Richard Strauss: Meister der Inszenierung 9783205792734, 9783205795506


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Richard Strauss: Meister der Inszenierung
 9783205792734, 9783205795506

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Daniel Ender

Richard Strauss Meister der Inszenierung

BÖHLAU VERLAG WIEN · KÖLN · WEIMAR

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Richard Strauss, 1929 (© ullstein bild – Laszlo Willinger) © 2014 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Layout: Bettina Waringer, Wien Korrektorat: Katharina Krones, Wien Druck und Bindung: CPI Moravia Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-205-79550-6

Inhalt

Ein öffentliches Leben. Zur Einleitung

Ein Kind seiner Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Die inszenierte Biographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Selbst- und Fremdbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23 1. Vom Epigonen zum Genie

„Ein sogenannter Charakter“. Umwelt und Familie . . . . . . . . . 33 „Nicht von hervorstechender Originalität“. Der Weg in die Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 „Zum Zukunftsmusiker gestempelt“. Musik als Ausdruck und Programm . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Opposition und Zustimmung

„Einen ganz neuen Weg betreten“. Der Straußische Styl . . . . . . 81 „Die Berühmtheit schreitet wacker vorwärts“. Selbstsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 „Erweiterung meiner Machtstellung“. Kampfansagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 3. Vorkämpfer der Moderne

„Ein glänzender Orchester-Virtuose“ . . . . . . . . . . . . . . . . .109 „Braucht man den momentanen Erfolg“. Strategien . . . . . . . . 119 „Musikalische Schönheit völlig über den Haufen geworfen“. Provokationen . . . . . . . . . . . . . . . . 132 „Die erste Falte im Gesicht“. Verherrlicht und verteufelt . . . . . .147

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Inhalt

4. Revolutionär und Bürger

Hysterie und Fortschritt. Kollektive Erregungen . . . . . . . . . . 157 Die große Medienmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 5. Vom Klassiker zu Lebzeiten zum Reaktionär

Strauss kommt ins Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Das Ende des Revolutionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194 „Gute Kasse“. Geld und Einfluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 „Bewährtes Kulturgut“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 6. Der Traum der Restauration

Ein „Reaktionär“ und „eingebildete Narren“ . . . . . . . . . . . . .229 „Ein zweiter Rosenkavalier“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 „Eine neue Blütezeit der deutschen Kunst“. Der Unpolitische . 247 „Keinerlei musikhistorische Bedeutung“. Das Ende . . . . . . . . 281 Ausklang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

Anhang

Zeittafel Richard Strauss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .298 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .307 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

„Lieber Papa!

Wien, 1. Februar 1902

Wir kommen natürlich Sonntag zu Tisch! Die Zeitungen verrissen mich kolossal, Gott sei Dank! Sonst geht’s mir famos. Tausend Grüße Richard.“ Willi Schuh (Hg.), Richard Strauss. Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich und Freiburg i. Br. 1954, S. 252

„Wenn man von einem modernen Musiker sagen kann, daß sein Charakterbild im Spiegel der Zeitgenossen schwanke, so trifft das zu auf das Haupt der musi­ kalischen Moderne, auf Richard Strauß. Das Verhältnis der Gegenwart zu ihm durchmißt die ganze Skala von der gehässigsten Feindschaft bis zur schranken­ losen Begeisterung, und der Kompaß der Kritik fährt im jähen Sturz und Aufschwung zwischen Lobhudeln und Verlästern hin und her. Für die einen ist er ein Messias, der Pforten zu neuen Welten der Musik erschließt, für die anderen der wahre Antichrist, der das Ende der Musik herbeiführt. Alle Hoffnungen und Befürchtungen um die Zukunft der Musik knüpfen sich an seinen Namen. Und es hilft kein Disputieren darüber hinweg, daß er im Mittelpunkt des musikalischen Interesses unserer Zeit steht wie kein anderer. Ueber keinen der Lebenden kann sich die öffentliche Meinung derart in Haß und Liebe erregen.“ R. [Richard] Batka, Richard Strauß. (Zu seinem fünfzigsten Geburtstag.), in: Fremden-Blatt, Feuilleton-Beilage, 11. Juni 1914

„Ein Interview? Ich bin ein bescheidener Mensch und hasse [nichts] so sehr als die Reklame. Ich werde da oft verkannt. Man glaubt, ich suche die Sensation und nähre sie, während ich im Gegenteil nicht weiß, wie ich sie von meinen Werken und mir selbst wegbringen kann.“ Ferdinand Scherber, Ein Strauß-Dialog, in: Die Theater- und Musikwoche 1/29 (1919), S. 2–5, hier S. 2 [Druckfehler des Originals korrigiert]

„Aber nach dem Westen werde ich wohl kaum mehr kommen können, kämpfe nun schriftlich durch die Rechtsanwälte Katz und Sommerlich New York City 120 Broadway für Aufhebung der Beschlagnahme meiner amerikanischen Einnahmen. Wenn Sie gelegentlich eines Besuches bei obengenannten Herrn (die immer ‚Dokumente‘ von mir haben wollen) diesen endlich versichern wollten, daß ich nicht nur niemals ein Nazi sein konnte, sondern mit Hitler und Goebbels, so weit ich mit ihnen überhaupt in Zusammenstoß kam, stets im Kampfe lag, wäre ich Ihnen ebenso dankbar, wie wenn Sie meinen in Garmisch frierenden und hungernden Kindern ab und zu ein Lebensmittelpaket (hauptsächlich Kaffee, Reis, Butter, Marmelade) spendieren würden!“ (Richard Strauss an Michael Rosenauer, 23. Dezember 1947) Richard Strauss – Michael Rosenauer. Briefwechsel. Nach den Übertragungen aus den Originalen von Korinna Kohout herausgegeben von Günter Brosche, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 51 ( Juni 2004), S. 3–115, hier S. 108

Ein öffentliches Leben. Zur Einleitung

Ein Kind seiner Zeit

Er ist über einen so langen Zeitraum in der Öffentlichkeit gestanden wie kein anderer Komponist vor oder nach ihm. Nicht weniger als sechs Jahrzehnte lang hat Richard Strauss (1864–1949) als Komponist und Dirigent eine prominente Rolle im Musikleben gespielt und währenddessen den Radius seines Wirkens zunehmend ausgeweitet: zunächst als lokale Größe in München, Meiningen und Weimar, spätestens seit seiner Berliner Zeit dann als europaweite Erscheinung, die bald auch jenseits des alten Kontinents ihren Siegeszug antrat. Von den durchschlagenden Erfolgen des Mittzwanzigers bis ins hohe Alter – gleich, wie sehr und aus welchen Gründen er auch umstritten war – konnte ihm nie jemand seine kompositorische „Meisterschaft“ ernsthaft absprechen. Ebenso wenig wurde seine Rolle als führender „Repräsentant“ des deutschen – und nicht nur des deutschen – Kulturlebens in Frage gestellt, die Strauss seit dem Siegeszug seiner Tondichtungen sowie dem beispiellosen Aufsehen seiner Opern ab Salome spielte. Damit errang Strauss eine Bedeutung, die sich weit über die Sphäre des Musikalischen ausdehnte und sich in einer Zeit voller historischer Umbrüche auf wechselvolle (kultur-)politische Bereiche erstreckte. Dass dabei der Komponist auch als Persönlichkeit in einem zuvor nie dagewesenen Ausmaß in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geriet, lag nur zum Teil an der Machart seiner Werke, die dem Publikum immer neue Reize boten und die Neigung der Jahrhundertwende zu spektakulären Äußerlichkeiten in immer neuen Übersteigerungen befriedigten. Strauss verstand es auch schon sehr früh, sich der erblühenden Massenmedien zu bedienen und gezielt Informationen über seine aktuellen Ar-

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Zur Einleitung

beiten zu verbreiten. Hartnäckig agierte er als systematischer Netzwerker, der sich hinter den Kulissen unermüdlich um Aufführungen seiner Kompositionen bemühte, aber ebenso die publizistische Begleitung seines Wirkens konsequent beförderte, von Beginn an die öffentliche Resonanz seiner Aktivitäten minutiös registrierte und sie soweit wie möglich mitbestimmte. Über mehrere Jahrzehnte waren die Tageszeitungen voll mit Meldungen über alle möglichen Details seines Lebens und Schaffens – von sensationellem Instrumentarium wie der Windmaschine und extravaganten Vorgängen auf der Bühne über Gerüchte aus seinem Privatleben bis hin zu Einzelheiten über Geldgeschäfte und Vertragsbedingungen. Auch wenn Strauss die Inhalte dieser Notizen nicht immer recht sein konnten, erfüllten sie doch den Zweck kontinuierlicher Aufmerksamkeit und eine Werbewirkung, die er sehr wohl erkannte und bewusst unterstützte. Es lässt sich nicht mehr in vollem Umfang rekonstruieren, was davon der „Meister“ – eine bald als selbstverständlich empfundene Apostrophierung – selbst lancierte und was von seinen persönlichen Mitteilungen ungewollt ans Licht der Öffentlichkeit gelangte. In einer Reihe von ­Fällen freilich kann der Informationsfluss und Strauss’ Anteil daran ­lückenlos nachvollzogen werden, während sein allgemeines Bestreben, sich sämtlicher greifbarer Werbemittel für seine Zwecke zu bedienen, ausreichend belegt ist. Denn ein guter Teil seiner (Selbst-)Inszenierung wurde von Strauss bewusst gesteuert, wie er auch seine Posen und Haltungen kultivierte und es verstand, sich gerade durch pointiert überzeichnete, ­widersprüchliche oder uneigentliche – sei es ironische, sarkastische oder spöttische – Bemerkungen interessant zu halten und damit, wie Jürgen May bemerkte, gezielt „Kritiker wie Publikum in die Irre zu führen“1. Obwohl das öffentliche Interesse bei Strauss Ausmaße annahm, die ähnliche Dimensionen wie bei Popstars des späten 20. Jahrhunderts erreichten und sich damit notgedrungen seiner Kontrolle entziehen mussten, versuchte der Komponist bis ins hohe Alter, seinen Einfluss darüber, was über ihn publiziert wurde, zu erhalten. Dafür umgab er sich mit einem Kreis von Vertrauten, denen er bevorzugt Informationen zukommen ließ. Schon früh entstanden erste biographische Abhandlungen aus der Hand von Freunden – mehrfach sogar von Schulkameraden – und anderen Eingeweihten, ebenso wie eine Flut von Werkkommentaren und Artikeln, die den Komponisten ins rechte Licht rücken sollten.

Ein Kind seiner Zeit

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In einem der unzähligen Artikel, die anlässlich des 50. Geburtstags erschienen, nannte der österreichische Musikschriftsteller Paul Stefan die beiden wichtigsten Autoren aus dem engeren Kreis um den Jubilar. Zunächst gab er aber eine Einschätzung wieder, die in diesen Jahren häufig begegnet: dass der Komponist unmittelbar mit seiner Gegenwart verbunden sei, dass er deren Zeitgefühl zum Ausdruck bringe. Allerdings konnte dieser Zusammenhang, so stark er von der Mitwelt empfunden wurde, stets nur vage benannt werden. Als ebenso unergründlich wie die allgemeine Situation der Gesellschaft unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs beschreibt Stefan auch das Phänomen Strauss in jenem Text, den die Danziger Neuesten Nachrichten am 9. Juni 1914 wiedergaben: „Strauß ist ruhelos. Unrast ist sein Wesen. Dieser Mann ist seine Zeit. Und von dieser Zeit ist uns selber Vorwärtsdringenden nur eines bewußt, ihre Sehnsucht, die Sucht, wie eh und je Welten zu umspannen, Ungeahntes zu enthüllen. Berge von Büchern und Schriften sind Strauß gewidmet. Aber von dem trefflichen [Arthur] Seidl an bis zu dem glänzenden Pädagogen und Strafprediger Max Steinitzer[2] hat noch keiner so recht den ganzen Strauß im Bilde nachschaffen können. Keiner vermag es. Dieses Leben quillt. Im nächsten Augenblick ist es in unbekannte Fernen entflossen.“*3 Die Schwierigkeiten, den Komponisten und sein Werk zu fassen und zu erfassen, erschienen vielen seiner Zeitgenossen in einem heute nur mehr mit Mühen zu rekonstruierenden Ausmaß als unüberwindlich. Dennoch sind die Auseinandersetzungen um ihn noch immer nicht verstummt, herrscht noch immer keine klare Übereinkunft über die Einschätzung seiner musikalischen Entwicklung – geschweige denn über seine Einordnung in das während dieses langen Zeitraums mehrfach rapide wechselnde kulturelle und politische Geschehen. So gibt es etwa ­einige Verbindungen zur innovativen Kunstszene der letzten Jahre des 19. Jahrhunderts – etwa zur Zeitschrift Jugend – in der Heimatstadt München. „Ob und wie weit Strauss darüber hinaus in die Kultur der Münchner Moderne involviert war, steht bislang nicht fest.“4 Dazu kam, dass Strauss zeit seines Lebens widersprüchliche Haltungen bezüglich sozialer Zugehörigkeiten und zu gesellschaftlichen Konventionen einnahm, die sich auch aus heutiger Sicht ebenso wenig klären lassen wie alle Phasen seiner kompositorischen Entwicklung. Umso verwirrender war Strauss für seine Mitwelt, der er zunächst als wenig eigenständiger Epi-

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Zur Einleitung

gone, dann als radikaler Umstürzler, später als maßgebliche Instanz oder aber als modernefeindlicher Konservativer erschien. All dies bliebe ohne die Wechselwirkungen zwischen den öffentlichen Diskussionen und Strauss’ Selbstsicht – bzw. dessen, was er in öffentlichem Rahmen, aber auch in privaten Mitteilungen äußerte, wobei sich dies keineswegs immer entsprechen musste – nur schwer zu verstehen. Daher sollen diese beiden Ebenen im Folgenden parallel verfolgt werden: einerseits die Versuche dieses Meisters der Inszenierung, sich selbst in der Öffentlichkeit zu präsentieren (einschließlich der Entwicklung seines Selbstbildes im Dialog mit wechselnden Ansprechpartnern), andererseits die Reaktionen der Öffentlichkeit auf eine Künstlergestalt, die all die Jahre die gegensätzlichsten Etikettierungsversuche erlebte, aber dabei stets als einzigartig beschrieben wurde. An Erklärungsversuchen mangelte es nicht. Eine Richard-StraussBiblio­graphie, die die Jahre 1882 bis 1944 umfasst und dabei besonders für die früheste Phase keineswegs vollständig ist, verzeichnet weit über 1700 Einträge, der zweite Band für die folgenden zwei Jahrzehnte nochmals weitere 1700.5 Schon in diesen Verzeichnissen bildet sich das wachsende Interesse an Strauss zu seinen Lebzeiten sowie in den Jahren bis zu seinem 100. Geburtstag ab – ein Datum, das natürlich einen Höhepunkt in der (zu jener Zeit naturgemäß ziemlich einhellig hagiographischen) Beschäftigung mit ihm markierte. Allerdings fehlen im ersten Teil schon deshalb etliche Texte, weil der Bibliograph Oswald Ortner „kritische Stimmen unterdrücken zu müssen glaubte.“6 Außerdem finden sich hier naheliegenderweise nicht jene kleinen Zeitungsnotizen, die das interessierte Publikum über wichtige und unwichtige Details informierten, während in den ausführlicheren Erörterungen unzählige Anläufe genommen wurden, den Charakter des „ganzen Strauss“ zu erfassen. In all ihrer Widersprüchlichkeit bilden die Auseinandersetzungen mit ihm einen Spiegel seines Handelns und Schaffens, der unübersehbar auf den Komponisten zurückwirkte, und damit wesentliche Zeugnisse für das zeitgenössische Verständnis von Person und Werk. Sie erzählen außerdem ein Stück allgemeiner Geistes- und Kulturgeschichte aus kulturell und politisch bewegten Zeiten voller extremer Veränderungen sowie offener und verdeckter Kontinuitäten. Nachdem Strauss’ Auftreten als „Zukunftsmusiker“ zwischen den späten 1880er Jahren und dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts den

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ä­ sthetischen Horizont vieler seiner Zeitgenossen überfordert und neben scharfer Ablehnung und begeisterter Fürsprache auch ein gehöriges Maß an Verwirrung gestiftet hatte, begann sich nach dem Ersten Weltkrieg der Blick auf ihn zu klären, was auch mit seiner kompositorischen Entwicklung hin zu einer Verwurzelung in der Tradition zu tun hatte, die in den 1910er Jahren und darüber hinaus deutlicher erkennbar wurde. Zugleich setzte ein Prozess der Verklärung des gleichsam in den Rang einer Institution erhobenen Meisters ein, was freilich ebenfalls nicht unwidersprochen blieb. Vor diesem Hintergrund war es ein wohlüberlegter Schachzug, dass die Wiener „Monatsschrift für moderne Musik“ Musikblätter des Anbruch anlässlich des 60. Geburtstags den Wiederabdruck eines 17 Jahre alten Essays aus der Feder jenes Mannes brachte, der inzwischen zu einem der prägendsten deutschen Musikkritiker geworden war. Paul B ­ ekker hatte 1907 in Westermanns Monatsheften in einem zwar skizzenhaften und nicht ganz ausgereiften, aber umso aussagekräftigeren Essay Strauss als eminent zeitgebundene Erscheinung interpretiert und seine einzig­ artige Stellung in Zusammenhang mit seinem Gegenwartsbezug inter­ pretiert. Strauss ist für Bekker „[e]in Künstlertyp, wie ihn selten eine Zeit als Abdruck ihres Wesens schärfer prägen konnte. […] Man kann sich an ihm berauschen, man kann ihm widersprechen – aber man kommt nicht von ihm los.“7 Der Umstand, dass der Komponist äußerst umstritten ist – eine Feststellung, die über lange Zeit in praktisch keinem Artikel über ihn fehlt –, gerät hier allerdings bald in den Hintergrund, da ihn der ­Autor als Ausdruck der damaligen Stimmung in der Gesellschaft interpretiert: „Über Strauß als Meister sind heute die Akten geschlossen. Seine Kunst beherrscht die Zeit. Er ist der einzige mit breiter, dauernder Massenwirkung. So kann man an das Studium seines Wesens mit desto größerem Interesse herantreten. Denn seine Größe ist unsere Größe – und wo er fehlgreift, liegt nicht ein Mangel der Persönlichkeit Strauß’ vor, sondern ein allgemeiner Defekt der Gegenwart.“ Entsprechend der Identifikation des Komponisten mit der gegenwärtigen Lage bindet Bekker sämtliche Eigenschaften, die er der Person Strauss zuschreibt, auf seine Diagnose der aktuellen Situation zurück: „In Straußens kommerzieller Gewandtheit offenbart sich ein bedeutender sozialer Grundzug der Gegenwart: der Künstler hat jetzt volles Bürgerrecht erworben.“8 Allerdings kommt Strauss auch in Bezug auf die finanzielle Verwertung seiner ­Arbeit ein exklusiver Sonderstatus zu: „Er ist der Großindustrielle, der

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Musikkönig im amerikanischen Sinne – wir müssen uns begnügen, ihn so zu nehmen, wie er ist.“ Für sein unverhohlenes, sogar bewusst zur Schau gestelltes Bestreben, durch sein Dirigieren und Komponieren gutes Geld zu verdienen, war Strauss noch empfindlicheren Angriffen ausgesetzt als wegen der – laut einem weiteren beliebten Kritikpunkt – häufig behaupteten „Stillosigkeit“ seiner Werke. Bekker hingegen machte ihm 1907 weder das eine noch das andere zum Vorwurf. Obwohl er seine Musik einer schonungslosen Kritik unterzog, trachtete er danach, ihn als Person aus der Schusslinie zu nehmen: „Es scheint mir wichtig, immer wieder diesen Gedanken festzuhalten: was brüchig an Strauß ist, ergibt sich nicht aus unlauteren Motiven oder persönlichem Defekt – es ist die notwendige Folge seiner kulturellen Sendung. // So erklärt sich auch eine allgemeine Schwäche Straußscher Lyrik, der bei aller Gewandtheit, Formenfülle und Ausdruckskraft doch ein Wesentliches fehlt: Gemüt.“9 Auch wenn dieser Einwand hier unspezifisch bleibt, deckt sich der Vorwurf mangelnder Empfindung gegenüber einer Musik, die sich mit Nachdruck als Medium der Mitteilung von Gefühlen positioniert, – der Mangel an „Gemüt“ – mit der Einschätzung zahlreicher Zeitgenossen, die freilich das Urteil in der Sache zuweilen mit einer abweichenden Bewertung verbinden. Das Kühle, das sich Strauss gelegentlich selbst zuschrieb, konnte im Gegenteil auch gerade als positive Abgrenzung gegenüber überlebter Empfindsamkeit interpretiert werden. In diesem Zusammenhang kommt auch ein weiterer Begriff ins Spiel, der für Strauss zu dieser Zeit – also zu Beginn des 20. Jahrhunderts – geradezu modisch wurde: der Begriff des „Artisten“ bzw. des „Artistischen“, der zum Synonym für eine innere Distanz beim Komponieren wurde, für die auch Strauss selbst eine Reihe von Hinweisen gab. Bekker unterschied dabei zwischen feinnerviger Differenzierung, die er sehr wohl feststellte und als besondere musikalische Qualität beschrieb, und emotionaler Anteilnahme, die er vermisste, worauf er sich dabei wiederum auf sein eigenes persönliches Empfinden berief – nämlich auf sein Gefühl: „[ J]e länger ich diesen Mann betrachte, desto mehr fühle ich den Mangel innerlich quellender Empfindung. Die Teilnahme konzentriert sich bei ihm nach der rein artistischen Seite. Er ist ein feiner Aufnahmeapparat, empfindlich reagierend auf den leisesten, intimsten Reiz – aber er läßt nichts unmittelbar in sich übergehen, hält stets eine deutlich erkennbare Distanz inne. Er ist gleichsam sein eigener

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Zuschauer, er schafft nicht, um sich etwas von der Seele zu schreiben, sondern aus objektiv stofflichem Interesse. Kein von inneren Nöten Getriebener, kein Ringender, kein Bekennender steht hinter seinen Werken. Ein Zerebralmensch, der mit Gehirneindrücken experimentiert. Strauß ist das Konversationsgenie der Musik.“10 Damit ist in wenigen Sätzen Strauss’ Abweichen vom romantischen Künstlertypus protokolliert, der aus sich heraus unter persönlichem Leidensdruck durch Sublimation bekenntnishafte Werke erschafft – eine Vorstellung, wie sie sich auf Person und Werk von Komponisten zumindest von Beethoven bis Mahler übertragen hatte lassen. Dass sich der „Mangel innerlich quellender Empfindung“ weit ausführlicher negativ beschreiben ließ, ist insofern charakteristisch, als ein Gegenmodell schematisch bleiben musste und sich für Bekker zunächst auf die rationale Ebene beschränkte: Strauss’ souveränes Verfügen über seine kompositorischen Mittel klingt hier immerhin durch. Und hinsichtlich des Konversationsstils, der Strauss später – besonders in Intermezzo und Capriccio – explizit vorschweben sollte, wäre diese Einschätzung des damals 25-jährigen Autors geradezu visionär, wenn er damit dasselbe meinte wie der Komponist. Jedoch spricht er auch hier in Metaphern, wenn er seine Einschätzung wie folgt zusammenfasst: „Als Mann der Konversation unterhält uns Strauß und spricht von allen möglichen Dingen, philosophischen, humoristischen, erotischen – immer geistreich, fesselnd, anregend – nie seelisch interessiert. Mit sicherem Griff faßt er die Probleme, welche in der Luft liegen, und gestaltet sie als souveräner Meister. Sein Mittel ist die Sprache. Neue, glänzende Vokabeln hat er uns gegeben – keine neue Kunst oder den Ausblick auf eine solche. Strauß schafft nicht für die Ewigkeit. Er wurde geboren als Repräsentant einer Zeit, die nur dem Genusse des Augenblicks lebt.“11 Mehr als vierzig Jahre nach dieser Diagnose, die zumindest ebenso viel über die Zeit ihrer Entstehung und über die Persönlichkeit ihres Verfassers verrät wie über ihren Gegenstand, hatte der Komponist eine ausgesprochen wechselvolle Wirkung erlebt, von der noch ausführlich zu sprechen sein wird. Eines jedoch ist über diese enorme Zeitspanne – und darüber hinaus – gleich geblieben: jener singuläre Status, der ihm unabhängig von seiner Bewertung en gros und en detail beständig zugeschrieben wurde. In einer jener Biographien, die aus Anlass von Strauss’ 85. Geburtstag in seinem Todesjahr 1949, aber noch zu seinen Lebzeiten

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Zur Einleitung

erschienen, strich Kurt Pfister ebenfalls die Bedeutung Strauss’ für seine Zeitgenossen hervor und betonte dessen einzigartige Sonderstellung, über die sich bereits die Publizistik der vergangenen Jahrzehnte – unabhängig von ihren Werturteilen über das Schaffen und die Person des Komponisten – einig gewesen war: „Raum und Gestalt unserer Gegenwart sind durch das Werk dieses Meisters in einem Ausmaß lebendiger, reicher und farbiger geworden, wie dies keinem anderen Schaffenden der Epoche zu verwirklichen gegönnt war“12, heißt es im Resümee Pfisters, der selbst Komponist sowie seit 1945 Kulturreferent des bayerischen ­Ministerpräsidenten war und hier eine stark affirmative Haltung gegenüber Strauss vertrat.13 Dass Kritik am „Meister“ oder Distanz zu ihm entweder gänzlich ausgeblendet oder pauschal als Irrtum eingeordnet, seine Entwicklung hingegen als kontinuierlich und konsequent dargestellt wird, ist für große Teile der Strauss-Literatur, besonders seit den 1940er Jahren, charakteristisch. Ebenso üblich ist es, dass umfangreiche Teile der Diskussion einfach ausgeblendet werden, wie dies auch Pfister unternimmt: „Das in der Tagespresse, in Zeitschriften und Büchern nieder­ gelegte Strauß-Schrifttum, dem der Verfasser manche Anregung ­verdankt, bedürfte einer eingehenden Analyse, die zu manchen nach­ denklichen Einsichten und Schlußfolgerungen führen würde“. Obwohl Pfister auf eine Diskussion der genannten Straussiana weitestgehend verzichtet, gibt er in diesem Zusammenhang die gängige ­Behauptung wieder, „daß das Schaffen des Komponisten von seinen Anfängen an von breitesten Kreisen der Hörerschaft gegen die Kritik durchgesetzt worden ist“ – eine Meinung, die zwar wiederholt zu vernehmen war, aber derart pauschal schlichtweg unrichtig ist. Der Autor schildert jedoch auch den Anstoß, den viele Hörer an den Werken Strauss’ nahmen, als sie jeweils neu waren: „[E]s ist ein fast tragisches Schauspiel, zu beobachten, wie selbst die Freunde und Weggenossen der mittleren Jahre den proteushaften Wandlungen des Meisters – wie ­Goethe ­war er immer schon längst in Erfurt, wenn man ihn noch in Weimar glaubte –, die in Wahrheit keine Umbrüche, sondern organische Funktion der steigenden Spirale gewesen sind, nicht zu folgen vermochten: den einen schienen schon ,Zarathustra‘ oder ,Ein Heldenleben‘, den anderen ,Salome‘, ,Ariadne auf Naxos‘ oder ,Die Frau ohne Schatten‘ als Irrweg und Stillosigkeit; diese sahen in ,Salome‘ und ,Elektra‘ eine revolutionäre Zertrümmerung der Gesetzestafeln, jenen erschien ,Ariadne

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auf Naxos‘ als abstruses Stilexperiment oder ,Die ägyptische Helena‘ als reaktionäre Konvention. // Von all dem ist hier nicht zu reden.“14 Die hier versammelten abwertenden Urteile sind zwar allesamt authentisch: Sie stammen wörtlich oder sinngemäß aus dem Diskurs um die genannten Werke zum Zeitpunkt ihrer Neuheit. Doch bleibt eine substanzielle Auseinandersetzung mit den Einwänden nicht nur im zitierten Buch, sondern typischerweise in fast allen Ausführungen von Strauss’ hagiographischen Befürwortern aus. Abgesehen davon, dass sich gerade unter den Wegbegleitern des Komponisten stets auch solche Kritiker befanden, die sein Schaffen vorbehaltlos unterstützten, ist Pfisters Auflistung inkriminierter Werke insofern typisch für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Strauss schon zu seinen Lebzeiten, als häufig die Einwände mancher seiner Zeitgenossen bloß protokolliert werden, um sie dann pauschal zur Seite zu schieben. Während sich die Diskussionen zu den tatsächlichen oder angeblichen Stilwandeln im kompositorischen Œuvre einer anhaltenden Konjunktur erfreuen15, hat eine eingehende Auseinandersetzung mit dem genannten „Schrifttum“ seither kaum jemals stattgefunden, obwohl Strauss Generationen von Musikern und Publizisten nachhaltig beschäftigt und die Öffentlichkeit im Laufe seines Lebens so anhaltend fasziniert – und aus den unterschiedlichsten Gründen auch immer wieder nachhaltig verstört – hat wie kaum sonst ein anderer Komponist. Dass Strauss selbst dazu in wesentlichem Ausmaß beigetragen hat, im Gespräch zu bleiben, wurde bislang vor allem auf den beständigen Wandel in seinem Werk sowie dessen Neuerungen etwa hinsichtlich Sujet und Programm, Stil und Instrumentarium zurückgeführt. Auch wenn er den Ruf hatte, ein „Reklameheld“16 zu sein, wird seine Werbung in eigener Sache in der Regel nur pauschal erwähnt. Doch wurde sie bislang noch nie systematisch untersucht. Auch im Folgenden wird die Fragestellung nur indirekt und punktuell in den Blick genommen. Doch soll versucht werden, die Vielfalt an Themen, mit denen Strauss in den Medien und öffentlichen Diskussionen auftauchte, so weit aufzugreifen, wie es der Rahmen eines Buches erlaubt, das nicht nur Fachkreise, sondern vor allem auch ein allgemein interessiertes Publikum ansprechen möchte. So zahlreich und vielfältig die Kontroversen um Strauss auch sind, bleiben die Kontroversen mit Strauss hingegen – manche harsche Zeitungszuschrift ausgenommen – vergleichsweise selten. Er selbst meldet

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sich zwar regelmäßig mit Grußadressen und Danksagungen zu Wort, beteiligt sich allerdings nur in wenigen – allerdings prominent diskutierten – Fällen mit inhaltlich relevanten Stellungnahmen aktiv in der Öffentlichkeit. Eher lässt er seine Parteigänger und Mitkämpfer für ihn streiten, beschränkt sich meist darauf, im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Auch wenn er dabei nicht immer Erfolg hat, verfolgt er seine Ziele so beharrlich, dass es nicht übertrieben ist, zu sagen, dass er sowohl seine Karriere als auch seine öffentliche Wirkung inszeniert, etwa indem er die Grenze zwischen seinem Privatleben und seinem Werk bewusst durchlässig gestaltet. Die inszenierte Biographie

Beständige Nahrung erhielt die Neugier des Publikums aus der Hand des Komponisten vor allem dadurch, dass Strauss sein Schaffen regelmäßig als Projektionsfläche für sein Leben und Erleben benutzte. Nicht nur persönliche Erfahrungen wurden in seiner Musik öffentlichkeitswirksam gespiegelt, sondern auch ganz konkrete biographische Konstellationen und Episoden, wenn er etwa in der frühen „symphonischen Phantasie“ Aus Italien Reiseeindrücke schilderte, in der Symphonia domestica das häusliche Leben seiner eigenen Familie thematisierte und schließlich in der „bürgerlichen Komödie“ Intermezzo sogar einen autobiographischen Zwischenfall aus seinem Eheleben zum Anlass nahm, um sich selbst und seine Frau Pauline kaum verschlüsselt auf die Bühne zu bringen. Dass die Kulissen bei der Uraufführung in Dresden der Strauss-Villa in Garmisch nachempfunden waren, erhöhte die spektakuläre Attraktion dieser „Zeit­ oper“ nochmals auf drastische Weise. Andererseits hat Strauss mehrfach Lebensereignisse an werkbezogene Anlässe gebunden, als er etwa am Tag der Uraufführung seines Bühnenerstlings Guntram auch die Verlobung mit Pauline de Ahna offiziell bekanntgab und dem Helden dieses Werks später ein „Marterl“ nach Art religiöser Bildstöcke im bayerisch-österreichischen Raum im Garten seines Anwesens widmete. Solche Verquickungen von Leben und Schaffen sind in der Musikgeschichte keineswegs neu; neu ist aber die Dichte, mit der Strauss bestrebt ist, beide zumindest phasenweise ineinander aufgehen zu lassen. Mit Hilfe seiner Werke inszeniert er jene Teile seines ­Lebens, die öffentlich werden sollen, und erhöht damit den Grad der

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Aufmerksamkeit für seine Person und sein Schaffen. Aber während es den Anschein haben könnte, als würde er damit zum „gläsernen“ Komponisten, verschwindet seine Persönlichkeit zu guten Stücken hinter der Selbstinszenierung, die Strauss häufig ganz bewusst betreibt, auch wenn er sie dabei meist zugleich verleugnet, und wird damit schwer greifbar. Doch konnte es – um nur einen Ausschnitt aus der Diskussion neueren Datums wiederzugeben – nicht ausbleiben, dass selbst darüber debattiert wurde, ob Strauss überhaupt ein „Rätsel“ darstelle oder nicht. Für den britischen Musikjournalisten Michael Kennedy etwa, der 1999 eine Biographie über Strauss veröffentlichte, ist er schlichtweg ein „Enigma“17. Für den deutschen Musikwissenschaftler Michael Heinemann hingegen erhellen sich Leben und Werk grundsätzlich gegenseitig, zumal er dem Komponisten sowohl die Fähigkeit zur Verstellung als auch die Absicht dazu abspricht: „[E]in Spiel mit Masken, Rollen und Kostümen […] beherrschte Strauss weder, noch intendierte er es schon.“ Diese Ansicht ist bemerkenswert, zumal es der Komponist liebte, ein Vexierspiel mit Identitäten zu betreiben, und dies auch ein Punkt war, der seine Zeitgenossen – sowohl Freund als auch Feind – besonders interessierte. Tatsächlich sind die Verbindungen zwischen Strauss’ Vita und Œuvre bekanntermaßen ausgesprochen eng, wie auch Heinemann in diesem Kontext äußert: „Dass seine Kompositionen Einsichten in seine Persönlichkeit mehr noch als seine Lebensumstände erlauben, wie er wiederholt annoncierte, dürfte keineswegs nur eine selbstgefällige Formel oder ein wohlfeiler ­Topos sein, sondern bezeichnet eine Unmittelbarkeit des Bezugs von ­Leben und Werk, die jeder Rede vom Enigma, das Strauss darstelle, zum Korrektiv dienen könnte (und sollte).“18 Doch die Verbindungen zwischen Biographie und kompositorischem Schaffen sind zu verschieden, um sie auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen – ebenso wie die Erklärungsmodelle, die allein zu Strauss’ Lebzeiten gefunden wurden. Im Folgenden wird daher nicht der Versuch unternommen, das Phänomen selbst zu „erklären“. Im Licht der vorliegenden Dokumente erschiene dies auch schlichtweg nicht möglich. Vielmehr soll es darum gehen, zu rekonstruieren, wie die Zeitgenossen mit Strauss umgingen und was der Komponist selbst zu seinen Sichtweisen, von denen stets im Plural zu sprechen ist, beitrug. Zwar waren die kursierenden Bilder von Strauss oft widersprüchlich, aber dennoch bildeten sich einige fest umrissene Vorstellungen – und je nach Sichtweise auch Vorurteile –

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über ihn aus. Diese zu korrigieren, unternahmen ihm nahestehende Personen besondere Anstrengungen, sodass sich im weiten Feld der ihm zugeschriebenen Eigenschaften ein hohes Maß an Dynamik entfaltete. So wurde zum Beispiel die Behauptung, dass er sich durch besondere Bescheidenheit auszeichne – was seine Haltung offenbar nahelegte, sein Verhalten allerdings nicht immer hinreichend glaubhaft erscheinen ließ –, von befreundeten Publizisten geradezu gebetsmühlenartig verbreitet. Der Uraufführungsregisseur der Ägyptischen Helena, Otto Erhardt, versuchte in seiner 1950 in Buenos Aires und drei Jahre später auf Deutsch erschienenen Biographie ein möglichst ausgewogenes Bild der Persönlichkeit zu geben: „Seine äußere Erscheinung hat weder etwas Genialisches noch den Anstrich eines ‚Bohémien.‘ […] Die fast tenoral helle Stimme äußert sich in dem lässigen süddeutschen Tonfall des bayrischen Dialektes, der seinen humorvollen Aussprüchen eine liebenswürdigderbe Note gibt, während er seinen scharf geschliffenen Sarkasmen manches von der Agressivität [sic] nimmt, mit der sie gemeint sein können.“ Zwischen den beobachtbaren gegensätzlichen Eigenschaften entsteht dann ein sorgfältiges, aber dennoch skizzenhaftes Charakterbild: „Das Charakteristikum seiner inneren Erscheinung ist die Zweiseitigkeit, die, eine Parallele zur kontrastierenden Thematik seiner Musik, die extremen Kontraste des Menschen organisch nebeneinander bestehen läßt. // Sein Habitus: ganz unpathetisch und der eines ‚Grandseigneurs‘. Die Kleidung: salopp und sorgfältig gepflegt. Der Charakter: naiv und raffiniert, altruistisch und egoistisch, freigiebig und knauserig. Der Geist: intuitiv und verstandesmäßig kontrolliert. Das Auftreten: bestimmt und bescheiden. […] Aus seiner unbekümmerten Naivität (‚wär’ ich besonnen, hieß’ ich nicht der Till‘, äußerte der Achtundsiebziger) sind viele ‚bon mots‘ entsprungen, die dann in teils ungewollter, teils beabsichtigter Entstellung als Strauß-Anekdoten in Umlauf gesetzt wurden, ‚von denen drei Viertel nicht von mir stammen‘. – Andererseits wurden manche seiner selbstironisch gemeinten Aussprüche so ernst genommen, daß sie als Tatsachen in biographischen und musikwissenschaftlichen Schriften angeführt sind.“19 Es dürfte tatsächlich kaum einen anderen Komponisten geben, über den derart zahlreiche Anekdoten im Umlauf sind und waren wie über Strauss. Auch damit waren einerseits die Zeitungen in seiner zweiten Lebenshälfte voll. Andererseits gingen sie auch in seine Lebensbeschreibun-

Die inszenierte Biographie

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gen sowie in die zahllosen Texte im Umfeld seiner Werke ein. Dass spontane Aussagen und spielerische Bemerkungen, die aus dem Augenblick hervorgingen, zu Strauss’ Repertoire gehörten, lässt sich schon aus unzähligen pointierten Formulierungen in seinen Briefen ableiten. Seine Erinnerungen, die er größtenteils erst in späteren Jahren schriftlich festhielt, sind ebenfalls stark anekdotisch geprägt und bestehen streckenweise aus bloßer Aneinanderreihung kleiner Geschichten und Vorkommnisse, die stets derart zugespitzt verfasst sind, dass sie – sollte sich tatsächlich alles so zugetragen haben – überhaupt nur kleine Schlaglichter auf das Gewesene wiedergeben können, das somit in einem hohen Maß persönlich gefärbt erscheint. Was in den Bestand der Erzählungen aufgenommen wird und dort dominiert, ist aber jedenfalls charakteristisch, zumal ein Hang zur launigen Episode und zur wirkungsvollen Pointe beim Komponisten stark in den Vordergrund drängt. Auch wenn sich seine mündlichen Äußerungen nur in den seltensten Fällen genau bestimmbaren Ereignissen zuordnen lassen und naturgemäß meist durch Dritte verbürgt sind, dürfte der überwiegende Teil der überlieferten Anekdoten schon von Strauss selbst stammen, selbst wenn er gesagt haben soll, dass der Großteil nicht auf ihn zurückgehen würde. Ironischerweise ist auch diese Aussage bei Erhardt selbst anekdotisch überliefert, was sie ebenfalls in die angesprochene Problematik einreiht. Roland Tenschert, der seit den 1930er Jahren als Musikkritiker in Wien tätig war und neben einer Reihe von Aufsätzen sowie zwei Strauss-Monographien (1944 und 1949) auch den Band Anekdoten um Richard Strauss (1945) herausgab, verweist in dieser Sammlung zurecht darauf, dass die kleinen Geschichten „meist schon verschiedene Metamorphosen durchgemacht“ haben, bevor sie gedruckt wurden.20 Er verschweigt allerdings naheliegenderweise, dass Strauss selbst während der Vorbereitungen des Bandes noch während der Endphase des Zweiten Weltkriegs Einfluss auf die Textgestalt genommen und einige Passagen darin gestrichen oder verändert hatte.21 Wie sehr Strauss schlichtweg alles auf sein eigenes Leben und Schaffen bezog, verdeutlicht eine Erzählung seines Sohnes Franz: „Als mein Vater im Sommer des Jahres 1949, kurz vor seinem Tode, in unserem Garten ein Beet buntfarbiger Blumen bewunderte, verglich er die schillernde Pracht mit der Instrumentation seiner Partituren und zog auch eine Parallele zu seinem Leben, das ebenso vielgestaltig gewesen sei.“22 Der eigene Horizont bildet nicht erst beim greisen Strauss eine absolute Grenze für den

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Weltbezug seiner Selbstwahrnehmung und der eigenen Einschätzung seines Komponierens. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass sich diese Haltung schon in seiner Jugend ausgebildet hatte – ebenso wie seine Neigung, „alles mit allem in eine beziehungsreiche Verbindung zu bringen“23, zugleich aber diese Verbindung stark zu filtern. Das zeigt sich vor allem auch darin, dass er sämtliche politischen Krisen und Katastrophen aussitzt, als würden sie ihn gar nichts angehen – es sei denn, sie betreffen entweder den engen Familienkreis oder das eigene Werk und dessen Aufführungsmöglichkeiten. Was sich unmittelbar auf seine Lebenswelt auswirkt, wird reflektiert; anderes bleibt außen vor. Daher beschränkt sich sein Interesse für politische und gesellschaftliche Vorgänge zumeist ausschließlich auf ihre Auswirkungen für seine Kunst und ihre Pflege – sowie auf die Möglichkeiten, sie in klingende Münze zu verwandeln. Damit erschöpfen sich für ihn selbst in aller Regel auch seine Beziehungen zur Politik. Wenn er ihr willfährig zu Diensten ist, dann deswegen, um vor allem eigene Interessen zu wahren. Dafür ist Strauss zu weitgehenden Kompromissen bereit, sei es bei Kaiser Wilhelm II., in den Staaten der Zwischenkriegszeit oder im Dritten Reich. Mit dem hochgeschraubten Selbstverständnis eines elitären Künstlers – ja: des weltweit bedeutendsten Musikers seiner Zeit – fühlte sich Strauss den jeweiligen Machthabern stets überlegen, von denen er ein Leben lang abhängig blieb, da er sich vor allem von den Opernspielplänen der großen staatlichen Bühnen ein sicheres Einkommen versprach. Auch wenn die Regierungen wechselten, suchte er sich wie selbstverständlich ihr Wohlwollen und ihre Nähe zu sichern – oder sie suchten die seine, zumal sie sich versprechen konnten, dass etwas vom Licht des Ruhmes, das Strauss ausstrahlte, auf sie zurückfallen würde. Das war während des ­Nationalsozialismus zunächst nicht grundsätzlich anders als im Kaiserstaat, in der Weimarer Republik und in der ersten österreichischen Republik. Strauss selbst machte da nie einen prinzipiellen Unterschied. Wenn sich auch im medialen Streit um ihn alle großen politischen und künstlerischen Umbrüche seiner Lebenszeit spiegeln – gleich ob und in welcher Weise er daran teilnimmt –, hat besonders seine Verstrickung mit den braunen Machthabern seine nationale und internationale Präsenz und Einschätzung seit 1933 derart stark geprägt, dass sie unauflöslich mit seinem Ruf bei den Zeitgenossen im In- und Ausland verbunden war. Auch wenn seine Reaktionen auf die historische Katastrophe des Jahrhunderts,

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nachdem nicht nur Nazideutschland und weite Teile Europas in Trümmern lagen, sondern auch Humanismus und Zivilisation an sich beschädigt waren, immer noch befremden können, erschienen sie ihm doch auf Basis seines selbstgezimmerten Weltbildes kohärent. Es ist während­ dessen in jedem Falle aufschlussreich, wie seine Ansichten und Handlungen jeweils unmittelbar kommentiert wurden, zumal sie die historischen Umbrüche in äußerst wechselvollem Licht erscheinen ließen. In eleganter Umschreibung des eigensinnigen Beharrens auf seiner egozentrischen Wahrnehmung der Welt um ihn hat etwa Strauss’ selbsterwählter ­Biograph Willi Schuh eine „scharfumrissene Kunstauffassung und Lebensform, die sich im hohen Alter verhärtete“24, festgestellt. Derselbe Schweizer Publizist, der während seiner Zusammenarbeit mit Strauss insbesondere in den letzten Jahren die angesprochene „Verhärtung“ geduldig ertragen musste, hielt auch bezüglich des Verhältnisses des Komponisten zum Geschehen in der Politik fest: „Es ist ein Ausnahmefall, daß von einem politischen Ereignis Notiz genommen wird.“25 Für den Zeitraum, auf den sich der erste Band seiner Biographie – den zweiten konnte er nicht mehr fertigstellen – bezieht, mag dies stimmen, und immerhin deutet Strauss’ Eintrag im Schreibkalender vom 30. Juli 1898 („Abends 10 Uhr der große Bismarck verschieden!“26) schon darauf hin, dass er zeit seines Lebens nicht nur den Reichskanzler und maßgeblichen Architekten des Deutschen Kaiserreiches, sondern auch die damaligen Lebens­ bedingungen idealisierte. Allerdings registriert Strauss auch noch später sehr wohl die Vorkommnisse der „hohen Politik“, sodass Schuhs Behauptung auch im Zusammenhang mit den folgenden Jahrzehnten und dem Klischee von Strauss als „unpolitischem Künstler“ gesehen werden müsste. Selbst- und Fremdbilder

Dieses Buch ist, obwohl es sich am äußeren Verlauf des Lebens von ­Richard Strauss orientiert und sein Material weitestgehend aus Quellen innerhalb von dessen zeitlichen Grenzen schöpft, keine klassische Biographie. Es versteht sich vielmehr als Ergänzung zu den dominierenden werkbezogenen und biographischen Straussiana, möchte deren Ergebnisse aber weder wiederholen noch fortschreiben. Der „ganze Strauss“ soll in anderer Weise in den Blick genommen werden – weniger als Ver-

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such, seinen Charakter und seine Verhaltensweisen zu entschlüsseln und zu rekonstruieren, sondern als Summe der Strauss-Bilder, die im Laufe seines langen Lebens von ihm selbst, vor allem aber von seinen Zeitgenossen entworfen wurden. Dieser Prozess wird als Wechselwirkung verstanden. Es lag daher nahe, ihn im Wesentlichen auf die Lebenszeit von Strauss sowie auf die unmittelbaren Reaktionen auf seinen Tod zu beschränken, zumal die wissenschaftliche Beschäftigung mit ihm abseits reiner Hagiographik erst in den letzten Jahrzehnten eine Konjunktur erfahren hat. Jedoch ist noch immer eine Lagerbildung in Gegner und Befürworter erkennbar. Es klingen somit noch häufig jene Gegensätze an, mit denen schon Strauss selbst zu tun hatte, die sich aber während seines Wirkens ihrerseits mehrfach verschoben. Als Versuch, die dazugehörigen Diskussionen zu rekonstruieren, versteht sich dieses Buch daher auch als Beitrag, das Phänomen Strauss mit den wechselnden Erwartungshorizonten seiner Zeit zu verbinden. Während ansonsten oft dem Wort des Komponisten in ehrfürchtiger Weise besonderes Gewicht beigemessen wird – ein Ansatz, den dezidiert kritische Arbeiten zu Strauss häufig spiegeln und umkehren, aber das Prinzip des Primats des von ihm selbst Gesagten beibehalten –, sollen Äußerungen Dritter hier mit derselben Aufmerksamkeit gelesen werden wie seine eigenen Aussagen, wobei versucht wird, Widersachern und Fürsprechern grundsätzlich dasselbe Recht einzuräumen. Die schiere Menge an Publikationen von der Zeitungsnotiz bis zur Monographie, die während eines halben Jahrhunderts erschien, machte eine Einschränkung notwendig. Besonderes Gewicht erhalten im Folgenden – neben den Selbstzeugnissen – allgemeine Texte über Strauss, deren Menge seit den 1890er Jahren parallel zu seiner Berühmtheit mit zunehmender Geschwindigkeit zu wachsen begann, mit den großen Erfolgen der Tondichtungen und insbesondere der skandalträchtigen Opern ab 1906 weiter zunahm und in den Geburtstagsjahren 1914 sowie – vor ­allem – 1924 Auswüchse erreichte, die jenem Maß entsprachen, in dem Strauss seine Mitmenschen bewegte. Auch der Hang der Massenmedien zu spektakulärer Vergrößerung aufsehenerregender Persönlichkeiten und Ereignisse spiegelte sich in der Zunahme der publizierten Textmengen über Strauss wider, die sich schon vor den runden Geburtstagen, rund um Opernuraufführungen sowie öffentliche Stellungnahmen des Komponisten sowie andere gern skandalisierte Auftritte konzentrierte.

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Dass nach Strauss’ 60. Geburtstag die Publikationswut nachließ, lässt sich nicht nur durch einen Karriereknick Ende der 1920er Jahre erklären27, von dem er sich ab den 1930er Jahren wieder zunehmend erholen konnte, sowie ein gelinde gesagt angespanntes Verhältnis zur nunmehr profiliert auftretenden und von Strauss dezidiert abgelehnten Moderne, sondern in nicht geringerem Maße durch die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 hinterließ in der Strauss-Bibliographie ebenso ihre Spuren wie die Kulturbeflissenheit der Nationalsozialisten, die Folgen des Krieges und schließlich die Neuorientierung nach 1945, der freilich inhaltlich erstaunliche Kontinuitäten gegenüberstehen. Strauss’ einmaliger Status im (deutschen) Kulturleben brachte es mit sich, dass nicht einmal in den elendsten Kriegstagen, in die sein 80. Geburtstag fiel, die publizistischen Aktivitäten um ihn gänzlich gebremst werden sollten – es sei denn durch die Macht des Faktischen, die eine Reihe von Projekten soweit verzögerte, dass sie erst wieder in Friedenszeiten realisiert werden konnten. Um ein unten ausführlicher behandeltes Detail vorwegzunehmen: Zwar hatte es in diesem Zusammenhang die häufig kolportierten Direktiven der NS-Führung, die Berichterstattung zu beschränken, sehr wohl ge­ geben. Doch waren sie weder in ihrer Formulierung noch in ihrer Wirkung so umfassend, wie es in der Regel selbst von Autoren behauptet wird, die Strauss ausgesprochen kritisch gegenüberstehen, oder im Gegenteil von solchen, die mit dem Argument seiner Unbeliebtheit beim Regime für seine Ehrenrettung glauben antreten zu müssen. Wie bei dieser keinesfalls nebensächlichen Episode wird im Folgenden zwar auch in anderen Zusammenhängen der Versuch unternommen, einige biographische Situationen von Strauss exemplarisch zu rekonstruieren; punktuell wird auch auf die Strauss-Literatur jüngerer Zeit ein­ gegangen, wenn es etwa darum geht, auf besonders divergierende Interpretationen von Aussagen des Komponisten aufmerksam zu machen. Dennoch steht beides hier nicht im Mittelpunkt des Interesses. Stattdessen sollen lebensgeschichtliche Ereignisse anhand ihrer Auswirkungen auf Strauss’ Selbst- und Fremdbilder dargestellt werden, um deutlich zu machen, wie sich sowohl die Massenmedienmaschinerie als auch die Diskussionen auf anderen Ebenen verselbständigen. Eine kritische Biographie in umfassendem Sinne, wie sie über Strauss trotz zahlreicher verdienstvoller Untersuchungen aus neuerer Zeit (vgl.

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dazu die bibliographischen Hinweise) noch nicht vorliegt, schiene derzeit – also immerhin 75 Jahre nach seinem Tod – noch gar nicht möglich. Von den besonderen Schwierigkeiten, das Phänomen Strauss in seiner Gesamtheit zu erfassen, ist in den prominenteren Arbeiten über sein Leben und Schaffen beinahe leitmotivartig die Rede.28 Die Gründe dafür sind in sich paradox. Zwar „ist wohl kein [anderes] Musikerleben so dicht durch Briefe und Aufzeichnungen dokumentiert“29, doch bleibt das zum allergrößten Teil von Strauss selbst überlieferte Material selbst für eine bloße, dabei allerdings lückenlose Lebensbeschreibung noch immer zu unvollständig – abgesehen davon, dass die Notizen des Komponisten in sich zuweilen widersprüchlich sind.30 In seinen Schreibkalendern, die er die meiste Zeit akribisch führte, lässt sich außerdem nicht immer erkennen, ob ein Ereignis nur geplant war oder tatsächlich stattgefunden hat. Nach wie vor fehlen kritische Ausgaben der meisten Briefe, deren Gesamtzahl „viele Zehntausende“31 umfasst. Während etwa vor allem die Korrespondenzen mit den Librettisten und einer Reihe von Komponisten und Dirigenten gut dokumentiert sind, fehlen jene mit den Verlegern fast vollständig. Das heikle Thema von Strauss’ Finanzgebaren, zu dem er selbst meist einen freimütigen Zugang an den Tag legte, das ihn allerdings auch empfind­lichen Anfeindungen aussetzte, liegt daher noch zu einem Gutteil im Dunkeln. Ebenso fehlen umfassendere Publikationen des Briefwechsels mit der Familie – vor allem von jenem mit seiner Frau, der er, wenn die beiden getrennt waren, fast täglich schrieb, und mit seinem Sohn Franz, der zu seinem wichtigsten und in späteren Jahren weithin einflussreichen Vertrauten wurde – fast ganz. Während Strauss sein ­Leben lang mehrere Briefe täglich schrieb, hielt er sich ansonsten mit publizierten schrift­lichen Äußerungen auffällig zurück: Die im Mai 1949 – rechtzeitig vor des Meisters 85. Geburtstag – erstmals veröffentlichte Sammlung seiner wichtigsten Aufzeichnungen, die von seinem Biographen Willi Schuh herausgegebenen Betrachtungen und Erinnerungen, umfasste kaum 200, in der später erweiterten Form gerade einmal 250 Seiten. In krassem Gegensatz dazu steht neben dem bereits erwähnten Komplex der Anekdoten die Unzahl jener Wortmeldungen, die von Dritten vor allem durch Tageszeitungen in die Welt gebracht wurden, deren Authentizität schon allein durch die Verschriftlichung mündlicher Aussagen nicht immer zweifelsfrei ist. Des Weiteren existieren umfangreiche Aufzeichnungen des alten Strauss in einer Vielzahl von Notizheften, die

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ihrerseits nur zum Teil und da oft nur aus zweiter Hand bekannt geworden sind. Im Umgang mit diesen Quellen gibt es in der Strauss-Literatur traditionellerweise eine gewisse Großzügigkeit, sei es, dass Notizen, die sich auf weit frühere Ereignisse beziehen, ohne Berücksichtigung der zeitlichen Distanz verwendet werden oder dem Wort des Komponisten unhinterfragter Wahrheitswert zugeschrieben wird. Dabei lässt sich ­allein schon aus manchen widersprüchlichen Schilderungen desselben Vorkommnisses ersehen, dass sich Strauss häufig sehr ungenau erinnerte oder womöglich seine Erinnerungen bewusst in ein „verklärendes Licht“32 getaucht hat. Außerdem ist vieles, darunter auch Dokumente, die großes Interesse verdienen würden, an schwer auffindbaren Stellen oder ohne (genaue) Quellenangabe publiziert.33 Häufig wurde auch entweder nicht allzu großer Wert auf Korrektheit und/oder Vollständigkeit der Wiedergabe gelegt oder aber manches absichtsvoll verschleiert. Dieses Problem betrifft insbesondere Strauss’ Briefe, die sich einer „oft unverblümten Ausdrucksweise“34 bedienen und gerade darin so aussagekräftig sind, dass jede der leider sehr häufigen Retuschen die Gefahr mit sich bringt, mehr als nur eine unbedeutende Facette oder Momentaufnahme zu verbergen. Es sind nur teilweise „Spontaneität und Unbefangenheit“35, mit denen sich Strauss in der Wortsprache ausdrückt, selbst wenn dieser Zug oft überwiegt. Doch daneben sprechen aus seinen Äußerungen ebenso scharfes Kalkül, manipulatives Geschick sowie in vielen Fällen ein weitgehendes Sich-Hineinversetzen in sein Gegenüber. Seine Aussagen sind deshalb – vor allem, aber nicht nur in seinen Briefen – nicht ohne Weiteres für bare Münze zu nehmen. Je nach Ansprechpartner moduliert Strauss sein Ausdrucksspektrum, formuliert zurückhaltend oder angriffslustig, schmeichelnd oder bissig, ernsthaft oder sarkastisch, wobei sich der Tonfall nicht immer eindeutig einordnen lässt. Vielmehr scheint er in vielen Briefen bewusst eine mehrdeutige Ausdrucksweise zu wählen. „Was er wirklich dachte“36, lässt sich deswegen in etlichen Fällen nicht unbedingt klar feststellen. „Momentane Anpassung an den Gesprächspartner“ war für Strauss, wie Willi Schuh auch aus eigener Erfahrung wusste, ein durchaus üblicher Modus. Daraus den Schluss zu ziehen, dass solchen Aussagen besser „kein großes Gewicht beizulegen“37 sei, ist zwar die übliche Konsequenz aus dieser Problematik, für ein Gesamtbild der kommunikativen Strategien fehlt dadurch aber mög­ licherweise doch etwas Wesentliches. Wie bereits angedeutet, soll in die-

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ser Monographie nicht das Lebensbild dieses Meisters der Inszenierung im Vordergrund stehen, wenn es auch die Folie der Darstellung bildet, sondern die Art und Weise, wie der öffentliche Strauss durch andere und durch sich selbst dargestellt wurde. Dabei wird zuweilen ungewöhnlich großer Wert auf Details gelegt, um aus ihnen wesentlich erscheinende ­Facetten des Gesamtbildes zu gewinnen. Aus der auch von der StraussForschung gerne zitierten Erkenntnis „Und in dem ,Wie‘, da liegt der ganze Unterschied“ (Der Rosenkavalier, 1. Akt) gespeist, sollen viele ­Äußerungen nicht so sehr wegen ihres Inhalts, sondern vor allem wegen ihrer Ausdrucksweise gelesen werden. Auch wenn die wesentlichsten Stationen von Strauss’ Laufbahn berührt werden, soll und kann nicht jedes biographische Detail und schon gar nicht jedes Werk erwähnt werden. Denn weniger um die Person und ihr Schaffen soll es gehen als um die Haltungen, die Strauss einnahm – sei es im beruflichen wie im privaten Bereich, gegenüber seinen Briefpartnern (von der Familie über seine publizistischen und kulturpolitischen Ansprechpartner bis zur Sphäre der Verwaltung und „hohen Politik“) sowie im Zusammenhang zu seinen dezidiert öffentlichen Äußerungen. Strauss zugeschriebene Äußerungen und Mitteilungen sind vor allem in der Tagespresse, aber auch in den früh einsetzenden biographischen Arbeiten ungeheuer häufig; oft ist ihre Authentizität nicht mehr zu überprüfen, auch weil Formulierungen dem Usus der Zeit entsprechend oft sehr frei wiedergegeben wurden. Für die Wirksamkeit dieser Äußerungen, die sich immer weiter ausbreiteten und in etlichen verschiedenen Versionen kursieren, die teils auch auf Strauss selbst zurückgehen, ist der Grad ihrer Echtheit jedoch unerheblich. Dennoch gehört es zum Gesamtbild, dass es eine Reihe nachweislich falscher Behauptungen gibt, mit denen Strauss selbst operierte. Zwar war er für seine freimütigen Meinungsbekundungen berühmt, die ihm auch den Ruf beschert haben, rückhaltlos ehrlich zu sein, doch gleichermaßen redete er Menschen nach dem Mund (vielfach auch gegen seine eigene Meinung). Regelmäßig schwächte er aber auch eigene frühere Aussagen ab, oder er widerrief eine kürzlich aufgestellte Behauptung, wenn sie auf Widerspruch stieß. Dass er dabei zuweilen abenteuerlich argumentierte, störte ihn offensichtlich nicht. Gehen etliche Widersprüchlichkeiten also auf Strauss selbst zurück, so etwa der Umstand, dass er Zeitungskritiken eifrig sammelte und verschickte, aber gleichzeitig verlautbarte, sie seien ihm egal, oder dass er be-

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hauptete, auf Orden lege er keinen Wert, aber mehrfach das Gegenteil bewies, so kommt noch etwas anderes hinzu. Auch wenn sich seine Verhaltensweisen änderten oder in ähnlichen Fällen unterschieden, neigten und neigen manche ihm wohl gesinnte Autoren dazu, das Vorteilhafte überzubetonen. Seine Hilfsbereitschaft gegenüber Kollegen etwa, die er anfangs zumindest gelegentlich an den Tag legte, auch ohne auf einen eigenen Vorteil daraus zu hoffen, fand etwa einen schroffen Gegensatz, als er sich später in offener Auseinandersetzung mit Komponisten der Moderne befand, sich öffentlich von ihnen abgrenzte oder im Verborgenen gegen sie opponierte. Auch sein ausgeprägtes Karrierebewusstsein und sein damit untrennbar verbundener Wunsch nach Wohlstand führte zu manchen Widersprüchlichkeiten, als er etwa 1897 das Melodram Tennyson’s Enoch Arden für Ernst von Possart schrieb, den Generaldirektor und Intendanten der königlichen Hoftheater in München, und dazu festhielt: „Bemerke dazu ausdrücklich, daß ich dasselbe nie unter meine Werke aufgenommen wünsche, da es Gelegenheitsschund (im schlimmen Sinn des Wortes) ist“. Dies hielt ihn allerdings weder davon ab, das Stück unzählige Male mit Possart aufzuführen, ihm eine Opuszahl zu verpassen und zwei Jahre später noch ein weiteres Melodram (Das Schloß am Meere nach Ludwig ­Uhland, 1899) zu verfassen.38 Das Streben nach Wohlstand bildete für ihn zwar ein zentrales Motiv, das er aber mit nicht auf unmittelbaren Gewinn abzielenden Strategien zu verbinden wusste. Ebenso konnte er dem Ziel der Anerkennung bei einzelnen oder aber bei der breiten Masse andere Bestrebungen unterordnen. Es ist deshalb sowohl in Bezug auf Geld als auch auf andere Faktoren zutreffend, wenn selbst der Strauss mit deut­ licher Sympathie gegenüberstehende Walter Werbeck, einer der intimsten Kenner der schwierigen Materie vor allem rund um die Tondichtungen sowie der Problematik ihrer Programmatik, „Strauss’ unbedingtes Streben nach Erfolg“ zwar „ein eher äußerliches, gleichwohl gewichtiges Motiv“ nennt, das nicht unterschätzt werden sollte.39 Wie zentral diese Beweggründe sind, machen die Korrespondenzen mit jenen deutlich, die über Aufführungen entscheiden. Seine hartnäckigen Praktiken, um dauernd in die Konzertprogramme und später auf die Opernspielpläne zu kommen, entwickelt Strauss schon in den ersten Jahren seiner Karriere, wie besonders sein Briefwechsel mit Franz Wüllner zeigt. Diese Beharrlichkeit wird er sein Leben lang beibehalten und auch noch gegenüber

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den wichtigsten Dirigenten der späten Jahre von Hans Knappertsbusch bis Clemens Krauss und Karl Böhm demonstrieren. Für das Thema dieses Buches mag es genügen, die Überredungskünste des Komponisten und seine selbstbewusste Eigenwerbung vor allem anhand der Frühphase seiner Laufbahn zu demonstrieren. Seine diesbezügliche Ausdauer ändert sich allerdings ebenso wenig wie seine Bemühungen um maximale Honorare, die vor dem Hintergrund der Tantiemenbewegung eine nachhaltige Wirkung entfachen sollten. Für die Öffentlichkeit erschöpfte sich das Thema in Schlagworten und leitmotivartiger Kritik am Geschäftsmann Strauss, doch blieb es an seinem Nimbus haften und wurde es nachhaltig als Teil seiner Persönlichkeit wahrgenommen. Nicht nur als äußerlich zu verstehen ist auch der Umstand, dass Strauss zwar einerseits seine Hauptwerke – also die Tondichtungen und die Opern – als allein vollgültig begreift, dass ihm aber andererseits kein Anlass zu gering ist, um Gelegenheitskompositionen zu schaffen und mit Widmungen zu versehen, sodass der Alltag des Komponisten ständig ins Komponieren einfließt: sei es der Kanon Hans Huber in Vitznau sei schönstens bedankt (1903) oder der Skatkanon für vier Männerstimmen (1904). Solche unmittelbar musikantischen Reaktionen auf prosaische Gegebenheiten mussten im fortschreitenden 20. Jahrhundert mehr und mehr anachronistisch erscheinen; es ist aber von einiger Relevanz, dass es sie bei Strauss nicht nur in politisch opportunen Fällen gegeben hat – auch das, um nur noch einen letzten solcher Problemkomplexe zu nennen, wäre für das Gesamtbild von Bedeutung, das in den folgenden Kapiteln nun – wie bereits gesagt – vor allem durch Dokumente aus der Zeit rekonstruiert werden soll. In vielen zeitgenössischen Texten, deren Autoren direkt auf Strauss und seine Musik reagieren, häufen sich die Superlative; auch diese Ein­ leitung ist nicht frei davon – ebenso wenig wie die Forschungsliteratur der letzten Jahrzehnte, in der etwa festgestellt wird, dass Strauss „der gefeiertste, sicherlich aber auch meistgehaßteste [sic] Komponist seiner Zeit“40 gewesen sei. Diese extremen Reaktionen der Mitwelt gewannen im Falle von Strauss eine Eigendynamik, die ihrerseits in der Musikgeschichte beispiellos ist – nicht nur wegen der langen Dauer von Strauss’ Karriere, sondern weil sich aufgrund seiner starken Wirkung auf die Menschen seiner Zeit die (zumindest vom Ende des 19. bis zum ersten Viertel des 20. Jahrhunderts) unausgesetzt expandierenden Printmedien

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vor allem, aber nicht nur in den deutschsprachigen Ländern so nachhaltig und intensiv mit ihm auseinandergesetzt haben wie mit keinem anderen Komponisten. Dabei mag auch Strauss selbst von dieser Eigendynamik überrascht gewesen sein. Umgehen konnte er mit ihr jedenfalls spätestens ab dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht mehr. Und auch sein Verhalten und seine Äußerungen lassen sich teilweise überhaupt nur dann nachvollziehen, wenn man ihm inkohärente Handlungsmuster zuschreibt. Denn es ist paradox, dass er zugleich so geprägt war, dass er lange Zeit unmittelbar auf öffentliche Wirkung abzuzielen schien, in ­vielen Fällen aber dann offenbar doch der Illusion verfiel, seine Aussagen könnten dauerhaft im Verborgenen verbleiben. Es ist damit also bei ­etlichen seiner Äußerungen und Handlungen davon auszugehen, dass Strauss gerade nicht damit rechnete, dass sie an das Licht der Öffentlichkeit geraten würden. Dass dies dennoch geschah, machte sie selbstredend ebenfalls als Teil des Gesamtbildes wirksam, das sich allerdings Strauss selbst wohl zunehmend entzog. Denn in auffälliger Weise änderte er im Umgang mit der Öffentlichkeit seine Strategie, wenn er etwa in seinem letzten Lebensdrittel immer häufiger darauf verzichtete, direkt darauf Stellung zu nehmen, was über ihn verlautbart wurde. Doch insgesamt bleibt Strauss jemand, der danach trachtete, sich und sein Werk zu inszenieren, auch wenn ihm das nicht immer gleich gut gelang. Der bis heute anhaltende Erfolg seiner Musik lässt sich jedenfalls nicht ablösen von der Zeit und der Öffentlichkeit, für die sie geschrieben wurde.

1. Vom Epigonen zum Genie

„Ein sogenannter Charakter“. Umwelt und Familie

Als am 11. Juni 1949 der 85. Geburtstag von Richard Strauss mit einem Staatsakt begangen wurde, hatte sich neben dem bayerischen Ministerpräsidenten Hans Ehard und dem Münchner Bürgermeister Walther von Miller auch der Kultusminister Alois Hundhammer nach GarmischPartenkirchen bemüht. Erst einen Monat zuvor war der greise Meister aus der Schweiz in seine Villa zurückgekehrt, wo nach der Feierstunde ein Weißwurstfrühstück für 35 Personen serviert wurde.41 Bei der Feierstunde selbst war der Andrang groß. Dutzende Journalisten, Fotografen und ­Kameraleute waren angereist; und auch das Filmteam einer Fernseh­ dokumentation hielt jenen Augenblick fest, als der Minister ein historisches Dokument präsentierte, hatte Hundshammer doch „das Straußsche Abgangszeugnis aus dem Jahr 1875 zutage gefördert“, wie der spätere Strauss-Biograph Walter Panofsky in der Süddeutschen Zeitung vom 14. Juni 1949 berichtete.42 Dem Schüler der zweiten Klasse des Münchner Ludwigs-Gymnasiums waren damals, wie auch in einer ebenfalls 1949 erschienenen Festschrift der Schule nachzulesen ist, „Pflichtgefühl, Talent und Lebhaftigkeit“ bescheinigt worden. Außerdem hatte der Lehrer Karl Welzhofer in einer „Geheimen Qualifikation“ nicht nur „ein angehendes musikalisches ­Talent“ konstatiert, sondern bereits Züge erfasst, die auch später regelmäßig festgestellt werden sollten, indem er einen denkbar sonnigen Charakter zeichnete: „Ungetrübte Heiterkeit und Fröhlichkeit lacht ihm aus den blauen Augen Tag für Tag; Offenheit und Herzlichkeit liegen deutlich ausgeprägt in seinen Zügen.“43 Für den Ordinarius der vierten Klasse war der junge Richard Strauss im Schuljahr 1876/77 „lebhaft, eifrig, aufmerk-

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1. Vom Epigonen zum Genie

sam, manchmal allzu rasch und flüchtig.“44 Auch das waren Eigenschaften, die Strauss sein ganzes Leben lang sinngemäß zugeschrieben werden sollten – ebenso wie sein „goldiger Humor“ und seine „überquellende Lebenslust“, die bei ihm schon in den frühen 1880er Jahren festgestellt wurden.45 Eine besondere Art von Humor zeichnete bereits den Gymnasiasten aus, wenn jene Episode wahr ist, die Carl Orff 1933 in der Bayerischen ­R adiozeitung wiedergab: Der Ordinarius der Klasse habe Strauss wegen Komponierens im Unterricht nahegelegt, „er solle doch die ewige Musik aufgeben, mit der Musik bringe er es doch zu nichts!“ Im Anschluss daran wird von einer ironisch-provokativen Reaktion berichtet, wie sie Strauss später regelrecht kultivieren wird: „Diesem nämlichen Professor widmete er dann aus Dankbarkeit den obenerwähnten Chor aus ‚Elektra‘“46, also jene Sophokles-Vertonung für Chor und Orchester, die im Sommer 1881 entstanden war und vermutlich bei der Jahresabschlussfeier des Gymnasiums uraufgeführt wurde.47 Unabhängig davon, ob die Geschichte sich tatsächlich so zugetragen hat, entspricht sie Strauss’ späterer Neigung zu einer provokativen Haltung und zu trotzigen Reaktionen – gepaart mit einem Sinn für Humor, der in mancherlei Facetten zum Ausdruck kommen kann, sowie einer sich zuweilen selbständig machenden Neigung zur Selbstinszenierung, die freilich ihre Wirkung nicht verfehlt. Nicht erst die Schulzeit des jugendlichen Komponisten ist erstaunlich gut dokumentiert; aber in diesen Jahren gründet ein fester Bestand an Episoden seiner Lebenserzählung, die in keiner Biographie fehlen und stets schon als zukunftsträchtig interpretiert werden. Dazu gehört unter anderem die Geschichte der Schulhefte mit Schutzumschlägen aus Notenpapier, auf dem etwa Skizzen zum Violinkonzert entstanden. Und dazu gehören auch jene Urteile seiner Lehrer, die im Nachhinein geradezu prophetisch anmuten konnten, etwa jenes aus dem Abgangszeugnis von 1882: „Trotzdem daß er sich in hervorragender Weise auch mit Musik befaßte, hat er doch auch in den sprachlichen Fächern mit großem Fleiß gute Erfolge erzielt und reifes Verständnis bei Erklärung der Klassiker gezeigt. Rühmenswert sind auch seine Kenntnisse in der Geschichte. Sein Betragen war durchaus tadellos.“48 Die literarischen Klassiker, die hier gemeint sind, aber auch jene aus der Musik, sowie die allgemeine Geschichte sollten in der Tat feste Orientierungspunkte und Interessensgebiete für sein ganzes Leben bleiben, der humanistische Bildungsgedanke

Umwelt und Familie

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den Habitus und Alltag des Komponisten bis zuletzt prägen. Die Schulzeit ist aber auch noch deswegen ein wesentlicher Ausgangspunkt für die Strauss’sche Biographie, weil es Freunde aus der Schulzeit und frühen Adoleszenz waren, die zu seinen wichtigsten Anwälten, Wegbegleitern und Wegbereitern wurden, die sein Bild in die Öffentlichkeit trugen und hier seinen Charakter zeichneten. Während auch die Freundschaft mit Friedrich Rösch, dem späteren Mitkämpfer in Sachen Urheberrecht, ebenfalls in die Gymnasialzeit zurückreicht, waren es vor allem die Schulfreunde Arthur Seidl und Max Steinitzer, die sich unermüdlich darum bemühen würden, die Öffentlichkeit von den musikalischen und charakterlichen Vorzügen ihres Freundes zu überzeugen. Nicht nur in Strauss’ Komponieren sollte die Grenze zwischen Privatheit und Publizität verschwimmen; auch die frühe Strauss-Publizistik machte die im persön­ lichen Verkehr gewonnene private Mitteilung öffentlich. Sie konnte sich damit von Beginn an einen authentischen Anstrich geben und dem Publikum den Anschein einer Nähe zum „Genie“ vermitteln. Die Stadt München, wo Richard Georg Strauss am 11. Juni 1864 geboren wurde, war in diesen Jahren in mehrfacher Hinsicht in Bewegung. Im März desselben Jahres hatte Bayern mit Ludwig II. einen König bekommen, dessen Interessen für kulturelle Repräsentation und romantische Schlossbauten seine politischen Ambitionen bei Weitem überwogen. In die Zeit seiner Regierung fallen zwar auch eine Reihe technischer Modernisierungen, doch vor allem galten seine Interessen der Kunst. Seine ­legendäre Freundschaft mit Richard Wagner und seine beispiellose Unterstützung des umstrittenen Komponisten mündete in den Uraufführungen von Tristan und Isolde (10. Juni 1865), Die Meistersinger von Nürnberg (21. Juni 1868), Das Rheingold (22. September 1869) und Die Walküre (26. Juni 1870) im Königlichen Hof- und Nationaltheater. Nachdem der Plan gescheitert war, in München ein Wagner-Festspielhaus zu errichten, finanzierte Ludwig II., während er sich bei den Regierungsgeschäften durch Gesandte vertreten ließ, mittels Kredit das 1876 eröffnete Festspielhaus in Bayreuth. Im Hoftheater versah ein Mann seinen Dienst, den die Nachwelt stets vor allem als Vater eines berühmten Sohnes sehen sollte: der Hornist Franz Joseph Strauss, seinerseits ein ausgezeichneter Musiker, der 1873 zum königlichen Kammermusiker nobilitiert wurde, selbst auch komponierte, nebenbei Laienorchester leitete und seit 1871 zudem als Professor

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an der Münchner Königlichen Musikschule wirkte. Obwohl Richard Strauss nur äußerst spärliche biographische Schriften hinterlassen hat, haben diese Notizen als Grundlage seiner vielfach repetierten Lebens­ beschreibung sein Bild und jenes seiner Umwelt so nachhaltig geprägt, dass sich Dichtung und Wahrheit kaum mehr voneinander trennen lassen. Das gilt in besonderer Weise für die Figur seines Vaters – und, vielleicht aufgrund der spärlicheren Quellen in noch viel stärkerem Maße, auch für die Mutter Josephine, die als geborene Pschorr für das Umfeld des Heranwachsenden eine zumindest ebenso große Bedeutung hatte wie der professionelle Musiker. Denn in der Bier-Dynastie Pschorr, der auch Strauss’ Geburtshaus am Altheimer Eck 2 gehörte, spielte Musik vielfach eine wichtige Rolle. Musizieren in privatem Kreis gehörte zum Alltag, die Familie der Mutter unterstützte später die Karriere des jungen Komponisten und Kapellmeisters nach Kräften, und in ihr finden sich auch in hohem Maß Widmungsträger früher Kompositionen. Über die Ehe der Eltern gab Richard Strauss in der für ihn typischen Weise Auskunft, indem er deren unangenehme Seiten relativierte, beschönigte und auf die zahlreichen Aufenthalte der Mutter in Nervenheilanstalten in späteren Jahren zwar anspielte, ihre Ursachen aber offen ließ, wenn er über Franz und Josephine Strauss schrieb: „Zu Hause war er sehr heftig, jähzornig, tyrannisch, und es bedurfte der ganzen Milde und Güte meiner zarten Mutter, um das Verhältnis meiner Eltern, trotzdem es stets von aufrichtiger Liebe und Wertschätzung getragen war, in ungetrübter Harmonie verlaufen zu lassen. Wie weit allerdings die sehr empfindlichen Nerven meiner Mutter darunter wirklich gelitten haben, kann ich heute nicht mehr entscheiden.“49 Strauss’ eigene Neigung zu „ungetrübter Harmonie“ setzt sich an dieser Stelle in geradezu tragikomischer Zuspitzung durch. Ganz zuverlässig sind die Angaben des Sohnes allerdings nicht, zumal er die meisten seiner autobiographischen Erinnerungen erst im hohen Alter aufschrieb. Wann genau er die Erinnerungen an meinen Vater festhielt, wusste nicht einmal sein autorisierter Biograph Willi Schuh, der in ihnen zwei sachliche Unrichtigkeiten feststellte: Denn Franz Strauss war weder „Sohn eines Türmers“ noch „[f ]rüh Waise geworden“50, sondern der ­uneheliche Sohn eines Gerichtsdieners, der bei seinem Onkel aufwuchs. Über die Ursache dieser falschen Angaben wurde viel spekuliert.51 ­Aufschlussreich sind die Erinnerungen an meinen Vater jedoch vor allem aus anderen Gründen, die jenseits der in ihnen genannten Fakten lie-

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gen. E ­ inerseits beschreibt der Sohn mit der Persönlichkeit seines Erzeugers auch Züge, die in ihm selbst zum Vorschein kommen, andererseits enthält der – wie alle späteren Aufzeichnungen Strauss’ – eigentümlich unsystematische Text auffällige Abschweifungen, auch wenn Richard Strauss zunächst die musikalischen Vorlieben und Abneigungen von Franz beschreibt: „Er war ein sogenannter Charakter. Er hätte es für ehrlos gehalten, ein einmal als richtig erkanntes künstlerisches Urteil jemals zu revidieren und war einer Belehrung meinerseits bis ins hohe Alter unzugänglich. Sein musikalisches Glaubensbekenntnis galt der Trinität Mozart (über allen), Haydn, Beethoven. Ihnen schlossen sich der Liederkomponist Schubert, Weber und, in Abständen, Mendelssohn und Spohr an. // Der letzte Beethoven vom Finale der Siebenten Sinfonie war schon nicht mehr ,reine Musik‘ (da roch man schon den Mephisto Richard Wagner darin). Den ersten Klavier-Schumann bis Opus 20 ließ man gelten […]. Wo die Musik von einem Tonspiel zur Musik als Ausdruck sich bewußt entwickelt, da ging mein Vater nur mehr bedingt mit. Er anerkannte noch den ,Tannhäuser‘; ,Lohengrin‘ war ihm zu süßlich, vor dem späteren Wagner versagte er vollständig, trotzdem die Hornsoli in ,Tristan‘ und ,Meistersingern‘ keiner so seelenvoll vortrug wie er.“52 Dass er in diesem kurzen Text nicht nur sein eigenes Verhältnis zu Hoftheater-Intendant Karl von Perfall sowie zu den Dirigenten Hans von Bülow, Franz Fischer und Hermann Levi anklingen lässt, sondern gleich zwei Mal von der Charakterbeschreibung seines Vaters assoziativ direkt zu dessen absolutem Feindbild Richard Wagner gelangt, würde nach einer psychologisierenden Interpretation rufen, wenn der Umstand nicht so offensichtlich wäre. Strauss erzählt: „Unter der strengen Obhut meines Vaters wuchs ich bis zum 16. Jahre nur in klassischer Musik auf, und dieser Schule verdanke ich, daß mir bis heute die Liebe und Bewunderung für die klassischen Meister der Tonkunst ungetrübt verblieben ist.“ Und er gelangt dann unmittelbar zu seinen eigenen Erfahrungen mit Wagner, die auch die Erinnerungen an meinen Vater beschließen: „Nach dieser Erkenntnis [„den von mir im Partiturbild rein erschauten Intentionen des großen Meisters“] wurde ich […] ,Voll-Wagnerianer‘, und eine halbwegs meinen Wünschen entsprechende Aufführung des ,Lohengrin‘ (dessen Instrumentationswunder mich stets von neuem entzücken), des ,Tristan‘ oder eine mit den Wiener Philharmonikern ,improvisierte‘ ,Ring‘-Direktion sind mir heute noch die größte Freude. Wie Antäus von der Erde, so

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tauche ich neugestärkt aus dem Vollbade des Wagnerschen Orchesters wieder zum Leben empor.“53 Wagner war während der Kindheit und Jugend von Richard Strauss in München ebenso omnipräsent wie umstritten und wurde dabei mitunter nicht allzu ernst genommen. So veranstaltete etwa die Münchner Liedertafel Wagner-Parodien; im Februar 1876 war der Zwölfjährige jedenfalls dabei.54 An seine Kusine Julie Hörburger berichtet der noch nicht achtjährige Richard von einem seiner ersten Auftritte: „Auch Fastnachtssonntag durfte ich mit August, Georg und noch 6 kleinen Knaben Friedensboten beim Kinderfest im Odeon machen. Wir mußten 3 Lieder singen, wobei ich der Chorführer war, unsere Sache haben wir recht gut gemacht und wurden sehr applaudiert“ (15. Februar 1872).55 Die Mischung aus Bescheidenheit („recht gut gemacht“) und Stolz („sehr applaudiert“), die aus diesen Zeilen spricht, klingt zwar nach einer führenden elterlichen Hand; allerdings hat Strauss diese Haltung so perfekt eingeübt, dass er auch späterhin mit Leichtigkeit zu ebenso abgewogenen Mischungen fand. Der Bericht vom Kinderfasching im Odeon 1872, einer von drei ähnlichen Veranstaltungen im Jahr zuvor und danach56 mit dem Ausschnitt aus Wagners Rienzi, gehört zum festen Bestand der Lebenserzählung und eröffnet auch jenen Band von Briefen, der unter Mitwirkung von Richard Strauss’ Sohn Franz und Schwiegertochter Alice 1967 entstand, wobei der Herausgeber Franz Grasberger zwar gründlich arbeitete, aber zuweilen auf wissenschaftliche Korrektheit zu verzichten bereit war. Der Autor der ersten ausführlichen Strauss-Biographie, Max Steinitzer, sieht darin ein „Omen […], daß schon seine ersten Schritte in die Öffentlichkeit im Zeichen Wagners standen.“57 Sein Bruder Alfred Steinitzer berichtet von Richards späterem jugendlichen Anti-Wagnerianismus, den er beim regelmäßigen Zusammensein der Mittelschüler an den Tag legte: „Er wiederholte damals gern die auch von mir gehörte Prophezeiung: ‚In zehn Jahren weiß kein Mensch mehr, wer Wagner ist.‘ Einmal setzte er sich nach einer ­Philippika gegen den Meister an den Flügel und travestierte Isoldens Liebestod im dreiviertel Takt als Walzer.“58 Diese Schilderung legt von dreierlei Zeugnis ab: dass sich Richard Strauss Wagners Musik bereits als Gymnasiast so weit angeeignet hatte, dass er sie wiedergeben oder zumindest imitieren konnte; dass er damals schon jenen Hang zur Persiflage hatte, der später in den Vordergrund trat; und dass er bereits eine Affinität zu jener Tanzform besaß, die zu einem seiner Markenzeichen werden sollte.

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Wagner sollte – neben Mozart – das Zentralgestirn in Strauss’ musikalischem Kosmos werden und zeit seines Lebens auch bleiben, während er daranging, sich selbst als weiteren Fixstern zu installieren. Sobald sein Weltbild festgefügt war, blieb es ebenso starr wie das seines Vaters und war zumindest im letzten Vierteljahrhundert seines Lebens mindestens ebenso konservativ und „einer Belehrung unzugänglich“. Aber zunächst übernahm der Sohn die Urteile des Vaters unreflektiert, wie die Briefe an seinen Jugendfreund Ludwig Thuille belegen. Darin berichtet Richard Strauss von eigenen Kompositionen und reflektiert ansonsten vor allem Opern- und Konzertbesuche. Seine Urteile klingen dabei in der Regel äußerst selbstsicher und rigide und befassen sich ausführlich mit musikalischen Details, wobei insbesondere die Instrumentation häufig besondere Aufmerksamkeit erfährt. Seine Neigung zur Differenzierung von Orchesterfarben zeigt sich also sehr früh – auch in seinen Reflexionen über die Musik von Wagner, die er vorerst ausschließlich als grelle Karikaturen formuliert. So schreibt er im Mai oder Juni 1878 an Ludwig Thuille: „Neulich war ich also im Siegfried und sage Dir, gelangweilt habe ich mich wie ein Mops, ganz grauenhaft habe ich mich gelangweilt, so fürchterlich, daß ich Dir’s gar nicht sagen kann. Aber schön war’s, wunderschön, dieser Melodienreichtum, diese hohe Dramatik, diese feine Instrumentation und geistreich war’s eminent schön! Du wirst Dir denken, dem rappelt’s ich werde es gleich wieder gut machen und sage Dir es war scheußlich.“59 In diesen Jahren geht Strauss – zumindest in diesem Briefwechsel mit einem Gleichgesinnten, mit dem er allerdings nicht immer einer Meinung ist – durch eine nahezu dadaistische Phase. Im Mai 1879 schreibt er: „Guten Morgen! / Mir rappelts! / Guten Mittag! / Dir rappelts! / Guten Abend! / Uns beiden rappelts! / Gute Nacht! / Beißt Dich ein Floh! / Guten Morgen! / Mich nicht! // Unsinn. Sinn ist drin!!! / Jetzt glaub ich fast selbst, / daß mir rappelt!“60 Und seinen Brief an Thuille vom 28. Oktober 1878 leitet er mit Stabreimen ein: „Nach langem und sehnlichen, saueren Warten / hielt in Händen ich endlich die neid­liche Post; / ich wartete weiland auf Walhalls Zinnen /vor Sehnsucht verzehrte mich beinah der Rost […]“ und berichtet dann von seinem neuesten Wagner-Erlebnis: „Ich bin Wagnerianer geworden: ich war in der Walküre ich bin entzückt; ich begreife solche Menschen gar nicht, die sagen können, so ein Mozart sei schön […] wie schön sind diese Walküren, die wilden

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Töchter der Natur, in ihrem freien Zustande charakterisirt unter Blitzen und Donnern fahren die Hörner und Trompeten in die wilde Nacht ­hinein, die Geigen fahren in Wildheit durcheinander der Dirigent wirft vor Begeisterung den Taktstock einer der Walküren an den Kopf, daß diese in Ohnmacht niedersinkt, das ist herrlich, imposant, erhebend.“61 Unübersehbar notiert er nach diesem langen Abschnitt: „Ernst:“ und setzt dann mit einem Bericht über Beethovens Egmont-Ouvertüre fort. Michael Walter stellt in Bezug auf das erste der zitierten Schreiben fest, dass „es ihm wie auch später häufig in seinen Briefen nur unvollständig gelingt, die Ironie im zweiten Satz deutlich zu machen.“62 Das ist in der Tat insofern wahr, als sich noch manche seiner Biographen aus dem ausklingenden 20. Jahrhundert mit der Interpretation von Stellen wie dieser schwer tun. So meint Franzpeter Messmer: „Hin- und hergerissen war Richard. Wem sollte er glauben: dem Vater oder dem Komponisten? // Er konnte über etwas so Fremdes, Verrücktes nur mit bizarren, verrückten und spaßigen Worten sprechen; denn ernst durfte und konnte er diese Musik noch nicht nehmen, allzusehr stand hier die Autorität des Vaters dagegen.“63 Matthew Boyden meint sogar, das Bekenntnis, „Wagnerianer“ geworden zu sein, ernst nehmen zu dürfen.64 Allerdings macht der Briefwechsel mit Thuille klar, dass sich Strauss in diesen Jahren tatsächlich intensiv mit Wagner auseinandersetzt, indem er in seine Briefe auch hier wieder Notenbeispiele einsetzt, Tonarten analysiert, die Instrumentation verfolgt, die Dramaturgie schildert und die Handlung und Namen der Szenen kennt. Und eine Fähigkeit, die später all sein Kommunizieren prägen wird, erscheint bereits voll ausgebildet: Strauss vermag sich weitgehend in seinen Ansprechpartner hineinzuversetzen, denkt dessen Reaktionen mit und reagiert seinerseits wiederum darauf. Auch der Tonfall eines ironischen Als-Ob, der viele seiner Äußerungen so schwer deutbar macht (und sowohl für Verstimmungen bei seinen Briefpartnern als auch für Missverständnisse bei Publizisten sorgte), ist schon zur Gänze ausgeprägt. Hier scheint sich Strauss sogar buchstäblich in ein Rollenspiel zu versetzen, indem er ernst und ironisch Gemeintes nebeneinanderstellt und wie von verschiedenen Stimmen sagen lässt. Auch die Neigung zum flexiblen Wechseln von Positionen, anders ausgedrückt: zur Verstellung, lässt sich besonders, aber nicht nur in seinen Briefen ein Leben lang beobachten.

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Sein frühes ablehnendes Verhältnis zur Musik Wagners, das in Form der Briefe an Thuille durch den Kreis seiner Jugendfreunde an die ­Öffentlichkeit geraten sollte, war Strauss später unangenehm. So äußerte er am 17. Dezember 1944 gegenüber seinem Biographen Roland Tenschert „eine Bitte: können künftig die albernen Lausbubenurteile nicht wegbleiben, die ich, ohne die Wagnerschen Werke gekannt zu haben als Pennäler gegenüber Freund Thuille verübt habe. Woher haben Sie dieselben? Dieselben sind ein besonderes Lieblingsgericht der Herren Musikschriftsteller, werden mir immer wieder vorgerupft und ich glaube doch, durch meine letzten 7 Parsifal’s in Bayreuth [1933 und 1934] mir für alle Zeiten Absolution für diese blöden Jugendsünden erdirigiert zu haben.“ Und am 7. Februar 1945 legte er nochmals nach: „Nach wie vor wäre ich dankbar, wenn diese Gymnasiastenentgleisungen endlich aus der Musikgeschichte verschwänden. Man schämt sich nach 65 Jahren noch!“65 In diesen Zusammenhang ist die Erzählung in den Erinnerungen an meinen Vater einzuordnen, er habe als 17-Jähriger heimlich die Partitur von Tristan und Isolde studiert und sie gegenüber einem Schulkameraden erläutert.66 Dass Strauss kurz vor dem Niedergang des Dritten Reichs keine anderen Sorgen hatte, wird noch zu erörtern sein. In seiner von „Politik“ ganz unbeschwerten Kindheit und Jugend ­allerdings galt die gesamte musikalische Ausbildung, die von den Eltern überaus planvoll verfolgt wurde, den instrumentalen Grundlagen und dem klassischen Repertoire: Schon mit vier Jahren hatte er Klavierunterricht durch den Hoforchester-Harfenisten August Tombo erhalten, mit acht Jahren Violinunterricht bei Benno Walter, der dort Konzertmeister war, mit zwölf Jahren weiteren Klavierunterricht bei Friedrich Niest, dem Lehrer von Sophie Menter, deren Schwester Eugenie Menter wiederum als Benno Walters Kammermusikpartnerin fungierte. Eine reguläre institutionalisierte Ausbildung bekam Richard Strauss nie, doch war der ­engere und weitere Familienkreis ein Umfeld, in dem er sein Können kontinuierlich unter Beweis stellen konnte. Regelmäßig gab es häusliches Musizieren bei den Verwandten der Mutter, der Familie Pschorr, auch in Form von Kinder- und Hauskonzerten. Der junge Musiker war also seit früher Kindheit an öffentliche und halböffentliche Auftritte gewöhnt; und seine gesamte Erziehung zielte darauf ab, Richard und seine Talente in bestem Licht zu präsentieren. Dazu gehörte auch die systematische Unterweisung in Musiktheorie – d. h. in den Grundlagen der Komposi-

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tion – bei Friedrich Wilhelm Meyer ab 1875. Der Münchner Hofkapellmeister führte seinen Schützling, dessen erste Kompositionsversuche im Alter von sechs Jahren bereits in Liedern, Klavier- und Kammermusikwerken gemündet waren, allmählich zu größeren Formen. Dass er ihm zu Neujahr 1879 Johann Matthesons Der vollkommene Capellmeister schenkte67, mochte Symbolcharakter haben; am Ende der fünf Jahre dauernden Lehrzeit stand u. a. auch die erste Symphonie, mit der Richard den ersten großen Schritt an die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit einer Reihe anderer Maßnahmen versuchen konnte. „Nicht von hervorstechender Originalität“. Der Weg in die Öffentlichkeit

Auch wenn Strauss schon als Teenager ein gewisses Vertrauen in seine Fähigkeiten gehabt haben mag, verwundert der Ton des Selbstbewusstseins, das aus dem Brief spricht, den er am 8. Februar 1881 an den Verlag Breitkopf & Härtel in Leipzig schrieb, um ihm den (noch nicht uraufgeführten) Festmarsch Es-Dur anzubieten. Indem er auch seine Symphonie und das ebenfalls 1880 geschriebene Streichquartett bewirbt, fragt er nach den Druckkosten für seine Komposition und findet für sein Ansinnen und seine Motivation dafür klare Worte: „Ich wende mich nun an Sie mit der Bitte, den Festmarsch gütigst in Verlag zu nehmen, indem Ihr in jeder Beziehung in der Musikwelt berühmter Name doch großen Einfluß darauf hat, daß der Name eines jungen, strebsamen Musikers bekannt werde.“68 Auch wenn dieses Schreiben des noch nicht siebzehnjährigen Gymnasiasten noch die elterliche Hand verraten mag, formuliert es einen Anspruch, hinter den Strauss nicht mehr zurückfallen wird. Seinen Namen bekannt zu machen, ist für die folgenden Jahrzehnte sein erklärtes Ziel; und um Aufmerksamkeit zu erlangen, sind ihm gerade die prominentesten Partner willkommen. Insofern war der Verlag Breitkopf & Härtel, der den Festmarsch als Opus 1 tatsächlich publizierte, erste Wahl, erschienen doch dort u. a. Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Franz Liszt, Richard Wagner und Johannes Brahms. Die Widmung des Werks an Strauss’ Onkel Georg Pschorr war ein Akt der Dankbarkeit, hatte er doch die Druckkosten in Höhe von 282 Mark übernommen.69 Weitere frühe Werke ab dem Streichquartett und den

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Fünf Klavierstücken begannen ebenfalls 1881 beim Verlag Joseph Aibl von ­Eugen Spitzweg in München zu erscheinen, der die weitere Karriere des jungen Komponisten tatkräftig fördern sollte. Es ist unter diesen ­Umständen nicht völlig abwegig, wenn Hans Fischer-Hohenhausen in seinem 1924 veröffentlichten Tonkünstlerroman aus des Meisters Jugend bereits dem Gymnasiasten – der hier wenig schmeichelhaft als „dilettantischer Wunderknabe“70 beschrieben wird – die Erkenntnis zuspricht, „daß man nicht nur komponieren, sondern seine Werke auch gut verkaufen müsse, wenn man nicht in den Alltagssorgen eines Franz Schubert und anderer halbverhungerter Musikgrößen ersticken wolle.“71 Parallel dazu wurden Aufführungsmöglichkeiten gesucht und gefunden. 1875 hatte Franz Strauss die Leitung des 1864 gegründeten Laienorchesters „Wilde Gung’l“ übernommen, das nach den Unterhaltungs­ orchestern von Joseph ( József ) Gungl mit seinen Walzern, Polkas, Mazurkas und Märschen benannt war. Eine solche Kapelle hatte Gungl bis 1870 in München geleitet. Die Wilde Gung’l verband dieses Repertoire mit „ernster“ Musik, spielte zumeist in einer Konzerthälfte Tänze und Märsche und in der anderen etwa eine Symphonie. Es ist nahe­ liegend, dass Franz’ Engagement von vornherein auf künftige Aufführungsmöglichkeiten für Kompositionen seines Sohnes gerichtet war, der ­beständig neue Stücke schrieb und den erwähnten ersten Festmarsch ­Es-Dur für Orchester bereits 1876 fertiggestellt hatte. Uraufgeführt wurde das Opus 1 von der Wilden Gung’l in einer „Musikalischen ­Unterhaltung“ im Bürgerverein am 26. März 1881; über die Partitur schrieb die Allgemeine Musikalische Zeitung, das Stück sei „wirksam ­instrumentirt“ und falle „gut ins Gehör“, hielt sich ansonsten aber mit einem Urteil ­zurück: „Schlüsse auf das Talent des Verfassers lassen sich aus einem so kleinen Opus 1 nicht ziehen, bemerkt sei nur, dass besonders Eigen­thümliches nicht hervortritt, weder in der Erfindung, noch in der ­Orchestration.“72 Der Weg des jungen Komponisten in die musikalische Öffentlichkeit wirkt schon aufgrund der biographischen Daten im Nachhinein ausgesprochen planvoll und gezielt. Im Hintergrund muss diesbezüglich beharrlich gewerkt worden sein. Ein „Virtuosen-Concert“ des Cellisten und Hofmusikers Sigmund Bürger im großen Saal des Museums mit der ­königlichen Hofopernsängerin Cornelia Meysenheim, in dem wohl auch drei Lieder von Richard Strauss nach Texten von Emanuel Geibel urauf-

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geführt wurden, hat bereits am 28. März 1879 stattgefunden – und nicht, wie meist angegeben, erst knapp zwei Jahre später.73 Eine Annonce in den Münchner Neuesten Nachrichten kündigte den Abend am selben Tag an, die Allgemeine Musikalische Zeitung berichtete von „Richard Strauss, dem talentvollen Sohne unseres trefflichen Hornisten und Kammermusikers Franz Strauss“ und widmete seinen Stücken immerhin einen Satz: „Die Lieder sind im A ­ ccompagnement stellenweise überladen, bekunden jedoch Sinn und Gefühl für Melodie und Rhythmus.“74 In den folgenden beiden Jahren wurde auf mehreren Ebenen daran gearbeitet, den Namen des Komponisten bekannt zu machen. So entstand wenige Monate nach der Uraufführung einer Gavotte durch die Wilde Gung’l unter der Leitung von Franz Strauss im Mai 1880 eine erste Porträtzeichnung (von Else Demelius-Schenkl75), während Strauss gerade an seiner ersten Symphonie schrieb; und während im folgenden Jahr der Brief an Breitkopf abging, wurden für März bereits gleich drei öffentliche Konzerte mit Uraufführungen vorbereitet: neben dem Festmarsch außerdem jene des Streichquartetts mit dem Quartett von Strauss’ Geigenlehrer Benno Walter (14. März) sowie – als prominentestes Ereignis – im Abonnementkonzert der Musikalischen Akademie etwas mehr als zwei Wochen später die Uraufführung der Symphonie in d-Moll (30. März). Die örtliche Presse registrierte beide Veranstaltungen mit Wohlwollen: So schrieben die Münchner Neuesten Nachrichten am 20. März 1881 über die Uraufführung des Streichquartetts: „Die am Mittwoch von den H.H. Walter, Steiger, Thoms und Wihan gegebene erste Quartett-Soiree brachte als Novität ein Werk von Richard Strauß, einem noch jugendlichen, einheimischen Componisten. Dasselbe ist die Probe eines entschiedenen Talentes; natürliche Empfindung, Gewandtheit in der Beherrschung der Form zeichnen es aus. Im ersten und letzten Satz sind die Themen nicht von hervorstechender Originalität; sie bewegen sich in den Grenzen der Mozart-Haydn’schen Stylweise, während in den Durchführungsteilen sich Mendelssohn’sche Einflüsse geltend machen. Nicht bloß reproducirt, sondern von eigenthümlicher Physiognomie ist das sehr frisch erfundene Scherzo und die Melodien des Andantes sind von warmer Empfindung beseelt. Reicher Beifall folgte den einzelnen Sätzen und am Schlusse wurde der junge Künstler zweimal stürmisch gerufen.“ Der (namentlich nicht genannte) Kritiker Oskar Merz versuchte sich also darin, dem jungen Künstler größtmögliche Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, indem

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er zwar einerseits „Einflüsse“ benennt, andererseits nach „Originalität“ und „Eigenthümlichkeit“ sucht – und dem Werk hohe Qualität bescheinigt. Auch bei seiner Rezension der Symphonie legte er denselben Maßstab an und kam zu einem ähnlichen Ergebnis, das die Münchner Neuesten Nachrichten am 3. April 1881 publizierten: „Wir haben bereits bei Gelegenheit der Aufführung seines Streichquartetts auf die bedeutende Begabung des noch in so jugendlichem Alter stehenden Componisten aufmerksam gemacht; auch die Symphonie zeigt eine sehr bedeutende Gewandtheit in der Handhabung der Form und dabei entschiedenes Geschick in der Orchestration. Auf eigentliche Originalität kann dieses Werk allerdings noch keinen Anspruch machen. Es zeigt aber in allen Theilen eine mit großer Leichtigkeit reproducierende musikalische Phantasiethätigkeit. Nach dem Schluß ertönte der lebhafteste Beifall und wurde dem Componisten die Ehre dreimaligen Hervorrufes zu Theil.“ Die Urteile über Strauss’ Musik zwischen 1880 und 1887 ähneln sich. Wenn er auch aufgrund seines Alters und wegen seiner technischen ­Fähigkeiten Aufsehen erregte, so vermitteln die Zeugnisse seines engeren Umfeldes ein Bild seiner Persönlichkeit, das sich schon in diesen Jahren durch innere Distanz, ja Unbeteiligtheit auszeichnet. Seine Schwester ­Johanna erinnerte sich etwa in späteren Jahren an die Uraufführung der Symphonie, dass „Richard ganz ruhig blieb und gar keine Vorbereitungen traf.“76 Und sein Biograph Max Steinitzer berichtete aus seiner persön­ lichen Erfahrung nach diesem Konzert, nicht ohne daraus Schlüsse für den späteren Strauss zu ziehen: „Strauß’ Mitschüler am Gymnasium wunderten sich, daß man ihm hernach in der Klasse so gar nichts Besonderes anmerkte; Strauß war eben schon damals der absolut sachliche Charakter, der er geblieben ist. Er konnte sich nach dem Erfolg so durchaus ungezwungen geben, weil es seinem Empfinden so entsprach; im Geist war er schon längst bei der folgenden Arbeit. Man denke sich den Gegensatz: gestern vor 1800 Personen herausgejubelt und von dem ­dirigierenden Generalmusikdirektor [Hermann Levi] selbst mit Beifallklatschen öffentlich ausgezeichnet, – und heute in der Schulbank stehend, vielleicht in dem zu Atomen vernichtenden Ton der meisten damaligen Münchner ­Gymnasialherrscher etwa auf die ungeheure Wichtigkeit des versus pseudo­epikataprozeleusmaticus gestoßen.“77 Während seiner Schulzeit hatte sich der junge Mann bei jeder Gelegenheit produziert, bei Familienkonzerten und Schulfesten konzertiert.

