war, ist mit der bisherigen Untersuchung schon weitgehend beantwortet: die Handschrift I und das Scutum canonicorum des Arno von Reichersberg sind um die Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden, die Handschrift S nach der Mitte, wahrscheinlich im letzten Viertel des Jahrhunderts218, d. h. bis in die zweite Jahrhunderthälfte war die Salzburger Observanz aller Wahrscheinlichkeit nach danach ausgerichtet. Josef Siegwart machte jedoch geltend, zwischen 1139 und 1141 habe das Salzburger Domkapitel die Marbacher Consuetudines anstelle der 2le) H e i j m a n , Praemonstratenser Gewohnheiten, T e i l 3 , S. 121; Klebel, Norbert von Magdeburg, S. 330f. 2 1 7 ) Arno im Scutum, P L 194, Sp. 1519. 2 l e ) Auch vom Schriftbefund her kann es Ende des 12. Jahrhunderts sein, vgl. F i s c h e r , Bernhardi cardinalis ordo, S. LI. Es ist am ehesten anzunehmen, daß sie im Zusammenhang mit den Reformabsichten des Salzburger Dompropstes Gundacher ( 1 1 8 3 - 1 1 9 6 ) angelegt wurde, vgl. unten, S. 283f.
Zeitlidie Geltung des gemäßigten Ordo novus
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Klosterrather übernommen, weshalb wir näher auf diese Frage eingehen müssen. Das Hauptargument, das Siegwart für seine These anführt, lautet, daß sich um die genannte Zeit Marbach und das Salzburger Domstift verbrüdert haben können 219 . Diese Verbindung hat zwar ohne Zweifel tatsächlich stattgefunden 220 , nur ist nicht einzu-
*19) S i e g w a r t , Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 81, 78 und 70f. 22 °) Sie ist im Marbacher Verbrüderungsbuch verzeichnet, C h . H o f f m a n n , L'abbaye de Marbach, S. 178. - Ebenso erwähnt eine Verbrüderungsliste aus St. Peter-Salzburg aus dem 12. Jahrhundert das Stift Marbach (MGH Necr. 2, S. 54, Sp. 34, vorletzter Eintrag). Unerklärlicherweise schreibt S i e g w a r t in der Einleitung seiner Edition der Marbacher Cons., S. 67, diese Verbrüderungseinträge aus St. Peter dem Salzburger Domkapitel zu, obwohl der Herausgeber, H e r z b e r g F r ä η k e 1, in einem auswertenden Aufsatz (Ober die necrologischen Quellen der Diöcesen Salzburg und Passau, S. 272-276) keinen Zweifel über die Herkunft aufkommen läßt und ein solcher auch in der Zwischenzeit nicht geäußert worden ist. Möglicherweise hat Siegwart angenommen, diese eine Liste, welche die Regularkanonikerstifte, mit denen man verbrüdert war, zusammenstellt, sei ausnahmsweise in das Verbrüderungsbuch von St. Peter eingetragen worden; ein solcher Umstand müßte in der Tat als außergewöhnlich gelten, weil diese beiden Institutionen spätestens seit Beginn des 12. Jahrhunderts völlig getrennt waren. Aber nicht einmal für diese Annahme gäbe es berechtigte Gründe, vielmehr wurde von gleicher Hand, welche die Regularkanonikerstifte aufschrieb, einige Spalten vorher im selben Verbrüderungsbuch in einem freien Raum auch eine Liste der Reformklöster angelegt, mit denen man verbrüdert war (MGH Necr. 2, S. 52, Sp. 25; Κ a r a j a η , Das Verbrüderungs-Buch, S. LIV-LVI, bestimmt die einzelnen Klöster). Man hat ganz offensichtlich in St. Peter die verbrüderten Klöster und Stifte übersichtlich zusammenstellen wollen, wofür auch spricht, daß diese Einträge mit wenigen Ausnahmen um 1140 in einem Zuge und nicht etwa über Jahre verstreut vorgenommen worden sind (zur Anlage der Listen vgl. H e r z b e r g - F r ä n k e l , Über die necrologischen Quellen, S. 275, Anm. 3). Es ist, das nebenbei, daher äußerst problematisch, wie Siegwart (S. 67-69) die Reihenfolge der Einträge auch als eine chronologische Folge zu verstehen - lediglich diejenigen ab Suben, darunter auch der von Marbach, sind sicher erst nach 1142 angehängt worden, da Suben erst 1142 reguliert wurde. Vielmehr scheint ein Versuch gemacht worden zu sein, eine Ordnung audi nach Diözesen herzustellen, wie das die Liste der Reformklöster bestätigt: von Cluny bis St. Blasien zuerst die großen Zentren, von St. Blasien bis St. Georgen im Schwarzwald: Diözese Konstanz; Wessobrunn und Benediktbeuern: Diözese Augsburg; von Altdorf bis Biburg: Diözese Regensburg; Kastl: Diözese Eichstätt; von Elsenbadi/St. Veit bis Rein, mit Ausnahme von Mondsee: Diözese Salzburg; Rosazzo: Patriarchat Aquileja; Ebrach: Diözese Würzburg; von Formbach bis Heiligenkreuz: Diözese Passau usw. Da demnach diese beiden Verbrüderungslisten ohne die geringsten Bedenken in Überlieferung und Entstehung St. Peter-Salzburg zuzuschreiben sind, ist der erste Eintrag in der Regularkanonikerliste (MGH Necr. 2, S. 54, Sp. 34): Canonici Salzpurgenses, quibus omnia pleniter ut professis nostris persolvimus, nicht zu übersetzen mit: „Wir Salzburger Kanoniker zählen nun auf, welchen Stiften wir versprochen haben . . . , wie es bei S i e g w a r t , Einleitung von C o n s . Marbach, S. 67, zu lesen ist, sondern als erster Eintrag: „Die Salz-
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
sehen, weshalb damit eine Übernahme der Marbacher Consuetudines durch Salzburg verbunden sein mußte. Das treffendste Beispiel für einen Gegenbeweis liefert diese Verbrüderung zwischen Marbach und Salzburg selbst. Sie wurde nämlich zur Zeit der Neureform unter dem Erzbischof Eberhard II. von Salzburg erneuert, zwischen 1219 und 1234, wie Jakob Mois bereits errechnen konnte221, genau zu der Zeit also, als in Salzburg die Klosterrather Consuetudines erneut der Reform zugrunde gelegt wurden. Solange sich ein Reformstift im Bereich der Reformorden bewegte, konnte es sich theoretisch mit jedem Kloster oder Stift verbrüdern. Im Seckauer Verbrüderungsbuch von 1180/90 finden sich Regularkanonikerstifte und Mönchsklöster in bunter Reihenfolge222; St. Peter-Salzburg war mit einer großen Zahl von Regularkanonikerstiften verbrüdert223; Marbach selbst wiederum stand in Konfraternität mit Benediktiner-Reformklöstern wie Siegburg, St. Pantaleon, St. Martin in Köln, Brauweiler, Hirsau und anderen224, ohne daß dabei die Consuetudines eine Rolle spielen konnten225. Sogar eine Verbrüderung zwischen Marbach und dem Prämonstratenserstift Steinfeld um 1150 ist zu finden226, wobei auch bei diesen beiden Exponenten - Marbach als Vertreter des Ordo antiquus, Steinfeld des extremen Ordo novus - eine Consuetudinesangleichung völlig ausgeschlossen werden muß227. Das andere Argument, das Josef Siegwart für seine These vorbringt, die Benützung der Marbacher Consuetudines in Arnos Scutum cano-
burger Kanoniker, denen wir (nämlich die Mönche von St. Peter) versprochen haben . . .". Entsprechend sind ja auch die Vermerke Canonici Chiemisenses oder Canonici de s. Yppolito et de s. Georgio in derselben Liste zu verstehen. 221 ) Die Verbrüderungserneuerung bei C h . H o f f m a n n , L'abbaye de Marbach, S. 179f.; dazu M o i s , Rottenbuch, S. 271, Anm. 155. 222 ) MGH Necr. 2, S. 357ff. " » ) Siehe oben, Anm. 220. 224 ) C h . H o f f m a n n , L'abbaye de Marbach, S. 178. 225 ) Über Gedenkbücher allgemein E b n e r , Gebets Verbrüderungen; S c h m i d und W o l l a s c h , Gemeinschaften; dort von S c h m i d über die Abtei Reichenau und ihre Verbrüderungen, S. 373-377: sie umfaßten Klöster wie Stifte. Eine Gebetsverbrüderung bedeutete bei „kleiner Verbrüderung" Teilnahme an den Gebeten, Almosen und geistlichen Werken, bei „großer Verbrüderung" auch zeitliche Hilfe, Aufnahme im Stift etc.; vgl. dazu Β e r 1 i e r e , Les fraternites, S. 6 und 21. 22e ) C h . H o f f m a n n , L'abbaye de Marbach, S. 178. Zum Datum S i e g w a r t , Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 79, Anm. 1, Nr. 57. 227 ) Steinfeld orientierte sich in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts immer mehr an den französischen Prämonstratensern, also der strengeren Richtung, vgl. K o c h und H e g e l , Steinfeld, S. 36.
Zeitliche Geltung des gemäßigten Ordo
novus
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nicorum würde ihre Übernahme in Reichersberg belegen 228 , ist wenig beweiskräftig. Wie gezeigt, folgt das Scutum vielmehr vorwiegend den Klosterrather Consuetudines. Von einem Consuetudineswechsel 1139/41 und auch in den Jahren danach kann demzufolge weder für das Domstift in Salzburg noch für Reichersberg gesprochen werden, somit auch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für andere Stifte des Salzburger Regularkanonikerverbandes. Lediglich Stifte des Reformkreises können sich in der zweiten Jahrhunderthälfte von der Salzburger Observanz wieder entfernt haben, wie das bei Indersdorf zu vermuten ist. Dagegen ist freilich von Bedeutung, daß sich seit dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts die Befolgung der Gewohnheiten in manchen Stiften ganz allgemein lockerte, wie der Historia calamitatum bereits zu entnehmen war 229 . Den Verfall der geistlichen Zucht im Salzburger Domstift nach 1170 beklagte der Verfasser der Vita Chunradi230, der schon zur Zeit des Erzbischofs Konrad I. im Domstift war 2 3 1 und daher vergleichen konnte, mit den Worten: Sed ο utinam ordo ille tarn bonus, tarn sanctus et vere apostolicus in loco eodem tanto vigore progressus esset et usque in finem per sever asset, quanto fervore in initio plantations suae germinare visus est. Verum ne nos videamur os in caelum ponere, et aliquorum contra nos furorem excitare, illorum iudicio committimus, qui modo consistunt in loco eodem et sub eadem professione videntur vivere, quid de ipsis testentur232. Nähere Einzelheiten wagte er aus Furcht vor Nachstellungen nicht mitzuteilen. Vielleicht hat sich unter dem Erzbischof Konrad III. (1177-1183) wieder manches gebessert; unter dem Erzbischof Eberhard II. (1200-1246) war dann jedenfalls eine Neureform unumgänglich geworden, nachdem der Aufruf des Papstes Urban III. an den Salzburger Dompropst Gundacher (1183-1196), seinen Vorschlag wahr zu machen und dahin zu wirken, ut religio et consueta regularis observantia in ipsa ecclesia refor228 ) S i e g w a r t , Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 81, Anm. 10. Als Beleg für die Benützung verweist Siegwart auf C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 323; audi dort werden jedoch keine Belege dafür erbracht. 229 ) Oben, Zweiter Teil, S. 220. 2S0 ) Die Vita wurde kurz vor 1177 abgefaßt und, wie erwähnt, nach S i e b e r e r , Über den Verfasser, S. 5, vom Domkanoniker Heinrich geschrieben, der um 1170 auch die Historia calamitatum verfaßt haben soll; vgl. oben, Zweiter Teil, Anm. 480. Zur Vita Chunradi vgl. auch Μ a η d r y , Bischofsviten, bes. S. 6 - 1 2 und 118-120, die feststellt, daß der Verläßlichkeitsgrad dieser Vita sehr hoch zu veranschlagen ist. 231 ) Vgl. S i e b e r e r , Uber den Verfasser, S. 17. 2S2 ) M G H SS 11, S. 70.
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III. Die Consuetudines im Salzburger Regularkanonikerkreis
metur2Z%, keinen besonderen Erfolg gehabt haben dürfte. Dementsprechend lesen wir über den Zustand der inneren Ordnung von St. ZenoReichenhall vor der erneuten Reform 1225: Sub quo anno domini 1225 reformatum est monasterium et ad meliorem statum vivendi redactum a reverendissime patre domino arcbiepiscopo Eberhardo, cum α prima institucione dilapsum fuisset23i. Wenn sich auch in manchen Stiften das Regularkanonikerideal länger gehalten haben mag - in Ranshofen war um 1195 Eigentumsverzicht immer noch Voraussetzung für den Eintritt in das Stift 235 ist doch auch im Salzburger Reformkreis, parallel zum geschilderten Verfall des Verbandes, ein Niedergang des Reformgeistes in den letzten drei Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts festzustellen, analog zur Entwicklung der gesamten Regularkanonikerbewegung, wie ζ. B. in Springiersbach nach dem Tod des Abtes Richard 115 8236 , in Marbach seit 1153/5 9 2 3 7 , in Rottenbuch um die Jahrhundertmitte 238 oder in der Halberstädter Reformgruppe im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts239.
