Projektfinanzierung in Emerging Markets: Eine institutionenökonomische Analyse [1 ed.] 9783896448767, 9783896731418

Gegenstand dieser Arbeit sind Projektfinanzierungen in Ländern, die den so genannten Emerging Markets zuzuordnen sind un

99 81 1MB

German Pages 192 [193] Year 2002

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Projektfinanzierung in Emerging Markets: Eine institutionenökonomische Analyse [1 ed.]
 9783896448767, 9783896731418

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN Herausgeber: Prof. Dr. Detlev Hummel

Peter Claudy

Projektſnanzierung in Emerging Markets

Verlag Wissenschaft & Praxis

Projektfinanzierung in Emerging Markets

SCHRIFTENREIHE FINANZIERUNG UND BANKEN Herausgegeben von Prof. Dr. Detlev Hummel

Band 4

Peter Claudy

Projektfinanzierung in Emerging Markets eine institutionenökonomische Analyse

Verlag Wissenschaft & Praxis

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Claudy, Peter: Projektfinanzierung in Emerging Markets : eine institutionenökonomische Analyse / Peter Claudy. – Sternenfels : Verl. Wiss. und Praxis, 2002 (Schriftenreihe Finanzierung und Banken ; Bd. 4) Zugl. : Potsdam, Univ., Diss., 2002 ISBN 3-89673-141-6

ISBN 3-89673-141-6 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2002 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

GELEITWORT Internationale Projektfinanzierungen verlangen aufgrund ihrer Komplexität einen interdisziplinären Ansatz. Bisherige Untersuchungen zu diesem Thema stellten vor allem Managementmethoden und Finanzierungsinstrumente mit ihrer strategischen Bedeutung in den Mittelpunkt. In dieser Arbeit geht es um die Strukturierung von langfristigen Vereinbarungen zwischen sehr unterschiedlichen Partnern. Internationale Großbanken arbeiten nach schmerzhaften Verlusten insbesondere in Lateinamerika, Asien und Russland seit Ende der 90er Jahre daran, der Forderung nach einer größeren Sorgfaltspflicht und einem rationalen Risikobewusstsein zu entsprechen, indem Erfahrungen über unterschiedlichste Erfolgsfaktoren sowie über Risiken bei der Beurteilung von Neuengagements einbezogen werden. Um den gewaltigen Finanzbedarf für Infrastrukturinvestitionen in Emerging Markets sowie für den Umbau der Industrien in Transformationsländern zu decken, ist es einerseits notwendig, die Interessen privater Investoren und die Ziele multinationaler Entwicklungsbanken zu vereinen. Andererseits sind die besonderen Motive und Anreizsysteme sowie davon abgeleitete Verhaltensweisen der beteiligten Institutionen in den jeweiligen Ländern aufgrund ihrer nationalen und kulturellen Besonderheiten zu berücksichtigen und damit alle Beteiligten nachhaltig in Verantwortung und Haftung einzubinden. Die vorliegende Arbeit behandelt Bestandteile und mögliche Problemfelder der Strukturierung und Realisierung internationaler Projektfinanzierungen mittels eines verhaltens- und entscheidungsorientierten Ansatzes. Institutionell bedingte Risiken bei Projektfinanzierungen werden identifiziert und Lösungswege für deren Minderung aufgezeigt. Verschiedene Variablen bestimmen die konkrete Entscheidungsstruktur für Projektfinanzierungen. Rückschläge und Verluste in der Vergangenheit beruhten zumeist nicht auf vorrübergehenden Finanzungleichgewichten, sondern auf strukturellen Problemen und institutionellen Unzulänglichkeiten. Mangelnder Schutz von Verfügungs- und Handlungsrechten ist für institutionelle Rahmenbedingungen der sog. Emerging Markets und Transformationsländer typisch. In diesen Ländern herrschen teilweise Bedingungen, die opportunistisches Verhalten der Beteiligten ermöglichen. Dem wirkungsvolle Grenzen zu setzen und Projektfinanzierungen erfolgreich zu verwirklichen ist ein wesentliches Anliegen des Autors, der auf einschlägige Praxiserfahrungen verweisen kann. Weiterführend dabei ist, wie diese speziellen Überlegungen der Thematik mit den grundlegenden Theorieansätzen des Neoinstitutionalismus in Verbindung gebracht werden. Somit gibt die vorliegende Arbeit sowohl der Wissenschaft wie auch der Praxis interessante Anregungen. Prof. Dr. Detlev Hummel

V

VI

VORWORT An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die mich im Laufe meiner Doktorarbeit bei der Bearbeitung des Themas „Projektfinanzierungen in Emerging Markets“ unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt dabei Herrn Professor Dr. Detlev Hummel, meinem Doktorvater, für seine Bereitschaft, mich als externen Doktoranden zu betreuen, sowie für seine motivierende und kenntnisreiche Unterstützung. Herrn Professor Dr. Leo Schuster danke ich herzlich für seine Bereitschaft, als Zweitgutachter meiner Dissertation zu fungieren und dafür, daß er für meine Disputation eigens von Ingolstadt nach Potsdam gekommen ist. Frau Christine Schulz und Frau Gabriela Gutt sowie den Herren Rainer Harpin, Jörg Borchert und Johann Reindl und nicht zuletzt meinem Vater danke ich für die Durchsicht von Teilen der Arbeit vor ihrer Einreichung bei der Universität Potsdam sowie für ihre wertvolle Kritik und ihre nützlichen Anmerkungen. Herrn François J. Georg Holler danke ich für zahlreiche fachlichen Diskussionen zur Thematik, die die Arbeit ebenfalls positiv befruchtet haben. Der EBRD und Herrn Joachim Jahnke danke ich für den mir zu Beginn meiner Forschungsarbeiten gewährten Einblick in die Organisation einer Entwicklungsbank. Schließlich danke ich meinen Eltern, dass sie mir meine Ausbildung überhaupt erst ermöglicht haben. Ich widme diese Arbeit meiner Freundin, Marianna Glouzberg, die mich während meines gesamten Dissertationsvorhabens liebevoll begleitet hat.

VII

VIII

INHALTSVERZEICHNIS

GELEITWORT............................................................................................................ V VORWORT ............................................................................................................... VII INHALTSVERZEICHNIS.........................................................................................IX EINLEITUNG ............................................................................................................... 1 A. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit..................................................................... 1 B. Forschungskonzeption .......................................................................................... 5 KAPITEL I: EINFÜHRUNG UND METHODE DER ARBEIT ............................. 7 A. Definition Projektfinanzierung ............................................................................ 7 1. Die Finanzierung einer sich selbst tragenden Wirtschaftseinheit .................. 7 2. Die Verteilung von Aufgaben, Finanzierungslasten und Risiken auf die verschiedenen Projektbeteiligten .......................................................... 7 2.1. Die Projektgesellschaft und ihre Eigenkapitalgeber....................................... 9 2.2. Die Fremdkapitalgeber der Projektgesellschaft............................................ 10 2.3. Die Anlagenlieferanten für ein Projekt und das Fertigstellungsrisiko.......... 11 2.4. Die Betriebsgesellschaft und das Management eines Projektes ................... 12 2.5. Die Zulieferer eines Projektes....................................................................... 13 2.6. Die Abnehmer der erstellten Leistung .......................................................... 13 2.7. Die Rolle des Staates bei einem Projekt ....................................................... 14 B. Definition Emerging Markets............................................................................. 14 C. Methode der Arbeit............................................................................................. 16 1. Die Variablen einer Entscheidungssituation .................................................. 16 1.1. Entscheidungsträger bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets ........ 17 1.2. Ziele und Werte von Entscheidungsträgern.................................................. 18 a) Ziele und Werte von Individuen als Entscheidungsträgern.......................... 18 b) Ziele von kollektiven Entscheidungsträgern ................................................ 19 1.3. Entscheidungsträgern auferlegte Restriktionen ............................................ 20 1.4. Kollektivinterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse...................... 23 1.5. Kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse ..................... 23 2. Realisierung einer Projektfinanzierung durch Senkung von Transaktionskosten ........................................................................................... 24

IX

KAPITEL II: STRUKTURIERUNG EINER PROJEKTFINANZIERUNG UNTER INSTITUTIONELLEN BEDINGUNGEN VON EMERGING MARKETS......................... 26 A. Allgemeine institutionelle Risiken bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets und deren Behandlung ...................................................... 26 1. Enteignungs- und Dispositionsrisiken durch staatliche Institutionen ......... 28 1.1. Von Seiten der Gesetzgebung....................................................................... 29 1.2. Von Seiten der Rechtsanwendung ................................................................ 30 1.3. Von Seiten der Exekutive ............................................................................. 32 1.4. Durch die Steuergesetzgebung- und anwendung.......................................... 33 1.4.1. Risiken aus der Steuergesetzgebung....................................................... 33 1.4.2. Risiken aus der Anwendung der Steuergesetze ...................................... 35 2. Währungs-, Konvertierungs- und Transferrisiken ....................................... 37 3. Opportunistisches Verhalten von Vertragspartnern..................................... 40 3.1. Abwanderung als mögliche Handlungsoption gegenüber Vertragspartnern.......................................................................... 41 3.2. Widerspruch als mögliche Handlungsoption gegenüber Vertragspartnern.......................................................................... 43 B. Infrastrukturfinanzierungen von Konzessionsprojekten in Emerging Markets .......................................................................................... 46 1. Allgemeine Vorbemerkungen .......................................................................... 46 2. Die besondere Rolle des Staates bei Konzessionsprojekten und die Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Projektgesellschaft............................................................................... 47 3. Transaktionskosten beim Verhandlungsprozeß von Verwaltungsapparat und politischem Sektor mit dem Konzessionsnehmer .................................................................................. 48 3.1. Verhandlungsgegenstand vor Konzessionsvergabe...................................... 48 3.2. Verschiedene Interessenlagen der Beteiligten im Verhandlungsprozeß ...... 50 a) Strategische Grundeinstellung der Regierung .............................................. 51 b) Unterschiedliche Interessenpositionen von Verwaltung und Politik und der Projektgesellschaft........................................................................... 51 3.3. Der Einfluß des rechtlich-formellen Rahmens auf den Verhandlungsprozeß .............................................................................. 53 a) Festlegung der Konzessionsbedingungen in einem offenen Verhandlungsprozess ohne Rückgriff auf umfassende gesetzliche Vorgaben .................................................................................... 54 b) Rückgriff der Verhandlungsakteure auf ein detailliertes Gesetzeswerk als Grundlage für den Abschluß eines Konzessionsvertrages ...................... 55 c) Hybride Zwischenformen und Mittelwege................................................... 56

X

3.4. Transaktionskosten unterschiedlicher Methoden zur Vergabe von Konzessionen ......................................................................................... 57 a) Offene Ausschreibungen............................................................................... 57 b) Parallele Verhandlungen mit mehreren Bietern ........................................... 57 c) Direkte Verhandlungen mit einem Bewerber ............................................... 58 4. Transaktionskosten bei der Durchsetzung des Konzessionsvertrages und Maßnahmen zur Abmilderung institutioneller Risiken ....................... 58 4.1. Transaktionskosten aufgrund möglichen opportunistischen Verhaltens des politischen Sektors und der Bürokratie nach Beendigung der Investitionsphase........................................................ 58 4.2. Maßnahmen zur Abmilderung institutioneller Risiken ................................ 61 4.2.1. Allgemeine Maßnahmen zur Beeinflussung des Kosten-Nutzen-Kalküls staatlicher Entscheidungsträger ....................... 62 a) Teilweise Trennung von Eigentum und Handlungs- und Verfügungsrechten..................................................................................... 62 b) Aufteilung der Erträge aus Effizienzgewinnen zwischen Projektgesellschaft und Staat .................................................................... 63 c) Flexibilität bei Anpassung des Projektdesigns an veränderte Rahmenbedingungen ................................................................................. 64 d) Sinnvolle Bemessung der Konzessionslaufzeit......................................... 64 e) Design von Konflitklösungsmechanismen ................................................ 66 f) Große internationale Beteiligung ............................................................... 66 4.2.2. Strukturierung einzelner institutioneller Risiken in Emerging Markets ................................................................. 67 a) Genehmigungsrisiken bei Planung und Durchführung eines Projektes .... 67 b) Rechtliche Risiken bei der Umsetzung des Konzessionsvertrages ........... 68 c) Das Risiko der Gebührenerhebung............................................................ 69 d) Währungsrisiken bei Konzessionsprojekten ............................................. 71 5. Eingrenzung des Markt- und unternehmerischen Risikos der Projektgesellschaft durch den Staat im Rahmen einer PPP......................... 73 5.1. Grundsätzliche Überlegungen zum Marktrisiko........................................... 74 5.2. Die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand als Voraussetzung für eine Stabilisierung der Projektstruktur.......................................................... 76 a) Die Bedeutung der Kreditwürdigkeit eines Staates ...................................... 76 b) Einschätzung von kommunalen- und städtischen Kreditrisiken .................. 77 5.3. Beurteilung verschiedener Instrumente des Staates und deren ökonomische Wirkung ........................................................................ 80 a) Subventionen und Direktzahlungen.............................................................. 80 b) Garantien zur Flexibilisierung der Finanzierungsstruktur............................ 80 c) Cash-Ausfall-Garantie der öffentlichen Hand .............................................. 82 d) Abnahmeverträge mit staatlichen Einheiten zur Reduzierung des Marktrisikos ..................................................................... 83 e) Staatliche Zusicherungen mit Einfluß auf die Wettbewerbssituation der Projektgesellschaft .............................................. 86

XI

KAPITEL III: PROBLEME IN DER PRINCIPAL-AGENT-BEZIEHUNG ZWISCHEN FREMDKAPITALGEBERN UND DER PROJEKTGESELLSCHAFT UND MÖGLICHE LÖSUNGSANSÄTZE....................................................................... 88 A. Der kollektivinterne Entscheidungsprozeß bei der Projektgesellschaft ...... 90 1. Die Bedeutung des kollektivinternen Entscheidungsprozesses bei der Projektgesellschaft ............................................................................................ 90 2. Mögliche Probleme und Lösungsansätze bei der Festlegung der Projektstruktur........................................................................................... 91 2.1. Ziele von Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern sind nicht deckungsgleich ............................................................................. 91 2.2. Einflußnahme des politischen Sektors und von Interessengruppen auf die Tätigkeit der Projektgesellschaft ...................................................... 93 2.2.1. Mangelnde politische Akzeptanz für ausländische Mehrheitsbeteiligungen bei Infrastrukturprojekten ................................ 93 2.2.2. Der Einfluß von bestehenden Interessengruppen auf die Tätigkeit der Projektgesellschaft....................................................... 94 a) Der Einfluß bestehender Interessengruppen und die Notwendigkeit einer transparenten Projektstruktur ................................... 94 b) Die Rolle des bestehenden Managements und der Belegschaft................ 95 B. Die kollektivexterne Kontrolle und Steuerung der Projektgesellschaft durch die Fremdkapitalgeber über Auszahlungsbedingungen und Covenants ............................................... 96 1. Die Bedeutung und die Anwendung von Auszahlungsbedingungen und Covenants ...................................................... 96 1.1. Die Bedeutung von Auszahlungsbedingungen und Covenants als Restriktionen des Kollektivakteurs Projektgesellschaft ............................... 96 1.2. Anwendungsbereiche und Wirkungen von Auszahlungsbedingungen und Covenants ................................................... 97 a) Die zweckbestimmte Durchführung eines Projektes als Auszahlungsbedingung............................................................ 97 b) Anwendungsbereiche und Wirkungen von Covenants ................................ 98 2. Mit Covenants verbundene Transaktionskosten in Emerging Markets ... 100 2.1. Transaktionskosten aufgrund mangelnden Zugangs der Kreditgeber zu Informationen.................................................................... 100 2.2. Transaktionskosten bei der Durchsetzung von Covenants ......................... 103 2.2.1. Transaktionaktionskosten bei der Bereitstellung und Verwertung von Sicherheiten ............................................................... 103 a) Transaktionskosten bei der Bestellung von Sicherheiten ........................ 104 b) Transaktionskosten bei der Durchsetzung von Sicherheiten................... 105 2.2.2. Risiken und Kosten bei der Einleitung von Reorganisationsmaßnahmen nach Verletzung der Covenants durch die Projektgesellschaft..... 105 2.2.3. Transaktionskosten eines Insolvenzverfahrens..................................... 107 XII

KAPITEL IV: DIE REALISIERUNG VON PROJEKTFINANZIERUNGEN IN EMERGING MARKETS MIT HILFE SUPRANATIONALE ENTWICKLUNGSBANKEN............................... 109 A. Ausgangspunkt der Analyse............................................................................. 109 B. Gemeinsame Risikotragung unter dem Dach einer Entwicklungsbank ...... 113 1. Ziele und Restriktionen einer an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientierten Entwicklungsbank am Beispiel der EBRD Implikationen und Konsequenzen................................................................. 113 2. Untersuchung der kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesse innerhalb einer Entwicklungsbank ....................... 116 2.1. Darstellung des kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesses bei privaten Projektfinanzierungen...................... 116 2.2. Die Bedeutung des Verfassungskonsenses in einer supranationalen Entwicklungsbank als theoretischer Ausgangspunkt.................................. 120 3. Analyse der Rolle von Entwicklungsbanken bei der Initiierung und Strukturierung von Projektfinanzierungen ex-ante .................................... 125 3.1. Schaffung von Demonstrationseffekten als Leitmotiv ............................... 125 3.2. Mögliche Schwierigkeiten und Probleme – eine Betrachtung aus individualistischer Sicht................................................... 127 3.2.1. Probleme bei der Umsetzung vorgegebener Strategien........................ 127 3.2.2. Kreditentscheidungen bei Grenzrisiken................................................ 130 4. Analyse der Handlungsoptionen und Möglichkeiten von Entwicklungsbanken bei der Reduzierung von institutionell bedingten Problemen nach Inkrafttreten der Kreditverträge ................... 132 4.1. Herausnahme der Entwicklungsbanken von Kapitalverkehrsbeschränkungen und Zahlungsmoratorien ........................ 133 4.2. Kollektivinterne- und externe Entscheidungs- und Koordinationsprozesse bei politischer Einflußnahme durch die Entwicklungsbank ........ 135 4.2.1. Kollektivinterner Handlungsrahmen zur politischen Einflußnahme für die einzelnen Entscheidungsakteure........................ 135 4.2.2. Kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse zwischen einer Entwicklungsbank und ihren Zielländern .................... 137 4.2.2.1. Abgrenzung und Klärung des Verhandlungsgegenstandes ............ 137 4.2.2.2. Modellierung des Verhandlungsprozesses zwischen beiden Parteien................................................................ 138 a) Interessenlagen der Verhandlungsparteien........................................... 138 b) Prioritätensetzung im diplomatischen Verhandlungsprozeß bei den Beteiligten ...................................................................................... 140 4.2.2.3. Die Durchsetzbarkeit der Verhandlungsergebnisse........................ 140 5. Unterschiedliche Wirkungen des Schutzschirms einer Entwicklungsbank für Fremd- und Eigenkapitalgeber .............................. 141 5.1. Die Entwicklungsbank ist lediglich Kreditgeber ........................................ 141 5.2. Die Entwicklungsbank ist Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber .............. 142 6. Zusammenfassende Abschlußbewertung ..................................................... 142 XIII

C. Das Prinzip der Risikotrennung - Übernahme von bestimmten Teilrisiken durch Entwicklungsbanken.............................. 144 1. Bestehende Instrumente zur Einräumung von Teilgarantien .................... 144 1.1. Die Weltbank-Garantie für Fremdkapitalgeber .......................................... 144 1.2. Investitionsschutz durch MIGA.................................................................. 147 1.3. „Specific event guarantee for co-financiers“ der EBRD ............................ 148 2. Weitergehende Vorschläge............................................................................. 149 2.1. Der Ereignisumfang von Teilgarantien und die Bedeutung der Rückabsicherung sowie der Koordination einzelner supranationaler Organisationen untereinander ..................................................................... 149 2.1.1. Teilgarantien für staatliche Zusagen..................................................... 149 2.1.2. Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionsfeindliche Gesetzgebung und Rechtsanwendung .................................................. 151 a) Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionsfeindliche Gesetzgebung........................................................................................... 152 b) Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionfeindliche Rechtsanwendung .................................................................................... 153 2.2. Die Einbindung privater Rückversicherungsmärkte für politische und institutionelle Risiken ................................................................................. 154 ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE IN THESEN..................................................................................... 155 LITERATURVERZEICHNIS ................................................................................. 164

XIV

DARSTELLUNGSVERZEICHNIS

Darstellung

1

Private Nettokapitalflüsse in Emerging Markets

2

2

Beteiligte einer Projektfinanzierung

8

3

Das institutionelle Umfeld eines Projektes

27

4

Wachstumsraten asiatischer Länder 1994-98

38

5

Verschiedene Optionen zur Beteiligung privaten Kapitals an Infrastrukturprojekten

46

Die Principal-Agent-Beziehung zwischen Fremdkapitalgebern und Projektgesellschaft

89

6

7

IFC-Kredite FY 94-98

111

8

Projektzyklus bei der EBRD

117

9

Konsensfindungskosten beim Verfassungskalkül

122

10

Wahrscheinliche externe Kosten beim Verfassungskalkül

122

11

Interdependenzkosten beim Verfassungskalkül

123

12

Bestandsrisikostreuung bei der EBRD

131

13

Weltbankgarantie am Beispiel Uch Power Ltd

146

XV

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

DSCR

Debt Service Coverage Ratio

EBITDA

Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization

EBRD

European Bank for Reconstruction and Development

EU

European Union

EURIBOR

Euro Interbank Offered Rate

GUS

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

IFC

International Finance Corporation

IMF

International Monetary Fund

IPP

Independent Power Project

IWF

Internationaler Währungsfonds

LIBOR

London Interbank Offered Rate

MIGA

Multilateral Investment Guarantee Agency

PED

Project Evaluation Department

PPI

Private Participation in Infrastructure

PPP

Private Public Partnership

USA

United States of America

WTO

World Trade Organization

XVI

EINLEITUNG A. Zielsetzung und Aufbau der Arbeit Gegenstand dieser Arbeit sind Projektfinanzierungen in Ländern, die den sogenannten Emerging Markets zuzuordnen und als Schwellenländer anzusehen sind (bzgl. der Definition der beiden Begriffe Projektfinanzierung und Emerging Markets, siehe Kapitel I). Darunter fallen heute eine zunehmende Anzahl von Ländern und Regionen, wie z.B. die osteuropäischen Reformländer nach dem Zusammenbruch des Sozialismus, die asiatischen Tiger-Länder nach ihrer Entwicklung in den letzten Jahrzehnten oder auch viele lateinamerikanische Länder wie Mexiko, Brasilien oder Argentinien. Die Investitionsmöglichkeiten in manchen Ländern wurden teilweise euphorisch beurteilt, bis in den letzten Jahren größere Finanzkrisen stattfanden, die sich auch auf Projektfinanzierungen negativ auswirkten. Die Probleme begannen 1997 in Thailand1 und wirkten sich zunächst nur auf Asien aus. Galt z.B. Indonesien Anfang 1997 noch als ein Land mit großem Potential für Projektfinanzierungen, mußten bereits 1998 mehrere Vorhaben im Nachhinein abgesagt werden, bei denen die Kreditverträge schon ausgehandelt waren. Die Realisierung einer Reihe von weiteren geplanten Projekten wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Bestehende Engagements gerieten zum größten Teil in erhebliche Schwierigkeiten.2 1998 breitete sich die Krise auf Rußland aus und später in abgeschwächter Form sogar auf Lateinamerika, insbesondere auf Brasilien.3 Als Folge dieser Entwicklungen nahmen die privaten Nettokapitalzuflüsse in Emerging Markets nach deutlichen Steigerungsraten 1995 und 1996 in den Jahren 1997 und besonders 1998 drastisch ab (siehe Abbildung, nachfolgende Seite). Während Anzeichen der Krise erst im 2. Halbjahr 1997 erkannt wurden, reagierten die ausländischen Investoren in Emerging Markets anschließend auf die eingetretenen Ereignisse um so deutlicher:

1

Vgl. YIN, Bath Pain, S. 12: „The sharp devaluation of the Thai bath has caused a delay in the financing of independent power projects.“ 2 Vgl. PROJECT FINANCE INTERNATIONAL, IPPs, S. 19 ff. 3 In Brasilien kündigte sich eine Krise bereits im Herbst 1998 an, vgl. GREGORIO, Bridge loans, S. 22, der beschreibt, daß den Banken, die Überbrückungskredite für Projektfinanzierungen ausgegeben hatten, in vielen Fällen keine andere Wahl blieb, als diese zu verlängern, ohne daß sie von einem herkömmlichen Projektkredit abgelöst werden konnten. Im Januar 1999 schließlich verlor die brasilianische Währung Real 30% ihres Wertes (GREGORIO, Brazil, S. 48), seit dem 12. Januar 1999 wurde sie nicht mehr offiziell an den Dollar gebunden. Als Folge dieser Entwicklung kamen die Aktivitäten bei Projektfinanzierungen in Brasilien zum Stillstand, vgl. a.a.O., S. 49: „Project finance has now been basically put on hold.“ 1

Darst 1: Private Nettokapitalflüsse in Emerging Markets 250 250

Mrd.USD USD inin Mrd.

200 200 150 150 100 100 50 50

98

97

96

95

94

93

92

91

19

19

19

19

19

19

19

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 19

19

90

0 0

Quelle: IWF, International Capital Markets, September 1999, S. 92. Es zeigte sich, daß die Ursache der meisten Krisen nicht in vorübergehenden Finanzungleichgewichten, sondern vielmehr in strukturellen Problemen lag. Häufig erwiesen sich zudem institutionelle Unzulänglichkeiten, wie der mangelnde Schutz von Verfügungs- und Handlungsrechten, opportunistisches Verhalten von Vertragspartnern oder das jeweilige staatliche Verhalten eines Landes für westliche Kapitalgeber als Problem. Bei Projektfinanzierungen haben sich Banken und Sponsoren häufig auf unkalkulierbare Risiken eingelassen, was sicherlich zum großen Teil auf einen bestehenden intensiven Wettbewerb untereinander zurückzuführen war. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre sollten jedoch inzwischen bei diesen Parteien die Einsicht gefördert haben, daß bei der Konzeptionierung zukünftiger Vorhaben in Emerging Markets eine größere Sorgfalt anzuwenden ist. Worenklein zumindest vertritt die Ansicht, daß sich nach den Ereignissen in Süd-Ost Asien tatsächlich auch ein zunehmendes Risikobewußtsein durchsetzt:4 „The economic crisis that erupted in South-East Asia ... will change for years to come the way lenders and project sponsors look at the business of project development in emerging countries. Lenders, investors and project sponsors will not easily forget how risky even the stronger emerging market economies can turn out to be.“ Diese Arbeit setzt sich deshalb zum Ziel, mittels eines entscheidungsorientierten Ansatzes die wesentlichen Bestandteile und möglichen Problemfelder bei der Strukturierung und Realisierung von Projektfinanzierungen in Emerging Markets zu untersuchen und Handlungsalternativen für unterschiedliche Situationen aufzuzeigen. Investoren und Kreditgebern soll eine Instrument in die Hand gegeben werden, mit dessen Hilfe sie die mit einem potentiellen Engagement verbunden Implikationen bes4

2

WORENKLEIN, S. 47.

ser beurteilen und leichter Lösungsmöglichkeiten für die Überwindung eventueller Schwierigkeiten finden können. Dabei werden zunächst die theoretischen Grundlagen gelegt. Die sich daran anschließende Erörterung, in der es um die Voraussetzungen und die eventuell zu treffenden Maßnahmen für die Arrangierung einer Projektfinanzierung geht, erfolgt aus einer Beraterperspektive. Im Schlußteil wird dann die mögliche Rolle einer supranationalen Entwicklungsbank bei der Realisierung eines Projektvorhabens analysiert und inwiefern sie das Risiko für andere Kapitalgeber zu vermindern in der Lage ist. Kapitel I geht zunächst auf die Eigenschaften einer Projektfinanzierung ein, die auf Limited-recourse-Basis erfolgt und hauptsächlich auf prognostizierte Cash-flows und erst nachrangig auf gestellte Sicherheiten abstellt. Risiken verteilen sich am effizientesten zwischen den verschiedenen Beteiligten, indem derjenige eine bestimmte Aufgabe übernimmt, der diese am besten ausüben kann. Der Kapitalmarkt - sowohl Fremdkapital- als auch Eigenkapitalgeber - hat gewisse Margen- bzw. Renditeanforderungen und Vorstellungen bezüglich einer tragfähigen Projektstruktur. Die klassischen Projektfinanzierungsrisiken werden jedoch im weiteren Verlauf nicht im einzelnen vertieft. So werden beispielsweise die mit der Fertigstellung verbundenen Risiken nur am Rande erwähnt. Wie international übliche Bauleistungsverträge mit Generalunternehmern verfaßt werden, wurde bereits ausreichend in anderen Dissertationen behandelt.5 Als Ausgangsdaten betrachtet diese Arbeit die institutionellen Rahmenbedingungen in Emerging Markets, wobei die konkreten Gegebenheiten in einem Land bei der Konzeptionierung von Projekten berücksichtigt werden. Der Begriff „Emerging Markets“ ist dabei zu definieren und abzugrenzen. Es dürfte zwar in der Realität nicht immer einfach sein, die klare Trennungslinie zu ziehen, welche Kriterien eigentlich typisch für Projektfinanzierungen in Emerging Markets sind, denn einige der angesprochenen Probleme treten ebenso in westlich orientierten Marktwirtschaften auf. Insofern gelten die gewonnenen Erkenntnisse teilweise auch für diese Regionen. Viele Risiken treten jedoch in Emerging Markets deutlich verschärft auf, was die Formulierung der Themenstellung rechtfertigt. Methodisch sollen mit Hilfe eines verhaltens- und entscheidungstheoretischen Modells, das sich insbesondere an den Interessenkalkülen und Denkweisen der beteiligten Individuen und Gruppen orientiert, die für Projekfinanzierungen relevanten Entscheidungsstrukturen herausgestellt und untersucht werden, welche Transaktionskosten jeweils bestehen und wie diese eventuell gesenkt werden können. Nachdem in Kapitel I die definitorischen und methodischen Grundlagen für das Thema gelegt worden sind, analysiert Kapitel II die Projektgesellschaft innerhalb des institutionellen Rahmens eines Landes und behandelt zunächst allgemeine institutionelle Risiken bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets. Jedoch konzentrieren sich die weiteren Ausführungen in weitaus größerem Umfang auf Infrastrukturfinan5

Z.B. UEKERMANN, Risikopolitik, S. 35 ff. 3

zierungen, bei denen gewöhnlich über einen Konzessionsvertrag eine vergleichsweise enge Verbindung mit einem jeweiligen Gastland besteht. In einem oft komplizierten Verhandlungsprozeß wird dabei nach geeigneten Arrangements gesucht, um möglichen Problemen entgegenzuwirken und die Belange der verschiedenen Seiten zu berücksichtigen. Im Rahmen einer sogenannten Private Public Partnership („PPP“) kommt es dabei unter Umständen auch zu Unterstützungsleistungen der öffentlichen Hand, um für eine Projektgesellschaft das unternehmerische Risiko einzugrenzen, deren unterschiedliche Wirkungen näher untersucht werden. Insgesamt muß durch eine geeignete Strukturierung erreicht werden, daß die Projektgesellschaft in der Lage ist, die notwendigen Cash-flows zu erwirtschaften, um hieraus die Rückführung des Kredits und eine angemessene Rendite für die Eigenkapitalgeber, deren Interessen hier besonders in den Vordergrund treten, zu gewährleisten. In Kapitel III wiederum steht das Verhältnis der Kreditgeber zur Projektgesellschaft im Blickpunkt, das als Principal-Agent Problem aufgefaßt wird. Die Banken achten darauf, daß sie ihre Rechte gegenüber dem Kreditnehmer wahren und durchsetzen können. Für sie ist zum einen der kollektivinterne Entscheidungsprozeß bei der Projektgesellschaft bedeutend und zum anderen, welche Möglichkeiten bestehen, über geeignete Covenants als gesetzte Restriktionen für die Projektgesellschaft deren Verhalten effektiv in ihrem Sinne zu beeinflussen. Ungeachtet eines guten Projektdesigns ist der private Kapitalmarkt jedoch in gewissen Ländern und Regionen nicht immer bereit, bestimmte Projekte zu finanzieren, da die institutionellen Rahmenbedingungen als unzureichend angesehen werden. Kapitel IV untersucht deshalb, wie Ressourcen von supranationalen Entwicklungsbanken in einer solchen Situation effizient eingesetzt werden können. Im Blickpunkt stehen dabei zwei unterschiedliche, marktwirtschaftlich orientierte Ansätze. Der eine Ansatz bedeutet gemeinsame Risikotragung unter dem Dach der Entwicklungsbank, die aufgrund ihres Status in der Lage ist, zur Senkung von Transaktionskosten für alle Kreditgeber und unter Umständen sogar für die Eigenkapitalgeber beizutragen. Beim anderen Ansatz übernimmt die Entwicklungsbank einzelne Teilrisiken ausschließlich und ganz, während die anderen Risiken von den übrigen Kapitalgebern alleine getragen werden müssen. Im ersten Fall nehmen supranationale Entwicklungsbanken wie die IFC und die EBRD für sich die Fähigkeit in Anspruch, durch ihre Mitwirkung und ihr Engagement internationale Finanzierungen und damit verbunden Projekte zu realisieren, die ansonsten nicht zustande kämen. Ausgehend von einem bestehenden Konzept, dem sogenannten A/B- Kreditprogramm,6 wird hinterfragt, inwieweit dieser Anspruch gerechtfertigt ist. Mit einbezogen in die Analyse wird sowohl die interne Organisationsstruktur von supranationalen Kreditinstituten wie EBRD und IFC als auch ihr 6

Das sogenannte A/B-Kreditprogramm, welches sowohl die EBRD als auch die IFC verwenden, wird ausführlich in Kapitel IV erläutert. Eine Defintion schon an dieser Stelle wäre nicht zweckmäßig.

4

Selbstverständnis bezüglich ihres Umgangs mit privaten Geschäftsbanken, Investoren und natürlich den jeweiligen Zielländern. Methodisch greift die Arbeit hier ebenfalls auf das in Kapitel I dargestellte theoretische Denkmuster zurück. Die Arbeit plädiert eher für eine Aufspaltung und Separierung von Risiken bei Projektfinanzierungen. Eine bloße Teilnahme supranationaler Entwicklungsbanken läßt unklar, welche Risiken hierdurch tatsächlich abgemildert werden. Diese sollten deshalb Teilgarantien gewähren. Für diesen zweiten Ansatz werden aufbauend auf bestehenden Konzepten verschiedene Vorschläge über denkbare Ausgestaltungsvarianten gemacht und deren Wirkungen diskutiert. Dabei fließen auch etwas weitergehende volkswirtschaftliche Überlegungen hinsichtlich eines möglichst optimalen Einsatzes der den Entwicklungsbanken zur Verfügung stehenden Mittel in die Erörterung mit ein. B. Forschungskonzeption Zum Thema Projektfinanzierung liegen inzwischen eine Vielzahl von Veröffentlichungen vor, wobei im Mittelpunkt die Darstellung dieses Finanzierungsinstruments,7 die Ausgestaltung einer allgemeinen Risikopolitik8 oder die Einordnung von Projektfinanzierung in einen bankbetriebswirtschaftlichen Kontext stehen (strategische Ausrichtung und operationale Umsetzung dieses Geschäftsfelds).9 In einigen Aspekten nutzt die Arbeit dieses bestehende Wissen, wenn auch ihr Fokus eine eigene Ausrichtung hat. Auf der anderen Seite existiert eine breite Literatur, die sich mit Institutionen und deren Funktionieren bzw. deren Effizienz beschäftigt. Dazu gehören insbesondere die Property Rights-, die Transaktionskosten-, die Acency-, die Entscheidungs- und die Ordnungstheorie oder auch die ökonomische Theorie des Rechts und der Politik. Es gibt bereits erste Arbeiten im Bereich Projektfinanzierung, die mit institutionenökonomischen Ansätzen das Zustandekommen dieser Finanzierungsart zu erklären versuchen.10 Im Bereich Entwicklungsfinanzierung beschäftigt sich Zattler mit der Situation von Familienwirtschaften.11 Diese Arbeit verwendet demgegenüber theoretische Erkenntnisse aus der Institutionenökonomie insoweit, als sie nützlich sind, Entscheidungssituationen bei internationalen Projektfinanzierungen und deren Implikationen zu verdeutlichen und daraus relevante Aussagen und Empfehlungen abzuleiten. Sie dienen weiterhin als Analyseinstrument, um den Handlungsrahmen von supranationalen Entwicklungsbanken herauszuarbeiten.

7

Z.B. BACKHAUS/SANDROCK/SCHILL/UEKERMANN mit einer Reihe von Aufsätzen, die Projektfinanzierung aus den verschiedenen Perspektiven der Beteiligten (Sponsoren, Anlagenbauer, Banken usw.) sowie aus ökonomischer und juristischer Sicht darstellen. Ein amerikanischer Klassiker ist NEVITT/FABOZZI. 8 Vgl. UEKERMANN, Risikopolitik. 9 Vgl. SCHMITT. 10 Vgl. JÜRGENS oder SCHULTE-ALTHOFF. 11 Vgl. ZATTLER. 5

Ausgangspunkt für die Dissertation sind praktische Erfahrungen des Autors aus seiner Tätigkeit im Bereich Strukturierte Finanzierung/Internationale Projektfinanzierung bei einer großen Geschäftsbank. Die Betreuung eines Projektportfolios sowie die Mitarbeit in einem Projektteam im Rahmen eines Beratungsmandats für die Finanzierung eines Vorhabens in einem Emerging Market-Land haben geholfen, mögliche Problemfelder besser identifizieren zu können, auch wenn entsprechende Fallstudien hier aus Vertraulichkeitsgründen unerwähnt bleiben. Wichtige Impulse erhielt die Arbeit zudem durch einen einmonatigen Forschungsaufenthalt im „Project Evaluation Department“ („PED“) der EBRD 1998. Diese Abteilung betrachtet die Ergebnisse von Projekten und Programmen ex-post systematisch im Hinblick auf fünf strategische Beurteilungskriterien:12 • Warum war die EBRD als Entwicklungsbank für die Realisierung eines Projektes notwendig? • Welchen Einfluß hatte das Projekt auf den Transformationsprozeß? • Wurden die mit dem Projekt verbundenen Ziele erreicht? • Welches Geschäftsergebnis erzielte ein Unternehmen bzw. Projekt? • Welchen Investitionsertrag erwirtschaftete die EBRD aus einem Projekt? Zu einzelnen Projekten werden dort umfangreiche Berichte und Stellungnahmen verfaßt sowie Empfehlungen ausgesprochen, wie diese in den entsprechenden Zielländern der Bank (die Emerging Markets Osteuropas) zukünftig besser strukturiert und entwickelt werden können. Diese Erkenntnisse werden bei der EBRD praxisbezogen verwertet.13 Die vorliegende Arbeit versucht, aus der Praxis gewonnene Erkenntnisse zu systematisieren und auf ein theoretisches Fundament zu stellen. Sowohl bei Industrie- wie auch bei Infrastrukturfinanzierungen ist es essentiell für ein Vorhaben, ein ausgewogenes Interessengleichgewicht oder, wie Schepp es nennt, eine „Community of interest“, herzustellen und zu erhalten.14 Dies bedeutet nichts anderes, als daß die Interessen aller langfristig am Projekt Beteiligten in die gleiche Richtung gehen müssen. Community of interest heißt aber nicht Interessengleichheit, sondern lediglich, daß alle relevanten Parteien am gemeinsamen Ziel, das Projekt durchzuführen, festhalten, auch wenn sich während der Durchführung bestimmte Rahmenbedingungen ändern sollten. Es geht in dieser Dissertation deshalb darum, mit welchen Anreizstrukturen Projektfinanzierungen unter Emerging Markets-Bedingungen am besten realisiert werden.

12 13 14

6

Vgl. EBRD, Annual Report 1997, S. 36. Siehe EBRD, Annual Report 1996, S. 38. Siehe SCHEPP, S. 527-528.

KAPITEL I: EINFÜHRUNG UND METHODE DER ARBEIT A. Definition Projektfinanzierung

Vor der Betrachtung des eigentlichen Themas, Strukturierung und Realisierung von Projektfinanzierungen in Emerging Markets, wird zunächst der Begriff Projektfinanzierung in allgemeiner Weise erläutert.