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Nach dem Abitur im Sommer 1882 durfte er mit seinem Vater und dem Münchner Hoforchester nach Bayreuth fahren, wo Parsifal uraufgeführt wurde und Richard eine spätere Aufführung besuchte, ohne jedoch Meister Wagner zu begegnen, der im folgenden Jahr starb. Obwohl das Berufsziel Musiker längst feststand, begann er im November ein Studium an der Münchner Universität, hörte aber nur einzelne Vorlesungen über Philosophie, Ästhetik, Kulturgeschichte, Shakespeare und Schopenhauer. Schon im Dezember reiste er gemeinsam mit Eugenie Menter und Benno Walter nach Wien, um auf Tuchfühlung mit wichtigen Persönlichkeiten zu gehen und eine weitere Uraufführung zu absolvieren. An den Vater berichtete er am 4. Dezember 1882 von einem Besuch beim Dirigenten Hans Richter und seinen Versuchen, mit den prominentesten Musikkritikern Kontakt aufzunehmen: Ludwig Speidel und Eduard Hanslick von der Neuen Freien Presse habe er nicht zu Hause angetroffen, Max Kalbeck sei hingegen „sehr liebenswürdig“ gewesen, „und ich hoffe von ihm eine gute Kritik in der Wiener Allgemeinen Zeitung!“78 (Die Mahnung, die Franz Strauss gegenüber seinem Sohn drei Jahre später in seinem Brief vom 3. Oktober 1885 aussprach, dürfte er vorher bereits mündlich deponiert haben, wusste er doch um die Bedeutung der Presse und die Notwendigkeit, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen: „Versäume nicht, die notwendigen Besuche zu machen, bei den Damen sowie den Referenten der Zeitungen.“79) Über die Uraufführung im Bösendorfersaal am 5. Dezember berichtete Hanslick in einer Sammelbesprechung in der Neuen Freien Presse vom 12. Dezember 1882 freundlich, aber ohne auch nur irgendwie auf das Stück einzugehen: „Das Violinconcert von Richard Strauß, welches Herr Walter (vom Componisten am Clavier accompagniert) mit großem Beifall vortrug, verräth ein nicht gewöhnliches Talent.“ Kalbeck, wie Hanslick ein enger Freund von Brahms und Autor einer großen Brahms-Biographie (1904–1914), sorgte währenddessen für eine Ankündigung des Konzerts in der Wiener Allgemeinen Zeitung, ließ aber deutlich weniger Wohlwollen erkennen. Zwar sah er in der Ausgabe desselben Blatts vom 13. Dezember 1882 gleichfalls ein „junges und vielversprechendes Compositionstalent“, doch sei dasselbe „noch zu tief in seiner geistigen Entwicklung befangen […], um deren Ziel und Ende klar erkennen zu können“. Indem er etwa meinte, dass „leere Stellen und dürftig ausgefüllte Lücken zeigen, daß das äußere Können des Componisten weiter fortgeschritten ist als seine innere Erfahrung“, reihte er sich in den

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Tenor der bisherigen Münchner Einschätzungen ein, die Strauss’ Mängel hervorhoben, ohne aber seine Fähigkeiten zu verleugnen. Indessen trugen die Bestrebungen, weitere Aufführungsmöglichkeiten zu schaffen, Früchte: Schon am 27. November 1882 hatte Franz Wüllner die Serenade für 13 Blasinstrumente in Dresden uraufgeführt, im Februar 1883 wurde das Violinkonzert von Strauss und Walter in München vorgestellt, im März unter anderem das Hornkonzert erstmals gespielt – und am 28. November 1883 in prominentem Rahmen, nämlich im Abonnementkonzert der Musikalischen Akademie im Odeonssaal, ein weiteres ­Orchesterwerk, das in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 30. November 1883 Anklang fand: „Eine zum ersten Male gespielte Konzert-Ouverture in C-moll von Richard Strauß bot einen neuen Beweis der Frische des Talentes dieses jungen Komponisten. Offenbar durch das Vorbild der Coriolan-Ouverture beeinflußt, fesselt dieses Werk durch feurige vordringende Energie und wußte der Tonsetzer das Hauptthema durch den Wechsel zwei- und dreitheiliger Rhythmen interessant zu gestalten. Das formell gut gebaute (nur der kurze Fugensatz erscheint unmotiviert) und sehr wirksame, wenn auch manchmal überkräftig ­instrumentierte Werk wurde mit warmer Teilnahme aufgenommen.“ Zunächst in München ist der junge Komponist ins Gespräch gekommen, wie ein fiktiver Dialog unter dem Titel „Was man eben in Konzertpausen plaudert“ zeigt, den die Bayerische Landeszeitung im Jänner 1884 mit folgendem Wortwechsel wiedergab: „Meines Wissens befindet sich der junge Richard Strauss zur Zeit in Berlin. – Gewiß! Gewiß! Ein ganz entschiedenes Talent. Natürlich muß sich der Most erst abklären, aber das Zeug ist da. Seine letzte Konzertouvertüre zeugte von ganz entschiedenem Fortschritt.“80 Im Winter 1883/84 und im folgenden Frühjahr machte Strauss also in Berlin Station und knüpfte sein Netzwerk weiter: beim Generalintendanten der Königlichen Schauspiele, Georg Graf von Hülsen-Haeseler, sowie beim Konzertagenten Hermann Wolff, der sowohl die Berliner Philharmonischen Konzerte veranstaltete als auch die Geschäfte Hans von Bülows betreute. Von beiden erhielt er Freikarten für die Zeit seines Aufenthalts, den er unter anderem auch für das Knüpfen von Kontakten zum Verleger Hugo Bock und zum Eigentümer und Schriftleiter der Allgemeinen deutschen Musik-Zeitung (ab 1885: Allgemeine Musik-Zeitung), Otto Lessmann, auf dessen Unterstützung er in den nächsten Jahren rechnen konnte, nützte. Haarklein berichtet Strauss

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seinen Eltern über seine Kontaktaufnahmen, auch zu den anderen Kritikern der Stadt. Er erwähnt etwa, dass in Lessmanns Zeitschrift, die er wohl auch als Konzession an Franz Strauss despektierlich „Wagnerblatt“ nennt, „neulich eine ganz günstige Rezension meiner Cellosonate und Violinkonzert war“ (an die Eltern, 6. Jänner 1884) und dass ihm der Komponist und Publizist „wirklich außerordentlich liebenswürdig und aufrichtig liebenswürdig“ begegnet sei (an die Mutter, 7. Februar 1884), schließlich, am Ende seines Aufenthalts: „Auch Leßmann sagte, ich könne jetzt ­Honorar beanspruchen mit meinen Erfolgen“ (an den Vater, 26. März 1884).81 Die Erfolge – das waren eine Reihe von Terminen in Berlin, am bedeutendsten dabei ein Konzert der Königlichen Hofkapelle mit der c-Moll-Ouvertüre im März, aber auch Aufführungen in anderen Städten, etwa der Serenade auf der Tournee der Meininger Hofkapelle mit Hans von Bülow u. a. in Nürnberg im Jänner, wo der Cellist Hanuš (Hans) ­Wihan schon im Dezember die Sonate für Violoncello und Klavier gespielt hatte. Strauss hörte seinerseits währenddessen nicht nur bei jeder Gelegenheit Aufführungen – etwa von Brahms –, sondern warf sich auch ins gesellschaftliche Geschehen, hörte und spielte Kammermusik und eigene Werke als Pianist, ging auf Bälle oder verkleidete sich bereitwillig auf einem der beliebten Künstlerfeste. In Berlin gibt er „einen Friedensengel in griechischem Gewande, der als Pendant zum griechischen Kriegsgotte auf einem Postament vor dem Bilde Anton von Werners stand“ (an den Vater, 24. Februar 1884). Auch in späteren Jahren wird er sich an solchen Anlässen beteiligen, wenn er etwa in Weimar „als bonbonverkaufender Neger großes Aufsehen erregt“ (an die Eltern, 16. Dezember 1889) oder sich auf ein Spiel mit seinem Namen einlässt: „Heute abend Künstlerfest, wo ich als Vogel Strauß verkleidet sein werde und Eier legen mit Autogrammen!“ (an die Eltern, 1. März 1892).82 Selbst an solchen Äußerlichkeiten ließe sich seine rasante Karriere während weniger als eines Jahrzehntes nachvollziehen. Der Künstler selbst registriert die Fortschritte seiner Laufbahn schon während seines ersten Aufenthalts in Berlin genau. Als die Meininger Hofkapelle unter Bülow am 27. Februar 1884 in Berlin gastiert und Franz Mannstädt die Serenade leitet, berichtet Strauss dem Vater über die Aufführung und zeigt sich informiert über erschienene, aber ebenso über erst geplante Rezensionen: „Die Kritiken sind ganz gut, die beste ist die in der ‚Vossischen [Zeitung]‘, die ich aber von Engel noch nicht habe. Morgen

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kommt die im ‚[Berliner] Tagblatt‘ [richtig: Tageblatt] von H. Ehrlich“ (an den Vater, 29. Februar 1884). Und ohne Kommentar, aber mit Ironie vermerkt er seine stilistische Einordnung durch eine andere Berliner Zeitung: „Eben las ich im ‚Börsencourier‘, daß ich der klassischen Richtung angehöre“ (an den Vater, 11. Februar 1884).83 Die Einschätzung, dass der junge Strauss in die „klassische Schule“ gehöre, war für die Zeitgenossen naheliegend, hatte er sich doch deutlich hörbar an Haydn, Mozart und Beethoven orientiert, dann an den frühen Schumann, Mendelssohn und schrittweise auch Brahms angenähert. Hans von Bülow ordnete ihn gegenüber dem Wiener Konzertveranstalter Albert Gutmann mit genau diesen Worten ein84, was der wichtigste und einflussreichste Mentor des jungen Strauss zweifellos als Kompliment verstand. Bülow, der als Pianist ebenso prägend gewirkt hatte wie als Dirigent und als Hofkapellmeister in München 1868 die Meistersinger uraufgeführt hatte, sollte entscheidende Weichenstellungen in Strauss’ Karriere vornehmen und für dessen künstlerisches Weltbild ebenso nachhaltige Folgen haben, wie sich wohl sein Hang zu Sarkasmus und Ironie auf seinen Schützling ausgewirkt hat. Als enger Freund des Verlegers Eugen Spitzweg hatte sich Bülow in einem Brief vom 22. Oktober 1881 abschlägig über die Fünf Klavierstücke geäußert: „Clavierstücke von R. Str[auß] haben mir gründlichst mißfallen – unreif und altklug. Lachner ist ein Chopin an Phantasie dagegen. Vermisse alle Jugend in der Erfindung. Kein Genie nach meiner innigsten Überzeugung, sondern höchstens ein Talent, wo 60 auf ’s Schock gehen. Ich dränge diese Ansicht Niemandem auf, beantworte nur Deine Frage.“85 Dieses Urteil wird häufig mit Bülows Abneigung gegenüber Franz Strauss in Verbindung gebracht, der gegen den Münchner Hofkapellmeister ebenso opponiert hatte wie gegen Richard Wagner. Richard Strauss hat dieses Verhältnis später u. a. in den Erinnerungen an Hans von Bülow (1909) geschildert und auch dabei einen anekdotischen Grundstein für die meisten Biographien gelegt.86 Von 1884 an begann Bülow damit, das „Talent“ entschlossen zu fördern, ohne es ihm zugleich in allen Dingen leicht zu machen. Als Strauss damit begann, von Spitzweg Honorare zu fordern, empfahl Bülow seinem alten Freund: „An Deiner Stelle würde ich ‚Johann Wagner‘ [Richard Strauß] in mein sanctuarium eintreten lassen und ihm nichts zu wünschen übrig lassende Einsicht eröffnen über seinen bisherigen Martkwerth. Soll – Haben. So und so viel hat mich die Herstellung

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Ihrer von mir verlegten Werke bis dato gekostet: so und so viel haben selbige bis dato eingebracht. […] Ich erwarte aber von Ihrer Ehrenhaftigkeit, daß Sie später, wenn Sie als Komponist einmal populär, Verleger-umworben geworden sein werden – sagen wir so um 1889 – sich Ihres ersten Verlegers freundlich entsinnen mögen und ein wenig ‚revanchieren‘“ ­(Bülow an Spitzweg, 16. Juli 1884).87 Diesem Rat entsprechend schrieb Spitzweg am 22. Juli 1884 unter Anspielung auf seine Konkurrenten, die Verlagshäuser Breitkopf & Härtel und Bote & Bock, ohne dass er unbedingt wissen musste, dass Strauss mit Letzterem in Berlin bereits in Verhandlung stand: „Der schäbige Verleger kann leider im Hinblick auf die bisher mit Ihren Werken gemachten materiellen Erfolge ein Honorar für Ihr Hornconcert nicht leisten. Da ich aber will, daß er der Erste sei, der Ihnen Honorar bezahlt, so habe ich ihm die von Ihnen beanspruchte Summe zur Verfügung gestellt und ihn beauftragt, so zu tun, als ob er sie gäbe – er wird nun Ihrerseits prätendieren, daß Sie, wenn Sie einmal verlegerumworben, sich daran erinnern werden, daß er nicht dick und breitköpfig und auch nicht bockbeinig war.“88 Abgesehen davon, dass Bülows Prognose, ab wann der Komponist durchschlagenden Erfolg und entscheidend gestiegenen Marktwert verbuchen konnte, gerade prophetischen Charakter hatte – „so um 1889“ erwies sich als ziemlich präzise Annahme –, war der Mentor ein gewiefter Taktiker, dessen Tricks sich Strauss womöglich zum Vorbild nehmen konnte. Schon bald sollte er ebenso strategisch denken und dies mit ­eigensinnigen Einfällen verbinden. Vorerst war er allerdings seinerseits ­Bülows Launen ausgesetzt, der die Idee hatte, seinen Schützling bei ­einem Münchner Konzert der Meininger Hofkapelle im Odeon die Uraufführung seiner Suite für 13 Blasinstrumente dirigieren zu lassen, ohne je zuvor am Pult gestanden zu sein (sieht man von Kindheitserfahrungen einmal ab). „Proben gibt’s nicht, dazu hat das Orchester auf der Reise keine Zeit“, habe Bülow erklärt, und nach der Aufführung habe er Franz Strauss, der ihm seinen Dank aussprechen wollte, entgegengeschmettert: „Sie haben mir gar nichts zu danken, […] ich habe nicht vergessen, was Sie seinerzeit hier alles mir angetan haben, hier in diesem verdammten München. Was ich heute tat, habe ich getan, weil Ihr Sohn Talent hat, nicht für Sie.“89 Wie sehr diese ein Vierteljahrhundert nach den Ereignissen festgehaltenen Erinnerungen allerdings von Richard Strauss gefärbt sind, muss offenbleiben.

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„Zum Zukunftsmusiker gestempelt“. Musik als Ausdruck und Programm

Nach dem nachmals legendären Münchner „Debüt“ von Richard Strauss als Dirigent (eine Pressestimme, aus der Wohlwollen, aber nicht un­ bedingt Begeisterung spricht, hat dazu vermerkt: „Sollte er aber kein berühmter Komponist werden, so wird er sich zweifellos zu einem treff­ lichen Kapellmeister heranbilden.“90) nahm Bülows Förderung konkretere Formen an: Im März 1885 dirigierte er die Uraufführung des ersten Hornkonzerts in Meiningen; und bald darauf leitete er eine dortige Stellung für seinen Schützling in die Wege, wobei er auch hier wieder äußerst strategisch vorging. Denn im Juni regte er an, dass Strauss die Tochter des Herzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen, Prinzessin Marie, für sich einnehmen und zu diesem Zweck nach Frankfurt kommen solle: „[E]s wäre ganz zweckentsprechend, wenn Sie durch mich bei diesem Anlasse ihre Bekanntschaft, resp. ihre musikalische Eroberung machten. Ihre Stimme fällt ins Gewicht“, schreibt Bülow am 3. Juni 1885 an Strauss91, der die Gelegenheit beim Schopf packt und sowohl Bülows Klavierkurs im Raff-Konservatorium besucht als auch mit der Prinzessin zusammentrifft. Ob es in diesem Zusammenhang ein bloßer Zufall ist, dass sich die größte Musikalienhandlung Frankfurts sämtliche bislang gedruckten Kompositionen Strauss’ besorgt und sie ausstellt?92 Jedenfalls wird er, nachdem Bülow die Sache auch nochmals beim Herzog vorangetrieben hat, noch im Juli zum Herzoglichen Hofmusikdirektor in Meiningen ernannt und tritt die Stelle im Oktober an. Franz Strauss schreibt seinem Sohn dorthin am 3. Oktober 1885 „als wütendem Brahmsianer“93, der Richard inzwischen – und vorübergehend – geworden ist. In den Erinnerungen an meine Jugend- und Lehrjahre sollte er dies als „Brahmsschwärmerei“ abtun94, und mit dem Abstand von sechs Jahrzehnten wird er seinen Biographen Roland Tenschert bitten: „Auch die Meininger Episode Brahms (unter Bülows Einfluß) dürfte etwas vorübergehender gestreift werden […]“.95 Für den jungen Strauss scheint die Begeisterung aber echt zu sein. Denn Johannes Brahms ist für Bülow – trotz und neben dessen Engagement für Richard Wagner – der musikalische Hausgott, was auch auf seinen Günstling abfärbt. Laut einer Postkarte des Hornisten Gustav Leinhos, der Brahms die Partitur der Bläsersuite zur Ansicht gegeben hatte,

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„sprach er sich mit hoher Achtung über Ihre Arbeit aus, wenn immer er den melodischen Quell, der in Ihren Jahren übersprudeln müsse, vermißte“ (21. November 1884).96 Zumindest vorübergehend orientiert sich Strauss denn auch an den Werken von Brahms, was auch den regionalen Kritikern nicht verborgen bleibt. Über die Uraufführung des Fest­ marsches D-Dur in München am 5. Jänner 1885 durch die Wilde Gung’l, in der Strauss vorübergehend mitwirkt, schreibt die Bayerische Landeszeitung: „Die Musikrichtung, welcher der junge Komponist in diesem Festmarsche huldigt, sagt uns nicht zu, er scheint nicht übel Lust haben, in Brahms’sches Fahrwasser zu lenken, aber sei dem wie ihm wolle, durch und durch tüchtig gearbeitet ist dieser Marsch und legt mithin neuerdings den Beweis ab für die hohe Begabung und das tüchtige Studium des Komponisten.“97 In Meiningen wird sich Strauss begeistert zeigen: „Welche Festtage ich durch die Anwesenheit von Brahms hier erlebt habe, können Sie sich wohl denken, die neue [vierte] Sinfonie ist eines der großartigsten Erzeugnisse auf dem Gebiet der Instrumentalmusik, sie steht den übrigen 3 Sinfonien nicht im mindesten nach, ist vollständig neu u. originell, u. doch von Anfang bis zum Ende echter Brahms“ (an Franz Wüllner, 31. Oktober 1885).98 Strauss selbst hatte sich da bereits dem Meininger Publikum und unter Brahms’ Anwesenheit als Komponist, Dirigent und Pianist vorgestellt – mit Mozarts c-Moll-Klavierkonzert (und eigenen Kadenzen) sowie der zweiten Symphonie f-Moll, die im Abonnementkonzert der Hofkapelle am 18. Oktober neben Beethovens Coriolan-Ouvertüre auf dem Programm standen. Strauss dirigierte Strauss, Bülow die beiden Klassiker. Und begeistert schrieb Letzterer daraufhin an den Berliner Konzertveranstalter Hermann Wolff: „Strauß ‚homme d’or‘. Sinfonie famos. Sein Spieler- wie Dirigentendebüt geradezu verblüffend. Wenn er Lust hat, so kann er mit S. H. Genehmigung mein sofortiger Nachfolger werden. Dies einstweilen unter uns“ (20. Oktober 1885).99 Bülows Entschluss, Meiningen zu verlassen, muss da schon festgestanden sein, denn Ende November reichte er seine Entlassung ein und machte Strauss ab 1. Dezember zu seinem Nachfolger als alleiniger Leiter der Kapelle – ein Amt, das er nach Bülows Weggang für weniger als ein halbes Jahr übernehmen sollte. Denn längst hatte die Kunde von seiner Sonderbegabung weite Kreise gezogen. Schon Ende 1884 war ein Coup gelungen, der bereits zeigte,

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dass schon früh internationale Aufmerksamkeit angestrebt wurde. Theodore (Theodor) Thomas, der Leiter der New York Philharmonic Society, hatte Franz Strauss in München besucht, der ihm die Partitur der f-MollSymphonie ans Herz legte und damit erreichte, dass sie am 13. Dezember 1884 in New York bei einem Konzert der Philharmonischen Gesellschaft uraufgeführt wurde.100 Schon genau einen Monat später, am 13. Jänner 1885, führte sie Franz Wüllner bei den Gürzenichkonzerten in Köln auf (am 23. Februar 1885 erinnert sich Strauss gegenüber dem Dirigenten an den „Kölner Erfolg, der wohl der schönste und bedeutendste war, den ich bis jetzt aufzuweisen habe“101). Franz Wüllner, wie Bülow mit Wagner und München verbunden – er hatte u. a. die Uraufführungen von Das Rheingold und Die Walküre geleitet –, war es auch, dem Strauss einen Preis des Berliner Tonkünstlervereins für sein c-Moll-Klavierquartett verdankte, das er am 8. Dezember 1885 in Weimar uraufführte. Wenige Tage zuvor, am 25. November, hatte er in München im Abonnementkonzert der Musikalischen Akademie die f-Moll-Symphonie dirigiert – und daraufhin das Angebot erhalten, als Dritter Kapellmeister nach München zurückzukehren. Nachdem Bülow nicht mehr in Meiningen weilte, war es naheliegend, die Stelle anzunehmen. Doch fühlte sich der Kandidat seinem Mentor verpflichtet und fragte ihn am 19. Dezember 1885 brieflich, wie er sich verhalten solle. Dieser antwortete aus St. Petersburg postwendend und vermutete zwar „Patriotismus und Familienheimweh“, empfahl jedoch, in Meiningen zu bleiben, falls die dortige Kapelle „in der gegenwärtigen Stärke 49 Mann“ erhalten bleibe. Sein Schreiben enthielt auch eine taktische Unterweisung: „Sie gehören zu den Ausnahmemusikern, die nicht von der Pike auf zu dienen nötig haben, die das Zeug ­haben, sofort einen höheren kommandierenden Posten zu bekleiden. […] Jedenfalls werden Sie höher ­taxiert, wenn Sie nicht gleich Ja sagen, sondern sich bitten lassen, bei welchem Anlaß Sie sich z. B. unkünstlerische Arbeiten verbitten“ (Bülow an Strauss, 23. Dezember 1885). Dass er Bülow um seinen Rat fragte, ­bezeichnete Strauss gegenüber dem Vater allerdings nur als „eine notwendige Pflicht der Höflichkeit und Dankbarkeit für meinen verehrten Meister“ (an Franz Strauss, 20. Dezember 1885).102 Dennoch folgte er (zunächst) dem Rat seines Mentors, hielt sich beide Optionen offen und sagte für München erst zu, nachdem die Reduktion des Meininger ­Orchesters beschlossen war. Zwar schien Strauss bereits entschlossen zu sein, nach München zurückzukehren, handelte aber

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u­ nentschlossen und gab seinen verschiedenen Ansprechpartnern widersprüchliche Signale – eine Taktik, die er später soweit kultivieren sollte, dass seine Absichten oft bis zur völligen Ungreifbarkeit verschleiert ­wurden. Besonders im Briefwechsel mit den Eltern, der bereits 1954 unter mancher Auslassung herausgegeben wurde, entwickelt Strauss die Fähigkeit, seinem Gegenüber nach dem Mund zu schreiben, wenn er versucht, vor allem seine Erfolge zu präsentieren. So schreibt er an Franz Strauss am 26. Dezember 1885 nach der Berliner Erstaufführung der f-Moll-Symphonie: „[M]eine Sinfonie hat in Berlin gefallen. ,Post‘, das ,Tageblatt‘, H. Ehrlich, sehr günstig, bis jetzt fünf ausgezeichnete Kritiken, die alle darin übereinstimmen, daß sie die Sinfonie für eines der bedeutendsten sinfonischen Werke der letzten zehn Jahre halten“, um wenige Tage später, am 6. Jänner 1886, zu behaupten, dass „ich auf Kritiken gar nichts gebe“.103 Franz registriert die Reaktionen genau und zieht daraus seine eigenen Schlüsse: „Deine Sinfonie hat, wie ich hauptsächlich durch Leßmanns Zeitung ersah, in Berlin beim Publikum kein Glück gehabt, dafür aber mehr bei den Kritikern, welche Dir, mit einer einzigen Ausnahme sehr günstig waren. Die Leßmannsche habe ich schon gekannt, Levi hat mich die Zeitung lesen lassen. Vieles aus Kritiken ist mir aus dem Herzen geschrieben. Der Wunsch, Dich nun auch in Dur-Tonarten zu versuchen. Haushälterischer mit dem Blech zu verfahren. Den melodischen Teil etwas mehr vorherrschen zu lassen. – Auch in der Börsenzeitungskritik sind Wahrheiten, welche Du Dir beherzigen darfst, der Kritiker ist zwar Dir sehr gehässig, aber an Aussprüchen seiner Feinde erfährt man am ehesten seine Schwächen. Also, lieber Richard, sei vernünftig, höre auf den Rat auch anderer, und grüble nicht zuviel, denn alles Übermaß ist von Übel. Das wahre Große liegt nur in der Klarheit und Einfachheit ...“ (von Franz Strauss, 9. Jänner 1886). Richard hingegen beharrt auf seiner Position und zeigt deutlich seine erstaunliche Fähigkeit, Fakten je nach Interessenslage so oder so zu deuten. Was Rezensionen betrifft, ist er in der Lage, sowohl Zustimmung als auch Ablehnung als Bestätigung zu verbuchen. Später wird er mit seinem weitergewachsenen Selbstbewusstsein diese Flexibilität weiter ausbauen (und in seinen letzten Lebensjahrzehnten mitunter den Bezug zur Realität gänzlich verlieren). Kurze Zeit nach seiner Freude über den Zuspruch kehrt er diese Meinung – halb ironisch, halb gleichgültig – in ihr Gegenteil um: „Dein Sohn wird um das große

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Glück, das er bis jetzt noch immer gehabt hat, beneidet, bekommt sogar schon schlechte Rezensionen über Sinfonien (das erste Zeichen von Berühmtheit), was willst du mehr?“ (an Franz Strauss, 26. Februar 1886).104 Franz formuliert in den Briefen an seinen Sohn mehrmals sein künstlerisches Credo. Bereits nach Berlin hat er ihm geschrieben: „In der Kunst aber ist Wahrheit die Hauptbedingung. Es gibt keine Kunst die nicht auf tiefer, innerer Wahrheit beruht. Man kann durch äußere Reizmittel aufregen, aber nicht innerlich beseligen. In der Kunst ist die Empfindungswelt der erste Faktor, das kritische Element muß, wenn es wahre Kunst sein soll, in zweite Reihe treten“ (8. März 1884). Nach Meiningen schickt er eine Mahnung in Bezug auf den Dirigierstil seines Sohnes: „Lieber ­Richard, das mußt Du Dir abgewöhnen, es ist unschön beim Dirigieren solche Schlangenbewegungen zu machen, und namentlich bei einem so langen Menschen wie Du einer bist. […] Das Feuer zum Dirigieren liegt ganz wo anders. Derlei Dinge reizen den Zuhörer zum Lachen, und beeinträchtigen sehr bedeutend den guten Eindruck des Werkes. Die linke Hand hat beim Dirigieren gar nichts zu tun, als die Blätter der Partitur umzuwenden, und wenn keine auf dem Pulte liegt, sich ruhig zu verhalten. Das Aneifern der Ausführenden durch den Dirigenten liegt in der Handhabung des Taktstockes, und im Auge ... Ich bitte dich daher, lieber Richard, folge meinem Rat und gewöhne Dir das Faxenmachen ab. Du brauchst es nicht. Also folge meinem Rat, es meint ja doch Niemand es aufrichtiger als Dein Vater.“ Und dem selben Schreiben fügt er eine weitere Ermahnung hinzu: „Es war mir ein großer Kummer, daß Du in allen Deinen neueren Sachen mehr auf kontrapunktische Künstelei sahst, als auf die natürliche, gesunde Erfindung und Ausführung. Das Handwerk darf nicht gefühlt werden. Und wo es vorherrscht, ist es ja nur Handwerk und dann keine Kunst mehr“ (von Franz Strauss, 26. Oktober 1885).105 In einer autobiographischen Skizze, die Strauss in den Jahren 1897 und 1898 für seinen Verleger Spitzweg verfasste, notierte er zwar, er sei von „Bülow zum Dirigenten in seinem u. Wagners Sinne erzogen“ worden, gab allerdings auch einer weiteren Persönlichkeit Raum, die nach seiner eigenen Darstellung eine der prägendsten seiner Biographie geworden war und die er ebenfalls in Meiningen traf. In dem tabellarischen Lebenslauf nimmt folgender Abschnitt im Zeitraum von 1885 sogar den größten Platz ein: „Bekanntschaft mit Alexander Ritter, der mich, bis dahin streng classisch Erzogenen, nur mit Haydn, Mozart, Beethoven Aufge-

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wachsenen, soeben erst durch Mendelsohn [sic] über Chopin, Schumann bei Brahms angelangten, durch langjährige liebevollste Bemühungen u. Belehrungen endgiltig zum Zukunftsmusiker gestempelt hat, indem er mir die kunstgeschichtliche Bedeutung der Werke u. Schriften Wagners u. Liszts erschlossen. Ihm danke ich allein das Verständniß dieser beiden Meister, er hat mich auf den Weg gewiesen, den ich nun selbstständig zu gehen im Stande bin. Er hat mich in die Lehre Schopenhauers eingeführt.“106 An anderer Stelle wurde Strauss über Ritter wie folgt zitiert: „Sein Einfluss hatte etwas Sturmwindartiges. Er drängte mich dazu, das Ausdrucksvolle, Poetische in der Musik zu entwickeln nach den Beispielen, die uns Berlioz, Liszt, Wagner gegeben haben.“107 Diese Darstellung über seinen wichtigsten künstlerischen Wegbegleiter der nächsten Jahre, die er noch oft in Varianten wiederholen wird, bleibt Strauss’ gesamtes Leben lang sinngemäß dieselbe. Und nicht nur die Hinwendung zur neudeutschen Schule von Liszt und Wagner, sondern auch die Ablehnung von Brahms sollte er von Ritter übernehmen – einschließlich einer polaren Entgegensetzung der beiden Richtungen, die am Ende des 19. Jahrhunderts ansonsten bereits überwunden werden konnte, wie dies etwa nicht zuletzt Bülow gelang. Ritter soll etwa geäußert haben: „Brahms muß man eben so lang studieren, bis man merkt, daß nichts dahinter ist“.108 Ritter war ehemaliger Kapellmeister und mäßig erfolgreicher Komponist, der als Geiger in der Meininger Hofkapelle sein Dasein fristete, sich zu Höherem berufen fühlte – und sich dem jungen Kollegen ebenso aufopfernd widmete, wie er den Drang verspürt haben muss, ihn zu formen, um in Strauss all das zu verwirklichen, was er selbst nicht erreichen konnte. Sein Schützling hielt ihm sein Leben lang die Treue, auch wenn er sich später künstlerisch von ihm emanzipierte, und unterstützte Ritters Schaffen nach Kräften, indem er dessen beide Opern Der faule Hans (München 1885) und Wem die Krone (Weimar 1890; Dirigent: ­Richard Strauss) sein Leben lang zu fördern versuchte und sie in gerade skurriler Einschätzung in seinen letzten Jahren als zentrale Bestandteile des Repertoires verstand. Daneben wurde er für seinen Mentor und Freund auch publizistisch aktiv, indem er etwa einen gegen Ernst von Schuch gerichteten Zeitungsartikel schrieb, der Ritter anlässlich der Dresdner Aufführung von Der faule Hans angeblich nicht rechtzeitig zu den Proben eingeladen hatte, und einen eigenen Aufsatz für die Weimarsche Zeitung über Ritters Opern lancierte.109

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Noch bis April 1886 blieb Strauss in Meiningen, hatte sich aber bereits Ende Jänner endgültig zur Annahme des Münchener Angebots entschlossen und seine Zusage mitgeteilt. Wie sehr sich die Medien bereits zu diesem Zeitpunkt für ihn zu interessieren begannen, zeigt, dass das Berliner Tageblatt vom 24. Februar 1886 von „Disharmonien zwischen Hofmusikdirektor R. Strauss und den Orchestermitgliedern“ berichtete; das Gerücht wurde wenige Tage später vom Hofmarschallamt dementiert.110 Seinen Meininger Aufenthalt nutzte Strauss währenddessen auch dazu, reichlich Theateraufführungen zu frequentieren, und das dortige Theater sollte für ihn in mehrfacher Weise prägend werden: zum einen hinsichtlich des klassischen Repertoires im Sprechtheater (Strauss blieb zeitlebens ein begeisterter Theaterbesucher), zum andern hinsichtlich der Regie, die für die Zeit ungewöhnlich modern war und auf historische Genauigkeit und originale Textgestalt großen Wert legte.111 Als der Abschied von der Meininger Hofkapelle am 5. April 1886 vollzogen wurde, war es Alexander Ritter, der in der Allgemeinen Musik-Zeitung über das Ereignis berichtete und auch eine Charakterisierung von Strauss lieferte: Er „dankte in einfachen, herzgewinnenden Worten, ein ‚zuviel‘ der Ovation mit der ihm eigenen Bescheidenheit zurückweisend. Da gleitet etwas, wie ein Strahl von Begeisterung über des jugendlichen Meisters Züge, ein leises Beben der Stimme deutet auf innere Erregung.“112 Ebenfalls charakteristisch ist es, dass Strauss am Tag nach der Vertrags­ unterzeichnung in München die Stadt verließ, um die Zeit zwischen dem 18. April und dem 22. Mai in Italien zu verbringen, um sich dort schöpferische Anregungen zu holen. Es ist schwer zu entscheiden, wie ernst er die Auslassungen über seine dortigen musikalischen Erfahrungen meinte, inwieweit sie der Meinung von Franz Strauss geschuldet waren oder Richards eigene Ansichten wiedergaben. Jedenfalls schrieb er nach Hause, Verdis Aida sei „scheußlich. Indianermusik“ (19. April 1886)113 und fasste sein rasches Urteil zusammen: „zur italienischen Musik werde ich mich wohl nie bekehren, es ist eben Schund“ (27. April 1886).114 Beeindruckt zeigte er sich hingegen von der alten bildenden Kunst, den Spuren der antiken Kultur und der Landschaft. Dass er in Italien auch mehrfach Opfer von Diebstählen wird, gibt ihm gegenüber Bülow Gelegenheit, Antisemitismus durchklingen zu lassen: „So ein bummeliger Deutscher wie ich, im Besitze von keinem Wort Italienisch und sehr wenig Französisch, allein und zum ersten Mal in Ita-

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lien, ganz geblendet von der herrlichen Natur und Kunst, das ist der richtige Bissen für die Italiener, die jedem Juden Konkurrenz machen.“ Es zeigt sowohl Strauss’ Unbefangenheit wie kulturelle Überheblichkeit, dass er das „Volk“ seines Gastlandes zwar pauschal abtut, sich aber gleichzeitig überwältigt von den kulturellen Errungenschaften fühlt. Seine Formulierung, dass ihm Neapel „wie eine wunderbare Kulisse vorkam, in der sich ein schlechtes Stück abspielt“, gibt seine vom Theater geprägten Vorstellungen wieder, die er auch auf die reale Welt übertrug. Nebenbei enthält dasselbe Schreiben an Bülow vom 23. Juni 1886 auch eine Erfahrung, die für Strauss eine Wende in seinem Schaffen bedeuten sollte: „Ich habe nie so recht an eine Anregung durch Naturschönheit geglaubt, in den römischen Ruinen bin ich eines Besseren belehrt worden, da kommen die Gedanken nur so angeflogen“ (23. Juni 1886).115 Auf die Folgen dieser Eindrücke wird zurückzukommen sein. Im August – nach ­einem Besuch der Bayreuther Festspiele – beginnt er schließlich seinen Dienst als dritter Kapellmeister am Münchner Hoftheater, wo er vor ­allem ungeliebtes Opernrepertoire zu dirigieren hat, und nutzt im Jänner 1887 einen zweiwöchigen Urlaub, um mit der f-Moll-Symphonie hausieren zu gehen, die er am 7. Jänner bei den Frankfurter Museumskonzerten aufführt und am 17. Jänner in Hamburg unter Bülows Leitung hört (am 28. Februar erklingt sie auch in einem Philharmonischen Konzert in ­Berlin). Anlässlich des Konzerts in Frankfurt wird er in der Kleinen Presse vom 11. Jänner 1887, vielleicht erstmals, als „Genius“ gefeiert, wobei auch der Topos des „bescheidenen Künstlers“ Verwendung findet: „Er, der schon in so jungen Jahren ein Meister geworden ist, weiß diese Meisterschaft mit Bescheidenheit zu tragen, denn sie ist nicht aus dem Wollen, sondern aus dem Müssen entsprungen.“116 An den Vater berichtet er am 9. Jänner 1887: „kolossaler Erfolg in Frankfurt; nach jedem Satz stürmischer Applaus, mit Ausnahme nach dem Adagio mußte ich mich jedesmal zweimal verbeugen und nach dem letzten Satz stürmischer dreimaliger Hervorruf, wie mir alle versichern, ein in Frankfurt seit langen Jahren nicht erlebter Erfolg einer neuen Sinfonie. […] Ich habe natürlich auswendig dirigiert und großen Effekt gemacht“. Außerdem berichtet er nicht ohne Stolz, dass ihm Clara Schumann gratuliert habe, und streicht auch den finanziellen Erfolg in Verbindung mit einer seiner häufigen antisemitischen Nebenbemerkungen, die er besonders gegenüber dem Vater kulti-

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viert, hervor: „Die Komiteejuden waren ganz weg, haben mir 300 Mark Ehrenhonorar geschenkt“.117 Mit seinen Netzwerken, die er bislang etabliert hat, gelingt es Strauss, sowohl Aufführungsserien in verschiedenen deutschen Städten zu realisieren – vor allem die f-Moll-Symphonie nutzt er über eine längere Phase als klingende Visitenkarte – als auch seine Novitäten prominent zu positionieren. Nicht immer entspricht dabei die Reihenfolge der Uraufführungen der Chronologie ihrer Entstehung, manchmal liegen sogar mehrere Jahre zwischen Komposition und erstmaliger öffentlicher Präsentation. Der „neue Weg“ seit dem Ende der 1880er Jahre bildete aber kein Hindernis, um auch weiterhin für ältere Werke zu werben und sie später noch in Gesamtwerkschauen einzubeziehen. So vehement Strauss für die „Zukunftsmusik“ eintrat und dazu neigte, alles, was für ihn nicht dieser Kategorie entsprach, zu verdammen, so wenig wandte er diese Richtschnur auf sich selbst an: Das Hemd war ihm da näher als der Rock. Je nachdem, welchen Zweck er mit seinen Briefen verfolgte, dosierte er das Eigenlob, das er gegenüber dem skeptischen Vater besonders großzügig versprühte. Von seinen ersten Auslandsauftritten in Mailand mit der f-Moll-Symphonie schrieb er am 9. Dezember 1887 an die Eltern: „Ich bin der Löwe des Tages. Alles in Enthusiasmus, Konzert ausgezeichnet gegangen und sehr gefallen, besonders die Sinfonie, Scherzo hätte ich eigentlich da capo spielen sollen“.118 Gegenüber dem älteren Kollegen Franz Wüllner resümierte er über den Aufenthalt selbstbewusst: „Ich habe als Componist u. Dirigent kolossale Erfolge gehabt u. bin riesig gefeiert worden, was einem zur Abwechslung (gegen München nämlich) auch wohlthuth. / Meine Sinfonie wurde über Verdienst gepriesen, Scherzo mußte ich wiederholen; Meistersingervorspiel hat unter mir faktisch den ersten großen Erfolg dort errungen. Das ist doch reizend! Orchester sehr tüchtig, spielte in nur 6 Proben ganz famos klar u. schwungvoll; von ihm erhielt ich als Geschenk einen prachtvollen, silbernen Taktstock“ (30. Jänner 1888).119 Die Motivation hinter einem Schreiben wie diesem – ähnliche Briefe sind bei Strauss Legion – ist klar. Sein Leben lang investierte Strauss ungeheure Zeit und Energie, um für sich zu werben. Gabriele Strauss-­ Hotter, die Herausgeberin des Briefwechsels mit Bülow, Wüllner sowie anderen Komponisten und Dirigenten, machte sich den Blickwinkel des Meisters zu eigen, wenn sie schreibt: „Strauss hatte früh gelernt und be-

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griffen, daß ‚Trommeln zum Handwerk gehört‘. Daß es wenig Sinn hat, im Komponierstübchen auf das Wunder des Entdecktwerdens zu warten und mit der bösen Welt zu hadern, wenn es ausbleibt. Man muß alles tun, um sich und seine Arbeiten bekannt zu machen“.120 Bei seinen Bemühungen, die Aufführungschancen zu vermehren, war Strauss tatsächlich dazu bereit, „alles [zu] tun“. Als er Gustav Mahler später einmal schrieb: „Ihre Lieder habe ich natürlich nur aufgeführt, damit Sie mein Ballet desto sicherer annehmen! Bin nunmal so! Dafür bekannt!“ (22. April 1900)121, reagierte dieser verärgert: „Sie machen schöne Randbemerkungen!? Zum Teufel, was für Erfahrungen müssen Sie gemacht haben, daß sie die ­manus lavat-Anspielung zwischen uns auch nur im Scherze riskiren!“ (Ende April 1900).122 Geradezu routinemäßig, wenn auch nicht immer ganz stilsicher, bemühte er sich um Aufführungsmöglichkeiten und entwickelte dabei schon früh immer neue Strategien, um seine Ansprechpartner bei Laune zu halten – etwa indem er seine fordernde Beharrlichkeit direkt ansprach und sie ironisierte. So heißt es in einem Schreiben an Franz Wüllner vom 7. Juni 1886, in dem er eine – dann nicht zustande gekommene – Aufführung der f-Moll-Symphonie in den Volkskonzerten des Gürzenichorchesters erbittet: „Wenn Strauss mit einem Briefe angerückt kommt, so will er fast immer etwas, werden Sie sich denken. Sie haben mich so vieler Liebenswürdigkeit bereits werth erachtet und mir so viel Schönes u. Guthes erwiesen, daß meine Freiheit, Sie immer wieder aufs neue mit einer Bitte zu belästigen, nun schon zur Frechheit geworden ist.“123 Als der in Köln tätige Dirigent am 8. März 1887 das von Brahms inspirierte Wandrers Sturmlied für Chor und Orchester uraufgeführt hatte, schrieb ihm Strauss, er wolle Kritiken lesen, „auch wenn sie schlecht sind“, und bitte um Zusendung (an Wüllner, 13. März 1887).124 Für die ortsansässigen Rezensenten war das Werk ebenso gewöhnungsbedürftig wie das Talent des Komponisten vielversprechend: So schrieb Otto Neitzel in der Kölnischen Zeitung vom 13. März 1887: „Das braust noch wie bei einem zuckerreichen gärenden Most – aber, wenn das mal ausgegoren hat, dann gibt es auch einen vortrefflichen Wein …“ Und die Kölner Volkszeitung resümierte am 10. März 1887: „Der junge Tondichter befindet sich augenscheinlich in der sogenannten Sturm- und Drang-Periode und geberdet sich dem contemplativen Gedicht gegenüber etwas ‚himmelsstürmisch‘; anstatt ebenmäßig geformter Bausteine wälzt er ungefügte errati-

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sche Blöcke heran und thürmt sie auf zu schwindelnder Höhe. Anfänglich ballen sich dichte Nebel um diesen Hünenbau, und es währt geraume Zeit, bis die Sonne aus dem schweren Gewölke hervorblitzt. Aber dann flimmert und schimmert, gleißt und glänzt die Tonburg uns berückend entgegen.“125 Für die Zeitgenossen waren also selbst die nach „alter Methode“126 geschriebenen Werke, für Strauss selbst jene, die vor seiner Annäherung an Berlioz, Liszt und Wagner entstanden waren, keineswegs gesichertes Terrain. Umso mehr musste der „neue Weg“ befremden, den Strauss in seinen Tondichtungen einschlagen sollte und den er in der „symphonischen Fantasie“ Aus Italien bereits erahnen ließ. Dieses Werk markiert den eigentlichen Beginn von Strauss’ aufsehenerregender Karriere als „Zukunftsmusiker“ und den Anfang jener Zeit, in der seine Musik die heftigsten Reaktionen – und zwar ebenso deutliche Ablehnung wie Zustimmung – hervorrief. Was über die Uraufführung in der Neuen Zeitschrift für Musik berichtet wurde, glich dem, was sich bei Strauss-Novitäten von nun an regelmäßig abspielen sollte: „Diese Einhelligkeit im Urtheile [wie bei der vorangegangenen Ouvertüre zu Der Widerspenstigen Zähmung von Josef Rheinberger] war aber nicht mehr vorhanden bei und nach der Vorführung der Symphonischen Phantasie von Rich. Strauß. Es regte sich eine ziemliche Opposition, und wir hatten im Kleinen ein Bild des deutschen Reichstages; die Männer des Centrums (hier die in der Wolle gefärbten Classiker) schüttelten bedenklich das Haupt, enthielten sich aber nicht der Abstimmung, sondern votierten bedenklich mit nein! während die liberale Fraction ein freudiges ja! abgab und dem jugendlichen Componisten zujubelte. Mir scheint, die letzteren hatten die richtigere Erkenntnis, indem sie die Sache nahmen als das, was der Titel besagt: als eine Phantasie, in die äußere Form einer Symphonie gebracht; die ersteren hingegen verlangten eine Symphonie nach strengem Begriff, und das fanden sie freilich nicht.“127 Die Zustimmung von fortschrittlichen Teilen der Fachkritik sollte Strauss von nun an über Jahrzehnte begleiten. Fast ein Jahr nach der Uraufführung übte sich etwa Otto Lessmann in seiner Allgemeinen MusikZeitung in Superlativen: „Ich glaube nicht fehl zu gehen mit der Behauptung, dass dies Werk in technischer, rhythmischer und harmonischer Beziehung das schwerste ist, was je ein Komponist einem Orchester zu gemuthet hat.“ Zugleich nutzte er den Anlass der Berliner Erstaufführung im Jänner 1888 mit den Philharmonikern unter der Leitung des Kompo-

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nisten, um mit seinem Werk auch ihn selbst vorzustellen und damit ebenso seine Stellung zu markieren: „Herr Richard Strauss hat sich bereits durch seine F-moll-Sinfonie, eine Orchesterserenade, ein Klavierquartett und manches andere Werk einen geachteten Namen gemacht und man darf ihn unbedingt zu den Wenigen rechnen, die etwas zu sagen haben und dies zu sagen wissen. Was für eine Fülle von Einfällen enthält diese Partitur, wie breit legen die Themen aus, wie schön gelingt es dem Komponisten, poetische Stimmungen zu erwecken und festzuhalten, wie prachtvoll klingt das Orchester und wie geschickt sind die einzelnen Sätze entwickelt! Die sinfonische Form ist allerdings sehr frei behandelt und das Werk macht den Eindruck, als ob der jugendliche Meister – Herr Strauss ist 23 Jahre alt – danach ringt, für seine sprudelnde Fantasie eine neue Ausdrucksform zu finden; nichtsdestoweniger sind die Formen fest gefügt und der Komponist schreitet sicher und zielbewusst einher.“ Lessmann schließt mit einer nochmaligen Betonung der außerordentlichen Bedeutung, die er dem Komponisten zuschreibt, denn es „hat Herr Strauss von Neuem bestätigt, dass er zu den Auserwählten gehört, auf welche die deutsche Kunst Hoffnungen zu setzen berechtigt ist.“128 Als nochmals ein Jahr später eine Aufführung von Aus Italien beim Tonkünstlerfest des Allgemeinen Deutschen Musikvereins bevorsteht, gibt Lessmann dem Komponisten die Gelegenheit zur Publikation einer Analyse in der Allgemeinen Musik-Zeitung, in der Strauss den autobiographischen Hintergrund der Entstehung der vier Sätze mehrfach herausstellt. So spricht er vom ersten Satz als einem „Präludium, welches die Stimmung wiedergibt, die der Komponist beim Anblick der weiten, in Sonnengluth getauchten römischen Campagna, von der Villa d’Este in Tivoli aus gesehen, empfand“. Über den zweiten Satz heißt es: „Fantastische Bilder entschwundener Herrlichkeit, Gefühle der Wehmuth und des Schmerzes inmitten sonnigster Gegenwart“, über den vierten: „Hauptthema ist ein bekanntes neapolitanisches Volkslied [, …] ausserdem ist als Codamotiv eine Tarantella verwendet, welche der Komponist in Sorrent hörte.“ Eine Grenze zwischen der Perspektive des Autors und dem Werk wird hier also keineswegs gezogen, stattdessen suggeriert Strauss ein unmittelbares Ansetzen der Komposition im persönlichen Erleben und verbindet dies sogar mit ganz konkreten Beschreibungen der Situationen, in denen er seine Inspiration bekommen haben möchte. Der Kompositionsprozess erscheint völlig ausgeblendet, der schöpferische Akt auf einen

Musik als Ausdruck zum Programm

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Moment zusammengeschmolzen, damit überhöht und verklärt. Genau diese behauptete Unmittelbarkeit des Zusammenhangs der Komposition mit dem persönlichen Erleben erfährt allerdings eine ansatzweise Problematisierung, wenn Strauss über den dritten Teil schreibt: „In diesem Satze ist der Versuche gemacht, die zarte Musik der Natur, die das innere Ohr im Säuseln des Windes in den Blättern, in dem Gesang der Vögel und allen den feinen Naturstimmen, in dem fernen Rauschen des Meeres, von dem ein einsamer Gesang an’s Ufer schallt […,] vernimmt, tonmalerisch darzustellen und in Gegensatz zu bringen zu der sie aufnehmenden menschlichen Empfindung, wie sie sich in dem melodischen Elemente des Satzes äussert. Das Wechselspiel im Auseinandertreten und der teilweisen Vereinigung dieser Gegensätze bilden den geistigen Inhalt dieses Stimmungsbildes.“129 Dass er hier sehr wohl einen „Gegensatz“ zur Naturwahrnehmung und dem musikalischen Empfinden betont, den er aber für die anderen Sätze entweder ausblendet oder leugnet, bildet den Kern des Problems der Programmmusik, das Strauss von nun an begleitet, von vielen Zeitgenossen mit Häme bedacht wird und bei ihm selbst sowohl in immer kühneren Klangeffekten als auch verbalen Behauptungen, er könne schlichtweg alles in Töne setzen, münden wird. Kompositorisch greift er von nun an zu immer neuen Überraschungen, sprachlich nimmt er Zuflucht zur Ironie, was aber nichts an seinem grundsätzlichen Festhalten an seinem starken Vertrauen in illustrative Musik ändert, wie zahlreiche Äußerungen belegen. Zuflucht zum Humoristischen war ihm auch im Zwischenmenschlichen schon damals ebenso wenig fremd wie die Selbstinszenierung: Clementine Benzino, die im Winter 1886/87 zum musikalischen Kreis der Familie Pschorr stieß, widmete er auf „einem Faschingsfest“ ein Gedicht: „Wenn der ewig ungalante / von, weiß Gott was, behaupten würde, / in dem er entbrannte, / Sie würden’s doch nicht glauben. / Von Ironie / wird nie /geheilt / Ihr RStr.“ Ganz ernst war ihm aber die Verbreitung von Komponistendevotionalien, wenn er etwa sein Porträt verschickte oder an den damals üblichen Brauch anschloss, Lorbeerkränze und Erinnerungsstücke zu verwenden, um öffentlichen Auftritten besonderes Gewicht zu verleihen. Derselben jungen Dame übergab Strauss eine Silbermünze mit seinen Initialen und dem Datum 2. März 1887, dem Tag der Uraufführung von Aus Italien.130

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1  Schon dem Siebenjährigen wurde „sehr applaudiert“. ­ Richard Strauss als „Chorführer“ der F­ riedensboten aus Richard ­Wagners Rienzi beim Kinderfest im Odeon am Faschingssonntag 1872.

2  Das Geburtshaus am ­ Altheimer Eck in München mit der 1910 a ­ ngebrachten Gedenk­ tafel und Girlandenschmuck zum 70. Geburtstag am 11. Juni 1934.

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3  Strauss versandte eine Unzahl von Photographien und Postkarten mit seinem Bildnis, oft mit Unterschrift oder Widmung. Ein Porträt aus dem Jahr 1885, aus dem noch Zurückhaltung spricht.

4  Spätestens seit seiner Zeit in Weimar kultivierte der Kapellmeister seine Haltungen und Posen. Häufig ist wie hier (1890) die Zigarette als Signum von Freiheit und Selbstbestimmung mit im Bild.

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5a/b  Der jugendliche Strauss pflegte einen extravaganten Dirigierstil mit großen Gesten oder aber demonstrativer Gelassenheit, wie diese Atelieraufnahmen aus Weimar (1893) hervorkehren. Typisch ist der handschriftliche Kommentar beim unteren Bild über sein ­Dirigat von Giacomo Meyerbeers Robert der Teufel: „Enthusiasmus auf dem Höhepunkt.“

6  Eine herrische Haltung konnte nicht nur der Meister des Taktstocks an den Tag legen: der Tourist Richard Strauss 1893 in Ägypten.

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7  So widersprüchlich wie die von seinen Zeitgenossen beschriebenen Charakterzüge konnte auch Strauss’ Körpersprache sein: Der Komponist der Salome präsentierte sich 1905 in betont stolzer Pose.

8  Nur sechs Jahre später zeigt eine repräsentative Bildpostkarte den Meister in zurückhaltender Verschlossenheit (1911).

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9  In Anspielung auf seinen Brief über den Parsifal-Schutz persifliert eine der zahllosen Strauss-Karikaturen den Komponisten als Gralsritter von Wahnfried und weist deutlich auf die finanzielle Seite von Urheberrechtsfragen hin (Lustige Blätter 1912, Nr. 38).

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Richard Strauss, Der Rosenkavalier, 2. Akt (Schluss).

10  Der verklingende Walzer, bei dem sich Baron Ochs von Lerchenau in den Schlaf träumt, ließ die Zeitgenossen aufgrund seiner Einfachheit aufhorchen.

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Abbildungen 11  Auf elegante Kleidung legte Strauss zeitlebens viel Wert – umso mehr bei seinen Gastspielreisen. In England war einer der wichtigsten Außenposten seiner Karriere. In London vor dem Plakat eines Konzerts in der Queen’s Hall im Juni 1914.

12  Seit der Alpensymphonie trug der „unverbesserliche Bergkletterer“ (Neues Wiener Journal, 12. Mai 1914) auch seine Naturliebe an die Öffentlichkeit: Richard Strauss auf dem Gipfel des Loser im Ausseerland im Sommer 1918.

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13  Für die Biographie von Richard Specht

14  In Schmutzers Photographie wird

wurde Strauss eigens gezeichnet. Der bil-

Strauss’ Posieren in Blick und Handhaltung

dende Künstler Ferdinand Schmutzer zeigte

– die er routinemäßig einnimmt – beson-

ihn 1921 in stolzer Versenkung.

ders deutlich.

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15  Neben den fast militärisch strammen Mitgliedern der Wiener Philharmoniker wählte Strauss bei dieser Aufnahme während einer Probe im Wiener Saal des Mozarteums in Salzburg eine betont lässige Haltung (1922).

16  Auch bei den Proben zu Ariadne auf Naxos – der ersten Strauss-Oper bei den Salzburger Festspielen – demonstrierte Strauss mit dem Ensemble freundliche Gelassenheit (1926).

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17  In seinem Wiener Haus hing seit den 1920er Jahren jenes Doppelbildnis (1890) von Leopold von Kalckreuth, das den jungen Strauss mit seinem Mentor Alexander Ritter zeigt.

18  Mit seinem Kodirektor Franz Schalk verband Strauss ein wechselvolles Verhältnis. Gezielt macht dieses Bild in der Wiener Staatsoper klar, wer – nicht nur beim vierhändigen Klavierspiel – die Führungsrolle beansprucht (1919).

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19  Für das renommierte Atelier D’Ora-Benda nahm Strauss 1927 eine ungewohnt ­nach­denkliche Pose ein. Die Photographie auf Glasplatte umgibt ihn mit der Aura eines ­geistvollen Visionärs.

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20  Der Unterschied zwischen Bildern, bei denen sich Strauss unbeobachtet fühlte, und solchen, für die er posierte, ist gravierend: Nach der Uraufführung der Oper Die Ägyptische Helena in Dresden sitzt er entspannt neben der Darstellerin der Titelrolle, Elisabeth Rethberg (1928).

21  Anlässlich der Wiener Erstaufführung der Ägyptischen Helena posiert Strauss mit Maria Jeritza, Sängerin der Titelpartie, und schwankt dabei ­zwischen Zuneigung und Kontrolle (1928).

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Abbildungen 22  Von der veränderten politischen Lage ist auf dieser Aufnahme nichts zu verspüren: Richard Strauss mit Alfred Jerger (Mandryka), Lotte ­Lehmann ­(Arabella) und Lothar Wallerstein (Regie) am Tag der Wiener ­Erst­aufführung von ­Arabella (21. Oktober 1933).

23  Energisch schlüpfte Strauss in seine neue Rolle als Präsident der Reichsmusikkammer: Rede beim „1. Deutschen Komponistentag“ in der Aula der Universität in Berlin (18. Februar 1934).

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24  Über die gesamte Dauer des Dritten Reichs war Strauss integraler Teil der repräsentativen Kultur des nationalsozialistischen Staates. In der Ehrenloge des Wiener Burgtheaters sitzt er neben Gauleiter Baldur von Schirach und Gerhart Hauptmann anlässlich dessen 80. Geburtstags im November 1942. 25  Auch in die internationalen kulturpolitischen Aktivitäten des „Tausendjährigen Reichs“ wird Strauss eingebunden: Dem Botschafter Oshia Kurusu spielt er in ­Berlin seine Japanische Festmusik zum 2600-Bestehens des Kaiserreiches vor (11. Juni 1940). 26  Bis zuletzt wird der Anschein der Normalität aufrecht erhalten: Bei der Feier zu seinem 80. Geburtstag am 11. Juni 1944 dirigiert Strauss im Goldenen Saal der Gesellschaft der Musikfreunde die Wiener Philharmoniker.

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27 Von seinen Zeitgenossen wurde sein Leben lang die Wirkung seiner Augen beschrieben. Auch noch auf der letzten Aufnahme im Juli 1949 strahlt Richard Strauss mit wachem Blick höchste Aufmerksamkeit aus.

2. Opposition und Zustimmung

„Einen ganz neuen Weg betreten“. Der Straußische Styl

Wieder war es ein Abonnementkonzert der Musikalischen Akademie im Odeon, der prominenteste Rahmen, den das Münchner Konzertleben zu bieten hatte, wo Strauss seine „sinfonische Fantasie“ Aus Italien vorstellte. Oskar Merz zeigte sich in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 3. März 1887 abermals wohlgesonnen, fand allerdings Spuren der Aus­ einandersetzung mit Liszt und Berlioz, kam zum Urteil, Strauss sei erst noch auf dem Weg zu einem neuen Stil, benannte aber auch die gleichzeitige Zustimmung und Ablehnung, die den Komponisten von nun an begleiten sollte: „Diese Tonschöpfung zeigt in ihrer ganzen Anlage und Ausführung, daß der junge Komponist mit den Werken der neueren Musik vertrauter geworden ist und nun die gewonnenen Eindrücke in selbständiger Weise wiederzugeben trachtet. Es darf nicht überraschen, wenn er bei diesem ersten Betreten des Gebietes der Programmmusik noch nicht in jeder Hinsicht seine ihm vorschwebenden Ziele erreicht, aber dies muß angesprochen werden, daß er einen großen Reichtum der Phantasie und einen seltenen Sinn für originelle musikalische Farbgebung entfaltet. […] Die Einleitungstakte sind eine direkte Nachahmung von Liszt’s ‚Mazeppa‘, in der sonstigen Haltung machen sich Berlioz’sche Einflüsse geltend; Doch hat der junge Tondichter gerade die barocken und grotesken Eigenthümlichkeiten dieses genialen Komponisten mehr auf sich einwirken lassen, als daß er es sich zum Muster genommen hätte […]. Die Zuhörer folgten mit sichtlichem Interesse dem ganzen Verlaufe des Werkes und wurde der sein Werk mit Feuer und Entschiedenheit dirigirende Komponist trotz einer sich geltend machenden Opposition durch

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2. Opposition und Zustimmung

zweimaligen Hervorruf ausgezeichnet.“ An seinen Onkel Carl Hörburger schrieb Strauss am 4. März 1887: „Die Aufführung meiner Phantasie über Italien hat großen Rumor hier hervorgerufen – allgemeine Verblüffung und Wut darüber, daß ich nun auch meine eignen Wege zu gehen anfange, meine eigne Form schaffe und den faulen Menschen Kopfzerbrechen verursache; die ersten 3 Sätze fanden noch leidlichen Beifall; nach dem letzten, Neapolitanisches Volksleben, der allerdings etwas arg toll ist (in Neapel geht’s aber auch bunt her), ging neben lebhaftem Beifall auch ordentliches Zischen los, das mir natürlich großen Spaß machte.“ Interessanterweise blieb es aber nicht nur beim „Spaß“ über die Ablehnung, die sonst nicht hätte relativiert werden müssen: „Nun, ich tröste mich, bin mir des Weges, den ich machen will, genau bewußt, es ist noch keiner ein großer Künstler geworden, der nicht von Tausenden seiner Mitmenschen für verrückt gehalten worden ist. – Pschorrs waren entzückt, sonst gab’s auch noch einige Enthusiasten: Levi, Ritter, Kapellmeister Meyer, die waren dafür ganz weg, die waren aber auch die einzigen, die das Werk bereits genau kannten.“131 Gegenüber seiner Jugendfreundin Lotti Speyer strich Strauss hervor, Aus Italien sei „ziemlich neu und revolutionär“, und nahm sich die Freiheit, die Dramaturgie des Applauses zu deuten, wobei er den Widerspruch übersah, den seine Schilderung enthielt: „Den größten Spaß habe ich natürlich gehabt dabei; es war eine Hetz wie der Wiener sagt. Die Einen haben wüthend applaudiert, die Anderen eifrig gezischt, schließlich siegte der Applaus. Die Gegner haben mich für halbverrückt erklärt, sprechen von Irrwegen und was dergleichen Plunder mehr ist. Mein Stolz war ungeheuer; das erste Werk, das auf die Opposition des großen Haufens gestoßen ist; da muß es doch nicht unbedeutend sein“ (23. Juni 1887).132 Dass der Applaus schlussendlich überwogen haben soll, mag Strauss’ eigene Erinnerung wiedergeben, doch widerspricht diese Darstellung nicht nur dem Bericht an Carl Hörburger, sondern auch der Behauptung, dass es eine „Opposition des großen Haufens“ gegeben habe. Auch gegenüber Hans von Bülow stellt Strauss die Reaktionen so dar, dass die Zustimmung überwogen hätte, bringt aber auch seine eigene Einschätzung der Komposition klar auf den Punkt: „Zugleich mit diesem Briefe war ich so frei, an Sie ein Paket Kritiken (!) über die Aufführung meiner sinfonischen Fantasie ‚Aus Italien‘ zu senden. Das Werk, das harmonisch u[nd] besonders formell viel neues bringt, hat hier große Oppositon, Kopfschütteln, von anderen Seiten

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auch wieder großes Lob erfahren […]. Die Kritiken werden Ihnen Spaß machen:  ‚Wagner hat die Trommelei erfunden‘, ‚die Fantasie hält sich vollständig an die Sinfonieform‘ und was dergleichen Blödsinn mehr ist. Der letzte Satz ‚über Neapel‘ ist allerdings sehr toll u[nd] noch über Berlioz; nach demselben ging im Saale lebhaftes Zischen [los], das allerdings dann von Beifall übertönt wurde. Mir hat’s aber doch Spaß gemacht. Der erste Schritt zur Selbständigkeit“ (11. März 1887).133 Selbstverständlich wurde diese Bewertung von sämtlichen Biographen übernommen und allgemein als eigentlicher Beginn des eigenständigen Komponierens gesehen, wobei etwa Max Steinitzer damit gleich noch eine Parteinahme für die Fortsetzung der Neudeutschen Schule verbindet, die er pathetisch verficht: „Von nun an schwebt mit großen, leuchtenden Lettern ‚Musik als Ausdruck‘ gleich einem Lebens-Motto über dem Schaffen des Komponisten, und interessant und wiederum äußerst bezeichnend ist es, wie jetzt der Begriff der ‚Ausdrucksmusik‘ in den Werken von der ‚Italienischen Sinfonie‘ an sich immer mehr erweitert, vertieft und jene durchaus individuelle Prägung angenommen hat, welche dazu berechtigt, nunmehr auch von einem Straußischen Styl als solchen zu reden.“134 In der zweiten Auflage seines Strauss-Buches spricht Steinitzer dann über Aus Italien vom „ersten echt Straußschen großen Werk“135, das nun für eine Weile zum wichtigsten Vorzeigewerk wird. Im Jänner 1888 erklingt es etwa in Frankfurt und Berlin (worauf sich die bereits zitierte Besprechung von Otto Lessmann bezieht), und diese Aufführung verwendet Strauss, um für sein Stück zu werben – etwa beim deutschen Konsul in Mailand, Emil Struth, dem er am 30. April 1888 nicht ohne Hintergedanken berichtet: „Wie gut es mir in Berlin mit der italienischen Fantasie gegangen ist, haben Sie wohl gelesen, großartiges Orchester, ein hervorragend intelligentes Publikum (natürlich hält der Künstler jedes stark applaudierende Publikum für hoch verständig), kurz und gut, es war ­famos, nach den reizenden Mailänder Tagen wieder ein wirklicher Lichtblick in diesem traurigen Leben, in dem einem, um nur den fürchter­ lichen Krallen der Langeweile zu entgehen, absolut gar nichts übrig bleibt, als fleißig zu arbeiten.“136 (Der Ausdruck in Klammern über das Publikum ist ein typisch Strauss’scher Schlenker, der eine rasch hingeschriebene Zeile im Geist auf ihre Wirkung auf den Adressaten überprüft und sie dann ironisch einschränkt bzw. relativiert.) Auch gegenüber Wüllner, den er – wie könnte es anders sein – zu einer Aufführung über-

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reden möchte, führt er den Berliner Erfolg ins Treffen und appelliert an dessen Fortschrittlichkeit: „Die Saison ist vorbei, man denkt an die nächste, natürlich kommt da unter den Ersten Rich. Strauss anmarschiert mit dem Ansinnen, nächsten Winter ein neues Stück von ihm aufzuführen. Ich war so frei, Ihnen, ich glaube, im Januar eine Partitur meiner italienischen Fantasie zu übersenden; haben Sie dieselbe erhalten? Darf ich hoffen, daß Sie sie nächsten Winter aufführen? Ihnen gegenüber brauche ich mich ja für die Frechheiten des Finales nicht zu entschuldigen, den Berlinern hat übrigens im Januar, wo ich sie dort zweimal dirigirt habe, gerade das Finale großen Spaß gemacht“ (14. April 1888).137 Die Aufführung kam am 8. Jänner 1889 zustande, und in diesem Zusammenhang wandte sich Strauss – wie er das noch öfter tun sollte – direkt an den Kritiker des Kölner Tagblattes Karl Wolff, um sich für seine Rezension zu bedanken, zugleich auch auf die Angriffe anderer Kritiker zu ­reagieren und nachmals berühmt gewordene programmatische Ausführungen anzuschließen: „Bei der erschreckenden Urteils- und Verständnislosigkeit eines großen Teils der heutigen Männer der Feder lassen sich solche, wie auch ein großer Teil des Publikums, durch vielleicht blendende, rein nebensächliche Äußerlichkeiten meines Werkes über den eigentlichen Inhalt desselben täuschen, ja übersehen ihn vollständig. Dieses besteht in Empfindungen beim Anblick der herrlichen Naturschönheiten Roms und Neapels, nicht Beschreibungen derselben – ein musikalischer Bädecker [sic] Süditaliens bekam ich einmal zu lesen: – Es ist doch eigentlich zu lächerlich, einem heutigen Komponisten, dem sowohl die Klassiker, insbesondere den letzten Beethoven, als auch Wagner und Liszt Lehrmeister waren, zuzutrauen, daß er ein Werk von ¾ Stunden schreibt, um mit einigen pikanten Tonmalereien und glänzender Instrumentation, deren heutzutage beinahe jeder vorgeschrittene Konservatorist mächtig ist, prunken zu wollen. – Ausdruck ist unsre Kunst – und ein Musikwerk, das mir keinen wahrhaft poetischen Gehalt mitzuteilen hat – natürlich einen, der sich eben nur in Tönen wahrhaft darstellen, in Worten allenfalls andeuten, aber nur andeuten läßt – ist für mich eben – alles andre – als Musik.“138 Der Widerstand blieb dem Stück freilich erhalten, wie Strauss am 18. Jänner 1889 aus Frankfurt selbst an die Eltern berichtete, wo er am selben Tag eine weitere Aufführung im Museumskonzert dirigiert hatte, wobei er die Ablehnung allerdings beschwichtigend kommentierte: „Die

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Alten schütteln natürlich über das Finale die Köpfe, wie überall! Schadet nichts!“139 Max Bruch, der am 19. November 1889 in Breslau Aus Italien aufgeführt hatte, berichtete Strauss von der guten Aufnahme des Werks mit Ausnahme des Finales: „(D)er letzte Satz ging leider nicht ohne laute Opposition vorüber.“ Er bietet an, ihm seine Einwände persönlich zu schildern, „obgleich ich nicht hoffen darf, daß Sie dem Urtheil eines älteren Künstlers, der einer anderen Richtung angehört, wie Sie, Werth beiliegen“ (20. November 1889). Strauß notiert daneben: „Da hat er wirklich recht!“140 Zwischen diesen beiden Aufführungen lag die bereits erwähnte Aufführung der „Fantasie“ in Wiesbaden beim Tonkünstlerfest, nach dem der Rezensent allein in den „Schwierigkeiten, die sie an das Orchester stellt“, ein Hindernis sah, „ihr die Einbürgerung im deutschen Concertrepertoir [zu] prognosticiren“. Sowohl die Aufführung als auch die Besprechung richteten sich an Leute vom Fach; insofern war die Ein­ ordnung des Stücks und die Einschätzung Strauss’ als „Genie“ auch als Appell an die Fachwelt zu verstehen: „[W]er auf Grund dieser Fantasie den Componisten unter die äußerlichen Programmmusiker einreihen will, der wird durch die echt musikalische, nicht selten gluthvolle Tonsprache des Werks, sowie durch Strauß’ übrige Compositionen Lügen gestraft. An Kraft der Phantasie, der Beherrschung der Mittel bildet dies Werk s­ icher eins der epochemachendsten der neueren Zeit; man darf auf den Ent­ wickelungsgang dieses Genies gespannt sein, und man wird nicht fehlgehen, wenn man die Tonmalerei als das Gebiet ansieht, das Strauß wohl streift, ohne sich darauf zu beschränken oder in ihm zu erschöpfen.“141 Nicht an allen Fronten wäre diese Meinung durchsetzungsfähig gewesen: Erfolg und Misserfolg von Strauss unterschieden sich nach Städten und Regionen, nach Publikumsschichten – und noch immer nach musikalischen Lagern, die sich freilich nicht immer fein säuberlich in „fortschrittliche“ und „restaurative“ Kräfte einteilen ließen. In einem Fall aber schienen die Zuordnungen klar zu bleiben: Eduard Hanslick, der das Wiener Musikleben bis zur Jahrhundertwende als erster Musikkritiker der Stadt beherrschte, berichtete einen Tag nach der Wiener Erstaufführung in der Neuen Freien Presse vom 20.11.1899 (!), Aus Italien „entfesselte erst nach dem Finale einen anhaltenden sehr lebhaften Beifall, welcher, wie wir vermuthen, mehr der unvergleichlichen Leistung des Orchesters und seines Dirigenten Mahler galt als dem Werke selbst. […] Ob Jemand eiligst nach Italien reisen möchte, der es nur aus dieser Schilderung von

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R. Strauß kennt, scheint uns etwas zweifelhaft. Wir werden noch Gelegenheit finden, darauf zurückzukommen.“ Hanslick kam tatsächlich auf das Stück zurück – und schrieb Strauss in der Ausgabe vom 5. Dezember 1899 ein „unruhiges, nervöses Talent“ zu: „sein Überschuß an glänzendem Raffinement bei Dürftigkeit des schöpferischen Gedankens lassen ihn bei gesammelter, natürlicher Empfindung nicht lange verweilen.“ Dennoch entdeckte der Kritikerpapst „wenig Neues, wenig Bedeutendes“, sondern klagte: „Wie klingt das alles so deutsch umständlich!“142 Im Gegensatz zu den späteren Tondichtungen monierte Hanslick also gerade nicht Unvereinbarkeiten mit seinem klassizistischen Musikbegriff, sondern einen Mangel in der Erfindung und eine gedankliche Schwerfälligkeit. Sein Kollege vom Neuen Wiener Journal hatte am 21. November 1899 – ebenfalls vor dem Horizont der innerhalb der zwölf Jahre, seit Aus Italien entstanden war, folgenden Werke – hingegen sehr wohl von Abwegen gesprochen, allerdings dabei klar gemacht, dass er allein die Nähe zu Wagner bereits als „bizarr“, gar als „Gemeinheit“, sah, sodass sich seine Ressentiments gegenüber dem Bayreuther ohne Weiteres auf den jungen Münchner übertragen ließen: „Richard Strauß hat – im Gegensatz zu anderen modernen Componisten – ein verhältnismäßig zahmes musikalisches Vorleben. Er war ein Paulus, der sich allgemach zu Saulus umwandelte. ‚Aus Italien‘ scheint den Uebergang gebildet zu haben. Noch waltet der Formsinn und der Hang zu melodischer Schwärmerei vor; aber auch der Hang zu excessivem Irrlichteriren und orchestralen Flambeaus macht sich bereits geltend und führt zu Abschweifungen und Verzerrungen der Gedanken. Im vierten Satz, welcher neapolitanisches Volksleben zu schildern unternimmt, wird – gewiß kein übler Einfall – das famose ,funiculi funicola‘ [sic, richtig: Funiculì, Funiculà] zum Grundthema der musikalischen Ausführungen genommen. Wie wird uns aber zu Muthe, wenn der trunkene Ausruf ,’ndiamo, ’ndiamo!‘ plötzlich im Hohlspiegel der bizarren Harmonie und Instrumentation ganz den Charakter von Wotans Zornesausbruch (,Walküre‘, dritter Akt) annimmt! Man sieht, vom Erhabenen zum Gemeinen ist nur ein Schritt, tonal sogar nur ein Halbschritt.“ Dass Strauss’ orchestrales Schaffen für die Zeitgenossen der 1880er und 1890er Jahre einen radikalen Bruch mit ihren (symphonischen) Hörgewohnheiten bedeutete und dass dies bereits mit Aus Italien begann, wird auch daran deutlich, dass die „Kühnheiten“ seiner Partituren selbst so jemanden wie seinen Mentor Bülow zeitweise Abstand nehmen lie-

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ßen. Zwar hatte er in einem Brief an Spitzweg vom 11. August 1887 nüchtern und treffend festgestellt: „Das Orchester ist seine Domäne; das wird niemand incl. seiner selbst bestreiten.“143 Doch später im selben Jahr, dem Jahr der Uraufführung der „Fantasie“, äußerte er in einem Schreiben an Alexander Ritter vom 30. Dezember 1887 Zweifel, bezeichnenderweise nicht nur an Strauss, sondern auch an seinem eigenen Urteilsvermögen: „Macht mich das Alter so reactionär? Ich finde eben, daß der geniale ­Autor bis an die äußerste Grenze des tonlich Möglichen (im Gebiete der Schönheit) gegangen ist, dieselbe eigentlich ohne dringende Noth häufig überschritten hat.“144 Der Konflikt sollte sich später noch verschärfen. In der Beziehung zu seinem Mentor lässt sich die Entwicklung von Strauss’ rhetorischen Fähigkeiten während eines Jahrzehnts gut nachvollziehen. Bülow liebte es, sich sehr spitzzüngig und polemisch auszudrücken und auch in der Öffentlichkeit sarkastische Äußerungen zu machen, mit denen er seine Konkurrenz zuweilen frontal angriff. Zweifellos hat das dem jungen Strauss imponiert, und offenkundig eiferte er seinem Vorbild auch in dieser Hinsicht – vor allem in jungen Jahren – nach. Auch sollte Strauss das Taktieren lernen, das er später so gut beherrschte. Seine Briefe an Bülow sind anfangs bescheiden und devot, später versucht er, ebenso scharf und witzig zu formulieren wie sein Lehrmeister. Die Lust zu scherzen hatte er schon zuvor an den Tag gelegt, nun sollte er sie regelrecht kultivieren und sein Leben lang beibehalten, auch wenn er manche seiner Vorstöße gleich wieder zurücknimmt oder durch gegen­ teilige Behauptungen konterkariert. Auch das wird ihm bleiben. Strauss sucht sich schon in einem seiner ersten Briefe an Bülow zu profilieren, indem er unmittelbar nach seiner Ernennung zum Kapellmeister in Meiningen die Münchner Konzerte von Franz Mannstädt, der als Hofkapellmeister in Meiningen Bülows Vorgänger gewesen war und nun die Berliner Philharmoniker leitete, scharf kritisierte: „Herr Mannstädt hatte vom letzten Montag bis gestern Freitag fünf Konzerte in München und hörte ich unter seiner Leitung die c-Moll-Sinfonie von Beethoven in ­einer technisch wohlgelungenen Aufführung, doch schienen mir der erste Satz und besonders das Andante con moto arg verschleppt, während dem Finale die Majestät des Ausdrucks etwas fehlte“ (11. Juli 1885).145 Im letzten Orchesterkonzert der Meininger Hofkapelle hatte Brahms seine Haydn-Variationen und die 4. Symphonie selbst dirigiert, was Strauss dazu nutzt, seinem Mentor zu schmeicheln: „Die Brahmsschen Variatio-

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nen und Sinfonie gingen zwar gut, doch fehlte unter des Meisters Leitung besonders den Variationen der Schwung, welchen nur Ihr Dirigentenstab hervorzuzaubern versteht“ (7. April 1886). 146 Nach der sogenannten „Dresdner ­Affäre“, als Bülow in Prag dirigiert hatte und daraufhin aufgrund nationalistischer Spannungen in Dresden unter heftigen Störungen und Drohungen konzertiert hatte, intervenierte Strauss bei der Presse: „Alles, was ich [bei] den [Münchner] ‚Neuesten Nachrichten‘ z. B. tun konnte, beschränkt sich auf die beiden kurzen Notizen, die ich Ihnen zugesandt habe. Ich habe hier wieder gesehen, wie schwer es ist, in unsrer modernen Presse für eine infame Lüge eine Berichtigung zu erlangen, die der betreffenden Sache auch wirklich nützt“ (an Bülow, 13. Dezember 1886).147 Der Münchner Alltag ist für Strauss unbefriedigend, sowohl was die eigenen Dirigierverpflichtungen betrifft als auch die übrige Musikpflege. Ebenfalls gegenüber Bülow beklagt er sich am 26. Dezember 1887: ­„[W]ir haben gestern unter Levis Leitung eine Aufführung der 9.  Sinfonie [Beethovens] gehabt, die das niederträchtigste, scheußlichste war, was ich noch je in Reproduktionen musikalischer Kunstwerke erlebt habe. Denken Sie sich, die ganze Sinfonie ohne einen einzigen Anlauf zu einem espressivo, ein cresc. u[nd] ff. im Streichquartett habe ich gar nicht gehört. […] Na, das übrige können Sie sich denken; das Herz blutete mir, ich war, glaube ich, noch nie so wütend, ich hätte Levi herunterschlagen können, das war nicht mehr Talentlosigkeit, das war eine Gemütsverrohung u[nd] Verworfenheit ärgster Sorte, denn der talentloseste Mensch muß spüren, was in der Sinfonie steckt.“ Auch hier macht Strauss sofort einen Rückzieher, wenn er als Postskriptum hinzufügt: „Damit ich nicht noch mehr Feinde hier bekomme, bitte ich Sie inständigst, von meiner liebevollen Kritik der Aufführung der 9ten keinen Gebrauch zu machen!“148 Die Münchner Probleme fanden ihren Höhepunkt in den Auseinandersetzungen um die Uraufführung von Wagners Jugendwerk Die Feen, die Strauss in wochenlangen Proben vorbereitet hatte, bis er gezwungen wurde, die Leitung an Hofkapellmeister Franz Fischer zu übergeben. Die Kühle seines abwägenden Urteils über das Werk, das er am 11. Juni 1888 (?) an Carl Hörburger übermittelte („Wagner steckt in den ‚Feen‘ doch noch sehr in den Kinderschuhen, wenn auch in herkulischen.“149), bewahrte er nicht, als ihm eröffnet wurde, dass er auf das Dirigat dieser

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Uraufführung verzichten müsse. Am 17. Juni berichtete er Bülow: „In der Unterredung mit Perfall, in der ich mich wie eine Löwin für ihre Jungen wehrte, bekam ich unter anderem folgende Dinge zu hören: Er (Perfall) könne die ,Feen‘ nicht von vornherein so diskreditieren, daß er die Leitung einem Musikdirektor übertrage. Fischer sei mir überdies an Routine überlegen, die eben doch die Hauptsache beim Theater sei. Hört! Dabei habe ich neulich den schweren Zöllnerschen ,Faust‘ mit einer einzigen kleinen Probe (Levi hat denselben ungeheuer nachlässig einstudiert) u[nd] den ,Freischütz‘ (den ich nie dirigiert habe) ohne jede Probe anstandslos dirigiert. – // Ferner: Talent etc. käme hier gar nicht in Betracht, es gehe hier, wie überall, nach Anciennität. Dann könne er überhaupt mein Bülowsches Dirigieren nicht vertragen, nun kam die übliche Schimpferei auf Sie, dessen Schule endgültig ausgerottet werden müßte etc. Dann räsonierte er über meinen Dünkel, bei meiner Jugend schon solche Ansprüche zu machen etc.“150 Das offenbar sowohl gegenüber dem Münchner Hoftheaterintendanten Perfall als auch gegenüber Bülow zur Schau gestellte, fast hoffärtige Selbstbewusstsein des Kapellmeisters zeichnete auch den Komponisten Strauss trotz aller Rückschläge aus: Seine erste, von Shakespeares Drama (1623) inspirierte Tondichtung Macbeth, deren erste Fassung schon Anfang 1888 abgeschlossen wurde, die aber bis Herbst 1890 auf ihre Uraufführung wartete, arbeitete er zwei Mal um – zunächst nach dem bekannten dramaturgischen Einwand ­Bülows, ein Triumphmarsch des Macduff am Ende des Stücks sei unpassend, da der Held ja Macbeth sei.151 Seine zweite Tondichtung Don Juan nach dem gleichnamigen Versepos-Fragment von Nikolaus Lenau (1844), die er im Mai 1888 auf einer zweiten Italien-Reise begonnen hatte, schrieb er bis Ende September fertig, zögerte dann allerdings mit einer Aufführung. In diesem Zusammenhang entstand am 24. August 1888 mit einem weiteren Brief an Bülow ein zentrales Dokument für das ästhetische Credo des Komponisten in dieser Zeit, das zudem sein damaliges musikalisches Geschichtsbild aufrollt – sowie die Rolle, die er sich selbst darin zudachte, beschreibt. Die Scherze über seine zwei ersten Tondichtungen darin können kaum über den Schmerz hinwegtäuschen, mit ihnen vorläufig nicht reüssieren zu können: „‚Macbeth‘ ruht einstweilen stillresigniert in meinem Pulte begraben, die darin niedergelegten Dissonanzen suchen unterdessen sich gegenseitig aufzufressen. ‚Don Juan‘ wird ihm

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vielleicht bald Gesellschaft leisten. Auf beider Grabe erblüht einstens vielleicht jenes geheuerliche Blümlein, mit dessen stiller Poesie in zwei­ fachem Gehölze ich mich allmählich zu befreunden bemühte. Doch nun ernsthaft gesprochen: das zweifache Holz verspreche ich Ihnen für meine weitern Arbeiten ganz sicher! Auch mit Beschränkung der großen technischen Schwierigkeiten werde ich mir die denkbar größte Mühe geben.“ Diese Absichtserklärung sollte weitgehend folgenlos bleiben – und dementsprechend schränkt Strauss sein Ansinnen unmittelbar darauf gleich wieder ein und skizziert hier sein Musikverständnis, wie er es von nun an immer wieder repetieren wird. Rückendeckung meint er sich von Beethoven holen zu dürfen, in dessen Spätwerk er allesamt programmatische Bezüge vermutet. Instrumentalmusik heißt für Strauss wie insgesamt für das späte 19. Jahrhundert natürlich vor allem Symphonie, wobei er hier nur die neun Symphonien Beethovens und die vier Symphonien von Brahms – zumindest teilweise eine Konzession an den Geschmack Bülows – einer Erwähnung für wert befindet: „Ob ich aber vorläufig auf dem Wege, auf dem ich in konsequenter Entwicklung von der f-mollSinfonie her gelangt bin, umkehren kann, darüber kann ich jetzt noch nichts Bestimmtes äußern. Eine Anknüpfung an den Beethoven der ‚Coriolan‘-, ‚­Egmont‘-, ‚Leonore‘ III.-Ouvertüre, der ‚Les Adieux‘, überhaupt ohne den letzten Beethoven, dessen gesamte Schöpfungen nach meiner Ansicht ohne einen poetischen Vorwurf wohl unmöglich entstanden wären, scheint mir das einzige, worin eine Zeit lang eine selbständige Fortentwicklung unserer Instrumentalmusik noch möglich ist. Wenn mir die künstlerische Kraft und Begabung fehlen sollte, auf diesem Wege was Ersprießliches zu leisten, dann ist es wohl besser, es bei den großen 9 und ihren 4 berühmten Nachzüglern zu belassen; ich sehe nicht ein, warum wir uns, bevor wir unsere Kraft erprobt haben, ob es uns möglich ist, selbständig zu schaffen und die Kunst vielleicht einen kleinen Schritt vorwärts zu bringen, sofort uns in das Epigonentum hineinreden wollen und uns im voraus auf diesen Epigonenstandpunkt stellen wollen; wenn’s nichts geworden ist – na: dann halte ich es immer noch für besser, nach seiner wahren künstlerischen Überzeugung vielleicht auf einem Irrweg etwas Falsches, als auf der alten ausgetretenen Landstraße etwas Überflüssiges gesagt zu haben.“ Diese Ausführungen erscheinen ungewöhnlich hellsichtig, wenn sie mit dem Wissen um die spätere Entwicklung von Strauss gelesen werden. Denn explizit ist von jener Umkehr vom konse-

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quent verfolgten Weg die Rede, die ihm fast ein Vierteljahrhundert später vorgeworfen werden sollte, ebenso heißt es, sie sei nur „vorläufig“ wohl nicht möglich. Ausdrücklich sagt Strauss auch und betont die ­Passage durch Hervorhebungen, dass an „eine selbständige Fortentwicklung unserer Instrumentalmusik“ nur noch „eine Zeit lang“ gedacht werden könne. Damit nimmt er genau den Weg voraus, der ihn später – nach einer Reihe weiterer Tondichtungen – zum Musikdrama führen wird. Doch vorerst bleibt er ganz auf die großformatige Instrumentalmusik hin ausgerichtet, und zwar in jener Form, die er als einzig mögliche suggeriert: in der einsätzigen Tondichtung (meist verwendet Strauss diesen ­eigenen Begriff und vermeidet die gängige Bezeichnung symphonische Dichtung) nach einem außermusikalischen Programm (den Begriff der Programmmusik verwendet er, ohne ihn je zu problematisieren), aus dem sich jeweils die Tonsprache und die Form der individuellen Komposition ableiten. Daraus ergibt sich die Forderung, dass jedes Werk sowohl eigene Ausdrucksmittel benötigt als auch einen je eigenen Formverlauf – ein Maßstab, den Strauss von Franz Liszt übernommen hat. Wortreich argumentiert er dann für den neuen Weg und vergisst auch nicht, sich von den Thesen zu distanzieren, die Eduard Hanslick in seiner Habilitationsschrift Vom Musikalisch-Schönen (1854) vertreten hatte.152 Der Wiener Kritiker und Professor für Ästhetik, mit dessen Schriften sich Strauss kaum ernsthaft auseinandergesetzt hat – er verwendet in diesem Zusammenhang stets bloß Schlagworte –, sollte zeitlebens Feindbild bleiben. Gegenüber Bülow nimmt er auch hier wieder dessen Idol (aber auch jenes Hanslicks) Brahms dezidiert aus: „Will man nun ein in Stimmung u[nd] konsequentem Aufbau einheitliches Kunstwerk schaffen und soll dasselbe auf den Zuhörer plastisch einwirken, so muß das, was der Autor sagen wollte, auch plastisch vor seinem geistigen Auge geschwebt haben. Dies ist nur möglich infolge der Befruchtung durch eine poetische Idee, mag dieselbe nun als Programm dem Werke beigefügt werden oder nicht. Ich halte es nun doch für ein rein künstlerisches Verfahren, sich bei jedem neuen Vorwurfe auch eine dementsprechende Form zu schaffen, die schön abgeschlossen und vollkommen zu gestalten allerdings sehr schwer, aber dafür desto reizvoller ist. Ein rein formales, Hanslicksches Musizieren ist dabei allerdings nicht mehr möglich, nun wird es aber auch keine planlosen Floskeln, bei denen Komponist und Hörer sich nichts denken können, und keine Sinfonien (Brahms selbstverständlich ausgenommen)

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mehr geben, die mir immer nur den Eindruck eines riesigen, einem Herkules angemessenen Gewandes machen, in dem ein dünner Schneider sich elegant bewegen will.“153 In dieser Zeit hat Strauss, vermittelt durch Ritter, sehr genaue Vorstellungen von einer „fortschrittlichen“ Kunst, wie die Wendung von den „planlosen Floskeln“ zeigt, als die er gleich sämtliche Ansätze abtut, die seinen Vorstellungen nicht folgen.154 Planmäßig mündet die gesamte Argumentation dieses langen Schreibens in konkreter Werbung in eigener Sache: „Der genaue Ausdruck meines künstlerischen Denkens und Empfindens u[nd] im Stil das selbstständigste und zielbewußteste Werk, das ich bis jetzt gemacht habe, ist nun ‚Macbeth‘“ (an Bülow, 24. August 1888).155 An den Komponisten und Dirigenten Johann Leopold Bella schrieb Strauss deutlicher – nicht nur in Bezug auf seine inzwischen ablehnende Haltung gegenüber Brahms, auf den er nun nicht mehr anspielt, sondern das Ende der Symphonie gleich mit der Neunten Beethovens ansetzt: „Wie wenige unserer heutigen, in edlem viersätzigen Formelwesen sich herumtreibenden Musiker haben das Wesen unserer herrlichen Musik ganz begriffen. Unserer ‚Musik als Ausdruck‘, nicht als Hanslicksche ­‚tönende Form‘. […] Hinweg mit dem öden viersätzigen Formelwesen, dem seit der IX.-ten kein neuer Inhalt mehr entsprossen ist“ (2. Dezember 1888).156 Das Konzept „Musik als Ausdruck“, das Strauss mehrfach explizit erwähnt und das auch Max Steinitzer beworben hat, verweist auf die gleichnamige Arbeit von Friedrich von Hausegger, die 1884 in den Bayreuther Blättern, im folgenden Jahr in Buchform und 1887 in erweiterter, revidierter Form erschien.157 Auch diese musikästhetische Theorie wurde von Strauss nur schlagwortartig rezipiert. Noch weniger dürfte ihn beschäftigt haben, dass der Grazer Musikwissenschaftler noch im 19. Jahrhundert – er starb 1899 – einer fachlichen „rassischen“ Argumentation das Feld geebnet hatte.158 Bei seinem Sohn Siegmund von Hausegger, später ein enger Vertrauter von Strauss, sollte dies allerdings auf fruchtbaren Boden fallen; und ein deutscher Chauvinismus sowie eine Abwertung anderer Nationen und insbesondere des Judentums gehörte auch für Strauss zum selbstverständlichen alltäglichen Argumen­ta­tions­ arsenal. Auch der Wagnerianer Max Steinitzer konnte später über diesen Tonfall verfügen. Vorerst hatte er sich mit den ästhetischen Grund­lagen beschäftigt und in seiner Dissertation Ueber die psychologischen Wirkungen der musikalischen Formen explizit bedauert, Hauseggers fast zeit-

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gleich erschienene „geistvolle Arbeit“ nicht mehr umfassend zur Kenntnis genommen zu haben.159 Richard Strauss hatte vor dem Hintergrund grundsätzlicher Diskus­ sionen allein das Interesse, seine eigene Position zu untermauern, und bediente sich dabei polarer Schematismen, die er in einem weiteren Brief an Bella vom 13. März 1890 auf die Positionen Hanslicks und Hauseggers projizierte: „Die Vertreter der hiesigen Musik teilen sich doch in zwei Gruppen, die einen, denen die Musik ‚Ausdruck‘ ist und die sie als eine ebenso präcise Sprache behandeln wie die Wortsprache, aber allerdings für Dinge, deren Ausdruck eben der letzteren versagt ist. Die anderen, denen die Musik ‚tönende‘ Form ist, d. h. sie legen dem zu componierenden Werke (die Form, d. h. nicht mehr Form, sondern Formel der Classiker ruhig gedankenlos beibehaltend), irgend eine allgemeine Grundstimmung unter und entwickeln diese entsprungenen Themen nach einer ganz äusserlichen musikalischen Logik, für die mir heute, da ich nur mehr eine dichterische Logik anerkenne, schon jedes Verständnis fehlt. // Programmusik: eigentliche Musik! // Absolute Musik: – ihre Verfestigung mit Hilfe einer gewissen Routine und Handwerkstechnik jedem nur einigermassen musikalischen Menschen möglich. // Erstere: – wahre Kunst! // Zweite: – Kunstfertigkeit! // Nun hat ja merkwürdigerweise unsere heutige Musik ihren Ausgangspunkt von No. II genommen und ist erst durch Wagner und Liszt vollbewusst ihrer wahren Bestimmung zugeführt worden. // Wir heutigen jungen Musiker beginnen daher noch immer mit No. II, bis wir dahinter kommen, dass dies noch gar nicht Musik ist, sondern ‚der präciseste Ausdruck einer musikalischen Idee‘, die sich ihre Form selbst schaffen muss, jede neue Idee ihre eigene neue Form, die Grundbedingung eines musikalischen Werkes ist.“160 Der Idee, musikalisch über „eine ebenso präcise Sprache“ zu verfügen „wie die Wortsprache“, blieb Strauss in der Folge verhaftet. Ebensowenig sollte es sich ändern, dass ihm seine eigene Position („Wir heutigen jungen Musiker …“) als absolut repräsentativ erschien – im Gegenteil, je älter er wurde, umso mehr verfestigte sich diese Einstellung. Umso klarer konnte schon der 24-Jährige klare Rechenschaft über sein Schaffen geben, wenn er etwa am 11. Juni 1888 an Carl Hörburger schrieb: „Ich war recht fleißig letzte Zeit: meine sinfonische Dichtung ‚Macbeth‘, mit der ich einen ganz neuen Weg betreten habe, ist mir, glaube ich, sehr gelungen; jetzt habe ich einen einsätzigen Don Juan (für Orchester) (nach Lenau’s Dichtung)

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entworfen und mit den beiden Werken meine ganz ureigenste Bahn, zu der die italienische Fantasie die Brücke war, betreten. Mein Operntext: ‚Guntram‘ (ganz eigenste Erfindung) ist im ersten Entwurfe fertig, der zweite begonnen.“161 Die eigene Wahrnehmung über den „neuen Weg“ – einschließlich der „Brücke“ – deckt sich nicht nur mit der Sicht wohlwollender Zeitgenossen. Sie wird, zumindest was die Entwicklung des Komponisten betrifft, in die Musikgeschichte eingehen. „Die Berühmtheit schreitet wacker vorwärts“. Selbstsicherheit

Während er sich als Komponist neu orientiert, sucht Strauss auch als ­Kapellmeister neue Wege. In Weimar, das für die nächsten Jahre – genauer: zwischen Herbst 1889 und Frühjahr 1894 – auch zum wichtigsten Uraufführungsort wird, kann er (vorerst) seine Ambitionen als Komponist und Dirigent miteinander verbinden. Die zur Schau gestellte Selbstsicherheit des 25-Jährigen kommt im Schriftverkehr mit Hans Bronsart von Schellendorf, Generalintendant des Hoftheaters, in geballter Weise zum Ausdruck. So bezeichnet er sich als „einen jungen musikalischen Fortschrittler (äußerste Linke)“ mit „allzu extremen jugendlichen Anschauungen“ (9. Februar 1889)162 und versteht es, seine Forderungen nach Autorität mit Argumenten zu untermauern, wenn er für sich den Titel eines „Hofkapellmeisters“ verlangt, denn: „Bei Orchester u. Bühnenmitgliedern fällt ja in erster Hinsicht nicht die künstlerische, sondern die Autorität der Stellung in’s Gewicht, von deren Machtvollkommenheit aus ja erst der Einfluß in künstlerischer Beziehung zu erreichen ist.“ Außerdem wünscht er sich „die unbedingt strenge Autorität“ und eine Unterordnung der Regisseure, denn  „ein Nebeneinander von Kapellmeister und Regisseur ist ja heute überhaupt kaum mehr denkbar“ (1. März 1889).163 Als die beiden im Vorfeld der Tonkünstlerversammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins in Wiesbaden, die Bronsart organisiert und wo Strauss jenes schon erwähnte Konzert dirigiert, das u. a. Aus Italien umfasst, Diskussionen über das Programm führen, zeigt sich Strauss’ Selbstbewusstsein in der Art und Weise, wie er Bronsarts Programmpläne kritisiert, vor allem den Plan, die Variationen für Orchester des Berliner Hochschulprofessors Ernst Rudolff ins Programm zu nehmen: „[D]as Programm zum zweiten Concert ist ja ganz wundervoll, nur – verzeihen Sie die Freiheit, die ich mir nehme – der auf den alten wack-

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ligen Krücken des Vaters Kontrapunkt daherhumpelnde Berliner Hochschülerzopf will mir nicht recht gefallen, besonders in der Umgebung von Liszt, Cornelius und Lalo, auf die ich mich riesig freue.“ Außerdem zeigt Strauss ganz deutlich sein Unbehagen gegenüber Brahms, das er hier nicht mehr zu verbergen müssen glaubt: „Der heilige Johannes […] scheint nun eben doch einmal bei jedem Concertprogramm offiziell zu sein, wie der Toast auf den Landesfürsten bei einem Festdiner. – // Doch verzeihen Sie, es steht mir wirklich nicht zu, an dem Programm der Tonkünstlerversammlung Kritik zu üben“ (13. April 1889).164 Als Bronsart widerspricht, macht Strauss den üblichen halben Rückzieher – ohne jedoch darauf zu verzichten, die Relativierung seiner früheren Behauptung ihrerseits wieder zu relativeren. Er bedankt sich nämlich „für die liebenswürdige Nachsicht, die Sie, hochverehrter Generalintendant, meinem etwas voreiligen Witze über ein Werk, das ich gar nicht kenne, angedeihen ließen!“ Dann aber kann er der Versuchung nicht widerstehen, auch auf den Berliner Kollegen sein Urteilsschema anzuwenden: „Ich kenne allerdings nur eine B-Dursinfonie von Rudolff, dieselbe sieht freilich weder nach einer Zukunft, noch nach Musik aus“ (14. April 1889).165 Die „allzu extremen“ Forderungen wurden nur teilweise erfüllt: Strauss wurde Großherzoglich-Sächsischer Kapellmeister und nicht Hofkapellmeister, wie er gefordert hatte, erhielt eine probeweise Stelle, die erst im Juni 1890 in eine Anstellung mündete – und musste auch hinnehmen, dass beim Tonkünstlerfest das Werk von Rudolff erklang, ließ es allerdings den Komponistenkollegen selbst dirigieren. Immerhin konnte Strauss erreichen, dass er, obwohl seine offizielle Tätigkeit in Weimar am 1. August begann, erst ab 1. September anwesend sein musste, da er den Juli und fast den gesamten August in Bayreuth verbrachte, wo er als Musikalischer ­Assistent wirkte. Mit Cosima Wagner, die er wohl im Vorjahr bei seinen alljährlichen Bayreuth-Besuchen kennengelernt hatte und mit der er seit Beginn des Jahres 1889 korrespondierte, verband ihn nun ein reger Austausch, und er setzte alles daran, mustergültige Aufführungen im Sinne des Hauses Wahnfried durchzusetzen. Daneben geht es ihm auch um eine Gesamtreform des Musiklebens. In einem Brief an Alexander Ritter, den Willi Schuh auf den Winter 1890/91 datiert, heißt es: „Meine allerfortschrittlichste Kunstanschauung hat bis jetzt noch keinen Widerstand, aber auch keinen Widerhall gefunden – doch läßt man mich ruhig gewähren.“166 Gegenüber Eugen Spitz-

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weg beschreibt er Weimar am 24. Oktober 1889 als „eine reizend gelegene Stadt, Kritik gibt es gar nicht: das reinste Elysium!“167 Am 19. Dezember 1889 berichtet er an Carl Hörburger von seinen „wahnsinnig modernen Programmen“168, die er sich erkämpft hat und in denen praktisch nur Musik nach seinem Geschmack – von Beethoven, Liszt, Berlioz, Wagner, Bülow, Ritter sowie selbstverständlich Strauss selbst – erklingen soll. Am 12. Oktober 1889 schreibt er an die Eltern: „Ich habe gestern Bronsart meine Konzertprogramme unterbreitet […], worauf Bronsart die Hände über dem Kopf zusammenschlug. […] Jedenfalls werde ich mein Möglichstes tun, meine Programme aufrechtzuerhalten.“ Franz Strauss antwortet am 20. Oktober 1889: „Mich wundert gar nicht, daß Bronsart bei Deinem Konzertprogramm den Kopf geschüttelt hat, das ist ja mehr als ein Straussenmagen vertragen kann. Es gibt ja doch außer Liszt, Wagner, Berlioz auch noch andere Komponisten, deren Werke gehört werden dürfen, gibt es denn für Euch gar keinen Mozart, Haydn, Spohr etc. mehr? Du hast Dich immer über die Einseitigkeit der hiesigen Konzertprogramme aufgehalten, und fällst nun jetzt in noch größerem Maßstabe in denselben Fehler. Ich bitte Dich, lieber Richard, sei vernünftig und gehe ruhig Deinem vorgesteckten Ziele entgegen, Du kommst viel sicherer an, als durch übermäßiges Hasten ...“.169 Seine Ziele verfolgt der Sohn nun allerdings sehr energisch. Während der Proben von Don Juan wirbt er am 8. November 1889, drei Tage vor der Uraufführung, gegenüber den Eltern für das Stück, es mache „sich ganz ausgezeichnet, ich habe zu meiner Freude ersehen, daß ich wieder Fortschritte in der Instrumentation gemacht habe, alles klingt famos und kommt prächtig heraus, wenn es auch scheußlich schwer ist. Die armen Hornisten und Trompeter taten mir wirklich leid. Die bliesen sich ganz blau, so anstrengend ist die Geschichte, es ist nur ein Glück, daß das Stück kurz ist.“ Und zwei Tage nach dem Konzert berichtet er den Eltern unter Verweis auf die Publikumsreaktionen: „Also ‚Don Juan‘-Erfolg großartig, das Stück klang zauberhaft und entfesselte einen für Weimar ziemlich unerhörten Beifallssturm.“ Franz Strauss antwortet am 14. November postwendend, aber reserviert: „Hoffentlich wirst Du durch die Aufführung Deines Werkes überzeugt worden sein, daß Du künftig mit der Behandlung des Bleches etwas sparsamer und vorsichtiger sein mußt, und nicht zu viel auf den äußeren Glanz, und mehr auf inneren Gehalt bedacht sein mußt. Farbe bleibt immer nur Mittel zum Zweck“.170 In die-

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sem Punkt waren die Positionen tatsächlich unvereinbar geworden, und die Auseinandersetzungen zwischen Franz und Richard Strauss bilden diesbezüglich weit mehr ab als nur einen Konflikt zwischen Vater und Sohn. Vielmehr sind sie repräsentativ für jene Spannungen, die die Modernisierungsbestrebungen einer jungen Komponistengeneration aus­ lösen, an deren Spitze Strauss gerät. Auch sein Verhältnis zu Bülow ist von solch abweichenden ästhetischen Prämissen geprägt, die miteinander nicht in Einklang zu bringen sind. Sowohl Franz Strauss als auch Bülow begegnen selbst dem, was sie schockiert und abstößt, mit einer bemerkenswerten Offenheit, die Richard Strauss selbst später, im Alter, vermissen lassen wird. Ihre wechselnden, mitunter schwankenden Urteile sind bei Weitem nicht nur als Privatmeinungen zweier älterer Herren zu verstehen, sondern repräsentieren maßgebliche Teile der etablierten Musikkultur. Insofern könnten sie für die Erfahrungen einer großen Gruppe der musikalischen Öffentlichkeit stehen, mit der Strauss konfrontiert war. Wie weit Franz Strauss aufgeschlossen sein konnte, zeigte sich etwa in seinem Schreiben an Richard vom 4. März 1891 nach der Münchner Erstaufführung von Don Juan unter der Leitung von Franz Fischer, wobei er allerdings auch seine unumstößliche Position in Erinnerung rief: „Dein ‚Don Juan‘ hat mir sehr gefallen, abgesehen, daß ich ein Anhänger der Klassiker bin. – Es ist Selbständigkeit in dem Werke, ein großer Zug, einige Erfindung, kein unsicheres Umhertappen, es fehlt ihm auch die Form nicht, enthält Feuer und Schneid, ist mit allem Glanz instrumentiert, es sagt – in einer Beziehung – vollständig, was es will, nur möchte ich glauben, daß etwas zu viel dabei gedacht ist, und der Empfindungswelt etwas mehr dürfte Rechnung getragen werden.“171 Ähnlich wohl­ gesonnen versuchte auch Bülow, das aus seiner Sicht Positive wahrzunehmen. In den Tagen der Uraufführung von Don Juan berichtete er am 13. November 1889 an seine Frau Marie von Bülow: „Strauß hier enorm beliebt. Sein Don Juan vorgestern Abend hat einen ganz unerhörten Erfolg gehabt. War diesen Morgen vor 9 bei ihm mit Spitzweg, seine neue sinfonische Dichtung ‚Tod und Verklärung‘ zu hören – die mir wieder größeres Zutrauen in seine Entwicklung eingeflößt hat. Sehr bedeutend, trotz allerhand Schlacken auch erquicklich.“172 Während die nächste Tondichtung also bereits abgeschlossen war, zögerte Bülow trotz seiner Vorbehalte nicht, Don Juan ins Programm seiner Berliner Philharmonischen Konzerte zu nehmen. Strauss vergewisserte sich vor der Erstaufführung

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am 30. Jänner 1890 noch, „daß ja keine thematische Analyse des ‚Don Juan‘ ins Programmbuch kommt, sondern nur die der ersten Partiturseite vorgedruckten Lenauschen Verse mit allen Gedankenstrichen in dieselbe aufgenommen werden!“ (an Bülow, 15. Jänner 1890).173 Ähn­liches äußerte er später gegenüber Franz Wüllner: „Um den Abdruck des Gedichtes möchte ich Sie recht dringend ersuchen; dasselbe ist für das Verständniß meines Stückes von entscheidender Wichtigkeit“ (17. Dezember 1890).174 Nach dem Berliner Konzert notierte Bülow: „Strauß’ Don Juan hatte in Berlin Erfolg, entschiedenen. Börsencourier und Börsenztg. bestreiten ihn nicht, der rustikale U. in Tante Voß [Vossische Zeitung] hetzt natürlich aus Haß gegen mich.“175 Der Komponist hingegen war von der Aufführung entsetzt; Bülow „hat eigentlich keine Ahnung von dem Stück“, schrieb er tags nach dem Konzert an die Eltern176, legte am 5. Februar nach und formulierte dabei eine Form von Idealismus, an die er selbst geglaubt haben mag, die aber aufgrund seines Verhaltens ansonsten nicht ganz einleuchtend wirkt: „Daß mir die total verfehlte Aufführung durch Bülow […] nur Ärger und Qualen bereitet hat, werdet Ihr nun verstehen, wenn ich Euch sage, daß ich nicht nach Erfolgen ringe und kein berühmter Komponist aus Mißverständnis werden will, wenn ich sehe, daß meine Mitteilung an das Publikum nicht verstanden werden konnte. Ich will meiner Kunst ehrlich dienen und scheue keinen Mißerfolg, wenn ich nur die Gewißheit habe, daß diese meine Mitteilung richtig und korrekt vor das ­öffentliche Forum gelangt. Ein Erfolg auf einer anderen Basis ist mir gleichgültig, ja mehr, widerlich“ (an die Eltern, 1890).177 In der Allgemeinen Musik-­ Zeitung bestätigte Otto Lessmann Bülows inadäquate Wiedergabe, wenn er zunächst – unter dem Eindruck des Philharmonischen Konzerts – meinte, dass bei Don Juan „in der zweiten Hälfte desselben die Fantasie des Komponisten ein wenig in die Breite zu gehen scheint, dass auch für mein Tonempfinden im Orchester einige allzu geräuschvolle Klangfarben ein wenig gemilderter hätten aufgetragen werden ­können“. Er korrigiert diese Einschätzung aber, nachdem Strauss selbst in einem Populären Philharmonischen Konzert am 4. Februar 1890 das Werk geleitet hat „und dabei die Zeitmasse unendlich viel freier behandelt hat […]. Das aus dem leidenschaftlichen Inhalt der Komposition sich ergebende tempo rubato, das stärkere Feuer der Darstellung, das der Komponist selbst seinem Werke zu Theil werden lassen konnte, hat alle Längen

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beseitigt, wie denn überhaupt das Tonstück unter der schwungvollen Leitung des Komponisten sehr viel klarer wurde.“178 In den Fachzeitschriften erntet Strauss bereits mehrheitlich entschiedene Anerkennung. Als im Rahmen der Tonkünstlerversammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins in Eisenach am 21. Juni 1890 zwei (!) seiner Werke uraufgeführt werden, dirigiert er in einem programmatischen Programm unter anderem auch Werke von Liszt und Berlioz, die an den Beginn und an den Schluss des Konzerts gesetzt wurden. Über Tod und Verklärung meint der Rezensent, dass das Werk, „obschon der jüngsten Zeit entsprossen, den beiden musikalischen Eckpfeilern [des Programms] als geistesverwandt und durch die aus ihm sprechende geniale Kraft als ebenbürtig gelten darf “; in der Tondichtung sieht er „nicht nur die bisher bedeutendste Schöpfung des jungen Weimarer Hofcapellmeisters, sie bildet auch das Hervorragendste, was die neueste Zeit überhaupt auszuweisen hat.“ Es muss daneben merkwürdig gewirkt haben, dass auch die ­Burleske, die noch aus der Meininger Zeit stammt und Brahms’sche Techniken motivischer Verzahnung übersteigert, als Uraufführung desselben Komponisten gespielt wurde. Der Kritiker sah sie als „ein eigenartiges Stück, dessen arabeskenreiche, possirliche Wendungen und Seitensprünge die Aufmerksamkeit des Zuhörers keinen Augenblick erlahmen“ lassen, attestierte ihm aber dennoch nur eine begrenzte Erotik. Denn: „Ob das Stück viele Liebhaber finden wird, ist trotzdem nicht ganz zweifellos, da es ein wenig gar zu vielgestaltig ist und einiger Ruhepunkte, in denen die erschöpfte Aufmerksamkeit des Hörers durch melodische Reize gefesselt werden [sic], ermangelt. Jedenfalls könnte eine Kürzung dem in muthwilliger Bewegung allzugedehnten Stück zu größerer Wirksamkeit verhelfen.“ Die Anspielungen auf „Seitensprünge“ und „Liebhaber“ zeigen hier, dass auch das Privatleben des Komponisten – genauer, seine kolportierte Affäre mit Dora ­Wihan-Weis, der Ehefrau des Cellisten Hanuš (Hans) Wihan, der Strauss’ Jugendwerke (ur-)aufgeführt hatte – in aller Munde war. Dem Dirigenten schrieb der Rezensent währenddessen „electrisirendes Feuer“ zu – im Unterschied zum durch „Umsicht und künstlerisches Feingefühl“179 charakterisierten Weimarer H ­ ofkapellmeister Eduard Lassen, der im selben Konzert ebenfalls am Pult stand, allerdings nur in zwei Stücken, während Strauss den gesamten Rest betritt. Die Allgemeine Musik-Zeitung versäumte es auch nicht, die Urauf­ führung von Macbeth am 13. Oktober 1890 zu vermerken, wenn sie auch

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nur einen Bericht aus zweiter Hand („Aus Weimar wird uns geschrieben …“) brachte. Auch wenn die Formulierungen sehr allgemein gehalten sind, ist eine äußerst positive Haltung gegenüber dem Komponisten spürbar: „[M]ehr noch, als in den erstgenannten Tondichtungen, lässt Strauss hier seiner gewaltigen Fantasie freien Lauf. Gilt es einen Macbeth in treffendster­Charakteristik zu zeichnen, – und fast nur von dem Helden selbst erzählt die Musik – so muss freilich das Bild, wie kaum ein anderes, düster und von unheimlicher Leidenschaft durchglüht sich gestalten.“180 Franz Strauss nutzte hingegen die Uraufführung zu einer weiteren seiner zahllosen Mahnungen, die auch einiges von den Vorwürfen enthielt, an die sich sein Sohn auch von Seiten der Presse gewöhnen musste, wenn er ihm am 17. Oktober 1890 schrieb: „Selbstbewußtsein lasse ich mir ja recht gerne gefallen, aber bis zur Krankhaftigkeit darf es nicht kommen. Du hast gerne Neigung zum Experimentieren, aber das darf einer, der es mit der Kunst ehrlich meint, nicht tun, er schadet der Kunst und sich. […] Das Publikum, das man bilden und leiten will, muß den Führer verstehen, sonst kann er es nicht führen und läutern, höchstens konfus und irre machen. […] Alle großen Künstler haben zu allen Zeiten und in allen Künsten mit den einfachsten Mitteln das Groß­ artigste geleistet, denke nur an die griechischen Plastiker und an die großen italienischen etc. M ­ aler des Mittelalters. – Ich gebe Dir, zwar mit schwerem Herzen, den Rat, weil ich weiß, daß es nichts nützt, überarbeite den ‚Macbeth‘ noch einmal sorgfältig, und schmeiße den übermäßigen Wulst von Instrumentenfett hinaus, und gebe den Hörnern [sic] mehr Gelegenheit, das heraushören zu können, was Du eigentlich sagen willst.“181 Währenddessen saß der Komponist bereits an der Neuinstrumentation. Als sie fertiggestellt war, urteilte Bülow in einem Schreiben an Spitzweg vom 8. März 1891: „Einstweilen scheint mir Hexenknecht noch nicht gleichbedeutend mit Hexenmeister. Immerhin: Geistwachstum ist noch unergründlicher als Naturevolution.“182 Doch als die dritte Fassung dann in einem Philharmonischen Konzert am 29. Februar 1892 mit dem Komponisten am Pult uraufgeführt wurde, jubelte Bülow gegenüber Spitzweg schon nach der öffentlichen Generalprobe am Tag zuvor: „[D]er Erfolg des Macbeth war heute Mittag colossal! Strauß 4mal hervorgebrüllt. Das Werk klang auch – überwältigend.“ Als PS fügte er hinzu: „Viel Dynamit in der Luft, wollte sagen Elektrizität.“183

