Religiose Ansichten und Wünsche eines Laien [Reprint 2021 ed.] 9783112445884, 9783112445877


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Religiose Ansichten und Wünsche eines Laien [Reprint 2021 ed.]
 9783112445884, 9783112445877

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Religiöse

Ansichten und Wünsche eines Laien.

Allen Freunden der Vernunft und Wahrheit

zur ernstlichsten Prüfung und zur Stiftung des innigsten Vereins vorgelegt von

C.

G.

Philalethes.

Grimma i §2 5.

bey C. F. Gischen Dey er.

Vorrede.

Die vorliegenden religiösen

Ansichten,

wohl manches Eigenthümliche haben,

die

und sich

darum nicht immer an die Vorstellungen Ande­ rer in dieser Hinsicht,

genau anschließen dürf­

ten , sind das reine Ergebniß meiner innigsten,

herzlichsten Ueberzeugung.

Sie sind es, denen

ich bey den schweren Prüfungen des Schicksals, bey' den furchtbaren Schlägen des Unglücks, die mich häufiger und empfindlicher, als Tausende

meiner Mitmenschen, trafen, jene Ruhe, jenen unschätzbaren Seelenfrieden verdanke,

der nur

selten ganz getrübt, und dann doch sehr bald in seiner beglückenden Reinheit wieder hergestcllt

wurde.

Wie sich nun aber die Aechtheit einer Arzney aus ihren wiederholt heilsamen Wirkungen zwei-

felsfrey ergiebt: so muß auch, meines Erachtens, die Wahrheit der wichtigsten Angelegenheiten unsers Geistes aus ihren unverändert wvhlthär

tigen Folgen überzeugend hervorgehen. müssen sich ausser» im Leben,

Diese

und mithin

für uns und unsere Ncbenmenschen in dem Stre­

ben sichtbar werden,

das Reich der Wahrheit

und allgemeinen Glückseligkeit möglichst zu erwei­

tern , und mit Muh und Anstrengung dem Irr­

thume, oder der Bosheit, die so gern ihr schim­ merndes Glück auf fremden Trümmern erbaut, entgegen zu arbeiten. heiligsten Beruf,

Dazu hat Jeder den

den nicht etwa die Natur,

seine Verhältnisse, oder sehr ungünstige Umstande in die engen Grenzen des bloß leidenden Zustan-

des verweisen; edelste

Jeder kann und soll für dieses

Gemeingut kämpfen,

den Vernunft,

Gefühl, Kenntnisse und sichere Erfahrungen ein

Recht dazu geben,

und es ist irrig,

in den

Augen des lichten Denkers vielleicht unbillig,

diesen Kampf und die dazu nöthigen Waffen nur auf einen gewissen Stand überzutragen.

ausschließlich

Diese Behauptung ist

um so

richtiger, als das Wesentliche der Religion jedem unbefangenen,

nicht durch die Macht der Ge­

wohnheit und verjährter Vorurthcile irre gelei­ teten Herzen,

auch ohne Gelehrsamkeit,

eigen,

ist, und sich die Feinde des Lichts jetzt trotziger und kühner,

als vielleicht jemals,

gegen die

Wahrheit und die unveräußerlichsten Rechte der Menschheit erheben.

Diese Bogen sind daher besonders auf den

zahlreichen Theil solcher Wahrheitsfreunde berech­ net, die, so wie ich selbst, unbekannt mit den

verschiedenen Systemen der Philosophie,

für

die dunkelen Ergebnisse schwieriger Forschungen

nicht empfänglich sind, noch seyn können. Folg-

lich mußte bey der im Plane des Ganzen liegen­ den Kürze Alles vermieden werden, was das leichte und richtige Verstehen der ausgedrückten

Begriffe hindern konnte.

die,

Erhabene Bilder,

wenn sie von dem glanzenden Schmucke

prunkender Worte entkleidet werden, oft nichts,

als gemeine,

dürftige Gedanken zurücklassen;

wichtig scheinende Andeutungen,

heit nicht

selten hinter hohen,

die ihre Leer­

dichterischen

Schwung und blumenreichen Bombast verber­ gen;

überhaupt

Alles,

was eine glühende

Phantasie meist nur für das Vergnügen

Augenblicks erschafft,

konnte hier nicht

des

ange­

wendet werden, wenn mich auch-die Natur für solche Erzeugnisse minder karg behandelt hätte.

Die nackte Wahrheit, im einfachsten Gewände, wird sich durch die ihr inwohnende Kraft schon

Eingang in die Herzen ihrer Freunde zu verschaf­ fen wissen.

Ich bamühte mich nun erstens, dieVernunst- Religion nach meinen Vorstellungen in

ihren wichtigsten Beziehungen kurz und deutlich vvrzutragen, und verband damit am Ende eineS jeden Abschnitts,

so widersprechend dieß auch

scheinen mag> die nöthigen Beweisstellen aus der heiligen Schrift, um bey schwachen, ängst­ lichen Gemüthern beunruhigende Bedenklichkei­ ten zu entfernen,

einer löblichen,

an

sich

und durch die Gewohnheit geheiligten Sitte zu huldigen, Wahrheiten

und die Irrenden

für die reinen

der Vernunft desto

sicherer zu gewinnen.

leichter und

Denn jenen großen Theil

der Brüder-und Schwesterwelt, der noch unter den drückenden Fesseln der Vorurtheile seufzet,

für die lichte Erkenntniß des Guten heranzuzie-

hcn,

und dadurch zum seligsten Genusse des

dauerhaftesten Glücks,

alle Lyranney

und zum Siege über

zu erheben,

das ist und

bleibt der sehnlichste Wunsch aller

wahrhaft

Edeln, aller aufrichtigen Freunde der Religion

Nur auf diesem Wege kann das allgemeine Wohl der Menschheit fest gegründet und das schaur dervotte auf Thorheit und Irrglauben sich

stützende Elend derselben jweifelsfrey verdrängt

werden.

Zweytens suchte ich die geoffen­

barte Religion, durch die deutliche Dar­ stellung ihrer Quellen, mit der natürlichen in einen lichten Zusammenhang zu bringen, jede

falsche, dem Fvrtschreiten zur Glückseligkeit hin­ derliche Ansicht zu beseitigen, und endlich drit­ tens das Erlösungswerk Jesu auf eine den

Worten und übrigen Handlungen dieses großen

Menschenfreundes vernunftgemäß entsprechende

Weise zu erklären. Nun weiß ich zwar, wieviel mir abgcht,

um das, was an sich sonnenklar in jedes Auge fallt, mit der nöthigen Stärke zu vertheidigen,

und ich habe nicht selten bey dieser Arbeit mit

mir darüber gezürnt, wenn das matte Wort, der schwerfällige Ausdruck,

dem lebendigen

Gedanken, dem heißen Gefühle, besonders in gebundener Rede,

nicht folgen wollten;

aber

ich tröstete mich damit, daß, wenn jemals guter Wille den Mangel an Vermögen entschuldigte,

ich wohl

sehr gegründete Ansprüche auf die

Nachsicht meiner Leser schon darum haben dürfte, weil mich nur ungeschminkte Liebe znm Guten

und

das

aufrichtige Verlangen,

auch durch

mein Scherflein der Menschheit Wohl zu

fördern,

zu diesem Unternehmen veranlaßten.

Den Reim aber jvg ich, unter andern Gründen, auch um deswillen der ungebundenen Rede vor,

weil er das Auffassen und Behalten meiner reib

giösen Ansichten erleichtern sollte.

Möchte nun die in diesen Blättern ausge­ sprochene innige Ueberzeugung von Gott und

Zukunft, die mir und einigen Wenigen, welche

die Hand der Vorsehung mir zuführte, so selige

Stunden gewahrte, auf viele Gemüther über­ gehen, und mir das schöne Bewußtseyn ver-

schaffen, daß meine Arbeit nicht ohne Segen blieb! —

Möchten sich doch alle Edle, nahe

und fern, zu dem engsten und heiligsten Bunde vereinigen,

das Reich des Guten mit ernstem,

unerschütterlichem

Sinne auszubreiten,

und

dem Laster überall in offener Fehde zu begeg­ nen! — Auf diese Weise komme nun

Gottes Reich zu uns!

So biete ich mit einem Herzen voll achter

Bruderliebe

zu dem

seligsten Vereine

Jedem die Hand, dem es um die Erlangung

des höchsten Guts ernstlich und in der mannichr

faltigsten Beziehung zu thun ist,

so rufe ich

Jedem aus der Fülle eines von dem

reinsten

Seh wen

ergriffenen

Ge­

müths die wahr und tiefgefühlten Worte die­ ses Merkchens zu:

Ja,. ein heil'ger Bund von größrer Dauer Und aus dem des Guten mehr entsprißt,

Kann nicht seyn, als der, den Zesusliebe

Und die Tugend mit der Tugend schließt. Wer mit unerschütterlichem Muthe

Gott nur und dem theuren Bruder lebt.

Wer um jenes Glück, wie um sein eignes, Selbst vor Todesmartern nicht erbebt; Wer in seinem felsenfesten Glauben

Für das Edle nie Gefahren flieht, Und bei treuerfüllter Pflicht nur Wonne, Nur des besten Vaters Schickung fleht:

Der ist für der Freundschaft Hochgenüsse, Für des Lebens schönstes Glück bestimmt, Und ein Held, dem keine Macht der Erde Und kein Zufall seinen Schatz entnimmt.

Reicht er wo zu einem edlen Zwecke, Ohne Worte, seine biedre Hand;

So liegt mehr, als sonst in tausend Eiden, Bloß darin der innigste Verband.

Was vermöchte ihn wohl, je der Sclave

XII

Irgend einer Leidenschaft zu seyn, Und Tyrannenwuth mehr,

als das Unglück

Einer Sünde gegen Gott ju scheun? —

G. im May, igrg.

Natürliche

Religion,

ober kurze Betrachtungen über Gott, Zukunft, Bestimmung veS Menschen rc. re.

aus einem vernünftigen

wie sie

Nachdenken her­

vorgehen.

E 6 i st ein Gott.

Herr! du bist, und aber tausend Welten Sprechen deutlich deinen Namen aus: Wie des Himmels unbegrenzte Räume, So der kleinsten Puppe enges Haus. Alles um uns her ist Plan und Ordnung, Alles trägt der tiefsten Weisheit Spur; Dich verkennen und dein Daseyn läugnen. Das vermag der höchste Wahnsinn nur. Bist du aber, wie es Sonnen zeigen, Wie es schon die zarte Milbe lehrt: Nun, so werde du als unser Vater, Auch in Ewigkeit von uns geehrt!

Röm. i, i9. Dab Gott sey, ist ihnen offenbar.