1. Die Finanzierung einer sich selbst tragenden Wirtschaftseinheit

Unter Projektfinanzierung versteht man die Finanzierung einer normalerweise größeren Investition von einer sich selbst tragenden, abgrenzbaren Wirtschaftseinheit, dem Projekt.15 Die Kreditgeber und die Investoren stellen für Zins und Tilgung bzw. eine angemessene Rendite auf die eingesetzten Eigenmittel v.a. auf die zu erwartenden Liquiditätsüberschüsse (Cash-flows) des Projektes ab. Die Rückzahlung der Kredite orientiert sich daher an den erwarteten Einnahmen des Projektes einerseits und den Betriebskosten bzw. eventuell erforderlichen Ersatzinvestitionen andererseits. Auch die Gestaltung der Kreditsicherheiten richtet sich hauptsächlich nach der Wertschöpfung des Projektes. Aus Kreditgebersicht entscheidend ist somit die Ertragskraft des Projektes und nicht wie sonst die Bonität des Kreditnehmers.16

2. Die Verteilung von Aufgaben, Finanzierungslasten und Risiken auf die verschiedenen Projektbeteiligten

Das folgende Schaubild zeigt, welche Akteure bei Projektfinanzierungen beteiligt sind. Die Projektgesellschaft steht dabei im Zentrum und mit den übrigen Beteiligten in einem engen Beziehungsgeflecht: 17

15

PRICEWATERHOUSE COOPERS, S. 3. HERMES-KREDITVERSICHERUNGS AG, S. 1. 17 Vgl. auch UECKERMANN, Technik, S. 16, wobei dem Schaubild dieser Arbeit der Betreiber als Beteiligter hinzugefügt wurde. 16

7

Darst. 2: Beteiligte einer Projektfinanzierung Sponsoren = Eigenkapitalgeber Anlagenlieferanten Projektgesellschaft Lieferanten von Roh- Hilfs- und Betriebsstoffen

Betreiber

Staat, staatliche Institutionen des Gastlandes

Fremdkapitalgeber

Abnehmer der Projektleistung

Eine Projektfinanzierung ist mit bestimmten Risiken verbunden, deren deutliche Identifizierung und Separierung Grundlage für eine solide Projektstruktur ist. Als Risiko wird die aus Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen resultierende Möglichkeit des Eintritts von unerwarteten Ereignissen mit negativer Ergebnisausprägung, die eine Verlustgefahr bedeuten, bezeichnet.18 In der Literatur gibt es keine einheitliche Aufzählung der mit Projektfinanzierungen verbundenen Risiken. Zweckmäßig für eine allgemeine Darstellung ist die von Ueckermann getroffene Unterscheidung, die Risikokategorien in Reserve- und Abbaurisiken, Fertigstellungs-, Zuliefer-, verfahrenstechnische-, Markt-, Betriebs- und Management- sowie Länder- und Force-MajeureRisiken unterteilt.19 Hinzufügen könnte man noch Zinsänderungs- und Währungsrisiken. Maxime einer effizienten Aufgabenverteilung sollte sein, daß diejenige Partei ein Einzelrisiko übernimmt, das sie am besten managen kann. Von der individuellen Ausgestaltung einer Projektstruktur hängt schließlich die Finanzierungsentscheidung der Kapitalgeber ab. Im folgenden wird, angelehnt an obiges Schaubild, dargestellt, wie Aufgaben, Finanzierungslasten und Risiken zwischen den verschiedenen Beteiligten bei einer Projektfinanzierung verteilt werden.

18 19

8

SCHMITT, S. 129. UECKERMANN, Risikopolitik, S. 30.

2.1. Die Projektgesellschaft und ihre Eigenkapitalgeber Im Mittelpunkt einer Projektfinanzierung steht die Projektgesellschaft, die bei einem jeweiligen Vorhaben die unternehmerische Gesamtverantwortung übernimmt. Sie trägt Risiken insoweit, als diese nicht mittels vertraglicher Vereinbarungen von anderen Seiten übernommen werden. Sponsoren (Eigenkapitalgeber) der Projektgesellschaft bezeichnen Parteien, die meist eine weitere Funktion innerhalb des Projektes zu erfüllen haben (z.B. Anlagenlieferanten, Betreiber, Zulieferer, Staat usw.) und die über ihre Beteiligung stärker in das Projekt eingebunden werden. Sie sind somit einerseits Investoren, die für ihren Kapitaleinsatz eine ausreichende Rendite erwarten, andererseits bilden sie jedoch selbst einen Teil der Risikostruktur. Durch ihre stärkere Einbindung in die wirtschaftliche Entwicklung soll das dauerhafte Interesse der wichtigsten Parteien an einer erfolgreichen Durchführung des Projektes sichergestellt werden. So ist die Kapitalbeteiligung der Sponsoren jeweils als glaubhafte Zusicherung zu interpretieren, vertragliche Vereinbarungen einzuhalten und auf opportunistisches Verhalten zu verzichten (siehe Kap.III, A.). Kennzeichnend für Projektstrukturen ist eine Komplementarität der Leistungsbeziehungen.20 Zudem gilt das eigene Engagement in den Augen der potentiellen Kreditgeber als Richtschnur für das Vertrauen in die Qualität des vorgeschlagenen Projektes.21 Für die Sponsoren liegt ein Vorteil der begrenzt erfolgten Kapitalbeteiligung an der Projektgesellschaft in der Diversifikation ihres Vermögensportfeuilles. Das einzelne Sponsorenunternehmen kann sich an mehreren Investitionsvorhaben beteiligen und so innerhalb des eigenen Unternehmens eine Risikostreuung vornehmen22 und auch neue Geschäftsfelder erschließen. Der Ausweis der Projektkredite erfolgt direkt in der Bilanz der kreditnehmenden Projektgesellschaft und die Bilanz der Sponsoren wird hiervon nicht direkt berührt (Off-Balance-Sheet-Finanzierung),23 außer eine Beteiligung ist konsolidierungspflichtig. Normalerweise müssen die Sponsoren lediglich ihre Beteiligung auf der Aktivseite ihres Jahresabschlusses angeben, wobei sich ihr Verschuldungsgrad damit nicht verschlechtert. Allerdings verpflichten sich die Sponsoren oft gegenüber den Kreditgebern, bis zur technischen Fertigstellung bzw. bis zum Nachweis der grundsätzlichen wirtschaftlichen Machbarkeit eines Projektes, zusätzlich benötigte Mittel nachzuschießen. Dies gibt den Kreditgebern weitere Sicherheit in bezug auf die Start-up-Phase des Projektes und erhöht generell die Realisierungssicherheit. Allerdings werden die Sponsoren bei einer Finanzierung auf „limited recourse-Basis“24 mit entsprechendem Pricing auf alle 20

Siehe JÜRGENS, S. 103. KECK, S. 27. 22 SCHULTE-ALTHOFF, S. 152. 23 SCHULTE-ALTHOFF, S. 35. 24 Man unterscheidet hinsichtlich der Rückgriffsmöglichkeiten der Fremdkapitalgeber auf die Eigenkapitalgeber die 3 Grundformen „full-recourse financing“, „limited recourse-financing“ und „non-recourse“ financing, vgl. SCHULTE-ALTHOFF, S. 41. Im Falle einer echten Projektfinanzierung bestehen höchstens eingeschränkte Rückgriffsmöglichkeiten auf die Sponsoren. 21

9

Fälle ab einem bestimmten Zeitpunkt aus jeglicher Durchgriffshaftung entlassen („Financial Completion“). Daneben können jedoch auch reine Finanzinvestoren Eigenkapitalzeichner sein, die sich bei ihrer Investitionsentscheidung ausschließlich an der Höhe des internen Zinsfußes und des eingegangenen Risikos orientieren. Da die Anleger wegen des späten Betriebsbeginns nach einer normalerweise langen Bauzeit mit einer größeren Unsicherheit belastet sind, verlangen sie dementsprechend hohe Renditen (Risikoprämien). Allerdings bleibt diese Gruppe in der Betrachtung dieser Arbeit weitgehend unberücksichtigt. 2.2. Die Fremdkapitalgeber der Projektgesellschaft Neben Eigenkapital- tragen gewöhnlich auch Fremdkapitalgeber zur Finanzierung eines Vorhabens bei. Gewöhnlich arrangiert dabei eine am Kapitalmarkt bekannte Bank den Kredit für die Projektgesellschaft. Auf Grundlage eines Informationsmemorandums und weitergehender wirtschaftlicher Daten werden andere Banken eingeladen, sich gegen eine Marge am jeweiligen Konsortialkredit zu beteiligen. Da die zu finanzierenden Vermögensgegenstände der Projektgesellschaft ihren Wert hauptsächlich aus ihrer spezifischen Verwendung innerhalb eines Vorhabens erzielen (sunk costs), stellt die Finanzierung vornehmlich auf die erwarteten Cash-flows des Projekes und erst in zweiter Linie auf die Sicherheiten ab. Für die Kreditgeber maßgeblich sind dabei einerseits die Sicherheit der Prognose von Kosten und Einnahmeströmen und andererseits die erwartete Schuldendienstdeckung in jedem einzelnen Geschäftsjahr bis Laufzeitende. Die Kennzahl Schuldendienstdeckung („Debt Service Coverage Ratio“) drückt aus, um welchen Faktor der Cashflow vor Zins- und Tilgungszahlungen diesen Betrag übersteigt.25 In Sensitivitätsanalysen, bei denen Kosten- und Einnahmegrößen variiert werden, berechnet man gewöhnlicherweise noch weitere mögliche Szenarien, um die Stabilität eines Modells einzuschätzen und um zu sehen, ob die Rückzahlung noch in dem schlechtesten angenommenen Fall gewährleistet bleibt. Da Fremdkapitalgeber nicht am erhöhten Gewinnpotential einer Investition teilnehmen, verhalten sie sich bei der Kreditvergabe eher risikoavers. So verlangen sie beispielsweise bei Projekten im Rohstoffbereich gewöhnlich nicht nur den Nachweis bestehender Reserven, sondern sogar den Förderbeginn als Finanzierungsvoraussetzung. Zur Sicherstellung der Tilgungsfähigkeit des Explorationsprojektes müssen die nachgewiesenen Reserven mindestens der bis zum Ende der Kreditlaufzeit geplanten Gesamtfördermenge entsprechen. Jedoch wird eine solche Relation den Fremdkapitalgebern nicht immer genügen, und unter Umständen fordern sie ein wesentlich 25

GROSSE, S. 48.

10

günstigeres Verhältnis, dessen Quantifizierung neben der Höhe der nachgewiesenen Reserven unter anderem auch von dem Typ und der Qualität der Lagerstätte abhängt.26 Die Fremdfinanzierung eines Projektes erfolgt entweder über Bankdarlehen oder Anleihen. Die Vorzüge einer reinen Banken- gegenüber einer Anleihefinanzierung besteht in ihrer erhöhten Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Verhältnisse, was angesichts komplexer Projektstrukturen sehr nützlich sein kann. Einerseits können Rückzahlungsmodalitäten flexibler gestaltet werden, andererseits läßt sich im Fall notwendiger Umstrukturierungen in der Regel eine Einigung zwischen den Konsorten leichter erreichen. Anleihen hingegen eignen sich in bestimmten Situationen eher für längere Laufzeiten,27 weshalb Investmentbanken oft parallel zu einem syndizierten Kredit entsprechende Emissionen für einen Teil des Finanzierungsvolumens auf den Markt bringen. Somit lassen sich beide Finanzierungsvarianten optimal auf die Bedürfnisse der Projektgesellschaft abgestimmt gemeinsam anwenden. Ein Beispiel hierfür ist das Mobilfunkventure Turcell in der Türkei, für dessen langfristige Finanzierung eine Anleiheemission mit eine Laufzeit von 7 Jahren und ein syndizierter Konsortialkredit mit einer Laufzeit von 3 Jahren kombiniert wurden.28 Die Differenzierung zwischen den verschiedenen Fremdkapitalgebern soll im Rahmen der hier geführten Untersuchung keine Rolle spielen. Allerdings kommt der Unterscheidung zwischen Geschäfts- und Entwicklungsbanken eine besondere Bedeutung zu, die als zwei verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Interessenlagen verstanden werden (zur Rolle der Entwicklungsbanken, vgl. Kap. IV). 2.3. Die Anlagenlieferanten für ein Projekt und das Fertigstellungsrisiko Ein Anlagenkonsortium wird normalerweise als Generalunternehmer mit der Durchführung eines Projektes beauftragt. Das Fertigstellungsrisiko umfaßt, daß die Projektanlagen nicht oder nicht mit den geplanten Leistungsmerkmalen fertiggestellt werden29 oder daß ein Projekt verspätet oder zu höheren als den geplanten Kosten fertiggestellt wird. Häufig garantieren die Anlagenlieferanten gesamtschuldnerisch gegenüber der Projektgesellschaft die Erfüllung der Leistung, ein Investitionsvorhaben bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem vereinbarten Festpreis fertigzustellen (lump sum turnkey contract). Auswahlkriterien für die Generalunternehmer sind der Nachweis entsprechender Erfahrungen und Fähigkeiten in dem Bereich eines Projektes, Kenntnisse des Landes oder der Region, in dem die Projektanlagen errichtet werden, und ihre Finanzkraft.

26

SCHMITT, S. 134 – 135. Vgl. NEVITT/FABOZZI, S. 67. 28 Vgl. PROJECT FINANCE INTERNATIONAL, Turkey, S. 48. 29 NEVITT/FABOZZI, S. 37. 27

11

Mit dem Abschluß eines Bauvertrages wird in der Regel das Risiko von Kostenüberschreitungen den Anlagenlieferanten, soweit sie durch diese (z.B. infolge von Planungs-, Konstruktions- und/oder Ausführungsfehlern laut Bauvertrag) zu vertreten sind, zugeordnet.30 Für zeitliche Verzögerungen sind in der Regel Konventionalstrafen zu zahlen, die im Vertrag spezifiziert sind (oft ein bestimmter Betrag je Tag Verzögerung bis in Höhe von 10% des Auftragswertes). Teilweise legen die Hausbanken der jeweiligen Unternehmen noch Garantien für die eingegangenen Verpflichtungen heraus. Die Ausgestaltung von Anlagenverträgen soll so sein, daß sich die Kontraktoren für eine ordnungsgemäße Durchführung der ihnen zugeteilten Aufgaben verantwortlich fühlen und sich auf diese Weise die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Fertigstellungsrisiken verringert. Der Eintritt von Ereignissen, die von den Anlagenlieferanten nicht kontrollierbar sind (z.B. Genehmigungsrisiken, rechtliche Vorbehalte oder archäologische Funde von nationalem Interesse) ist jedoch die nur vom Staat eines Landes beeinflußbare Risikosphäre. Wenn es sich um ein von der öffentlichen Hand initiiertes Infrastrukturprojekt handelt, hat diese das Projekt von potentiell entstehenden Mehrkosten freizuhalten. Andernfalls trägt meistens die Projektgesellschaft solche Risiken, da sie ja auch die entsprechenden Genehmigungen erhält. Schwierigkeiten mit den Projektanlagen, die zu Abweichungen von den geplanten Leistungsmerkmalen führen, können hingegen auch erst nach der Fertigstellung der Projektanlagen und bei deren Betrieb auftreten. Soweit diese Schwierigkeiten v.a. auf die Technik der Projektanlagen zurückzuführen sind, stellen sie verfahrenstechnische Risiken dar.31 Eine Absicherung verfahrenstechnischer Mängel kann insbesondere durch sogenannte Verfügbarkeitsgarantien vorgenommen werden, die eine Haftung der Anlagenlieferanten, unabhängig von sonstigen Leistungs- und Erfüllungsgarantien, auch in der Betriebsphase von Projektanlagen bewirken.32 2.4. Die Betriebsgesellschaft und das Management eines Projektes Nach Fertigstellung geht die operative Verantwortung für ein Projekt gewöhnlich auf einen Betreiber über, wobei für die Ausübung dieser Rolle entweder die Sponsoren oder eine hierauf spezialisierte externe Organisation in Frage kommen. Betriebs- und Managementrisiken äußern sich darin, daß die Leistungserstellung unterbrochen oder beeinträchtigt wird bzw. nicht in der geplanten Qualität erfolgt oder in steigenden Produktionskosten. Übernehmen die Sponsoren selbst das Management und den Betrieb einer Anlage, haben diese wegen ihres Kapitaleinsatzes einen Anreiz, eine effiziente Leistungs30 31 32

Vgl. UEKERMANN, Risikopolitik S. 54. UEKERMANN, Risikopolitik, S. 68. A.a.O., S. 72.

12

erstellung sicherzustellen. Nimmt diese Funktion ein professioneller externer Betreiber wahr, eignen sich Boni bzw. Pönalen, eine gewinnabhängige Vergütung und die Möglichkeit, eine Betreibergesellschaft bei schlechter Leistungserfüllung auch aus ihrer Pflicht zur Betriebsführung zu entlassen, diese Partei zu einem effizienten Betrieb der Projektanlagen zu motivieren.33 Manchmal beteiligt sich die Betreibergesellschaft darüber hinaus jedoch trotzdem noch am Kapital der Projektgesellschaft, um ihr Interesse an deren wirtschaftlichen Gedeihen zusätzlich zu unterstreichen. Bestimmte Betriebsrisiken werden daneben durch Versicherungen übernommen, so z.B. Maschinen-, Betriebsunterbrechungs- oder auch Erdbebenversicherungen. Je nach Umfang können Schäden oder auch Ertragsausfälle abgedeckt werden. Risiken aus dem Betrieb, die weder vom Betreiber noch von Versicherungen getragen werden, verbleiben hingegen bei den Sponsoren und Kreditgebern. 2.5. Die Zulieferer eines Projektes Für den Erfolg eines Projektes ist wichtig, daß Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe sowie andere Vorprodukte in der benötigten Menge, Qualität und zu den prognostizierten Preisen beschafft werden können. Eine Bezugsquelle sollte möglichst langfristig die Fähigkeit und Bereitschaft besitzen, die benötigten Mengen in ausreichender Qualität und zu vergleichsweise geringen Preisen zu liefern.34 Dies kann v.a. von Bedeutung sein, wenn seitens des Staates bestimmte inländische Lieferanten vorgeschrieben werden (local content). Für den Fall, daß Lieferanten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, sind unterschiedliche Rechtsfolgen denkbar. Zum einen können sie dazu verpflichtet werden, bei Nicht-Belieferung für Ersatzlieferungen aus einer anderen Bezugsquelle zu sorgen. Andererseits kann im Rahmen von sogenannten „Put-or-Pay“ oder „Supply-or-Pay“Verträgen vereinbart werden, daß Lieferanten Zahlungen an die Projektgesellschaft zu leisten haben, die eine Ersatzbeschaffung der kontrahierten Vormaterialien ermöglichen, soweit die Lieferanten nicht leisten können (siehe Kap. II, A, 3.).35 2.6. Die Abnehmer der erstellten Leistung Eine Projektgesellschaft ist für die Rückzahlung der von ihr gezogenen Kredite darauf angewiesen, für die von ihr erbrachten Leistungen entsprechende Erlöse zu erzielen. Abnehmer können einerseits direkt die Konsumenten als Endkunden eines bestimmten Marktes sein. Die Preisbildung erfolgt hier entweder auf dem freien Markt oder sie wird in einem Konzessionsvertrag zwischen dem Staat eines Landes und der Projektgesellschaft geregelt. Andererseits kann eine Leistung auf Grundlage eines Abnahme33 34 35

RIEGER, Harald, S. 73. UEKERMANN, Risikopolitik, S. 66. Vgl. NEVITT/FABOZZI, S. 368. 13

vertrages verkauft werden, wobei sich die Abnehmer verpflichten, eine bestimmte Menge eines Produktes zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Die vorliegende Arbeit geht ausführlich auf das Marktrisiko und die mit Abnahmeverträgen verbundenen Probleme ein (siehe Kap. II, B, 5.3.d)). 2.7. Die Rolle des Staates bei einem Projekt Betrachtet man die Rolle des Staates bei einem Projekt, lassen sich gewöhnliche Industrie- von Infrastrukturprojekten unterscheiden. Bei den ersteren gehören staatliche Institutionen (Legislative, Exekutive und Judikative) zu den Rahmenbedingungen für ein Vorhaben, auch wenn der Staat innerhalb der Projektstruktur als Partei nicht unmittelbar in Erscheinung tritt. Jedoch ist der Staat bei Infrastrukturprojekten darüber hinaus als Konzessionsgeber meist Vertragspartner der Projektgesellschaft und damit direkt in dem Projekt involviert.36 Da Infrastrukturvorhaben für ein Land oder eine Region normalerweise eine strategische Bedeutung haben, handelt die öffentliche Hand mit der privaten Seite die Bedingungen hierfür aus. Der Staat bleibt teilweise sogar Gesellschafter innerhalb einer Projektgesellschaft, und manchmal unterstützt er im Rahmen einer sogenannten Private Public Partnership („PPP“, siehe Kap. II, B, 5.3.) ein Projekt auch materiell. Da diese Arbeit Projektfinanzierungen unter den institutionellen Bedingungen von Emerging Markets behandelt, kommt der Rolle staatlicher Institutionen bei einem Vorhaben innerhalb des gestellten Themas eine besondere Bedeutung zu. B. Definition Emerging Markets Im Blickpunkt dieser Arbeit stehen Projektfinanzierungen in sogenannten „Emerging Markets“, weshalb dieser Begriff und seine Bedeutung näher zu bestimmen sind. Der Begriff Emerging Markets in seiner heutigen Bedeutung entstand, als die IFC Anfang der 80-er Jahre Programme initiierte, um das Entstehen von Kapitalmärkten in ihren Ziel-, d.h. Entwicklungsländern zu fördern.37 Definitionen zur Eingrenzung der Bezeichnung Emerging Markets setzten seitdem an Kriterien wie Pro-Kopf-Einkommen, Größe des Kapitalmarktes, Grad der Industrialisierung, Markteintrittsbarrieren, Konvertierung der Landeswährung oder Anzahl der börsennotierten Unternehmen an. Die meisten Definitionen wurden im Zusammenhang mit Portfolioinvestitionen an den Börsen entsprechender Länder gebraucht.

36

Natürlich vergibt der Staat auch für die Durchführung von einzelnen Industrieprojekten Konzessionen und Genehmigungen. Diese haben jedoch eher den Zweck, für die Planung und Erschließung von Industriegebieten Regeln zu setzen und auch gewisse Sicherheits- und Umweltstandards zu gewährleisten. Demgegenüber gewähren Konzessionsverträge bei Infrastrukturprojekten der Projektgesellschaft bestimmte Exklusivrechte im Austausch für die Erbringung einer Leistung unter vorher festgelegten Bedingungen. Die Rechte und Pflichten beider Parteien werden dabei sorgfältig und detailliert festgelegt. 37 MOBIUS, S. 3. 14

Mobius bezeichnet als Emerging Markets Länder, die über ein geringes oder mittleres Pro-Kopf-Einkommen verfügen, in denen Kapitalmärkte noch nicht weit ausgebildet oder die noch nicht sehr industrialisiert sind.38 Im Einklang mit vielen Autoren versteht er unter Emerging Markets also Entwicklungsländer im weitesten Sinne.39 Investitionen in diesen Regionen seien mit spezifischen Risiken verbunden,40 u.a. mit besonderen politischen Risiken sowie Währungs- und Unternehmensrisiken. Politische Risiken würden dabei aus einem instabilen Umfeld resultieren und Währungsrisiken seien wegen häufig hoher Inflationsraten und teilweise extremen Abwertungen in Emerging Markets besonders weit verbreitet. Für Schnatz wiederum sind Emerging Markets aufstrebende Schwellenländer, die durch sich dynamisch entwickelnde Volkswirtschaften gekennzeichnet sind und in der Regel der Gruppe der Länder mit mittleren Einkommen angehören.41 Es müssen demnach gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, damit Ländern der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten offensteht, die eine inländische Ersparnisbildung ergänzen und damit erlauben, die Investitionstätigkeit auszuweiten. Auch die IFC führte 1996 die angestiegenen Kapitalflüsse von 1980 bis Mitte der 90-er Jahre auf positive Trendentwicklungen in einigen Regionen zurück:42 „Policy and market changes improved investor confidence. Macroeconomic stabilization, financial markets liberalization (particularly the relaxation of rules constraining foreign investors), the resolution of the 1980s debt crisis, rapid economic growth and high rates of return from early funds have all improved investors` perceptions of Emerging Markets. ... Demand for capital has risen in transition economies. The combination of new, growing private firms, a distressed banking sector and voucher privatization in the transition economies has led to heavy demand (and opportunities) for equity financing from both portfolio funds and private equity/venture capital funds.“ Allerdings haben die Krisen der vergangenen Jahre gezeigt, daß die mit solchen Entwicklungen verbundenen gewaltigen Veränderungsprozesse auch eine gewisse Instabilität mit sich bringen. Diese können sich entweder auf volkswirtschaftlicher, aggregierter Ebene dadurch zeigen, daß Politikwechsel stattfinden oder Märkte einbrechen, oder auf betriebswirtschaftlicher Ebene, wenn ein Projekt nicht planmäßig verläuft und in Schwierigkeiten gerät. Diese Arbeit versteht deshalb unter Emerging Markets, angelehnt an Schnatz, aufstrebende Schwellenländer, faßt hingegen darüber hinaus als deren Charakteristikum auf, daß sie sich in einem Prozeß des institutionellen Wandels befinden. 38

MOBIUS, S. 15. So verstehen beispielsweise CROCKETT oder FRANKEL/ROSE in ihren Studien unter Emerging Markets Entwicklungsländer. 40 MOBIUS, S. 135-163. 41 SCHNATZ, S. 17. 42 IFC, Investment, S. 2. 39

15

Besonders deutlich tritt dies in den sogenannten Transformationsländern Osteuropas hervor, in denen ausgehend von der Planwirtschaft Ende der 80-er Jahre tiefgreifende Reformen eingeleitet wurden. Im Mittelpunkt des Wandels in Emerging Markets stehen häufig Privatisierungsprogramme, die Einführung neuer Spielregeln in Form von neuen Rechtsnormen (beispielsweise die Einführung eines revidierten Unternehmens- oder Zivilrechts), die Einrichtung von Regulierungsbehörden und die Etablierung von Wettbewerbsmärkten. Mikroökonomische Reformen sind zusätzlich durch makroökonomische Stabilitätsmaßnahmen zu flankieren, die zu gewährleisten haben, daß auch im Falle hoher Wachstumsraten keine Überhitzung eintritt. Schließlich passen sich die einzelnen Individuen und Gruppen in ihrem Verhalten sowie die Institutionen einer Gesellschaft dem stattfindenden Wandel erst allmählich oder nicht in der Weise an, wie dies aus Sicht westlicher Kapitalgeber zu wünschen wäre. Für Projektfinanzierungen in Emerging Markets ergeben sich daraus institutionell bedingte Risiken, die unter Kapitel II, A thematisiert werden und die Ausgangspunkt für die weiteren Untersuchungen dieser Arbeit sind. C. Methode der Arbeit In ihrer Untersuchung verwendet die Arbeit einen verhaltens- und entscheidungsorientierten Ansatz. Der Ansatz dient als Denkmodell und Analyseraster, dessen Funktion es ist, institutionell bedingte Risiken bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets besser zu identifizieren und zu verstehen, um auf dieser Grundlage Lösungsvorschläge zur Abmilderung dieser Risiken zu konzipieren. Im folgenden seien zunächst die einzelnen Variablen definiert, die in ihrer konkreten Ausgestaltung in einem institutionellen Umfeld die Entscheidungsstruktur für Projektfinanzierungen bilden. Die Arbeit hinterfragt dann auf dieser Grundlage, wie ein Projekt ggf. zu konzipieren ist, damit Transaktionskosten möglichst gering gehalten werden, und inwieweit supranationale Entwicklungsbanken zusätzlich zu deren Senkung beitragen können. 1. Die Variablen einer Entscheidungssituation Der vorliegende Ansatz geht in seiner Idee auf Anregungen von Kleinewefers43 zurück, der einige Gedanken hiervon in einem anderen Zusammenhang entwickelt hat. Die Definition der einzelnen Variablen wurde jedoch an die Bedürfnisse des Themas angepaßt und mit Erkenntnissen aus der Institutionenökonomie, insbesondere mit den Beiträgen von North44 ergänzt. Eine Entscheidungssituation setzt sich demnach aus 5 verschiedenen Variablen zusammen. Im Mittelpunkt steht das Verhalten eines Entscheidungsträgers (1. Variable), der bestimmte Ziele verfolgt (2. Variable) und dabei gleichzeitig gewissen Restriktionen (3. Variable) unterworfen ist. Handelt es sich beim Entscheidungsträger um ein Kollektiv, geht den Entscheidungen und Zielformulierungen ein kollektivinterner 43 44

KLEINEWEFERS, Theorie, S. 19-57. NORTH, Institutions und NORTH, Structure und NORTH/THOMAS.

16

Entscheidungsprozeß (4. Variable) voraus. Andererseits gibt es zwischen verschiedenen Kollektiventscheidungsträgern kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse (5. Variable). Bei der 1. Variablen geht es um die Auswahl der für eine Entscheidungssituation bedeutenden Handlungsakteure, während in bezug auf die inhaltliche Konkretisierung der Variablen 2-5 Annahmen getroffen werden, die grundsätzlich als Hypothesen zu betrachten sind und die somit falsifizierbar sind.45 Allerdings werden diese Hypothesen nicht empirisch getestet, sondern es werden logische Schlußfolgerungen und normative Aussagen (Empfehlungen) aus ihnen abgeleitet. Ihre Aussagekraft für die Analyse einer Entscheidungssituation und damit auch die Qualität der sich daran anschließenden Vorschläge zur Strukturierung eines Projektes hängen davon ab, inwieweit sie die Realität tatsächlich widerspiegeln. Insoweit sie dies tun, sind die aus ihnen abgeleiteten Erkenntnisse von Relevanz. 1.1. Entscheidungsträger bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets Wenn von Entscheidungsträgern bei Projektfinanzierungen gesprochen wird, versteht man darunter üblicherweise zuerst Handlungsakteure, die nach außen in Erscheinung und gegenseitig in Interaktion treten. Thematisch relevant sind im Zusammenhang dieser Arbeit die Projektgesellschaft und ihre Sponsoren, Vertragspartner der Projektgesellschaft, die Verwaltung und der politische Sektor sowie die Bevölkerung eines Landes und schließlich die Fremdkapitalgeber und supranationalen Entwicklungsbanken. Jedoch ist zu beachten, daß Entscheidungen solcher Kollektive kollektivinterne Entscheidungsprozesse vorangehen, bei denen es auf einer tiefer gelegenen Ebene meist Subkollektive (z.B. Risikomanagement einer Entwicklungsbank) gibt und bei denen die primären Entscheidungsträger immer Individuen darstellen. An vielen Stellen geht diese Arbeit aus Praktibilitätsgründen dennoch direkt vom Kollektivakteur aus. Es wäre zu aufwendig und von seinem wissenschaftlichen Erkenntnisgehalt nicht gerechtfertigt, jede mögliche Entscheidung bis auf die Ebene der Individualakteure zurückzuverfolgen. Dort wo dies hingegen sinnvoll und notwendig erschien, beispielsweise innerhalb einer Entwicklungsbank, wurde doch eine Analyse der kollektivinternen Entscheidungsprozesse und die individualistische Fundierung des Verhaltens eines Kollektivakteurs vorgenommen.

45

Zur Falsifizierbarkeit von Hypothesen, vgl. POPPER, S. 19. 17

1.2. Ziele und Werte von Entscheidungsträgern a) Ziele und Werte von Individuen als Entscheidungsträgern Individuelle Handlungsakteure werden in ihrem Verhalten und ihren Entscheidungen von Zielen und Werten bestimmt. Vermutete typische Ziele eines Individuums im Rahmen dieser Arbeit sind an erster Stelle das Überleben in einer Funktion, da dies es erst ermöglicht, weiteren hiervon abhängigen Zielen nachzugehen (lexikographische Nutzenfunktion) und darüber hinaus ein möglichst hohes Einkommen sowie ein großes Maß an Prestige, Macht und Freiheit bei gleichzeitiger Sicherheit sowie geringem Arbeitsaufwand. Allerdings würde eine solch einseitige Sichtweise, die das Individuum als Entscheidungsträger betrachtet, der ausschließlich in diesem Sinne seinen Nutzen maximieren möchte, der Realität nicht gerecht werden, wie North berechtigterweise feststellt: 46 „Human behaviour appears to be more complex than that embodied in the individual utility function of economists` models. Many cases are not simply of wealthmaximizing behaviour, but of ... self-imposed constraints which radically change the outcomes with respect to the choices that people actually make. Similarly, we find that people decipher the environment by processing information through preexisting mental constructs through which they understand the environment and solve the problems they confront.“ Insofern beeinflußt zum einen der Wissenshintergrund eines Entscheidungsträgers dessen Verhalten. Dieser richtet seine Zielvorstellungen in einem besonderen Maß an seinen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie seinem Erfahrungshintergrund aus. Shleifer stellt in diesem Zusammenhang fest, daß politische Entscheidungsträger, die in den Transformationsländern aus dem sozialistischen System hervorgegangen sind, meist nicht in der Lage seien, auch in einer Marktwirtschaft ihre Funktionen angemessen auszufüllen. Die Tatsache, daß in Polen im Gegensatz zu Rußland bedeutend mehr frühere politische Handlungsakteure durch neue ersetzt wurden, sei seiner Ansicht nach eine Erklärung, warum für private Unternehmen in Polen investitionsfreundlichere Rahmenbedingungen entstanden seien als in Rußland.47 Zum anderen spielen auch Wertauffassungen in bezug auf Entscheidungskalküle eine große Rolle. Bereits Max Weber hat die Bedeutung einer protestantischen Erwerbsethik für den wirtschaftlichen Aufstieg der USA angeführt, da die dieser Lebenseinstellung zugrundeliegenden religiösen Werte Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Entwicklung fördern würden.48 Als gegensätzliches Beispiel läßt sich eine isla-

46 47 48

Vgl. NORTH, Institutions, S 20. SHLEIFER, S. 400. Vgl. WEBER.

18

mische Rechtsauffassung anführen, die u.a. Zinszahlungen untersagt und dadurch bestimmte Austauschbeziehungen, wie auch Projektfinanzierungen, verunmöglicht.49 Darüber hinaus gibt es allgemeine Einstellungen in bezug auf kooperatives Verhalten. In je stärkerem Ausmaß bestimmte Ansichten bezüglich Fairneß und moralische Normen von einer großen Anzahl von Individuen eines Kulturraumes getragen werden, desto mehr lohnt sich kooperatives Verhalten für den einzelnen, wie Axelroth in seiner Spieltheorie gezeigt hat, insbesondere wenn er mit anderen Individuen in wiederholten Austauschbeziehungen steht.50 Insofern können moralische Normen sogar mit nutzenmaximierendem Verhalten in Einklang stehen51 und eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung gewinnen, die das Vertrauen in Transaktionen erhöhen.52 Vertrauen wiederum fördert die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Handlungsakteuren und führt zu effizienteren Institutionen innerhalb einer Gesellschaft,53 die sich auch für die Konzipierung eines Projektvorhabens vorteilhaft auswirken. Auf der anderen Seite verhalten sich Individuen in der Regel nur solange gemäß gewisser Standards, solange sie hierdurch keine zu hohen Kosten erleiden.54 Sind die zu erwartenden Erträge aus opportunistischem Verhalten55 in einem institutionellen Umfeld hingegen hoch und das damit verbundene Risiko (die Wahrscheinlichkeit, daß opportunistisches Verhalten entdeckt wird multipliziert mit den zu erwartenden Sanktionen, die daraus erfolgen) im Vergleich dazu niedrig, ist zu befürchten, daß einzelne Entscheidungsträger unter einer solchen Konstellation versuchen, ihren eigenen Nutzen zu maximieren, auch wenn dies auf Kosten eines Kollektivs geschehen mag. b) Ziele von kollektiven Entscheidungsträgern In einem Kollektiv werden übergeordnete Ziele in der Regel von dessen Verfassung vorgegeben und entsprechen den Zielen eines Principals (Auftraggebers). So wollen die Bürger eines Landes Wohlstand und beauftragen (zumindest in einer Demokratie) den poltischen Sektor und die Verwaltung, die Voraussetzungen hierfür zu schaffen. 49

Vgl. BAKER, S. 20. Baker erwähnt, daß in Pakistan die Fremdkapitalgeber, sollten dort islamische Rechtsauffassungen als Gesetze verabschiedet werden, ihre Forderungen nicht mehr durchsetzen könnten. Insbesondere für Projekte im Energiebereich hätte dies fatale Folgen. 50 AXELROTH. 51 HOFSTADTER, S. 157 ff.. 52 Vgl. RAISER, S. 7: „In the case of economic development, the establishment of moral norms allows trust to emerge within societies.“ 53 SHLEIFER, S. 396, bezieht sich dabei auf Aussagen von Coleman, Fukuyama und Putman. 54 Siehe NORTH, Institutions, S. 22: „The evidence we have with respect to ... self-imposed standards of conduct suggests that the trade-off between wealth and these other values is a negatively sloped function. That is, where the price to indivuals of being able to express their own values and interests is low, they will loom large in the choice made; but where the price one pays for expressing one`s own ... norms ... is extremely high, they will conduct much less for human behaviour.“ 55 Bezüglich einer Definition von opportunistischem Verhalten, siehe KASPER/STREIT, S. 64: „Opportunism describes the short-term maximisation of human satisfaction without regard to the impact of such behaviour on others and without regard to the accepted norms of behaviour in a community. Such behaviour has disintegrating and hence harmful, long-term consequences and makes human actions less predictable over the long term.“ 19

Hauptziel einer supranationalen Entwicklungsbank dürfte demgegenüber sein, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformprozeß in ihren Zielländern zu fördern, was ihr von den Aktionären vorgegeben wird. Die Bildung entsprechender Organisationen soll jeweils zur Zielerreichung beitragen. Andererseits sind solche Oberziele meistens sehr allgemein gehalten und ein Kollektiv hat permanent Einzelentscheidungen zu treffen und konkrete Zwischenziele zu formulieren. Diese gehen durch einen personellen Aggregationsprozeß aus den Zielen der das Kollektiv bildenden Individuen hervor. Sie resultieren in der gleichen Weise aus diesem Aggregationsprozeß wie aus den zugrundeliegenden Zielen selbst, und inwieweit die getroffenen Entscheidungen schließlich dem gesetzten Oberziel dienen, hängt nicht zuletzt von den Restriktionen ab, denen die Entscheidungsträger, die das Kollektiv repräsentieren, unterworfen sind. Im Rahmen dieser Arbeit werden einzelnen Kollektiven zum Teil Ziele zugesprochen, da aus analytischen Gründen solche Vereinfachungen zweckmäß sind. Beispielsweise erscheint die Annahme plausibel, daß Sponsoren bei gleichem Risiko eine möglichst hohe Rendite erwirtschaften wollen. In den Fällen hingegen, in denen Diskrepanzen zwischen den Interessen individueller Entscheidungsträger und übergeordneter kollektiver Ziele bestehen, werden die kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesse näher untersucht (siehe 1.4.). 1.3. Entscheidungsträgern auferlegte Restriktionen Entscheidungsträger unterliegen in ihren Handlungen materiellen, formellen und informellen Restriktionen, die sie zu beachten haben. Materielle Restriktionen bedeuten im wesentlichen Knappheit, d.h. die verfügbaren Mittel eines Entscheidungsträgers sind begrenzt und vorhandene Ressourcen sind effizient einzusetzen, damit gesteckte Ziele soweit als möglich erreicht werden können. Materielle Restriktionen stellen somit hauptsächlich Input- und Budgetrestriktionen dar. Ein Staat in Emerging Markets, der sich zum Ziel setzt, seinen Bürgern eine sehr gute Infrastruktur bereitzustellen, wird dies nur im Rahmen gewisser einzuhaltender Budgetrestriktionen tun können. Durch Einbindung privater Projektgesellschaften hingegen mag es gelingen, die Spielräume für Investitionen zu erweitern. Formelle Restriktionen verteilen innerhalb eines von der allgemeinen Rechtsordnung gesetzten Rahmens Property Rights zwischen den einzelnen in Interaktion befindlichen Entscheidungsakteuren. Property Rights sind Handlungs- und Verfügungsrechte, die einzelnen Personen an Ressourcen im weitesten Sinne zustehen und durch Recht, Sitte oder Institutionen sanktioniert sind.56 Handlungsrechte definieren den 56

LEIPOLD, Eigentum, S. 55.