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Während seiner Weimarer Zeit erprobt Strauss auf mehreren Ebenen seine Durchsetzungs- und Überzeugungskraft. Seine Schüler Heinrich Zeller, Tenor, und Pauline de Ahna, Sopran, bringt er am Theater unter und fördert sie nach Kräften, auch was ihre Bekanntheit betrifft. So erbittet er am 22. Mai 1890 bei Spitzweg, eine Notiz im Münchner Theater­ anzeiger über das Debüt von Pauline als Pamina in der Zauberflöte unterzubringen.184 Vor allem aber entwickelt er auch sein Gespür für die Psychologie des Umgangs mit Menschenansammlungen, für die Inter­ aktion mit dem Publikum: Nach einem Populären Konzert mit den Berliner Philharmonikern berichtet er am 25. Februar 1891 seiner Schwester Johanna: „Tod und Verklärung hatte heute großen Erfolg; ich wurde in jedem Concert stürmisch empfangen und nachher aufs Lebhafteste je zweimal gerufen; ich habe nämlich sehr lange Pausen gemacht, bis ich immer wieder herauskam.“185 Aus Weimar, wo er sich großer Beliebtheit erfreut, wie schon Bülow beobachtete, schreibt er dem Vater am 24. November 1891: „Ich werde jetzt in jedem Konzert, was noch nie da war, vom Publikum empfangen und am Schluß des Konzerts stürmisch gerufen; die Konzerte sind prachtvoll voll.“186 Und gegenüber der Mutter berichtet er am 18. März 1892, wenige Tage, nachdem er in Leipzig Tod und Verklärung dirigiert hat: „Das Orchester hat mich am Mittwoch, als ich zur Probe kam, mit Tusch empfangen; junge Enthusiasten haben mich zur Bahn begleitet und Hoch geschrien, als ich abfuhr, hat mir einer sogar die Hand geküßt. Kurz, die Berühmtheit schreitet wacker vorwärts.“187 In Weimar erprobt Strauss in der kleinen Welt der kleinen Provinzstadt mit der enormen kulturellen Tradition von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen bis Franz Liszt und Richard Wagner, von Goethe und Schiller bis Jean Paul und Arthur Schopenhauer die Mechanismen der Machtausübung und der Manipulation. Dabei sucht er auch kulturpolitischen Einfluss zu gewinnen: „Nächstens will ich auch ein großes Memorandum an den Großherzog schreiben und genau motiviert eine Vergrößerung unseres Streichquartetts um zwei Erste, zwei Zweite Geigen, ein Cello, einen Kontrabaß bitten, mit diesem vervollständigten Orchester dem Großherzog eventuell Konzertgastspiele der Hofkapelle à la Meiningen in Aussicht stellen. Das zieht vielleicht!“ (an die Eltern, 3. Jänner 1892).188 Gleichzeitig tauscht er sich ausgiebig mit Cosima Wagner aus, die ihm verspricht, ihn als „Leibkapellmeister“ nach Bayreuth holen zu wollen

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(25. August 1891).189 Strauss stellt daraufhin konkrete Bedingungen, die wie so oft auf möglichst vollständige Kontrolle hinauslaufen: „Also ich bitte dringend darum, daß Sie das Studium mit den Sängern für das von mir geleitete Werk mir allein übergeben; es ist für mich zugleich eine Übung, Besprechungen nach den Proben sind dann unmöglich, Auseinandersetzungen auf den Proben unnötig, da die gegenseitige Verständigung schon vorher erzielt worden ist. Sie wundern sich vielleicht, daß ich darauf so großes Gewicht lege, aber ich kenne meinen Eigensinn und meine Heftigkeit und möchte nicht, daß Sie, hochverehrte gnädigste Frau, eines schönen Tages von derselben [sic] zu unangenehm überrascht und erschreckt würden!“ (18. April 1892).190 Dass er die „reine Lehre“ Bayreuths inhaliert hat, zeigt auch ein Artikel, den Strauss 1892 für die Bayreuther Blätter verfasst und in dem er für die „Reinheit und Vollkommenheit des Stils“ plädiert.191 Minutiös berichtet er Cosima Wagner von seiner ersten Weimarer Lohengrin-Aufführung am 6. Oktober 1889. Drei Tage danach schreibt er: „Der wundeste Punkt der Aufführung war nun die Regie; ich hatte zwar in der, da die Oper ja nach dem altberühmten Theaterausdruck seit 30 Jahren sitzt, leider nur flüchtigen Arrangierprobe die allerdringendsten Sachen durchgesetzt; daß Ortrud in der ganzen Telramundszene sitzen bleibt, daß Lohengrin nach ‚Elsa, ich liebe dich‘, letztere nicht erst spazieren, sondern direkt zum König führt, am Schlusse rechtzeitig in den Kahn springt etc. etc. […] Seien Sie nun, hochverehrteste gnädige Frau, fest überzeugt, daß ich meinen ganzen Fleiß und meine ganze Energie daransetzen werde, durch die Erzielung von wenigstens möglichst korrekten Aufführungen unserer erhabensten Musikwerke einen geringen Teil der großen Schuld der Dankbarkeit abzutragen, die ich für Sie, hochverehrte Frau, im Herzen fühle. Dieses wahre Gefühl der größten Dankbarkeit für all das Große, Schöne und Erhabene, was ich in Bayreuth genossen, erfahren und gelernt habe, kann ich heute vorerst nur in arme Worte kleiden; mein sehnlichster Wunsch ist es nun, meine aufrichtigen und treuen Gesinnungen für die Bayreuther ­Sache auch später durch Taten Ihnen beweisen zu können.“192 Der Witwe Richard Wagners, die an der Spitze der Festspiele auf dem Grünen Hügel steht und mit knappen Kassen konfrontiert ist, erzählt Strauss auch von einer seiner wenigen dokumentierten politischen Aussagen, die in der Regel bei seiner jeweiligen Umgebung Befremden hervorriefen: „Ich bin hier [in Weimar] neulich bei einem großen Diner mit dem feierlichen

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Ausspruche ‚Ich bin sehr gerne bereit, die Sozialdemokraten, wenn dieselben die nötige Million für Bayreuth schaffen, als die Träger der wahren Kultur zu bezeichnen‘, tüchtig ausgelacht worden, bleibe aber nichtsdestoweniger auf diesem vielleicht etwas eigentüm­lichen politischen Standpunkt!“193 (22. März 1890). Beharrlich und stolz tritt er auch gegenüber der Festspielleiterin auf. Als ihm Cosima Wagner anbietet, im Sommer 1892 für Hans Richter die Proben zu den Meistersingern von Nürnberg zu halten und dann die letzten beiden Aufführungen zu leiten, antwortet Strauss am 28. März 1892: „Soll das nun meine einzige Aufgabe sein? Haben Sie den Plan, mir eines der vier Werke (welches, ist mir ganz egal) ganz allein zur Direktion zu übergeben und mich mit der vollsten Autorität ausgestattet offen schon jetzt zum Leiter dieses Werkes zu ernennen, aufgegeben? // Wenn dies der Fall ist, so muß ich Ihnen schon jetzt erklären, daß ich auch die Leitung der ‚Meistersinger‘-Proben nicht übernehmen werde. Nicht aus gekränkter Eitelkeit, die kenne ich nicht, sondern weil ich ganz genau weiß, daß ich so ‚eingeschoben‘ und als Lückenbüßer nichts leisten werde. Ich bin in Bayreuth neu und brauche Zeit und Gelegenheit, mich langsam mit allen Mitwirkenden zusammen in das mir anvertraute Werk einzulegen; für einen anderen etwas vorbereiten, das kann ich nicht, dazu bin ich eine viel zu wenig geschmeidige Natur. […] Ich bin kein ‚Vertreter‘, sondern ein recht eigensinniger Dickkopf, der nur etwas Gutes zu leisten imstande ist, wenn er seinen eigenen Weg gehen kann.“194 Geschmeidiger lässt sich Kompromisslosigkeit kaum argumentieren. „Erweiterung meiner Machtstellung“. Kampfansagen

Unter dem Einfluss Cosima Wagners und getrieben vom Ehrgeiz, bei den Bayreuther Festspielen mitzuwirken, aber auch mit den Theatererfahrungen aus Meiningen im Hintergrund setzt er unterdessen alles daran, mustergültige Aufführungen vor allem von den Werken Wagners zu erreichen. Am 5. Juli 1890, wenige Tage nach Antritt seiner festen Stellung, die er auch mit einem 5-Jahresvertrag für seine Schülerin Pauline de Ahna verbinden konnte, kommt Strauss nochmals auf das Thema der Regie zurück, das er bereits im Vorfeld seiner Tätigkeit in Weimar angeschnitten hatte. In einem Brief an Bronsart versucht er sich abermals in geschickter Argumentation unter Verbindung von Zugeständnissen und ihrer sofortigen

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Relativierung: „Was die Regisseurfrage betrifft, so bin ich darin vollständig Ihrer Ansicht, einem guten Opernregisseur (den es allerdings in ganz Deutschland gar nicht gibt) gegenüber, dem Kapellmeister nur eine beratende Stimme einzuräumen u. bitte Sie, hochverehrter Herr Generalintendant, meinen so dringend wiederholt ausgesprochenen Wunsch in dieser Angelegenheit nicht dahin mißverstehen zu wollen, daß es mir sich nur um eine Erweiterung meiner Machtstellung handelt. Ich bin der erste, der sich mit Freuden auf sein Orchester beschränkt, wenn ich auf der Bühne alles in den Händen eines tüchtigen Regisseurs weiß, ja, ich würde sogar mit Freuden auch den Gesangsmeister noch anerkennen so aber, wie es bis jetzt bei uns stand u. wie es beinahe auf allen deutschen Opernbühnen steht, muß ich, im Interesse styleinheitlicher Aufführungen u. wirklich künstlerischer Tätigkeit, darauf dringen, daß ich vom Dirigentenpulte aus, das letzte Wort (selbstverständlich wenn Sie, Herr Generalintendant, nicht anwesend sind) zu sprechen habe.“ Ziel sei, so Strauss, eine „vollständige Styleinheit u. Stylreinheit (in der ziemlichen Übereinstimmung von Bühne und Orchester, die nur durch einen leitenden Willen wiederum zu erzielen ist)“195 – sodass seine Forderungen trotz aller gegenteiliger Beteuerungen sehr wohl auf eine größere „Machtstellung“ hinauslaufen. Sachlich hat er wohl recht gehabt, zumal der angesprochene „Gesangsmeister“, der Bass-Buffo Ferdinand Wi(e)dey, 1890 als Regisseur und Oberspielleiter fungierte und nichts dabei gefunden wurde, dass er gleichzeitig in einem Stück mitspielte und die Inszenierung besorgte. Bronsarts Antwort gibt sich diplomatisch, lässt aber an Klarheit nichts zu wünschen übrig, wenn der Intendant nicht nur Strauss’ Machtbestrebungen eine Absage erteilt, sondern auch die Autorität von Cosima in Zweifel zieht: „Daß die Regie Rücksicht auf die Musik zu nehmen hat, daß Fälle vorkommen, in denen der Rath und der Einfluß des Kapellmeisters unerläßlich ist, haben wir nicht erst von Wagner zu lernen gebraucht. Es ist das eine nie bestrittene Thatsache. // Aber auch der umgekehrte Fall kann eintreten und tritt ein. Ich kann also nur wiederholen, daß beide Personen Hand in Hand gehen müssen. […] Ich zweifle nicht, daß jeder Regisseur gern guthen Rath von Ihnen annehmen wird. Unter Ihre Befehle kann ich ihn aber nicht stellen, da ich keine Veranlassung sehe, einen Ausnahmezustand zu schaffen, wie er in den Zeiten des höchsten Glanzes der Weimarer Oper, unter Liszts Auspicien, nicht nothwendig erachtet wurde. // Was Ihre Angaben über Wagners nähere Intentionen betrifft, so muß ich wiederholen,

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daß die Quelle, aus der Sie schöpfen, zum mindesten als höchst unzuverlässig zu bezeichnen ist. J­ eder gute Musiker, der mit Wagner in näherer Beziehung gestanden, weiss darüber mehr und Zuverlässigeres anzugeben, als die unmusikalische, wenn auch übrigens gewiss sehr geistvolle Witwe des großen Meisters.“ Im selben Schreiben wird er dann grundsätzlich: „Ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß es mich mit ernster Sorge erfüllt, wenn ich bedenke, wie wenig Aussicht vorhanden ist, uns gegenseitig über eine Anzahl wichtiger Dinge zu verständigen; es würde dazu durchaus eine Modificierung Ihrer ultraradicalen Anschauungen erforderlich sein, und wenn ich auch hoffe, daß mit reiferer Erfahrung das, was bei Ihnen zum Überstürzen und Umstürzen drängt, in ein harmonisches Gleichgewicht kommt, so muß ich mir doch mit Besorgnis sagen, daß ich Sie eigentlich auf diesem Wege seit Ihrem Eintritt in Ihr Amt weiter und weiter schreiten gesehen habe“ (8. Juli 1890).196 Immerhin konnte Strauss in den Auseinandersetzungen um das Thema Regie erreichen, dass 1891 mit Fritz Brandt ein neuer Oberspielleiter engagiert wurde und er selbst bei der Szene mitreden durfte. Eine Episode aus dieser Zeit ist besonders charakteristisch: Vor der 100. Weimarer Aufführung von Wagners Lohengrin bemüht sich Strauss darum, die alten Dekorationen zu ersetzen und bietet an, angesichts der chronischen Geldnöte des Theaters die nötigen Kosten von 1000 Mark selbst zu bezahlen, worauf der Herzog beschämt die nötige Summe zur Verfügung stellt. So verlockend es wäre, darin ein von vornherein kalkuliertes Manöver zu sehen – und zu vermuten, Strauss habe das Angebot nur deshalb gemacht, um sein Ziel zu erreichen, es aber nicht ernsthaft erwogen –, so wenig trifft dies zu. Denn am 4. April 1891 schreibt er in einem Brief an den Vater, der Regisseur Fritz Brandt wolle mit dem Herzog sprechen und ihm Strauss’ Angebot übermitteln, „die 1000 M. aus meiner, resp. Deiner Tasche (ich würde sie Dir übrigens bald zurückzahlen; ich habe sie nur jetzt nicht flüssig) zu bezahlen und ihn zu fragen, ob mein Geschenk angenommen werde. […] nimmt er mein Geschenk auch nicht an, so habe ich das Äußerste getan und kann mir keinen Vorwurf machen; den ‚Lohengrin‘ dirigiere ich dann nicht, kann aber auch unmöglich an einer Bühne bleiben, die sich so schmählich gegen einen Künstler benimmt, von dessen Werken sie seit beinahe 40 Jahren tantiemenfrei die größten Einnahmen eingezogen hat.“197 Es ist gut möglich, dass Strauss auch bei einer Besprechung am Theater, für die auch der Bay-

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reuther Werkmeister und technische Direktor Friedrich Kranich herangezogen wurde, mit seinem Rückzug aus Weimar gedroht hat, zumal er diese Ultima Ratio in ähnlichen Situationen in Gedanken, Worten und Werken routinemäßig anwendete. Als Komponist reichte inzwischen sein durch die Erfolge gestärktes Selbstbewusstsein soweit aus, um für seine Werke auch von seinem „Verlegerfreund“ Eugen Spitzweg immer höhere Honorare zu verlangen. Freundschaftlich zog er ihn am 13. November 1890 ins Vertrauen über seine Taktiererei mit anderen Verlegern: „Fürstner Berlin hat auf die 4 Lieder: Mädchenblumen angebissen u. volle 800 M. dafür bezahlt; das ist doch toll. Er wollte anfangs handeln; als ich aber fest blieb, hat er sich entschlossen; ich hatte aus purem Übermut die hohe Summe gefordert.“198 Aus seinem Brief vom 19. November spricht indessen nicht nur seine Art, auf diplomatische Weise eine möglichst hohe Summe zu erzielen, sondern auch ein klarer Blick hinsichtlich seiner kompositorischen Pläne: „Bezüglich meiner Forderung über ‚Tod und Verklärung‘ bin ich Dir gegenüber etwas in Verlegenheit; da dies Werk das beste und reifste ist, was ich geschrieben, und da ich voraussichtlich sobald nichts mehr componieren werde, da ich mich von der absoluten Musik ganz abwende, um mein Heil beim Drama zu versuchen, so möchte ich gerne, da ich es bei meiner verflucht kleinen Gage auch nötig habe, ein hübsches Sümmchen dafür haben, für Dich aber so die Hälfte von dem, was ich von einem fremden Verleger beanspruchen würde.“199 Die Vorbereitungen auf die Jubiläums-Vorstellung von Lohengrin und die hochfliegenden Pläne fanden im Mai 1891 ein jähes Ende durch eine lebensbedrohliche Lungenentzündung des Kettenrauchers, von der er sich in Bayreuth erholte, ohne dort dirigieren zu dürfen; ein Rückfall mit Rippenfellentzündung und anschließender schwerer Bronchitis im Juni 1892 zwangen ihn zu einer Ruhepause und erneutem Verzicht auf sommerliches Wagner-Dirigieren. Voller Sarkasmus und kaum weniger Selbstmitleid nimmt er sich selbst aufs Korn, als er sich am 14. Juni 1892 an Cosima Wagner wendet: „Da setze ich mich nun an den Schreibtisch, um einen recht schönen Brief zu schreiben, und unterdessen werden in Bayreuth Proben gehalten, die schönsten, herrlichen Proben, von denen ich es früher gar nicht geglaubt hätte, daß sie möglich wären, ohne daß ich dabei wäre, ich, eine hochwichtige, äußerst bedeutende Persönlichkeit. Nun, die Proben nehmen ihren gewohnten, schönen Verlauf; nur die

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eine hochwichtige Persönlichkeit sitzt in der Krankenstube, hustet sich halb zu Tode vor Ärger und Langeweile und philosophiert darüber, was für ein elendes Geschöpf doch der Mensch ist. […] Es ist nur ein Glück, daß Sie so rasch Ersatz für mich gefunden haben, denn auf einen solchen Krüppel wie ich einer bin, ist ja doch kein Verlaß, der wird jedes Jahr gerade vor den Festspielen krank, ja am letzten Tage vor der ersten Probe sagt er noch ab. Es ist wahr, solche Leute kann man nur an Hoftheatern brauchen, da gehören sie hin und sollen sich nicht erdreisten, da mittun zu wollen, wo wirkliche Kunst getrieben wird.“200 Währenddessen blieb die Öffentlichkeit über Strauss’ Aufenthaltsorte sowie über sein zentrales Projekt dieser Jahre informiert. Die Frankfurter Zeitung meldete etwa am 6. Juli 1892: „Richard Strauss hat sich zur Wiederherstellung seiner Gesundheit nach Reichenhall begeben und arbeitet an einer Oper ,Guntram‘“.201 Und im Jahr darauf wurden die Leser der Neuen Musik-Zeitung informiert: „Wie uns aus Aegypten geschrieben wird, weilt gegenwärtig in Luxor der Hofkapellmeister Richard Strauß und komponiert dort seine Oper ,Guntram‘, welche noch in diesem Jahre fertig werden soll.“202 Von November 1892 bis Juni 1893 war Strauss in Italien, Griechenland und vor allem in Ägypten unterwegs, um im milden Klima seine Lunge zu heilen, um Schopenhauer, Nietzsche und Wagner zu lesen, vor allem aber, um an seinem Opernerstling zu arbeiten. In seinem Tagebuch der Griechenland- und Ägyptenreise räsoniert er über seine Lektüre, stellt Beziehungen zwischen antiker Kunst und moderner Musik her, und seine diesbezüglichen Überlegungen, die wiederum der Tendenz folgen, „alles mit allem in eine beziehungsreiche Verbindung zu bringen“ (Walter Werbeck), teilt er auch mit seinen Briefpartnern. So sieht er in einem Schreiben an Cosima Wagner vom 9. Dezember 1892 eine einzige kulturelle Entwicklung „von der Skulptur bis zur Musik // von hellenischer Lebensfreude bis zum Christentum, vom äußeren bis zum inneren Menschen, // von Olympia bis Bayreuth.“ Ebenso abenteuerlich wie diese Gedankengänge ist sein Bestreben, seiner Briefpartnerin nach dem Mund zu schreiben, wenn er eine Opernaufführung erwähnt und plötzlich dessen gewahr zu werden scheint, dass er den Namen eines jener Komponisten fallen gelassen hat, der Richard Wagner und seinem Kreis am verhasstesten war: „Kairo vereinigt höchsten europäischen Komfort (so z. B. habe ich im Theater hier ,Dinorah‘ von ­Meyerbeer gesehen) mit afrikanischem Schmutz (da fällt mir ein, daß

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Meyerbeer eigentlich da hin rangiert) – kurz, es ist das verrückteste Durcheinander genau so bunt wie – mein Brief !“203 Mühelos wechselt er zwischen hochgeistigen Gedankenflügen – oder dem, was ihm als das erscheint – und chauvinistischen Ressentiments. Die Art und Weise, wie er den Einwohnern Ägyptens begegnet, ist auch durch eine Fotoserie dokumentiert, die die „übliche Überheblichkeit des Europäers, die auch Strauss teilte“204, zeigt. Seine Ausdrucksweise modifiziert er aber auch hier je nach Ansprechpartner. Gegenüber Cosima Wagner zieht Strauss alle Register des Rassismus, woran auch nichts ändert, dass er am 1. März 1893 aus Luxor auch seine Landsleute in die pauschalen Urteile einbezieht: „Alles in allem der idealste Landaufenthalt der Welt, dessen Freuden selbst die ekelhaften, dummen, albernen, faulen, schmutzigen Araber einem nur auf Augenblicke verbittern können. Das Volk ist so widerlich, daß ich sogar hie und da erwogen habe, ob mir nicht die lieben Deutschen doch lieber sind, was sehr viel sagen will! Bin ich zu Hause, sehne ich mich wieder nach den Arabern, die vor dem deutschen Philister das voraus haben, daß ich ihr Stammeln, auch Sprache genannt, wenigstens nicht verstehe.“205 Wenn er nach seiner Rückkehr nach Europa eine andere Wertung anklingen lässt, hat dies nicht nur mit einer veränderten Perspektive zu tun, sondern auch damit, dass er nun am 4. April 1893 an Franz Strauss schreibt: Er wundere sich „über die europäische Zivilisation, die in Sizilien herrscht, – gegen das wüste, aber viel originellere Treiben der Araber.“ Interesse brachte er immerhin der orientalischen Musik entgegen, wobei allerdings seine Wertung von einer selbstverständlichen Überlegenheit der europäischen Kultur ausgeht, wenn er seinem Vater schon am 1. Februar 1893 berichtet von „recht origineller arabischer Musik, zwei Geigen (Saiten und Bogen mit Pferdehaaren, in Form der alten Tanzgeigen) und Tamtam; sehr scharf im Rhythmus, der eine Geiger spielte immer nur f als Baß und der andere darüber eine höchst unverständliche Melodie mit Viertel- und Achteltönen.“206 Eine maßgebliche Veränderung seiner Meinung über die fremde und die eigene Kultur, die in den unterschiedlichen Tönen, die er gegenüber Cosima Wagner und seinem Vater anschlägt, lässt sich hier wohl kaum ableiten, viel eher eine Modulation seiner Eindrücke und Ansichten für eine extrem rassistische Ansprechpartnerin zum einen und einen verhältnismäßig moderaten zeittypischen Vertreter des bürgerlichen Chauvinismus, dem freilich der Hang seines Sohnes zur Exotik bald zu weit ging.

3. Vorkämpfer der Moderne

„Ein glänzender Orchester-Virtuose“

Auch im Ausland bleibt Strauss nicht nur ständig in Kontakt mit allen wichtigen Ansprechpartnern, sondern ist ebenso über Aufführungen und Reaktionen darauf informiert – etwa über die „sehr amüsante Kritik von Hanslick“ über Tod und Verklärung, die er gegenüber dem Vater in einem Brief vom 13. Februar 1893 erwähnt. Der Kritiker begegnet Strauss’ symphonischen Dichtungen tatsächlich auf unterhaltsame Weise, wenn auch natürlich durch die unerbittliche Brille seiner ästhetischen Vorstellungen, die mit jeder Form von Programmmusik inkompatibel sind. Bereits ein Jahr vorher hatte Strauss, noch aus Weimar, eine andere Besprechung Hanslicks registriert, sie aber erst vom Hörensagen gekannt: „Habt ihr eben die Hanslicksche Kritik über ‚Don Juan‘ in Wien gelesen? Die soll ja köstlich sein, ich krieg’ sie nächstens. Der Erfolg in Wien scheint geteilt gewesen zu sein;  Mahler (Hamburg) schickte mir gestern einen Brief ­seines neunzehnjährigen Bruders aus Wien, der sehr begeistert und eingehend mit großem Verständnis über das Werk, schreibt. Die Jungen gehn schon mit!“ (an Franz Strauss, 31. Jänner 1892).207 Seine Auseinandersetzung mit der Wiener Erstaufführung von Don Juan mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Hans Richter in der Neuen Freien Presse vom 12. Jänner 1892 war für Hanslick zu einer Abrechnung mit den neueren symphonischen Dichtungen insgesamt geworden; sein Angriff galt gleich allen Komponisten, die dieser Form huldigten: „Hektor Berlioz ist bekanntlich der Stammvater dieser sich noch immer vermehrenden jungen Generation von Tonpoeten. Mit Liszt und Wagner bildet er die Dreieinigkeit, auf welche im Wesentlichen Alles zurück­

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zuführen ist, was diese Jüngeren können und wollen. Sie haben in ein­ seitigem Studium dieser drei genialen Orchesterkünstler sich eine er­ staun­liche Virtuosität in Klangeffekten erworben, die kaum mehr zu überbieten ist. Die Farbe ist ihnen Alles, der musikalische Gedanke nichts.“ Der Einwand, die Klangfarbe werde überschätzt und das melodische Element fehle, war Richard Strauss nicht zuletzt von seinem Vater bereits vertraut; er sollte über Jahre ein zentrales Argument seiner Gegner darstellen, aber ebenso pauschal auch etliche seiner Kollegen treffen. Denn die Schärfe, mit der Hanslick formuliert, sowie der Umstand, dass er über eine ganze „Generation von Tonpoeten“ den Stab bricht, sind dem Phänomen geschuldet, dass die Programmmusik sich zu einem Modephänomen gewandelt hat. Und Strauss ist bereits jetzt zu ihrem prominentesten Exponenten geworden und wird diese Position noch ausbauen. Entsprechend drastisch formuliert Hanslick, der allerdings die enor­me Wirkung bei großen Teilen des Publikums nicht verschweigt: „Die Virtuosität im Orchestriren ist heute ein Vampyr geworden, welcher der schöpferischen Kraft unserer Tondichter das Blut aussaugt. An Erfolgen fehlt es dieser Art von äußerlich blendenden Kompositionen nicht. Ich habe Damen und Wagner-Jünglinge von dem Straußschen ‚Don Juan‘ mit einer Begeisterung reden hören, daß ihnen bei der bloßen Erinnerung ein wollüstiger Schauer über den Rücken zu laufen schien. Andere fanden das Ding einfach abscheulich, und diese Empfindung scheint mir die richtige zu sein. Das ist kein ‚Ton-Gemälde‘, sondern ein Tumult von blendenden Farbenklecksen, ein stammelnder Tonrausch, halb Bacchanale, halb Walpurgisnacht.“ Nach diesen Anspielungen auf Wagners Tannhäuser und Berlioz’ Symphonie fantastique (5.  Satz: „Songe d’une nuit du Sabbat“, wörtlich übersetzt: „Traum von einer Walpurgisnacht) wird Hanslick ebenso grundsätzlich wie polemisch: „Ob er ein großes Talent ist? Höchstens ein großes Talent für falsche Musik, für häßliche Musik. Daß er, als Zögling der Berlioz-Liszt-Wagner’schen Schule den denkbar größten Apparat für seine ‚Ton-Dichtung‘ in Bewegung setzt, versteht sich von selbst.“ Doch „ein Effect jagt den anderen, tötet den anderen. Dazwischen fliegen kleine Melodie-Ansätze, Fetzen Wagner’scher Motive rathlos umher; wir warten vergebens auf eine Entwicklung musikalischer Ideen, auf ein bischen logisches Denken und natürliches warmes Empfinden, bis wir schließlich ebenso matt zusammensinken, wie dieser Don Juan“. Hanslick war nicht nur ein kompromissloser Vertreter einer „klas-

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sizistischen“ ästhetischen Richtung, die den „Modernen“ dieser Jahre als hoffnungslos überholt erscheinen musste. Er brachte auch zum Ausdruck, was viele seiner Generation dachten, wenn er seine Meinung über das Stück mit den Worten „unverständlich, geschmacklos, überladen“ zusammenfasste – und da er es so auf den Punkt brachte wie kein anderer, wurde er auch für die Strauss-Rezeption zu einer festen Größe. Aus seiner Warte nahm jene Vision, die er gegen Ende der Don-Juan-Besprechung formulierte, das einzig mögliche Zukunftsszenario voraus: „Fast möchten wir wünschen, es würden bald noch recht viel solcher Tongemälde componiert als non plus ultra einer falschen, zügellosen Richtung. Eine gesunde Reaction könnte dann nicht ausbleiben, die Rückkehr zu einer gesunden, zu einer musikalischen ­Musik.“208 Mit der Rede von „Farbenklecksen“ war Hanslick nicht allein, auch wenn manchen seiner Kollegen eine differenzierte Beurteilung der großen Bedeutung der Klangfarbe beim jungen Strauss möglich war. So hatte Bernhard Vogel schon 1891 in der Neuen Musik-Zeitung sowohl eine diesbezügliche besondere Begabung festgestellt, andererseits aber auch „Rücksichtslosigkeit“ im Umgang mit diesen Mitteln angeprangert. Strauss, so Vogel, „handhabt das Orchester mit staunenswerter Virtuosität“, doch fehlt auch in der Wahrnehmung dieses Musikkritikers und Komponisten die Substanz: „Von Mutter Natur ausgerüstet mit einem außerordentlich feinen Tonfarbensinn und mit einer seltenen Spürkraft, die im Auffinden überraschender Wendungen überaus glücklich ist, bringt er in seinen neuesten Schöpfungen diesen Zweig seiner Begabung zu voller, mitunter sogar rücksichtsloser Geltung. Das Kolorit wird zum A und O seines künstlerischen Fühlens und Denkens; […] und das ­Gedankenmaterial in einer bisweilen allzu sprunghaften, aphoristischen, unklaren Darstellungs- und Entwicklungsweise, welche den unmittel­ baren Genuß erschwert, wird zur Nebensache. Ob damit der Kunst, die doch jedenfalls einen klaren Inhalt bei jeder Schöpfung voraussetzt, ein großer Gefallen erwiesen wird, bleibt wohl sehr anzuzweifeln.“209 Der Vorwurf mangelnder musikalischer Gedanken gehört also bereits zum festen Arsenal im Kampf gegen den aufkommenden Komponistenstar, der auch das Wiener Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt, und auch Hanslick wiederholt ihn ein Jahr nach seiner Don-Juan-Kritik, wie Strauss in Ägypten bei der Rezension über die Wiener Erstaufführung von Tod und Verklärung – wieder mit den Wiener Philharmonikern

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und Hans Richter – in der Neuen Freien Presse vom 27. Jänner 1893 lesen kann. Dabei wählt der Kritiker einen weit unaufgeregteren Tonfall, findet zu mancherlei Lob im Einzelnen. Und obwohl er wieder die Programmmusik an sich verdammt – und dabei der Meinung verfällt, Strauss habe das Gedicht seines Freundes Alexander Ritter tatsächlich vertont, obwohl es in Wahrheit erst im Nachhinein entstand –, kommt er zu einer Prognose über die weitere Entwicklung des Komponisten, die noch legendär werden sollte: „R. Strauß bewährt sich hier neuerdings als ein glänzender Orchester-Virtuose, dem es nur an musikalischen Gedanken fehlt. Er schiebt in seine Zauberlaterne verschiedene bunte Gläser, deren abwechselnd reizender Schmelz oder flammende Gluth unsere Sinne beschäftigt; was wir uns dabei vorzustellen haben, ob Tod und Teufel oder Tod und Verklärung, sagt uns ein erklärendes Programm. Auch diesmal sorgt eine vorgedruckte Dichtung dafür, daß wir nicht fehlgehen können; die Musik folgt ihr Schritt für Schritt wie einem Ballet-Libretto.“ Das Werk, so Hanslick weiter, gehöre „zu den Erzeugnissen der raffinierten Uebercultur unserer Musik. Alle im Gedicht geschilderten Vorgänge sind, wie gesagt, mit blendender Bravour nachgemalt, stellenweise mit wirklich neuen Farbmischungen; dadurch erklärt sich auch die starke sinnlich-pathologische Wirkung, welche ein so unbarmherziges Nachtgemälde auf die Zuhörer ausübt. Es fehlt dieser realistischen Anschaulichkeit nur der letzte entscheidende Schritt: die matterleuchtete Krankenstube mit dem Verscheidenden auf wirklicher Bühne; sein Todes­kampf, seine Visionen, sein Sterben – Alles pantomimisch – und dazu die Strauß’sche Musik im Orchester. Das wäre nur consequent und dürfte auch mit der Zeit ernstlich versucht werden. Die Art seines Talentes weist den Componisten eigentlich auf den Weg zum Musikdrama; wir trauen ihm ohneweiters auch jene ‚edle Verachtung des Gesanges‘ zu, welche, vor dreihundert Jahren von Caccini gepredigt, gleicherweise das Entstehen und die Auflösung der Oper kennzeichnet.“210 Der letzte Halbsatz, der eine deutlich skeptische Schlagseite bezüglich der Gestalt von Musikdramen des Komponisten aufweist, wird in der Strauss-Literatur üb­ licherweise nicht zitiert. Immerhin ist nun – nachdem es ihm noch ein Jahr zuvor rundweg abgesprochen wurde – sehr wohl von „Talent“ die Rede. Ob Hanslick wusste, dass bereits eine Oper in Arbeit war? Aufgrund der öffentlichen Präsenz von Strauss’ Plan hätte er es sehr wohl wissen können.

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Doch auch schon in der frühesten monographischen Strauss-Literatur wurde das Opernprojekt mystifiziert. So schreibt Arthur Seidl, der Freund des Komponisten aus Schultagen, zu dem er auch während der Weimarer Zeit ein Naheverhältnis hatte und der etwa im dortigen ­Wagner-Verein Vorträge hielt, in seiner 1896 erstmals erschienenen Charakter-Skizze: „Als Richard Strauß im Frühjahr 1892 seine gewaltige ­Tondichtung ‚Tod und Verklärung‘ zum ersten Mal im Liszt-Vereine zu Leipzig dirigiert hatte und hernach von Einem seiner Verehrer befragt wurde: ‚Was soll darauf wohl noch folgen?!‘ – da zuckte der Tondichter die Achseln und meinte: ‚Jetzt gebrauchen wir das Wort!‘ – ‚Also ein Musikdrama?‘ – ‚Vielleicht!‘ Und ein leichtes, sarkastisches Lächeln umspielte dabei seine Lippen: Jenes Konzert war nämlich am Abende des 16. März, und – ‚Weimar, 17. März 1892‘ steht als Tage der Beendigung unter dem Textmanuskript (ersten Entwurfes) zum ‚Guntram‘.“ 211 Den Stoff für seine erste Oper hatte er in der Zeitung gefunden: „Aus einer ganz kleinen, unscheinbaren Bemerkung in einem Feuilleton der ‚Neuen freien Presse‘, daß in Oesterreich sich geheime, künstlerisch-religiöse Orden ausgebildet hätten zur Bekämpfung der weltlichen Richtung des Minnesanges, schöpfte Strauß, wie er selbst mir einmal verriet, seiner Zeit die Idee zu seinem Drama.“212 In Kairo beendete er schließlich symbolträchtig am 24. Dezember 1892 das Particell – also eine reduzierte, noch nicht orchestrierte, aber durchgehende Fassung – seines Guntram und schrieb dazu „Deo Gratias! (und dem heiligen Wagner!)“. Zwei Tage später berichtete er an seinen Jugendfreund Ludwig Thuille, der – worauf Strauss anspielte – seit 1888 als Professor an der Königlichen Musikschule in München wirkte: „Mitten aus der Wüste, in herrlichster afrikanischer Sonne sende ich Dir – horribile dictu – einen schönen Neujahrsgruß und erlaube mir zugleich, Dir und Deiner lieben Frau, die vorgestern erfolgte glück­ liche Geburt eines gesunden, kräftigen Guntram ergebenst anzuzeigen. […] Der Große Bär steht hier am Himmel am Kopf – warum also – sollen in Deutschland nicht die Philister auch einmal ein bischen kopfstehen. Schöne Wüstenphantasien wird sich mein lieber Freund Professor sagen.“213 Diese „Geburtsnachricht“ symbolisiert nicht nur die Bedeutung seines Opernerstlings (der vorerst ohne Gattungsbezeichnung bleibt) für den Komponisten, sondern insgesamt die enge Verzahnung seines eigenen Lebens mit seinen Werken, wie er sie auch geradezu demonstrativ nach außen trägt. Dass er seine Verlobung mit Pauline de Ahna am Tag der

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Uraufführung bekanntgab, wurde bereits in der Einleitung erwähnt; dass seine Zukünftige die weibliche Hauptrolle Freihild sang, fügte dieser Verquickung privater Konstellationen mit dem Stück eine weitere pikante Facette hinzu, zumal Strauss selbst von manchen unumwunden mit der Titelfigur identifiziert wurde. Später wird er die enge Verbindung zwischen dem Schicksal seines Werkes und seiner Umgebung nicht nur weitertreiben, indem er Guntram nach mangelnden Erfolgen für tot erklärt und im Garten seiner Garmischer Villa um das Jahr 1909214 ein Marterl mit der Aufschrift aufstellt: „Hier ruht der ehr- u. tugendsame Jüngling Guntram – Minnesänger der vom Symphonischen Orchester seines eigenen Vaters grausam erschlagen wurde. Er ruhe in Frieden.“ Während er ansonsten „metaphysischer Befrachtung seiner Stücke“ abgeneigt ist215 und sich strikt antichristlich gibt, zelebriert er hier geradezu ein Eigenleben seines Werks. Nachdem 1940 eine neue Fassung unter der Bezeichnung „Handlung in drei Aufzügen“ in Weimar gezeigt worden ist, wird er – nach Geburt und Tod – von einer „Auferstehung“216 des Werks sprechen. Mit seinem eigenen Leben verbindet Strauss indessen vielfach seine Musik, sei es durch die Widmung der Vier Lieder op. 27 an Pauline aus Anlass der Hochzeit am 10. September 1894, durch die Komposition weiterer Lieder rund um die Geburt des Sohnes Franz am 12. April 1897 sowie durch die gemeinsame Aufführung von „Mutterliedern“ in dessen ersten Lebensjahren. Aber solche Kongruenzen wird Strauss noch übertrumpfen. Einstweilen fühlt er sich als Künstler reifen. „1892, die Wanderjahre beginnen!“217, steht am Anfang des Tagebuchs der Griechenland- und Ägyptenreise – und Strauss’ Biographie dieser Jahre hat tatsächlich den Anstrich eines in die Tat umgesetzten Bildungsromans nach der Art von Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahren. In einem Brief an Alexander Ritter vom 20. November 1892 hat Strauss für sein Selbstgefühl in dieser Zeit ein plastisches Bild für das empfundene Weiterwachsen gefunden: „Das klassische Griechenland hat mich aufs Höchste begeistert. Man muß in Athen gewesen sein, um griechische Kunst ganz zu verstehen […]. Ich las Aeschylos, Sophokles, Plato und schwelge im ‚Wilhelm Meister‘; Herrgott, was steht alles in dem Buch – und hier schnaufe ich warme Luft, schlürfe unendlichen Staub und werde ein Riese.“218 Keine Darstellung versäumt es, die Entwicklung des Komponisten, der im Mai 1893 in Palermo auch Goethes Italienische Reise las219, als Bildungs- und Emanzipationsprozess zu beschreiben. Der Befreiung von seinem väterlichen

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Freund Ritter, der als Spiritus rector über dem Opernprojekt stand, sowie seiner allerdings nicht sehr eingehenden Auseinandersetzung mit Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche220 wird dabei eine besondere Bedeutung zugesprochen. Die Umarbeitung des dritten Akts von Guntram steht in der Tat für einen wichtigen Schritt bei Strauss’ Selbstfindung. In der ersten Fassung hatte Guntram sich seinem Sängerbund unterworfen, in der überarbeiteten Version sich selbst zur entscheidenden Distanz aufgeschwungen. Die Tragweite, die Ritter diesem Befreiungsschlag zumaß, zeigt, dass er seinerseits im Verhalten einer Bühnenfigur hohe Symbolkraft sah: „Wenn aus dem Character Guntrams, und den auf diesen Character einwirkenden Motiven, hervorgeht daß er nicht anders kann als den Eid halten, sich dem Bunde zu stellen, so wird dadurch seine Trennung von Freihild zu einer tragischen Notwendigkeit. […] Glaubt sich aber Guntram berechtigt, seine Buße selbst zu wählen, und wählt sodann freiwillig eine Buße an der seine schuldlose Geliebte ebenso schwer zu tragen hat wie er, so ist alle Tragik beim Teufel“ (Ritter an Strauss, 17. Jänner 1893).221 Strauss versucht in seinem Antwortschreiben vom 3. Februar zu beschwichtigen, verspricht, zu „versuchen, ob ich meinen Guntram so verändern kann, wie Sie es wünschen.“222 Doch er tut dies bereits wider besseres Wissen, zumal er sich unter dem Eindruck der Lektüre von Max Stirners Der Einzige und sein Eigentum (1845), vermittelt durch John Henry Mackay, einem ethischen Solipsismus (Egoismus) verschrieben hat, der darauf hinausläuft, sich selbst als letzte Instanz für sein Handeln zu sehen und seine eigenen Interessen als Maß der Dinge zu behandeln.223 In seinem ausführlichen Brief an Ritter heißt es weiter: „Er hat sich erkannt; natürlich kann er das nur ganz allein. Das ist doch aber nicht unchristlich oder unmoralisch. Schließlich weiß doch nur jeder allein, was er ist. Was er nun, nachdem er sich erkannt hat, mit sich anfängt, ist doch seine Sache!“ Strauss scheint während des Schreibens bemerkt zu haben, dass er zu deutlich und zu allgemein geworden war, und beeilt sich hinzuzufügen: „Wessen Sache denn? Ich bitte mich, auch hier nicht, mit meiner Figur zu verwechseln! Ich hänge die Kunst nicht an den Nagel; ich bin auch nicht Guntram!“224 Arthur Seidl dagegen, der sich selbst ­einen besonders intimen Einblick in die Gedankenwelt des Komponisten zuschrieb (und von diesem wohl darin bestärkt wurde), hielt in der von Oscar Bie herausgegebenen Neuen Deutschen Rundschau 1894 unumwunden fest: „Guntram aber ist Strauss; der Bund die Wagner’sche Grals- und

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Idealgemeinde; Friedhold, der Abgesandte des Ordens, kein anderer als – Alexander Ritter, des jungen Komponisten langjähriger Freund und Führer!“225 Ganz offensichtlich hat Strauss auch hier gegenüber verschiedenen Personen unterschiedliche Kommunikationsstrategien praktiziert. Hinsichtlich des unrealisierten Opernprojekts Der Reichstag zu Mainz hat er sehr wohl für sich selbst die Identifikation einer Hauptfigur des Anfang 1893 entstandenen Entwurfs mit sich selbst festgehalten: „A., der echteste Künstler, dessen Hauptelement das bewußte Anschauen ist (ich selbst), preist die Sonne, dies erfreulichste der Dinge und ihr Adäquant, das Auge“.226 Im Tagebucheintrag vom 29. November 1892 hatte er festgehalten: „Das Höchste ist: Alleinsein mit den großen Geistern, in sie versenkt. Alleinsein mit sich selbst.“227 Und am 19. Mai 1893 schreibt er an die Schwester: „Für sich und ein paar Freunde componiert man“; nicht für „diese armselige Bande von Publikum“.228 Diese Selbstgenügsamkeit blieb freilich für Strauss ein höheres Bekenntnis. Seine pragmatische Ader blieb davon unberührt. Denn bereits während der Entstehung seiner ersten Oper denkt Strauss an öffentliche Resonanz: Sein Manuskript des Tagebuchs der Griechenland- und Ägyptenreise enthält „eine Liste, wer zur Guntrampremiere geladen werden muss, nach Städten geordnet.“229 Nach der Rückkehr nach Deutschland im Juni 1893 beginnt ein Kampf an mehreren Fronten zugleich – um eine eventuelle neue Anstellung in München, dann um bessere Vertragsbedingungen in Weimar sowie um die Uraufführung der Oper. Als Strauss am 18. Dezember Engelbert Humperdinck darum bittet, eine Notiz in der Frankfurter Zeitung zu lancieren, dass Guntram statt München in Karlsruhe uraufgeführt werden solle230, haben sich die Pläne, das Werk erstmals in seiner Heimatstadt aufzuführen, bereits zerschlagen. Auch in Karlsruhe wird die Premiere nicht zustande kommen. Währenddessen wiederholt sich das Muster, dass Strauss an jeder seiner Wirkungsstätten wachsende Unzufriedenheit empfindet: „Die ganze Wirtschaft hier ist zu lumpig, um sich darüber aufzuregen, darüber bin ich glücklich hinaus. Kühl und gleichgültig ist meine Devise, die mir wirklich ganz leicht durchführbar erscheint“, schreibt er aus Weimar am 19. September 1893 an die Eltern.231 In einem bald darauf entstandenen Brief an Humperdinck klingt das allerdings ein wenig anders: „Nun mit prächtiger Gesundheit ausgestattet, sieche ich in dem traurigen Neste Weimar und in unseren elenden deutschen Zuständen, die nach Egyptens Pracht mich doppelt grau und nebelig anschauen,

„Ein glänzender Orchester-Virtuose“

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krank an Kopf und Herzen dahin. Mit meiner hiesigen Stellung aufs äusserste unzufrieden, bange ich beinah, wenn ich sie verlasse, wo anders noch grössere Misere zu finden“ (11. Oktober 1893).232 Und als nach langem Hin und Her im Frühjahr 1894 der Wechsel nach München fixiert ist, bezeichnet er sich in einem Brief an Hermann Levi keineswegs als „kühl“, sondern als „Hitzkopf und auch ein bißchen scharf “ (23. März 1894).233 Angesichts dessen, dass der Vertragsabschluss bereits erledigt wurde, klingt das wie eine Drohung. Zuvor hat er sich mit dem Münchner Hofkapellmeister bereits im Juni 1893 in Florenz getroffen, um ein Engagement ins Auge zu fassen, nachdem Franz Strauss diesem versichert hatte, dass sein Sohn gegenüber dem Einfluss von Ritter „Selbstständigkeit“ bewahre. Der „Antisemit“ Ritter hatte nämlich aus seiner Ablehnung Levis keinen Hehl gemacht, was Letzteren veranlasst hatte, die ­Bedingung zu stellen, dass Richard ihm freundlich begegne.234 Bereits im Zuge dessen war am 19. Juni 1893 ein Vorkontrakt formuliert worden, auf dem Levi anmerkte, Strauss sei „eine ‚Persönlichkeit‘, original und interessant. Aber gerade deshalb wird er es nicht leicht haben und es uns nicht leicht machen. Er ist auch wenig geneigt zu Compromissen, scheint ein unbeugsamer Charakter. Hat feste künstlerische Ziele, und wird erst noch seine Erfahrungen zu machen haben: daß es in der Welt und in einer Beamtenstellung nicht immer nach dem eigenen Kopfe gehen kann. […] Grund-ehrlich ist er jedenfalls“.235 Nebenbei war Strauss auch so ehrlich, 9000 Mark Jahresgehalt zu fordern, worauf Levi erwidert hatte, er selbst erhalte diesen Betrag erst nach 21 Jahren.236 Noch in Weimar, wo er am 23. Dezember 1893 Humperdincks Hänsel und Gretel uraufgeführt hatte, übte er sich in Kraftproben bzw. Erpressungsversuchen. An die Eltern berichtete er am 9. Jänner 1894: „Sonntag hatten wir endlich eine ausgezeichnete Vorstellung von ‚Hänsel und ­Gretel‘, wo sich besonders Fräulein de Ahna durch höchst ausgelassenen Humor hervorgetan hat. // Ich beabsichtige mit ihr am 13. [Februar] die ‚Isolde‘ zu machen und gedenke im Falle eines ernstlichen Widerspruchs von seiten Bronsarts die Kabinettfrage zu stellen. Entweder es geht hier nach meinem Kopf oder ich gehe!“237 Er verstand es also, auch Konflikte zu inszenieren, um an seine Ziele zu gelangen. Während die genannte Aufführung zustande kam, scheiterte Strauss mit seinem Ansinnen, für seinen letztlich in Weimar angenommenen Guntram eine neue Ausstattung zu erhalten. Am 20. April 1894 wird er von Bronsart daran erinnert,

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„daß Sie mir wiederholt erklärt haben, die Inscenierung des ‚Guntram‘ werde nichts kosten“, und dieser lehnt alle entsprechenden Forderungen kate­gorisch ab.238 Die Uraufführung wird schließlich mit Bühnenbildern und Kostümen „aus dem Fundus“239 bestritten, sodass sich Strauss, wie er am 19. Mai 1894 an Alexander Ritter berichtet, zu einer „umfassenden Capellmeister-, Solorepetitor-, Dekorationsmaler-, Regisseur- und Theaterschneidertätigkeit“240 veranlasst gesehen hat. Nachdem seine Entlassung in Weimar bereits zuvor publik wurde, verwehrte er sich im April 1894 mit einer Richtigstellung an die Weimarer Zeitung Deutschland gegen das Gerücht, sein Weggang habe mit Differenzen mit seinem Kapellmeisterkollegen Eduard Lassen zu tun.241 Die Weimarische Zeitung berichtete am 13. Mai 1894 über die Uraufführung von Guntram von „ungemein starkem Erfolg“, in einer ausführ­ lichen Besprechung drei Tage später ist Strauss „ein noch kühnerer Forscher“ als Wagner, Ritter oder Humperdinck, und der Rezensent Max Hasse spricht von einem „Werk dieses Himmelstürmers“, den eine „phänomenale Begabung“242 auszeichne. Das Verhältnis zum unverkennbaren Vorbild Richard Wagner beurteilten die Münchner Neuesten Nachrichten vom 11. Mai 1894 zugunsten von Strauss: „Das Werk steht auf dem Boden des Musikdramas Wagner’s, lehnt sich aber in keiner Weise an Wagner’sche Melodik und Rhythmik an, ist sonach vollkommen selbständig.“243 Auch wenn später versucht werden sollte, Guntram in einen inhaltlichen Zusammenhang mit den Tondichtungen Don Juan, Tod und Verklärung, Also sprach Zarathustra und Ein Heldenleben zu stellen244, blieb gerade die Abhängigkeit von Wagner in der Folge meist als Makel an diesem Stück haften. Als es am 16. November 1895 zu einer einmaligen Aufführung in München kommt, urteilt Oskar Merz zwei Tage später in den Münchner Neuesten Nachrichten: „Denn im vorliegenden Falle handelt es sich ja keineswegs um irgend welche bahnbrechende Kunstthat, sondern nur um das üppige Produkt einer stark und tief nachempfindenden, reich veranlagten Musikernatur, welche, sich der Bühne zuwendend, nun im Reiche der Töne keck zugreift und nach Lust und Laune schaltet und waltet, – unbekümmert darum, daß selbst die Vertreter stetiger Fortentwicklung in der ‚Musik als Empfindungsausdruck‘, also der sogenannten ‚neueren Richtung‘, über solch unverhältnismäßigen […] Aufwand bedenklich den Kopf schütteln müssen, während den Anhängern der ‚alten Schule‘ beim Anhören solcher Musik aber geradezu die Haut schau-

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dern und ihr Erklingen ihnen wohl gar als das Werk einer Art musikalischen ‚Gottseibeiuns‘ erscheinen mag.“ Der Kritiker unternimmt hier also den rhetorischen Kunstgriff, beiden Lagern – der „alten Schule“ ebenso wie der „neueren Richtung“ – Vorbehalte gegenüber dem Werk zuzuschreiben. Das Wort eines „Gottseibeiuns“ sollte indessen Strauss von nun an begleiten, dessen Opernerstling von Merz mit grundsätzlichen Einwänden belegt wurde: „‚Guntram‘ präsentirt sich dem Hörer somit zunächst als ungemein kompliziertes Orchesterwerk. Selbst in der Behandlung der Singstimmen verfährt der Komponist vielfach mit der nämlichen souveränen Sorglosigkeit, wie er sie in den Zumuthungen darthut, die er an die Künstler seines Orchesters stellt. Für die Bühne aber ist und bleibt der Gesang die Hauptsache; das sollte nie und nirgends vergessen werden. […] All’ dies vorausgeschickt, so kann dagegen ausgesprochen werden, wie ‚Guntram‘ mit Sicherheit darthut, daß Strauss ganz hervorragende Techniken für Orchesterkomposition besitzt. Ob er diese dereinst, bei wachsender Erkenntniß von Wesen und Bedürfniß der Oper und bei ruhiger Selbstkritik, sowie bei zunehmender Selbstbeschränkung und Klärung seines Künstlerthums, und bei daraus resultirendem Vermeiden von Überschwänglichkeiten, wahrhaft in den Dienst der Bühne zu stellen vermag, falls ihm dann der Himmel einen guten Opernstoff in glücklicher Gestaltung bescheiden wird, darüber mag die Zukunft Aufschluß geben.“245 „Braucht man den momentanen Erfolg“. Strategien

Solche und ähnliche Andeutungen über Zukunftsprognosen werden nun in der Publizistik mehr und mehr zu Stehsätzen bei Einschätzungen neuer Werke. Die nähere Zukunft des Komponisten und Kapellmeisters Strauss hat allerdings zu dieser Zeit schon längst begonnen. Denn im Herbst 1894 beginnt er nicht nur seine Tätigkeit als Königlicher Kapellmeister in München, wo ihm auch die Leitung der Konzerte der Musikalischen Akademie übertragen wird, sondern übernimmt Strauss für die Saison 1894/95 auch als Nachfolger Hans von Bülows die Leitung der von Hermann Wolff veranstalteten Philharmonischen Konzerte in Berlin, die er wiederum zur Werbung für die „Moderne“ und damit auch für die eigene Sache nutzt: Im letzten der zehn Konzerte dirigiert er am 18. März 1895 als Erstaufführung Ausschnitte aus dem Guntram – neben

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den wenigen zustande gekommenen Gesamtaufführungen (etwa 1895 in Mannheim, 1901 in Prag und 1910 in Frankfurt) – versucht er in den folgenden Jahren, zumindest Teile daraus, besonders die Vorspiele, auf die Konzertprogramme zu setzen. Im Jahr zuvor hatte sich Strauss, als sich noch nicht abgezeichnet hatte, dass er auch die Münchner Stelle erhalten würde, durch das Berliner Engagement eine Reihe von Vorteilen versprochen, aber auch strategisch zielte er bereits darauf, Felix Weingartner als Kapellmeister an der Berliner Hofoper abzulösen: „Als Dirigent braucht man den momentanen Erfolg, als Komponist muß man etwas sein, das andere ist dann egal und findet sich schon! // Wolff ist fest entschlossen mich für Berlin zu gewinnen, ich reise morgen nach Berlin, um die Bedingungen festzustellen. // Zwanzig Konzerte im Winter, sechs Monate ganz frei, verlangt habe ich 12.000 M. ... In Berlin sitze ich an erster Quelle als Bewerber um Weingartners Stellung, bin riesig berühmt, kann den Sommer zubringen wo ich will und komponieren usw.“ (an den Vater, 6. Februar 1894).246 Ein Jahr später leitete er die Philharmonischen Konzerte nebenbei, was sich offenbar auf die Qualität seiner Arbeit auswirkte. In der Neuen MusikZeitung monierte der Musikwissenschaftler Paul Moos, „daß er sich in Berlin nicht als Kapellmeister ersten Ranges zeigte. Das Publikum hatte bald herausgefühlt, daß mit Strauß in dem prächtigen Saal der Philharmonie die Langeweile eingezogen sei, und flüchtete in Scharen nach dem Opernhause, wo Weingartner wohlüberlegte und reiflich durchgearbeitete Leistungen bot.“ Laut dem umfangreichen Essay, der eine Reihe von Dirigenten behandelte, dirigierte Strauss etwa Beethoven „mit beispielloser Gleichgültigkeit und Indifferenz“. Das habe sich bei den schon erwähnten Teilen aus Guntram aber schlagartig geändert: „Nun aber, da ihm darum zu thun war, der eigenen Komposition Geltung zu verschaffen, kamen plötzlich Temperament und Feuer über ihn und teilten sich wie mit einem elektrischen Strome den Musikern mit, die ihm diesmal mit einer Hingabe und Wärme folgten, wie nie zuvor.“ In der Vorbereitung anderer Konzerte „ließ es Strauß in tadelnswerter Weise fehlen“, wie im selben Beitrag weiter ausgeführt wird: Er „steckte bis über die Ohren in der Partitur und sah wenig mehr, als die Taktstriche, über die mit heiler Haut hinwegzukommen sein einziges Bestreben war. // Strauß’ Nachlässigkeit hatte insofern etwas Versöhnliches, als sie sich mit lobenswerter Gerechtigkeit auf alle Aufgaben erstreckten, die ihm gestellt wurden. Ob

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es sich nun um Beethoven, Wagner oder Brahms handelte, er war immer gleich schlecht vorbereitet und zeichnete nicht etwa die ihm näherstehenden Komponisten durch bessere Behandlung aus.“247 Weitere Versuche, sein „Heil beim Drama zu versuchen“, legte Strauss zur Seite. Neben dem bereits erwähnten Projekt Der Reichstag zu Mainz scheiterten ebenso ein Opernentwurf Das Erhabene Leid der Könige, ein Singspiel nach Goethes Lila sowie eine Volksoper über Till Eulenspiegel bei den Schildbürgern, an deren Text er zwischen 1893 und 1895 laborierte – und aus der schließlich die Tondichtung Till Eulenspiegels lustige Streiche erwuchs. Auch hier wurde stets ein enger Konnex zur Situation des Komponisten hergestellt, nicht nur von Willi Schuh, der das „nach alter Schelmenweise in Rondeauform für großes Orchester gesetzt[e]“ Werk und das ihm vorausgehende Opernprojekt in direktem Zusammenhang mit der biographischen Konstellation zur Entstehungszeit sah: „Die Konfrontierung des überlegenen Einzelgängers (Till), des ‚Weltverächters, der die Menschen mißachtet, weil er sie im Grunde liebt‘, mit borniertem, ins Groteske verzerrtem Philistertum mußte ihn damals, als er das wirkliche oder vermeintliche Weimarer ‚Philisternest‘ kaum mehr zu ertragen vermochte, besonders verlocken.“248 Dass die Position des „Weltverächters“ seine eigene war, aber auch erschüttert werden konnte, beweist eine seiner seltenen Notizen, in denen sich die Wahrnehmung der Außenwelt bei ihm niederschlägt: „Während ich Till dichte, bringt man zwei Ermordete in das gegenüberliegende Hospital! Wie armselig erscheint mir plötzlich Menschenverachtung[,] und tiefes Mitleid mit den Armen, denen ‚Leidenschaften‘ Quelle ihrer Schmerzen wie höchster Freude sind, ergreift mich.“249 Wie weit Strauss die Identifikation mit den Figuren seiner Werke treiben konnte, zeigt sich etwa darin, dass er eine Postkarte aus Taormina an Franz Wüllner vom 15. April 1893 unterschrieb mit: „Ihr bis in ,Tod und Verkl.[ärung]‘ / stets getreuer / Don Juan“.250 Gegenüber dem Dirigenten der Kölner Uraufführung von Till Eulenspiegel am 5. November 1895 deutet er allerdings an, dass er gegenüber der Öffentlichkeit schon hinsichtlich des Programmes Vorsicht für geraten hält, wie er ihm am 23. Oktober 1895 schreibt: „Es ist mir unmöglich, ein Programm zu ‚Eulenspiegel‘ zu geben: in Worte gekleidet, was ich mir bei den einzelnen Teilen gedacht habe, würde sich oft verflucht komisch ausnehmen u. vielen Anstoß erregen. […] Die Amollepisode ist seine Promotion bei den philiströsen Pro-

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fessoren, ich glaube, in Prag, wo Till durch seine monströsen Thesen eine förmliche babylonische Sprachverwirrung (das sog. Fugato) anrichtet u. sich, nachdem er sich weidlich darüber verlustiert hat, höchst ‚leichtfertig‘ entfernt. (Asdur 2/4). // Das aber bitte als Privatmitteilung zu betrachten; Bemerkungen in der Partitur wie ‚liebglühend‘ etc. werden sicher das unmittelbare Verständnis für die inhaltliche Bedeutung der einzelnen Episoden vervollständigen, dto ‚kläglich‘: sein Geständniß etc. etc. / Seien Sie herzlich gegrüßt u. lassen Sie diesmal die lustigen Kölner raten, was ihnen ein Schalk für musikalischen Schabernak angetan hat.“251 Nach den früheren Erfahrungen gibt sich Strauss hier wesentlich zurückhaltender, was die Preisgabe des musikalisch Dargestellten an das Publikum betrifft. Doch auch in seiner „Privatmitteilung“ macht er hinreichend klar, dass für ihn die Musik schlicht und einfach Vorgänge der Handlung wiedergibt. Nach der Wiener Erstaufführung am 5. Jänner 1896 – schon an der raschen Übernahme der Novität ist zu sehen, dass das Interesse auch in der Donaumetropole rapide gestiegen ist – wird Eduard Hanslick in der Neuen Freien Presse vom 9. Jänner 1896 nochmals grundsätzlich und kommt explizit auf die Gegenposition zu seinen ästhetischen Ansichten zurück: „Wir besitzen ein Buch von dem Grazer Wagnerianer Herrn Dr. Hausegger: ,Die Musik als Ausdruck‘; dafür gäbe Strauß-Eulenspiegel ein prächtiges Beispiel ab. Jede Figur, jede Modulation soll etwas ,ausdrücken‘. Was? Darüber mögen wir uns den Kopf zerbrechen. In der Partitur wimmelt es von suggestiven Vortragsanweisungen, die mitunter ans Komische streifen: ,liebeglühend, wütend, leichtfertig, schattenhaft, entstellt, kläglich‘. Sogar ein einzelner Ton, das tiefe F der Contrabässe und Posaunen, soll ,drohend‘ vorgetragen werden! Anders kann man ihn doch nicht geigen oder blasen, als wenn einfach forte oder ff darunter stünde. Es müßten denn die Orchestermitglieder ein drohendes Gesicht dazu machen. Vielleicht kommt auch das noch einmal in die ,Musik als Ausdruck‘.“ Mit einer Mischung aus Anerkennung und Spott werden dann die Qualitäten des Stücks beurteilt: „Es ist verschwenderisch in Klangeffekten, pikant in seinen überraschenden Kontrasten, voll contrapunktischer Kunststücke, origineller Rhythmen und witziger Modulationen; alles furchtbar geistreich und wahnsinnig schön.“252 Bereits zehn Tage nach der Kölner Uraufführung war Till Eulenspiegel unter der Leitung von Felix Weingartner in Berlin gefolgt. Der wohlge-

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sonnene Otto Lessmann war in der Allgemeinen Musik-Zeitung voll des Lobes und ordnete das Werk in die Traditionslinien der neudeutschen Schule ein, zeigte dabei auch auf, welchen älteren Werken Strauss verpflichtet bleibt und was aus seiner Sicht neu war: „Rich. Strauß hat mit seinem ‚Eulenspiegel‘ nicht nur in seiner eigenen Entwickelung einen gewaltigen Schritt vorwärts gethan, sondern er hat auch das Ausdrucksvermögen der Instrumentalmusik überhaupt erweitert, denn was ihm zu ­sagen meisterlich gelungen ist, haben weder Berlioz noch Liszt, die beiden Meister, die überhaupt in Betracht kommen, zu sagen vermocht. Strauß hat den Weg mit außerordentlichem Glück weiter geführt, den allerdings Liszt im dritten Satz der Faustsinfonie in wahrhaft genialer Weise zuerst angelegt hat.“ Nach dieser Einordnung in die musikgeschichtliche Entwicklung unternimmt Lessmann die Würdigung „einer beispiellos raffinirten Orchesterbehandlung und einer staunenswerthen Fülle rhythmischer und harmonischer Kühnheiten, wie so vor Strauß Niemand gewagt hat und wie sie auch in Strauß’ früheren Werken (Macbeth, Don Juan, Tod und Verklärung) nicht zu finden sind. Und dabei erweist sich die Form festgefügt und klar und die Instrumentation bis auf wenige Takte von bewundernswerther Durchsichtigkeit.“ 253 Und als Strauss selbst die Münchner Erstaufführung am 29. November 1895 dirigierte, wurde geurteilt: „Till Eulenspiegels lustige Streiche machte, wenn auch zunächst äußerlich, im Ganzen einen imposanten Eindruck, in dem man sich der Wirkung der ungemein regen Farbenwechsel der von höchstem Raffinement zeugenden Instrumentierung bei geradezu wunderbarer Bravour unseres vollzählig vertretenen Hoforchesters, einfach nicht erwehren konnte.“254 Anlässlich der Widmung von Till Eulenspiegel – „Meinem lieben Freunde Dr. Arthur Seidl“ – bedankte sich der so Geehrte und als „erster Straussianer“ Angesprochene bereits am 18. Juni 1895 in einem Brief an den Komponisten, der seine bedingungslose Gefolgschaft erkennen lässt: „Nichts Lieberes fürwahr hätte mir geschehen können, und was soll ichs leugnen, daß ich stolz darauf bin, meinen Namen mit der Geschichte Deines aufgehenden Sternes auf diese Weise auch äußerlich für die Musikgeschichte, der Du den Deinen nun einmal mit Lapidarschrift eingegraben hast, verknüpft zu sehen! Und wenn Du mich bei dieser Gelegenheit so nett Deinen getreuesten ‚ersten – aner‘ nennst, so hättest Du getrost diese Endsilben auch gleich mit h schreiben können, denn zwei-

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fellos war es mein allerschönster Brief in all’ dem Geschreibsel, das mir zugefallen hier auf Erden, Deinen Genius in hingebender wärmster Liebe frühzeitig ‚geahnt‘ zu haben – kein Verdienst, sondern ein herrliches ­Erlebnis und daraus eine ernste Mission, Prügel aus dem Wege zu räumen, der ich, wie Du weißt und für alle Zeiten von mir versichert bist, in unwandelbarer Inbrunst dienen werde.“255 Dass sich Seidls Begeisterung in der Folge noch vermehrt hat, ist nicht unwahrscheinlich. In seiner ­Charakter-Skizze, die 1896 von Wilhelm Klatte aus einer Reihe Seidl’­ scher Beiträge zusammengestellt wurde und die auch das Bekenntnis „Ich liebe ihn!“ enthält, wird etwa Strauss’ Persönlichkeit wie folgt beschrieben: „Herzlich, jovial, von gewinnender Liebenswürdigkeit im Umgange mit jedermann aus seiner Umgebung bis hinunter zum letzten Choristen und Orchesterdiener, ist er streng und unnachsichtig im Dienste des Heiligtums seiner Kunst. Wie er an sich selber stets die höchsten Anforderungen stellt, so verlangt er auch von seinem Stab Unterstellten völlige, rechtschaffene Hingabe an die Sache, äußerste Anspannung aller Kräfte. Seine echt Bülow’sche Probenwut ist allenthalben berüchtigt; jede Aufführung wird ihm und unter ihm dann aber auch zu einem ‚Feste‘. Dabei kann ihn eine Gewissenlosigkeit dem Kunstwerk und seinem Schöpfer gegenüber auf ’s Tiefste empören und unter Umständen eine echt bajuvarische Grobheit bei ihm heraus fordern.“256 In jener Zeit konnten Strauss Vorwürfe gegenüber seinem Werk ebenfalls entschieden erzürnen, wie sich aus seiner Antwort auf einen Fragebogen von Friedrich von Hausegger im Sommer 1895 herauslesen lässt, in dem er auch das Stocken der Erfindung bei der Melodiebildung schilderte.257 Der Gedanke an jene Kritiker, die ihm „Kompliziertheit“ vorhielten, konnte ihn dabei sogar noch in der schriftlichen Form zu einem Fluch hinreißen: „Wenn man daher mir immer vorwirft, ich schreibe zu schwer, zu compliziert – Teufel! – noch einfacher kann ich’s nicht ausdrücken, und ich strebe nach möglichster Einfachheit; ein Streben nach Originalität giebt es bei einem wirklichen Künstler nicht. Was meine m ­ usikalische Ausdrucksweise oft überfeinert, rhythmisch zu subtil, reichhaltig erscheinen läßt, ist wahrscheinlich ein durch meine reiche Kenntnis der gesamten ­Litteratur und große Erfahrung in Allem, was das Orchester betrifft, geläuterten Geschmack [sic], der mir leicht als trivial, gewöhnlich, schon oft da gewesen und daher überflüssig, nochmals wiedergekaut zu werden, erscheinen läßt, was Anderen, nicht bloß Laien, noch als höchst ‚modern‘

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und dem 20. Jahrhundert angehörig vorkommt.“258 Auch mit Aussagen über seine Schaffensweise hielt Strauss gegenüber Hausegger nicht hinter dem Berg: „Ich habe monatelang keine Lust zum Componieren gehabt; plötzlich eines Abends nehme ich ein Gedichtbuch zur Hand, blättere es oberflächlich durch; es stößt mir ein Gedicht auf, zu dem sich, oft bevor ich es nur ordentlich durchgelesen habe, ein musikalischer Gedanke findet: ich setze mich hin; in 10 Minuten ist das ganze Lied fertig […]. Findet sich – leider sehr oft – das Gedicht nicht, so wird dem Drang zur Production erst auch Genüge gethan, und ein mir überhaupt componierbar erscheinendes Gedicht in Töne umgesetzt – aber es geht langsam, es wird gekünstelt, die Melodie fließt zäh, die ganze Technik muß herhalten, um etwas vor der gestrengen Selbstkritik bestehen Könnendes zu Stande zu bringen.“259 Unmittelbar darauf wurde die interessierte Öffentlichkeit geradezu systematisch über die neuen und bestehenden größeren Strauss-Werke informiert, indem Musikführer zu seinen Tondichtungen erschienen – erstmals von Arthur Hahn zu Also sprach Zarathustra, dann auch zu ­anderen Werken beginnend mit der f-Moll-Symphonie, später auch zu einzelnen Opern. 1907 wurden im „Meisterführer No. 6“ der „Schlesingerschen Musik-Bibliothek“, in der zuvor Einführungen zu Beethovens Symphonien, Wagners Ring, Brahms’ Symphonien und Serenaden sowie Bruckners Symphonien erschienen waren, dann auch die „Symphonien und Tondichtungen“ von Richard Strauss zusammengefasst.260 Der Komponist hat diese Publikationen nach Kräften unterstützt und an ihrer Entstehung tatkräftig mitgewirkt. Mehrmals hat er sie auch als ideale und einzig nötige Quelle für die Information des Publikums bezeichnet, etwa als er Ende November 1896 anlässlich der bevorstehenden Kölner Erstaufführung am 1. Dezember 1896 an Franz Wüllner schrieb: „Der Leitfaden von Hahn genügt für Alles! // ich bitte, weder Vorrede noch Überschriften ins Programm drucken zu lassen.“261 Und ein gutes Jahr und eine Tondichtung später wird er am 14. Februar 1898 vor der Uraufführung des Don Quixote am 8. März denselben Dirigenten darum bitten, „zur Kölner Aufführung im Publikum den hoffentlich bis dahin bei Bechhold in Frankfurt schon erschienenen / Musikführer von Arthur Hahn / zur Verteilung gelangen zu lassen; derselbe wird, wenn Sie es wünschen, auch Sie selbst über alle Details des poetischen Inhalts meines Stücks unterrichten.“262 Wie rasch es damals gehen musste, ist daraus ersichtlich, dass

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Strauss dem Autor des Bandes erst am 29. Jänner desselben Jahres sein Werk für dessen Analyse vorgespielt hat.263 Im Vorfeld der Uraufführung des Zarathustra in Frankfurt am 27. November 1896 sorgte Strauss darüber hinaus für das Erscheinen eines erklärenden Textes im Berliner Tageblatt, in dem er für die „Tondichtung (frei nach Friedrich Nietzsche) für großes Orchester“ warb. Auffällig ist dabei, dass er eine Reihe herkömmlicher Elemente nennt – von der Tonart über die Form und den Themendualismus bis zur polyphonen Satztechnik – und gleich eingangs vor jenem Missverständnis warnt, das sich dennoch ergeben sollte: „Wer in meinem Werke direkt in Töne übersetzte Philosophie erwartet, dürfte arg enttäuscht sein, wenn er, wie es in meiner Absicht liegt, in ‚Also sprach Zarathustra‘ ein nach rein musikalisch logischen Gesetzen aufgebautes Musikstück[!], noch dazu in C-dur, findet, das den aus allen klassischen Sinfonien[!] uns wohl vertrauten Dualismus eines männlichen und weiblichen Hauptthemas beinahe in der alten Viersätzigkeit entwickelt. Von Freunden altklassischer Werke würde ‚Also sprach Zarathustra‘ sogar um der in meinem Stück enthaltenen fünfstimmigen Fuge willen möglicherweise als ein Erzeugniß ihrer Richtung erkannt und reklamirt werden, wenn dies nicht durch einige Beziehungen, die ich zu Nietzsches Werk hineingeheimnißt habe und die vielleicht demselben ein aktuelleres Interesse verleihen, verhindert würde.“264 Dass Strauss nun auch insgesamt eine gesteigerte Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde, die er durch die Ausrichtung seiner Werke ebenso wie durch seine Informationspolitik noch weiter anregte – man beachte, dass er in seinem Text zu Zarathustra ausdrücklich ein „aktuelleres Interesse“ erwecken möchte –, zeigt sich 1896 im Zusammentreffen mehrerer Faktoren, die die Ausweitung der öffentlichen Wahrnehmung illustrieren. Wie erwähnt, beginnen nicht nur die Musikführer zu seinen Werken zu erscheinen, 1896 ist auch das Jahr, seit dem – angefangen mit Seidls Charakter-Skizze – eine Reihe von monographischen Arbeiten entsteht, die von nun an nicht mehr abreißen wird. Auch Strauss’ frühe Biographen haben in diesem Zeitraum immer eine neue Qualität seiner Karriere gesehen. Für Willi Schuh gelten Strauss-Uraufführungen spätestens ab dem Zarathustra als „Ereignis“265, und schon Max Steinitzer sieht Strauss 1896 „[a]uf der Höhe des Ruhms“, die sich sowohl in den „immer zahlreicher an Strauß ergehenden Einladungen zur Leitung eigener und fremder Werke im Konzertsaal“ als auch in der Uraufführung von Also sprach Za-

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rathustra am 27. November 1896 bei den Frankfurter Museumskonzerten zeigte.266 Geradezu euphorisch berichtete darüber die Allgemeine MusikZeitung: „Der wirklich enthusiastische Beifall war ein aufrichtiger und so allgemeiner, daß selbst die zünftige Beckmesserei unseres ehrwürdigen Konzertinstitutes nicht die geringste Opposition laut werden zu lassen wagt. Daß auch dieses neue Opus Strauß’s wieder ein bedeutendes, den vorausgegangenen mindestens ebenbürtiges sein werde, stand wohl von vornherein außer Zweifel, ein Werk aber von so hinreißendem idealen Gedankenflug und von so kühner überwältigender Fantasie mußte selbst die größten Verehrer des Tondichters überraschen.“267 Über die Berliner Erstaufführung – nur drei Tage nach der Uraufführung – urteilte der Herausgeber Otto Lessmann im selben Blatt unter reger Verwendung von Steigerungsformen, ließ a­ llerdings am Ende entschiedene Zweifel anklingen: „Ich stehe nicht an, dies neueste Werk von Rich. Strauß als die Vollendung der Idee der sinfonischen Dichtung hinzustellen, die Liszt vorgeschwebt haben mag, als er seine ersten Orchesterwerke schuf, mit denen er sich von der hergebrachten sinfonischen Form emanzipierte. Strauß, der hier selbst fast als ein musikalischer ‚Uebermensch‘ erscheint, offenbart neben einem fast unheimlichen Reichthum an plastischen musikalischen Gedanken eine formale Gestaltungskraft und eine instrumentale Ausdruckssicherheit nach der poetischen Seite hin, wie sie bisher kaum, oder doch nur sehr vereinzelt von den Größesten erreicht worden sind. Ich halte dies Werk für e­ inen Markstein auf dem Gebiete der reinen ­Instrumentalmusik, der hinausragen wird über Alles, was unsere Zeit hervorgebracht hat: ob in gutem oder schlechten Sinne, muß die Zukunft lehren.“268 Wien war wieder anders. Hanslick zitierte als Motto seiner Besprechung in der Neuen Freien Presse vom 23. März 1897 – zwei Tage nach der Wiener Erstaufführung – Nietzsches Vorlage: „(III. [Teil], Anderes Tanzlied [richtig: Das andere Tanzlied])“: „Oh Zarathustra! Klatsche doch nicht so fürchterlich mit deiner Peitsche! Du weißt ja: Lärm mordet die Gedanken!“ (Im Original heißt es: „Du weißt es ja: Lärm mordet Gedanken, – und eben kommen mir so zärtliche Gedanken.“269) Ein Hauptangriffspunkt war abermals zunächst das Außermusikalische: „Was soll uns, so fragen wir, diese Sensationsmacherei, welche das Interesse für ein reines Instrumentalwerk von einem der Musik ganz fremden, ja unmusikalischen Stoff herüber nöthigt? […] Ja noch mehr; ihm ist Nietzsche offenbar noch

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nicht geheimnißvoll genug. Er erklärt in einem Manifest, er habe als Componist noch Verschiedenes in Nietzsche’s Zarathustra ‚hineingeheimnißt‘. Fast möchte man hinter dem Componisten der Zarathustra-Symphonie einen Schalk vermuthen, der sich mit seinem Publikum einen Spaß macht.“ Während die Beschreibung des Komponisten als „Schalk“ – seit dem Till Eulenspiegel – Schule machte und weite Verbreitung fand, findet sich hier ein womöglich absichtsvolles Missverständnis, denn Strauss hatte laut seiner Zeitungsnotiz im Vorfeld der Uraufführung ja nicht ­„Verschiedenes in Nietzsche’s Zarathustra ‚hineingeheimnißt‘“, sondern „Beziehungen [der Tondichtung] zu Nietzsches Werk“ angedeutet. Der zen­trale Vorwurf Hanslicks war allerdings, kaum überraschend, das Pro­ gramm an und für sich: „Wer die Strauß’sche Symphonie unbefangen anhört, ohne sich um das detaillirte Programm zu kümmern, der wird gewiß keinen Zusammenhang mit Nietzsches ­‚Zarathustra‘ darin entdecken. Die wunderliche, über einem Orchesterstück ganz sinnlose Aufschrift ist in der That nur ein Mittel, sich interessant zu machen, der Musik eine Bedeutung anzutäuschen, die nicht in ihr selbst liegt. Die Composition, ungemein schwach und gequält als musikalische Erfindung, ist eigentlich nur ein raffinirtes Orchesterkunststück, ein klingender Farbenrausch. Als geistreiche Combination neuer, origineller, aber auch abenteuerlicher und beleidigender Klangeffecte ist das Stück gewiß interessant und unterhaltend. Aber diese fabelhafte Orchestertechnik war nach meiner Empfindung dem Componisten weniger ein Mittel, als vielmehr Zweck und Hauptsache.“ Die einzig mögliche Schlussfolgerung daraus aus Hanslicks Position war, bei Strauss Oberflächlichkeit zu konstatieren, ohne dieses Wort zu verwenden, es in der Sache aber doch zu meinen. Er bringt diese Einschätzung abschließend auf den Punkt, wenn er „die verwegensten Künste des Regisseurs und Decorations-Malers“ anprangert.270 Ebenfalls in die Strauss-Literatur eingegangen ist jener Brief von Hugo Wolf an ­Oscar Grohe nach der Wiener Erstaufführung des „‚Zarathustra‘, der kürzlich verzapft wurde“: „Er [Strauss] hat mit seinem wahnsinnigen Gebaren nur einen Heiterkeitserfolg erzielt, heißt das bei den Kennern, denn der süße Pöbel hat ihm natürlich zugejubelt, für den war’s ja eine ‚Hetz‘, und wo’s eine Hetz gibt, da sind unsere lieben Wiener immer zu haben.“271 Der Komponist und Musikschriftsteller Wilhelm Mauke, selbst Autor der Musikführer zu Don Juan, Tod und Verklärung, Till Eulenspiegels lustige Streiche sowie von Einführungen zu Werken von Strauss’ Freunden

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Max von Schillings und Ludwig Thuille, fasste nochmals die Bedeutung der Tondichtung nach Nietzsche für die damalige Gegenwart zusammen, deutete jedoch auch eine andere als die gängige Wertung über die Persönlichkeit des Komponisten an, wobei auch persönliche Gründe eine Rolle gespielt haben mögen. In der Zeitschrift Bühne und Welt schrieb er 1899: „Nach dem ‚Zarathustra‘, jenem wie eine Bombe in die feindlichen und freundlichen Lager einschlagenden meteorischen Werk, das zugleich das technische ‚Non plus ultra‘ seines Schaffens sein wird, fühlte sich der Meister etwas sehr als Mittelpunkt des Musiklebens der Gegenwart, fühlte sich verantwortlich und richtunggebend für eine ganze Partei (wie einer seiner Ueberschwänglichen so schön sagt) und ließ die Bescheidenheit des echten Künstlers […] in bedauerlicher Weise vermissen.“272 Die Kritikerin und Schriftstellerin Paula Margarete Reber, Münchner Korrespondentin der Neuen Zeitschrift für Musik, nutzte mehrfach die Gelegenheit, Strauss mit geradezu literarischer Zuspitzung durch den Kakao zu ziehen. Bezug nehmend auf Reaktionen zur Uraufführung der „humoristisch-fantastischen Handlung“ Zinnober von Strauss’ Freund Siegmund von Hausegger am 19. Juni 1898 in München berichtete sie etwa in einer Besprechung von Strauss’ Dirigat einer Neueinstudierung der Zauberflöte am 30. April 1898 über einen aufgeschnappten Gesprächsfetzen, der auch nicht gerade von Bescheidenheit zeugt: „[D]a hörte ich Herrn Hofkapellmeister Richard Strauß zu einem Münchener Berichterstatter, welcher die Leichenfeierlichkeiten für ,Zinnober‘ auch auf geradem Wege besorgt hatte, sagen: er (Herr Hofkapellmeister ­Richard Strauß) bedürfe keines Lobes mehr, er habe die Freundlichkeit der Kritik durchaus nicht mehr nötig, denn er sei ja bereits so weit, daß das Lob ihn ebenso gleichgiltig lassen könne wie der Tadel; allein der junge Siegmund von Hausegger stehe erst am Beginne seiner Laufbahn. Das war ja sehr selbstbewußt gesprochen, indessen würde ich für meine Person mir stets die Freiheit unbeirrbarer Ueberzeugung wahren, auch bezüglich der Leistungen des Herrn Hofkapellmeisters Richard Strauß – mit, sowie ohne dessen besondere Genehmigung. Und ob es ihm nun gleichgiltig ist oder nicht, ich nenne es doch was es in der That ist: ein grober Unfug und eine nicht genug zu strafende Rücksichtslosigkeit, wenn Herr Hofkapellmeister Richard Strauß den ,Tamino‘ derart jagt, hetzt und peitscht, wie er es auch diesmal wieder that. Eigentlich ist es ja ganz selbstredend, daß Jemand, dessen Aesthetik so hervorragend ist, daß

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er das Gehenktwerden ,humorvoll musikalisch‘ zu veranschaulichen unternimmt […], daß so Jemand sage ich, kein Verständnis mehr für die entzückenden Melodien eines Mozart haben kann.“ Laut Rebers Bericht riss der Sänger Heinrich Knote das Ruder an sich und „bestimmte das ­Orchester, als er mit Macht und Nachdruck die Führung des Herrn Hofkapellmeister Richard Strauß einfach in Grund und Boden sang.“273 Das zweite Münchner Engagement des nunmehrigen Hofkapellmeisters stieß in München – abgesehen von seinen großen Ur- und Erstaufführungen – auf nicht viel öffentliche Resonanz.274 Generell neigen die Strauss freundlich gesinnten zeitgenössischen Publizisten dazu, die mangelnde Anerkennung in den Medien zu beklagen. Steinitzer bemerkt etwa 1911: „[I]n der Presse tritt die zahllose begeisterte Anhängerschaft, die er tatsächlich hat, lange nicht entsprechend zutage.“275 Der frühe Strauss bot den Rezensenten allerdings ein reiches Betätigungsfeld für illustrative Beschreibungen seiner Dirigiertätigkeit. Anlässlich einer Münchner Tannhäuser-Aufführung am 10. August 1897 fand Paula Margarete Reber etwa sein Dirigieren „mitunter sehr komisch“ und beschrieb das Bild, das sich ihr bot, genüsslich: „Lang und hager wie er ist, hat schon sein zappeliges Auftauchen am Dirigentenpult etwas unwiderstehlich Drolliges. Am kostbarsten jedoch ist er, wenn ein pian pianissimo vom Orchester soll besonders fein herausgearbeitet werden. Da legt er den linken Zeigefinger an die Lippen, hält die Rechte mit dem Taktstock himmelhoch und wagrecht ausgestreckt, den Hals scheint er sich nach vorwärts ausrenken zu wollen, er steht in die Knie gesunken, als wolle er sich alle Augenblicke setzen und müsse aber die Füße aus irgend einem Gefängniß herausziehen. Alles in Allem macht er den Eindruck: als hänge er in der Luft und fürchte alle Augenblicke zu fallen. Ist die Stelle zu Ende, dann schnellt Richard Strauss zu seiner ganzen schmalen Länge empor, wie ein Springteufelchen von dem man den Schachteldeckel hebt.“276 Fast zeitgleich kam Cyrill Kistler, Publizist und Komponist – unter anderem auch einer Oper Eulenspiegel (1889), die Strauss kannte – in einem ausführlichen Porträt in der Neuen Musik-Zeitung zu einem anderen Urteil, was den Dirigenten betrifft: „Der Dirigent Strauß ist eine Erscheinung, zu welcher die deutsche Kunst sich gratulieren kann. Selten sind wahrhaft produktive Geister auch groß im Reproduzieren, Strauß ist darin bedeutend. Nicht nur, daß er die ihm naheliegende neue Richtung vollständig beherrscht, kennt er auch unsere Klassiker genau. Ein schöner

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Charakterzug an ihm ist, daß er seine Zeitgenossen und Kollegen zu Wort kommen läßt. Daß er hierbei manchen Mißgriff macht, ist verzeihlich bei seiner ausgesprochen linksradikalen Richtung.“ In Bezug auf den Komponisten hatte der weit weniger berühmte Kollege freilich eine Reihe von Einwänden: „Strauß ist ein Meister, der von ‚seinem Publikum‘ fordert, daß es sich intensiv mit ihm beschäftige, daß es sich in seine Ideen versenke, daß es mit ihm fühle und seine Geistesgebilde mit ihm erlebe und erschaue. Diese unerbittliche Forderung stellt der junge Meister. Wer sie erfüllen kann, der wird ihn verstehen, der wird seinem Fluge folgen können und zur Freude gewahren, daß eine neue Ideenwelt sich ihm erschließt. Diese Forderung, die Strauß stellt, ich muß es hier gleich bemerken, ist ein Fehler. […] Hier ist auch der Brennpunkt, von dem aus zwei Parteien – für und wider Strauß – sich bilden.“277 Kistler neigte in der Folge eher der gegnerischen Partei zu, als er den Finger auf die „bedeutenden Mängel“ 278 legte, die er kompositionstechnisch zu begründen suchte, aber zugleich auch hinsichtlich der musikgeschichtlichen Entwicklung einordnen wollte – und zwar mit der Warnung vor jenem „Rückschritt“, wie er bei Strauss ansonsten erst sehr viel später wahrgenommen werden sollte: „Strauß erschüttert, erregt, erweckt immer Interesse, aber jene Gabe ist ihm versagt, welche die Hörer in ihren Zauberkreis bannt. // Wir meinen den Zauber der Melodie. Diese erhebt nach oben, die Harmonie führt in die Tiefe. Wer beide in seiner Gewalt hat, der ist ein wahrer Berufener. Das größte Verdienst unserer großen ­Heroen ist es, daß sie die Melodie von den Fesseln der Harmonie befreiten; die Melodie wieder in diese Fesseln zu schlagen, das ist kein Fortschritt, das ist Reaktion. Und vor diesem Rückschritt muß ich Strauß im Interesse der Kunst warnen. Ein solcher Geist wie Strauß kann alles, wenn er mag. […] Wir stehen am Ende einer großen Kunstepoche. Nach einer solchen tritt meistens der Drang ein, die Epoche zu übertrumpfen. Dabei wird aber stets das Gegenteil erreicht. Statt in plastischer Gestaltung die höchste Befriedigung zu finden, verflacht sich das Schaffen ins Dekorative und herrscht statt der Linie (Melodie) die Harmonie und das Kolorit (Instrumentation). Gott bewahre unseren Meister vor dieser Richtung!“, beschließt Kistler seine Ausführungen mit einem flammenden Appell.279

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„Musikalische Schönheit völlig über den Haufen geworfen“. Provokationen

Geht es nach dem vorherrschenden Tenor, den die Uraufführung des Don Quixote am 8. März 1898 in Köln auslöste, dann ging dieser Appell ins Leere. Der Rezensent der Kölnischen Zeitung, Otto Neitzel, sah zugleich „den Gipfel der Hanswursterei“ und „der musicalischen Erbaulichkeit“ erreicht und glaubte, Strauss habe herausfinden wollen, „was man sich heute in der Musik alles gefallen lassen kann.“280 Diesen Eindruck teilte er mit etlichen Zeitgenossen. Die Art und Weise, wie sich der Komponist zwölf Tage nach der Frankfurter Erstaufführung am 18. März 1898 gegenüber seiner Mutter äußerte, legt nahe, dass sich Intention und Reaktion in diesem Fall tatsächlich zumindest teilweise deckten: „Don Qu in Frankfurt hat mir großen Spaß gemacht; er ist sehr originell, durchaus neu in den Farben und eine recht lustige Vorführung aller Schafsköpfe, die’s aber nicht gemerkt, sondern noch darüber gelacht haben“ (an die Mutter, 30. März 1898).281 Dass das ironische Augenzwinkern, das Strauss in seinen „heiteren“ Tondichtungen kultivierte, gerade auch ein Grund sein konnte, seine Musik trotz anderer Vorlieben zu akzeptieren, zeigt eine bemerkenswerte Aussage des Wiener Brahmsianers Max Kalbeck, der der folgenden Klage über Strauss eine unerwartete Wendung gab: „Er [Richard Strauß] ruiniert die Nerven der Zuhörer und verdirbt ihnen den Geschmack. Noch soll es nicht als die einzige Aufgabe und der ausschließliche Zweck der Tonkunst betrachtet werden, unsere armen Sinne für das Einfache, Reine und Harmonische vollends abzustumpfen und unempfänglich zu machen, damit wir nur noch am Mißtönenden, Trüben und Verzwickten Gefallen finden. Nicht lange genug schwelgten wir im Musikalisch-Schönen, um uns mit dem Musikalisch-Häßlichen ohne Widerspruch zu befreunden, als dessen epochemachender Vertreter und unerreichter Meister uns Richard Strauß gilt. Ihn allein aber würden wir uns ausnahmsweise gefallen lassen; denn er ist wirklich ein Meister seiner Kunst, der auch da, wo er uns malträtiert, so viel Fantasie, Geist und Witz zeigt, daß wir auf unsere Kosten gern einmal mit ihm lachen. Doch der Himmel beschütze uns vor seinen plumpen Nachahmern.“282 Selbst Otto Lessmann versagte Strauss nach der Berliner Erstaufführung von Don Quixote am 5. Dezember allerdings das Gefolge, stieß sich an Passagen, „an denen für mich der Begriff Musik aufhört“, und meinte,

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dass Strauss vor allem mit seiner übersteigerten Polyphonie „die bisher giltig gewesene Vorstellung von musikalischer Schönheit völlig über den Haufen“ geworfen habe.283 In der nur mit seinem Nachnamen gezeichneten Uraufführungskritik in Lessmanns Allgemeiner Musik-Zeitung hatte der Rezensent Buths hingegen gemeint: „Wie Strauß diese Fantasie­ gebilde in schattenhafter Instrumentation und in grotesker Harmonisirung mit dem Don Quixote-Thema kombinirt, ist eines der kühnsten Beispiele seiner Gestaltungskraft; das Klangverhältniß des gleichzeitig auftretenden ist so abgewogen, die einzelnen Linien sind so frei, daß man aus dem Erstaunen gar nicht herauskommt, wie das Alles gedacht und gewagt werden konnte.“284 Sollte es sich dabei um Julius Buths gehandelt haben, wäre allerdings der Verdacht gerechtfertigt, dass dessen Urteil nicht ganz unbefangen zustande gekommen ist, hatte doch der damalige Düsseldorfer Musikdirektor mit Strauss freundlichen Verkehr, seit er 1888 in Elberfeld bei der Uraufführung von Strauss’ Violinsonate mitgewirkt hatte, setzte sich auch als Dirigent für dessen Werk ein und ­übernahm mehrfach mit Strauss die Leitung der Niederrheinischen Musikfeste. Schärfste Ablehnung war dagegen nach der Münchner Erstaufführung am 17. Oktober 1899 auch in der Beilage „Der Sammler“ der Münchner Augsburger Abendzeitung zu lesen: „Es ist dies, von einigen lichten Momenten abgesehen, die gänzliche Verneinung dessen, was ich unter Musik zu verstehen vermag. Die bloße Technik macht keine Kunst. Die raffiniertesten kontrapunktischen Witze und orchestralen Überraschungen machen auch noch keinen Humor[. …] An sich genommen aber erscheint der ganze ‚Quixote‘ einfach musikwidrig und – langweilig.“285 Die besprochene Veranstaltung war der erste Abend zweier Programme, bei denen Strauss das Münchner Kaim-Orchester dirigierte. Zwei Tage nach der Erstaufführung von Don Quixote wurde auch Ein Heldenleben, das am 3. März in Frankfurt uraufgeführt worden war, zum ersten Mal in seiner Heimatstadt gespielt. Aufmerksamkeit erregte das Werk vor allem durch die Episode „Des Helden Widersacher“, mit denen bekanntlich die Kritiker gemeint waren. Derselbe Rezensent wie beim vorangegangenen Zitat, der nur mit einem Namenskürzel zeichnete, schrieb darüber: „In dem Scherzo von den Widersachern ist ein von der Tenor- und Baßtuba vorgetragenes Quintenmotiv, wie mir erzählt wurde, persönlich auf den Berichterstatter gemünzt; und es ist nett von Strauss, daß er diesen nicht unter die Stim-

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men der boshaften Kläffer versetzt, sondern mehr als alten Brummbär behandelt hat. Ihn unter die Philister zu rechnen, ist Strauss ja von seinem Standpunkt vollauf berechtigt, insofern als man unter Philister gemeiniglich diejenigen versteht, die den Matadoren der neuen Kunst nicht immer auf ihren verwegenen Pfaden folgen können oder möchten – und das nicht preisen, was ihnen ihrer innersten Natur nach nicht gefallen kann.“286 Noch ein Vierteljahrhundert später wurde die Programmatik gelegentlich (bewusst?) verschleiert, als etwa Wilhelm Klatte, der Autor des Meisterführers zu dieser Tondichtung, schrieb: „Die Partitur des ‚Heldenleben‘ enthält keinerlei programmatische Hinweise. Bei Ausarbeitung der Analyse wollte mir scheinen, dem Zuhörer werde damit gedient, wenn die einzelnen Abschnitte des Werkes durch poetische Worte gekennzeichnet würden. Strauß stimmte diesem Gedanken grundsätzlich zu, und zu Dritt – Friedrich Rösch war noch zugegen – wurden dann die bekannten sechs Überschriften formuliert.“287 Es stand allerdings das ­Programm der Komposition von Beginn an fest, auch die den „Kritikern“ gewidmete Passage, die Strauss in einem Skizzenbuch sogar ausdrücklich als „Kläffer“ bezeichnet, wenn das „Thema des Unmutes […] unterbrochen von den Kläffern“ erscheint. Später heißt es: „Nach der Liebesscene wirken die Neider u. Kritiker nicht mehr“.288 Ob es Sarkasmus, Uninformiertheit, Gleichgültigkeit oder Zweckoptimismus war, der die Münchner Neuesten Nachrichten dazu veranlasst, Ein Heldenleben am 19. Oktober 1899 wie folgt anzukündigen? „[D]ie Kenner sind sich einig darin, in diesem Werk vor Allem einen glänzenden Höhepunkt des Strauß’schen Schaffens zu bewundern, der sogar die Gegner versöhnt und ergreift.“ Oder ob die begleitende bezahlte Annonce diese von Freundlichkeit getragene Formulierung mit veranlasst hat? In der am 21. Oktober erschienenen Rezension von Oskar Merz war davon nicht mehr viel zu ver­ spüren, wenn es hieß, der thematischen Erfindung fehle „im Ganzen das Markige, innerlich Kraftvolle, man könnte sagen: das Rückgrat. Der Gesammteindruck ist der eines großen Aufwandes nach Außen zur Darstellung nicht eben sehr wesentlicher Ideen.“ „Mir ist die Kritik im allgemeinen sehr wurst, aber daß ich Merz und Genossen entronnen bin, freut mich täglich“, schrieb Richard Strauss am 17. Dezember 1898 an den Vater.289 Inzwischen hatte er München erneut den Rücken gekehrt und am 1. November desselben Jahres seinen Dienst als Erster preußischer Kapellmeister in Berlin angetreten. Als er ein gutes

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halbes Jahr zuvor in der Hauptstadt über seine Zukunft verhandelt hatte, berichtete er am 8. April 1898 an Pauline Strauss, er habe lange Verhandlungen mit der Intendanz der Königlichen Schauspiele (Georg Henry Pierson, dem Intendanturdirektor, und dem Generalintendant, Bolko Graf von Hochberg) geführt und seine Bedingungen gestellt: „20.000 M (auf 10 Jahre), Pension nach 10 Jahren, 6 Wochen Winterurlaub […]. Man scheint große Lust zu haben, mich zu engagieren; ohne Einwilligung des Hausministeriums kann aber Pierson über 15.000 M nicht hinaufgehen, da [Karl] Muck auch nur 15.000 M hat, dasselbe wie [Felix] Weingartner bisher. // Theaterferien im Sommer sind hier 2 Monate; in der Presse referieren über die Oper meine besten Freunde; beim ‚Börsencourier‘ [Carl] Krebs, in der ‚Tante Voss‘ [Wilhelm] Klatte etc., also die Chancen sind, glaube ich, denkbar günstig. // Zu gleicher Zeit habe ich heute bei [Hermann] Wolff über Amerika und London verhandelt. 40.000 Mark garantiert, 20.000 Mark leicht nebenbei zu verdienen, im Sommer die Oper in London – wenn aus Berlin nichts werden sollte, jedenfalls eine glänzende Sache, für die aber […] nach 10 Jahren zum Abschluß auch noch Zeit genug ist. Wenn man in Berlin meine Forderungen erfüllt, ist Berlin jetzt noch praktischer für mich, um meinen Namen in Europa noch eine Zeitlang mehr auszubreiten und nicht zu früh aus der Reihe zu kommen, was doch in Amerika etwas zu fürchten ist.“290 Strauss arbeitet also systematisch an der Verfestigung seiner Position ebenso wie an seinem Ruf und bezieht dabei strategisch und wohlüberlegt seine schreibenden „Freunde“ ein. Auch gegenüber der Mutter betont er am 10. April 1898: „Amerika kann ich in zehn Jahren auch noch abgrasen, jetzt ist es wichtiger, meinen Namen in Europa noch mehr in die Höhe zu bringen. // An der Berliner Presse referieren über die Oper speziell meine besten Freunde“.291 Bereits am 22. März 1899 berichtet er dem Vater aus Berlin, wo er am 1.  November seinen Dienst angetreten hat, zwei Tage nach der Erstaufführung vom „starken Beifall der doch schon recht starken Strauss-Partei“292. Hier wie überall sonst gab es also, wie indirekt selbst aus dieser Hervorhebung positiver Reaktionen hervorgeht, Für und Wider – und auch Stimmen, die sich der Herausforderung stellten, ambivalente Eindrücke zu schildern und damit im Zweifel auf ein eindeutiges Urteil zu verzichten. So meinte der Kritiker des Kölner Tagblattes Karl Wolff (derselbe, der mit seiner Rezension über Aus Italien einst den Geschmack von

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Strauss getroffen hatte) nach der Kölner Erstaufführung am 18. April 1899 in seiner tags darauf erschienenen Besprechung: „Sollen wir so ­denen recht geben, welche behaupten, daß sich der Komponist in den angedeuteten Tonmalereien der Widersacher und des Kampfes zu Scheußlichkeiten des Klanges und der Dissonanzen habe hinreißen lassen, wie sie bisher noch nicht dagewesen sind, so nehmen wir aber auch die Richtigkeit für unsere Ansicht in Anspruch, daß die schönen Seiten der Partitur – und diese überwiegen die häßlichen weitaus – zum schönsten gehören, was auf dem Gebiete polyphonster Orchestermusik geschrieben worden ist.“293 Dass Strauss bei den Kritikern vor allem Hanslick im Blick hatte, liegt auf der Hand, lässt sich aber auch durch eine Reihe von Aussagen belegen. 1907 zitiert Otto Neitzel den Komponisten mit einer aufschlussreichen Erklärung: „Litte ich an Größenwahn, ich könnte mich für Richard Wagner halten. Meine Kritiken waren ebenso schlecht, wie die ersten, die er in Wien erhielt.“294 Ohne dass Hanslick genannt werden muss, ist es evident, dass hier er – und im Grunde nur er – gemeint ist. Von einer italienischen Aufführung hatte Strauss gegenüber Carl Hörburger schon am 11. Juni 1888 berichtet: „der ganze Tristan war die herrlichste Bel canto Oper, nach der die Herren Hanslick und Spießgesellen stets so vergebens seufzen.“295 Und noch in seinen späten Erinnerungen Aus meinen Jugendund Lehrjahren bilanziert er: „Meine erste Konzertreise ging nach Wien, wo ich […] von Hanslick das erste und einzige Lob erhielt. Als ich zwanzig Jahre später mit meiner lieben Frau dort einen Liederabend gab, nannte er meine Frau meine ,bessere Hälfte‘.“296 An den Kapellmeister und Komponisten Oskar Posa, eine Schlüssel­ figur im Schönberg-Kreis mit engen Kontakten nach Graz, schrieb Strauss am 31. Jänner 1900: „In der Hauptstadt [Wien] herrschen leider noch die ‚ewigen Schönheitsgesetze‘, die unsereins auch gern einmal zu Gesicht bekäme, um sich nach ihnen zu richten, die aber bis heute als rätselhafte Geheimnisse im Busen der Herren Hanslick und Genossen schlummern. Denn das Buch ‚Vom Musikalisch-Schönen‘ enthält erst eine irrtümliche Auffassung dessen, wie man früher komponierte, aber leider kein brauchbares Rezept dafür, wie man weiter komponieren soll.“297 Hanslick ließ es sich nicht nehmen, auf diese in der Grazer Tagespost abgedruckten Zeilen zu reagieren: „Diese rätselhaften Geheimnisse liegen aber in Wahrheit offen vor allen musikalischen Menschen, welche

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lesen können: in den Partituren von Mozart und Beethoven, Schubert, Mendelssohn und Schumann, Brahms und Dvorak. Jeder von ihnen, wohlgemerkt, war ein Neuerer gegen seine Vorgänger – sie alle aber haben in ihren Symphonien Musik gemacht und nicht Bilderrätsel. Niemals pedantisch, aber immer ernst. […] Ich war fest überzeugt, der berühmte Autor so vieler symphonischer Bilderbücher stehe längst jenseits von Lob und Tadel und blicke auf vereinzelte nicht zustimmende Kritiker mit dem Gleichmut des richtigen Übermenschen herab. Nach dem Erlaß an seine getreue Hauptstadt Graz scheint dies jedoch nicht ganz der Fall zu sein. Freundlich lobt er, die ihn loben, und bitter tadelt er die Tadler. Das ist ja ,menschlich, allzumenschlich‘.“298 Menschlich versuchte Hanslick dann im letzten Jahr seiner Tätigkeit für die Neue Freie Presse vom 27. Jänner 1901 seine letzte Besprechung einer großen Strauss-Novität – die Wiener Erstaufführung von Ein Heldenleben – anzugehen; er scheint bemüht, alles Positive und Sympathische hervorzustreichen, was er nur eingestehen kann: „Drei Tage später [am 23. Jänner 1901] gab Herr Hofcapellmeister Richard Strauß eine große Musikaufführung, für welche er eigens das starke Münchener ‚Kaim-Orchester‘ mitgebracht hatte. Der große Musikvereinssaal war gut besetzt von einer äußerst aufmerksamen, mit Beifall und Lorbeerkränzen nicht sparsamen Hörerschaft. Unser Publikum kennt ja bereits fast sämmtliche symphonischen Dichtungen von Strauß […]. Es hat allen Werken dieses so glänzenden und selbstständigen Talentes mit großem Interesse und mehr oder weniger Vergnügen gelauscht. ... Nun durfte man des Meisters selbst ansichtig werden. Ein sehr hübscher, schlanker junger Mann von bescheidenem Auftreten und ruhigen, liebenswürdigen Formen – also so ziemlich das Widerspiel [Gegenteil] seiner Compositionen. ‚Eulenspiegel‘, das Eröffnungsstück des Concertes, ist bekanntlich äußerste Programm-Musik; wer nicht unausgesetzt im ‚Führer‘ nachliest, hat keine Ahnung, was das Alles vorstellen soll. Zum Glück ist ‚Eulenspiegel‘ von mäßiger Ausdehnung und nicht ohne gefällige melodiöse Ausgenblicke. Anders die hier noch nicht gehörte Tondichtung ‚Ein Heldenleben‘. Auf diese Novität waren wir besonders gespannt, und im günstigsten Sinne. Hieß es doch in zahlreichen Kritiken, Strauß habe darin eine neue Bahn eingeschlagen oder doch eine neue Wendung vollzogen, indem er diesmal keine Programm-Musik geschrieben, sondern auf den Titel ‚Heldenleben‘ sich beschränkt habe. Einigermaßen erschüttert

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wurde dieser Glaube durch gewisse Broschüren, die hier vor dem Concert emsig verkauft und vertheilt wurden zur ‚Erläuterung‘ der neuen Heldensymphonie.“ Ausführlich geht Hanslick auf die „monographische Skizze“ über Strauss von Gustav Brecher (1900) sowie auf die „Erläuterungsschrift“ zum Heldenleben von Friedrich Rösch (1900) ein – beide überzieht er mit beißendem Spott – und vollzieht dann den Gang der Tondichtung nach, ehe er resümiert: „Eine entscheidende neue Wendung in Strauß’ Stilprinzip und Methode hat uns sein ‚Heldenleben‘ nicht geoffenbart. Es ist complicirteste Programm-Musik mit verschwiegenem Programm, und darum nur unverständlicher als die früheren. Strauß’ Anhänger vindiciren ihm, wie wir gesehen, die musikalische Weltherrschaft. Es ist sehr mißlich, in Kunstfragen zu prophezeien. Das lehrreiche Beispiel der Veristen, Naturalisten, Impressionisten, Symbolisten sollte uns Vorsicht lehren. Möglich, daß Richard Strauß während der nächsten fünf Jahre Europa beherrscht – aber auch, daß nach fünfzehn Jahren kein Mensch mehr nach seinem Heldenleben fragt. // Wie ein freundlicher warmer Sonnenstrahl erglänzte nach diesem Schlachtfeld der Gesang von Frau Strauß-de Ahna, der anmuthigen Gattin Richard’s. Wir hörten von ihr sieben Strauß’sche Lieder, wovon drei mit Orchester. Dieselben fesseln nicht blos durch geistreiche Auffassung, überraschend feine Züge (Qualitäten, die sich bei Strauß von selbst verstehen), sondern größten­ theils auch durch unmittelbaren musikalischen Reiz und eine bei aller Freiheit übersichtliche Form. Neben einigen dieser Melodien, die sich nur sinnend über den Boden der Declamation hinziehen, auch echte ­vollblütige Lieder, wie das ‚Wiegenlied‘, ‚Traum durch die Dämmerung‘, ‚Obdach‘. Wie labte uns Frau de Ahna’s meisterhaft geschulte, weiche, süße Sopranstimme! Von Richard Strauß unvergleichlich schön begleitet, fanden die Vorträge seiner Frau enthusiastischen Beifall. Wir dürfen sie wol [sic] seine schönere Hälfte nennen.“299 Auch diese Rezension registriert der Komponist genau und lässt dem Rezensenten durch seinen Verleger Fürstner Lieder senden, wofür sich Hanslick am 4. Mai 1901 mit förmlich-distanzierter Höflichkeit bedankt.300 Der von Hanslick besonders hart behandelte Gustav Brecher, der im Alter von 21 Jahren seine monographische Skizze verfasst hatte – für den Kritiker ein „Lob- und Preisbüchlein“, das „in einem wahren Begeisterungstaumel geschrieben“ wurde und nichts weiter als „Schwulst“ beinhaltet – war um 1900 einer von unzähligen jungen Komponisten, die zu