233) A c t a pontificum Romanorum inedita, B d . 2 , hgg. von P f l u g k - H a r t t u η g , S. 395, N r . 448, 1 1 8 6 - 1 1 8 7 Juni 2 3 ; GP 1, S. 51, N r . 15. Urban beklagte in diesem Brief den Niedergang der regularis disciplina und der religio in der Salzburger Kirdie von der Höhe zur Zeit des Erzbisdiofs Konrad I. Pflugk-Harttung löst bone memorie Curardi, quondam ecclesie tue archiepiscopi irrtümlich mit Konrad III. auf. 2 3 4 ) Notae s. Zenonis, bei F. M. M a y e r , Die östlichen Alpenländer, S. 246, Beilage III. 2 3 5 ) MB 3, S. 275, N r . 1 1 8 : . . . (2 Brüder) nos ipsos fraternitati eorum (nämlich der Ranshofener Kanoniker) omni relicta proprietate associavimus. 23β) Ρ a u 1 y , Springiersbach. Geschichte des Kanonikerstifts, S. 60f. Hier versuchte der Abt Absalon seit 1190/93 eine Neureform, vgl. ebd., S. 62f. 23r) S i e g w a r t , Einleitung von C o n s u e t u d i n e s Marbach, S. 78f. 2 3 β ) Μ ο i s , Rottenbuch, S. 304. 2 3 9 ) Β ο g u m i 1, Halberstadt, S. 252.
IV. L E B E N S G R U N D S Ä T Z E D E R KONVERSEN U N D REGULARKANONISSEN
1. D i e
Konversen
Eine Gemeinschaft von reformfreudigen Menschen im Bereich eines Regularkanoniker-Stiftes 240 setzte sich nicht nur aus Kanonikern zusammen, deren Lebensvorschriften wir für den Salzburger Reformkreis präzisiert haben, sondern auch aus Laienbrüdern und, in den meisten Fällen, aus Regularkanonissen. Vor allem die Laienbrüder, als Mitglieder des „jüngeren Konverseninstituts" verstanden 241 , nahmen in den Reformstiften eine bedeutende Funktion ein. Es waren „Menschen, die sich vom Weltlichen abgewandt und alles zurückgelassen haben, um das Kreuz Christi auf sich zu nehmen, die aber gleichwohl nicht zu den geistlichen Weihen aufsteigen wollen oder können, sondern nur in möglichster Vollkommenheit im Stift leben", wie Arno von Reichersberg sie in seinem Scutum canonicorum beschrieben hat 242 . 24
°) Der organisatorische Aufbau eines Stiftes wird in dieser Arbeit nicht eigens behandelt, da die Ämter (Propst, Dekan, Cellerar, Scholaster, Kustos etc.) und ihre Aufgabenbereiche denen in anderen Kanonikerstiften entsprechen, die bereits untersucht worden sind. So sei hier verwiesen vor allem auf Β u s 1 e y , Die Geschichte des Freisinger Domkapitels; audi auf K l e i n , Domkapitel; über Formen der inneren Organisation bei den Regularkanonikern vgl. G i r ο u d , L'ordre des dianoines reguliere, und d e r s., De variis regiminis generibus. 241 ) Uber das Konverseninstitut allgemein C h e η u , Moines, clercs et laics au carrefour de la vie evangelique; H a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder?; P h . H o f m e i s t e r , Die Rechtsverhältnisse der Konversen; W e r n e r , Bemerkungen zu einer neuen These über die Herkunft der Laienbrüder (nimmt Stellung zu Hallinger); D u b o i s , L'institution des convers au X I I 6 siecle; F o n s e c a , I conversi nelle comunita canonicali. Eine Kurzdarstellung der «'»stituta convenorum von den Anfängen bis in unsere Zeit bietet H a l l i n g e r , Ausdrucksformen des Umkehr-Gedankens. Über den Unterschied der famuli und älteren Möndiskonversen zu den Laienkonversen, wie sie seit dem 11. Jahrhundert auftreten, und die hier unter „jüngerem Konverseninstitut" gemeint sind, zuletzt C o n s t a b l e , „Famuli" and „conversi". Zu den Konversen der Zisterzienser E. H o f f m a n n , Das Konverseninstitut des Cistercienserordens in seinem Ursprung und seiner Organisation; L e f έ ν r e , L'evolution des Usus conversorum de Citeaux. 242 ) PL 194, Sp. 1524. Zum Begriff der conversio Η a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder, S. 63.
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IV. Lebensgrundsätze der Konversen und Regularkanonissen
Unabhängig vom monastischen Reformbereich mit dem Zentrum Hirsau, dessen Konversen in Herkunft und Funktion ein anderes Bild zeigen 243 , entstand das jüngere Konverseninstitut bei den Regularkanonikern zu Ende des 11. und zu Beginn des 12. Jahrhunderts 244 . Die Reformzentren S. Ruf und S. Maria in Porto kannten möglicherweise anfangs diese Einrichtung noch nicht 245 . Dagegen ist sie im 12. Jahrhundert in Klosterrath, Springiersbach, Aureil und Arrouaise nachweisbar 246 . In St. Nikola bei Passau können wir sie schon im 11. Jahrhundert vermuten, und auch in Rottenbuch gab es Laienbrüder vor 1102/05, denn zur Besiedlung von Berchtesgaden wurden vier Kanoniker und vier Laienbrüder geschickt 247 . Entsprechend der allgemeinen Tendenz, vielleicht in Anlehnung an den Rottenbucher Kreis, finden sich laici conversi im Salzburger Regularkanonikerkreis. Der früheste Beleg liegt uns für Reichersberg vor: zwischen 1110 und 1115 wurde Lambert auf einer Reise von einem Reichersberger Laienbrüder, Razo, erkannt, was den ersten Anstoß zum Eintritt des Lambert in Reichersberg als Kanoniker gab 248 . D a 24S
) Vgl. F o n s e c a , I conversi nelle comunita canonicali, S. 273-280. ) Vgl. den Diskussionsbeitrag von S i e g w a r t zu C l a s s e n , Regularkanoniker, S. 342; Η a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder, S. 22f.; F o n s e c a , I conversi nelle comunita canonicali, der die Entstehung des Konverseninstituts in Zusammenhang mit dem Ordo novus bringt, dem er vor allem eremitischen Charakter attestiert („centri eremitici", S. 302 und 286). Diese Charakterisierung ist allerdings f r a g w ü r d i g ; f ü r S. Ruf und Rottenbuch wäre sie eher gerechtfertigt, und beide gehörten zum Ordo antiquus. Die Tendenz zum Eremitenh a f t e n d ü r f t e kaum entscheidendes Entstehungsmotiv f ü r die Konverseneinriditung gewesen sein, der Ordo novus dagegen könnte immerhin die Entwicklung gefördert haben. 244
245 ) F o n s e c a , I conversi nelle comunitä canonicali, S. 280-283. D e r I r r t u m bei H a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder, S. 21 f., S . R u f habe bereits im 11. J a h r h u n d e r t conversi laici gehabt, geht darauf zurück, d a ß er sidi auf die von C a r r i e r d e B e l l e u s e in das 11. J a h r h u n d e r t datierten Consuetudines von S. R u f , C o u t u m i e r S. Ruf, stützt, die freilich in Wirklichkeit erst aus dem 14. J a h r h u n d e r t stammen. Die ältesten Consuetudines von S. Ruf aus dem 11. J a h r h u n d e r t , ediert bei M i s o n n e , La legislation canoniale, geben keinen Hinweis auf Konversen, wohl aber diejenigen von Lietbert aus dem beginnenden 12. J a h r h u n d e r t , Paris B N ms. lat. 1233. 24e ) F o n s e c a , I conversi nelle comunita canonicali, S. 287ff. 247 ) Vita Altmanni, M G H SS 12, S. 231, über den Propst H a r t m a n n von St. N i k o l a : Hic religiosos et clericos et laicos sibi ascivit, quos communem vitam sub regula beati Augustini ducere docuit. Zu den Rottenbucher Laienbrüdern Μ ο i s , Rottenbuch, S. 163. 248 ) Vita Lamberti, M G H SS 30,2, S. 948: . . . (Lambert) α quodam laico converso de ecclesia, quae vocatur Redenboch, cui nomen Razo, visas et cognitus est. Zur Namensverwechslung Rottenbudi-Reidiersberg vgl. B r e s s l a u , Die Vita des
Die Konversen
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Lambert vorher Kanoniker des Kölner Domstifts war, darf man annehmen, daß auch Razo aus dem Rheinland gekommen war, so daß möglicherweise auch Einflüsse von dorther zu berücksichtigen wären. An den Siegburger Reformkreis kann man dabei jedoch nicht denken, denn dort „spielte das jüngere Konverseninstitut nahezu keine Rolle" 249 . Fest jedenfalls steht damit, daß in den regulierten Stiften der Salzburger Reform von Beginn an Laienbrüder eingeführt worden sind. Bei dieser Einrichtung ist man geblieben: im Privileg des Papstes HonoriusII. für das Salzburger Domstift vom 30. April 1125/26 wurde gegenüber der Vorurkunde des Papstes Calixt II. vom 19. Februar 1123 sogar die Änderung vorgenommen, daß sich die Bestimmungen über Eigentumsverzicht und Stabilität nicht nur auf die Kanoniker, sondern auch auf die Laienbrüder beziehen sollten 250 . Was ihren Status betrifft, so geht jedenfalls aus dieser Urkunde hervor, daß die Laienbrüder wie die Regularkanoniker eine Profeß abzulegen hatten 251 , wie es auch die späteren Consuetudines von S. Ruf berichten 252 , ebenso diejenigen von Klosterrath 2 5 3 . Sie trugen zwar nicht die Kleidung der Kanoniker, sollten sonst aber doch möglichst deren Gebete nachahmen 254 , wurden in deren Gebete eingeschlossen und in den Nekrologien verzeichnet 255 . Ihre Wohngebäude waren von denen der Kanoniker getrennt: in Salzburg gab es drei Klostergebäude des Domstifts, eines f ü r die Kanoniker, eines für die Konversen und das dritte für die Kanonissen 256 .
Propstes Lambert. Zu der zitierten Stelle: F o n s e c a , I conversi nelle comunitä canonicale, S. 267f.; H a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder, S. 23, ordnet die Stelle falsch ein, nämlidi zu Rottenbuch. 24e ) S e m m 1 e r , Siegburg, S. 295. 250 ) SUB 2, S. 203, Nr. 133: Sane ne quis vestrum clericus vel laicus post professionem ...; GP 1, S. 48, Nr. 2. 251 ) Über die Profeß der Konversen und die Kontroversen in der Forschung Ρ h. H o f m e i s t e r , Die Rechtsverhältnisse der Konversen, S. 16. 252 ) Coutumier S. Ruf, hgg. von C a r r i e r d e Belleuse, S. 60, Kap. 8; vgl. dazu oben, Dritter Teil, Anm. 245. 253 ) S, fol. 63v; siehe oben, Dritter Teil, Anm. 116. 254 ) Arno, Scutum canonicorum, PL 194, Sp. 1524; S, fol. 63*. 255 ) In den Nekrologien des Salzburger Domstifts werden zahlreiche Laienbrüder für das 12. Jahrhundert genannt, siehe M G H Necr. 2, S. 91ff. 25β ) Als die Grafen Liutpold und Heinrich I. von Piain 1167 gegen Salzburg zogen, verbrannte fast die ganze Stadt cum tribus claustris, canonicorum videlicet et fratrum conversorum et sororum ancillarum dei, M G H Necr. 2, S. 121f., zum 4. April.
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IV. Lebensgrundsätze der Konversen und Regularkanonissen
Obwohl die Laienbrüder rangmäßig deutlich den Kanonikern nachgeordnet waren 257 , konnten sie im Salzburger Regularkanoniker-Kreis doch beträchtliches Ansehen genießen. Daß sie als Zeugen bei Schenkungen aufgeführt werden 258 , erscheint noch nicht als außergewöhnlich, wohl aber, daß sie in wirtschaftlichen Angelegenheiten und Rechtsgeschäften ein gewisses Mitspracherecht besaßen 259 . Im wesentlichen aber waren sie auch in diesem Reformkreis als Gehilfen der Kanoniker oder mit eigenem Aufgabenbereich für die Handarbeit, die im Stift und vor allem außerhalb zu erledigen war, zuständig. Damit konnte die Anwesenheit weltlicher Personen im Stiftsbereich gänzlich vermieden, der Abschluß von weltlichen Bereichen vervollkommnet, dabei aber dennoch verhindert werden, daß sich die Kanoniker allzusehr mit weltlichen Angelegenheiten beschäftigen mußten 260 . Mit den Händen zu arbeiten sei unter anderem ihre Pflicht, berichten in diesem Sinne Arno von Reichersberg 261 und sein Bruder Gerhoch 262 . Letzterer, der Propst von Reichersberg, hat nach dem Zeugnis des Kanonikers Magnus von Reichersberg (gest. 1193) mit Vorliebe die Besorgung der auswärtigen Geschäfte den „treuen und klugen Laienbrüdern" übertragen 263 . Das Hauptarbeitsfeld dürfte, wie in anderen Reformkreisen auch, in den Wirtschaftshöfen, Ländereien, Wäldern, Weinbergen und Mühlen gelegen haben 264 . Dazu kam die Verwendung der Konversen in den Spitälern 265 . 257 ) In den Klosterrather Consuetudines werden sie geradezu als die Alten oder weniger Intelligenten bezeichnet: S, fol. 63 v : Ceteri autem laid, quos e t at is processio et nature bebitudo non admittit ad gradum clericatus ... Vgl. audi P h . H o f m e i s t e r , Die Rechtsverhältnisse der Konversen, S. 46, über S. Victor in Paris. 258 ) Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 13: . . . et coram fratribus convents Karolo de Kiemisse et Wernhardo de Boumburcb; auch bei Klöstern: SUB 2, S. 192, Nr. 124. 259 ) 1159 besprach sich der Propst von Berchtesgaden mit seinen Brüdern und Laienbrüdern, als es zum Streit zwischen Berchtesgaden und St. Zeno-Reichenhall wegen eines Verkaufs von Gütern gekommen war und dieser gesdiliditet werden sollte, SUB 2, S. 477, Nr. 341. 2βο) Vgl Η a l l i n g e r , Woher kommen die Laienbrüder, S. 4 und 94f.; P h . H o f m e i s t e r , Die Rechtsverhältnisse der Konversen, S. 15. 2β1 ) Scutum canonicorum, PL 194, Sp. 1524. 2«2) Opusculum de aedificio Dei, PL 194, Sp. 1296. 2β3 ) Chronicon Magni prespiteri, MGH SS 17, S. 493: Nam ponder α cur arum exteriorum ipse, ut se totum sancte vocationi dedere posset, fratribus suis imponebat, maxime autem fratribus laicis fideltbus ac prudentibus ... 2β4 ) P h . H o f m e i s t e r , Die Reditsverhältnisse der Konversen, S. 15. ίβ5 ) R e i c k e , Spital, Teil 1, S. 50. S, fol. 57'.