20

Handlungsspielraum eines Akteurs und grenzen ihn von den Handlungsspielräumen anderer Individuen und Kollektive ab. Formelle Restriktionen drücken sich in einer Verfassung und Statuten sowie in Form von Gesetzen, Verordnungen, Kompetenzabgrenzungen (z.B. Abgrenzung von Aufgabenbereichen in einer Organisation) und Verträgen aus, die sich sowohl auf den politischen als auch den wirtschaftlichen Bereich erstrecken. Eine Verfassung ist dabei in der Regel so konzipiert, daß sie sich nur unter Aufwendung höherer Kosten ändern läßt als Gesetze, Verordnungen und individuelle Vereinbarungen.57 Formelle Restriktionen stehen in einem Spannungsverhältnis mit den existierenden Sitten, Gebräuchen und Werten in einer Gesellschaft, was von großer Bedeutung ist. Allgemeine Wertauffassungen stellen nämlich auch informelle Restriktionen für die einzelnen Entscheidungsträger dar, die sie zu beachten haben. Informelle interpretieren, ergänzen oder erweitern gewöhnlich die formellen Restriktionen und bestimmen somit in großem Maße das Verhalten von Individuen und Gruppen in einem institutionellen Umfeld mit. Dies erklärt auch, warum in der Realität zu beobachten ist, daß gleiche oder ähnliche Gesetzte in verschiedenen Ländern zu vollkommen unterschiedlichen Verhalten von Individuen und Gruppen und damit Ergebnissen führen.58 Modifiziert der politische Sektor den formellen Rahmen, muß sich erst allmählich wieder ein institutionelles Gleichgewicht neu einstellen, außer es wurde mit den vorgenommenen Veränderungen eine Anpassung an bereits auf informeller Ebene stattgefundenen Entwicklungen nun auch formal vollzogen.59 Entweder gelingt es, dieses Gleichgewicht im Zeitablauf herzustellen, oder die neuen formellen Regeln sind nicht effektiv und damit nicht dauerhaft lebensfähig. In Zeiten tiefgreifenden institutionellen Wandels kommt es in Gesellschaften häufig zu aufeinanderfolgenden, sich teilweise widersprechenden gesetzlichen Veränderungen, was darauf hindeutet, daß ein entsprechendes Gleichgewicht noch nicht erreicht wurde und instabile Verhältnisse vorherrschen.60 Für die Durchführung einer Projektfinanzierung ist es jedoch bedeutsam, daß sich die einzelnen Parteien auf geschlossene Vereinbarungen, die auf formellen Regeln basieren, verlassen können, zumindest in den entscheidenden Punkten.61 Die Projektbeteiligten sind daher auf eine gewisse Stabilität und auf den Einklang von formellen Regeln mit gesellschaftlich anerkannten Normen angewiesen. Vor einem Vorhaben beziehen sie in ihr Entscheidungskalkül die Kosten mit ein, die aufzuwenden sind, um vertraglich festgelegte Vereinbarungen auch durchzusetzen. Darunter fallen Nachforschungen, die anzustellen sind, um eine Vertragsverletzung überhaupt festzustellen. 57

NORTH, Institutions, S. 47. NORTH, Institutions, S. 36. 59 A.a.O., S. 87-88. 60 Vgl. FOGEL, S. 23. Fogel spricht davon, daß in diesen Situationen der Zufall manchmal eine bedeutende Rolle spielt, welche gesellschaftliche Ausrichtung sich schließlich durchsetzt. 61 Nach SCHÜLLER, S. 150, muß durch eine Eigentumsordnung unmißverständlich bestimmt werden, wer die Verfügungsgewalt über Güter hat. Ein eventueller Güteraustausch ist über Verträge zu sichern. 58

21

Aufgrund möglicher Informationsasymmetrien ist es nicht selbstverständlich, daß eine solche auch erkannt wird. Anschließend sind die Auswirkungen, die hieraus resultieren zu ermitteln und ggf. welche Kompensation der geschädigte Vertragspartner fordern kann. Darüber hinaus stellt sich die wichtigste Frage, inwieweit die Rechte, die einer Partei aufgrund des formellen Rahmens zustehen müßten, im Falle einer Auseinandersetzung von hoheitlicher Seite durchgesetzt werden. Welche Ziele (Sind sie beispielsweise korrupt oder wollen sie sich als effiziente Handlungsakteure profilieren?) die dortigen Entscheidungsträger (Richter, Staatsanwälte, Regulierer, Konkursverwalter usw.) verfolgen und welche Wertauffassungen (feindliche oder positive Einstellung gegenüber ausländischen Investitionen u.a.) sie vertreten, ist von großer Bedeutung. Diese Entscheidungsträger werden in ihrem Handeln jedoch ebenso von den ihnen gesetzten Restriktionen beeinflußt. Sind sie unabhängig oder wem sind sie ggf. rechenschaftspflichtig? Sind Entscheidungswege insgesamt transparent und berechenbar, oder bestehen große diskretionäre Spielräume bei den Beteiligten, die die Gefahr eines opportunistischen Handelns mit sich bringen? Von den Antworten auf diese Fragen kann es schließlich abhängen, ob eine Projektfinanzierung machbar erscheint, oder ob die institutionellen Rahmenbedingungen, die maßgeblich von der Situation in einem Land bestimmt werden, dies nicht zulassen. North hebt diesen Sachverhalt nochmals hervor: „There is an immense difference in the degree to which we can rely upon contract enforcement between developed countries and Third World countries. In developed countries, effective judicial systems include well-specified bodies of law and agents such as lawyers, arbitrators, and mediators, and one has some confidence that the merits of a case rather than private payoffs will influence outcomes. In contrast, enforcement in Third World economies is uncertain not only because of ambiguity of legal doctrine (a measurement cost), but because of uncertainty with respect to behaviour of the agent.62 Gegenstand der vorliegenden Analyse sind Emerging Markets, die in ihrer Entwicklung zwischen Dritte Welt Ländern und westlichen Industrieländern liegen, aber deren Institutionen sich vielfach im Wandel befinden. Die Ökonomische Theorie des Rechts liefert dabei grundlegende Aussagen darüber, wie sich Individuen und Gruppen unter bestimmten formellen und auch informellen Rahmenbedingungen verhalten. Bei der Strukturierung eines Projektes sind solche Erkenntnisse mit einzubeziehen.

62

NORTH, Institutions, S. 59.

22

1.4. Kollektivinterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse Handelt es sich bei einem Entscheidungsträger um ein Kollektiv, legt eine Kollektivverfassung den formellen Rahmen und damit zumindest in groben Zügen auch dessen kollektivinterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse fest. Die Entscheidungsfindungsprozesse finden entweder hierarchisch, in Verhandlungen oder durch Abstimmungen statt. Je nach Methode der personellen Aggregation, die von individuellen Kalkülen und Präferenzen zu kollektiven Entscheidungen führt, ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse. Wesentlich ist, welche Entscheidungsträger vorhanden sind, wie ihre relative Position ist, welche Ziele sie haben, welchen Restriktionen sie unterworfen sind und wie die jeweiligen internen Entscheidungsprozesse ausgestaltet sind. Davon hängt insbesondere auch ab, inwieweit eventuell vorgegebene übergeordnete Ziele tatsächlich realisiert werden (Verweis auf 1.2.). 1.5. Kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse Zwischen verschiedenen abgrenzbaren Kollektiventscheidungsträgern gibt es kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse, bei denen zumeist ex-ante ein Interessenausgleich über Verhandlungen stattfindet, in dem sich mehrere Handlungsakteure gegenüberstehen. Die jeweilige Verhandlungsposition wird dabei von deren Zielvorstellungen und Entscheidungskalkülen, den bestehenden Restriktionen, von den allgemeinen Rahmenbedingungen und durch die jeweilige Marktsituation bestimmt. So stellt die Analyse des Verhandlungsprozesses bei Konzessionsvergaben zwischen Verwaltung und politischem Sektor eines Landes einerseits und den Sponsoren, die ein Projekt initiieren andererseits die gegensätzlichen Interessen der Beteiligten gegenüber, die bei gegebenen formellen, informellen und materiellen Restriktionen eine Vereinbarung auszuhandeln versuchen. Das daraus resultierende Ergebnis hängt in der Realität allerdings nicht nur davon ab, wie angesichts der vorhandenen Ausgangsbedingungen die Projektstruktur am günstigsten zu konzipieren ist (was innerhalb dieser Arbeit herauszuarbeiten ist), sondern v.a. auch von der Konkurrenzsituation, die von der Attraktivität eines Standorts auf den jeweiligen Markt und dem Vergabeverfahren abhängt. Da der Projektfinanzierungsmarkt kein vollkommener Markt ist, kann es nämlich bezüglich des Verhandlungsergebnisses zu Abweichungen kommen zwischen dem, was von der reinen Analyse her geboten wäre und dem, was als Resultat aufgrund der Wettbewerbssituation herauskommt. Jedoch schließen die Verhandlungsparteien nur dann eine Vereinbarung, wenn beide Partner der Ansicht sind, daß die gemeinsam getroffenen Beschlüsse zumindest in den Bestandteilen, die sie als für sich essentiell einschätzen, anschließend auch durchgesetzt werden.

23

2. Realisierung einer Projektfinanzierung durch Senkung von Transaktionskosten Die behandelten Variablen bilden in ihrer konkreten Ausgestaltung die Entscheidungsstruktur für Austauschbeziehungen und werden durch die Institutionen eines Landes bzw. einer Gesellschaft bestimmt. Wirtschaftliche, technologische, soziale, kulturelle und politische Faktoren wiederum beeinflußen Institutionen.63 Die Arbeit untersucht die für eine Projektfinanzierung relevanten Entscheidungsstrukturen und die Höhe der einzugehenden institutionellen Risiken und der in einem bestimmten institutionellen Umfeld wahrscheinlich entstehenden Transaktionskosten. Investitions- und Produktionskosten bei einem Projektvorhaben setzen sich nicht nur aus den für die Leistungserstellung bereitzustellenden Faktorinputs, sondern darüber hinaus aus eben diesen Transaktionskosten zusammen. Im weitesten Sinne des Wortes versteht man unter Transaktionskosten Funktionskosten von Austauschprozessen. Im Falle eines Vertrages wären dies die Kosten vor Vertragsabschluß (Informationen, Evaluierung, Verhandlungen), des Vertragsabschlusses (besondere Formen, Gebühren und Steuern) und nach Vertragsabschluß (Organisation, Kontrolle, Durchsetzung).64 Demgegenüber beschreibt Williamson Transaktionskosten in Abhängigkeit vom Grad der bestehenden Unsicherheit bei Austauschprozessen, der Häufigkeit, mit der zwischen Verhandlungspartnern Transaktionen durchgeführt werden und wie spezifisch diese sind.65 Seine Erörterungen in diesem Zusammenhang dienten insbesondere der Theorie der Firma als wichtige Forschungsgrundlagen. Diese untersucht u.a., unter welchen Bedingungen Austauschprozesse effizienter kollektivintern innerhalb einer Firma und wann über den Markt stattfinden.66 Für den Gegenstand der Analyse dieser Arbeit, nämlich institutionelle Rahmenbedingungen bei Projektfinanzierungen, eignet sich hingegen die obige, allgemein gehaltene, Definition besser und wird daher im weiteren angewandt. Allerdings beziehen sich Kap. II, A, 3. und Kapitel III auch auf Williamson`s Transaktionskostentheorie, da dies für die dort erörterten Sachverhalte zweckdienlich ist und zur Erkenntnisgewinnung beiträgt. Kapitalgeber veranschlagen vor einer Investition die damit ungefähr verbundenen Transaktionskosten. Auf hohe Transaktionskosten und Risiken reagieren sie, indem sie entsprechend ihre Rendite- und Zinsanforderungen anheben oder eine Investition nicht finanzieren. Deshalb kommt es darauf an, ein Projekt möglichst optimal so zu konzi63

Vgl. GREIF, S. 57. Vgl. LEIPOLD, Einfluß, S. 190. Leipold erwähnt allerdings nicht die Kosten des Vertragsabschlusses, die hier jedoch ergänzt wurden. 65 WILLIAMSON, Transaction-Cost Economics, S. 178-179. 66 Vgl. COASE, dessen Aufsatz allerdings bereits vor dem Erscheinen von Williamson`s Transaktionskostentheorie verfaßt wurde und der die Existenz von Firmen als Folge hoher Transaktionskosten erklärt hat. 64

24

pieren, daß Transaktionskosten und Risiken entsprechend gesenkt bzw. abgemildert werden, ohne daß sich gleichzeitig die Preise für Faktorinputs wesentlich verteuern. Eine Projektstruktur hat sich somit möglichst weitgehend den institutionellen Gegebenheiten anzupassen. Aufbauend auf der aus der dargestellten Methode resultierenden Analyse zeigt die Arbeit Handlungsalternativen auf und macht Vorschläge, welche Maßnahmen getroffen werden können, um vertragliche Property Rights zu stärken und eine ausgewogene und dauerhaft tragfähige Projektstruktur zu erreichen. Ist es dennoch in einem Land nicht möglich, Transaktionskosten und Risiken für Investoren und Fremdkapitalgeber so zu senken, daß ein Vorhaben machbar erscheint, kann dieses erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden, wenn sich die institutionellen Rahmenbedingungen entscheidend verbessert haben - es sei denn, eine supranationale Entwicklungsbank wäre als Kollektivakteur in der Lage, die für ein Projekt benötigte Stabilität zu gewähren. In Kapitel IV wird deshalb mit Hilfe des diskutierten methodischen Ansatzes weitergehend hinterfragt, worin deren Beitrag zur Realisierung von Projektfinanzierungen in Emerging Markets tatsächlich liegt.

25

KAPITEL II: STRUKTURIERUNG EINER PROJEKTFINANZIERUNG UNTER INSTITUTIONELLEN BEDINGUNGEN VON EMERGING MARKETS Die Projektgesellschaft hat die Aufgabe, nach einer erfolgten Investition die für die Rückführung ausstehender Kredite und für die Erzielung einer risikoangepaßten Eigenkapitalrendite notwendigen Cash-flows zu erwirtschaften. Sie steht beim Leistungserstellungsprozeß in einem jeweiligen Land in einem Beziehungsgeflecht mit staatlichen Institutionen und privaten Vertragspartnern vor Ort. Dieses Kapitel untersucht die Strukturierung von Projektfinanzierungen im wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Umfeld von Emerging Markets.67 Der erste Abschnitt betrachtet allgemeine institutionelle Risiken und deren Behandlung, die sich sowohl bei Infrastruktur- als auch bei Industrieprojekten ergeben (Definition und Abgrenzung der Begriffe, siehe Kap.I, A, 2.7.). Im Mittelpunkt des zweiten, hierauf aufbauenden, umfangreicheren Abschnitts stehen Infrastrukturfinanzierungen von Konzessionsprojekten, bei denen die Projektgesellschaft und ein Gastland gewöhnlich eng über einen Konzessionsvertrag miteinander verbunden sind. Die Ausgestaltung der Beziehung einer Projektgesellschaft zum Staat im Rahmen einer PPP findet dabei in der Analyse besondere Berücksichtigung. A. Allgemeine institutionelle Risiken bei Projektfinanzierungen in Emerging Markets und deren Behandlung Institutionelle Risiken lassen sich auf unterschiedliche Weise definieren. So unterscheiden beispielsweise Brunetti, Kisunko und Weder in einer internationalen empirischen Vergleichsstudie 5 verschiedene Unsicherheitsbereiche,68 die negative Anreizwirkungen auf langfristige Investitionsvorhaben69 ausüben können. Genannt werden mangelnde Berechenbarkeit der Gesetzgebung und Politik, politische Instabilität, unternehmerfeindliches Regierungsverhalten und Korruption, Probleme bei der Durchsetzung bestehender Gesetze sowie eine nicht ausreichende oder zuverlässige Infrastruktur (Post, Telekommunikation, Verkehr usw.). In Befragungen wird ermittelt, mit welchen Unzulänglichkeiten in welchen Regionen und in welcher Intensität zu rechnen ist. Dieser Abschnitt analysiert demgegenüber zunächst in allgemeiner Weise direkte Enteignung- und Dispositionsrisiken durch staatliche Institutionen, denen ein Projekt ausgesetzt sein kann. Desweiteren setzen staatliche Institutionen Rahmenbedingungen, die Einfluß auf die ökonomische Entwicklung eines Landes haben. Dies wirkt sich neben anderen externen Faktoren wie der Weltwirtschafts- und Konjunkturlage auf die 67

Das Verhältnis zwischen Projektgesellschaft und Kreditgebern wird allerdings gesondert in Kapitel III behandelt. 68 BRUNETTI/KISUNKO/WEDER, S.3. 69 A.a.O., S. 1. 26

Währungsstabilität eines Landes aus. Diese hat für ein Projekt eine wichtige Bedeutung und wird daher erörtert. Die der Projektgesellschaft gegenübern ihren Vertragspartnern zustehenden Handlungs- und Verfügungsrechte werden durch staatliche Insitutionen legitimiert und ggf. durchgesetzt. Insoweit dies nicht wirksam geschieht, erhöht sich, abhängig von den Marktbedingungen, das Risiko oppotunistischen Verhaltens seitens der Vertragspartner. Das folgende Schaubild verdeutlicht die entsprechenden Zusammenhänge, die im einzelnen zu diskutieren sind.

Darst 3: Das institutionelle Umfeld eines Projektes

Politik & Verwaltung (z.B. Anwendung der Steuergesetze) sowie andere staatliche Exekutivorgane

Rechtsprechung

Gesetzgebung (u.a. Steuergesetze)

Setzen Rahmenbedingungen Staatliche Institutionen Wirtschaftliche Rahmenbedingungen (z.B. Währungsstabilität, Marktverhältnisse)

Enteignungs- und Dispositionsrisiko Projektgesellschaft

Wirken auf Handlungs- und Verfügungsrechte über Entscheidungen

Materielle Restriktionen

Externe Einflüsse (z.B. Weltwirtschaft,

Vertragspartner

27

1. Enteignungs- und Dispositionsrisiken durch staatliche Institutionen Diese Arbeit versteht unter Staat eine Organisationseinheit, die in einem bestimmten geographischen Raum das weitgehende Gewaltmonopol besitzt und Handlungs- und Verfügungsrechte ihrer einzelnen Mitglieder festlegt und durchsetzt.70 In der neoklassischen Theorie gibt es dabei nach Meinung von North zwei grundsätzliche Sichtweisen im Hinblick auf die Rolle des Staates:71 „Two general types of explanation for the state exist: a contract theory and a predatory or exploitation theory. ... Because a contract limiting each individual`s activity relative to others is essential for there to be economic growth, the contract theory approach offers an explanation for the development of efficient property rights that would promote economic growth. ... The predatory view considers the state to be the agency of a group or class. The predatory state would specify a set of property rights that maximized the revenue of the group in power, regardless of its impact on the wealth of the society as a whole.“ Welche Rolle ein Staat in der Realität tatsächlich spielt, dürfte von der konkreten individuellen Ausgangssituation in einem jeweiligen Land abhängen, von den dort vorherrschenden relativen Preisen und den damit verbundenen Anreizwirkungen für Individuen und Kollektive sowie nicht zuletzt von den allgemeinen kulturellen Wertauffassungen der Gesellschaftsmitglieder. Effiziente Property rights bestehen am ehesten dann, wenn Individuen und Kollektive ihren persönlichen Nutzen maximieren, indem sie gleichzeitig den Nutzen für die gesamte Gesellschaft erhöhen.72 Der Staat erfüllt seine wichtige Funktion, als unabhängige Instanz Transaktionskosten bei Austauschprozessen innerhalb einer Volkswirtschaft zu senken (vgl. auch Kapitel II, A, 3)73 und gleichzeitig ein investitionsfreundliches und produktives Umfeld zu gewährleisten. In dem Ausmaß, in dem diese Voraussetzung allerdings nicht erfüllt ist und Handlungsakteure in staatlichen Institutionen eher einen Anreiz haben, ihre eigene Wohlfahrt zu Lasten Dritter (z.B. ausländischer Investoren) zu maximieren (rentseeking behaviour), steigen entsprechend die Enteignungs- und Dispositionsrisiken. Der Staat stellt im Extremfall keine Schutzmacht mehr dar, sondern dient vielmehr nur den Interessen einzelner Individuen und Gruppen und ist daher korrupt. Unter Korruption versteht man, wenn öffentliche Macht zu privaten Zwecken mißbraucht wird.74 70

NORTH, Structure, S. 21 A.a.O., S. 21-22. 72 Siehe NORTH, Rise, S. 1: „Efficient organization entails the establishment of institutional arrangements and property rights that create an incentive to channel individual economic effort into activities that bring the private rate of return close to the social rate of return. ... The private rate of return is the sum of the net receipts which the economic unit receives from undertaking an activity. The social rate of return is the total net benefit (positive or negative) that society gains from the same activity. It is the private rate of return plus the net effect of the activity upon everyone else in the society.“ 73 NORTH, Structure, S. 37. 74 WORLD DEVELOPMENT REPORT 1997, S. 102. 71

28

Eine Enteignung stellt den tiefgreifendsten Eingriff eines Gastlandes in das Vermögen des Projektes bzw. der Projektgesellschaft dar. Eine Enteignung führt dazu, daß eine autonome Ausübung oder Kontrolle der Geschäftstätigkeit durch die bisherigen Anteilseigner einer Projektgesellschaft teilweise oder gänzlich unterbunden wird.75 In der Realität ist eine Projektgesellschaft eher mit Dispositionsrisiken konfrontiert, die ihren Handlungsrahmen maßgeblich einschränken. Diese resultieren einerseits aus einer direkten Einflußnahme des Gastlandes auf den Personal-, Beschaffungs-, Produktions-, Finanz- und Absatzbereich eines Projektes. Dazu zählen beispielsweise Produktionsbeschränkungen oder Vorschriften, welche das Projekt zur Belieferung einer bestimmten Region zwingen sowie Änderungen oder der Entzug projektbezogener Genehmigungen und Konzessionen.76 Unterlassungen (z.B. ein unzureichender Schutz vor kriminellen Handlungen Dritter) von Seiten des Staates fallen ebenfalls unter direkte Dispositionsrisiken. Andererseits äußern sich Dispositionsrisiken indirekt in allgemein veränderten Rahmenbedingungen, die erhebliche Auswirkungen auf den Cash-flow einer Projektgesellschaft haben. Enteignungs- und Dispositionsrisiken durch staatliche Institutionen ergeben sich von Seiten der Gesetzgebung, der Verwaltung oder der Rechtssprechung (siehe Kapitel II, A., 1.1.-1.3.). Da Steuergesetzgebung und -anwendung77 eine wichtige Bedeutung für die Investitionssicherheit haben, wird auf diese gesondert eingegangen (siehe Kapitel II, A., 1.4.). 1.1. Von Seiten der Gesetzgebung Projektinitiatoren und Investoren haben bis zu einem gewissen Ausmaß damit zu rechnen, daß gesetzliche Rahmenbedingungen in der Phase der Durchführung eines beschlossenen Vorhabens von der Legislative verändert werden. Insoweit solche Veränderungen negative Auswirkungen auf ein Projekt haben, besteht für die Projektgesellschaft ein institutionelles Risiko. Gesetzesvorhaben können sich auf alle Wirtschaftssubjekte eines Landes beziehen oder nur auf bestimmte Transaktionen oder einen bestimmten Personenkreis. Im ersten Fall geht es um eine allgemeine Politikrichtung, die von der Gesetzgebung verfolgt wird, während dies im zweiten Fall von den jeweiligen Umständen abhängt. Richten sich Gesetzesinitiativen gegen einen bestimmten Personenkreis und wird dieser als Folge dessen gegenüber anderen Wirtschaftssubjekten benachteiligt, hat die Gesetzgebung diskriminierenden Charakter. Die Neue Politische Ökonomie befaßt sich ausführlich mit dem Zustandekommen von politischen Entscheidungen und der Verabschiedung von Gesetzen. Dazu gehören 75

UEKERMANN, Risikopolitik, S. 101. UEKERMANN, Risikopolitik, S. 102. 77 Die Zahlung vereinbarter Zuwendungen, auf deren Erhalt ein Projekt vertrauen durfte, gehört ebenfalls zu den Enteignungs- und Dispositionsrisiken. Da solche Zuwendungen ihre Bedeutung insbesondere im Zusammenhang mit Infrastrukturfinanzierungen von Konzessionsprojekten im Rahmen von sogenannten Private Public Partnerships gewinnen, behandelt Kapitel II, B., 5.3. die Implikationen, die hiermit verbunden sind, gesondert. 76

29

sowohl die Inhalte und Entscheidungsgegenstände als insbesondere auch die Formen, Regeln und Institutionen des Zustandekommens politischer Entscheidungen.78 In Emerging Markets als aufstrebenden Schwellenländern, die sich in einem tiefgreifenden institutionellen Veränderungsprozeß befinden, laufen Prozesse häufig anders ab als in etablierten Industrieländern, die durch eine hohe Stabilität gekennzeichnet sind. Teilweise kommt es dort zu aufeinanderfolgenden Reformzyklen, deren Richtungen sich vollkommen widersprechen. Häufig spiegeln sich dahinter heftige Auseinandersetzungen unterschiedlicher mächtiger Interessengruppen bezüglich der grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Ausrichtung einer Gesellschaft wider.79 Für Sponsoren erschwert dies eine Beurteilung, unter welchen Rahmenbedingungen sie eine Investition tatsächlich unternehmen. Sie sind jedoch auf ein gewisses Minimum an Stabilität bezüglich der vorherrschenden politischen Grundeinstellung angewiesen.80 Je größer die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung (z.B. wenn die Verstaatlichung von großen Teilen der Wirtschaft oder negative Maßnahmen gegenüber ausländischen Investoren nicht auszuschließen sind), desto höher ist ceteris paribus für eine Projektgesellschaft das Enteignungs- und Dispositionsrisiko. Im Extremfall bedeutet eine zu hohe Unsicherheit ein unüberwindliches Investitionshemmnis für alle Beteiligten. Es muß trotz institutionellen Wandels ein gewisser Grundkonsens in einer Gesellschaft bestehen, daß private Handlungs- und Verfügungsrechte zu schützen und zu bewahren sind und hierfür bestimmte berechenbare Spielregeln gelten, damit Sponsoren und Banken unternehmerisch kalkulierbar handeln können. Unter Umständen gelingt es im Zweifelsfall Sponsoren oder Kreditgebern bei einem volkswirtschaftlich bedeutenden Projekt, Zusicherungen der Regierung zu erhalten, die garantieren, daß bestimmte rechtliche Positionen der Projektgesellschaft auch zukünftig geschützt sind und durch gesetzliche oder administrative Veränderungen des Staates nicht beeinträchtigt werden.81 Die Zuverlässigkeit solcher Zusicherungen hängt von der individuellen Situation in einem jeweiligen Gastland ab. 1.2. Von Seiten der Rechtsanwendung Zum Due-diligence-Prozeß bei einer internationalen Transaktion gehört es, abzuklären, inwieweit erworbene Handlungs-und Verfügungsrechte in einem Land nicht nur durch die Gesetzgebung, sondern auch durch eine verläßliche Rechtsanwendung geschützt sind. Dazu wird in der Regel die Meinung einer renomierten internationalen Rechtsanwaltskanzlei eingeholt („legal opinion“), welche sich zum rechtlichen Status eventu78

KIRSCH, S. 13. FOGEL, S. 23. 80 So bemerkt AHRENS, S. 11 im Hinblick auf Rußland: „Es ist festzustellen, daß in der russischen Gesellschaft eine Vielzahl von Wertvorstellungen und Verhaltensweisen existiert, die sowohl den Übergang zu einer marktwirtschaftlichen als auch die Etablierung einer funktionsfähigen demokratischen Ordnung behindern.“ 81 Vgl. UEKERMANN, Risikopolitik, S. 109. 79

30

eller Vertragspartner und ihrer Rechte und Pflichten, über eventuelle Erfordernisse bezüglich der Einholung staatlicher Genehmigungen und insbesondere zur Rechtmäßigkeit und Durchsetzungsfähigkeit aller nach lokalem Recht abzuschließenden Verträge äußert. Ferner sind ebenso Fragen hinsichtlich der allgemeinen Rechtssituation und -anwendung in allen für das Projekt relevanten Bereichen (z.B. die steuerliche Behandlung des Projektes) relevant. Schließlich verlangen besonders die Banken eine Prüfung, ob ausländische Urteile und Schiedssprüche durchsetzbar sind. Banken und Investoren erhoffen sich hierdurch die notwendige Sicherheit für ihr Engagement. In Emerging Markets stellt sich jedoch häufig das Problem, daß Gesetze unvollständig sind oder sich gegenseitig widersprechen oder teilweise sogar nicht öffentlich zugänglich sind. Doch selbst in Ländern, in denen diesbezüglich gute Voraussetzungen bestehen, fehlen oft wirksame Institutionen und die notwendigen Ressourcen, um dem geschriebenen Recht Geltung zu verschaffen. Vertretern der Judikative mangelt es nicht selten an entsprechenden Erfahrungen und Kenntnissen sowie an Verständnis für entsprechende Rechtsgrundsätze. Meist haben sie auch keinen Anreiz, gewisse Spielregeln zu respektieren, und unter Umständen verhalten sie sich auch korrupt. Schließlich handeln sie häufig nicht unabhängig, wenn die Gewaltenteilung noch nicht, wie beabsichtigt, funktioniert. Aus diesen Gründen äußern Rechtsanwälte in vielen Emerging Markets ihre Meinung nur unter Vorbehalt, wie Peel näher ausführt:82 „While the formulation varies from country to country and law firm to law firm, something along the following lines is typical: (i)

(ii)

This opinion is limited to normative legal Acts of the Republic which were officially published, publicly available and accessible to us and effective prior to the date hereof. We have not taken into account any such Acts which are unpublished, classified, secret or otherwise restricted in circulation. It is not possible to predict with any certainty how a Republic court would interpret the Transaction Agreements and the rights and obligations of the parties thereunder, because: (a) the participants in the court system of the Republic, and in particular, many judges, are unfamiliar with, and inexperienced in, the application of the terminology and concepts used in the Transaction Agreements; and (b) the Republic does not have a tradition of an independent judiciary.“

Das Risiko, das sich für die Projektgesellschaft als Ganzes aus der Rechtsanwendung durch die vorhandenen Institutionen vor Ort ergibt, kann ihre Geschäftstätigkeit erheblich negativ beeinträchtigen und ist deshalb ex-ante genau zu prüfen. Fatal kann sich auswirken, wenn eine bestehende Rechtsunsicherheit ignoriert oder unterschätzt wird und bestimmte Vorstellungen später nicht durchsetzbar sind. 82

PEEL, S. 17. 31

1.3. Von Seiten der Exekutive Die Exekutivorgane eines Staates, wie insbesondere Ministerien und die Verwaltung, aber auch Militär oder Polizei, üben das Gewaltmonopol innerhalb eines Landes aus und beeinflussen aus diesem Grunde in einem beträchtlichen Ausmaß die in einer Volkswirtschaft stattfindenden Entscheidungsprozesse. Auf eine Projektfinanzierung bezogen bedeutet dies, daß die Exekutive, v.a. die Verwaltung, mit entsprechenden Handlungen oder Unterlassungen ein Vorhaben entweder effizient unterstützen oder hingegen in willkürlicher Weise schädigen kann. Für jedes Land stellt sich die Aufgabe, einen solchen Machtmißbrauch, der vom formellen, d.h. gesetzlichen und rechtlichen Rahmen her unzulässig ist, weitgehend zu verhindern. Die Schwierigkeit, dies zu tun, liegt darin, daß staatliche Exekutivorgane einen gewissen Handlungsspielraum benötigen, um ihre Funktion angemessen zu erfüllen. Korruption entfaltet sich am ehesten dort, wo entsprechende Gelegenheiten hierzu bestehen, die von einzelnen Entscheidungsträgern ausgenutzt werden können. Die Abschaffung unnötiger bürokratische Kontrollen, eine größere Transparenz bei Verwaltungsentscheidungen und die Beschränkung der Kompetenzen entsprechender Handlungsakteure auf das Notwendige reduziert jedoch die Möglichkeiten zu korruptem Verhalten und schafft ein wirtschaftsfreundliches Investitionsklima.83 Eine verstärkte Rechenschaftspflicht dieser Handlungsakteure in bezug auf ihr Verhalten trägt zusätzlich zu deren Disziplinierung bei - dazu dient auch eine funktionierende Judikative. Steigt die Wahrscheinlichkeit, bei einer korrupten Handlung entdeckt zu werden und sind die daraus folgenden Sanktionen für den einzelnen schwerwiegend, beeinflußt dies das Kosten-Nutzen-Kalkül opportunistischen Verwaltungshandelns. Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt ist auch, ob die Gehälter relevanter Entscheidungsakteure so bemessen sind, daß sie wirtschaftlich unabhängig sind. Ist die Diskrepanz zwischen den Entscheidungsbefugnissen eines Handlungsakteurs und dessen Entlohnung besonders groß, ist die Wahrscheinlichkeit korrupten Verhaltens dementsprechend höher. Die Sponsoren eines Projektes haben ex-ante Überlegungen anzustellen, inwieweit ihr Vorhaben durch korruptes Verhalten der Exekutive negativ betroffen sein kann. Sie versuchen darüber hinaus die Verwaltungstradition eines Landes richtig zu beurteilen, denn daraus lassen sich Erwartungen bezüglich der Zukunft ableiten. Wird daraufhin diese Verwaltung als zumindest teilweise korrupt eingeschätzt, stellt sich für Inves83

So schreibt der WORLD DEVELOPMENT REPORT 1997, S. 105: „In general, any reform that increases the competitiveness of the economy will reduce incentives for corrupt behaviour. Thus policies that lower controls on foreign trade, remove entry barriers to private industry and privatize state firms in a way that ensures competition will all support the fight. If the state has no authority to restrict exports or to license businesses, there will be no opportunities to pay bribes in those areas. If a subsidy program is eliminated, any bribes that accompanied it will disappear as well. If price controls are lifted, market prices will reflect scarcity values, not the payment of bribes. Needless to say, reducing official discretion does not mean eliminating regulatory and spending programs with strong justifications.“

32

toren die Frage, ob sie Bestechungszahlungen überhaupt und wenn ja an wen leisten möchten und ob sich deren Höhe und die Erbringung der benötigten Gegenleistung zumindest einigermaßen zuverlässig voraussehen lassen. Wäre dies der Fall, stiegen zwar die Transaktionskosten, doch das Projekt könnte ceteris paribus dennoch stattfinden, solange ein geforderter interner Zinsfuß erwirtschaftet würde. Allerdings muß auch in diesem Fall das Risiko abgewogen werden, daß eine Bestechungshandlung später entdeckt wird und die Projektgesellschaft dadurch an Legitimation verliert. Wäre die Rentabilität hingegen wegen der gestiegenen Transaktionskosten sowieso nicht ausreichend oder würde trotz entsprechender Bestechungszahlungen eine zu große Unsicherheit im Hinblick auf die Realisierung des Projektes bleiben, fände das Vorhaben nicht statt. 1.4. Durch die Steuergesetzgebung- und anwendung Die Steuerbelastung in einem jeweiligen Land hat sowohl auf die Ertrags- als auch auf die Cash-flow-Rechnung eines Projektvorhabens einen beträchtlichen Einfluß. Unternehmen sind grundsätzlich direkten, indirekten oder Handels- und ähnlichen Steuern ausgesetzt und berücksichtigen diesen Faktor in ihrer Finanzplanung.84 Die Struktur eines Steuersystems und dessen Berechenbarkeit zählen zu den kritischen Variablen bei einem Investitionsvorhaben und gewinnen im Hinblick auf dessen Machbarkeit unter Umständen sogar entscheidende Bedeutung.85 Internationale Kapitalgeber benötigen stabile Rahmenbedingungen in dieser Hinsicht. In einer Situation institutionellen Wandels ist diese Voraussetzung hingegen nicht immer gegeben. Aus der Sicht von Investoren und Banken können sich durch Steuergesetzgebung und- anwendung spezielle Risiken ergeben, auf die hier wegen ihrer Bedeutung gesondert eingegangen wird. 1.4.1. Risiken aus der Steuergesetzgebung Wünschenswert wäre, wenn ein Steuersystem durch die Gesetzgebung nach bestimmten Grundsätzen konzipiert würde, die sich an vernünftigen Effizienzkriterien ausrichten, wie dem Äquivalenz- und Leistungsfähigkeitsprinzip, Transparenz und Verständlichkeit, Konsistenz und Stabilität sowie Gerechtigkeit. Ein solches System sollte den Anforderungen des Kapitalmarktes genügen.86 In der Realität allerdings entwickeln sich Steuergesetze eher aufgrund endogener Faktoren wie der Zusammensetzung von Interessenkoalitionen und der Haushaltslage eines Staates oder nach reinen Praktikabilitätsgesichtspunkten als an einem idealtypischen Konzept orientiert.

84

BURGESS/STERN, S. 776. LANKES/STERN, S. 35: „The level of taxes for the honest taxpayer who is not privileged with exemptions can be punitive and many potentially viable projects do not come to fruition for this reason.“ 86 Dazu kann auch gehören, daß es Doppelbesteuerungsabkommen mit den Heimatländern der Sponsoren gibt, um eine zweifache Belastung bei der Gewinnausschüttung zu vermeiden. Dies wird hier jedoch nicht weiter thematisiert. 85

33

Je nach Situation und Tradition in einem Land haben einzelne Gruppen ein Interesse daran, auf die Steuergesetzgebung einzuwirken, da sie das Einkommen und die soziale Stellung von Individuen und Kollektiven in starkem Maße bestimmt.87 Insbesondere wenn Veränderungen bevorstehen, die den Status-quo in Frage stellen, löst dies in der Regel entsprechende Aktivitäten aus. Gruppen versuchen für sich Vorteile und Ausnahmetatbestände zu erreichen. Besonders kleine, gut organisierte Kollektive mit Geschäftsinteressen neigen in Emerging Markets dazu, ihre Ziele mit Nachdruck zu verfolgen.88 In dem Maße, in dem Lobbyismus erfolgreich ist, erhöht sich gewöhnlich die Komplexität von Gesetzen, wodurch sich tendenziell die Transparenz vermindert.89 Eine Folge solcher Einflußnahme kann ebenso sein, daß Gesetze sich relativ schnell ändern,90 wenn der Staat regelmäßig den Forderungen unterschiedlicher Parteien nachkommt. Je nach Situation kann dies sehr negative Auswirkungen für ein Land haben.91 Doch nicht nur in bezug auf die Einnahmenseite des Staates, sondern v.a. auch hinsichtlich der Ausgaben bringen sich unterschiedlichste Akteure in den politischen Willensbildungsprozeß ein - je nach ihrer Bedeutung mit mehr oder weniger großem Erfolg. Auf der anderen Seite unterliegt ein Staat gewissen Restriktionen. So hat er auf einen soliden Haushalt und makroökonomische Stabilität zu achten. Wenn einzelne Akteure bevorzugt, aber dennoch ausreichend Einnahmen generiert werden sollen, besteht die Möglichkeit, daß andere Gruppen, wie z.B. ausländische Investoren, zum Ausgleich mehr belastet werden.92 Verliert der Staat seine finanzielle Handlungsfähigkeit, ersetzen ad-hoc-Maßnahmen häufig eine langfristig angelegte Fiskalpolitik, wodurch wiederum für eine Projektgesellschaft die Unsicherheit steigt. Im Extremfall werden bestimmte Maßnahmen sogar rückwirkend eingeführt. Kurzfristig werden Entscheidungsträger eines Landes grundsätzlich eher auf Finanzmittel zurückgreifen, deren Erhebung mit relativ geringen Transaktionskosten möglich ist. Die Transaktionskosten bei der Steuererhebung hängen von der volkswirtschaftlichen Struktur ab (z.B. welche Bereiche der Wirtschaft formal erfaßbar sind und welche nicht) sowie von der Tradition und sozialen Akzeptanz in einer Gesellschaft (z.B. ob Individualakteure einer Steuerbelastung auszuweichen versuchen oder nicht). Die Erhebung von Steuern bei ausländischen Steuersubjekten läßt sich in der Regel verhältnismäßig einfach realisieren. Die Möglichkeiten einer ausländischen Projektgesellschaft, einer Steuerbelastung auszuweichen sind eher beschränkt, weshalb sie einem erhöhten Risiko in diesem Bereich ausgesetzt sein kann. Je breiter allerdings die 87

Vgl. HARTWIG/WELLESEN, S. 351. Vgl. OLSON, Logic, S. 143 und BURGESS/STERN, S. 793. OLSON, Rise, S. 69. 90 Vgl. EDWARDS, S. 86. 91 Rußland stellt den Extremfall eines Landes dar, das nicht zuletzt wegen des zersetzenden Wirkens einflußreicher Interessengruppierungen durch ein besonders instabiles Steuersystem mit einer großen Rechtsunsicherheit gekennzeichnet ist. Dort gibt es viele verschiedene Normen im Steuerrecht, die einander widersprechen und die teilweise sogar von unterschiedlichen Gebietskörperschaften verabschiedet wurden. Solide Strukturen, auf die man sich verlassen kann, existieren nicht, vgl. EBRD, Transition Report 1997, S. 121. 92 LANKES/STERN, S. 35. 88 89

34

Steuerbasis ist, desto weniger besteht eine Abhängigkeit von einzelnen Steuerarten93 und desto unwahrscheinlicher ist ceteris paribus, daß einzelne Akteure übermäßig belastet werden. Für die Projektgesellschaft kommt es deshalb vor einer Investition in einem Land darauf an, im Rahmen eines Due-Diligence abzuschätzen, welche mittel- bis langfristige Steuerpolitik in einem bestimmten institutionellen Kontext zu erwarten ist und welche Haltung von Seiten der Politik ausländischen Investoren entgegengebracht wird. Hat ein Vorhaben für ein Land eine größere Bedeutung, könnte es einer Projektgesellschaft unter Umständen sogar gelingen, sich selbst als machtvolle Interessengruppe zu etablieren und Vorteile, wie die zeitweise Befreiung oder Reduzierung von einzelnen Steuern, für sich zu erringen. Die Chancen hierfür sind dann besonders groß, wenn der politische Sektor davon ausgeht, daß im Wettbewerb einzelner Länder um internationales Kapital die zu erwartende Steuerbelastung für Sponsoren ein wichtiges Standortkriterium darstellt und bestimmte Investitionen nicht getätigt werden ohne erhebliche Steuererleichterungen. Sponsoren werden deshalb versuchen, unabhängig davon welches tatsächlich ihre Präferenzen sind, ein Land davon zu überzeugen, daß ihre Investitionsentscheidung von der Gewährung solcher Privilegien abhängt.94 Auch wenn es volkswirtschaftlich nicht unbedingt effizient sein muß, ausländische Investitionen gegenüber inländischen besserzustellen,95 wäre es aus der Sicht der Projektgesellschaft positiv zu bewerten, wenn sie über eine einzelvertragliche Vereinbarung mit einem Staat größere Investitionssicherheit erhält. Inwieweit eine solche Vereinbarung allerdings dauerhaft tragfähig bleibt, hängt davon ab, ob sie von breiter Akzeptanz getragen ist und ein Land auch einige Zeit nach einer erfolgten (und erwünschten) Investition einen Anreiz hat, sich daran zu halten. 1.4.2. Risiken aus der Anwendung der Steuergesetze Für die Projektgesellschaft maßgeblich ist jedoch nicht nur die Steuergesetzgebung, sondern auch deren Anwendung und Durchsetzung. Hierzu bedarf es eines funktionierenden Rechtssystems und einer effizienten Steuerverwaltung. Dies beinhaltet 93

HUSSEIN/STERN, S. 77. EBRD, Transition Report 1994, S. 137: A government offering active inducements to foreign direct investments must face the problem that its policy creates an incentive for potential investors to deceive it. A company that would undertake an investment without governmental inducements nevertheless has an incentive to persuade the government that the investment will be undertaken only if the government provides sweeteners – so that sweeteners are provided. 95 EBRD, Transition Report 1994: „A government might find trade-policy action necessary to attract a particular investment. ... Positive externalities associated with the investment may theoretically justify the cost to the public. However, externalities are hard to identify and measure in the context of an individual project, and the neat trade-off suggested by theory may look quite different in practice, where imperfect information, bureaucratic limitations and interest group pressure often combine to turn well-meant interventions into costly failures. 94

35

einerseits, daß die verantwortlichen Handlungsakteure über die notwendigen fachlichen Kenntnisse verfügen und andererseits, daß auch eine Anreizstruktur besteht, dem formellen Rahmen zur Durchsetzung zu verhelfen. Wenn sich die Steuergesetzgebung im Wandel befindet, stellt sich die Frage, inwieweit Verwaltung, Gerichtswesen, aber auch die Unternehmen und Individuen einer Gesellschaft sofort in der Lage sind, die neuen Spielregeln anzuwenden.96 Insbesondere die Unternehmensbesteuerung stellt hohe Anforderungen. Zusätzlich erschwert eine hohe Inflationsrate in einem Land die adäquate Ermittlung des steuerlichen Einkommens. Abschreibungen oder Materialkosten, die sich an historischen Anschaffungs- anstatt an den Wiederbeschaffungskosten bzw. inflationsbereinigten Kosten ausrichten, können beispielsweise dazu führen, daß der ermittelte steuerliche Gewinn vom tatsächlichen realen Gewinn eines Unternehmens abweicht.97 Sehen Steuergesetze zur Lösung dieser Probleme Regelungen vor, müssen diese von allen Beteiligten verstanden und verinnerlicht werden. Schließlich ist Voraussetzung für ein berechenbares Steuersystem, daß die relevanten Entscheidungsakteure eines Landes den formellen Rahmen auch durchsetzen wollen. Wollen sie dies nicht - ob aus materiellen Gründen oder aufgrund kultureller Werteinstellungen - besteht die Gefahr, daß Gesetze willkürlich angewandt werden. Je komplexer und intransparenter dabei bestehende Regelungen sind, desto größer wird der diskretionäre Entscheidungsspielraum von Handlungsakteuren in Verwaltung, Politik und Justiz. Je größer sich wiederum dieser diskretionäre Entscheidungsspielraum darstellt, desto mehr verlieren Gesetze und Verordnungen ihre Bedeutung. Dann entsteht die Steuerbelastung eines Unternehmens oder Projektes eher als Ergebnis eines Verhandlungsprozesses als aus der Anwendung rechtsstaatlicher Bestimmungen. Teilweise besitzen Steuerverwaltungen in einem instabilen Umfeld sehr weitreichende Sanktionsmittel, die sie in diesen Verhandlungsprozeß einbringen und denen eine Projektgesellschaft relativ hilflos ausgesetzt sein kann. Staatliche Entscheidungsträger bewegen sich dabei in ihrem Verhalten häufig in einer Grauzone zwischen Legalität und Mißbrauch ihrer Amtsgewalt. Im ungünstigsten Fall kann dies faktisch zu einer schleichenden Enteignung führen, die jedoch unter Umständen rechtlich nur schwer faßbar ist. Vor einer Investitionsentscheidung sind daher nicht nur die Steuerpolitik einer Regierung zu beurteilen, sondern auch die Verwaltungstradition in einem Land. Da sich Veränderungen zum positiven meist erst während eines längeren Zeitablaufs einstellen, kommt aus Sicht der Sponsoren den Erfahrungen aus der Vergangenheit eine besondere Bedeutung zu. 96 HUSSAIN/STERN, S. 78: „Amongst considerations pointing towards some special tax measures in the transition are the limited administrative capability on the part of the state, as well as individuals and enterprises. Accounting practices are burdensome and take time to learn. They also require trained personnel.“ 97 EBRD, Transition Report 1994, 89.