Gott ist das vollkommenste Wesen, und kann als solches nichts Unvollkomme­ nes wollen. Staunend schauen wir des Höchsten Werke,

Seiner Millionen Welten Pracht, Sie, die lauten Zeugen seiner Größe, Seiner völlig unumschränkten Macht; Wie fir in bestimmten Kreisen rollen

Auf der unverändert festen Dahn, Und durch seiner Allmacht hohe Wunder

Nichts aus seinem Gleise weichen kann. —

Diese unermeßlich großen Körper, Wo der Erdball nur ein Sandkorn ist,

Führt mit sichrer Hand der Allerschaffer, Der im Nu Unendlichkeiten mtßt. Aber auch der kleinste Wurm im Staube,

Den das Auge mühsam nur erblickt. Ward von ihm mit wahrer Vatergüte Für den Zweck des Daseyns ausgeschmückt. Nichts ist in der Wesen langen Kette Ohne Plan und Absicht aufgestellt; Selbst nicht, was der kurze Blick des Menschen

Nur für schädlich oder schrecklich hält. Hindernisse sind des Lebens Würze,

Schwierigkeiten stärken unsre Kraft; Und der Mensch fühlt dann erst seine Würde,

Wenn er Uebel aus dem Wege schafft. Laßt uns wollen, und gleich wird es besser Auf der weiten Gottes Erde seyn! Denn schon Manches, was veredelt, stärket, Nennt der Schwächling -mir noch eine Pein. Auch das höchste Uebermaß des Guten Grenzt oft nahe an das herbe Leid: Dort fließt still ein Strohm durch grüne Fluren, Reichen Segen spendend weit und breit; Doch, wenn üppig seines Wassers Fülle Aus den blumenreichen Ufern tritt, So bezeichnet schaurige Verwüstung, Grenzenloses Elend jeden Schritt. — Wer verkennt des edlen Rosses Stärke, Wer benutzt wohl seine Kräfte nicht? Aber wehe! wehe! wenn es schnaubend Tobt, und die gewohnten Fesseln bricht! Doch zwingt Klugheit selbst des Löwen Starke, Sie besiegt des Tygers rasche Wuth; Viel vermag der Mensch durch festen Willen, Durch Besonnenheit und ächten Muth. Alles, Alles nützt der weise Kenner, Der mit sicherer Hand das Beste trifft: Heilsam wirkt, bey schicklichem Gebrauche, Selbst der Belladonna starkes Gift. '>es wird die nahe Zukunft lichten, och jetzt ein dichter Schleier deckt; Vieles, das noch schlummert, wird im Kurzen Zweifelsfrey zum hellsten Tag geweckt.

Dies ist sicher, weil so weit das Auge Des geübten Spähers jetzt nur reicht. Sich in Gottes Werken das Vollkomm'ne, Oder ernstes Streben darnach zeigt. An dem Höchst»ollkommnen aber muß nun Alles, Alles höchst vollkommen seyn, Dieses schließt Allwissenheit, Allweisheit, Ewigkeit und jedes Höchste ein. Alles steht sonach in lichter Klarheit Vor ihm frey i» Zeit und Raume da, Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft Sind und bleiben ewig ihm gleich nah.

Herr, du bist vollkommen, dies verkündet Schon die dunkle Gegenwart so laut; Wohl dem Sterblichen, der ernsten Sinnes Seine schönste Hoffnung auf dich baut! Das Vollkommne kannst du, Gott, nur wollen; Dieser Grundsatz schließt die Wahrheit ein: Zch kann zwar hienieden unvollendet. Aber nicht für Ewigkeiten seyn!--------

Darum sollt ihr vollkommen seyn, wie euer Va­ ter im Himmel vollkommen ist. Matth. 5, 48.

DeS Menschen Geist ist ewig; denn dies

allein

entspricht

der

Vollkommenheit

GotteS. Ueber« 0 in deinen großen Werken, Wohin auch mein schwaches Auge blickt. Wird es durch die Wunder deiner Weisheit,

Deiner Macht und Vaterhuid entzückt.

Nichts geht, Herr, in der Natur verloren. Nichts von dem, was deine Hand erschuf; Alles muß zu edlen Zwecken wirken.

Alles zu dem dienlichsten Behuf. Selbst das Ekelhafteste der Dinge, Das der Blick mit regem Abscheu stiehl,

Ist der Mensch, der seinen Nutzen achtet» Aufzusparen überall bemüht. Alles nimmt die gute Mutter Erde

Treu in ihrem Lebensschooße auf,

Und gibt es als Frucht veredelt wieder, In der Zeiten festbestimmtem Lauf.

Za, Verwesung, wie sie jedem Stoffe Früher oder später endlich droht. Ist Verwandlung zu dem bessern Leben,

So wie der ihr nah verwandte Tod.

Wenn jedoch die reine Vaterliebe Klar ans jeder kleinen Pflanze spricht.

Wenn nichts stirbt, wenn alles nur veredelt

Einst gewiß durch seine Hülle bricht:

Sollte wohl der große Herr der Wesen, Der das Unbelebte schon erhalt,

Nicht noch strenger sorgen für das Beste:

Für die ihm so nahe Geisterwelt? — Könnte der Vollkommne, der Allweise, Wofür ihn das Weltall anerkennt,

Könnte der, den auch der größte Künstler

Voller Ehrfurcht seinen Meister nennt, Ze zur Kindesschwäche niedersinken, Die, was schon den kleinsten Geist empört, Unbesonnen, oder auch aus Frevel,

Das gemachte eigne Werk zerstört? — Oder hätte, gleich der eiteln Dirne, Die, voll Dünkel, nur den Schimmer liebt.

Er wohl, bloß um angestaunt zu werden. An der Schöpfung seine Kraft geübt? —

Waren wir, als Zeugen seiner Wunder, Nur zum leeren Schauen hier bestimmt. Die er, ist die schnöde Sucht befriedigt,

Wie die Puppen aus dem Spiele nimmt? — Schrecklicher Gedanke! — Herr, verzeihe,

Wenn der Mund so freche Worte spricht; Za, verzeihe du dem schwachen Sünder, Gehe du nicht mit ihm in's Gericht! Lehre ihn, hier deine Wege kennen,

Deiner Güte oft verkannten Plan; Führe ihn, den Irrenden, zum Ziele

Auf der Tugend reinen Rosenbabn.

Er erkenne, daß, wenn einst die Seele Nicht mehr mit des Körpers Fesseln ringt. Sie gewiß, mit Engelskraft gerüstet, Sich hinauf in beßre Sphären schwingt. Dort wird das, was hier nur erst begonnen, Schwach gepflegt und leider! oft verletzt. Bloß die erste Lehre heißen sollte. Für die Ewigkeiten fortgesetzt. —

Aber die Gerechten werden eingehen in das ewige Leben. Matth. »5, 46.

Streben

nach geistiger Vollkommenheit ist

des Menschen erste Pflicht.

Welcher Ueberfluß an edlen Gütern, Womit Gottes schöne Erde prangt. Und wofür der kalte Mensch so selten Seinem guten Schöpfer würdig dankt! — Endlos sind die Freuden, die Genüsse, Die sie uns von allen Seiten beut; Unaussprechlich ist die Zahl der Gaben, Die sie mütterlich umher verstreut.

IO

Welche Mannigfaltigkeit der Dinge,

Die das Auge überall erblickt, Welche Tiefe ungemeßner Schätze,

Die wohlthätig jeden Sinn entzückt!

Sieh des weiten Himmels Prachtgew-lbe Und der Erde tausendfachen Schmuck; Fühl' des rauhen Nordwinds starkes Wehen

Und des lauen Zephyrs leisen Druck; Hör' der Nachtigallen Wonnelieder

Und der Lerche frohen Lobgesang; Achte lauschend auf die Aeolsharfe, Auf der reinsten Töne leisen Gang; Rieche um dich her die Dalsamdüfte, Die der Blumen buntes Heer aushaucht; Schmecke auch die Süßigkeit des Honigs, Den die Biene aus den Blüthen saugt. —

Kannst du denn noch mit verstocktem Herzen Zhm, dem Schöpfer, deinen Dank enlziehn: O, so suche aller Armen ärmster Zn den tiefsten Abgrund zu entflieh«. —

Doch, wie soll ich dem Allvater danken, Zhm, dem großen, reinen Geist des Lichts;

Alles ist ja Staub vor ihm, und Welten

Sinken vor dem Höchsten in ihr Nichts? — Weih

ihm

nur,

o Sterblicher, Leben

dein

DurchErfüllung deiner erstenPflicht: Höre aufmerksam auf alle Worte,

D ie

des

Herzens

Stimme

zu

dir

spricht. Frage dich in allen deinem Handeln, Was wohl überall das Beste sey;

Unverletzbar bleibe dein Gewissen Von der Qual des

innern Vorwurfs

frey! Zm Genusse selbst der Lebensfreuden, Die das Pflichtgefühl dir nie versagt, Wahle klüglich; denn es hat so mancher Seiner Seele Glück dafür gewagt t —

Das Vergnügen, das dich rein beseligt. Folglich nie dir deinen Frieden raubt.

Das den Muth belebt zu edlen Thaten, Zst dir, Freund, zu jeder Zeit erlaubt. Za, den Frohgenuß selbst anfzusuchen,

Der zur Kraft erhebt, die Felsen bricht. Welche der Veredlung widerstreben,

Zst für dich die allererste Pflicht.

Aber — wie beschränkt, sagst du, ist jeder. Der so strenge seine Pflicht erfüllt, Und wie mancher Wunsch, wie manches Sehnen

Bleibt für's ganze Leben ungestillt! —

Nein, du irrst! der Mann von reinem Herzen Tragt den Himmel stets in seiner Brust;

Er hat schon den Vorschmack jener Welten,

Und empfindet hier der Engel Lust. Er genießt des Lebens schönste Freuden Ohne Reue, ohne Bitterkeit;

Zhn drängt nicht die Sclaverey der Sünde, Nicht der Leidenschaften harter Streit. Ohne gierig den Genuß zu suchen. Hat er doch für jede Freude Sinn; Nur bleibt er stets Meister seiner Wünsche, Und giebt nie sich ihnen knechtisch hin. Froh ist er, auch in den schwersten Fesseln, Zn des schwarzen Kerkers dunklem Nacht; Heiter ist er in der Sterbest rinde, Weil der Engel Gottes um ihr: wacht.

Ihr sollt heilig seyn; denn ich bin heilig, i Petr, i, 16.

Nicht

nur

die Wohlthatcn

der

Natur,

sondern auch die in ihr vorhandenen Uebel sind Reizmittel zur Veredelung oder geistigen Vervollkommnung des

Menschen. Preiß dem Herrn, in dessen weitem Reiche Sich kein Thun ganz folgenlos verwischt; Der mit liebevoller Votergüte Selbst das Uebel zu dem Guten mischt! Schaut das schwache Auge gleich nicht immer Des versteckten Werks Zusammenhang, Der gestimmten Räder, der Getriebe Wohl bestimmten, tief verborgnen Gang: So enthüllt sich doch zu Gottes Ehre, Wenn auch erst in später Folgezeit, Meist die Wirkung, und der Mensch sieht staunend. Wo er Mängel sah, Vollkommenheit. Nur strebt leider keines der Geschöpfe, Stz wie er, verwöhnt, nach Unnatur: Jeder Thorheit, selbst dem stärksten Zwange, Fröhnt er willig, will's die Sitte nur. Immer möcht' er Gottes Werke meistern. Immer plagt ihn Stolz und Modesucht,

Dis er, hat er Manches selbst verbildet, Gar vermessen seinem Schöpfer flucht!