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Strauss bewundernd und ehrfürchtig aufblickten und ihm nachzueifern suchten. Brecher wurde vom „Meister“ gefördert und stand mit ihm in brieflichem Kontakt. In seinem „Büchlein“ sieht er als bisherigen Höhepunkt in Strauss’ Entwicklung die „rücksichtslose Ausbildung eines bis dahin in der Musik nicht gekannten realistischen Stils; Streben nach denkbar einfacher Thematik, die Idee der symphonischen Dichtung bis in ihre letzten Konsequenzen durchgeführt in ‚Don Quixote‘ und ‚Ein Heldenleben‘“. Die Einfachheit in den musikalischen Gestalten – der Vorwurf des Banalen stand damals schon im Raum – versucht Brecher noch mit stilistischen und moralischen Kriterien in Einklang zu bringen, doch nimmt er bereits, wenn auch in der Negation, vorweg, was Jahre später ein beliebter Kritikpunkt an Strauss sein wird: „[E]in Umspringen in die Reaktion, wie wir es jetzt bei so Vielen sehen, Dichtern wie Musikern – eine reuige Umkehr –, die haben wir wohl von Strauß, diesem ausgeprägt fortschrittlichen, nicht posiert, sondern wahrhaft modernen, ernsten und leuchtend klaren Künstler, nicht zu gewärtigen.“ Und auch ein weiteres Motiv klingt hier bereits an, das sich in der Folge für den Rest seines Lebens an den Ruf des Komponisten heften wird – die einzigartige Position unter den Musikschaffenden, die Brecher pathetisch untermauert: „[U]nter den Tondichtern unserer Zeit […], unter der Unrast der Erscheinungen ist Richard Strauß der einzig ruhende Pol, auf den Alles mit Spannung blickt, weil er uns wirklich Großes und Neues zu sagen hat, und auf den wir hoffen, weil er allein auf jener Höhe wandelt, von der aus es einen Weiterblick auf neue Pfade unserer Kunst geben könnte.“301 Aus einem Brief von Brecher an Strauss vom 29. November 1900 geht hervor, dass der Komponist die Publikation nicht nur genau gelesen haben dürfte, sondern sie auch aufgrund ihrer Schwärmerei kritisiert hat: „Sie haben schon Recht, daß mein Enthusiasmus zunächst auf viele Leser nicht wirken dürfte […]. Wenn die 2te Auflage erscheint, was nach dem bedeutenden Absatz gleich in den ersten Tagen wahrscheinlich bald der Fall sein wird, so werde ich Ihren Fingerzeigen dankbar folgen und viele Superlative ins Positive verwandeln und auch die verschiedenen mir sehr ärgerlichen Knabenheiten und Lapsus welche Sie aufgedeckt haben auf gerade Füße stellen und ausgleichen.“302 Mit einem literarischen Porträt der Jahrhundertwende zeigte sich der Porträtierte hingegen sehr einverstanden – jenem Essay des französischen Wagnerianers Romain Rolland, der im Juni 1899 in der Revue de Paris

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erschienen war303: „Ich will den Helden, die Ihre Einbildungskraft geschaffen hat und die meinem Herzen nahestehen, den Weg bahnen“, schrieb der Schriftsteller an den Komponisten am 14. Mai 1899304, nachdem er ihn im April in Berlin besucht hatte. Wie in vielen anderen Fällen konnte Strauss auch Rolland erst nach intensivem persönlichem Kontakt für sich einnehmen. In seinen Tagebuchnotizen vom Jänner des Vorjahres hatte der spätere Literaturnobelpreisträger den Dirigenten Strauss nach einem Konzert mit dem Lamoureux-Orchester noch mit deutlicher Distanz beschrieben und dessen Gesamterscheinung psychologisierend eingeordnet: „Er dirigiert mit ruckartigen, willkürlichen, dramatischen Bewegungen à la Wagner. Innerhalb der Symphonie [Beethovens Siebte] führt er Pausen ein, beschleunigt und verändert die Tempi, der Rhythmus stark betont, nervös und heftig. […] Alles in allem mehr ein Mann der Kraft als der Inspiration. Vitale Energie, nervöses Temperament, eine krankhafte Übererregtheit, gestörtes Gleichgewicht, das vom Willen gebändigt wird, aber Musik und Musiker antreibt“ (Tagebucheintrag vom 22. Jänner 1898). Nach seinem Besuch in Deutschland verbindet Rolland ein gutes Jahr später den äußeren Eindruck mit Überlegungen zur Persönlichkeit, erwähnt auch „an der Wand die interessante, große Skizze eines deutschen Meisters (Mann und Frau, nackt)“ in Strauss’ Berliner Wohnung und skizziert zunächst die physische Erscheinung, von der er zu einer persönlich gefärbten, aber aufschlussreichen Charakterisierung gelangt: „Sehr jugendliches Aussehen, hochangesetzte dunkle Haarkrone über der stark gelichteten, schönen, gewölbten Stirn, sehr helle Augen, ein blonder, fast weißer Schnurrbart. Er spricht mühsam aber ausreichend französisch. Hochgewachsen, aber von sehr lässiger Haltung. Eine unbewußte und kindliche Schüchternheit beim Lächeln und bei den üblichen Höflichkeitsbezeugungen; aber man spürt darunter den kalten, bewußten Hochmut, der den meisten Menschen und Dingen des Lebens gleichgültig gegenübersteht und der es sich im Stillen selbst verübelt, nicht mehr hervorgetreten zu sein, sich in der Unterhaltung schon wieder den mondänen Konventionen gebeugt zu haben (Ein wenig wie ich selbst.)“305 In seinem Brief an Romain Rolland vom 27. Juli 1899, in dem er sich für den Essay bedankt, versichert Strauss ihm, „daß mich noch nie eine kritische Beleuchtung meiner Persönlichkeit u. meiner Arbeiten so wohltuend berührt hat, wie Ihr Aufsatz. “ Doch zugleich regt sich in ihm die kulturpolitische Ader: „Es gibt für eine wirklich gedeihliche Entwick-

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lung unserer Kunst viel zu beraten und weit mehr zu tuen. Die Reform unserer Theater, das Repertoire der Theater, das bloß mehr vom Altbewährten u. der speculierenden Routine sich nährt! Die Forderung allgemeiner Bildung auf den Conservatorien, wo soviel Musikproletariat gezüchtet wird und vieles Andere. Es wird ein Verdienst sein, wenn auch von Paris aus die reformirenden Ideen Rich. Wagners […] neue Förderung erfahren.“306 Als sich Strauss im März 1900 erneut für eine Reihe von Konzerten in Paris aufhält, findet Rolland Gelegenheit zur Fortsetzung seiner Charakterstudien: „Eine wunderbare, große Stirn, helle Augen, schmale Nase, krause Haare; der untere Teil des Gesichts wirkt leicht verzogen; der Mund zieht oft eine häßliche Grimasse, wenn er Ironie oder Unzufriedenheit ausdrücken will. Sehr groß und breitschultrig; aber seine Hände ziehen die Aufmerksamkeit auf sich, schmal, lang, sehr gepflegt und auf eine etwas krankhafte Weise aristokratisch, die nicht zu seiner sonstigen, eher zwanglosen und bürgerlichen Erscheinung paßt. […] Seine Unterhaltung läßt mich erkennen, wie sehr ich recht hatte, in ihm den typischen Künstler des neuen deutschen Kaiserreiches zu sehen, den kraftvollen Widerschein dieses heroischen Dünkels am Rande des Wahnsinns, verächtlich im Sinne Nietzsches, von jenem egoistischen und praktischen Idealismus erfüllt, der die Kraft anbetet und die Schwäche verachtet. Dazu kommen gewisse Charakterzüge, die ich bis jetzt noch nicht richtig erkannt habe und die man vor allem den Münchenern, den Süddeutschen, zusprechen muß: eine alte Tiefenschicht derb-komischen, paradoxalen und spöttischen Humors, wie ein verwöhntes Kind oder ein Till Eulenspiegel. Man muß sich dieses vor Augen halten, um einige seiner Gedanken nicht verabscheuungswürdig zu finden“ (Tagebuchnotiz vom 1. März 1900).307 Gerade aus der „interkulturellen“ Perspektive, aus den Mentalitätsunterschieden zwischen Frankreich und (Süd-)Deutschland, ist diese ungeschönte Schilderung ganz offenbar treffend. Zumindest ebenso bemerkenswert sind Rollands musikalische Eindrücke. Nach der Generalprobe zum ersten Konzert am 4. März hält er etwa fest, Strauss habe Beethovens 5. Symphonie „ohne jede eigene Auffassung oder Einfühlung“ dirigiert (Tagebuchnotiz vom 1. März 1900).308 Und nach dem zweiten Konzert am 11. März notiert Rolland zunächst über die Tannhäuser-Ouvertüre: „ungeheuer lebendig, nervig, bebend vor Erregung, (und immer wieder diese besondere Begabung, den orchestralen Teig durchzukneten, die instrumentalen Massen zu gliedern und zu ent-

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wirren, Linien und Farben hervortreten zu lassen.) – Dann zum zweiten Mal Ein Heldenleben und erstmals Don Quixote. Ein Teil des Publikums ist empört. Dieses gediegene französische Publikum, – das sich, je weniger es von Musik versteht, um so mehr auf seinen guten musikalischen Geschmack beruft, – es verträgt keinen Spaß, glaubt viel zu schnell, daß man sich über es lustig machen will, daß man ihm nicht genug Respekt entgegenbringt. Über das Blöken der Schafe geriet es außer sich. Zum Schluß Applaus und Pfiffe, ‚Bravo!‘ und ‚Das ist unwürdig!‘ – Dem phlegmatischen und verschlafenen Strauss scheint das alles gleichgültig zu sein“ (Tagebuchnotiz vom 11 März 1900).309 Rolland gibt auch eine Episode wieder, in der noch die Strauss’sche Art, pointiert zu erzählen und Gegebenheiten überzeichnet wiederzugeben, durchklingt: „Er erzählt von seinen Erlebnisse [sic] mit dem Kaiser. Die erste Begegnung. – Der Kaiser läßt ihn kommen und betrachtet ihn stirnrunzelnd: ‚Sind Sie auch einer dieser modernen Musiker?‘ Er salutiert. ‚Ich habe Ingwelde von Schillings gehört, das ist abscheulich, es gibt da keine Melodie.‘ – ‚Verzeihung, Majestät, es gibt Melodien, aber sie werden von der Polyphonie überdeckt.‘ – Er sieht ihn streng an: ‚Sie sind einer der Schlimmsten.‘ Er salutiert wieder. – ‚Die ganze moderne Musik taugt nichts, es gibt darin keine Melodie.‘ – Dieselbe Geste. – ‚Ich ziehe den Freischütz vor.‘ – ‚Majestät, auch ich höre lieber den Freischütz.‘ – ‚Der Falstaff von Verdi ist etwas Scheußliches.‘ – ‚Majestät, man darf nicht vergessen, daß Verdi achtzig Jahre alt ist und daß es eine schöne Sache ist, wenn man sich in diesem Alter – nach Troubadour und Aida – schöpferisch noch so erneuern kann, daß man einen so geniale [sic] Wurf wie Falstaff fertigbringt.‘ – ‚Ich hoffe, daß Sie mit achtzig eine bessere Musik schreiben werden.‘ – Darauf gab es nichts zu erwidern“ (Tagebuchnotiz vom 1. März 1900). Um Strauss’ Verhalten auch in den folgenden Jahrzehnten nur an­ nähernd adäquat einzuschätzen, ist es entscheidend, seine Sozialisation als Untertan der Monarchie ebenso zu berücksichtigen wie zu sehen, dass er Respekt und Widerspruch gegenüber der Obrigkeit nicht nur mit­ einander vereinen konnte, sondern dass er gerade gelernt hatte, die Grenzen des gerade noch Erlaubten auszureizen. Auch wenn das letzte Wort beim Kaiser lag, gab es Möglichkeiten zur Behauptung. Auch insofern konnte Rolland in ihm „den typischen Künstler des neuen deutschen Kaiserreiches“ sehen. Dieser hielt sich zeitlebens zugute, mit seiner Mei-

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nung nicht hinter dem Berg zu halten und jedem gegenüber frei heraus zu sagen, was er sich dachte (in höherem Maß tat das nur noch Pauline), wovon Rolland ebenfalls berichtet: „Strauss beklagt den Rigorismus und die heuchlerische Moral in Berlin. – ‚Warum sollte man nicht das Recht haben, die Dinge beim Namen zu nennen, sobald man sie erkannt hat?‘ – Er behauptet, daß man ihm vorausgesagt habe, er würde eines Tages seinen Kopf verlieren“ (Tagebuchnotiz vom 1. März 1900).310 Freilich muss man sich auch vor Augen führen, dass anders als in späterer Zeit Widerspruch gegenüber dem Herrscher nicht zwangsläufig zur Exekution führte. In geradezu komischer Weise konnte sich etwa Erich Freund, Herausgeber und Redakteur der demokratischen Breslauer Morgenzeitung vom 1.3.1906 in Bezug auf Strauss mit Stolz auf seine Meinung beziehen, als er schrieb, „der Kaiser […] meinte neulich, daß Strauß zwar ein guter Kerl sein, aber leider nicht komponieren könne. […] Von seinem Können aber habe ich eine der kaiserlichen diametral entgegengesetzte Ansicht, nämlich die, daß Strauß nicht allein komponieren, sonder daß er eher zuviel komponieren kann.“* Auch die Ansichten von Strauss waren zwar mit jenen von Wilhelm II. keinesfalls kompatibel, doch erwies sich der Wechsel zwischen gewährten und wieder entzogenen Freiheiten als immerhin so praktikabel, dass Strauss so lange am Berliner Hof tätig blieb wie nirgends sonst in seiner Karriere. 1911, als Max Steinitzer die erste Auflage seiner Monographie publizierte, sollte die insgesamt 20-jährige Stellung – seit 1908 als Königlich preußischer Generalmusikdirektor bzw. ständiger Gastdirigent an der Hofoper – noch für weitere sieben Jahre aufrechtbleiben. Entsprechend positiv schildert der Autor die Beziehungen zwischen dem Komponisten und dem Regenten: „Bei persönlichen Begegnungen war der Monarch von achtungsvoller Liebenswürdigkeit gegen den ersten Musiker seines Reiches; in der Widmung von Märschen für Militär- und Orchestermusik und deren huldvoller ­Annahme, sprach sich das bleibend freundliche Verhältnis von Fürst und Sänger aus. Strauß durfte mehrmals im Zwischenakt einer von ihm geleiteten Oper die Anerkennung seines Souveräns in der Hofloge entgegennehmen. Wie gut sich dieser Strauß’ Äußerungen über seine eigene Richtung gemerkt hatte, zeigte sich bei dem Männerchorwettstreit in Kassel, als der Kaiser mit den Preisrichtern sprach; er erwähnte gegen [Ernst von] Schuch Strauß’ ausgesprochene Modernität und fügte gutgelaunt hinzu: ‚Da habe ich eine schöne Schlange an meinem Busen genährt‘ –

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woraus der Berliner Ausdruck Hofbusenschlange für Strauß entstand.“311 Wie gerne Strauss seinen Dienstverpflichtungen zuweilen nachging, schrieb er am 18. Mai 1899 dem Vater: „[Dann] muß ich leider auf drei Tage nach Kassel als Preisrichter!!!!!! zum Sängerwettstreit um den Wanderpreis des Kaisers. Sechsunddreißig Männerchöre in zwei Tagen hören!!!!!! Kollege Perfall ist auch dort. Der Kaiser wird der ganzen Sache beiwohnen. Brrr! Ist aber nicht zu ändern.“312 Vor der Kölner Erstaufführung von Ein Heldenleben hatte sich Strauss am 9. April 1899 gegenüber Wüllner über seine nötige Anwesenheit in Berlin mokiert: „Es ist scheußlich, daß ich Ihnen wegen der schändlichen Oper eines urtalentlosen Franzosen das schöne Concert abschlagen muß […]. Aber der Kaiser reist am 19 ten ab, will die Oper sehen (Wenn sie von einem talentvollen Deutschen wäre, wäre sie ihm ganz wurscht)“.313 Strauss war freilich flexibel genug, um nicht nur zum Geburtstag des Kaisers Festvorstellungen in der Hofoper zu bestreiten, sondern den Monarchen auch mit Komposi­ tionen nach seinem Geschmack zu versorgen. So schreibt er für ihn eine neue (Volks-)Hymne, zu seinem Geburtstag am 27. Jänner 1906 erklingt etwa ein Militärischer Festmarsch des – inzwischen längst weltberühmten – Kapellmeisters, worauf ihn der Monarch in den folgenden Monaten auf das Schloss holen lässt: „[D]er Kaiser läßt mir 1 ½ Stunden Märsche vorblasen“, notiert Strauss am 29. März 1906 despektierlich in seinen Schreibkalender. Darüber weiß Steinitzer zu berichten: „Die Frucht einer 1½ stündigen Audition von alten Militärmärschen, bei der der Kaiser mit Strauß zugegen war, bestand in der hierdurch angeregten eigenen Komposition zweier solcher Märsche als Widmung, äußerst rasch entworfene Stücke, die ein Berliner Verleger sofort (wie man sagt für 10000 Mark) erwarb, und die Strauß, der dem Monarchen auch den ‚Königsmarsch‘ gewidmet, den Kronenorden (III. Klasse) [1912] einbrachten.“314 Gegenüber Strauss’ Forderungen als Bediensteter zeigte sich Wilhelm II. großzügig: Ab 1905 genehmigte er ihm ein halbes Jahr Urlaub bei unverändertem Gehalt. Und auch bei Strauss’ Opern ließ Wilhelm, so wenig er mit ihnen anzufangen wusste, mit sich reden. Feuersnot wurde nach der Berliner Erstaufführung am 28. Oktober 1902 Mitte Dezember verboten, Ende Dezember aber wieder freigegeben. Und Salome genehmigte der Kaiser am 6. Oktober 1906, nachdem Generalintendant Georg von Hülsen-Haeseler ihn mit der Idee überzeugt hatte, am Ende den Stern von Bethlehem aufgehen zu lassen. Dass Strauss tags darauf die Orchesterfas-

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sung des Liedes Die heiligen drei Könige aus Morgenland nach Heinrich Heine beendete315, war sicher Zufall. Jedenfalls besaß der Komponist reichlich Erfahrungen mit den Einschränkungen in einer Monarchie und mit taktischen Manövern, als er 1901 an seiner zweiten Oper Feuersnot arbeitete und zugleich Aufführungsmöglichkeiten sondierte. Schon im Jänner hatte er – nach dem Konzert mit seiner „schöneren Hälfte“ – Gustav Mahler aus dem „Singgedicht“ vorgespielt. Nachdem sich mit Berlin keine Einigung erzielen ließ, sollte die Uraufführung in Dresden stattfinden – im April spielt Strauss auch dem Generalmusikdirektor Ernst von Schuch aus dem Stück vor – und baldmöglichst die Wiener Hofoper folgen, wobei freilich die Zensurbehörde eine unberechenbare Hürde bildete. Gegenüber deren Direktor Mahler ließ Strauss in einem Brief vom 11. Juli 1901 tief blicken: „Censur in Wien macht mir riesigen Spaß! // Ich wage ein Verbot gar nicht zu hoffen, denn die Reklame eines Censurverbotes wäre das größte Glück für das Öperchen, umso mehr als dadurch die Aufführung in Wien doch wohl nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben würde. Oder nicht? […] Beanstandet die Censur in Wien nur einige Verse, so lassen wir ein anderes Textbuch drucken und statt der beanstandeten Verse Kreuzchen machen mit der Anmerkung: die von der Censur gestrichene Stelle siehe Klavierauszug. // Das gibt einen Massenabsatz! Glücklicher Verleger!“316 Provokation war im gesamten Stück Programm: Zum einen bildete es eine Kampfansage an München, wo sich Strauss ungerecht behandelt gefühlt hatte; zum anderen schockierte das originale Libretto von Ernst von Wolzogen, das überall verändert werden musste317, durch seine erotische Freizügigkeit: Erst nachdem Diemut, die Tochter des Münchner Bürgermeisters, dem Zauberer Kunrad ihre Unschuld geopfert hat, wird die Stadt von dessen Bann der überall erloschenen Lichter befreit. Der männliche Held ist seinerseits Nachfahre eines anderen umstrittenen Zauberers. Wer damit gemeint ist, macht der Text überdeutlich klar: „Sein Wagen kam all zu gewagt euch vor, / da triebt Ihr den Wagner aus dem Thor / den bösen Feind, den triebt Ihr nit aus / der stellt sich Euch immer auf ’s Neue zum Strauß.“318 Persönliche Motive brachte Strauss sogar insoweit ein, dass er das Lied „Guten Morgen, Herr Fischer“ als Spott auf den gleichnamigen Kapellmeister integrierte, der einst zu seiner Enttäuschung Wagners Feen dirigiert hatte. Dass er sich selbst dabei als Opfer inszenierte, das zur Rache schreitet, stieß nach der Dresdner

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Uraufführung vom 21. November 1901 nicht überall auf ­Verständnis. So stellte der Musikschriftsteller und Kritiker Carl Söhle im Musikalischen Wochenblatt die Grundlagen für die Verletztheit des Komponisten in Frage: „In der ,Feuersnoth‘ wiederum Satyre, Schalksnarrenthum, das Beckmesser-Eulenspiegel-Thema, das er nicht müde wird, zu variieren. Woher nun eigentlich all die Galle, dieser unerschöpfliche Abrechnungszorn bei Meister Strauss? Bei so frühzeitigen großen Erfolgen und Anerkennung seines Genies kann man doch bei ihm von einem Märthyrer­ thum des Fortschritts nicht groß sprechen. O jerum, man denke da doch an Wagner und Liszt, wo der Eine erst als Greis zu Ehren kam und Liszt als Componist gar erst nach seinem Tode.“319 Am 23. November 1901 schrieb Strauss über das Presseecho zur Uraufführung an seinen Vater: „Alle Zeitungen (mit Ausnahme natürlich der ,Münchner Neuesten Nachrichten‘) glänzend.“320 Dabei schrieb Oskar Merz in der Ausgabe vom 22. November 1901 nicht gerade unfreundlich, sondern bemerkte sachlich, dass er die Anspielungen in Text und Musik sehr wohl bemerkt hatte: „Zum Beispiel erscheint bei der Stelle, an der vom ,Wagner‘ (Meister Reichhart) die Rede ist, das – Walhallthema aus dem Nibelungenring und bald darauf, bei der satirischen Anspielung auf die apathischen Münchner, die immer noch nicht das wahre, soll in diesem Falle nämlich heißen: neue Genie erkennen wollen, d. h. würdigen (was, nebenbei gesagt, übrigens durchaus nicht zutreffend ist), ertönt das sinnvolle Trio aus dem berühmten ,Gut’n Morgen Herr Fischer‘ –.“321 Nach der Wiener Erstaufführung am 29. Jänner 1902 schrieb der Sohn nach Hause: „Die Zeitungen verrissen mich kolossal, Gott sei Dank! Sonst geht’s mir famos.“ (an Franz Strauss, 1. Februar 1902)322; und anlässlich der Berliner Erstaufführung konnte er den Eltern von einem enormem Andrang der Presse bei der Generalprobe zur Feuersnot berichten, für die auch ein Rezensent aus London angereist sei (an die Eltern, 27. Oktober 1902).323 Wieder war das Echo ebenso stark wie gespalten. Und nun begannen die Diskussionen um Strauss ausführlicher und grundsätzlicher zu werden, begann der Komponist Überlegungen zu provozieren, die versuchten, insgesamt über ihn Aufschluss zu geben. Wieder sind es die ambivalenten Einschätzungen, die zu den interessantesten gehören. So schrieb der Musikwissenschaftler und Literaturhistoriker Karl Storck in der Zeitschrift Der Türmer im Jänner 1903 anlässlich ­Feuersnot: „Ich habe nie mit meiner Bewunderung für Richard Strauß zu-

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rückgehalten, aber auch nie verhehlt, daß ich für seine Entwicklung ernste Bedenken trage. Es gibt ein Straußproblem, und dieses liegt in ihm selbst. Er, der in seinen Werken so oft mit Zorn und Übermut gegen ­‚Widersacher‘ kämpft, trägt den stärksten Feind in sich selbst. Ich möchte ihn in dem Worte Journalismus zusammenfassen. Er hängt zu sehr ab von den Strömungen, dem Lärm des Tages; sein scharfer Geist verlockt ihn, zu alledem Stellung zu nehmen und alles in scharf persönlichen Be­ ziehungen zu sehen. Das ist eine prächtige Eigenschaft für den Journalisten, eine verhängnisvolle für den Künstler, wenn dieser dadurch verleitet wird, das vom Tag für den Tag Geborne mit Ewigkeitswerten zu ver­ quicken.“324 „Die erste Falte im Gesicht“. Verherrlicht und verteufelt

Der Berliner Musikschriftsteller Erich Urban hatte in den Jahren 1901 und 1902 aus seiner Bewunderung für den Künstler heraus zwei Publikationen verfasst und nach einem Essay über Richard Strauss eine Schrift mit dem Titel Strauss contra Wagner vorgelegt. Im Urteil über „einen so persönlichen und eigengearteten Menschen“, so Urban, sehe man sich vor zwei Möglichkeiten gestellt: „‚Hosianna‘ oder ‚Kreuziget ihn‘“. Der Autor lässt in beiden kleinen Büchern, die zu einem guten Teil textgleich sind, keinen Zweifel daran, dass er die erste Möglichkeit gewählt hat, und inszeniert Strauss als Helden: „Dessen sind wir uns gewiß: es redet ein Mann zu uns, der über alle Schranken hinweg sich durchsetzt, koste es was es wolle. Ein Mann, der das Leben bis in seine Tiefen kennt und sich nicht scheut, in seinen Werken es auch bis in die Abgründe hinein zu beleuchten. Ein Mann, der den Horizont sich frei macht, wenn es sein muss, mit Gewalt und Roheit. […] Man hat das Bewußtsein, daß hier ein Auserwählter in einer neuen Sprache zu uns redet.“ Urban spinnt die religiösen Anspielungen also explizit weiter, macht ihn zum Messias. Und selbstverständlich darf die Erwähnung von Pro und Contra auch des Weiteren nicht fehlen, woraus allerdings eine Wertung abgeleitet wird, die logisch nicht zwingend ist: „Ein neues Werk von ihm ist in Berlin ein ‚Ereignis‘. Und ist man auch noch ein gutes Stück davon entfernt, ihn einhellig zu preisen, halten sich Ablehnung und Zustimmung so ziemlich das Gleichgewicht, so beweist das eben nur, dass man ihn sehr ernst nimmt und von seinem Wert eine deutliche Vorstellung hat.“325

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Beide Passagen aus Urbans Richard Strauss sind in Strauss contra Wagner leicht verändert – und zwar durchaus vorteilhaft für das Objekt der Darstellung: Im ersten Zitat ist etwa „koste es was es wolle“ getilgt, dafür findet sich im zweiten die Ergänzung: „Ein neues Werk von ihm ist in Berlin und in der ganzen Welt ein ‚Ereignis‘.“326 In der Folge ist Urban darum bemüht, die historische Notwendigkeit der Strauss’schen Entwicklung darzulegen und den damals schon geläufigen Vorwurf, die Kompositionstechnik habe sich bei ihm zum Selbstzweck verselbständigt, zu entkräften: „Denn das kann nicht stark genug betont werden: die Technik Straussens ist nur Mittel zum Zweck, nicht etwa der Zweck selbst. Die Mittel schreiten im Zuge einer Bewegung, gehen ihnen nicht voran. Sie stellen sich erst ein, wenn eine Bedürftigkeit danach eintritt.“327 Schließlich spielt er auf dem Höhepunkt seiner Überlegungen Wagner und Strauss gegeneinander aus, sieht das Gesamtkunstwerk als Irrweg und in Strauss die Vorstellungen Wagners unter Anspielung auf eines von dessen essayistischen Hauptwerken erfüllt: „Ich zögere nicht, die sinfonische Dichtung in der Art des ‚Heldenleben‘ als die Vollendung des von Wagner geträumten und erstrebten Kunstwerks, als das echte und rechte Kunstwerk der Zukunft zu bezeichnen.“328 Mit seiner vorerst letzten Tondichtung erfüllte Strauss die Erwartung eines „Ereignisses“ auf bislang nicht dagewesene Weise, indem er vorgab, in der „Meiner lieben Frau und unserem Jungen“ gewidmeten Symphonia Domestica das eigene häusliche Leben als „sinfonisches Selbst- und Familienporträt“329 darzustellen. Die Novität hätte kaum aufsehenerregender in die Welt gesetzt werden können als auf jener Konzertreise in die USA, die Pauline und Richard Strauss zwischen Ende Februar und Ende April 1904 absolvierten. Das mediale Interesse war naheliegenderweise noch entscheidend auffälliger als in der Heimat. So berichtete Strauss am 14. März 1904 an die Eltern, indem er sich über die reißerische Bericht­ erstattung beklagte: „Auf allen Programms [sic] ist die Villa [der Schwiegereltern in Marquartstein] mit droben, ebenso war sie in allen Zeitungen reproduziert.“ Am Tag nach der Uraufführung berichtete er: „Die Amerikaner verstehen sich aufs Feiern und sind riesig gastfrei und liebenswürdig. Die Feier in Morgantown, wo ich zum Ehrenbürger ernannt wurde, in Cleveland, wo ich einen silbernen Becher im Werte von 800 Mark erhielt, waren großartig, überall wurde ich als der erste lebende Komponist gefeiert. Näheres mündlich, für Details fehlt mir die Zeit“

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(an die Eltern, 22. März 1904).330 Als Strauss am Ende der Reise von Präsident Roosevelt empfangen worden war und 73.000 Mark „Reingewinn“ verbuchen konnte, waren die Nachrichten aus Amerika längst auch nach Deutschland gelangt. Am 20. April berichtete etwa die Berliner Allgemeine Zeitung darüber, dass Strauss auch im New Yorker Warenhaus von John Wanamaker dirigiert hatte.331 Auf Veranstaltungen, die einen offensichtlichen pekuniären Geruch ausstrahlten, reagierte die Öffentlichkeit ohnehin sensibel. Zwei Jahre zuvor hatte Strauss etwa im Etablissement „Venedig in Wien“ im Prater drei Konzerte dirigiert und sich schon im Vorfeld in der Neuen Freien Presse vom 20. Juni 1902 zu verteidigen versucht: „Man hat sich darüber gewundert, daß ich im Freien dirigieren werde. Aber warum denn nicht? Was mein großer Namensvetter [ Johann Strauss] hier in Wien so oft gethan hat, darf auch ich thun, ohne daß es mir zur Unehre ausgelegt wird.“332 Es wurde ihm genau so ausgelegt, wie jener hämische Kommentar in der Frankfurter Zeitung vom 28.  Juni 1902 zeigt, der auch über das Honorar – „tausend Mark für einen Abend“* – Bescheid wusste. Ebenso sauer stieß manchen das Engagement in Wanamaker’s auf – und zwar nachhaltig. Noch 1908 nahm ­August Spanuth in den Signalen für die Musikalische Welt in einem Artikel über „Richard Strauss und Amerika“ einen Brief von Strauss an den „verehrlichen Vorstand“ des Deutschen Liederkranzes der Stadt New York, wo der Komponist im März 1904 ebenfalls zu Gast gewesen war, zum Anlass, um ihm Doppelmoral vorzuwerfen: „Von allen Lastern des Menschengeschlechtes sind mir Talentlosigkeit und Heuchelei die ekelhaftesten. Was nützen dem schönen Amerika die Kunstschätze Europas, solange der Geist, aus dem dieselbigen einzig entspringen können, in der alten Welt bleibt“, hatte er am 27. Februar 1908 nach Amerika geschrieben. Genüsslich wies der „scharfe, skeptische, zuweilen fast finstere ­August Spanuth“, den Max Steinitzer zu Strauss’ „Hauptgegnern“ rechnete, da er „so ziemlich auf jede öffentliche Äußerung von Strauß entgegnet“333, dabei nochmals auf das Auftreten im Kaufhaus hin.334 Einige ­Wochen später konnte er eine Antwort präsentieren. Der Angegriffene habe laut Spanuth auf die Aufforderung einer Mitarbeiterin der Signale, sich zum obigen Artikel zu äußern, so reagiert: „Richard Strauss lehnt zwar die Aufforderung zur Erwiderung ab: er habe keine Zeit, auch lohne es sich nicht; aber dann erwidert er doch, wenn auch nur kurz.“335 In seiner berühmt gewordenen Antwort, die auch von der Allgemeinen Musik-

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Zeitschrift abgedruckt wurde, hieß es: „So sehr ich mein künstlerisches Gewissen erforsche, ich kann auch heute noch keine Skrupel darüber finden, dass ich seiner Zeit im Warenhause des Herrn Wanamaker dirigiert habe.“ Und anschließend schreibt Strauss den legendär gewordenen Satz: „Wahre Kunst adelt jeden Saal und anständiger Gelderwerb für Frau und Kind schändet nicht – einmal einen Künstler“.336 Dass er dabei nicht nur für seine Familie Geld erwerben wollte, sondern sich und die Seinen dafür – musikalisch verbrämt als Themen in der Symphonia Domestica – an die Öffentlichkeit brachte, erregte freilich seinerseits heftigen Widerspruch. Anlässlich einer Aufführung in Strassburg – wohl am 21. Mai 1905 – wird er in Romain Rollands Aufsatz über Französische und deutsche Musik mit der schlagfertigen und ohne die nötige Prise Ironie selbstherrlich wirkenden Aussage zitiert: „Ich sehe nicht ein, […] warum ich nicht eine Symphonie über mich selbst schreiben sollte. Ich finde mich ebenso interessant wie Napoleon oder Alexander.“ Rolland fügt hinzu: „Einige haben ihm erwidert, daß das für sie kein Grund sei, seine Meinung zu teilen.“337 Jahre später wird kolportiert, dass es Strauss mit der „Symphonie“ selbst ernst und nicht so scherzhaft gemeint gewesen sei, wie es sein Ruf seit dem Till Eulenspiegel zwangsläufig nahelegte: Die Domestica „soll ein musikalisches Bild des Ehelebens geben. Ich weiß, daß einige Leute glauben, das Werk sei eine spaßhafte Darstellung des häuslichen Glückes. Aber ich gestehe, daß ich nicht spaßig sein wollte, als ich sie komponierte. Was kann denn auch ernsthafter sein als das eheliche Leben?“338 Dass in der Partitur – der Musikführer von Alfred Schattmann erschien erst Jahre später339 – nur einige wenige programmatische Stichworte aufgenommen und sonst über den Inhalt gänzlich geschwiegen wurde, gab in diesem Fall der Spekulation einen weiten Raum: Strauss hatte allein die Worte „die Tanten: ‚Ganz der Papa!‘“; „die Onkels: ‚Ganz die Mama!‘“ sowie „(Wiegenlied)“ vermerkt.340 Anlässlich der europäischen Erstaufführung in Frankfurt am 1. Juni 1904 schrieb Rudolf Louis in der Neuen Musik-Zeitung: „Wenn das autorisierte Programm sich ganz allgemein hielt, so gingen die apokryphen Programme, die in Frankfurt von Mund zu Mund liefen, um so mehr in die intimsten und trivialsten Details des ehelichen und häuslichen Lebens ein. Und Strauß selbst hätte am allerwenigsten das Recht, sich darüber zu beklagen: denn an jenen famosen Stellen der Partitur, wo die Tanten beim Erscheinen des Kindes

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ausrufen: ‚Ganz der Papa!‘ und die Onkels ebenso: ‚Ganz die Mama!‘, hat er ja selbst auf diesen Weg gewiesen, der das Ganze zu dem macht, was es doch gewiß nicht sein soll und, für sich selbst betrachtet, auch nicht ist, – zu einem jeglichen künstlerischen Ernstes baren Ulk!“341 Tatsächlich zeigen auch spätere Kritiken, zu welchen Assoziationen sich die Hörer anregen lassen konnten. Nach einem Symphoniekonzert in der Dresdner Oper war etwa im Dresdner Anzeiger vom 7. März 1919 zu lesen: „Und höre ich die Domestica mit ihrem lauten, oft polterischen Wesen dann sehe ich die Garmischer Villa mit weitgeöffneten Fenstern vor mir liegen, sehe den kraftstrotzenden Naturmenschen mit genagelten Bergschuhen aus- und eingehen und denke an ein Familienglück, an dessen geräuschvoller Fröhlichkeit die Welt teilnehmen kann.“* Und die Dresdner Neuesten Nachrichten schrieben am selben Tag: „Man hört die Teller durch die Luft fliegen, die das zänkische Weib mit schriller Rede dem Gatten an den Kopf wirft, man atmet erleichtert auf, wenn der offenbar sehr ungezogene Sohn seine realistisch geschilderte Strafe erhält, aber erfreulich ist dieser ‚häusliche Krieg‘ nicht. Die wenigen lyrischen Stellen klingen affektiert oder trivial und die Heiterkeit ist recht gezwungen. Man begreift, daß Richard Strauß der geistreiche Schalk werden mußte, der er nun einmal ist. Das war seine einzige Rettung.“* Strauss’ eigene Haltung zum Problem der Programmmusik war nicht nur insofern unklar, als er hinsichtlich der Mitteilung der außermusikalischen Hintergründe und Konnotationen mit wechselnden, teils „widersinnigen“342 Strategien vorging. Sowohl zum Umgang mit den Programmen seiner Tondichtungen als auch zu deren Funktion äußerte er sich zwiespältig und widersprüchlich. An Rolland schrieb er über die Domestica am 5. Juli 1905: „Für mich ist das poetische Programm auch nichts weiter als der Formen bildende Anlaß zum Ausdruck und zur rein musikalischen Entwicklung meiner Empfindungen; nicht, wie Sie glauben, bloß eine musikalische Beschreibung gewisser Vorgänge des Lebens. Das wäre doch ganz gegen der Geist der Musik. Aber daß die Musik nicht in reine Willkür sich verliere u. ins Uferlose verschwimme, dazu braucht sie gewisser Form bestimmender Gränzen u. dieses Ufer formt ein Programm. Und mehr als ein gewisser Anhalt soll auch für den Hörer ein solch analytisches Programm nicht sein. Wen es interessiert, der benütze es. Wer wirklich Musik zu hören versteht, braucht es wahrscheinlich gar nicht. // Ihrem Rate, in Paris gar kein Programm beizugeben, will ich

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gern folgen. Aber glauben Sie, daß das Publikum dafür reif ist, eine Sinfonie von dreiviertel Stunden Länge ohne Wegweiser anzuhören?“343 Letztlich bleibt hier eine Unsicherheit spürbar, die Funktion des Programms überhaupt zu bestimmen: Seine Aufgabe als Richtschnur beim Kompositionsprozess und sein Sinn als Anker für die Rezeption verschwimmen; der Extremposition, für geübte Hörer sei wohl überhaupt keine solche Orientierung nötig, folgt sofort die pragmatische Einschränkung in Hinblick auf die Konzertsituation. An die Reduktion auf einen programmatischen, „Formen bildende[n] Anlaß zum Ausdruck“ hat sich Strauss selbst weder bei der Symphonia Domestica noch überhaupt gehalten, sondern Hanslicks Hauptvorwurf und dem vieler anderer – er gebe vor, (allzu) konkrete Inhalte in Musik zu setzen – wiederholt Ansatzpunkte geliefert. Langfristig sicherte aber gerade der außermusikalische Hintergrund – der häufig genug in den Vordergrund geriet – den Weg zum Erfolg, gerade beim breiten Publikum, dem Titel und Programme der Tondichtungen reichlich Anknüpfungspunkte für das Hören lieferten. Auch Walter Werbeck betont den gängigen Zugang zu diesen Kompositionen: „Das Publikum war kaum dazu bereit, seine Werke anders zu hören denn als interessante Illustrationen dessen, was an Programmatischem in den Musikführern stand“.344 Die Idee von der „poetischen Idee“, die auf Beethoven zurückgeht und vor allem von Liszt in seinen symphonischen Dichtungen weitergetrieben wurde345, hat Strauss ebenso als Schlagwort verwendet wie auch die Rede von der „Musik als Ausdruck.“ Beides wiederholt er über Jahrzehnte, ohne dass sich substanziell etwas an seinen Aussagen ändert. Im schon mehrfach zitierten – aus dem Englischen übersetzten – Beitrag von James Huneker in der Zeitschrift Die Musik von 1904 wird von einem Gespräch im Sommer 1903 berichtet, bei dem Strauss über Programmmusik gesagt habe: „Alle gute Musik muss einen poetischen Gedanken als Basis haben“. Er habe dabei auf Beethovens Sonaten und Bachs Fugen verwiesen. Die Schlüsse des amerikanischen Kritikers sind weitreichend: „Die Straussschen Tongedichte sind Dramen ohne Worte. Ton-Dramen ohne Worte, ohne Handlung, ohne Bühnen-Apparat. Bei ihm ist jedes einzelne Instrument ein Schauspieler; bald spricht es in Monologen, bald hat es seine Rolle in der Polyphonie zu spielen. Wie [Gustave] Flaubert der grösste Erzähler in der Poesie, so ist Strauss der grösste musikalische Erzähler.“346

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Bei seinen verbalen Äußerungen hingegen ist Strauss Differenzierung häufig denkbar fremd. Als er sich am 14. Juni 1912 beim Komponisten, Dirigenten und Musikkritiker Heinz Tiessen für dessen Artikel „Heldenverehrung“ in der Allgemeinen Musik-Zeitung bedankt („In 99 Fällen ärgert man sich doch über Zustimmung und Ablehnung in gleicher Weise, weil sie alle so vorlaut daneben hauen“), trifft er eine geradezu abstruse Unterscheidung und identifiziert schlichtweg alles, was er schätzt, mit Programmmusik (!): „Ich persönlich kenne nur gute und schlechte Musik, Programm- oder absolute Musik, zu ersterer gehört für mich Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Weber, Berlioz, Liszt, Wagner. Das Übrige mögen die andern unter sich aufteilen.“347 Dass diese Äußerung mehr als bloß eine Momentaufnahme darstellt, sondern sein im Wesentlichen gleichbleibendes musikalisches Weltbild wiedergibt, zeigt der Vergleich mit Aussagen aus anderen Jahren, die sich im Kern mit der soeben zitierten Meinung decken. Gemeinsam mit seinen ästhetischen Vorstellungen installiert sich dabei Strauss selbst im musikalischen Olymp. Als er 1904 die Instrumentationslehre von Hector Berlioz neu bearbeitet, entwirft er in seinem Vorwort sein Musikgeschichtsbild mit Wagner als Nonplusultra, nimmt jedoch seine eigenen Werke – Feuersnot, die Symphonia domestica, Till Eulenspiegel, Tod und Verklärung sowie Zarathustra – ganz selbstverständlich in die Reihe der Partiturbeispiele auf. In seinen Erläuterungen spricht Strauss hier von „zwei Hauptstraßen […], auf denen sich das Orchester von Händel, Gluck und Haydn her bis zu Wagner entwickelt hat. Man erlaube mir, diese beiden Hauptstraßen kurzerhand den symphonischen (polyphonen) und den dramatischen (homophonen) Weg zu nennen“, von denen Wagner die „Synthese“ sei.348 Es ist bezeichnend, dass dieses lineare Geschichtsbild bestehen bleibt, auch wenn es sich künftig bei nicht immer gleicher Terminologie immer mehr verfestigt und auf sein eigenes Schaffen hinzielt. Max Marschalk zitiert Strauss in der Vossischen Zeitung vom 15. Oktober 1918 mit der Meinung, „daß es für ihn dramatische M ­ usik und lyrische Musik gäbe. Er unterscheidet die Linie Beethoven–Liszt– Wagner von der Linie Schubert (große C-Dur-Sinfonie)–Mendelssohn– Schumann. Er spricht es nicht aus, aber es wird klar, daß er die dramatische Musik über Wagner hinaus zu sich selbst fortgeführt wissen will, die lyrische indessen über Schumann hinaus zu seinem großen Antipoden Mahler. ‚Dramatische Musik versetzt in Spannung, lyrische Musik unter-

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hält.‘“* Vollkommen auskristallisieren wird sich dieses Bild dann beim alten Strauss, der etwa am 17. Dezember 1944 an Roland Tenschert schreibt: „[D]ie musikgeschichtliche Hauptlinie geht […] Beethoven // Berlioz – Liszt // R. Wagner // R. Strauss“; für Schubert, den „Lyriker“, Schumann, Chopin und Mendelssohn bleibt hier nur eine „Nebenlinie“, und Brahms, Bruckner und Tschaikowsky werden zu „Epigonen“ [sic] degradiert.349 Dass der eigene Name am Ende doch genannt wird, bedeutet bloß den Zielpunkt auch jener Entwürfe, welche diese letzte Konsequenz noch nicht explizit benennen. Im selben Zuge verliert Strauss’ Rede von „Programmmusik“ jedwede tragfähige Kontur. Dem Wiener Komponisten und Journalisten Ferdinand Scherber sagte er etwa 1929 bei einem in der Theater- und Musikwoche wiedergegebenen Gespräch: „Für mich ist Programmusik eine jede, die etwas zum Ausdruck bringt und es gibt kaum eine Musik, die das nicht täte. Ein Zeichen dessen ist die innere Geschlossenheit eines Stückes, die das Gefühl im Hörer erzeugt, daß dieses oder jenes Thema so lauten müsse und gar nicht anders könne. […] Ich lege sogar klassischen Kompositionen, wie Mozartischen Sonaten, Programme unter, die natürlich ganz subjektiv erfunden sind, aber ich bin fest überzeugt, daß allen Meistern beim Komponieren ein Programm vorgeschwebt hat.“350 Dass die zahlreichen, meist anekdotisch überlieferten Bemerkungen von Strauss, man könne oder müsste alles in Musik setzen können – von der „Speiskarte“351 bis zu den „Logarithmentafeln“352 –, aufgrund ihrer ­Absurdität scherzhaft zu verstehen sind, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sehr wohl ein tiefes Vertrauen in die Fähigkeit der – seiner – Musik zu illustrativer Wirkung demonstrierte. So schrieb er etwa in einem Brief an Oskar Posa vom 31. Jänner 1900: „Übrigens sind in meinem ‚Don Juan‘ wirklich drei Frauengestalten gezeichnet, deren melodische Linien ziemlich scharf umrissen sind, wenn auch die Ausdrucks­fähigkeit der Musik noch nicht so weit geht, genau zu bestimmen, daß eine davon eine wirkliche ‚Gräfin‘ ist. Über Standesunterschiede sind wir in der Musik nun glücklich doch hinaus.“ Typisch ist auch hier wieder der Nachtrag: „Entschuldigen Sie die faulen Witze!“353 Gegenüber Rolland erklärte er über „des Helden Gefährtin“ aus dem Heldenleben: „Ich wollte meine Frau darstellen. Sie ist sehr komplex, sehr weiblich, ein wenig pervers, ein wenig kokett, niemals sie selbst, jede Minute anders. Am Anfang folgt ihr der Held, er stimmt sich auf den Ton ein, den sie gerade gesun-

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gen hat; sie aber flieht ihn immer mehr. Schließlich sagt er: ‚Nein, ich bleibe hier.‘ Nun nähert sie sich ihm“ (Tagebuchnotiz vom 9. März 1900).354 Mehrfach wurde schon früh während Strauss’ Karriere darauf hingewiesen, wie begrenzt demgegenüber die Möglichkeiten der Musik zu so konkretem Ausdruck bleiben müssen. Eugen von Ziegler brachte das Problem, auf das Eduard Hanslick überspitzt und unermüdlich – bei praktisch jeder seiner Kritiken über ein Strauss-Werk – hingewiesen hatte, in einer Arbeit über Richard Strauß in seinen dramatischen Dichtungen 1909 auf den Punkt: „Keine seiner sinfonischen Dichtungen vermag uns ohne Bekanntsein mit ihrer gedanklichen Unterlage aus sich selbst das mitzuteilen, was sie wollte; wir kämen über keine andere Gefühlstätigkeit hinaus, als sie etwa bei einer Beethovenschen Symphonie angeregt wird […]. Um aber die Absicht des Tondichters zwingend in uns zur Wirkung zu bringen, bedarf es immer noch der tatsächlichen Mitteilung derselben durch die Sprache, sei es mittels vorgängiger Lektüre oder Vortrages; es muß aber, da diese Mitteilung mit dem Erklingen des Tonstückes nicht gleichzeitig und nicht in einheitlicher Form geschieht, in diesem Falle die sinfonische Dichtung hinter der dramatischen immer zurückstehen.“355 Auch der Komponist und Musikschriftsteller Otto Klauwell äußerte 1910 in seiner Geschichte der Programmusik, in der er bei Strauss die „ Programmusik auf dem Gipfel ihrer Entwicklung“ sah, zwar die „Vermutung […], daß es wohl kaum einen außermusikalischen Vorgang für ihn [Strauss] geben dürfte, den er nicht in den Bereich seiner programmusikalischen Behandlung zu ziehen sich getraute.“ Dennoch konstatierte auch er die prinzipielle „Unmöglichkeit für den Hörer, den musikalischen Gedankengängen des Komponisten mit Verständnis für ihre programmatische Bedeutung folgen zu können.“356 Der Komponist allerdings dachte – sowohl bei Instrumentalwerken als auch bei Opern – vielfach an kleine Details und teilte ihren „Ausdruck“ bis ins hohe Alter immer wieder mit, etwa gegenüber seinem Biographen Willi Schuh: „Als die Marschallin [bei einer Rosenkavalier-Aufführung Anfang der 1940er Jahre] im Monolog über die Zeit an die Stelle kam, wo es heißt: ‚In den Gesichtern rieselt sie‘, beugte sich Strauss wieder zu mir, deutete mit ­einem leichten Stoß der geschlossenen Hand auf den eben im Orchester vernehmbaren einen leisen, tiefen Posaunenakzent und sagte mit einem verschmitzten Lächeln: ‚Hören Sie, die erste Falte im Gesicht‘.“357

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Es war einem Blick von außen – nämlich dem Amerikaner James Huneker­ – vorbehalten, den abgeschlossenen Umbruch zu vermelden, den die musikalische Moderne und der öffentlichkeitswirksame Strauss an ihrer Spitze um die Jahrhundertwende für die Zeitgenossen bedeutet hatte: „Eine Revolution in der symphonischen Musik hat sich vollzogen; niedergebrochen sind die Schranken der alten Formen, neue und tausendfache Ideen erfüllen sein [Strauss’] Tongedicht.“358 Zumindest im gesamten letzten Jahrzehnt des 19. und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts konnte er den Ruf behaupten, an der Spitze des musikalischen Fortschritts zu stehen – auch wenn er den festen Beinamen eines „Revolutionärs“ erst im Nachhinein erhielt. Dann aber kam, wie wir noch sehen werden, praktisch keine allgemeine Abhandlung über den Komponisten mehr ohne diese Zuschreibung aus. Die viel zitierte Meinung von Johannes Brahms anlässlich der 2. Symphonie Gustav Mahlers, die zwischen der Uraufführung 1895 und Brahms’ Tod 1897 geäußert worden sein muss („Bisher glaubte ich, daß Richard Strauß das Haupt der Umstürzler sei, nun sehe ich aber, daß Mahler der König der Revolutionäre ist.“)359, sollte sich später bei maßgeblichen Stimmen weitestgehend durchsetzen. Für die breite Masse seiner Mitmenschen war es aber zweifellos Strauss, der als Anführer der Moderne wahrgenommen wurde. Ungleich größer war seine Wirkung, ungleich häufiger die Aufführungen, ungleich aufsehenerregender deren Hintergründe, außermusikalische Konnotationen und mediale Resonanz. Hatten schon die Begleitumstände der Tondichtungen spätestens seit Tod und Verklärung zu einer stetig wachsenden Aufmerksamkeit geführt (wobei häufig die

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Musik ins Hintertreffen, deren „Inhalt“ aber ins Zentrum der Erläuterungen geriet), hatten Feuersnot und Domestica biographischen Stoff in die Diskussionen gespült, so entfachte sich bei den folgenden Strauss’schen Bühnenwerken eine regelrechte Hysterie. Die kollektive Erregung entzündete sich dabei nicht nur an musikalischen Phänomenen, sondern an einem Konglomerat aus Stoffen, Bühnenvorgängen und einem allgemeinen Rummel um die Person des Komponisten, wobei sich Zustimmung und Ablehnung gegenseitig weiter hochschaukelten. Am Beginn des Jahrhunderts waren die skandalös-tragischen letzten Jahre des Schriftstellers Oscar Wilde noch ebenso frisch in Erinnerung wie sein Tod in Paris 1900, wo auch sein – in London verbotenes – Theaterstück Salome 1894 uraufgeführt worden war. Es wäre schon unerhört genug gewesen, ein Bühnendrama direkt als Grundlage für ein Musiktheaterwerk zu verwenden; doch die biblische Geschichte der Tochter des Herodes, die den Kopf des Propheten Johannes fordert und erhält – ohne moralisierende Deutung, nur auf die Psychologie der Personen zugeschnitten –, bildete weitere Tabubrüche, die dem „Drama in einem Aufzuge“ höchste Beachtung garantierten, als die Uraufführung in Dresden am 9. Dezember 1905 bevorstand. Dass sie zeitgleich für eine Wiener Aufführung an der Hofoper vorbereitet und von der Zensur verboten wurde, außerdem dem Vernehmen nach Grund bzw. Anlass für Gustav Mahler zur Demission als Operndirektor war, brachte dem Komponisten und seinem Werk schon im Vorfeld eine weitere Welle der Aufmerksamkeit ein („Salome-Affäre“). Dass Strauss inzwischen äußerste Vorsicht walten lässt, was an die Presse gelangt, zeigt sein Vermerk nach dem zweiten der beiden Briefe vom 24. Oktober 1905, mit denen er Ernst von Schuch, Dirigent und Direktor der Dresdner Hofoper, unter Druck setzt, das Werk zeitgerecht herauszubringen oder die Uraufführung ansonsten Leipzig oder Wien zu überlassen: „Bitte diese meine Briefe als ganz vertraulich zu behandeln; Sie sind nur für den liebenswürdigen Collegen u. Freund berechnet. Einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber könnte ich mich nicht so offen u. degagiert aussprechen.“360 Schon Strauss’ Eintragung in einem Skizzenbuch: „Salome (lächelnd) Der Kopf des Jochanaan“361 zeigt, wie sehr er bei dieser Figur auf Ambivalenz zielte; und seine musikalische Umsetzung dieser Ambivalenz durch äußerste Spreizung der Tonalität sowie dem Ausklang in (fast) unge­ trübtem Cis-Dur wurde als ebenso ambivalent empfunden. Entspre-

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chend uneinheitlich waren die Rezensionen der Uraufführung, von denen manche keinen radikalen Unterschied zu den vorangehenden Tondichtungen s­ ehen konnten. Paul Mittmann schrieb etwa in der Breslauer Zeitung vom 12. Dezember 1905: „[T]atsächlich ist die ,Salome‘Partitur Programmusik im vollsten Sinne des Wortes, die eigentlich nur noch durch die von den Darstellern gesungenen Worte der Wildeschen Dichtung auf der Bühne lose zusammenhängt. Strauss vermag mit seinem Orchester alles zu konterfeien, ob dies nun Farben oder Vorgänge, Düfte oder Naturschauspiele sind“.362 Auch der Dirigent und Journalist Friedrich Brandes schlug in den Signalen für die Musikalische Welt in dieselbe Kerbe: „[E]ins muß man R. Strauß lassen: das Genre, das er diesmal sich herausgesucht hat, ist noch nicht dagewesen. Was es ist, will ich weiterhin zu ergründen versuchen.“ Nach langwierigen Ausführungen kommt er zu dem Schluss, beim „Genre“ der Salome handle es sich um „die sinfonische Dichtung ohne Programm, das Orchesterstück mit erklärendem Theaterspiel von Opernsängern.“ Schließlich entwickelt Brandes hier jenen Vorwurf, der von Strauss nicht mehr abfallen wird: aus Berechnung Moden der Zeit aufzugreifen und sich somit selbst in den Mittelpunkt zu reklamieren: „Er kann einen ärgern oder verletzen, aber Langweiligkeit ist ihm nicht nachzusagen. Dazu ist er viel zu berechnend, viel zu sehr Artist. Ein musikalischer Attitüdenkünstler […], der es versteht, seine Kompositionen zu Tagesereignissen zu machen, der es versteht, dem Zuge der Zeit zu folgen.“ Damit wird ihm – ohne es direkt auszusprechen – Unehrlichkeit angelastet, nur zum Schein Haltungen einzunehmen, um spekulativ nach dem Zeitgeist zu schielen, wobei Brandes das alles als vorhersehbar darstellt: „Strauß hat ganz folgerichtig gehandelt, als er sich an die Komposition der Hysterie machte. Nach seinen früheren Werken war das gar nicht anders zu erwarten. Die Hysterie ist jetzt Modekrankheit. Und Strauß macht die Moden mit. Als gebildeter Mensch wußte er, daß vor zehn Jahren Nietzsche Mode war. Und er komponierte seinen Zarathustra. […] Als noch weiter gebildeter Mensch, der Augen und Ohren offen hat, schrieb Strauß, den Geist der Zeiten erfassend, die neueste Sensation.“363 Ebenso regelmäßig wie das Schielen nach äußerem Erfolg wird Strauss seine „Dekadenz“ – die Darstellung von Dekadenz auf der Bühne im Stück und die Eigenschaften des Komponisten werden hier in der Regel nicht unterschieden – vorgehalten: Für Paul Pfitzner, der mit dieser Meinung keineswegs allein dasteht, ist im Musikalischen Wochenblatt vom

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14.  Dezember 1905 überhaupt das Ende der Musik in Sichtweite geraten, wobei es ein weiteres Warnsignal darstellt, dass Strauss ansonsten ­einen so regen Zuspruch findet: „[E]rstlich ist es ein Zeichen bedrohlicher Dekadenz, daß solche Werke perversen Sinnenkitzels, die als psychologisches Dokument ihren Wert haben mögen, derartigen Beifall finden, und zweitens, nach der rein musikalischen Seite hin, dürfte Strauss und in ihm die neuere Musik, an der Grenze angelangt sein, wo alle Gesetze ins Haltlose, Ungewisse zerflattern, wo es nun wirklich nicht mehr weiter geht, wo die ausgesuchte Häßlichkeit grellster Disharmonien als Sport betrieben wohl Überraschung und Staunen erwecken kann, wo die bewunderungswürdige Häufung der Effekte und Ausdrucksmittel wohl als charakteristisch empfunden werden mag – wo aber alles, was bisher als abgeklärt, beruhigend und künstlerisch erhebend galt, aufgegeben und geopfert wird.“364 Die Nachfrage nach der Novität war gigantisch: Innerhalb eines Jahres wurde die Oper in nicht weniger als acht Städten gezeigt. Den Beginn machte am 28. Februar 1906 die Breslauer Oper, die mit der Produktion auch am 25. Mai 1907 im Wiener Volkstheater gastierte und das Stück damit trotz Zensur auch in der österreichischen Hauptstadt zugänglich machte. Erich Freund beklagte in der Breslauer Morgenzeitung vom 1. März 1906 „das nahezu krankhafte Interesse, das heutzutage jede künstlerische ‚Sensation‘ – und Straußens ‚Salome‘ ist eine solche Sensation, im guten, wie im üblen Sinne – auslöst“ und brachte die Stimmung auf den Punkt: „Hier ist Salome, nun tanzet Ihr um Richard Strauß!“ Musikhistorisch allerdings ordnet Freund, selbst aktiver Konzertsänger, Strauss keineswegs als wegweisend ein und meint, dass dieser „bislang nur als der begabteste Epigone Wagners zu gelten hat.“ Zwar gesteht er dem Komponisten weitreichende Fähigkeiten zu: „Das sichere Gefühl für den Effekt machtvoller Repetitionen und Steigerungen, titanische Kraft, üppiges Raffinement, souveräne, rücksichtsloseste Beherrschung des gesamten musikalischen Apparates, das alles besitzt Strauß im höchsten Maße. Er hat mit seinen Werken Schlag auf Schlag unsere instrumentalen Ausdrucksmittel gesteigert, bereichert, bis zu einer Höhe geführt, über die kaum noch wird hinausgegriffen werden können. Aber ein neues hat er nicht geschaffen.“ Im Urteil ist diese Kritik erstaunlich hart und treffsicher, was einen maßgeblichen Teil des späteren Meinungsbildes betrifft: Strauss „wandelt in Wahrheit rückwärts, statt vorwärts“, seine Musik sei „erdacht, nicht tief empfunden“, und das „Juden-Quintett“ sei für sich

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eine „Geschmacklosigkeit“.* Während die meisten Stimmen der veröffentlichten Meinung sich von den musikalischen Modernismen völlig in Beschlag nehmen ließen – sei es, um sich an ihnen zu erfreuen, sei es, um sie zu verdammen –, waren Schlussfolgerungen wie diese so zeitnah noch die Ausnahme. Jahrzehnte später war jenes Urteil über Strauss, das Thomas Mann in seinem Doktor Faustus den „deutschen Tonsetzer“ Adrian Leverkühn fällen ließ, freilich bereits geläufig: „Was für ein begabter ­Kegelbruder! Der Revolutionär als Sonntagskind, keck und konziliant. Nie waren Avantgardismus und Erfolgssicherheit vertrauter beisammen. Affronts und Dissonanzen genug, – und dann das gutmütige Einlenken, den Spießer versöhnend und ihm bedeutend, daß es so schlimm nicht gemeint war … Aber ein Wurf, ein Wurf …“365 Dass Mann diese Aussage nach der Grazer Erstaufführung am 16. Mai 1906366 machen lässt, betont die Bedeutung dieses Ereignisses, zu dem etliche Musiker und Enthusiasten auch aus Wien angereist waren, an ihrer Spitze Gustav Mahler, den die „geheimnißvollen Labyrinthe“ des Stücks brennend interessierten, wie er Mitte Juni 1906 an Strauss schrieb.367 Über die Einordnung der Oper herrschte in den ersten Jahren naturgemäß alles andere als Einigkeit. Auch denkbar positiv gestimmte Autoren wie Eugen Schmitz, der 1907 eine ästhetisch-kritische Studie über ­Richard Strauss als Musikdramatiker herausbrachte, äußerte sich einschränkend über seine eigene Einschätzung: „Bei dem heißen Streit, der auch heute noch bezüglich der künstlerischen Beurteilung Strauß’ hin und herwogt […]“, zeigte der Musikwissenschaftler und -kritiker bei der Münchner Allgemeinen Zeitung Unsicherheit im geschichtlichen Urteil: „Vielleicht entpuppt sich das, was wir heute für genialen Fortschritt halten, dereinst als bloß talentvolles Epigonentum; vielleicht aber lehrt der freie historische Ausblick späterer Zeiten, daß wir das Fortschrittliche in des Künstlers Erscheinung wohl unklar geahnt, aber noch lange nicht in seiner weitreichenden Bedeutung erkannt und gewürdigt haben“. 368 Dementsprechend wurde das umstrittene Musikdrama vielfach entweder als Endpunkt einer Entwicklung, als Negation alles Bestehenden oder aber als hoffnungsvoller Neuanfang gesehen. Nach der Salome erschien vielen fortschrittlichen Musikhistorikern und Musikkritikern evident, was Leopold Schmidt so zusammenfasste: „Das Musikproblem der Gegenwart heißt Richard Strauß. Sein Schaffen bedeutet einen neuen Abschnitt in der musikalischen Entwicklung. Er ist der genialste Vertreter

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der Moderne.“369 Demgegenüber hat Eugen von Ziegler in Richard Strauß in seinen dramatischen Dichtungen 1907 hellsichtig gemeint: „Aber ­‚Salome‘ ist nicht die Morgenröte oder Abendröte eines neuen Stiles; sie ist der notwendig Reflex der Eigenart der Dichtung“.370 Diese Ansicht sollte sich im Nachhinein bestätigen. In Dresden, das bis 1935 der zentrale Schauplatz für die Uraufführungen Strauss’scher Opern bleiben sollte, hatte der Komponist indessen seit der Salome nicht nur Freunde. „Es ist greulich, am Ende seines Lebens diesen sich Musik nennenden Kot um sich herum aufquellen zu sehen“371, schrieb der Komponist Felix Draeseke in seinem Neujahrsbrief 1906 an Hans von Bronsart, wie er seit seiner Jugend Franz-Liszt-Anhänger und damals begeisterter Kämpfer für den „musikalischen Fortschritt“. Er hatte am 7. Oktober 1905 als einer der Prominentesten seiner Zunft seinen 70. Geburtstag gefeiert – einschließlich der Premiere seiner Oper Herrat (1892), die danach allerdings nur noch eine weitere Aufführung erlebte, weil die Vorbereitungen zur Strauss-Uraufführung alle Kraftanstrengung des Opernhauses erforderten. Ein Jahr danach veröffentlichte er einen geharnischten Artikel. „Haben Sie in der Neuen Musikzeitung das senile Geschwätz Dräsecke’s [sic] über die moderne Musik gelesen?“, wurde Strauss am 18. Oktober 1906 von seinem Schüler Hermann ­Bischoff brieflich gefragt.372 Draeseke hatte in dem prominent platzierten Beitrag mit dem Titel Die Konfusion in der Musik, Untertitel: Ein Mahnruf  in der Tat schwere Geschütze über die musikalische „Zerstörungslust gegenüber geheiligten Traditionen und Schönheitsregeln“ aufgefahren, ohne dabei Richard Strauss namentlich zu nennen, es aber völlig klar gemacht, wen er meinte, als er schrieb: „Unbedingt ist der in dieser Beziehung am weitesten vorgeschrittene Künstler, von Haus aus in ungewöhnlicher Weise für die Musik befähigt, als Schöpfer sehr kühner, aber höchst interessanter Kunstwerke zu bezeichnen, die insbesondere durch eine hochgesteigerte virtuose, auch in den Kammermusikwerken sich nicht verleugnende Instrumentation fesseln. Aber der Verismus hatte sich seiner bemächtigt und trieb ihn an, und zwar mit zielbewußtem Willen, sich dem Kultus des Häßlichen zu ergeben und der Kunst in bis dahin unerhörter Weise Gewalt anzutun. […] Es schien beinahe als ob ein unheimlicher Trotz diesen Künstler, der für alle seine Darbietungen willige Zuhörerschaft fand und dem besonders die jederzeit oppositionslustige Jugend huldigte, angetrieben hätte, immer tolldreister auf dem einge-

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schlagenen Pfade weiter zu schreiten, als wollte er sagen: Ihr wehrt euch ja nicht; ihr laßt euch ja alles von mir gefallen! Nun, da will ich doch mal sehen, was man sich alles erlauben kann!“ Das Ansinnen des Textes ist klar: eine Umkehr auf den angesprochenen Wegen anzuregen, der „Hässlichkeit“ und „Zerstörung“ Einhalt zu gebieten. Gegenüber diesem Bierernst erlaubte sich die „Nachschrift der Redaktion“ ein Wortspiel, um die Identität des angesprochenen Komponisten doch noch anzudeuten: „Wir eröffnen den Jahrgang diesmal mit einem Kampfartikel. Es hieße Vogel Strauß-Politik [!] treiben, wollte man verkennen, daß gegen den Entwicklungsgang der modernsten Musik eine Opposition besteht, und nicht minder falsch wäre wohl der Glaube, man könne etwa an diesen [sic] Widerstrebenden ohne weiteres vorübergehen.“373 Die anschließende Aufforderung zur Stellungnahme fand in den folgenden Monaten ein ungeheuer breites Echo innerhalb und außerhalb der Zeitschrift. Max Reger schaltete sich mehrfach in die Debatte ein und ergriff, für viele überraschend, eindeutig für Strauss Partei; und auch der Musiktheoretiker Hugo Riemann meldete sich zu Wort, schlug sich allerdings ebenso deutlich auf die Seite der Gegner. Die persönliche Meinung des Letztgenannten floss auch in sein Musik-Lexikon ein, wobei sich zwischen der 6. Auflage aus dem Jahr 1905 (vor Salome) und der 7. Auflage von 1909 (nach Salome, auch die folgende Elektra wird bereits erwähnt) enorme Unterschiede in der Beurteilung von Strauss ergaben: 1905 wurde er noch als „hochbegabter Komponist“ geführt, der „sich aus einem Komponisten klassizistischer Richtung allmählich zu einem extremen Vertreter der Programmmusik entwickelt“ hat. „S. beherrscht mit seltener Meisterschaft das Kolorit und die Instrumentation; sein Können ist ein imponierendes, doch geben seine Tendenzen zu ernstlichen ästhetischen Bedenken Anlaß. Er wird heute, wenn auch nicht ohne Widerspruch als ein neuer Großmeister gefeiert; oft aber erregt er Anstoß durch ein Übermaß an Selbstverherrlichung“.374 Vier Jahre später war nicht nur das Adjektiv „hochbegabt“ verschwunden, sondern hat sich Strauss nicht mehr zum „extremen Vertreter der Programmmusik“, stattdessen „zu einem extremen musikalischen Vertreter der dekadenten, ­sensationslüsternen Moderne umgewandelt.“ Gerade noch die Werke bis 1890 werden gelobt: „Als Höhepunkt von Straußs Schaffen erscheinen uns heute seine ersten symphonischen Dichtungen […]. Seine letzten Werke haben ihn mehr und mehr seinen Freunden entfremdet. Nur allzu

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deutlich tritt sein der ernsten Kunst feindliches Streben nach Sensation um jeden Preis unverhüllt hervor. Mehr und mehr erscheint sein Ruhm als Koloß mit tönernen Füßen.“375 In der Neuen Musik-Zeitung nahm der Redakteur Oswald Kühn diese harsche Kritik des namhaften Lexikographen zum Anlass, um den „neuen Riemann“ an ebenso prominenter ­erster Stelle des Heftes, wo auch Draesekes Mahnruf erschienen war, zu diskutieren, zumal „es Zeit ist, gegen den Pessimismus Front zu machen, insofern als unsere gesamte zeitgenössische Produktion in Betracht kommt.“ Zur Illustration bietet Kühn „eine interessante Gegenüberstellung“ der Strauss-Artikel von 1905 und 1909 und folgert: „Man traut seinen Augen kaum, wenn man diese Zusammenstellung vergleicht. Wie, ein Hugo Riemann sollte sich in Strauß so geirrt haben, daß er sich in ­einem Zeitraum von nur ein paar Jahren in dieser Weise desavouieren müßte?“ Andererseits macht er auch klar, was den Meinungsumschwung und eine der nachhaltigsten Diskussionen der jüngeren Musikgeschichte ausgelöst hat: „Strauß, seitdem er die ,Salome‘ geschrieben“.376 Die von Draeseke ausgelösten vorangegangenen Auseinandersetzungen, die Kühn bereits einbezieht, haben solche Ausmaße erreicht, dass sie allein ein Buch füllen. Aus der umfangreichen Zusammenstellung von Susanne Shigihara Die Konfusion in der Musik. Felix Draesekes Kampfschrift von 1906 und ihre Folgen kann hier naturgemäß nur ein kleiner Teil berücksichtigt werden. Unmittelbar auf die Position des „alten Herrn“ (Drae­ seke) bezog sich Richard Batka, Mitherausgeber der Münchner Z ­ eitschrift Der Kunstwart, den Strauss schon ein Jahrzehnt zuvor als Parteigeher gesehen hatte, als er Hermann Bischoff die Mitarbeit in Batkas Prager Zeitschrift Neue musikalische Rundschau empfahl, „die nur dem musikalischen Fortschritt dienen soll […]. Batka gehört fest zu uns u. ist durchaus zu unterstützen!!!!“ (24. April 1896).377 Da hatte er sich nicht getäuscht, zumal Batka schon 1901 im Kunstwart ausführlich die ­Guntramlegende thematisiert hatte378 und im aktuellen Streit von 1906 meinte: „Die Entwicklung der Kunst läßt sich durch keine Senatsbeschlüsse beeinflussen, die neue Generation hört mit andern Ohren in das Reich des Klanges und folgt Idealen, die mit ihr geboren sind. Schließlich kommt für jeden einmal der Tag, wo er sagen muß: ,Ich verstehe die Welt nicht mehr‘, und sich in seine Erinnerungen flüchtet. Menschenloos! Aber so schön dem alten Herrn das sprühende Feuer steht, womit er die Tage seiner Jugend verherrlicht, so unrecht hat er zu glauben, daß nicht dieselbe reine Flamme

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in dem Streben der heutigen jungen Musiker glühe.“379 Auch der Kunstschriftsteller Paul Marsop sah Strauss’ Weg als eine ganz normale Entwicklung und schrieb in seinem offenen Brief an Draeseke unter dem Titel Die Konfusion in der Kritik, der in der Neuen Musik-Zeitung ver­öffentlicht wurde: „Nicht doch: um der Revolution willen hat noch Niemand revolutioniert. Weder in der Politik, noch in der Kunst. Man wollte stets etwas. Wollte es jeweilig unbewußt. […] Nur daß uns, die wir als Nichtschaffende […] nicht so schnell zu folgen vermögen, nicht Weniges gewaltsam, also revolutionär erscheint, das eine oder einige Genera­ tionen später sich als historisch wohlgewachsen darstellt.“380 Doch es gab auch die nicht minder aktive andere Seite: Georg Göhler etwa bezeichnete Strauss in der Zeitschrift Die Zukunft 1907 als „[m]aßlos überschätzt“ und stellte die Frage: „Wie war ein solcher Reinfall überhaupt möglich? Wie konnte dieser Musiker als erster Tondichter der Gegenwart proklamiert werden?“ Kurz gesagt, behauptet der Dirigent und Musikschriftsteller, habe Strauss viele Unterstützer gefunden, die an seine Entwicklung geglaubt hätten – Erwartungen, die er nicht erfüllt habe, was ihm daher schon die Unterstützung seiner wichtigsten Mitstreiter entzogen hätte: „Er hielt nicht, was er versprach, er wurde Manierist, trieb Sport mit farbiger Orchestertechnik, zeigte zu viele Schwächen als Künstler; und wenn man jetzt Die, denen er den Anfang seines ­Moderuhmes dankt, seine ersten Sänger und Dirigenten, die ersten Brochurenschreiber wie Gustav Brecher und Arthur Seidl fragen würde, so würde man wohl hören, daß gerade die ernsten Künstler innerlich längst von Strauß los sind.“381 Dass sich die Behauptung, seine neueren Kompositionen hätten ihn „seinen Freunden entfremdet“, in ähnlicher Weise in Riemanns Musik-Lexikon von 1909 fand, hatte auch Kühn in seinem schon zitierten Artikel stutzig gemacht und dabei eine besonders „ehrenvoll[e]“ Behandlung von Georg Göhler in dessen Eintrag ausfindig gemacht: „Des Rätsels Lösung findet sich in folgendem Satze des Lexikons: ,Auch als Schriftsteller hat sich G. schnell eine Position geschaffen, besonders durch zahlreiche schneidige (!) Aufsätze im ,Kunstwart‘, der ,Zukunft‘ (gegen Richard Strauß)!‘ Nun wird die Geschichte aber denn doch etwas plump!“382 Während Salome fast überall ihren unaufhaltsamen Siegeszug antrat – nur die New Yorker Erstaufführung am 22. Jänner 1907 an der Metropolitan Opera blieb nach Protesten aus dem Kreis der Sponsoren ohne Wie-

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derholung383 –, konnte sich Strauss endlich häuslich einrichten. Dieser Zusammenhang wurde von ihm selbst in seinen Erinnerungen an die ersten Aufführungen meiner Opern hergestellt, und er ist wohl so zutreffend: „Wilhelm II. sagte zu seinem Intendanten einmal: ,Es tut mir leid, daß Strauß diese ,Salome‘ komponiert hat, ich habe ihn sonst sehr gern, aber er wird sich damit furchtbar schaden.‘ Von diesem Schaden konnte ich mir die Garmischer Villa bauen!“384 60.000 Mark bezahlte Fürstner allein für die Verlagsrechte, dazu kamen die Tantiemen aus den Aufführungsrechten, und am 14. Juli 1906 konnten die Münchner Neuesten Nachrichten aus Garmisch vermelden: „Am Fuße des Kramers, oberhalb der Maximilianstraße, hat der Komponist und k. k. Hofkapellmeister R ­ ichard Strauß aus Wien [sic!] ein Areal von 5 Tagwerk Grund (die sog. Gaßäcker) für den Preis von 54,000 M. aufgekauft und wird auf diesem herrlich gelegenen aussichtsreichen Platz eine stattliche Villa errichten. Professor Emanuel Seidl in München wird die Pläne hiezu anfertigen.“* (Die falsche Heimatstadt des Komponisten wurde tags darauf berichtigt.*) Während der Bau des Hauses im Gange ist, leitet Strauss am 8. Mai 1907 die Erstaufführung der Salome in Paris, erhält am Ende der sechs Vorstellungen – die letzte musste wegen des großen Erfolgs eingeschoben werden – ein Kreuz der Ehrenlegion und verbringt dazwischen das Pfingstwochenende in der Île-de-France östlich von Paris. „Fontainebleau, Pfingsten 1907“ steht dann auch unter jenem Text, mit dem er auf Draesekes Mahnruf antwortet, wobei er nicht nur durch den späten Zeitpunkt, Ort und Datum seine Gelassenheit durchaus meisterlich inszeniert. Erscheinungsort für den Beitrag mit dem Titel Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei? ist die erste Nummer der Wochenschrift Der Morgen, dessen Redaktion Strauss für einige Monate angehört, und ebenso brillant wie dieser Schachzug sind auch die Formulierungen, die er verwendet, und der demonstrative scheinbare Widerwille, mit dem er den Beitrag verfasst: „Ich hasse derartige Kundgebungen von ganzem Herzen. Gegen seine beste Absicht kann man es kaum vermeiden, mehr oder minder pro domo zu sprechen, und mein Grundsatz ist nun einmal, daß man für sich selbst nur Taten und Werke, aber nicht Worte reden lassen soll. [Quod erat demonstrandum.] Jedenfalls ist selbst mit den verwegensten Werken der Künstler noch niemals soviel Konfusion angerichtet worden, wie mit den papierernen Kundgebungen ihrer Gegner, die mit Worten gegen Werke zu kämpfen sich bemühen. Ich überlasse daher solche

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Kundgebungen auch fernerhin allen denen, die ohne Schlagworte nicht leben mögen, oder die mit dogmatischen Verboten den naturnotwendigen Prozeß des Fortschritts glauben aufhalten zu können, so zum Beispiel den Gegnern der Zukunftsmusik, oder auch solchen Wagnerianern, die – an dem Geist ihres eigenen Meisters sich versündigend – ebenso petrefakt [versteinert] geworden sind, wie seinerzeit die Mozartianer um Franz Lachner, die Mendelssohnianer um Carl Reinecke oder die Lisztianer hinter Draeseke.“ Damit hat Strauss elegant das Kunststück vollbracht, Draeseke und den Titel seiner Schrift ins Spiel zu bringen, ohne sich direkt auf dessen Angriffe zu beziehen. Der Rest des Textes ist weniger elegant. Er argumentiert, nachdem er festgestellt hat, mit Worten wie „Führer der Moderne“ und „Haupt der Fortschrittspartei“ werde „jetzt ebenso fleißig wie gedankenlos hantiert“385, eine „Fortschrittspartei“ gäbe es gar nicht, sondern es sei stets „die große Masse des unbefangen genießenden Publikums, das sich in seiner naiven Empfänglichkeit für jede neue und bedeutende Kunstleistung in der Regel als der zuverlässigste Träger jeglichen Fortschrittsgedankens bewährt hat. […] Die Hauptsache ist der zwingende Kontakt zwischen dem schaffenden Genie und der über den Rahmen jeder möglichen Partei weit hinausreichenden fortschrittswilligen Masse.“ Sehr wohl existiere aber die „Partei der ewig Rückständigen, die aus Unverstand, Unfähigkeit, Bequemlichkeit oder Eigennutz stets am Werke ist, den im Publikum lebenden Sinn für den Fortschritt zu ersticken.“ Und schließlich spricht Strauss doch noch „pro domo“, wenn er etwa jene, die es kritisieren, „Stoffe der Bibel zu entnehmen“, als „Reaktionäre im unerträglichen Sinne“386 bezeichnet. Die ironische Einleitung dieses Textes kann kaum darüber hinwegtäuschen, wie felsenfest sich Strauss vom eigenen Tun überzeugt zeigt. Und alle Relativierung verbirgt es nicht, dass er das gängige Lagerdenken, so unabhängig er sich auch gebärdet, vollständig teilt. Ähnlich äußerte sich Strauss auch in der Einleitung zu jener Sammlung illustrierter Einzeldarstellungen mit dem Titel Die Musik, die er ab 1904 für einige Jahre herausgab: „Wie bei der Entwicklung der anderen Künste ist auch in der Tonkunst ein Fortschreiten von der Wiedergabe unbestimmter oder allgemeiner, typischer Vorstellungen zum Ausdruck eines mehr und mehr bestimmten, individuellen und intimen Ideenkreises zu verfolgen. Da der innere Prozeß dieser Entwicklung zum Teil unter der Hülle formalistischer Elemente verborgen ist, konnten manche Äs-

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thetiker, denen nur das Äußerliche, Formalistische zugänglich war, während sie (kurzsichtig aus Mangel an Produktivität) das Wesentliche entweder gar nicht oder nur sehr oberflächlich wahrnahmen, geraume Zeit einige Verwirrung anrichten. […] Über die Rückständigkeit einer solchen Ästhetik geht aber das Urteil der Geschichte gelassen zur Tagesordnung über. Jedenfalls darf schon heute der Irrtum derer, die als das eigentliche Wesen der Musik nur einen mehr oder weniger spielerischen Formalismus bezeichnen, als überwunden erklärt werden.“387 Entsprechend programmatisch war auch die inhaltliche Ausrichtung der Reihe: Unter den ersten Bänden waren ein Wagner-­Brevier und ein Band zu Bayreuth, beide aus der Hand von Hans von Wolzogen, dem Wagner-Intimus und Herausgeber der Bayreuther Blätter. Außerdem erschienen unter anderem Bücher zu Liszt und Berlioz, aber auch zu Bach, Schumann und Bizet, eine Geschichte der Programm-Musik von Wilhelm Klatte sowie ein Doppelband Das deutsche Lied von Hermann Bischoff. „Begründet von Richard Strauss, fortgesetzt von A ­ rthur Seidl“ stand ab dem 33. Band auf den Titelblättern. Dass Strauss als Herausgeber zur Seite trat und von seinem engen Vertrauten Seidl ersetzt wurde, fiel mit einer Publikation zusammen, die diesen Schritt schier notwendig gemacht hatte: Denn Band 33/34 war eine Publikation von Oscar Bie, Kunsthistoriker, Autor ästhetischer Schriften und einflussreicher Feuilletons – und begeisterter Fürsprecher des Meisters, der zuvor in der Reihe Die Musik schon mehrfach vertreten gewesen war. Auch ansonsten sind zwischen den beiden in Berlin unzählige Kontakte dokumentiert. Nun brachte er die zweite Auflage seines Buchs Die moderne Musik und Richard Strauß neu heraus, von der die erste 1906 erschienen war. In einfacher Sprache – Bie wählt die Briefform und richtet sich an einen „Freund“ – wirbt er für „den markantesten der heutigen Deutschen. Richard Strauß interessiert auch mich am meisten, und da ich Dir dies schreibe und nicht der unbekannten Menge, so brauche ich mich dafür nicht bei allen anderen Lebenden, die ich vielleicht nicht so kenne und so impulsiv beantworte, zu entschuldigen.“ Bie nobilitiert Strauss vor allen anderen Zeitgenossen, indem er ihn in den Titel seiner Schrift nimmt, die auch von anderen Komponisten wie Hugo Wolf, Engelbert Humperdinck, Eugen d’Albert, Max von Schillings, Max Reger, Gustav Mahler, Hans Pfitzner oder Claude Debussy handelt. Zwar wird Strauss von Bie als „der technische Musiker“ bezeichnet: „Sein Reiz liegt im ­Apparat, im Orchester, in

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den Stimmen, in der Gefügigkeit der Kammermusik“, doch versucht er die Ausnahmestellung zu erklären, die er ihm auch in der Anlage des Buches zugesteht – Strauss ist Ausgangs- und Angelpunkt ebenso wie Ziel der Überlegungen, die in der ersten Auflage bereits die Salome einbeziehen: „Da er zugleich der Flüssigste ist an Ein­bildungskraft, der Kühnste an Neuerungen, der Fruchtbarste an Formen, der Freihändigste an Rhythmen und der Vielseitigste an Aufgaben, hebt er sich ganz von selbst über die engeren Gruppen, deren Qualitäten er dennoch zusammenfaßt.“ Schließlich bringt er den singulären Anklang, den Strauss bei den Zeitgenossen findet, zur Sprache, sucht nach einer Erklärung dafür: „Ein Erfolg, wie ihn noch kein Lebender errang, umrauscht ihn. Warum? Ein Stück Zeit, eine Notwendigkeit der Künste erfüllt sich in ihm. Sicher, ein Meister des Handwerks, hält er die Zügel und gibt uns mindestens die Hoffnung, daß wir Wotans Ende noch nicht zu fürchten haben …“.388 In der zweiten Auflage bringt Bie einen Antipoden ins Spiel, zu dem sich bei Strauss bereits unüberwindliche Differenzen abzeichnen: „[Arnold] Schönberg hat sich auf den Grundlagen deutscher Schule so ernst entwickelt, daß der Glaube an ihn nur von der Unfähigkeit, ihm zu folgen, behindert wird. Wie weit er erreichte, was er wollte, kann nur die Zukunft lehren, die Ziele wieder zu Tatsachen macht. Für die Gegenwart bedeutet er den äußersten Punkt in einer Wirrnis von Stilen und Anschauungen, die die deutsche Musik befruchten. // Den festen Punkt – den bedeutet darin Richard Strauß. Vom Überlieferten hat er das echt deutsche musikalische Gewissen, die Freude der Zunft an den schönen und sicheren Erfahrungen der Schule. Vom Neuen hat er das überlegene Tempo, den impulsiven Rhythmus, die Rücksichtslosigkeit der Stimmführung im Orchester und auf der Bühne, die technische Meisterschaft und den Geistreichtum der Harmonien und Verknüpfungen, […] die grenzenlose Freiheit der kontrapunktischen Gestaltung. […] Strauß, ohne eklektisch zu werden, steht zwischen den Stilen und den Zeiten: unwillkürlich gruppierten wir um ihn, als dem schöpferischesten Verkünder neuer deutscher Musikphantasie, alles Werdende.“389 Längst nicht alle argumentierten so besonnen wie Oscar Bie, der hier gerade in Bezug auf Schönberg buchstäblich jedes Wort auf die Goldwaage legte und die Stellung, die aus seiner Sicht Strauss zukam, mit erheb­lichem Aufwand argumentativ untermauerte. Das anderweitig vorherrschende (und oft inhaltlich wie sprachlich) schlichte Pro und Contra

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fiel auch Otto Neitzel auf die Nerven, der einen Beitrag in der Neuen Musik-Zeitung im Jahr 1907 Zur Würdigung von Richard Strauss mit einem fiktiven Wortwechsel einleitete: „‚Na, der hat’s ihm aber ordentlich gegeben. Ein Hohn auf die Kunst, musikalischer Zäsarenwahn, modernes Krebsgeschwür sind noch die mildesten Koseworte, mit denen Strauß davonkommt.‘ Wer ist dieser Tapfere? ‚Prof. Sauerwitz in den Stimmen für Hinterpommern. Müssen Sie lesen.‘ Ich werde es nicht lesen. Hat man von solchen Artikeln einen gelesen, so hat man genug davon. Genug auch hat man, wenn man einen der schwärmerischen Konservatoristen liest, für die die ganze übrige musikalische Welt untergegangen ist, seitdem ihnen die Sonne Straußens aufging.“390 Auch Otto Neitzel war für Strauss kein Unbekannter. Neben seiner Tätigkeit als Musikreferent der Kölnischen Zeitung war er Komponist, Pianist und Publizist, der unter anderem über Musik von Beethoven, Wagner und Siegmund von Hausegger geschrieben hatte. Am 5. April 1903 teilte Strauss seinen Eltern mit, dass er mit dem Kritiker „sehr gemütlich zu Mittag gegessen habe“.391 Und laut Willi Schuh berichtete Strauss schon lange Zeit zuvor an seinen Vater, dass er nach einem Gastspiel in Köln – vermutlich nach der Erstaufführung von Don Juan Anfang Februar 1891 – von Otto Neitzel zum „hervorragendsten lebenden Komponisten“ erklärt worden sei.392 Zur Erinnerung: 1887 hatte er über Wandrers Sturmlied geschrieben: „[…] wenn das mal ausgegoren hat, dann gibt es auch einen vortrefflichen Wein.“ (s. o.) Und noch 20 Jahre später blieb er bei dieser Metaphorik, musste allerdings feststellen, dass sich die damals ersehnte Transformation noch immer nicht ereignet hatte: „Die Straußischen Themen sind alle bezeichnend, aber sie sind nicht gerade zwingend. Sie erwecken nicht den Eindruck, als ob sie einen Gärungsprozess durchgemacht hätten, bevor sie eine tönende Tat wurde, sie sind nicht unter den möglichen die einzig möglichen. […] In der Erfindung nicht über das hinausgehend, was seine Vorgänger ersonnen haben, wird er sofort zum Genie, sobald er seine Gedanken aufbaut und ausschmückt.“393 Bei allem fast demonstrativen Wohlwollen bleibt das Gesamturteil in der Schwebe: „Strauß hat wohl selber schon im Scherz geäußert, bevor er nicht die Logarithmentafeln zum Greifen klar in Musik gesetzt hat, sein Lebenswerk nicht vollendet ist. Jedenfalls ist die musikalisch scharfe Charakteristik sein brennendster künstlerischer Trieb. Das ist aber zweifellos ein Fortschritt. Ob dies der Fortschritt der Musik ist, bleibe hier unentschieden.“394

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Auch Karl Storck, der im Türmer von Salome als einer „Symphonieoper“395 sprach, unterschied zwischen der Melodik und ihrer „Ausschmückung“, ging aber in der Argumentation und im Urteil den entgegengesetzten Weg, zumal er sich von Strauss zunächst noch „die Erlösung der symphonischen Dichtung von dem Fluche der symphonischen Nachdichtung eines vorher außermusikalisch Gestalteten“ erwartet hatte. Doch „Strauß hat diese Erwartung nicht erfüllt, und ich bin heute leider der Überzeugung, daß er diese Aufgabe zu lösen außerstande ist.“ Denn „er ist vom äußeren Erleben bestimmt und nicht vom inneren.“ So kommt der Autor einer damals viel beachteten Geschichte der Musik (1904) zu einem zweischneidigen Gesamturteil: „In der Schilderung alles Äußeren ist Strauß Meister. In der Hinsicht hat man ihm gegenüber das Gefühl, daß er alles kann, was er will. Die Kenntnis der Fähigkeiten jedes Einzelinstruments, die Unbeschränktheit in den Möglichkeiten der Mischung der Farben ist erstaunlich. Dagegen steht die Erfindung des Thematischen weit zurück. Oft ist es von erschreckender Trivialität, wenn es der glänzenden Umhüllung entkleidet wird.“396 Ebensowenig wollte Richard Batka, der sich 1907 nochmals in der Neuen Musik-Zeitung im Plauderton äußerte, eine endgültige Aussage über die künstlerische Bedeutung des Komponisten treffen, wenn er schrieb: „Richard Strauß! Der musikalische Held des Tages und der Mode! Bewundert viel und viel gescholten, von den Konservativen wie der leibhaftige Gottseibeiuns gehaßt, in seiner unerhörten Könnerschaft von niemand geleugnet, in seiner Eulenspiegelnatur selbst vielen seiner Anhänger ein Rätsel! Ob er der größte schaffende Musiker der Gegenwart ist? Auf jeden Fall ist er der interessanteste.“ Allerdings macht Batka auch auf einen Umstand aufmerksam, dem in den folgenden Jahren eine immer größere Bedeutung zugemessen wird: der deutschen „Kulturpropaganda“ im Ausland, der internationalen Ausstrahlung. Denn „er ist heute der einzige lebende Tonmeister, dessen Werke über die Grenzen der deutschen Musikkultur hinausdringen. Schon dies müßte der deutschen Kritik eine gewisse Reserve auferlegen. Die Richard Strauß-Frage bedeutet keine querelle allemande mehr. In einer Zeit, wo die ausländische Musik die deutschen Konzertsäle überschwemmt, müssen wir uns den Künstler doppelt schätzen, der die Ehre des germanischen Genies am Po und an der Seine so imponierend und überzeugend vertritt.“397

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Tonfall und Art der Auseinandersetzung sollten sich auch bei Elektra nicht ändern, wohl aber die öffentliche Wirkung – auch im Ausland – erneut steigern. Unübersehbar löste sich nun das Aufsehen, das die Strauss’schen Werke verursachten, vollends von dem musikalischen Geschehen in ihnen ab. Die Äußerlichkeiten und das Drumherum entfalteten eine bis dahin noch nie dagewesene Eigendynamik, wobei die Presse den Motor dieser Entwicklungen bildete. Zwar wurde die Drastik der Diskussionen rund um Salome in der Folge nie wieder erreicht, doch war das Feld bereitet, um die Erwartung neuer Sensationen vor einem großen Publikum zu schüren. Dabei blieben freilich die Urteile über die Musik bei der nächsten Oper weit zurückhaltender: Elektra wurde zwar noch ausführlicher diskutiert als ihre Vorgängerin, doch einen so durchschlagenden Anklang fand sie nicht. Nach der Uraufführung am 25. Jänner 1909 haben „Hunderte von Zeitungskorrespondenten in alle Welt hinaustelegraphiert“, wie August Spanuth in den Signalen für die Musikalische Welt zu berichten wusste. „Die Gerüchte, die in den letzten Wochen über ‚Elektra‘-Proben in Dresden, Berlin und anderwärts verlauteten, haben übrigens in manchen Dingen übertrieben. Dass man in Bezug auf die Partitur, und besonders auch hinsichtlich der Instrumentation so geheim tat, nährte erst recht die weitverbreitete Neigung zu Uebertreibungen. Von den Schlagwerkzeugen wurden wahre Mordsgeschichten erzählt. Unsinn! Mann weiss, dass das Dresdener Opernhaus demnächst wegen Baufälligkeit gründlich renoviert werden soll, aber es steht heute Nacht, nach der ‚Elektra‘-Aufführung, noch völlig unversehrt da. Es ist wirklich mit dem Orchesterlärm im ganzen genommen nicht ärger gewesen, als in der ‚Salome‘, was ja immerhin ganz beträchtlich ist. Wohl aber kommt es einem nach dem ersten Hören so vor, als enthielte die ‚Elektra‘Partitur mehr lyrische Stimmung. Und ganz gewiss ist sie eine weitere grosse Steigerung der eigentlichen musikalischen Potenz dieses merk­ würdigen Komponisten, nämlich seiner unglaublich schlagfertigen ­Charakterisierungsfähigkeit, seiner Virtuosität im Mischen von Orchesterfarben.“398 Am Stoff für die Oper, für die sich Strauss Hugo von Hofmannsthals gleichnamiges Theaterstück „zum Hausgebrauch zusammengestrichen“399 hatte, übte Spanuth wie viele andere grundsätzlich Kritik: „Dieses Schauerdrama zu komponieren, kann nur jemandem in den Sinn

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kommen, der, auf der Suche nach dem Ungewöhnlichen, noch nicht Dagewesenen so ziemlich beim Unmöglichen angekommen ist. So etwas reizt aber wohl keinen komponierenden Menschen so sehr, wie unseren Richard Strauss, und wenn er dieses Mal auch das scheinbar Unmögliche noch möglich gemacht hat, so ist es ihm doch sicherlich gelungen, etwas ganz besonders Undankbares zu erwischen.“400 Als er ein Heft später nochmals auf die Uraufführung zurückkam, resümierte Spanuth: „Gar viele Federn hat die Dresdener ‚Elektra‘-Aufführung bemüht, und ob sie sich nun zu des Komponisten Lob und Preis in Bewegung setzten, ob sie sich mühten, eine Einwendung nach der anderen zu verzeichnen, unwillkürlich nahmen die meisten Berichte eine ganz andere Form an, als sie dem konventionellen Premieren-Bericht zu eigen sein pflegt. Das ist allein schon ein Dokument für die Ausserordentlichkeit des Werkes selbst, ein Dokument, auf das der Komponist stolz sein darf. Auch hat man’s selten erlebt, dass so viele Fachkritiker so unentschieden in ihrem Gesamturteil waren, soweit sie nämlich überhaupt zu einem Gesamturteil kamen.“401 Auch Karl Storck begann seinen Bericht im Türmer mit den äußeren Umständen der Uraufführung: „Zuletzt sollen ganz märchenhafte Preise gezahlt worden sein. […] Es kommt ja auf den Wert der Schöpfung gar nicht an; da es von Richard Strauß ist, erweckt es Sensation und ist also ein Kassenerfolg.“ Der Kritiker nahm besonders die Informationspolitik im Vorfeld der Uraufführung in den Blick, die dazu angetan war, die Erwartungen aufs Höchste zu steigern: „Auf der einen Seite dieses stete Aufpeitschen der Öffentlichkeit, auf der anderen die größte Geheimnistuerei. Bei den Proben des Werkes in Dresden waren die Türen hermetisch verschlossen. […] Dann wieder – so etwas wirkt ja in unserer Zeit – wurde die finanzielle Seite in alle Welt hinausposaunt. Daß der Verleger für den Buchvertrieb 110 000 M bezahlt hat, wozu dann natürlich noch die Tantièmen kommen; daß die Hammersteinoper in Neuyork ein Einreichungshonorar von 20 000 M bezahlt und für dreißig Vorstellungen 72 000 M Tantièmen gewährleistet, außerdem 24 000 M Leihgebühren für die Musikalien entrichtet. Der Klavierauszug von zweihundertfünfzig weitgestochenen Seiten kostet 20 M usw. usw. // Ich beginne diese Darstellung absichtlich mit dieser Aufzählung der Äußerlichkeiten, denn sie sind zur Hauptsache gemacht, sie entrollen ein Bild unserer musikalischen ‚Kultur‘.“402 In der Fachzeitschrift Die Musik bemängelte Ferdinand A. Geißler zunächst wie viele andere „Tonmalereien, die auf die Gesetze

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des Wohlklangs keinerlei Rücksicht nehmen, sondern lediglich darauf berechnet sind, Effekt zu machen.“ Zugleich sah er die Anlage der Elektra als konventionell: Sie „bleibt trotz aller Übermodernität der musikalischen Mittel für unsere durch Wagner geläuterten Anschauungen eine Oper jener Art, die wir eigentlich bereits längst endgültig begraben wähnten.“ Und jener Einwand, der sich wie ein roter Faden durch die Rezeption zieht, das Fehlen von „Gemüt“, begegnet auch hier wieder: „Ein genialer Kolorist, ein kundiger Bühnenmann, ein gewaltiger Könner – das ist Richard Strauß, aber als Seelenkünstler, als Spender edler, reiner musikalischer Freuden hat er, dem doch auf dem Gebiete der musikalischen Lyrik so manches herrliche Lied gelang, und in dessen symphonischen Dichtungen so viel echte Musik ruht, sich noch mit keinem seiner Bühnenwerke erwiesen.“403 Die Welle der Aufführungen rollte auch unabhängig von den Rezensionen und des im Vergleich mit Salome deutlich geringeren Erfolgs bei Publikum und Kritik unaufhaltsam an: Drei Tage nach der Uraufführung wurde Elektra schon in New York gezeigt, im Februar in München, Berlin und Hamburg, im März in Wien, im April in Mailand. Während Strauss und Hofmannsthal bereits am Rosenkavalier, dem ersten echten Gemeinschaftsprojekt arbeiteten, kämpften die beiden noch mit Problemen an der Wiener Hofoper, da der damalige Direktor Felix Weingartner Elektra aufgrund von Besetzungsproblemen für den Geschmack der Tantiemenempfänger zu selten spielte. Am 21. April 1909 schrieb Strauss an seinen Librettisten: „Die Szene ist reizend, wird sich komponieren wie Öl und Butterschmalz, ich brüte schon. Sie sind da Ponte und Scribe in einer Person. An Weingartner habe ich einen ziemlich saftigen Brief geschrieben und um Erklärungen gebeten; wenn er fortfährt, empfehle ich Ihnen, der Sie an Ort und Stelle sind, sich direkt an die Presse zu wenden, um W. auf die Finger zu klopfen, das hilft in Wien am meisten.“404 In derselben Angelegenheit wandte sich Hermann Bahr am 11. November 1909 an Strauss, nachdem in der Neuen Freien Presse vom 9. November gestanden war: „Bloßer Besetzungsschwierigkeiten wegen darf ein repräsentatives Werk wie ‚Elektra‘ nicht in der Versenkung verschwinden.“405 In seinem Brief schrieb er: „Die Neue Freie Presse werden Sie wohl gelesen haben: die Notiz hat hier das größte Aufsehen gemacht, weil die Neue Freie Presse bisher eher für Weingartner freundlich und nicht sehr für Strauß freundlich gilt. Nachdem nun aber einmal das Verhältnis zwi-

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schen Ihnen und dem Blatt jetzt hergestellt scheint, […] kommt es mir sehr gelegen, daß die Neue Freie mich heute ersucht hat, ihr doch für die Weihnachtsnummer von Ihnen einen Beitrag von 200 bis 300 Zeilen zu verschaffen. Ich meine, Sie sollten da nicht nein sagen, sie hat die eine gute Eigenschaft, daß sie ihre Mitarbeiter selten im Stich läßt, vielmehr gerne eine gewisse Bravour drein setzt, an ihnen die Macht ihres Schutzes zu zeigen.“406 Strauss sagte zunächst ab, lieferte dann aber doch, und am 25. Dezember 1909 erschienen seine Erinnerungen an Hans von Bülow. Seine Einstellung gegenüber den Medien war – aus welchen Gründen, sei hier dahingestellt – mitunter äußerst gereizt. „Nicht vertraulich“, überschreibt Strauss einen Brief an Ludwig Karpath vom 11. November 1910: „Wie kommt eine solche Notiz ins Neue Wiener Tagblatt? Ich erinnere mich nicht, einen Interviewer dieser geschätzten Zeitung in Wien empfangen zu haben! Erbitte ein kräftiges Dementi! […] Können denn die verehrlichen Zeitungen meinen armen Rosencavalier nun nicht endlich einmal, wenigstens bis zur Uraufführung in Ruhe lassen? Außer, es bestünde allenfalls die löbliche Absicht, dem Publikum das Werk gründlich zu verleiden, bevor es noch das Licht erblickt hat. […] Sie können diesen Brief ruhig veröffentlichen!“ Am 30. November allerdings ist der Groll verflogen: „Ihr ‚Spaziergang‘ ist sehr hübsch u. außerordentlich verständig u. taktvoll abgefaßt. Alles ist verziehen!“407 Karpath, Musik­ referent des Neuen Wiener Tagblatts – und später als ministerieller Konsulent noch ein äußerst wichtiger Vertrauter für den Komponisten in musik­politischen und alltäglichen Dingen – hatte in der Ausgabe vom 9. November 1910 den Artikel Ein Spaziergang mit Richard Strauß. Vom „Rosenkavalier“ und anderm platziert und darin von einem gemeinsamen Ausflug nach Schönbrunn erzählt: „Der Anblick der Gloriette löste Dr. Richard Strauß, mit dem ich diesen herrlichen Spaziergang unternommen hatte, gar bald die Zunge. / ‚Da wären wir also wieder beim ‚Rosenkavalier‘. Alles erinnert mich hier an meine neue Oper‘. “* Schon im Vorjahr hatte er im Tagblatt vom 26. Februar 1909 über Eine Plauderstunde mit Richard Strauß berichtet, in der er ihn ziemlich informationsfreudig und sympathisch schilderte: „Man mag was immer gegen seine Musik einzuwenden haben – er ist persönlich der liebenswürdigste und bescheidenste Mensch.“ Auch das Verhältnis zu seinen Rezensenten kam zur Sprache: Strauss „verachtet nicht nur nicht seine Kritiker, er meint sogar, daß es [sie] sich angelegen sein sollten, mit den Schaffenden einen

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regen Verkehr zu unterhalten, damit sie Einblick in deren Werkstatt, Ideengang und Absichten gewinnen“. Schließlich outete sich der Komponist, wenn man Karpath Glauben schenken darf, als musiktheoretisch nicht gerade sattelfest: „Glauben Sie, daß ich eine Idee davon habe, was Harmonielehre, Sonatenform und all diese Dinge bedeuten? Ich würde mich unsterblich blamieren. Das können Sie, wenn es Ihnen beliebt, in einem Feuilleton erzählen.“408 Allein aus diesen beiden Beispielen geht hervor, dass Strauss’ Verhalten gegenüber der Presse kein einheitliches war. Die demonstrative Entspanntheit, die er diesbezüglich gerne an den Tag legte („Ich komponier’, wie ich’s versteh, und der Mann schreibt, wie er’s versteht: das ist beiderseitig unser gutes Recht.“409), wich – wohl auch durch die Erfahrungen mit der immer mehr wuchernden und zunehmend unkontrollierbar gewordenen Berichterstattung – besonders im Vorfeld von Opernpremieren wachsender Nervosität. Dass sich auch vor dem Rosenkavalier das „sattsam bekannte Rauschen im Blätterwalde, womit jeder neue Strauß stürmisch begrüßt wird“, abspielte, wie Oswald Kühn 1911 in der Neuen Musik-Zeitung feststellte, hatte dabei nicht nur mit dem gewachsenen Interesse an jeder Novität des Komponisten zu tun, sondern zum einen mit seinen immer höher werdenden Forderungen an seine Vertragspartner und zum anderen mit seinem Verhalten gegenüber den Medien. Nachdem er von Opernhäusern, die den Rosenkavalier aufführen wollten, die Garantie verlangt hatte, auch ältere Opern in ihre Spielpläne aufzunehmen, hatte sich die Sache zur „Rosen­ kavalier-Affäre“ aufgeschaukelt, bei der der Intendant des Dresdner Hof­ theaters, Nikolaus Graf von Seebach, und Strauss miteinander über die Medien kommuniziert hatten und der Komponist unbesonnen reagiert hatte, sodass Kühn resümierte: „Richard Strauß ist ein kluger Mann, nur auf die moderne Zeitung versteht er sich offenbar noch nicht recht.“410 Anlässlich der Uraufführung beklagte sich August Spanuth in den ­Signalen für die Musikalische Welt über zweierlei: zum einen, dass es „der inländischen Presse auf die kunstvollste Art schwer gemacht worden war, vor dem 26. Januar, dem Tag der Première, genauere Kenntnis vom ‚Rosenkavalier‘ zu gewinnen“, zum anderen, dass man zwar Kritiker in die Generalprobe zwei Tage zuvor eingelassen habe, die Klavierauszüge von Adolph Fürstner aber nur an manche vergeben worden seien, nicht an ihn. Entsprechend übellaunig schrieb er über den Probenbericht, man werde in dem neuen Werk „keinen neuen ‚Figaro‘, auch keinen ‚Falstaff ‘

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(Verdi) finden, ebensowenig einen neuen Strauss. Er hat nur einmal gezeigt, dass er auch mit der Operette kokettieren kann, dass er nicht zeit­ lebens auf das Perverse eingeschworen ist, dass ihm das Frivole auch gut liegt.“411 Nach dem 26. Jänner beschrieb er die Reaktionen ebenfalls ­äußerst gedämpft: „Denn für alle, die nicht durch den Namen Richard Strauss völlig hypnotisiert sind, musste schon die Haltung des Publikums bei der Uraufführung Bedenken wachrufen, ob das Werk lebensfähig sei. Hier füllte ein Publikum das Haus, das gekommen war, sich gefangen nehmen zu lassen, das durch jahrelange kunstvolle Reklame darauf ­trainiert war, auf die bescheidenste Anregung der Musik mit allen Fasern seines erregten Nervensystems zu reagieren.“ Zwar, so räumt Spanuth ein, „wurden dann freilich Beifall und Hervorrufe so lebhaft und zahlreich, dass man unbedingt einen ‚glänzenden äusseren Erfolg‘ in die Welt hinaus­telegraphieren musste […]. Aber als Ganzes, als einheitliches Kunstwerk erzielte der ‚Rosenkavalier‘ in Dresden ganz bestimmt keinen durchschlagenden Erfolg.“ Der Kritiker ist aber einer der ersten, der gleich ein Szenario vorausnimmt, das später noch heiß diskutiert werden wird – die angebliche Verwandlung des Komponisten in einen „Reaktionär“. Hier steht diese Perspektive allerdings noch im Konjunktiv und im Rahmen eines (gemäßigten) Plädoyers für den „Fortschritt“: „Strauss als Rückschrittler wäre überhaupt eine Anomalie, wäre ein Unglück für die Musik; seine Mission ist, neue Bahnen zu suchen, neue Möglichkeiten zu entdecken. Und wenn er bisher im Grossen und Ganzen auch nur gezeigt hat, wie kurz seine neuen Wege sind, wie schnell man auf seinen Pfaden dahin kommt, wo das Ausdrucksgebiet der Musik endet, so hat er doch, abgesehen von dem positiv Geleisteten, auch negativ dem Fortschritt der Tonkunst ganz ungemeine Dienste geleistet.“412 Der konservative Friedrich Brandes brachte in der Dresdner Tageszeitung vom 28. Jänner 1911 nochmals die Stimmung vor der Uraufführung auf den Punkt, relativierte die ephemeren Informationen der Tageszeitungen, schrieb ihnen aber doch auch die Funktion zu, die sie bei alledem sehr wohl zuverlässig erfüllten – die Aufmerksamkeit auf das bevorstehende Ereignis zu fokussieren: „Die übliche Spannung, die übliche Sensation. Monatelanges Rascheln im Zeitungsblätterwald, Intendantenstreit und Kritikerprotest, und sonst noch zahllose Kleinigkeiten des Reportertums, die man gleich wieder vergessen hat. Aber man hat sie gelesen, lesen müssen, man wäre denn Zeitungsabstinent gewesen, und Eins