36

2. Währungs-, Konvertierungs- und Transferrisiken Kennzeichnend für die makroökonomischen Verhältnisse in Entwicklungsländern sind nach Ansicht von Krugman und Obstfeld u.a. unterentwickelte Finanzmärkte, Haushaltsdefizite mit einhergehenden hohen Inflationsraten sowie feste Wechselkurse bzw. unter Umständen sogar Wechselkurskontrollen.98 Vor dem Hintergrund dieser Aussage wären die Rahmenbedingungen für eine private Projektfinanzierung dort eher ungünstig. Die hierfür notwendigen Voraussetzungen sind auch in Emerging Markets (Definition, siehe Kap. I, 2) nur dann gegeben, wenn die Kapitalgeber davon ausgehen, daß sie eine gewünschte Verzinsung auf ihr eingesetztes Kapital erreichen. Dabei kommt der allgemeinen ökonomischen Lage sowie der Wirtschaftspolitik eines Landes eine wichtige Bedeutung zu, deren Auswirkungen sich insbesondere in der Stabilität einer Währung ausdrücken. Im folgenden wird deshalb explizit auf Währungs-, Konvertierungs- und Transferrisiken eingegangen. Unter Währungsrisiko versteht diese Arbeit, daß die Währung eines Landes großen Schwankungen unterworfen ist oder die Wahrscheinlichkeit für eine zukünftige reale Abwertung mit erheblichen Auswirkungen auf den Geschäftsplan eines Vorhabens relativ hoch ist. Dies hat besonders Konsequenzen für Projekte, die sich in ausländischer Währung finanzieren, ihre Einnahmen hingegen in inländischer Währung generieren, da langfristige Swap-Arrangements zur Absicherung eines Währungsrisikos in vielen Emerging Markets Ländern nicht oder nur zu einem prohibitiv hohen Preis abgeschlossen werden können. Darüber hinaus sind Währungskrisen regelmäßig mit negativen Begleiterscheinungen, wie einem drastischen Rückgang der Wirtschaftstätigkeit und des Bruttoinlandprodukts eines betroffenen Landes, verbunden. So büßte beispielsweise die indonesische Rupiah gegenüber dem USD, verglichen mit den Wechselkursen vom Juni 1997, im Frühjahr 1998 in der Spitze mehr als 80% ihres Wertes ein. Die Verluste der Währungen Thailands, Malaysias, der Philippinen und Südkoreas lagen zwischen 35% und 50%.99 Nachdem alle diese Länder bis einschließlich 1997 (außer Thailand, wo die Krise bereits Mitte 1997 begann) hohe Wachstumsraten verzeichneten, erlitten sie 1998 einen Einbruch in ihrer Entwicklung und wiesen sogar negative Wachstumsraten aus, wie die folgende Graphik verdeutlicht:

98 99

KRUGMAN/OBSTFELD, S. 685. Siehe DEUTSCHE BUNDESBANK, S. 16. 37

Darst. 4: Wachstumsraten asiatischer Länder 1994-98 Land Thailand Malaysia Philippinen Indonesien Südkorea

1994 1995 Reales Wachstum (in % p.a.) 9,0 8,9 9,2 9,8 4,4 4,7 7,5 8,2 8,3 8,9

1996

1997

1998

5,9 10,0 5,8 8,0 6,8

-1,8 7,5 5,2 4,5 5,0

-10,4 -7,5 -0,5 -13,2 -6,7

Quelle: IWF, World Economic Outlook, May 2000, S. 204 und 211. Sponsoren und Banken versuchen vor einer entsprechenden Investition regelmäßig exante einzuschätzen, wie groß die Gefahr einer deutlichen Abwertung und einer daraus resultierenden Wirtschaftskrise ist und wie sich der Eintritt eines entsprechend negativen Szenarios bei einer jeweiligen Projektstruktur auf ein Vorhaben voraussichtlich auswirken würde. Wechselkurse konvertibler Währungen können grundsätzlich fest an einer Leitwährung oder einen Währungskorb orientiert oder variabel sein, wobei es dazwischen eine Reihe von Zwischenformen (z.B. Wechselkursband, um die Schwankungsbreite einzugrenzen) gibt. Währungsrisiken ergeben sich bei den einzelnen Systemen aus unterschiedlichen Gründen: Um feste Wechselkurse aufrechterhalten zu können, muß die Zentralbank eines Landes ihre Geldpolitik diesem Ziel unterordnen.100 Gerät die eigene Währung unter Druck, greift sie in der Regel mit Hilfe vorhandener Währungsreserven ein, um den Wechselkurs zu stabilisieren und unterstützt diese Maßnahme zusätzlich durch eine entsprechende Erhöhung der Zinsen. Im Extremfall soll die Einführung eines „Currency Boards“ gewährleisten, daß eine solche Politik auch eingehalten wird. Feste Wechselkurse haben das Ziel, eine größere innere Stabilität der eigenen Währung zu erreichen und gleichzeitig Währungsschwankungen zu vermeiden oder wenigstens zu verringern. Damit soll auch das Vertrauen in die Währung steigen. Allerdings läßt sich ein bestimmtes Verhältnis dauerhaft nur dann aufrechterhalten, wenn es mit den jeweiligen Fundamentaldaten zumindest einigermaßen übereinstimmt. Ansonsten bleibt nur, Anpassungen an die Realität gleitend und allmählich zu vollziehen, wobei die Schwierigkeit besteht, die einzelnen Schritte hierzu administrativ richtig zu terminieren. Gelingt dies nicht, kommt es, wie bei den asiatischen Tigerländern, zu

100

Siehe SACHS/LARRAIN, S. 395, die feststellen, daß die Notenbank in einem System fester Wechselkurse mit freier Kapitalmobilität die Geldmenge nicht beeinflussen kann.

38

gewaltigen und unerwarteten Wechselkursreaktionen, die durchschlagen, wenn eine fixe Parität (oder ein Wechselkursband) ökonomisch nicht mehr haltbar ist.101 Ein Land kann sich hingegen, auch ohne dazu von außen gezwungen zu sein, zur Abwertung seiner Währung entschließen, um seine Wettbewerbsposition und Exportchancen zu verbessern.102 Auch eine solche Abwertung kann auf den Geschäftsplan eines Projektes große Auswirkung haben und Investoren im allgemeinen verunsichern. Das größte Problem von freien Wechselkursen liegt demgegenüber in der in Emerging Markets damit oft verbundenen hohen Volatilität. Zwar behält ein Land bei einem solchen System eher seine wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit, da seine Maßnahmen sich nicht darauf konzentrieren müssen, einen bestimmten Wechselkurs aufrechtzuerhalten. Andererseits bringen große Kapitalflüsse häufig große Währungsschwankungen mit sich, die die ökonomische Stabilität eines Landes gefährden können. Dies gilt insbesondere für kleinere Volkswirtschaften.103 Allerdings stellen sich Sponsoren bei freien Wechselkursen hierauf ein. Feste Wechselkurse suggerieren unter Umständen eine Stabilität, die in der Realität nicht existiert. Problematisch ist für Investoren, wenn ein Staat als Konsequenz von Währungsproblemen Konvertierungs- und Transferbeschränkungen einführt. Dabei versteht man unter Konvertierungsrisiko, daß die heimische Währung, zumindest vorübergehend, nicht mehr uneingeschränkt in Hartwährung getauscht werden kann, was die Bedienung ausländischer Kredite und die Zahlung von Dividenden an ausländische Anteilseigner unmöglich machen kann. Von einem Transferrisiko spricht man hingegen, wenn dem Projekt die benötigten Devisen zwar zur Verfügung stehen, diese jedoch nicht ins Ausland transferiert werden können. Das Transferrisiko umfaßt auch den Fall, daß bereits außerhalb des Gastlandes befindliche Devisen zurückgeführt werden müssen.104 Kapitalvekehrskontrollen werden häufig nach drastischen Abwertungen aus der Not heraus eingeführt. Krugmann argumentiert, daß in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise, in der ausländische Kapitalgeber ihre Gelder plötzlich in großem Ausmaß zurückziehen, die Politik vor zwei unangenehmen Alternativen steht: Sie kann entweder die Zinsen erhöhen, um die eigene Währung zu stützen, wobei hierdurch die Binnenwirtschaft in der Regel negativ tangiert wird. Alternativ kann sie eine deutliche 101

Die Währungen der meisten asiatischen Länder waren vor Ausbruch der Krise an den USD gekoppelt, siehe DEUTSCHE BUNDESBANK, S. 16. Erwartungen hinsichtlich einer Abwertung des chinesischen Renmimbi gegenüber dem USD in den Jahren 1998 und 1999 waren auf Vermutungen zurückzuführen, daß die chinesische Regierung versuchen könnte, hierdurch ein stagnierendes Wirtschaftswachstum wieder zu beleben, vgl. PANDAY, S. 108-109. 103 Vgl. THE ECONOMIST, Global Finance, S. 16: „For many emerging economies, small financial markets mean that exchange rate volatility will be a structural, not a temporary problem. If a couple of mutual funds suddenly decided to make a serious investment, the country`s exchange rate could rocket, starting an unsustainable boom in the property and banking sector.“ Wenn sich dieselben institutionellen Anleger jedoch zurückziehen, hat dies für ein Land die umgekehrten Folgen, ohne daß sich die sonstigen wirtschaftlichen Fundamentaldaten geändert hätten. 104 UEKERMANN, Risikopolitik, S. 103. 102

39

Abwertung des Wechselkurses zulassen, was den Kapitalabfluß noch weiter verstärkt. Krugmann hält vor dem Hintergrund dieses Dilemmas Kapitalverkehrskontrollen als Antwort auf eine Krise kurzfristig für vertretbar, auch wenn sie an sich nicht wünschenswert sind.105 Malaysia beispielsweise führte aus ähnlichen Erwägungen als Reaktion auf die Asienkrise Kapitalverkehrsbeschränkungen ein.106 Bei der Beurteilung der Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die wirtschaftliche Position einer Projektgesellschaft kommt es auch darauf an, wie diese genau ausgestaltet und wie sie zeitlich befristet sind. Unabhängig vom Wechselkurssystem sollten Investoren und Kreditgeber vor Beginn eines Projektes v.a. eine Einschätzung der wirtschaftlichen Fundamentaldaten und der Wirtschaftspolitik eines Landes vornehmen. Diese wirken sich maßgeblich auf das Währungsrisiko aus. Zu analysieren sind makroökonomische Kennziffern, wie die Höhe der internen und externen Verschuldung eines Landes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, die Fristigkeit der Auslandsschulden, die Höhe der Devisenreserven sowie die Entwicklung der Leistungsbilanz und der Direktinvestitionen. Die Haushaltsplanung- und führung geben Anhaltspunkte in bezug auf das Finanzgebahren eines Landes. Ein defizitärer Haushalt birgt Inflationsgefahren in sich. Ein hohes Preisniveau wiederum beeinflußt den Wechselkurs und ist mit größerer Instabilität verbunden. Darüber hinaus empfiehlt es sich zu prüfen, inwieweit makroökonomische Daten auch mikroökonomisch fundiert sind und damit in der Tendenz tatsächlich langfristigen Charakter haben. Dabei sind investitionsfreundliche Rahmenbedingungen mit einer berechenbaren Steuergesetzgebung und stabilen Rechtsverhältnissen sowie funktionierenden Kapitalmärkten und einem soliden Bankensystem bedeutsam. Was das Konvertierungs- und Transferrisiko betrifft, kann eine Projektgesellschaft versuchen, vom Gastland eine einzelvertragliche Zusicherung zu erhalten, daß ihr Vorhaben von solchen Maßnahmen ausgenommen wird. Die Zuverlässigkeit solcher Zusagen läßt sich auch hier nur fallbezogen beurteilen. 3. Opportunistisches Verhalten von Vertragspartnern Stabile und zuverlässige Beziehungen zu Vertragspartnern sind wesentlich, um einen reibungslosen Geschäftsbetrieb zu gewährleisten. In Verträgen werden Handlungsund Verfügungrechte zwischen den Parteien abgegrenzt. Die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens hängt einerseits davon ab, inwieweit diese Propertyrights geschützt werden und andererseits von den gegebenen Marktverhältnissen. 105

Vgl. KRUGMANN, S. 6. Im September 1998 führte Malaysia für die Dauer von einem Jahr Kapitalverkehrsbeschränkungen ein, die einen unkontrollierten Abfluß ausländischen Kapitals im Zuge der Asienkrise verhindern sollten. Außerdem wurde die einheimische Währung Ringgit fest an den USD gebunden. Auch wenn die ersten Reaktionen von Analysten und Investoren zunächst sehr negativ waren (siehe KLYNE, S. 40), stabilisierte sich nach Ansicht von LAU, S. 110, durch diese Maßnahmen die wirtschaftliche Situation des Landes. Der Rückgang des Bruttoinlandprodukts von 1,3% im 1. Quartal 1999 sei geringer als befürchtet gewessen und kurzfristig seien wieder positive Wachstumsraten zu erwarten.

106

40

Staatliche Institutionen beeinflussen beide Faktoren. Dieser Abschnitt betrachtet exemplarisch die Vertragsbeziehungen der Projektgesellschaft zu den Zulieferern. Diejenigen zu möglichen Abnehmern sind noch Gegenstand der Erörterung an anderer Stelle (siehe Kap.II, B., 5.3.d)) dieser Arbeit. Für die Erstellung der Marktleistung benötigt die Projektgesellschaft Vorprodukte, die sie sich von entsprechenden Lieferanten beschaffen muß. Zulieferrisiken bestehen darin, daß Roh- Hilfs- oder Betriebsstoffe nicht in der benötigten Menge, Qualität und zu den prognostizierten Preisen oder nicht rechtzeitig beschafft werden können. Die Menge, die Qualität und der Preis sind zentrale Determinanten des Zulieferrisikos. Zulieferrisiken beeinflussen den Cash-flow negativ, wenn sie zu Mindererlösen oder höheren Betriebskosten führen.107 Aus diesem Grund ist es für die Projektgesellschaft sehr wichtig, sich auf Vertragspartner stützen zu können, die eine zuverlässige Bereitstellung von Vorprodukten gewährleisten. Als Beurteilungskriterium für das Zulieferrisiko in einem institutionellen Umfeld eignet sich das Konzept von Abwanderung und Widerspruch von Hirschman.108 3.1. Abwanderung als mögliche Handlungsoption gegenüber Vertragspartnern Abwanderung bedeutet im Zusammenhang dieses Abschnittes die Möglichkeit, mit möglichst geringen Kosten den Vertragspartner, der eine Leistung nicht in der vereinbarten Weise erbringt, zu wechseln. Es geht dabei jedoch nicht um ja oder nein, sondern darum, ob ein potentielles alternatives Angebot den Anforderungen der Projektgesellschaft genügt. Neben dieser Fähigkeit benötigt sie einen wirtschaftlich gesunden Partner, wenn eine Beziehung eine gewisse Stabilität gewährleisten und dauerhaft angelegt sein soll. Besteht hingegen eine realisitische Abwanderungsoption, wird diese einen Vertragspartner, solange ihm eine Geschäftsbeziehung profitabel erscheint, veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen, um seinen Kunden zufriedenzustellen und eine Abwanderung zu vermeiden.109 Relevant in diesem Zusammenhang dürfte neben dem technologischen und dem allgemeinen Entwicklungsstand eines Landes sein, welche Wettbewerbsbedingungen in einem bestimmten Sektor bestehen und inwieweit es für die Projektgesellschaft Ausweichmöglichkeiten gibt, um die Abhängigkeit von einem bestimmten Lieferanten zu verringern. Bei Industrieprojekten dürfte ein Vorteil sein, wenn sich verwandte Branchen in geographischer Nähe befinden. Verwandt sind Branchen, deren Unternehmen sich untereinander koordinieren oder deren Produkte komplementär zuein107

UEKERMANN, Risikopolitik, S. 64 und 65. Siehe HIRSCHMAN. 109 Vgl. HIRSCHMAN, S. 3-4: „Wir nehmen an, daß sich die Leistung eines Unternehmens ... verschlechtert. ... Eine Anzahl von Kunden hört auf, die Erzeugnisse der Firma zu kaufen. ... Dieses ist die Reaktionsweise Abwanderung. Daraufhin gehen die Einkünfte zurück ... und die Unternehmensleitung wird veranlaßt, nach Mitteln und Wegen zur Korrektur der Fehler zu suchen, die zur Abwanderung geführt haben.“ 108

41

ander sind.110 Eine weitere Rolle spielt sicherlich auch die logistische Infrastruktur einer Region, denn diese kann die Auswahl eines Zulieferers begünstigen oder einschränken. Die Entwicklung einer Wirtschaftsstruktur und einer Wirtschaftsordnung bedingen sich gegenseitig. Einerseits beeinflußt eine vorhandene Wirtschaftsordnung, welche Industriestrukturen sich herausbilden, denn diese setzt den Rahmen für das Handeln von Individuen und Kollektiven und die daraus resultierenden Ergebnisse. Andererseits wirkt jedoch auch eine vorhandene Industriestruktur auf die Wirtschaftsordnung zurück.111 Je nach Industrie, benötigtem Vorprodukt und den institutionellen und technologischen Gegebenheiten an einem Produktionsstandort ist ex-ante zu untersuchen, welche Kooperationsformen in einer Situation für die Projektgesellschaft zweckmäßig sind. Die Theorie der Firma hat in diesem Zusammenhang ausführlich verschiedenste mögliche Arrangements erörtert.112 Bei Projektfinanzierungen ist der Bezug von Vorprodukten über Spot-Märkte oder eine dauerhaft angelegte Lieferbeziehung denkbar. Eine andere Lösung wäre, die Wertkette zu verlängern und einen Zulieferbetrieb in die Projektgesellschaft zu integrieren. In hochentwickelten Ländern sind Spot-Märkte in der Regel einfacher zu realisieren. Ein Beispiel hierfür dürfte die Liberalisierung des Energiemarktes in einigen westeuropäischen Ländern sein. Sind solche Märkte hingegen noch nicht so weit entwickelt, versuchen Projektgesellschaften häufig, über Abnahmeverträge zuverlässige Lieferanten an sich zu binden. Der Vorteil derartiger Verbindungen liegt, insoweit sie funktionieren, darin, daß die Vertragspartner ihre Handlungen laufend koordinieren und aufeinander abstimmen und ein Know-how-Transfer stattfindet. Dies führt dann in der Regel zu einem Aufwertungs- und Verbesserungsprozeß.113 Dabei entstehen jedoch unter Umständen sunk-costs, wenn bedeutende Transaktionsspezifische114 Investitionen getätigt werden, die irreversibel sind und in Erwartung der Gegenleistung des Geschäftspartners getätigt wurden. Mit zunehmender Spezifität einer Investition sinkt nämlich die Abwanderungsoption für die Projektgesellschaft gegenüber ihren wichtigen Vertragspartnern. Williamson unterscheidet dabei vier Formen von „relationship-specific-investments“:115

110

PORTER, S. 127. Vgl. SIEHL, S. 208: „Sectoral characteristics of the regions are defining opportunities for economic and political actors. The incentives for actors are expected to be dependent on the competitiveness and profitability of the industry.” 112 Vgl. z.B. RICHARDSON oder BUCKLEY/CASSON. 113 PORTER, S. 127. 114 WILLIAMSON, Transaction Cost Economics, S. 173. 115 WILLIAMSON, Institutions, S. 55. 111

42

• Standortspezifität („site specifity“): Wenn bei hochgradig immobilen Investitionsgütern Käufer und Verkäufer eine sehr enge lokale Bindung eingehen, um Transport und Lagerkosten zu minimieren. • Güterspezifität („physical asset specifity“): Wenn bestimmte Betriebsmittelkomponenten zur Herstellung eines Produkts benötigt werden. • Humankapitalspezifität („human asset specifity“): Wenn durch einen learning-bydoing Prozeß unternehmensbezogene Qualifikationen bei Mitarbeitern entwickelt werden, die nicht unverändert auf andere Unternehmen übertragen werden können. • Auftragsbedingte Spezifität. Wenn beide Partner vollständig voneinander abhängig sind, befinden sie sich in einer sogenannten lock-in-Situation.116 Bleibt die Gegenleistung der anderen Seite aus, sind die Investitionskosten verloren. Eine solche Konstellation birgt latent immer die Gefahr in sich, daß der andere Partner sich strategisch opportunistisch verhält. Insbesondere in Emerging Markets ist, je nach Entwicklungsstand, zu prüfen, inwieweit sich bestimmte Transaktionen als besonders spezifisch darstellen, eben weil es keine Ausweichmöglichkeiten gibt. Infrastrukturinvestitionen sind zudem in der Regel spezifischer als Investitionen in Industrieprojekte. Je spezifischer eine Beziehung angelegt ist, desto höher sind die Transaktionskosten einer marktlichen Koordination,117 weshalb unter Umständen die Notwendigkeit besteht, die Produktion von Vorleistungen in die Projektgesellschaft zu integrieren. Dies kann jedoch eine Investition in einem bestimmten Land prohibitiv verteuern. Eine andere Weise, das Risiko opportunistischen Verhaltens zu reduzieren, kann auch darin bestehen, einen besonders wichtigen Zulieferer durch eine kapitalmäßige Beteiligung stärker in das Projekt einzubinden. Eine Alternative zum inländischen Beschaffungsmarkt stellen hingegen möglicherweise auch Importe dar. Entscheidend dürfte sein, ob diese durch Änderung gesetzlicher Regelungen in der Zukunft in Frage gestellt sein oder ob sie verläßlich in den Geschäftsplan mit einkalkuliert werden können. Die Zuverlässigkeit würde sich erhöhen, wenn sich ein Land im Rahmen internationaler Abkommen (z.B. Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation WTO) verpflichten würde, bestimmte Spielregeln einzuhalten, die es nur unter hohen Kosten (internationaler Vertrauensverlust, Gegenmaßnahmen u.a.) brechen kann.118 3.2. Widerspruch als mögliche Handlungsoption gegenüber Vertragspartnern Eine mögliche Handlungsoption für die Projektgesellschaft, bei opportunistischem Verhalten eines Vertragspartners auf dessen Leistung positiv Einfluß zu nehmen, wäre, erfolgreich Widerspruch dagegen zu erheben.119 Dabei kommt es auf die Höhe der 116

HART, S. 209. WILLIAMSON, Transaction Cost Economics, S. 184. 118 WORLD DEVELOPMENT REPORT 1997, S. 101. 119 Vgl. HIRSCHMAN, S. 4. 117

43

entstehenden Kosten und die Erfolgsaussichten des Widerspruchs an, wobei die Kosten selten Null und die Erfolgsaussichten selten hundertprozent sein werden. Weiß ein entsprechender Vertragspartner, daß er im Zweifel durch einen anderen ersetzt werden kann, verhält er sich, solange ihm eine Beziehung ertragreich erscheint, mit großer Wahrscheinlich kooperativer als wenn die Projektgesellschaft auf ihn unbedingt angewiesen ist. Insofern besteht also ein Zusammenhang zwischen den genannten Abwanderungskosten für die Projektgesellschaft und der Option, bei Unzulänglichkeiten in bezug auf die erbrachte Leistung gegenüber dem Vertragspartner Widerspruch einzulegen. Darüber hinaus hängen die Widerspruchskosten davon ab, inwieweit Rechtsgrundsätze wie positives oder negatives Vertragsinteresse oder Vereinbarungen wie z.B. „Supply or Pay-Verträge“ von der Projektgesellschaft unter vertretbaren Transaktionskosten durchsetzbar sind. In Ländern mit unzureichenden Voraussetzungen in dieser Hinsicht würde es naheliegen, daß ein Zulieferer eine eventuell bestehende Marktmacht gegenüber der Projektgesellschaft auszunutzen versucht. Schließt eine Projektgesellschaft trotz der oben angesprochenen Probleme langfristige Verträge ab, um die Beschaffung der von ihr benötigten Vorprodukte sicherzustellen, sollte sie jedoch darauf bedacht sein, daß ihr Vertragspartner ein Interesse an der Erfüllung der Verträge behält. Dies ist dann gegeben, wenn er hiervon profitiert und sich die Beziehung als ein Positiv-Summenspiel darstellt, das sich im Fall einer Konfrontation für beide Parteien in ein Negativ-Summenspiel umkehren könnte. Deshalb dürfte es eher kontraproduktiv sein, mögliche Risiken einseitig auf den Lieferanten zu übertragen und damit opportunistisches Verhalten geradezu herauszufordern. Ein Problem dabei ist, wie die Preise im Zeitverlauf einer aktuellen Marktentwicklung anzupassen sind. Es besteht die Gefahr, daß die Vertragsparteien sich bei eventuellen Neuverhandlungen nicht einigen und ein Vertrag daher seine langfristige Verläßlichkeit verliert.120 Deshalb wäre z.B. zu überlegen, Preisanpassungsklauseln in Lieferverträge aufzunehmen, die am aktuellen Marktpreis oder an den Herstellungskosten für ein Vorprodukt orientiert sind. Die Koppelung der Preise an den Herstellungskosten könnte allerdings den Lieferanten dazu verleiten, höhere Kosten vorzutäuschen, v.a. wenn deren Nachprüfbarkeit eingeschränkt ist. Es wäre aber vorstellbar, den Preis von Rohstoffen, derer sich der Lieferant für seine Produktion bedient, als Maßstab für Anpassungen heranzuziehen. Eine ausgewogene und faire Vereinbarung würde sich unter Umständen günstig auf die Stabilität einer Vertragsbeziehung auswirken. Allerdings dürfte es in der Realität nicht immer leicht sein, geeignete Anpassungsregeln für sich verändernde Bedingungen zu finden. Desweiteren ist abzuklären, inwieweit Preissteigerungen auf die Abnehmer überwälzt werden können, d.h. inwieweit die Entwicklung der Zuliefer- und der Abnehmerpreise miteinander korrelieren. Gibt es diese Korrelation nicht oder nur 120

44

RIEGER, S. 72.

schwach ausgeprägt, hat dies auf den Geschäftsplan entsprechende Auswirkungen. Sensitivitätsanalysen müßten dann ergeben, daß die Wirtschaftlichkeit des Projektes auch noch bei ungünstigen Preisentwicklungen gegeben ist.

45

B. Infrastrukturfinanzierungen von Konzessionsprojekten in Emerging Markets 1. Allgemeine Vorbemerkungen Infrastrukturvorhaben, z.B. im Telekommunikations-, Energie-, Wasser- oder Verkehrsbereich, erfordern gewöhnlich hohe Eingangsinvestitionen, die sich erst über eine längere Zeit hinweg amortisieren. Abhängig vom jeweiligen Sektor spielen dabei weltweit private Kapitalgeber, die sich entweder auf Unternehmens- oder auf Projektebene beteiligen, eine immer größere Rolle. Darst. 5: Verschiedene Optionen zur Beteiligung privaten Kapitals an Infrastrukturprojekten

Finanzierung auf Projektebene

Privatisierung auf Unternehmensebene

Fremdkapital Privatisierung •Bankkredite über Leasing •Plazierung v. Anleihen

Eigenkapital •Öffentliche Notierung •Privatplazierung

Privatisierung mit Privatplazierung und anschließender Projektfinanzierung im Rahmen eines Konzessionsvertrages

Greenfield-Projekte über Konzessionsvertrag •Build Operate Transfer (BOT) •Build Own Operate (BOO)

Allerdings ist anzumerken, daß Übergänge zwischen Projekt- und Unternehmensfinanzierung teilweise fießend sind, d.h. zwischen den beiden Extremen gibt es hybride Zwischenformen. Manche Joint-Venture-Gesellschaften, insbesondere im Telekommunikationssektor, starten als Special Purpose Company und weiten ihre Geschäftsaktivitäten anschließend über die auf ursprünglich ein Projekt beschränkte Zusammenarbeit hinaus aus. Der eingenommene Blickwinkel beschränkt sich hier jedoch auf Vorhaben, bei denen einer Projektgesellschaft die Konzession eingeräumt wird, ein Infrastrukturprojekt zu finanzieren, zu bauen, für eine festgelegte Dauer zu nutzen und den daraus gezogenen Ertrag für sich zu verwenden (Build-OperateTransfer, „BOT“). Im Gegenzug übernimmt die Projektgesellschaft bestimmte Verpflichtungen, die in einem Konzessionsvertrag festgelegt werden.121

121

46

MERNA, Concession, S. 1.

2. Die besondere Rolle des Staates bei Konzessionsprojekten und die Bedeutung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Projektgesellschaft Konzessionsprojekte betreffen gewöhnlich volkswirtschaftlich strategische Bereiche. Daher liegt es auf der Hand, daß solche Vorhaben auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Projektgesellschaft angewiesen sind.122 Deshalb analysieren die nächsten Abschnitte dieses Kapitels, welche Transaktionskosten beim Verhandlungsprozeß zwischen den beiden Parteien und bei der anschließenden Projektumsetzung auftreten. Gewöhnlich tragen die jeweiligen privaten Parteien im Rahmen einer effizienten Aufgabenverteilung bestimmte Risiken, wie z.B. das Fertigstellungs- oder das Betriebsrisiko, weil sie diese am besten zu managen in der Lage sind. Ferner beschaffen sie gewöhnlich auch die Finanzierung für das Projekt, was für den Staat seine finanziellen Spielräume erweitert.123 Der Staat hingegen sollte für private Investoren Genehmigungsrisiken bei Planung und Durchführung sowie rechtliche und politische Risiken soweit wie möglich abmildern, da ansonsten die Unsicherheit für die privaten Investoren zu groß ist. Während ein solches Postulat schon in hochentwickelten Industrieländern nicht immer uneingeschränkt befolgt wird,124 können in manchen Emerging Markets Ländern in dieser Hinsicht unkalkulierbare Risiken bestehen. Daher werden in diesem Abschnitt eventuell kritische Aspekte untersucht und inwieweit ihnen mittels einer geeigneten Strukturierung wirksam begegnet werden kann. Viele Infrastrukturinvestitionen werden zudem aufgrund eines von der öffentlichen Hand eines Landes ermittelten Bedarfs geplant und eingeleitet. Grundsätzlich wünschenswert wäre es zwar, auch solche Projekte ausschließlich mit Hilfe von Cashflow-Rückflüssen aus Gebühren der späteren Nutzer privat zu finanzieren (Betreibermodelle auf Projektfinanzierungsbasis). Es erscheint aber fraglich, ob dabei in allen Sektoren regelmäßig die ökonomische Machbarkeit und soziale Akzeptanz (da entsprechend höhere Gebühren für die bereitgestellte Leistung erhoben werden müßten) gewährleistet bliebe. Aufgrund der allgemeinen Schwierigkeiten bei der Einschätzung des Markt- und anderer unternehmerischen Risiken in Emerging Markets (siehe Kap.II, B., 5.1.) benötigen viele Projekte eine weitergehende Unterstützung des Staates, damit das Risiko überschaubar bleibt. Gibt es ein öffentliches Interesse an einer Investition und läßt sich diese andernfalls nicht verwirklichen, rechtfertigt dies einen Beitrag der öffentlichen Hand im Rahmen einer Private Public Partnership („PPP“), um die Realisierung eines Infrastrukturvorhabens zu gewährleisten. Dabei 122

MERNA, Preparation, S. 40. FLYNN, S. 48. 124 Vgl. FLINTOFF/WILKINS/EDDY, S. 46, die bemerken, daß es manchmal selbst in Großbritannien, einem Land mit einer Tradition in der Privatisierung von Infrastruktur, Schwierigkeiten mit dem politischen Sektor geben kann. 123

47

sind grundsätzlich unterschiedliche Varianten und Instrumente denkbar, deren Wirksamkeit in Emerging Markets unter Kap. II, B, 5.3. näher erörtert werden. 3. Transaktionskosten beim Verhandlungsprozeß von Verwaltungsapparat und politischem Sektor mit dem Konzessionsnehmer Die Verantwortlichen in den Ministerien und ihre Gegenparts auf der Banken- bzw. Investorenseite haben sich in einem Konzessionsvertrag auf die Bedingungen und die Risikostruktur eines Projektes zu einigen. Die bei der Konsensfindung entstehenden Transaktionskosten sind einerseits maßgeblich für den von den Beteiligten benötigten Zeit- und Ressourcenaufwand, um eine gemeinsame Vereinbarung zu erreichen. Andererseits können sie über den eigentlichen Verhandlungsprozeß hinausgehende Auswirkungen auf die Stabilität des Projektes während der Konzessionslaufzeit haben und sind daher besonders zu beachten (siehe Kap. II, B, 4.). Die Höhe der auftretenden Transaktionskosten hängt zuerst von der konkreten Ausprägung der verschiedenen Interessenlagen und Vorstellungen der Partner ab. Weiter wird sie vom bestehenden rechtlichen und formellen Rahmen, in dem sich der Verhandlungsprozeß abspielt, beeinflußt sowie von der Art des Vergabeverfahrens. 3.1. Verhandlungsgegenstand vor Konzessionsvergabe Verhandlungsgegenstand zwischen den einzelnen Verhandlungsakteuren sind u.a. folgende Punkte: • Definition des Projektumfangs und zeitlicher Ablauf. • Aussagen zum Planfeststellungsverfahren und zu eventuell noch bestehenden Genehmigungsrisiken sowie Klärung umweltrelevanter Fragestellungen. • Übernahme der Verpflichtung seitens der Projektgesellschaft in bezug auf die maximale Bauzeit und die Qualität der zu errichtenden Infrastruktur bzw. des in der Betriebsphase bereitzustellenden Service. Die genaue Festlegung dieser Dienstleistung stellt sich jedoch zumeist als problematisch dar, ist jedoch von großer Bedeutung. Einerseits müssen die Anforderungen an den Konzessionsnehmer einigermaßen konkret gestellt sein, damit dieser rechenschaftspflichtig gemacht werden kann. Andererseits benötigt man eine gewisse Flexibilität, um auf Änderungen in der Nachfragestruktur reagieren zu können,125 denn den beiden Partnern fehlen zum Zeitpunkts des Vertragsabschlusses oft solche Kenntnisse. • Konzessionsdauer und Einnahmenregelung (z.B. Gebührenerhebung gemäß Formel, im Einklang mit einer Regulierungsbehörde oder bei Konkurrenz je nach Preisbildung auf dem freien Markt). 125

48

KRUPANICS, S. 17.

• Die Wettbewerbsbedingungen in einem Sektor können bei BOT-Projekten sehr unterschiedlich sein. Häufig werden Konzessionen in monopolartigen Märkten vergeben (z.B. im Wasserbereich, Straßenbau oder bei Flughäfen). Der Wettbewerb, wenn es ihn gibt, findet dort zum Zeitpunkt der Ausschreibung zwischen mehreren Bewerbern statt und ist zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Konzessionsvertrages entschieden.126 Der Sieger erhält das Recht, ein Vorhaben zu realisieren nur gegen Auflagen, die den zu erbringenden Leistungsumfang (Service und während der Konzessionslaufzeit zu tätigende Investitionen) genau festlegen und auch, welche Gebühren erhoben werden dürfen. Andererseits werden in Industrieländern zunehmend Wettbewerbsmärkte, wie z.B. im Telekommunikations- oder Energiebereich geschaffen, etwa durch die Zerschlagung von vertikal integrierten Unternehmen oder durch die Öffnung des Zugangs zu bestehenden Netzen. In Emerging Markets geschieht dies teilweise ebenfalls, doch insgesamt noch in erheblich geringerem Umfang, da dort Infrastruktur in größerem Maß erst noch aufgebaut werden muß und Investoren zu Beginn größere Planungssicherheit benötigen. Wettbewerb gibt es am ehesten in Bereichen wie Mobilfunk, in denen jeder zugelassene Wettbewerber gewöhnlich sein eigenes Netz aufbaut (Konkurrenz zwischen verschiedenen Netzen). Für Kapitalgeber ist hier entscheidend, wieviele Wettbewerber in welcher zeitlichen Abfolge eine Konzession erhalten, denn davon hängt ihr gesamtes Investitionskalkül ab. • Ausmaß eventueller Unterstützungsleistungen durch den Staat an die Projektgesellschaft oder umgekehrt. Allerdings werden solche Fragen nicht immer im Konzessionsvertrag eingebaut, sondern manchmal nur in einem weiteren, separaten direkten Vertrag (z.B. mit einem staatlichen Abnehmer, siehe Kap. II, B, 5.3.,d)) behandelt. Dies gehört jedoch gleichermaßen zum Verhandlungsprozeß. • Eventuelle Zusicherungen des Staates im Hinblick auf bestehende gesetzliche Regelungen und politische Risiken. • Force-Majeure Bestimmungen können erhebliche Bedeutung gewinnen und sollten sorgfältig festgelegt werden, da es keine allgemeingültige Definition dieses Tatbestandes gibt und auch keine einheitliche Rechtsanwendung. In einer Annäherung an den Begriff könnte man Force Majeure als ein Ereignis beschreiben, das außerhalb der Kontrolle der Vertragsparteien liegt und das zumindest eine Seite zeitweise daran hindert (gewöhnlich die Projektgesellschaft) ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Ursache darf dabei vorher nicht voraussehbar und auch nicht auf Nachlässigkeit der betreffenden Partei zurückzuführen gewesen sein.127 Die Beteiligten legen ex-ante Spielregeln fest für die Aufteilung der Kosten der durch Force-Majeure verursachten Schäden. 126

Vgl. CARBAJO/FRIES, die bei Infrastrukturmärkten im Transportsektor zwischen „Competition within the market“ (S. 30) und „Competition for the market“ (S. 32) unterscheiden. HURST, S. 160.

127

49

• Kündigungsrechte seitens des Konzessionsgebers und- nehmers. In der Regel haben beide Parteien ein Kündigungsrecht, wenn von der anderen Seite ein schwerwiegender Verstoß gegen den Konzessionsvertrag vorliegt oder im Falle von andauernden Force-Majeure Umständen. Vertragsbeendigung durch den Konzessionsnehmer hat normalerweise die Rückzahlung sämtlicher ausstehender Kredite, des Firmenkapitals und des entgangenen Gewinns durch den Konzessionsgeber zur Rechtsfolge. Bei Vertragsbeendigung durch den Konzessionsgeber können hingegen nur die Fremdkapitalgeber mit der Rückzahlung offener Kredite rechnen. Vertragsauflösung wegen Force Majeure führt gewöhnlich ebenfalls zur Rückzahlung ausstehender Kredite und des Firmenkapitals (Buchwert) durch den Staat, jedoch nicht des entgangenen Gewinns.128 Allerdings können auch andere Entschädigungsregeln bestimmt werden. • Konfliktlösungsmechanismen, wobei dies nicht unbedingt die Einschaltung eines Gerichts bedeutet. Kommt es hingegen zu einem Gerichtsverfahren, bestehen internationale Kapitalgeber gewöhnlich auf die Möglichkeit der Anrufung eines internationalen Schiedsgerichts. Während sich diese Forderung in Verhandlungen meist durchsetzen läßt, wird das auf den Konzessionsvertrag anzuwendende Recht jedoch fast immer dasjenige des betreffenden Landes sein, in dem ein Projekt stattfindet. Die Umsetzung eines Schiedsgerichtspruchs geschieht ohnehin durch lokale Institutionen. • Der Konzessionsvertrag bestimmt, welche Maßnahmen der Staat oder die Kreditgeber treffen können, wenn die Projektgesellschaft ihre Zusicherungen nicht einhält. In Emerging Markets gilt es sehr sorgfältig abzuwägen, welche Arrangements abzuschließen sind. Werden einem jeweiligen Staat weitgehende, wenn auch berechtigte, Sanktionsmöglichkeiten bei Nicht-Erfüllung eingeräumt, muß unter Umständen die Möglichkeit eines Mißbrauchs dieser Rolle mit ins Kalkül einbezogen werden. Für Kreditgeber sehr bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, daß die Projektgesellschaft ihnen Sicherheiten (insbesondere step-in-Rechte, siehe auch Kapitel III) abtreten kann und daß sie dieses Recht bis zur Rückzahlung aller ausgelegten Fazilitäten vorrangig ausüben dürfen. 3.2. Verschiedene Interessenlagen der Beteiligten im Verhandlungsprozeß Die Höhe der Transaktionskosten beim Verhandlungsprozeß ist eng verbunden mit der grundsätzlichen Einstellung der Regierung zur Privatisierung von Infrastruktur und den verschiedenen Interessenlagen von Verwaltung und politischem Sektor auf der einen und der Projektgesellschaft auf der anderen Seite.