Das zu hindern, gab der Welten Vater^ Jedem Guten auch sein Uebel mit; Dieses rächt nach einem weisen Plane Alle Uebertreibung Schritt vor Schritt.

Tausend Dinge bringt mit Muttermilde

Die Natur zu unserm Wohl hervor! Doch verkehrter Wahn behandelt Vieles, Als ob sie es nur zur Qual erkor.

So steht der Genuß von Gottes Gaben Jedem Menschen ganz und immer frey; Aber leider! führt die Uebertreibung

Nur zu oft zur schnöden Schwelgerey; Jenem Laster, das so grausam wüthet.

Und so vieles Weh tn'S Daseyn webt. Das mit scharfem Zahn den Keim des Lebens Und den Sinn für's Gute untergräbt.

So ist Ruhe Jedem unentbehrlich Und erhebt die abgespannte Kraft; Sie belebt den Geist zum neuen Wirken,

Wenn zu große Spannung ihn erschlafft. Aber Trägheit ist die schwere Seuche,

Die des Lebens schönstes Mark verzehrt. Und, wohin man blickt in Gottes Reiche,

Dem Gedeihen jedes Guten wehrt. Wer verehrt nicht edlen Muth im Manne,

Wer bewundert nicht des Weisen Kraft? Dä hingegen Tollkühnheit nur Böses

Gleich der Raserey des Thoren schafft. Weiter diese Prüfung fortzusetzen. Scheint mir wirklich wahrer Ueberfluß: Kurz man nütze so des Höchsten Gabe, D§ß sie immer Gutes wirken muß. Selbst des Lobes werthe Eigenschaften, Die der Mensch durch ernsten Fleiß erwirbt, Sinken tief, sobald in seinem Herzen Der bemerkte edle Zweck erstirbt. Sparsamkeit ist eine solche Tugend; Sie bewahrt, was wohl erworben ist, Doch führt übertrieben, sie zum Geize, Der, nie froh, die goldnen Schätze mißt. Wer mag wohl den Geizigen beneiden. Der mit bangen Sorgen Tag und Nacht, Als der ärmste Sclave todter Güter, Aengstlich seinen Ueberfluß bewacht? — Stille Einfachheit mit schlichten Sitten, Die den Glanz und Ueberfluß entbehrt, Zst gewiß, bey einem frohen Herzen, Mehr, als alle Haufen Goldes werrh. Aber diese auch, zu weit getrieben, Sinkt gar bald zum Schmutzigen herab; Und dann ist sie bey Gestank und Ekel Der Gesundheit tiefes, offnes Grab. Zn der weisen Mitte liegt des Lebens Hohes, ewig wünschenswerthes Glück; Dies- und jenseits harrt des Unbedachten Ein nur Unheil bringendes Geschick.

Wer erkennt nicht, wie durch ihre Uebel Die Natur das Gute unterstützt. Und da, wo Vernunft und Sinne schweigen, Durch die bösen- Folgen warnend nützt.

(Sott ist getreu und macht, daß die Versuchung so ein Ende gewinne, daß ihr es könnet ertragen. i Cor. io, 13.

Nur eine der Vollkommenheit des sten

Wesens

möglichst

höch­

entsprechende

sich

für den

Gottesverehrung

geziemt

nach Veredelung

seines Geistes streben­

den Menschen.

28ie soll wohl der Mensch den Herrn verehren. Gegen den er Staub und Asche ist; Der mit Allgewalt der Welten Räume Gleich dem kleinsten Körnchen Sand um­ schließt? — Er, der Seligkeiten reinste Quelle Zst erhaben über allen Ruhm, Zhm dient demuthkvoll lic Schaar der Geister Und der Sonnen Heer als Eigenthum. Aller Glanz der armen Erdbewohner

Sinkt vor ihm zur Dunkelheit herab; Ja, was könnten wir dem Höchsten geben» Das er uns nicht alles vorher gab? — Eines nur, das aus der treuen Uebung Der von ihm verlieh'nrn Kraft entspringt: EinGemüth, daSmitdembestenWillen Ueberall sich zu veredeln ringt; Das allein ist unter allen Opfern Angenehm vor Gottes Angesicht, Weil es der Vollkommenheit deS Höchsten Und dem Zwecke unsers SeynS ent« spricht. Bete ihn imGeist und in drrWahrheit Ohne Pruirk und eitle Formen an; Dies allein ist sicher die Verehrung, Die dem Herrn der Welt genügen kaNM Was den Geist nicht an das Höchste fesselt, Oder bloß die Phantasie belebt, Was uns nicht aus unsrer niedern Sphäre Zu dem Urquell aller Ktaft erhebt, Das sey fern von den beglückten Stunden, Die das Herz dem großen Vater weiht; Fern sey Alles, was die Andacht hindert Und den schwachen Mensche» nur zerstreut. Wer mithin die Gott geweihten Zelten Nur mit leerer Plauderey verliert. Nicht in sich gesammelt, aus der Fülle Seines Herzens, wie es fich gebührt,

T8

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Zu dem Geist der Geister glühend betet, Der versäumt die allerschönste Pflicht,

Und kennt unter allen Himmelsgaben Die, in Wahrheit, segenvollste nicht.

Wehe also jedem Finsterlinge, Der erboßt für ödes Dunkel kämpft,

Und des Geistes helle Segensflamme, Wo er kann, ans allen Kräften dämpft;

Der, Vernunft und Menschenrechte höhnend, Frevelnd jedes Hochgefühl verletzt.

Und verrucht an lichter Wahrheit Stelle

Seinen Wahn und Gaukeleien seht! Der, vermessen seinem Dünkel fröhnend.

Seiner Brüder Wohlfahrt frech verlacht, Und das Wichtigste für alle Herzen

Nur zur Decke seiner Habsucht macht! Dieses böse Reich des Menschenfeindes Werde hinfort ganz, ja ganz zerstört.

Und dein Name, unser aller Vater!

Ueberall mit Innigkeit verehrt! Menschensahungen und leeres Spielwerk, Das der rohen Vorzeit Geist erfand, Seyen, als Entwürdigung des Höchsten,

Aus der lichter» Tage Kreis verbannt!

Die Gott anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten, i Joh. 4, 24. Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern, wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen. Matth. 6, 7.

Wo und wie wird diese allein wahre, die Veredelung des Menschen befördernde Gottesverehrung am zweckmäßigsten ver­

richtet? — Lerne, Mensch, des Höchsten Werke kenneii Und bemerke überall die Hand, Die, dich für das Edle zu erziehen, Voller Huld die besten Wege fand.

Wähle erst mit Dank erfülltem Herzen Den geschmückten Tempel der Natur; Schaue um dich her die Berge, Thäler, Felsen, Flüsse, Wald, der Blüiilen Flur; Sieh der stolzen Eiche kühnen Wipfel

Und des weichen Mooses sanftes Grün, Alles zieht mit Allgewalt die Seels Zu dem großen Weltenschöpfer hin.

Wenn die Sonne an dem Frühlingsmorgen

Aus dem dunkeln Wölkenmeere steigt.

Und als große Königin der Schöpfung Sich in ihrem Purpurglanze zeigt. Dann trübt eine Thräne des Entzückens

Den von Himmelswonne trunkNen Blick, Und der Mensch sieht ahnungsvoll das hohe,

Zhm dereinst bereitete Geschick. Auch die stille Einsamkeit begünstigt

Der erhöhten Andacht heißen Sinn,

Und führt, dem Geräusch der Welt entzogen,

Uns zum Urquell alles Guten hin. Doch, wenn edle Herzen sich vereinen Zu dem schönen, hohen Tugendbund: So entsteht aus dieser Kraftverbindung Ein bewährter, fester Felsengrund, Der sich, klar erhellt und »«erschüttert. Aus der Zeiten bangem Sturm' erhebt. Und selbst schwache, zagende Gemüther Mit Vertrauen und Geduld belebt. Schallt dann laut in weiten Tempels Hallen Ein dem guten Gott geweihtes Chor, So steigt auf brr Engel lichten Schwingen Unser Herz zur Seligkeit empor. — Dieses Erdenheiligthum der Menschen Sey nach edler Sitte ausgeschmückt. Einfach und erhaben, wie die Schöpfung, Die beglückend jeden Sinn entzückt. Alles deute da auf Gottes Frieden, Wie er in dem bessern Menschen wohnt. Und auf dessen unbestritt'nem Glauben, Wie auf Diamantenpfeilern thront. Bilder anerkannter Tugendhelden, Ausgerüstet mit des Himmels Kraft, Nicht de» finstern Irrthums Truggestalten, Die nur Heuchelei) und Thorheit schafft, Mögen deine Wohnung, Höchster, zieren. Und der Menschheit ewig heilig seyn; Ihrer müsse, als der Weltbeglücker, Jeder Freund des Guten sich erfreu'».

So geschmückt sey, Herr und Gott, dein Tempel, Nur der reinsten Andacht stets geweiht. Und in feinen heil'gen Mauern werde Same für die Ewigkeit gestreut! Alles, was nur dem Verkehr des Lebens Zn dem niedern Kreise zugehirr. Was der Heiligkeit des Orts entgegen. Leicht den Geist im hellen Schauen stört. Das sey fern von der geweihten Stätte, Wo man gern den Drang der Welt vergißt. Und der gute Gott, nach der Verheißung, Mitten unter seinen Kindern ist. Eine Rede voller Licht und Wahrheit, Die das Herz gleich stärket und belehrt. Werde aus dem ernsten Mund der Weisheit. Mit der tiefsten Ehrfurcht angehört! Ein Gebet voll Salbung, wohl erwogen. Das der Mund mit hoher Andacht sprich^ Mach' uns stark im innigen Vertrauen, Und ermanne uns zu jeder Pflicht! Der Allerhöchste wohnt nicht in Tempel«, die von Handen gemacht sind; denn der Himmel ist sein Stuhl und die Erde seiner Füße Schemel. Apostelg. 7, 48, 49. Wenn du betest, so gehe in dein Kämmerlein, und schließe die Thüre zu, und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verbor­ gene sieht, wird dir's vergelten öffentliche Matth. 6, 6. Der Zöllner schlug an seine Brust und betete in kurzen Gott wohlgefälligen Worten: Gott sey mir Sünder gnädig! Luc. 13> i3«