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ist in der Erinnerung geblieben, die Hauptsache: ,Der Rosenkavalier‘ von Rich. Strauß“, den der Kritiker dann für ein „Meisterwerk“ hielt.413 Der gegenüber den vorangegangenen beiden Opern radikal andere Stil der „Komödie für Musik“ sollte allerdings auch den ersten Anlass für weitreichende Konsequenzen in der Beurteilung von Strauss insgesamt nach sich ziehen. Vorerst war Strauss die Überraschung gelungen, die etwa der Schriftsteller und Verleger E ­ dgar Pierson in Bühne und Welt verspürte: „Im ,Rosenkavalier‘ findet man, ganz unerwartet in unserer Zeit, Musik von klassischer Schönheit“.414 Der anspruchsvolle Paul Bekker meinte hingegen in der Ostsee Zeitung nur, „daß Strauß diesmal die Maske gewechselt und ein in Stil und Charakter von den vorangehenden durchaus verschiedenes Werk geschaffen hat.“415 Für Heinz Tiessen in der Allgemeinen Musik-Zeitung verkörperte dieses allerdings bereits „den reinen Typus moderner Klassizität“416, den sich viele – und zwar vor allem jene außerhalb der „Fortschrittspartei“ – ersehnt hatten. Viel Zustimmung und manch Spott war dem neuen Werk und seinem Schöpfer also sicher. So trug in der Zeitschrift Die Musik eine der inzwischen weit verbreiteten Strauss-Parodien den Titel Der Hosenkavalier. Szenen aus einem Heldenleben erlauscht von Mephistopheles und stürzte sich auf die kompositionstechnisch simpelste Stelle der gesamten Partitur, den verklingenden Walzer am Ende des zweiten Akts, wo der Komponist kurzerhand auf den Dynamiden-Walzer von Josef Strauss zurückgegriffen hatte: „Nun, da soll noch einmal ein böser Spötter kommen und behaupten, dem großen Richard falle nichts Einfaches mehr ein! Ein Viertelhundert Takte, euphorisch nur Tonika und Dominante, und ein so göttlicher Einfall, daß sogar der ­Namensvetter, der Walzerkönig von der schönen blauen Donau, neidisch werden könnt’. Ich sag’s immer, ein Tausendsassa ist der Richard, und sein Rezept ist unfehlbar: erst etwas, das selbst die gescheitsten Leut’ nicht kapieren, und gleich drauf etwas, das auch die dümmsten Rindviecher nachsingen können. Dann kommen sich die gescheiten Leut’ recht dumm vor, und die dummen meinen, sie wären recht gescheit.“417 Selbst Hofmannsthal hatte während der Arbeit am Rosenkavalier gemeint, sein Partner habe „eine so fürchterliche Tendenz zum Trivialen, Kitschigen in sich. […] Eine merkwürdig gemischte Natur, aber das ordinäre so gefährlich leicht aufsteigend wie Grundwasser. “ (an Harry Graf Kessler, 12. Juni 1909).418 Strauss selbst meinte, wenn jener Ausspruch stimmt, den Max Steinitzer 1912 in einer Rede in Stuttgart unter das Volk brachte: „Irgend

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was dumm’s muß halt doch drin sein, sonst könnt’s doch den Leuten net gleich so gut g’fallen.“ Der Biograph fügte dabei hinzu, die Aussage habe sich ein Vierteljahrhundert zuvor auf die raschen Erfolge mit „den modernen, den e­ igentlich Straußischen seiner Werke“ bezogen.419 Im Vergleich mit dem Erfolg des Rosenkavalier sollte freilich alles andere verblassen. In noch schnellerem Tempo als zuvor reihten sich die Erstaufführungen in anderen Städten aneinander: Nürnberg folgte am Tag nach der Uraufführung, in Mainz, Zürich und Hamburg wurde das Werk im Februar, in Mailand und Prag im März, in Wien im April in den Spielplan genommen. Die Erstaufführung in Berlin im November brachte neuerliche Beachtung, nachdem für die strengen moralischen Vorstellungen am Hof die Pikanterien von Szene und Text radikal abgeschwächt werden mussten. Zuvor waren zwischen Berlin und Dresden eigene Sonderzüge für rund 400 Personen verkehrt – was der Journalist Artur Fürst in seinem Artikel Im Opernzug im Berliner Tageblatt vom 6. März 1911 anschaulich schilderte.420 Der Rechtsanwalt und Musikkritiker Alexander Dillmann berichtete in einer Tagebuchnotiz, die er mit 26. Februar 1911 datiert: „Alle Backfische von St. Moritz kennen Richard Strauß; sie photographieren ihn, wo sie ihn nur erwischen. Diese Aufmerksamkeiten erfreuen ihn nicht. Denn er ist ungemein zurückgezogen und überbescheiden. ‚Sehen Sie‘, sagte er, ‚Richard Wagner, das war ein Genie! Ich bin kein Richard Wagner, ich bin vielleicht ein Talent; nicht mehr‘.“421 Allerdings musste Strauss die Geschichte immerhin Dillmann erzählt haben, was der Eigenschaft „Bescheidenheit“ zumindest eine weitere Facette verleiht. Das Verhalten gegenüber dem Meister hatte unterdessen längst die Züge eines Kults angenommen, an dem er selbst auch nicht immer unbeteiligt war: Längst hatte er sich Zigaretten, „eigene lange dünne nach seinem Gusto herstellen lassen, mit Namensaufdruck. Sie wurden auch von zahlreichen Straussianern gekauft und näherungssüchtig und ehrfürchtig geraucht.“ Zu „Rosenkavalier-Zigaretten“ und „Rosenkavalier-Sekt“422 war es von da nur ein weiterer Schritt. Der stilistische Kurswechsel im und ab dem Rosenkavalier – so wurde es Teil der vorherrschenden Meinung – sollte in der Folge der entscheidende Faktor nicht nur für den anhaltenden Massenerfolg, sondern auch einen neuralgischen Punkt in der Meinungsbildung zu Strauss an sich darstellen. Zwischen dem Autor und seinem Werk wurde in der Regel nicht unterschieden, sodass sich für seine Fürsprecher wiederholt Anlässe

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ergaben, seine Person als idealen Charakter zu schildern und damit zugleich für die Integrität seines Schaffens einzutreten. Bereits im Vorfeld der Rosenkavalier-Uraufführung versuchte Richard Specht – nachmals einer der einflussreichsten Befürworter des Komponisten – erstmals, „dieser komplizierten Psyche“ näherzukommen und damit zugleich die Grundlage für die Deutung seiner Musik zu liefern. In der gemeinsam mit Richard Batka gegründeten Wiener Musikzeitschrift Der Merker schrieb er 1911 in seiner Strauß-Silhouette: „In Strauß wohnen viel mehr als zwei Seelen: Eine stürmische, rücksichtslose, niederrennende […]. Eine ironische […]. Eine finstere, aus Not und Wirrnis klagende und anklagende […]. Und eine veilchenblaue, ein bischen sentimentale, ein bis­ chen kokette, sehr gefühlvolle […]. Und eine kindliche, spielerische […]. Und andere noch … […] Am merkwürdigsten aber das Gefäß all dieser seltsam widersprechenden Strömungen und Unterströmungen – der Künstler selbst, seine Menschlichkeit, die der Welt immer ein gelassen heiteres Antlitz zeigt, trotz aller innerer und äußerer Stürme. Diese Ruhe und Überlegenheit, mit der Strauß seine Kunst und sein Leben gemeistert hat, die niemals das Steuer aus der Hand verliert und manchmal den Eindruck ironischer Kühle weckt, hat die Welt über ihn getäuscht und hat jene alberne Vorstellung eines überpraktischen Geschäftsmannes, ­eines smarten Rechners gezeitigt, die von gewisser Seite immer noch hämisch gegen Strauß ausgenutzt wird. (Während im Gegenteil all seine Forderungen materieller und künstlerischer Art seinem brennenden Temperament und seinem Stolz als Künstler entspringen, der die Würde seines Standes besser zu wahren und seinen Genossen besser zu dienen glaubt, wenn er nicht in demütigem Taglohn verharrt, sondern für seine Werke auch die entsprechenden Werte aller Art beansprucht.)“ Nachdem dieses Charakterbild skizziert ist, versucht Specht auf dessen Basis sowohl die moderne Radikalität als auch deren Gegenteil zu erklären. Strauss schaffe „nicht auf dem Wege anarchistischen Umstürzens oder Wegleugnens, sondern im meisterlichen Beherrschen, Entwickeln und Ausbauen aller lebendigen Gesetze seiner Kunst“, meint der Autor, und weiter, dass „auch das kühnste Wagnis, die grellste Kakophonie auf dem sicheren Grunde bewußten Könnens und ruhiger Meisterschaft ruht – daß der, der all dies Neue und Verwegne versucht, auch […] brav und gesittet sein könnte und sich auch manchmal den Spaß macht, das zu zeigen, und am liebsten, wenn er es eben am ärgsten getrieben hat.“423 Zu-

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gleich gibt sich Specht überzeugt, „daß dieser Mann niemals einen Takt ohne inneren Anteil, bloß mit der souveränen ‚Technik‘, kalt und ‚darüberstehend‘ in bloßer Berechnung auf die Wirkung geschaffen hat.“ Dafür muss er allerdings erst ein Wort des Meisters entkräften, das aus dessen Aufsatz über die Fortschrittspartei stammt: „Nun traut man mir aber einen großen Spürsinn in der Auffindung des Sensationellen zu; ich tue auch wirklich, wie einige kluge Zeitgenossen bereits scharfsinnig herausgefunden haben, den ganzen Tag nichts anderes, als darüber spekulieren, wie ich (also so eine Art Musikschneider) die Methode der nächsten Saison wieder am besten befriedigen könnte“.424 Zwar ist diese Äußerung kaum anders als ironisch zu verstehen, doch trifft sich die gewählte Metaphorik mit jener einer anderen Aussage, die im Neuen Wiener Journal vom 12. Mai 1914 wiedergegeben wurde und ungleich ernster klingt: „Nach meiner Ueberzeugung muß jedes Werk in einer anderen Sprache geschrieben sein und ein eigens dafür gemachtes Kleid tragen. “* Wie bei jeder Ironie bleibt ein Körnchen des Gesagten übrig, so dass sich auch Specht in Bezug auf das Wort vom „Musikschneider“ zu einer Klarstellung bemüßigt fühlte: Damit „scheint er [Strauss] sich absichtlich zu distanzieren, setzt mit geflissentlicher Übertreibung und Ironie ein und – darin ein wenig Heine gleich – lieber grell und überpointiert“. Specht, der in den nächsten Jahren publizistisch noch viel für Strauss bewegen wird, schließt seine Deutung „dieser komplizierten Psyche“ mit einem glühenden Bekenntnis: „Ich bin vom Wert des Strauß’schen Werks überzeugt; mögen andere denken wie sie wollen – eines ist sicher: er gehört zu uns und in seiner Musik fühlen wir ein Teil unseres Besten lebendig geworden. Das werden alle spüren, bis der ,Rosenkavalier‘ – der erfreulicherweise als ,Sensation‘ zu versagen und dem eine langsamer eindringende und dafür bleibende Wirkung beschieden zu sein scheint – und bis die anderen Meisterwerke, von der gierigen Zudringlichkeit des Modischen abgelöst, ihre reine Sprache reden werden. […] Und dann wird er nicht mehr blenden. Aber desto mehr geliebt werden.“425

5. Vom Klassiker zu Lebzeiten zum Reaktionär

Strauss kommt ins Museum

Als Joseph Haydn im Frühjahr 1791 seine ersten Konzerte in London ­absolvierte, wurde das Erscheinen des damals berühmtesten lebenden Komponisten „von Gesellschaft und Presse zum sensationellen Ereignis hochgepuscht.“426 Etwas mehr als ein Jahrhundert später konnte Johannes Brahms bei der Eröffnung der Tonhalle in Zürich im Oktober 1895 sein eigenes Konterfei auf dem zentralen Deckengemälde erblicken.427 Bei ­Richard Strauss sollte sich das Phänomen, dass ein Musiker zu Lebzeiten in den Olymp erhoben wurde, wiederholen. Allerdings waren Haydn und Brahms auf dem Höhepunkt ihres Ruhms, der sie zu lebenden ­Legenden machte, beide knapp 60 Jahre alt, während sich bei Strauss die Anzeichen der Unsterblichkeit schon in weit jüngeren Jahren verdichteten: Als er im Concertgebouw Amsterdam am Vortag die Probe für sein Konzert am 30.  Oktober 1898 abhält, findet er Ehrenbezeugungen vor, die er mehrfach festhält. In seinen Schreibkalender notiert er: „Schönste Aufführung, die das Werk [Zarathustra] noch erlebt, größter Triumph“.428 Und dem Vater berichtet er: „Mein Aufenthalt in Amsterdam war der größte ­Triumph, den ich je erlebt: nicht nur, daß das Orchester mein Bild im Stimmzimmer mit Blumen und Lorbeer hat schmücken lassen, als ich in der Probe unter Tusch den Saal betrat, zeigte man mir an der Wand neben Wagner und Liszt auch meinen Namen mit goldenen Lettern eingezeichnet (ähnlich wie im Odeon die Namen über dem Orchester).“ Und es klingt Genug­tuung mit, wenn er ergänzt: „Man hatte Gounod dafür ausgewischt“ (1. November 1898).429 Wenn Strauss seinen Ruhm seither zunehmend verfestigen konnte, verdankte er das einer raffinierten Kopplung seiner Doppelfunktion als

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Komponist und Dirigent sowie dem Geschick, seine Werke möglichst dauerhaft im Repertoire zu festigen. Mit seinen Tondichtungen gelang ihm das zuerst, mit den Opern sollte sich das Phänomen ab Salome und natürlich insbesondere mit dem Rosenkavalier wiederholen. Die Erfolge im Ausland, über die regelmäßig auch in deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften berichtet wird, nehmen eine Schlüsselfunktion ein. Strauss ist der Erste, der neben seinen festen Kapellmeister-Stellungen eine ausgedehnte internationale Gastspiel-Tätigkeit unternimmt (Bülow hatte das Prinzip in kleinerem Maßstab vorgelebt; Strauss kopiert es, weitet Radius und Frequenz aber auf bis dahin beispiellose Weise aus). Ab den späten 1890er Jahren begründen vor allem diese Gastspiele – neben seiner Position in Berlin – seinen Ruf, wobei der Dirigent stets auch die Interessen des Komponisten im Auge hat und Strauss nebenbei auch noch als Klavierbegleiter von Pauline das Publikum für sich einnimmt. Ein weiteres Phänomen katapultiert ihn endgültig zum Star: Musikfeste, die ganz auf sein Schaffen und seine Person zugeschnitten sind. Wieder unternimmt das Concertgebouw-Orchester mit seinem Chefdirigenten Willem Mengelberg einen Vorstoß, als es im Juni 1903 bei einem einwöchigen Strauss-Festival in London in vier Konzerten alle sieben bisherigen Tondichtungen sowie unter anderem Aus Italien, die Burleske (mit Wilhelm Backhaus) und Ausschnitte aus Guntram aufführt – teils von Mengelberg, teils von Strauss selbst dirigiert, während Pauline wie häufig eine Mischung aus Klavier- und Orchesterliedern interpretiert. Mit spürbarer Befriedigung berichtet er am 10. Juni 1903 aus London den Eltern, dass auch in England ein „großer Kampf zwischen den Kritikern entbrannt“ sei.430 Schon ein Jahr zuvor hatte er dem Vater ebenfalls aus London geschrieben: „Meine Konzerte hier verlaufen glänzend, und allem Anschein nach winkt mir hier und in Amerika noch eine recht erfreuliche Zukunft. Vorerst jährlich vier Orchesterkonzerte in London. Heute erhielt ich schon zwei Konzerte in Glasgow und Edinburgh für 22. und 23. Dezember angetragen: ich gelte auch hier als Nr. 1 der gesamten heute lebenden Komponistenwelt, da kann’s nicht fehlen. Du brauchst Dich von jetzt ab wirklich nicht mehr um mich zu ängstigen!“ (3. Juni 1902).431 Seine eigene Stellung als wichtigste musikalische Erscheinung der Gegenwart hat Strauss selbst schon so häufig formuliert, ehe sie sich auch in der Öffentlichkeit durchsetzt, dass es kaum denkbar erscheint, ihm darin nicht einen gewissen Einfluss zuzuschreiben. Die Fama seiner Berühmt-

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heit hat er jedenfalls bei jeder Gelegenheit selbst verbreitet und allen ­äußeren Zeichen höchste Bedeutung zugeschrieben. Als er am 8. August 1903 die Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg erhält, ist er darüber so stolz, dass er von nun an fast alle seine Briefe mit „Dr. Richard Strauss“ unterschreibt. Seinem Berliner Intendanten Georg von HülsenHaeseler berichtet er zwei Tage nach der Verleihung: „Das Diplom nennt mich den Ersten unter den lebenden deutschen Musikern und die Fakultät motiviert meine Promotion damit, daß ich die Programm-Musik mit neuen Erfindungen und mit ausgezeichneter Tüchtigkeit (eximia virtute) vermehrt und gefördert habe.“432 Nachdem er ab der Mitte der 1890er Jahre regelmäßige Präsenz bei Musikfesten gezeigt und bei den Niederrheinischen Musikfesten auch mehrfach die Festspielleitung mitübernommen hatte, „weil seine Persönlichkeit […] schon mit zur Feststimmung gehörte“433, waren, wie Max Steinitzer emphatisch feststellte, insbesondere die ab den Jahren um 1910 aus dem Boden schießenden „Strauss-Wochen“ und ähnliche geballte Aufführungen seiner Werke „Marksteine im Weg des Meisters auf der Höhe seines Ruhms“434, bei denen dieser kräftig mitmischte. Nach der ersten großen Strauss-Woche 1909 in Dresden zur Uraufführung der Elektra brachte die Strauss-Woche in München Ende Juni 1910 an fünf Tagen und in sieben Konzerten die wichtigsten bislang entstandenen Werke, bei denen Strauss vier Mal ohne Honorar dirigierte. Wenn er an den Vorsitzenden der Frankfurter Museumsgesellschaft, Friedrich Sieger, nach diesen Tagen hinsichtlich seines dortigen Konzerts im Dezember desselben Jahres schreibt, „die hohe Museumsgesellschaft muß sich zu dem Honorar von 2000.- M durchringen, unter denen ich von jetzt ab nicht mehr aus meiner Pensionistenstellung als Landwirt und Komponist herauskrieche“ (10. Juli 1910)435, wird deutlich, dass er sich in München leicht zum Honorarverzicht durchringen konnte, weil er sich der unschätzbaren Werbewirkung bewusst war. „Noch nie war ein zeitgenössischer Komponist zu seinen Lebzeiten ähnlich geehrt worden“, stellt Birgit Lodes über die Veranstaltungsreihe fest436, die in der Presse groß inseriert wurde. Zur Erläuterung erschien außerdem eine Festschrift, in der Richard Batka die Kommentare zu den aufgeführten Werken schrieb und Arthur Seidl für den hier nicht aufgeführten Guntram warb. Angeführt ist auch ein großes „Ehrenkomitee“, dem unter anderem Hermann Bahr, Oskar Bie, Otto Fürstner, Oskar

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Hammerstein, Emil Hertzka, Hugo von Hofmannsthal, Georg HülsenHaeseler, Graf Harry Kessler, Felix Mottl, Alfred Roller, Leopold Schmidt, Ernst von Schuch, Graf Seebach, Arthur Seidl, George Bernard Shaw, August Spanuth, Edgar Speyer, Frank Wedekind und Ernst von Wolzogen angehörten.437 Über das „1. Morgenkonzert“ mit Kammermusik und Liedern urteilten die Münchner Neuesten Nachrichten vom 25. Juni 1910, indem sie die gesamte Entwicklung des Komponisten nochmals nachzeichneten: „In allem, was bei der Musik Empfindungsausdruck und Sprache des Gefühls ist, in dem also, worin eine frühere Zeit den eigentlichen Kern und letzten Zweck der musikalischen Mitteilung erblickte, – darin ist sich Strauß durch alle die Jahre einer gewaltigen Entwicklung hindurch so vollständig und unverändert gleich geblieben, wie kaum irgend ein anderer großer Musiker. […] Weil aber auf diesem Gebiet [der Programmmusik und Oper] das liegt, womit Strauß die ­Musik wirklich bereichert hat, bereichert mit Dingen, die vor ihm musikalisch noch nicht gesagt und gemacht worden waren, leuchtet es ein, daß die Entwicklung, die Strauß aus einem stark epigonenhaft klassizistischen Vertreter der absoluten Musik zum extremen Programmusiker und weiterhin zum wirkungsstarken Theatraliker umwandelte, notwendig war: subjektiv notwendig für Strauß selbst […], aber auch objektiv notwendig, insofern Strauß auf dem Wege jener ersten Richtung nicht entfernt die Bedeutung für die musikalische Evolution hätte gewinnen können, die ihm heute auch der nicht abzustreiten vermag, der nicht ein unbedingter Anhänger seiner späteren Richtung ist.“ Selbst in diesen arabesken Zeilen spiegelt sich sowohl das musikgeschichtliche Bild wider, das inzwischen nahezu Gemeingut ist – die notwendige Entwicklung, die Strauss verkörperte, sowie sein Anteil an der modernen Musik –, als auch die Anerkennung, auf die er sich nun verlassen kann. Geradezu symbolisch wird sein Status dadurch untermauert, dass anlässlich seines Geburtstags am 11. Juni 1910 eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus am Altheimer Eck 2 angebracht wird.438 Er ist da gerade einmal 46 Jahre alt. Es bedurfte also nicht erst des Rosenkavaliers, um Strauss – so umstritten er nach wie vor auch gewesen sein mag – so fest im kulturellen Leben zu etablieren wie keinen lebenden Komponisten vor oder nach ihm. Dass er zugleich mit seinen älteren Tondichtungen präsent war und mit seinen neuen Werken regelmäßig für Sensationen sorgte, beförderte diesen ­Status zweifellos ungemein und führte dazu, dass über seine frühen Kom-

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positionen weitgehend Konsens bestand, über die Novitäten hingegen – und über die Beurteilung ihres Schöpfers insgesamt – ausführlich weiter diskutiert wurde. In der ersten großen monographischen Abhandlung über Richard Strauss ging Max Steinitzer 1911 ausführlich auf die zahlreichen Epitheta ein, die dem Komponisten im Lauf der Jahre zugewachsen waren: „Unsre deutsche Gegenwart also, soweit sie durch einen Teil der Presse vertreten ist, schafft sich ihren Strauß, wie irgendwie alle Berühmtheiten, nach ihrem Ebenbild; sie vereinfacht die komplizierte Erscheinung wie jener Verwalter, der alles Obst als Birnen registriert, weil er ‚Zwetschken‘ nicht schreiben kann. Nach dem geistigen Gesetz der Trägheit hat sie einige ihrer eigenen Hauptrichtungen in Schlagworte verdichtet, die sie ohne weiteres Denken auf Strauß anwendet: ‚Der Schalk‘, ‚der Dekadent‘, ‚der Artist‘, ‚der Geschäftsmann‘“. Wenn Steinitzer versucht, diese Zuschreibungen zu entkräften, misslingt ihm das, indem er wiederum bloß schlagwortartig argumentiert. So behauptet er etwa in Bezug auf den „Schalk“, „daß dieser Zug neben dem zum Großen, Ernsten bei ihm kaum stärker hervortritt, als bei jedem geistig Gesunden, zumal beim Süddeutschen“, und hinsichtlich des „Dekadenten“: „Strauß ist so wenig in irgendeiner Beziehung pervers, dekadent usw. als die Eiche im deutschen Wald.“439 Die Argumente über Strauss’ „Gesundheit“ und seine beim Skatspiel zum Ausdruck kommende Ruhe, in die er sich jederzeit versetzen könne, münden in Bemerkungen über den Umgang mit der (Zeitungs-)Kritik, wobei eine auch an anderer Stelle zitierte Aussage des Komponisten – in Steinitzers Rede von 1912 – paraphrasiert wird: „Auch in Beziehung auf das Verhalten zum Urteil des Nebenmenschen ist Strauß von robuster G ­ esundheit. Fern von der quälerischen Empfindlichkeit des wirklich Dekadenten, hielten sich seine Äußerungen stets auch fern von dessen Zynismus, und ihr Tenor dürfte etwa lauten: ich schreibe, wie ich’s empfinde, und der andere sagt, wie es ihm gefällt, beides ist unser natürliches Recht.“440 Steinitzer, ab 1911 Opern- und Konzert­referent der Leipziger Neuesten Nachrichten, hat seine Abhandlung mehrfach überarbeitet, am einschneidendsten drei Jahre nach der Erstausgabe, bis 1927 in drei weiteren Aus­ gaben immer neue Aktualisierungen vorgenommen und auch ansonsten bei unzähligen Gelegenheiten – bis in die Dreißigerjahre hinein – für seinen Schulkameraden Partei ergriffen. Schon 1910 hatte er einige ältere Zeitungs- und Zeitschriftentexte unter dem Titel Straußiana und Andres.

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Ein Büchlein musikalischen Humors meist mit und selten ohne, ernsthaft für und scherzhaft gegen Dr. Richard Strauß zusammengefasst. In seiner Biographie von 1914 (1911 hatte dieser Untertitel gefehlt), die „Zum 50. Geburtstag“ laut Einlagezettel im Buch „vollständig umgearbeitet“ und als „Billige Ausgabe“ zu 4 Mark (geheftet) bzw. 5 Mark (gebunden) erschien, versprach er hingegen, „parteilos“ zu sein, und sah in den „Pressekämpfen um seine [Strauss’] Künstlerpersönlichkeit eine heute historisch gewordene[...] Polemik“. Steinitzers „Parteilosigkeit“ sah dann allerdings so aus, dass er Strauss als „einen der großen und lauteren Charaktere im öffentlichen Leben des deutschen Volkes, an denen es heute gewiß keinen Überfluss hat“, bewarb und deponierte, dass es „Güte und ­Vornehmheit“ seien, „die einen Grundzug seines menschlichen Wesens bilden“. Denn Strauss sei ein „Qualitätsmensch“, und geschichtsträchtig ist die Forderung: „Eine Zeit, ein Volk, in deren Wesen und Zielen die Kunst als Staatsangelegenheit Platz fände, hätte einen solchen Kopf und Charakter unter irgendeiner Form zum Organisator in seinem Fach erhoben.“441 In den späteren Auflagen wurde stets auch an einzelnen Formulierungen gefeilt. So heißt es in der dritten Ausgabe statt „Organisator“ „Führer“, statt „Qualitätsmensch“ „Mensch von Sonderwert“.442 Aus der zweiten Ausgabe ist unter anderem auch zu erfahren, dass bereits an eine „Ausgabe seiner [Strauss’] schriftlichen Publikationen“ gedacht war, die freilich damals nicht zustande kam.443 Die Wirkung von Steinitzers Schrift, vor allem in den Versionen seit 1914, kann für die Meinungsbildung über Strauss kaum überschätzt werden, selbst wenn insbesondere die Darstellung seiner Persönlichkeit nicht ohne Widerspruch blieb. August Spanuth brachte die Voreingenommenheit des Autors auf den Punkt, wenn er in den Signalen schrieb: „In seinen Augen ist Strauss auch ein Mensch von edelster Herzensgüte, selbstloser Hilfsbereitschaft, immerfort gewillt, jungen Talenten eine stützende Hand entgegenzustrecken; also gewissermassen ein zweiter Liszt. Und der Ton, in dem er das alles erzählt, hat den hellen Klang der Ehrlichkeit: Steinitzer ist felsenfest von der Richtigkeit seines Urteils überzeugt.“ Das Urteil Spanuths, „dass man es nicht mit einer Strauss-Biographie, sondern mit einer frischen, fröhlichen Streitschrift für Strauss zu tun hat“, die „einfach ‚Pro Strauss‘ betitelt hätte“444 werden können, ist jedenfalls stichhaltig.

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Als Opernkritiker hatte sich derselbe Rezensent da bereits – nachdem ihn Steinitzer noch ein Jahr zuvor als „Hauptgegner“ von Strauss gebrandmarkt hatte – anlässlich der Uraufführung von Ariadne auf Naxos am 25. Oktober 1912 im Rahmen jener Strauss-Woche in Stuttgart, bei der Steinitzer auch seine Rede hielt und der Komponist einen seiner zahlreichen Orden erhielt, so begeistert gezeigt, dass er seine Besprechung in den Signalen mit der Frage „Papam habemus?“ einleitete. „Ist Richard Strauss“, so fragte Spanuth, „der Mann, der uns eine Komische Oper bescheren wird, die unterhält, ohne unserer Rezeptionsfähigkeit zu viel Anstrengung zuzumuten, die uns ergötzt, ohne dass wir nachher einen schlechten, faden Geschmack auf der Zunge haben?“ Er kam zum Urteil, „dass Richard Strauss ein dazu Berufener ist und ein Auserwählter sein wird, wenn – er sich einen anderen Librettisten zulegt.“ Denn wie der Tenor der Kritik hielt Spanuth das „Experiment“ der Verbindung des Schauspiels Der Bürger als Edelmann von Molière mit der Oper, auf das sich Strauss und Hofmannsthal eingelassen hatten, für gescheitert und außerdem deren hohes Paar Ariadne und Bacchus für „wesenlose Aesthetenprodukte“. Und wenn er weiterhin anprangert, dass vor dem 1. Juli für eine Eintrittskarte 50 Mark hatten gezahlt werden müssen, schlägt er erneut in die Kerbe der Kritik gegen die Begleitumstände einer StraussNovität: „Wer also gegen die heillose Reklamewirtschaft protestiert, die allemal mit dem Erscheinen eines neuen Werkes von Richard Strauss einsetzt, der will der Kunst nicht schaden, sondern nützen.“445 Arthur Neisser versuchte in seiner Kritik in der Zeitschrift Bühne und Welt hingegen, den Komponisten vom Vorwurf des Schürens von Sensation zu befreien: „Nicht Strauß selbst oder sein Verleger sind es, die Reklame machen, sondern der Fall liegt hier fast umgekehrt. Sobald eine neue Strauß-Premiere näher rückt, ergreift die Habitués ein Fieber, was es wohl in dem neuen ,Strauß-Schlager‘ für Sensationen geben werde, und wie von selbst erfolgt dann die Antwort auf dieses in der Luft liegende nervöse Fragen in Gestalt der Reklamenotizen.“446 Allerdings war Strauss zumindest zweifach daran interessiert, das Interesse der Öffentlichkeit am neuen Werk zu ­kanalisieren. Während der Entstehung der Oper hatte er etwa an Hofmannsthal geschrieben: „Zerbinetta kann ein Verhältnis mit dem Komponisten haben, wenn derselbe nicht zu porträtähnlich mit mir wird“ (24. Juli 1911)447 und war damit von einer gewissen Parallele der Figur zu ihm selbst ausgegangen. Vor allem aber war er sehr darum bemüht, seine

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Intentionen – und die seines Librettisten, die sich freilich nicht immer ganz decken mussten – publik zu machen. Nachdem in der Neuen Freien Presse vom 25. Mai 1912 ein Kommentar Hofmannsthals erschienen war, drängte Strauss auf weitere Erklärungen und ließ seine Einschätzung der Öffentlichkeit und insbesondere der Medien durchklingen: „Daß Sie für L. Schmidt was schreiben wollen, ist famos. Sie sind im Irrtum, wenn Sie meinen, in der nachgedichteten Szene sei schon alles gesagt. Ja, für die ganz Feinen! Aber dem großen Publikum, und besonders denen von der Presse, kann man’s nicht faustdick genug in die Nase schmieren. Und zwar vorher; bevor sich die ersten dummen Schlagwörter festsetzen, an denen man 50 Jahre lang dann krankt. Alle Kritik vorwegnehmen und ihnen genau vorschreiben, was sie bei allem sich zu denken, zu empfinden, und wie sie’s überhaupt zu finden haben. Ich halte diese Vorarbeit für genau so wichtig, als die Arbeit selbst, und Sie schreiben so famos; lassen Sie sich’s nicht gereuen und benützen Sie ja den Brief, den Sie mir seinerzeit geschrieben. Der war so ausgezeichnet“ (2. Juli 1912).448 Hofmannsthals Ariadne-Brief erschien dann im von Leopold Schmidt herausgegebenen Almanach für die musikalische Welt 1912/13 als „für die Öffentlichkeit redigierte Neufassung“.449 Obwohl Strauss zögerte und an der ursprünglichen Version festhalten wollte, erhielt auch Ariadne auf Naxos eine Neufassung mit neu komponiertem Vorspiel. Die „Neue Bearbeitung“, die am 4. Oktober 1916 in Wien uraufgeführt wurde, wurde insgesamt weit positiver aufgenommen. In Melos schrieb etwa Richard Specht eine hymnische Besprechung.450 Auch ein dritter Versuch mit erweiterter Theatermusik für Der Bürger als Edelmann (UA am 9. April 1918 in Berlin) konnte nichts daran ändern, dass sich die Oper in der bekannten zweiten Fassung durchsetzte, von der Alfred Einstein nach einer Berliner Neueinstudierung der ­Meinung war, dass Strauss „auf dem Gebiet der Oper sein Unsterblichstes darin gegeben hat.“ Im Berliner Tageblatt vom 4. Mai 1932 schrieb der Musikwissenschaftler und renommierte Kritiker: „Die Musik ist so vollkommen, weil sie Bild, Gleichnis, Symbol, Maske, Parodie ist weil sie – wie der Bühnenrahmen noch einen zweiten Bühnenrahmen umschliesst – auch das Straussische im stilisierten Bilde gibt. Man könnte es überspitzt (und darum ungerecht) so fassen: je echter Strauss ist, desto unechter wirkt er; je unechter, desto echter. Seine besten Eigenschaften kommen hier zur reinsten Entfaltung: der Schwung des Melodischen, die

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Meisterschaft der Arbeit mit den 36 Soloinstrumenten, sein Wissen um echten Stil, vom Barocken und Mozartischen bis zum Schubertischen und Wagnerischen – bis zum Wagnerischen, das er vielleicht ernst nimmt, mit dem er sich vielleicht identifiziert; aber wir nehmen auch die schwelgerische Schlussapotheose des Zwiegesangs von Bacchus und ­Ariadne als Gleichnis und Maske … […] Musik, die echteste Straussische, gerade weil sie parodistisch ist (parodistisch im höchsten, ernstesten Sinn genommen); Musik, die wieder ihre urtümliche Trauer, ihr Glück, ihre Würde hat.“* Strauss’ Informationspolitik zeigte sich auch im Vorfeld des am 14. Mai 1914 in Paris uraufgeführten Balletts Josephs Legende, wenn der Musikkritiker beim Berliner Lokalanzeiger – und einer von Strauss’ Skatpartnern – eine Vielzahl von Informationen weitergab, die auch die freizügige Haltung des Komponisten in finanziellen Dingen einmal mehr belegen: „Ueber R. Straußens ‚Josephslegende‘ teilt Anton Holzbock der Presse Näheres mit, von dem wir nur einiges herausgreifen wollen: Strauß kehrt hier zum großen Orchester der ‚Salome‘ und ‚Elektra‘ zurück; er beansprucht 4 Celestas und 2 Harfen, ebenso ein Klavier […]. Das Werk ist sinfonisch durchkomponiert; die Tanzreigen sind nicht als Solotänze gedacht, sondern als choreographische Szenen, die mit der Handlung zusammenhängen. […] Strauß hat das alleinige Aufführungsrecht für ein Jahr dem russischen Ballett überlassen, welches ihm dafür (ausschließlich der üblichen Tantiemen) 100 000 Francs zahlt. Nach Paris wird London das Stück im Juni in den Räumen des Drury Lane Theaters, Deutschland zuerst im Kölner Stadttheater sehen. Da die ‚Josephslegende‘ keinen ganzen Abend ausfüllt, so wird der Plan erwogen, Strauß’ sinfonische ­Dichtung ‚Till Eulenspiegel‘ ebenfalls zu einem ‚Musikdrama‘ ohne Worte umzugestalten und dem russischen Ballett zur Darstellung zu übergeben. Gewidmet ist die ‚Josephslegende‘ Mr. Eduard Hartmann, einem Angehörigen der Pariser Finanzaristokratie, der im Nebenberuf ein ausgezeichneter Musiker ist, Schüler von Saint-Saëns und sich als eifriger Vorkämpfer Straußscher Kunst in Frankreich bewährt hat.“451 Denkbar unbekümmert gab Strauss also auch seine Projekte – hier der alte Plan, Till Eulenspiegel als Bühnenwerk zu fassen – preis. Genau kalkuliert erscheint es hingegen, an seinen früheren Erfolgen anzuknüpfen, wenn er etwa hier und auch noch in späteren Fällen besonders auf Salome verweist. Doch ein Erfolg wurde das Ballett nicht: Leopold Schmidt meinte

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in der Zeitschrift Melos, Strauss sei „mit der ihm eigenen Naivität an die Komposition der Legende herangegangen. Ohne diese Naivität kann ja Bedeutendes nicht geschaffen werden: darin liegt die tragische Abhängigkeit des Musikers von seinem Dichter begründet, daraus erklärt sich das in der Geschichte so häufig wiederkehrende Vergreifen in der Wahl des Stoffes.“ Zumindest zweischneidig ist hier das Urteil über die Musik: „Streckenweis musiziert er symphonisch für sich; dann aber kommen wieder Momente von so genialer Intuition, von so plastischer Bildkraft, daß das innerlich Geschaute förmlich vor die Sinne tritt.“452 Mit einigem zeitlichen Abstand konnte Alfred Einstein im Berliner Tageblatt vom 9. April 1931 feststellen, das Stück sei „nur eine schwache Wiederholung, ein blasser Aufguss dessen, was dort [in Feuersnot] frisch und stark ist. Die fatale Trivialität des Melodischen, die uns aus Straussischen schwachen Augenblicken nur zu bekannt ist, wird hier zur Ununterbrochenheit. […] Hier, wo Strauss wieder aus Eigenem hätte erfinden müssen, beginnt er Straussisch zu musizieren, bleibt er im Allgemeinen, Un­ bestimmten, Banalen.“* Äußerlich war die Zeit um die Uraufführung gewohnt glänzend: In Frankreich wurde Strauss in den Offiziersrang der Ehrenlegion erhoben, in München wurde aus Anlass seines 50. Geburtstags die Richard-StraussStraße nach ihm benannt, und in Oxford erhielt er seine zweite Ehrendoktorwürde. Schon zwei Tage vor dem Jubiläum ging eine Meldung durch die Presse, die am 9. Juni 1914 auch von der Wiener Allgemeinen Zeitung übernommen wurde: „Aus Anlaß des auf den 11. d. M. fallenden 50. Geburtstages von Richard Strauß hat sich der Weingroßhändler Nicolas Manskopf entschlossen, in seiner Vaterstadt Frankfurt am Main ein Richard Strauß-Museum zu gründen, in ähnlicher Weise wie seinerzeit [Nikolaus Johannes]  Oesterlein in Wien das Wagner-Museum. Das ­Richard Strauß-Museum soll spätestens im Frühjahr 1915 zur Eröffnung gelangen und verspricht, da sich schon jetzt eine sehr bedeutende Anzahl auf Richard Strauß bezügliche Dokumente und Porträts, Bilder von Urdarstellern seiner Schöpfungen und vieles andere Interessante im Besitze des Veranstalters befindet, reichhaltig und anziehend zu werden.“* Dieser Plan wurde vom „Manskopfschen Musikhistorischen Museum“ am ­Untermainkai nur teilweise realisiert: Neben einer „Sonderabteilung zu ­Ehren von Richard Strauss“ gab es zwar den Plan eines Strauss-Museums,

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der allerdings nicht realisiert wurde. 1924 wurde dann immerhin eine eigene Schau453 zu Strauss gezeigt, die der Komponist auch besucht hat.454 Anlässlich des runden Geburtstags von 1914 wurde allerorten Bilanz über sein bisheriges Schaffen gezogen, wobei viele der Versuchung nicht widerstehen konnten, Mutmaßungen über seine künftige Beurteilung anzustellen. Edgar Istel, der den Komponisten schon vier Jahre zuvor im Merker als „maßlos überschätzt“455 bezeichnet hatte, meinte etwa in der Neuen Zeitschrift für Musik: „Mag auch der lebende Strauß noch höher auf die Laufbahn des Ruhmes steigen – es ist allerdings kaum möglich, denn er ist zweifellos der berühmteste ernste Komponist der Gegenwart –, so mag er sich in stillen Stunden manchmal fragen, ob das, was er geschaffen, auch ebenso von der Nachwelt gewürdigt werden mag. // Mancherlei Zeichen lassen darauf schließen, daß dem nicht so ist: fast alle neueren Werke Straußens sind zur ‚Sensation‘ geworden, und das ist das Schlimmste, was einem ernsthaften Künstler geschehen kann. Liegt es doch im Wesen der Sensation, daß ihr Gegenstand ebenso rasch der Vergessenheit anheimfällt, wie er ehedem blitzschnell in die Gunst der leicht erregbaren Menge kam. So muß der Schöpfer der Sensationen immer wieder aufs neue die Jagd nach dem Niedagewesenen beginnen, und dies ist der Fluch, der seit den ganz großen Erfolgen des Meisters auf seinem Schaffen liegt.“ Der Musikwissenschaftler, Dozent für Musikästhetik in Berlin und Komponist mehrerer mäßig erfolgreicher Bühnenwerke wagte auch eine Prognose, die sich nur als teilweise richtig erweisen sollte. Zwar meinte Istel, die großen Tondichtungen und die „besten“ Lieder würden womöglich noch an Strauss’ 100. Geburtstag gespielt, „[d]aß ­dagegen über den Dramatiker Strauß die Zeit hinwegschreiten wird […] – darüber dürfte unter Urteilsfähigen wenig Zweifel herrschen. Als Monumente einer Zeit, der jedes gesunde musikalische Stilempfinden ab­ handen kam, als Zeugnisse der gewaltigen technischen Meisterschaft ihres Autors werden diese Partituren sicher noch lange ein interessantes Studienobjekt bilden; von der Bühne aber werden sie […] verschwinden“.456 Hingegen bescheinigte ihm Richard Specht, dessen einflussreiche musikpublizistische Tätigkeit noch ausführlich zur Sprache kommen wird, im Illustrirten Wiener Extrablatt vom 11. Juni 1914, nicht nur den Weg „vom Epigonen zum Progonen“ gegangen, sondern auch „erst 50 Jahre und schon unsterblich zu sein.“*

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Bis zum „epigonenhaften“ Frühwerk ging auch August Spanuth in den Signalen zurück, der die Bedeutung der profiliertesten Phase in Strauss’ Komponieren ins Zentrum rückte, aber auch bereits nicht ausschließen konnte, dass dessen jugendliche Prägung später noch schlagend werden könnte: „Möglich, dass eine spätere Generation, der das gesamte Lebenswerk Straussens vorliegt, in dieser Vorperiode nachträglich Keime entdeckt, deren Bedeutung erst in seinen späteren einstweilen noch ungeschriebenen Werken zu erkennen sein wird; für die Gegenwart aber kommt vor allem der Revolutionär Strauss in Betracht.“ Doch musste auch Spanuth diese Rolle mit dem Verweis auf das aktuelle Schaffen der inzwischen aufgetretenen „Neutöner“ schon einschränken. Denn „wenn man grade von einer richtigen modernen Geräuschorgie kommt, will ­einem Strauss fast wie ein Abglanz klassizistischer Klarheit erscheinen. Dass ein richtiger Revolutionär, ein Entdecker von ‚Neuland‘, so schnell überholt werden kann, ist selbst in unserer schnellebigen Zeit eine auffällige Erfahrung, und auch der unbedingte Strauss-Verehrer wird, wenn man ihn darüber mit Nachdruck zur Rede stellt, wohl zugeben müssen, dass manche andere, die erst nach Straussens revolutionärem Vorstoss zu Gehör kamen, weit mehr wesentlich Neues produziert haben. Bei Strauss lag das verblüffend Neue vor allem in der Handhabung, in der Anwendung des von Berlioz, Liszt und Wagner Vorbereiteten“.457 Bis zu seinem 60. Geburtstag werden sich sowohl die Anzeichen der „Unsterblichkeit“ als auch das Verblassen des „Revolutionärs“ Strauss sowie der Gegensatz zur inzwischen aufgetretenen Neuen Musik verdichten. Doch davor liegen vier Kriegsjahre, eine Revolution, republikanische Neuanfänge sowohl in Deutschland als auch in Österreich, wohin Strauss den Schwerpunkt seines Wirkens in der Zwischenzeit verlagert. Und während er unentwegt weiterkomponiert, nimmt auch die Publizistik weitere Anläufe, um ihn zu begreifen und dabei anzugreifen oder aber zu unterstützen. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs nicht mehr wegzudiskutieren ist auch die nationale bzw. nationalistische Instrumentalisierung, die sich aller prominenten Kulturschaffenden zu bemächtigen sucht. Wenn Max Marschalk in der Vossischen Zeitung vom 10. Juni 1914 eine künstlerische Bewertung umgeht, argumentiert er dagegen ausdrücklich mit der kulturellen „Überlegenheit“ der Deutschen: „Wie wir

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auch zu seinem Lebenswerk, soweit es bis jetzt abgeschlossen vorliegt, stehen mögen, ob wir von Sympathien oder Antipathien erfüllt sind, ob wir an eine ewige Dauer seines Lebenswerkes glauben oder an einen schnellen Verfall: der einen Tatsache müssen wir uns alle aus vollem Herzen freuen, daß nämlich Strauß einer der Hauptrepräsentanten des deutschen Volkes ist, der viel dazu beigetragen hat und dauernd dazu beiträgt, dem deutschen Volke seine alte Ueberlegenheit auf dem Gebiete der Musik und seinen alten Ruhm zu sichern.“* „Krieg und Sieg! // Heil Deutschland!“, notiert Strauss in übergroßen Buchstaben in der ersten Augustwoche 1914 in seinen Schreibkalender, und fügt in seiner normalen zierlichen Schrift hinzu: „Noch werden sie uns nicht unterkriegen!“458 An Wilhelm Mengelberg schreibt er am 25. Oktober desselben Jahres: „Ich habe mich sehr gefreut, wie das brave holländische Volk unsrer großen u. gerechten Kulturmission, denn das ist der Krieg, gegenüber sich verhalten hat“.459 Auch wenn Strauss sowohl die allgemeine Identifikation einer Verteidigung kultureller Hegemonie mit dem Krieg und dessen ebenso allgemeine Verherrlichung anfangs teilte, setzte er seiner Begeisterung Grenzen, indem er etwa seine Unterschrift unter einen Aufruf Kulturschaffender gegen die Kriegsschuldthese verweigerte, worüber Richard Specht im Pester Lloyd (Budapest) vom 12. September 1914 berichtete: „Er sagte, daß er mit Freuden seinen Doktor honoris causa, den ihm Oxford verliehen hatte, zurückgeben würde, wenn dafür ein englisches Kriegsschiff übergeben oder versenkt würde; aber Erklärungen über Krieg und Politik ziemten sich nicht für einen Künstler, der sich um sein Werk und seine Arbeit kümmern sollte […]. Er habe sich inzwischen absichtlich von allen Manifesten, Erklärungen, Interviews, gedruckten Meinungen, Aufrufen ferngehalten und besonders von allen beleidigenden Äußerungen über das Verhalten des Feindes …“460 Seine Abstinenz hinsichtlich öffentlicher Meinungsäußerungen wird er bis in Friedenszeiten aufrechterhalten: Am 6. März 1919 erwähnt er gegenüber Pauline ein „Interview für die ‚Daily News‘, ohne Politik.“461 Oder er wird sogar mitten im Krieg mit der Äußerung provozieren, dass er französisches Notenpapier benutzt – nicht ohne dies wiederum zu relativieren. So zitiert ihn das Neue Wiener Journal vom 8. April 1917 mit den Worten: „Sehen Sie her! Wissen Sie auf welchem Sündenpapier ich meine Noten da male? Auch der große Bayreuther hat, mit den ‚Nibelungen‘ angefangen, sich keines anderen mehr bedient. Und war

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gewiß ein guter Deutscher.“* Strauss’ zur Schau gestellter Patriotismus und sein Solidaritätsgefühl enden spätestens dort, wo es um seine persönlichen Interessen geht: Erfolgreich geht er gegen die Einberufung seines Sohnes Franz vor, und als sich sein Librettist freiwillig zum Kriegsdienst meldet, schreibt er am 22. August 1914 an dessen Frau Gerty von Hofmannsthal: „Hugo hat die verdammte Pflicht, den Tod fürs Vaterland nicht zu sterben, bevor ich meinen III. Akt [der Frau ohne Schatten] habe, der ihm, hoffe ich, noch mehr Ehre einbringen wird, als eine schöne Todesanzeige in der ‚Neuen Freien Presse‘.“ Natürlich schränkt er diese Aussage gleich wieder ein: „Aber Scherz bei Seite – es ist eine große herrliche Zeit und unsre beiden Völker haben sich wirklich großartig gehalten; man schämt sich nachträglich jedes bösen kritischen Wortes, das man je über dies brave, starke deutsche Volk gesagt hat. Man hat das erhebende Bewußtsein, daß dies Land und Volk erst am Anfang einer großen Entwicklung steht und die Hegemonie über Europa unbedingt kommen muß und wird.“462 Wie sehr Strauss währenddessen vom Bewusstsein seiner eigenen Ausnahmestellung eingenommen ist, zeigt etwa seine Selbsteinschätzung, die er am 10. März 1915 gegenüber Clemens von Franckenstein, dem Generalintendanten des königlich bayerischen Hof- und Nationaltheaters, anklingen lässt: „[A]uf den einen Wagen für den einen Richard Strauss kann’s der hohen Kommandogewalt wirklich nicht ankommen, um so mehr als der Wagen doch schon 4 Jahre alt u. zudem ein schwer zu b­ ehandelnder ventilloser Mercedes ist.“463 Dass Strauss politische Entwicklungen zwar zumindest zeitweise verfolgt, sich aber vor allem für ihre Auswirkungen auf sein persönliches Wohlergehen interessiert, dokumentiert ein Brief an Pauline gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Nach der Schilderung eines vergleichsweise kargen Mahls beim Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg klagt er: „Auch bei den Fürsten wird es knapp! Ein Skandal, daß man solch eine Zeit noch miterleben muß! Was ist überhaupt alles vorangegangen in dem einen Monat Oktober, seit wir uns nicht gesehen haben! Jetzt heißt’s tüchtig umlernen! Ich fange aber erst damit an, wenn die ganze Lage sich einigermaßen geklärt, sonst müßte man sich zuviel drehen und wenden, ich halte den Kopf immer noch hoch und glaube, daß Deutschland zu tüchtig ist, um so ganz unterzugehen – trotz allem Blödsinn, den die werte Regierung angestellt hat. Bismarcks Traum ist jedenfalls ausgeträumt und 200 Jahre Preußentum sind zu Ende. Wollen wir hoffen, daß sie durch bessere Zeiten er-

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setzt werden. Ich glaub’s zwar nicht – aber geschichtliche Tatsachen muß man eben hinnehmen. […] In acht Tagen bin ich jedenfalls zu Hause […] und dann wollen wir in Ruhe alles beraten, trotzdem ich schon heute nicht wüßte, was anderes tun, als so lange wie möglich in gewohnter Weise weiterzuleben, programmgemäß, so lange Theater und Concerte schon spielen und die Honorare dafür bezahlt werden.“464 Dass er ganz darauf fokussiert ist, sein Künstlerleben weiterzuführen, belegt auch ein Schreiben an Ludwig Karpath vom 6. Jänner 1919: „Hier in Garmisch weiß man weder von Revolution, noch von Kohlen- u. Lebensmittelnot […]. Es ist herrlich hier, eine prachtvolle Luft u. eine himmlische Ruhe. Ich arbeite fleißig“, obwohl Pauline „unnötig viel politisiert“.465 Als er am 1. März nach der Niederschlagung des Spartakusaufstands wieder in Berlin ist, bittet er seine Frau zwar angesichts greifbarer Gefahren um Zusendung eines Schlagrings („Er ist eine gute Abwehrwaffe“466), die am Ende des Monats notiert, er sei „wohlauf, doch ohne Bedienung! Arm!“467, hat jedoch nur eines im Sinn – seine Arbeit als interimistischer bzw. künftiger Leiter der Oper, wie er Pauline am 6. März schreibt: „Wenn alles einmal eingerenkt und der Etat […] durchgesetzt ist, läuft die Karre dann von selbst wieder eine Zeitlang. Über diesen für unsere künftigen Kunstzustände sehr wichtigen Dingen vergißt man am besten die ganze blöde Revolution und hat die innere Befriedigung, daß man für eine gute Sache selbstlos arbeitet.“468 Mitten im Krieg war nicht nur die zweite Fassung der Ariadne, sondern auch ein Werk uraufgeführt worden, das bei einigen Berichterstattern den Verdacht erregt hatte, womöglich mit dem aktuellen Geschehen in Zusammenhang zu stehen. Rund um die Uraufführung der Alpen­sinfonie am 28. Oktober 1915 in Berlin hatte Leopold Schmidt am 11. Oktober Instruktionen von Strauss empfangen469 und im Berliner Tageblatt sowohl eine Vorbesprechung unter dem Titel Dämmerung durch den Traum* am 25. Oktober als auch eine hymnische Rezension am 29. Oktober gebracht: „Ein Triumph der Schönheit, daß man wie berauscht davon war.“* Im Gegensatz zu älteren Urteilen hatte sich die Haltung dieses Autors gegenüber Strauss ins Positive gewandelt, seit der Komponist für ihn das Geleitwort zu seinem Buch Aus dem Musikleben der Gegenwart (1908) verfasst hatte. In Bezug auf die Alpensinfonie schlossen sich nicht alle von Schmidts Kollegen dieser Meinung an. Nach der Wiener Erstaufführung am 5. Dezember 1915 rief Julius Korngold in der Neuen Freien Presse vom 7. Dezember zunächst eindringlich das aktuelle Geschehen in Erinnerung: „Die mor-

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dende Granate entweiht die stillsten Hochgebirgsgipfel, Blut befleckt jungfräuliches Gestein. Und da meldet sich der Musiker und lädt zu einer beschaulichem Genusse wechselnder Naturbilder hingegebenen Alpenwanderung. Hörte der Künstler Strauß, der so oft dem Pulsschlag der Zeit gelauscht, gerade jetzt bewußt über das sie mächtig Bewegende hinweg? Oder flüchtete er erschreckt in den erhabenen Frieden der Natur? Die Dinge liegen, wie so oft bei Strauß, einfacher, als es den Anschein hat. Die Alpensymphonie ist kein Werk der Kriegszeit, war vielmehr lange vor dem Kriege konzipiert.“ Tatsächlich geht das Werk seiner ursprünglichen Idee nach auf das Jahr 1900 zurück, erhielt aber erst 1913 (Particell) bzw. 1914/15 (Partitur) seine endgültige Gestalt. Zunächst als „Künstlertragödie (der Sonnenaufgang)“ geplant470, hatte Strauss 1911 festgehalten: „Ich will meine Alpensinfonie: den Antichrist nennen, als da ist: sittliche Reinigung aus eigener Kraft, Befreiung durch die Arbeit, Anbetung der ewigen herrlichen Natur.“471 Nur wenige fanden jedoch die Komposition ihrerseits ebenfalls anbetungswürdig. Korngold urteilte in seiner Besprechung: „Ursprünglich, neu und bedeutend in der Erfindung wird man sie kaum nennen, auch nicht übersehen, daß der Komponist in der Vorliebe für eingängliche Melodik, im Streben nach Allgemeinverständlichkeit stellenweise in eine weitgehende Leutseligkeit verfallen ist.“ Karl Storck stieß sich im Türmer wiederum an Äußerlichkeiten: „Ich glaube trotz allem Großen und Schönen, was in Strauß’ Werken liegt, nicht an seine Genialität als Schöpfer. […] Auf der anderen Seite scheint mir in Strauß die höchste Stufe eines Könnens erreicht, die in unserer deutschen Kunst außer von Bach und Mozart erstiegen worden ist, und zwar in seiner Behandlung des Orchesters. […] Richard Strauß ist selbst schuld, wenn diese Tatsache nicht freudig genug anerkannt wird. Er ist auch hier Spielball der Zeit. Keiner hat wie er für die Art, wie seine Kunst in Erscheinung trat, so alle Mittel der Geschäftsreklame arbeiten lassen. Es fehlt ihm völlig jedes Gefühl der ethischen Verpflichtung an die Öffentlichkeit. […] Auch bei dieser Alpensinfonie ist alles geschehen, um die Aufführung zu einer äußeren Sensation zu machen. Die Art, wie das Programm in lange vorher erschienenen Zeitungsnotizen mitgeteilt wurde, war geradezu kunstfeindlich, insofern dadurch die Erwartung geweckt werden sollte: ‚Na, das wird einen[sic] Spektakel absetzen!‘ Was geht es das Publikum an, daß Wind- und Donnermaschine mitwirken usw. usw.“472

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August Spanuth in den Signalen beobachtete ebenfalls vor allem ein Spektakel, denn „der neue Strauss ist wiederum der alte, der unvergleichliche Rattenfänger“. Nach der Uraufführung, berichtet er, „brach ein Beifall von solcher Wucht und solchem Ungestüm los, als hätte Strauss ihn selbst instrumentiert“ – für den Kritiker ein erneuter Beweis, „dass Strauss sein Publikum fest in der Hand hält, dass ihm die Hypnose gänzlich gelungen ist. Er braucht kaum mehr etwas Neues herbeizubringen, die alten Mittel wirken immer noch so verblüffend, wie vor 10 oder 20 Jahren, nur dass sie allemal einer erklecklichen Steigerung der Anwendung bedürfen. Aber das ist ja mit Morphium-Spritzern auch der Fall.“ Und weiter: „Wo die Berauschten sich sporadisch inne werden, dass sie sonst im Bewusstsein ihrer kritischen Würde von den grössten Komponisten grade solche Dinge zu verlangen pflegen, die Strauss ihnen meistens schuldig bleibt, also etwa Tiefe und Eindringlichkeit des musikalischen Gedankens […], da versetzt sie der Schmaus, den Strauss ihren Ohren bereitet, dennoch in Entzücken. […] Ein Triumph der Nervenreizungen! […] Wirkt doch ein von Strauss in den Bergen ‚vertonter‘ Wasserfall so nass, dass man sich die Schaumperlen aus dem Gesicht wischen zu müssen glaubt.“473 Auch Paul Bekker betonte in einem Feldpostbrief vor der Uraufführung die aktuelle Situation, in der das Werk erstmals erklang: „In diese Zeit der geistigen Wirren, die tiefer greifen als die politischen, die alles Bestehende blindlings zu zerstören trachten, ohne bisher aufbauende ­Fähigkeiten nachgewiesen zu haben, in dieses Chaos der Kulturen hinein tönt das neue Werk von Richard Strauß. Wir horchen diesmal mit ganz anderer Aufmerksamkeit als sonst. […] Es ist uns angenehm zu denken, daß dieses Werk zum großen Teil der Zeit vor dem Kriege entstammt. So sind wir sicher, daß es von falscher Gesinnungsmacherei frei ist.“ Nach der Premiere bilanzierte er jedoch resignativ: „Ich glaube nicht, daß wir von dieser Kunst noch etwas zu hoffen haben, das über die Wirkung des unterhaltenden Spiels hinausreicht.“474 Und auch der Wiener Hans Liebstoeckl, der seine Besprechung im Prager Tagblatt vom 4. Februar 1916 mit Der Komponist unserer Zeit überschrieb, erweiterte sein Urteil über die Tondichtung auf das Schaffen von Strauss überhaupt: „Herr Richard Strauß ist der Komponist unserer Zeit. Kein anderer versteht sie so gut, und keinem andern flüstert sie so deutlich ihre Geheimnisse zu. Von ihr hat er die Kunst seines Schaffens, von ihr die Vorliebe für das Außeror-

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dentliche, von außen her Zwingende, von ihr endlich die unbegrenzte technische Fertigkeit und die verblüffende Geschäftigkeit im Artistischen. Alles kann er, überall ist er zu Hause; ihn schreckt kein Stil, ihn verwirrt kein Problem.“ Dann verbindet der Rezensent – durchaus zeittypisch, aber sehr pointiert – seine Kritik an der musikalischen Programmatik mit der nicht minder üblichen Kritik an materieller Saturiertheit: „Immerhin: Herr Strauß findet die Natur schön. Die Nacht, der Morgen, das Gewitter, der Bach, der Wasserfall, die Windstille vor dem Sturm – einfach entzückend! Die Sonne geht auf, hören Sie, bitte, zu, wie sie durchs volle Orchester strahlt! Aber Herr Strauß, so schwelgerisch er die Empfindungen schildert, die in ihm erwachen, verwendet seine kühne Kunst doch hauptsächlich zur Nachahmung der Natur. Seine Bemühungen sind erfolgreich: wer da weiß, was er will, der findet alles das täuschend gut, aber lesen muß man darüber vorher, ansonsten könnte es sich, im Augenblick der Gefahr zum Beispiel, ganz gut auch um eine Stunde beim Zahnarzt handeln. Es ist also Musik, die Erklärungen nötig hat, die nicht für sich allein bestehen kann, die aus einer bildenden Absicht hervorgegangen ist. Andächtige Musik in den lyrischen Augenblicken, die doch aber nicht eigentlich ans Herz greift, sondern die vorüberweht, wie heißer Atem. Das Zwingende fehlt. Herr Strauß kniet nieder und betet, aber er hat eigentlich um nichts mehr zu bitten. Es ist doch alles da: Tantiemen, Erfolg, Berühmtheit auf allen Linien. Not und Bedürfnis und Sehnsucht singen ganz anders; ich kann mir nicht helfen, Straußens Wärme ist unglaubhaft, die ‚Alpensinfonie‘ ein ziemlich kaltes Vergnügen.“* „Gute Kasse“. Geld und Einfluss

Die Geschichte des Strauss’schen Komponierens ist auch eine Geschichte des Geldes. Das ganze Ausmaß seiner finanziellen Verhältnisse liegt zwar bis heute im Dunkeln; doch wurde in der zeitgenössischen Presse – wie bereits zu sehen war – ohne jede Schamhaftigkeit mit konkreten Beträgen operiert, wobei Strauss selbst eine Mischung aus Entspanntheit und Stolz an den Tag legte und bei seinen Forderungen immer kühner wurde. So erhielt er nach den 60.000 Mark für Salome für Elektra bereits 100.000 Mark – und forderte denselben Betrag für die Alpensinfonie, den Fürstner ablehnte, der Leuckart Verlag Leipzig aber bezahlte. Nach dem deutlichen Wertverfall der Währung – 100.000 Mark im Jahr 1909 hät-

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ten laut der Deutschen Bundesbank 2012 ungefähr einer Kaufkraft von 550.000 Euro entsprochen, derselbe Betrag 1915 aber nur noch rund 370.000 Euro – ist es klar, warum Strauss sein Vermögen bei Edgar Speyer in London in Sicherheit bringen wollte, wo es allerdings nach Kriegs­ beginn beschlagnahmt wurde. Zuweilen überaus penibel führte er in seinen Schreibkalendern Buch über seine Einkünfte, beispielsweise Dirigate à 500 Mark und Lieder- oder Rezitationsabende à 200, 300 und 400 Mark in den Jahren 1901 und 1902.475 Noch in den Erinnerungen aus meinen Jugend- und Lehrjahren listete er auf: „Zu den Druckkosten der f-Moll-Sinfonie steuerte mein guter Vater noch 1000 Mark bei, die aber bald zurückerstattet wurden. Aus Chronistengewissenheit nenne ich hier die Honorare für meine ersten Werke: Ein Heft zu fünf Liedern 200 Mark, ,Aus Italien‘ 500 Mark, ,Don Juan‘ 800 Mark, ,Tod und Verklärung‘ 1600 Mark, ,Guntram‘ 5000 Mark (dazu ,Eulenspiegel‘ 1000 Mark), ,Zarathustra‘ 3200 Mark, ,Don ­Quixote‘ 5000 Mark, alles inklusive Originalmanuskript.“476 In seinen privaten Aufzeichnungen werden Beträge zuweilen penibel festgehalten: „Barvermögen auf rund 24.000 M complettiert“, trägt er am 1. Februar 1897 in seinen Schreibkalender ein.477 Ein halbes Jahr zuvor, am 7. November 1896, waren es noch 20.000 Mark gewesen.478 Bei den Opern beginnt der Kampf ums Geld freilich wieder von vorne: Aus dem Sommer 1901 ist ein Schreiben an Ernst von Schuch erhalten, in dem Strauss klagt: „Also 1500 M. ist auch noch zu viel! O diese Theater! Der Teufel hol das Operncomponieren! […] Ich werd mich Riccardo Straussino umtaufen u. bei Sonzogno verlegen, dann bewilligt Ihr alles!“479 Wohlgemerkt: Im letzteren Fall geht es um die Vergütung für die Aufführung, zuvor um die Verlagsrechte. Riccardo Straussino und seine Freunde Hans Sommer und Friedrich Rösch spielten im Kampf um adäquate Einkünfte für Komponisten eine Schlüsselrolle, indem sie eine Trennung der beiden Ebenen durchsetzten. Apodiktisch schreibt Strauss am 22. November 1898 an Spitzweg: „Verlagsrechte dem Verleger. // Urheberrechte dem Urheber. // Andern Modus gibt’s künftig nicht!“480 Die am 30. September 1898 in Leipzig gegründete Genossenschaft Deutscher Tonsetzer (GDT) rief nach langem Ringen am 1. Juli 1903 die Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht (AFMA) ins Leben, die nach dem Vorbild der seit 1850 existierenden französischen Société des Auteurs, Compositeurs et Éditeurs de ­Musique (SACEM) und nach der österreichischen Gesellschaft Autoren,

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Komponisten, Musikverleger (AKM, gegründet 1897) die Beteiligung der Urheber an der Rechteverwertung sichern sollte. Strauss selbst stand an vorderster Front, indem er nicht nur als prominenter Kopf der Bewegung fungierte, sondern von 1901 bis 1909 auch als Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Musikvereins (ADMV), der Basis aller deutschen Bemühungen, wirkte. Das im Juni 1901 erlassene deutsche Urheberrechtsgesetz, das die Grundlage für die Tantiemenausschüttung bildete, konnte er ­allerdings nur als Niederlage werten, weil es die Schutzfrist nach dem Tod des Urhebers nicht über 30 Jahre ausdehnte. Aus der Sicht von Strauss gegenüber den Eltern klingt die Sachlage nach der dritten Lesung des Urheberrechtsgesetzes am 30. April 1901 im Deutschen Reichstag, bei der sich der Hauptführer der marktliberalen Freisinnigen Volkspartei, Eugen Richter, durchgesetzt hatte, folgendermaßen: „Richters Standpunkt war der: er sprach gegen 250 Komponisten, um als Wähler 200 000 Gastwirte und Gesangsvereinler für sich zu gewinnen. Einfach politisch alles! Die Regierung ist schwach und zahm: es fehlte einfach ein Bismarck, um den sehr gewandten Parlamentarier niederzudonnern“ (6. Mai 1901).481 Noch zwei Jahrzehnte später führten Auseinandersetzungen mit den Musikverlegern zur Komposition des Liederzyklus Krämerspiegel nach Texten von Alfred Kerr, bei dem mit Anspielungen auf den „Rosenkavalier“, „Eulenspiegel“, die Namen der Verleger Oskar von Hase vom Verlag Breitkopf & Härtel sowie Bote & Bock nicht gespart wurde. Nicht weniger als ein Frontalangriff war es, dass Strauss diese bissige Satire im Juni 1918 Bote & Bock als Einlösung seiner vertraglichen Verpflichtung zur Komposition von sechs Liedern sandte und damit einen Rechtsstreit provozierte, bei dem das Amtsgericht Berlin feststellte, das Werk sei nicht dafür geeignet, den Vertrag zu erfüllen. Dass Strauss daraufhin je drei Lieder aus Shakespeares Hamlet und aus Goethes Büchern des Unmuts schrieb, gab ihm aber nochmals die Möglichkeit für eine Reihe von Anspielungen auf seinen Missmut. Und im Hintergrund erwirkte er, dass der Krämerspiegel beim Literaturverlag Cassirer erschien, wie er am 21.  Juni 1920 an Kerr schrieb: „Der Krämerspiegel erscheint demnächst in einem vornehmen Bibliophilenverlag mit prächtigen Radierungen. Ich hoffe Sie damit einverstanden. Die Sache aber bitte ganz geheim zu halten, da die Auflage verkauft sein muß, bevor die Verleger es erfahren u. eine Beschlagnahme erwirken.“ „Nun noch eine andere Frage“, fiel er im selben Brief mit der Tür ins Haus: „Sie kennen die Operetten des Offen-

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bach? Wie sie die Parodien der großen Oper des dritten Empire sind, so möchte ich den musikalischen Aristophanes der heutigen großen Operette: Revolution genannt – spielen, in Singspielform wie die komischen Opern des Auber:  schwarzer Domino, Teufels Anteil, Maurer und Schlosser, Fra Diavolo. // Einesteils die heutigen Theaterzustände mit Arbeiter- u. Betriebsräten, Primadonnenintriguen, Tenorehrgeize, abdankenden Generalintendanten des alten Regimes könnten das Milieu der einen Handlung, – die politische Operette:  Nationalversammlung, Kriegsgesellschaften, Parteipolitik während das Volk verhungert, Zuhälter als Kultusminister, Einbrecher als Kriegsminister, Mörder als Justizminister könnten den Hintergrund des anderen witzigen Gemäldes bilden.“482 Es ist typisch, dass Strauss dann die Entwürfe dieses nicht zustande gekommenen Projekts zu konkret waren: „[S]o ganz eindeutig möchte ich meinen früheren Chef u. gewesenen Rittmeister [Hülsen] nicht auf die Bühne stellen“ (18. Juli 1921).483 Bezeichnend bleibt es aber doch, dass Strauss nach seinem Weggang von Berlin wieder eine künstlerische Abrechnung – wie einst in Feuersnot über München – erwogen hat. Seine Bestrebungen, das aktuelle Zeitgeschehen auf die Bühne zu bringen, verraten allerdings eine weitgehende Entfremdung von realen Vorgängen, wenn er einen Nebensatz, in dem „das Volk verhungert“, in einen „witzigen“ Gesamtzusammenhang bringen möchte. Bereits in seinem berühmten Text über die Frage des Parsifal-Schutzes – nach dem Auslaufen der 30-jährigen Frist nach der Uraufführung konnte Richard Wagners letztes Bühnenweihfestspiel nun gegen dessen Willen auch außerhalb Bayreuths gespielt werden – hatte er 1912 seinen ein Jahrzehnt alten Unmut gegen den Abgeordneten Richter in Verbindung mit einer Ablehnung demokratischer Grundsätze gebracht: „Für mich gibt es in der Parsifalfrage nur einen Richtungspunkt: Respekt vor dem Willen des Genies. // Leider haben aber in der Frage des ­Parsifalschutzes nicht Leute zu entscheiden, denen die Steigerung und Verfeinerung unserer Kultur am Herzen liegt, sondern nur Juristen und Politiker, deren Horizont nicht bis zu dem Verständnis von den un­ beschränkten Rechten des geistigen Eigentümers reicht. // Ich habe seinerzeit 8 tägigen Verhandlungen des Deutschen Reichstages persönlich beigewohnt wo die Vertreter des Deutschen Volkes mit ganz wenig Ausnahmen in beneidenswerter Unkenntnis der Materie über Urheberrecht und Schutzfrist debattierten. Ich habe selbst gehört, daß ein Herr Eugen

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Richter in unverschämtesten Lügen die Rechte von armseligen 200 deutschen Komponisten – die Erben Richard Wagner’s mit eingeschlossen – zu Gunsten von 200.000 deutschen Gastwirten zu Boden trat. // Dies wird auch nicht anders werden, solange das blöde allgemeine Wahlrecht bestehen bleibt, und solange die Stimmen gezählt und nicht gewogen werden, solange nicht beispielsweise die Stimme eines einzigen Richard Wagner 100000 und ungefähr 10000 Hausknechte zusammen eine Stimme bedeuten. // Dann würde ich vielleicht auch im Goethebunde nicht mehr die Phrase hören; von den Rechten der deutschen Nation, die befugt sein soll, das Genie, das sie bei Lebzeiten verbannt und verhöhnt hatte, noch 30 Jahre nach seinem Tode auszuplündern und sein Werk in den kleinsten Provinzbühnen zu prostituieren. // Wir wenigen werden vergebens protestieren, und der deutsche Spiessbürger wird in 2 Jahren am Sonntag nachmittag zwischen Mittagessen und Abendschoppen statt fortwährend in den Kinotopp und in Operetten zu gehen, auch für 50 Pf. den Parsifal hören. // Und da wundern wir uns, dass uns die Franzosen und Italiener immer noch für Barbaren halten.“ Bevor diese Zeilen in der Presse erschienen, hatte sie Strauss am 18. August 1912 brieflich an Ludwig Karpath gesandt. Dieser muss sie beanstandet haben. Denn in einem ­Telegramm drei Tage später schreibt Strauss an Karpath: „Bedaure – unver­aendert oder gar nicht – Randbemerkungen gerne gestattet.“484 Dass seiner Stellungnahme handfeste Angriffe von Siegfried Wagner vorausgegangen waren, in denen Richard Wagners Sohn in der Zeitschrift Der Türmer (1911) die Musik von Strauss als „spekulative Versündigung an der Menschheit“ und „Gift allerschlimmster Art“485 bezeichnet hatte, mag den scharfen Tonfall als Kniefall vor Bayreuth erklärlich machen. Die Bemerkung über die „Hausknechte“ sollte seinem Ansehen nachhaltig schaden und wurde in einer der zahlreichen Strauss-Karikaturen486, die sich auch auf das Thema Geld und Tantiemen warfen, beißend verwertet (vgl. Bildteil S. 69, Abb. 9). Während der letzten Kriegsjahre weitete Strauss seine Kontakte nach Wien und Salzburg planvoll aus. 1917 war er dabei, als die Salzburger Festspielgemeinde von Hofmannsthal und Max Reinhardt unter Beteiligung von Alfred Roller und Franz Schalk gegründet wurde. Und in Wien besaß er mit Ludwig Karpath einen Vertrauten, den er bereits seit dem Bayreuther Sommer von 1894 kannte487 und der nicht nur publizistisch für ihn tätig war – etwa im Neuen Wiener Tagblatt und im Merker, wo er

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Redakteur war –, sondern auch Einfluss in politischen Sphären ausübte. Über viele Jahre diente er Strauss als regelrechtes Sprachrohr, wenn er etwa in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 8. Oktober 1928 verlautbarte, „daß Strauß niemals zur Verlogenheit selbst bedeutender Künstler Zuflucht nimmt, die darin besteht, daß man sich angeblich um Rezensionen nicht kümmert.“* Der bedeutende Künstler kümmerte sich allerdings nicht nur um die Berichterstattung, sondern vor allem um regelmäßige Aufführungen seiner Werke und erkundigte sich bei seinen Briefpartnern regelmäßig nach deren Wohl und Wehe – so auch bei Karpath: „Ist Ariadne u. Elektra in dieser Saison in Wien schon gewesen? Wenn Rosenkavalier so gute Kasse macht, warum gibt man ihn so selten?“ (9. Oktober 1917).488 Im Sommer 1918 konkretisierten sich die Pläne, als Direktor an die Wiener Hofoper zu kommen, während sich Strauss zugleich erfolgreich um die Aufhebung des Verbots von Salome bemühte, die am 14. Oktober erstaufgeführt werden konnte. Als er sich zuvor mit Hofmannsthal über seine Pläne austauschte, outete sich dieser als „Gegner“ von Strauss als Operndirektor, indem er ihm am 1. August 1918 schrieb: „Ich glaube, Sie wären für eine so dringend nötige Wiedergeburt des Wiener Instituts der richtige Mensch gewesen vor etwa 15 Jahren, und ich kann nicht glauben, daß Sie es heute noch sind.“ Denn der Dichter befürchtete, „daß Sie in bezug auf Engagements, Verfeinden und Befreunden etc. etc., kurz, auf die ganze Politik des Theaters, das Interesse Ihrer Werke im Auge haben würden und nicht das des Instituts, kurz, daß Ihre Berufung dem Institut einen äußeren Glanz in der Gestalt eines bedeutenden und berühmten Dirigenten, aber keinen wahren entscheidenden Nutzen bringen würde und daher letzterdings im Interesse des Instituts, wenn man dieses wohl und gewissenhaft erwägt, abzulehnen ist.“ Hofmannsthal hat damit sehr hellsichtig Strauss’ hauptsächliche Beweggründe erkannt und geradezu prophetisch vorweggenommen, dass dieser außerstande sein würde, das Haus erfolgreich und unabhängig von seinen eigenen Interessen zu leiten: „Ich habe Ihr Gutes und Schönes, wo es mir an dem Künstler und blitzartig auch an dem Menschen entgegentritt, sehr lieb. Ohne Sympathie könnte ich gar nicht so freimütig sprechen, und nur weil Sie diese Sympathie durchfühlen, können Sie annehmen, was ich so ausspreche. Die große Gefahr Ihres Lebens ist Kulturlosigkeit, der Sie, in fast rhythmischem Wechsel, sich hingeben und sich zu entziehen suchen. Jedes Stel-

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len der eigenen Person über die Ideen und Institutionen ist kulturlos und muß sich, sofern Ihre Werke auch ein Teil der Kultur sind, schließlich an diesen, denen Sie doch unbedingt zu dienen meinen, rächen. Ich glaube aber nicht, daß Sie heute schon so weit sind, diesen Zusammenhang zu verstehen.“ Die Antwort von Strauss, der etwa ein Jahr lang plant, sowohl das Wiener als auch das Berliner Haus zu leiten, bis diese Träume im Juli 1919 durch die Wahl von Max von Schillings zum Berliner Direktor platzen, macht am 5. August 1918 seinen Machtanspruch ebenso deutlich wie seine Prioritäten: „Die wenigen Jahre, die ich noch vor mir habe, muß ich hauptsächlich meiner produktiven Tätigkeit widmen. Immerhin habe ich mir vorgenommen, da ich nur im Sommer komponiere, für etwa zehn Jahre fünf Wintermonate der Dirigentenarbeit zu widmen, und da hiefür etwas mehr als zwei Monate auf Berlin entfallen, könnte ich mir wohl denken, daß ich die andere größere Hälfte und im Bedarfsfall noch einen Teil des Frühjahrs in Wien verbringe in einer Art von beratender Tätigkeit (neben einem amtierenden Direktor) beim Aufbau eines wirklich künstlerischen Spielplans, […] daß ich jeden Monat eine vollständige Neueinstudierung eines hervorragenden Meisterwerkes übernehme und nach eigener Wahl vollständig autoritativ, sei es mir wertvoll erscheinende Opern des laufenden Repertoires, sei es Erstaufführungen von der Förderung würdigen Werken des In- und Auslandes dirigiere.“489 Nachdem das Ende des Krieges mit der Neuorganisation auch des Kulturlebens in Deutschland und in Österreich zusammenfällt, ändern sich die Verhältnisse und Ansprechpartner ständig. Während Strauss in Berlin mit der neuen Regierung verhandelt, werken in Wien Hofmannsthal (der sich am 7. Dezember 1918 durchringt, Strauss’ Kommen zu begrüßen490) und Karpath, der am 17. November instruiert wird: „Bleibt das Niveau der Hofoper erhalten, wird die Subvention dermaßen erhöht, daß alle berechtigten socialen Forderungen erfüllt werden können, auch der notwendig starken Erhöhung der Gehälter des Orchesters, Chors u. all der kleinen Leute im Theater mit ihren Hungerlöhnen, u. bekomme ich die volle künstlerische Freiheit, die mir zugesichert war u. als Mitarbeiter Schalk u. Roller, so komme ich zu Beginn nächster Saison sehr gerne als Leiter der Hofoper, wenn man mich haben will. […] Wenn Sie mich also in Wien haben wollen, so arbeiten Sie bitte bei den maßgebenden Leuten u. in der Presse in diesem Sinne.“491 Als Lockmittel setzt Strauss dabei auch die Uraufführung der neuen Oper Die Frau ohne Schatten ein: „Sie sei meine

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Morgengabe an Wien, wenn mein Wiener [Vertrag] perfekt wird – aber auch nur dann!“ (an Karpath, 15. Dezember 1918).492 „Privatissime“ überschreibt er einen Brief an Hofmannsthal vom 29. Dezember 1918, in dem er seine Pläne skizziert, sich weitreichenden Einfluss zu sichern: „Annahme der Wiener Oberleitung (wenn ich Schalks Hilfe bekomme), ohne Berlin (schon unsrer Werke wegen) ganz fahren zu lassen. Ich habe daran festgehalten durch alle Irrwege hindurch und habe das Ziel erreicht – wenn mir nun die Agitation der Korngold und Genossen nicht das Konzept verdirbt und mich zwingt, um die Wiener Stellung zu erhalten und behalten, mehr Zeit der Wiener Stellung zu opfern, als ich eigentlich vor mir verantworten kann.“ Dazu regt er im selben Brief eine Notiz in der Neuen Freien Presse an, in der der zuständige Musikreferent Julius Korngold Zweifel am künftigen Direktor hegt, und macht bereits deutlich, wie er sich noch über Wien und Berlin hinaus (!) seine Einflussnahme vorstellt: „Denn trotz Korngold könnte ich es mir sehr gut vorstellen, daß ich in Wien eine Hauptstellung habe, und das ganze Jahr dort die Oberleitung […] führe, und nebenbei in 5 anderen Theatern in der Weise, über den Wassern schwebe, daß mein Rat in den wichtigsten Fragen (Hauptengagements, Tendenz des Spielplans und seiner künstlerischen Ausführung, Wahl der Novitäten) entscheidend gehört wird.“493 Hauptschauplatz der Gefechte sind wiederum die Tageszeitungen, wobei sich Strauss erneut regelmäßig einbringt: So wehrt er sich am 11. Februar 1919 im Neuen Wiener Journal in einer „persönlichen Mitteilung des Komponisten“ gegen Angriffe und erhält auch von anderen Blättern Unterstützung. Die Wiener Tageszeitung Die Zeit berichtet etwa am 10. April 1919 über „Mitglieder der Wiener Hofoper […], die in Geheimkonventikeln gegen Richard Strauß intrigieren“, und kommentiert den Konflikt im Sinne des neuen Direktors, der bereits mit 1. Mai sein Amt antreten soll: „Ihre wichtigste Sorge ist die Frage, ob man Richard Strauß nicht eine zu große Gage zahlen wolle. Man könnte diese kunstbegeisterte Gruppe, die den größten deutschen Komponisten der Gegenwart, einen Mann von Weltruf, einen ersten Dirigenten von dem verarmten Wien fernhalten möchte […], rasch beruhigen. Richard Strauß wird eine Gage von 60.000 Kronen bekommen und ist verpflichtet, jedes Jahr 50 Vorstellungen in der Oper zu dirigieren. Er erhält also für jede Vorstellung 1200 Kronen Honorar, weniger als Herr [Leo] Slezak, weniger als Frau [Selma] Kurz-Halban, die im europäischen Kunstleben der Gegenwart unseres Wissens nicht die Stelle ein-

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nehmen, die Richard Strauß mit seinem musikalischen Genie erworben hat.“* Und im Neuen Wiener Tagblatt, dessen Redaktion Karpath angehört, erscheint am 14. April 1919 Eine Kundgebung Richard Strauß’, in der er mit den Worten zitiert wird: „Meine unveränderte Bereitwilligkeit, den Wiener Vertrag zu erfüllen, ist Sache reiner Kunstbegeisterung. Daß ich mich nach Wien sehnte, um meine Werke zu poussieren, kann wohl nur ein Dummkopf behaupten. Wenn die absichtlich vor den Beginn meiner eigentlichen Wiener Tätigkeit [die mit 1. Dezember datiert wurde] angesetzte Uraufführung meiner neuen Oper ‚Die Frau ohne Schatten‘ auch nur im entferntesten einen solchen Anschein erwecken sollte, bin ich bereit, mein Werk zurückzuziehen. Die Stellungnahme des Opernpersonals ist mir ein unlösbares Rätsel. Ich muß es der Loyalität meines Freundes Schalk überlassen, für mich einzutreten und alles mir Angedichtete aus der Welt zu schaffen. Ich glaube und hoffe, daß ihm dies gelingen wird. Ich halte dann mit meinem Gewissen stand.“ Im Anschluss führt die Redaktion des Tagblatts ins Treffen, „daß eine solche Veranstaltung geradezu eine Fremdenverkehrsangelegenheit ist“, und suggeriert eine rasche Lösung: „Wir sind uns dessen ganz sicher, daß man im Operntheater zur Einsicht gelangt ist und die leidige Affäre so schnell wie möglich aus der Welt schaffen wird.“* Den Strauss zugeschriebenen Text hatte Karpath aus einem Telegramm vom 12. April formuliert und nicht nur den Satz „30.000 Kronen gleich 35.000 Mark fuer 40 Dirigierabende sind ein Drittel dessen, was anderweit in 5 Monaten verdienen kann“ [sic] gestrichen, sondern auch den Namen (Felix) „Weingartner“, der selbst um den Direktorsposten ritterte und heftig gegen Strauss polemisierte, durch das Wort „Dummkopf “ ersetzt. Von Hans Gregor, Operndirektor bis November 1918, erschien am 1. Mai 1919 im Neuen Wiener Journal ein weiterer Warnruf: „Will man das Haus am Kärntnerring zum ‚Richard-Strauss-Theater‘ wandeln? Soll’s da nur ‚Richard-Strauss-­Wochen‘ geben? – Wenige haben aber auch rein menschlich so geringe Eignung zum Direktor, wie gerade der so heiß umstrittene. // Der Chef irgendwelchen Unternehmens […] muß wohl vor allem ein Menschenfreund sein. Und da muß es denn – da es sich um so ‚heilige‘ Güter handelt – frei heraus: Strauss ist alles andere, nur gerade das nicht. Strauss hat für keinen Menschen ein Herz als nur für sich selbst, er ist Ich-Mensch in reinster Kultur, betrachtet jedes Ding, jede Sache, jede Angelegenheit nur unter dem Gesichtswinkel: Frommt sie dir?“494

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In Wien angekommen und am 17. Mai von Franz Schalk in der Oper begrüßt – am 1. Mai hatte er an Pauline geschrieben, er sei bereits „Oberleiter“495 – startete Strauss dann zu einer Charmeoffensive, inszenierte sich als ehrlicher Charakter, während seine Schachzüge hinter den Kulissen eine andere Sprache gesprochen hatten. Im Feuilleton der Neuen Freien Presse erschien am 18. Mai 1919 ein Beitrag über Meine Beziehungen zu Wien und seiner Oper, in der er sich „ganz besonders durch das einschmeichelnde Wiener Idiom und die ganz eigene Wiener Art angeheimelt“ zeigte und schönfärberischen Zweckoptimismus verströmte: „Gehoben durch die erst unlängst in so reichem Maße mir zuteil gewordene Sympathie des kunstliebenden Wiener Publikums, geehrt durch eine selten einmütige Begrüßung der Wiener Presse, getragen von dem ernstesten Kunstwillen des gesamten Personals der Wiener Oper, das mich bei meinem Eintreffen in Wien durch eine im herzlichsten Ton abgefaßte Vertrauenskundgebung überraschte, werde ich meinen ganzen Ehrgeiz daran setzen, dem schönen Kunstinstitute meine ganze Kraft zu weihen.“ An den folgenden acht Tagen dirigierte er fünf Mal, beginnend mit Fidelio – für die Kritikerin Elsa Bienenfeld „eine merkwürdige, eine fast – enttäuschende Aufführung“, die „die hurtige Geschwindigkeit eines bürgerlich-realistischen Spiels“ hatte, wie sie im Neuen Wiener Journal vom 19. Mai 1919 schrieb. Acht Tage später äußerte sie sich über die Zauberflöte ähnlich: „Wie im ‚Fidelio‘ hatte man auch in dieser Vorstellung den Eindruck einer gewissen Gleichgültigkeit des dirigierenden Meisters, der zwar mit einer überragenden Musikalität für straffe Rhythmik und genaue Einsätze sorgte aber für die […] liebevolle Zärtlichkeit des Mozartischen Herzens wenig Interesse übrig zu haben schien. Richard Strauß steht über der Sache, auch beim Dirigieren, und das fanatische Einfühlen in ein fremdes Kunstwerk ist seine Sache nicht.“ Der Meister selbst berichtete am 29. Mai seinem Sohn Franz, er und Pauline hätten „in Wien herrliche Tage verlebt, große Triumphe – Sieg auf der ganzen Linie“: „[M]eine Vorstellungen waren alle (bis auf eine weniger anregende ‚Zauberflöte‘) glänzend, und wurde ich in fast lästiger Weise gefeiert.“ Außerdem erwähnt er nebenbei, dass er „Kohlen, Telefon, Umzug besorgt (mit Zuhilfenahme einiger Ministerien)“ habe.496 Und wenn Max Marschalk in den Gesprächen mit Richard Strauß in der Vossischen Zeitung vom 15. Oktober 1918 noch berichtet hat, dass das Ehepaar „über die rücksichtslosen Hamsterer“* geschimpft habe, wird dem Komponis-

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ten nun selbst der Vorwurf gemacht, Vorräte zu horten: „Vor seinem Umzuge nach Wien erhielt Richard Strauß vom Bezirksamt Garmisch in Oberbayern die Erlaubnis, für seinen aus drei Personen bestehenden Haushalt nach Wien folgende Waren auszuführen: ‚Weck‘-Konserven, 50 Pfund Schmalz, 2 Zentner Mehl und 500 Eier. Ferner wurden vom Bezirksamt weitere 50 Pfund Schmalz und 150 Pfund Zucker für die Mitnahme nach Wien freigegeben. Der Möbelwagen, der zur Fortbringung dieser Lebensmittel bestimmt war, enthielt dann noch 100 Liter kondensierte Milch. Das Kriegswucheramt beschlagnahmte den Wagen mit Inhalt, und nachdem das Landwirtschaftsministerium die Ausfuhrerlaubnis aufgehoben hat, soll der Fall Richard Strauß auf das gründlichste untersucht werden.“* Das berichtete die Zittauer Morgenzeitung am 4. September 1919 während des Umzugs, und die Geschichte Der „Hamster“ Richard Strauß brachte es immerhin bis in die Satirezeitschrift ­Kladderadatsch, in der am 21. September ein Spottgedicht erschien.* In Wien galt’s der Kunst, zumal mit der Frau ohne Schatten am 10. Oktober 1919 eine Strauss-Uraufführung stattfand, bei der Karpath im Neuen Wiener Tagblatt vom 11. Oktober 1919 auch mit der Außenwirkung für den dezimierten Staat Österreich warb: „Denn darüber kann es keine Zweifel geben:  der Örtlichkeit, wo eine neue Schöpfung von ­Richard Strauss zum erstenmal erklingt, wendet sich die ganze Welt zu.“497 Auch darüber hinaus verströmte der Freund Begeisterung über den „Künstler, den wir nunmehr mit Stolz den Unsrigen nennen dürfen“, musste bei seinem Urteil aber doch Schwächen eingestehen: „Eine gewisse pathetische Breite nun sowohl in der Dichtung wie in der Musik belastet einigermaßen das Werk, dem eine größere Flüssigkeit zu wünschen wäre. Aber was verschlägt’s! Strauß hat mit der ,Frau ohne Schatten‘ sein Bestes gegeben, uns ein Werk geschenkt, das dem deutschen Genius zur höchsten Ehre gereicht. ,Die Frau ohne Schatten‘ ist ein Kunstwerk, geboren aus der kühnsten und reichstbewegten Phantasie, ein hochragendes Denkmal deutschen Geistes und Könnens.“498 Leise Widersprüche klangen auch in der Neuen Freien Presse durch, doch zeigte sich Julius Korngold hier ebenso im Banne des Meisters: „Strauß selbst bezeichnete uns einmal mit jener naiven Freude des Vollbringens, die erprobter Meisterschaft wohl ansteht, die neue Oper als das Beste, was er gemacht habe. Das Beste – möchten wir einschränken – nicht im Sinne unbedingter Neuheit und Originalität, an den vorangegangenen

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Werken gemessen, wohl aber das Beste im Sinne einer schwelgerischen Manifestation der musikalischen Potenz als solcher, einer Entfaltung aller Seiten eines unvergleichlichen Meisterkönnens und einer schon angedeuteten, das Melodisch-Schöne dem Dramatisch-Charakteristischen zumindest nicht nachstellenden Tendenz.“499 Noch 13 Jahre später kommentiert derselbe Kritiker in derselben Zeitung vom 25. August 1932 eine Aufführung bei den Salzburger Festspielen nicht minder zwiespältig ­zwischen Befremdnis und Bewunderung: „Oft ist es ganz das ‚Elektra‘Orchester, das da brüllt und aufschreit und sich blasiert an den Herbigkeiten geräuschähnlicher Klänge vom ‚schönen Klang‘ zu erholen scheint. Aber dann wieder klingt es betörend, wahrhaft zauberisch und märchenhaft. Strauß hat seine Musik als Synthese zwischen ‚Elektra‘ und ‚Ariadne‘ bezeichnet. Wir ziehen sie jedenfalls vor, wo sie mehr der mythisch-appollinischen als der modern-dionysisch-hysterischen Hellenin zuneigt. Im ‚Ariadne‘-Ton und ‚Ariadne‘-Stil ist sie auch schöpferisch am stärksten, am zauberflötenhaftesten. Auch sonst: welche Schönheiten! Und nie wird diese Partitur lebendig, ohne daß wir die außerordentliche Energie und Intensität der Arbeit, dieses allgewaltige technische Können, bewundern …“* Nur der begeisterte Kritiker der Uraufführung im Illustrir­ten Wiener Extrablatt hatte gemeint, dass Strauss in der Frau ohne Schatten „sein Schönstes und Menschlichstes gegeben“500 habe. Ob er ­womöglich deshalb anonym blieb, weil er Richard Specht hieß? Im Vorfeld der Berufung von Strauss nach Wien hatte er so maßgeblich an der öffentlichen Meinung gewerkt, dass Strauss am 11. April 1919 in einem Telegramm an Karpath, in dem er auch bemerkte, am „Kuenstlertraum Wien-Salzburg“ festhalten zu wollen, „Ihnen und Specht herzlichen Dank“501 gesagt hatte. Und inzwischen hatte er die Redaktionsleitung der neu gegründeten Blätter des Operntheaters (Herausgeber: Dr. Richard Strauss und Franz Schalk) übernommen, deren erstes gleich als Sonderheft für Die Frau ohne Schatten warb. Specht schrieb den ausführlichen Versuch einer Einführung; und Hermann Bahr steuerte im selben Heft eine Straußglosse: „Richard Strauß begann als Wunderkind, wurde dann ein Exzedent, aus diesem zum Weltmeister und ist für die heutige Jugend ein Kitschist. // Zu Grunde liegt dem allen ein richtiger bayrischer Musikant, von der alten barocken Art. Dieser kommt immer vom Handwerk her und geht zunächst immer wieder aufs Handwerk aus, darauf nämlich, es alle Stückln spielen zu lassen und dann noch eins mehr, zu zeigen, was

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es alles kann, aber auch, daß es in dieser Hand noch mehr kann. Ist dies geschehen, jede Schwierigkeit geläufig geworden, Meisterschaft erreicht, so droht stets die Gefahr der Routine.“ 502 Auch dieses Bekenntnis stammte von Strauss selbst. Gegenüber Hofmannsthal hatte er schon im August 1916 während der Arbeit an der Frau ohne Schatten bekannt: „[I] n meinem Alter gerät man leicht in das Fahrwasser der bloßen Routine und die ist der Tod der wahren Kunst.“503 Auch offene Selbstkritik war für ihn nichts Ungewöhnliches. Und zuweilen durften sich auch Kritiker Kritik erlauben. Über den Dirigenten Strauss musste 1920 etwa sogar der grenzenlos wohlgesinnte Richard Specht einräumen: „Man kann sich nichts Delikateres, Zärtlicheres, geistreich Herzlicheres vorstellen, als eine Straußische Interpretation des Figaro oder der Zauberflöte; und doch kann es vorkommen, daß man einen Abend lang auf all diese innig beschwingte Anmut wartet und betroffen vor einer fast leerlaufenden Trockenheit und steifer Schulmeisterei steht, mit der Strauß dann, offenbar durch Ermüdung oder Verärgertheit zum Gegenpol seines eigentlichen Wesens getrieben, diese ihm teuersten Schöpfungen abfertigt.“504 Selbst für die ansonsten nicht unkritische Elsa Bienenfeld war allerdings die erste von Strauß selbst einstudierte Aufführung von Wagners Lohengrin „ein wahrer Festabend“, wie sie im Neuen Wiener Journal von 3. Jänner 1920 mit einer kleinen Namensverwechslung schrieb: „Mit der kundigen Hand des Musikers und dem glühenden Temperament des echten Künstlers hat Richard Wagner [gemeint ist: Strauss!] die reine Schönheit dieser Musik vom Schutt befreit. Er tritt an die Partitur ohne Empfindsamkeiten und ohne besonders ausgeklügelte Interpretationsgedanken. Es ist auch nicht das Mystische der Musik, die er aus den Tönen zu holen sucht. Aber die prachtvolle Rhythmik, die außerordentliche Deutlichkeit und Genauigkeit in allen Einzelheiten, die im höchsten Glanz schimmernden Klangfarben brachten eine Wirkung hervor, die zugleich dramatisch im Wagnerschen Sinne der inneren Läuterung wurde.“ Schließlich fehlt auch nicht eine Schlussbemerkung, in der sich die Interessen der gesamten Stadt spiegeln: „Im Foyer hörte man viel englisch, französisch und italienisch sprechen. Wien hat endlich seinen Ehrgeiz erreicht: es ist eine Fremdenstadt geworden.“* Dreimal reiste Strauss während seiner Amtszeit als Direktor nach Übersee: 1920 mit den Wiener Philharmonikern und 1923 mit der Staatsoper nach Südamerika, im Winter 1921/22 nach Nordamerika, wo er

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Spenden für Salzburg und Wien sammelte. Auch auf seinen Reisen war die Presse mit an Bord. Der Journalist und Buchautor Johannes Franze schrieb etwa am 16. November 1920 in einer deutschsprachigen argentinischen Zeitung: „Ueber Strauss als Mensch grassieren die unwahrsten, lächerlichsten und albernsten Gerüchte. Er ist wie alle wahrhaft grossen Menschen eine ganz einfache vornehme Natur, nur mit ausserordentlich feinfühliger, instinktiver Gegnerschaft gegen alles Banausische ausgestattet. Ich habe nie während der zahlreichen Unterredungen, die ich mit ihm gehabt habe, das Gefühl schroffer Abweisung gehabt, die man ihm vorwirft. Ich kann mir keinen herzlicheren, wohltuenderen, offeneren und menschlich gewinnenderen Ton denken als den, in dem er beispielsweise mit dem Orchester verkehrte, das ihn geradezu vergötterte, ich kann mir ebenso kaum eine einfachere, schlichtere Art vorstellen, als die, mit der er von seinen eigenen Werken, seinen Erlebnissen und künstlerischen Eindrücken sprach.“ Strauss versäumt es nicht, sich in einem Brief an Franze vom 13. November 1920 „für die wirkungsvolle Förderung […] meiner hiesigen Tätigkeit“ zu bedanken.505 Selbstverständlich wurde die Reise auch in der Heimat registriert. So berichtete Alfred Holzbock in der Berliner Zeitung Der Tag am 3. Februar 1921: „Richard Strauß war wohl der erste deutsche Künstler von Ruf, der nach dem Kriege in Amerika, allerdings in dem nicht verhetzten Südamerika, konzertierte und vorurteilslos gewürdigt wurde. […] Die Begeisterung für deutsche Musik ist in Südamerika so echt wie ehedem, sie kann durch die Politik nicht zerstört werden, denn diese Liebe zur deutschen Musik lebt im amerikanischen Volke, sie wird – das ist die feste Ueberzeugung von Richard Strauß – bald auch in Nordamerika wieder erwachen.“* „Bewährtes Kulturgut“

Als Operndirektor ist Strauss nun in einer ähnlichen Lage wie vorher Weingartner ihm gegenüber, muss Komponisten, die ihre Werke aufgeführt sehen möchten, wie Bittsteller vertrösten:  An Wilhelm Kienzl schreibt er am 9. Juli 1919: „Unser Novitätenhaushalt ist mit 3 Werken ziemlich complett, da meine Haupttätigkeit diesen Winter darin bestehen wird, eine Reihe der bedürftigsten klassischen und Wagnerschen Werke neu aufzuputzen.“506 Vorwürfe wegen seiner Spielplanpolitik507 lassen nicht lange auf sich warten. Als sich Erich Wolfgang Korngold, der

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Sohn des Kritikers Julius Korngold, im Juni 1922 darüber beschwert, von der Direktion benachteiligt zu werden, erweckt das großes Aufsehen.508 Strauss sucht sich zu verteidigen, indem er in einem Brief an Karpath vom 10. Juli 1922 die Ansicht vertritt, „daß ein Operntheater andere Bedingungen hat wie ein Schauspielhaus und daß das Opernpublikum im Durchschnitt gar keine Novitäten verlangt, alles gute Neue mußte ihm gewaltsam aufgezwungen werden. […] Das Vernünftigste wäre, die Volksoper würde, statt das gleiche Repertoire wie die Staatsoper zu ­pflegen, als Novitäten- und Probierstube mit entsprechender Subvention etabliert, wenn wirklich so viele Interessenten da sind, die alle acht Tage eine niegelnagelneue Opernpremiere hören wollen. // Ich hoffe, meine Ziele und Absichten genügend klar dargelegt zu haben. Es wäre nun ­Sache der ‚Apostel‘, dieselben dem Volke mundgerecht zu machen.“509 Knapp zwei Wochen danach erscheinen im Neuen Wiener Journal vom 22. Juli 1922 die von Strauss gezeichneten Spielplanerwägungen eines modernen Operndirektors, in denen es heißt: „Ausschließlich die Qualität des Gebotenen kann auf die Dauer das Publikum an ein Kunstinstitut fesseln und ihm dasjenige Vertrauen geben, welches dazu gehört, daß das Publikum einem Institut dauernd treu bleibt.“ Als Konsequenz wird suggeriert, dass „ein Experimentieren mit Uraufführungen und unausgeprobten Novitäten an den ganz großen Bühnen fast eine Unmöglichkeit ist.“ Stattdessen wird jenes Bild entworfen, das Strauss für den ganzen Rest seines Lebens vehement zu verwirklichen trachtet: das Opernhaus als musealer Betrieb mit einem fest umrissenen Bestand an Werken: „Die Wiener Staatsoper kann aus den oben geschilderten Gründen und soll nach meiner Überzeugung kein Experimentierinstitut sein, sondern sagen wir eine Art hohe Akademie, in welcher ein ausgewähltes Repertoire in möglichst vorbildlicher Weise zur Darstellung kommt.“ Als Lösung für die Novitätenfrage wird schließlich halbherzig ins Treffen geführt, es gäbe ja noch „die Volksoper, ein tüchtiges Institut, das, anstatt den gleichen Spielplan wie die Staatsoper zu pflegen, als Novitäten- und Probierbühne mit entsprechender Subvention etabliert werden könnte – vorausgesetzt, daß wirklich so viele Interessenten da sind, die alle vier Wochen eine nigelnagelneue Oper hören wollen.“510 Auch die Idee eines Städtebund-Theaters, die schon 1914 erstmals formuliert und am 22. Februar dieses Jahres in der Vossischen Zeitung publiziert wurde511, bleibt für Jahrzehnte in Strauss’ kulturpolitischem Port­

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folio. In einem Artikel vom 3. Mai 1932 in der Berliner Zeitung, der ein Gespräch mit Strauss wiedergibt, schreibt Hans Heinz Stuckenschmidt: „Strauß ist für systematische Zusammenlegung der kleinen benachbarten Bühnen. Je drei Städte sollen ein Ensemble unter sich teilen und im Zuschuß partizipieren.“ Dann zitiert er Strauss hinsichtlich der großen deutschen Opernbühnen wörtlich: „Man müßte sich wieder viel mehr auf den Museums-Charakter dieser Theater besinnen. Sie sollten im Gegensatz zu den kleineren Provinzbühnen nur bewährtes Kulturgut in ihren Spielplan aufnehmen. Man hat zu viel experimentiert.“ Schließlich fasst Stuckenschmidt Strauss’ Meinung zusammen: „Er betrachtet die staatlichen Theater als museale Institutionen mit der ausschließlichen Verpflichtung, anerkannte Kulturwerke zu bewahren.“* Nachdem Strauss im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts in Weimar und Berlin entschieden für ein modernes Konzertrepertoire, aber auch für neue Opern eingetreten war, zeichnet sich seine Tendenz, der Pflege des Repertoires Vorrang vor neuen Kompositionen zu geben, schon weit früher ab und betrifft ebenso den Konzertbereich. Auf die Bitte Arnold Schönbergs, eines seiner Werke bei den bevorstehenden Philharmonischen Konzerten in Wien ins Programm aufzunehmen, reagiert er am 11. September 1906 zurückhaltend: „Ich dirigiere vorläufig nur 2 philharmonische Concerte in Wien und bin in diesem Jahre, wo ich mich so quasi recht einführe, überhaupt nicht in der Lage, Novitäten zu spielen. Auf der Tonkünstlerversammlung mal was von Ihnen zu bringen, ist schon längst meine Absicht. Es geht aber auch da nicht immer, wie man möchte.“512 Als ihm ein Jahrzehnt danach Emil Nikolaus von Reznicek seine Traumspiel-Suite, Ausschnitte aus der Bühnenmusik zu August Strindbergs gleichnamigem Drama, für Berliner Konzerte anbietet, antwortet er am 20. Mai 1916 ebenso abschlägig, lässt aber immerhin noch Zweifel an seinem Urteil anklingen: „Seien Sie mir nicht böse: aber mitten unter grosse Sinfonien hinein passen diese kleinen Skizzen, die sehr reizende Details enthalten, und sicher im Theater von guter Wirkung und Stimmung sind, sicher nicht. Was man im Concert bringt, muss doch einige musikalische geschlossene Formen besitzen. Meinetwegen das kleinste Menuettchen, aber der Zuhörer muss doch irgend was bestimmtes fassen können, – oder bin ich schon ein alter Philister?“513 In seiner Repertoirepolitik, mit der er über Jahrzehnte an einflussreichen Positionen in Berlin und Wien tätig war, zeigte sich nicht nur, wie

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Willi Schuh feststellte, eine „ebenso hartnäckige wie einseitige Ausrichtung auf Strauss’ musikalische Leitbilder“514, sondern zunehmend eine ausgesprochene Feindlichkeit gegenüber dem Neuen. Doch auch die Feinde von Strauss sprachen nach wie vor mit deutlich vernehmbarer Stimme: Der Berliner Kritiker Adolf Weißmann, der schon 1911 gemeint hatte, dass „sein Mangel an Poesie ihn [Strauss] an die Grenzen des Epigonismus zurückweist“515, stellte ihn 1922 in seinem Buch Die Musik in der Weltkrise in den Mittelpunkt und widmete dem Thema „Das Straußische“ sogar ein eigenes Kapitel. Zwar stellte Weißmann fest, Strauss sei „der deutsche Meister dieser Zeit. Das bisher letzte deutsche Genie.“ Doch zugleich beschrieb er ihn als „Symbol jenes nie dagewesenen Verwertungstriebes, der alles Geschaffene in Marktwert umsetzt“, und warf ihm vor, dass er „in kleinbürgerlicher Sentimentalität und in einem ­naiven Ichgefühl“516 verharre. Solchen und ähnlichen Angriffen gegen die Person und den Künstler trat Richard Specht publizistisch unermüdlich entgegen, wenn er etwa 1912 im Merker meinte, Strauss gehe einen „Weg […], der immer mehr vom Exzeptionellen, bloß ‚Interessanten‘ und Aparten zu freier und reiner Menschlichkeit führt“.517 Zwei Jahre später nobilitierte er ihn in derselben Zeitschrift zum „Generalmusikdirektor von Europa“ und postulierte über seine Musik: „Max Reger ist im Recht, wenn er sie […] mit dem viel mißbrauchten und mißverstandenen Wort ,klassisch‘ anspricht.“518 Ausgerechnet Max Reger, der selbst vielen als konservativ galt und sich im Streit um Salome acht Jahre zuvor auf die Seite der von Strauß verkörperten „Moderne“ geschlagen hatte, schrieb in seinem Statement zum 50. Geburtstag: „Dr. Richard Strauß ist für mich in dem Trubel unserer in tollstem ‚Auflösungsprozeß‘ verblendeten Musik­ epoche eine durch und durch klassische Erscheinung von solidestem Können – und abermals Können.“519 Dazu gibt es – wie oft bei Strauss – auch eine Anekdote, und es gibt sie in mehreren Lesarten. Otto Erhardt gibt sie 1953 folgendermaßen wieder: „Nach einem Konzert mit moderner Musik, die beim Publikum auf Widerstand stieß, während zu Beginn eine Komposition von Max Reger und am Schluß eine von ihm [Strauss] beklatscht wurden, sagte er beim Verlassen des Saales zu Reger: ‚Jetzt sind wir die Klassiker.‘“520 Walter Thomas, während der Zeit des National­ sozialismus unter anderem Kulturreferent beim Reichsstatthalter Baldur von Schirach in Wien und in engem Kontakt mit Strauss, spricht von

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„einem Konzert, in welchem beide Meister gefeiert worden waren, während die Produkte jüngerer Komponisten einer deutlichen Ablehnung verfielen“521, und Kurt Wilhelm, der den Wortlaut der Passage ein wenig anders wiedergibt, zitiert Strauss wie folgt: „So, jetzt sind wir Klassiker.“522 Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Geschichte von Strauss selbst verbreitet wurde, zumal stets ein abfälliges Urteil über die Moderne der Jüngeren mitschwingt. Offen muss bleiben, welche Bedeutungsebene des Begriffs „klassisch“/„Klassiker“ überwog, doch wurde bei Strauss zunächst stilistische Klassizität (ähnlich wie schon in seiner Jugend, aber nun in fast durchwegs positivem Sinn) bzw. kompositorische Meisterschaft festgestellt, bevor er dann als Klassiker im Sinne historischer Bedeutung und Etabliertheit gelten konnte. Schon 1904 hatte der Musikwissenschaftler Arnold Schering den Begriff des Klassischen mit Strauss in Verbindung gebracht, als er in seinem Bericht über die Tonkünstlerversammlung in Frankfurt schrieb: „Partituren, in denen selbst der geringste Strich eine Sünde wider die Persönlichkeit des Autors bedeutet, gibt es – namentlich heutzutage – wenige. Wir pflegen sie klassisch zu nennen. Strauss hat hier [mit der Symphonia domestica] eine geliefert, die in diesem Sinne ,Tod und Verklärung‘ am nächsten steht und vielleicht später einmal mit besonderer Vorliebe daraufhin studiert werden wird.“523 Zeitnah dazu hatte eine – für den Publikumsgeschmack wohl weitgehend repräsentative – Leserzuschrift „eines begeisterten Straußianers“ als Replik auf die Meinung von Max Kalbeck (vgl. o.) darauf hingewiesen, dass der Prozess des „Klassisch-Werdens“ schon längst mit zunehmender Gewohnheit und Beliebtheit der Tondichtungen eingesetzt hatte: „Es gibt jetzt gewiß schon Tausende von Deutschen, die das Waldhorn- und Violinsolo, mit dem Richard Strauß seinen Helden in den Armen seiner Heldin oder in Gedenken an ihre Liebe sterben läßt – bestimmter kann sich die Musik nicht ausdrücken – zu dem gleichen heiligen Schatze tiefster musikalischer Eindrücke rechnen, wie etwa den Schluß vom Trauermarsch der Eroica.“524 Romain ­Rolland war wohl der Erste, der den Begriff des „Klassischen“ im Jahr der Uraufführung des Heldenlebens auf Strauss angewendet hat, wenn er ihn 1899 in der Revue de Paris als „classique“ ansprach525 und damit den Begriff ebenfalls eher im Sinne des Stils verwendete. Anders Paul Stefan in seinem schon in der Einleitung zitierten Artikel zum 50. Geburtstag von Strauss: „Wie soll man heute sagen, was uns doch immerhin Jüngeren