128

50

TIMÁR, M5, S. 37-38.

a) Strategische Grundeinstellung der Regierung Entscheidende Bedeutung für ein Engagement des privaten Sektors in einem Land kommt vor allem der Einstellung der obersten Regierung zur Privatisierung von Infrastruktur zu. Transaktionskosten sind für Investoren grundsätzlich niedriger, wenn eine Regierung entsprechende Privatisierungsvorhaben rückhaltlos unterstützt, weil sie ihr vorteilhaft erscheinen und zusätzlich die hierfür notwendigen institutionellen Voraussetzungen (z.B. Reform auf Verwaltungsebene) schafft. Zusätzliche Sicherheit besteht, wenn in dieser Frage im politischen Sektor eine möglichst breite Übereinstimmung (also auch bei der Opposition) besteht. In dem Ausmaß, in dem diese Kriterien nicht ausreichend erfüllt sind, erhöht sich die Ungewißheit und das Risiko für den privaten Sektor. b) Unterschiedliche Interessenpositionen von Verwaltung und Politik und der Projektgesellschaft Unabhängig von der grundsätzlichen Strategie einer Regierung dürften häufig gegensätzliche Vorstellungen in bezug auf die konkrete Ausgestaltung entsprechender Vereinbarungen zwischen der Verwaltung und dem politischen Sektor eines Landes einerseits und Sponsoren und Banken andererseits bestehen. Diese können dazu führen, daß sich der Verhandlungsprozeß kompliziert gestaltet. Hinzu kommen häufig verschiedene Denkweisen, die sich aufgrund der Herkunft der Verhandlungsakteure ergeben, was den Kommunikationsprozeß zusätzlich erschwert. Die Verwaltungsbeamten verfolgen in der Regel eher einen kapazitätsorientierten und die privaten Kapitalgeber einen ertragsorientierten Ansatz bei der Konzipierung eines Vorhabens. Allerdings stellt die Verwaltungsseite gewöhnlich keinen einheitlichen Block dar, sondern auch innerhalb eines Staatsapparates gibt es verschiedene Positionen. Teilweise sind diese zwar persönlichkeitsbedingt, aber vielfach zieht sich eine Trennlinie zwischen einzelnen Ministerien und Behörden. Diejenigen, die bisher für bestimmte Branchen und Sektoren verantwortlich waren und deren Aufgaben zumindest zum Teil zur Privatisierung anstehen, versuchen in der Regel dann einen solchen Prozeß zu verzögern, wenn sie damit an Bedeutung und Einfluß verlieren, ohne einen adäquaten Ausgleich zu erhalten. Wie sich die relevanten Akteure schließlich verhalten, hängt nicht zuletzt von ihren neuen Positionierungschancen ab. Lohnt es sich insbesondere für die Spitzenbürokratie, eine konstruktive Rolle einzunehmen (in dem Sinne, daß damit ihr Prestige und ihre Karrieremöglichkeiten steigen), formiert sie ihre Verwaltung so um, daß sie auf diesen Zweck hin ausgerichtet zu handeln in der Lage ist.129 129

Vgl. DUNLEAVY, S. 147-248, der der Theorie der Budgetmaximierung von NISKANEN seine Auffassung gegenüberstellt, daß die Spitzenbürokratie ihre Verwaltung so organisiert und ausrichtet, wie dies ihr Prestige und ihre Karrieremöglichkeiten erhöht. Zu welchen Mitteln sie greift, um dieses Ziel zu erreichen, hängt von der jeweiligen Konstellation und den Anreizstrukturen ab. Budgetmaximimierung steht dabei nicht unbedingt im 51

Allerdings neigen Behörden und Ministerien, die mit gleichem Personal über eine relativ lange Zeit dieselben Aufgabenbereiche innehatten, dazu, Veränderungen dem Status quo gegenüber negativ eingestellt zu sein.130 Die Gründung einer kleinen, aber elitären und einflußreichen, auf die Durchführung eines Privatisierungsprogrammes spezialisierten Verwaltungseinheit durch die Regierung, könnte deshalb sehr sinnvoll sein. Diejenigen Personen, die in ihr Verantwortung tragen, haben ein großes Interesse an einer effizienten Umsetzung der Privatisierung, da ihr eigener Erfolg eng damit verbunden ist. Da zudem angenommen werden darf, daß die dortigen Angestellten am ehesten über Kenntnisse hinsichtlich der Bedürfnisse internationaler Kapitalmärkte verfügen, würde dies die Kommunikation mit Investoren und Kredigebern erheblich erleichtern. Eine solche neugegründete Organisation muß jedoch in der Lage sein, Vereinbarungen zu treffen, ohne daß diese durch eine andere Behörde wieder in Frage gestellt werden können. Problematisch wären für Sponsoren nicht klar abgegrenzte Kompetenzen innerhalb der Verwaltung eines Landes, was die Unsicherheit und damit die Transaktionskosten für ein Projekt wieder deutlich erhöhen würde. Einen weiteren Akteur auf Seite der Bürokratie bzw. Politik im Verhandlungsprozeß stellt das Finanzministerium dar. Dieses befürwortet oft den Rückgriff auf private Initiative bei Infrastrukturprojekten, auch wenn dessen Motivation hierzu nicht immer auf der Einsicht der grundsätzlichen Überlegenheit des privaten Sektors beruht, sondern auf finanzielle Haushaltsengpässe zurückzuführen ist. In Emerging Markets stehen finanzielle Mittel selten in ausreichendem Maße zur Verfügung, um die anstehenden, in der Regel sehr hohen, Investitionen zu verwirklichen.131 Der politische Sektor bzw. die Verwaltung täten sich insgesamt ansonsten wohl eher schwer, Befugnisse, Einfluß und diskretionäre Entscheidungsspielräume freiwillig abzutreten. Ziel der öffentlichen Hand ist somit, eine für notwendig gehaltene Infrastruktur unter Einsatz möglichst geringer eigener finanzieller Aufwendungen bereitzustellen, ohne gleichzeitig übermäßig Kontrolle abzugeben. Schließlich soll die Einbeziehung Privater auch zu einem weitgehenden Risikotransfer führen. Maßstab für die Beurteilung der finanziellen Seite ist die Differenz aller abdiskontierten Ausgaben- (finanzielle Zuschüsse für das Projekt) und Einnahmenströme (Steuern und Gewinnbeteiligungen). Weiter würde die öffentliche Hand tendenziell eher eine kurze Konzessionsdauer bevorzugen, da dies normalerweise die politische Akzeptanz einer privaten Beteiligung Mittelpunkt. Zum Phänomen, warum Privatisierungen zunehmend stattfinden bemerkt DUNLEAVY, S. 248 folgendes: „By contrast, the bureau-shaping model offers direct, detailed and effective explanations of why privatization and deinstitutionalization should have emerged as major trends in the contemporary period. It predicts that senior managers and officials will accept and promote these changes in order to facilitate reshaping of their bureaus in line with their preferences.“ 130 Vgl. DOWNS. 131 SHADBOLT/JENKINS, S. 141. 52

erhöht. Dies gilt insbesondere in Emerging Markets, wenn ein ausländischer Sponsor maßgeblich involviert ist. Am Ende der Konzessionsperiode hat der Staat zudem die Gelegenheit, den Betrieb und die Instandhaltung einer Anlage zu günstigeren Bedingungen neu auszuschreiben. Allerdings kann eine kurze Konzessionsdauer insofern problematisch sein, als stabile Erträge sich oft erst nach einer gewissen Laufzeit des Projektes einstellen. Außerdem hätte ein Betreiber in diesem Fall einen geringeren Anreiz, sich um die Werterhaltung der von ihm gemanagten Assets zu sorgen. Daneben wollen Politiker in der Regel ihren Bürgern keine zu hohen Gebühren zumuten und diese in Konzessionsverträgen niedrig festschreiben, da sie ansonsten Proteste und den Verlust von Wählerstimmen befürchten. Im Falle vorhandener starker nationalistischer Strömungen ist mit politischem Widerstand zu rechnen, besonders dann, wenn eine Projektgesellschaft mit ausländischen Anteilseignern einen Teil der Infrastruktur eines Landes für eine relativ lange Zeitperiode besitzt und einen hohen Ertrag daraus zieht.132 Der Kapitalmarkt auf der anderen Seite erwartet eine im Vergleich zu Alternativanlagen attraktive Rendite bzw. Marge, wobei es häufig einen Dissens mit dem öffentlichen Sektor in bezug auf Vorstellungen über einen risikoadäquaten, akzeptablen Profit gibt. Die Entscheidungsträger in einem Emerging Market Land sind zu überzeugen, daß aufgrund des hohen Investitionsrisikos eine hohe Rendite gerechtfertigt ist. Darüber hinaus ist in Anbetracht eines hohen Fremdkapitalanteils und der nur eingeschränkten Rückgriffsmöglichkeiten eine belastungsfähige Projektstruktur essentiell, da Banken und Anleihenzeichner eher risikoavers denken und nicht voll am unternehmerischen Erfolg teilnehmen. Besonders die institutionellen und politischen Risiken, die die Privaten kaum beeinflussen können, müssen aus deren Sicht begrenzt und überschaubar bleiben. 3.3. Der Einfluß des rechtlich-formellen Rahmens auf den Verhandlungsprozeß Für Entscheidungsprozesse bei Konzessionsprojekten bilden die rechtlichen Rahmenbedingungen den Ausgangspunkt. Sie stellen für alle Handlungsakteure die formellen Restriktionen dar, die zu berücksichtigen sind und beeinflussen damit die Höhe der bestehenden Transaktionskosten. Drei grundlegende Ansätze für die Verhandlung von Konzessionsverträgen lassen sich hierbei unterscheiden.133 Bei der ersten denkbaren Variante werden die Konzessionsbedingungen in einem offenen Verhandlungsprozeß zwischen den relevanten Parteien festgelegt ohne Rückgriff auf umfassende gesetzliche Regelungen. Das Gegenteil hierzu wäre ein detailliertes Gesetzeswerk als Grundlage für den Abschluß eines Konzessionsvertrages, wobei den Verhandlungsakteuren aufgrund gesetzlicher Vorgaben 132 133

SHADBOLT/JENKINS, S. 144. UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, S. 50-52. 53

nur geringe Gestaltungsspielräume bleiben. Schließlich gibt es Mittelwege zwischen diesen beiden Extremen. a) Festlegung der Konzessionsbedingungen in einem offenen Verhandlungsprozeß ohne Rückgriff auf umfassende gesetzliche Vorgaben In Ländern, in denen „Common Law“ dominiert und nicht das geschriebene Recht, findet dieser Ansatz breite Verwendung. Die zuständigen Ministerien oder Regierungsbehörden haben dort in der Regel das Recht, Infrastrukturbereiche zu privatisieren, solange es keine Gesetze gibt, die dies ausdrücklich verbieten.134 In Industrieländern mit dementsprechender Tradition und stabilen Rechtsverhältnissen ermöglicht dies eine erhöhte Flexibilität und die Anpassung eines Konzessionsvertrages an die Bedürfnisse eines konkreten Projektes. Nachteilig bei diesem Ansatz sind die unter Umständen notwendigen langen Vertragsverhandlungen, da gesetzliche Regelungen, auf die die Beteiligten Bezug nehmen könnten, nur in geringem Ausmaß existieren und daher alles explizit und detailliert festzulegen ist. Aus diesem Grund bedarf es bei der Vorbereitung des Vertragswerkes einer gut eingespielten und ausgebildeten Verwaltung als Verhandlungspartner potentieller privater Investoren,135 deren Interessenpositionen der Privatisierung von Infrastruktur nicht entgegenstehen und die sich diesem Ziel von ihrer Wertauffassung her verpflichtet fühlt. Fehlt der Bürokratie die entsprechende Erfahrung, steigt die Gefahr, daß die getroffenen Vereinbarungen nicht tragfähig sind, wenn Leitlinien, an die man sich halten kann, nicht vorhanden sind. Fehlt hingegen der Wille, laufende Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen, fällt es Interessengruppen im Verwaltungsapparat hier leichter, den Verhandlungsprozeß zu verzögern oder gar zu blockieren als bei den beiden noch zu diskutierenden Varianten. Aus diesen Gründen steigen in Ländern der Emerging Markets, in denen die Voraussetzungen Kompetenz und Kooperationsbereitschaft der Bürokratie eher in geringerem Ausmaß als in Industrieländern erfüllt sein dürften, die Transaktionskosten bei diesem Ansatz erheblich an. Crothers befürwortet zwar dennoch prinzipiell eher einen offenen Ansatz, bei dem in Detailfragen individuelle Abmachungen getroffen werden können. Allerdings betont er die Notwendigkeit, für alle Akteure weitgehende Rechtssicherheit herzustellen. So müssen die als für ein Projekt verantwortlichen Kompetenzträger auftretenden Ministerien oder Behörden ausdrücklich ermächtigt sein, Ausschreibungen zu organisieren, Verhandlungen mit privaten Investoren zu führen, rechtsverbindliche Vereinbarungen zu treffen, Konzessionen zu vergeben und deren Implementierung zu überwachen.136

134

A.a.O., S. 46. UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, S. 50. 136 CROTHERS, S. 10. 135

54

Der Abschluß eines Konzessionsvertrages hat anschließend auf Grundlage eines soliden, allgemeinen Konzessionsrechts zu erfolgen:137 „Most sponsors and lenders wish at best to see a concession law, which is clearly drafted, provides the general terms of the concession framework and allows the specific issues to be dealt with through the concession contract itself. While a badly drafted concession law can cause problems, the non-existence of a concession law ultimately produces uncertainty, delays and increased costs as investors and lenders are required to „create“ the equivalent of the law through extensive contracts, approvals and authorisations. ... This is the case in the Russian Federation, for example, where, to the author`s knowledge, no infrastructure concessions have yet been completed. A private airport terminal project in a major city has been advancing very slowly over the past few years because of the need to negotiate separately with the municipality, the airport, the transport and finance ministries and the state.“ Die zu befürchtenden Schwierigkeiten bei Nichtvorhandensein eines soliden Gesetzeswerkes beziehen sich hingegen nicht ausschließlich auf den Verhandlungsprozeß exante, sondern auch auf die Rechtssicherheit ex-post. Selbst wenn es in dem von Crothers erwähnten Beispiel Rußland den Sponsoren der Projektgesellschaft gelingen sollte, alle für ein Projekt notwendig erachteten Genehmigungen einzuholen, bleibt die Unsicherheit, ob tatsächlich alle relevanten Parteien befugt waren, diese zu erteilen und ob das Vertragswerk vollständig ist. Um dies zumindest einigermaßen zuverlässig zu gewährleisten, müßte sich die Projektgesellschaft eine Garantie von der Zentralregierung beschaffen, die gegenüber den Kreditgebern für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Vereinbarungen einsteht. Ein solches Verfahren wurde zwar in der Praxis vereinzelt angewandt, doch normalerweise unter Federführung einer supranationalen Bank, die wegen ihres Mandates unter Umständen bereit ist, derartige Transaktionskosten auf sich zu nehmen und zu managen (siehe Kap. IV). b) Rückgriff der Verhandlungsakteure auf ein detailliertes Gesetzeswerk als Grundlage für den Abschluß eines Konzessionsvertrages Bei einem anderen Ansatz greifen die Verhandlungsakteure auf ein detailliertes Gesetzeswerk als Grundlage für den Abschluß eines Konzessionsvertrages zurück, der für sie als Referenzpunkt dient. Ein Beispiel hierfür findet sich auf den Philippinen. Dort gibt es in bezug auf BOT-Projekte ein sehr detailliertes und umfangreiches Gesetzeswerk.138 Anfang bzw. Mitte der 90-er Jahre leiteten die Philippinen ein breit angelegtes Privatisierungsprogramm für Infrastrukturvorhaben ein, wobei im Hinblick auf die durchzuführenden Projekte jeweils Prioritäten festgelegt werden. Für Investoren und 137

A.a.O., S. 6 und S. 11. Im Mittelpunkt steht dabei der 1994 verabschiedete „Republic Act No. 7718 and its implementing rules and regulations“, in dem die Leitlinien für Konzessionsprojekte und die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen festgelegt sind.

138

55

Kreditgeber erhöht sich die Zuverlässigkeit, wenn der formelle Rahmen von einer klaren strategischen Ausrichtung und einer Unterstützung der Regierung getragen ist. Die Regierung verfolgt mit relativ engen gesetzlichen Vorgaben bezüglich des Vergabeprozesses und der konkreten Inhalte des Konzessionsvertrages das Ziel, ihr Programm möglichst wirksam umzusetzen und Transaktionskosten bei der Projektkonzeption zu senken. Der Verwaltung möchte man diskretionären Handlungsspielraum entziehen.139 Zudem soll sie darauf spezialisiert und geschult werden, bei der Schaffung investitionsfreundlicher Bedingungen die ihr zugedachte Rolle konstruktiv zu spielen.140 Der vom Präsidentenbüro veröffentlichte Jahresbericht von 1997 spricht von einem Erfolg des BOT-Programmes - alleine im Energiesektor seien Verträge mit privaten Sponsoren für 34 Projekte und einem Finanzierungsvolumen von USD 13 Mrd. abgeschlossen worden.141 Dem Vorteil geringerer Verhandlungskosten bei einem detaillierten Gesetzesrahmen, der den Inhalt des Konzessionsvertrages weitgehend vorbestimmt, steht der Nachteil gegenüber, daß sich dieser in gewissen Situationen nur schwer an die individuellen Bedürfnisse eines Projektes anpassen läßt. Transaktionkosten können ansteigen, wenn sich die bestehenden Regeln als starr und hinderlich erweisen. Dies gilt besonders, wenn bei der Konzipierung des Gesetzeswerkes Fehler unterlaufen sind. Schließlich bedeutet ein detailliertes und umfangreiches Gesetzeswerk noch nicht, daß auch dauerhaft ein stabiles Umfeld für Konzessionsprojekte herrscht. Dies ist nur dann der Fall, wenn auch die Unterstützung der Regierung für ihr Programm langfristig anhält, die Anreizstrukturen für die Verwaltung dies begünstigen, die wirtschaftliche Ausgangslage sich nicht deutlich verschlechtert sowie ein ausgewogenes Interessengleichgewicht (vgl. unten) zwischen den Projektbeteiligten erhalten bleibt. c) Hybride Zwischenformen und Mittelwege Zwischen den erörterten Extremvarianten gibt es ein Spektrum hybrider Zwischenformen. So befürwortet der erwähnte Ansatz von Crothers zwar einige gesetzliche Vorgaben, die von der Regierung verabschiedet sind, um die Rechtssicherheit zu gewährleisten, doch erhalten die Verhandlungsakteure großen Gestaltungsspielraum, um die Bedingungen für ein bestimmtes Projekt auszuhandeln. Ministerien und Behörden sind besser in der Lage, auf individuelle Anforderungen zu reagieren und die bei früheren Vorhaben gewonnenen Erfahrungen schnell umzusetzen. Nachteilig ist, daß unterschiedliche Sponsoren unterschiedlich behandelt werden und somit der Verhand139

So schrieb der frühere Präsident RAMOS zum BOT-Gesetzeswerk: „The expansion of the previous BOT law represents our determined effort to provide a liberalized environment more conductive to private sector investment. The formulation of these implementing rules and regulations was guided by the need to eliminate needless government bureaucratic procedures and provide expanded opportunities for private sector investment in development projects.“ 140 OFFICE OF THE PRESIDENT – BOT CENTER, S. 28 ff. 141 A.a.O., S. 16. 56

lungsprozeß unkalkulierbarer wird. Dieses Risiko erscheint allerdings deutlich geringer, wenn von Regierungsseite ein gewisser Rahmen für standardisierte Lösungen in einzelnen Sektoren vorgegeben ist (z.B. Musterverträge, wie in Pakistan oder China142), der im Regelfall befolgt werden sollte, von dem aber in begründeten Ausnahmefällen in einzelnen Punkten auch abgewichen werden kann. Dies erspart den Beteiligten einerseits Konsensfindungskosten, andererseits wird dennoch eine notwendige Flexibilität beibehalten. 3.4. Transaktionskosten unterschiedlicher Methoden zur Vergabe von Konzessionen Ein Land hat verschiedene Methoden zur Auswahl, eine Konzession an ein Bewerberkonsortium zu vergeben. Eine zuständige Behörde kann entweder eine internationale Ausschreibung initiieren oder mit mehreren Bietern parallel (die alle gewisse Ausgangskriterien erfüllen) oder nur einem Partner alleine Verhandlungen führen. Je nach Situation dürfte sich eher die eine oder andere Methode eignen, wobei jeweils Vorund Nachteile gegeneinander abzuwägen sind. a) Offene Ausschreibungen Offene Ausschreibungen sind normalerweise sehr aufwendig und finden daher insbesondere bei großen, langfristig angelegten Projekten Anwendung, bei denen Sponsoren bereit sind, die notwendigen Ressourcen aufzubringen, um den Zuschlag zu erhalten. Sofern das Vergabeverfahren gut strukturiert und organisiert ist, steigt für die Beteiligten die Transparenz und diskretionäre Entscheidungsspielräume der Verwaltung vermindern sich. b) Parallele Verhandlungen mit mehreren Bietern Dieses Vergabeverfahren ermöglicht ein echtes wettbewerbliches Entdeckungsverfahren143 bei der Suche nach einer optimalen Lösung für ein bestimmtes Vorhaben. In Verhandlungen bekommt die Verwaltung neue Anregungen von den privaten Partnern, wenn sie den Verhandlungsprozeß effizient und transparent steuert. Sie kann ex-ante Ausgangskriterien bestimmen, die zu erfüllen sind, wobei den Privaten Spielraum für individuelle Vorschläge bleibt. Angesichts der geringeren Standardisierung als bei offenen Ausschreibungen benötigt man allerdings ein recht hohes Maß an Erfahrung und Professionalität seitens der Bürokratie. Zudem sind die Anforderungen an deren Integrität und Unbestechlichkeit deutlich höher. Fehlen diese Voraussetzungen, ist zu befürchten, daß die Vorteile dieses Verfahrens nicht nutzbar sind und im Gegenteil die Transaktionskosten sogar ansteigen.

142 143

UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, S. 52. Vgl. HAYEK, S. 92 ff. 57

c) Direkte Verhandlungen mit einem Bewerber Einige Länder, wie z.B. die Philippinen bei Projekten im Energiebereich, verwendeten direkte Verhandlungen für die ersten Transaktionen in einem Sektor und anschließend (nach dem Testfall) offene Ausschreibungen, bei denen auf gemachte Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte.144 Direkte Verhandlungen werden auch dann geführt, wenn ein Vorhaben möglichst schnell umgesetzt werden soll. Für die Sponsoren stellt dies die billigste Variante dar, wenn auch die Transaktionskosten wegen mangelnder Transparenz, erweiterter diskretionärer Entscheidungsspielräume der Bürokratie und größerer politischer Unwägbarkeit deutlich ansteigen können (aber nicht müssen). Direkte Verhandlungen führen häufig zu Vertragsabschlüssen mit besseren Konditionen für die Projektgesellschaft, wenn darin auch häufig die Risikoprämie der Pionierfunktion enthalten ist. Eine Projektgesellschaft wird jedoch dadurch angreifbar, daß ihr später vorgeworfen werden kann, die Transaktion sei nicht auf rechtmäßigem Wege zustande gekommen und habe die Projektgesellschaft einseitig begünstigt. Eine mangelnde Legitimation wiederum gefährdet die langfristige Stabilität eines Vorhabens. 4. Transaktionskosten bei der Durchsetzung des Konzessionsvertrages und Maßnahmen zur Abmilderung institutioneller Risiken Die nach einem Verhandlungsprozeß im Konzessionsvertrag zwischen öffentlicher Hand und Projektgesellschaft getroffenen Vereinbarungen müssen nach der Investitionsphase bis zum Ende der Kredit- bzw. Konzessionslaufzeit auch so durchsetzbar sein, daß sie für die Projektgesellschaft kalkulierbar bleiben. Insbesondere die aufgrund eines möglichen späteren opportunistischen Verhaltens des politischen Sektors und der Bürokratie bestehenden Transaktionskosten sind bereits bei der Strukturierung eines Vorhabens mit zu berücksichtigen. Es gilt, eventuelle Problem zu erkennen und ggf. geeignete Maßnahmen im Vorfeld zu treffen, entsprechende institutionelle Risiken abzumildern. 4.1. Transaktionskosten aufgrund möglichen opportunistischen Verhaltens des politischen Sektors und der Bürokratie nach Beendigung der Investitionsphase Legt man ein optimistisches Szenario zugrunde, dann einigt sich die Projektgesellschaft mit der Exekutive eines Landes auf den rechtlichen Rahmen für eine Konzession, der möglichst stabil ist und eine weitgehend problemlose Durchführung des Projektes gewährleistet. Vernon vertritt hingegen die These, daß in vielen Ländern ausländische Beteiligungen nur solange akzeptiert seien, wenn die Vorteile hiervon die damit verbundenen Nachteile und politischen Kosten bei weitem übertreffen. Dies sei in

144

58

Vgl. IFC, Infrastructure, S. 50.

vielen Fällen zu Beginn des Projektes der Fall,145 weshalb für ein Land ein Anreiz bestehe, ex-ante freundliche Investitionsbedingungen herzustellen. Häufig nimmt jedoch der Nutzen einer ausländischen Präsenz aus Sicht eines Landes kurz nach Beendigung der Bauzeit und Betriebsbeginn deutlich ab, außer wenn es hierdurch zu einem anhaltenden Technologietransfer kommt oder wenn nur mit Hilfe der Sponsoren der Zugang zu ausländischen Märkten146 möglich ist. Beide Voraussetzungen fehlen bei Infrastrukturprojekten häufig. Das Kriterium einer verbesserten Effizienz und Wirtschaftlichkeit in der Betriebsführung, die sich insbesondere Fremdkapitalgeber von der Beteiligung und den Managementfähigkeiten ausländischer Unternehmen erhoffen, wird vom Gastland oft weniger wahrgenommen. Während sich die Vorteile der ausländischen Investition mit der Zeit verringern, treten die damit verbundenen Kosten immer stärker in Erscheinung. Dividendenzahlungen steigen meist nach einer gewissen Start-up-Phase an. Als Folge dieser Veränderungen schätzen unter Umständen die Entscheidungsträger eines Staates die urspünglichen Bedingungen einer Transaktion mit der Zeit als nicht mehr günstig ein. Grund zur Sorge gibt es für die Projektgesellschaft, wenn sich deshalb die Einstellung des politischen Sektors und der Verwaltung zu ihrem Engagement verschlechtert. In diesem Fall besteht latent die Gefahr, daß sich die relevanten Akteure auf Seiten des Staates opportunistisch zu verhalten beginnen. Dieses Risiko vergrößert sich paradoxerweise noch, wenn eine Projektgesellschaft bei den vor Projektbeginn geführten Verhandlungen höhere Renditeforderungen aufgrund eines höheren Risikos als Kompensation durchgesetzt hat.147 Die Projektgesellschaft hat dann um so mehr zu befürchten, daß vereinbarte Handlungs- und Verfügungsrechte in Frage gestellt werden. Dies kann sich beispielsweise dadurch äußern, daß sie in ihren Möglichkeiten, bestimmte Tarife für ihre Leistungen zu erheben eingeschränkt oder zu Neuverhandlungen gezwungen wird oder daß im Extremfall der Staat beansprucht, die Konzession unter ihrem Wert zurückzukaufen. Dabei handelt es sich heutzutage eher selten um offene Enteignungsvorgänge, sondern dies erfolgt gewöhnlich auf subtilere Weise. So ist es z.B. durchaus legitim und sogar notwendig, wenn die öffentlichen Hand eines Landes gewisse Benchmarks bezüglich geforderter Leistungsmerkmale gegenüber der Projektgesellschaft setzt und Sanktionen für deren Nichteinhaltung im Konzessionsvertrag vorsieht. Ein Land würde sich andernfalls der Gefahr des Moral Hazards aussetzen, denn auch private Sponsoren verhalten sich opportunistisch, wenn die Erträge hieraus die anfallenden Kosten übersteigen. So ist die Aufrechterhaltung bestimmter Qualitätsstandards für die Projektgesellschaft mit Kosten verbunden, die sie ohne Kontrolle und Aufsicht (im Falle eines 145

VERNON, Raymond, S. 26-27. Vgl. SPILLERS, S. 8: „Projects that are least likely to experience problems during turbulent times are export related projects that are strategically important for a country`s generation of hard currency.“ 147 Siehe WELLS/GLEASON, S. 55: „Popular wisdom has it that high risk may bring high returns, but the paradox of infrastructure projects may be that it is higher returns that cause higher risks.“ 146

59

Monopolmarktes) des Staates eher vermeiden würde. Kontrolle bringt jedoch diskretionäre Handlungsspielräume mit sich und kann auf subtile Weise mißbraucht werden. Weiter versuchen der Staat und die Projektgesellschaft zwar, ihre Beziehungen umfassend und durch geeignete Arrangements zu regeln, doch gelingt es ihnen sicherlich nicht, alle in der Zukunft liegenden Eventualitäten vorauszusehen. So erscheint es angesichts der Komplexität solcher Vorhaben unmöglich, alle Entwicklungen und unerwartete Schwierigkeiten vorauszuahnen und entsprechende Anpassungsregeln an sich verändernde Umstände festzulegen. Vollständige und darüber hinaus rechtlich unangreifbare Verträge lassen sich nicht abschließen, da den beteiligten Akteuren hierzu einfach das notwendige Wissen fehlt und dieses auch durch bessere Prognoseverfahren nicht erlangt werden kann. Insofern resultiert opportunistisches Handeln häufig auf nicht vermeidbaren Unzulänglichkeiten im Vertragswerk.148 Für einen Konzessionär kommt es deshalb darauf an, nach welchen Spielregeln notwendig gewordene Neuverhandlungen stattfinden.149 In vielen Sektoren etabliert man eine Regulierungsbehörde, die mit der Projektgesellschaft in regelmäßigem Dialog steht.150 Sind Abweichungen vom Vertrag aufgrund sich verändernder Umstände unabdingbar, führen die Gesprächspartner Verhandlungen nach Treu und Glauben mit dem Ziel, wieder ein wirtschaftliches Gleichgewicht, z.B. orientiert an einer Mindestrendite des eingesetzten Kapitals, zu erlangen. Dies hat allerdings unter der Maßgabe zu erfolgen, daß die Projektgesellschaft ihren Beitrag hierzu ebenfalls leistet. Für sie ist jedoch dabei unabdingbar, daß ein regulatorisches Umfeld verläßlich und berechenbar bleibt. Am ehesten dürfte dies gewährleistet sein, wenn ein Land langfristig an ausländischen Investitionen interessiert ist und daher an der Aufrechterhaltung einer guten Reputation.151 Allerdings sind der politische Sektor und die Bürokratie kein einheitlicher Block. Einzelne Akteure verhalten sich häufig unabhängig voneinander und handeln nicht immer gemäß einem übergeordneten nationalem Interesse, sondern verfolgen ihre eigenen Ziele. Sie werden sich solange opportunistisch verhalten, solange ihr eigener Nutzen, der hieraus resultiert (Zunahme an Einfluß, Abwälzung von mit einer Konzession verbundenen Probleme, usw.) die damit verbundenen Kosten übersteigt. 148

Vgl. WILLIAMSON, Corporate finance, S. 569: „Transaction-cost economics expressly assumes that human agents are subject to bounded rationality and are given to opportunism. ... Incomplete contracting is a consequence of the first of these. Added contractual hazards result from the second.“ 149 Vgl. KRUPANICS, S. 22: „The only real solution for both sides is to agree at the time the contract is signed on well balanced, mutually acceptable procedures under which the conditions in the contract can be renegotiated from time to time.“ 150 Siehe WILLIAMSON, Institutions, S. 350: „Where significant investments in durable assets are required and contracts are subject to technological and market uncertainties, franchise bidding in practice requires the progressive elaboration of an administration apparatus that differs mainly in name rather than in kind from that which is associated with the regulation that it is intended to supplant.“ 151 Es sei hier außer Acht gelassen, daß das Gedächtnis vieler Investoren oft kurz ist und diese sich trotz negativer Erfahrungen in der Vergangenheit auf Neuengagements einlassen. Zudem müssen Vertragsverletzungen erst auf breiter Ebene auftreten, damit sie bekannt und vom Kapitalmarkt in künftigen Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden. 60

So mag sich in der politischen Auseinandersetzung ein Teil des politischen Sektors dadurch profilieren, indem private ausländische Beteiligungen an Infrastrukturvorhaben diskreditiert werden. Bedeutung gewinnen daher kollektivinterne Entscheidungsprozesse und die Stellung einer Regulierungsbehörde innerhalb eines Landes, die die Sponsoren und sonstigen Kapitalgeber vor einer Investition sorgfältig zu prüfen haben. Sind innerhalb einer Verwaltungsstruktur Verantwortlichkeiten so aufgeteilt, daß Entscheidungsakteure unabhängig von politischen Interessen zu agieren in der Lage sind, ist dies eher positiv zu beurteilen. Dazu gehört, daß der Handlungsrahmen einer Regulierungsbehörde nur in allgemeiner Weise, also nicht in bezug auf eine Einzelentscheidung, durch das Gesetzgebungsverfahren modifiziert werden kann und sie nicht einem Ministerium unterstellt ist. 152 Eine Due-Diligence-Analyse umfaßt u.a. auch, ob ihre Entscheidungswege transparent sind und welche Erfahrungen mit ihr bereits gemacht wurden. Transparente Entscheidungswege reduzieren das regulatorische Risiko, das daraus resultiert, daß Handlungsakteure sich korrupt verhalten. Dies erhöht für die Projektgesellschaft die Berechenbarkeit und verbessert damit deren Kalkulationsgrundlage. Sehr problematisch demgegenüber wären mehrere parallel existierende Regulierungsbehörden (z.B. eine sektorbezogene und eine weitere für Umweltbelange oder Regulierung auf unterschiedlichen Gebietskörperschaftsebenen), deren Entscheidungskompetenzen unter Umständen ungeklärt sind oder die sogar sich widersprechende Entscheidungen treffen.153 4.2. Maßnahmen zur Abmilderung institutioneller Risiken Um ein Vorhaben bis zum Ende der Konzessionsperiode möglichst störungsfrei von negativen Einflüssen zu halten, empfiehlt es sich für die Projektgesellschaft, ein Vorhaben so zu strukturieren, daß die Wahrscheinlichkeit opportunistischen Verhaltens seitens der Politik und der Verwaltung sich vermindert und auch andere institutionelle Risiken möglichst gering bleiben. Sie hat sich dabei von der Frage leiten zu lassen, wie ein Interessengleichgewicht dauerhaft aufrechterhalten werden kann. Die Spielregeln sind so auszugestalten, daß entweder für den Staat, bzw. seine Entscheidungsträger der Nutzen opportunistischen Verhaltens sinkt oder die damit verbundenen Kosten ansteigen. Die folgenden Abschnitte diskutieren zuerst allgemeine Maßnahmen, die dazu führen sollen, daß eine ausländische Präsenz als weniger nachteilig empfunden wird. Anschließend werden einige spezifische Risiken von Konzessionsprojekten in Emerging Markets identifiziert und analysiert, wie diese ggf. abgemildert werden können.