Irrige Vorstellungen von dem vollkommen-

sten Wesen,

stehen, als mächtige Hin­

dernisse, der Veredelung des Menschen

entgegen. Gott! wie mag das Auge dich verkennen,

Dich, den es an Hat wohl je ein Sich durch seine Herr, du bist, Was so laut aus Wer jedoch

allen Orten schaut? Werk, mit Kunst geordnet. eigne Kraft gebaut? und nur der Wahnsinn läugnet. jedem Wurme spricht; dich nicht vollkommen findet, Der erkennt dich leider auch noch nicht! Denn ein Bild der Vorzeit angemessen, Welche nur der Menschheit Wiege war. Stellt uns freilich oft den Höchstvollkommnen Als Tyrannen oder Schwächling dar. Hier sieht man ihn, wie er Rache schnaubend Ganze Länder zu verwüsten droht; Dorr läßt er den Höllenengel würgen. Und von Haus zu Hause mäht der Tod. Bald wird er, vom höchsten Zorn entrüstet. Dem entmenschten Erdensohne gleich, Bald stürzt er in seinem Grimm die Sünder Zn has gpausenvolle Flammenreich.--------Wie war's möglich, daß der Geist des Menschen

So entwürdigend vom Höchsten sprach. Daß er nicht erkannte, was so offen. Sonnenklar vor seinem Blicke lag? — Welche Schmach für Gottes Erdbewohner Stieg aus jenem Höllenpfuhl empor! Zwietracht, Krieg, Verfolgung, Grausamkeiten, Gingen weltverheerend draus hervor. Inquisition und Dlutgerichte, Seltne Martern und Gewissenszwang, Harte Sclaverey und Menschenopfer, Die der Geist der Finsterniß verschlang; — Solche Früchte reiften auf dem Boden, Den der Herr nur zur Beglückung schuf! So verhörten leider taube Ohren Des Gewisses Stimme, Gottes Ruf! — So fand schwarze Bosheit oder Irrthum Ueberall mir Schrecken und Gefahr, Wo ein liebevolles, gutes Wesen Für das schwächste Auge sichtbar war. Aber, wie ein Vater, der nur strafend Für die strenge Zucht die Arme hebt, Selten der Erziehung edle Früchte, Sondern meistens Gleienerey erlebt: So nahm Heuchelei), der Laster erstes, Frech der lichten Wahrheit Stelle ein, Und statt Gottesfurcht und Menschenliebe Blieb der Welt der trügerische Schein. Eine Lehre voller Widersprüche, Wo man überall nur Zweifel fand.

Ward ein todter Glaube für den Schwachen, Für den Klüger» aber bloßer Tand. — „An den Früchten wird man st« er­ kennen" Diese Wahrheit steht wohl zweifelsfrei»; sind nun schaue man mit Ernst und prüfe, Wo ein reiner Glaube sichtbar sey? — Ach! so lange sich der Laster Menge Zn verschiedenen Gestalten zeigt. Und der strengste Richter, das Gewissen, Zu dem offenbarsten Unrecht schweigt; So lang Lüge, Hochmuth, Geitz und Rache, Oder wie das Heer der Sünden heißt. Nur der Herzen innigstes Verderben So gewiß als überlaut beweißt: Kann es keine» Gottesglauben geben. Und dem, was noch diesen Namen trägt, 3ft in starken, leserlichen Zügen Das Gebild der Täuschung ausgeprägt. Kann ei» Vater feine Kinder hassen. Hemmt er wohl mit hartem Sinn ihr Glück? Stößt er sie, wenn sie aus Schwäche irrten. Ungerührt und schonungslos zurück? — Hak er nicht, auch wenn er fühlbar züchtigt, Immer noch ein mitleidsvolles Herz? Sind nicht ihre Leiden seine Leiden, Zhre Schmerzen nicht fein eigner Schmerz? Zeigt im Gänzen wahre Seelengrüße Sich in Haß und Unversöhnlichkeit?

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5ft nicht stets zum willigen Vergeben Zeder edle Mensch sogleich bereit? Wird er nicht mir freudigem Gemüthe Selbst dem ärgsten Feinde Gutes thun. Und versöhnt, mit göttlichem Gefühle, Zn des schwächer» Bruders Armen ruhn? — Sollte nun der Urquell alles Guten Schamvoll unter seinen Menschen stehn. Sollte ihm, dem Geber aller Güter, Zust das größte, köstlichste entgehn? Edle Großmuth, die der Heide kannte. Wäre nur dem Höchsten unbekannt? Nein, so ungereimte Lästerungen Wagte nie ein nüchterner Verstand. Doch — wie selten ist der Freund des Guten, Der für's Desserwerden sich bemüht. Wenn er, zur Betrübniß seines Herzens, Flecken an dem höchsten Vorbild steht; — Sinkt des Gottesglaubens schönste Stühe, Setter Glaube an Vollkommenheit, Nicht wie eine morsche Hütte nieder. Wenn er Gott der Menschenschwächen zeiht? — Doch auch Widerspruch und Thorheit ist Wenn man Gott mit feinem Werk vermischt, Weil auf diese Weise jeder Glaube An das Höchstvollkommene erlischt. Wenn der Schöpfer so wie das Geschaffne, Das noch schwach und unvollendet ist. Mir den Mängeln, die Verbeßrung fordern.



Zn das Einerley zusammen fließt: So entsteht, Gott und Vernunft zum Hohne Ein Gewirr, wo Sonnenklarheit thront. Und der Herr der Welten, der Gerechte Bleibt von Erdenübeln nicht verschont.*) Aber, wie verschwinden Vorurtheile Dor der ernsten Prüfung Hellem Licht, Wie verstummen Bosheit, Aberglaube, Wenn Vernunft für Recht und Wahrheit spricht! Reine Gotterkenntniß ^sührt zum Segen, Wie es die Erfahrung immer lehrt. Und der ist der Menschheit größte Geisel, Der verstockt dem Licht der Wahrheit wehrt! Ueberall muß jedes Uebel weichen. Das aus Lasterhaftigkeit entspringt. Wohin mit der Wahrheit starken Waffen Siegend die Verehrung Gottes dringt. Brüder wohnen fröhlich unter Brüdern In der liebevollsten Einigkeit, Weil der groben Selbstsucht niedres Streben Ihre reinen Herzen nie entweiht, Kronen selbst und alle Erdengüter Reitzen nicht des Frommen Heldensinn; Mit dem frohsten Muths giebt er Alles, Nur nicht seiner Seele Frieden hin. Deny damit wird das vorige Gesetz aufgehoben, weil es zu schwach und nicht nütze war. Ebr. 7, 13. *) Der Spinozismus.

Die Menschen liebten die Finsterniß mehr, alS das Licht; denn ihre Werke waren böse. Wer Arges thut, der hastet das Licht; wer aber die Wahrheit thut, der kommt an das Licht, damit seine Werke offenbar wer­ den ; denn sie sind in Gott gethan, i Joh. 3, iy. 20. 21. Liebt eure Feinde; thut denen wohl, die euch Haffen. Luc. 61 27. Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Glaube, Sanftmuth, Keuschheit. Luc. 5, 22. Das ist mein Gebot, daß ihr euch unter einander liebet, wie ich euch liebe, r Joh. iZ, 12.

Das Bestreben

nach Veredelung ist für

diese und die zukünftige Welt belohnend. 23er vermag die Segnungen zu schildern.

Die in einem peinen Herzen ruhn, Wer ist froher, heiterer, beglückter. Als der Tugendfreund in seinem Thun?

Seine Brust erfüllt des Himmels Friede, Wenn das wandelbare

ihm lacht;

Doch nicht minder, wenn des Schicksals Tücke Feindlich über sein Verderben wacht. Sonnenblicke, so wie dunkle Stürme,

Sehen ihn, als Mann, gleich rnhig stehn; Hat er seinen guten Gott im Herzen, Kann die ganze Welt zu Trümmern gehn!

Mächtiger Tyrannen graufes Toben, Und der Bosheit Basiliskenblick, Tiefe Kerker und der Ketten Klirren Schrecken ihn, den Edlen, nie zurück. Fürsten, Bettler, Mächtige und Schwache Sind früh oder spät des Todes Raub; Goldene Palläste, arme Hütten, Sinken endlich alle hin in Staub. Aber Tugend, Tugend waltet ewig. Für sie endet nie der Zeiten Lauf; Za, sie schwingt in immer helkr'm Glanze Sich zu fernen Ewigkeiten auf. Dank sey dir, c Herr! selbst für dir Leiden, Die mir deine Vatergüte schickt; Denn sie zieh'n das Auge nach dem Bessern, Wenn e- nur auf Erdengüter blickt. Za, sie zwingen mich zu vielem Guten, Das aus edler Mäßigung entspringt. Wenn des herben Schmerzes scharfer Stachel

Unverwehrt zum offnen Herzen dringt. Wenn die Lüsternheit mir freundlich winket. Und bereits der Säfte Umlauf stockt. Wenn mich Unnatur mit falschen Reihen, Der Sirene gleich, am Busen lockt: So steht warnend schon das treue Uebel, Wie ein wohlbekannter Schuhgeist da. Und ich sehe, aufgeschreckt, Gefahren, Wo das blöde Auge Wonne sah. Ach! wie glücklich ist der Freund des Wahren,

Der im Uebel auch das Gute sieht.

Und mit frohem, dankerfüllten Herzen Alles auf fein Seelenheil bezieht.

Aber auch der edlern Menschen Liebe

Ist des Guten wohlverdienter Lohn,

Und entschädigt ihn mit Himmels Milde Für der Thoren nicht bemerkten Hohn. An der Freundschaft unbeflecktem Dusen

Ruht er von des Lebens Mühen aus. Und der reinsten Unschuld zarte Liebe Windet ihm den schönsten BlumenstranS. Zst ihm noch das schöne Glück beschieden.

Einer Gattin biedrer Freund zu seyn. Kann er treulich mit Erfolg und Segen

Guten Kindern seine Kräfte weihn: So ward ihm in diesem Erdenleben

Wahrlich! ein beneidenswerthes LooS,

Und er ist, wenn nicht durch Gold und Würden, Doch durch seiner Seele Schätze groß.

Sein Gewissen ist durch seine Thaten, Wie durch einen goldnen Wall geschützt; Er bleibt heiter; denn in seinem Kreise

Hat er ja nach Kräften stets genützt. Zeder Tag, wo möglich jede Stunde,

War für ihn und Gottes Welt Gewinn; Naht sich nun des Lebens stiller Abend,

So sieht et a-if seine Werke hin. Hat der Sinnenrettz, hat Menschenschwäche Ihn auch täuschend hie und da berückt:

So wird er beruhigt, wenn er liebend,

Hoffend auf den Allerbarmer blickt. Mit dem Muth, den die Erfahrung stählte,

Und den ihm sein ächter Glaube gab. Schaut er sinnend, wie ein müder Pilger, Auf den lang genützten Wanderstab.