Die Konversen
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Nach Hermann Jakobs26® wurden sie vom Bischof Otto I. von Bamberg in Hinblick auf dessen Rodungsklöster sehr geschätzt. Auch der Salzburger Reformbischof Konrad I. schenkte Rodungsland an seine Stifte 2 6 7 , wie Gebiete in der Pittener Mark an Reichersberg 268 oder Teile des Garser Waldes an Au 2 6 9 . Aber dieser Gesichtspunkt spielte, wie erwähnt, nicht die primäre Rolle in der Reform Konrads I. Zu Stiftsgründungen, die meist eine Rodungsarbeit voraussetzten, wurden Laienbrüder jedoch sicherlich eingesetzt 270 . Auffallend ist, daß sich unter den Konversen des Salzburger Reformkreises viele Vertreter der höheren Schichten befanden 271 , wie Magnus von Reichersberg schon schrieb: nobiles et nominati272. Der Stifter von Weyarn, der Graf Sigboto II. von Weyarn und Neuenburg, trat als Konverse in dieses Stift ein 273 , der Graf Berthold IV. von Dießen als solcher in das Stift Dießen 274 , Adalram von Waldeck in Seckau 275 , der Burggraf Reginbert von Säben in Neustift-Brixen 27 ®, ein nobilis vir nomine Fritilo in Au 2 7 7 , und in einer Auer Schenkungsnotiz wird Friedrich von Wittelsbach als converses bezeichnet278, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Es erscheint allerdings fraglich, ob sich diese Konversen in gleichem Maße nach dem Handarbeit-Gebot zu riditen hatten wie andere, ebenso, inwieweit sie wie die übrigen Laienbrüder den Befehlen und Anordnungen der Kanoniker, in erster Linie des
) J a k o b s , Die Hirsauer, S. 181. ' ) Siehe oben, S. 200f. 26e) C l a s s e n , Gerhoch, S. 72; M i t t e r , Die Reidiersberger Chorherren in der Pittener Waldmark. 2 β ί ) S U B 2, S. 2 2 2 f „ N r . 146. 2 7 0 ) Bei der Gründung von Seckau kamen Kanoniker cum aliis utriusque sexus religiosis personis aus Salzburg, worunter audi Laienbrüder zu verstehen sind, StUB 1, S. 269, N r . 259. Audi nach Neustift-Brixen zogen die ersten Kanoniker aus Klosterneuburg mit einigen Laienbrüdern, S ρ a r b e r , Abriß der Geschichte des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen, S. 21. 2 7 1 ) Zum Problem allgemein: G r u n d m a n n , Adelsbekehrungen im Hodimittelalter. 2 7 2 ) Chronicon Magni prespiteri, M G H S S 17, S. 493. 2 7 S ) Siehe oben, Erster Teil, S. 58. 274) M o i s , Rottenbuch, S. 204. 275) R o t h , Seckau, S. 51. 2 7 e ) S ρ a r b e r , Abriß der Gesdiichte des Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen, S. 21. 2 7 7 ) Drei bayerische T r a d i t i o n s b ü c h e r , S. 100, N r . 64. 2 7 β ) MB 1, S. 171, N r . 116; als Laienbrüder in Indersdorf: M G H S S 17, S. 332. 2M
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IV. Lebensgrundsätze der Konversen und Regularkanonissen
Propstes, zu folgen hatten 2 7 9 . Immerhin zeichnet sich auch an diesem Ausschnitt ab, welches Echo die Reformbewegung in allen Laienkreisen fand 2 8 0 . 2. D i e
Regularkanonissen
Neben den Konversen bildete in den Stiften der regulierten Kanoniker im Salzburger Reformkreis jeweils ein claustrum. für Regularkanonissen den dritten Bereich einer gesamten Stiftskongregation 281 . Bereits der Rottenbucher Reformkreis hatte das Institut der Doppelklöster für Männer und Frauen nebeneinander 282 gefördert 2 8 3 , wie die meisten Regularkanonikerkreise 284 . In der Salzburger Reform wurden sie zur Regel. Die Tochter des Ministerialen Otto von Amersberg trat 1 1 6 7 / 8 3 in das Salzburger Domfrauenstift ein, als sie ihr Vater ad domino serviendum et castitatem vovendam virginibus sororum nostrarum perpeti stabilitate sociavit, wie eine Notiz aus dem Salzburger Domstift berichtet 285 . Lange vorher bereits war Wernher, Kanoniker des Salzburger Domstifts, zur Besiedlung von Feistritz-Seckau 1140 mit aliis utriusque sexus religiosis personis286 von Salzburg aus gekommen, so daß der Regularkanonissenkonvent in Salzburg sicherlich nicht lange 27e) K e l l e r , „Adelsheiliger" und Pauper Christi, zeigt anhand der Vita sancti Haimerandi Ekkeberts, daß der pauper Christi als neues Adelsideal den Adelsheiligen verdrängte. Konsequenterweise hätte dieses neue Ideal Adlige dazu veranlassen müssen, „niederste Dienste in den Klöstern zu tun" (ebd., S. 320). 2 8 0 ) Vgl. G r u n d m a n n , Religiöse Bewegung, bes. S. 5-69. 2 e l ) Vor 1183 erhielt das Salzburger Domstift eine Schenkung toti congregationi videlicet canonicis, fratribus conversis et sororibus, SUB 1, S. 712, Nr. 269a. 282 ) Eigentlich müßte man von drei „Klöstern" sprechen, wie es der oben, Anm. 256, zitierte Eintrag im Nekrologium des Salzburger Domstifts zeigt: eines für die Kanoniker, eines für die Konversen und eines für die Kanonissen. 2 8 3 ) Μ ο i s , Rottenbuch, S. 224. Zur Entwicklung des Doppelklosters allgemein Β e r 1 i έ r e , Les monasteres doubles aux X I I e et X I I I e siecles; Η i 1 ρ i s c h , Die Doppelklöster. Gorze und Cluny lehnten die Doppelklöster ab, Hirsau und die Regularkanoniker unterstützten dagegen die Entwicklung fast durchwegs. Zu den Regularkanonissen im niedersächsischen Raum D i e s t e l m a n n , Zur Klosterreform des 12. Jahrhunderts in Niedersachsen. 2 8 4 ) Eine Ausnahme bildete Springiersbach, wo man separate Frauenstifte errichtete, Ρ a u 1 y , Springiersbach. Geschichte des Kanonikerstifts, S. 27. Unter dem Einfluß von Springiersbach dürften auch die Bestrebungen in Klosterrath, die Chorfrauen getrennt anzusiedeln, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gestanden haben, was allerdings sdion Richer zu erreichen versuchte. 285 ) SUB 1, S. 690, Nr. 221a. 2 8 ·) S t U B l , S . 2 6 9 , Nr. 259.
Die Regularkanonissen
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nach der Reform des Domkanonikerstifts angegliedert worden sein wird, zumal überliefert ist, der Erzbischof Konrad I. habe zur Reform des Domstifts 1121/22 eiusdem professionis homines, clericos et laicos η e c no η et s or or e s nach Salzburg berufen 287 . In Klosterneuburg wurde ein Frauenkonvent vom Propst Hartmann eingerichtet, also zwischen 1133 und 114 0 2 8 8 , Ranshofen war von Anfang an als Doppelstift konzipiert worden 289 , in Reichersberg weihte 1138 der Bischof Roman I. von Gurk das Frauenstift 290 , in Beyharting lebten spätestens zwischen 1140 und 1150 Frauen nach der vita communis291, und in Neustift-Brixen stammt der früheste Beleg dafür aus den Jahren 1142 bis circa 114 7 2 9 2 . Auch bei Stiften, von denen wir keine schriftliche Nachricht über die Einrichtung eines Frauenkonvents besitzen, können wir die Existenz solcher dennoch annehmen, wie das Beispiel Subens lehrt: auf alten Gemälden des Stiftes sind Regularkanonissen aus Suben dargestellt, obwohl sich kein schriftlicher Nachweis dafür findet293. Die sorores conversae, die unter der Führung einer magistra lebten, unterstanden wie die Laienbrüder der obersten Leitung des Propstes, der auch für ihren Lebensunterhalt zu sorgen hatte 294 . Wie die Laienbrüder lebten sie im Prinzip nach den Vorschriften, denen die Kanoniker folgten; sie hielten das Fasten- und Schweigegebot ein, versammelten sich in einem eigenen Kapitel und beteten zu bestimmten Hören, wenn auch in modifizierter Weise. Obwohl aus dem Salzburger Reformkreis keine Consuetudines für Regularkanonissen überliefert sind, erlauben doch die Prämonstratenser-Gewohnheiten, von denen ein Teil dem Leben der Chorfrauen gewidmet ist 295 , einen gewissen Einblick in ihre Vorschriften und in ihren Tagesablauf. Prinzipiell waren damit die Regularkanonikerstifte des Salzburger Reformkreises darauf angelegt, möglichst alle Menschengruppen anzusprechen und ihnen Gelegenheit zu bieten, ihren Möglichkeiten ent2 β 7 ) Zur frühzeitigen Beteiligung von Frauen an der Reform des Salzburger Domstifts vgl. Vita Chunradi, M G H SS 11, S. 70. 2 8 8 ) Vita beati Hartmanni, hgg. von S ρ a r b e r , S. 43. 2 β 9 ) Ρ r i t ζ , Ranshofen, S. 3 4 6 ; MB 3, S. 258, N r . 71. 29 °) C l a s s e n , Gerhodi, S. 70. 291) T r a d . Beyharting, hgg. von W i e d e m a n n , S. 130f., Nr. 5. 292) T r a d . Neustift, hgg. von W a g n e r , F R A 11,76, S. 34, Nr. 5. 2 9 3 ) Vgl. Ρ r i t ζ , Suben, S. 64. 2 M ) Ρ r i t ζ , Ranshofen, S. 346. 29ä) S t a t u t s P r i m o n t ^ , hgg. von W a e f e l g h e m , S. 6 3 - 6 7 .
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IV. Lebensgrundsätze der Konversen und Regularkanonissen
sprechend an der Reform mitzuwirken; sie ist in diesem Sinne als eine religiöse Bewegung zu verstehen, die alle Bevölkerungsschichten und Stände und alle Lebensbereiche umfaßte.