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Strauß gewesen ist, heute, da er als Klassiker gilt? [...]“* Und Paul Bekker schrieb anlässlich der Uraufführung der Ariadne 1912: „Man müßte sie [diese Kunst] klassisch nennen, benützte sie nicht eben die stilistischen Merkmale des Klassischen mit Bewußtheit als Dekor.“526 Dieser Hintergrund ist wichtig, um Spechts Haltung zu deuten. In seiner überbordenden zweibändigen Arbeit von 1921, die Strauss schätzte, argumentiert er ungeheuer raffiniert, indem er alle gängigen Meinungen und Vorurteile über Strauss positiv umdeutet und auch seine eigenen Einwände so formuliert, dass er auch mit ihnen die Meisterschaft des Meisters unterstreicht: „Es gehört zum Bemerkenswertesten der Straußschen Musik, daß in ihr kein Takt ist, in dem ein ‚Zuviel‘ steckt, daß sie nirgendwo künstlich ‚unterzündet‘ ist, nirgend ein überflüssiges Instrument, eine Überladung der Farbe, eine erzwungene, ohne Inhalt überraschende Wendung hat; alles ist schlank und im Tiefsten gegenständlich sinnvoll, ist in der Raketenkraft der aufbrennenden Thematik, dem leichten Atem und beschwingten Pulsschlag, dem freien, spielenden und doch beherrschten Reigen ihrer Töne, in ihrem Glühen und Lodern, ihrer strahlenden Geistigkeit verehrungswürdig wie jede Vollkommenheit. Ob einer ihr nahe oder fern ist, hängt von seelischen Zusammenhängen ab, ist vom Verhältnis des Empfangenden zu der Menschlichkeit bedingt, die aus dieser Musik spricht. Aber ihrer Vollendung, ihrer souverän schaltenden Meisterschaft, der Sicherheit des organisch konstruktiven Baues wird sich keiner mehr verschließen können – es sei denn einer der noch immer nicht ausgestorbenen Talmudisten der Tonkunst, die selbst die höchsten Werke nur als ‚auskomponierte Stufen‘ empfinden[527], als ein Schauspiel von Akkorden, die sich ‚kriegen‘ oder nicht (was an sich gewiß nicht wesenlos, ja grundlegende Voraussetzung ist und seine Reize hat), und die nachsichtigen Lächelns dreist auf jene herabschauen, denen die Musik und ihr eigentliches Wesen genau dort beginnt, wo sie aufhören.“ Schließlich nuanciert Specht seinen älteren Satz, indem er skizziert, was er unter „klassisch“ versteht: „Und Max Reger ist im Recht, wenn er sie [Strauss’ Werke] – im Sinne ihrer unwiderleglichen Vollkommenheit – mit dem viel mißbrauchten und mißverstandenen Wort ‚klassisch‘ anspricht.“ Dann aber relativiert der Autor doch: „Er führt selten in die Tiefen; aber mit prachtvollem Schwung in die Höhen und zur Höhe. Er löst keine Lebensrätsel; aber er stärkt zu solcher Lösung. Im Gegensatz zu mancher Musik, die ‚nicht von dieser Welt‘ ist, ist die seine – fast immer wenigs-

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tens – ganz von dieser Welt, ganz diesseits“ – und zwar „Diesseitsmusik im höchsten Sinn. Wer hier von Wertunterschieden spricht, ist unverständig und überheblich. […] Gerade darin liegt das Repräsentative einer Erscheinung wie Richard Strauß, daß er ganz unromantisch, unspekulativ, mit allem Abscheu vor dem Abstrakten, diese Linie [Mozart, Schubert, Beethoven] weitergeführt und sie mit einem Glanz sondergleichen in Werken von bestrickender Kraft, Anmut und Schönheit auf die höchste Höhe gebracht hat.“ Immerhin, so gesteht Specht ein: „Strauß hat sich nicht ganz von Fehlern frei zu machen gewußt“, etwa durch eine „oft kleinlich ablenkende Detaillistik der Wortillustration“, die die Musik „oft empfindlich überladen“ erscheinen lasse: „Die Fehler, die ich meine, begeht Strauß dort, wo er die Möglichkeiten seiner Kunst unterschätzt oder überschätzt“528, schreibt Specht, ohne zu beachten, dass er damit ­seiner Behauptung der „unwiderleglichen Vollkommenheit“ dieser Kunstwerke bereits widersprochen hat. Recht dürfte Specht allerdings mit seiner Vermutung gehabt haben, „daß das rechte Verstehen für ­Richard Strauß erst kommt, daß sein Ruhm bei den Gleichzeitigen ein seltsames Mißverständnis, eine Folge von Begleiterscheinungen ist, die mit seinem eigentlichen Wesen und seiner Musik wenig zu schaffen haben. Erfreulich, daß es gekommen ist; erfreulich, daß einmal ein Meister in seiner Größe (wenn auch, wie gesagt, kaum in seiner wahren Wesenheit) von den Mitlebenden empfunden und gefeiert worden ist, daß man von ihm – man hat’s mir oft vorgeworfen – so spricht, als wäre er schon ein ‚toter Klassiker‘; da ja der Lebende immer nur geschmäht oder bestenfalls mit Herablassung geduldet wird, statt daß die Ehrfurcht vor einem Großen, der mitten unter uns ist, auch bei den Ehrfurchtlosen entzündet würde.“529 Ehrfurchtsbezeugungen säumten das Jahr seines 60. Geburtstags: Im Februar 1924 erhält er den Titel „Generalmusikdirektor des österreichischen Staates“, er bekommt einen Orden „Pour le Mérite“, wird Ehrenbürger von München, Wien und Salzburg; nach Richard-Strauss-Wochen in Wien, bei denen alle bisherigen Bühnenwerke außer Guntram gespielt werden, finden Strauss-Wochen auch in Karlsruhe, München, Breslau und Dresden, wo auch ein Platz nach ihm benannt wird, statt. In der Neuen Freien Presse erscheint im Vorfeld des Geburtstags am 8. Juni 1924 eine Reihe von Beiträgen, unter anderem von Romain Rolland, der Strauss erneut als „Klassiker“ anspricht, vom britischen Kritiker Ernest

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Newman, der berichtet: „Strauß ist in England schon ein Klassiker geworden, das heißt, er ist mehr eine Gestalt der Vergangenheit und der Gegenwart“, sowie von Stefan Zweig, der schreibt: „Es ist immer etwas Herrliches, die Nähe eines Menschen zu erleben, der schon Geschichte wurde durch sein Werk und gleichzeitig noch schaffende Gegenwart ist, lebendiger Atem von den Lippen der Zeit“. Am selben Tag bringt auch die Deutsche Allgemeine Zeitung mehrere Stimmen über Richard Strauß, darunter Gerhart Hauptmann, der mit biologistischer Metaphorik meint: Strauss „ist ganz und gar Westeuropäer, zugleich aber ganz deutsch. Kind der wilhelminischen Zeit, ist er doch gesünder als diese Zeit, und auch in der allgemeinen Erkrankung durch den Krieg und nach dem Krieg ist seiner Kunst die alte Gesundheit treu geblieben.“ Dann fährt der Dramatiker blumig fort: Sein „Auge […] schwelgt in den Wundern der sichtbaren, hörbaren, fühlbaren Welt. Seine Musik dort, wo sie am schönsten ist, ähnelt in ihrer Materialisation dem Wesen von Blüte und Frucht. Wie diese entstehen aus dem gesunden Mysterium Baum, so auch diese Musik. Natürlich hat sie auch Wurzeln unter der Erde, aber sie zeigt nur, gleich dem Baum, was über der Erde ist, zeigt es, mit Bergen, Tälern, Winden, Wolken, mit dem menschlichen Schicksal unter dem Lichte der Sonne verbunden.“* Auch die politische Vereinnahmung durch die deutsche und österreichische Regierung setzte nun voll ein: Der Reichspräsident der Weimarer Republik, Friedrich Ebert, sandte dem Komponisten ein Telegramm, das etwa die Kölner Zeitung am 11. Juni 1924 wiedergab: „Dem Künstler, der wie kein zweiter unter den Lebenden, deutsche Musik in der Welt zur Geltung brachte, übersende ich meinen Glückwunsch zum 60. Geburtstag. […] Als Meister gepriesen von der Fachwelt, bejubelt von den Hörern, ein weithin sichtbarer Beweis deutschen Musikgenies, so mögen Sie viele Jahre jung und stark im Schaffen bleiben.“* Nach einem Empfang beim österreichischen Unterrichtsminister Emil Schneider im Mai wurde dasselbe Stück, nur in etwas anderer Tonart, gespielt, wenn Strauss hier im Sinne Österreichs instrumentalisiert wurde: Laut einem Bericht über Die Richard-Strauß-Feier im Unterrichtsministerium in der Neuen Freien Presse vom 6. Mai 1924 sagte der Minister, „daß es uns mit Freude und Stolz erfüllt, Dr. Richard Strauß in Oesterreich, in der Gemarkung Wien, leben und wirken zu sehen. […] Sie gehören mit zu jenen großen begnadeten Menschen, deren hohe und heilige Kunst Wien zur musikalischen

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Hauptstadt der Welt gemacht haben […] zu unserer Freude und zum Glanze und Ruhme österreichischer Tonkunst“. Der Komponist antwortete höflich und „gab […] der Hoffnung Ausdruck, seinen Lebensabend in seinem von ihm geliebten Wien verbringen zu können.“* Und anlässlich der Wiener Ehrenbürgerschaft hieß es in der Wiener Morgen-Zeitung vom 17. Mai 1924: „Richard Strauß ist […] auch speziell eine Wiener Erscheinung, er hat der Wiener Kunst auf der ganzen Welt Achtung und Anerkennung errungen und, wo immer sein Name erklingt, klingt auch der Ruhm Wiens als Kunststadt mit.“* Die Uraufführung des dem kulinarisch interessierten Karpath gewidmeten „Heiteren Wiener Balletts“ Schlagobers im Rahmen der Wiener Strauss-Wochen am 9. Mai 1924 mehrte den Ruhm der Musikstadt nicht. Julius Korngold sah in der Neuen Freien Presse vom 10. Mai 1924 ein „gemimte[s] Nichts“ („Das leichte Schlagobers wird in einer schweren Prunkschüssel gequirlt“), und selbst Richard Specht beschrieb in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 13. Mai 1924 „eine allzukindliche Belanglosigkeit“. Und der Komponist und Musikschriftsteller Emil Petschnig sprach in der Neuen Zeitschrift für Musik von „Äußerlichkeit und Empfindungsarmut“ und empfand die gesamten Wochen als Ärgernis: „Abgesehen davon, daß der Jubilar eigentlich selbst Initiator wie ­Arrangeur des Festes war, abgesehen von dem wenig Geschmack bekundenden Behagen, sich von unmusikalischen Zeitungsleuten und Bureaukraten (Unterrichtsminister Schneider verstieg sich z. B. zur Behauptung, Wien sei durch R. Strauß die musikalische Hauptstadt der Welt geworden!) in übertriebenster Weise anstrudeln zu lassen, waren die beiden Strauß-Wochen keinesfalls ein dringendes Bedürfnis“. 530 Paul Stefan brachte in den Musikblättern des Anbruch die ohnehin ständige Präsenz von Strauss im Spielplan auf den Punkt: „Ein witziger Kopf meinte, eine Strauß-Feier der Oper hätte einzig darin bestehen können, einmal vierzehn Tage lang kein Werk von Strauß aufzuführen. // Aber ich hätte eine andere Straußfeier gewußt: zur Erinnerung an den alten, revolutionären Strauß hätte ein oder der andere Tag einer ihm mit neuen Werken huldigenden Jugend gewidmet sein müssen. // Nichts dergleichen ereignete sich.“531 Stattdessen ereignet sich anderes: Nach lange schwelenden Auseinandersetzungen zwischen Strauss und Schalk sowie gescheiterten Vermittlungsversuchen erklärt Strauss Ende Oktober seine Demission, die am

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3. November 1924 durch die Zeitungen geht. Die Neue Freie Presse mit diesem Datum weiß etwa zu berichten: „Das Doppelgeleise zwischen dem Direktor, der anwesend, und jenem, der auf Reisen ist, zwischen dem einen, der alle Pflichten zu vollbringen hat, und dem anderen, der sie zeitweilig, gleichsam als Nebenberuf betrachtet, dieses Zusammenwirken konnte nur stattfinden bei äußerster Selbstbescheidung und Duldsamkeit. Gerade in dieser Richtung scheint es jedoch gefehlt zu haben, und Richard Strauß forderte für sich nicht nur die Befugnisse eines künstlerischen Leiters, die man ihm in seiner hohen Autorität selbstverständlich zur Verfügung stellte, sondern er griff, wie behauptet wird, in die Angelegenheiten des Personals und in die administrativen Fragen stärker ein, als dies mit den Wünschen des Direktors Schalk hätte in Einklang gebracht werden können. Aus solchen Meinungsverschiedenheiten entstand ein Zusammenstoß und dadurch die Krise.“ Rudolf Stephan Hoffmann, Autor von Monographien über Franz Schreker und Erich Wolfgang Korngold sowie Übersetzer von Werken von Karol Szymanowski, zog 1925 in der Neuen Musik-Zeitung eine wenig schmeichelhafte Bilanz über Strauss’ Zeit als Wiener Operndirektor: „Seine Opern in möglichst häufigen, möglichst glänzenden Aufführungen zu zeigen, war sein Um und Auf. […] Strauß, der Revolutionär von einst, hat sich nicht gescheut, öffentlich zu erklären, daß ein Institut wie die Wiener Oper nicht dazu da sei, Novitäten zu machen, ein Programm, an das er sich ausnahmsweise gehalten hat.“ In einer Fußnote fügt er noch hinzu: „Nur Strauß-Opern [wurden] mehrfach besetzt!“532 Paul Stefan glaubte hingegen, Strauss in Schutz nehmen zu müssen, als er in den Musikblättern des Anbruch den Schuldigen für das Ausbleiben neuer Werke suchte: „Heute leugnet Richard Strauß, daß er es war [, der die Verantwortung für das Fehlen von Novitäten trage], versichert, und man darf daran nicht zweifeln, daß er gern Neues bieten wollte (er erwähnte mir gegenüber Schönbergs ‚Glückliche Hand‘ und Křeneks ‚Zwingburg‘), daß er aber immer und überall behindert wurde.“533 Und in der Allgemeinen Musik-Zeitung plauderte der Oberregisseur der Wiener Oper Wilhelm von Wymetal aus der Schule, indem er berichtete, dass Strauss „aus Verstimmung über die im großen und ganzen nicht freundlichen Besprechungen seiner neuesten Schöpfung [Schlagobers] das dem Wiener Musikfest für kommenden Herbst schon zur Verfügung gestellte Musikdrama ‚Intermezzo‘ zurückzog“.534 Später ergriff er dann für den

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Ex-Direktor Partei („das Genie Richard Strauß hätte der Wiener Staatsoper um jeden Preis erhalten werden sollen und müssen!“), wenngleich auch er die Hauptkritikpunkte an seiner Arbeitsauffassung nochmals knapp zusammenfasste: „[E]r bevorzugte bei der Repertoirebildung und bei der Novitätenauswahl mit der naiven Unbekümmertheit des genialischen Individuums den Opernkomponisten Richard Strauß, und schließlich gewährte der Direktor Strauß dem Komponisten und Dirigenten Strauß gar zu gern Urlaube“.535 Intermezzo kam also am 4. November 1924 wieder in Dresden heraus und bildete den Höhepunkt Strauss’scher Selbstbespiegelung auf der Opernbühne, indem in der „bürgerlichen Komödie“ – gewidmet „Meinem lieben Sohne Franz“ – eine autobiographische Episode aus dem Jahr 1902 Grundlage, ja Inhalt wurde. In Bezug auf die Frau ohne Schatten hatte Richard Pauline Strauss noch dahingehend beruhigt, sie brauche hinsichtlich ihres „Portraits“ (der Figur der Färbersfrau) „keine Angst zu haben“, dass „man Dich darin wiedererkennt […]. Aber woraus soll der Dichter schöpfen, wenn nicht aus dem wirklichen Leben“ (4. April 1911).536 Nun aber wurde die Geschichte der aufgrund einer Verwechslung von seiner Frau Christine vermuteten Untreue des Hofkapellmeisters Robert Storch – das autobiographische Geschehnis war der Öffentlichkeit selbstverständlich bekannt – überdeutlich mit dem Alltag im Hause Strauss zwischen Reisevorbereitung und Zank in Verbindung gebracht. Da Strauss das Libretto nach einem vergeblichen Versuch der Zusammenarbeit mit Hermann Bahr selbst geschrieben hatte, das Bühnenbild auf die Garmischer Villa rekurrierte und sich bei der Uraufführung sogar die Maske des Protagonisten an Strauss orientierte, war neuerliches höchstes mediales Interesse, aber auch Befremden vorprogrammiert. Karl Holl schrieb darüber in der Frankfurter Zeitung vom 7. November 1924: „Solche Selbstpreisgabe ist nicht jedem ohne weiteres verständlich oder angenehm. […] Sie ist begreiflich nur aus der Einstellung der von Strauß repräsentierten Epoche; einer Zeit der übersteigerten Persönlichkeitsgeste, der manischen Projektion nach außen. Darf man Strauß für ein Schicksal verantwortlich machen? Man kann ihm nur immer wieder sagen, daß sich die Welt in dieser Beziehung gewandelt hat. Und ihm im Falle ,Intermezzo‘ zu gut halten, daß die derbe und subjektive Aktualität des ,kühn aus dem wirklichen Leben‘ geschöpften Stoffes durch das Niveau der Selbstironie und durch eine überall durchschimmernde warme

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Menschlichkeit versöhnlich gemildert wird.“537 Über sein Bestreben, „wirkliche Menschen darzustellen“, und in diesem Werk „mit seinem vielleicht allzu kühnen Griff ins ,volle Menschenleben‘ dem musikalischdramatischen Schaffen einen neuen Weg“538 zu weisen, hatte Strauss in seinem Vorwort zu „Intermezzo“ bereits im Vorfeld die Öffentlichkeit auf die Uraufführung eingestimmt. Es verwundert nicht, dass bei einem als exhibitionistisch empfundenen (wenn auch subtil kaschierten) Einblick in die Privatsphäre auch wieder die Person des Komponisten ins Schussfeld geriet. So beobachtete Kurt Singer in der Vossischen Zeitung vom 30. März 1925 nach der Berliner Erstaufführung: „Eleganz (die er durchaus besitzt) liegt ihm ferner als derbes Zupacken, für Lachen hat er mehr Empfindung, als für das Lächeln der Weisheit und des Alters (obwohl er selbst nie lacht).“ Das Urteil des Musikkritikers und Neurologen über das Werk nach Strauss’ eigenem Libretto fiel ebenfalls ziemlich humorlos aus: „Seine bürgerliche Komödie ist stofflich nicht nur eine Belanglosigkeit, sondern auch eine recht brutal lachende Geschmacklosigkeit. […] [W]ie gefährlich banal wird diese Geschichte in der grob-alltäglichen Diktion eines Mannes, für den die Sprache nicht dichtet und denkt. […] Echt bürgerlich, aber auch grenzenlos unpoetisch, so die Suppe des Hauses vor allen Leuten zu kochen“. Dabei stellte Singer die kompositorische Meisterschaft nicht infrage, verband sie aber mit einer deutlichen Abwertung – von der er die „symphonischen Zwischenspiele“, die die Szenen der Handlung verbinden, ausdrücklich ausnahm: „Keiner außer ihm in der ganzen musikkulturellen Welt hat diese selbstherrliche, selbstverständliche Gewalt über das Orchester, keiner weiß wie er, die Klangfarben so zu mischen, daß sie jedem kleinsten Eindruck Resonanz geben. Es ist eine Spannung, eine Konzentriertheit, eine Einheit und ein Schwung in dieser rezitativischen Musik, die einfach überrumpelt, blendet, blufft. […] Die kunstgewerbliche Illustration – das ist Kennzeichen dieser höchstentwickelten Fertigkeit. Der ganze erste Akt lebt nur von Zitaten und von der Konversation gehobenster Klangdifferenzierung. Rauscht der Vorhang zu, so beginnt Strauß zu musizieren. Diesmal aber wirkliche Musik.“* Als Intermezzo dann für die Wiener Erstaufführung im Jänner 1927 vorbereitet wurde, ruderte Strauss übrigens zurück und wollte das Werk wieder in Distanz zu seinem Privatleben rücken. An den Bühnenbildner Alfred Roller schrieb er, „daß ich gerade für Wien das ‚Intermezzo‘ jeder persönlichen Anspielung entkleiden möchte und daher

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dankbar wäre, wenn die Dekoration keine Anspielungen auf meine Villa enthielte“ (18. Oktober 1926).539 Während des äußerlich ereignisreichen Jahres 1924 mit all seinen Ehrungen und empfindlichen Rückschlägen wurde schon durch die geballte mediale Zuwendung rund um die Geburtstagsfeierlichkeiten Richard Strauss endgültig zum Klassiker stilisiert. Zwar hatte der 21-jährige Theodor W. Adorno, der dem 60-jährigen Strauss eine „erschlaffende[…] Sinnlichkeit“ vorhielt und meinte, in seinem Werk sei die „Scheinhaftigkeit der Musik vollendet“, postuliert: „Weniger denn bei irgendeinem lebenden Musiker wohl taugt bei Strauss der sechzigste Geburtstag gerade zum Symbol.“540 Doch gerade als Symbol wurde das Datum gesehen – und weidlich dazu genutzt, die einzigartige Stellung des Komponisten zu untermauern. In seiner Biographie aus der Reihe „Meister der Musik“, in der Strauss u. a. neben Beethoven gestellt wurde, summierte Reinhold Conrad Muschler vorherrschende Meinungen der Befürworter: „Straußens Werk ist längst Gemeingut der Welt geworden. Aus ihm strahlt in allen Teilen ein durchgebildeter, harmonischer Mensch von hervorragender Güte. Eine Kluft zwischen Mensch und Werk existiert nicht. In jedem dieser zahlreichen Opera liegt ein Stück Autobiographie eingeschlossen, wie in allen Werken der wahrhaft bedeutenden Schöpfer. Und jede Arbeit Straußens ist ein Dokument seiner Vornehmheit. Und gerade hierin ist er Erzieher von höchstem Werke. Da in seinem Leben keine tragischen oder romanhaften Kompliziertheiten die Achse der Entwicklung gewaltsam verschoben haben, liegt diese Lebensarbeit heute vor uns wie eine wundervoll disponierte klassische Schöpfung“.541 Und auch Richard Specht nutzte das Geburtstagsjahr, um den Klassiker unserer Zeit nochmals hochleben zu lassen, wobei er allerdings auch die bereits laut gewordenen Einwände der jüngeren Generation nicht überhörte. So begann er den programmatischen Artikel mit diesem Titel in der Zeitschrift Die Musik mit einem Rückblick in jene Zeit, „wo jedes seiner neuen Werke, am heftigsten zuletzt die ‚Elektra‘ um 1909, Entzücken und Erbitterung […] weckte. Sein Name war Schlachtruf und Programm. Heute ist er, als Problem, erledigt. […] Er ist der Klassiker unserer Zeit geworden, gleichsam zum eigenen Monument bei lebendigem Leibe […]. Und: eigentlich ist es still um ihn. […] [E]r ist Mode geworden […]. Aber jene, deren Ohr dem Herzschlag der Kunst lauscht, rechnen nicht mehr mit ihm. Stellen ihn in die Reihe der Erledigten, der Rückständi-

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gen, die ja ihrerzeit genug getan haben, die aber für die Zukunft der Musik nicht mehr in Betracht kommen.“ Und nun führt Specht ein Argument ein, das für die Diskussion um die stilistische Wandlung von Strauss von höchster Bedeutung ist: Ist seine Musik konservativ geworden, oder hat sich vielmehr die Welt um ihn geändert? Specht meint, dass vor allem ein Gewöhnungseffekt eingesetzt hat, gesteht allerdings auch zu, dass sich die Musik des Meisters inzwischen einfacher gestaltet: „Daß der Revolutionär von einst heute anders eingestellt ist, daß seine schwärmerische Mozartverehrung ihm geholfen hat, eine Brücke von seinen neu erreichten Ufern zu den alten zu schlagen, ist sicher; er hat sich mit Tonika und Dominante ausgesöhnt. Heute will er nicht mehr auf Entdeckungsfahrten, will nicht durch beispiellos verwegene Abenteuer der Harmonik und des Klanges und nicht durch ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten bezaubern und erschrecken; er will nichts als schöne Musik machen. Das ist nicht so wenig und so uninteressant, als es die liebe Jugend meint. Und es ist im übrigen sehr die Frage, ob seine Musik von heute so anders ist als die seiner ‚wilden‘ Zeit. Sie ist es gar nicht, gleicht ihr geschwisterlich, ist genau so farbig, so geistreich, so überraschend wie jene. Nur daß uns heute seine Art so vertraut ist, daß uns auch die älteren Werke nicht mehr verwunderlich, nur mehr klassisch erscheinen.“542 Strauss registriert übrigens auch hier jedes Wort – und nimmt auf Specht Bezug, wenn er Hofmannsthal zwei Jahre später mitteilt, „daß ich morgen nach Griechenland fahre, um mir ein paar schöne Melodien für den II. Akt [der Ägyptischen Helena] zu holen, wenngleich mein Herr Biograph Specht es altmodisch findet, daß ich heute nur mehr den Ehrgeiz habe, ‚schöne Musik zu machen‘. Ja, ja, der Esel ist ein dummes Tier, der Elefant kann nichts dafür!“ (4. Mai 1926).543 Der Herr Biograph indessen betonte vor allem den einmaligen Status von Strauss in der Gegenwart: „Ob die Gegner recht haben, daß von ihm aus kein neuer Weg ins Zukünftige führe, bleibe dahingestellt. Die Gegenwart bleibt sein. Und daß Richard Strauß jetzt jene negative Phase zu erleiden hat, ist nicht ungerecht: er muß das einzigartige Bewußtsein auf diese Weise – und nicht zu teuer – bezahlen, das nicht vielen anderen zuteil geworden ist und das ihm keiner abstreiten kann und will:  – zu Lebzeiten zum Klassiker ­geworden zu sein.“544 Dieses Bewusstsein war inzwischen allgemein verbreitet. Auch in der Neuen Musik-Zeitung hieß es etwa im Geburtstags­ artikel von Hans Tessmer: „Strauß erlebt heute nicht nur, daß sein Werk

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lebt, sondern er erlebt in seinem neueren Schaffen schon seine eigene Historisierung“.545 Es ist daher folgerichtig, aber auch paradox, dass in jenem Augenblick, in dem Strauss einhellig zum Klassiker ausgerufen wird, sein Ruhm an Strahlkraft zu verlieren beginnt. Sein Schaffen umfasst inzwischen weit mehr als eine Generation. Diejenigen, welche die Kämpfe der beiden Jahrzehnte vor und nach 1900 miterlebt und sich seine Musik im Zuge dessen angeeignet haben, bleiben ihm weitgehend als Anhänger erhalten. Die junge Generation aber folgt nun anderen Leitbildern. Nur wenige sind in der Lage, ihr Interesse auf Strauss und die nachrückende Moderne gleichermaßen zu verteilen, wie das Willi Schuh versuchen und dabei mit unvermeidlichen Konflikten konfrontiert sein wird. Denn Strauss sieht sich nun endgültig als unantastbar an und setzt alles daran, sein Werk als Teil des musikalischen Erbes zu installieren – mit wage­ mutigen historischen Konstruktionen und allen Mitteln der Beeinflussung, aber, was die Präsenz seiner Musik in den Spielplänen betrifft, mit einem Erfolg, der nicht mehr abreißen wird.

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Ein „Reaktionär“ und „eingebildete Narren“

Sein unangefochtener Status als Klassiker, der als ehemaliger Revolutionär eine attraktive Vorgeschichte aufweisen konnte, brachte für Strauss nicht nur die breiteste denkbare Anerkennung – er hing inzwischen buchstäblich im Museum: Schon die erste von drei Büsten, die Fritz Behn 1911 modelliert hatte, wurde von der Münchner Pinakothek erworben, und seit 1918 befand sich das repräsentative Gemälde von Max Liebermann in der Berliner Nationalgalerie. Eines der weiteren berühmten ­Ölbilder, das Max Rimböck um 1930 schuf, wurde gleich für das Haus Strauss in Auftrag gegeben.546 Mehr und mehr wandte sich jedoch die junge Generation vom Meister ab – eine Entwicklung, die in den 1920er und frühen 1930er Jahren ihren Höhepunkt fand und die Strauss durch seine unmissverständliche Haltung gegenüber der nachrückenden ­Moderne noch verstärkte. Zwar stellte er sich dem Ehrenausschuss des weltweit ersten Festivals nur für neue Musik zur Verfügung: den Donaueschinger Kammermusikaufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst, die im Sommer 1921 erstmals stattfanden. Und außerdem übernahm er ein Jahr später auch das Präsidium des Gründungskomitees der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (IGNM). Beides hatte jedoch nur Symbolcharakter, und Strauss hielt mit seiner Meinung über die „Herrschaften von der Zwölftonleiter“ (an Willi Schuh, 17. November 1948)547 in seinem letzten Lebensdrittel nie hinter dem Berg. Dafür gibt es seit den frühen 1920er Jahren ausreichend Zeugnisse – und eine Anekdote aus Donaueschingen, wo Strauss am 31. Juli 1921 die Uraufführung des 3.  Streichquartetts von Paul Hindemith erlebte und es danach zu ­einem viel zitierten Wortwechsel kam, den auch Strauss selbst über Jahre

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häufig wiedergab. So berichtete etwa die Rheinisch-westfälische Zeitung vom 8. Jänner 1924, auf die Frage nach seiner Beziehung „zu den modernen Tonsetzern“ habe er der Triester Zeitung Il Piccolo geantwortet: „Ausgerechnet mich fragen Sie danach? Schon längst werde ich zu den Alten, den Vergangenen gezählt; ich kann also die Kompositionen dieser Herren nicht verstehen und verstehe sie – wenn ich ganz offen sein darf – auch nicht.“ – „Mit Ironie“ habe er dann „nach einer Pause“ hinzugefügt: „Ich könnte auch nicht den Eid darauf leisten, ob sie ihre Werke selbst verstehen. Da ist beispielsweise Hindemith:  Er hat ein großes ­Talent, sogar ein so großes, daß er auch mit der alten Kompositionsweise Erfolg haben würde. Ich habe es ihm selbst gesagt: Unterliegt es einer Nötigung, um jeden Preis nur nach Extravagantem zu suchen?“* Natürlich wurden solche Bekenntnisse in der Presse eifrig weiterverbreitet. Das Chemnitzer Tageblatt vom 6. Dezember 1925 berichtete etwa: „Was ihm widerstrebt, ist die atonale Moderne. Als er bei dem letzten Musikfest in Venedig war – er nennt es mit Vorliebe ein ‚atonales Fest‘ –, weigerte er sich entschieden, den ‚atonalen Festsaal‘ zu betreten. Und als er bei einer anderen Gelegenheit der atonalen Musik nicht entgehen konnte, versammelte er später eine Anzahl Hörer um sich und berauschte sich mit ihnen an einem Mozartschen Quartett. Es war kurioserweise ein Quartett, wie er lachend betont, das just eine atonale Einleitung aufwies [KV 465, „Dissonanzenquartett“]. Strauss schloß das Gespräch, das sich schließlich Richard Wagner zuwandte, mit dem Ausruf: ‚Und die Atonalen wollen uns weismachen, daß Wagner tot ist!‘“548 Anlässlich der Weltmusiktage der hier erwähnten Internationalen Gesellschaft für Neue Musik 1925 in Venedig äußerte sich Strauss grundsätzlich und vielleicht am ausführlichsten über sein Verhältnis zur damaligen Moderne: „Ich glaube weder an Schulen noch an Tendenzen, weder an die modernsten noch an die allerältesten. Ich glaube nur an Musik. Anstatt von Schulen sollte man von wahren und falschen Talenten sprechen. Die Suche nach dem Neuen ist eine schöne Sache und der Mühe wert. Der Künstler, der sich selber achtet, muß versuchen, sich, wenn möglich, in neuen und nie gehörten Worten auszusprechen … Auch ich habe gesucht; aber ist meine Straße die richtige? Die Zeit wird darüber entscheiden. – Auf die Frage des Musiklebens meines Vaterlandes und der Nachbarländer kann ich nur antworten, wie ich seinerzeit Mussolini geantwortet habe, als er mich fragte, was unsere jungen Musiker machen: ‚Sie machen ungefähr dasselbe wie

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die Ihren, Exzellenz. Beim Anschirren des Pferdes beginnen sie mit dem Schwanz.‘ Manch einer erfreut sich einer gewissen Berühmtheit. Aber bei wem? Bei einem Snobpublikum, sonst nirgends. Dabei will ich keineswegs bestreiten, daß sich unter den Verrückten auch Leute mit Talent befinden. Aber leider verlieren sie sich. Einer unserer jungen Komponisten der sogenannten atonalen Schule bat mich nach einem Konzert, dem ich beiwohnte, um mein Urteil über seine neuen Kompositionen. Ich antwortete ihm: ‚Mein Lieber, ich glaube, Sie haben das Talent, auch in einer anderen Manier komponieren zu können.‘“549 Dass Strauss immer wieder auf dasselbe Hindemith-Erlebnis zurückkommt, lässt freilich erkennen, wie selten er seit dieser Zeit überhaupt noch neue Werke der aktuellen Moderne rezipierte. Seine Einschätzung über die eigene Position, die Otto Erhardt ohne Quellenangabe auf das Jahr 1923 datiert, deckte sich wohl dennoch mit jener der jungen Generation: „Früher befand ich mich auf Vorpostenstellung. Heute bin ich fast in der Nachhut. Dies läßt mich jedoch gleichgültig. Ich bin in jedem Augenblick meines Lebens aufrichtig gewesen, und ich habe niemals ein Werk geschrieben mit der Absicht, als Futurist zu gelten oder als Revolutionär. Ich bin allerdings nicht sicher, ob die sogenannten ‚musikalischen Futuristen‘ bei der Niederschrift ihrer atonalen und antimelodischen Arbeiten ebenso aufrichtig sind und ob sie das Publikum nicht einfach zu betäuben suchen, um Ruhm von der Art eines Herostratos zu erlangen. Es gibt viele eingebildete Narren in der Musik, und ich achte lediglich die wirklichen ­Narren …“550 Dieser Haltung bleibt Strauss von nun an verhaftet: Die Überzeugung von der eigenen Meisterschaft ist ihm zur zweiten Natur geworden, ansonsten haben in seinem musikalischen Weltbild gerade noch die großen Meister der Vergangenheit Platz und einige wenige Namen, denen er sich persönlich verpflichtet fühlt. Sein Urteil über die komponierenden Zeitgenossen bleibt bis an sein Lebensende ebenso pauschal wie abfällig. Hans Heinz Stuckenschmidt gab seine diesbezüglichen Eindrücke von einem Gespräch in der schon zitierten Ausgabe der Vossischen Zeitung vom 6. Mai 1932 wieder: „Richard Strauß hat zuviel natürliche Liebenswürdigkeit und Kultur, um den Gesprächspartner sein Olympiertum fühlen zu lassen. Aber er setzt die Anerkennung seiner Größe als selbstverständlich voraus, spricht sozusagen als dritte Person von sich, mit einer gewissen unnachahmlichen Art von Humor. So ist es halb Scherz,

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halb Ernst, wenn er schmunzelnd erzählt, bei einer Umfrage im Publikum einer rheinischen Stadt, das zwischen alter und neuer Oper wählen sollte, habe man sich einstimmig für alte Oper entschieden: für Figaro, Meistersinger und Rosenkavalier. Strauß legt, ohne sie abzulehnen [sic!], Wert darauf, von der musikalischen Moderne distanziert zu sein; er fühlt sich durchaus als abgeschlossene Erscheinung, als ‚Klassiker‘. Und doch wird er keinen Augenblick überheblich; seine Souveränität wandelt sich in Bescheidenheit, wenn von den großen deutschen Meistern die Rede ist: von Mozart und Wagner, die ihm besonders nahestehen.“* Im letzten Jahrgang der musikästhetisch fortschrittlich gesinnten Zeitschrift Melos, die 1934 im Dritten Reich noch erscheinen konnte, stellte der auf zeitgenössische Musik spezialisierte Edwin von der Nüll in Bezug auf den beispiellosen Erfolg von Strauss und seine einmalige Position im Musikleben fest: „Den einstimmigen Beifall aller Zeitgenossen jedenfalls hat Strauß nicht zum wenigsten den noch fortschrittlicheren Arbeiten eines Schönberg, Bartok, Strawinsky, Hindemith zu danken. Strauß galt so lange als radikaler Umstürzler, wie es niemand gab, der über ihn hinausging.“551 Hatte sich die Diskussion zwei Jahrzehnte vor dem Rosenkavalier vor allem um Strauss als „Umstürzler“ gedreht, so hatte sich das Blatt danach gewendet: Spätestens seit der Frau ohne Schatten und punktuell schon früher ging es nun um ein gegenteiliges Bild des von den „fortschrittlicheren Arbeiten“ hinter sich gelassenen Meisters. Bis die Nationalsozialisten den offen geführten Auseinandersetzungen ein harsches Ende bereiteten, erlebte der Streit der Meinungen dazu nochmals eine Blüte, wobei die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Ersten Weltkrieg vielfach mitschwangen. Dass dabei vor dem Hintergrund der Entwicklung des Komponisten vielfach auf frühere Jahre zurückgeblickt werden musste, versteht sich von selbst – ebenso, dass sich die Schlussfolgerungen oft diametral gegenüberstanden. So resümierte der Berliner Musikhistoriker und Gesangspädagoge Bernhard Ulrich in der Rheinisch-westfälischen Zeitung in einem Strauss gewidmeten Essay einer Reihe über Deutsche Musik nach Wagner vom 19. September 1920: „Lange Zeit hat Richard Strauß als der Führer der musikalischen Moderne gegolten. Er besaß den sicheren Instinkt, musikalische Fragen, die in der Luft lagen, rechtzeitig anzuschneiden und sie als erster mit hervorragendem Formsinn und technischer Meisterschaft neuartig zu beantworten. Ein großer Teil der Komponisten folgte seinen

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Bahnen. So hat R. Strauß seiner Zeit die musikalische Physiognomie gegeben. […] Aber bei Salome und Elektra bereitete ihm das Behaupten der gewonnenen Stellung allerhand Schwierigkeit. Strauß besann sich. Dann folgten der Rosenkavalier und Ariadne … Seit Salome und Elektra läßt Strauß die Zügel der Führung schleifen. Er hatte äußerste Vorstöße in das Gebiet des Unmusikalischen versucht, hatte Wände beklopft. Das Hineindringen schenkte er sich. Seit der Zeit genügt sich R. Strauß mit der Rolle, in der er angefangen hat, mit der Rolle des allerdings glänzenden Eklektikers […]. Mit Salome gab Strauß sein Letztes und Äußerstes. Die nachfolgenden Opern sind nur noch artistisch zu werten.“* Der Dresdner Komponist und Musikwissenschaftler Max Broesike-Schoen betonte im Hamburger Fremdenblatt vom 10. Juni 1924 anlässlich des 60. Geburtstags von Strauss, dieser sähe sich mit zwei Generationen konfrontiert: „eine, die das Werken und Sichvollenden des Phänomens Strauß als Gegenwartsmacht miterlebt hat und sich mit dem Schöpferischen und Gestaltgebenden in ihm innerlich verbunden fühlt, und eine, die ihn als fertiges, geschichtliches und geistiges Ganzes empfindet und [ihm] schon mit einer gewissen Reserviertheit gegenübersteht.“* Zweifellos war der Knackpunkt in der Debatte das Verhältnis zur Musik der Moderne, bei der sich die Geister schieden.552 Schon über die Beurteilung der avanciertesten Werke von Strauss – ob etwa die dissonantesten Passagen von Salome und Elektra ein „Irrweg“ gewesen waren oder im Gegenteil „richtungsweisend“, oder darüber, ob seine spätere Entwicklung zu begrüßen oder zu bedauern sei – bestand keine Einigkeit. Erst recht umstritten blieb die Frage, in welcher Beziehung sein Schaffen gegenüber den aktuellen musikalischen Strömungen zu sehen sei. Der Komponist Heinz Tiessen, der 1912 einen von Strauss geschätzten Aufsatz geschrieben hatte und daraufhin von diesem als Korrepetitor an die Berliner Oper gebracht worden war, formulierte – ebenfalls in einem Geburtstagsartikel zum 11. Juni 1924 – im Chemnitzer Tageblatt zwei gegensätzliche Beobachtungen, die nicht nur aus damaliger Sicht Strauss’ Position in den musikalischen Entwicklungen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts prägnant umschrieben. Er stellte zum einen fest, dass „heute – gegenüber der Musik der durch Schoenberg durchgegangenen Generation – die Straußische Musik viel eindeutiger in ihrem Zusammenhang mit der klassisch-romantischen Klangwelt erscheint.“ Zum anderen sah er eine Keimzelle der Moderne „in einigen kühn-polyphonen Partien des

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‚Till Eulenspiegel‘, ‚Zarathustra‘, ‚Heldenleben‘ – da finden sich wesentliche Grundlagen der heutigen Atonalität. Nicht als Stil, doch als Klangwelt.“* Herbert Windt, dessen Biographie alle Widersprüchlichkeit der Zeit vereinte – er war Schüler von Franz Schreker und wurde später zu einem der wichtigsten Filmmusikkomponisten in der Propagandamaschinerie des Dritten Reichs –, stellte 1924 in der Zeitschrift Die Musik Strauss’ Errungenschaften als Höhepunkt dar, der danach nicht mehr erreicht worden sei: „Wenn jemand auf Entdeckung der Atonalität Anspruch erheben dürfte, so wäre er es; aber der Meister hat sich schwerlich je gerühmt, dieses ‚Neue‘ erfunden zu haben. Er hat geschaffen, gebaut und in seiner Arbeit Schritt für Schritt weiter getan; was er fand, genommen und geformt, unbekümmert darum, ob es schon da war oder nicht, in absoluter Selbstverständlichkeit. […] Zu dem Neuen und Kühnen, das er uns gab, ist eigentlich nichts mehr hinzugekommen; das Bild hat sich nur insofern verschoben, als Dinge, die im Rahmen eines geschlossenen Kunstwerkes besondere Höhepunkte darstellen, um ihrer selbst willen zum Prinzip erhoben wurden.“ Der letzte Satz gibt sich hier zwar moderat, enthält jedoch eine Fundamentalkritik an den „atonalen Komponisten“, während Strauss als Inbegriff der Kunst gefeiert wird: „Daß Strauß sich in seinen Werken voll erfüllt hat, dies zu erkennen, sollte unsere vornehmste Aufgabe sein. Die Galerien unserer Oper [Berlin] sind bei der ‚Elektra‘ traurig leer! Bei jenem Werk, das ein heiliges Lehrbuch sein müßte!“553 Heinz Pringsheim, der ebenfalls für Strauss als Korrepetitor gearbeitet hatte, ging in seiner Geburtstagsbetrachtung in der Allgemeinen Musik-Zeitung mit ähnlichen Argumenten einen Schritt weiter und versuchte, den Meister gegen die „Neutöner“ auszuspielen, indem er postulierte, Strauss habe Schönberg als „Inbegriff des Atonalismus“ überwunden. Denn „die Straußische Atonalität ist etwas ganz andres als die der akademischen Atonaliker. Sie ist, wo sie auftritt, Teil eines Ganzen, Glied eines Organismus, Dissonanz die zur Konsonanz drängt, Spannung die der Lösung bedarf. […] Richard Strauß, der helläugige, hat nie das Wesen der Tonalität verkannt: ja wir sehen ihn, je älter er wird, umso freudiger sich zu ihr bekennen. Ob es ihn Ueberwindung gekostet haben mag, den Lockungen des von ihm entdeckten Neulandes zu widerstehen? Schwerlich. Den kühnen Bergsteiger lockt der Blick in nie geschaute Abgründe nicht zum Sturz in die Tiefe; mit gesteigertem Lebensgefühl schreitet er

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rüstig weiter. Doch sind Atonalias Schluchten kein Anblick für Jedermann: nur für Schwindelfreie.“ Ohne weitere argumentative Fundierung behauptet Pringsheim schließlich, indem er das Ziel seines Artikels ­Ueberwunden? – Ueberwinder! ansteuert: „Schönberg und Strawinskij – beide führen rettungslos in eine Sackgasse […]. Strauß wird die Gefahr völliger Vernichtung, wird Schönberg und Strawinskij überwinden.“554 In seiner Münchner Festrede vom 11. Juni 1924, in der er feststellte, dass die Jungen „seinen in der Romantik wurzelnden Ausdruck als überlebt“ empfinden würden, und Strauss „bereits historisch gewordene“ ­Verdienste hinsichtlich der Instrumentation und der Formgestaltung ­zuschrieb, brüskierte Hermann Wolfgang von Waltershausen, Musikschriftsteller und bekennender Gegner der „Atonalen“, die Strauss-Gemeinde mit dem Eingeständnis, „daß uns hier und dort das künstlerische Endergebnis […] enttäuscht“.555 Drei Jahre zuvor hatte er in einem kleinen Buch allerhand argumentativen Aufwand aufgeboten, um gerade den „klassizistischen“ Strauss als musikhistorisches Nonplusultra darzustellen. Aus seiner Sicht war die Elektra kein „heiliges Lehrbuch“ (wie für Windt), sondern „hypertrophisch“. Mit einer Begründung, die auch späteren Autoren im Sinne nationalsozialistischer Ideen noch nützlich werden sollte, stellte er die Behauptung auf, „daß gerade die Schwächen der Elektra das Ergebnis der Ehrlichkeit sind. Strauß mußte die Elektra ­schreiben, um mit dem alten Stil fertig zu werden. Mit logischer Unerbittlichkeit mußten die letzten Konsequenzen des romantischen Stiles gezogen werden; aber der neue Weg konnte sich nicht über Nacht finden. Der Rosenkavalier trägt noch den Stempel des Übergangswerkes, während die Ariadne bereits Zukunftsmusik im neuen und besseren Sinne ist.“556 Dass Waltershausen allerdings unter der Zukunft die Vergangenheit versteht, macht der Autor, der im Erscheinungsjahr 1921 mit Strauss zumindest einmal zu Mittag gegessen hat557, am Ende seiner Broschüre deutlich: „Überblicken wir […] das Positive, das Strauß geschaffen hat und das heute bereits der Musikgeschichte angehört, erwägen wir aus der Gegenwart seine Zukunftsmöglichkeiten, so wird uns stets aufs neue klar, daß Strauß einen Januskopf besitzt, daß er ebenso einer vergangenen Epoche angehört wie einer zukünftigen. Dies müssen wir uns vergegenwärtigen, um uns endlich mit einem Schlagwort auseinanderzusetzen, das gegen ihn geprägt worden ist. – Der musikalische Reaktionär! […] Reaktionär ist, wer aus der Gesetzmäßigkeit der Welt die Entwickelung

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in der periodischen Wiederkehr, das langsame Erklimmen einer jenseits der Augenblickserscheinung stehenden Stufenleiter im steten Wechsel des Individualistischen und Typischen erkennt. Die gute alte Zeit ist Symbol für die bessere Zukunft und nur der Konservative besitzt die divinatorische Kraft des Sehers. // Worüber ärgern sich unsere Jüngsten am meisten? Daß Strauß die Tonalität gewahrt hat. Das Tonikabewußtsein ist ein monarchistisches Prinzip, während die Atonalität, geschult an den Ideen des Kommunismus […] alle Zielstrebigkeit und alle Entwicklung aufheben möchte.“558 Auch der ansonsten stets besonnene Richard Specht hat – ausgerechnet in seinem versöhnlichen Klassiker-Text von 1924 – einmal die Kommunismus-Keule geschwungen und dabei – wie Strauss – zwischen ­wirk­licher Musik und allem anderen unterschieden: „[G]egen den Musikbolschewismus unserer Tage steht das Werk des Meisters Strauß, der ja freilich durch seine Ablehnung all der erschreckenden Anarchie in der heutigen Musik viel mehr als durch alles andere die Haltung der ­Jugend gegen ihn provoziert hat, wirklich wie das eines Klassikers, der Endpunkt und neuen Beginn zugleich bedeutet. Denn was in den letzten Jahren neuartig war und dabei wirklich zu Musik geworden ist, wurzelt in der ‚Salome‘, der ‚Elektra‘, dem ‚Eulenspiegel‘, der ‚Domestica‘.“559 Derart deutlich wurden die Fronten später nur noch selten, doch blieb die Kluft bestehen, die hier ein politisch verbrämter Kampfbegriff verdeutlicht: „Musikbolschewismus“ stand für alles, das dazu angetan war, die geheiligten Traditionen der Tonkunst umzustürzen.560 Strauss war vom Verteidigten zum Bollwerk geworden. Allerdings waren dieser rhetorischen Zuspitzung der Lage heftige ­Angriffe vorausgegangen. Dass die Musikblätter des Anbruch 1924 ausgerechnet einen alten Text von Paul Bekker aus dem Jahr 1907 wiederver­ öffentlichten (vgl. Einleitung), hatte einen aktuelleren Grund. Bekker war es gewesen, der Strauss nach einer Serie von Enttäuschungen, die sich anhand seiner Kritiken zur Alpensinfonie und zur Frau ohne Schatten gut nachvollziehen lassen, als „reaktionär“ bezeichnet hatte. Er tat dies in ­einem legendär gewordenen Aufsatz mit dem programmatischen Titel Neue Musik (1919), in dem er Strauss ins Visier nahm und dafür musikgeschichtlich weit ausholte: „Die romantische Bewegung war evolutionären Charakters, sie rüttelte nicht an den Grundlagen, sie baute sich den Klassizismus nach ihren Gesichtspunkten um. Wir stehen heut der

Ein „Reaktionär“ und „eingebildete Narren“

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­ ankrotterklärung jener klassisch-romantischen Kunst gegenüber. Über B die genialen Barockschöpfungen eines Wagner und Liszt hinaus ist sie zur technischen Künstelei, zu einem Handel mit ausgemünzten Werten geworden. Stellt eine Erscheinung wie Richard Strauß nicht das künstlerische Gegenstück dar zu dem, was wir im heutigen Wirtschaftsleben Industrialismus und Kapitalismus nennen? Ich spreche hier nicht etwa von der Art seines geschäftlichen Gebarens, von seinem Streben, alle äußeren Mittel der praktischen Beeinflussung unseres Musikbetriebes in seine Hände zu bekommen – wie etwa jetzt die Leitung der Berliner und Wiener Oper zugleich zu führen und sich so die Vorherrschaft im deutschen Bühnenbetrieb zu sichern. Ich spreche hier hauptsächlich von der Art seines künstlerischen Gehabens, wie es in seinem neuesten Schaffen zutage tritt, das doch nichts anderes ist als eine Spekulation auf BourgeoisInstinkte, ein Spielen und Kokettieren mit Fortschrittsallüren, hinter denen bei genauem Zusehen nichts anderes steckt, als eine sehr geschickt und blendend aufgeputzte, an sich aber äußerst dürftige und schwache Altmeisterlichkeit, eine posierende Kühnheit und erheuchelte Modernität, die sich ungeheuer revolutionär gebärdet und dabei ihrer Gesinnung und ihrem Charakter nach genau so reaktionär ist, wie das ehrlich philiströse Akademikertum.“561 Die Meinungen junger „fortschrittlicher“ Komponisten über Strauss waren hingegen bei seinem letzten runden Geburtstag, an dem sie sich in Deutschland frei äußern konnten, keineswegs derart einheitlich ablehnend wie Bekkers Verdikt, das sich allerdings ausschließlich auf die Kompositionen jüngeren Datums bezog und keine Würdigung älterer Werke unternahm. Es war eine weitere Finte der Redaktion des Wiener Anbruch, anlässlich des 60ers eine Umfrage zum Thema „Was bedeutet Ihnen heute Richard Strauß?“ zu starten. Der Musikreferent der Leipziger Neuesten Nachrichten, Adolf Aber, der mit dem Komponisten freundschaftlich verkehrte, fragte auch gleich zurück: „Lieber Anbruch! Ist das nicht eine etwas verdächtige Fragestellung: was uns Richard Strauß heute bedeutet? Sollen wir leise dessen gemahnt werden, daß viele ihm ,heute‘ anders, im ganzen wohl kühler gegenüberstehen als ,gestern‘?“562 Der scharfe Strauss-Kritiker Adolf Weißmann, der den Komponisten auch hier wieder „das bisher letzte Genie“ nannte, beantwortete die Frage hingegen gemäß dieser Erwartung: „Hätten wir ihn nicht, so wäre die deutsche Musik der Kaiserzeit ohne Mittelpunkt, ohne Glanz gewesen. Aber

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wahr ist auch, daß er, eben Ausdruck dieser prunkvollen Zeit wirtschaftlichen Aufschwunges, in ihr groß und, im Vollgenuß seines Namens, kampflos und bequem geworden ist. Auch seine Musik von unveränderlicher, stereotyper Meisterschaft atmet den Geist der Wohlhabenheit. Darum: mögen auch die Heutigen es weder an Umfang noch an Bedeutung des Gesamtwerkes mit Richard Strauß aufnehmen können, sie sprechen das Ringen unserer Zeit aus und sind, selbst in ihren Verirrungen noch, uns näher als der ­Richard Strauß der letzten fünfzehn Jahre.“563 Die zwei prominentesten Vertreter der damaligen Avantgarde, die hier zu Wort kamen, antworteten hingegen differenziert und beantworteten nicht nur die Frage nach der „heutigen“ Bedeutung: Wie Weißmann siedelte auch Alois Hába das Strauss’sche Hauptwerk in einer vergangenen Zeit an: „Der schwungvolle, etwas äußerliche Geist der Straußschen Musik weckt die Erinnerungen an die Zeit des deutschen Kaiserreiches, an den äußeren Glanz der Monarchen, welcher nicht immer mit der inneren menschlichen Größe identisch war. Strauß hat vielleicht unbewußt diesen Geist der Zeit in seiner Musik aufgefangen. ‚Salome‘ und ‚Elektra‘ wirken auf mich noch immer stark und überzeugend. […] Wo er aber später aus eigenem musikalischen Reichtum weiterlebt und nicht mehr so stark von neuem an sich selbst weiter arbeitet, läßt mich sein Ausdruck kalt.“564 Und Kurt Weill legte den Akzent ganz auf die „modernen“ Errungenschaften des Tondichters und radikalen Opernkomponisten: „Richard Strauß bedeutet für mich: an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert ein Rückblick und eine Verheißung. […] Er schafft sich eine Form, welche die Unmusikalität der beabsichtigten Tonmalerei vergessen macht. Er schafft sich eine Harmonik, die Dissonanzen bereits als Ausdrucksmittel benutzt; seine Linienführung gelangt zu jener weiten Ausdeutung der Tonalität, die einer gänzlichen Loslösung von­t­ onaler Harmonik den Weg bereiten half.“565 Der Musikkritiker der Deutschen Allgemeinen Zeitung Walter Schrenk widmete dem Thema Richard Strauss und die neue Musik 1924 nicht nur ausführliche Zeitungsartikel, sondern auch ein ganzes Buch, das den Weg von den Komponisten in der Nachfolge Wagners bis zu Zeitgenossen wie Alban Berg, Ferruccio Busoni, Alois Hába, Paul Hindemith, Ernst Krenek, Hans Pfitzner, Arnold Schönberg, Franz Schreker, Igor Strawinsky, Heinz Tiessen oder Anton Webern verfolgte. Über Strauss selbst schrieb Schrenk zwar voller Achtung und stellte ihn dadurch, dass er ihm weit

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mehr Platz widmete als allen anderen Namen zusammen, ins konkurrenzlose Zentrum. Dennoch sah er sich genötigt, die Werke der jüngeren Zeit einem abschlägigen Urteil zu unterziehen: „Doch die Gerechtigkeit verlangt auch den Hinweis, daß die Kurve dieses Schaffens sich in den letzten Jahren bedenklich gesenkt hat. Das begann schon mit der ‚Frau ohne Schatten‘, die ein starkes Nachlassen der Erfindungskraft mit sich brachte, es zeigte sich in der ‚Alpensymphonie‘ und in ‚Josephs Legende‘ und wurde mit schmerzhafter Deutlichkeit in dem nichtssagenden, ganz mit der ‚kalten Hand‘ gemachten Ballett ‚Schlagobers‘ klar.“ Und auch Schrenk merkte an, dass Strauss noch immer das Musikleben prägte, wenn er auch eine deutliche Ahnung der künftigen Entwicklungen präsentierte: „Trotz allem, was vom Standpunkt des neuen Geistes gegen die Art und den Wert seines Werkes gesagt werden kann, ist Richard Strauß die glänzendste und repräsentativste Musikererscheinung unserer Zeit. Uns Jüngeren, die wir die Unrast und Zerrissenheit der heutigen musikalischen Situation besonders stark empfinden, gilt er als der große, fast klassisch gewordene Meister, wenn wir auch deutlich ahnen, daß die Wege und Ziele der neuen Musik uns weit von ihm wegführen werden.“566 „Ein zweiter Rosenkavalier“

„[I]ch bleibe nur als Operndirektor noch weiter in Wien“, schrieb Strauss am 6. Juni 1923 an den Architekten Michael Rosenauer.567 Ein halbes Jahr später, am 4. Februar 1924, äußerte er in einem Brief an Karpath das glatte Gegenteil: „Ich sehe nur nicht ein, warum Sie mir nicht gönnen wollen, auch als Exdirektor in meinem schönen Belvederehaus zu wohnen? Wien ist doch auch schön, außerhalb der Staatsoper. Hausbau u. Staatsoper haben doch gar nichts miteinander zu tun.“568 Franz Schalk wusste über den Rückzugsgedanken seines Co-Direktors Bescheid, seit ihm Strauss am selben Tag schrieb: „Auf [das] Straussfest verzichte ich natürlich, im Falle meine Demission nötig werden sollte. // Ich bleibe auch als Exdirektor in Wien wohnen: wir können dann im Belvedere zusammen vierhändig oder Schach spielen!“569 Über das Wiener Haus war die Öffentlichkeit währenddessen bestens informiert, seit im Vorjahr das kuriose Immobiliengeschäft in Angriff genommen wurde. Schon am 4.  Mai 1923 wusste die Wiener Allgemeine Zeitung über Ein Richard Strauß-Haus in Wien zu berichten, und nach dem Einzug in die Jacquin-

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gasse 10 gehörten Mitteilungen wie diese eine Zeitlang zum üblichen Aufputz für Zeitungsartikel über den Komponisten: „Strauß liebt Wien, er hat sich auf dem ihm freigiebig geschenkten Grunde in dem Belvederegarten ein herrliches Künstlerheim errichtet, von dem aus er behaglich in die Weite sehen kann.“* Auch die Aussage des Architekten Rosenauer: „Es wurde ein barockartiges Haus, schließlich ist Strauss ein ‚barocker‘ Mensch“570 fand ihren Weg in die Presse. Dabei vermischten sich freilich Tatsache und Gerücht. Denn nachdem im Mai 1923 mit der Vertragsunterzeichnung für Intermezzo mit dem Verlag Fürstner die Baukosten gesichert waren571, wurden sogleich höchste Regierungskreise mit der Angelegenheit befasst: Rosenauer berichtete Strauss am 23. Juli 1923 über eine „interministerielle Konferenz“572, und in der Folge wurde ein Tausch­ geschäft vereinbart, nach dem die Partitur des Rosenkavalier an die Österreichische Nationalbibliothek ging und Strauss im Gegenzug für 60 Jahre die Pacht am Baugrund erhielt. Der Briefwechsel mit Michael Rosenauer ist ein aufschlussreiches Dokument für Strauss’ Umgang mit einem Mann außerhalb der Musikwelt, den er wie einen Domestiken behandelte, und hat über Strecken den Ton einer bürgerlichen Komödie, bei der der Komponist seine Wutausbrüche effektvoll dramatisierte: „Ich höre von Anna [Gloßner, „Bedienerin“] zu meinem Entsetzen, dass das Haus innen noch nicht fertig ist. Telefon nicht fertig, die Keller noch ein Saustall, der Speicherboden noch nicht geschüttet, die Gitter nicht fertig, ebenso Garage etc. Das ist ja eine grausliche Wiener Schlamperei. Ich garantiere Ihnen, dass Sie’s mit meiner Frau auf einige Zeit verscherzen, wenn jetzt noch nicht Alles stimmt. Wie ich sie kenne, pfeift sie Ihnen auf Ihre schöne Fassade etc., wenn die internen Sachen nicht in Ordnung sind. In 8 Tagen kommt sie und ich garantiere Ihnen ein höllisches Donnerwetter, wenn nicht alles fix und fertig. Sie haben nun wirklich Zeit genug gehabt.“ Noch nach der Grußformel setzt Strauss nach: „Hintertreppe ist auch noch nicht gestrichen; ich weiß alles!“ (20. November 1925).573 Als das Strauss-Haus dann stand, reiste im September 1926 Franz Schneiderhan, der Generaldirektor der Österreichischen Bundestheater, nach Garmisch, um zu vereinbaren, dass Strauss fünf Jahre lang je 20 Vorstellungen in der Staatsoper unentgeltlich dirigieren sowie der Nationalbibliothek die Partitur der Ägyptischen Helena überlassen sollte und dafür das Grundstück beim Belvedere in sein Eigentum übergehen würde. Wenige Wochen später schreibt Strauss an Schneiderhan: „Ich bin entsetzt,

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daß unsre ganzen Verabredungen schon haarklein in den Wiener Zeitungen stehn! Wie ist das nur möglich? Von Ihnen stammt es nicht: das weiß ich. Von uns ist kein Sterbenswörtchen nach Wien gedrungen. Wenn sich Complicationen daraus ergeben sollten, besonders wenn ich An­ pöbelungen erfahren sollte – ich habe noch nicht unterschrieben, ich bin noch nicht in Wien. Ich habe mich, hauptsächlich Ihnen zu Liebe zu mancherlei Opfern bereit erklärt; zu alle dem nicht hervorgedrängt, im Gegenteil: man ist an mich herangetreten. Wenn ich nun unliebsame Kritik erfahren müßte – bevor ich mich einem Refus von Seiten der ­Nationalversammlung aussetzen sollte, trete ich lieber noch vorher zurück“ (14. Oktober 1926).574 Die nötige Zustimmung zum „Lex Richard Strauss“ gab das Parlament mit österreichischer Pünktlichkeit ein Jahr, nachdem Strauss im Dezember 1926 die erste von hundert Vorstellungen dirigiert hatte. Über die Elektra war in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 9. Jänner 1927 in einem Bericht von Paul Stefan zu lesen: „Generaldirektor Schneiderhan ist es nunmehr gelungen […], die Verstimmung des Meisters zu beseitigen; Direktor Schalk tat das Seine an Ritterlichkeit; der Staat kam Richard Strauß als Eigentümer seines auf Erbpachtgrund erbauten Wiener Hauses ganz wesentlich entgegen, und so ist ein Vertrag zustande gekommen, der Strauß gleichsam als Ehrendirigenten einer ganzen Reihe von Abenden an die Oper zurückgeführt hat. Alles ist darüber zufrieden und gleich der erste dieser Abende glich einem ­Triumph. Strauß dirigierte seine Elektra, deren orchestraler Teil ihm herrlich wie je gelang. […] Die schöne Aufführung wurde als Zeichen neuen Aufschwungs unserer Wiener Oper mit größter Freude begrüßt.“* Als Komponist hatte Strauss inzwischen – trotz aller Anerkennung – einen Ruf zu verteidigen, und er versuchte beständig, an die früheren Erfolge anzuknüpfen oder sie in Erinnerung zu rufen. In diesem Zusammenhang ist es zu sehen, dass 1926 eine Auswahl seines Briefwechsels mit Hugo von Hofmannsthal bis 1918 erschien, die von beiden für den Druck aufbereitet wurde und etliche Auslassungen und Umformulierungen enthält. Nicht aufgenommen wurde etwa ein Brief von Strauss, in dem er während der Arbeit an der Frau ohne Schatten geäußert hatte: „Da kann ich mein Hirn anstrengen, wie ich will, und ich plage mich redlich und siebe und siebe durch, aber das Herz ist nur zur Hälfte dabei, und sobald der Kopf die größere Hälfte der Arbeit leisten muß, wird ein Hauch akademischer Hälfte darin wehen“ (28. Juli 1916). Hofmannsthal fand dies

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„bedenklichst“, und Strauss notierte dazu: „So interessant gerade dieser Brief, Sie haben recht, er ist nichts für Uneingeweihte.“575 Die Briefsammlung scheint das Ansehen des Komponisten befördert zu haben. In den Münchner Neuesten Nachrichten vom 22. Mai 1926 schrieb etwa Paul Ehlers: „Der vor kurzem veröffentlichte Briefwechsel zwischen Richard Strauß und Hugo v. Hofmannsthal hat aufs überraschendste klar gemacht, welch großen dramaturgischen Anteil Strauß an den mit dem Wiener Poeten geschaffenen Werken hat und wie die theaterkräftige Führung mancher Szenen gerade von ihm stammt.“* Eindeutig von Hofmannsthal forciert wurde hingegen das Projekt ­eines Rosenkavalier-Films nach einem eigenen Drehbuch, durch den er Strauss „eine mächtige Förderung für das Fortleben und Neuaufleben auf der Bühne“ in Aussicht gestellt hatte (1. Jänner 1925).576 Handlung und Musik wurden für den im Sommer darauf produzierten Stummfilm von Robert Wiene einem Remix unterzogen: Die neu aufgerollte Geschichte mündete in einem Maskenfest mit amourösen Verwechslungen samt Happy End. Strauss unterstützte das Projekt, überließ aber das Arrangement der Musik aus der Oper und älterer Werke wie dem Wilhelm II. gewidmeten Militärischen Festmarsch sowie eines neu komponierten Militärmarsches dem Staatsopern-Dirigenten Karl Alwin sowie Otto Singer, der auch andere Strauss-Werke bearbeitet hatte. Dennoch wurde das am 10. Jänner 1926 in Dresden präsentierte Ergebnis, wobei Strauss die Musik zum Film dirigierte, weitgehend mit dem Komponisten identifiziert. Eine Abhandlung des Musikwissenschaftlers und Kritikers Kurt Westphal in Die Musik nahm das Projekt zum Anlass, um Strauss’ Tonsprache insgesamt einer Kritik zu unterziehen: „Er dringt nicht bis zu jenem seelischen Kern vor, der Anlaß und Kraftquelle der dichterischen Projektion wurde, sondern er beginnt dort, wo die Dichtung aufhört: bei dem Abbild selbst. Er sieht nicht das Drama durch das Wort hindurch, sondern heftet sich an die Oberfläche der Worte, deren bildliche Werte er durch die Musik klanglich analysiert. Seine Musik wird zur akustischen Kamera […]. An solchen Stellen, die zu einfach-melodischem Ausdruck zwingen, bekommt sie jenen so fatalen Stich ins Sentimental-Schwülstige, das in vielen seiner Lieder geradezu in Reinkultur wirksam ist und sich oft bis zu unerträglichem Kitsch steigert.“ Westphal verbindet bereits im Raum stehende Vorhaltungen gegen das Illustrative von Strauss’ Musik und das Fehlen von Tiefe und sieht eine logische Entwicklung im aktuellen Pro-

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jekt: „Nicht das ursprünglich antreibende Gefühl intensiviert seine ­Musik, sondern die Übertragung, die diese erregende Kraft bereits in ein anderes künstlerisches Material, die Sprache, erfahren hat. Die Musik wird zum Kommentar der Dichtung; sie übersetzt das bereits Übersetzte, sie reflektiert das bereits Reflektierte. […] Strauß hat – unnachsichtig gegen sich – selbst die radikalste Konsequenz gezogen, die aus seinem Schaffen überhaupt möglich war: Mit der literarisch nur lose gebundenen Programmsinfonie beginnend, gelangt er über die Oper und die nur illustrative Werte der Musik aufsaugende Pantomime hinweg zu – – Film. […] Hier, in einer Nebenlinie der Moderne, wird sie weiterbestehen.“577 Aus diesen Überlegungen geht nicht nur hervor, als wie veraltet die Musik des Rosenkavalier bereits 15 Jahre nach ihrem Entstehen von einem jungen Zeitgenossen gesehen werden konnte; sie nehmen tatsächlich auch die künftige Entwicklung der Filmmusik voraus, bei der Strauss neben anderen wie Wagner und Mahler geradezu modellhaften Einfluss erhalten sollte: Unüberhörbar orientierte sich etwa Windt in seinen ­nationalsozialistischen Propagandafilmen an ihm; und auch in Hollywood sollten Originalwerke und von ihm (mit)inspirierte Partituren eine steile Filmkarriere machen.578 Der Rosenkavalier-Film allerdings war durch den bald darauf aufkommenden Tonfilm schon rasch überholt. Bereits 1922 hatte Strauss an Hofmannsthal geschrieben, dass er einen „zweiten Rosenkavalier“ komponieren wolle.579 Bevor dieser Plan in Arabella mündete, griffen die beiden nach Ariadne erneut auf einen griechischen Stoff zurück, wobei die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit bereits den geringen Erfolg der Oper Die Ägyptische Helena vorausahnen lassen konnten. Am 1. Juni 1925 schrieb der Komponist dem Freund, es sei für ihn „schwer, eine Musik zu finden, die für die Ohren von 1925 noch genügend charakteristisch ist, ohne in den sog. Realismus der ,Salome‘ oder gar in die Exzentrics der heutigen Moderne, die ja nur mit amerikanischen Ohren (ich will die Neger nicht beleidigen!) hört, zu verfallen.“580 Wenn Roland Tenschert, einer der vorbehaltlosen publizistischen Befürworter von Strauss in den späten Jahren, der sich besonders für Die Ägyptische Helena einsetzte, Jahre später schrieb, Strauss habe der „Reklamesucht, die sich besonders zur Zeit seiner ersten blendenden Erfolge um seine Person geschäftig zu tun machte […] höchst persönlich das Wasser abzugraben versucht“581, so lässt sich gerade an diesem Werk ein Bild davon zeichnen, wie sehr sich der Komponist für die Wahrnehmung seiner

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Oper einsetzte. Vor der Wiener Erstaufführung am 11. Juni 1928 – nur fünf Tage nach der Dresdener Uraufführung – schrieb er an seinen Sohn Franz Strauss, der die Geschäfte des Vaters führte: „Daß im übrigen die Reklame für die Wiener Festspiele nicht die richtige ist, merke ich seit Monaten, konnte nichts tun, als fortwährend bohren, daß man endlich das genaue Programm aufstelle (was von Schalk vor vier Wochen noch nicht zu haben war), die Festspiele in allen Luxuszügen, Amerikadampfern, Haupthotels (wie die Münchner) plakatiere etc. etc. // Ich habe Schneiderhan mitgeteilt, daß Dresden [für Richard-Strauss-Tage im November/Dezember 1927] 25 000 M für Reklame ausgesetzt habe! Daß die Wiener derartiges nicht verstehen, weiß ich von meinem 60. Geburtstag her“ (30. März 1928).582 Geradezu manisch versuchte Strauss anschließend, eine adäquate Aufnahme der Novität zu erwirken. Nachdem bereits am 8. April 1928 eine Einführung von Hugo von Hofmannsthal mitsamt einem „imaginären Gespräch“ mit dem Komponisten in der Neuen Freien Presse sowie in der Vossischen Zeitung erschienen war – später wurde es auch noch an anderer Stelle abgedruckt583 –, regte Strauss am 3. Mai 1928 an, einen Artikel „für die Kritik beizulegen“: „Vorreden sind zudem heute besonders modern. Sogar Burschen wie Schönberg und Krenek geben zu ihrem Bockmist ‚erläuternde Vorträge‘. Was zur Aufklärung geschehen kann, muß vor dem 6. Juni [dem Uraufführungstermin in Dresden] geschehen! Gerade das ‚Intermezzo‘ hat gezeigt, daß sich die Bonzen der Kritik weniger als sonst an die Musik herangewagt haben. Vor allem lenkt sie so ein Vorwort von dem Stück selbst ab, und sie ­schreiben dann darüber weniger und beschäftigen sich mehr mit der Vorrede! Denn je weniger Unsinn über die Sache selbst geschmiert wird, desto besser! Verstehen tun sie’s ja doch nicht!“584 Strauss selbst stand noch knapp vor der Uraufführung Ludwig Karpath für ein Interview zur Verfügung, das am 27. Mai 1928 in der Neuen Freien Presse erschien: „Über die Musik ist wenig zu sagen; sie ist, fürchte ich, melodiös, wohlklingend, und bietet für Ohren, die über das neunzehnte Jahrhundert ­hinausgewachsen sind, leider keinerlei Probleme.“585 Und auch noch zwischen der Dresdener und der Wiener Premiere betätigte sich Strauss weiter als Werbender in eigener Sache: Am 9. Juni 1928 berichtete er seiner Frau: „Habe gestern [ Julius] Korngold einen Besuch gemacht: er war sehr geschmeichelt und hat auch wirklich anständig geschrieben! Sogar

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Herr Weissmann hat constatiert, daß ich der anerkannteste Componist der Welt sei. Was will man mehr?“586 In die Anerkennung mischten sich nach der Uraufführung allerdings Zweifel. Eugen Schmitz sprach in seiner Rezension in Die Musik zwar von „allen Anzeichen eines großen gesellschaftlichen und künstlerischen Ereignisses“, aber auch von einer „tagesabgewandten, abgeklärten Alterskunst des musikalischen Olympiers“; in der Deutschen Allgemeinen Zeitung kritisierte Walter Schrenk eine „Neigung zu pathetischem Sichausbreiten“587, und allgemein wurde kritisiert, dass die Oper „nichts Neues“ gebracht habe.588 In der Neuen Zürcher Zeitung meinte Paul Stefan zwar: „Nur törichte Sensation könnte von ihm etwas Neues verlangen.“589 Karl Schönewolf plädierte in der Münchener Zeitung dafür, diese Frage überhaupt zu vergessen, und brachte die zeitgenössische Einschätzung Strauss’ auch allgemein auf den Punkt: „Diese Oper wird uns gewiß nicht vorwärts bringen. Aber was ist Fortschritt? Gibt es wirklich einen? Denken wir nicht daran. […] Diese Oper ist nicht verschwenderisch an Einfällen, an Inspiration, an beglückender Fülle. Sie ist ganz einfach – schön, wohlklingend, prächtig, das Werk eines Abgeschlossenen. Sehr viel für eine Generation, die keine Meister mehr kennt.“590 Aus dieser Generation meldete sich am Vorabend der Diktatur nochmals Paul Bekker zu Wort. Der Kritiker, der sich 1919 auch um die Direktion der Berliner Oper bemüht hatte (sein Scheitern mochte frühere Ausfälle erklären) und seit 1927 Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden war, hatte dort inzwischen Strauss’ Werke angesetzt und mit dem Komponisten im November 1929 einen zweistündigen Spaziergang unternommen.591 1932 erschien sein Buch Briefe an zeitgenössische Musiker, aus dem Die Musik einen Vorabdruck brachte: „Hochverehrter Meister, // wenn ich hier den Versuch mache, Gang und Stand der musikalischen Kunst unserer Tage durch Briefe an führende Zeitgenossen zu ermitteln, so müssen Sie der erste sein, an den ich schreibe. Nicht wegen der äußeren Stellung oder im Hinblick auf die Bedeutung im richtunggebenden Sinne. Ganz einfach weil Sie der erste sind unter den Lebenden. Der erste an Genie, der erste an Erfolg, der erste vor allem in der Kunst der Lebensführung, des praktischen Erweises dafür, wie der Künstler durch seine Kunst Leben und Welt meistert. So sind Sie der wahrhafte Meister, einer, der nicht nur kann, sondern der dieses sein Können restlos in die Meisterung aller Materie umzusetzen vermag, von den Noten­

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köpfen bis zu den Menschenköpfen.“ In konzilianterem Ton als in den älteren Wortmeldungen folgt Bekker der Entwicklung von drei Jahrzehnten und meint, Strauss habe inzwischen sein wahres Wesen gezeigt, wobei er „die stärkste, die repräsentative Begabung der Zeit“ noch immer umstandslos eingesteht: „So sahen wir Sie: als den Kämpfer für das neue junge Künstlertum, als den Gegner leeren Herkommens, schlechter Gewohnheiten, müder Konzessionen. Und dieses Bild entsprach der Wirklichkeit, denn so waren Sie auch.“ Dann aber zeichnet Bekker nach, wie sich seine Meinung änderte. Dass darin auch Kritik an Strauss als Netzwerker anklingt, mag auch einen persönlichen Hintergrund haben: „So begann es und so blieb es eine Zeitlang, und dann wurde es so ganz anders. Ein Bruch trat ein, den wir nie für möglich gehalten hätten und der uns allmählich zu völligem Umdenken zwang. Es kam die äußere machtpolitische Befestigung Ihrer Stellung in Form von Freundschaftsdiensten für solche, die dieser Freundschaft nur durch willenlose Gefolgschaft wert waren. Es kamen die kleinen und die großen Konzessionen an einflußreiche und an hohe Herren. Vielleicht war es Klugheit, die solches gebot, und wahrscheinlich hatten Sie sogar recht. Diese Klugheit aber verdroß und erschütterte den Glauben.“ Wenn Bekker auch Strauss’ Komponieren von Elektra bis hin zur Frau ohne Schatten mit wachsender Distanz Revue passieren lässt, klingt auch hier seine subjektive Erfahrung mit, mit der er die „Wendung Ihres Schaffens“ feststellte, die er „als ein zielloses Umherstreifen im Kreise nach stürmischem Anfang – vielleicht mit dem inneren Sinn eines Sichfindens der gereiften Persönlichkeit“ – sah. Dass Bekker im Plural für eine ganze Generation ehemaliger junger Strauss-Begeisterter sprach, war dabei keine reine Anmaßung, sondern entsprach wohl den Empfindungen vieler. Den historischen Zeitpunkt für den Bruch sah er dabei nach der Katastrophe des Ersten Weltkriegs: „[D]iese ganze Welt, Ihre bisherige Welt, ging unter. Sie aber saßen wie der Kaiser in Ihrem Werk [Die Frau ohne Schatten] versteint, nur das Auge noch lebend, auf Ihrem Thron, zu dem kein Reich mehr gehörte, und das Leben schien erloschen. // Was konnten Sie uns so sein? Wie gern hätten wir uns an Sie gehalten, denn damals tat ein Führer not – aber seine Sprache klang nicht mehr zu uns herüber. Wir sahen nur noch einen Meister, der ebenso einer früheren Zeit hätte angehören können.“592 Währenddessen suchte der Meister weiterhin seine Stellung zu befestigen, dirigierte nach dem Auslaufen der Wiener Verpflichtung im Früh-

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jahr 1931 wieder vermehrt im Ausland, etwa im Herbst desselben Jahres bei Konzerten der BBC in London, erwirkte im Dezember 1932 in einer ­Audienz bei Mussolini eine Aufführung der Frau ohne Schatten in Mailand („Das nenne ich Diktatorenpräzision!“, notierte Strauss in seinen privaten Aufzeichnungen, nachdem der „Duce“ nach dem Besuch gleich entsprechenden Befehl gegeben hatte593). Und während er bereits mit seinem neuen Librettisten Stefan Zweig an der Schweigsamen Frau arbeitete, vollendete er 1932 die Partitur von Arabella, deren Libretto noch vom 1929 verstorbenen Hofmannsthal stammte. Als die „Lyrische Komödie“ am 1. Juli 1933 in Dresden im Rahmen einer routinemäßigen Strauss-Woche uraufgeführt wurde, war in Deutschland alles anders. Die Oper wurde einhellig als Meisterwerk gefeiert, und auch Alfred Einstein lobte sie im Berliner Tageblatt, obwohl er sie „unbedenklich mit all der routinierten Meisterschaft oder meisterlichen Routine komponiert“ fand. Musikalisch erkannte er die ursprüngliche Intention der Autoren wieder: „Diese ,Arabella‘ wird zum Nachklang des ,Rosenkavalier‘. Nicht ein Duplikat.“ Doch Einstein registrierte auch knapp: „Auf dem Titel des Werkes […] steht die Widmung: ,Meinen Freunden Alfred Reucker und Fritz Busch‘. Diese Widmung ist verdient. Vorhanden sind sie beide nicht mehr. Das Titelblatt darf das nächstemal erst ganz kurz vor der Aufführung gedruckt werden.“594 Der Generalintendant der Sächsischen Staatstheater und sein Generalmusikdirektor waren nicht die Einzigen in Strauss’ Umfeld, die dem neuen Regime weichen mussten (s. u.). Für den Komponisten selbst hatte der unrühmlichste Teil seiner Biographie währenddessen schon längst begonnen, ohne dass er die Tragweite der Ereignisse nur entfernt ahnte. „Eine neue Blütezeit der deutschen Kunst“. Der Unpolitische

Strauss’ rege Beteiligungen an den kulturpolitischen Umwälzungen im nationalsozialistischen Deutschland sind trotz intensiver Forschung bis heute noch nicht lückenlos dokumentiert.595 Es ist aber klar, dass er nach ersten Kontakten mit der neuen Führung die Möglichkeit gekommen sah, das Musikleben nach seinen alten Vorstellungen umzukrempeln und die genossenschaftlichen und urheberrechtlichen Interessen der Komponisten endlich vollkommen durchzusetzen. Durch die Genossenschaft deutscher Tonsetzer sowie durch die langjährigen Kontakte zu Musikpub-

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lizisten konnte er jetzt auf ein Netzwerk zurückgreifen, dem auch schlagartig etliche Parteigenossen angehörten. Ein Schreiben an den Komponisten und Musikkritiker des Völkischen Beobachters Hugo Rasch dokumentiert nicht nur das Misstrauen gegenüber der „Politik“ im ­Allgemeinen, sondern auch den absoluten Machtanspruch, den Strauss für sich formulierte. Ebenso zeigt es abermals eindrücklich, wie sehr für Strauss das eigene Werk im Mittelpunkt stand – und wie genau er regis­ trierte, wer was über ihn publizierte. So wurde er hier auch auf Roland Tenschert aufmerksam, der über die Uraufführung der Wiener Fassung der Ägyptischen Helena bei den Salzburger Festspielen im August berichtet hatte. Im Vordergrund stand jedoch die „Neuordnung“ des Musiklebens: Rasch sollte zum Präsidenten des geplanten Berufsstands deutscher Komponisten ernannt werden und Strauss das Ehrenpräsidium übernehmen, während der Dirigent, Komponist und Jurist Julius Kopsch, sein Vertrauter in urheberrechtlichen Fragen, bereits an Detailfragen arbeitete. Sowohl Rasch als auch Kopsch waren Mitglieder der NSDAP und gute Bekannte aus der Genossenschaft deutscher Tonsetzer. Am 27. August 1933 schrieb Strauss: „Lieber Freund Rasch! // Ihr sorgenvoller Brief bestätigt leider auch meine Befürchtungen. Es war etwas ,harsch‘ von dem guten Dr. Goebbels, den von mir an ihn übersandten Kopschschen Brief ohne weiteres ,nach unten‘ gelangen zu lassen, was natürlich den Ärger und das Mißtrauen gegen Kopsch noch verschärft hat. // Der ,Geheimrat‘ hat unter Wilhelm II., unter [dem Reichspräsidenten Friedrich] Ebert regiert: ich fürchte, er wird auch unter Hitler das letzte Wort behalten und zusammen mit ,kunstsinnigen‘ Dilettanten und aufdringlichen Gschaftelhubern auf dem Platze bleiben. Daß unsereins dabei nichts zu tun hat, werden auch Sie, fürchte ich, bald einsehen. Ich habe 20 Jahre unter Wilhelm II. gedient, glaubte 5 Jahre persönlich die Wiener Oper zu leiten. Es ist immer das Gleiche! Kautschuk ist undurchdringlich! // Mein letzter Brief an den gewiß von bestem Willen beseelten Dr. Goebbels war eine Kraftprobe! Sie sehen, ich habe darauf keine Antwort erhalten, kann mich also nicht noch einmal direkt an den Minister wenden, ohne aufdringlich zu erscheinen. Vor 10. Oktober dürfte sich auch keine Gelegenheit ergeben, Dr. Goebbels zu sprechen. In Berlin werde ich ihm jedenfalls meine Aufwartung machen. Wenn er überhaupt geneigt ist, auf mich zu hören, so müßte man dahin wirken, daß vor Mitte Oktober puncto Urheberrechtsgesetz keine entscheidenden Beschlüsse

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gefaßt werden. // Mein Vorschlag geht nach wie vor dahin, daß das Urheberrechtsgesetz […] nach unseren Ideen u. der neuen Staatsidee entsprechend neu geformt wird, sodaß im Oktober Herr Dr. Goebbels u. ich[596] nur das letzte Placet auszusprechen haben, bevor es dem Reichskanzler zur Genehmigung vorgelegt wird. // Geschieht dies nicht, habe ich mit der Sache nichts mehr zu tun, weder Zeit noch Lust, mich auf meine alten Tage nochmals mit Geheimräten abzuraufen und in Ministerien zu antichambrieren. Es muß sich eben jetzt zeigen, wie viel der ,Führergedanke‘ wirklich lebendig wird. // Damit hängt auch die eventuelle Übernahme des freundlich angebotenen Ehrenpräsidiums zusammen, das für mich wertlos ist, wenn es bloß aus ,Ehre‘ besteht. Als Aushängeschild und Ehrenpopanz zu fungieren habe ich nicht die geringste Neigung. Ist das Amt so gedacht, daß nach Rücksprache mit Ihnen u. von mir ausgewählten Sachverständigen u. Gesinnungsgenossen die letzte definitive und autoritative Entscheidung bei mir liegt und von der Regierung ohne Murren bestätigt wird, va bene! Sonst nicht! // Schade, daß Sie nicht in Salzburg waren. Auch die Frau ohne Schatten […] war für mich restlose Erfüllung! // An [Paul] Schwers [Hauptschriftleiter der Allgemeinen Musik-Zeitung] habe ich gestern einen erklärenden Brief geschrieben: Die Besprechung der neuen Helena in seiner Zeitung (wer ist Dr. Tenschert?) war die erste vernünftige und anständige Kundgebung (Kritiken lasse ich mir nurmehr von Leuten gefallen, die das Metier besser beherrschen als ich) seit längerer Zeit. Ich habe das Lesen von Musikzeitungen nach der letzten Belehrung des Herrn Dr. [Heinrich] Strobel [Schriftleiter von Melos] über Parsifal u. Beethoventempi aufgegeben. Mit 69 Jahren dürfte man doch schließlich der Schulbank entwachsen sein und allmählich selbst aufs Katheder gelangen! // Bitte halten Sie mich weiter auf dem Laufenden – wo ich helfen kann, ohne mir jetzt zu vergeben, tue ichs immer gern. Aber jetzt muß man zu mir kommen!“597 Bekanntlich entwickelten sich die Dinge anders: Am 15. November 1933 um 12 Uhr mittags wurde in der Berliner Philharmonie mit einem Festakt die Reichsmusikkammer gegründet: Wilhelm Furtwängler dirigierte Beethovens Egmont-Ouvertüre, die Starschauspielerin Helene Fehdmer-Kayssler rezitierte Schillers Über das Erhabene, der Bariton Heinrich Schlusnus sang Lieder von Schubert und Wolf sowie als Zugabe Strauss’ Zueignung, dessen Text von Hermann von Gilm („Ja, du weißt es, teure Seele, / Daß ich fern von dir mich quäle, / Liebe macht die Her-

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zen krank, / Habe Dank.“) und triumphaler Schluss durch die An­ wesenheit des Führers eine neue Konnotation erhielt. Strauss selbst leitete anschließend sein Festliches Präludium, das bereits 1913 für die Eröffnung des Wiener Konzerthauses entstanden war, und erhielt nach Dankesworten von Adolf Hitler, einer Rede von Joseph Goebbels und dem nicht anders als programmatisch zu verstehenden „Wach-auf “-Chor aus Wagners Meistersingern eine Urkunde über seine Ernennung zum Präsidenten der Reichsmusikkammer. Abends folgte eine Festvorstellung von Arabella unter Anwesenheit der Reichsregierung. Anfang Dezember war Strauss erneut in Berlin und traf neben dem Propagandaminister auch den Reichskanzler: „Papa eine Stunde bei H: Pläne über Bayreuth, Projekt fürs Theater, Festl. Präludium soll nur für festliche Regierungsanlässe gespielt werden, alle Machtbefugnisse, größtes Vertrauen“, notierte Strauss’ Schwiegertochter Alice in ihr Tagebuch.598 Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten am 30. Jänner desselben Jahres hatten sich die Ereignisse überschlagen, und die Welle der „Säuberungen“ hatte unmittelbar nach den politischen Stellen auch das Kulturleben mit voller Härte erfasst. Anfang März wurde der Dresdner Generalmusikdirektor Fritz Busch, der an der Semperoper ­Intermezzo und Ägyptische Helena uraufgeführt hatte und dem Strauss seither freundschaftlich verbunden war, von der SA aus dem Haus gejagt, nachdem er sich geweigert hatte, als Aushängeschild des Regimes nach Berlin zu gehen, weil er „keinem jüdischen Kollegen den Platz wegnehmen würde“.599 Intendant Alfred Reucker legte daraufhin aus Protest sein Amt zurück. Wenige Tage später informierte der Verleger Otto Fürstner den Komponisten, dass er seines Amtes enthoben worden sei.600 Gustav Brecher, der Autor einer der frühesten Strauss-Monographien, der am 1. März 1933 gewaltsam aus seinem Amt als Operndirektor entfernt worden war, richtete daraufhin einen Hilferuf an Strauss, fragte zweifelnd, warum er ihn bei dessen Besuch in Leipzig nicht gesehen habe, und vermutete, „daß die Verschweigung Ihres Leipziger Aufenthaltes mit meiner augenblicklichen Situation zusammenhing: Sie werden gewiss jetzt von Dutzenden bedrängten Berufsgenossen um Hilfe angegangen und ich kann mir denken, daß es Ihnen ebenso peinlich wie lästig ist, da immer wieder dasselbe zu sagen, immer wieder erklären zu müssen, daß und warum im jetzigen Stadium der Umwälzung auch Ihre Macht keine Hilfe zu bringen vermag“ (16. März 1933).601

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Die Warnsignale müssten also auch für Strauss deutlich gewesen sein. Der Ernst der Ereignisse bleibt ihm aber dennoch verborgen. Gegenüber Franz scherzt er: „Mama ist wohl und vergnügt und hochpatriotisch! Wird für mich ein etwas ungemütlicher Sommer werden, wenn Du auch noch mit ihr zusammen gegen die Franzosen in den heiligen Krieg ziehst …“. Trotz dieser Distanz zu nationalistischen Neigungen in der eigenen Familie bezieht er allerdings keine politische Gegenposition, sondern beharrt auf seiner Haltung, die Politik zu ignorieren und allein die Kunst als Maß der Dinge zu nehmen, indem er Wagners Meistersinger zitiert: „,Hier gilt’s der Kunst, wer sie versteht, der werb’ um mich‘ (sagt Evchen)“ (an Franz Strauss, 13. März 1933). Und ausgerechnet aus Bayreuth schreibt er an Pauline: „Es ist so schön, einmal ganz in Kunst zu leben und gar nichts von Politik zu hören“ (21. Juni 1933).602 Hier, bei den Bayreuther Festspielen, die in der Innen- und Außenwahrnehmung kurzerhand zu „Hitler-Festspielen“603 geworden waren, dirigierte Strauss im Sommer 1933 – ohne Honorar – fünf Mal Parsifal. Nachdem Arturo Toscanini seine Teilnahme aus Protest gegen die Nationalsozialisten abgesagt hatte, war Hitlers enge Vertraute, Wagners Schwiegertochter Winifred, persönlich nach Garmisch gekommen, um Strauss für die Vorstellungen zu gewinnen. In einer Pause der ersten Aufführung am 22. Juli führte sie ihn zum Führer, der sich die Anliegen des Komponisten anhörte: Strauss sprach über Urheberrechtsfragen, den Parsifal-Schutz, „Theatersubventionen aus Film- und Radioeinnahmen“, „Ehrentantiemen für notleidende Töchter Bülows etc.“ sowie die Erlaubnis für seine Reise zu den Salzburger Festspielen im August (für die Uraufführung der Wiener Fassung der Ägyptischen Helena).604 Während sein Freund Busch sich geweigert hatte, missliebige Dirigenten zu ersetzen, nutzte Strauss nicht nur in Bayreuth die Gunst der Stunde, sondern hatte bereits am 19. März an Stelle des unerwünschten Bruno Walter ein Konzert der Berliner Philharmoniker übernommen. Darauf wird noch zurückzukommen sein. Als Furtwängler drei Tage danach in Berlin Elektra dirigierte, waren sowohl Hitler als auch Hermann Göring im Publikum, beim anschließenden Souper saßen Richard und Franz Strauss mit dem Generalintendanten der Preußischen Staatstheater Heinz Tietjen und Winifred Wagner zusammen.605 Noch bevor der von Strauss mitunterzeichnete aufsehenerregende „Protest der Richard-Wagner-Stadt München“ gegen den Aufsatz Thomas Manns zu Wagners 50. Todestag am 16. April 1933 in den Münchner

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Neuesten Nachrichten erscheint – Strauss rechtfertigt sich später damit, er habe den Text nicht gelesen606 –, wird der persönliche Kontakt zum Führer gesucht. Am 21. April berichtet er Tietjen: „Mein Brief an Hitler […] wurde von dem Vorsitzenden des Münchner Kampfbundes [für deutsche Kultur (KfdK)], der befürchtete, der Reichskanzler würde ihn in Berlin zu spät erhalten, am Ostersonntag dem Kanzler in Berchtersgaden [sic] eingehändigt. Ich bin Sonntag bei den Meistersingern in München und es ist möglich, dass der Kanzler mich bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal empfängt.“607 Dass Strauss im selben Schreiben – jenem an Tietjen – erklärt, sich für Fritz Busch verwenden und bei seinem Engagement an der Berliner Staatsoper vermitteln zu wollen, zeugt von jener unrealistischen Einschätzung der Lage und Überschätzung der eigenen Position, die insbesondere während der Zeit seiner aktiven Beteiligung an der nationalsozialistischen Kulturpolitik noch dramatische Auswirkungen haben wird. Bald wird ihn das Gefühl seiner Machtlosigkeit beschleichen. Einstweilen ist er aber Feuer und Flamme. Als er die Weltgeschichte des Theaters von Joseph Gregor erhält, schreibt er an seinen späteren Librettisten: „[I]ch verspreche Ihnen, auch für dieses wieder so schön ausgestattete Buch eifrig Propaganda zu machen. […] Ist es auch in Deutschland zu haben? Was kostet hier das einzelne Exemplar? Ich möchte – im Vertrauen – damit ein paar ‚interessante Dedikationen‘ machen!“ Anschließend zitiert Strauss noch launig aus Mozarts Nozze di Figaro: „Il resto no dico“ („Das Weitre verschweig ich“) (10. Dezember 1933).608 Was er hier verschweigt: Unter den Adressaten befinden sich Hitler und wohl auch Goebbels, zumal sich beide – Hitler für das Buch, Goebbels für ein „Weihnachtsgeschenk“ – bei Strauss bedanken.609 In den nächsten Monaten sind die Kontakte mit der NS-Führungsriege ebenso intensiv, wie sich Strauss in seiner neuen Rolle als Präsident der Reichsmusikkammer engagiert. Geradezu freundschaftlich verkehrt die Familie mit Hans Frank, zu jener Zeit bayerischer Justizminister; Strauss trifft mit den Ministern Wilhelm Frick („Reichsministerium des Innern“), Hermann Göring („Luftfahrt“) oder Bernhard Rust („Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung“) zusammen. Naturgemäß besonders häufig begegnet er dem stellvertretenden Präsident der Reichskulturkammer und dem Staatssekretär im „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“, Walther Funk – sowie selbstverständlich dem Propagandaminister selbst. Ihm widmet Strauss „zur Erinnerung an den 15. No-

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vember 1933 verehrungsvoll“610 das Lied Das Bächlein, das er bereits am 3. Dezember 1933 geschrieben hat.611 Am 13. Februar 1934 ist er mit Hitler, Frau Goebbels (der Propagandaminister ist „erkrankt“), Werner Krauss und Franz Strauss bei Funk eingeladen, begleitet Viorica Ursuleac bei den Liedern Befreit und Cäcilie, Heinrich Schlusnus wiederum u. a. bei Zueignung. Die Programmatik dürfte auch hier wieder nicht ganz unbeabsichtigt gewesen sein. Gemeinsam mit Franz verbringt Richard Strauss im Februar 1934 fast zwei Wochen in Berlin. Nach Hause berichtet er: „Bubi und ich sind wohl und vergnügt und in bester Harmonie. Ich erledige hier mündlich tausend Sachen mit bestem Erfolg und absoluter Autorität und werde zu Hause dann meine Ruhe haben. Heute abend Filmball, Dienstag bei Funk mit Hitler und Dr. Goebbels in kleinstem Kreis. / Göring war begeistert von mir, telefonierte noch an Tietjen: ich sei ‚ganz große Klasse‘! / Er war sehr komisch, will meine neue Oper (mit großem Vertrag!) für Berlin allein haben, was natürlich nicht geht. Aber jedenfalls bin ich hier jetzt bestens aufgehoben und kann erreichen, was ich will“ (an Pauline Strauss, 10. Februar 1934).612 Bereits zweieinhalb Monate später nimmt er seine neue Rolle, wieder gegenüber seiner Frau, mit heiterer Ironie aufs Korn – und bringt ihr allem Anschein nach nur wenig Ernst entgegen: „Freitag auf der Buchhändlertagung habe ich meine erste improvisierte Rede geschwungen, nach Bubis Ansicht großer Fortschritt und allgemeine Begeisterung! Ja, so ein Präsident! Was für ein großes Tier! Es ist zum Lachen!“ (30. April 1934).613 Schon wenige Tage zuvor lässt er in einem weiteren Brief an sein „Geliebtes“ durchblicken, dass sich seine Funktion nicht mit der Rolle als Komponist, in der er vor allem wahrgenommen werden möchte, in Einklang bringen lässt – einer der seltenen Fälle, in denen schon jetzt ein melancholischer Tonfall in seinen Äußerungen mitschwingt, der erst rund um das Kriegsende in vollem Ausmaß ausbrechen wird: „Wie komisch die Menschen sind: gewiß bewundern mich die Menschen als Künstler. Aber das ganz große Tier bin ich für die meisten erst als Präsident der R. M. K.“ (an Pauline, 27. April 1934).614 Seine privaten Äußerungen sind zuweilen ähnlich distanziert oder spöttisch. Zwei Tage nach der „Machtergreifung“ unterschreibt er – ohne, dass daraus hervorgehen würde, worauf sich die Bemerkung bezieht – eine Postkarte an Hans Knappertsbusch mit „Ein tiefbetrübter Einsiedler“ (1. Februar 1933).615 Zwei Jahre später unterzeichnet er eine Einladung

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zum Skat an den Münchner Generalmusikdirektor: „Mit hörzlichem Sgad Hoyl! / der derz. Garmischer Sgadwöldmeister!“ (an Knappertsbusch, 7. Februar 1935).616 Bei seinen in den Monaten seiner Präsidentschaft zahlreichen offiziellen Auftritten inszeniert sich Strauss allerdings ganz als linientreuer Apparatschik. Allein im Februar hält er zumindest drei Reden in Berlin, im April folgen weitere Ansprachen am selben Ort sowie in Leipzig, wo er am 26. April die Alpensinfonie dirigiert, die als Reichssendung im Rundfunk ertönt, und tags darauf den erwähnten improvisierten Vortrag präsentiert. Die Haltung, die Strauss als Funktionär einnimmt, lässt keinen Hauch von Selbstironie erkennen, dafür aber einen durchaus manifesten Gestaltungswillen. Sein Ziel, Musik aus anderen Ländern ebenso zu verdrängen wie die Sphäre der „Unterhaltungsmusik“ von der Operette bis zu den Bearbeitungen, die von Kur- und Badeorchestern gespielt werden, systematisch zu reglementieren, vertritt er zwar unter dem Deckmantel der Interessen aller „ernsten“ Komponisten (mit Ausnahme der „Atonalen“, über die sich seine Meinung und die der Nationalsozialisten vollkommen decken). Dass Strauss dabei allerdings auch und im Zweifelsfall zuvörderst seine eigenen Interessen im Auge hat, geht aus seinen Aktivitäten während seiner Reichsmusikkammer-Präsidentschaft eindeutig hervor. So möchte er etwa dem Präsidenten der Reichstheaterkammer Otto Laubinger seine „Besorgnisse mitteilen […], daß die Spielpläne unserer Operntheater sich fortwährend auf absteigender Linie in der Richtung immer größerer Verflachung und Oberflächlichkeit bewegen. Das ausländische Repertoire, besonders die Italiener, nehmen jetzt eine immer mehr vorherrschende Stellung ein, wenn nicht durch einen Ukas [Erlass] von Oben diesem Spiel der Faulheit Einhalt geboten wird.“ Auch hier vergisst er nicht, explizit auf seine – selbstverständlich bei Weitem zu wenig gespielten – eigenen Werke zu verweisen. „Bei dem heutigen Betrieb ist jede staatliche Subvention hinausgeworfenes Geld, und wenn unsere Opernhäuser keine Kulturstätten, sondern nur Vergnügungslokale sein sollen, ist es besser, man verpachtet sie an spekulative Börsenmänner […]. Ebenso habe ich schon des öfteren beim Herrn Minister [Goebbels] darauf gedrungen, daß aus unseren subventionierten Opernhäusern, vielleicht mit Ausnahme der ‚Fledermaus‘, die Operette gänzlich verbannt und der Privatinitiative überlassen werde“ (12. Dezember 1934).617

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Für das offizielle Musikleben des Dritten Reiches war Strauss von unschätzbarer Bedeutung. 1934 erschien ein ihm gewidmeter Band von Fritz Gysi aus der Reihe „Die großen Meister der Musik“618, die zwischen 1933 und 1939 von Ernst Bücken herausgegeben wurde und zwölf ausschließlich „deutsche“ Komponisten behandelte; Strauss war der einzige lebende unter ihnen. 1939 folgte noch ein Band zu Max Reger nach, der da allerdings schon fast ein Vierteljahrhundert lang tot war. Als wichtigster nationaler Repräsentant des Kultur- und Musiklandes Deutschland, das sich die Nationalsozialisten besonders auf die Fahnen hefteten, hatte er sich aufgrund seiner internationalen Berühmtheit schon lange Jahre zuvor in einer konkurrenzlosen Position befunden. Der linientreue Parteigenosse Hans Joachim Moser, der im Dritten Reich eine große Karriere machte, hatte schon in den 1920er Jahren trotz mancher Einwände – Salome und Elektra zeichneten sich für ihn etwa vor allem durch „sno­ bistischen Sensationswert“ aus – diese internationale Ausstrahlung unter anderem in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 11. Juni 1929 mit nationalistischem Pathos herausgestellt: „Eins jedenfalls wird die deutsche Kunstkritik jeder Richtung einem Richard Strauß freudig und dankbar zugestehen müssen: daß er dem deutschen Namen Ruhm und Ehre eingebracht hat auf dem weiten Erdenrund.“* Sein Biograph Max Steinitzer hatte die Zeichen der Zeit bereits erkannt, als er Strauss wenige Tage nach der „Machtergreifung“ im Sinne der Nationalsozialisten als einzig wahren Walter Wagners in Stellung brachte und dabei im Dresdner Anzeiger vom 12. Februar 1933 im reinsten deutschtümelnden Stil tönte: „Auch den romanischen Völkern diesseits und jenseits des Ozeans wurde durch ihn ein Hauch des deutschen Geistes übermittelt, der in den Werken des Meisters lebendig wird. Weit dankbarer aber ist der Boden des eigenen Vaterlandes, das in Strauß einen seiner größten Schaffenden und größten Interpreten feiert. Hilft er doch mit, wertvollstes Kulturgut, die Erneuerung germanischer Dichtung und Sage, als lebendiges Heiligtum zu bewahren in einer Zeit, in der Mißachtung solchen Besitzes von gewisser Seite förmlich in ein System gebracht wird. […] Solcher Verschlampung entgegen wirkt das Beispiel eines Mannes wie Richard Strauß, der nie eine Konzession an die Gedankenlosigkeit minderwertiger Tagesmoden kannte, der stets mit seiner vollen Persönlichkeit für seinen Meister eintrat, sein eigenes Wollen mit dem Wagners identifizierte. Solange Män-

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ner wie er wollen, haben wir wenigstens an einer Anzahl bevorzugter Opernhäuser ernster Richtung eine deutsche Kunst.“* Anlässlich seines 70. Geburtstags 1934 erlebte Strauss die pompösesten Feiern seines Lebens: Große Veranstaltungszyklen gab es in Berlin, wo Hans Rosbaud eine Reichssendung des Guntram dirigierte und eine Strauss-Ausstellung im Theatermuseum der Staatstheater gezeigt wurde619, sowie in München und Wien. Im Rahmen der Strauss-Woche in Dresden fand ein offizieller Festakt in den Kulissen des Rosenkavaliers statt, der am Abend in einer Neueinstudierung Premiere hatte; und im Foyer wurde eine Büste des frischgebackenen Ehrenbürgers der Stadt von Hugo Lederer enthüllt. Bereits zwei Tage zuvor hatte er in einer Feier der Reichsmusikkammer Originalbriefe von Mozart und Wagner, Bildnisse von Hitler und Goebbels sowie den „Adlerschild des Deutschen Reiches“ erhalten. Die Tageszeitungen feierten das Jubiläum noch ausführlicher als zehn Jahre zuvor. So rang Max Neuhaus im Völkischen Beobachter vom 11. Juni 1934 darum, seine Würdigung des Komponisten in Einklang mit dem nationalsozialistischen Geschichtsbild in Bezug auf die letzten Jahrzehnte zu bringen und auch seine Entwicklung als folgerichtig zu beschreiben: „Über die Bedeutung, die Richard Strauß in dem Schaffen unserer Zeit einnimmt, ist der Streit verstummt. Auch diejenigen, die ihn in früheren Jahrzehnten als einen wilden ‚Umstürzler aus Laune‘ betrachtet haben, mußten ihre Meinung ändern, mußten erkennen, daß Richard Strauß einen Entwicklungsgang durchgemacht hat, der aus innerer Notwendigkeit sich vollzogen hat. // Die künstlerische Persönlichkeit des Komponisten spiegelt sich klar und unmißverständlich in seinen Werken und in dem unsicheren Tasten, das sich in dem Musikschaffen der letzten drei Dezennien nach der unseligen Novemberrevolte offenbarte und jedem aufrechten und künstlerisch fühlenden Deutschen zur seelischen Pein wurde. In dieser Unsicherheit ragte Strauß wie ein Fels auf, fest und unerschütterlich, ohne je die geringsten Konzessionen an die ‚Forderungen der Zeit‘ zu machen. Da zeigte er den Charakter als Künstler, der erst die Größe des Künstlertums bestimmt. // Wenn Richard Strauß auch in früheren Jahren als Revolutionär galt, der über den ‚Revolutionär‘ Richard Wagner hinaus noch die Kühnheit neuer Gedanken, neuer Ausdrucksformen in der Kunst in sich trug, so sehen wir, daß dieses ‚Umstürzlerische‘ positiv – nicht zerstörend war. Die Art seiner Schreibweise war allerdings neu, war überraschend und wurde besonders von denen,

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die noch unter dem Einflusse der Fehde gegen Richard Wagner standen, die sich ‚Neuerungen‘ aus Bequemlichkeit des Geistes verschlossen, als besonders ‚umstürzlerisch‘ empfunden.“ Solche argumentativen Verrenkungen waren nötig, da vor allem Salome und Elektra allzu nahe an ästhetisch verpönten Richtungen waren. Isoliert betrachtet, hätten sowohl die Dissonanzen in diesen beiden Werken als auch ihre Sujets bereits ausgereicht, um dem „kleinbürgerliche[n] Nippes-Geschmack der Nazis“620 zu widersprechen. Doch da es sich um Strauss handelte und der Führer selbst besonders Salome und ihren Komponisten hochschätzte621, musste den inneren Widersprüchen des Œuvres notgedrungen eine Logik aufgepflanzt werden, die sich mit einer übergeordneten Geschichtskonstruktion vertrug und nebenbei auch noch das Ideologem einer dunklen Zeit während der Weimarer Republik einbezog. Im selben Artikel wird auch eine Ansprache Strauss’ wiedergegeben, die wohl auf der Feier der Reichsmusikkammer gehalten wurde: „Vor kurzem, in einer Vorfeier seines Geburtstages, gab der Jubilar einen kurzen Rückblick auf die letzten Jahre seines Lebens. Bei seinem 60. Geburtstage – so führte er aus – sei eine schwere Zeit gewesen, eine Zeit innerlicher Zerrissenheit und kulturellen Niederganges. Doch jetzt, da Adolf Hitler die Einigung des ganzen deutschen Volkes erreicht hat, jetzt strebten wir aufwärts, jetzt seien die Bedingungen gegeben zu einer neuen großen Blütezeit der deutschen Kunst. Mit diesem frohen Gefühl schreite er jetzt getrost in sein achtes Lebensjahrzehnt.“ Während im Rahmen einer Veranstaltung des Regierungsapparats solche Äußerungen Strauss’ durchaus denkbar erscheinen, hat er sie offenbar in größerem Rahmen eher vermieden, wusste sich aber auch hier dem Wortschatz der Herrschenden anzuschmiegen. So berichtete der Dresdner Anzeiger am 12. Juni 1934 von den Geburtstagsfeierlichkeiten im Opernhaus und zitierte Strauss mit den Worten: „Ich verspreche, die Treue zu halten, die soviel Glück gebracht!“* Damit hatte er sich zwar auf Dresden als Ort seiner meisten Opernuraufführungen bezogen und die Ankündigung begleitet, dass auch Die schweigsame Frau hier uraufgeführt werde, doch war die Wortwahl auch anderweitig als opportun zu verstehen, denn: „Durch alle Worte dieser Feier fühlte man das Walten eines neuen Geistes, des Geistes der deutschen Erhebung. In diesem Sinne gedachte abschließend der Generalintendant [Paul Adolph] des Mannes, der die deutsche Gegenwart durch die deutsche Kunst neu geheiligt hat: des Führers Adolf Hit-