Schon bemerkt er, wie pie Lebenssonne Sich ;um nahen Untergange neigt. Und den stillen Hügel seiner Ruhe

Mit den letzten matten Strahlen bleicht. Dankend faltet er die starren Hände, Der gebrochne Blick spricht Gottes Lob Dafür, daß er ihn von dieser Erde Zu des bessern Lebens Seyn erhob. Mit des Seligen beglückter Miene

Finden ihn die Seinen und den Stab,

Und der reinsten Liebe sanfte Thränen

Fließen dankbar segnend auf sein Grab. Aber nun beginnt die Zeit der Ernte, Einer Ernte für die Ewigkeit;

Denn hienieden ward nur erst der Same

Für das große Jenseits ausgestreut. Unser Gott ist nicht ein Gott der Todten; Denn dem Geiste ist der Geist nur werth,

Der durch ernstes Streben nach Veredlung

Sich für eine andre Welt verklärt ;

Dieser schwingt sich nun in jene Wohnung, Die der höchst Gerechte ihm bestimmt. Wo er, nach dem Maße seiner Kräfte,

Seine Stelle unter Engeln nimmt. Denn die Fertigkeit, die er im Guten Sich auf seiner Pilgerschaft erwarb Hub mit Sorgfalt bis zum Tode mehrte.

Ist die Kraft, die nicht in ihm erstarb. Dort wird nun, was hier nur langsam keimte,

Gut gepflegt zur vollsten Pracht erblühn, llnb dem fesselfreien, lichtern Geiste

Klar erscheinen, was ihm dunkel schien. So hebt sich durch immer regern Eifer Zn der Seligen beglücktem Chor Unser Geist durch ewig neue Kenntniß

Zur Vollendung höchstem Ziel empor.

Dieser Zeit Leiden sind nicht werth der Herrlich­ keit, die an uns soll geossenbaret werden. Röm. 8, i8. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Matth. 5, 4. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie wer­ den Gott schauen. Matth. 5, 8. Ist Gott für uns, wer mag wider uns seyn. Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel- noch Furstengewalt, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes uns schei­ den mag von der Liebe ®otU5* Röm. 8, 31. 38. 39*

Die verabsäumte Veredelung dcS Geistes bestraft sich in Liefet und der zukünfti­ gen Welt» Ach. wer möchte wohl das Schlechte suchen, Wenn man leicht das Gute finden kann;

Wer strebt je, wo Diamanten blinken. Thöricht nach dem glatten Kiesel an? —

Doch, so ist es offenbar mit denen. Die der rasche Augenblick verführt. Und ein Scheingut, das den Sinnen schmeichelt,

Mehr, als aller Himmelssegen rührt. Unser Herz gleicht einer Spiegelfläche, Die des Lasters schwächster Hauch schon trübt, Und worauf dann nie der Gottheit Bildniß

Sich in seiner Reinheit wieder giebt.

Kein Genuß, den die Natur uns bietetSpricht den Geist in seiner Fülle an. Wenn er nicht mit innigem Vertrauen Sich dem milden Geber nahen kann.

Durch des Himmels und der Erde Reihe Wird des Herzens Frohsinn nicht geweckt,

Wenn ein Vorwurf, sey er noch so leise. Es mit seinem dichten Schleier deckt.

Heißt das nicht das schönste Bild verbrennen, Damit tnan die Asche nur bekommt, Wenn man thut, was leider der Begierde,

Aber nicht der Seele Wohlfahrt frommt? — Kann wohl der sich seines Daseyns freuen. Und im reinsten Sinne ruhig seyn, Dey dem nur, dem Zufall hingegeben, Schwächen sich an neue Schwächen reihn? — Der, alltäglich sich mit Zweifeln quälend, Ueberall vergebens Ruhe sucht, Und wenn ihn des Unglücks Streiche treffen. Wüthend sich und seinem Schicksal flucht? Der sich, wenn die Elemente toben. Und der Blitz durch schwarze Wolken dringt. Wenn die Wasserfluthen rauschend schwellen. Und her Stürme Macht Verderben bringt. Wie ein Batt, vom Zufall hingeschleudert. Der Verzweiflung in die Arme wirft. Und verzagend aus des Schicksals Decher Jede Qual mit vollen Zügen schlürft? — Nie kann sich der Tugendarme achten. Weil es ihm am innern Werthe fehlt. Und er, wie ein Rohr, vom Wind getrieben. Schwankend Gutes oder Böses wählt. Mag er äußerlich durch Rang und Ehre Ueber seinem bessern Bruder stehn. Mag er, aufgebläht von grobem Dünkel, Zhn als arm und niedrig übersehn: Zhm sagt doch gewiß der innre Richter, Den man nicht durch Glanz und Geld besticht: „Diesem ArmengiebtseinSeelenadel, „Dir ein bloßesDorurtheil Gewicht." 3

Oder, wenn in ihm die stolze Täuschung Diese laute Stimme unterdrückt:

So ist er so tief herab gesunken. Daß der Selbstbetrug ihn ganz bestrickt. Edler Menschen Achtung und Vertrauen,

Die der Tugendhafte sich erringt. Sind dem Lasterhaften fremde Schätze,

Die er, tief beschämt, sich nie erzwingt. Er lernt nie der Freundschaft Segnung kennen. Weil sie nur für edle Seelen ist.

Und dagegen Sinnlichkeit und Schwäche Sich an Sinnlichkeit und Schwäche schließt. 5a, obschon der glatten Schmeichler Haufe

Sich in dichten Schaaren um ihn drängt. Und an seiner wohlbesetzten Tafel Freundlich falsch den weiten Raum verengt: So wird er für alle reiche Gaben

Doch nicht eines heißen Danks sich freun. Sondern, wenn ihn Glück und Pracht verlassen. Auch von diesem Troß verlassen seyn.

Dann hat er, um sich dafür zu trösten.

Weder etwas in noch außer sich. Weil mit seinen Schmeichler» seine Größe, Sein Verdienst, sein Alles von ihm wich.

Aber in der Armuth seines Herzens Und im Mangel der erfüllten Pflicht, Sv wie in dem strafenden Gewissen,

Das nun laut in seinem Dusen spricht. Tritt auf einmal eine Zahl von Klägern

Wider ihn mit scharfer Rache auf. Und prüft schonungslos, nach strengem Rechte, Den bisher geführten Lebenslauf. Wenn nun überall gerechter Tadel Die sehr mangelhaften Stellen trifft: So schleicht nagend in daS wunde Znnre Sich der späten Reue schwarzes Gift. Nun sucht er aus den verübten Thaten Neichen Stoff zu seiner Qual hervor. Und sieht jammernd auf die schönen Tage, Die er ganz zu seinem Heil verlor; Wo er, statt dem reinen Glück zu folgen. Nur nach seinem leeren Schatten lief. Und mit Mühe, oft mit großen Kosten, Zwang und Martern in sein Daseyn rief. So bestrafen sich durch Gottes Willen Alle, alle Laster mit der Zeit; Für sie steht bereits schon auf der Erde Eine Hille folgerecht bereit. Aber, welche schreckenvolle Zukunft Knüpft sich an die strenge Gegenwart! Welcher Jammer, der im sichern ZenseitS Jener Opfer grober Täuschung harrt! ZedeS Laster wirkt wie eine Seuche, Die am schönsten Lebensglücke zehrt, Und auf Kosten jener großen Ernte, Sich hienieden von der Aussaat nährt. Nur das, was man dort an Srelengütern

In die höchst gerechte Wage bringt. Wird für uns der Fittig, das Vermögen, Worauf man zu seiner Sphäre dringt. Denn der Höchstvollkommne muß nothwendig Auch gerecht im strengsten Sinne seyn. Und kann folglich nicht nach bloßer Laune Seine Wesen binden und befrei'«. Zn der reinen Freiheit unsers Willens, Zm Gebrauche der geschenkten Kraft, Liegt bestimmt, was einstens unsern Himmel, Oder leider! unsre Hölle schafft. Wehe, wehe dem verstockten Sünder, Den hier Leichtsinn oder Frevel plagt. Der, Vernunft und edle Freiheit schändend. Gleichsam feinen Gott zu höhnen wagt. Er sinkt rettungslos hinab zu Geistern, Welchen er sich thöricht gleich gestellt. Wo er für die Schändung feines Wesens Wahrlich! den verdienten Lohn erhält. Dort wird er mit größer» Hindernissen So lang in und außer sich bekämpft, Dis er, bey vormals geschwächten Mitteln, Die gewohnte böse Neigung dämpft. Doch, wenn hebt sich wohl der träge Schwäch­ ling, Der hier sorglos Kraft und Zeit verlor, Aus dem Schlamm der Laster unter Bisen Wieder zu dem frühern Seyn empor? —

Ach! wenn dürfte wohl das Unglück enden. Das er eigenwillig auf sich zog? Und wenn wohl ein Segen wiederkehren, Um den er sich, wie sein Feind, betrog? —

So dich aber deine Hand ärgert, so haue sie ab. Es ist dir bester, daß du ein Krüppel zum Leben ein­ gehest, denn daß du zwo Hande habest und fahrest in die Hölle. Marc. 9, 43. Und der Tod und die Hölle gaben die Todten, und sie wurden gerichtet nach ihren Werken. Offrnb. Ioh. 20, 13. Wer da hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe, wer aber nicht hat, von dem wird auch das genommen, was er hat. Matth. 13, 12.

Giebt es wirkliche Widersprüche, als: daS frühe Hinsterben der Kinder,

die Gei­

steskrankheiten, den Zustand

der Wil­

den rc. rc. die den denkenden Menschen an der möglichsten Veredelung oder Ver­

vollkommnung

seines Geistes,

als an

dem ersten Zwecke seines Daseyns, zwei­

feln lassen? — Ttdte jede Neigung, jede Schwäche,

Die den Frieden deines Herzens stört; Kämpfe siegend gegen Leidenschaften, Gegen Alles, was dem Guren wehrt; Sey ein freier Mensch, wenn Laster locken. Wenn die Sclaverey der Sünde droht,

Ja, um ernstlich sie zu meiden, schrecke Dich auch nicht der martervollste Tod. DaS

heißt

wirklich

nach

Veredlung

streben. Auf dem Wege, der zum Segen führt; Dirs ist Gottes Wille und das Ringen, Das dem Geiste der Vernunft gebührt.

Werdet erstwie diese zarten Kinder,

Sagt der liebevollste Menschenfreund, Der es immer, obgleich mißverstanden.

Herzlich gut mit seinen Brüdern meint.

Der hat in der That sehr viel gewonnen. Der dem unschuldvollen Kinde gleicht; Za, so mancher Gute geht von hinnen. Und hat diese Höhe nicht erreicht.

Denn durch Kunst und Wissenschaften glänzen Heißt noch keineswegs veredelt seyn; Ach! sehr oft wirkt leider unser Wissen

Störend auf den Seelenfrieden ein. Mit der Zahl der Lebensjahre wachsen Auch zugleich die Leidenschaften mit. Und so mancher, der rasch vorwärts schreitet. Thut für's Zenseiks auch nicht einen Schritt. Männer, deren Namen die Geschichte Zu den ersten ihrer Zeiten zählt, Haben, trotz des Ruhms, den ste erwarben.