ERGEBNISSE
Die Salzburger Kanonikerreform im 12. Jahrhundert war im wesentlichen das Werk des Salzburger Erzbischofs Konrad I. Er war 1106 zum Leiter dieser Diözese gewählt worden, gerade zu einer Zeit also, als sich das Ideal der Kanonikerreform, ein Leben nach dem Beispiel der vita apostolica, durchsetzen konnte, nachdem es im 11. Jahrhundert im deutschen Raum noch bei Versuchen und Ansätzen geblieben war. Dementsprechend begann Konrad I. um 1110 mit vereinzelten Reformen in Stiften seiner Diözese, hatte aber wegen der politischen Wirren und persönlichen Widrigkeiten in dieser Zeit nur sehr bescheidenen Erfolg. Der eigentliche Beginn der Kanonikerreform in der Salzburger Diözese ist bei 1121/22 anzusetzen, nachdem Konrad I. in der zweiten Hälfte des Jahres 1121 aus seinem Exil in Sachsen zurückgekehrt war. Mit großer Energie und mit einem differenziert angelegten Reformprogramm führte der Erzbischof die Reform in allen Stiften seiner Diözese wie auch in den Salzburger Eigenstiften in Nachbardiözesen durch, indem er vom Reformzentrum, dem Hochstift-Domstift, aus Pröpste zur Reform einsetzte oder ganze Konvente zur Reformstiftsgründung delegierte, ein Vorgang, der in den meisten Fällen eindeutig nachzuweisen ist. Innerhalb von acht Jahren waren bereits, das Domstift eingeschlossen, neun Stifte reguliert, weitere fünf kamen bis 1143 hinzu. Diese 14 Institutionen, unter denen sich mit Reichersberg, Weyarn und Suben drei „Außenstifte", also Stifte in fremder Diözese, befanden, bildeten den Kern des Salzburger Reformkreises, den Reform verband; die päpstlichen Stifte Berchtesgaden und Baumburg wurden angegliedert. Um diesen Verband legte sich ein Kreis von Stiften mit der Salzburger Observanz als Klammer. Dieser Reformkreis griff zwar nicht sehr weit aus und beschränkte sich auf die Kirchenprovinz Salzburg, die Diözese Augsburg und das Patriarchat Aquileja - Neuwerk-Halle bildete die Ausnahme - ; er war aber doch relativ engmaschig angelegt und kann als Vorfeld des Verbandes gelten. Schon diese Anlage der Reform, deren Ausdehnung um die Mitte des 12. Jahrhunderts ins Stocken kam, verrät, daß sie vor allem auf die
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Salzburger Diözese zugeschnitten war. Der Erzbischof Konrad I. strebte mit ihr nicht nur eine Klerusreform an, sondern eine völlige Neuordnung der Diözese, gekennzeichnet durch ein neues System der Beziehungen, das die kirchliche Verfassung in diesem Sprengel bestimmen sollte. Entscheidend waren die Veränderungen auf dem Gebiet des Verfassungsrechts. Konrad I. errichtete durch Abschichtung von Salzburger Dominikalgut Sondervermögen, auf denen er eine Reihe seiner Reformstifte begründete, deren Besitzungen durch weitere Schenkungen von ihm wie auch von Laien ständig wuchsen. Diese Sondervermögen unterlagen nicht m e h r - w i e noch die bischöflichen Eigenstifte den Salzburger Erzbischöfen im 11. Jahrhundert - primär durch Elemente des Eigenkirchenrechts seiner Dispositionsgewalt: vor allen Dingen verzichtete er auf die unmittelbare Verfügungsgewalt über die Güter der Reformstifte mit wenigen Ausnahmen. Statt dessen ordnete er diese Stifte durch ein Spektrum von Beziehungskomponenten dem Zentrum der Diözese zu, dem Hochstift und dem Erzbischof. Dazu zählte erstens der umfassende Komplex der Schutzherrschaft auf der Grundlage des Klosterschutzrechtes, wodurch er die Vertretung der Stifte in allen Bereichen als letzte Instanz übernahm; das mußte sich in der Praxis vor allem auf dem Gebiet des Vogteiwesens bemerkbar machen, wo nur der Erzbischof Garant des Schutzes gegen Ubergriffe durch die Vögte war, was er durch eine Reihe von Maßnahmen - Einschränkungen der Vogtbefugnisse, Vogteisplitterung, Vogteibindung und Feudalisierung der Vogtei - zu gewährleisten suchte. Zweitens brachte der Erzbischof eine gezielt und konsequent angewandte bischöfliche Amtsautorität zur Geltung, wodurch er sich Einfluß und Kontrolle über die Personen und die Art der Stiftsleitung sicherte. Jede Propstwahl wurde dadurch von ihm abhängig. In dieses neue Beziehungssystem war die spezifische Konzeption der Kanonikerreform in Salzburg als dritte Komponente eingebaut, welche die zentrale Stellung des Erzbischofs förderte. An der Salzburger Metropole waren mit dem Domstift und dem Kloster St. Peter zwei Reformzentren für die Kanoniker und die Mönche eingerichtet worden. Während die Mönchsreform nicht so zentral ausgerichtet wurde neben St. Peter bestand noch das bedeutende Reformzentrum Admont - , zeigt sich die Reform der Kanoniker in die Hierarchie des Bistums vollkommen eingegliedert. An Stelle eines Generalkapitels tagte in Salzburg eine Prälatenversammlung unter dem Vorsitz des Erzbischofs - Konrad I. hatte selbst als einer der ersten die Profeß auf
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die vita canonica abgelegt die sowohl Belange der Regularkanoniker und ihrer Stifte wie auch der gesamten Diözese behandelte und entschied. Diesem System w a r eigentümlich, d a ß möglichst die letzte Entscheidungs- und Kontrollgewalt dem Erzbischof verblieb. Das erklärt, weshalb die Regularkanoniker, die vor allem zur R e f o r m der Seelsorge eingesetzt wurden, zwar in der Salzburger Diözese schon unter K o n r a d I. archidiakonale Funktionen ausübten, die Archidiakonswürde aber, durch welche die Aufsicht über den Klerus eines bestimmten Sprengeis übernommen wurde, niemals rechtlich fixiert auf sie überging. Durch eine solchermaßen durchgeführte Kanonikerreform entstand im Reform-ori/o eine ausgeprägte Bindungskomponente, welche die Wirksamkeit dieser neuen Form der bischöflichen Amtswaltung beträchtlich verstärkte. Sie erlaubte dem Erzbischof, die bischöfliche Präsenz auf ein rasch wachsendes Kirchengut auszudehnen und dennoch den H a u p t f o r d e r u n g e n der allgemeinen Reformbewegung zu entsprechen, was sich in einer auffallend engen Zusammenarbeit mit den Päpsten dokumentiert. Die Anlage des so bestimmten Reformsystems des Erzbischofs K o n r a d I. darf als eine spezifische A r t episkopaler Territorialpolitik gelten, die f ü r die Z u k u n f t freilich nicht tragfähig war. Mit dem Tod des Erzbischofs Konrad I. von Salzburg 1147 bereits wurde der Niedergang dieses komplexen Reformgebäudes eingeleitet. Die mannigfaltigen Ursachen d a f ü r sind zu suchen einmal in der allgemeinen Entwicklung der Kanonikerreform-Bewegung und deren geistigem Hintergrund, sodann in den f ü r die Salzburger Kirche ausgesprochen ungünstigen politischen Umständen - nur f ü r kurze Zeit ließen die Wirren des Schismas von 1159 f ü r den Salzburger R e f o r m verband einen neuen H ö h e p u n k t , aus neuem Selbstverständnis erwachsen, zu - und schließlich in der Anlage der Salzburger Kanonikerreform unter Konrad I. selbst: sie mußte auf jede Veränderung, besonders auf eine Minderung der erzbischöflichen Autorität, empfindlich reagieren, da das System auf eine optimale Schutzgewährung durch den Erzbischof ausgerichtet w a r . Mit dieser Schwächung der erzbischöflichen Position in der Salzburger Diözese, die seit 1164, vor allem seit 1169/70 in hohem G r a d e eintrat, korrespondierte ein beträchtlicher Bedeutungszuwachs des Salzburger Domkapitels. Er war bedingt durch die allgemeine Entwicklung und durch die rechtliche und materielle Förderung einst durch den Erzbischof K o n r a d I. Infolgedessen konnte das D o m -
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Ergebnisse
kapitel, an der Spitze der Dompropst, zu einer mit dem Erzbischof konkurrierenden Institution in der Diözese aufsteigen. Daneben verursachten auch die hartnäckig verfolgten Unabhängigkeitsbestrebungen des Gurker Bischofs und des Gurker Domkapitels eine Auflösung des Verbandes, die sich im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts, endgültig unter dem Erzbischof Adalbert III., vollzog. Dieses Bild von der Anlage der Salzburger Kanonikerreform unter dem Erzbischof Konrad I. auf verfassungsrechtlichem und diözesanreformerischem Gebiet wird ergänzt durch den Bereich der inneren Ordnung, die für die Regularkanoniker des Salzburger Reformkreises verbindlich war. Sie zeichnete sich prinzipiell dadurch aus, daß sie den lokal unterschiedlichen Voraussetzungen Rechnung trug, wodurch der Anschluß solcher Stifte erleichtert wurde, die ursprünglich eine andere Reformrichtung verfolgt hatten. Diese Toleranzspanne in den Bestimmungen bewegte sich jedoch nur innerhalb eines bestimmten Rahmens von Leitlinien, der vorgegeben war durch das Kanonikerideal eines gemäßigten Ordo novHS. Ihm lagen zugrunde ein auf liturgischem Gebiet eingeschränkter Ordo monasterii und die Klosterrather Consuetudines Nocturnis itaque horis, deren Entstehung auf 1127/29 datiert werden konnte. Dieser gemäßigte Ordo novus war im Salzburger Reformkreis an sich das ganze 12. Jahrhundert hindurch in Geltung. Aber im Zuge des allgemeinen Niedergangs der Kanonikerreform-Bewegung und des Zerfalls des Salzburger Reformverbandes in den letzten drei Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts wurden seine Vorschriften nur noch zum Teil und in manchen Stiften auch nicht mehr ernsthaft befolgt. Bereits hundert Jahre nach der groß angelegten und tiefgreifenden Reform des Erzbischofs Konrad I. erwies sich während der Regierungszeit des Erzbischofs Eberhard II. im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts eine erneute Kanonikerreform auf breiter Basis als nötig.
ABKÜRZUNGEN
BM
Böhmer-Mühlbacher, Die Regesten des Kaiserreiches unter den Karolingern.
BUB
Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich.
FRA
Fontes rerum Austriacarum.
GP
Germania Pontificia.
HUB
Urkundenbudi des Hochstifts Halberstadt und seiner Bisdiöfe.
IP
Italia Pontificia.
JL
Jaffe-Löwenfeld, Regesta pontificum Romanorum.
MB
Monumenta Boica.
MGH
Monumenta Germaniae Historica.
MC
Monumenta Historica Ducatus Carinthiae.
MrhUB
Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die preuß. Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien.
MUB
Mainzer Urkundenbudi.
NrhUB
Urkundenbudi für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Köln, der Fürstentümer Jülich, Berg, Geldern, Moers, Kleve und Mark und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden.
PL
Migne, Patrologia Latina.
RAS
Regesta ardiiepiscoporum Salisburgensium.
StUB
Urkundenbudi des Herzogthums Steiermark.
SUB
Salzburger Urkundenbudi.
Trad.
Traditionsbuch.
TUB
Tiroler Urkundenbuch.
UB
Urkundenbudi.
UBLOE
Urkundenbudi des Landes ob der Enns.
QUELLEN- U N D
LITERATURVERZEICHNIS
1. H a n d s c h r i f t e n a) Aachener Regel: Wien, Nat. Bibl., cod. lat. 2090, fol. 38^-92* zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts, aus dem Salzburger Domstift. b) Consuetudines: (S = )
Wien, Nat. Bibl., cod. lat. 1482, fol. 25^-73', zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts, aus dem Salzburger Domstift.
( K = ) Wien, Nat. Bibl., cod. lat. 4724, fol. 22r-67 v , Beginn des H . J a h r h u n derts, aus Klosterneuburg. (F = )
St. Florian, Stiftsbibliothek, cod. XI 250, fol. 6>--62v, Beginn des 13. Jahrhunderts (1224 oder kurz danach), aus St. Florian.
(M = ) Maribor (Jugoslawien), Skofijski arhiv (Bischöfliches Archiv), cod. Q 18, Inv. nr. 37, fol. 32 r -87 r , zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus dem Domstift St. Andrä (Hochstift Lavant) im Lavanttal. (I = )
clm 7804, fol. 118 v -122r, Mitte des 12. Jahrhunderts, aus Indersdorf.
clm 16 103, fol. lb r -48 v , 12. Jahrhundert, aus St. Nikola-Passau. clm 11 338, 13. Jahrhundert, aus Polling. clm 5155, fol. 67 V -137 T , 14. Jahrhundert, aus Beyharting. clm 5 256, fol. 134 T -135 V , 14. Jahrhundert, aus Herrenchiemsee. clm 7 371, fol. l r -34v, 1408, aus Höglwörth. clm 16 105, fol. 54 r -191v, 15. Jahrhundert, aus St. Nikola-Passau. clm 16 512, fol. 147 r -166 T , 15. Jahrhundert, der codex aus St. Zeno-Reichenhall, die Consuetudines aus Indersdorf. clm 5143, fol. 139 r -146 T , 17. Jahrhundert, aus Beuerberg. Linz, Oberösterreichisches Landesarchiv, Hs. 137, fol. 32/39r-37/44r (die Blätter tragen Doppelnumerierung), von Hieronymus Mayr aus alten Vorlagen zusammengetragen, 1650, aus Ranshofen. Trier, Stadtbibliothek, Hs. 2262/2208, S. 13-58, 1598, aus Springiersbach. Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 1233, fol. l r -33r, erste Hälfte des 12. Jahrhunderts, aus S. Ruf. Paris, Bibl. Nat., ms. lat. 14673, fol. U-52* 13. Jahrhundert, aus S.Victor-Paris (Liber ordinis).
300
Quellen- und Literaturverzeichnis
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2. G e d r u c k t e
Quellen
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Gedruckte Quellen
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Gedruckte Quellen
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304 Bd. Bd. Bd. Bd.
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Die Die Die Die
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Literatur
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PERSONEN-
UND
ORTSREGISTER
Abkürzungen B. Bf. Bn. Cons. Diöz. Dkap. Dst. Ebf. Gf. HgHst. Ki. Kan. Kpl.
Benediktinerkloster Bischof Benediktinerinnenkloster Consuetudines Diözese Domkapitel Domstift Erzbischof Graf Herzog Hochstift Kirche Kanoniker Kapelle
Kg. Kr. Ks. Mgf. P. Patr. Pf. Pfgf. Pr. Rk. Rkn. Sk. V. Z.