152 153

FLINTOFF/WILKINS, S. 46. Vgl. EBRD, Conference, S. 6. 61

4.2.1. Allgemeine Maßnahmen zur Beeinflussung des Kosten-Nutzen-Kalküls staatlicher Entscheidungsträger Dieser Unterabschnitt behandelt nicht einzelne konkrete Risiken, sondern stellt Überlegungen an, inwieweit das Kosten-Nutzen-Kalkül staatlicher Entscheidungsträger beeinflußt und dadurch die politische Akzeptanz eines Projektes aufrechterhalten werden kann, ohne dabei Wirtschaftlichkeitsaspekte zu vernachlässigen. a) Teilweise Trennung von Eigentum und Handlungs- und Verfügungsrechten In Kapitel III wird noch herausgestellt, daß es für die Kreditgeber wesentlich ist, daß Management- und Kontrollbefugnisse von denjenigen Parteien wahrgenommen werden, die am besten hierzu geeignet erscheinen. Auf der anderen Seite ist die politische Akzeptanz meist dann größer, wenn die ausländische Präsenz nicht so direkt in Erscheinung tritt - eine Voraussetzung, die eher gegeben ist, wenn internationale Sponsoren keine Mehrheitsbeteiligung halten. Daher können Regelungen, die Handlungs- und Verfügungsrechte vom Eigentum im engen Sinne loslösen unter Umständen sehr sinnvoll sein, wie Wells und Gleason meinen: „Work contracts and service contracts ... separate the issue of ownership from the issue of control and earnings, so that it becomes harder to charge that national assets are being surrendered to foreigners. Production-sharing agreements go a step further to divide output between host country and foreign companies in ways that make payments to foreigners more tolerable. ... The theme of many of the innovations is that ownership, control, and financial flows can be packaged in unconventional ways to satisfy investors` needs for returns and control over certain decisions while at the same time addressing some of the political issues associated with foreign participation in critical areas of the economy.“154 In Kapitel III werden solche Arrangements, die auch die Belange der Kreditgeber mit berücksichtigen, nochmal aufgegriffen. Ziel ist es, innovative Lösungen zu finden, die zu einer erhöhten politischen Akzeptanz führen und gleichzeitig wirtschaftlich effizient und tragfähig sind. Mehrheitsaktionär könnte beispielsweise für eine Übergangszeit noch der Staat bleiben, der seine Anteile jedoch allmählich auf dem lokalen Kapitalmarkt verkauft. Befindet sich eine Infrastrukturanlage wenigstens zum Teil im Eigentum der örtlichen Bevölkerung, doch verbleibt die Unternehmensführung bei den dafür vorgesehenen Akteuren, wäre dies ein Lösungsansatz, der politische und wirtschaftliche Gesichtspunkte gleichermaßen berücksichtigt. Für die Beteiligung eines größeren lokalen Sponsors spräche, daß dadurch unter Umständen, sofern es sich um einen Partner mit größerem politischen Einfluß handelt, eine noch größere Schutzwirkung erreicht wird. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob dann nicht das Konfliktpotential auf kollektivinterner Ebene bei der Projekt154

62

WELLS/GLEASON, S. 52.

gesellschaft zunähme. Darüber hinaus ist es durchaus denkbar, daß ehemals mächtige Verbündete im Zeitverlauf eher zu einer Belastung werden, insbesondere wenn sich das politische Machtgefüge verschiebt.155 Beispielsweise kam es in Indonesien vielfach vor, daß Mitglieder der Familie Suharto Anteilseigner einer Projektgesellschaft wurden. Nach den schweren politischen Umwälzungen in Indonesien seit Ende 1997 und dem damit einhergehenden Sturz der Regierung Suharto erscheint es zumindest zweifelhaft, ob eine solche Beteiligung noch als günstig anzusehen ist. b) Aufteilung der Erträge aus Effizienzgewinnen zwischen Projektgesellschaft und Staat Geschäftspläne, die vor einer Erweiterungsinvestition aufgestellt werden (also wenn es sich nicht um ein „Greenfield-Projekt“ handelt), kalkulieren gewöhnlich, je nach Sektor in unterschiedlicher Höhe, Effizienzsteigerungen während der Betriebsphase, die zur Ergebnisverbesserungen führen, mit ein. Nicht nur die Eigenkapital-, sondern auch die Fremdkapitalgeber basieren hierauf ihre Entscheidungen (siehe auch hier Kap.III). Insbesondere bei Investitionsprojekten, bei denen es auf das partnerschaftliche Miteinander zwischen privater und öffentlicher Hand ankommt, würde eine faire Aufteilung der Vorteile eines ausländischen Engagements zwischen Projektgesellschaft und Staat vermutlich zur Erhaltung eines Interessengleichgewichtes beitragen. Am Beispiel von Projekten im Wasserbereich, einem besonders stark regulierten und monopolisierten Sektor, sei examplarisch dargestellt, wie dies aussehen mag. Zahlungen an Wasserbetriebe orientierten sich in der Vergangenheit auch in den Industrieländern vielfach an den Selbstkosten, auf die eine vorher festgelegte Gewinnmarge aufgeschlagen wurde. Diese Zahlungen wurden entweder vollständig durch Gebühren abgedeckt oder die öffentliche Hand trug den entsprechenden Differenzbetrag. Ein solches System veranlaßt die Projektgesellschaft eher dazu, Ressourcen aufzuwenden, um Kosten zu rechtfertigen als um sie wirksam zu senken und Betriebsabläufe besser zu organisieren. Dabei würden maßgebliche Vorteile, die mit Privatisierung verbunden werden, für ein Land wieder verlorengehen. Diese zeigen sich nur, wenn die Projektgesellschaft für Effizienzsteigerungen, die sich in Kostenreduktion und der Bereitstellung einer besseren Servicequalität äußern, belohnt wird und umgekehrt auch die negativen Folgen einer ineffizienten Wirtschaftsweise selbst trägt. Partizipiert die öffentliche Hand an erfolgten Rentabilitätssteigerungen, dürfte sich dies ceteris paribus grundsätzlich positiv auf die Einstellung des Kollektivakteurs Staat auswirken und dessen Zustimmung zu einer privaten ausländischen Beteiligung grundsätzlich fördern. Die Bewertung eines leistungsabhängigen Entlohnungssystems und entsprechender Vereinbarungen mit dem Staat erfolgt durch den Kapitalmarkt aufgrund der Einschät155

WELLS/GLEASON, S. 53. 63

zung der konkret gesetzten Bedingungen.156 Sind diese ausgewogen und tatsächlich leistungsfördernd und klar formuliert, liegt es in der Hand der Projektgesellschaft, sie zu erfüllen.157 Darlehensgeber üben über ihre Kreditbedingungen und Anteilseigner über den Aufsichtsrat Kontrolle aus, um die Unternehmenspolitik möglichst positiv zu beeinflussen. Der Grad der Leistungserfüllung könnte von einer unabhängigen Partei, z.B. einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, beurteilt werden. Die Wirksamkeit von Bestimmungen, mit denen erreicht werden soll, daß die Vorteile einer privaten Beteiligung sowohl dem Staat eines Landes als auch den Investoren zugutekommen, hängen also von deren konkreten Ausgestaltung ab. c) Flexibilität bei Anpassung des Projektdesigns an veränderte Rahmenbedingungen Veränderungen des Projektdesigns können sich bereits während der Fertigstellungsphase als notwendig erweisen. Auch ist nicht auszuschließen, daß sich das technische Design eines Vorhabens erst zu einem späteren Zeitpunkt nach erfolgter Investition als nicht optimal erweist und kleinere Erweiterungsinvestitionen sinnvoll wären, um eventuell bestehende Kapazitätsprobleme zu lösen und den externen Nutzen eines Projektes zu erhöhen. Allerdings dürfen vorgesehene Änderungen nicht das ganze bisherige Konzept in Frage stellen oder mit sehr hohen Kosten verbunden sein oder mißbräuchlich vom Staat gefordert werden. Die Partner brauchen deshalb flexible Regelungen für den Fall, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse Modifizierungen gegenüber der ursprünglichen Planung vorzunehmen sind. Vertraglich sollten hierfür Verfahren festgelegt werden, wie ggf. eine faire und ausgeglichene Lösung gefunden werden kann (siehe auch Kap.II, B, 4.2.1, e)). Wird die Qualität der von der Projektgesellschaft produzierten Leistung in einem Land allgemein als nicht zufriedenstellend beurteilt und unter Umständen sogar von der öffentlichen Meinung mit der ausländischen Anwesenheit in Verbindung gebracht, gefährdet dies das angestrebte Interessengleichgewicht. Für die Projektgesellschaft lohnt es sich deshalb eine kooperative Haltung einzunehmen, um eine negative Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen zu verhindern. Allerdings benötigt sie auf der anderen Seite Handlungsakteure, mit denen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auch möglich ist und die daran grundsätzlich ein Interesse haben. d) Sinnvolle Bemessung der Konzessionslaufzeit Da Zinszahlungen an Kreditgeber nach Rückzahlung des Forderungsbetrages enden, sind Banken- und Anleihegläubiger opportunistischem Verhalten von Seiten des Staates weniger stark ausgesetzt als Investoren, die Dividendenausschüttungen über eine sehr viel längere Periode erhalten. Je länger der politische- und der Verwaltungssektor eine eventuell unliebsame ausländische Präsenz hinzunehmen haben, desto

156 157

64

Vgl. FLINTOFF/WILKINS/EDDY, S. 46/47. Siehe CLAUDY/HOLLER.

größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß Bestrebungen in Gang gesetzt werden, diesen Zustand zu Ungunsten der Projektgesellschaft zu ändern. Ist das ausländische Engagement jedoch von Beginn an auf eine überschaubare Dauer begrenzt, haben die entscheidenden Akteure einen deutlich niedrigeren Anreiz, die Kosten für Auseinandersetzungen aufzuwenden, da eine Akzeptanz der vereinbarten Spielregeln leichter fällt. Aus diesem Grund kann es durchaus sinnvoll sein, wenn internationale Betreiber durch lokale ersetzt werden, sobald sie ihre Funktion erfüllt haben, nämlich für einen gewissen Zeitraum Management- und technisches know-how in ein Land zu transferieren und für die Kreditgeber die notwendige Stabilität zu gewährleisten.158 Möglich wäre sogar, örtliche Betreiber in einer Übergangszeit auf ihre neue Rolle vorzubereiten. Allerdings muß es der Geschäftsplan den Sponsoren erlauben, bis zu ihrem Ausstieg eine ausreichende Rendite auf ihren Kapitaleinsatz zu erwirtschaften. Vor dem Hintergrund, daß Investitionen up-front getätigt werden, die sich erst im Laufe der Zeit amortisieren, bleibt zu prüfen, inwieweit dies möglich ist. Da es zudem aus Gründen der politischen Akzeptanz ratsam sein kann, die Höhe der Gebühren für die Leistungserstellung auf relativ moderatem Niveau zu halten (siehe Kap.II, B, 4.2.2.c)), verlängert sich unter Umständen der Zeitraum, der notwendig ist, bis ein Projekt den anvisierten wirtschaftlichen Erfolg erreicht. Leistet der Staat hingegen höhere Zuschüsse an die Projektgesellschaft (siehe Kap.II, B, 5.3.), erreichen die Sponsoren den von ihnen geforderten internen Zinsfuß in einer kürzeren Zeitperiode. Würden diese Zahlungen abhängig von der Erfüllung gewisser Leistungskriterien (Effizienzgewinne im Betriebsablauf, Zustand der Projektanlage bei Übergabe usw.) getätigt, hätte die Projektgesellschaft zudem einen Anreiz, sich um die Werterhaltung der von ihr gemanagten Aktiva zu sorgen. Nachteilig stellt sich allerdings bei dieser Variante dar, daß Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Parteien auftreten können hinsichtlich des Zustandes der Infrastrukturanlage zum Zeitpunkt des Rücktransfers an den Staat, was die Transaktionskosten erhöht.159 Die Einbeziehung eines unabhängigen Sachverständigen wäre deshalb hilfreich, um weitergehende Streitigkeiten zu vermeiden. Abgesehen hiervon würde für die Sponsoren insgesamt jedoch eine solche Regelung eine Erhöhung der Sicherheit bedeuten, weil sie ihren Geschäftsplan sowohl auf das Projekt als auch auf die Kreditwürdigkeit eines Landes stützen könnten. Wäre der Staat finanziell nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen nachzukommen, würde sich die Konzessionsperiode automatisch wieder verlängern.

158

Vernachlässigt sei hier, daß die Neuausschreibung eines Vorhabens in kürzeren Abschnitten und damit eine jeweilige Neuformulierung der Vertragsbedingungen in der Regel hohe Transaktionskosten mit sich bringt. Vgl. WILLIAMSON, Institutions, S. 339 ff.

159

65

Eine anderer Vorschlag wäre, dem Staat ab einem gewissen Zeitpunkt eine Call-option auf den Rückkauf einer Konzession explizit einzuräumen. Besondere Bedeutung fällt dann den Entscheidungsregeln zur Festlegung des Kaufpreises zu, wobei hier viele Ausgestaltungen grundsätzlich denkbar sind, die jedoch häufig mit hohen Transaktionskosten verbunden sind. Am einfachsten wäre es, den Strike-Preis so zu bemessen, daß die Investoren damit eine vorher vereinbarte Zielrendite, auf die Dauer ihres Engagements berechnet, erzielen. Problematisch an einer solchen Option könnte hingegen sein, daß der Staat diese vermutlich nur dann ausübt, wenn die Geschäftsentwicklung der Projektgesellschaft über Plan verläuft, womit deren Gewinnchancen gekappt werden. Die Folgen einer ungünstigen Entwicklung hätte die Projektgesellschaft jedoch dennoch zu tragen. e) Design von Konflitklösungsmechanismen Konzessionsverträge sehen bei Streitigkeiten in der Regel vor, daß sich Konzessionsgeber und- nehmer an ein internationales Schiedsgericht wenden können. Die Transaktionskosten (zeitlicher und monetärer Aufwand, Zerstörung der Vertrauensbasis), die mit diesem Verfahren verbunden sind, sind hingegen zu hoch, um diese Möglichkeit bei jeder Meinungsverschiedenheit wahrzunehmen. Außerdem hat sich ein internationales Schiedsgericht regelmäßig an das jeweilige Landesrecht zu halten (siehe Kap.II, B, 3.1.), und auch bei der anschließenden Durchsetzung eines Schiedsspruches muß die Projektgesellschaft auf örtliche Institutionen zurückgreifen. Deshalb empfiehlt es sich, vorgelagert auf niedrigeren Niveaus Konfliktlösungsmechanismen festzulegen, um eventuell auftretende Probleme auszuräumen. 160 Die beste Lösung wäre, wenn die Beteiligten über einen vorzunehmenden Dialog gemeinsame Positionen finden würden. Falls dies nicht gelingt, könnten sie sich an einen Experten und in einem weiteren Schritt an einen von beiden Seiten anerkannten Schlichter wenden, der entsprechende Lösungsvorschläge zur Behebung eines Konfliktes unterbreitet. Es wäre durchaus denkbar, daß ein Land an einem fairen Kompromiß Interesse hat, der sich nicht unbedingt an dem Wortlaut des Konzessionsvertrages halten muß, aber dennoch für beide Seiten akzeptabel ist. Der Gang zu einem internationalen Schiedgerichts würde anschließend lediglich die Ultimo ratio darstellen, auf die man nur zurückgreift, wenn alle anderen Optionen bereits ausgeschöpft sind. f) Große internationale Beteiligung Die Kosten opportunistischen Verhaltens steigen für ein Land als Kollektivaktor, wenn eine größere Anzahl bedeutender Kapitalgeber bei einem Vorhaben involviert ist und dieses damit einen gewissen Bekanntschaftsgrad erhält. Unter diesem Aspekt betrachtet, kann eine große internationale Beteiligung eine größere Stabilität bedeuten, und es ist wahrscheinlicher, daß sich staatliche Entscheidungsakteure tatsächlich wohlwollender gegenüber dem Projekt verhalten, wenn sie andernfalls mit negativen Reaktio160

66

Vgl. SMITH, S. 67.

nen auf den internationalen Kapitalmärkten zu rechnen haben. Nachteilig stellt sich jedoch in einem großen Konsortium oft dar, daß viele verschiedene Interessen zu koordinieren sind und die Konsensfindungskosten unter den Konsorten steigen. 4.2.2. Strukturierung einzelner institutioneller Risiken in Emerging Markets Nachdem im letzten Abschnitt allgemeine Maßnahmen zur Beeinflussung des Entscheidungskalküls staatlicher Handlungsakteure erörtert wurden, geht der nun folgende auf einige institutionelle Risiken ein, die in Emerging Markets verstärkt auftreten. Zuerst behandelt dieser Abschnitt Genehmigungsrisiken bei Planung und Durchführung und anschließend rechtliche Risiken von Konzessionsprojekten. Schließlich werden das Gebührenerhebungs- und das Währungsrisiko betrachtet. a) Genehmigungsrisiken bei Planung und Durchführung eines Projektes Das Fertigstellungs- und das anschließende Betriebsrisiko fallen grundsätzlich in den Verantwortungsbereich der privaten Projektbeteiligten. Die Projektgesellschaft kann jedoch keine Genehmigungsrisiken übernehmen, die bei der Planung und Durchführung eines Projektes (z.B. in bezug auf Wegerechte) auftreten. Damit sie über eine ausreichende Kalkulationsgrundlage für ein Vorhaben verfügt, sollte deshalb das Planfeststellungsverfahren vor Projektbeginn idealerweise weitgehend abgeschlossen sein.161 Dabei benötigen die Sponsoren die aktive Hilfe der hierfür relevanten staatlichen Organisationen. Zur Projektentwicklung gehört dazu, die dabei in einem Land stattfindenden Abläufe zu verstehen und die Bedeutung, die man einem Vorhaben von Verwaltungs- und politischer Seite im Rahmen der gesamten Infrastrukturplanung beimißt, richtig einzuschätzen. Der formelle Rahmen wird dann durch das Öffentliche Recht vorgegeben, das z.B. die Bedingungen für eventuell notwendige Enteignungsund Bewilligungsverfahren oder den Übergang staatlicher Vermögensgegenstände an die Projektgesellschaft festlegt. Dazu gehört auch, daß klargestellt sein muß, welche Eigentumsformen an strategisch und volkswirtschaftlich bedeutsamer Infrastruktur Ausländern eingeräumt werden.162 Die Ausgestaltung des formellen Rahmens und seine Durchsetzung im jeweiligen Rechtssystem sind Grundlagen für den gesamten Planungs- und Realisierungsprozeß eines Projektes. Von besonderer Wichtigkeit sind z.B. umweltrelevante Fragen, die soweit wie möglich vorab zu behandeln sind. Für die Sponsoren ist es wichtig, möglichst schnell und zuverlässig über den Umfang der zu tätigenden Umweltmaßnahmen in Kenntnis gesetzt zu werden. Am günstigsten wäre, wenn der Staat im Rahmen des Vergabeverfahrens bereits alle Anforderungen bezüglich notwendiger Genehmigungen nennen würde.163 Insofern hätte ein Konzessionsgesetz Vorteile, das auch diesen Aspekt aus161 162 163

HADDAD, S. 42. UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVOLOPMENT ORGANIZATION, S. 46-47. FRYE/ROSS, S. 135. 67

führlich behandelt und den Vertragspartnern die Lösungen vorgibt.164 Als schwierig stellt sich dar, wenn für diese Fragen kein klarer Rahmen vorgegeben ist und für die Projektgesellschaft Unsicherheit besteht, welche Maßnahmen sie konkret durchzuführen hat (siehe auch Kap.II, B, 3.3.). Zudem ist in Emerging Markets zu erwarten, daß auch dort mittelfristig die Umweltanforderungen steigen. Geschieht dies parallel zur Wohlstandsentwicklung in einem Land, wie in vielen Industrieländern in der Vergangenheit, lassen sich erhöhte Aufwendungen in diesem Bereich, wenn dies durch den Konzessionsvertrag abgedeckt ist, meist leichter auf die Konsumenten überwälzen.165 Ansonsten dürften sich Tarifanpassungen nicht so leicht durchsetzen lassen (siehe Kap. II, B, 4.2.2.c)). Für den Fall von gesetzlichen oder von Veränderungen, die durch eine Regulierungsbehörde initiiert werden und die sich gegen einen bestimmten Typ von Projekten richten, sollten im Konzessionsvertrag jedoch bereits Vorkehrungen getroffen werden in bezug auf die Verteilung entstehender Mehrkosten zwischen den Beteiligten. Solche Szenarien sind von der Projektgesellschaft unbedingt in ihren Geschäftsplan einzukalkulieren. Am Beispiel der diskutierten umweltrelevanten Fragen läßt sich erahnen, welche Folgen Unzulänglichkeiten bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen haben können. Diese führen, abhängig vom Verhalten der Bürokratie, nicht nur zu Verzögerungen bei der Fertigstellung, sondern auch zu Rechtsunsicherheit später während der Betriebsphase. Für die Sponsoren gilt es, potentielle Problemaspekte soweit als möglich zu identifizieren. In den Bereichen, in denen die Rechtsunsicherheit als zu groß eingeschätzt wird oder bei denen die Gefahr diskretionären Verwaltungshandelns besteht, empfiehlt es sich von Seiten der Projektgesellschaft zu versuchen, Stabilisierungsklauseln in den Konzessionsvertrag einzubauen. Stabilisierungsklauseln sind optionale Bestandteile von Verträgen zwischen dem Gastland und einem ausländischen Vertragspartner, die dazu dienen, die ausländischen Vertragspartner vor Änderungen der verwaltungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu schützen.166 Solche Klauseln demonstrieren immerhin das Wohlverhalten des Gastlandes gegenüber einem Vorhaben ex-ante und entfalten unter Umständen tatsächlich einen gewissen Schutz. Allerdings läßt sich damit nicht ausschließen, daß sich die dortigen Entscheidungsträger ex-post nicht mehr an die ursprünglichen Vereinbarungen halten. b) Rechtliche Risiken bei der Umsetzung des Konzessionsvertrages Den Konzessionsvertrag schließen eine staatliche Einheit des Gastlandes und die Projektgesellschaft miteinander ab. Streitigkeiten zwischen diesen Parteien werden im Rahmen konzipierter Konfliktlösungsmechanismen behandelt, und in letzter Instanz 164 165 166

68

A.a.O., S. 138. Siehe FLINTOFF/WILKINS, S. 47. Vgl. MERKT, H., S. 37.

entscheidet in der Regel ein unabhängiges internationales Schiedsgericht nach Landesrecht die Angelegenheit. Andererseits betreffen viele Vereinbarungen, wie z.B. die Durchführung von Enteignungen oder das Recht Gebühren erheben zu dürfen (siehe Kap.II, B, 4.2.2.c), dritte Parteien. In einem funktionierenden Rechtsstaat haben diese die Möglichkeit, gegen aus ihrer Sicht illegale Maßnahmen, die jedoch nach Inhalt des Konzessionsvertrages Bestandteil der Projektrealisierung sind, gerichtlich vorzugehen. Das Risiko unberechenbarer Urteile dürfte wahrscheinlich in Ländern, die sich in einem dynamischen Entwicklungsprozeß befinden, teilweise sogar mit einem Systemwechsel verbunden, noch höher als in etablierten Industriestaaten sein. Welche Auswirkungen es haben kann, wenn hier Unklarheit besteht, zeigte sich beim ungarischen Autobahnprojekt M 1. Dort erging ein für die Projektgesellschaft negatives Urteil, als Gerichte im Falle der Autobahn M 1 einem Kläger Recht gaben, der die von ihm zu zahlende Mauthöhe als für zu hoch befand, obwohl sich das Projekt bereits zum damaligen Zeitpunkt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Der ungarische Staat als Vertragspartner der Projektgesellschaft fühlte sich für dieses Problem damals nicht verantwortlich.167 Sinnvoll wäre es deswegen, wenn sich die Projektgesellschaft im Konzessionsvertrag die Durchsetzbarkeit der dort geschlossenen Vereinbarungen zusichern läßt. Von der öffentlichen Hand hat eine Entschädigung zu erfolgen, wenn diese durch ein Gerichtsurteil in Frage gestellt werden. Das Konzept der zurechenbaren Risikotragung erfordert insbesondere in Emerging Markets, daß der Staat die Partei darstellt, die ein solches Risiko tragen muß. c) Das Risiko der Gebührenerhebung Privat finanzierte Infrastrukturprojekte amortisieren sich, abgesehen von zusätzlichen staatlichen Unterstützungsleistungen, durch Gebühreneinnahmen für die von ihnen erstellte Leistung. Diese sind entweder von einem Abnehmer im Rahmen vertraglicher Regelungen zu bezahlen (siehe Kap.II, B, 5.3.d)) oder direkt von den Konsumenten. Im Zusammenhang dieses Unterabschnitts gehen wir auf die Probleme, die mit dem 2. Fall verbunden sind, näher ein. Bei Projekten, in denen Wettbewerb effektiv realisiert wird, wie z.B. häufig beim Mobilfunk, bestimmt eher die Konkurrenz um Marktanteile die Preisbildung als der Konzessionsvertrag oder eine Regulierungsbehörde. Die Tatsache, daß den Konsumenten dann mehrere Angebote, zumeist mit einer stark verbesserten Service-Qualität, zur Auswahl stehen, reduziert in der Regel das institutionelle Risiko aus der Gebührenerhebung. Bei Vorhaben in monopolähnlichen Märkten jedoch sichert der Staat bzw. eine untergeordnete Gebietskörperschaft innerhalb des Konzessionsvertrags der Projektgesellschaft zu, den Nutzern bzw. Abnehmern einer bereitgestellten Leistung Gebühren bis zu einer vereinbarten Höhe berechnen zu dürfen. Entweder bestimmt 167

Vgl. MC COMICK, S. 12. 69

eine Formel, wie deren Höhe an die Inflations-, Wechselkurs- bzw. eventuell die Entwicklung des Bruttosozialprodukts geknüpft werden kann168 oder eine Regulierungsbehörde paßt sie laufend den aktuellen Entwicklungen an. Inwieweit der vertragliche Rahmen in Emerging Markets bei Infrastrukturprojekten jeweils als durchsetzbar eingeschätzt wird, muß jedoch individuell von Projekt zu Projekt entschieden werden. In vielen Ländern besteht nämlich das Problem, daß die Erstellung bestimmter Leistungen in der Vergangenheit stark subventioniert wurde und die Konsumenten es gewohnt waren, diese zu einem relativ billigen Preis oder gar umsonst zu erhalten (wenn auch oft in einer schlechteren Qualität und unter Inkaufnahme einer erheblichen Belastung des Staatshaushalts).169 Darum ist zu befürchten, daß die Umstellung auf Preise, die sämtliche Kosten mit beinhalten, nicht von sozialer Akzeptanz getragen wird. Erschwerend kommt hinzu, daß in vielen Ländern keine ausreichenden Sozialsysteme vorhanden sind und bedürftige Personen und Gruppen nicht über Direktzahlungen des Staates unterstützt werden. Bei Projekten, die Sektoren wie die Versorgung mit Wasser oder Strom betreffen und somit die Befriedigung von Grundbedürfnissen umfassen, wird nachvollziehbar, wenn zumindest Personen, die sich die kostendeckenden Gebühren nicht leisten können, kein Verständnis für die erhöhten Preise aufbringen. Verschärft wird die Situation, wenn eine Projektgesellschaft ihre Forderung bei NichtZahlung durchsetzen muß und dabei als mögliche Sanktion auch die Abkopplung eines Teilnehmers von der Leistungserstellung vorsieht. Die Projektgesellschaft könnte also in Schwierigkeiten geraten, wenn sie v.a. mit negativen Begleiterscheinungen in Verbindung gebracht wird und der positive Nutzen ihrer Tätigkeit in den Hintergrund tritt. Als Folge dessen wäre auch unsicher, inwieweit die politische Unterstützung aufrechterhalten bliebe, da Befürworter der Privatisierung innerhalb des politischen Sektors bei fehlender Akzeptanz in der Bevölkerung (Wählerpotential) selbst unter großen Druck gerieten. Damit sich die Projektgesellschaft jedoch zuverlässig auf vertragliche Vereinbarungen verlassen kann, ist sie auf dauerhafte Unterstützung der maßgeblichen Institutionen eines Landes angewiesen. 168

UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, S. 169. Ein extremes Beispiel in diesem Zusammenhang waren die Staaten Osteuropas. Vgl. CARBAJO/FRIES, S. 7, die für Osteuropa die Möglichkeiten für einen Übergang zu einer privatwirtschaftlichen Bereitstellung von Infrastruktur untersuchen und dabei die Probleme, die sich aus dem Erbe der Vergangenheit ergeben, mit berücksichtigen. Carbajo und Fries schildern die Situation bei der Elektrizitätsversorgung für einige osteuropäische Staaten sogar noch deutlich drastischer: „Not all electricity consumption in the region, however, is billed and paid for on time. Moreover, non-cash payments in the form of barter transactions or give-and-take fuel contracts account in some countries for a large proportion of billed electricity, resulting in low levels of cash-receipts. ´Non-technical` losses, largely theft by way of illegal connections and corruption of meter readers, are common in several countries. Some utilities have difficulty issuing bills on time for metered consumption, and often customers are unwilling or unable to pay for their consumption once bills are received. Mechanisms for enforcing payments are also weak, with an unwillingness to disconnect users for non-payments. As a result, arrears to power utilities account for a significant share of total payment arrears in many transition economies.“ 169

70

Aus diesen Gründen wäre es in vielen Ländern besser, wenn bereits vor der Einleitung eines Privatisierungsprogrammes eine Gebührenanhebung und eine Verbesserung der Zahlungsmoral der Konsumenten durch Reformmaßnahmen durchgesetzt würde, bei gleichzeitiger Einführung einer staatlichen Subjektförderung der Bedürftigen, da diese von bestimmten Leistungen auch nicht ausgeschlossen werden dürfen. In einem ersten Schritt sollten deshalb bestehende Betriebe eine private Rechtsform erhalten und Budgetrestriktionen unterworfen werden. Das damit verbundene politische Risiko kann nur von Seiten des Staates getragen werden, nicht hingegen von ausländischen Investoren. Erst wenn neue institutionelle Arrangements tragfähig erscheinen, sind die Voraussetzungen geschaffen für Investitionsvorhaben mit der Beteiligung privater Kapitalgeber in einer zweiten Stufe. Stellt man trotz dieses stufenweisen und behutsamen Vorgehens fest, daß Gebühren einer gewisse Höhe in der Realität politisch nicht dauerhaft durchsetzbar sind, behält der Staat sich für diesen Fall grundsätzlich das Recht vor, auch nachträglich niedrigere Gebühren festzulegen - nur muß er dann die Projektgesellschaft dementsprechend entschädigen. Es ist daher wichtig, hiefür bereits im Konzessionsvertrag vertragliche Kompensationsregeln, die sich möglichst an der Preiselastizität der Nachfrage orientieren, festzulegen.170 d) Währungsrisiken bei Konzessionsprojekten Infrastrukturprojekte in Emerging Markets generieren ihre Einnahmen häufiger als Industrieprojekte (die vielfach ausländische Märkte beliefern) in inländischer Währung. Sie sind deshalb meist einem erhöhten Währungsrisiko ausgesetzt, das von den privaten Beteiligten nicht beeinflußbar ist. Andererseits gehört es, zumindest im Rahmen einer PPP, zum Aufgabenbereich des Staates, eine gewisse makroökonomische Stabilität zu gewährleisten.171 Für besonders wichtige Infrastrukturvorhaben könnte ein Land einen Anreiz haben, den Kapitalgebern eine Versicherung für Währungsabwertungen über eine gewisse Bandbreite hinaus anzubieten.172 Allerdings bleibt in diesem Fall für die Projektgesellschaft das Risiko, ob der Staat in einer extremen Krisensituation über ausreichend Währungsreserven verfügt, um seine Verpflichtungen auch zu erfüllen. Kapitel IV diskutiert, inwieweit supranationale Entwicklungsbanken in der Lage sind, in solchen Situationen eine stabilisierende Rolle zu spielen (contingency credit line für den Staat, siehe Kap.IV, C., 2.). In der Realität sieht bei realen Abwertungen der Konzessionsvertrag oft eine zumindest teilweise Anpassung der Gebühren vor, die vom Endabnehmer oder im Rahmen eines entsprechenden Vertrages von einem zumeist staatlichen Abnehmer für die Leis170

Siehe CLAUDY/HOLLER. Vgl. EBRD, Conference, S. 6:„When the economic fundamentals are weak or missing, government guarantees become necessary and influence the allocation of project risk.“ 172 Vgl. GIBBONS/MATTEI/HARTMAN, S. 34: „The Chilean government has recently initiated a programme allowing foreign investors to enter into exchange rate insurance contracts that provide protection against exchange rate variations outside an agreed bond.“ 171

71

tung der Projektgesellschaft zu entrichten sind. Hierdurch sollen die aus der Abwertung resultierten Währungsverluste ausgeglichen werden. Kleinere Währungsverluste zuungunsten einer Projektgesellschaft dürften in der Regel durch entsprechende Preisanpassungen noch aufzufangen sein. Bei größeren, unerwarteten Währungsturbulenzen bleibt jedoch zweifelhaft, inwieweit Preisanpassungen in gleichem Maße durchsetzbar und überhaupt wirtschaftlich realistisch sind. Fraglich ist, ob Verwaltung und Politik tatsächlich bereit sind, eine starke wirtschaftliche Belastung, die durch Veränderungen von außerhalb des Projektes liegenden Daten hervorgerufen wurde, ihren Bürgern zuzumuten oder alternativ dauerhaft alleine zu schultern - selbst wenn makroökonomische Entwicklungen zum Verantwortungsbereich eines Staates und nicht dem einer ausländischen Projektgesellschaft gehören. Externe Schockereignisse wie ein Währungseinbruch können durchaus zur Folge haben, daß für ein Projekt als Ganzes die Akzeptanz verloren geht.173 Deshalb kann es in Emerging Markets sinnvoll sein, internationale Fremdwährungskredite mit Tranchen des lokalen Kapitalmarktes, wenn möglich, intelligent zu kombinieren. Wang begrüßt es daher, daß China 1999 damit begann, den Zugang ausländischer Projektgesellschaften zum lokalen Kapitalmarkt zu erleichtern:174 „Given the non-existence of long-term hedging instruments for renmimbi/USD exchange rate exposure, renmimbi financing would provide the most natural hedge for infrastructure projects with revenues in renmimbi. Although in most power purchase agreements or toll agreements, foreign investors/lenders are contractually protected from currency risks through tariff indexation, it would be naive to believe that such contracts could hold for long when tariffs became drastically uncompetitive compared with locally funded projects. This ´reality check` is increasingely emphasised by the major rating agencies.“ Ein internationales Baukonsortium wird in der Regel durch den Konzessionsvertrag verpflichtet, bei der Fertigstellung einer Infrastrukturanlage auf lokale Subunternehmer zurückzugreifen (local content),175 die auch in lokaler Währung bezahlt werden. Mittels einer solchen Gestaltung würde sich dann automatisch das Währungsrisiko vermindern. Ein Vorschlag in bezug auf das verbleibende Währungsrisiko wäre, zu Beginn des Projektes ein Währungsreservekonto einzurichten, welches in seinem Umfang, abhängig von der historischen Volatilität und vergangenen Abwertungstendenzen einer Währung, aufzufüllen ist. Im Falle eines Währungseinbruches könnte das Reservekonto dann vorübergehend genutzt werden.176 Sobald die Krise überwunden wäre, würde es entweder vom Staat oder der Projektgesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt 173

ELSEY/HURST, S. 166. Vgl. WANG, S. 46. 175 Vgl. SILK, S. 56. 176 SPILLERS, S. 8. 174

72

wieder aufgefüllt werden. Ist im zweiten Fall der Staat Hauptgesellschafter der Projektgesellschaft (siehe Kap.,II, B, 4.2.1.a)), trägt dieser dabei auch hier die größte Last. Sind die Sponsoren die maßgeblichen Anteilseigner an der Projektgesellschaft, wäre denkbar, daß das Gastland dieser als Entschädigung für die erhöhten Aufwendungen unter Umständen eine Verlängerung der Konzessionslaufzeit einräumt. Dies würde zwar im Widerspruch zu Kap.,II, B, 4.2.1.d) stehen, doch käme eine Verlängerung auch nur dann zustande, wenn der Staat bei starken Währungsturbulenzen nicht mehr in der Lage wäre, das Projekt, wie vertragsgemäß vorgesehen,177 zu stabilisieren. Die Einführung eines Reservekontos würde v.a. den Kreditgebern die von ihnen benötigte höhere Sicherheit bringen. Sie sind darauf bedacht, daß die vorgesehene Projektstruktur auch unter widrigen Umständen belastbar bleibt und es möglichst nicht zu vorübergehenden Ausfällen bei Zins- und Tilgungszahlungen kommt. Die Wirksamkeit dieses Instruments hängt allerdings davon ab, ob nach vorübergehender Krisenreaktion wieder stabile Währungsverhältnisse einkehren. Ein dauerhafter, einschneidender Währungseinbruch läßt sich mittels eines Währungsreservekontos nicht auffangen. 5. Eingrenzung des Markt- und unternehmerischen Risikos der Projektgesellschaft durch den Staat im Rahmen einer PPP178 Staatliche Entscheidungsträger streben an, ein Infrastrukturvorhaben so zu verwirklichen, daß sich bei dessen Durchführung der Saldo aller abdiskontierten Einnahmenund Ausgabenströme möglichst günstig darstellt. Im nächsten Abschnitt wird hingegen dargelegt, daß Marktrisiken in Emerging Markets für Investoren und Fremdkapitalgeber manchmal prohibitiv hoch sind und ein Projekt eine weitergehende Hilfe des Staates benötigt. Auch können andere unternehmerische Risiken bestehen, die die privaten Beteiligten nicht alleine, ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand, zu tragen bereit sind. Für die Realisierung eines Projektes auf privater Basis kann es zum Hindernis werden, wenn die Entscheidungsträger auf politischer- und Verwaltungsebene in diesem Fall nicht die Notwendigkeit zu einem weitergehenden staatlichen Engagement erkennen.179 Ein intelligenter Einsatz staatlicher Ressourcen dürfte für ein Land jedoch erheblich billiger und vorteilhafter als die vollständige Finanzierung eines Projektes über den Staatshaushalt sein. Grundvoraussetzung stellt allerdings dar, daß eine jeweilige staatliche Einheit auch kreditwürdig erscheint, der von ihr eingegangenen Verpflichtung nachzukommen. Der Einsatz entsprechender staatlicher Instrumente hat in Ab177

Entweder über Versicherung oder Gebührenanpassung, wie oben diskutiert. Dieser 5. Abschnitt greift in Teilen auf einen Artikel von CLAUDY/HOLLER zurück, der sich mit PPPs auseinandersetzt. Allerdings beziehen sich die dortigen Ausführungen auf die Situation in Europa, während das Thema dieser Arbeit Projektfinanzierungen in Emerging Markets sind. Daher wurden in den folgenden Ausführungen die entsprechenden Akzente an die gegebene Themenstellung angepaßt. 179 Vgl. TIMAR, Concessions, S. 107/108. 178

73

hängigkeit hiervon zu erfolgen. Kap.II, B, 5.3. behandelt, welche Instrumente insbesondere im Rahmen einer PPP ggf. eingesetzt werden können und welche ökonomischen Wirkungen mit ihnen verbunden sind. 5.1. Grundsätzliche Überlegungen zum Marktrisiko Die besonderen Probleme bei der Einschätzung und Übernahme des Marktrisikos zeigen sich bei der Gegenüberstellung der unterschiedlichen Evaluationsansätze von öffentlicher und privater Hand betreffend der Prognose der Marktentwicklung. Diese ergeben sich zum großen Teil aus den dargestellten Interessengegensätzen der beiden Parteien (siehe Kap.II, B, 3.2.). Projektfinanzierungen im Infrastrukturbereich amortisieren sich oft erst nach einer sehr langen Laufzeit. Die Schwierigkeit dabei ist, daß sich die von Beginn an bereitzustellende Kapazität nur über ausschließlich langfristige Nachfrageprognosen bestimmen läßt. Auf welchem Niveau diese Zielgröße letztendlich festgelegt wird, hängt von mehreren Faktoren ab, wobei die gesamtwirtschaftliche Situation, wie das Wachstum des Bruttosozialproduktes bzw. die allgemeinen Wohlstandsentwicklung, zumeist eine wichtige Rolle spielt.180 Zusätzlich können zum Prognosezeitpunkt nicht bekannte Parallelentwicklungen den tatsächlichen späteren Kapazitätsbedarf beeinflussen und verändern. Daher werden solche Vorhersagen nie eindeutig sein, sondern sich immer innerhalb einer gewissen Bandbreite bewegen. Die Ergebnisse von entsprechenden Machbarkeitsstudien sind nicht zuletzt von der Vorgabe und damit von der Intention des Auftraggebers abhängig. Gerade in Ländern mit starken Wachstumserwartungen, wie sie den Emerging Markets eigen sind, wird dieses Problem virulent. Denn hohe Wachstumsraten und damit einhergehende veränderte gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen erhöhen die Bandbreite der Ergebnisse signifikant.181 Die Planbehörden einer Regierung tendieren dazu, die obere Grenze der vermuteten Bandbreite zum Maßstab für die Verhandlungen mit den privaten Initiatoren zu machen. Diese fordern demgegenüber, daß ausreichend Cash-flows für die Rückzahlung des Kredits und die Erwirtschaftung einer Rendite auch bei widriger gesamtwirtschaftlicher Entwicklung und demzufolge Zugrundelegung pessimistischer Grundannahmen vorhanden sind. Dies gilt umso mehr für Projekte, die sich in ausländischer Währung verschulden, ihre Einnahmen hingegen in inländischer Währung generieren. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf die Laufzeit und den Abdiskontierungssatz der in Betracht kommenden Einnahmeerwartungen. Bei Betrachtung dieses „Königskinder-Dilemmas“ werden Diskrepanzen deutlich: Zahlen ein und derselben Prognose werden aufgrund der beschriebenen unterschiedlichen Betrachtungsweise so divergier180 181

74

KLEIN, S. B5. A.a.O., S. B5.

end interpretiert, daß diametral entgegengesetzte Schlußfolgerungen über die Machbarkeit eines Projektes gezogen werden. Nach welchen Kriterien sollten Marktrisiken nun also verteilt werden und welche verschiedenen Instrumente stehen hierfür zur Verfügung? Als vernünftige Regel gilt, daß Private Marktrisiken lediglich in dem Ausmaß übernehmen, in dem sie selbst fähig sind, diese zu kontrollieren. Am Beispiel veranschaulicht bedeutet dies: Die Zahl der Passagiere und die der Fluglinien, die einen bestimmten Flughafen anfliegen, hängt wohl auch von der Attraktivität der gegebenen Infrastruktur ab. Deshalb ist es notwendig, daß eine private Flughafengesellschaft einen großen Teil des Marktrisikos selbst trägt - schon deswegen, um einen Anreiz zu haben, sich um die Qualität der angebotenen Dienstleistung zu kümmern. Jedoch ist eine private Partei nicht in der Lage, die makroökonomische Entwicklung zu beeinflussen, weshalb auch hier unter Umständen für einen gewissen Teil des Risikos die öffentliche Hand eines Landes einzustehen hat. Die jeweilige Risikoverteilung kann umso elaborierter sein, je mehr Erfahrungen mit Konzessionsprojekten in einem bestimmten Sektor in einem Land bereits gemacht wurden. Fehlen solche, haben Sponsoren und Kreditgeber Anspruch auf Abfederung von Marktrisiken.182 Wenn über Demonstrationseffekte die grundsätzliche Machbarkeit von bestimmten Projekten ohne zusätzliche Unterstützung des Staates bewiesen wurde, kann hierauf zukünftig wieder verzichtet werden. Der Staat hat sich also an seinen eigenen Planzielen messen zu lassen. Mit Hilfe historischer Daten sind Prognosen über das Nachfrageverhalten dann leichter zu erstellen. Ein Vorteil sind daher Privatisierungsprogramme in bestimmten Sektoren, bei denen „economies of scale“ über erfolgreiche Lernprozesse erreicht werden. Ohne diese Lernprozesse kann es, wie in der Vergangenheit beobachtet, zu beträchtlichen Fehlprognosen seitens der privaten Hand bezüglich des Wahl- und Zahlungsverhaltens der Konsumenten kommen. Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn diese in der Vergangenheit nicht gewohnt waren, für eine Leistung entsprechende Gebühren zu entrichten. Bei der ungarischen Autobahn M1/M15 z.B., die als erstes derartiges BOT-Projekt in Osteuropa von einem Bankenkonsortium finanziert wurde, lag das Verkehrsaufkommen im ersten Jahr nach Betriebsbeginn ungefähr 40% unter der Vorhersage.183 Offensichtlich wurde von den Konsumenten der Zeitvorteil einer schnellen Verbindung geringer eingeschätzt als der monetäre Aufwand. Der Kapitalmarkt reagierte auf solche Fehleinschätzungen, indem er inzwischen bei Finanzierungen in diesem Sektor in Osteuropa ein deutlich stärkeres Engagement des Staates verlangt. Die Ursache dafür, daß Banken und Sponsoren in der Vergangenheit teilweise schlecht abgesichert in Kreditengagements gegangen sind, liegt wohl darin, daß Märkte nicht immer effizient sind. Besonders in Zeiten intensiven Wettbewerbs zwischen den ein182 183

UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, S. 162. Siehe EBRD, Transport, S. 21. 75

zelnen Banken und Sponsoren haben sich viele Projektmanager auf unkalkulierbare Risiken eingelassen. Märkte folgen nicht selten dem Prinzip zyklischer Massenbewegungen. Projektmanager rechtfertigen sich häufig vor ihren Gremien unter Hinweis auf eine bestehende Marktsituation. Schlechte Erfahrungen bei Initialprojekten mit einer Risikoüberfrachtung Privater fallen bei Nachfolgeprojekten auf den Staat zurück, der dann stärker in die Pflicht genommen wird als es die reine Analyse erfordert, nur weil die Bereitschaft der Kapitalmärkte zur Risikoübernahme verschwunden ist (negativer Lerneffekt). Essentiell für das erfolgreiche Gelingen eines Vorhabens ist jedoch ein ausgewogenes Interessengleichgewicht und eine partnerschaftliche Lösung des beschriebenen Königskinder-Dilemmas. 184 Bevor jedoch in diesem Zusammenhang verschiedene zur Verfügung stehende Instrumente des Staates und ihre ökonomischen Wirkungen analysiert werden, sei zuvor auf die Bedeutung der Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand für einen wirksamen Einsatz dieser Instrumente zur Stabilisierung der Projektstruktur hingewiesen. 5.2. Die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand als Voraussetzung für eine Stabilisierung der Projektstruktur a) Die Bedeutung der Kreditwürdigkeit eines Staates Eine wichtige Funktion privater Infrastrukturprojekte sollte sein, den Staat finanziell zu entlasten. Andererseits ergibt sich häufig situationsbedingt die Notwendigkeit staatlicher Unterstützungsleistungen, um die Bankfähigkeit eines Vorhabens zu gewährleisten. Bei der Anwendung staatlicher Instrumente für diesen Zweck lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Kategorien unterscheiden: Die eine Kategorie kommt nur bei negativer Abweichung des Projektes vom Basecase-Szenario zum Einsatz. Maßgeblich für Kreditgeber und Investoren ist hier zunächst nur das Projektrisiko. Der mögliche Rückgriff auf die öffentliche Hand dient der Projektgesellschaft bei einer negativen Entwicklung als zusätzliches Reservepolster. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Cash-flow-Ausfallgarantie (siehe Kap.II, B, 5.3.c)). Je größer allerdings die Streuungsbreite der auf Grundlage einer Machbarkeitsstudie ermittelten Prognosewerte für die Einnahmenseite eingeschätzt wird, desto mehr gewinnt die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Staates an Bedeutung, weil auf diesen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit zurückgegriffen werden muß.