Doch den Zweck des Daseyns ganz verfehlt. Denn Gelehrsamkeit ist nicht die Quelle,

Aus der immer Völkersegen fließt. Und der Geist mit Kenntniß ausgerüstet, Ost nicht der, der wahres Glück genießt. Bittrer Haß, .Verfolgung, Streitigkeiten, Und ein Stolz, der bis zum Wahnsinn stieg. Feierten nicht selten, trotz des Wissens,

Auf der Wohlfahrt Trümmern ihren Sieg.

Doch ein Geist durch Wissenschaft gebildet, Der mit Kraft des Segens Quell erspäht Und der Wahrheit dient, hat reichen Samen

Für die lange Ewigkeit gesä't. Nur wollt' ich beweisen, daß der Zahre

Und des Geistes vielgeübte Kraft,

Wenn sie nicht an edlem Sinn sich stärkte.

Nichts, ja nichts für's beßre Leben schafft. Dey dem Kinde bleibt der Gottheit Antheil, Der ihm von Geburt schon inne wohnt.

Unbefleckt und von des Lasters Roste, Der oft später daran zehrt, verschont. Dieses zarten, engelreinen Geistes Harrt bei'm Ewigen das schönste Loos; Aus des Seraphs sonnenhellen Schwingen

Eilt er hin in seines Vaters Schooß. Eben so empfängt den Geisteskranken,

Der dem Scheine nach am tiefsten stand, Gottes Engel, wenn die Fesseln brechen.

Die des Schicksals Wille um ihn wand. Za, sein Leben war die schönste Lehre Für den Wicht, der die Vernunft nicht schätzt,

Und vermessen dieses edle Kleinod Durch den Rausch der Sinnlichkeit verletzt;

Der, an Gott und Seelendauer zweifelnd. Alles nur auf bloßen Zufall schreibt.

Und im Taumel seiner bösen Lüste Freches Spiel mit Heiligthümern treibt.

Alles muß so seyn und kann nicht wechseln, Sagt der Mensch, der keine Vorsicht glaubt. Und uns mit der Gottheit freien Leitung

Unsern schönsten Trost im Leben raubt. Doch sieh nur den armen irren Bruder, Dessen Geist ein dichter Flor umschlingt.

Durch den nicht ein Funken jener Flamme, Die ihn von dem Thiere scheidet, dringt! — Und dann glaube: Nichts erliegt hienieden Dem Gesetze der Nothwendigkeit; Denn hier ist Abweichung von der Regel, So wie um dich her noch anderweit. Also auch des Menschen tiefstes Elend: Wenn ihn leider die Vernunft verläßt. Muß »och nützen, muß zum Edlen wirken. Stellt den Glauben an die Gottheit fest. Wie im tiefen Schlummer unsre Seele Ihre ganze Thätigkeit verliert, Oder auch der langen Träume Stärke Sie von einem Wahn zum andern führt: So ergeht's dem geisteskranken Bruder, Dis er aus dem Traume froh erwacht. Und ihm eines lichten Morgens Sonne Ewigkeiten hindurch freundlich lacht. Ach! wie weit steht unter ihm der Döse, Der mit trägem Sinn sein Pfund vergräbt. Und nicht für des Daseyns edle Zwecke, Sondern nur für seine Lüste lebt. Auch der Wilde, der in seinen Wüsten Weder Bildung noch Verbildung kennt. Wird vergeblich bey den Widersprüchen Gegen die Veredelung genennt. Dieser rohe Sohn der Mutter Erde Weiß recht wohl, was recht und unrecht ist; An ihm wird das schöne Bild der Gottheit

Oft am allerwenigsten vermißt. Folgende Erzählung, die sich wirklich. Ohne Schmuck, so zugetragen hat. Wird beweisen, daß ein solcher Wilder Mehrmals mancher Edle von uns, that. Einer jener armen Indianer, Die man kaum für Menschen anerkennt. Und mit einem allgemeinen Namen, Dünkelhaft genug, nur Wilde nennt. Kehrte von der Jagd, die seine Hoffnung Täuschte, ängstlich und mit düsterm Blick, Einen Weg durch dichte Wälder suchend. Non des Tages Last erschöpft, zurück. Mehr als Hunger, Durst und der von Dornen Stark verkehren, wunden Glieder Schmerz, Quälte der Gedanke an die Seinen Sein getreues, liebevolles Herz. Doch auf einmal war er einer Pflanzung, Die sich freundlich vor ihm zeigte, nah. Wo er vor der Wohnung den Besitzer Ruhig seine Pfeife schmauchen sah. Dank dir, großer Geist! für deine Güte, Sagt er, daß du mich zu Menschen führst. Und vielleicht das Herz des weißen Mannes Durch mein übergroßes Elend rührst. Nur mit matten Schritten schleicht der Gute Zu den Füßen dieses Fremdlings hin; Siehe, Bruder! lallt er, kaum noch athmend. Wie ich schon dem Tode nahe bin.

Einen Bissen Brod und etwa- Wasser, Das ist alles, was mein Herz begehrt.--------Warum schweigst du? Ach! — ich Armer sterbe; Hast du meine Ditte nicht gehört? — Sieh, mein Vater, meine Frau, drey Kinder, Harren alle voller Angst auf mich; Wenn ich sterbe, wer soll sie ernähren? Nein, ihr großes Unglück jammert dich! — „Pack dich, Hund!" das sind die dürren Worte, Die der wilde Europäer spricht. Pack dich, sag' ich; denn von mir erhältst du Auch den bloßen Tropfen Wasser nicht. Ach! die Meinen! und mein alter Vater! Das ist Alles, was der Wilde klagt, Ohne daß er weiter eine Ditte An den harten Tygermenschen wagt. — So verfuhr «in Mann von unsers Gleichen,

Dem sein Glaube über Alles galt; Hatte denn wohl dieser Wicht vom Menschen Irgend etwas mehr, als die. Gestalt? — Etwa zwey bis drey Monate später Geht derselbe Pflanzer auf die Zagd, Wo er, hihig ein Stück Wild verfolgend. Sich zu weit von seinen Freunden wagt. Immer tiefer irrt er in das Dickicht, Das beinahe jeden Schritt erschwert. Wobey er nur der Hyänen Stimmen Und der Leoparden Brüllen hört.

Schon neigt sich die rothe Abendsonne, Ohne daß er einen Menschen sieht; Um ihn heulen jene Ungeheuer, Die sein müder Fuß vergeblich flieht. Hunger, Durst, Furcht und Ermüdung quälen Den der Ohnmacht nahen, starren Mann, Der im öden, schaurigen Gebüsche Nur den nahen Tod erwarten kann; Aber plötzlich winkt im halben Dunkel Zhm noch einer nahen Hütte Schein: Es ist zwar nur eines Wilden Wohnung; Doch sie ladet ihn jetzt freundlich ein. Fast verschmachtet spricht er den Besitzer Nur um etwas Milch zur Labung an. Und fragt zitternd, ob er ihn nicht etwa Dis zur nächsten Pflanzung führen kann? — Es ist spät, versetzt hierauf der Wilde, Und wir müßten ja im Finstern gehn; Aber morgen, mit dem Allerfrühsten, Will ich dir recht gern zu Diensten stehn. Komm herein in meine kleine Wohnung, Du sollst mir recht sehr willkommen seyn; Und kann dir ein schlechtes Mahl genügen. So wird mich's von ganzem Herzen freun. Etwas Wildpret und noch zur Erfrischung Eine Art von ziemlich süßem Most, Das war's, was er brachte, und der Fremde Stärkte sich an dieser guten Kost. Eine dichte Wildhaut auf die Erde

Ausgebrektet, war die Lagerstatt,

Worauf er ihn heiter und gemüthlich Bis zum Morgen auszuruhen bat.

Was ist mir von diesem braven Wilden, Sagt der Pflanzer bey sich, jetzt geschehn! — Nein, so viele Güte wird man selten An dem besten Europäer sehn! — Noch lag dunkler Schatten auf den Wäldern,

Wo der junge Tag nur langsam graut,

Als der sanft geweckte, muntre Pflanzer Seinen guten Wilden vor sich schaut. Glücklich bringt er ihn durch das Gebüsche,

Wo man keinen Gegenstand erkennt,

Dis er an des Waldes lichter Spitze

Sich vergnügt von seinem Gaste trennt.

Doch in diesem letzten Augenblicke,

Wo er ihm die Hand noch traulich reicht. Und auf die unweit entfernte Pflanzung,

Die er nicht verfehlen kann, hinzeigt. Spricht er zu dem höchst beglückten Fremden: Europäer, sieh mich einmal an!

Dieser schaudert im Gefühl der Schlechtheit, Die er sich jetzt nicht verbergen kann; Denn er sieht vor sich denselben Wilden, Den er Hund vor wenig Monden hieß.

Und mit unbegreiflich bösem Herzen, Wie der ärgste Wüthrich, von sich stieß. Ach, ich habe dich im Augenblicke, Sprach der Wilde und erhob die Hand,

Wo du dich nur meiner Hütte nahtest.

Für den, der du wirklich bist, erkannt! Doch ich ließ mir gegen dich nichts merken. Denn sonst hättest du die ganje Nacht Ohne Schlaf in meiner kleinen Hütte Unter Angst und Sorgen zugebracht. — „Kannst du mir vergeben?" rief der Pflanzer,

Und warf sich an unsers Wilden Drost:

Welcher Schandthat bln ich, harter Unmensch, Mir von vormals gegen dich bewußt! — Mit sich zürnend wollt' er weiter sprechen.

Als ihn unser Wilder unterbrach:

Denke, sprach er zu ihm, nur zuweilen Daran, wie ich sterbend vor dir lag.

Und wenn einst ein armer Indianer Zu dir um ein Wenig Wasser fleht. So gib's ihm, wenn ja in deinem Hause Dir nichts weiter zu Gebote steht.

Möge dich der große Geist geleiten.

Sagte dann der Wilde ziemlich kalt.

Za, wo möglich noch zum Menschen machen. Und dort floh er wieder in den Wald. Gieb mir Gott in deinem Paradiese — Welche Seligkeit muß dieses seyn! — Einst mein Plätzchen neben diesem Wilden

Oder andern seines Gleichen ein! —

Lastet die Kindlein zu mir kommen, und weh­ ret ihnen nicht; denn solcher ist da- Reich Gottes. Marc, io, 15.

So legt nun ab alle Bosheit und allen Betrug,

und Heucheley, und Neid, und alles Afterreden; und seyd begierig nach der vernünftigen, lautern Mitch, als die jetzt gebornen Kindlein, auf daß ihr durch dieselbige zunehmet, i Petr. 2, 1. 2. Selig sind, die geistig arm sind; denn das Him­ melreich ist ihr. Matth. 5, 3. Selig seyd ihr Armen, denn das Reich Gottes ist euer. Selig seyd ihr, die ihr hier hungert; denn ihr sollt satt werden.