König Kreis Kaiser Markgraf Prämonstratenserstift Patriarch Pfarrei Pfalzgraf Propst Regularkanonikerstift Regularkanonissenstift Säkularkanonikerstift Verband Zisterzienserkloster
1. P e r s o n e n r e g i s t e r Konrad I., Ebf. v. Salzburg, ist nicht im Register aufgeführt.
Adalbero, Gf. im Lurngau ("f nach 1126) 61 Adalbert I., Ebf. v. Mainz (1110-37) 113, 119, 141, 196, 135-138 Adalbert III., Ebf. v. Salzburg (1168-77 u. 1183-1200) 72,130, 159,189,209, 216-219, 222f„ 225, 227, 229-231, 296 Adalbert, Pr. v. Bischofshofen (vor 1155-74) 63,108,215,217 Adalbert, Pr. v. Maria Wörth (1146?51) 98 Adalbert, Pr. v. Friesadi (c. 1167/68) 215 Adalbert, Kan. v. Seckau (c. 1140/41) 66 Adalbert (Babenberger), Sohn Leopolds III. (f 1138) 80 Adalbert, Gf. (c. 790) 116 Adalbert, Stadtrichter v. Friesadi (c. 1156/62) 98
Adalram v. Waldeck (f vor 1158) 65f., 289 Adelgot, Ebf. v. Magdeburg (1107-19) 13, 15f., 143 Adelhard, Pr. v. St. Reno-Reichenhall (c. 1 1 6 8 - c . 87) 217 Adelhard, Pr. v. Ranshofen (1174/75 nach Aug. 89) 79469 Adelheid, Gemahlin des Gf. Berengar II. v. Sulzbach (f c. 1112) 72 Adelheid, Gemahlin des Gf. Udalsdialk v. Lungau (t c. 1120) 60 Ailbert (v. Antoing), erster Leiter v. Klosterrath (1104-11) 21, 181, 257 Albert, Bf. v. Freising (1158-84) 227 Albert, Pr. v. Herrenchiemsee (c. 1196— 1204) 53f. Albuin, Salzburger Ministeriale (c. 1111) 12, 32 Alexander II., Papst (1061-73) 6 3 ', 42, 118, 2364
Personenregister Alexander III., Papst (1159-81) 207f., 209 4 e o , 210-214, 217-219, 227, 230 Altmann, Bf. v. Passau (1065-91) 6f., 22 1 0 0 , 33, 35, 102f., 179f. Altmann, Bf. v. Trient (1124-49) 60f., 94-96, 190 Altmann, Pr. v. Ranshofen (vor 6. Okt. 1162-74/75) 78f. 4e » Alypius, Schüler des Augustinus v. H i p p o 239 Anno II., Ebf. v. Köln (1056-75) 136 Anselm, Bf. v. Havelberg (1129-55), Ebf. v. Ravenna (1155-58) 167f„ 183 Anselm I., Bf. v. Lucca (1056/57-73) 63β Anselm II., Bf. v. Lucca (1073-86) 6, 35 Aribo VI., Edler u. Gf. im Salzburggau (t 1102) 122»2, 132 Aribo, Abt v. Tegernsee (1111-34) 161 2βο Arno, Bf. u. Ebf. v. Salzburg (785-821) 28, 116, 117 29 Arno, Dekan (vor 1147-69) u. Pr. (1169-75) v. Reichersberg 38 1 8 5 , 166, 182f., 207; Scutum canonicorum 166, 249-251, 272, 274-278, 280, 282f„ 285, 288 Arnold I., Ebf. v. Köln (1138-51) 134 121 Arnold II., Gf. v. Morith u. Greifenstein (f nach 1170) 96 Arnulf v. Kärnten, Kg./Ks. (887-99) 29, 52 Ascuin, Kan. v. Neustift bei Brixen (c. 1142) 93 5 5 i Augustinus, Bf. v. H i p p o (396-430) 20; Regel 33, 37, 61, 67, 7 1 423 , 76, 91, 235-239, 242, 244f„ 258; bayerisdisalzburgische Regelhandschriften 246
Babenberger, Mgfn. u. Hge. v. Österreich 80f., 122, 146, 150, 229 - s. Leopold III., Leopold IV., Adalbert, Heinrich Jasomirgott Balderich, Abt v. St. Peter-Salzburg (1125-47) 48 2 7 1 , 164, 175 Balduin, Ebf. v. Salzburg (1041-60) 46 Balduin, Priester (vor 788) 46 Bela I., K g . v. Ungarn (1058/61-63) 60 34 »
345
Berengar II., Gf. v. Sulzbach (f 1125) 69, 72 Bernhard, Pr. v. Vorau (1184-1202) 67 4 0 4 , 68f. Bernhard II. v. Weilheim (c. 1140-66) 92^52 Berthold (v. Moosburg), Gegen-Ebf. v. Salzburg (1085-1106) 11, 22, 30, 32, 40, 140 Berthold, Bf. v. Gurk (1090-1106) 11, 40 Berthold, Pr. v. Gars (vor 1185-97) 50 Berthold, Pr. v. Waldhausen (vor 116176/78) 82-85 Berthold, Pr. v. Zell am See (c. 1196) 51 Berthold IV., Gf. v. Dießen ( | 1151) 289 Bertolf, Pr. v. Frankenthal (1119-23), Pr. v. Klosterrath (1123-24) 243, 24858, 257, 265 Berwin (Berwig), Pr. v. Reichersberg (1110-16), Pr. v. Neuwerk-Halle (1116-18) 13, 16f„ 38, 88 Borno, Pr. (1124-27) u. Abt (1134-37) v. Klosterrath 248 5 8 , 257f., 266, 278 Boso, Priester (vor 788) 48, 50 Bruno II., Ebf. v. Köln (1131-37) 140 152 Burchard II., Bf. v. Halberstadt (105988) 136 134 Burchard, Pr. v. Zell am See (vor Juli 1 1 2 9 - c . 45) 51 Calixt II., Papst (1119-24) 36, 101« 02 , 127 85 , 1 2 9 " , 180, 239 2 0 , 245, 270, 287 Chadalhoch V., Gf. im Isengau (f c. 1050) 46 Chrodegang, Bf. u. Ebf. v. Metz (74266) 4 Coelestin II., Papst (1143-44) 82, 84 Coelestin III., Papst (1191-98) 130, 231 Dagobert, Pr. v. Höglwörth (vor Juli 1 1 2 9 - v o r 47) 54, 56f. Degenhard, Pr. v. Neustift bei Brixen (1165-70/73), Pr. v. Dießen (11731201) 93 Diethalm, Pr. v. Bischofshofen (vor 1 1 4 3 - v o r 55) 63 Dietmar II. v. Lungau (c. 1100-30) 159
346
Personen- und Ortsregister
Eberger, Kan. v. Suben (c. 1131) 61 Eberhard, Abt v. Biburg (1133-47), I. Ebf. v. Salzburg (1147-64) 45, 53, 5 8 - 6 1 , 63, 67, 70 4 2 1 , 72, 78, 86f., 98, 131, 140, 141 1 5 7 , 142, 144, 147, 159, 176, 178 3 3 e , 183f., 189, 193, 195, 201, 208, 212, 214, 216, 220f., 224, 228 Eberhard II., Ebf. v. Salzburg 79 4 7 1 , 102, 145, 171, 188 3 8 e , 254, 273, 282f., 296 Eberhard II., B f . γ. Bamberg 210 Eberwin, Pr. v. Berchtesgaden c. 07 u. vor 1121-41), Pr. burg (c. 1107-21) 49 2 7 1 , 7 3
(1200-46) 205, 231, (1146-70) (1102/05v. Baum69f., 72,
431
Egelolf, Pr. v. Gars (1169/70-71) 209«°, 21852O; 230 Einwik, Pr. v. St. Florian (1295-1313) ! 72315 Ekbert, A b t v. Huysburg (1134—55) 167f. Elten, Prior v. Marbach (c. 1502) 20 Engelbert, Pr. v. St. Michael an der Etsch (c. 1177) 96 Engelbert, Pr.-Elekt. v. Höglwörth (1308) 56 E n g e l b e r t l . , Gf. v. Spanheim ( f 1096) 121 Engelbert II. (Spanheimer), Hg. v. Kärnten (1124-35) 222 Engelbert (Görzer), Pfgf. v. Bayern (1107-22) 122 Engelramm, Pr. v. Maria Saal (1131-63) 42 2 2 2 , 192 Engelschalk, Pr. v. Herrenchiemsee (c. 1 1 8 5 - c . 87) 53 Eppensteiner, Gfn., Mgfn. u. Hge. 44 - s. Heinrich III. Eppo, Pr. (?) v. Gars 49 Erenbert, Kan. v. Ranshofen (c. 1100 nach 25/26) 75 4 4 8 , 77 4 5 9 Erkenbert, Gründer v. Frankenthal ( f 1132) 265 1 3 9 Erpo, Abt v. Klosterrath (1141-78) 267 Eticho, Pr. v. Ranshofen (1189/95 nach 98) 79 4 β β Eugen III., Papst (1145-53) 45, 55, 58, 60, 62 3 6 0 , 64, 76, 79 4 7 2 , 166, 170, 174, 18 0 3 4 3 , 181, 1843««, 224, 228
Everhelm, Kan. v. Reichersberg (c. 1111) 19 Falkensteiner Gfn. u. Vögte 149 - s. Rudolf, Sigboto IV., Sigboto V. Friedrich I. Barbarossa, Kg./Ks. ( 1 1 5 2 90) 72, 97, 210-219, 222, 227 Friedrich I., E b f . v. Salzburg (958-91) 29 Friedrich I., Ebf. v. Köln (1100-31) 19, 135, 137, 140 1 5 2 , 259 Friedrich, Pr. v. Maria W ö r t h (vor 1187-1212) 99 Friedrich, Pr. v. Au (1122 - vor Juli 29) 47 Friedrich (Wittelsbacher), Pfgf. v. Bayern ( f 1198/99) 289 Friedrich, Hg. v. Böhmen ( f 1189) 225 Gebeno, Dompr. v. Salzburg (1137-46) 164, 175f., 192 Gebhard, Ebf. v. Salzburg (1060-88) 7, 13 5 8 , 31, 37, 40, 4 2 - 4 5 , 66 3 e °, 107, 117-119, 124 7 0 , 132f., 208 Gebhard, Domkan. v. Regensburg, Pr. v. St. Mang in Stadtamhof (1138 vor 56) 272 Gebolf, Pr. v. Beuerberg (12. Jh.) 101 eos Gebolf II. v. Beyharting (c. 1090 - c. 1120) 85 Gelasius II., Papst (1118-19) 1612", 248f. Gerhard, Patr. v. Aquileja (1122-29) 86 Gerhodh, Pr. v. Reichersberg (1132-69) 7 3 8 , 35, 38f., 53, 81f., 84, 90 5 4 0 , 93, 107 6 3 7 , 125, 138, 140, 165f., 176, 182f., 186, 204, 206f., 210 4 8 5 , 211, 214, 242, 244f., 248"°, 249, 272, 288 Gerlach, Abt. v. Rein (c. 1130 - nach 80) 140 1 5 2 , 176 Germunt, Beamter der Weifen in Ranshofen (c. 1130 - c. 50) 77 4 6 3 Gerung, Pr. v. Marbach (nach 1103-30) 260, 265 Gilduin, Abt v. S. Victor-Paris ( 1 1 1 3 55) 177 Gotabert, Chorbf. in Carantanien ( t 945) 40 Gotbert, Pr. v. Maria W ö r t h (1151-62) 98f.
Personenregister Gottfred, Bf. v. Maguelone (1080-1103) 35 Gottfried, Abt v. Admont (1138-65) 15 72 , 160 253 , 168 295 , 175 f. Gottschalk, Pr. v. Reichersberg (1121/ 22-32) 38 Gottschalk, Pr. v. Baumburg (1125/3063) 73f„ 175f„ 195 Gottschalk, Pr. v. Klosterneuburg (1186-92) 81 Gratian, Kanonist 207 Gregor VII. (Hildebrand), Papst (107385) 5, 43 230 , 118, 133, 153; sog. Regel 6, 236 Grimo, Pr. v. Zell am See (vor 1164 vor 90) 51 287 Günther, Ebf. v. Köln (850-70) 30 Günther, Bf. v. Gurk (1072-90) 43 Guido v. Castro Ficeclo, Kardinaldiakon u. Legat (c. 1143 ) 8 9 533 , 18 6 375 Gundacher, Dompr. v. Salzburg (118396) 280 218 , 283 Gundacher, Domcellerar v. Salzburg (c. 1168/69) 215 Gunther, Abt v. Attel (vor Juli 1129 vor 50) 48 271 Gunther, Gf. (c. 767) 115
Hadamar, Pfarrer v. Friesadi (c. 1116/ 17) 192 Hadrian IV., Papst (1154-59) 78 4ββ , 141 157 , 161 2β1 , 185 571 , 207 Hartmann, Pr. v. St. Nikola (c. 107178), Abt v. Göttweig (1094-1114) II 4 1 , 286 2 4 7 Hartmann, Domdekan v. Salzburg (1122-25/29), Pr. v. Herrenchiemsee (1125/29-33), Pr. v. Klosterneuburg (1133-40), Bf. v. Brixen (114064) 18, 33, 52f., 66, 80f., 89f., 92f., 101, 103, 108, 128, 154, 181f„ 190, 193 411 , 197, 203f., 207, 210 485 , 214, 235, 243f., 273, 279, 291 Hartnid II. v. Traisen ( | c. 1110/15) 66 390 , 132 Hartwig I., Ebf. v. Bremen (1148-68) 121 57 Hartwig II., Bf. v. Regensburg (1155— 64) 211 487 , 222 Hartwig, Pr. v. Dießen (1123-73) 93 559 , 101" 02
347
Heimo, Abt v. Seeon (c. 1152 - nach 59) 161 2 e l Heimo, Magister v. Waldhausen (s. Maria de Silva curiae) (c. 1138-43) 82, 84 Heinrich II., Bf. v. Freising (1098-1137) 21,85 Heinrich, Pr. v. Berchtesgaden (1151— 74), Gegen-Ebf. v. Salzburg (117477), II. Bf. v. Brixen (1178-96) 72, 215,217,219 Heinrich IV., Bf. v. Lavant (1363-88) ! 72315 Heinrich I., Dompr. v. Gurk (1138-40) 4 6
24»