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ler.“ Anschließend gab die Zeitung „Des Meisters Dank“ wieder, um deren Veröffentlichung Strauss gebeten habe: „Beweise der Sympathie und Anerkennung sind mir von meinen deutschen Volksgenossen, ebenso von vielen ausländischen Freunden in so reichem Maße zugeflossen, auch die Presse hat mir so schöne Würdigungen gewidmet, daß ich, nicht imstande, allen einzeln zu danken, bitten muß, in dieser Form meinen wärmsten Dank entgegenzunehmen.“* Es ist aber nicht ganz richtig, dass im Jahr von Strauss’ 70. Geburtstag „das Presseecho […] nicht anders als gewaltig und einhellig positiv bewertet werden kann.“622 Bei seinem „Versuch einer Gesamtschau“ in der Frankfurter Zeitung vom 10. Juni 1934, die sich eine gewisse Distanz zum Regime bewahrte, ließ deren Musikschriftleiter Karl Holl gegenüber der Regierung und dem Komponisten eine durchwegs kritische Haltung anklingen: „Der 70jährige Strauß schaut in die Zeit, in eine wiederum ganz verwandelte, antiliberalistische Umwelt als ein anerkannter Meister seiner Zunft, zugleich als ein Meister der individuellen Lebensgestaltung. Der Künstler Strauß steht am Ende einer großen Vergangenheit und an der Schwelle einer Zukunft, die sich eben erst in etwas klareren Linien andeutet. Er gehört durchaus noch dem 19. Jahrhundert an. […] 1934 steht Strauß wieder im Vordergrund des musikalischen Lebens in Deutschland als Präsident der Reichsmusikkammer und als Führer des Berufsstands der deutschen Komponisten. Er hat noch als Siebzigjähriger eine große Aufgabe, eine gewaltige Verantwortung übernommen. Möge er die Kraft finden, diese mehr als organisatorische Mission so gradlinig, so glücklich zu erfüllen, wie er seine künstlerische Sendung erfüllt hat.“ Daneben schilderte ihn Holl nicht nur als Erscheinung ohne künstlerischen Gegenwartsbezug und deutete dabei an, dass er in einem Gegensatz zum Zeitgeist steht, sondern fand für Strauss als Komponisten harte Wor­ te: „Die Gefahr des Musikanten Strauß ist, kurz gesagt: das Banale, die des Technikers Strauß, des früh gereiften Virtuosen: das klingende ‚Kunst­ gewerbe‘.“* In der Allgemeinen Musik-Zeitung frönte Fritz Brust in Bezug auf Strauss’ Amt ganz der offiziellen Linie: „Die nationale Erhebung hat Strauß als Repräsentanten der deutschen Musik an die wichtigste und verantwortungsvollste Stelle gebracht und mit einer großen Mission betraut. Bei der Weltgeltung seiner Musik und der Fülle der Kunstwerke, die er der Menschheit geschenkt hat, war das eine Entscheidung, die im

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In- und Ausland verstanden wurde. Denn die Kunst von Strauß beherrscht Jahrzehnte, und durch die langjährigen Verirrungen experimentierender ‚Neutöner‘ hindurch blieb er doch der ruhende Pol. Man wurde sich mehr und mehr bewußt, wie doch nur er allein die neue Generation von Musikern nachhaltig beeinflußt hatte. Daß ihn die neue Zeit darum ganz als den ihrigen in Anspruch nimmt, ist bei solchen Erfolgen nur begreiflich.“623 In derselben Ausgabe schlug der mit Strauss in Kontakt stehende Hauptschriftleiter Paul Schwers in eine andere Kerbe und ließ auch anklingen, dass es sehr wohl Kritik am Präsidenten der Reichsmusikkammer gab: „Wer wohl, der ihn wirklich kennt, mag glauben, daß ihn diese ehrenvolle Mission wirklich glücklich gemacht hat? Solches liegt im Grunde seiner Natur fern. Aber er tat seine Pflicht, er gab dem Staate, was der Staat von ihm begehrte. Er wird durch seine Autorität auch weiter dem Staate zu helfen suchen, selbst wenn sein Wirken nicht immer die unbedingte Zustimmung der Fachgenossen findet.“624 In der Zeitschrift Die Musik, inzwischen „Amtliches Organ der NSKulturgemeinde“, versuchte „Generalmusikdirektor Dr. Julius Kopsch, Reichsleiter im ‚Berufsstand deutscher Komponisten‘“, die Fachkollegen treulich für den Präsidenten einzunehmen: „Schauen wir nach außen, so waren Straußens Triumphe Triumphe der deutschen Musik, schauen wir nach innen, so waren Straußens Siege Siege der deutschen Komponisten.“ – „Nicht von ungefähr ist der außerhalb des politischen Kampfes stehende Richard Strauß in das verantwortliche Amt berufen worden, das der junge nationalsozialistische Staat an einen deutschen Musiker zu vergeben hat.“ Kopsch argumentiert dann sowohl für die Person als auch für die Musik und zählt Strauss’ Charaktereigenschaften auf: „menschliche Güte und Gerechtigkeit, sein feiner Takt, seine verblüffende Leichtigkeit und Geschicklichkeit, letzten Endes aber auch gerade der dem Genie e­ igene Fleiß“. Und nachdem es gerade auch in der neuen Führungsriege geschmackliche Vorbehalte gegen Strauss gab und das alte Epitheton des „Dekadenten“ keineswegs vergessen war, fühlte sich der Freund bemüßigt, die Kunst des Komponisten dort anzusiedeln, wo die national­sozialistische Ideologie ihr fatales Zentrum hatte: „Unsere Zeit hat noch ein anderes Element in Straußens künstlerischem Ausdruck deutlich hervortreten lassen: die Volksverbundenheit. Gewiß hat Strauß die musikalischen Ausdrucksmittel unendlich gesteigert und dadurch scheinbar sich von der Einfachheit, die das Volk liebt, entfernt.“ Jedoch

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„immer findet er aus aller Steigerung und Übersteigerung doch die Synthese im schlichten volksliedartigen Ausklang. Hier ist vielleicht die tiefste Ursache des die Welt umfassenden, alle Konjunkturen überdauernden Erfolges der Straußschen Werke zu suchen. […] [I]mmer kehrt er […] zu seinem Volkstum zurück. Die l’art pour l’art-Künstler übertrifft er durch sein Können, mit dem Volke aber ist er durch die Seele verbunden.“625 Ein Heft später stieß auch ein Beitrag von Max Steinitzer in dasselbe Horn. Für ihn verkörperte Strauss „das tiefe deutsche Gemüt“, und auch ein weiteres Argument verschmähte der Jugendfreund nicht: „Selten ist es einem großen Künstler deutscher Nation beschieden, schon bei Lebzeiten ‚Liebling des Volkes zu sein‘.“626 Und noch ein Freund wurde anlässlich des 70. Geburtstags öffentlich aktiv: Siegmund von Hausegger hielt bei der Tonkünstlerversammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins am 7. Juni 1934 in Wiesbaden eine flammende Festrede, die von der Zeitschrift für Musik wiedergegeben wurde. In Inhalt und Tonfall ergab sich dabei durchaus eine akzeptable Schnittmenge mit den Positionen der neuen Machthaber, insbesondere in ästhetischer Hinsicht. Weder Hausegger brauchte sich dafür zu verstellen, noch lief diese Instrumentalisierung den Ansichten Strauss’ und dessen Selbstbild zuwider: Nachdem er die Vorbilder Wagner, Liszt und Mozart beschworen hat, reklamiert er den Jubilar im Sinne des Zeitgeists: „Und deshalb ist Richard Strauß in Werken und Wirken ein Führer des Fortschritts, weil er das Beispiel gab, wahrhaft gegen sich selbst seinen ihm arteigenen Weg zu gehen, nicht aber weil er etwa, wie Böswilligkeit und Unverständnis ihn beschuldigten, die Sensation des um jeden Preis Neuen anstrebt. Seine Musik in irgendwelche Beziehung zu den destruktiven Elementen der jüngstverflossenen ‚Moderne‘ bringen zu wollen, wie dies versucht wurde, ist widersinnig. […] Gerade Strauß beweist, daß alle Freiheit der harmonischen Behandlung ihren Sinn im Gesetz begründet. Freiheit ist, unter dem Schein seiner Aufhebung, Erfüllung des Gesetzes. Atonalität ist, auch wenn sie sich auf erklügelte Gedankenkonstruktionen beruft, Verneinung. Strauß aber ist seinem ganzen Wesen nach Bejaher.“ Strauss sei daher, resümiert Hausegger, „der geniale, überragende, echt deutsche Meister der Tonkunst, Führer, Wegbereiter und Vorbild zugleich für unsere Zeit, für unsere Jugend.“627 Neben solcher Verherrlichungsprosa gab es allerdings auch noch andere Stimmen: Der Versuch einer Würdigung von Hans Költzsch zum 70. Geburtstag, die erstmals im

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Juni 1934 veröffentlicht und ein Jahr später von der Zeitschrift für Musik „anläßlich der bevorstehenden Uraufführung der Oper ‚Die schweigsame Frau‘“ wieder abgedruckt wurde, kommt einer Demontage gleich: „Doch ach, Artistik nur … Es ist mit Richard Strauß wie mit einem sehr guten Schriftsteller, der, mit tiefschürfender seelischer Einfühlungskraft und der Gabe, sie in Worte zu bannen begabt, uns Mensch, Leben und Natur abbildet, und gleichsam induktiv zu starkem Miterleben zwingt – und doch nie die Grenze des eigentlich Schöpferischen überschreiten kann. Der ein Schriftsteller bleibt und nie ein Dichter werden kann. – Richard Strauß ist der größte Musik-Schriftsteller der Gegenwart! Er schreibt in und mit Musik, nicht aber Musik tönt durch ihn. Eine Erscheinungsform des schaffenden Menschen, die beileibe nicht modern ist, sondern die es zu allen Zeiten gegeben hat. Was Strauß dabei von ähnlichen Erscheinungen der Gegenwart wie Schreker, Weill, Krenek, Hindemith trennt, ist die vornehme Haltung, die Ehrlichkeit, Lauterkeit und, bis auf wenige Fälle (Schlagobers), Kompromißlosigkeit seiner künstlerischen Ge­ sinnung, das Nicht-mehr-scheinen-wollen.“ Zwar gesteht der Autor ein: „[E]r kann Musik, und er arbeitet mit ihr“, doch ist sein Resümee wenig schmeichelhaft: „Ewige Kluft zwischen Beruf und Berufung, Könner und Künder; zwischen Talent und Genie […]. Richard Strauß, das ist nicht so sehr seine Schuld, sondern seine ihm gegebene Natur, gehört zur Seite des Berufs und Talents.“628 Bereits ein halbes Jahr nach Amtsantritt kam es zwischen Strauss und dem Regime zu schwerwiegenden Konflikten: Aufgrund der Spannungen zwischen Deutschland und Österreich wurde der Reichsmusikkammer-Präsident genötigt, seine Dirigate bei den Salzburger Festspielen im Sommer 1934 abzusagen. Die Wiener Reichspost vom 29. Juli 1934 berichtete, es werde „diese Absicht, die schwer erklärbar erscheint, nicht ohne Rückwirkungen bleiben. In der vergangenen Spielzeit wurden nämlich zahlreiche Werke des genannten Komponisten aufgeführt. Diese Werke dürften in der kommenden Saison ausgewechselt werden und nicht mehr zur Aufführung kommen.“ Auch im Vorfeld der Uraufführung der Schweigsamen Frau gab es Schwierigkeiten wegen des „nichtarischen“ Textdichters Stefan Zweig, der von Strauss in seinen Briefen nicht nur über den Fortgang der Arbeit an der Oper, sondern auch über dessen kulturpolitische Pläne informiert und dabei mit Zweckoptimismus überschüttet wird. In der Anfangszeit seiner Funktionärstätigkeit schreibt

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Strauss am 21. Jänner 1934: „Ich glaube mich aber demselben [dem Amt des Reichsmusikkammer-Präsidenten] nicht versagen zu dürfen, weil bei dem guten Willen der neuen deutschen Regierung, die Musik und Theater zu fördern, wirklich viel Gutes gewirkt werden kann, und ich auch tatsächlich schon manches Ersprießliche bewirken und manches Unglück verhüten konnte.“629 Kaum sieben Monate später gibt er am 24. August 1934 dieser „Regierung“ bereits keine lange Lebenszeit mehr: „Selbstverständlich kommt für mich kein anderer Dichter in Betracht als Sie selbst. // Aber: taktisch ist es vielleicht klug, wenn, für den Fall, daß wir wieder ein oder mehrere Werke zusammenarbeiten, wir zu Niemand ein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen. Ich sage, wenn man mich frägt: ich arbeite gar nichts, habe keinen Text mehr. In ein paar Jahren, bis die Sachen dann fertig sind, sieht die Welt wahrscheinlich doch wieder anders aus.“630 Schon im Herbst wurde der Konflikt mit dem Regime offenkundig, als ein Brief an Julius Kopsch vom 4. Oktober 1934 beschlagnahmt wurde, in dem sich Strauss nicht nur gegen den Boykott ausländischer Komponisten und gegen die Rassenpolitik der Nationalsozialisten ausspricht, sondern auch bereits seine Ermüdungserscheinungen gegenüber dem Amt anklingen lässt: „Ich kann am 16. Oktober unmöglich in Berlin sein. Ausserdem kommt bei diesen Sitzungen gar nichts heraus. Ich höre, dass der Arierparagraph verschärft werden soll und Carmen verboten! An derartigen weiteren Blamagen wünsche ich als ‚Verfemter des Geistes‘ mich so wie so nicht aktiv zu beteiligen. Meine ausgiebigen ernsthaften Reformvorschläge hat der Herr Minister abgelehnt. […] Meine Zeit ist mir zu kostbar, um mich an diesem Dilettantenunfug weiter zu be­ teiligen!“631 Goebbels vermerkt daraufhin über Strauss in seinem Tage­ buch: „Muß ersetzt werden. Soll komponieren, damit dient er der Kunst mehr. Furtwängler schlägt an seiner Stelle Peter Raabe vor“ (19. Oktober 1934). Und am 31. Oktober vermerkt der Propagandaminister: „Mit R. Strauß Rücktritt besprochen.“632 Auch der Generalintendant der preußischen Staatstheater Heinz Tietjen wusste davon, dass Strauss, der ihm am 13. November 1934 darüber schrieb, bereits seine Demission nahe­ gelegt worden war.633 Doch dazu kam es noch nicht. Stattdessen fuhr Strauss auf Linie. Als Hugo Rasch seinen Posten als Musikkritiker des Völkischen Beobachters verlor, nachdem er die Uraufführungen der Symphonischen Stücke aus der Oper Lulu von Alban Berg am 30. November 1934 in Berlin zu wohlwollend besprochen hatte – die Kritik erschien

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freilich nicht mehr –, schrieb ihm Strauss am 9. Dezember: „Dass Herr [Alfred] Rosenberg nach Ihrer Lulukritik Sie aus dem V.B. entfernt hat, hätte ich Ihnen vorher sagen können, es war auch gelinde gesagt eine grosse Eselei und eine von den ganz überflüssigen Entgleisungen der Kritikermentalität, die sich zwar nicht entblödet stets an den Grössten herumzumäkeln, aber wo ihr aufgelegter Schund vorgelegt wird, Angst hat zu erklären, das ist Bockmist. Mit der Impotenz gibt es kein Auseinandersetzen, sondern nur ein Bedauern. Es tut mir herzlich leid für Sie.“634 An Goebbels sandte er am folgenden Tag ein Telegramm, das sofort an die Öffentlichkeit kam und von der Neuen Freien Presse am 11. Dezember 1934 publiziert wurde: „Zur großartigen Kulturrede sende herzlichen Glückwunsch und begeisterte Zustimmung. In treuer Verehrung, Heil Hitler, Richard Strauß.“635 Bei Hitlers Vertrautem Tietjen bedankte er sich anlässlich der Berliner Neueinstudierung der Ägyptischen Helena am 30. März 1935 für die „unvergleichliche Helenaaufführung. Es war ein Festabend im wahrsten Sinne des Wortes, festlich durch die Anwesenheit des gütigen Führers und seiner Ministers, festlich durch die aufrichtige Begeisterung des Publikums, festlich durch eine vorbildliche, bisher unerreichte Wiedergabe des schwierigen Werkes.“636 Wäre es eine Komödie gewesen, könnte man sagen, dass Strauss in diesen Monaten zu Höchstform aufgelaufen sei – brachte er es doch über sich, gegenüber Stefan Zweig abfällig über eine neue Auftragskomposition zu schreiben („Ich vertreibe mir in der Adventslangeweile die Zeit damit, eine Olympiahymne für die Proleten zu componieren“, 21. Dezember 1934)637 und drei Monate später für sich selbst zu notieren: „A. Hitler die Olympische Hymne vorgespielt u. das Manuskript geschenkt: das er mit herzlichem Dank u. den Worten annahm: Es wird mir ein teures Andenken sein. Hernach Gespräch über die heroische Oper, meine Stellung zu R. Wagner, mit dem eine 6000jährige Kunstentwicklung abgeschlossen“ (29. März 1935).638 Zweig gegenüber hatte er in einem seiner vielen Versuche, ihn zu weiterer Zusammenarbeit zu bewegen, nochmals angedeutet, dass er mit dem Regime in wenigen Jahren nicht mehr rechnen würde: „Ich gebe Sie auch nicht auf, auch nicht, weil wir jetzt gerade eine antisemitische Regierung haben. // Ich bin sicher, dieselbe würde auch einer neuen Zweigschen Oper keine Schwierigkeiten bereiten und wenn ich offen mit dem mir sehr freundlich gesinnten Dr. Goebbels darüber rede, auch keinen Affront darin erblicken! Aber warum jetzt unnötige Fragen anschneiden, die in 2 bis 3

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Jahren sich von selbst erledigt haben?“ (26. Februar 1935).639 Und nach einem weiteren Gespräch mit Hitler, in dem es um die Idee eines „Kulturgroschens“ für die staatlichen Bühnen gegangen war, der „auf jedes Billet zu Theater, Concert, Kino, Fußball, Pferde- und Radrennen, Boxkampf “ etc. aufgeschlagen werden sollte, schreibt er dem „Führer“: „Sehr verehrter Herr Reichskanzler! // Indem ich Ihnen nochmals meinen wärmsten Dank ausspreche für die kostbare, wahrhaft begeisternde Stunde, die Sie mir gestern geschenkt haben, erlaube ich mir, zu Ihrem Geburtstage meine und meiner Familie herzlichsten Glückwünsche zu übersenden u. somit der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß Sie lange in ungetrübter Gesundheit dem deutschen Volke und der deutschen Kunst erhalten bleiben mögen“ (18. April 1935).640 Von seinen privaten Schreiben ist währenddessen kaum eines frei von Ironie oder Sarkasmus. Zur Zeit der Proben für die Uraufführung der Schweigsamen Frau am 24. Juni 1935 in Dresden lässt er etwa in einem Brief an Pauline Strauss vom 16. Juni 1935 deutliche Distanz zum Regime erkennen: „Ich fürchte, die ganze hohe Regierung kommt zur Erstaufführung! Aber auch das wird diese Oper nicht umbringen!“641 Es ist häufig nicht eindeutig zu entscheiden, wie Strauss solche Äußerungen eigentlich meint. Zwar stellt er sich, wie auch aus den vorhergehenden Ausschnitten deutlich wird, bis an den Rand der Selbstaufgabe auf die Adressaten seiner Briefe ein. Doch bringen es Ironie und Sarkasmus mit sich, dass das Gesagte und das Gemeinte gleichermaßen wirken können und der Kontext die Bedeutung verändert. Deshalb ist es auch bei jenem berühmten Brief an Stefan Zweig vom 17. Juni 1935, der die Wende von Strauss’ Karriere im Dritten Reich besiegeln sollte, so leicht, aus dem Zusammenhang gelöste Zitate missverständlich zu deuten: „Ihr Brief vom 15ten bringt mich zur Verzweiflung! Dieser jüdische Eigensinn! Da soll man nicht Antisemit werden!? Dieser Rassestolz, dieses Solidaritätsgefühl – da fühle sogar ich einen Unterschied! Glauben Sie, daß ich jemals aus dem Gedanken, dass ich Germane (vielleicht, qui lu ca [recte: qui le sait]) bin, bei irgend einer Handlung mich habe leiten lassen. Glauben Sie, dass Mozart bewusst ‚arisch‘ komponiert hat? Für mich gibt es nur zwei Kategorien Menschen: solche, die Talent haben und solche, die keins haben und für mich existiert das Volk erst in dem Moment, wo es Publikum wird. Ob dasselbe aus Chinesen, Oberbayern, Neuseeländern oder Berlinern besteht, ist mir ganz gleichgültig, wenn die Leute nur den vollen Kassa­

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preis bezahlt haben.“ Wer nur die ersten drei oder vier Sätze liest, könnte sie ernst nehmen. Doch dass „Rassestolz“ und „Solidaritätsgefühl“ keine völlig ernst gemeinten Vorhaltungen sind, dürfte schon aus dem Nachsatz hervorgehen – und der „jüdische Eigensinn“ wird durch die (fast nie ­zitierten Grußworte) „Ihr Sie herzlich grüssender ebenso eigensinniger Dr. Richard Strauss“ vollends konterkariert. Darüber hinaus ist der Brief genauso rasch hingeschrieben wie üblich und ohne logische Konsistenz: Die Passage über das „Publikum“ beinhaltet seine handfeste, mehrfach geäußerte Meinung, der Beginn einen Wechsel zwischen der vorgeb­ lichen Beschreibung Zweigs und der Perspektive Strauss’. Auch im anschließenden Abschnitt vermischen sich die Argumente der Rechtfertigung mit der Motivation, Zweig nach wie vor als Mitarbeiter zu behalten; und wie gewöhnlich greift Strauss dabei zum Mittel der Übertreibung: „Wer hat Ihnen denn gesagt, dass ich politisch so weit vorgetreten bin? Weil ich für den schmierigen Lauselumpen Bruno Walter ein Concert dirigiert habe? Das habe ich dem Orchester zu Liebe – weil ich für andern ‚Nichtarier‘ Toscanini eingesprungen bin – das habe ich Bayreuth zu Liebe getan. Das hat mit Politik nichts zu tun. Wie es die Schmierantenpresse auslegt, geht mich nichts an und Sie sollten sich auch nicht darum kümmern. Dass ich den Präsidenten der Reichsmusikkammer mime? Um Gutes zu tun und grösseres Unglück zu verhüten. Einfach aus künstlerischem Pflichtbewußtsein! Unter jeder Regierung hätte ich dieses ärgerreiche Ehrenamt angenommen, aber weder Kaiser Wilhelm noch Herr Rathenau haben es mir angeboten.“642 Dass in der Edition des Briefwechsels zwischen Strauss und Zweig (ebenso wie im Band Strauss in Briefen) – das Wort vom „Lauselumpen“ getilgt wurde, begründete der Herausgeber Willi Schuh laut Gerhard Splitt damit, Strauss habe die Bemerkung „in einem Moment der Erregung hingeworfen, einige Tage später würde er sie wieder zurückgenommen haben.“643 Allerdings hatte sich der Unmut wohl schon in jenen Jahren angesammelt, als Bruno Walter die Münchner Oper leitete und – zu wenig Strauss spielte. Damals hatte Strauss an Hofmannsthal geschrieben: „[V]on meiner Seite kann nach jahrelangem Petitionieren, Antichambrieren und Kajolieren jetzt nichts mehr geschehen, als einfach das Münchner Hoftheater nicht mehr zu betreten und diesen Abbruch jeglicher Beziehungen auch weiterhin durch energische Maßnahmen zu dokumentieren“ (22. August 1915).644 Als Walter ihm wegen der „geplanten Pflege Ihrer Werke“ schrieb, notierte

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Strauss am Rand: „Er plant seit 5 Jahren“ (9. Jänner 1919).645 Das Einspringen für ihn sollte Strauss jedoch lange Zeit beschäftigen: Über Ludwig Karpath ließ er dazu in Die Musik im Juni 1933 einen Kommentar veröffentlichen: „Es scheint nicht allgemein bekannt zu sein, daß ich das Berliner Konzert Bruno Walters, das ich nach einer Meldung des ‚Berliner Tagblattes‘ als ‚Ersatz von Bruno Walter‘ leitete, ohne jeg­liches Honorar übernommen hatte. Vielleicht nehmen Sie Gelegenheit, in den Kreisen, die sich besonders darüber aufgeregt haben, den näheren Tatbestand mitzuteilen.“646 Und bis in die letzten Lebensjahre sollte er nach Rechtfertigung suchen. Der Brief an Zweig erreichte seinen Adressaten nicht, sondern wurde von der Gestapo abgefangen. Goebbels notiert: „Der Brief ist dreist und dazu saudumm. Jetzt muss Strauß auch weg. Stiller Abschied. […] Wir werden’s ohne Eclat machen“ (Tagebucheintrag vom 5. Juli 1935).647 Die Uraufführung der Schweigsamen Frau war schließlich das, was man überschattet nennt. Heroisch hatte Strauss die Namensnennung von Stefan Zweig auf dem Abendzettel erzwungen, die Rezensenten nannten den Schriftsteller teilweise nicht, griffen ihn an oder führten ihn nur als Bearbeiter der Komödie von Ben Jonson. Und während etwa Walter Petzet in den Signalen für die Musikalische Welt einen „Ausklang in Liebenswürdigkeit und Behagen“ hörte und die Musik „weniger eingängig und dafür andererseits geschliffener, kultivierter als früher, untadelig durch die unerbittliche Formenstrenge, nicht reich an Einfällen, ja sogar oft von Einfallslosigkeit“ fand648, wurde die Uraufführung in der offiziellen Zeitschrift Die Musik gleich ganz totgeschwiegen. Nach zwei weiteren Aufführungen verschwand das Stück im Dritten Reich. 1936 wurde es in Graz, Mailand und Zürich gespielt, 1937 in Prag. Über die Zürcher Erstaufführung schrieb Willi Schuh in der Neuen Zürcher Zeitung: „[N]ach der knapp geduldeten Dresdener Uraufführung […] wurde die ,schweigsame Frau‘ im Dritten Reich zu völligem Schweigen verurteilt. Die deutschen Bühnen durften es nicht wagen, ein Werk in den Spielplan aufzunehmen, das dem Komponisten seine Stellung als Präsidenten der Reichsmusikkammer gekostet hatte“.649 In der Edition seiner Kritiken aus dem Jahr 1947 fehlt diese Einleitung650 – so groß sollten die Rücksichten seines Biographen auf den Komponisten auch nach dem Krieg noch sein. „Ohne Eclat“ wurde Strauss von seinen Ämtern entbunden. Der ­Völkische Beobachter meldete am 15. Juli 1935, dass Peter Raabe zum Präsi-

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denten der Reichsmusikkammer gemacht und Paul Graener an die Spitze des Berufsstandes deutscher Komponisten gestellt wurde, und informierte die Öffentlichkeit, dass „der Präsident der Reichsmusikkammer, Dr. Richard Strauß, den Präsidenten der Reichskulturkammer, Reichs­ minister Dr. Goebbels, gebeten [habe], ihn mit Rücksicht auf sein Alter und seine augenblicklich stark angegriffene Gesundheit von seinen Ämtern als Präsident der Reichsmusikkammer und als Vorsitzenden des Berufsstandes der deutschen Komponisten zu entbinden. Reichsminister ­Dr. Goebbels hat diesem Ersuchen stattgegeben und Dr. Richard Strauß in einem persönlichen Schreiben seinen Dank für die geleistete Arbeit ausgesprochen.“ Es war eine wohlüberlegte Entscheidung von Goebbels, Strauss als Präsidenten des Ständigen Rates für die internationale Zusammenarbeit der Komponisten im Amt zu lassen, das er seit 1934 ebenfalls bekleidete. Nach dem Verbot der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik war diese Organisation nach deren Vorbild als „Gegen-IGNM“651 gegründet worden und hatte deren internationale Ausrichtung ebenso kopiert wie die Weltmusikfeste, an deren Stelle sie „Internationale Wochen für zeitgenössische Musik“ setzte – vor allem auf Basis einer starken Achse zwischen Deutschland und dem faschistischen Italien, wo die erste Zusammenkunft in Beisein von Mussolini stattfand. Dabei funktionierte der Ständige Rat strikt nach dem „Führerprinzip“ und war darüber hinaus der Reichsmusikkammer unterstellt, um ausschließlich ideologisch einwandfrei zu agieren. Aufgrund dieser Tätigkeit wurde Strauss nach dem Krieg seine Ehrenmitgliedschaft der IGNM aberkannt. Für das Dritte Reich war er hier als internationales Aushängeschild ebenso unverzichtbar wie für die gesamte Propaganda im Ausland. Als er 1937 vor einem Gastspiel der Berliner Oper mit Rosenkavalier und Ariadne in Paris erkrankte, notierte Goebbels: „Ein großer Ausfall für uns“ (6. Mai 1937).652 Als Strauss im Frühjahr 1936 durch Italien, Frankreich und Belgien reist, schreibt er seiner Frau am 17. März aus Dijon, er „schlafe vortrefflich, da ich keine Zeitungen lese“653, und berichtet ihr am 25. März aus Antwerpen: „Dienstag: feierlicher Empfang im Rathaus mit deutscher Ansprache des Bürgermeisters: ein unerhörtes Ereignis! Diesen Erfolg habe ich dem deutschen Ansehen wirklich ganz allein durch mein Werk, meine Dirigentenleistung und mein persönliches Auftreten – man kann schon sagen – erzwungen. Die Zeitungen glänzend. Ein anderer deut-

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scher Künstler soll mir das einmal nachmachen: in dieser Zeit, in diesem feindlichen Ausland. Dafür verdiene ich eigentlich schon die goldenste Medaille des Propagandaministeriums.“654 Und er dient weiter der Propaganda: 1936 noch in London und Rom sowie in Deutschland, wo er wiederholt im Rundfunk auftritt oder am 1. August bei der Uraufführung seiner Olympischen Hymne die Berliner Philharmoniker leitet, sowie bei einem „Kraft durch Freude“-Konzert im Dezember in der Deutschlandhalle in Berlin dasselbe Orchester vor 13.000 Zuhörern dirigiert. 655 Auch bei einer dezidiert „kulturpolitischen Kundgebung“ im Rahmen der Reichsmusiktage in Düsseldorf am 28. Mai 1938 wirkt er bereitwillig mit: „Strauß dirigiert hinreißend sein ,festliches Präludium‘ und die Leonoren-Ouvertüre. Er ist glücklich, als ich ihm ein paar freundliche Worte sage. Er hat nun auch genug gebüßt“656, hält Goebbels fest (29. Mai 1938). Auch die berüchtigte Ausstellung Entartete Kunst sieht Strauss dort offenbar, wie deren Organisator Hans Severus Ziegler noch 1965 freimütig erzählt: „[Strauss] meinte, wir hätten in der Düsseldorfer Ausstellung den ganzen Franz Léhar (!!) vergessen – das sei die Entartung der Operette!! – (dabei lachte er halb grimmig, halb schalkhaft), u. die vier [sic] Juden in seiner ‚Salome‘, die rein atonal sängen! Wir hatten ein sehr gutes, herzliches Verhältnis zu Meister Strauß, kannten aber auch seine Schwächen. Dem Léhar – unter uns – hat er die ‚Lustige Witwe‘ nie verzeihen können, die gleichzeitig mit dem ‚Rosenkavalier‘ herauskam u. natürlich das große Geschäft machte!!!“ (Brief an Fred K. Prieberg, 18. Jänner 1965).657 1936 und 1937 waren zwei neue Opern entstanden, doch Goebbels’ Erlaubnis für die Uraufführung kam erst 1938 nach der Versöhnung und neuerlichen Unterredungen: Als zur Eröffnung der Münchener Festspiele am 24. Juli 1938 in der „Hauptstadt der Bewegung“ am Vorabend des Weltkriegs erstmals Friedenstag erklang – historischer Bezugspunkt war der Westfälische Friede von 1648 –, wurde das Publikum im Programmheft darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich Kultur und Politik nicht trennen lassen würden: „Wir Deutschen wissen, daß der nationalsozialistische Staat den kulturellen und künstlerischen Aufgaben dieselbe Bedeutung zumißt, wie den wirtschaftlichen und staatspolitischen Problemen. Aber auch der unvoreingenommene Ausländer, der nach Deutschland kommt, weil er nicht gewillt ist, seine Meinungsbildung blindlings einer gekauften Hetzpresse auszuliefern, wird sich bei den Münchner Festspielen von dem Ernst und dem künstlerischen Wert

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­ ationalsozialistischer Kunstpflege überzeugen. // So haben die München ner Opernfestspiele […] nicht nur eine nationale, sondern auch eine internationale künstlerische und kulturpolitische Bedeutung.“658 Der neue Strauss erhielt einhelliges Lob im Sinne der nationalsozialistischen „Kunstbetrachtung“, die an die Stelle der Kritik treten sollte, wobei es nahelag, Beziehungen zum aktuellen Zeitgeschehen herzustellen. So schrieb der anpassungsfähige Karl Laux im Berliner Tageblatt vom 25. Juli 1938 von einem „durchschlagenden Erfolge“: „Aus den spielerischen Problemchen der letzten Opern wird Strauss nunmehr in die Auseinandersetzung mit grössten und letzten Problemen geführt. Eine neue Atmosphäre umgibt ihn. Was ihm, der mit einem alt-testamentarischen Stoff begann, und sich mit Vorliebe ins griechische Altertum zurückzog, bisher ferner war, die Geschichte seines eigenen Volkes, zieht ihn nunmehr an. Dies bedeutet einen Aufstieg aus der bürgerlichen Welt in die nationale, aus der privaten in die Welt der Gemeinschaft; zugleich aus der launiglaunenhaften Weltauffassung in die heroische. […] Es ist ein gewaltiges Heldenlied auf den Krieg, auf die Tapferkeit und auf die Treue; aber es ist auch ein glühendes Bekenntnis zum Frieden, zur Liebe, zum ‚Herrscher Geist‘.“* In der Zeitschrift für Musik meinte Wilhelm Zentner, die Ursache für „ein verändertes Licht“ in der Komposition gefunden zu haben: „Ohne eine Wandlung durchgemacht zu haben, wirkt Strauß neu. Die Ursache liegt vielleicht daran, daß er zum erstenmal ein Textbuch vertont hat, dessen Geist ihn berührte und in die ihm bisher fernliegenden Bezirke des Heroischen führte. Die bisherigen Librettisten – der Halbjude Hugo von Hofmannsthal und der Jude Stefan Zweig – haben eben die Eigentümlichkeiten ihrer Rasse weder verleugnen gekonnt oder gewollt. Schon die erste Arbeit mit einem arischen Textverfasser bringt eine künstlerische Sensation, die auch nach Abzug der Reklamesuggestionen und der Uraufführungsatmosphäre standhält. Diese Tatsache wird man nicht aus den Augen verlieren dürfen.“659 Nach der Uraufführung von Daphne am 15. Oktober in Dresden wurden hingegen – zumindest in der gleichgeschalteten Zeitschrift Die Musik – wieder Vorbehalte laut. Deren Herausgeber Herbert Gerigk, der die nationalsozialistische Musikpolitik im „Amt Rosenberg“ weitgehend organisierte, verurteilte die Oper allein wegen des Librettos: „Bedenken kommen durch die Textvorlage, und sie sind so stark, daß sie kaum zu übersehen sind. Joseph Gregor hat die griechische Fabel, die in der Operngeschichte eine so große Rolle spielt, neu

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gefaßt – für Strauß sicher ausgezeichnet; aber vermag der Mensch von heute überhaupt einen Zugang zu Stoffen dieser Art zu finden, die lediglich als humanistischer Bildungsrest auf Verständnis rechnen können? […] Somit ist anzunehmen, daß die ,Daphne‘ unabhängig von ihren musikalischen Werten – ebenso wie ,Ariadne auf Naxos‘ – niemals eine Angelegenheit des deutschen Volkes werden kann, sondern in der Auswirkung auf eine mehr oder weniger schmale Schicht sogenannter Gebildeter beschränkt bleiben muß. Das steht jedoch nicht im Einklang mit den kulturellen Grundforderungen unserer Zeit, die in dem ,Friedenstag‘ in anderem Grade erfüllt werden.“660 Die offizielle Linie zu Strauss legte Gerigk dann im Völkischen Beobachter vom 11. Juni 1939 fest und begann mit der Klarstellung „Die Festigung der Weltgeltung der deutschen Musik auch innerhalb des zeitgenössischen Schaffens ist das alleinige Verdienst von Richard Strauß .“ Hier schied er den Komponisten denn auch fein säuberlich von allen „entarteten“ Einflüssen und bot dabei geballte einschlägige Metaphorik auf: „Gewiß ist Strauß namentlich in ‚Salome‘ und ‚Elektra‘ bis an die Grenzen der Tonalität vorgestoßen. Es waren für die damalige Zeit unerhörte, neuartige Klänge, und man sah in Strauß einen Revolutionär der Musik. Die Bindung an die Tradition ist jedoch überall bei ihm so stark, daß schon heute niemand mehr von einem Revolutionär Strauß spricht, der Gegebenes umstürzt, sondern von Strauß dem Bewahrer, dem Verwalter und Mehrer des Erbes. Im rein musischen Bezirk blieb das Gesetz des Blutes mächtig genug in ihm, um ihn auch in den Jahren der Zersetzung und des Verfalls vor jeglichen Anfechtungen zu schützen und ihn einem positiven Musikideal treu bleiben zu lassen. […] Von allen persönlichen Geschmacksfragen unabhängig, bildet sein Werk einen wesentlichen Faktor unter den aufbauenden kulturellen Kräften unseres Jahrhunderts. Wie ganz anders hätte die Entwicklung verlaufen können, hätte nicht Strauß schon vor dem Kriege allen Auflösungsbestrebungen die Musik seines ‚Rosenkavaliers‘ entgegengestellt.“ Dass daneben auch (noch) andere Meinungen möglich waren, zeigte Heinz Joachim, der Schriftleiter Kultur der ideologisch verhältnismäßig eigenständigen Frankfurter Zeitung selben Datums. Zwar fehlen nicht die gewohnten Gemeinplätze, doch mischt der Autor leise Kritik an Strauss mit einem deutlichen sprachlichen Kontrapunkt zur vorherrschenden Phrasendrescherei, die an Adorno anzuknüpfen scheint: „Vor fünfundzwanzig Jahren war Ri-

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chard Strauß der unbestrittene Führer der musikalischen Moderne. Er gilt im Ausland auch heute immer noch als der repräsentative deutsche Komponist. Im innerdeutschen Bezirk und vereinzelt auch darüber hinaus sind inzwischen manche Vorbehalte laut geworden. […] Auch bei Strauß fehlen nicht spekulative Züge und eine charakteristische Ge­ brochenheit der Effekte. Aber seine Spekulation bleibt aufs unmittelbar Sinnfällige gerichtet, und seine Gebrochenheit strahlt einen Glanz aus, der auch im farbigen Spiel der schillernden, schimmernden Oberfläche Genüge finden kann.“* In den Münchner Neuesten Nachrichten erschien am 11. Juni 1939 in der Beilage „Heimat und Welt“ eine ganzseitige Huldigung mit einer opulenten Reihe von Bildern, die den Meister „Bei der Probe“, „Im Gespräch mit unserem Musikreferenten“, „In der Garmischer Bibliothek am Schreibtisch“ zeigten sowie ein Skizzenbuchblatt „aus der neuen Oper ‚Midas und Danae‘“ [sic] wiedergaben. In seinem Artikel huldigte Oscar von Pander Dem führenden Meister der deutschen Musik. Daneben erschien unter dem Titel Strauß’ musikalisches Glaubensbekenntnis der Auszug eines Briefs aus Joseph Gregors Strauss-Monographie Richard Strauss. Der Meister der Oper, die der Librettist von Friedenstag, Daphne und Die Liebe der Danae soeben veröffentlicht und eben dieses Schreiben vom 8. Jänner 1935 an den Beginn gesetzt hatte. Darin entwarf Strauss, ausgehend von Gregors Weltgeschichte des Theaters, sein eigenes Bild der Musikgeschichte, an deren Ende sein eigenes Schaffen stand: „Der ,Tristan‘ ist die allerletzte Konklusion von Schiller und Goethe und die höchste Erfüllung einer 2000jährigen Entwicklung des Theaters. […] Erst mit der Erfindung und äußersten Differenzierung des modernen ­Orchesters ist das Welttheater zur höchsten Vollendung emporgestiegen. […] Ohne unbescheiden zu sein, darf ich am Schluß – natürlich in gehörigem Abstand – noch mein Lebenswerk nennen – als vielleicht letzten Ausläufer der Welttheater-Entwicklung im Reich der Musik.“661 Gregor, der Strauss noch in seiner Kulturgeschichte der Oper (1941) ganz in diesem Sinne den „Vollender der ganzen vorausgehenden Epoche“662 nannte, stellte darin dessen heldenhafte Entwicklung bis zu den beiden bis dahin gemeinsam entstandenen Werken dar und betonte seine Unsterblichkeit: „Richard Strauß wird für alle Zeiten das Verdienst zukommen, in einem Augenblicke, der für die Oper und das Theater gleich gefährlich war, sich mit Entschiedenheit auf ihre Seite gestellt und ihr die Kraft seines eige-

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nen Genius geschenkt zu haben. Der Weg, den er selbst zu gehen hatte […], war durchaus nicht leicht. Er begann mitten in der Problematik, sprechen wir es ruhig aus: in der Niederung der Wagnernachfolge und in der Herrschaft des Naturalismus. Es lag nicht die leiseste Notwendigkeit vor, daß ein Mann, der auf anderen Gebieten der Musik schon höchst erfolgreich war, es nun plötzlich unternehmen müßte, für einen neuen Höhepunkt des Musikdramas zu streiten. Es lag keine Notwendigkeit vor – wenn es nicht eben die Überzeugung vom ‚vollendeten Theater‘ ist, die im musikdramatischen Schaffen des neuen Meisters das Stärkste, Bestimmende war.“663 Die Feiern zum 11. Juni 1939 selbst gestalteten sich kaum weniger repräsentativ und öffentlichkeitswirksam als fünf Jahre zuvor: Goebbels persönlich hatte die Reichstheaterwoche zu diesem Termin nach Wien verlegt und am Vorabend dieses Datums eine Festaufführung von Friedens­tag „zu Ehren des 75. Geburtstags des Komponisten“ aufs Programm gesetzt, bei der nicht nur der Propagandaminister und der Wiener Gauleiter Josef Bürckel erschienen, sondern sich auch „[d]er Führer in der Wiener Staatsoper“ zeigte. Der Völkische Beobachter vom 11. Juni, der davon berichtete, rückte ihn – den Führer – aus diesem Anlass auf der Titelseite groß ins Bild. Zwei Tage danach berichtete die Parteizeitung der NSDAP von einem Berliner „Festkonzert, das unter der Schirmherrschaft von Reichsminister Dr. Goebbels stand. Am Pult wirkte Clemens Krauß, der noch am Abend vorher die Wiener Erstaufführung des ‚Friedenstag‘ in Gegenwart des Führers geleitet hatte. Unter den Besuchern des Festkonzertes sah man ungewöhnlich viele Künstler.“ Bei einer „Festansprache über alle deutschen Sender“664 wurden Richard Strauß und sein Werk abermals erklärt und in die Musikgeschichte eingeordnet, worüber ebenfalls der Völkische Beobachter vom 13. Juni berichtete: „Im Rahmen der Übertragung des Richard-Strauß-Festkonzertes unter Clemens Krauß aus der Berliner Philharmonie sprach der Leiter der Abteilung Musik im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Heinz Drewes, Worte der Ehrung und Würdigung für den Meister. // Ausgehend von einem Erlebnis in der Nachkriegszeit, das die große kunstpolitische Bedeutung des Namens Richard Strauß schlaglichtartig aufzeigte, stellte Dr. Drewes am Werdegang des Komponisten ein Stück musikalischer Zeitgeschichte dar. […] Bei aller Kompliziertheit tritt in seiner Tonsprache aber das Wesentliche klar hervor, so daß die Musik oft

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für den Hörer einfacher aufzunehmen ist, als für den Musiker in der Partitur zu lesen. Einer Überladenheit mit Kontrapunkten, die man dem straußischen Klang so oft nachgesagt hat, wirkt die strenge künstlerische Selbstzucht und Selbsterkenntnis des Geistes entgegen. // In der Entwicklung der Oper von Mozart über Wagner hat Strauß den Schlußstein gelegt und in seinem Gesamtwerk dem Geist seiner Zeit den individuellsten und zugleich allgemeingültigen musikalischen Ausdruck gegeben. […]“ Auch in Wien, wo bei der Theaterausstellung im Rahmen der Reichstheaterfestwoche eine Sonderschau zu Strauss-Opern gezeigt wurde, gab es am Geburtstag selbst ein philharmonisches Festkonzert – sowie ein Frühstück im Hotel Imperial auf Einladung von Goebbels samt staatstragenden Ansprachen, von denen unter anderem die Wiener ­Tageszeitung Der Montag am 12. Juni 1939 berichtete: „[Goebbels:] In einem arbeitsreichen und kämpferischen Leben haben Sie der deutschen Musik ihre Weltgeltung erhalten helfen [sic] und sie auch manches Mal einer feindlichen Welt gegenüber verteidigt.“ – „In bewegten Worten dankte Richard Strauß für alle Glückwünsche. Heute brauche einem, führte er aus, um die Zukunft der deutschen Musik nicht mehr bange zu sein. Nur den einen Wunsch habe er noch, daß die deutsche Kunst immerdar unter dem sicheren und starken Schutz des nationalsozialistischen Reiches stehen möge.“ Schutz benötigte Strauss auch für seine Familie: Es ist kaum vorstellbar, wie er weiterhin das Spiel der Machthaber mitspielen konnte, während sein Sohn Franz, die jüdische Schwiegertochter Alice und ihre Söhne Christian und Richard gedemütigt und bedroht wurden. Hilfesuchend wandte er in sich vielen flehentlichen Briefen etwa an Drewes und Tietjen. Letzterem schrieb er beispielsweise am 17. Dezember 1938: „Der Herr Reichskanzler hat mir schon des öftern Beweise gegeben, dass er mein Lebenswerk schätzt und so darf ich wohl hoffen, dass er bei seinem bekannten guten Herzen einen Teil der Sympathie, die er für den Componisten des Rosencavalier und der Helena hegt, auch für die Familie überträgt, für die derselbe sein Leben lang hart und schwer gearbeitet hat.“665 Stefan Zweig brachte in seinen Erinnerungen dieses stets präsente Bedrohungsszenario in Verbindung mit Strauss’ gefügigen Diensten für das Regime, zu denen auch die Komposition der Japanischen Festmusik gehörte, über die er Clemens Krauss ebenso abfällig schrieb wie zuvor Zweig über die Olympische Hymne: „[I]ch habe inzwischen 12 Partitur­

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seiten ,Gelegenheit‘ meinem mit japanischer Inspiration geschwängerten Gehirn entquetscht“ (an Clemens Krauss, 21. Februar 1940). Doch zweifellos wurden auch Aufführungen seiner Musik im Dritten Reich begünstigt. Eine Neufassung seines Guntram, die am 29. November 1940 in Weimar uraufgeführt wurde, und die mehrfache Präsenz des Opernerstlings in Rundfunksendungen wären unter anderen Bedingungen kaum denkbar gewesen. Schon als Guntram 1934 zu Strauss’ 70. Geburtstag im Radio erklungen war, stand in den Dresdner Nachrichten vom 11. Juni zu lesen, „daß dieser Guntram als ein den schwersten Sieg über sich selbst erringender ‚Held der Pflicht‘ zu den Gedankengängen unserer Zeit nicht schlecht paßt.“* Und über „Guntrams“ Ehrenrettung berichtete die Deutsche Allgemeine Zeitung vom 31. Oktober 1940: „Der anwesende Meister wurde von dem festlich gefüllten Hause stürmisch gefeiert.“* Bei der Uraufführung des Balletts mit dem anspielungsreichen Titel Verklungene Feste am 5. April 1941 in Kombination mit Josephs Legende war er hingegen nicht zugegen. An Krauss hatte er zuvor geschrieben, er wolle das neue Stück Der Traum der Restauration nennen, musste sich aber eingestehen: „Mein vorgeschlagener Titel […] dürfte leider zu unzeitgemäß sein!“ (7. Dezember 1940).666 Neuerliche ergebnislose Unterredungen mit Goebbels und schier unermüdlich niedergeschriebene Dokumente aus den letzten Jahren, die noch auf ihre Publikation warten, lassen währenddessen einen lange ungebrochenen Gestaltungswillen erkennen, der sich zuletzt nicht mehr nur auf eine Veränderung im Musikleben und möglichst gute Bedingungen für die Aufführung seiner eigenen Werke bezieht, sondern sich zunehmend auf die Bilanz über sein Schaffen konzentriert. Am 6. Dezember 1941 erhält Willi Schuh den offiziellen „Auftrag“, eine solche Bilanz vorzunehmen: „Ich bestätige Ihnen gerne nochmals meinen Wunsch, daß Sie nunmehr eine authentische Biographie von mir in Angriff nehmen. Sie sind mit meinem Lebenswerk seit langem vertraut, ihre [sic] Einfühlung zum Dichter Hofmannsthal, Ihre Sachkenntnis, Ihre Discretion, Ihr Taktgefühl sind mir die sichere Gewähr, daß mit Ihrer Arbeit, der mein Sohn und ich jeder Zeit das entsprechende Material zur Verfügung stellen werden, eine Lebensbeschreibung entstehen wird, die der Nachwelt ein richtiges Bild des Künstlers und Menschen Strauss überliefern soll.“ Schon mehr als ein Jahr früher hatte er dem Basler Musikschriftsteller geschrieben: „Auch ein Abstecher nach Wien würde sich lohnen, wo

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meine Kinder jetzt 700 Briefe an meinen Vater, die bis 1905 gutes biographisches Material enthalten, sowie die letzten Hofmannsthalbriefe etc. copiert und geordnet haben“ (22. September 1940).667 Bis in die letzten Kriegstage sind die Arbeiten am Archiv voll im Gange. Strauss selbst bittet etwa Kurt Wilhelm – den späteren Verfasser des Buches Richard Strauss persönlich – noch am 10. Jänner 1945 um Zusendung von Briefen nach Garmisch, „wo sie von meinem Sohne abgeschrieben und Ihnen pünktlich retourniert werden!“668 Am 3. September 1941 stand wieder eine Strauss-Nachricht in der Zeitung: Die Wiener neuesten Nachrichten berichteten: „Richard Strauß hat dem Wunsche des Reichsstatthalters in Wien, Reichsleiter Baldur von Schirach, entsprochen und sich entschlossen, im kommenden Winter von seinem jetzigen Wohnsitz in Garmisch nach Wien überzusiedeln. Richard Strauß wird im kommenden Winter sowohl in der Staatsoper im Rahmen der ‚Mozart-Woche des Deutschen Reiches‘ als auch in den Philharmonischen Konzerten als Dirigent in Erscheinung treten.“669 In Wien wird er in Konzerten der Philharmoniker gefeiert, unter anderem im Jubiläumskonzert zum 100-jährigen Bestehen im April 1942, macht weitere Rundfunkaufnahmen, wird von Fritz Behn für die Staatsoper abermals modelliert und schreibt eine Reihe „wienerischer“ Kompositionen, darunter die Festmusik der Stadt Wien, die zur Feier des Tages des Großdeutschen Reiches – auf Deutsch: zur Erinnerung an den „Anschluss“ – am 9. April 1943 uraufgeführt wird. Als am 28. Oktober Clemens Krauss die Uraufführung von Capriccio in München („Unter der Schirmherrschaft des Herrn Reichsministers Dr. Joseph Goebbels“670) dirigiert, meldet der Völkische Beobachter vom 30. Oktober 1942: „Reichsleiter und Reichsstatthalter in Wien Baldur von Schirach wohnte mit Frau [Henriette] von Schirach der Uraufführung der Oper bei.“ Und der Kritiker Johannes Jacobi urteilte darin: „Im ganzen ist Strauß und [seinem Librettisten Clemens] Krauß ein Meisterwerk gelungen, das zwar weniger von der Inspiration des musikalischen Einfalls als von dem wahrhaft grandiosen Verarbeitungsgeschick eines virtuos beherrschten und aus Erfahrungen eines jahrzehntelangen Schaffens schöpferischen Handwerks lebt; aber mit seinen hohen Ansprüchen an das Mitdenken der Zuschauer und dem geistigen Rang seiner schillernden Ironie ist das ‚Capriccio‘ berufen, eine Ausnahmestellung auf dem musikalischen Theater einzunehmen: ein artistischer Leckerbissen für Feinschmecker auf

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der Opernbühne!“ Der Völkische Beobachter war es auch, der am 22. Oktober 1942 über Das deutsche Kulturleben im Kriege reflektierte und von einer „gewaltigen Steigerung des Kunstbedürfnisses“ sprach. Als ein Jahr später nochmals eine Strauss-Oper bei den Salzburger Festspielen erklang, schrieb die Kritikerin Gerda Pelz in einem Rückblick auf Salzburg in der Krakauer Zeitung vom 31. August 1943 allerdings: „Das inzwischen verstrichene schicksalsschwere Jahr hat den Deutschen ausnahmslos den kontemplativen Standpunkt in Sachen der Kunst aufgeben heißen […]. Ein eklatantes Beispiel dafür bietet das Verhalten gegenüber einem solch schillernden, doch unserer jüngsten Gegenwart im Grunde recht fernstehenden Werk wie der ‚Arabella‘. Bei aller Wertschätzung des geistreichen Richard Strauß, bei allem Gefallen, den man nach wie vor an seiner brillierenden Musik findet, erscheint der Kern der Handlung ‚gewogen und zu leicht befunden‘ demjenigen, der hartnäckig auch nach dem ‚Was‘ fragt, weil er von den in wenigen Tagen Heimataufenthalt gewonnenen Eindrücken einen für geraume Zeit ausreichenden inneren Vorrat mitnehmen möchte. Das allerdings schließt keineswegs aus, daß auch er sich willig gefangen nehmen läßt von glitzernder Musik und schönen Stimmen.“* Selbst in einschlägigen Büchern zur verheerenden Kulturpolitik im Nationalsozialismus findet sich über Strauss die Meinung, dass „sämt­ liche Feierlichkeiten zu seinem 80. Geburtstag […] abgeblasen“ worden seien.671 Diese Information geistert auch in schwächerer Form durch die Strauss-Literatur: dass er als Persona non grata galt. Wahr ist daran nur, dass es am 24. Jänner 1944 eine Bekanntgabe der NSDAP-Kanzlei von Martin Bormann gab, die besagte: „Der persönliche Verkehr unserer führenden Männer mit Dr. R. Strauß soll unterbleiben.“672 Goebbels hielt demgegenüber fest: „Der Führer will nicht, daß Richard Strauß Unbill angetan wird. Er hat sich nur sehr über ihn geärgert, daß er sich in der Frage der Aufnahme von Evakuierten so schofel [schäbig, niederträchtig] benommen hat. Trotzdem sollen seine Werke ungehindert aufgeführt werden“ (4. März 1944).673 Hintergrund war, dass Strauss sich tatsächlich geweigert hatte, Ausgebombte in der Villa in Garmisch aufzunehmen, in die er im Juni 1943 wieder zurückgekehrt war. Dafür hatte er nicht nur unzählige Eingaben gemacht und erneut an Hitler geschrieben, sondern vor allem auf den Kontakt zu Hans Frank gesetzt und dem Generalgouverneur im besetzten Polen zum Dank das Lied Wer tritt herein gewidmet. Was die Öffentlichkeit betrifft, gab es am 22. März 1944 eine offizi-

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elle Meldung an die Medien mit dem Wortlaut: „Die Presse wird gebeten, bei Würdigung des 80. Geburtstages von Richard Strauss grundsätzlich nur das Werk, nicht aber das Leben und die Persönlichkeit des Komponisten zu behandeln. Auch Anekdoten und dergleichen sind nicht zu bringen.“674 Die Zeitschrift Musik im Kriege brachte zum 80. Geburtstag tatsächlich nur eine knappe Notiz, in der sie vermeldete, den Rosenkavalier habe „die Zeit vorzeitig in den Goldschnittband klassischer Musik gebunden.“675 Andere Zeitungen wie die Münchner Neuesten Nachrichten druckten ausführliche Würdigungen, die freilich inhaltlich wenig Neues brachten. Oscar von Pander schrieb hier am 11. Juni 1944: „Es braucht heute nicht mehr betont zu werden, daß sich der damals Vierzigjährige bei aller Konzessionslosigkeit seiner derzeitigen Einstellung klar und eindeutig von den Auswüchsen der Atonalität abwandte […]. Es ist wesentlich festzustellen, daß diese Absage an die radikal lineare Schreibweise bei Strauß keinen Rückschritt bedeutete, sondern ein Fortschreiten auf dem Wege des Sichselbstfindens, das jeder echte Künstler […] erstrebt. Die Synthese aller ihm zur Verfügung stehenden Kunstmittel sollte sich aber in der ‚Frau ohne Schatten‘ vollenden, die Strauß selbst als sein bedeutendstes Werk ansieht. Sein gesamtes weiteres Schaffen kann – cum grano salis – als eine großartige Ausbeute des hier erreichten künstlerischen Standpunktes und somit in gewissem Sinne als eine virtuose Variation des schon Gegebenen betrachtet werden.“* In Dresden wurden zum 80. Geburtstag zwei Wochen lang Richard-Strauss-Tage abgehalten, in Wien ebenso lange Festkonzerte und Opernaufführungen – darunter auch die Erstaufführung von Capriccio –, in der Deutschen Wochenschau wurde ein Beitrag mit Goebbels’ Lieblingskomposition, Till Eulenspiegel, gesendet. Offiziell wurde – etwa in den Strassburger Neuester Nachrichten vom 18. Juni 1944 bekanntgegeben: „Der Führer hat Richard Strauß anläßlich der Vollendung seines 80. Lebensjahres telegraphisch seine Glückwünsche übermittelt, Reichsminister Dr. Goebbels hat dem Jubilar ein in herzlichen Worten gehaltenes Glückwunschschreiben und in Würdigung der Bedeutung seines umfassenden Lebenswerkes für die Musikwelt und die Geltung der deutschen Musik eine Originalbüste von Christoph Willibald Gluck, dem Wegbereiter der deutschen Oper, überreichen lassen.“* Und im Reich von Hans Frank, der im besetzten Polen für die die Ermordung Hunderttausender verantwortlich war, gab am 12. Juni 1944 die „Philharmonie des Generalgouvernements“ ein Sonderkonzert unter der

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Leitung von Hans Swarowsky, und noch am 24. Juni fand eine Aufführung von Ariadne auf Naxos statt.676 Am 11. Juni 1944 hielt Hans Joachim Moser im Staatstheater Krakau eine Rede, die auch gleich publiziert wurde, in der er Strauss zuerst wegen seiner Außenwirkung würdigte: Er sei „ein noch voll im Schaffen stehender Grandseigneur der Kunst und des Lebens, der jüngere Generationsstile in souveräner Gelassenheit überlebt hat und mit seinen Werken […] noch stilbestimmend Zukunft schafft und führend mitformt. Zudem eine Berühmtheit allerersten ­Ranges, der für die Weltgeltung der deutschen Musik seit einem halben Jahrhundert in vorderster Bresche steht, in Tokio so bewundert wie in Helsinki, in Lissabon wie in Bueno Aires.“ Moser berichtete auch von einem „Plan, es sollte ihm ein Geburtstagsständchen in Garmisch dargebracht werden, zu dem jedes deutsche Kulturorchester einen Spieler hätte stellen sollen – und nur die kriegsbedingten Schwierigkeiten haben ihn vereitelt.“ Moser fühlte sich zwar bemüßigt, „kritisch vorauszuschicken, daß uns an dem Privatmann Strauß gar manche gelegentliche Äußerung, manche nonchalante Geste, mancher kalt und egoistisch wirkende Nebenzug nicht immer restlos behagt hat, aber ist das so wichtig?“ Strauss gelte, so lautete das Resümee, zwar „nicht gerade in allem als der Künstlertyp, wie ihn der Nationalsozialismus erst noch als Zukunftsaufgabe zu modeln und zu erziehen wünscht“, aber nachdem er eben „Reichsaußenminister in musicis“ sei, sei es „gerade heute, wo Deutschland mit Blut­ opfern von gewaltigem Ausmaß seinen Führungsanspruch in der abendländischen Welt besiegelt und verbrieft, […] ein hoher Glücksfall, daß uns in Richard Strauß auf dem deutschen Vorzugsfelde der musikalischen Begabung ein zeitgenössischer Klassiker von solcher Reichweite der Wirkungen und von solchem Geltungsbereich zur Verfügung steht.“677 Auch im neutralen Ausland wurde das ähnlich gesehen: Fritz Gysi, der Autor der großen Werkmonographie von 1934, merkte in der Basler ­Nationalzeitung im Juni 1944 zur kompositorischen Entwicklung Strauss’ der letzten Jahre kritisch an: „Die großen Spannungen und Erregungen haben merklich nachgelassen, und die sensationellen Begleiterscheinungen einer Strauß-Première gehören bereits der Geschichte an. Der Reiz der Neuheit ist geschwunden. Und wer etwa gar erwartet hätte, der erfindungsreichste musikalische Artist unseres Zeitalters würde einmal auch noch dahin gelangen, in Klangzeichen ein hohes Ethos zu verkünden, den mußte der Gang, den die Entwicklung von Mensch und Künstler im

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letzten Jahrzehnt genommen, zweifellos enttäuscht haben. // Schon als wir den Siebzigjährigen feierten, mußte es dem Jubilarem [sic] bewußt geworden sein, daß auf dieser Lebensstufe die Inspiration zu ermatten, die schöpferische Frische zu verblassen beginnt. [...] Fast mehr als durch künstlerische Überraschungen hat Strauß im verflossenen Dezennium von sich reden gemacht durch seine politische Stellungnahme. Auch da bewährte sich sein unentwegter Opportunismus. Daß ihn das Dritte Reich beanspruchte, ist durchaus begreiflich. Denn es gab damals, bei der ‚Machtübernahme‘, keinen anderen, der das Deutschtum in der Musik so glorios verkörpert hätte, mit dessen Weltgeltung man hätte überzeugender aufprunken können. // Um den einst demonstrativ an die höchste Verwaltungsstelle Beorderten ist [es] seitdem wieder stiller geworden. Durch seine Anwesenheit bei diplomatischen Empfängen und gewichtigen Staatsakten dient Strauß, genau so wie Furtwängler, weiterhin der deutschen Propaganda.“* Noch während das Dritte Reich in seinen ­letzten Zügen lag, zollte es seinem berühmtesten Komponisten Tribut: Als „überragendes nationales Kapital“ wurde Strauss, unter anderem zusammen mit Wilhelm Furtwängler, auf die „Gottbegnadeten-Liste“678 ­gesetzt, was offiziell eine „Freistellung vom Kriegseinsatz bzw. Arbeitsdienst“ bedeutete – auch nachdem ab 1. September der „Totale Kriegseinsatz der Kulturschaffenden“ galt. Und trotz des „Totalen Kriegs“, den Goebbels am 1. August 1944 erklärte, und der anschließenden Lahm­ legung des gesamten Kulturlebens, genehmigte der Propagandaminister zwar nicht die „Uraufführung“, aber die „Öffentliche Generalprobe“ der Oper Die Liebe der Danae am 16. August 1944, die freilich öffentlich nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Stattdessen berichtete der Komponist Willi Schuh von der einmaligen Vorstellung – mit dem Hintergedanken, den Biographen mit den nötigen und „authentischen“ Informationen zu versorgen. Eine Reihe von Vorhaben kam nicht mehr oder erst später zustande, etwa ein von Schuh herausgegebener Bildband über Das Bühnenwerk von Richard Strauss, die Edition der Briefe an die Eltern oder auch das Thematische Verzeichnis von Erich H. Mueller von Asow, das wie der erste Band der Strauss-Bibliographie ursprünglich ebenfalls zum 80. Geburtstag hätte erscheinen sollen. Auch der Plan, in Wien ein „Richard-Strauss-Archiv“ unter dem Ehrenschutz von Baldur von Schirach und Bürgermeister Hanns Blaschke zu errichten – mitunter war auch von einem „Richard Strauss-Museum“ der Stadt Wien im Haus

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beim Belvedere die Rede679 – kam aus begreiflichen Gründen nicht mehr zustande.680 Eine Publikation kam hingegen erstmals 1944 und in zweiter Auflage 1945 noch vor dem „Zusammenbruch“ heraus: das große Buch Dreimal sieben Variationen über das Thema Richard Strauss von Roland Tenschert, der schon mit dem neutralen Titel eine direkte persönliche Stellungnahme vermied und durch die thematische Anordnung des Stoffs die heikle Frage der stilistischen Entwicklung umging. Tenschert machte in seinem Buch, für das er auf eine Reihe eigener Aufsätze vor allem aus den 1930er Jahren zurückgreifen konnte, wenig Konzessionen an die offizielle Linie, eckte aber auch nirgendwo an. „Daß in Richard Strauss’ Adern echtes, warmes Musikerblut kreist“, ist nur als halbe Referenz an die ­nationalsozialistische Rassenlehre zu verstehen, indem er hier gerade den Begriff des „Deutschen“ nicht verwendet und seine Ausführungen über Herkunft und Familie nicht im Sinne einer „hochnotpeinlichen Beweisführung“ verstanden wissen will.681 Die Beschreibungen über Strauss’ Verhalten und Charakter bleiben ähnlich mehrdeutig und enthalten sich einer Bewertung: „Die gerade, aufgeschlossene Natur des Künstlers, der auf gut deutsche Art im Leben mit der eigenen Meinung nicht hinter dem Berge hält, spricht sich auch im Werke deutlich und offen aus. Was gesagt werden muß, wird ohne Umschweife und ohne Versteckenspielen gesagt.“682 Tenscherts Haltung ist insofern typisch für einen Umgang mit Strauss auch lange Zeit nach dessen Tod, als er alle heiklen Punkte übergeht und die zeitgeschichtliche Begleitmusik seiner Darstellung weitestgehend überhört. Wenn er sie doch erwähnen musste, wählte er etwa in seinem Buch Richard Strauss und Wien. Eine Wahlverwandtschaft, das 1949 zum 85. Geburtstag erschien, einen schönfärberischen Ton. Über die Geburtstagsfeierlichkeiten des Jahres 1944 heißt es da etwa: „Nicht in seiner Heimatstadt München, nicht in der Metropole des ‚Dritten Reiches‘, Berlin, sondern in Wien beschloß der Tondichter das seltene Jubiläum zu begehen. Hierher folgte er dem Zug seines Herzens. Die politischen Machthaber suchten zwar durch verschiedene kleinliche Erlässe die Feier des dem Regime nicht sonderlich genehmen, aber vor der Welt nicht gut zu verleugnenden Künstlers zu dämpfen. Doch kehrte man sich in Wien nicht wesentlich daran, sondern brachte Strauss jene innige Verehrung zum Ausdruck, die das Ergebnis einer jahrzehntelangen Tradition, eines so viel Gemeinsames umfassenden Gefühls der Zusammenge-

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hörigkeit war.“683 Auch in den Erinnerungen an Richard Strauss, die 1964 in der Österreichischen Musikzeitschrift erschienen, überging Tenschert den zeitgeschichtlichen Hintergrund ganz, wenn er von der ganz alltäglichen Praxis Strauss’ gegenüber Rezensenten berichtete: „Als dann die Wiener Staatsoper 1943 eine Neuinszenierung von ‚Arabella‘ herausbrachte, ließ mich Strauss von meinem Kritikersitz freundlich zu sich in die Loge bitten, um mich über die künstlerischen Absichten, welche die beiden Autoren bei dieser lyrischen Komödie leiteten, näher zu informieren.“684 Damit wird der Bericht ebenso harmlos und anekdotisch, wie es für die verklärenden Erzählungen von Strauss selbst typisch ist. Noch am 17. Juni 1948 schrieb er an Tenschert über eine lange zurückliegende ähnliche Begegnung mit einem Kritiker, wobei er sich seine Fähigkeit, andere für sich einzunehmen, offenbar noch immer zugutehielt: „[D]er gute Karpath hatte das große Bedürfnis, mich mit diesem Brahmsbonzen [Max Kalbeck] einmal zusammenzubringen. Als ich das Kaffeehaus verlassen hatte, wo wir eine Stunde ganz natürlich u. harmlos geplaudert hatten, sagte Kalbeck: ‚Dieser Strauss ist ja ein ganz netter Kerl: Jetzt bin ich schon befangen.‘“685 Wenn Tenschert den Komponisten 1945 im Vorwort seiner Sammlung Anekdoten um Richard Strauss „ins Licht einer verklärenden Zeitlosigkeit gerückt“686 sah, so haben er und andere zu solcher Verklärung – schon vor dem Tod – zweifellos beigetragen. „Keinerlei musikhistorische Bedeutung“. Das Ende

Das Ende des Krieges auf deutschem Boden am 8. Mai 1945 bedeutete für Strauss’ Welt- und Selbstbild, das er unaufhörlich nach außen trug, keine Zäsur – ebenso wenig, wie er den Beginn des Dritten Reichs hatte als Einschnitt sehen wollen. In den ersten Monaten der Naziherrschaft hatte er – vor seinem musikpolitischen Engagement und allen folgenden Katastrophen – einmal an Stefan Zweig geschrieben: „Mir geht es gut: ich sitze wie auch damals 8 Tage nach Ausbruch des berühmten [Ersten] Weltkrieges schon wieder an der Arbeit“ (4. April 1933).687 Die Parallele, die er damit herstellte, könnte durchaus hellsichtig genannt werden – wenn er es nicht mit der vagen Ahnung hätte bewenden lassen. Der Gedanke, sein Leben in der Bühnenwelt, für die Oper – sowie natürlich auch vor allem von der Oper –, jemals aufzugeben, kam ihm erst, als er sich vor vollendete Tatsachen gestellt sah: als die großen Opernhäuser

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zerstört waren. Es gehört zu Strauss’ am schwersten begreiflichen Seiten, dass das zentrale Drama des Zweiten Weltkriegs für ihn die Vernichtung dieser Stätten war, selbst wenn seine Fixierung auf die Spielorte seiner Werke und seine finanzielle Abhängigkeit von ihnen diese Einstellung sogar nachvollziehbar machen. Dabei vermengte er allerdings die leibhaftige Zerstörung der Theater mit der „Theatersperre“, deren Datum er in einem Schreiben an Roland Tenschert vom 18. November 1944 nannte: „Ja, die deutsche Musik ist am 1. September lebendig begraben worden […]. Es ist hart, ein Lebenswerk von über 60 Jahren bei Lebzeiten in Schutt und Asche sinken zu sehen. […] Nebenbei bemerkt, hat die U. E. [Universal Edition Wien] allein das Don Juanmanuskript in die Schweiz für 12.000 frcs. verkauft. Ich hatte 1887 als Honorar (einmalige Abfindung) für das Ganze 800 Mark erhalten: zum Kapitel ‚Strauss der gute Geschäftsmann‘!“688 Während er die Klage an verschiedene Adressaten wiederholte, wurde der persönliche Bezug dazu immer klarer: „Mein ­Lebenswerk ist zerstört, meine Opernwerke […] werde ich nicht mehr hören und sehen“, schrieb er etwa am 25. November 1944 an Heinz Tietjen689, und gegenüber dem Literaturwissenschaftler Wolfgang Golthe identifizierte er am 5. April 1945 „die deutsche Oper“ so stark mit seinem eigenen Werk, dass beides ineinander aufzugehen scheint: „Auch für mich persönlich welch’ eine Katastrophe, daß nach einer schönen Hochblüte gerade meiner Werke in festlichen Strausswochen zu Wien und Dresden im letzten Juni die deutsche Oper mit einer einmaligen Generalprobe meines letzten Werkes: die ‚Liebe der Danae‘ am 16. August in der Mozartstadt zu Ende ging.“ Die „Bescheidenheit“, sein eigenes Schaffen erst mit Respektabstand zu den „Klassikern“ zu nennen, die er noch in den 1930er Jahren allenthalben an den Tag gelegt hatte, ist nun dahin. Unumwunden verwendet er etwa in einem Brief vom 11. Juni 1945 an Rudolf Hartmann, Uraufführungsregisseur von Friedenstag, Capriccio und Die Liebe der Danae, den Begriff „des klassischen Repertoires von Gluck bis ‚Danae‘“. Mit der Aussicht, in die Planung von neuen Opernspielplänen einzugreifen, berichtet Strauss im selben Schreiben auch über ein Gespräch mit einem „amerikanische[n] Kulturoffizier“: „Er frug auch, wie es heute besonders üblich ist, nach ‚Novitäten‘. Ich mußte leider meine Unkenntnis über diesen heiklen Punkt bekennen und behauptete, daß an Experimente mit negativem Erfolg nicht gedacht werden könne, bevor das ganze klassische Repertoire nicht in vorbildlichen Aufführun-

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gen aufgebaut ist.“690 Das „ganze klassische Repertoire“ aber heißt nach dieser Logik: einschließlich seiner eigenen Werke. Tatsächlich verbringt Strauss zwei Jahre mit der Arbeit an einem Papier über seine Wünsche zur Spielplanpolitik der Operninstitute. Ein „Memorandum“ Über Musik und Opernpflege in Deutschland schreibt er 1943 für Schirachs Kulturreferenten Walter Thomas, anschließend arbeitet er an einem Text unter dem Titel Über Wesen und Bedeutung der Oper und ihre Pflege. Sein Künstlerisches Vermächtnis formuliert er am 27. April 1945 in einem Brief an Karl Böhm, einen Monat später übergibt er dem amerikanischen Musikwissenschaftler Alfred Mann Über Wesen und Bedeutung der Oper und ihre Pflege, der es 1950 als Artistic Testament of Richard Strauss veröffentlichen wird. Das Ziel sämtlicher Fassungen ist dasselbe: ein „Opern­ museum“ mit einem festen Bestand an Werken des Repertoires, bei dem das eigene Œuvre eine Sonderposition einnimmt.691 Strauss hat sein Leben lang eine ungeheure Menge an Musik komponiert, aber gezielt darauf hingearbeitet, das Interesse allein auf seine „Hauptwerke“ – die Tondichtungen, später fast nur noch die Opern – zu lenken. Sowohl in der zeitgenössischen Berichterstattung als auch in den wissenschaftlichen Untersuchungen bis in die Gegenwart spiegelt sich diese Konzentration auf die vom Komponisten vorgenommene Unterscheidung in Wesentliches und Unwesentliches. Nach der letzten komponierten Oper Capriccio ging er noch einen Schritt weiter. Am 1. Juni 1943 hielt er in einem seiner Notizhefte fest: „Dieser Nachlass hat keinerlei musikhistorische Bedeutung, ist lediglich ‚Handgelenksübung‘, wie Hermann Bahr einmal scherzweise sein ‚tägliches Diktieren‘ nannte. // Dieser mein Nachlass mag Instrumentalisten, Bläser[n] und Chorvereinigungen vielleicht brauchbares Studiumsmaterial (zur Abwechslung) bieten, beansprucht aber keine weitere Beachtung, da die sog. absolute Musik mit den letzten Quartetten Beethovens ihr definitives Ende erreicht hat […].“692 Und während er seinen Texten über die „Opernpflege“ den letzten Schliff gibt, bekräftigt er am 21. Februar 1945 diese Haltung nochmals: „Mit der Musik bin ich zu Ende, handwerkliche Übungen zählen nicht“ (Notizheft, 21. Februar 1945).693 Auch Willi Schuh, der sich neben Strauss publizistisch auch um andere zeitgenössische Komponisten bemüht, soll auf sämtliche diesbezügliche Vorgaben eingeschworen werden: „Ihren Standpunkt gegenüber der sog. zeitgenössischen Musik kann ich als den des Musikzeitungsredak-

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tors, der allen Tageserscheinungen glaubt, gerecht werden zu müssen, wohl verstehen, als den des Rich. Straussbiographen nicht billigen. Ich kann nur in Musikgeschichte denken und da gibt es nur den einen ganz schroffen Wagnerschen Standpunkt: die Klassiker von Bach ab bis Beethoven, von da nur die eine Linie: Liszt, Berlioz, Wagner und meine bescheidene Wenigkeit. […] Und die genannte Linie habe ich bewußt seit 60 Jahren eingehalten. Mit 19 Jahren schrieb ich meine einzige, letzte Sinfonie, mit 20 das Klavierquartett, mit 20 die Violinsonate – dann Schluß und meine sinf. Dichtungen waren nur Vorbereitungen zur Salome. Und ich kann mich nun nicht einmal dazu entschließen: ‚Beethovens Violinconzert ist ein einmaliges, herrliches Wunder, aber das Oboenconzert z. B. des Herrn Huber oder Meyer aus Lindau ist – auch ganz schön.‘ Toleranz und Geschichte sind halt doch verschiedene Dinge. Ich habe als ­Kapellmeister 60 Jahre lang Wohlwollen und ‚Gerechtigkeit‘ walten lassen – aber wo es Ernst wird, heißt es eben doch Farbe bekennen! Und so werden Sie, lieber Freund, wohl allmählich etwas ‚einseitiger‘ werden müssen“ (8. Oktober 1942).694 Zugleich schreibt Strauss unermüdlich Dokumente für die geplante Biographie, etwa im Oktober 1942 jenen Text über die Geschichte der Uraufführung meiner Opern, der sich später als Erinnerungen an die ersten Aufführungen meiner Opern im Band ­Betrachtungen und Erinnerungen findet. Strauss vermerkt dazu: „Für den Biographen zur Feststellung der Wahrheit, falls später von Uraufführungsjägern und beleidigten Dirigierprimadonnen gegen mich Vorwürfe unberechtigter Art erhoben werden sollten. Die mit ** bezeichneten Sätze für die Öffentlichkeit nur im Notfalle zu verwenden.“695 Schuh wird regelmäßig – auch über den Nachlass – in Kenntnis gesetzt und erhält in der Regel auch gleich eine Handhabe zum Umgang mit den Informationen: Am 30. November 1943 schreibt ihm Strauss etwa: „Mein Hand­ gelenk beschäftige ich notgedrungen mit unnötigen compositorischen Fingerübungen, da man doch nicht den ganzen Tag lesen kann. […] Außerdem arbeite ich schon seit längerem an einem Artikel über ‚Wesen und Bedeutung der Oper und ihre zukünftige Pflege.‘ Auch nicht für die heutige Öffentlichkeit bestimmt!“ Und noch ein halbes Jahr später, am 1. Mai 1944, erinnert er den Biographen: „Den Artikel bzw. das Wesen der Oper bitte nur für die Biographie selbst zu gebrauchen zur Information! Wichtig darin ist nur der noch nie mit solcher Bestimmtheit ausgesprochene Gedanke, daß das Erscheinen der Melodie Mozarts, Beetho-

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vens, Schuberts und die Vollendung der Sprache des Wagnerschen und Straussschen Orchesters der Abschluß und Gipfel der bisherigen Culturentwicklung der Menschheit ist.“696 Über diesen hochtrabenden Überlegungen ging der Krieg in Deutschland zu Ende, wurde Ende April Garmisch von der amerikanischen Armee besetzt und gleich dem Komponisten des Rosenkavalier die gebührende Sonderbehandlung eingeräumt. In den Vereinigten Staaten begannen sich umgehend nach dem Ende des Dritten Reichs Informationen über dessen Beziehungen zu den Nationalsozialisten zu verbreiten, seit ihn Klaus Mann besucht und in der amerikanischen Militärzeitung Stars and Stripes – sowie bald darauf auch in Deutschland – etwa von Strauss’ lobenden Worte über Hans Frank berichtet hatte. Der Sohn von Thomas Mann urteilte über den alten Komponisten: „Scham und Takt sind seine Sache nicht. Die Naivität, mit der er sich zu einem völlig ruchlosen, völlig amoralischen Egoismus bekennt, könnte entwaffnend, fast erheiternd sein, wenn sie nicht als Symptom sittlich-geistigen Tiefstandes so erschreckend wäre. […] Ein Künstler von solcher Sensitivität – und dabei stumpf wie der Letzte, wenn es um Fragen der Gesinnung, des Gewissens geht!“697 Unmittelbar danach, am 1. Juli 1945, berichteten auch die Los Angeles Times unter dem Titel Richard Strauss’ shame über dessen für Frank geschriebenes Liedchen.698 Eine briefliche Aussage gegenüber dem neuen Dresdner Oberleiter Joseph Keilberth, bei dem sich Strauss am 12. Oktober 1946 für die Übernahme der ersten Aufführung der Schweigsamen Frau in Deutschland nach dem Krieg bedankte, lässt in ihrer Geschmacklosigkeit die tiefe Kluft zwischen der Lebenswelt des (alten) Komponisten und der ihn umgebenden Realität ermessen: „So ist nun nach zehn Jahren der ehrenwerte Sir Morosus aus dem Konzentra­ tionslager [!] der Reichstheaterkammer befreit worden und an seinen Geburtsort zurückgebracht, wo ich vor zwölf Jahren so viel Mühe hatte, den Namen des Textdichters auf den Theaterzettel zu bringen.“699 In seinem Biographen hatte der greise Meister, seit Oktober 1945 in der Schweiz, einen beherzten Fürsprecher gefunden. Wenige Monate nach dem Untergang des Dritten Reichs resümierte Willi Schuh in der Zeitschrift Tempo des Verlags Boosey & Hawkes, der das Spätwerk von Strauss verlegte, dessen Rolle während der nationalsozialistischen Herrschaft. Er sprach hier von „seinem vollkommen unpolitischen Charakter“ und versuchte eine komplette Reinwaschung für diese Zeit: „Strauss’

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Funktion war es, mit seiner Musik für ein anderes Deutschland einzustehen. Dass er das tat, zeigen seine Werke der Jahre 1934 bis 1945, die keinerlei Zeichen eines Kompromisses enthalten. Er schrieb nichts, das ­irgendeine direkte Verbindung zu den Verhältnissen hatte, denen er ausgesetzt war.“700 Auch in Deutschland wurde Strauss’ Rolle im Dritten Reich bereits ansatzweise diskutiert. Kilian Keezer bezeichnete ihn etwa in der wieder erscheinenden Zeitschrift Melos als „Wiener Schoßkind“ von Baldur von Schirach.701 Das Epitheton des „Unpolitischen“ wurde allerdings in der Folge in der Strauss-Literatur systematisch gepflegt: Auch Kurt Pfister schrieb Strauss 1949 eine „untadelige politische Haltung“ zu702, der Wiener Journalist Heinrich Kralik, der bereits in den späten 1930er Jahren eine Biographie plante, die erst 1964 erschien und „von Strauss’ Standpunkt das Leben und das Werk“ beschreiben sollte, fand ihn ebenfalls „unpolitisch“: „Er war weder dafür noch dagegen.“703 Und noch 1994 vertrat Hanspeter Messmer die Ansicht, „der unpolitische Musiker“ und sein „Glaube an Hitler“ seien „gewiß unpolitisch und naiv“ gewesen.704 Die Einsicht, dass es im Dritten Reich schlichtweg keine ­Haltung geben konnte, die nicht politisch wirksam war705, und dass etwa die im Brief an Stefan Zweig vom 17. Juni 1937 zur Schau gestellte „Selbstcharakterisierung […] freilich noch in ihrer Geste des Unpolitischen der Politik verhaftet, also ganz entgegen dem, was sie suggeriert, dezidiert politisch“ ist706, verbreitete sich demgegenüber nur schleppend. Auch die Behauptung, „daß Richard Strauss sich niemals antisemitisch verhalten oder geäußert hat“707, die von Walter Deppisch 1968 formuliert wurde, gehört in diesen Zusammenhang. Gegen die 1940 von Edmund Wachten gewählte Praxis, antisemitisch gefärbte Passagen aus dem Briefwechsel mit Thuille zur Untermauerung seiner Gesinnung heranzuziehen708, wäre Strauss aufgrund seines Grundsatzes, Menschen nach ihrer Leistung zu beurteilen, zu verteidigen. In privaten Aufzeichnungen hatte Strauss am 24. September 1935 notiert: „Herrn Goebbels ins Stammbuch: // Ich mach bei den Juden einen Unterschied. Die Reichgewordenen sind nicht gefährlich. […] Die Strebsamen sind, die noch nichts haben, besonders die von der Presse. Doch sind auch hier wohl die Christen die Schlimmsten und nicht die Juden. // Bismarck zu Busch 21. Januar 1831 [sic].“709 Abgesehen von der mentalen Orientierung in der Vergangenheit, machen diese Notizen nicht nur nochmals Strauss’ Unfähigkeit deutlich, die politischen Umstände im Dritten Reich zu begreifen, sondern geben auch

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seine „eigensinnige“ Einstellung zur „Rassenfrage“ wieder. Dass er aber jederzeit bereit war, antisemitische Ressentiments, die er besonders in seiner Jugend im Verkehr mit seinem Vater, mit Bülow sowie Ritter kultiviert hatte, aufzugreifen, zeigt etwa seine Reaktion auf Willi Schuhs Sammelband Zeitgenössische Musik (1947), der vor Angriffen auf Kollegen nur so strotzt, mit denen Strauss nicht in einem Atemzug genannt werden möchte. Seine Attacken gipfeln in der „Verurteilung des ganzen – ­sagen wir summarisch Emigrantenschwindels – Emigrant als neuestes Epitheton ornans im Munde des journalistischen Snobismus, der immer Angst hat, den ‚Fortschritt‘ zu versäumen oder gar als Reaktionär zu gelten, wenn er bei Beethoven, Rich. Wagner und Rich. Strauss vorläufig schon halt macht“ (17. November 1948). Vor der Uraufführung der Metamorphosen für 23 Solostreicher am 25. Jänner 1946 in Basel schreibt er seinem Biographen, der phasenweise die Rolle eines Sekretärs übernimmt, „Herr [Paul] Sacher hat mir gut gefallen, aber in einem Novitätenprogramm möchte ich nicht als ‚Klassiker‘ figurieren“ (4. November 1945). Aufschlussreich für seine Haltung, alles Unangenehme einfach zu verdrängen, ist auch seine Reaktion auf den Artikel Greuelmärchen um Richard Strauss’ „Metamorphosen“ in der Schweizerischen Musikzeitung, in dem Schuh 1947 das in den Niederlanden aufgekommene Gerücht entkräftete, das Werk sei als Apotheose auf Hitler geschrieben worden: „Nachdem der feine Holländer das Losungswort gegeben, soll es mir auch recht sein, daß Sie in der Zeitschrift den ganzen schönen ‚Fall Strauss‘ deutlich genug angedeutet haben, dessen öffentlicher Erörterung ich wie Sie wissen, ich [sic] bisher widerstrebt habe, da ich unter meiner Menschen- und Künstlerwürde es gehalten habe, meinen sauberen Künstlernamen mit der schmutzigen Politik auch nur von Weitem in Berührung zu bringen!“ (2. November 1947).710 Als er in der Zeitung Die Welt vom 30. September 1947 über das bevorstehende Richard-Strauss-Festival in London berichtete, fasste Heinz Joachim gleichzeitig zusammen, was ansonsten an Informationen auf dem Tisch lag: „Während die Entnazifizierungsbehörden in Deutschland auf den Meister warten, wird der dreiundachtzigjährige Richard Strauß […] von Zürich nach London fliegen, um dort mit dem König­ lichen Philharmonischen Orchester in der Alberthall Konzerte zu dirigieren und auch sonst etwas zur Aufbessernug [sic] seiner Finanzen zu tun. In der Schweiz hat er den Lebensunterhalt für sich und seine Gattin

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nur mit Hilfe von Freunden und starker persönlicher Einschränkung bestreiten können, während in England fünfzehntausend Pfund Sterling, in den US schätzungsweise gar hunderttausend Pfund aus Tantiemen auf ihn warten. Diese Gelder sind aber eingefroren, und es ist zweifelhaft, ob Strauß davon im Augenblick etwas erhalten kann. // In Deutschland wurde Richard Strauß, der einstige Präsident der Reichsmusikkammer, in den letzten Jahren der Naziherrschaft mehr und mehr kaltgestellt. Angesichts des Strauß’schen ‚Optimismus‘ [die Prognosen über ein baldiges Ende der Nazis 1935 an Stefan Zweig] bleibt es erstaunlich genug, daß man nicht erheblich drastischere Maßnahmen über den Komponisten verfügte.“* Vor den Londoner Konzerten hatte Strauss gegenüber dem Verleger Ernst Roth vom Verlag Boosey & Hawkes am 9. Juli 1947 Überlegungen zum Programm vom Tisch gewischt: „[D]a die Presse sowieso schlecht, ist es ja ganz egal. Bin ja sowieso der einzige lebende Komponist, der heute schlechte Presse hat, dafür ist meine Musik desto besser.“711 Erst ein Dreivierteljahr nach seinem letzten großen internationalen Auftreten, bei dem ein Konzert der BBC weltweit übertragen wurde712, ging das Entnazifizierungsverfahren gegen ihn im Juni 1948 mit dem Ergebnis „Nicht betroffen“ zu Ende. Zuvor hatte er 1946 auch eine nochmalige Einladung in die Vereinigten Staaten erhalten, die der Schauspieler und Regisseur Lionel Barrymore anschließend zurücknehmen musste, da Strauss in Amerika als „Nazi“ gelte. Wie er noch am 16. September 1950 in The Saturday Evening Post schrieb, galt ihm Strauss als „der unschuldigste Mensch auf der Welt“ („the most innocent man in the world“) – und genau so hatte sich der Komponist nach dem Kriegsende auch gesehen, als er eidesstattlich erklärt hatte, „daß ich weder jemals der nationalsozialistischen Partei angehört, auch niemals mit ihr sympathisiert oder für sie Propaganda betrieben habe. Die einzigen Beziehungen zu Dr. Goebbels’ Propagandaministerium stammen daher, daß ich […] von Dr. Goebbels, ohne um meine Zustimmung gefragt zu werden, zum Präsidenten der neuen Reichsmusikkammer ernannt und diese ehrenamtliche Stellung nicht sofort abgelehnt habe, weil ich die neuen Machthaber damals noch gar nicht kannte und glaubte, vielleicht für die Musik und ihre Jünger Gutes tun zu können. […] Ich habe ein reines Gewissen und mich niemals vor meinen Widersachern gefürchtet […] wir wollen mit Geduld warten und hoffen, wenn die Welt wieder anständiger und die edle Kunst von Politik gesäu-

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bert sein wird.“ Bedarf es noch einer Betonung, dass auch diese Erklärung in der Presse erschien?713 Strauss konnte für das Entnazifizierungsverfahren eine Reihe von Erklärungen erwirken, die seine Position untermauerten. Auch wenn er selbst nicht imstande war, die Ereignisse anders als subjektiv verfärbt darzustellen, besteht kein Grund, an den Darstellungen seiner Unterstützer zu zweifeln. So schrieb ihm Michael Rosenauer am 2. Februar 1948 als Argument für die Freigabe des in Amerika gesperrten Vermögens: „Sie sprachen sehr ausfuehrlich ueber die Verabscheuung, die Sie gegen das Nazi Regime empfanden wie ebenso ueber die Schwierigkeiten die Ihnen Ihre eigene Stellung in Hinblick auf die Nazi Partei bereitete.“714 In seiner eidesstattlichen Erklärung vom 3. Februar 1947 für das Entnazifizierungsverfahren berichtete der einflussreiche Unternehmer Manfred Mautner Markhof von einer Intervention von Strauss bei ­Gauleiter Bürckel am Rande des Geburtstagskonzerts der Wiener Philharmoniker am 11. Juni 1939 und suchte die Gesinnung des Komponisten zu beschreiben: „In den folgenden Jahren war ich wiederholt Zeuge, wie Richard Strauss sich auf das Energischste für die Erhaltung vollster Kunstkörper eingesetzt hat. Sicherlich ist es zu einem grossen Teil ihm zu verdanken, dass die weltberühmten Orchestervereinigungen des Reiches nicht durch Einberufungen zur Wehrmacht zerstört wurden und daher im wesent­lichen erhalten werden konnten. // Sehr oft musste ich auf Richard Strauss, der aus Aerger über das bestehende Regime sich zu unüberlegten Äußerungen und Taten hinreissen lassen wollte, beruhigend einwirken, um schwerwiegendste Folgen für ihn zu verhindern.“715 Auch der S­ chweizer Diplomat Hans Zurlinden, der zwischen 1942 und 1945 schweizerischer Generalkonsul in München gewesen war und dort die, wie er meinte, „ganz unzeitgemäße Uraufführung der Oper ‚Capric­cio‘“ miterlebt hatte, bestätigte eine kritische Haltung gegenüber dem Regime, die er emphatisch einzuordnen wusste: „Ich kann bezeugen, daß während der letzten zwanzig Jahre kein Deutscher […] in giftigeren und vernichtenderen Worten zu mir über die Hitlerei gesprochen hat, als R ­ ichard Strauß bei dieser Gelegenheit, im Oktober 1942, auf dem Höhepunkt der Macht des Dritten Reiches. […] So begriff ich weiter, daß der alte Richard Strauß skeptisch und passiv mit einer großen Gleichgültigkeit der neueren Weltgeschichte gegenüberstand und erst recht dem größenwahnsinnigen nati-

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onalsozialistischen Zwischenspiel nie anders als mit noch rücksichtsloserer Gleichgültigkeit pessimistisch und hilflos gegenübergestanden ist.“716 Zurlinden überlieferte auch Aufzeichnungen eines Gesprächs, die zeigen, dass Strauss’ fixe musikhistorische Idee einer teleologischen Perspektive auf das eigene Werk sich nach Kriegsende mit einer fatalistischen Haltung verband, und vermuten lassen, dass er dabei möglicherweise auch bei diesen Mitteilungen Rücksichten auf seinen Gesprächspartner nahm: „Sub specie aeternitatis gesehen, hat es ein deutsches Volk nur deshalb gegeben, damit es Bach, Mozart und Wagner hervorbringe. Diese einzigartige Leistung hat das deutsche Volk unsterblich gemacht. Und wiederum, wie immer, ist nüchtern festzustellen: Nach dieser Leistung hatte das deutsche Volk seine wesentliche Zweckaufgabe erfüllt. Es konnte und durfte und mußte abtreten. Seit Bismarck hat es seine eigene Selbstzerstörung begonnen und hat mit der Hitlerei Selbstmord begangen. Das ist sein äußerliches schicksalsbedingtes Los, obgleich das selbstmörderische Treiben für einen Volks- und Zeitgenossen fürchterlich ist. Dieses Volk musizierte nicht mehr. Es ging verblendet darauf aus, die Welt mit Panzerwagen und Bombenflugzeugen zu erobern. Nun liegen heute seine Konzertsäle und Opernhäuser in Schutt und Asche.“717 Doch als Zurlinden vorschlug, das Dokument zu veröffentlichen, wurde er mit einem Brief vom 6. Juni 1946 ersucht, die Niederschrift unter Verschluss zu halten. Zwar sei alles richtig wiedergegeben, doch „meine höchst unzeitgemäßen Gedanken müßten in der Presse auf schärfsten Widerspruch stoßen, mir die unliebsamsten Kontroversen und Polemiken eintragen und mich wieder in eine Öffentlichkeit zerren, der ich schon glücklich entronnen zu sein glaubte. […] Kurz alle die wahren und unwahren Kämpfe mit den Nazi, die Ideen des Festspielhauses, die Erwähnung der Gluckbüste, deren Rückgabe ich nach Paris schon vor Jahresfrist angeboten habe – bitte alles zutiefst in Ihrer Schublade zu vergraben, solange ich lebe, und mir keine neue Berücksichtigung von seiten der lieben Öffentlichkeit auf den Hals zu laden. Auch meine Ablehnung eines großen Teils der sogenannten modernen Musik gehört nicht in die Presse, würde derselben nur Reklame machen.“718 Allerdings fantasierte Strauss zugleich, Schuh müsse „Beiträge zur Weltgeschichte der Musik“ publizieren – und zwar gemäß seiner Meinung, „daß das politische Deutschland zerstört werden mußte, nachdem es seine Weltmission: die Erschaffung und Vollendung der deutschen Musik erfüllt hatte. Dieses Ihr Buch müßte den

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historischen Untergrund zu meiner Biographie bilden und der Sturm müßte schon 5 Jahre ausgetobt sein, bevor die Letztere erscheinen kann und müßte die letzte Fortsetzung von ‚Oper und Drama‘ und des 9. und 10. Bandes der Wagnerschen Schriften und ihr ‚vorläufig‘ (ich will mich vorsichtig ausdrücken) definitiver Abschluß sein“ (20. Mai 1946).719 Bis ins höchste Alter nimmt der Komponist großen Anteil daran, was über ihn an die Öffentlichkeit gerät. In einem Brief an Otto Erhardt deklariert Strauss, es gäbe „nur 2 zuverlässige Biographien: Steinitzer und Specht. Ich warne besonders vor dem Schweizer Gysi […] Fischer-­ Hohenhausen völlig wertlos, von A–Z erlogen“ (10. Februar 1947).720 Als ihn Peter Lafite, Gründer und Herausgeber der Österreichischen Musikzeitschrift, im August desselben Jahres im engadinischen Pontresina besucht und ihm den Band von Fritz Gysi aus der Reihe „Die großen Meister der Musik“ mit der Bitte um ein Autogramm vorlegt, signiert er: „In Mißbilligung. Dr. Richard Strauß.“721 Ihm genehme Arbeiten sucht er jedoch, wie häufiger in seinem Leben, zu verbreiten. So regt er etwa am 23. November 1947 an, Schuhs Band Über Opern von Richard Strauss „als Dedication an sämtliche, noch nicht ganz verlehárte Theaterdirektoren (auch nach England und Amerika) oder wer – mit Ausnahme der Presse – ­Ihnen sonst belehrbar dünkt“ zu schicken („auf meine Kosten“). Über die rechtzeitig zum 85. Geburtstag erschienenen „‚Gesammelten (Ha, ha) Schriften‘“ (Strauss an Schuh, 1. August 1948)722 ist er hingegen nicht in allem glücklich. So entschuldigt er sich noch am 16. Juli 1949 beim Nürnberger Oberbürgermeister Ziebill für die Erwähnung Nürnbergs in jenem Offenen Brief, den er am 23. Dezember 1913 im Berliner Tageblatt ohne Nennung der Stadt publiziert hatte723, und korrespondiert mit dem Herausgeber der Betrachtungen und Erinnerungen über jene Passage, die ihm besonderes Unbehagen macht: „Auch den Brief an ­Karpath mit den 10000 Hausknechten würde ich nie aufgenommen haben. […] Auf jeden Fall bitte ich aus den blauen Tagebuchheften nichts mehr weiter zu veröffentlichen wovon weder ich, noch meine Kinder Kenntnis haben“ (11. Juli 1949).724 Noch in der Briefausgabe von 1967 wurde dem Wunsch von Strauss entsprochen und die Passage mit den „Hausknechten“ – ohne Verweis auf eine Auslassung – gestrichen.725 Die „blauen Tage­buchhefte“ hingegen werden erst jetzt, in den Jahren 2013 bis 2015, für die Publikation vorbereitet.

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Nach seinem Tod am 8. September 1949 stand das monumentale Gebilde, das Richard Strauss mit seinem Werk errichtet hatte und das von einem seltenen Nimbus umstrahlt wurde – „ein bizarrer, erratischer Block inmitten der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts“726 (Stephan Kohler) –, in seiner ganzen Größe da. Noch die 1950 in London uraufgeführten Vier letzten Lieder – Bezeichnung und zyklische Anlage stammen allerdings nicht vom Komponisten, sondern von seinem Verleger Ernst Roth – beförderten seinen legendären Ruf, wie es nicht wirksamer inszeniert hätte werden können. Strauss’ Status als „Erbe und Vollender einer tief aus vergangenen Jahrhunderten emporgewachsenen musikgeschichtlichen Epoche“, als „Brücke zu einer großen Vergangenheit“, wie es in Schuhs Band Über Opern von Richard Strauss hieß727, war unverrückbarer Teil der Musikgeschichte geworden. Im Zusammenhang mit seinen eigenen musikgeschichtlichen Ansichten zeigt sich, wie stark diese in ihrer Grundlinie – nicht in ihrer absurden Zuspitzung – in das allgemeine Geschichtsbild übergegangen sind. Noch in der ersten Auflage der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart (1949–1986) hat Willi Schuh in seinem 1965 erschienenen Artikel zum musikalischen Werk getreulich das Selbstbild des Meisters sowie die von diesem vorgegebene Periodisierung seines Schaffens übernommen: „Im Werk Richard Strauss’ erreichte die klass.-romant. Epoche einen letzten Höhepunkt und zugleich ihren Abschluß. Die Entfaltung geschah in zwei großen, mehr als ein halbes Jh. umspannenden Schaffensperioden, von denen die erste den sinfonischen Tondichtungen, die zweite der Oper gehörte. Der ersten geht ein umfangreiches Jugendschaffen voraus, der zweiten schließt sich eine Gruppe von Alterswerken an. Der ,Revolutionär‘ der neunziger Jahre und des ersten Jahrzehnts des 20. Jh. erlebte, als in seinem Schaffen die Hinwendung zu den klass. Vorbildern stärker hervortrat, neben sich den Aufbruch der ,Neuen Musik‘ (die ihm fremd blieb) und geriet damit in den Ruf eines ,Reaktionärs‘. Strauss war weder das eine noch das andere. Was er geschaffen hat, wuchs aus dem Boden der klass.romant. Musik, die er früh beim Musizieren im Familien- und Freundeskreis in sich aufnahm.“728 Strauss selbst hatte – wie schon zitiert/erwähnt – an Schuh am 8. Oktober 1942 geschrieben: „[M]eine sinf. Dichtungen waren nur Vorbereitungen zur Salome“729 und damit eine Zweiteilung des

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Werks suggeriert, die offenbar eine grobe Vereinfachung darstellt, zumal sich in der Chronologie die Gattungen Tondichtung und Oper mehrfach durchdringen – ganz abgesehen von den Opernentwürfen der Frühzeit oder der fragmentarischen symphonischen Dichtung Die Donau, an der Strauss noch 1941/42 gearbeitet hatte. Eine Diskussion, wie sehr sich Strauss’ Musik vom „Boden der klass.-romant. Musik“ gerade entfernt hat – abgesehen von der biologistischen Metapher, die auch im Dritten Reich keinen Widerspruch erregt hätte –, würde hier zu weit führen, doch ist der Gegensatz seiner Tonsprache zur „romantischen“ Subjektivität ebenso evident wie der Umstand, dass er sich gerade von der Folgerichtigkeit einer geschichtlichen Entwicklung befreit hat. Dieser Schritt greift nicht nur weit über eine Verweigerung des „Fortschritts“ hinaus, sondern betrifft die gesamte kompositorische Haltung von Strauss, auch und gerade in seiner „revolutionären“ Phase, in der er sich bereits von emotionaler Direktheit entfernt hat und stattdessen auch die Auftritte der Themen geradezu inszeniert. Die von Ernst Krause gefundene Formel „Seine Musik ist nicht eine Kunst des Ausdrucks, sondern der Darstellung“730 ist insofern treffend, dass Strauss bei all seinem Anknüpfen an traditionelle Mittel entgegen der stets wiederholten Phrase einer „Musik als Ausdruck“ ihre Funktion völlig neu bestimmte. Die Uneigentlichkeit und Distanz, mit der er komponierte, lässt sich weder mit der ihm häufig vorgeworfenen „Oberflächlichkeit“ (für Ernst Bloch ist Strauss gar der „Meister der Oberfläche“731) oder „Scheinhaftigkeit“ ganz bestimmen. Die Bruchlinie, die nicht nur Adorno bei der Alpensinfonie sah, hat dieses Urteil noch weiter untermauert. Es spricht für sie, dass „die Intensität dieser Musik […], vor deren Reichtum unsere zeitgenössischen Klang­ farbeningenieure alt aussehen“, beispielsweise – laut dieser Aussage aus dem Jahr 2005 – auch den Komponisten Helmut Lachenmann gefangen nimmt.732 Während Adorno das böse Wort einer „Komponiermaschine“ geprägt und den späten Opern „die beinahe versöhnende Unschuld des Tons von Festrednern mit Klassikerzitaten“ zugeschrieben hat, enthält sein wirkmächtiger Aufsatz zum 100. Geburtstag von 1964 auch die ­Warnung: „Strauss als unverlierbares Gut ist schon das Gericht über ihn, Kulturgut.“733 Obwohl gerade dieser Mahnruf kaum gehört wurde, blieb seine Musik genau in dem von Strauss intendierten Sinne im verfestigten Bestand der „Opernmuseen“ und Konzertveranstalter, während an ihr –

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nicht nur, aber auch aufgrund der Verdikte des Philosophen – über ­Jahrzehnte ein Makel haften blieb, der eine eingehendere kritische Beschäftigung mit dem Komponisten bekanntlich vor allem in den deutschsprachigen Ländern zumindest bremste. Auch beim demgegenüber geradezu zwanghaft eingebrachten Argument von Glenn Gould (1962), dass Strauss „die größte musikalische Gestalt war, die in diesem Jahrhundert gelebt hat“, wird gerne der Kontext übersehen, den der Pianist setzte: „In ihm haben wir eine jener raren, starken Gestalten, in denen dem ganzen Prozeß der historischen Entwicklung gespottet wird.“734 Beide Gedanken waren schon den Zeitgenossen Strauss’ keineswegs fremd – ebenso wenig wie die Formulierung „Richard Strauss ist der musikalische Zauberer unserer Tage“ ( James Huneker).735 Die Rede vom „Klangzauberer“, die sich anhaltender Konjunktur erfreut736, verkennt freilich das Kalkül, dessen sich der Meister nicht nur beim Komponieren bediente, sondern das er auch bei seiner Haltung gegenüber der Öffentlichkeit an den Tag legte. Sein unangepasster Habitus war geradezu in seine Physiognomie übergegangen, wie auch Hans Heinz Stuckenschmidt in einem der wenigen kritischen Artikel, die bereits zum 85. Geburtstag erschienen, in der Berliner Ausgabe der Neuen Zeitung vom 10. Juni 1949 anklingen ließ: „Sieg ist diesem Mann beschieden gewesen von Anfang an. Und da zum Sieg der Widerstand gehört, der ja den Triumph recht eigentlich erst anschaulich macht, konnte sich Strauß lange Jahre hindurch als Kämpfer fühlen, als arrivierter Märtyrer einer Sache, die wesentlich die Sache seiner Generation gewesen ist.“* In seinem Nachruf vom 9. September 1949 versuchte der Musikkritiker der Zeitung der amerikanischen Besatzungsmacht dann eine Prognose über den Fortbestand des Strauss’schen Werks, die sich als zutreffend erweisen sollte: „Vieles von seiner Musik ist verblaßt, als ihr Schwung, ihre mitunter zu sichere Attitüde den Reiz der Neuheit verlor: die einst soviel gesungenen Lieder, manche der sinfonischen Dichtungen. Aber einiges wird bleiben, wird zum Bestand der Weltmusik gehören und dem Namen Richard Strauß den verlängerten Ruhm verleihen, den wir mit etwas Übertreibung Unsterblichkeit nennen.“* Dieser Artikel von Stuckenschmidt mit dem Titel Das reiche Leben wurde noch von mehreren Blättern übernommen. Die Reaktionen auf die Nachricht von Strauss’ Tod waren nicht nur von geradezu einhelliger Anerkennung seiner Stellung durchdrungen, sondern boten erstmals auch die Möglichkeit eines unbefangeneren Um-

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gangs mit den kritischsten Jahren seiner Karriere. So war er für die Neue Zürcher Zeitung vom 9. September 1949 „der letzte der großen Herrscher im Reiche der Musik“* und für die Luzerner Neuesten Nachrichten vom selben Tag „vor allem […] der beliebteste unter den Komponisten der Gegenwart. Wenn eines seiner Werke auf dem Konzertprogramm stand, brauchte man um die Gunst des Publikums nicht zu bangen. Denn Strauß, der zwar aus der Fülle des inneren Erlebens schuf, hörte gleichzeitig mit dem Ohr des Hörers mit. Er stellte an sein Publikum nicht, wie andere zeitgenössische Musiker, derart hohe Anforderungen, daß es nur noch einem kleinen Kreis geschulter Jünger möglich gewesen wäre, ihn zu verstehen, und doch fiel er niemals ins Banale ab.“ Im selben Artikel wurde versucht, seinen Pakt mit dem Dritten Reich zu erklären, ohne das Klischee seiner Naivität zu bestätigen: „Die Ehrungen durch den nationalsozialistischen Staat hat Strauß nicht als naive Künstlerseele angenommen, sondern mit voller Ueberlegung. Er mußte sich damals entscheiden: entweder erstieg er den obersten Gipfel nationalen Ruhms und verbündete sich mit einem System ungerechter Gewaltherrschaft, oder er mußte sich zu den Ausgestoßenen zählen und früher oder später als Emigrant sein Vaterland verlassen.“* In den Nachrufen fehlte dieses Thema fast nirgends – und es wurde in der Regel weit kritischer gesehen als vom Gros der Straussianer der folgenden Jahrzehnte. Doch meinten etwa die New York Times vom 9. September 1949, die sich ausführlich den letzten Lebensjahren und den Verstrickungen im Dritten Reich widmeten, er habe sich während der Jahre der Naziherrschaft allein der Musik verschrieben und sei nach seinem Zusammentreffen mit den Herrschern als „Vorsitzender der deutschen Komponisten“ aus dem öffentlichen Blickfeld verschwunden.737 Sogar die sozialdemokratische Wiener ArbeiterZeitung vom selben Tag zeigte sich – nachdem sie ihre Einwände aufgezählt hatte – versöhnlich: „Wenn man vom Menschen Richard Strauß vielleicht auch weniger Großes zu sagen wüßte, es mag im Gedanken an den großen Musiker dahinschwinden. Ebenso manche Dinge aus der Zeit, da die braune Barbarei erst über Deutschland und dann über Österreich hereinbrach. Es ist nun so, daß die Bewährung einer künstlerischen Größe nicht immer mit der menschlichen Hand in Hand geht. Der große Musiker, immer ein guter Rechner, war auch bereit, dem faschistischen Japan eine Hymne [sic] zu komponieren und anläßlich der Wiederkehr jenes bitteren Tages, da Hitler den Raub Österreichs mit seinem Einzug

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in Wien besiegelte, eine Festmusik zu komponieren und zu dirigieren. Aber all dies Kleine, Eitle, Allzumenschliche wird bald vergessen sein vor dem Bewußtsein der Größe und Schönheit des künstlerischen Werkes.“* In der offiziösen Wiener Zeitung vom 9. September 1949 wurde hingegen Joseph Gregor, der über all die Jahre Direktor der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek war, Raum gegeben, seine eigenen Beiträge zum Opernschaffen des Verstorbenen in die Reihe „unvergänglicher“ Werke zu integrieren: „Wir wissen längst, daß die Reihe: Salome – Elektra – Frau ohne Schatten – Ariadne – Daphne unvergänglich sein wird. Wir wissen längst, daß die Geschichte der Oper in der epigonenhaften Nachfolge Richard Wagners eine schwere Krise erfahren hätte, würde sich nicht eine immense neue Begabung, eben die von Richard Strauss, in ihren Dienst gestellt und mit gewaltiger Energie, aber auch mit dem ausgesprochenen Willen zum Experiment, von Stoff zu Stoff und von Werk zu Werk gerungen haben. Heute wird staunenden Augen immer klarer, daß auf diese Weise ‚der alte Strauß‘, der übrigens die Jungen sehr wohl zu achten wußte, nicht nur die volle Grundlage ihrer dramatischen Formensprache gebildet hat, sondern daß er ihnen bisweilen sogar weit voraus war: Intermezzo – Schweigsame Frau – Danae.“ Gregors Nachruf enthielt noch eine weitere eigenwillige Geschichtskonstruktion, die eine geradezu abstruse Namensliste mit einer Vereinnahmung des Komponisten verband, wie sie bereits in der Zwischenkriegszeit versucht worden war: „Er ist auch der Form nach schließlich Oesterreicher geworden, wie er es dem Herzen nach immer war [!]. Er wollte in jene lange Reihe treten, die von Gluck und Mozart, von Haydn und Beethoven bis auf Bruckner [!] und Mahler [!] führt. Gestern, in einem stillen Haus in Partenkirchen [sic], im Angesicht der von ihm so sehr geliebten Zugspitze, die Bayern und Oesterreich auch gemeinsam gehört, hat sich die Reihe für immer geschlossen.“* Auf solche Begehrlichkeiten reagierte etwa der Redakteur der Musik-Blätter der Wiener Philharmoniker Friedrich Saathen mit ungewöhnlicher Schärfe: „Merkwürdig, wie sich […] gewisse Gepflogenheiten im Verkehr mit großen Geistern immerwährend wiederholen. Kaum hat sich, was unsterblich ist, vom Sterblichen gelöst, werden auch schon von allen Seiten Erbansprüche laut. Gewiß auch wir Österreicher haben ein gutes Recht, Richard Strauss für uns zu reklamieren – nicht nur als Freund der Wiener Philharmoniker, der

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Staatsoper und Hugo von Hofmannsthals –, aber wir haben kein größeres Recht dazu als irgendeine kultivierte Nation.“738 Durchaus repräsentativ für die Bedeutung, die Strauss am Ende seines Lebens – und weit darüber hinau – zugeschrieben wurde, beginnt jener Film, der unter anderem bei der Feier zum 85. Geburtstag gedreht worden war, damit, dass „der bisher letzte Klassiker der abendländischen Musik“ mit der Rosenkavalier-Ouvertüre ins Bild gerückt wird. Richard Strauss – ein Leben für die Musik (D 1949) von Werner Jacobs mit Ausschnitten aus Don Juan, Salome, Till Eulenspiegel und Filmaufnahmen „aus den letzten Lebenstagen“ lässt Eugen Papst, Georg Solti sowie Strauss selbst dirigieren – etwa eine Münchner Rosenkavalier-Aufführung von 1939 im Nationaltheater, ohne dass dies weiter kommentiert wird. Strauss spielt, wie er selbst ankündigt, „den Schluss der Oper Daphne“ auf dem Flügel, erhält Ehrungen zum 85. Geburtstag und wird vor dem Gärtnerplatztheater begrüßt, wo er anschließend für die Kameras eine Probe leitet. Dann resümiert der Sprecher: „Unbeirrt von Krisen und Schlagworten ist Richard Strauss seinen Weg gegangen. Als versöhnende Friedensbotschaft klingt seine Musik über die Kontinente und wird im Bewusstsein vieler kommender Generationen fortleben.“ Glücklicherweise haben nicht alle von ihm nur in Schlagworten gesprochen oder seinen eigenen Aussagen allzu großes Gewicht beigemessen. Auch wenn er die Worte gesagt hat, die sein Biograph Kurt Pfister am 12. September 1949 im Münchner Merkur zitierte, darf man nicht vergessen, dass Ironie und Zynismus seine zweite Natur waren: „Ich bin nur ein unbedeutender Mann, der zudem auf verlorenem Posten steht und nur im letzten Akt des Dramas noch ein paar belanglose Worte zu sagen hatte.“* Im großen Welttheater war Richard Strauss eine Figur, die es verstand, noch in der ernstesten Lage mit einer Mischung aus emotionaler Dramatik und souveräner Distanz von sich reden zu machen. Die Inszenierung war dabei zumindest ebenso meisterhaft wie das Stück.