Wenn

die

Ev. Luc. 6, 20. 21.

möglichste

oder Veredelung

Vervollkommnung

in der ganzen Schöp­

fung sich als der erste Zweck des WeltenvarerS überall deutlich ausspricht, wel­

ches ist dann wohl die Tugend,

der vernünftige Wesen,

von

als von dem

Grunde aller übrigen, ausgehen müs­

sen? —

Gott ist unveränderlich, das zeigen Alle seine Werke deutlich an: Ohne jemals abzuirren, wandeln Millionen Welten ihre Dahn. Die Vermehrung der geschaffnen Dinge, Von der Eiche bis zum Moos herab. Folgt Gesetzen, die der Allerhöchste

Unabänderlich für immer gab. Nur das wechselt, was den hohen Zwecken Der Vollkommenheit noch nicht entspricht, Dis es mit der Kraft, die ihm verliehen. Wuchernd, durch die niedern Schranken bricht. Ewig vorwärts schreiten bis zur Höhe, Wo des Wandelbaren Grenze ist. Das ist Wille dessen, der im Keime Zur Vollendung schon die Kraft ermißt. Unveränderlich ist folglich Alles, Was in seiner Art vollkommen ward; Da hingegen das, was wechselt, ändert. Sicher noch auf die Vollendung harrt. Jenen Weg nun sorgsam aufzusuchen. Der zum Unveränderlichen führt. Das ist's, was vernünftigen Geschöpfen Hier vor allem Anderen gebührt. Wahrheit, Wahrheit aber ist die Straße, Die der Tugendfreund betreten muß; Auf derWahrheit sonnenhellemPfade Strauchelt nie des ernsten Pilgers Fuß; Auf ihm kommt er einstznjenemZiele, Das der Aenderung nie unterliegt. Wo Gewißheit, ewige Gewißheit Ueber alle Erdenzweifel siegt. Nur des Irrthums ungebahnte Wege, Nur der Lüge tiefes, dunkles Thal

Dringen ihren unbesorgten Wandrer Bald zum schweren, folgenreichen Fall. Golt selbst ist die Wahrheit, wie die Fülle Der Vollkommenheit es schon beweist, lind auf diesem Felsengrund steht Alles Unverändert, was nur Tugend heißt. Willst du Wahrheit kennen, so erforsche. Was dasselbe immer war und ist. Und sey sicher, daß du auf dem Wege Zu der Q.uelle alles Guten bist. Unveränderlich ist jede Wahrheit, Und wo dieses sichre Merkmal fehlt. Hat man an der Stelle eines Kleinods Irgend eine Truggestalt gewählt. Sieh den Mann mit Wahrheit in dem Her;««, Wie er fest und unerschrocken steht, Und, mit diesem Schilde ausgerüstet. Selbst dem Tode froh entgegen geht; Sieh die Festigkeit in seinem Blick», Die die frechste Bosheit niederschlägt. Und der Gottheit ewiges Gebilde, Wie in einem Spiegel vor sich trägt. Zch will nicht das höchste Muster wählen; Doch es diene uns ein großer Mann, Den der Rache schändliche Verfolgung Und des Kerkers Schmach nicht beugen kann. SocrateS war dieser edle Weise, Der in seiner LiebenSwürdigkeir, Unerhellt durch lichte Offenbarung,

jo

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Uns ein Bild von Wahrheitsliebe beut.

Er, der nur am sanften Mutterbusen Der Natur die Geistesnahrung sog. Und mit reifem Ernst aus jeder Pflanze Kraft für's edle, innre Leben zog.

Wollte, wie es wahre Güte fordert, In dem Hochgenüsse nicht allein,

Sondern durch der Liebe enge Dande

Mit der Brüderwelt verbunden seyn. Fern vom Eigennütze enger Seelen, War er stets für fremdes Glück bereit. Und fand, bey der Armuth kargem Loose, Seinen Reichthum in Genügsamkeit. Mit Verachtung jeder niedern Freude,

Die aus grober Sinnlichkeit entspringt. Ward bey ihm das reine Glück des Lebens

Durch den strengsten Tugendpnn bedingt. Eingeübt in freier Selbstbeherrschung,

Zn dem Schooße edler Müßigkeit, Sah er neben Mangel und Beschwerden

Süße Lebensfreuden ausgestreut.

Treulich übte er die Bürgerpflichten, Auf das allgemeine Wohl bedacht.

Und war groß am kleinen, stillen Heerde, Wie im blutigen Gewühl der Schlacht. Immer wirkte er als weiser Lehrer,

Durch der Worte Kraft und durch die That, Und bezeichnete mit lichter Klarheit Für die Irrenden den rechten Pfad.

Dieser Helle Denker, der mit Degen Jeden Irrthum von der Wahrheit schied, Und mit einer Umsicht ohne Gleichen Die selbst tief verborgnen Klippen mied, Ward zuletzt von groben Finsterlingen, Deren Blick sich nie an's Helle wagt, Alö Verächter seiner Landesgötter Und als Volksverführer angeklagt. Zm Bewußtseyn seiner Seelenwürde, Zm Gefühl der reinsten Sittlichkeit, War er, vor den Richtern aufzurreten. Furchtlos jeden Augenblick bereit. Wie kann auch der Gottgeliebte fürchten. Der In seinem Weltenvater lebt. Und mithin nicht ängstlich vor Vernichtung, Wie der Wicht in seinem Wahne, bebt. Seines Lebens Unbeflecktheit zeugte, Mit der Kraft der Gottheit, laut für ihn; Drum verschmähte er es, die Beweise, Seiner Unschuld flehend anzuziehn. Wenig Worte, wo mit edlem Stolze Der Verklagte Wahrheit für sich sprach, Waren leider Schuld, daß man beleidigt. Ueber ihn den Stab zum Tode brach. Mit der tiefen Ruhe des Gerechten, Die der Erde Tand nicht stören kann, Trat er, von dem Pöbel frech verspottet. Seinen Weg zum düstern Kerker an. Traurend folgte ihm die Zahl der Freunde,

Die mit ganzem Herzen an ihm hing, Und noch aus dem Munde dieses Weisen Lehren für die Ewigkeit empfing.

Durch ihn ward die Wohnung der Verbrecher Zu der Weisheit Tempel eingcweihr.

Und der Saame für des Himmels Ernt«

Mit der Hand des Segens ausgestreut. Doch es naht sich nun die bittre Stunde, Für die Freunde herber Schmerzen voll. Wo ihr wahrer Vater und ihr Lehrer Ewig sich von ihnen trennen soll. Wie »der lehre Strahl der Abendsonne Blutig roth der Berge Scheitel trifft.

Mahnt die Dämmerung ihn an die Scheidung Und gelassen fordert er da§ Gift. Schon hält er mit fester Hand den Decher,

Als der Freunde Jammer laut ausbricht,

Und bey ihm allein des Himmels Wonne Göttlich stark aus jedem Zuge" spricht. Langsam schlürft er nun das Gift hinunter. Das sehr schnell am schönsten Leben nagt.

Wandelt dann noch ruhig auf und nieder. Bis der matte Fuß den Dienst versagt. Tröstung floß noch auS dem holden Munde,

Als der Puls die letzten Male schlug. Und ein Herz sich schloß für'S Erdenleben, Das den reinsten Himmel in sich trug. Reine Wahrheit war eS, was der Edle

Seinem Volke zur Beglückung gab;

Wahrheit war durchs ganze Prüfungskben deiner schönsten Hoffnung sichrer Stab. Wahrheit war des großen Mannes Stühe, Als er furchtlos vor den Richtern sprach; Mit der Himmelswahrheit süßer Tröstung Litt er froh des Kerkers Ungemach. Ueberall bezeichnet Sinn für Wahrheit Seinen vorwurfsfreien Lebenslauf; Auf der tief erforschten Wahrheit Fittig Schwang er endlich sich zum Himmel auf.

Wer aber die Wahrheit thut, der kommt an daS Licht, daß seine Werke offenbar werden; denn sie sind in Gott gethan. Ev. Joh. 3, 21. Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahr­ heit wird euch frey machen. Sv. Joh. 8/ 32. Gott will, daß allen Menschen geholfen werde, und sie zur Erkenntniß der Wahrheit gelangen, i Tim. 2, 4«

34

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Wenn Wahrheit der Grund aller Tugenden ist; so muß Unwahrheit der Grund aller Laster seyn.

Aus der Wahrheitsscheu entspringt die Lüge Die mit Vorsatz sich und and're täuscht. Und nie redlich giebt, was das Bewußtseyn Und der inn're, treue Richter heischt. Aus der Lüge steigt der schwarze Haufe Atter Laster, wie sie sind, empor. Und tritt in verschiedenen Gestalten, Aber immer als Betrug hervor. Prüft man nun genau der Laster Menge, Die für Aechtes uns nur Falsches reicht: So sieht man, wie sich als ihre Quelle Unwahrheit in allen Fällen zeigt. Mit der eignen Täuschung, die der Schwache, Wie das Kind daS Flittergold, ergreift. Hebt die Lüge an und hat zur Folge, Daß er nie zum edlern Leben reift: Er verbirgt, bemäntelt und entschuldigt Seine Fehler, wo er weiß und kann, Und strebt nie durch ernste Kraftanstrengung Nach dem Ziele der Veredlung an. Rrlue Selbsterkenntniß, der der Fromme

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------------Sich als seines ersten Gutö erfreut. Wird von jenem als das erste Uebel, Weil's die EigenUebe krankt, gescheut.

Hochmuth, der allein aus Überschätzung Seines, meist erträumten, Werths entspringe. Und den Menschen bald, wie jedes Laster, Zum gewissen, schweren Falle bringt,

Zst ein Selbstbetrug; denn wer sein Wesen Durch der Wahrheit reines Licht erspäht.

Sieht sogleich, daß niemals wahre Grüße Auf der Hoffarth flachem Boden stehtWenn der Stolze, aufgebläht vom Dünket,

Dich von oben bis nach unten mißt, Glaubt er, daß du über diese Thorheit Seine Geisteearmlichkeit vergißt. Doch er täuscht sich erstens, daß er Grüße

In Verachtung seines Bruders sucht, Oder in verjährten Vorurtheilen, Welchen zürnend jeder Edle flucht; Ferner dadurch, daß der wahre Weise,

Den er sich zu seinem Gegner

macht,

Seinen Stolz nicht achtet, sondern höchstens

Zhn bedauert, oder — seiner lacht. Doch ist's Hochmuth, der sich über andre, Sey es auch durch Blut und Mord, erhebt, Hochmuth ist's, der Vülkerglück zertrümmert Und aus Zammer seinen Purpur webt.