Heinrich II., Dompr. v. Gurk (1143-46/ 49) 46 249 , 176 Heinrich I., Abt v. St. Peter-Salzburg (1147-67), Bf. v. Gurk (1167-74) 215, 217-219, 226f. Heinrich, Abt v. Biburg (1163-67), II. Abt v. St. Peter-Salzburg (1167-88) 215, 217 Heinrich, Abt v. Michaelbeuern (114261) 176 Heinrich, Abt v. Heiligenkreuz ( 1 1 4 8 c. 97/98) 227 Heinrich, Dekan v. Klosterneuburg (bis 1142), Pr. v. Neustift bei Brixen (1142-64) 93 Heinrich, Dekan v. Neustift bei Brixen (1142-67), I. Pr. v. S. Maria in Au (1167-97) 93 5 5 ', 97 Heinrich I., Pr. v. Säbnidi (1147-51) 82-84 Heinrich, Pr. v. St. Pölten (c. 1170-81) 103 Heinrich, Pr. v. Gars (1159-69 u. 117177) 49, 108, 193 412 , 209 480 , 215 Heinrich, Pr. v. Höglwörth (c. 1190 c. 98) 56 Heinrich, Domkan. v. Salzburg (vor 1177) 209, 283 23 « Heinrich III., Kg./Ks. (1039-56) 52 2 M Heinrich IV., Kg./Ks. (1056-1106) 13, 21, 37, 43, 1183® Heinrich V., Kg./Ks. (1106-25) 11 f., 15 72 , 32 147 Heinrich I X . (der Schwarze), Hg. v. Bayern (1120-26) 32 147 , 76f. Heinrich X . (der Stolze), H g . v. Bayern (1126-39) 76
348
Personen- und Ortsregister
Heinrich der Löwe, Hg. v. Sachsen (1142-80) u. Bayern (1156-80) 65, 75f., 92 552 , 211, 2 1 8 524 Heinrich Jasomirgott, Hg. v. Bayern (1143-54) u. Österreich (1156-77) 214 Heinrich III. (Eppensteiner), Hg. v. Kärnten (1090-1122) 121, 133 Heinrich V. (Spanheimer), Hg. v. Kärnten (1144-61) 149 Heinrich I., Gf. v. Piain ( | 1196) 287 2 5 e Heinrich I. v. Formbach (1020 - c. 30) 60 349 Heinrich II. v. Baumgarten u. Stein (1153/54-94) 215 Hemma, Gemahlin des Mgf. Wilhelm II. (t nach 1036) 43,117 Herbord, Pr. v. Au (vor Juli 1129-54) 4 8 269 , 176, 194 Herluca, Eremitin (t 1127) 39 Hermann, Bf. v. Augsburg (1096-1133) 39, 101 602 Hermann, Dompr. v. Salzburg (112237) 33, 49 271 , 168 295 , 193, 244, 270 Hermann, Domdekan (?) v. Salzburg (vor Aug. 1125) 52 Hildebert, Pr. v. Polling (f 1128?) 91 Hildebrand s. Gregor VII. Hildegard, Gemahlin Kunos III. v. Megling (t nach 1146) 47 257 Hiltebold, Bf. v. Gurk (1106-31) 11, 18, 41-45, 129 Hochold, Pr. v. Isen (vor Juli 1129 - c. 57) 104 Honorius II., Papst (1124-30) 127, 129"», 207 473 , 239 20 , 242, 244f„ 269f., 287 Hugo, Bf. v. Brixen (1106-25) 88 Hugo, Pr. v. Berchtesgaden (1142-51), Dompr. v. Salzburg (1151-67) 34 15e , 70, 71 424 , 72, 108, 155, 168 295 , 175f„ 195, 213, 215, 222 Hugo, Pr. v. Gars (vor Juli 1129-59) 482®9, 49, 50 279 , 176, 194 Hugo (v. Fosses), Abt v. Premontri (1126/28-61/64) 267 Innocenz II., Papst (1130-43) 70 41 », 71 424 , 78, 82, 84f., 90f., 93 557 , 94, 98 583 , 128, 129 9e , 141, 142 1M , 161 2 M , 170 301 , 173 317 , 174, 177 334 , 180, 207f., 223
Innocenz III., Papst (1198-1216) 102, 231 Irimbert, Abt v. Seeon (1146 - vor 52) 161 Irmingard, Gemahlin des Gf. Chadalhoch V. (f 1075) 46 Ivo, Bf. v. Chartres (1090-1116) 27, 182, 255 Johannes, angebl. Pr. v. Suben 62' 9 0 Johannes, liber Baioarius (vor 788) 50 Judith, Gemahlin Gebolfs II. v. Beyhart i n g ( | nach 1138) 85 Karl d. Große, Kg./Ks. (768-814) 51, 116 29 , 143 Konrad, Bf. v. Passau (1147/48-64), II. Ebf. v. Salzburg (1164-68) 67, 83, 164 2ββ , 208f., 211 487 , 2 1 2-2 1 6, 2 1 8 522 , 226 Konrad, Ebf. v. Mainz (1161-65 u. 1183-1200), III. Ebf. v. Salzburg (1177-83) 46, 159 242 , 162, 164 2 ", 220-222, 224, 227, 230, 283 Konrad, Pr. v. Neustift bei Brixen ( 1 1 7 0 / 7 3 - c . 82) 94 Konrad I., Abt. v. Tegernsee (1135-55) 161
Konrad, Pr. v. Polling (1151/60-80) 91f. Konrad, Prior v. St. Michael an der Etsch (vor 1145 - vor 77) 96 Konrad, Pr. v. Höglwörth (12. Jh.?) 56 327 Konrad, Pr. v. Weyarn (c. 1219/26) 59 Konrad, Kaplan des Bf. Hartmann v. Brixen aus Polling (1140 - nach 64) 92 Konrad, Kaplan u. Kanzleibeamter in Gurk (1145-78) 226 Konrad II., KgTKs. (1024-39) 47 Konrad III., Kg. (1138-52) 198, 212 4 9 ' Kuno I., Abt v. Siegburg (1105-26), Bf. v. Regensburg (1126-32) 19, 39, 248«» Kuno, Pr. v. Herrenchiemsee (1133-53) 53, 108,176 Kuno, Pr. v. Suben (1142 - nach 66) 19 89 , 62, 124"9 Kuno, Pr. v. Polling (vor 1136 - nach 50) 91
Personenregister Kuno, Domkan. v. Salzburg (c. 1137) 62 Kuno III. v. Megling (1121-46) 47 Lambert, Pr. v. Neuwerk-Halle (111844) 16, 18, 38, 88, 286f. Lanzo, Priester (1121-36) u. Pr. (113646) v. St. Zeno-Reichenhall 63f., 108, 176, 188 Lebenauer, Gfn. u. Vögte 149, 223 Leibnitzer, Salzburger Ministerialen 4 1
2J3
Leo, Pr. v. Eberndorf (vor 1149-52) 87 Leonhard, Ebf. v. Salzburg (1495-1519) 1 9 4
414
Leopold, Pr. v. Höglwörth (1308 - nach 27) 56 Leopold III., Mgf. v. Österreich (10951136) 80f., 182, 190, 203 Leopold IV., Mgf. v. Österreich (113641) 81 Leopold I., Mgf. v. Steiermark (112229) 32, 140 152 Lietbert, Abt v. S. R u f (1100-10) 165 Liudolf, Eremit (c. 1116/19) 267, 2 6 9 1 " Liupold, Dekan v. Seckau (1141-63), Pr. v. Vorau (1163-84) 66f., 215, 2 1 8522 Liutfried, Abt v. Grafschaft ( t 1115) 19 Liutfried, Pr. v. Ranshofen (12. Jh.) 7^460 Liutold, Abt v. A d m o n t (1165-71) 160 253 , 215, 217 Liutold, Schatzkämmerer v. Ranshofen (c. 1178) 794«» Liutold I., Gf. v. Piain (1123-64) 57 Liutold IV., Gf. v. Piain (f 1248) 54, 57, 130 Liutpold, Gf. v. Piain (f 1193) 287 25 « Lombarden 214 Lothar III. (v. Supplinburg), Kg./Ks. (1125-37) 13, 144"o Lucius II., Papst (1144-45) 127, 2 0 7 " ' , 226 Lucius III., Papst (1181-85) 228 Ludwig d. Fromme, Ks. (813-40) 143 Ludwig d. Deutsche, Kg. (840-76) 40, 143 Magnus, Kan. v. Reichersberg (f 1193) 242, 288
349
Manegold (v. Lautenbach), Dekan v. Rottenbuch (1085 - c. 94), Pr. v. Marbach (c. 1094 - nach 1103) 38 1 8 5 , 265 Manegold, Pr. v. Ranshofen (c. 1141 vor 58 ) 77 463 , 78f„ 175 Markwart I. v. Marbach u. Modiing (c. 1 1 0 0 - c . 45) 92 5 5 2 Markwart II. v. Marbach u. Modiing ( | 1158) 92 5 5 2 Marquard, Pr. v. Klosterneuberg (1140— 67) 81, 84, 207, 214 Mathilde, Mgfin. v. Tuscien (f 1115) 12, 22 Mathilde, Gemahlin des Gf. Arnold II. v. Morith u. Greifenstein (f c. 1175) 96 Meglinger, Edles/Vögte/Gfn. 47, 50, 123, 1 4 9 . - s . K u n o III. Meingot, Domdekan v. Salzburg (1161 c. 75) 215, 217, 219 5 2 5 Meingot, Pr. v. Baumburg (1163-86) 74 Meinhard, Pr. v. Ranshofen (vor N o v . 1 1 5 7 - v o r Okt. 62) 78 4 » 9 Nikolaus II., Papst (1058-61) 5 Norbert, Ebf. v. Magdeburg (1126-35) 242, 266f., 278-280 Odalbert, Ebf. v. Salzburg (923-35) 29, 116 Ortolf, Pr. v. Innichen (1178-1212) 99592 Otbert, Bf. v. Lüttich (1092-1119) 181 349 O t t o I., Bf. v. Bamberg (1102-39) 8 9 5 3 5 , 113 , 2 8 9 O t t o L , Bf. v. Freising (1138-58) 85, 8 6 5 0 8 , 97f., 99 5 9 2 , 103, 133 119 , 190, 192407 212 4 9 3 Otto, Bf. v. Brixen (1165-70) 93 Otto, Abt v. Millstatt (vor 1136-66) 176 O t t o L , Pr. v. Eberndorf (vor 1167-73) 87, 215 Otto, Pr. v. Rottenbuch (c. 1147-83), II. Pr. v. Eberndorf (1173-83) 87, 208 Otto, Pr. v. Suben (1126/27-42) 61 O t t o , Domkan. v. Salzburg, Kan. v. Seckau (c. 1140/41) 66
350
Personen- und Ortsregister
Otto I., Kg./Ks. (936-73) 29, 52, 244, 249 Otto III., Kg./Ks. (983-1002) 52 294 Otto IV. (Wittelsbacher), Pfgf. v. Bayern (1120-56) 99 Otto III., Gf. v. Wolfratshausen (112127) 101 602 Otto v. Machland (t 1150) 82 Otto v. Amersberg, Ministeriale des Gf. Heinrich I. v. Piain (c. 1167/83) 290 Ottokar II., Mgf. v. Steiermark (f 1122) 17, 32, 150 Ottokar III., Mgf. v. Steiermark (112964) 67f., 145 Ottokar IV., Mgf. (1164-80) u. Hg. (1180-92) v. Steiermark 69 Pabo I., Dompr. v. Gurk (1123-38) 45, 108 Pabo II., Dompr. v. Gurk (1140-43) 45f. 249 Pabo, Domkan. v. Salzburg (c. 1142) 45249
Paschalis II., Papst (1099-1118) 11, 181346, 272 Paschalis (III.), Gegen-Papst (1164-68) 213 Peilsteiner, Gfn. u. Vögte 122, 149 Peter, Pr. v. Hamersleben (1138-46) 167 Petrus Damiani (f 1072) 165 Petrus (de Honestis), Prior v. S. Maria in Porto bei Ravenna (c. 1115/16) 96" 5 , 236 3 , 272 Pilgrim I., Patr. v. Aquileja (1131-61) 44 235 , 86f. Pilgrim, Abt v. Elsenbach (c. 1125 - c. 48) 176 Pilgrim, Abt v. St. Paul im Lavanttal (1158-92) 217 Pilgrim, vir illustris v. Verona (c. 1147) 95 Plainer, Gfn. u. Vögte 55-97, 130, 149, 21550». - s. Werigand, Liutoldl., Heinrich I., Liutpold, Liutold IV. Prämonstratenser 90, 278, 280; Cons, s. Premontre. - s. Premontr£ u. Magdeburg Raffold, Kämmerer des Hg. Heinrich IX. (c. 1125) 77 463
Razo, Konverse v. R e i f e r s b e r g (c. 1110/15) 19,286f. Reginbert, Abt v. St. Peter-Salzburg (1116-25), Bf. v. Brixen (1125-40) 48271 , 88, 90f., 159 Reginbert, Bf. v. Passau (1138-47/48) 78 4β9 , 83 491 , 84, 164, 180 Reginbert v. Säben, Ministeriale v. Brixen (c. 1142) 93,289 Reginmar, Bf. v. Passau (1121-38) 5 8 33e Reinhard, Bf. v. Halberstadt (1107-23) 13f., 1572, 114, 12783, 128f. 9e , 142f., 150212, 155 237 , 158241, 162 264 , 190, 195f., 237 Reinhard, Kan. v. Neustift bei Brixen (c. 1142) 93 55e Richard, Pr./Abt v. Springiersbach (1107-48) 259f., 284 Richard, Pr. v. Indersdorf (1143-66) 100 Richarda, aus der familia v. Gars (c. 1107) 49 Richer, Bf. v. Brixen (1174-78) 21952» Richer, Pr. (1112-19) u. Abt (1119-22) v. Klosterrath 21, 33, 181f., 243, 248 58 , 255, 257, 260, 265f., 270 Richer, Pr. v. Innichen (1160-74) 99 692 Richilt, Mutter Kunos III. v. Megling (f 1130) 47 Rihni, Gemahlin des Ebf. Odalbert v. Salzburg (c. 924/30) 116 Roman, Pr. v. Maria Saal (c. 1116-31), I. Bf. v. Gurk (1131-67) 17, 41f., 44f,. 47, 66f„ 77 4 ' 4 , 85-87, 94, 98, 107' 38 , 108, 149, 154, 175f., 192, 291 Roman I., Dompr. v. Gurk (1146/4974), II. Bf. v. Gurk (1174-79) 4121», 46 249 , 215, 217, 219 528 , 227 Roman, Pr. v. Eberndorf (vor Okt. 1 1 5 4 - v o r 67) 87 Rotger, Ebf. v. Magdeburg (1119-24) 88
Rudger, Domkan. v. Salzburg, Kan. v. Seckau (c. 1140/41) 66 Rudolf, Bf. v. Halberstadt (1136-49) 1299«, 175 321 Rudolf, Pr. v. Herrenchiemsee (1172/73c. 85), Domdekan v. Salzburg (c. 1185-97) 53 Rudolf, Gf. v. Falkenstein (f c. 1144) 145 Rüdiger, Pr. v. Zell am See (c. 1205-
Personenregister 15), Bf. 5}2BI>
ν.