184

TIMAR, Concessions, S. 107, bemerkt dazu im Zusammenhang mit Verkehrsprojekten: „If traffic flows can be predicted with reasonable certainty, the traffic risk will be well contained with lenders not demanding large premiums for risk. Detailed and reliable traffic forecasts based on economic prognostics are seldom available, and it seems to be very difficult to elaborate them in a way acceptable for all parties. This issue underlines the need for risk sharing between the government and the Promotor, that is for minimal governmental financial support to be accepted by the investors and the lenders.“

76

Bei einer zweiten Kategorie von Instrumenten kann die Wirtschaftlichkeit des Projektes ohne staatliche Unterstützung nicht sichergestellt werden und diese geht deshalb in den Geschäftsplan explizit mit ein. Typische Beispiele sind Abnahmeverträge (siehe Kap.II, B, 5.3.d)), bei denen der Staat oder eine staatliche Einheit den Vertragspartner darstellt oder auch Subventionen und Direktzahlungen (Kap.II, B, 5.3.a)). In diesem Fall besteht von Beginn an sowohl ein Projekt- als auch ein Kreditrisiko des Staates und beide Risiken sind zufriedenstellend zu beurteilen, bevor ein Engagement von Sponsoren und Kreditgebern grundsätzlich erwogen werden kann. Die einzelnen unter Kap.II, B, 5.3. dargestellten Instrumente unterscheiden sich demnach bei der Inanspuchnahme des Staates hinsichtlich der Umstände, die zu Unterstüzungsleistungen führen und des jeweiligen Zeitpunkts. Beurteilungskriterium für die Effizienz eines Instrumentes ist somit einerseits, inwieweit es einem Projekt zusätzliche Stabilität verleiht und zu einem Interessengleichgewicht beiträgt und andererseits, ob es an die finanzielle Situation eines Landes angepaßt ist. Vor Projektbeginn untersuchen die privaten Beteiligten, ob der Staat aus ihrer Sicht seinen eingegangenen Verpflichtungen anschließend auch nachzukommen in der Lage ist und legen dabei ähnliche Kriterien wie bei der Beurteilung der Fundamentaldaten im Hinblick auf das Währungsrisiko zugrunde (siehe Kap. II, A, 2.). b) Einschätzung von kommunalen- und städtischen Kreditrisiken Vertragspartner der Projektgesellschaft von Seiten des Staates und verantwortlich für die Einhaltung eventueller finanzieller Zusagen kann, je nach Art des Vorhabens, auch eine untergeordnete Gebietskörperschaft sein. Dies ist beispielsweise im Wasser- und Abwasserbereich oft der Fall. Den möglichen Handlungsrahmen von Städten und Kommunen für ihre Aktivitäten bestimmen dabei in starkem Maße die ihnen hierfür gesetzten Restriktionen. Gesetze setzen gewöhnlich den rechtlichen Rahmen einerseits in bezug auf die Fähigkeit, eigene Einnahmen zu generieren und monetäre Verpflichtungen einzugehen und andererseits in bezug auf die zugeteilte Aufgabe, bestimmte Investitionen vorzunehmen. Handlungsakteure treffen Entscheidungen über Investitionsausgaben und die Art ihrer Finanzierung unter Berücksichtigung von formellen-, informellen- und Budgetrestriktionen. Vor dem Hintergrund, daß ein lokales BOT-Projekt zwar für eine entsprechende Region sehr wichtig, aus gesamtstaatlicher Perspektive betrachtet jedoch weniger bedeutend sein kann, sollten Sponsoren und Kreditgeber grundsätzlich nicht davon ausgehen, daß der Staat als Ganzes bei Zahlungsunfähigkeit der untergeordneten Gebietskörperschaft an deren Stelle ihre Verpflichtungen übernimmt (außer es liegt eine Garantie explizit vor). Aus diesem Grund gewinnt eine eingehende Bonitätsanalyse der untergeordneten Gebietskörperschaft durch die Kapitalgeber an Wichtigkeit. Im Rahmen dieser untersucht man sowohl die Effizienz und Stabilität des jeweiligen Systems und der jeweiligen institutionellen Verhältnisse als auch statistische Kenn77

ziffern, die die Wirtschaftsstärke einer Region und ihren gegenwärtigen Schuldenstand bewerten. Entweder muß die Bonitätsanalyse selbst erstellt werden, oder entsprechende Ratings namhafter Agenturen wie Standard & Poor`s, Moody`s oder IBCA, die ein Risikoeinschätzung abgeben, liegen bereits vor.185 Damit er sich auf Verpflichtungen von Kommunen und Städten stützen kann, ist für den Kapitalmarkt unabdingbar, daß ein entsprechender Haushalt nach soliden Grundsätzen geführt ist und über eine ausreichende Steuerbasis verfügt. Dies beinhaltet beispielsweise die Finanzierung langfristiger Investitionen durch langfristige Finanzmittel, die Einleitung von Vorsorgemaßnahmen für zukünftige Verpflichtungen wie z.B. Pensionszahlungen und die Erstellung aussagefähiger Haushaltsbilanzen. Schwierigkeiten treten auf, solange sich die Regelung der Aufgabenbereiche und die Aufteilung der Steuereinnahmen zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften noch im Veränderungsprozeß befindet. Entscheidend ist, daß eine untergeordnete Gebietskörperschaft über stabile, ihr gesetzlich zustehende Einnahmequellen auch tatsächlich verfügt und die Zuständigkeiten für zu tätigende Ausgaben und Investitionen zwischen den verschiedenen Ebenen zuverlässig und langfristig festgelegt sind. Ist eine Stadt oder Kommune hingegen in einem großen Ausmaß auf Transferzahlungen des Gesamtstaates angewiesen, muß dieser unter Umständen doch in die Projektstruktur mit einbezogen werden. Ein Überlegung wäre z.B., daß er die Fortsetzung solcher Zahlungen garantiert und für den Fall des Wegfalls die Verpflichtung der untergeordneten Gebietskörperschaft übernimmt. Andererseits sind Veränderungsprozesse gerade ein Charakteristikum für Emerging Markets Länder. So wurde beispielsweise in den Transformationsländeren Osteuropas in den letzten Jahren der gesamte volkswirtschaftliche Lenkungsmechanismus umstrukturiert. Es befanden sich nicht nur die Beziehungen zwischen den verschiedenen staatlichen Verwaltungsebenen in einem tiefgreifenden Wandel, sondern auch die Etablierung eines an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientierten Steuersystems war und ist dort zu bewältigen. In einem solchen Kontext lassen sich Prognosen über die zukünftige Haushaltsentwicklung nicht einfach aus historischen Zahlen, sofern diese überhaupt aussagefähig sind, fortschreiben. Historische Zahlen dienen lediglich als Ausgangspunkt weiterer Prognosen, müssen jedoch zunächst in ihrer Zusammensetzung untersucht und anschließend an aktuelle Entwicklungstendenzen angepaßt werden. Es gilt jedoch darüber hinaus bei der Analyse ein Verständnis für dynamische Prozesse innerhalb der Volkswirtschaft des Landes und der jeweiligen Region und deren Auswirkungen auf die einzelnen Komponenten eines Haushaltes zu gewinnen. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch sozialökonomische Aspekte, wie z.B. die Struktur der lokalen Wirtschaft. Ziel ist es herauszufinden, inwieweit die Finanzplanung des Haushalts einer Verwaltungseinheit mit der vorhandenen Ressourcen185

78

FLINTOFF/WILKINS/EDDY, S. 54.

ausstattung und den künftigen Wachstumschancen in Einklang steht und wie groß die Anfälligkeit gegenüber Krisenszenarien ist. Die aus einer entsprechenden Untersuchung resultierenden Ergebnisse und Kennziffern werden in Emerging Markets insgesamt eher aufgrund von detaillierten, aber qualitativen Einschätzungen hinsichtlich erwarteter Entwicklungsprozesse als durch eine quantitativ exakte Methode ermittelt. Entwicklungsprozesse finden über einen längeren Zeitraum statt und sind gekennzeichnet durch mehr oder weniger große Unwägbarkeiten. Ergeben Sensitivitäts- und Szenarioanalysen, daß die hieraus resultierende Unsicherheit kalkulierbar erscheint, können die Kapitalgeber auf eine untergeordnete Gebietskörperschaft, je nach Risikoneigung, bis zu einem gewissen Umfang abstellen. Allerdings bleibt zu beachten, daß hierfür gewisse institutionelle Voraussetzungen gegeben sein müssen – besonders vor dem Hintergrund, daß es in Emerging Markets zumeist einen erheblichen Investitionsbedarf bei gleichzeitig geringer Steuerbasis gibt, um die anvisierten hohen Wachstumsraten erreichen zu können.186 Wichtige Beurteilungskriterien in bezug auf eine kommunale Haushaltsführung sind deshalb, inwieweit es über Gesetze oder informelle Praxis wirksame Mechanismen gibt, die Ausgaben in einem soliden Rahmen zu halten und die Einnahmen sicherzustellen sowie auf ungünstige Abweichungen vom Budgetplan innerhalb eines Jahres flexibel zu reagieren. Besondere Bedeutung haben die Funktionsweise bestehender Finanzkontrollsysteme, Budgetbewilligungsverfahren, gesetzlicher Ausgabenbeschränkungen und die Effektivität bei der Steuererhebung- und eintreibung. Kreditgeber und Sponsoren interessiert zusätzlich, welche Priorität der Erfüllung den ihnen gegenüber gemachten Zusagen von der Gebietskörperschaft eingeräumt wird. In Osteuropa stellt sich in diesem Zusammenhang die Situation sehr unterschiedlich dar.187 In Ländern wie Polen, der Tschechischen Republik oder Ungarn existieren mittlerweile einigermaßen solide Finanzierungssysteme auf kommunaler-, städtischerund Bezirksebene, und die Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Zentrale sind inzwischen besser abgegrenzt. Darüber hinaus verspricht die Aussicht auf Eintritt in die Europäische Union eine Weiterverfolgung dieses Entwicklungspfades, wenn auch dieser Prozeß noch langwierig sein dürfte. Insgesamt sollte es dennoch in den genannten Ländern grundsätzlich Potential für Projektfinanzierungen geben, die Unterstützungsleistungen von Städten bzw. Gemeinden mit in die Finanzierungsstruktur einplanen. Eine individuelle Beurteilung im Einzelfall erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten lokalen Umstände. In anderen weniger fortschrittlichen Reformländern der Region dürften jedoch hierfür ohne die Einbeziehung einer Garantie einer Entwicklungsbank (siehe Kapitel IV) meistens noch die notwendigen Grundvoraussetzungen fehlen. 186

EBRD, Transition Report 1996, S. 52-53. Die EBRD als regional spezialisierte Entwicklungsbank unterscheidet zwischen Ländern, in denen sich der Reformprozeß erst im Anfangs-, in einem mittleren oder bereits in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium befindet, vgl. EBRD, Infrastructure, S. 24.

187

79

5.3. Beurteilung verschiedener Instrumente des Staates und deren ökonomische Wirkung a) Subventionen und Direktzahlungen Eine monetäre Unterstützung des Staates kann zunächst erfolgen als Direktzahlung oder in Abhängigkeit von der Menge der verkauften Einheiten an die Endnutzer. In beiden Fällen bleibt ein Teil des Marktrisikos bei der privaten Projektgesellschaft. Eine Subvention reduziert für die Projektgesellschaft das Preisrisiko, weil letztlich ein Teil der Leistung vom Staat bezahlt wird. Die Direktzahlung hingegen entlastet beim Schuldendienst, da weniger Kreditmittel aufgenommen werden müssen und damit das Investitionsrisiko sinkt. In Emerging Markets sind bei der Verwendung beider Instrumente zusätzliche Überlegungen anzustellen. Eine up-front geleistete Direktzahlung, die Voraussetzung für die Auszahlung eines Kredites bzw. die Einzahlung von Eigenkapital in die Projektgesellschaft ist, beurteilen Sponsoren und Banken mit Sicherheit positiv, da sie dann kein Bonitätsriko haben. Wird die Direktzahlung während der Fertigstellungsphase pro-rata mit Zahlungen der Privaten geleistet, entsteht bei Zahlungsausfall für die Privaten eine Finanzierungslücke, die sie bei entsprechendem Fortschritt des Projektes aus eigenen Mitteln zu schließen haben, wenn sie andernfalls nicht den möglichen Verlust ihrer bisherigen Investitionskosten riskieren wollen (sunk costs). Sponsoren und Kreditgeber können sich realistischerweise nur auf ein solches Konzept einlassen, wenn sie die Wahrscheinlichkeit eines unerwarteten Wegfalls der zugesagten Unterstützung während der Fertigstellungsphase als sehr gering erachten oder über weitere finanzielle Reserven verfügen und auch über zusätzlichen Spielraum im Finanzplan. Stellen Subventionen, die das Preisrisiko während der Betriebsphase reduzieren, nicht nur ein reines Sicherheitspolster dar, sondern werden sie von der Kalkulation her als wesentlicher Bestandteil des Finanzplanes benötigt, ist die Projektgesellschaft bei Zahlungsausfall nicht mehr in der Lage, ihre anvisierte Rendite zu erwirtschaften und meist auch nicht, ihren Rückzahlungsverpflichtungen gegenüber den Kreditgebern nachzukommen. Verlassen sich also private Kapitalgeber auf eine Subvention, nehmen sie sowohl das volle Projektrisiko als auch ein entsprechendes Länderrisiko in Kauf, was sie ebenfalls höchstens nach sehr sorgfältiger Prüfung tun sollten. b) Garantien zur Flexibilisierung der Finanzierungsstruktur Garantien lassen sich insbesondere dann anwenden, wenn ein Ausgangsszenario ergibt, daß die Projektgesellschaft, trotz der Verpflichtung, das gesamte in Anspruch 80

genommene Fremdkapital am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen, mit großer Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, eine ausreichend attraktive Rendite zu erwirtschaften. Liegt diese entsprechend hoch, sind die Sponsoren eher bereit, im Austausch für erhöhte Gewinnchancen auch ein gewisses Verlustrisiko einzugehen (Risikoinvestment mit upside potential). Für die Fremdkapitalgeber hingegen verringern Garantien das Ausfallrisiko, ohne daß die öffentliche Hand eine liquiditätswirksame Direktzahlung zu leisten hat. Der Staat reduziert die Unsicherheit für in weiterer Zukunft liegende Einnahmeentwicklungen und erweitert dadurch den Spielraum für längere Laufzeiten. Systematisch richtig wäre es, wenn sich dabei die Höhe der gestellten Garantie am Risiko der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientiert. Damit die Garantie tatsächlich zusätzliche Sicherheit bietet, ist allerdings notwendig, daß der Staat langfristig kreditwürdig erscheint. Dabei können sich Garantien über den gesamten Betrag des Fremdkapitals erstrecken oder lediglich eine bestimmte Tranche umfassen. Im ersten Fall gibt es zwei parallele Risikoträger (additive Risikotragung), was bei Infrastrukturvorhaben in Emerging Markets häufig noch Voraussetzung ist, um ein Projekt marktgängig zu machen. Eine teilweise Separierung von Risiken hingegen würde die Kreditwürdigkeit des Staates schonen, weshalb er sich nur in dem Ausmaß verpflichten wird, in dem dies für die Gesamtfinanzierung erforderlich ist. Gerade für Länder in Emerging Markets erscheint es wichtig, daß diese ihre zumeist sehr knappen Ressourcen effizient einsetzen. Beschränkt die Garantie sich also nur auf eine Tranche, bleibt das Risiko der ungedeckten Teile zwar bei den Privaten. Wird die gedeckte Tranche jedoch nachrangig bedient, ergeben sich für die Privaten dennoch indirekte Vorteile, da für die Bedienung des von ihnen verliehenen Fremdkapitals größere Liquidität vorhanden ist. Das extremste Beispiel für eine derartige Flexibilisierung der Finanzierungsstruktur stellt die Begebung eines Zero-Bonds durch die Projektgesellschaft dar, dessen Rückzahlung staatlich garantiert wird. Der Staat wird am Ende der Laufzeit, wenn alle anderen Kredite bereits getilgt wurden, nur im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Projektgesellschaft in Anspruch genommen. Ansonsten kann der Zero-Bond bei Fälligkeit, sofern er nicht durch Ansparnisse aus dem Projekt zumindest teilweise sofort getilgt wird, umfinanziert werden mit Hilfe der nochmaligen Begebung einer Anleihe. Für die Projektgesellschaft hat dies den großen Vorteil, daß sie diese Tilgungen erst zu einem sehr späten Zeitpunkt leisten muß und sich die Kapitaldienstverpflichtungen auf eine längere Periode verteilen. Sie profitiert so von niedrigeren Belastungen in der oft kritischen start-up-Phase des Vorhabens. Besonders günstig erscheint dieses Instrument, wenn der Kapitalmarkt die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten eines Landes sehr positiv einschätzt (z.B. die der osteuropäischen Länder, die mittelfristig die Aussicht haben, Aufnahme in die EU zu finden) und damit auch dessen langfristige Kreditwürdigkeit. Wird die Kreditwürdigkeit eines Landes höher eingeschätzt als die des zugrundeliegenden Projektes, könnte 81

der Rückzahlungsbetrag des Zero-Bonds variabel von entsprechenden Länderratings (durch eine Ratingagentur) während seiner Laufzeit abhängig gemacht werden. Die Verwendung eines Zero-Bonds in dieser Weise bedeutet eine zusätzliche Sicherheit für die Banken bei Minimierung eventueller Auszahlungsverpflichtungen für die öffentliche Hand. Das unternehmerische Risiko bliebe zwar vollständig bei den Eigenkapitalgebern, aber auch diese würden von niedrigeren Finanzierungskosten profitieren. c) Cash-Ausfall-Garantie der öffentlichen Hand Wird bei der Strukturierung des Projektes hingegen beabsichtigt, eine gewisse Zielrendite auch für die Eigenkapitalgeber zu erreichen, kommen wiederum andere Varianten zum Einsatz. Eine Cash-Ausfall-Garantie des Staates, die, wenn eine bestimmte Nachfragemenge unterschritten wird, zu greifen beginnt, beschränkt für die Projektgesellschaft und die Kreditgeber die daraus resultierenden negativen Auswirkungen. Als Gegenleistung sozusagen könnte die öffentliche Hand darauf dringen, daß sie bei günstiger Geschäftsentwicklung ihrerseits ebenfalls am zusätzlichen Erlös partizipiert. Beide Maßnahmen bewirken eine Abnahme der Volatilität und eine größere Berechenbarkeit für die private Hand bezüglich der Ertragsprognose. Auf den Staat hingegen kommen Belastungen ebenfalls nur im Falle ungünstiger Umstände zu. Beides sind Vorteile dieses sehr flexiblen, auf Partnerschaft ausgerichteten Ansatzes. Für ein Land stellt sich allerdings als Nachteil dar, daß die Projektgellschaft auch dann unterstützt wird, wenn sie selbst den Rückgang der Nachfrage zu verantworten hat. Es wird deshalb in der Regel nur bis zu einem Höchstbetrag bereit sein, eine Garantie zu stellen und vertraglich festlegen, daß ein zugesagter Leistungsumfang auch während der Betriebsphase zu erbringen ist. Da bei Zukunftsprognosen im Hinblick auf die Einnahmen in Emerging Markets die Varianz der zu erwartenden Ergebnisse beträchtlich höher liegt als in Industrieländern, kommt es unter Umständen zu beträchtlichen Abweichungen vom Base-case-Szenario. Eine Cash-Ausfall-Garantie hat somit in bestimmten Situationen nicht mehr nur die Funktion, eine gewisse Zielrendite zu gewährleisten, sondern kann existentielle Bedeutung gewinnen. Im Fall der Mautautobahn M5 in Ungarn beispielsweise kommt sie in Höhe von maximal USD 97 Mio. während der ersten 6,5 Jahren der Projektlaufzeit zum Tragen, wenn die Projektgesellschaft nicht in der Lage ist, ausreichend finanzielle Mittel selbst zu erwirtschaften. Die Cash-Ausfall-Garantie des ungarischen Staates bewahrte das Vorhaben wahrscheinlich vor großen finanziellen Problemen, denn wie bei der M1/M15 (dort lag das Verkehrsvolumen im ersten Jahr nach

82

Betriebsbeginn 40% unter den Erwartungen, siehe Kap. II, B, 5.1.) blieben auch auf dieser Strecke die Einnahmen 20% unter der Prognose.188 Demgegenüber gab es bei der M1/M15, die ansonsten ähnlich strukturiert war wie die M5, keine solche Unterstützung der öffentlichen Hand. 1999 verstaatlichte der ungarische Staat diese Autobahn, nachdem die Projektgesellschaft drei Zahlungsraten gegenüber den Banken nicht geleistet hatte. Die Sponsoren verloren dabei ihr gesamtes Eigenkapital und die beteiligten Banken mußten 11% ihrer Kredite abschreiben. Den ansonsten noch ausstehenden Betrag schuldete man um, und er wird nun vom ungarischen Staat über eine längere Laufzeit zu einer geringeren Marge zurückgezahlt.189 Im genannten Fallbeispiel der Autobahn M5 kompensierte die Cash-Ausfallgarantie zwar bis zu einem gewissen Ausmaß die schlechte Einnahmenentwicklung. Es stellt sich hingegen die Frage, inwieweit sie nicht faktisch den Charakter einer Direktzahlung hatte, auf die das Vorhaben von Beginn angewiesen war. Offensichtlich wurde bei beiden ungarischen Autobahnprojekten die Marktentwicklung viel zu optimistisch eingeschätzt. Der Finanzplan sollte hingegen realistisch aufgestellt sein, damit eine Cash-Ausfall-Garantie tatsächlich lediglich bei Eintritt eines Negativ-Szenarios eingesetzt wird. Nur dann stellt sie ein Sicherheitspolster dar, das erst Anwendung findet, wenn das Projekt entgegen den Erwartungen verläuft. Muß die Projektgesellschaft die staatliche Cash-Ausfallgarantie in Anspruch nehmen, wird für sie das Bonitätsrisiko eines Landes relevant. Bei Projekten hingegen, deren Einnahmestrom stark mit der volkswirtschaftlichen Entwicklung korreliert, besteht die Gefahr, daß ein schlechtes Projekt mit einer negativen wirtschaftlichen Gesamtlage in Zusammenhang steht. Insoweit dies der Fall wäre, erhöht sich das Ausfallrisiko, wenn sowohl das Projekt unter den Erwartungen bleibt als auch die Zahlungsfähigkeit der öffentlichen Hand vermindert ist. Trotzdem bringt eine Cash-Ausfall-Garanie, als Ergänzung einer belastungsfähigen, soliden Projektstruktur, zusätzliche Stabilität und kann sich dazu eignen, sofern einem Land mittelfristig gute wirtschaftliche Perspektiven eingeräumt werden, das Projekt für den Kapitalmarkt attraktiver zu machen. d) Abnahmeverträge mit staatlichen Einheiten zur Reduzierung des Marktrisikos Gegenparteien von Abnahmeverträgen können ein Staat bzw. untergeordnete Gebietskörperschaften wie Städte und Gemeinden oder ein entsprechendes staatliches Unternehmen sein. In manchen Sektoren erhöhen Abnahmeverträge die Planungssicherheit beträchtlich. Sie dienen dazu, das Absatzrisiko berechenbarer zu machen. Die Bonität des Abnehmers und die konkrete Vertragsgestaltung sind entscheidend dafür, welche Stabilität Abnahmeverträge einem Projekt verleihen.

188 189

MORRISON, S. 65. SWANN, M1/M15 Saga, S. 38. 83

Bei gegebenen Preisen kommt es auf die Absatzmengen und die Laufzeit des Vertrages an, die über die zukünftige Erlössituation eines Projektes entscheiden. Bei gegebenem Kontrahierungsvolumen hingegen sind es die Preise bzw. Preisanpassungsklauseln, welche den durch Abnahmverträge erzielbaren Absicherungsumfang beeinflussen. Als Orientierungsgrößen für die Preise kommen u.a. die Marktpreise für vergleichbare Leistungen anderer Anbieter (Referenzpreise), die fixen und/oder variablen Betriebskosten der Projektanlagen (z.B. können dadurch Kostenrisiken von Zulieferungen umfaßt werden)190 sowie auch der Schuldendienst für die Projektkredite in Betracht.191 Besondere Beachtung verdienen im Zusammenhang mit Preisanpassungsklauseln Währungsschwankungen in Emerging Markets, insbesondere wenn mehrere Währungen Bestandteil des Geschäftsplanes sind. Je nach Konstellation können hier Transaktionskosten prohibitiv ansteigen (siehe Kap.II, B, 4.2.2.d)). Typische Arten von Abnahmeverträgen sind Take-and-pay contracts oder Take-or-pay contracts. Ist der Abnehmer bei Empfang der Leistung zur Zahlung verpflichtet, spricht man von Take-and-pay contracts. Bei Take-or-pay contracts garantiert er die Zahlung, unabhängig davon, ob die Produkte abgenommen oder geliefert werden können. Take-or-pay contracts decken also nicht nur marktbezogene Risiken ab. Damit geht der Abnehmer so umfassende Verpflichtungen ein, daß er dazu normalerweise nur bei Einräumung zusätzlicher Rechte bereit sein wird oder wenn ihm besondere Schutzklauseln eingeräumt werden (z.B. spätere Nachlieferungen bei vorübergehenden Leistungsstörungen).192 Bei Abnahmeverträgen ist entscheidend, ob die vertraglichen Bestimmungen anschließend auch durchgesetzt werden können. Aus diesem Grund sind bei den zu führenden Vertragsverhandlungen Vereinbarungen zu treffen, die wirtschaftlich dauerhaft haltbar sind und von den Beiteiligten als fair empfunden werden. Es ist zwar verständlich, wenn Projektgesellschaften sich möglichst weitgehend Rechte sichern wollen, doch bieten insbesondere Force-Majeure-Klauseln193, die in Emerging Markets häufig recht weit gefaßt werden, vielfach Ausstiegsmöglichkeiten für die andere Vertragspartei.194 Die Gefahr, daß sich ein Abnehmer der eingegangenen Verpflichtungen entledigt, erhöht sich im übrigen, wenn er die Möglichkeit hätte, auf einen anderen Zulieferer

190

Die Betriebskosten der Projektanlagen als Orientierungsgröße für Abnahmepreise kann jedoch Effizienzverluste erzeugen, vgl. Kap.II, B, 4.1.b). UEKERMANN, Risikopolitik, S. 86. 192 UEKERMANN, Technik, S. 22. 193 Die Rechtsfolge von Force-Majeure bei Konzessionsverträgen ist zumeist Rückzahlung offener Kredite durch den Staat und des Firmenkapitals, wobei der entgangene Gewinn den Sponsoren nicht ersetzt wird, vgl. TIMÁR, M 5, S. 38. 194 ELSEY/HURST, S. 173 oder RIEGER, S. 72: In Fällen, bei denen es sich um höhere Gewalt handelt, werden in der Regel vertragliche Sanktionen weder durchsetzbar noch angemessen sein. RIEGER betont darüber hinaus, „daß der Begriff höhere Gewalt fließend sein kann. ... Die internationale Handelspraxis zeigt leider nur zu oft, daß behördlliche Eingriffe in Lieferverhältnisse immer dann erfolgen, wenn infolge von Marktentwicklungen die Bedingungen dieses Lieferverhältnisses für den staatlich beeinflußten Vertragspartner nicht mehr attraktiv sind.“ 191

84

zurückzugreifen. Insbesondere nach einigen Jahren Projektlaufzeit gibt es unter Umständen sogar Konkurrenzanbieter, die mit modernisierter Technologie arbeiten.195 Die Anwendbarkeit von Abnahmeverträgen hängt zudem wesentlich von den Wettbewerbsbedingungen in einem bestimmten Sektor ab. In Emerging Markets verwendet man Abnahmeverträge häufig bei Energieprojekten.196 Sie eignen sich besonders dort, wo die Nachfrage nach Energie das entsprechende Angebot übersteigt. Die Sponsoren erhalten hierdurch eine gewisse Investitionssicherheit, und ein Land kann seine Energie zu berechenbaren Preisen beziehen. Aufgrund der hohen Anforderungen (auch regulatorischer Art), die an einen Spot-Markt gestellt sind, greifen die Beteiligten, solange die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben sind, auf Abnahmeverträge zurück.197 Allerdings zeigt das Beispiel Argentienien,198 daß auch in Emerging Markets über die Einführung von Energiemärkten nachgedacht wird. Dies hätte auf die Kalkulation eines Projektes erhebliche Auswirkungen.199 In Industrieländern, z.B. bei der Liberalisierung des amerikanischen Gasmarktes,200 hat sich bereits gezeigt, daß nach der Deregulierung von Märkten bestehende langfristige Abnahmeverträge oft wirtschaftlich nicht mehr haltbar sind. Hier liegt denn auch ein Grund, weshalb in den osteuropäischen Reformstaaten wie Ungarn und Polen bis 1999 jeweils nur ein größeres Energieprojekt mit westlichen Sponsoren und einem Abnahmevertrag mit dem staatlichen Netz zustande kam.201 Sowohl Ungarn als auch Polen benötigen in den nächsten Jahren eine Modernisierung ihrer Kraftwerksanlagen für einen Beitritt in die EU, wobei sie grundsätzlich ein Interesse daran hätten, auch auf das Know-how international renomierter Sponsoren zurückzugreifen.202 Andererseits leiden beide Ländern bisher nicht unter dringlichen Kapazitätsproblemen.203 Ein 195

FLINTOFF/WILKINS, S. 53-54. Vgl. COZINE/HALE, S. 78-82. Die Autoren dort beschreiben die Struktur eines Gasprojektes in Puerto Rico, bei dem der städtischen Abnehmer sich verpflichtet, eine bestimmte Menge Energie abzunehmen. 197 WORLD COUNCIL FOR INFRASTRUCTURE DEVELOPMENT, S. 51. 198 A.a.O., S. 51 ff. 199 Siehe WORLD COUNCIL FOR INFRASTRUCTURE DEVELOPMENT, S. 51: „For sponsors, developers and utilities investing in independent power projects outside the OECD coutries, the prospect that merchant power could eventually replace long-term fixed price take or pay contracts from private sector suppliers, represents an important business challenge and an evolutionary step. Whereas IPPs financed and built on the back of long-term power contracts have gone to considerable lengths to reduce country risk for investors, merchant power plants by definition must still embrace substantial market risk. Furthermore, over time the commoditisation of electric power, and the appearance of new buyers and sellers, tends to shift commercial advantage away from power producers and toward distributors, industrial buyers and even retail consummers, as prices fall.“ 200 Vgl. GRIFFIN, S. 39. 201 In Polen war dies der Bau einer Gasfeuerungsanlage durch den Sponsor Enron, die zu USD 19 Mio. durch Eigenkapital und USD 118,5 Mio. durch Fremdkapital finanziert wurde. Die Kapitalgeber stellten dabei ihre Finanzierungsentscheidung auf einen Abnahmevertrag mit dem staatlichen polnischen Netzbetreiber PSE ab, vgl. CAVENAGH, Power, S. 52 ff. In Ungarn wurde 1998 zum erste Mal eine vollständig neue Kraftwerksanlage durch eine unabhängige Projektgesellschaft (mit Sponsor PowerGen) errichtet, vgl. LOGIE/ JONES/ROSE, S. 56. 202 So plante Polen z.B., neben der Enron-Kraftwerksanlage noch weitere 7 Projekte mit derselben Struktur einzuleiten. Nach dieser Pilotphase ist vorgesehen, daß bei späteren Transaktionen lokale Stromverteilungsunternehmen selbständig und eigenverantwortlich Abnahmeverträge mit einem Energieerzeugungunternehmen schließen, wobei auf ihre Bonität abgestellt werden sollte, vgl. CAVENAGH, Power, S. 54. 203 SWANN, Central Europe, S. 79. 196

85

Eintritt der heutigen Beitrittskandidaten in die EU wird für sie voraussichtlich auch eine Liberalisierung ihres Strommarktes mit sich bringen. Die als Folge dessen für die Zukunft erwarteten Preissenkungen lassen langfristige Abnahmeverträge zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher unattraktiv erscheinen.204 Dieses Beispiel verdeutlicht, daß die Realisierung und Ausgestaltung von PPPs in starkem Maße von den Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen in einem bestimmten Umfeld geprägt sind. Polen und insbesondere Ungarn gehen dabei bei ihrer Privatisierungspolitik im Energiebereich sehr vorsichtig voran, um Überkapazitäten und überteuerte Abnahmepreise in der Zukunft zu vermeiden.205 Andere Länder, wie z.B. Indonesien, waren bei diesem Prozeß weniger erfolgreich. Dort wurden im Laufe der Zeit Überkapazitäten aufgebaut und die Relation von Angebot und Nachfrage nicht richtig eingeschätzt.206 Die negativen Konsequenzen hiervon trägt zwar zuerst das Land selbst, doch wenn bestehende Verhältnisse für eine Partei ungünstig erscheinen, gerät die Stabilität des Projektes in Gefahr. Deshalb ist es aus der Sicht der Sponsoren im eigenen Interesse, bei einem Projekt, dessen Wirtschaftlichkeit sich auf die Einhaltung von Abnahmeverträgen stützt, einer Investitionsentscheidung eine intensive Untersuchung des jeweiligen Energiemarktes und Umfeldes voranzustellen. e) Staatliche Zusicherungen mit Einfluß auf die Wettbewerbssituation der Projektgesellschaft Neben direkten monetären Unterstützungsleistungen oder Maßnahmen, die der Projektgesellschaft einen gewissen Absatz garantieren, kann die öffentliche Hand die Rahmenbedingungen für ein Infrastrukturvorhaben verbessern. Dies beinhaltet entweder, daß der Staat komplementäre Infrastruktur, die strategische Bedeutung für das beabsichtigte Vorhaben hat, bereitstellt oder modernisiert. Andererseits werden in Konzessionsverträgen häufig Maßnahmen bestimmt, die Einfluß auf die Wettbewerbssituation eines Projektes haben. Am Beispiel eines Flughafenprojektes lassen sich beide Dinge verdeutlichen. Für die Erlössituation dieses Vorhabens dürfte es sehr bedeutend sein, wenn dafür gesorgt ist, daß einerseits Zubringerverbindungen bestehen und andererseits die Rahmenbedingungen und die Konkurrenzsituation für eine bestimmte Zeitperiode zuverlässig geklärt sind. Nützlich wäre ein umfassendes Gesamtkonzept, damit Investoren eine solide Kalkulationsgrundlage erhalten. Bedauerlicherweise fehlte ein solches bisher in der 204

A.a.O., S. 80. SWANN, Central Europe, S. 80: „It would seem that the Hungarians have been successful in their understanding of their energy needs. The growth of small projects and avoiding of problems of overcapacity can only be a good thing.“ 206 So leidet z.B. Indonesien an Überkapazitäten im Energiebereich, was für den staatlichen indonesischen Abnehmer PLN eine unangenehme Situation darstellt und für mehrere Projekte die Unsicherheit mit sich bringt, ob PLN seinen Verpflichtungen aus den Verträgen nachkommt, vgl. YIN, Power play, S. 10: „PLN said it could not take power from the .. projects because of oversupplies of electricity. ... The firm did not give any details on the compensation. ... Last week, PLN set the stage for further tariff renegociations with an announcement that it is proposing a new rate.“ 205

86

Stadt Moskau, die als geschäftliches und kulturelles Zentrum in Rußland prädestiniert für ein großes Flughafenprojekt wäre. Eine Modernisierung scheiterte hingegen an den unvereinbaren Ambitionen von vier konkurrierenden Flughäfen und der damit verbundenen großen Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs.207

207

HOLLER/CLAUDY, S. 30. 87

KAPITEL III: PROBLEME IN DER PRINCIPAL-AGENT-BEZIEHUNG ZWISCHEN FREMDKAPITALGEBERN UND DER PROJEKTGESELLSCHAFT UND MÖGLICHE LÖSUNGSANSÄTZE Eine Principal-Agent-Beziehung sei als eine Vertragsbeziehung definiert, in der ein Principal (Auftraggeber) eine andere Person, den sogenannten Agent, damit beauftragt, zu seinen Gunsten eine gewisse Leistung zu erbringen und ihr gleichzeitig die hierfür notwendigen Entscheidungsbefugnisse delegiert.208 Typische Principal-Agent-Beziehungen sind z.B. das Verhältnis zwischen Eigentümern und Management einer Kapitalgesellschaft oder zwischen Kunde und Dienstleister. Ein Agent versucht als Entscheidungsakteur zunächst seinen eigenen Nutzen zu maximieren und seine eigenen Ziele, die nicht unbedingt denjenigen des Principals entsprechen müssen, zu verfolgen.209 Der Agent verfügt dabei gewöhnlich über bessere Kenntnisse und Informationen, die er für seine Zwecke verwendet. Es liegt hingegen im Interesse des Principals, auf die Entscheidungen des Agents Einfluß zu nehmen, weshalb diesem im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten Restriktionen als Steuerungsimpulse gesetzt werden. Restriktionen sind in dem Maße effizient, in dem ein Agent nur dann seine eigenen Ziele realisieren kann, wenn er gleichzeitig die Interessen des Principals berücksichtigt.210 Beim Verhältnis zwischen Fremdkapitalgebern und der Projektgesellschaft handelt es sich um eine Principal-Agent-Beziehung. Unabhängig von den Rahmenbedingungen, denen ein Industrie- oder Infrastrukturvorhaben ausgesetzt ist, kommt es für die Fremdkapitalgeber darauf an, daß die Projektgesellschaft die entsprechenden Handlungen von sich aus unternimmt, um die Rückführung ihrer Kredite zu gewährleisten. Dazu gehört, eine beabsichtigte Investition (z.B. Bau einer Industrieanlage bzw. eines Kraftwerkes oder Mobilfunknetzes) möglichst planmäßig durchzuführen und den Betrieb anschließend wirtschaftlich so zu führen, daß die notwendigen Cash-flows erwirtschaftet werden. Banken und Anleihezeichner nehmen in ihrer Beziehung zur Projektgesellschaft also die Rolle eines Principals ein, der an ihrem Erfolg gemäß den vorher vereinbarten Bedingungen beteiligt, jedoch selbst nicht für die unternehmerische Umsetzung des Projektes verantwortlich ist. Diese Rolle hat vielmehr die Projektgesellschaft als Agent zu erfüllen. Den Handlungen einer Projektgesellschaft geht jeweils ein kollektivinterner Entscheidungs- und Koordinationsprozeß voraus. Die we208

JENSEN/ MECKLING, S. 106. A.a.O., S. 106. Dem Principal wird es jedoch kaum gelingen, diese Voraussetzungen vollständig und kostenlos zu schaffen. Vgl. JENSEN/ MECKLING, S. 106: „The principal can limit divergences from his interest by establishing appropriate incentives for the agent and by incurring monitoring costs designed to limit the aberrant activities of the agent. In addition in some situations it will pay the agent to expend resources (bonding costs) to guarantee that he will not take certain actions which would harm the principal or to ensure that the principal will be compensated if he does take such actions. However, it is generally impossible for the principal or the agent at zero cost to ensure that the agent will make optimal decisions from the principal`s viewpoint. In most agency relationships the principal and the agent will incur positive monitoring and bonding costs ... and in addition there will be some divergence between the agent`s decisions and those decisions which would maximize the welfare of the principal.“ 209 210

88

sentlichen Akteure bei der Projektgesellschaft sind einerseits die Anteilseigner, d.h. die Eigentümer und andererseits das Management und die Belegschaft, die in deren Auftrag handeln. Auch in diesem Fall besteht somit eine Principal-Agent-Beziehung, die in der Literatur umfangreich diskutiert wurde.211 Das folgende Schaubild verdeutlicht das Beziehungsgeflecht zwischen den Akteuren, auf das dieses Kapitel näher eingeht.

Darst. 6: Die Principal-Agent-Beziehung zwischen Fremdkapitalgebern und Projektgesellschaft

Fremdkapitalgeber Principal

• Finanzierung

• Zins- und Tilgungszahlungen • Einhaltung von Covenants

Kollektivakteur Projektgesellschaft Agent

Agent Management & Belegschaft • Dividenden • Wertsteigerung

• Anreize • Kontrolle

Kollektivinterner Entscheidungsprozeß bei der Projektgesellschaft

Anteilseigner Principal

211

Z.B. JENKINSON/MAYER, S. 1 ff. oder ALCHIAN/DEMSETZ, S. 75 ff. 89

Der folgende Abschnitt konzentriert sich zunächst auf die Bedeutung des kollektivinternen Entscheidungsprozesses bei der Projektgesellschaft. Für die Fremdkapitalgeber stellt sich in diesem Zusammenhang bei der Strukturierung eines Vorhabens als wichtig dar, wie man Finanzierungslasten, Aufgaben und Risiken zwischen den verschiedenen Beteiligten verteilt. Anschließend werden Überlegungen angestellt, wie zusätzlich über die Bedingungen im Kreditvertrag, den sogenannten Covenants, die Tätigkeit des Kollektivakteurs Projektgesellschaft auf geeignete Weise beaufsichtigt und kontrolliert werden kann. A. Der kollektivinterne Entscheidungsprozeß bei der Projektgesellschaft 1. Die Bedeutung des kollektivinternen Entscheidungsprozesses bei der Projektgesellschaft Grundvoraussetzung für eine Kreditvergabe ist, daß eine Projektgesellschaft von ihrer internen Verfassung her handlungsfähig und effizient organisiert ist. Unter effizienter Organisation sei verstanden, daß Anreizstrukturen so ausgestaltet sind, daß Management und Belegschaft als Agents sich um die Werterhaltung und- steigerung des ihnen anvertrauten Vermögens tatsächlich bemühen. Die Ziele der Fremdkapital- und Eigenkapitalgeber stimmen insoweit überein, daß beide daran interessiert sind, daß die Projektgesellschaft einen ausreichenden Cashflow erwirtschaftet. Banken und Anleihegläubiger erwarten vereinbarte Zins- und Tilgungsleistungen und die Anteilseigner eine möglichst hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital. Demnach stellt sich auch für die Fremkapitalgeber die Frage, wie die Spielregeln für den kollektivinternen Entscheidungsprozeß auf gesellschaftsrechtlicher Ebene konkret ausgestaltet sind und wie sie durchgesetzt werden können. Für die Fremdkapitalgeber ist maßgeblich, daß diejenigen Akteure innerhalb der Projektgesellschaft Kontroll- und Leitungsbefugnisse innehaben, die aus ihrer Sicht am besten dazu geeignet sind, diese Funktionen wahrzunehmen. Ein Management benötigt in einem bestimmten Sektor entsprechende Erfahrungen und Referenzen. Hat es sich bereits einen guten Ruf im Markt erarbeitet, hat es einen Anreiz, mittels einer erfolgreichen Projektdurchführung diesen zu erhalten. Während eine Belegschaft meistens örtlich rekrutiert wird, sind es oft eher international renommierte Sponsoren, die bei einem Vorhaben an entscheidender Stelle eingebunden werden und Leitungs-, aber auch Kontrollbefugnisse übernehmen sollen. In Emerging Markets werden dies häufig ausländische Parteien sein, wenn nicht einheimische potentielle Kandidaten zur Verfügung stehen. Teilweise entstehen Joint-Ventures mit in- und ausländischer Beteiligung, wobei es dann darauf ankommt, daß die erfahreneren Parteien im kollektivinternen Entscheidungsprozeß die entscheidenden Übergewichte besitzen.