Wenn des Feindes überlegnen Schaaren Der gerechte Nachbar fliehend weicht,

Und des edlen Frieden- grüne Palme Sich vor stolzen Räuberhorde» beugt: So giebt der Barbar sich durch die Lüg« Noch de- Rechtens und der Großmuth Schein: Er will scheinbar Retter, Freund, Beschützer Des von ihm zrrtreknen Volkes seyn. Wenn der Uebermuth der Menschheit spottet. Und mir Hohn verletzt, was er verspricht. Wenn Traktaten, durch den Eid geheiligt. Die verwünsche»«werthe Habsucht bricht: So treibt Lüge, diese freche Feindin Alle- Menschenwohls, ihr böse- Spiel, Und durch Dürgerblut entweihte Thaten Schänden, hochgefeierl, das Gefühl. Städte, Dörfer, Burgen stehen trauernd Dann als bloße Aschenhaufen da. Und wo man sonst hochbeglückte Bürger Und den lebensfrohen Landmann sah, Blicken Greise mit gesenktem Haupte, Schwache Krüppel, mit gelähmtem Sinn, Arme Wittwen, vaterlose Waise» Auf die -den Todtenhügel hin. Vater, Mütter, der Verzweiflung nahe, Ringen sich die matten Hände wund. Und die Braut mit wild zerstreutem Haare, Starrem Auge und erblaßtem Mund, Sucht mit lautem Zammer den Geliebten Unter der Erschlagnen grausen Zahl, Und ruft Rache gegen den Barbaren,

Der ihn von dem treuen Herzen stahl. Werke, die der Stolz der Menschheit waren. Sind in wüste Massen aufgelöst. Wo, statt aller Pracht, die Ehrfurcht heischte. Nun der Fuß auf lose Trümmer stößt. Todenähnliche Gerippe schleichen. Von der Pest des Krieges abgezehrt. Zwischen den Ruinen hin und schauen. Was dieß Ungeheuer hat zerstört. Die verletzte, zarte Unschuld jammert. Und des treuen Gatten schönstes Glück Kehrt, von wilden Kriegern hingemordet. Nie in die zermalmte Brust zurück. Doch, wozu daS schaurige Gemälde, Dessen Elend nie ein Pinsel malt. Wo der Wahnsinn nur mit Frevelthaten Und mit seiner lauten Schande prahlt? — Wehe dem durch Glanz getäuschten Krieger, Der mit Stolz auf seinen Lorberrn ruht! Auf ihm lasten Millionen Thränen Und der einst erfchlagnen Brüder Blut. Sclaven Heuchele») nur rühmt die Lorbeer» Und den hohen, wohlverdienten Ruhm; — Mord ehrt nie, und wahrer Ruhin bleibt ewig Bloß der Tugend schönes Eigenthum. — Aber ist es nicht der Täuschung größte. Wenn man wüthend, als der Menschheit Feind, Durch Zerstörung, Raub und Blutvergießen Für sich wahren Ruhm zu ernten meint? —

Doch man unterscheide ja den Edlen, Der gezwungen nur zum Schwerte greift, Von dem Thoren, den die Sucht zu kriegen. Wie den Rasenden die Wuth ergreift. Heil "dem, der für Vaterland und Freiheit, Für den Fürsten, der ein Titus ist. Mit entschloßnem Muthe seine Hütte Und der stillen Ruhe Reitz vergißt! Der mit Tugend in dem treuen Herzen Seinen besten Freund, den Tod, nicht scheut. Und, entfernt von Grausamkeit und Rache, Die gestählte Brust dem Feinde beut. Solch' ein Heer bleibt ewig unbezwungen Und von feilen Sclaven unerreicht; Weil es, gleich dem Felsen in dem Sturme, Stark durch Gott, nie Erdenübeln weicht.

So wie Heuchelet) nur eine Täuschung Und der Wahrheit bloßer Schimmer ist: So ist Hochmuth nur erträumte Größe, Die im Selbstbetruge sich vergißt. Geitz ist nur ein zügelloses Streben, Durch der Güter Menge groß zu seyn. Doch des ungenützten Goldes Haufen Sind nicht Reichthum, sondern nur sein Schein. Zm Besitze nicht, nur im Gebrauche Liegt der Erdengüter wahres Glück, Und so mancher sogenannte Reiche Trägt der Armuth bitteres Geschick.

Denn die mühsam aufgehäuften Schätze Sind für ihn nicht Wohlthat, sondern Pein, Er verdammt sich selbst dazu, ihr Hüter

Unter schwerer Sorges Last zu seyn. Um des Wohlthuns selige Genüsse Dringt ihn täglich sein verruchter Geitz,

Und der Liebe und der Freundschaft Himmel

Hat für seine Seele keinen Reitz.

Zn dem engen Herzen findet Mitleid Gegen Menschenelend niemals Platz,

Kalt und schlau berechnend seinen Vortheil, Bleibt sein höchstes Gut sein todter Schah. Er betrügt sich stündlich um das Schönste,

Was das kurze Erdenleben hat, Und, ein Mörder an dem eignen Leibe,

Zßt er, bang für morgen, sich kaum satt. Gegen über steht ihm der Verschwender,

Der, wie er, an sich zum Lügner wird,

Und muthwillig in die Labyrinthe Seiner Leidenschaften sich verirrt. Wie der Geitzige nur im Besitze,

So sucht dieser im Verschwenden Ruhm, Und versplittert in dem blinden Wahne Fremdes Gut, so wie sein Eigenthum. Eine Art von grobem Dünkel ist es. Wodurch er in diesen Rausch versinkt. Der ihn endlich, früher oder später,

Zn das sichere Verderben bringt. Rauschende Vergnügen, Gastereien,

6o Alles, wa- nur glänzt, umgiebt seht Hau-, Und, um retcher, als er ist, zu scheinen. Streut er Geld mit vollen Händen aus. Nicht de- Lebens stille, reine Freuden, Nicht Bescheidenheit, nicht Ordnung, Zucht, Nein, der Schmeichler Schwarm, die laut ihn preisen. Sind der Krel-, den er begierig sucht. Hin und wieder scheint die Herzenslecre 2hm beschwerlich, doch nur für den Nu, Und wirft er, der Geld und Gut nicht achtet. Einem Armen dann ein Scherflein zu: So ist's Laune, gegen die so eben Sich kein andrer, toller Einfall stemmt; Denn des wahren Mitleids fchbne Tugend Bleibt des Wüstlings Herzen immer fremd. Sinkt er erst herab zur nahen Armuth, Wo der Schmeichler Haufe ihn verläßt: So theilt er zuweilen mit Geringern Seiner großen Güter letzten Rest. Denn auch dann noch ist es ihm Bedürfniß, Unter Kleinen etwas groß zu seyn: Erst am längst verdienten Bettelstäbe Schläft sein flacher Dünkel gänzlich ein. Nur der Prasser, eine Art Verschwender, Dem der Egoist entgegen steht, 2ft es, der mit Großen und mit Pöbel Gleichen Sinnes an die Tafel gehr. Wo er die Gelegenheiten findet.

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Letzt er feinen Gaumen und lebt flott.

Die Umgebung kümmert ihn nur wenig. Denn sein Magen ist allein sein Golt.

Er schwelgt im Genusse niedrer Freuden, Und will nur als Thier befriedigt seyn; Auf des Lebens hoher Stufenleiter

Nimmt er bloß die tiefste Sprosse «in.

Doch auch er glaubt fest in seinem Wahne: Nichts sey trefflicher, al« sein Gelag,

Und verachtet den, der Gottes Gaben

Nicht, wie er, vergeuden kann, noch mag.

Um des Ekels höchstes Maß zu füllen. Sehe man den ganz Detrunknen an. Der bloß taumelnd, ohne Kraft und Willen,

Kaum den Namen Mensch noch lallen kann;

D?r im tiefen Kothe starr sich wälzend

Nicht die Hand dem fremden Helfer reicht. Und im Aeußern, der Vernunft zum Hohne, Leider dem beschmutzten Eber gleicht. —

Doch im Innern steht er, Herr verzeiheJedem Thiere noch bey weitem nach;

Denn er ist, was jenes nie kann werden. Seiner und der Seinen tiefe Schmach. Um des Gaumens kurze Lust zu kitzeln. Warf er Gottes schönste Gabe hin. Und betrog sich um des edlen Geistes

Hohen, ewig dauernden Gewinn., Auch der Faule wird an sich zum zum Lügner,

Well er Trägheit stille Ruhe nennt.

Und das schöne Gut der Erde: Arbeit Meist aus starrem Eigensinn verkennt. Müssiggang und Langeweile führen Noch zu manchem andern Laster hin. Und der Arbeitsscheue nährt am Ende Nur für Niederträchtigkeiten Sinn. Tiefe Armuth und Verachtung lauschen Auf die Beute, die sich ihnen giebt; Endlich faßt sie feindlich die Verzweiflung Und ein Tod, der nicht ein Auge trübt. Spielsucht ist der Habsucht und der Trägheit Erstgebornes, ächtes Lieblingskind, Mit dem Täuschung, Falschheit, Ueberlistung Und was mehr, sehr eng verschwistert sind. Vater - Gatten - Kindes - Nächstenliebe Schwttiden aus des Spielers Herzen hin; Abgestumpft für jedes Gute, hat er Nur für Würfel und für Karten Sinn. Seine Welt sind eine Hand voll Blätter, Er verschmäht die Reitze der Natur, Zhn lockt nicht der Blüchenduft, er achtet Nicht des. Lächelns der geschmückten Flur. Nur auf Andrer Habe listig lauernd. Wie der Räuber in der dunkeln Nach:, Werden sinnend von ihm halbe Wochen Schlaflos zum Verderben hingebrachr. Zn ihm sind der Faule und Betrüger Mit dem Heuchler brüderlich vereint.

Und in einem Herzen ist beisammen. Was bey andern nur getrennt erscheint. Aller Laster fähig sinkt er taumelnd Zum Verbrecher erster Art herab. Und der Fluch, der einst von ihm Detrognen Drückt noch schändend sein verschollnes Grab. An der Seite dieses groben Sünders Steht der frechen Wollust feiler Knecht, An dem sich despotisch die Syrene Mit den allerschärfsten Waffen rächt. Lüge und Verstellung sind die Netze, Zn die er die stille Einfalt führt? Die betäubt des Herzens schönstes Kleinod Durch des Argen Schlangenlist verliert. Der betrognen Unschuld heiße Thränen, Und die Last, die sie zu Boden drückt. Sind ihm nichts, er lacht des herben Schmerzes, Der des Lebens reinste Blüthe knickt. Kaum hat er die Flammenlust der Hülle An des Himmels Bilde ausgehaucht. Und mit Mörderhänden die Verführte Zn der Schande Pfuhl hinab getaucht; So kocht in dem tief befleckten Busen Schon für neue Frevelthat das Gift, Das auch bald mit des Verderbens Pfeilen Eine unbewachte Unschuld trifft. Bloß an den Genuß der rohen Sinne Niedriger noch, als das Thier, gewöhnt. Bleibt er stumpf, wenn durch ihn hingeopfert.

Der Geschwächten letztes Ach k