Chiemsee
(1215-33)
Rüdiger, Dekan (1163-67) u. Pr. (116768) v. Klosterneuburg 81, 93, 214 Rupert, Bf. v. Passau (1164-65) 214 Rupert, Abt v. Deutz (1121-29) 165, 184 3 M Rupert, Abt v. St. Peter-Salzburg (1297-1313) 56 Rupert, Pr. v. Höglwörth (vor 1159 vor 77) 56 Rupert, Notar v. Salzburger Hochstift (1130-61) 198» Rupert, Priester (vor 788) 46 Ruthard, Ebf. v. Mainz (1088-1109) 136 Selpker, Pr. v. Säbnidi (1151-62) 82-84 Sigboto, Dompr. v. Salzburg (1167-83) 70 4 2 1 , 215, 217-219 Sigboto II., Gf. v. Weyarn u. Neuenburg ( t 1135/36) 58, 113«, 145, 289 Sigboto III., Gf. v. Weyarn u. Neuenburg ( f 1133) 5 8 3 3 3 Sigboto IV., Gf. v. Falkenstein u. Neuenburg (1135/36 - c. 1200) 58 3 3 S , 144, 150 Sigboto V., Gf. v. Falkenstein u. Neuenburg (c. 1200 - c. 30) 59 Sophie, Gemahlin des Mgf. Leopold I. v. Steiermark ( t 1145) 140 152 Stephan, Bf. v. Paris (1124-42) 35 Spanheimer, Gfn. u. Vögte 44, 149. s. Engelbert I., Engelbert II., Hartwig, Heinrich V. Tassilo III., Hg. v. Bayern (748-88) 46, 48, 50f. Theoderidi, Chorbf. in Carantanien (c. 798) 40 Theodo, Hg. v. Bayern (c. 680-725/28) 62 Thiemo, Ebf. v. Salzburg (1090-1102) 30, 63 Thietmar I., Ebf. v. Salzburg (874-907) 29 Thietmar II., Ebf. v. Salzburg (1025-41) 30 Thietmar, Pr. v. Hamersleben (1108-38) 167 291 Tito, Abt v. St. Peter-Salzburg (9871025) 29
351
Traungauer, Mgfn. u. Hge. v. Steiermark 66 4 0 1 , 67 407 , 68, 140 152 , 151, 229. - s. Ottokar II., Leopold I., Ottokar III., Ottokar IV. Tuta, Kgin. v. Ungarn (?) (Mitte des 11. Jh.) 60 Udalsdialk I., Gf. v. Lurngau ( f c. 1120) 60 Ulrich II., Patr. v. Aquileja (1161-83) 8 7
521
Ulrich I., Bf. v. Passau (1092-1121) 14e», 19, 33 Ulrich I., Bf. v. Konstanz (1111-27) 20 Ulrich, Bf. v. Halberstadt (1149-60 u. 1177-80) 218 5 2 2 Ulrich, Abt v. St. Lambrecht (vor 1126— 48) 176 Ulrich, Pr. v. Innichen (1142-60) 99 s » 2 Ulrich, Pr. v. Herrenchiemsee (1153— 72/73) 53, 70 421 , 108, 215 Ulrich II., Gf. v. Eppan ( f c. 1145) 96 Ulrich v. Elsendorf ( t 1146) 15 72 Urban II., Papst (1088-99) 7, 251»5, 35, 161 2 » 1 , 165f„ 180, 236f., 239 1 » Urban III., Papst (1185-87) 283 Vambert, Dompr. v. Trient (?) (c. 1144) 95 Viktor (IV.), Gegen-Papst (1159-64) 1 2 1 " , 208, 210 4 8 3 , 211f. Virgil, Bf. v. Salzburg (745-84) 28, 62, 115 Waldmann, Kan. v. Neustift bei Brixen (c. 1142) 93 55 * Waldo, Bf. v. Freising (884-906) 97 5 8 1 Walter, Kardinalbf. v. Albano, Legat Alexanders III. (1175/76) 53 3 0 ·, 67 4 0 4 , 74 4 4 5 , 218, 219 5 3 0 Walter, 95599Dompr. v. Brixen (c. 1129) 48, Walther, Ebf. v. Ravenna (1118-44) 272 Walther, Bf. v. Augsburg (1133-52) 91 Weif V., Hg. v. Bayern (1101-20) 76 Weifen, Hge. v. Bayern 75f., 78 4 ' 5 , 1 2 1 . - s . Weif V., Heinrich I X . , Heinrich X., Heinridi d. Löwe Werigand, Gf. v. Piain ( f 1122/23) 57 Werner, Ebf. v. Magdeburg (1063-78) 13
58
352
Personen- und Ortsregister
Wernher, Abt v. St. Paul im Lavanttal (1138-58) 18 8 38θ Wernher, Abt v. St. Lambrecht (116380) 217 Wernher, Pr. v. Klosterneuburg (116886 u. 1192-95) 81 Wernher, Pr. v. Seckau (1141-96) 66, 108, 194 414 , 215, 290 Wernher, Pfarrer v. St. Andrä im Lavanttal (c. 1145) 188 Wernher v. Reidhersberg (f 1086) 37, 38 188 , 118 3e Weyarner, Gfn. u. Vögte - s. Sigboto II., Sigboto III. Wichmann, Kan. v. Reichersberg (c. 1111) 19 Wilhelm, Pr. v. Weyarn (c. 1154 - c. 99) 59, 108
2.
Wilhelm, Pr. v. Höglwörth (12. Jh.?) 56
327
Wilhelm II. (IV.), Mgf. an der Sann u. Gf. v. Friesach (f 1036) 43 Wittelsbacher, Pfgfn. u. Hge. v. Bayern 65, 99 592 , 151, 229. - s. Otto IV., Friedrich Wladislaw II., Kg. v. Böhmen (1158-73) 216 Wolfger, Bf. v. Passau (1191-1204) 8
3
491
Wolfher, Abt v. Seeon (1140-45/46) 176 Wolfhold, Abt v. Admont (1115-37) 15 72 , 154, 159, 168 295 , 192f. Wolfker, Pr. v. Zell am See (vor 119091) 51 287 Zisterzienser
137, 140, 160
Ortsregister
Aachen, Reformsynode v. 816 4; Konzil v. 802 26 Abensberg, Grafensitz 15 72 Admont B. 117, 119, 122, 124f., 133, 154, 159f., 162, 169, 189, 215, 294; Verbrüderung 16 8295 . - s. St. Lorenzen Pf. - Äbte: Wolf hold, Gottfried, Liutold Aldersbach Rk. (1146 Z.) 105 Altenburg Rk. 88 Altmünster Β. 116 25 Aquileja, Patriarchat 86, 293; Dkap. 87 521 . - Patr.: Gerhard, Pilgrim, Ulrich II. Arrouaise Rk. 286;Reformv. 2 , 1 7 7 ; Cons. 266 144 Attel Β. 113 7 , 126, 129. - Abt: Gunther Au Rk. 19, 46-48, 50f., 105, 107, 113, 116, 123f., 129, 131, 144, 149, 156, 184f., 195, 197, 200, 205, 218, 230f., 289. - s. Oberbierwang Pf.; Pürten Kpl. - Pröpste: Friedrich, Herbord Augsburg, Diöz. 39, 90, 100, 105, 108, 293. - Bfe.: Hermann, Walther Aura an der Saale Β. 113® Aureil Rk. 286
Bamberg, Diöz. 113»; Dkap. 89 5 3 5 ; Hoftag v. 1164 213. - Bfe. Otto I., Eberhard II. Basel, Diöz. 105 Baumburg Rk. 69-75, 105, 108, 129, 142, 164, 193f., 201f., 204, 218, 230, 279, 293. - Pröpste: Eberwin, Gottschalk, Meingot Bayern, Herzogtum 76 Berchtesgaden Rk. 14«», 69-75, 105, 108, 129, 142, 146, 155, 164, 176, 204, 229, 279, 286, 293. - Pröpste: Eberwin, Hugo, Heinrich Bernried Rk. 105, 146 Beuerberg Rk. 101βοβ, 105. - Pr.: Gebolf Beyharting Rk. 85f., 291 Biburg Β. 210 482 , 224. - Äbte: Eberhard, Heinrich Bischofshofen Rk. 50, 62f., 108, 113, 116, 130, 156, 184, 201. - Pröpste: Diethalm, Adalbert Bisonzio B. 50 Bologna 207 Brauweiler B. 282 Bremen, Hst. 2811», 31 138 . - Ebf.: Hartwig I.
Ortsregister Brixen, Diöz. 108; Hst. 86; Bfe. 88, 90, 92, 93; Dkap. 88f„ 197. - Bfe.: Hugo, Reginbert, Hartmann, Otto, Richer.-Dompr.: Walter. - Kaplan: Konrad Bromberg, Pf. v. Reichersberg 184 367 Chiemsee, Hst. 51, 54, 63, 130. - Bf. Rüdiger Cluny B. 120, 13613», 153, 197, 29 0 2 8 3 ; Reformv. 24 Dechantskirchen, Pf. v. Vorau 1
8
4
67,
367
Dießen R k . 39 194 , 93, lOOf., 105, 129, 180, 202 458 , 279, 289. - Pröpste: Hartwig, Degenhard Dietramszell Rk. 105 Eberndorf (Jun) Rk. 86f., 108, 206. Pröpste: Leo, Roman, Otto I., Otto II. Ebrach Ζ. 140 152 Eichstätt, Bf. 20 Elsenbach-St. Veit B. 160. - Abt: Pilgrim Elsendorf, Herrensitz 15 72 Elsenwang Β. 116 25 Feistritz Pf. 66, 132. - s. Seckau R k . Formbach B. 221 Frankenthal Rk. 265. - Pröpste: Bertolf, Erkenbert Frauenchiemsee Bn. 52 2 9 1 , 118", 161 Freising, Diöz. 14 69 , 21, 58, 85f., 101 βοβ ; Hst. 28, 30; Dkap. 34 15e , 36, 9 8 590 , 99; Reformv. 103f. - s. Neustift-Freising P. - Bfe.: Waldo, Heinrich II., Otto I., Albert Friesach, Burg/Ort/Pf. 40, 87, 197, 215. - Pr.: Adalbert. - Stadtrichter: Adalbert. - Pfarrer: Hadamar Gars R k . 46, 48-51, 107, 113, 116, 130, 144, 149, 184, 193f., 200, 228, 230f. s. Stephanskirchen Pf.; Pürten Kpl. - Pröpste: Eppo (?), Hugo, Heinrich, Egelolf, Berthold Garserwald 47, 289 Göss Bn. 161 Göttweig Rk. (1094 B.) 6, 180 340 . Abt: Hartmann
353
Gorze Β. 136 130 , 290 2 8 3 Grafschaft B. 19. - Abt: Liutfried Grüntal Pf. 185, 195 Gstadt Pf. 195 Guastalla 11, 15 72 Gurk, Diöz, 40, 43f., 118, 124; Hst. 11, 40, 42, 44-46, 117-119, 144 17 °, 219, 225, 227f.; Bfe. 162, 1642»«, 226, 296; Dkap./Dst. 12, 42, 45f., 87, 105, 107, 113, 129, 189, 197, 225-227, 296; Nonnenkloster 43, 117, 119. - Bfe.: Günther, Berthold, Hiltebold, Roman I., Heinrich, Roman II. - Dompröpste: Pabo I., Heinrich I., Pabo II., Heinrich II., Roman I. - Kaplan: Konrad Hadmersleben Bn. 129»® Halberstadt, Diöz. 3, 15, 136 134 , 142, 195f., 208, 237; Reformkr. 2, 128f.9«, 150 212 , 162 2 M , 167, 174, 175 321 , 177. - Bfe.: Burchard II., Reinhard, Rudolf, Ulrich Hamersleben (Osterwieck) Rk. 14, 66 3 9 7 , 128 9 ', 167 291 , 174, 190, 237. Pröpste: Thietmar, Peter Harsefeld B. 1 2 1 " Haslach Ki. 116 Heiligenkreuz Z. - Abt: Heinrich Hengstberg, Pf. v. Suben 184 3ββ Herrenchiemsee Rk. 51-54, 80, 93 5 5 7 , 105, 107, 113, 116, 128f., 144, 146f., 149, 154, 156, 184, 193f., 197, 200, 218. - Pröpste: Hartmann, Kuno, Ulrich, Rudolf, Engelschalk, Albert Herzogenrath, Burg 21 Hildesheim 14, 167 291 Hirsau B. 24f., 39, 90, 120, 136 130 , 144, 147 191 , 148f., 151, 153, 159, 282, 286, 29 0 2 8 3 ; Constitutiones 268f., 270 Ι β 0 , 260-265 Hochburg, Burg 95 Hochburg, Pf. v. Ranshofen 78, 1843«7 Höglwörth R k . 36, 50, 54-58, 60, 107, 113, 122, 130, 149, 156, 218, 221, 224. - Pröpste: Dagobert, Rupert, Heinrich, Wilhelm, Konrad, Engelbert, Leopold Huysburg B. 167. - Abt: Ekbert Indersdorf R k . 99-101, 251, 254, 272, 279, 283. - Pr.: Richard
354
Personen- und Ortsregister