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Zeittafel Richard Strauss

Biographie 1864 am 11. Juni in München geboren 1868 Erster Klavierunterricht bei August Tombo 1870 Erste Kompositionsversuche 1872 Violinunterricht bei Benno Walter 1874 Königliches Ludwigs-Gymnasium München 1875 Unterricht in Musiktheorie bei Friedrich Wilhelm Meyer 1879 1881 1882 Abitur; erster Besuch der Bayreuther Festspiele Reise nach Wien (Dezember) 1883 Aufenthalt in Berlin (Dezember bis März 1884) 1884 1885 Oktober: Herzoglicher Hofmusikdirektor in Meiningen (bis April 1886) 1886 Italienreise (April bis Mai) August: Königlicher Musikdirektor (3. Kapellmeister) in München (bis Juli 1889) 1887 Gastkonzerte in Mailand (Dezember) 1888 Zweite Italienreise (Mai) 1889 Juli bis August: Assistent bei den Bayreuther Festspielen August: Großherzoglich-sächsischer Kapellmeister in Weimar (bis April 1894) 1890 1891 Erkrankung 1892 Erkrankung November: Reise nach Griechenland, Ägypten und Sizilien (bis Juni 1893) 1894 Verlobung mit Pauline de Ahna (10. Mai) Heirat mit Pauline de Ahna (10. September) Oktober: Königlicher Kapellmeister in München (bis Oktober 1898) Leitung der Konzerte des Philharmonischen Orchesters in Berlin (1894/95) 1895 Konzert in Wien und Budapest 1896 Italienreise mit Pauline (Oktober) Zahlreiche Gastdirigate 1897 Geburt des Sohnes Franz (12. April) Intensivierung der internationalen Konzerttätigkeit

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Uraufführungen wichtiger Werke

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Wichtige zu Lebzeiten erschienene Publikationen

Drei Lieder nach Emanuel Geibel (München, 28. März) Streichquartett (München, 14. März) d-Moll-Symphonie (München, 30. März) Bläserserenade (Dresden, 27. November) Violinkonzert (Wien, 5. Dezember) Konzertouvertüre c-Moll (München, 28. November) Bläsersuite (München, 18. November) f-Moll-Symphonie (New York, 13. Dezember) Aus Italien (München, 2. März) Wandrers Sturmlied (Köln, 8. März) Violinsonate (Elberfeld, 3. Oktober) Don Juan (Weimar, 11. November) Tod und Verklärung; Burleske (Eisenach, 21. Juni) Macbeth (Weimar, 13. Oktober)

Guntram (Weimar, 10. Mai)

Till Eulenspiegels lustige Streiche (Köln, 5. November) Also sprach Zarathustra (Frankfurt a. M., 27. November)

Arthur Seidl, R. S. – Eine Charakter-Skizze, Prag ab 1896: Musikführer zu Tondichtungen (verschiedene Autoren)

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Biographie

1898 Oktober: Erster preußischer Kapellmeister in Berlin (bis 1910/11) Gründung der Genossenschaft deutscher Tonsetzer (mit Friedrich Rösch und Hans Sommer) 1899 Gastspiel in Paris 1900 Konzerte in Deutschland, Frankreich und Belgien 1901 Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Musikvereins (bis 1909) 1902 Konzerte in Deutschland, Österreich, Holland, Italien, Frankreich und in der Schweiz 1903 Ehrendoktorat der Universität Heidelberg Strauss-Festival in London, Konzerte in Polen und England 1904 Konzertreise in die USA Ehrenmitglied der Vereinigung schaffender Tonkünstler in Wien 1905 Verbesserung des Berliner Vertrags 1906 Erstes Dirigat der Wiener Philharmoniker in Salzburg 1907 Offizier der französischen Ehrenlegion 1908 Leitung der Konzerte der Berliner Hofkapelle; Titel Generalmusikdirektor Strauss-Woche in Wiesbaden Einzug in die Villa in Garmisch 1909 Strauss-Woche in Dresden Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin 1910 Strauss-Wochen in Frankfurt a. M. und München Gedenktafel am Geburtshaus 1911 Strauss-Woche in Dresden 1912 Strauss-Woche in Stuttgart 1913 Strauss-Wochen in Karlsruhe und Berlin Reise nach Russland und Italien (mit Hugo von Hofmannsthal)

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Uraufführungen wichtiger Werke

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Wichtige zu Lebzeiten erschienene Publikationen

Don Quixote (Köln, 8. März)

Ein Heldenleben (Frankfurt a. M., 3. März) Feuersnot (Dresden, 21. November) Taillefer (Heidelberg, 26. Oktober)

Romain Rolland, R. S., in: La Revue de Paris 1899/6 Gustav Brecher, R. S. – Eine monographische Skizze, Leipzig Erich Urban, R. S., Berlin Erich Urban, Strauss contra Wagner, Berlin

Symphonia domestica (New York, 21. März) Salome (Dresden, 9. Dezember)

James Huneker, R. S., in: Die Musik 4 (1904/05) Felix Draeseke, Die Konfusion in der Musik. Ein Mahnruf, in: Neue Musik-Zeitung 28/1 Oscar Bie, Die moderne Musik und R. S., Berlin Eugen Schmitz, R. S. als Musikdramatiker, Berlin Eugen von Ziegler, R. S. in seinen dramatischen Dichtungen, Berlin Herwarth Walden, R. S. – Symphonien und Tondichtungen, Berlin Lawrence Gilman, Strauss’ Salome. A Guide to the Opera, New York

Elektra (Dresden, 25. Jänner)

Der Rosenkavalier (Dresden, 26. Jänner) Ariadne auf Naxos I (Stuttgart, 25. Oktober)

Ernest Hutcheson, Elektra by R. S. – A Guide to the Opera with musical examples from the score, New York Max Steinitzer, R. S., Leipzig–Berlin, 1. Aufl.

Festliches Präludium (Wien, 19. Oktober)

Seidl, Straußiana. Aufsätze zur R. S.Frage aus drei Jahrzehnten, Regensburg

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Biographie

1914 „Richard-Strauss-Straße“ in München Ehrendoktorat der Universität Oxford 1915 Strauss-Wochen in Berlin und Dresden 1916 Strauss-Woche in Wiesbaden Ehrenmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien 1917 Leitung einer Kompositions-Meisterklasse an der Akademie der Künste Berlin (bis 1920) Gründung der Salzburger Festspielgemeinde (mit H. v. Hofmannsthal und M. Reinhardt) 1918 Strauss-Wochen in Wien, München und Zürich Interimistischer Leiter der Berliner Oper (bis März 1919) 1919 Dezember: Direktor der Wiener Staatsoper (mit Franz Schalk, bis 1924) 1920 Südamerika-Tournee mit den Wiener Philharmonikern (August bis Dezember) Strauss-Zyklus in Moskau 1921 Ehrenvorsitzender des Ausschusses des Donaueschinger Musikfests Strauss-Woche in Berlin 1922 Nordamerika-Tournee Ehrenmitglied der Salzburger Festspielgemeinde Präsident des Gründungskomitees der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik 1923 Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker Reise nach Südamerika mit der Wiener Staatsoper (Mai bis September) 1924 Strauss-Wochen zum 60. Geburtstag in Wien, in München, Karlsruhe und Breslau Titel Generalmusikdirektor des österreichischen Staates Demission als Direktor der Wiener Staatsoper 1925 Strauss-Wochen in Hamburg und München Einzug in das Wiener Haus 1926 Reise nach Griechenland Dirigieren an der Wiener Staatsoper (bis 1931) Strauss-Wochen in Berlin und München 1927 Strauss-Wochen in Frankfurt a. M. und Dresden 1928 1929 Strauss-Woche in Berlin 1930 Strauss-Wochen in Berlin und München

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Uraufführungen wichtiger Werke

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Wichtige zu Lebzeiten erschienene Publikationen

Josephs Legende (Paris, 14. Mai) Steinitzer, R. S. – Biographie, Leipzig–Berlin, 5. Aufl. Steinitzer, R. S. in seiner Zeit, Leipzig Eine Alpensinfonie (Berlin, 28. Oktober)

Ariadne auf Naxos II (Wien, 4. Oktober) Henry T. Finck, R. S. – The man and his work, Boston

Die Frau ohne Schatten (Wien, 10. Oktober)



Richard Specht, R. S. und sein Werk, Wien (2 Bde.) Hermann Wolfgang von Waltershausen, R. S. – Ein Versuch, München

Schlagobers (Wien, 9. Mai) Hans Fischer-Hohenhausen, R. S. – Ein Intermezzo (Dresden, 4. November) Tonkünstlerroman aus des Meisters Jugend, Sontra in Hessen Walter Schrenk, R. S. und die neue Musik, Berlin Reinhold Conrad Muschler, R. S., Hildesheim Rosenkavalier-Film (Dresden, 10. Jänner) Franz Strauss (Hg.), Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal

Die Ägyptische Helena (Dresden, 6. Juni)

Steinitzer, R. S., Stuttgart, 17. und 18. Tsd., letzte erw. Aufl.

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Zeittafel

Biographie 1931 Strauss-Tage in Dresden, Strauss-Zyklus in Berlin 1932 Strauss-Woche in München 1933 Strauss-Woche in Dresden November: Präsident der Reichsmusikkammer (bis Juli 1935) 1934 Präsident des Ständigen Rats f. d. int. Zusammenarb. d. Komponisten Ehrenbürger von Dresden; Adlerschild des Deutschen Reiches Strauss-Woche in Dresden; Aufführungsreihen in Berlin, München, Wien 1935 Strauss-Woche in München 1936 Strauss-Woche in Zürich 1937 Ehrenmitglied der Wiener Konzerthausgesellschaft; Reise nach Sizilien 1938 Reichsmusiktage in Düsseldorf (Mai) 1939 Strauss-Zyklus in München 1940 1941 Übersiedlung nach Wien 1942 Beethoven-Preis der Stadt Wien 1943 1944 Strauss-Wochen in Wien und Dresden, Feiern in Wien und Krakau 1945 Nach Kriegsende Reise in die Schweiz (Oktober) 1946 1947 Österreichische Staatsbürgerschaft ( Jänner) Reise nach England: Strauss-Festival 1948 Entnazifizierung abgeschlossen: „Nicht betroffen“ ( Juni) 1949 Rückkehr nach Garmisch (Mai) Staatsakt zum 85. Geburtstag; Ehrendoktorat der Universität München letztes Dirigat ( Juli) Strauss-Woche in München am 8. September in Garmisch-Partenkirchen gestorben

Zeittafel

Uraufführungen wichtiger Werke

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Wichtige zu Lebzeiten erschienene Publikationen

Arabella (Dresden, 1. Juli) Fritz Gysi, R. S., Potsdam (Reihe „Die großen Meister der Musik“) Die schweigsame Frau (Dresden, 24. Juni) Olympische Hymne (München, 1. August)

Friedenstag (München, 24. Juli) Daphne (Dresden, 15. Oktober) München. Ein Gelegenheitswalzer (München, 24. Mai) Guntram (Neufassung, Weimar, 29. Oktober) Japanische Festmusik (Tokio, 14. Dezember)

Joseph Gregor, R. S. – Meister der Oper, Wien Edmund Wachten, R. S. – Sein Leben in Bildern, Leipzig

Capriccio (München, 28. Oktober)

Die Liebe der Danae (öffent. Generalprobe, Salzburg, 16. August) Metamorphosen (Zürich, 25. Jänner)

Roland Tenschert, 3 x 7 Variationen über das Thema R. S., Wien Tenschert, Anekdoten um R. S., Wien



Schuh (Hg.), Betrachtungen und Erinnerungen, 1. Aufl. Willy Brandl, R. S. – Leben und Werk, Wiesbaden Ernst Bücken, R. S., Kevalaer Kurt Pfister, R. S. – Weg, Gestalt, Denkmal, Wien Roland Tenschert, R. S. und Wien. Eine Wahlverwandtschaft, Wien

Joseph Gregor (Hg.), Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr, Wien Willi Schuh, Über Opern von Richard Strauss, Zürich

Anmerkungen

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Anmerkungen 1 May (2004), S. 365. 2 Seidl (1896); Steinitzer (1911 und 1914a). 3 Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Zitate aus Tageszeitungen entstammen der Sammlung von Fotokopien im RichardStrauss-Institut Garmisch-Partenkirchen. Um die Anmerkungen zu entlasten, werden allgemeine ­Periodika in der Regel nur im Haupttext genannt. Vgl. auch die bibliographische Notiz beim Literaturverzeichnis. 4 Werbeck (2006a), Sp. 60. 5 Grasberger (1964); Brosche (1973). 6 Fiedler (1973), S. VII. 7 Bekker (1924 [1907]), S. 219. 8 Bekker (1924 [1907]), S. 220. 9 Bekker (1924 [1907]), S. 221. 10 Bekker (1924 [1907]), S. 222. 11 Bekker (1924 [1907]), S. 228. 12 Pfister (1949), S. 165. 13 Der Autor hat den Komponisten noch im Juli 1949 besucht; ein Zusammenhang mit seinem Buch liegt nahe. Trenner (2003), S. 657. 14 Pfister (1949), S. 8. 15 Vgl. dazu grundsätzlich Walter (2011). 16 Vgl. dazu z. B. Hernried (1924), S. 368. 17 Kennedy (1999). 18 Heinemann (2009), S. 44–45. Vgl. auch Heinemann (2006).

19 Erhardt (1953), S. 63 und S. 64. 20 Tenschert (1945), S. 6. 21 Vgl. den Brief vom 10. Jänner 1945, in: BW Strauss – Tenschert, S. 5. 22 Franz Strauss (1967), S. IX. 23 Lütteken (2004), S. 26. 24 BW Strauss – Schuh, Vorwort, S. 8. 25 Schuh (1976), S. 493. 26 Zit. n. Trenner (2003), S. 170. Schuh (1976, S. 493) gibt die Passage fälschlich wieder mit: „Abends 10 Uhr der große Bismarck entlassen!“ 27 Michael Walter findet dafür die drastischen Worte, „daß Strauss sich Ende der zwanziger Jahre auf dem Tiefpunkt seiner Karriere befand.“ Walter (2000), S. 420. 28 „Strauss’ Biographie zu schreiben, scheint (und schien den meisten seiner Biographen) einfach zu sein, weil sich von ihm viele briefliche und mündliche Zeugnisse erhalten haben, die quasi automatisch den biographischen Stoff liefern. Daß dies nicht zutrifft, zeigen schon die beiden in zentralen Punkten nicht übereinstimmenden neuesten größeren Biographien Michael Kennedys und Matthew Boydens.“ Walter (2000), S. 75. 29 Florian Trenner (2003), S. VII. 30 Florian Trenner (2003), S. VIII. 31 Schuh (1976), S. 10. 32 Schuh (1976), S. 27. Willi Schuh

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Anhang

bezieht diese Aussage auf die Erinnerungen von Strauss’ Schwester Johanna. Die Einschätzung lässt sich aber ohne Weiteres auch auf den Bruder übertragen. 33 Vgl. Werbeck (1996), S. 5–7. 34 Schuh (1976), S. 12. 35 BW Strauss – Schuh, Vorwort, S. 8. 36 Werbeck (1996), S. 224, Fn. 521. 37 Schuh (1976), S. 182. 38 Vgl. Schuh (1976) S. 398. Zum thematischen Umfeld der Melodramen vgl. Nöther (2008). 39 Werbeck (1996), S. 281. 40 Kohler (1999), S. 5. 41 Trenner (2003), S. 657. 42 Vgl. auch Lehrer Welskofer [sic; richtig: Welzhofer] ahnte es. Viel Licht um Richard Strauss, in: Der Spiegel, 16.6.1949. 43 Festschrift zur Jubiläumsfeier des Ludwigs-Gymnasiums München (1949), zit. n. Trenner (1954), S. 12–13. 44 Zit. n. Trenner (1954), S. 13. 45 Schuh (1976), S. 69. 46 Zit. n. Trenner (1954), S. 20.  47 Trenner (2003), S. 24. 48 Trenner (1954), S. 20. 49 Strauss, Erinnerungen an meinen Vater, S. 200–201. 50 Strauss, Erinnerungen an meinen Vater, S. 194 und S. 200. 51 Wahrscheinlich waren Richard und seine 1867 geborene Schwester Johanna tatsächlich „auf das Hörensagen angewiesen“, durch das Schuh suggeriert, der alte Strauss habe die falsche Angabe nicht mit Absicht gemacht. Vgl. Schuh (1976), S. 23. Dass die

Herkunft seines Vaters „den jungen Strauss mit einem tief gehenden Gefühl der sozialen Unsicherheit erfüllt“ habe (Kater [2004], S. 281), ist daher reine Spekulation. 52 Strauss, Erinnerungen an meinen Vater, S. 194–195. 53 Strauss, Erinnerungen an meinen Vater, S. 201 und S. 202. 54 Trenner (2003), S. 13. 55 Strauss in Briefen (1967), S. 4. 56 Trenner (2003), S. 8–10. 57 Steinitzer (1911), S. 24. 58 Alfred Steinitzer (1934), S. 13. 59 BW Strauss – Thuille, S. 46. 60 BW Strauss – Thuille, S. 66. 61 BW Strauss – Thuille, S. 52–53. 62 Walter (2000), S. 41. 63 Messmer (1994), S. 50. 64 Boyden (1999), S. 29. 65 BW Strauss –Tenschert, S. 5 und S. 7. 66 Strauss, Erinnerungen an meinen Vater, S. 202. 67 Trenner (2003), S. 17. 68 Der Bär, Jahrbuch des Verlags Breitkopf & Härtel, Leipzig 1924, zit. n. Trenner (1954), S. 17. 69 Nach der Tabelle „Kaufkraftäquivalente historischer Beträge in deutschen Währungen“ der Deutschen Bundesbank entspräche dieser Betrag – soweit vergleichbar – immerhin € 1889,40 im Jahr 2012. http://www.bundesbank. de/Redaktion/DE/Downloads/ Statistiken/Unternehmen_Und_ Private_Hauhalte/Preise/kaufkraftaequivalente_historischer_ betraege_in_deutschen_waehrungen. pdf ?__blob=publicationFile (abgerufen am 1. September 2013).

Anmerkungen

Auch weitere Angaben zu Währungsäquivalenten folgen dieser Aufstellung. 70 Fischer-Hohenhausen (1924), S. 73. 71 Fischer-Hohenhausen (1924), S. 72. 72 N. N. (1881), Sp. 713. 73 Sowohl Schuh (1976), S. 65, als auch Trenner (2003), S. 23, nennen den 16. März 1881 als Uraufführungsdatum für die zwei Jahre zuvor entstandenen, der Sängerin gewidmeten Lieder. 74 N. N. (1879), Sp. 300. 75 Abgebildet bei Schuh (1976), S. 84. 76 Rauchenberger-Strauss (1960), S. 24. 77 Steinitzer (1914a), S. 38–39. 78 Briefe an die Eltern, S. 20–21. 79 Strauss in Briefen, S. 27–28. 80 Bayerische Landeszeitung, 17. Jänner 1884, zit. n. Trenner (1950), S. 403. 81 Briefe an die Eltern, S. 32–33; S. 40; S. 54. 82 Briefe an die Eltern, S. 45; S. 125; S. 150. 83 Briefe an die Eltern, S. 47 und S. 42. 84 Bülow an Albert Gutmann, 9. Oktober 1884, Bülow (1907), S. 302. 85 Bülow (1907), S. 112–113. 86 Strauss, Erinnerungen an Hans von Bülow (1909), S. 183–193. 87 Bülow (1907), S. 287–288. 88 Zit. n. Schuh (1976), S. 89. 89 Strauss, Erinnerungen an Hans von Bülow (1909), S. 184 und S. 185.

309

90 Krienitz (1934), S. 30. 91 Lieber Collega!, S. 19. 92 Vgl. Schuh (1976), S. 100. 93 Strauss in Briefen, S. 27. 94 Strauss, Erinnerungen aus meinen Jugend- und Lehrjahren, S. 207. 95 BW Strauss – Tenschert, S. 7 (Brief vom 17. Dezember 1944). 96 Zit. n. Schuh (1976), S. 91. 97 Zit. n. Trenner (1950), S. 404. 98 Lieber Collega!, S. 283. 99 Bülow (1907), S. 384. 100 Steinitzer (1914a), S. 51. 101 Lieber Collega!, S. 281. 102 Briefe an die Eltern, S. 73. 103 Briefe an die Eltern, S. 76 und S. 77. 104 Briefe an die Eltern, S. 78 und S. 88. 105 Briefe an die Eltern, S. 49; S. 64; S. 65. 106 Strauss, Biographische Skizze [1897/98], zit. n. Werbeck (1996), S. 528. 107 Huneker (1904/05), S. 86. 108 Zit. n. Steinitzer (1911), S. 45 und Steinitzer (1914a), S. 70. 109 Schuh (1976), S. 199 und S. 203. 110 Trenner (2003), S. 48. Vgl. auch Briefe an die Eltern, S. 89 (Brief vom 6. März 1886). 111 Prölß [1887]. Vgl. auch Messmer (1994), S. 109–111. 112 Ritter (1886). 113 Briefe an die Eltern, S. 93. 114 Briefe an die Eltern, S. 94. 115 Lieber Collega!, S. 38. 116 Zit. n. Schuh (1976), S. 131–132. 117 Briefe an die Eltern, S. 100. 118 Briefe an die Eltern, S. 102. 119 Lieber Collega!, S. 291. 120 Kommentar der Herausgeberin

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Anhang

Gabriele Strauss zum Briefwechsel mit Antonín Dvořák, in: Lieber Collega!, S. 103. 121 BW Mahler – Strauss, S. 53. 122 BW Mahler – Strauss, S. 54–55. 123 Lieber Collega!, S. 284–285. 124 Lieber Collega!, S. 288. 125 Zit. n. Lieber Collega!, S. 289. 126 Huneker (1904/05), S. 86. 127 N. N. (1887), S. 184. 128 Lessmann (1888), S. 38. 129 Strauss, „Aus Italien“. Analyse vom Komponisten (1889), S. 263; S. 265–266; S. 265. 130 Bary (1986), S. 28 und S. 30. 131 Zit. n. Steinitzer (1911), S. 48. 132 Zit. n. Schuh (1976), S. 143. 133 Lieber Collega!, S. 57–58. Ergänzungen nach der Edition, Auslassung: D. E. 134 Seidl (1896), S. 19. 135 Steinitzer (1914), S. 61. 136 Strauss in Briefen, S. 40. 137 Lieber Collega!, S. 293. 138 Zit. n. Steinitzer (1911), S. 148– 149. 139 Briefe an die Eltern, S. 105. 140 Lieber Collega!, S. 196. 141 N. N. (1889), S. 343. 142 Zit. n. Hanslick (1900), S. 81 und S. 82. 143 Bülow (1908), S. 122. 144 Bülow (1908), S. 174. 145 Lieber Collega!, S. 23. 146 Lieber Collega!, S. 35. 147 Lieber Collega!, S. 45. Zur „Dresdner Affäre“ vgl. ebda., S. 46–47. 148 Lieber Collega!, S. 67–68 und S. 69. 149 Zit. n. Schuh (1976), S. 135. Schuh nennt als Datum Strauss’ 22. Geburtstag.

150 Lieber Collega!, S. 76–77. 151 Strauss, Aus meinen Jugend- und Lehrjahren, S. 211. 152 Hanslick (1854). Zentral sind darin die Sätze: „Eine vollständig zur Erscheinung gebrachte musikalische Idee aber ist bereits selbstständiges Schöne, ist Selbstzweck und keineswegs erst wieder Mittel oder Material zur Darstellung von Gefühlen und Gedanken. Der Inhalt der Musik sind tönend bewegte Formen.“ (S. 32). 153 Lieber Collega!, S. 81–82 und S. 82–83. 154 Die Frage, ob und in welcher Form Programme offengelegt werden sollen, war allerdings für Strauss tatsächlich nicht entschieden, aber dennoch von großer Wichtigkeit. Vgl. Werbeck (1996), S. 281. 155 Lieber Collega!, S. 83. 156 Zit. n. Zagiba (1955), S. 47 und S. 48. 157 Eine Neuausgabe erschien 2010 (s. Literaturverzeichnis). 158 Vgl. Schmid (1999), S. 99. 159 Steinitzer (1885), S. 130. 160 Zit. n. Zagiba (1955), S. 57. 161 Strauss in Briefen, S. 41. 162 Lieber Collega!, S. 125. 163 Lieber Collega!, S. 129 und S. 130. 164 Lieber Collega!, S. 140. 165 Lieber Collega!, S. 142. 166 Schuh (1976), S. 165–166. 167 Zit. n. Ott (1968), S. 468. 168 Zit. n. Schuh (1976), S. 195. 169 Briefe an die Eltern, S. 116–117. 170 Briefe an die Eltern, S. 119 und S. 120–121.

Anmerkungen

171 Briefe an die Eltern, S. 137–138. 172 Bülow (1908), S. 273. 173 Lieber Collega!, S. 90. 174 Lieber Collega!, S. 296. 175 Brief an August Steyl, 2. Februar 1890, zit. n. Bülow (1908), S. 294. 176 Briefe an die Eltern, S. 127. 177 Briefe an die Eltern, S. 129. 178 Lessmann (1890), S. 69. 179 N. N. (1890a), S. 327; S. 337–338; S. 339. 180 N. N. (1890b), S. 519. 181 Briefe an die Eltern, S. 134. 182 Bülow (1908), S. 332. 183 Bülow (1908), S. 373. 184 Schuh (1976), S. 226. 185 Zit. n. Schuh (1976), S. 258. 186 Briefe an die Eltern, S. 142. 187 Briefe an die Eltern, S. 152. 188 Briefe an die Eltern, S. 144. 189 BW Wagner – Strauss, S. 100. 190 BW Wagner – Strauss, S. 127. 191 Strauss, Zum „Tannhäuser“ in Bayreuth (1892), S. 88. 192 BW Wagner – Strauss, S. 5. 193 BW Wagner – Strauss, S. 36. 194 BW Wagner – Strauss, S. 122–123. 195 Zit. n. Birkin (2000), S. 68 und S. 69. 196 Lieber Collega!, S. 172. 197 Schuh (1976), S. 197. 198 Zit. n. Ott (1968), S. 470. 199 Strauss in Briefen, S. 56. 200 BW Wagner – Strauss, S. 136. 201 Zit. n. Trenner (2003), S. 99. 202 N. N. (1893), S. 81. 203 BW Wagner – Strauss, S. 141 und S. 142. 204 Walter (2000), S. 409. 205 BW Wagner – Strauss, S. 147– 148.

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206 Briefe an die Eltern, S. 171 und S. 163. 207 Briefe an die Eltern, S. 164 und S. 148. 208 Auch in Hanslick (1896), S. 179– 181. 209 Vogel (1891), S. 78. 210 Auch in Hanslick (1896), S. 219– 222. 211 Seidl (1896), S. 30. 212 Seidl (1896), S. 37–38. 213 BW Strauss – Thuille, S. 123–124. 214 Peterson (1992), S. 129, Anm. 13. 215 Werbeck (2006b), S. 278. 216 Strauss, Erinnerungen an die ersten Aufführungen meiner Opern (1942), S. 222. 217 Strauss, Tagebuch der Griechenland- und Ägyptenreise (1892), S. 89. 218 Zit. n. Schuh (1976), S. 310. 219 Trenner (2003), S. 107. 220 Vgl. dazu kritisch Walter (2000), S. 99–106. 221 Youmans (1996), S. 11. Im selben Brief vom 17. Jänner 1893 fährt Ritter schwere Geschütze auf: „Wer Brahms für einen Componisten hält, mag auch Stirner für einen Philosophen halten“ (S. 13). 222 Zit. n. Schuh (1976), S. 289. 223 Als ein Beispiel für hoch bewertete philosophische Hintergründe vgl. Youmans (2005). 224 Zit. n. Schuh (1976), S. 289. 225 Zit. n. Schuh (1976), S. 304. Vgl. auch Seidl (1896), S. 50. 226 Zit. n. Schuh (1976), S. 322. 227 Strauss, Tagebuch der Griechenlandund Ägyptenreise (1892), S. 95. 228 Zit. n. Schuh (1976), S. 330.

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Anhang

229 Notizhefte des Meisters, Anmerkung von Alice Strauss. 230 Lieber Collega!, S. 227–228. 231 Zit. n. Schuh (1976), S. 333. 232 Lieber Collega!, S. 223. 233 Zit. n. Schuh (1976), S. 344. 234 Brief von Franz an Richard Strauss, 16. März 1893, zit. n. Briefe an die Eltern, S. 167–168. 235 Zit. n. Schuh (1976), S. 338. 236 Schuh (1976), S. 342. 237 Briefe an die Eltern, S. 191. 238 Lieber Collega!, S. 187. 239 Trenner (1999), S. 140. 240 Zit. n. Schuh (1976), S. 363. 241 Schuh (1976), S. 371. 242 Zit. n. Messmer (1989), S. 9 und S. 10. 243 Zit. n. Messmer (1994), S. 240. 244 Jordan (1902). 245 Zit. n. Schuh (1976), S. 392 und S. 393. 246 Briefe an die Eltern, S. 194. 247 Moos (1895), S. 264. 248 Zit. n. Schuh (1976), S. 400. Das Zitat vom „Weltverächter“ findet sich auch bei Wilhelm (1960), S. 102, sowie im Anhang von Schuh (1976), S. 532. 249 Zit. n. Schuh (1976), S. 411. 250 Lieber Collega!, S. 300. 251 Lieber Collega!, S. 312–313. 252 Zit. n. Hanslick (1899), S. 199– 200 und S. 201. 253 Lessmann (1895), S. 624. 254 Zit. n. Schuh (1976), S. 408. Schuh nennt hier keine nähere Quelle dieser „Münchner Kritik“. 255 Strauss in Briefen, S. 93–94. 256 Seidl (1896), S. 13 und S. 65. 257 Schuh (1976), S. 412–413.

258 Schuh (1976), S. 414–415. Diese Passage wird als „Brief an Friedrich von Hausegger“ auch bei Steinitzer (1911, S. 117) zitiert und dabei im Wortlaut teils deutlich verändert und zeigt pars pro toto den freien Umgang mit Zitaten, der für die Zeit typisch war, der Strauss-Literatur freilich eine Reihe von Varianten beschert hat. 259 Zit. n. Schuh (1976), S. 469. 260 Walden (1907). 261 Lieber Collega!, S. 318. 262 Lieber Collega!, S. 325. 263 Trenner (2003), S. 161. 264 Zit. n. Werbeck (1996), S. 257. 265 Schuh (1976), S. 432. 266 Steinitzer (1911), S. 78–79. 267 N. N. (1896), S. 708. 268 Lessmann (1896), S. 705. 269 Nietzsche (1999), S. 284. 270 Auch in Hanslick (1899), S. 265–271. 271 Zit. n. Werner (1905), S. 260. 272 Mauke (1899), S. 789. 273 Reber (1898), S. 392. 274 Schuh (1976), S. 444. 275 Steinitzer (1911), S. 103. 276 Reber (1897), S. 484. 277 Kistler (1898), S. 6. 278 Kistler (1898), S. 22. 279 Kistler (1898), S. 34. 280 Lieber Collega!, S. 328. 281 Briefe an die Eltern, S. 209. 282 N. N. (1905), S. 9. 283 Zit. n. Werbeck (1996), S. 267. 284 Buths (1898), S. 170. 285 Zit. n. Trenner (1954), S. 75. 286 Zit. n. Trenner (1954), S. 90–91. 287 Klatte (1923/24), S. 641, Fußnote. 288 Trenner (1977), S. 9 und S. 10. Vgl. auch Werbeck (1996) S. 157–162.

Anmerkungen

289 Briefe an die Eltern, S. 215. 290 Strauss in Briefen, S. 115. 291 Briefe an die Eltern, S. 210. 292 Briefe an die Eltern, S. 221. 293 Lieber Collega!, S. 335. 294 Neitzel (1907), S. 405. 295 Strauss in Briefen, S. 40. 296 Strauss, Aus meinen Jugend- und Lehrjahren, S. 205. 297 Strauss in Briefen, S. 128–129. 298 Hanslick (1900), S. 49 und S. 50. 299 Bei Schuh (1976, S. 468) wird diese Kritik auszugsweise zitiert und falsch (1900) datiert, von dort wurde sie so mehrfach in der Literatur übernommen, ebenso das von Strauss unrichtig wiedergegebene Zitat „bessere [statt richtig: schönere] Hälfte.“ 300 Strauss in Briefen, S. 137. 301 Brecher (1900), S. 13; S. 45; S. 57. 302 Ihr aufrichtig Ergebener, S. 56 –57. 303 Auf Deutsch erschien Rollands Text erstmals in: Wilhelm Herzog, Musiker von heute, München 1925. 304 BW Strauss – Rolland, S. 30. 305 BW Strauss – Rolland, S. 146– 147. 306 BW Strauss – Rolland, S. 31 und S. 30–31. 307 BW Strauss – Rolland, S. 155 und S. 156. 308 BW Strauss – Rolland, S. 159. 309 BW Strauss – Rolland, S. 168– 169. 310 BW Strauss –Rolland, S. 156–157 und S. 157. 311 Steinitzer (1911), S. 83. 312 Briefe an die Eltern, S. 224. 313 Lieber Collega!, S. 333. Es handelte

313

sich um die Uraufführung der Oper Mudarra von Fernand Le Borne am 18. April 1899. 314 Steinitzer (1911), S. 83. 315 Trenner (2003), S. 281. 316 BW Mahler – Strauss, S. 230–231. 317 Vgl. Trenner (1953). 318 Richard Strauss, Feuersnot. Ein Singgedicht in einem Akt op. 50, Richard Strauss Edition, Sämtliche Bühnenwerke Bd. 2, Studienpartitur, Wien 1996, nach Ziffer 185. 319 Zit. n. Messmer (1989), S. 29. 320 Briefe an die Eltern, S. 249. 321 Zit. n. Messmer (1989), S. 28. 322 Briefe an die Eltern, S. 252. 323 Briefe an die Eltern, S. 263. 324 Storck (1903), S. 508. 325 Urban (1901), S. 3; S. 18; S. 25. 326 Urban (1902), S. 63 und S. 73 (Hervorhebungen: D. E.). 327 Urban (1902), S. 79. 328 Urban (1902), S. 85–86. 329 Zit. n. Trenner (2003), S. 223; Datierung: 25. Mai 1902. 330 Briefe an die Eltern, S. 294 und S. 296. 331 Trenner (2003), S. 252–253. Die hier gewählte Schreibweise „Wannemaker“ ist falsch. 332 Zit. n. Werbeck (1996), S. 533. 333 Steinitzer (1911), S. 125. Steinitzer nennt als „Hauptgegner“ außerdem noch Adolf Weißmann, Karl Grunsky, Edgar Istel, Friedrich Spiro, Friedrich Brandes, Georg Göhler, Hugo Riemann, Arthur Smolian, Max Kalbeck, Georg Gräner u. a. 334 Spanuth (1908a), S. 498–499.

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Anhang

335 Spanuth (1908b), S. 593. 336 Zit. n. Spanuth (1908b), S. 593– 594. 337 Zit. n. BW Strauss – Rolland, S. 226. 338 Zit. n. Trenner (1954), S. 96. 339 Schattmann (1908). 340 Vgl. dazu auch Werbeck (1996), S. 271. 341 Louis (1904), S. 406. 342 Werbeck (1996), S. 281. 343 BW Strauss –Rolland, S. 44. 344 Werbeck (1996), S. 288–289. 345 Vgl. z. B. Ringer (2003); Altenburg (1989). 346 Huneker (1904/05), S. 83 und S. 92. 347 BW Strauss – Tiessen, S. 28. 348 Strauss, Vorwort (1904), S. II. 349 BW Strauss – Tenschert, S. 4 (Faksimile) und S. 5 (Transkript). Nur aus dem Faksimile geht die gesamte Tragweite der Argumentation hervor. 350 Scherber (1929), S. 3. 351 Zweig (1944), S. 494. 352 Neitzel (1907), S. 408. 353 Strauss in Briefen, S. 129. 354 BW Strauss –Rolland, S. 166. 355 Ziegler (1907), S. 23. 356 Klauwell (1910), S. 221; S. 220; S. 228. 357 Schuh (1957), S. 67. 358 Huneker (1904/05), S. 92. 359 Karpath (1913), S. 251. 360 BW Strauss – Schuch, S. 74. 361 Zit. n. Trenner (1977), S. 24. 362 Zit. n. Messmer (1989), S. 30. 363 Zit. n. Messmer (1989), S. 34; S. 35; S. 36. 364 Zit. n. Messmer (1989), S. 46.

365 Thomas Mann (1947), S. 207–208. 366 Vgl. Zedler und Walter (2014). 367 BW Mahler – Strauss, S. 119. 368 Schmitz (1907), S. 4 und S. 5–6. 369 Schmidt (1906), S. 143. 370 Ziegler (1907), S. 96. 371 Zit. n. Shigihara (1990), S. 9. 372 Ihr aufrichtig Ergebener, S. 223. 373 Draeseke (1906), zit. n. Shigihara (1990), S. 41; S. 55; S. 62. 374 Riemann (1905), S. 1285–1286. 375 Riemann (1909), S. 1369–1370. 376 Kühn (1910), S. 347 und S. 348. 377 Ihr aufrichtig Ergebener, S. 166. 378 Batka (1901). 379 Batka (1906), zit. n. Shigihara (1990), S. 83. 380 Marsop (1907), zit. n. Shigihara (1990), S. 108–109. 381 Göhler (1907), zit. n. Shigihara (1990), S. 209; S. 219; S. 220. 382 Kühn (1910), S. 349. Nur die Rufzeichen sind Zusätze von Kühn; die „Aufsätze […] (gegen Richard Strauß)“ werden bei Riemann (1909) ausdrücklich genannt (S. 500). 383 August Spanuth wusste dazu zu berichten, dass „ein bigottes weibliches Familienmitglied Pierpont Morgans die Veranlassung dazu und schliesslich den Ausschlag gegeben“ hatte. Spanuth (1908a), S. 499. 384 Strauss, Erinnerungen an die ersten Aufführungen meiner Opern (1942), S. 227. 385 Strauss, Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei? (1907), S. 15. 386 Strauss, Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei?, S. 16; S. 18; S. 19.

Anmerkungen

387 Strauss, Einleitung zu „Die Musik“ (1904), S. 11 und S. 12. 388 Bie (o. J.), S. 34 und S. 36. 389 Bie (o. J.), S. 84. 390 Neitzel (1907), S. 405. 391 Briefe an die Eltern, S. 270. 392 Schuh (1976), S. 258. Schuh nennt als Datum irrtümlich die ersten Monate des Jahres 1892. 393 Neitzel (1907), S. 406. 394 Neitzel (1907), S. 408. 395 Storck (1907a), S. 132. 396 Storck (1907b), S. 288 und S. 289. 397 Batka (1907), S. 372 und S. 373. 398 Spanuth (1909a), S. 122. 399 Strauss an Hofmannsthal, 11. März 1906, BW Strauss – Hofmannsthal, S. 17. 400 Spanuth (1909a), S. 121. 401 Spanuth (1909b), S. 165. 402 Storck (1909a), S. 877 und S. 878. Vgl. auch Storck (1909b). 403 Zit. n. Messmer (1989), S. 73. 404 BW Strauss –Hofmannsthal, S. 56. 405 Meisterbriefe um Hermann Bahr, S. 291, Fn. 11. 406 Meisterbriefe um Hermann Bahr, S. 77. 407 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 3. 408 Zit. n. Eybl (2004), S. 255; S. 256; S. 258. 409 Steinitzer (1914b), S. 55. 410 Kühn (1911), S. 16. 411 Spanuth (1911a), S. 127 und S. 131. 412 Spanuth (1911b), S. 168 und S. 171. 413 Zit. n. Messmer (1989), S. 78–79. 414 Zit. n. Messmer (1989), S. 93. 415 Zit. n. Messmer (1989), S. 103. 416 Zit. n. Messmer (1989), S. 104. 417 Zit. n. Messmer (1989), S. 116.

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418 Zit. n. Schuh (1971), S. 244. 419 Steinitzer (1914b), S. 55. 420 Zit. n. www.musik-in-dresden.de/ seiten/im-opernzug (abgerufen am 6. Jänner 2014). 421 Dillmann (1934), S. 49. 422 Wilhelm (1999), S. 334 und S. 169. 423 Specht (1911), S. 491–492 und S. 495. 424 Strauss, Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei?, S. 14. 425 Specht (1911), S. 493. 426 Irmen (2007), S. 242. 427 Sandberger (2009), S. 2. 428 Schreibkalendereintrag vom 30. Oktober 1898, zit. n. Schuh (1976), S. 511. 429 Briefe an die Eltern, S. 212. 430 Briefe an die Eltern, S. 277. 431 Briefe an die Eltern, S. 259. 432 Strauss in Briefen, S. 149. 433 Steinitzer (1914a), S. 62. 434 Steinitzer (1914a), S. 198. 435 Zit. n. Trenner (2003), S. 318. 436 Lodes (1999), S. 189. 437 Ausstellung München 1910, S. V. 438 Schuh (1976), S. 24. 439 Steinitzer (1911), S. 106 und S. 112–113, Fn. 2. 440 Steinitzer (1911), S. 112. 441 Steinitzer (1914a), S. 9; S. 11; S. 10; S. 141; S. 74. 442 Steinitzer (≥1919), S. 68. Vgl. Literaturverzeichnis. 443 Steinitzer (1914a), S. 169. 444 Spanuth (1914b), S. 1166; S. 1167; S. 1166. 445 Spanuth (1912), S. 1437–1438 und S. 1442. 446 Zit. n. Messmer (1989), S. 144– 145.

316

Anhang

447 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 142. 448 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 190. 449 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 188, Anm. 3. 450 Vgl. Messmer (1989), S. 151–158. 451 N. N. (1914), S. 350–351. 452 Zit. n. Messmer (1989), S. 174 und S. 175. 453 Schaefer (1978), S. 17 und S. 21. 454 Trenner (2003), S. 456. 455 Istel (1910), S. 85. 456 Istel (1914), S. 344. 457 Spanuth (1914b), S. 966. 458 Schreibkalendereintrag auf dem Wochenblatt vom 2.–8. August 1914, Richard-Strauss-Archiv Garmisch. 459 Ihr aufrichtig Ergebener, S. 39. 460 Zit n. BW Strauss – Rolland, S. 190. 461 Strauss in Briefen, S. 237. 462 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 287–288. 463 Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus, S. 41. 464 Strauss in Briefen, S. 231. 465 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 12. 466 Richard Strauss an Pauline Strauss, Hotel Adlon Berlin, 1.3.19, Brief Nr. 588, Richard-StraussArchiv Garmisch. 467 Zit. n. Trenner (2003), S. 406. 468 Strauss in Briefen, S. 237. 469 Trenner (2003), S. 367. 470 Schreibkalender-Eintrag vom 3. Juli 1900, zit. n. Bayreuther (1997), S. 18. Ursprünglich sollte das Werk dem Maler und Bildhauer Karl Stauffer-Bern gewid-

met sein; obwohl „die viersätzige Konzeption das Schicksal Stauffers nicht mehr thematisiert“, schreibt Bayreuther, dass dies „lediglich eine Eliminierung des konkreten biographischen Vorbildes bedeutet, aber eine vollständige Beibehaltung aller weltanschaulichen Kategorien.“ (S. 179). 471 Schreibkalendereintrag auf dem Wochenblatt vom 16.–22.5.1911, zit. n. Bayreuther (1997), S. 300. 472 Storck (1915/16), S. 266–267. 473 Spanuth (1915), S. 585 und S. 586. 474 Bekker (1921), S. 107–108 und S. 117. 475 Trenner (2003), S. 215–218. Als Umrechnungsfaktor für das Jahr 2012 nennt die Deutsche Bundesbank 6,3 (1901) und 6,2 (1902). 476 Strauss, Erinnerungen aus meinen Jugend- und Lehrjahren, S. 204– 205. 477 Zit. n. Schuh (1976), S. 483. 478 Trenner (2003), S. 142. 479 BW Strauss – Schuch, S. 41. 480 Zit. n. Schuh (1976), S. 508. 481 Briefe an die Eltern, S. 245. 482 BW Kerr – Strauss, S. 38. 483 BW Kerr – Strauss, S. 46. 484 Zit. n. BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 4. 485 Zit. n. BW Wagner – Strauss, S. 280–281. 486 Vgl. Schlötterer-Traimer (2009). Bereits früh war eine erste Sammlung von Karikaturen erschienen: Der zerpflückte Strauss. Richard Strauß-Karikaturen in Bild und Wort, Berlin 1910. 487 Trenner (2003), S. 117.

Anmerkungen

488 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 6. 489 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 417; S. 418; S. 419. 490 Telegramm von Hofmannsthal an Strauss, zit. n. BW Strauss – Hofmannsthal, S. 425. 491 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 8–9. 492 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 11. 493 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 429 und S. 431. 494 Zit. n. Grasberger (1969), S. 52–53. 495 Trenner (2003), S. 407. 496 Strauss in Briefen, S. 243. 497 Zit. n. Hörl-Szalay (1999), S. 3. 498 Zit. n. Messmer (1989), S. 187 und S. 198. 499 Zit. n. Messmer (1989), S. 192– 193. 500 Zit. n. Messmer (1989), S. 199. 501 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 13. 502 Bahr (1919), S. 3. 503 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 358. Datierung in der Edition: „ca. 16. August 1916“. 504 Specht (1920), S. 187. 505 Zit. n. Brosche (1985), S. 62–63 und S. 64. 506 Strauss in Briefen, S. 244. 507 Vgl. dazu Grasberger (1969), Leibnitz (1991) und Rode-Breymann (1994). 508 Vgl. Rode-Breymann (1994), S. 146–148. 509 Zit. n. Strauss in Briefen, S. 266– 267. 510 Zit. n. Strauss, Erwägungen zum Opernspielplan (1922), S. 39; S. 40; S. 42; S. 45. Die Datierung des Erscheinungstermins im Neuen Wiener Journal in Betrach-

317

tungen und Erinnerungen (22.6.1922) ist falsch; richtig ist der 22. Juli. 511 Strauss, Städtebund-Theater (1914), S. 32–38. 512 Zit. n. Brosche (1979), S. 24. 513 Ihr aufrichtig Ergebener, S. 263. 514 Schuh (1976), S. 13. 515 Weißmann (1911), S. 357. 516 Weißmann (1922), S. 156; S. 129; S. 131. 517 Specht (1912), S. 271. 518 Specht (1914), S. 362 und S. 364. 519 Reger (1914), S. 394. 520 Erhardt (1953), S. 65. 521 Thomas (1964), S. 80. 522 Wilhelm (1999), S. 101. 523 Schering (1904), S. 473. 524 Neval (1905), S. 31. 525 Rolland (1899), S. 786. 526 Bekker (1921), S. 91. 527 Specht meint hier offenbar den Musiktheoretiker Heinrich Schenker und dessen Lehre vom „Ursatz“ und der „Urlinie“; auch die antisemitischen Untertöne dürften beabsichtigt sein. 528 Specht (1921), Bd. 1, S. 28–29; S. 70–71; S. 142. 529 Specht (1921), Bd. 2, S. 380. 530 Zit. n. Messmer (1989), S. 219. 531 Stefan (1924a), S. 208. 532 Hoffmann (1925), S. 236. 533 Stefan (1924b), hier S. 414. 534 Wymetal (1924), S. 513. 535 Wymetal (1925), S. 7–8 und S. 8. 536 Strauss in Briefen, S. 190–191. 537 Zit. n. Messmer (1989), S. 226. 538 Strauss, Vorwort zu „Intermezzo“ (1924), S. 148–149. 539 Strauss in Briefen, S. 306.

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Anhang

540 Adorno (1924), S. 260; S. 262; S. 254. 541 Muschler (1924), S. 95. 542 Specht (1923/24), S. 621 und S. 622. 543 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 557. 544 Specht (1923/24), S. 624. 545 Tessmer (1924), S. 104 und S. 106. 546 Vgl. Schaefer (1999), S. 159–160. 547 BW Strauss – Schuh, S. 164. 548 Zit. n. Trenner (1954), S. 214. 549 Zit. n. Erhardt (1953), S. 52–53. 550 Zit. n. Erhardt (1953), S. 71. 551 Nüll (1934), S. 170–171. 552 Vgl. dazu Edelmann (2001). 553 Windt (1923/24), S. 643 und S. 653. 554 Pringsheim (1924), S. 363; S. 364; S. 365. 555 Waltershausen (1924), S. 213; S. 218; S. 219. 556 Waltershausen (1921), S. 94 und S. 95. 557 Trenner (2003), S. 426. 558 Waltershausen (1921), S. 124–125. 559 Specht (1923/24), S. 623. 560 Vgl. dazu John (1994). 561 Bekker (1920), S. 34–36. 562 Aber (1924), S. 207. 563 Weißmann (1924), S. 205. 564 Hába  (1924), S. 205. 565 Weill (1924), S. 206. 566 Schrenk (1924), S. 160 und S. 156. Fast wortgleich erschienen diese Passagen auch in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom 8. Juni 1924.* 567 BW Strauss – Rosenauer, S. 20. 568 BW Strauss – Karpath, Teil 1, S. 17.

569 BW Strauss – Schalk, S. 372. 570 Kohout (1999), S. 19. 571 BW Strauss – Rosenauer, S. 15; vgl. auch Trenner (2003), S. 442. 572 BW Strauss – Rosenauer, S. 23. 573 BW Strauss – Rosenauer, S. 91. 574 BW Strauss – Schneiderhan, S. 21. 575 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 353, Anm. 1. 576 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 532. 577 Westphal (1926/27), S. 862; S. 863; S. 864. 578 Vgl. Cooke (2010), S. 34; S. 78; S. 88; S. 133–134. 579 Strauss an Hofmannsthal, 12. September 1922, Antwort vom 22. September 1922, in: BW Strauss – Hofmannsthal, S. 484 und S. 494. 580 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 541. 581 Tenschert (1939), S. 582. 582 Strauss in Briefen, S. 314. 583 Vgl. BW Strauss – Hofmannsthal, S. 619 und 621. 584 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 624–625. 585 Zit. n. Strauss, Interview über „Die Ägyptische Helena“ (1928), hier S. 150. 586 Strauss in Briefen, S. 316. 587 Zit. n. Messmer (1989), S. 234. 588 Vgl. z. B. die Rezension von Otto Hollstein in der Sächsischen Volkszeitung, in: Messmer (1989), S. 241–242. 589 Zit. n. Messmer (1989), S. 250. 590 Zit. n. Messmer (1989), S. 251. 591 Trenner (2003), S. 503 und S. 505.

Anmerkungen

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592 Bekker (1932/33), S. 81; S. 82; Schreiben wurde im BW Strauss S. 83; S. 84; S. 85. – Gregor seinerseits verschwie593 Notizhefte des Meisters. Im Typogen. Der Herausgeber Roland skript wurde „DiktatorenpräsiTenschert rechtfertigte den „Rotsion“ wohl versehentlich falsch stift“ wie folgt: „Daß bei der wiedergegeben. kurzen Zeitspanne, die uns von 594 Zit. n. Messmer (1989), S. 260; der Entstehung dieser KorresponS. 258; S. 262–263. denz trennt, manche Einzelheiten 595 Vgl. etwa Wulf (1963), Splitt wie rein geschäftliche Dinge, (1987), Rathkolb (1991), Prieberg gewisse Bemerkungen, die sich auf (2000) sowie Kater (2004). noch lebende, im Lichte der Öf596 Das Wort „ich“ ist hier nicht fentlichkeit stehende Persönlicheindeutig zu entziffern, ergibt sich keiten beziehen, und einige Privaaber aus dem Zusammenhang mit tissima wegbleiben mußten, größter Wahrscheinlichkeit. versteht sich von selbst und ver597 Brief von Richard Strauss an mindert auch in keiner Weise den Hugo Rasch, Garmisch, den Wert dieser Veröffentlichung.“ 27.8.33, Kopie aus dem Besitz von (Vorwort, S. 5). Die einzige „noch Heinrich Karg (München), zur lebende, im Lichte der ÖffentVerfügung gestellt von Michael lichkeit stehende Persönlichkeit“ Walter (Graz). war in diesem Fall freilich Gregor 598 Trenner (2003), S. 543. selbst. 599 Busch (1949), S. 204; vgl. auch 609 Trenner (2003), S. 544. Heister (2002), S. 343. 610 Zit. n. Trenner (1999), S. 304. 600 Trenner (2003), S. 536. 611 Der damals fälschlicherweise 601 Ihr aufrichtige Ergebener, S. 149. Johann Wolfgang von Goethe 602 Zit. n. Trenner (2003), S. 536 und zugeschriebene Text bedarf für S. 538. diesen Anlass kaum noch einer 603 Legge (1982), S. 22. Deutung: „Du Bächlein, silber604 Trenner (2003), S. 539–540. hell und klar, / Du eilst vorüber 605 Am 24. März hört Winifred immerdar, / Am Ufer steh’ ich, Wagner Strauss’ Idomeneo-Fassinn’ und sinn’, / Wo kommst du sung, am nächsten Tag geht es mit her? Wo gehst du hin? // Ich dem Auto gemeinsam nach Baykomm’ aus dunkler Felsen Schoß, reuth, wo Strauss übernachtet. Es / Mein Lauf geht über Blum’ und ist naheliegend, dass er dabei von Moos; / Auf meinem Spiegel Winifred Ratschläge im Umgang schwebt so mild / Des blauen mit Hitler erhalten hat. Himmels freundlich Bild. // 606 Vgl. Splitt (1987), S. 22. Drum hab’ ich frohen Kinder607 BW Strauss – Tietjen, S. 63. sinn; / Es treibt mich fort, weiß 608 Strauss in Briefen, S. 348. Dieses nicht wohin. / Der mich gerufen

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aus dem Stein, / Der, denk ich, wird mein Führer sein.“ 612 Strauss in Briefen, S. 351. Die „neue Oper“ ist Die Schweigsame Frau, die soeben in Zusammenarbeit mit Stefan Zweig entsteht. 613 Strauss in Briefen, S. 354. 614 Strauss in Briefen, S. 383. In der Briefausgabe ist dieses Schreiben fälschlicherweise mit 27. April 1938 datiert. 615 Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus, S. 189. 616 Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus, S. 216. 617 Strauss in Briefen, S. 356 und S. 357. Vgl. auch den Brief vom 23. Februar 1934 an Gustav Havemann, Mitglied des Präsidialrates der Reichsmusikkammer, ebenda, S. 352. 618 Die Bände der Reihe „Die großen Meister der Musik“ zu Händel, Mozart und Wagner erschienen 1933; im Jahr darauf außerdem Bücher zu Schubert, Weber, Bruckner und Beethoven; Bach folgte 1935 nach. 619 BW Strauss – Tietjen, S. 75–76. 620 Kohler (1999), S. 6. 621 Dass der 17-jährige Hitler 1906 der Grazer Erstaufführung von Salome beigewohnt habe, wie Strauss selbst kolportierte, gehört allerdings ins Reich der Legenden. Vgl. Hamann (1996), S. 587, Fn. 137. 622 Splitt (1987), S. 203. 623 Brust (1934), S. 307. 624 Schwers (1934), S. 305. 625 Kopsch (1934), S. 642; S. 643; S. 645.

626 Steinitzer (1933/34), S. 658 und S. 656. 627 Hausegger (1934), S. 725. 628 Költzsch (1935), S. 644 und S. 645. 629 BW Strauss – Zweig, S. 54. 630 BW Strauss – Zweig, S. 78. 631 Zit. n. Splitt (1987), S. 250, Fn. 457. 632 Fröhlich (1993–2008), Teil I, Bd. 3/I, S. 122 und S. 129. 633 BW Strauss – Tietjen, S. 85. 634 Zit. n. Splitt (1987), S. 147. 635 Zit. n. Splitt (1987), S. 159–160. 636 BW Strauss – Tietjen, S. 94. 637 BW Strauss – Zweig, S. 90. 638 Trenner (2003), S. 559. 639 BW Strauss –Zweig, S. 97. 640 Zit. n. Splitt (1987), S. 133. 641 Strauss in Briefen, S. 368. 642 Zit. n. Splitt (1987), S. 219. 643 Splitt (1987), S. 260, Anm 755. Vgl. auch Walter (2000), S. 75. 644 BW Strauss – Hofmannsthal, S. 319. 645 Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus, S. 64. 646 Zit. n. Splitt (1987), S. 48. 647 Fröhlich (1993–2008), Teil I, Bd. 3/I, S. 257 und S. 258. 648 Zit. n. Messmer (1989), S. 267. 649 Zit. n. Messmer (1989), S. 272. 650 Schuh (1947a), S. 71. 651 Vgl. Haefeli (2005), S. 112. 652 Fröhlich (1993–2008), Teil 1, Bd. 4, S. 284. 653 Strauss in Briefen, S. 375. 654 Strauss in Briefen, S. 376. 655 Trenner (2003), S. 577. 656 Fröhlich (1993–2008), Teil I, Bd. 5, S. 323.

Anmerkungen

657 Zit. n. Prieberg (2000), S. 212. 658 Rettich (1938), S. 4. 659 Zit. n. Messmer (1989), S. 278–279. 660 Zit. n. Messmer (1989), S. 288. 661 Zit. n. Gregor (1939), S. 6; S. 8; S. 9. 662 Gregor (1941), S. 408 und S. 409. 663 Gregor (1939), S. 50–51. 664 Unger (1940), S. 306. 665 BW Strauss – Tietjen, S. 112. 666 BW Strauss – Krauss, S. 319 und S. 378. 667 BW Strauss – Schuh, S. 34 und S. 31. 668 Strauss in Briefen, S. 433. 669 Vgl. auch Schirach (1967), S. 286. 670 Richard Strauss-Heft zur Uraufführung von „Capriccio“. Bayerische Staatsoper, Dramaturgische Blätter, Spielzeit 1942/43, München 1942. 671 De Vries (1998), S. 60. 672 Zit. n. Trenner (2003), S. 624. 673 Fröhlich (1993–2008), Teil II, Bd. 11, S. 407. 674 Zit. n. Nachlass Roland Tenschert, Miscellanea 94, Mappe 5b, ÖNB-MUS (=Musiksammlung der Österreichischen National­ bibliothek). 675 Friedrich (1944), S. 53. 676 Klee (2007), S. 599. 677 Moser (1944), S. 5.; S. 6; S. 19. 678 Rathkolb (1991), S. 167. 679 Kohout (1999), S. 27. 680 Dazu existiert ein Schreiben von Richard Strauss an Baldur von Schirach, Wien 4.7.1944, ­Richard-Strauss-Archiv Garmisch. 681 Tenschert (1944), S. 7.

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682 Tenschert (1944), S. 161. Die zitierte Passage geht auf Tenschert (1939) zurück. 683 Tenschert (1949), S. 140. 684 Tenschert (1964), S. 243. 685 Zit. n. BW Strauss – Tenschert, S. 8. Die Anekdote wird auch in Tenschert (1964, S. 246) ­erwähnt. 686 Tenschert (1945), S. 77. 687 BW Strauss – Zweig, S. 49. 688 BW Strauss – Tenschert, S. 3. Lütteken (2004) äußerte dazu: „Die hypertrophe Auffassung, die Zerstörung Deutschlands komme der Zerstörung seines Lebenswerkes gleich, lässt sich dabei kaum als blosse Hybris eines alten Mannes abtun“ (S. 26), übersah jedoch dabei, dass für Strauss die „Zerstörung seines Lebenswerkes“ nicht an die physische Zerstörung Deutschlands gebunden war, sondern allein durch die Schließung der Theater geschah. 689 Strauss in Briefen, S. 432. 690 Strauss in Briefen, S. 436 und S. 438. 691 Vgl. BW Strauss – Böhm, S. 183– 188; Alfred Mann (1950); Hottmann (2005). 692 Notizhefte des Meisters. 693 Zit. n. Trenner (2003), S. 630. 694 BW Strauss – Schuh, S. 49. 695 Notizhefte des Meisters. 696 BW Strauss – Schuh, S. 53–54 und S. 66. 697 Zit. n. Klaus Mann (1969), S. 487. 698 Zit. n. Brosche (1973), S. 101. 699 Strauss in Briefen, S. 457. 700 Schuh (1945), S. 242: „his entirely

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non-political nature“; „Strauss’s task was to testify for another Germany with his music. That he did so is shown by the works of the years 1934–45, which give no indication of compromise. He wrote nothing which had any direct connection with the circumstances through which he passed.“ (deutsche Übersetzung: D. E.). 701 Keezer (1946), S. 219. 702 Pfister (1949), S. 135. 703 Kralik (1963), S. 7 und S. 302. 704 Messmer (1994), S. 432 und S. 435: „Als Strauss das Amt übernahm, glaubte er also noch an den Führer […]“. 705 „There could be no such thing as apolitical art during the Third Reich.“ Ashley (1999), S. 161. 706 Bermbach (1999), S. 252. 707 Deppisch (1968), S. 145. 708 Wachten (1940), S. 10. 709 Zit. n. Notizhefte des Meisters. Die Aussage Bismarcks datiert aus dem Jahr 1881. Vgl. Busch (1899), S. 13. 710 BW Strauss – Schuh, S. 164; S. 85; S. 134. 711 Strauss in Briefen, S. 464. 712 Trenner (2003), S. 646. 713 Zit. n. Rathkolb (1991), S. 179–180. 714 BW Strauss –Rosenauer, S. 109. 715 BW Strauss – Mautner Markhof, S. 18. 716 Zurlinden (1968), S. 1000 und S. 1014. 717 Zurlinden (1968), S. 1008. 718 Zurlinden (1968), S. 1036 und S. 1037. 719 BW Strauss – Schuh, S. 89. 720 Zit. n. Trenner (2003), S. 642.

721 Exemplar aus dem Besitz von Peter Lafite, zur Verfügung gestellt von Marion DiederichsLafite. 722 BW Strauss – Schuh, S. 137 und S. 159. 723 Strauss in Briefen, S. 474. 724 BW Strauss – Schuh, S. 180. 725 Strauss in Briefen, S. 200. 726 Kohler (1999), S. 9. 727 Schuh (1947), S. 9 und S. 10. Ursprünglich erschien dieser Text bereits unter dem Titel Richard Strauss, der Achtzigjährige. Zum 11. Juni 1944. 728 Schuh (1965), Sp. 1485. 729 BW Strauss – Schuh, S. 49. 730 Krause (1975), S. 11. 731 Bloch (1959), S. 1273. 732 Lachenmann und Nyffeler (2005). 733 Adorno (1964), S. 601; S. 599; S. 603–604. 734 Gould (1962), S. 132 und S. 134. 735 Huneker (1904/05), S. 92. 736 Vgl. dazu nur Ein Klangzauberer aus Bayern. Richard Strauss, www. germany.travel/de/staedte-kultur/ musik-shows/klassik-komponisten/richard-georg-strauss.html (abgerufen am 14. Jänner 2014). 737 New York Times, 9. September 1949: „he had devoted himself solely to music during the years of Nazi power.“ – „After his encounter with the Nazis, Strauss, who was then dean of the German composers, disappeared from public view.“* 738 Saathen (1949), S. 2.

Literaturverzeichnis

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Literaturverzeichnis Bibliographische Notiz: Um das Literaturverzeichnis und die Anmerkungen zu entlasten, werden Artikel aus Tageszeitungen und anderen allgemeinen Periodika in der Regel nur im Haupttext nachgewiesen. Mit einem Asterisk (*) gekennzeichnete Zitate entstammen der Sammlung von Fotokopien im Richard-Strauss-Institut Garmisch-Partenkirchen; die übrigen wurden, wenn nicht anders angegeben, den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek (einschließlich der digitalisierten Quellen bei ANNO – AustriaN Newspapers Online; www.anno.onb.ac.at) sowie der Bayerischen Staatsbibliothek entnommen. Entsprechend der Ausrichtung des Buches, steht die aktuelle Forschungsliteratur zu Strauss nicht im Mittelpunkt. Die vollständigsten Bibliographien finden sich derzeit bei Walter (2000), Werbeck (2006a) sowie online beim Richard-Strauss-Institut Garmisch-Partenkirchen: http://www.richard-strauss-institut.de/elektra/bibliographie.php3/. Dort ist auch das werkbezogene Quellenverzeichnis angesiedelt: http://www.rsi-rsqv.de/. Zur Zitierweise: Soweit möglich, wurde die originale Schreibweise einschließlich der s-Schreibung, die insbesondere beim Namen Strauss/Strauß schwankt, beibehalten. Im Original gesperrte oder unterstrichene Passagen sind kursiv wiedergegeben. Zugunsten eines einheitlichen Satzbildes wurden Absätze in den Zitaten durch doppelte Querstriche (//) ersetzt, relevante Zeilenumbrüche in Gedichten und bei manchen Briefen durch einfache Querstriche (/) gekennzeichnet. Zusätze und Auslassungen in Zitaten sind durch eckige Klammern ([ ]) kenntlich gemacht. Schriften von Strauss werden in den Anmerkungen mit ihren (Kurz-) Titeln zitiert, die Kurzbelege für Schriften Dritter verweisen unter Angabe von Autor und Jahreszahl auf das Literaturverzeichnis. Eckige Klammern bezeichnen im Folgenden die gewählten Kurznachweise. Archivalien werden in der Regel nur in den Anmerkungen genannt. Dokumente und Schriften von Richard Strauss

Willi Schuh (Hg.), Richard Strauss, Betrachtungen und Erinnerungen, Zürich 1949, 3. Auflage 1981 „Aus Italien“. Analyse vom Komponisten, in: Allgemeine Musik-Zeitung 16/26 (1889), S. 263–266 Tagebuch der Griechenland- und Ägyptenreise (1892), in: Willi Schuh (Hg.), ­Richard Strauss Jahrbuch, Bonn 1954, S. 89–96 Zum „Tannhäuser“ in Bayreuth. „Tannhäuser“-Nachklänge. Brief eines deutschen Kapellmeisters über das Bayreuther Orchester (1892), in: Schuh (1981), S. 76–88 Biographische Skizze [1897/98], in: Werbeck (1996), S. 527–530 Einleitung zu „Die Musik“, Sammlung illustrierter Einzeldarstellungen (1904), in: Schuh (1981), S. 11–13

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Vorwort (1904), in: Hector Berlioz, Instrumentationslehre, ergänzt und revidiert von Richard Strauss, Neuauflage, Leipzig 1955, S. I–IV Gibt es für die Musik eine Fortschrittspartei? (1907), in: Schuh (1981), S. 14–21 Geleitwort zu Leopold Schmidt, Aus dem Musikleben der Gegenwart, Berlin 1908, in: Schuh (1981), S. 22–27 Erinnerungen an Hans von Bülow (1909), in: Schuh (1981), S. 183–193 Zur Frage des „Parsifal“-Schutzes. Antwort auf eine Rundfrage (1912), in: Schuh (1981), S. 89–90 Offener Brief an einen Oberbürgermeister (1913), in: Schuh (1981), S. 28–31 Städtebund-Theater. Eine Anregung (1914), in: Schuh (1981), S. 32–28 Erwägungen zum Opernspielplan (1922), in: Schuh (1981), S. 39–45 Vorwort zu „Intermezzo“, Intermezzo, eine bürgerliche Komödie mit sinfonischen Zwischenspielen in zwei Aufzügen, op. 72, Partitur und Klavierauszug, Berlin 1924, in: Schuh (1981), S. 140–149 Interview über „Die Ägyptische Helena“. Mitgeteilt von Ludwig Karpath (1928), in: Schuh (1981), S. 150–153 Erinnerungen an meinen Vater [um 1940?], in: Schuh (1949), S. 194–202 Erinnerungen aus meinen Jugend- und Lehrjahren [um 1940?], in: Schuh (1981), S. 203–218 Erinnerungen an die ersten Aufführungen meiner Opern. Von ,Guntram‘ bis zu ,Intermezzo‘ (1942), in: Schuh (1981), S. 219–246 [Notizhefte des Meisters] Betrachtungen und Erinnerungen (Aus den Notizheften des Meisters, ca. 1932–45). Typoskript aus dem Nachlass von Willi Schuh, Richard-Strauss-Institut Garmisch-Partenkirchen Sammlungen und Editionen von Briefen

[Meisterbriefe um Hermann Bahr] Joseph Gregor (Hg.), Meister und Meisterbriefe um Hermann Bahr. Aus seinen Entwürfen, Tagebüchern und seinem Briefwechsel mit Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt, Josef Kainz, Eleonore Duse und Anna von Mildenburg, Wien 1947 [Briefe an die Eltern] Willi Schuh (Hg.), Richard Strauss. Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich und Freiburg i. Br. 1954 [Strauss in Briefen] Der Strom der Töne trug mich fort. Die Welt um Richard Strauss in Briefen, in Zusammenarbeit mit Franz und Alice Strauss hg. v. Franz Grasberger, Tutzing 1967 [Lieber Collega!] Gabriele Strauss (Hg.), Lieber Collega! Richard Strauss im Briefwechsel mit zeitgenössischen Komponisten und Dirigenten, Bd. 1 (=Veröffent­ lichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 14), Berlin 1996 [Ihr aufrichtig Ergebener] Gabriele Strauss und Monika Reger (Hg.), Ihr aufrichtig Ergebener. Richard Strauss im Briefwechsel mit zeitgenössischen Komponisten

Literaturverzeichnis

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und Dirigenten, Bd. 2 (=Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 15), Berlin 1998 [Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus] Monika Reger (Hg.), Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus. Richard Strauss im Briefwechsel mit zeitgenössischen Komponisten und Dirigenten, Bd. 3 (=Veröffentlichungen der Richard-StraussGesellschaft, Bd. 18), Berlin 2004 [BW Strauss – Böhm] Martina Steiger (Hg.), Richard Strauss, Karl Böhm, Briefwechsel 1921–1949, Mainz und New York 1999 [BW Strauss – Gregor] Roland Tenschert (Hg.), Richard Strauss, Joseph Gregor. Briefwechsel, Salzburg 1955 [BW Strauss – Hofmannsthal] Willi Schuh (Hg.), Richard Strauss – Hugo von Hofmannsthal. Briefwechsel, fünfte, ergänzte Auflage, Zürich und Freiburg i. Br. 1978 [BW Strauss – Karpath] Günter Brosche (Hg.), Richard Strauss – Ludwig Karpath. Briefwechsel 1902–1933, Teil 1: 1902–1925, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 6 (Dezember 1975), S. 2–29 [BW Kerr – Strauss] Der Briefwechsel zwischen Alfred Kerr und Richard Strauss, hg. v. Marc Konhäuser, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 39 ( Juni 1998), S. 34–51 [BW Strauss – Krauss] Günter Brosche (Hg.), Richard Strauss, Clemens Krauss. Briefwechsel, Gesamtausgabe (=Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation, Bd. 20), Tutzing 1997 [BW Mahler – Strauss] Gustav Mahler, Richard Strauss. Briefwechsel 1888 – 1911, hg. v. Herta Blaukopf (=Bibliothek der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft), München u. a. 1980 [BW Strauss – Mautner Markhof ] Alice Strauss (Hg.), Richard Strauss – Manfred Mautner Markhof. Briefwechsel, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 5 ( Juni 1981), S. 5–22 [BW Strauss – Rolland] Maria Hülle-Keeding (Hg.), Richard Strauss – Romain Rolland. Briefwechsel und Tagebuchnotizen (=Veröffentlichungen der RichardStrauss-Gesellschaft, Bd. 13), Berlin 1994 [BW Strauss – Rosenauer] Günter Brosche (Hg.), Richard Strauss – Michael Rosenauer. Briefwechsel, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 51 ( Juni 2004), S. 3–115 [BW Strauss – Schalk] Günter Brosche (Hg.), Richard Strauss, Franz Schalk. Ein Briefwechsel (=Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft München, Bd. 6), Tutzing 1983 [BW Strauss – Schneiderhan] Günter Brosche (Hg.), Richard Strauss – Franz Schneiderhan, in: Richard Strauss-Blätter Neue Folge 43 ( Juni 2000), S. 3–115

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340

Anhang

Bildnachweis Abb. 1: Steinitzer (1911), Bildteil, S. 3 Abb. 2: Wachten (1940), Bildteil, Nr. 3 Abb. 3, 4, 5a/b, 7, 8, 12, 23: Richard-Strauss-Institut, Garmisch-Partenkirchen Abb. 6: Schuh (1976), S. 317 Abb. 9: Schlötterer (2009), S. 243 Abb. 10, 14, 18, 19, 21, 22, 24, 25, 26: Österreichische Nationalbibliothek Abb. 11: Imagno Abb. 13: Specht (1921), 1. Bd., S. 2 Abb. 15, 16: Salzburger Festspiele Abb. 17: Deppisch (1968), S. 132 Abb. 20: Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz Abb. 27: Grasberger (1967), Tafel 12 (nach S. 368)

Personenregister

341

Personenregister Richard Strauss und die Mitglieder seiner Familie bleiben hier unberücksichtigt. A Aber, Adolf 237, 318, 326 Adolph, Paul 257 Adorno, Theodor W. 225, 270, 293, 318, 322, 326 Aeschylos 114 Albert, Eugen d‘ 168 Alexander der Große 150 Altenburg, Detlef 314, 326, 339 Alwin, Karl 242 Aristophanes 203 Ashley, Tim 322, 326 Auber, Daniel-Francois-Esprit 203 B Bach, Johann Sebastian 101, 152, 153, 168, 198, 200, 284, 290, 320, 328 Backhaus, Wilhelm 184 Bahr, Hermann 174, 185, 211, 223, 283, 315, 317, 324, 327 Barrymore, Lionel 288 Bartók, Béla 232 Bary, Roswitha von 310, 327 Batka, Richard 7, 164, 171, 180, 185, 314, 315, 327 Baum, Richard 333 Bayreuther, Rainer 316, 327 Beethoven, Ludwig van 15, 37, 40, 49, 52, 55, 84, 87, 88, 90, 92, 96, 120, 121, 125, 137, 140, 141, 152, 153, 154, 170, 209, 219, 225, 249, 268, 283, 284, 285, 287, 296, 305, 320, 333 Behn, Fritz 229, 275 Bekker, Paul 13, 14, 15, 178, 199, 218, 236, 237, 245, 246, 307, 316, 317, 318, 319, 327 Bella, Johann L. 92, 93, 339

Benda, Arthur 76 Benzino, Clementine 63 Berg, Alban 238, 262 Berlioz, Hector 56, 61, 81, 83, 96, 99, 109, 110, 123, 153, 154, 168, 194, 284, 324 Bermbach, Udo 322, 327 Bie, Oscar 115, 168, 169, 185, 301, 315, 327 Bienenfeld, Elsa 209, 212 Birkin, Kenneth 311, 326, 327 Bischoff, Hermann 162, 164, 168 Bismarck, Otto von 23, 196, 202, 286, 290, 307, 322 Bizet, Georges 168, 262, 329, 331 Blaschke, Hanns 279 Blaukopf, Herta 325 Bloch, Ernst 293, 322, 327 Bock, Hugo 47 Böhm, Karl 30, 283, 321, 325 Bonaparte, Napoleon 150 Bormann, Martin 276 Boulez, Pierre 328 Boyden, Matthew 40, 307, 308, 327 Brahms, Johannes 42, 46, 48, 49, 51, 52, 56, 60, 87, 90, 91, 92, 95, 99, 121, 125, 137, 154, 157, 183, 281, 311, 334 Brandes, Friedrich 159, 177, 313 Brandl, Willy 305 Brandt, Fritz 105 Brecher, Gustav 138, 139, 165, 250, 301, 313, 327, 338 Broesike-Schoen, Max 233 Bronsart von Schellendorf, Hans 94, 95, 96, 103, 104, 117, 162, 327 Brosche, Günter 8, 307, 317, 321, 325, 326, 327, 328 Bruch, Max 85 Bruckner, Anton 125, 154, 296, 320

342

Anhang

Brust, Fritz 258, 320, 328 Bücken, Ernst 255, 305 Bülow, Hans von 37, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 55, 56, 57, 58, 59, 82, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 96, 97, 98, 100, 101, 119, 124, 175, 184, 251, 287, 309, 310, 311, 324, 327, 328 Bülow, Marie von 97, 328 Bürckel, Josef 272, 289 Bürger, Sigmund 43 Busch, Fritz 247, 250, 251, 252, 319, 328 Busch, Moritz 286, 322, 328 Busoni, Ferrucio 238 Buths, Julius 133, 312, 328 C Caccini, Giulio 112 Cadenbach, Rainer 332 Carl Eduard, Herzog von Sachsen-Coburg 196 Chopin, Frederic 49, 56, 154 Colli, Giorgio 332 Cooke, Mervyn 318 Cornelius, Peter 95 D Da Ponte, Lorenzo 174 Debussy, Claude 168 Demelius-Schenkl, Else 44 Deppisch, Walter 286, 322, 328, 340 De Vries, Willem 321, 328 Diederichs-Lafite, Marion 322 Dillmann, Alexander 179, 315, 328 D’Ora, Madame, eigtl. Dora Kallmus 76 Dorschel, Andreas 329 Draeseke, Felix 162, 164, 165, 166, 167, 301, 314, 328, 332, 335 Drewes, Heinz 272, 273 Duse, Eleonore 324 Dvořák, Antonín 137, 309

E Ebert, Friedrich 220, 248 Edelmann, Bernd 189, 190, 318, 328 Ehard, Hans 33 Ehlers, Paul 242 Ehrlich, Heinrich 49, 54 Einstein, Alfred 190, 192, 247 Engel, Fritz 48 Erhardt, Otto 20, 21, 216, 231, 291, 307, 317, 318, 328 Eybl, Martin 315, 328 F Fehdmer-Kayssler, Helene 249 Fiedler, Rudolf 307, 328 Finck, Henry T. 303 Fischer, Franz 37, 88, 89, 97, 145, 291, 328 Fischer-Hohenhausen, Hans 43, 291, 303, 309, 328 Flaubert, Gustave 152 Franckenstein, Clemens von 196 Frank, Hans 252, 276, 277, 285 Franze, Johannes 213, 326, 327 Freund, Erich 143, 160 Fricke, Jobst 326 Frick, Wilhelm 252 Friedrich, Julius 321, 328 Fröhlich, Elke 320, 321, 328 Funk, Walther 252, 253 Fürst, Artur 179 Fürstner, Adolph 106, 138, 166, 176 Fürstner, Otto 106, 138, 166, 176, 185, 200, 250 Furtwängler, Wilhelm 249, 251, 262, 279 G Gehring, Egid 328, 331, 336 Geibel, Emanuel 43, 299 Geißler, Ferdinand A. 173

Personenregister

Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen 51, 101, 105 Gerigk, Herbert 269, 270 Gilliam, Bryan 328, 333 Gilman, Lawrence 301 Gilm, Hermann von 249 Gloßner, Anna 240 Gluck, Christoph Willibald 153, 277, 282, 290, 296 Goebbels, Joseph 8, 248, 249, 250, 252, 253, 254, 256, 262, 263, 266, 267, 268, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 279, 286, 288, 328 Goebbels, Magda 253 Goethe, Johann Wolfgang von 16, 101, 114, 121, 202, 271, 319 Göhler, Georg 165 Göhler, Goerg 313, 314, 328 Golthe, Wolfgang 282 Göring, Hermann 251, 252, 253 Gould, Glenn 294, 322, 328 Gounod, Charles 183 Graener, Paul 267 Gräner, Georg 313, 338 Grasberger, Franz 38, 307, 317, 324, 329, 340 Gregor, Hans 208 Gregor, Joseph 252, 268, 269, 271, 279, 282, 296, 305, 319, 321, 329 Grohe, Oscar (Oskar) 128, 339 Grunsky, Karl 313 Gungl, Joseph ( József ) 43 Gutmann, Albert 49, 309 Gysi, Fritz 255, 278, 291, 305, 329 H Hába, Alois 238, 318, 329 Haefeli, Anton 320, 329 Hahn, Arthur 125, 338 Hamann, Brigitte 320, 329 Hammerstein, Oskar (Oscar) 173, 186

343

Händel, Georg Friedrich 153, 320 Hanke Knaus, Gabriella 326 Hanslick, Eduard 46, 85, 86, 91, 92, 93, 109, 110, 111, 112, 122, 127, 128, 136, 137, 138, 152, 155, 310, 311, 312, 313, 329 Hartmann, Eduard 191 Hartmann, Rudolf 282 Hase, Oskar von 202 Hasse, Max 118 Hauptmann, Gerhart 79, 220 Hausegger, Friedrich von 92, 93, 122, 124, 125, 312, 320, 329 Hausegger, Siegmund von 92, 129, 170, 260, 329 Havemann, Gustav 320 Haydn, Joseph 37, 44, 49, 55, 87, 96, 153, 183, 296, 330 Heine, Heinrich 145, 181 Heinemann, Michael 19, 307, 329 Hernried, Robert 307, 329 Hertzka, Emil 186 Herzog, Wilhelm 313 Hindemith, Paul 229, 230, 231, 232, 238, 261 Hinrichsen, Hans-Joachim 329 Hitler, Adolf 8, 248, 250, 251, 252, 253, 256, 257, 258, 263, 264, 272, 273, 276, 277, 286, 287, 289, 290, 295, 319, 320, 322, 329, 334 Hochberg, Bolko Graf von 135 Hoffmann, Rudolf Stephan 222, 317, 330 Hofmannsthal, Gerty von 196 Hofmannsthal, Hugo von 172, 174, 178, 186, 189, 190, 196, 204, 205, 206, 207, 212, 226, 241, 242, 243, 244, 247, 265, 269, 274, 275, 276, 281, 297, 301, 315, 316, 317, 318, 320, 324, 325, 335 Holl, Karl 223, 258 Hollstein, Otto 318 Holzbock, Anton 191, 213 Hörl-Szalay, Peter 317, 329

344

Anhang

Hottmann, Katharina 321 Huber, Hans 30 Hülsen-Haeseler, Georg von 47, 144, 185, 186, 203 Humperdinck, Engelbert 116, 117, 118, 168 Hundhammer, Alois 33 Huneker, James 152, 157, 294, 301, 309, 310, 314, 322, 330 Hutcheson, Ernest 301 I Irmen, Hans-Josef 315, 330 Istel, Edgar 193, 313, 316, 330 J Jacobi, Johannes 275 Jacobs, Werner 297 Jerger, Alfred 78 Jeritza, Maria 77 Joachim, Heinz 270, 287 John, Eckhard 318, 330 Jonson, Ben 266 Jordan, Wolfgang 312, 330 K Kainz, Josef 324 Kalbeck, Max 46, 132, 217, 281, 313, 332, 333 Kalckreuth, Leopold von 75 Kappel, Elisabeth 329 Karg, Heinrich 319 Karpath, Ludwig 175, 176, 197, 204, 205, 206, 207, 208, 210, 211, 214, 221, 239, 244, 266, 281, 291, 314, 315, 316, 317, 318, 324, 325, 330 Kater, Michael 308, 319, 330 Keezer, Kilian 286, 322, 330 Keilberth, Josef 285 Kennedy, Michael 19, 307, 330 Kerr, Alfred 202, 316, 325

Kessler, Harry Graf 178, 186 Kienzl, Wilhelm 213 Kistler, Cyrill 130, 131, 312, 330 Klatte, Wilhelm 124, 134, 135, 168, 312, 330, 338 Klauwell, Otto 155, 314, 330 Klee, Ernst 321, 330 Knappertsbusch, Hans 30, 253, 254 Knote, Heinrich 130 Kohler, Stephan 292, 308, 320, 322, 330 Kohout, Korinna 8, 318, 321, 330 Költzsch, Hans 260, 320, 330 Konhäuser, Marc 325 König, Eberhard 334 Kopsch, Julius 248, 259, 262, 320, 331 Korngold, Erich Wolfgang 213, 222 Korngold, Julius 197, 198, 207, 210, 211, 214, 221, 244 Kralik, Heinrich 286, 322, 331 Kranich, Friedrich 106 Krause, Ernst 293, 322, 331 Krauss, Clemens 30, 272, 273, 274, 275, 321 Krauss, Werner 253 Krebs, Carl 135 Krellmann, Hanspeter 327 Krenek, Ernst 222, 238, 244, 261 Krienitz, Willy 309, 331 Kühn, Oswald 164, 165, 176, 314, 315, 331 Kurusu, Oshia 79 Kurz, Selma 207 L Laas, Johannes 332 Lachenmann, Helmut 293, 322, 331 Lachner, Franz 49, 167 Lafite, Peter 291, 322 Lalo, Édouard 95 Lassen, Eduard 99, 118 Laubinger, Otto 254 Laux, Karl 269

Personenregister

Le Borne, Fernand 313 Lederer, Hugo 256 Legge, Walter 319, 331 Lehár, Franz 268, 291 Lehmann, Lotte 78 Leibnitz, Thomas 317, 331 Leinhos, Gustav 51 Lenau, Nikolaus 89, 93, 98 Lessmann, Otto 47, 48, 54, 61, 62, 83, 98, 123, 127, 132, 133, 310, 311, 312, 331 Levi, Hermann 37, 45, 54, 82, 88, 89, 117 Liebermann, Max 229 Liebstoeckl, Hans 199 Liszt, Franz 42, 56, 61, 81, 84, 91, 93, 95, 96, 99, 101, 104, 109, 110, 113, 123, 127, 146, 152, 153, 154, 162, 167, 168, 183, 188, 194, 237, 260, 284, 326, 339 Lodes, Birgit 185, 315, 331 Louis, Rudolf 150, 314, 330, 331 Ludwig II., König von Bayern 35 Lütteken, Laurenz 307, 321, 331 M Mackay, John Henry 115 Mahler, Gustav 15, 60, 85, 109, 145, 153, 157, 158, 161, 168, 243, 296, 310, 313, 314, 325, 330 Mann, Alfred 283, 321, 331 Mann, Klaus 285, 321, 331 Mann, Thomas 161, 251, 285, 314, 331 Mannstädt, Franz 48, 87 Manskopf, Friedrich Nicolas 192, 334 Marie, Prinzessin von Sachsen-Meiningen 51 Marschalk, Max 153, 194, 209 Marsop, Paul 165, 314, 332 Mattheson, Johann 42 Mauke, Wilhelm 128, 312, 332, 338 Mautner Markhof, Manfred 289, 322, 325 May, Jürgen 10, 307, 332

345

Mendelssohn Bartholdy, Felix 37, 42, 44, 49, 56, 137, 153, 154, 167 Mengelberg, Willem 184, 195 Menter, Eugenie 41, 46 Menter, Sophie 41 Merz, Oskar 44, 81, 118, 119, 134, 146 Messmer, Franzpeter 40, 286, 308, 309, 312, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 320, 321, 322, 332 Metzger, Hans-Joachim 328 Meyerbeer, Giacomo 67, 107, 108 Meyer, Friedrich Wilhelm 42, 82, 299 Meysenheim, Cornelia 43 Mildenburg, Anna von 324 Miller, Walther von 33 Mittmann, Paul 159 Molière 189 Montinari, Mazzino 332 Moos, Paul 120, 312, 332 Morgan, Pierpont 314 Moser, Hans Joachim 255, 278, 321, 332 Mottl, Felix 186 Mozart, Wolfgang Amadeus 37, 39, 44, 49, 52, 55, 96, 101, 129, 130, 137, 153, 154, 167, 176, 191, 198, 209, 212, 219, 226, 230, 232, 252, 256, 260, 264, 273, 275, 284, 290, 296, 320 Muck, Karl 135 Mueller von Asow, Erich H. 279 Muschler, Reinhold Conrad 225, 303, 318, 332 Mussolini, Benito 230, 247, 267 N Neisser, Arthur 189 Neitzel, Otto 60, 132, 136, 170, 313, 314, 315, 332 Neuhaus, Max 256 Neval, K. R. 317, 332 Newman, Ernest 220 Niemöller, Klaus Wolfgang 326

346

Anhang

Niest, Friedrich 41 Nietzsche, Friedrich 107, 115, 126, 127, 128, 129, 141, 159, 312, 332 Nöther, Matthias 308, 333 Nüll, Edwin von der 232, 318, 333 Nyffeler, Max 322

P Page, Tim 328 Pander, Oscar von 271, 277 Panofsky, Walter 33, 333 Papst, Eugen 297 Paul, Jean 101 Pelz, Gerda 276 Perfall, Karl von 37, 89, 144 Petschnig, Emil 221 Petzet, Walter 266 Pfister, Kurt 16, 17, 286, 297, 305, 307, 322, 333 Pfitzner, Hans 159, 168, 238 Pfitzner, Paul 159 Pierson, Edgar 178 Pierson, Georg Henry 135 Plato 114 Posa, Oskar 136, 154 Possart, Ernst von 29 Prieberg, Fred K. 268, 319, 321, 333 Pringsheim, Heinz 234, 235, 318, 333 Prölß, Robert 309, 333

Rathenau, Walther 265 Rathkolb, Oliver 319, 321, 322, 333 Reber, Paula Margarete 129, 130, 312, 333 Reger, Max 163, 168, 216, 218, 255, 317, 333 Reger, Monika 324, 325 Reinecke, Carl 167 Reinhardt, Max 204, 324 Rethberg, Elisabeth 77 Rettich, Adolf 321, 333 Reucker, Alfred 247, 250 Reznicek, Emil Nikolaus von 215 Rheinberger, Josef 61 Richter, Eugen 202, 203, 204 Richter, Hans 46, 103, 109, 112 Riemann, Hugo 163, 164, 165, 313, 314, 331 Rimböck, Max 229 Ringer, Jens 314, 333 Ritter, Alexander 55, 56, 57, 75, 82, 87, 92, 95, 96, 112, 114, 115, 116, 117, 118, 287, 309, 311, 333, 339 Rode-Breymann, Susanne 317, 334 Rolland, Romain 139, 140, 141, 142, 143, 150, 151, 154, 217, 219, 301, 313, 314, 316, 317, 325, 334 Roller, Alfred 186, 204, 206, 224 Roosevelt, Theodore 149 Rosbaud, Hans 256 Rösch, Friedrich 35, 134, 138, 201, 334 Rosenauer, Michael 8, 239, 240, 289, 318, 322, 325, 330 Rosenberg, Alfred 263, 269 Roth, Ernst 288, 292 Rudolff, Ernst 94, 95 Rust, Bernhard 252

R Raabe, Peter 262, 266 Rasch, Hugo 248, 262, 319

S Saathen, Friedrich 296, 322, 334 Sacher, Paul 287

O Oesterlein, Nikolaus Johannes 192 Offenbach, Jacques 202 Orff, Carl 34 Ortner, Oswald 12, 329 Ott, Alfons 310, 311, 333 Ottner, Carmen 329, 331

Personenregister

Saint-Saëns, Camille 191 Sandberger, Wolfgang 315, 334 Sarkowicz, Hans 329 Schaefer, Hartmut 316, 318, 334 Schalk, Franz 75, 204, 206, 207, 208, 209, 211, 221, 222, 239, 241, 244, 331 Schattmann, Alfred 150, 314, 334, 338 Schenker, Heinrich 317 Scherber, Ferdinand 8, 154, 314, 334 Schering, Arnold 217, 317, 334 Schiller, Friedrich 101, 249 Schillings, Max von 129, 142, 168, 206 Schirach, Baldur von 79, 216, 275, 279, 283, 286, 321, 334 Schirach, Henriette von 275 Schlötterer-Traimer, Roswitha 316, 334, 340 Schlusnus, Heinrich 249, 253 Schmid, Brigitta Maria 310, 334 Schmidt, Franz 331 Schmidt, Leopold 161, 186, 190, 191, 197, 314, 324, 334 Schmidt, Manuela Maria 334 Schmitz, Eugen 161, 245, 301, 314, 335 Schmutzer, Ferdinand 73 Schneider, Emil 220, 221 Schneiderhan, Franz 240, 241, 244, 318, 325 Schönberg, Arnold 136, 169, 215, 222, 232, 233, 234, 235, 238, 244, 326, 327, 328 Schönewolf, Karl 245 Schopenhauer, Arthur 46, 56, 101, 107, 115 Schreker, Franz 222, 234, 238, 261 Schrenk, Walter 238, 239, 245, 303, 318, 335 Schubert, Franz 37, 43, 137, 153, 154, 191, 219, 249, 285, 320 Schuch, Ernst von 56, 143, 145, 158, 186, 201, 314, 316, 326

347

Schuh, Willi 7, 23, 26, 27, 36, 95, 121, 126, 155, 170, 216, 227, 229, 265, 266, 274, 279, 283, 284, 285, 287, 290, 291, 292, 305, 307, 308, 309, 310, 311, 312, 314, 315, 316, 317, 318, 320, 321, 322, 323, 324, 325, 326, 333, 335, 338, 339, 340 Schumann, Clara 58 Schumann, Robert 37, 42, 49, 56, 137, 153, 154, 168 Schwers, Paul 249, 259, 320, 335 Scribe, Eugène 174 Seebach, Nikolaus Graf von 176, 186 Seidl, Arthur 11, 35, 113, 115, 123, 124, 126, 165, 168, 185, 186, 299, 307, 310, 311, 312, 335 Seidl, Emanuel 166 Shakespeare, William 46, 89, 202 Shaw, George Bernard 186 Shigihara, Susanne 164, 314, 335 Sieger, Friedrich 185 Singer, Kurt 224, 242 Slezak, Leo 207 Smolian, Arthur 313 Söhle, Carl 146 Solti, Georg 297 Sommer, Hans 201 Sonntag, Brunhilde 334 Sophokles 114 Spanuth, August 149, 172, 173, 176, 177, 186, 188, 189, 194, 199, 313, 314, 315, 316, 335, 336 Specht, Richard 73, 180, 181, 190, 193, 195, 211, 212, 216, 218, 219, 221, 225, 226, 236, 291, 303, 315, 317, 318, 336, 340 Speidel, Ludwig 46 Speyer, Edgar 186, 201 Speyer, Lotti 82 Spiro, Friedrich 313 Spitzweg, Eugen 43, 49, 50, 55, 87, 96, 97, 100, 101, 106, 201, 333

348

Anhang

Splitt, Gerhard 265, 319, 320, 336 Spohr, Louis 37, 96 Stauffer-Bern, Karl 316 Stefan, Paul 11, 217, 221, 222, 241, 245, 317, 336 Steiger, Martina 325 Steiger, Michael 44 Steinitzer, Alfred 38, 308, 336 Steinitzer, Max 11, 35, 38, 45, 83, 92, 126, 130, 143, 144, 149, 178, 185, 187, 188, 189, 255, 260, 291, 301, 303, 307, 308, 309, 310, 312, 313, 315, 320, 336, 337, 340 Steyl, August 311 Stirner, Max 115, 311, 337 Storck, Karl 146, 171, 173, 198, 313, 315, 316, 337 Strauss-Hotter, Gabriele 309, 324 Strauss, Johann (Sohn) 149, 178, 254 Strauss, Josef 178 Strawinsky, Igor 232, 235, 238 Strindberg, August 215 Strobel, Heinrich 249 Struth, Emil 83 Stuckenschmidt, Hans Heinz 215, 231, 294 Swarowsky, Hans 278 Szymanowski, Karol 222 T Teibler, Hermann 338 Tennyson, Alfred 29 Tenschert, Roland 21, 41, 51, 154, 243, 248, 249, 280, 281, 282, 305, 307, 308, 309, 314, 318, 319, 321, 326, 337 Tessmer, Hans 226, 318, 337 Thomas, Theodore (Theodor) 53 Thomas, Walter 216, 283, 317, 337 Thoms, Anton 44 Thuille, Ludwig 39, 40, 41, 113, 129, 286, 308, 311, 326

Tiedemann, Rolf 326 Tiessen, Heinz 153, 178, 233, 238, 314, 326 Tietjen, Heinz 251, 252, 253, 262, 263, 273, 282, 319, 320, 321, 326 Tombo, August 41, 299 Toscanini, Arturo 251, 265 Trenner, Florian 307, 337, 338 Trenner, Franz 307, 308, 309, 311, 312, 313, 314, 315, 316, 317, 318, 319, 320, 321, 322, 326, 337, 338 Tschaikowsky, Peter Iljitsch 154 U Uhland, Ludwig 29 Ulrich, Bernhard 232 Unger, Hermann 321, 338 Urban, Erich 147, 148, 301, 313, 338 Ursuleac, Viorica 253 V Verdi, Giuseppe 57, 142, 177 Vogel, Bernhard 111, 311, 338 Von Miller, Walther 33 Vötterle, Karl 333 W Wachten, Edmund 286, 305, 322, 338, 340 Wagner, Cosima 95, 101, 102, 103, 104, 106, 107, 108, 311, 326 Wagner, Richard 35, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 46, 48, 49, 51, 53, 55, 56, 61, 65, 69, 83, 84, 86, 88, 92, 93, 96, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 109, 110, 113, 115, 118, 121, 122, 125, 130, 136, 139, 140, 141, 145, 146, 147, 148, 153, 154, 160, 167, 168, 170, 174, 179, 183, 191, 192, 194, 195, 203, 204, 212, 213, 230, 232, 237, 238, 243, 249, 250, 251, 255, 256, 257, 260, 263, 272, 273, 284, 285, 287, 290,

Personenregister

291, 296, 311, 316, 319, 320, 323, 324, 338 Wagner, Siegfried 204 Wagner-Trenkwitz, Christoph 338 Wagner, Winifred 251, 319 Walden, Herwarth 301, 312, 338 Wallerstein, Lothar 78 Walter, Benno 41, 44, 46, 47, 299 Walter, Bruno 251, 265, 266, 338 Walter, Michael 40, 307, 308, 311, 314, 319, 320, 323, 338, 339 Waltershausen, Hermann Wolfgang von 235, 303, 318, 338 Walton, Chris 329 Wanamaker, John 149, 150 Weber, Carl Maria von 37, 153, 320 Webern, Anton 238 Wedekind, Frank 186 Weill, Kurt 238, 261, 318, 338 Weingartner, Felix 120, 122, 135, 174, 208, 213 Weißmann, Adolf 216, 237, 238, 245, 313, 317, 318, 338 Welzhofer, Karl 33, 308 Werbeck, Walter 29, 107, 152, 307, 308, 309, 310, 311, 312, 313, 314, 323, 339 Werner, Anton von 48 Westphal, Kurt 242, 318, 339 Wi(e)dey, Ferdinand 104 Wiene, Robert 242 Wihan, Hanuš (Hans) 44, 48, 99 Wihan-Weis, Dora 99 Wilde, Oscar 158 Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen 22, 142, 143, 144,

349

166, 242, 248, 265 Wilhelm, Kurt 217, 275, 312, 315, 317, 339 Windt, Herbert 234, 235, 243, 318, 339 Wolff, Hermann 47, 52, 119, 120, 135 Wolff, Karl 84, 135 Wolf, Hugo 128, 168, 249, 339 Wolzogen, Ernst von 145, 168, 186, 338 Wulf, Joseph 319, 339 Wüllner, Franz 29, 47, 52, 53, 59, 60, 83, 98, 121, 125, 144 Wünsche, Dagmar 326 Wymetal, Wilhelm von 222, 317, 339 Y Youmans, Charles D. 311, 326, 339 Z Zagiba, Franz 310, 339 Zedler, Andrea 314, 339 Zeller, Heinrich 101 Zentner, Wilhelm 269, 339 Ziebill, Otto 291 Ziegler, Eugen von 155, 162, 301, 314, 339 Ziegler, Hans Severus 268 Zöllner, Heinrich 89 Zurlinden, Hans 289, 290, 322, 339 Zweig, Stefan 220, 247, 261, 263, 264, 265, 266, 269, 273, 281, 286, 288, 314, 320, 321, 326, 339

DANIEL BRANDENBURG, FRIEDER REININGHAUS (HG.) DANIEL ENDER, DORIS WEBERBERGER (RED.)

RICHARD STRAUSS UND DAS ANDERE GESCHLECHT ÖSTERREICHISCHE MUSIKZEITSCHRIFT (ÖMZ) JG. 67, HEFT 1/2012

Kein anderer Komponist hat Frauenfiguren derart in das Zentrum seines Opernschaffens gerückt wie Richard Strauss. Allein die Titel von „Salome“ und „Elektra“ bis hin zu „Daphne“ und „Die Liebe der Danae“ betonen diesen Umstand. In jenem halben Jahrhundert, das diese Werke umreißen, wandelte sich das Geschlechterverhältnis durch die Errungenschaften der Frauenbewegung und die Erkenntnisse der Psychoanalyse grundlegend – worauf Strauss und seine Librettisten geradezu seismographisch reagierten. Die Beiträge dieses Heftes befassen sich unter anderem mit Strauss’ musikalischer Zeichnung gegensätzlicher Frauengestalten sowie mit den Heroinen aus den letzten, während des Dritten Reichs entstandenen Opernprojekten. 2012. 128 S. ZAHL. S/W-ABB. BR. 165 X 230 MM. ISBN 978-3-205-78805-8

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ÖSTERREICHISCHE MUSIK ZEITSCHRIF T HERAUSGEGEBEN VON EUROPÄISCHE MUSIKFORSCHUNGSVEREINIGUNG WIEN

Seit 1946 bietet die Österreichische Musikzeitschrift dem musikwissenschaftlichen Diskurs und der kritischen Begleitung des Musiklebens eine einzigartige Plattform. 2011 ist das traditionsreiche Blatt zum Böhlau Verlag übersiedelt. Dem neuen Herausgeber- und Redaktionsteam geht es gleichermaßen um Kontinuität wie um Wandel: Der hohe Anspruch an eine niveauvolle und verständliche Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse und musikkritischer Bewertungen soll erhalten bleiben. Gleichzeitig tragen die thematischen Schwerpunkte von Alter Musik bis zur Gegenwart einem zeitgemäßen Musikbegriff Rechnung. Rubriken wie „Neue Musik im Diskurs“, „Lehren und Lernen“ und „Das andere Lexikon“ setzen darüber hinaus Akzente in neue Richtungen. ERSCHEINUNGSWEISE: 6X JÄHRLICH

THEMEN 2014:

JAHRGANG: € 44,00

HEFT 1: 1914 – VOR DEM STAHLBAD

EINZELHEFT: € 9,50

HEFT 2: REVOLUTION DER OPER? – 300 JAHRE CH. W. GLUCK

THEMEN 2013:

HEFT 3: IM CLAVIERLAND – ÖSTERREICH

HEFT 1: VERDI UND WIEN

UND SEINE PIANISTEN

HEFT 2: 1913 – SKANDALKONZERTE HEFT 3: NEUE MUSIK WIRD HISTORISCH HEFT 4: WELT.MUSIK.TAGE HEFT 5: KLANGRÄUME FÜR ALLE. 100 JAHRE WIENER KONZERTHAUS HEFT 6: „REGISSEURSTHEATER“

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MARTIN KNUST

RICHARD WAGNER EIN LEBEN FÜR DIE BÜHNE

Richard Wagner kam aus einer Familie von Schauspielern und Sängern, arbeitete als Theaterkapellmeister und Regisseur und widmete sein Schaffen als Dichter und Komponist ganz dem dramatischen Musiktheater. Martin Knust zeigt Wagner als visionären Künstler, dessen Persönlichkeit, Weltanschauung und Verhalten vollkommen von dieser Prägung durchdrungen waren. Wagners Leben ist oft beschrieben worden. Diese Biografie nimmt insbesondere sein Verhältnis zum Theater in den Blick, das Dreh- und Angelpunkt seines gesamten Denkens und Handelns war. Unter dem Blickwinkel der Auseinandersetzung Wagners mit dem Theater seiner Zeit werden die Seiten seiner Persönlichkeit und seines Denkens sichtbar, die der Essenz seines Werkes nahe zu kommen erlauben. Vor allem die zahlreichen Briefe Wagners wie auch die Zeugnisse seiner Zeitgenossen hat Martin Knust herangezogen. Das Besondere wie auch das Gewöhnliche, das Visionäre wie auch das Zeitgebundene des künstlerischen Konzepts kommen dabei zum Vorschein. Das Buch endet mit einem Ausblick auf die Wirkungsgeschichte von Wagners musikalischem Werk, das im Kulturleben der Gegenwart unvermindert präsent ist, wenn auch in anderer Weise, als es ihm selbst vorschwebte. 2013. 204 S. 10 S/W-ABB. GB. MIT SU. 135 X 210 MM | ISBN 978-3-412-20919-3

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