Innichen Sk. 995»2. - Pröpste: Ulrich, Richer, Ortolf Isen Rk. 104. - Pr.: Hodiold Kärnten 40, 43, 86 Kaltenborn Rk. 15 5 237 , 190f., 195 Kamp Z. 137 Kiens, Pf. v. Neustift bei Brixen 182, 190 Klein-Maria-Zell Β. 51 287 Klosterneuburg Rk. 14 M , 26, 80f., 84, 89, 93, 102, 105, 122, 146, 161 2 «, 181, 203, 214, 218, 235, 253, 291. Pröpste: Hartmann, Marquard, Rüdiger, Wernher, Gottschalk. - Dekan: Heinrich Klosterrath (Rolduc) Rk. 21, 33, 46, 105, 181, 240, 243, 248, 259, 265f., 270, 286, 290 284 ; Cons. 170, 173'», 253-279, 281-283, 287, 296. - Pröpste/Äbte: Ailbert, Richer, Bertolf, Borno, Erpo Kobenz, Pf. v. Seckau 184 367 , 189 Köln, Diöz. 135-137, 140152, 144, 162, 164272, 175 323 ; Hst. 30, 141; Dst. 18f., 38, 287. - s. St. Gereon Sk.; St. Martin B.; St. Pantaleon B. Ebfe.: Günther, Anno II., Friedrich I., Bruno II. Kolbnitz Ki. 61 354 Konstanz - Bf.: Ulrich I. Kufstein B. 116 Lambach B. 241 Laufen, Ort an der Salzach 48, 51, 54 Lauterberg (Petersberg) bei Halle Rk. 1779, 88 Lavant, Hst. 18 8 38 ·. - Bf.: Heinrich IV. Leibnitz, Burg/Ort 41 213 , 225 Lonnig Rk. 174317, 266 Lucca, Hst./Dst. 34f. - s. St. Fridian Rk. - Bfe.: Anselm I., Anselm II. Lüttich, Diöz. 2 1 , 1 0 5 . - B f . : Otbert Magdeburg, Diöz. 14, 87, 279f.; Hst. 13, 1780, 31 138 , 38; Prämonstratenser 160, 280. - Ebfe.: Werner, Adelgot, Rotger, Norbert Mainz, Reichstage l l f . ; Diöz./Hst. 135-139. - Ebfe.: Ruthard, Adalbert I. Marbach Rk. 20, 34, 99, 105, 108, 240,
272, 284; Reform (-kr.) 39, 100, 177; Cons. 255f., 260-265, 268f„ 272, 275-277, 279f., 282; Verbrüderung 281f. - Pröpste: Manegold, Gerung. - Prior: Elten Maria Pfarr, Pf. im Lungau 189 Maria Saal Rk. 17f., 22, 34, 39-42, 99 590 , 107, 113, 130, 184, 194 414 , 200. - Pröpste: Roman, Engelramm Maria Wörth Rk. 54 313 , 97-99, 103f. Pröpste: Adalbert, Gotbert, Friedrich Maribor (Marburg) 172, 253f. Melk B. 159250 Merseburg 12, 1572 Metz, Hst. 52. - Bf.: Chrodegang Michaelbeuern B. 121. - Abt: Heinrich Michelfeld B. 113» Millstatt B. 122, 159. - Abt: Otto Münster, Dkap. 36 Natz, Pf. v. Neustift bei Brixen 182, 190 Naumburg, Diöz. 105. - s. St. Moritz Rk. Neustift bei Brixen Rk. 90-94, 128, 147, 154, 182, 200 445 , 202 458 , 279 214 , 289, 291. - s. Natz Pf.; Kiens Pf. Pröpste: Heinrich, Degenhard, Konrad. - Dekan: Heinrich. - Kan.: Ascuin, Reinhard, Waldmann Neustift-Freising P. 104 Neuwerk-Halle Rk. 16f.7», 18 81 , 87f„ 105, 108, 293. - Pröpste: Berwin, Lambert Nonnberg (St. Erentrud) Bn. 17, 41, 52 291 , 116, 123, 150, 175 Oberbierwang, Pf. v. Au 185 Obermünster-Regensburg Bn. Osterhofen P. 105 Osterwieck s. Hamersleben
52 2 ' 1
Parshalchesdorf, Ki. v. Suben 61 Passau, Diöz. 14«», 37, 60, 62, 80f„ 102f., 175, 241; Hst. 30, 82; Bf. 78, 81; Dkap. 36. - Bfe.: Altmann, Ulrich I., Reginmar, Reginbert, Konrad, Rupert, Wolfger Pavia, Konzil v. 1160 210, 211 487 , 212 Petersberg b. Halle s. Lauterberg Pinzgau 50
Ortsregister Polling Rk. 90-92, 105. - Pröpste: Hildebert, Kuno, Konrad. - Kaplan: Konrad Pongau 62 Premontre P. 160, 239 20 , 240, 242, 266f.; Prämonstratenser Cons. 266-270, 278, 280, 291. - Abt: Hugo Pürten, Kpl. v. Gars u. Au 130, 218 520 , 230f. Raitenhaslach (Schützing) Ζ. 1137, 11625, 139, 140152, 176, 186" 5 Ranshofen Rk. 75-79, 84, 8 9 533 , 102, 105, 141157, 176330, 180, 18 5 371 , 197, 241, 246, 284, 291; Profeßformel 79 471 , 258f., 273. - s. St. Michael Pf.; Hochburg Pf. - Pröpste: Manegold, Meinhard, Altmann, Adelhard, Eticho, Liutfried. - Sdiatzkämmerer: Liutold. - Kan.: Erenbert Regensburg, Landtag v. 1121 32 147 ; Reichstag v. 1152 151;Diöz. 105, 272; Hst. 28; Reformkr. 39. - s. St. Emmeram B.; Obermünster Bn. Bfe.: Kuno I., Hartwig II. Reichenhall, Ort 351"7, 65; Pf. 63; Provinzialsynoden 89, 161, 176330, 177, 186-188. - s. St. Zeno-Reichenhall Rk. Reichersberg Rk. 15-19, 22, 34, 37-39, 87f„ 102, 105, 107, 113, 1183e, 124f„ 129, 138-140, 145, 149, 154, 164, 175, 197, 200f., 204f., 211, 215, 218, 221, 229, 274, 283, 286, 289, 291, 293. - s. Bromberg Pf. - Pröpste: Berwin, Gottschalk, Gerhoch, Arno. - Kan.: Everhelm, Wichmann, Magnus. - Konverse: Razo Rein Z. 674»4, 140152. - Abt: Gerlach Rolduc s. Klosterrath Rom, Kurie 7041», 72, 101, 142, 230, 242,244,266; Lateranki. (St. Johann) Rk. 6 33 . s. Päpste (Personenregister). - Legaten: Guido, Walter Rottenbuch Rk. 5, 7, 1469, 21, 34, 38f., 121, 165, 177, 179, 181, 1924»7, 240, 242, 244, 246 50 , 249, 265, 279, 284, 286; Reformkr. 482e», 70, 72f„ 90, 92, 100f„ 107, 112, 177, 290. - Pr.: Otto. - Dekan: Manegold Sachsen II 4 2 , 13-18, 26, 32-34, 38, 63, 107, 123, 167, 182f. 293
355
Säbnich Rk. 82-85. - Pröpste: Heinrich I., Selpker. - s. Waldhausen Rk. Salzburg, Angriffe Barbarossas 213, 215-217; Aufsicht des Dkap. über Suben, Weyarn u. Höglwörth 36, 55-62, 156, 203, 221, 224; Fälschungen/Verunechtungen des Dkap. 55, 223-225, 228; Gelasius-Privileg v. 1118 248f.; Kan.-Reform unter Eberhard II. 171-173, 205, 271, 283; Konsensrecht des Dkap. 130, 221f.; Reform des Dst. (St. Rupert) Rk. 31-37, 53, 107, 243; Reformer aus dem Dkap./Hst. 45f., 50, 5254, 57, 59, 62f., 66f„ 70, 74, 77, 80f., 91, 103, 108, 156; Reform-Priester 187-189; Übereignung an das Hst. 37, 43, 46, 48, 50-52, 57f., 61f., 6568, 94f„ 98, 112-114, 117, 122, 126, 138f.; Verbindung mit Klosterrath 21, 243, 248, 259, 270f.; Verbrüderung des Dkap. 104f., 16 8 295 , 281f.; Verhältnis v. Regularkan. u. Reformmönchen 165-167, 1682»5, 183; Vogtei v. Hst./Dst. 144f., 149f., 205, 223; Zusammenwirken v. Papst u. Ebf. 127-129, 154f„ 203. - s. St. Peter-Salzburg B.; Nonnberg Bn.; St. Michael Stadtpf.; St. Johannes Kpl. - Bf.: Virgil. - Ebfe.: Arno, Thietmar I., Odalbert, Friedrich I., Thietmar II., Balduin, Gebhard, Thiemo, Berthold, Konrad I., Eberhard I., Konrad II., Adalbert III., Heinrich, Konrad III., Eberhard II., Leonhard. - Notar: Rupert. - Dompröpste: Hermann, Gebeno, Heinrich, Hugo, Sigboto, Gundacher. Domdekane: Hartmann, Hermann (?), Rupert, Meingot, Rudolf. Domcellerar: Gundacher. - Domkan.: Adalbert, Heinrich, Kuno, Otto, Pabo, Rudger S. Ruf Rk. 5, 6 33 , 108, 177, 179, 207, 240, 2 8 6 f . - A b t : Lietbert S.Victor in Paris Rk. 177. - Abt: Gilduin S.Maria in Au Rk. 96f., 206. - Pr.: Heinrich I. S. Maria in Porto bei Ravenna Rk. 96, 105, 286; Cons. 236 3 , 272, 279. Prior: Petrus de Honestis
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Personen- und Ortsregister
St. Andrä im Lavanttal, Reformpf./ Rk./Dst. 4021», 172315, 18 8 38e , 253 St. Bartholomäus auf der Sülte Rk. 14 St. Emmeram B. 29, 52291, 120 St. Florian Rk. 6, 14f.°9, 96"», 102f., 171, 179, 192407, 241, 253. - Pr.: Einwik St. Fridian in Lucca Rk 63® St. Georgen am Längsee Bn. 160 St. Georgen im Schwarzwald Β. 1572, 154, 159 St. Georgen-Herzogenburg Rk. 103, 105 St. Georgenberg B. 90 St. Gereon in Köln Sk. 19 St. Johann in Halberstadt Rk. 14, 129»· St. Johann in Kaltenborn Rk. 129»« St. Johannes, Kap. in Salzburg 16, 197 St. Lambrecht B. 121. - Äbte: Ulrich, Wernher St. Lorenz in Leistach Ki. 132 St. Lorenzen, Pf. v. Admont 189 St. Mang in Stadtamhof Rk. 272. Pr.: Gebhard St. Martin in Köln B. 282 St. Michael, Salzburger Stadtpf. 189 St. Michael an der Etsdi Rk. 94, 96f., 190, 273. - Prior: Konrad. - Pr.: Engelbert St. Michael, Pf. v. Ranshofen 180 St. Moritz in Halle Rk. 88 St. Moritz in Naumburg Rk. 88, 105 St. Nikola bei Passau Rk. 14«9, 33, 37, 103, 105, 179340, 244, 273, 286. - Pr.: Hartmann St. Pantaleon in Köln B. 282 St. Paul im Lavanttal B. 11, 121, 248
159 . - Äbte: Wernher, Pilgrim St. Peter-Salzburg B. 21, 28f., 35, 45, 48, 52291, 54, 88, 90, 9154e, 103-105, 159f., 162, 164, 168295, 169, 176, 189, 218, 219525, 224, 281220, 282, 294. Äbte: Tito, Reginbert, Balderich, Heinrich I., Heinrich II., Rupert St. Pölten Rk. 103, 105, 179, 192407. Pr.: Heinrich St. Veit s. Elsenbach St. Zeno-Reidienhall Rk. 63-65, 70421, 105, 107, 113, 126f., 129, 149, 155f., 176, 181, 184, 186, 188, 200, 218,
228, 244, 284. - Pröpste: Lanzo, Adelhard Schaffhausen B. 24 Schäftlarn P. 104f. Schlehdorf Rk. 104 Schliersee Rk. 104 Schützing s. Raitenhaslach Seckau (Feistritz) Rk. 57, 65-69, 84501, 87, 105, 108, 113, 122, 126, 129, 139, 145, 151, 154, 156, 164, 177, 188f„ 194414, 197, 200, 211490, 218, 228, 289f. - s. Kobenz Pf. - Pr.: Wernher. - Dekan: Liupold. - Kan.: Adalbert, Otto, Rudger Seeon B. 161, 205. - Äbte: Wolf her, Irimbert, Heimo Seitenstetten Rk. 14' 9 Siegburg B. 39, 120, 267, 282; Reformkr. 144, 148, 184. - Abt: Kuno I. Speyer, Diöz. 119 Springiersbach Rk. 25, 105, 1612·1, 173 31 ', 177, 180, 237-239, 248, 284, 286, 290 284 ; Cons. 255-259, 269. Abt: Richard Steinfeld Rk./P. 141, 174317, 177, 236, 282 Steiermark 65 Stephanskirchen, Pf. v. Gars 231 Straßburg, Diöz. 2 Suben Rk. 36, 55, 57, 60-62, 94, 9657β, 102, 105, 108, 113, 128f., 156, 203, 221, 224, 291, 293. - s. Hengstberg Pf.; Parshalchesdorf Ki. - Pröpste: Otto, „Johannes", Kuno. - Kan.: Eberger Tegernsee B. 161. - Äbte: Aribo, Konrad Trient, Diöz. 108; Hst. 94, 96f.; Dst./Dkap. 94-96. - Bf.: Altmann. - Pr.: Vambert (?) Trier, Diöz. 25, 105, 237; Dkap. 256 101 Troyes 12 Verona, Dkap. 89 Viktring Ζ. 1137, 126, 129, 139, 140152, 146181 Vorau Rk. 57, 66-69, 108, 113, 12681, 145175, 206, 218. - s. Dechantskirchen Pf. - Pröpste: Liupold, Bernhard
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Ortsregister Waldhausen Rk. 81-85, 218. - s. Säbnidi Rk. - Pröpste: Heimo, Berthold Weyarn Rk. 36, 55, 57-60, 62, 107, 113, 122, 126, 129, 138, 145, 156, 203, 221, 224, 289, 293. - Pröpste: Wilhelm, Konrad Wilten P. 90, 105, 160
Windberg P. 248"> Würzburg, Reichstage Diöz. 138 1 "
32 1 ", 213;
Zell am See Rk. 50f., 63, 107, 113, 116, 130, 156, 184. - Pröpste: Burchard, Grimo, Wolfher, Berthold, Rüdiger