90

2. Mögliche Probleme und Lösungsansätze bei der Festlegung der Projektstruktur 2.1. Ziele von Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern sind nicht deckungsgleich Trotz der dargestellten Schnittmenge an gemeinsamen Interessen decken sich die Ziele der Eigen- nicht immer mit denen der Fremdkapitalgeber. So bevorzugen unter Umständen Eigen- gegenüber Fremdkapitalgebern risikoreichere Strategien, was für sie sehr lohnend sein kann.212 Meist stehen die Sponsoren in einem Geschäftsverhältnis mit der Projektgesellschaft (z.B. können sie verantwortlich für die Fertigstellung einer Anlage, Zulieferer oder Abnehmer sein), wobei hier ein Interessenkonflikt mit ihrer Position als Eigenkapitalgeber liegt. Ist das Eigenkapital insgesamt niedrig und der Eigenkapitalanteil der Sponsoren mit Geschäftsinteressen gegenüber den übrigen Investoren hingegen hoch, vergrößert sich die Gefahr opportunistischen Verhaltens. Möglicherweise würde es beispielsweise ein Anlagenlieferant vorziehen, ein Projekt auf Exportfinanzierungsbasis zu verwirklichen, also bei Abstellung eines Bestellerkredites auf eine Bank oder einen Staat (so daß damit ein eigenes langfristiges unternehmerisches Risiko vermieden wird). Läßt sich eine Realisierung jedoch nur auf Projektfinanzierungsbasis darstellen, versuchen die entsprechenden Unternehmen vielfach ihr Commitment so gering wie möglich zu halten. Da sie in diesem Fall als Anteilseigner kaum von Verlusten bedroht wären, aber gleichzeitig großes Gewinnpotential besäßen, gäbe es für sie einen Anreiz, ein Projekt durchzuführen, auch wenn es unter Risikogesichtspunkten nicht mehr vertretbar wäre. Hierdurch kann sich das Ausfallrisiko für die Kreditgeber beträchtlich vergrößern. Die Ursache dieses Problems liegt in einer asymmetrischen Verteilung von Informationen zwischen den unterschiedlichen Kapitalgebern.213 Für ein von einem Unternehmen beabsichtigtes Projekt sind die in der Zukunft liegenden Erträge und Kosten mit erheblichen Unsicherheiten belastet, v.a. in Ländern mit einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung. Das Wissen um die Wahrscheinlichkeiten dieser Erträge und ihrer Kosten befindet sich meist am ehesten bei den das Projekt organisierenden Unternehmern und Managern. Manche der zur Beurteilung eines Vorhabens erforderlichen Informationen werden zudem von Entscheidungsträgern in einer intuitiven Weise erfaßt und lassen sich nicht ohne weiteres explizit kommunizieren.214 Gleichwohl können sie für die Beurteilung eines Projektes durchaus relevant sein. Da Banken in der Regel für einzelne Länder maximale Laufzeiten, die sie einzugehen bereit sind, festlegen, werden diesen von den Projektinitiatoren nicht selten besonders aggressive Annahmen präsentiert. Damit sollen die benötigten Laufzeiten so gekürzt werden, daß es Banken möglich ist, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Vielfach dürfte bei einer solchen Ausgangssituation bereits bei der Finanzierungsentscheidung 212 213 214

JÜRGENS, S. 113-114. ADAMS, Michael, Eigentum, S. 40. ADAMS, Michael, Eigentum, S. 40. 91

damit zu rechnen sein, daß es später zu einer Streckung der Laufzeit kommen wird und der ursprüngliche Geschäftsplan nicht realistisch aufgestellt wurde. Daher sollten im Zuge eines Due-Diligence zumindest zu einzelnen Teilgebieten, die für ein Projekt relevant sind, externe Analysen durch unabhängige Sachverständige erstellt werden. Allerdings können diese nicht die internen Kenntnisse eines Projektorganisators ersetzen, der zudem als einziger den Gesamtüberblick über das geplante Vorhaben besitzt. Insofern empfiehlt es sich für Banken, bei sehr optimistischen Planzahlen Sicherheitsabschläge vorzunehmen. Darüber hinaus benötigen die Fremdkapitalgeber jedoch ein Glaubwürdigkeitssignal215 von Seiten der Sponsoren in Form eines ausreichend hohen Anteils am Eigenkapital. Dieser wirkt im Insolvenzfall wie ein Selbstbehalt216 und vermindert für Banken und Anleihegläubiger die Gefahr des opportunistischen Verhaltens der Sponsoren. Ein höherer Eigenkapitalanteil soll für die Kreditgeber zusätzliches Vertrauen schaffen und die Fremdfinanzierungskosten senken. Bei Projekten mit Vermögensgütern von hoher Spezifität und erschwerter Wiederverwertbarkeit sollten sogar ceteris paribus höhere Eigenkapitalanteile aufgebracht werden.217 Der Wert der vorrangigen Ansprüche des Fremdkapitals sinkt mit der Güterspezifität und der damit verbundenen Abnahme der Verwertbarkeit der Aktiva, was die Bedingungen für die Fremdkapitalgeber verschlechtert und deshalb ein höheres Engagement der Sponsoren erfordert. Ein deutliches Engagement der Sponsoren von Beginn eines Vorhabens an vermindert nicht nur die Wahrscheinlichkeit eines Interessenkonfliktes, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, daß diese im Falle einer nötigen Umstrukturierung eines Darlehens zu zusätzlichen Eigenkapitalbeiträgen bereit wären, auch ohne vertragliche Verpflichtung. Die Sponsoren werden vor solchen Zugeständnissen den Verlust des bisher eingezahlten Eigenkapitals mit den Risikokosten weiteren nachzuschießenden Kapitals und einer eventuell entgangenen Rendite dieser Mittel in einer Alternativanlage vergleichen und gegeneinander abwägen. Allerdings wird unabhängig davon auch bei einer „limited recourse-Finanzierung“ teilweise bestimmt, daß die Sponsoren bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch beschränkt nachschußpflichtig sind. Die Dauer der Nachschußverpflichtung kann sich nach der technischen Fertigstellung richten oder bis zum Nachweis der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Projektes andauern. Eine solche Regelung legt beispielsweise fest, daß die Sponsoren erst aus jeglichen Nachschußverpflichtungen entlassen werden, wenn das Projekt über einen definierten Zeitraum (z.B. ein Jahr nach Fertigstellung) bestimmte Finanzkennziffern erfüllt (siehe auch Kap.III, B). Für ihre Nachschußverpflichtung geben die Sponsoren oft eine harte Patronatserklärung ab, wobei sie dabei versprechen, die Projektgesellschaft in einem gewissen Umfang im Falle des 215 216 217

92

ADAMS, Michael, Eigentum, S. 41. A.a.O., S. 34. WILLIAMSON, Corporate, S. 567.

Eintritts der auslösenden Bedingungen zu unterstützen. Noch vorteilhafter für die Fremdkapitalgeber wäre allerdings eine Garantie zu ihren Gunsten, bei der die Sponsoren keine Einreden machen können und bei der die Zahlung direkt an sie erfolgt (abstraktes Zahlungsversprechen). Ein Sponsor wird sich hingegen nur auf eine solche Rückgriffsmöglichkeit einlassen, wenn die institutionellen Rahmenbedingungen in einem Umfeld dies für ein Projekt zulassen. Eventuell ist er auch bereit, dies zu tun, wenn zumindest einige institutionelle Risiken durch eine supranationale Entwicklungsbank versicherbar wären (siehe Kap. IV, C). Ist der Sponsor eine Gesellschaft mit einwandfreier Bonität, erhöht die befristete Einbeziehung der Sponsoren in die Haftung die Sicherheit für die Fremdkapitalgeber zu Beginn des Projektes erheblich. Unter dieser Voraussetzung können die Fremdkapitalgeber das Projekt, bis dessen grundsätzliche Lebensfähigkeit unter Beweis gestellt wird, zumindest teilweise auch auf den Sponsor abstellen. Im Hinblick auf das Principal-Agent-Problem ist eine solche Regelung ebenfalls sehr zu begrüßen. Bis zur Entlassung aus ihrer Haftung haben die Sponsoren in der kritischen Anfangsphase eines Projektes einen noch größeren Anreiz, über ihre Eigentümerstellung auf die Unternehmenspolitik und eine termingerechte Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen einzuwirken. Ihr Wirkungsumfang kann sich sowohl auf eine bessere Kontrolle der Geschäftsleitung als auch auf eine umfassendere Unterstützung des Leistungserstellungsprozesses erstrecken. 2.2. Einflußnahme des politischen Sektors und von Interessengruppen auf die Tätigkeit der Projektgesellschaft 2.2.1. Mangelnde politische Akzeptanz für ausländische Mehrheitsbeteiligungen bei Infrastrukturprojekten Wie bereits in Kap. II, B, 4.1. diskutiert, kann in einem Land, insbesondere bei Infrastrukturprojekten, die politische Akzeptanz für eine zu deutlich hervortretende ausländische Präsenz gering sein. Infrastrukturvorhaben haben für Volkswirtschaften in der Regel strategische Bedeutung, weshalb der politische Sektor häufig, über seine Rechte aus dem Konzessionsvertrag hinaus, anteilsmäßig Kontrolle über die Tätigkeit der Projektgesellschaft behalten möchte. Dies kann problematisch sein, wenn sich die Anteilseigner bei ihren unternehmerischen Entscheidungen mehr an politischen als an wirtschaftlichen Kriterien ausrichten und das Eigentum seine eigentliche Rolle verändert. Ziel der öffentlichen Hand dürfte nicht nur die Maximierung des unternehmerischen Gewinns unter den gegebenen Bedingungen des Konzessionsvertrages sein, sondern v.a. die günstige Bereitstellung von Infrastruktur für ihre Bevölkerung. Eine Vermischung der Eigentümer- mit anderen staatlichen Rollen, wie z.B. die der öffentlichen Hand als Regulierer, wäre hingegen sehr kritisch zu beurteilen. Eine entsprechende Trennung der verschiedenen Funktionen bleibt deshalb unabdingbar.

93

Da jedoch die soziale und politische Akzeptanz für ein Vorhaben unabdingbar ist, gilt es, im Bedarfsfall tragfähige Lösungen zu suchen, bei denen die Bedürfnisse aller Parteien Berücksichtigung finden (siehe auch Kap. II, B, 4.2.1.). Es wäre z.B. durchaus denkbar, daß die öffentliche Hand an einem Projekt die anteilsmäßige Mehrheit und damit auch diejenige im Aufsichtsrat erhält, während der Vorstand auf andere Weise zusammengesetzt und die Geschäftsführung von den Parteien geführt wird, die von den Kreditgebern als geeignet angesehen werden. Es müßte dann vereinbart werden, daß diese Aufgabenverteilung für einen gewissen Zeitraum beibehalten wird, ohne daß die Anteilseigner das Recht haben, diesen Zustand zu verändern (außer die Fremdkapital- und sonstigen Eigenkapitalgeber werden dementsprechend entschädigt). Ein wegweisendes Beispiel in diese Richtung könnte die Privatisierung der Budapester Wasserwerke sein, in deren Verlauf RWE Aqua und Suez Lyonnaise des Eaux mit Hilfe von Bankkrediten 25% des dortigen Aktienkapitals erwarben.218 Diese Minderheitsposition reicht kapitalmäßig nicht aus, um automatisch das Management zu übernehmen. Da es jedoch der ungarische Staat offenbar als vorteilhaft ansah, das Knowhow von international erfahrenen Betreibern zu nutzen, übernehmen diese dennoch für einen bestimmten Zeitraum die unternehmerische Verantwortung bei den Budapester Wasserwerken und werden dafür leistungsabhängig bezahlt. Die Entlohnung erfolgt abhängig von den Effizienzgewinnen, die erreicht werden und deren Feststellung sich an festgelegten Kriterien ausrichtet. Die Entlohnung ist die Grundlage für die Rückzahlung des Bankkredits. Es wird erwartet, daß in den nächsten Jahren zudem einige Investitionsvorhaben durchgeführt werden, die durch entsprechende Projektkredite finanziert werden.219 2.2.2. Der Einfluß von bestehenden Interessengruppen auf die Tätigkeit der Projektgesellschaft a) Der Einfluß bestehender Interessengruppen und die Notwendigkeit einer transparenten Projektstruktur Greenfield-Projekte sind insofern deutlich leichter durchzuführen, als bei ihnen nicht auf bestehende Interessen von Management, Belegschaft oder anderen Interessengruppen Rücksicht genommen werden muß. Es gibt also keine alten Besitzansprüche, die bei der Konzipierung einer neuen Projektstruktur hinderlich sein könnten. Die Entwicklung eines Projektes orientiert sich somit gewöhnlich an dem betriebswirtschaftlich Gebotenem. Bei Vorhaben in Emerging Markets, die demgegenüber eine Erweiterungsinvestition eines bereits existierenden Unternehmens beinhalten, stellt sich die Situation hingegen unterschiedlich dar. Meist benötigt ein Staat oder ein Unternehmen finanzielle Mittel und entsprechendes Know-how, um für notwendig erachtete Investitionen durchführen 218 219

94

CAVENAGH, Private Sector, S. 63. PROJECT FINANCE INTERNATIONAL, Hungary, S. 42.

zu können. Vielfach fehlt bei diesen Parteien allerdings zunächst die Einsicht, daß hierfür möglicherweise neue Organisationsformen unabdingbar sind, die auch bestehende Interessenpositionen beeinträchtigen können. Sowohl Kreditgeber wie auch ausländische Investoren sind jedoch darauf angewiesen, daß Rechte, Pflichten und Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten klar und eindeutig aufgeteilt werden. Erst eine transparente Struktur ermöglicht eine einigermaßen zuverlässige Beurteilung der unternehmerischen Chancen und Risiken. Die Finanzierung eines Industrie- oder Infrastrukturvorhabens auf Projektbasis, wie in Kap. 1, A., dargestellt, soll dazu beitragen, diese Voraussetzungen zu schaffen Hierzu sind bei der Strukturierung unter Umständen gesellschaftsrechtliche Veränderungen vorzunehmen. Dies kann z.B. beinhalten, daß ein Vorhaben als selbständige und abgrenzbare Einheit aus einem größeren Unternehmensverbund herausgelöst wird, damit eine zu gründende Projektgesellschaft vollkommen eigenverantwortlich zu handeln in der Lage ist und es zu keinerlei Einmischung, Quersubventionen und Vermengung von verschiedenen Geschäftsfeldern mit anderen Unternehmensteilen kommen kann. Dies ist insbesondere zu beachten, wenn Teile der Gesellschafter selbst aus einem jeweiligen Gastland stammen. Transaktionen mit ehemals verbundenen oder im Beteiligungsverhältnis stehenden Unternehmen sollten nur insoweit stattfinden, als sie notwendigerweise Bestandteil eines Projektes sind, wobei regelmäßig unabhängig nachprüfbar bleiben muß, inwieweit diese zu fairen Marktpreisen (arms length transaction) erfolgen. b) Die Rolle des bestehenden Managements und der Belegschaft Bei der Konzipierung eines Investitionsvorhabens, das auf einen bereits vorhandenen Kapitalstock aufbaut, gehen zudem Geschäftspläne meist davon aus, daß bei der Projektgesellschaft in der Zukunft beträchtliche Effizienzgewinne erzielbar sind. Insbesondere bei Projekten in Emerging Markets werden dabei sowohl beim Umsatz als auch bei der Betriebsgewinnmarge und anderen relevanten Kennzahlen220 erhebliche Verbesserungen unterstellt, die für die Kapitalgeber die Entscheidungsgrundlage für ihr Engagement darstellen. Entscheidend allerdings ist, daß tiefgreifende Veränderungen normalerweise erhebliche Auswirkungen auf die Ansprüche existierender Gruppen haben. Sollen zusätzliche Gewinnpotentiale erschlossen werden, bedeutet dies eine Änderung des bisherigen Managementstils, denn ansonsten wären beabsichtigte Reformen schon zu einem früheren Zeitpunkt eingeführt worden. Damit steht jedoch automatisch das alte Management zur Disposition. Diejenigen, die bisher Leitungsbefugnisse innehatten, werden sich naturgemäß dagegen wehren, ihre Position aufgeben zu müssen. Aus diesem Grunde wäre es vorteilhaft, wenn Personalfragen beim Management bereits vor einer Finanzierungsentschei220

RAPPAPORT, S. 55. 95

dung geklärt wären. Kann dies nicht erreicht werden, ist vorher abzuschätzen, mit welchen Transaktionskosten und ggf. Kompensationszahlungen zu rechnen ist, wenn ein Austausch von einzelnen Personen später als notwendig erachtet wird. Neben den rechtlichen Fragen bleibt zu prüfen, inwieweit eventuelle politische Verbindungen hier eine Rolle spielen können. Dies gilt um so mehr, je stärker der Einfluß des Staates auf ein Projekt ist (siehe Kap.III, A, 2.2.1.)). Was die Stellung der Belegschaft anbetrifft, ist zu erwarten, daß diese durch anstehende Rationalisierungsprozesse ebenfalls beeinflußt wird. Die Umsetzung eines entsprechenden Programmes vollzieht sich hingegen normalerweise über einen längeren Zeitraum. Aufgrund zu erwartenden Widerstandes von Seiten der Belegschaft dürfte grundsätzlich beim politischen Sektor eine gewisse Neigung bestehen, diese vor negativen sozialen Konsequenzen zu schützen.221 Sollte im Geschäftsplan daher ein Abbau der Belegschaft vorgesehen sein, bleibt vorher genau zu untersuchen, auf welche Weise dies geschieht. Läßt sich dieser Prozeß sozialverträglich gestalten, z.B. durch Ausnutzen natürlicher Fluktuation oder durch Vorruhestandsregelungen, können Konflikte vermutlich weitgehend vermieden werden. Baut ein Projekt hingegen auf eine deutliche Steigerung der Produktivität, mag dies nicht ausreichen. Es gilt dann, die mit einem drastischen Personalabbau verbundenen Transaktionskosten richtig einzuschätzen. Diese hängen zum einen von den formellen, aber zum anderen auch von den allgemeinen Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes und den Traditionen in einem bestimmten Land ab. B. Die kollektivexterne Kontrolle und Steuerung der Projektgesellschaft durch die Fremdkapitalgeber über Auszahlungsbedingungen und Covenants 1. Die Bedeutung und die Anwendung von Auszahlungsbedingungen und Covenants 1.1. Die Bedeutung von Auszahlungsbedingungen und Covenants als Restriktionen des Kollektivakteurs Projektgesellschaft Im vorangegangenen Abschnitt wurde als notwendige Bedingung herausgestellt, daß eine Projektgesellschaft über eine effiziente interne Entscheidungsstruktur in dem Sinne verfügt, als diese so ausgestaltet ist, daß Management und Belegschaft sich um die Steigerung des Unternehmenswertes bemühen. Gleichzeitig wurde als bedeutsam hervorgehoben, daß die Eigenkapitalgeber durch geeignete Arrangements dazu angehalten werden, bei der Maximierung ihres eigenen Nutzens gleichzeitig auch die Belange der Kreditgeber zu berücksichtigen.

221

Dies gilt im übrigen nicht nur für Emerging Markets. Vor der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe beispielsweise wurde der Belegschaft noch eine Beschäftigungsgarantie von 15 Jahren eingeräumt, vgl. DIE WELT.

96

Darüber hinaus werden jedoch in Kreditverträgen gegenüber der Projektgesellschaft als Kollektivakteur zusätzlich Auszahlungsbedingungen für ein zugesagtes Darlehen und Covenants festgelegt, an die sie sich zu halten hat. Auszahlungsbedingungen machen die Vergabe eines Kredites von der Erfüllung vereinbarter Bedingungen abhängig, wie z.B. die ordnungsgemäße Gründung der Projektgesellschaft, die Bereitstellung zugesagter Sicherheiten oder eine zweckbestimmte Verwendung der Mittel. Covenants dienen demgegenüber den Fremdkapitalgebern als Principal dazu, das Verhalten der Projektgesellschaft als Agent nach erfolgter Investition zu kontrollieren und zu steuern.222 Dies geschieht zum einen, indem der Projektgesellschaft für ihre Handlungen Restriktionen gesetzt werden, die sie zu beachten hat. Zum anderen entfalten Covenants ihre größte Wirkung bei Unternehmenskrisen.223 Bei Nicht-Erfüllung wesentlicher Covenants erhalten die Kreditgeber meistens weitergehende Handlungs- und Verfügungsrechte hinsichtlich der Unternehmensführung der Projektgesellschaft (z.B. stärkerer Einfluß auf die Unternehmensstrategie), die bei den dortigen Entscheidungsträgern entsprechend eingeschränkt werden.224 Damit wird der Auslösezeitpunkt hierfür gegenüber einem staatlichen Insolvenzverfahren, das sich ansonsten eher an Kriterien wie Überschuldung und Illiquidität orientiert, vorverlegt. Covenants dienen damit insbesondere in Emerging Markets, in denen das alleinige Vertrauen auf die Mechanismen des geltenden Insolvenzrechtes möglicherweise nicht ausreichend erscheint, als Frühwarnsystem. Covenants sind am effektivsten, wenn sie wirksam werden, sobald das Management der Projektgesellschaft suboptimale Entscheidungen zu treffen beginnt und im Krisenfall noch rechtzeitige Anpassungen in Gang gesetzt werden können.225 1.2. Anwendungsbereiche und Wirkungen von Auszahlungsbedingungen und Covenants a) Die zweckbestimmte Durchführung eines Projektes als Auszahlungsbedingung Kreditverträge legen gewöhnlich den Zweck eines Darlehens fest. Die Modalitäten für die Inanspruchnahme können allerdings unterschiedlich geregelt sein. Denkbar wäre, der Projektgesellschaft Ziehungsrechte im Rahmen von Kreditlinien zu gewähren, wobei der Verwendungszweck zwar umschrieben, doch dem Kreditnehmer trotzdem ein großes Maß an Flexibilität beim Gebrauch der Mittel eingeräumt wird. Dies kann betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll sein. Der Nachteil für die Fremdkapitalgeber 222

Vgl. DUKE/HUNT III, S. 47: „Literature suggests that contracts between debtholders and owner-managers contain covenants that restrict management behaviour because owner-managers have incentives to take actions that may negatively affect the debtholders` wealth position.“ 223 THIEßEN, S. 29. 224 Wie in Kap. I, A, 1.2. dargestellt, haben Banken gegenüber Anleihegläubigern eine höhere Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Verhältnisse, so daß notwendige Umstrukturierungen sich in der Regel mit ihnen leichter durchführen lassen. 225 Vgl. FANKE, S. 695. 97

liegt hingegen darin, daß ihnen in dem Maße, in dem der Projektgesellschaft bei der Mittelverwendung Ermessensspielräume eingeräumt, Kontrollmöglichkeiten entzogen werden. Eine derartige Flexibilität sollte deshalb nur für die Tranche des Fremdkapitals, die für eine Betriebsmittellinie bereitsteht, eingeräumt werden. Ansonsten erscheint es ratsam, den Verwendungszweck von Fremdkapital möglichst genau im Kreditvertrag zu bestimmen und dessen Einhaltung regelmäßig zu überprüfen. Auszahlungen werden dann je nach Fortschritt bei der anvisierten Investition, der jeweils von einem unabhängigen Sachverständigen zu bestätigen ist, vorgenommen. Durch entsprechend abgestimmte Verträge der Projektgesellschaft mit einem Unternehmen bzw. Konsortium, das für die Fertigstellung verantwortlich ist, stellt man am ehesten sicher, daß die Bauphase eines Vorhabens planmäßig verläuft (siehe Kap. I, A, 2.3.). b) Anwendungsbereiche und Wirkungen von Covenants Covenants lassen sich ausgesprochen flexibel einsetzen und an spezielle Branchenund Unternehmensbedürfnisse anpassen. Der Umfang der einzuhaltenden Auflagen dürfte nicht zuletzt vom individuellen Risiko und der Kapitalstruktur eines Projektes abhängen.226 Covenants erscheinen in Form von Verboten („negative covenants“) oder Geboten („affirmative covenants“). Covenants als Verbote halten das Management der Projektgesellschaft davon ab, bestimmte Handlungen auszuführen. Verstöße hiergegen können vermieden werden, indem sich die Projektgesellschaft an die vereinbarten Spielregeln hält. Die Einhaltung dieser Covenants liegt also vollständig unter ihrer eigenen Kontrolle.227 Typisch hierfür sind z.B. die Einschränkung der Projektgesellschaft in ihrer eigenständigen Unternehmens- und Investitionspolitik,228 bei der Aufnahme weiteren Fremdkapitals sowie in ihrem Recht auf Dividendenzahlungen. Dividendenzahlungen werden häufig von der Ertragslage abhängig gemacht. Oft legt der Kreditvertrag als Bedingung fest, daß zuerst bestimmte Benchmarks übertroffen und zusätzlich überschüssige Mittel, beispielsweise in der Höhe einer Tilgungsrate, auf einem Reservekonto für den Bedarfsfall angelegt werden müssen. Covenants als Verbote sind insofern vorteilhaft für die Fremkapitalgeber, als diese sie vor opportunistischen Strategien der Projektgesellschaft schützen. Opportunitätskosten hiervon können hingegen entstehen, wenn es der Projektgesellschaft aufgrund der ihr gesetzten Auflagen in bestimmten Situationen nicht erlaubt ist, jeweils die ertrag226

Vgl. PRESS/ WEINTROPP, S. 67. HEALY/PALEPU, S. 122. 228 Vgl. SMITH/WARNER, S. 125-131. Gemeint ist dort unter Einschränkung der Unternehmens- und Investitionspolitik, daß einer Gesellschaft, die Fremdkapital aufnimmt, Beschränkungen bzgl. Investitionen in Finanzanlagen, Desinvestitionsaktivitäten, Sicherheitenverwendung, dem Recht, sich mit anderen Gesellschaften zusammenzuschließen und die Verpflichtung zur Erhaltung ihrer bestehenden Aktiva auferlegt wird. 227

98

reichste Unternehmensstrategie zu wählen.229 Insofern ist der Umfang der für notwendig erachteten Covenants immer auch eine Frage der Abwägung und der Verhandlungspositionen. Da allerdings der Inhalt der Geschäftstätigkeit bei einer Projektfinanzierung bereits per Definition vorher weitgehend festgelegt ist (siehe Kap. I, A, 1. und 2.), dürften dort die Nachteile weniger stark hervortreten. Covenants als Gebote liegen hingegen vor, wenn der Kreditvertrag die Einhaltung gewisser Finanzkennziffern entweder verbindlich fordert oder die Höhe der von der Projektgesellschaft zu zahlenden Zinsen daran knüpft. Vielfach verwendete Kennziffern sind beispielsweise die DSCR (siehe Kap. I, A, 2.2.)230 oder Kennzahlen, die sich auf EBITDA231 beziehen (z.B. EBITDA im Verhältnis zur jeweiligen Verschuldung). Die Einhaltung der Covenants hängt von einer positiven Geschäftsentwicklung der Projektgesellschaft ab. Das Management dürfte einen großen Anreiz haben, Maßnahmen zu treffen, den Bruch vereinbarter Covenants zu verhindern. Gelingt dies nicht, wären damit unter Umständen negative Konsequenzen verbunden, wie z.B. eine Beschränkung ihrer Handlungs- und Verfügungrechte. Entscheidend ist jedoch, solche Covenants richtig zu dosieren. Sind die jeweiligen Vorgaben zu anspruchsvoll und ein Scheitern der Projektgesellschaft, diese zu erfüllen zu erwarten, verfehlen sie ihre Wirkung. Es macht nur Sinn, die Handlungs- und Verfügungsrechte der Projektgesellschaft außerordentlich zu beschränken, wenn dies durch eine schlechte Geschäftsentwicklung unbedingt erforderlich wird. Die Projektgesellschaft und ihr Management sind nämlich in der Regel selbst besser in der Lage, Leitungs- und Kontrollbefugnisse auszuüben als Banken und Anleihegläubiger. Eine Übertragung von Property Rights auf andere Parteien wäre also immer mit erheblichen Transaktionskosten verbunden. Andererseits verringern sich eventuell bei zu nachsichtig formulierten Covenants die mit ihnen beabsichtigten Anreizwirkungen. Daher könnte es zweckmäßig sein, die Marge eines Kredites (gewöhnlich der Aufschlag auf einen Referenzzinssatz wie den LIBOR oder den EURIBOR) von der Erreichung bestimmter Benchmarks abhängig zu machen und einen Bruch der Covenants nur vorzusehen, wenn die entsprechenden Finanzkennziffern sich tatsächlich sehr negativ entwickeln. Die Zinsmarge entspräche dann jeweils dem gegebenen Risiko und gleichzeitig dürfte das Management zusätzlich motiviert sein, durch unternehmerische Erfolge die Zinsbelastung zu reduzieren. Nachteilig aus Sicht der Fremdkapitalgeber mag jedoch sein, daß sie unter entsprechend günstigen Umständen geringere Erträge hätten und im schlechtesten Fall dennoch von einem Ausfallrisiko betroffen wären.

229

SMITH/WARNER, S. 125-131 und S. 137. DSCR steht für Debt Service Coverage Ratio. Die DSCR gibt Auskunft darüber, um wieviel zum Zahlungszeitpunkt t die jeweils anfallenden Zins- und Tilgungszahlungen durch den in der Periode erwirtschafteten Cash-Flow über- oder unterdeckt werden (DSCRt = (Cash-Flow)t/(Zins + Tilgung)t), vgl. GROSSE, S. 48. 231 Earnings before interest, taxation, depreciation and amortization. 230

99

Grundsätzlich können sich Covenants auf historische oder zukunftsorientierte Kennziffern beziehen. Historische Zahlen lassen sich durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer relativ eindeutig ermitteln, sofern die hierzu notwendigen Informationen zuverlässig erhältlich sind (siehe Kap. III, B, 2.1.). Allerdings werden dabei neue Entwicklungen, die auf zukünftige Geschäftsergebnisse Einfluß haben, nicht mit in die Betrachtung einbezogen. Dies wäre hingegen möglich, wenn die Grundlage für Covenants aktuelle Zukunftsprognosen wären. Periodenweise würde das Management den Kreditgebern einen aktualisierten Geschäftsplan aufstellen, unterlegt mit Annahmen (z.B. bzgl. Marktpreis- und Wechselkursentwicklung sowie Kostenbestandteilen), der dann von den teilnehmenden Banken232 beraten und ggf. modifiziert würde. Unter Bezugnahme auf eine bestimmte Entscheidungsregel würden die Banken den jeweiligen Geschäftsplan, auf den sich dann die Covenants beziehen, anschließend beschließen. Allerdings sind bei dieser Vorgehensweise im Zweifelsfall Auseinandersetzungen zwischen der Projektgesellschaft und den Fremdkapitalgebern hinsichtlich der zu treffenden Annahmen zu erwarten, die insbesondere in Emerging Markets Ländern besser zu vermeiden sind. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, trotz des genannten Nachteils, historische Zahlen als Grundlage für die zu erreichenden Covenants zu verwenden. 2. Mit Covenants verbundene Transaktionskosten in Emerging Markets Damit Covenants die ihnen zugedachte Funktion erfüllen können, muß zunächst ihre Einhaltung überprüfbar sein, d.h. die Fremdkapitalgeber sind darauf angewiesen, die hierfür relevanten Informationen zu erhalten. Sollte eine Verletzung einzelner Covenants anschließend festgestellt werden, hängt es nicht zuletzt von den institutionellen Rahmenbedingungen in einem Land ab, inwieweit Banken und Anleihegläubiger ihre damit verbundenen Rechte und Sanktionen gegenüber der Projektgesellschaft auch durchsetzen können. Nur wenn in diesen beiden Punkten die Transaktionskosten nicht zu hoch sind, erfolgen nach der Nicht-Einhaltung von Kreditbedingungen die dann vorgesehenen Konsequenzen. Die Entscheidungsträger bei der Projektgesellschaft dürften sich nur in diesem Fall von Beginn an dazu angehalten fühlen, ihr Verhalten nach den Covenants auszurichten. 2.1. Transaktionskosten aufgrund mangelnden Zugangs der Kreditgeber zu Informationen Sinnvollerweise würde die Projektgesellschaft an die Fremdkapitalgeber in regelmäßigen Abständen Informationen über ihre finanzielle und geschäftliche Lage verteilen. Entscheidend ist, daß dabei die zumeist internationalen Empfänger die erhaltenen Ergebnisse verstehen und bewerten können. Hierzu würde sich üblicherweise ein internationaler Rechnungslegungsstandard nach US GAAP oder IAS in englischer Sprache eignen, in dem ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer über die üblichen Jahres232

Für Anleihen wäre diese Vorgehensweise zu aufwendig.

100

zahlen hinaus auch angibt, ob die vertraglichen Covenants im jeweiligen Wirtschaftsjahr erfüllt wurden.233 Prognosezahlen für die nächsten Jahren würden diese Angaben vernünftig ergänzen. Darüber hinaus wäre wünschenswert, wenn die Projektgesellschaft Quartals- oder Halbjahresberichte veröffentlichen würde, damit die Fremdkapitalgeber zeitnah informiert bleiben. Solche idealtypischen Voraussetzungen existieren hingegen in Emerging Markets nicht immer. In manchen Ländern geben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ihren Bestätigungsvermerk nur unter Vorbehalt ab, da die Ermittlung von zuverlässigen Zahlen dort mit Schwierigkeiten und einer großen Unsicherheit verbunden ist. Dies gilt zudem um so mehr, je volatiler sich bestimmte Märkte darstellen. Die Ratingagentur Moody`s nennt China als Beispiel für ein Land, in dem Fremdkapitalgeber nach Auszahlung von zugesagten Mitteln oft nur noch unzureichend informiert werden: 234 „It is this element of unpredictability in potential economic performance that has been one of the primary factors constraining the agency`s infrastructure ratings in China. Given such potentially volatile returns, Moody`s analysts have found that monitoring a project is fundamental to understanding evolving credit risk. Bearing this in mind, investors should carefully review the provisions dealing with the ongoing information that will be supplied to them. Investors often find that after they have lent their money, little or no additional information is given to them on a regular basis.“ Mit mangelnder Transparenz hingegen steigen die Transaktionskosten für ein Projekt und Covenants verlieren einen großen Teil ihrer Wirkung. Aus diesem Grunde sind vertraglich eindeutig festgelegte Offenlegungspflichten unabdingbar. Wie in Kap. III, A, 1. festgestellt, sollten aus der Sicht der Fremdkapitalgeber diejenigen Parteien Leitungs- und Kontrollbefugnisse in einer Projektgesellschaft haben, die dazu geeignet erscheinen. Dies impliziert auch, daß eine nachvollziehbare Unternehmenspolitik geführt wird. Ist dies nicht der Fall, läßt sich die genannte Anforderung nicht in die Realität umsetzen. In China z.B. stellt sich die Arbeitsteilung in einem Joint-Venture oft so dar, daß ein westlicher Partner für die Bereitstellung von Know-how verantwortlich ist, während der lokale Partner die notwendigen Landeskenntnisse mitbringt. Wird hingegen die Bedeutung des Know-how-Transfers nach erfolgter Investition von der einheimischen Partei als relativ gering eingeschätzt (vgl. auch Kap. II, B, 4.1.), besteht die Gefahr, daß der ausländische Investor im kollektivinternen Entscheidungsprozeß an Einfluß verliert und die Projektgesellschaft ihren Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag nicht mehr in der geforderten Weise nachkommt.235 Die Situation, in der 233

Vgl. SMITH/WARNER, S. 145. CAHILL/MORITA, S. 66. 235 Allerdings kann eine funktionierende Beziehung mit einheimischen Partnern für ausländische Sponsoren auch sehr nützlich sein. SUEZ LYONNAISE DES EAUX, S. 40, betonen daß eine solche Zusammenarbeit fester Bestandteil ihrer Strategie in Emerging Markets sind: „Associating local partners with our development is a key condition of success: be they industrial or construction companies, banks or financial institutions, they play a fundamental role in making us a trusted, long-term player in the city and country concerned.“ 234

101

sich die Fremdkapitalgeber gegenüber der Projektgesellschaft befinden, läßt sich folgendermaßen treffend beschreiben:236 „Debt-holders are one step removed from the Joint-Venture and must trust the foreign investor to make the right moves in such a challenging environment. If they do not, it is often the bond-holder that will suffer – a risk that impacts on the credit ratings of such joint venture projects.“ Projektfinanzierungen sind jedoch nur dann aus der Sicht von Banken und Anleihegläubiger kalkulierbar, wenn die wirtschaftliche Situation eines Vorhabens während der gesamten Kreditlaufzeit kontrollierbar bleibt. Kommt man nach eingehender Untersuchung zur Auffassung, daß dies nicht sicher gewährleistet ist, eignet sich eine solche Finanzierungsart nicht mehr. Es wäre dann sinnvoller, eine Investition mit Hilfe einer Exportfinanzierung zu verwirklichen. Dort stellt man den bereitgestellten Kredit in der Regel auf eine Korrespondenzbank im Ausland ab, die seine Rückzahlung garantiert und in Geschäftsbeziehung mit dem Kreditnehmer als Importeur steht. Bei einem sogenannten Bestellerkredit erhält dieser Importeur von der Bank des Exporteurs im Rahmen des für ein einzelnes Land und der Korrespondenzbank als Addresse festgelegten Limits bezüglich Betrag und Laufzeit ein Darlehen, um das Geschäft zu tätigen. Alle benötigten ausländischen Leistungen würden dabei eingekauft, ohne daß es zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen kommen müßte. Das Ausfallrisiko würde die jeweilige Korrespondenzbank tragen, die ihrerseits die wirtschaftliche Situation des Kreditnehmers zu beurteilen hätte, hierzu aber mit ihren örtlichen Kenntnissen besser in der Lage sein sollte. Diese Finanzierungsart erfordert allerdings, daß die Bonität der Korrespondenzbank vorhanden ist. Die Krisen in Asien und Rußland zeigten hingegen, daß es in dieser Hinsicht ebenfalls beträchtliche Fehleinschätzungen gegeben hat. Dies galt insbesondere, wenn Finanzinstitute innerhalb von größeren Konglomeraten agierten und mangelnde Transparenz und interne Kontrollmechanismen aufwiesen. Insofern können sich wiederum, je nach den Umständen, in gewissen Situationen auch Projektfinanzierungen als günstigere Finanzierungsart erweisen. Die Frage stellt sich, ob die Informationskosten bei der Einschätzung eines Projektes, dessen Struktur beeinflußbar ist oder einer Korrespondenzbank, deren Risikoprofil zumeist eine gegebene Größe darstellt, höher sind. Es hängt also von der einzelnen Situation und den konkreten institutionellen Rahmenbedingungen ab, welche Form sich schließlich mehr eignet. Eine zusätzliche Alternative könnte sein, ein Projekt zwar mit Hilfe einer internationalen Projektfinanzierung zu realisieren, allerdings unter Einbeziehung einer von lokalen Banken direkt finanzierten Tranche in einheimischer Währung. Damit wäre es möglich, auch auf Seiten der Kreditgeber örtliches Knowhow mit einzubinden und ggf. Informationskosten zu senken.237 236 237

CAHILL/MORITA, S. 69. WANG, S. 46.

102

2.2. Transaktionskosten bei der Durchsetzung von Covenants Covenants können als Handlungs- und Verfügungsrechte der Fremdkapitalgeber interpretiert werden, mit deren Hilfe die Wahrscheinlichkeit der vollständigen Rückzahlung eines ausgezahlten Kredits erhöht werden soll. Sie sind Bestandteile des Kreditvertrages, der sich gewöhnlich nach internationalem Recht (z.B. englisches oder US-Recht) richtet und über den bei Streitigkeiten, je nach individueller Situation, an einem vorher festgelegten Gerichtsort oder durch ein Schiedsgericht entschieden wird.238 Die von Covenants ausgehenden wirtschaftlichen Anreize für die Projektgesellschaft und Ergebnisse hängen in großem Ausmaß von den mit ihrer NichtEinhaltung verbundenen Folgen ab. Nach Feststellung einer Verletzung von Covenants stehen den Fremdkapitalgebern, je nach individueller Vertragsgestaltung, bestimmte Rechte zu. Dazu gehört der Zugriff auf Sicherheiten oder die Fälligstellung eines Darlehens. Die weitere Ausübung dieser Rechte vollzieht sich meist im Rahmen der rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen eines jeweiligen Landes. Besondere Bedeutung hat, welche Transaktionskosten bei der Bestellung und der Durchsetzung von Sicherheiten bestehen. Die einzelnen Beteiligten stellen schließlich nach der Verletzung von Covenants ein Kalkül an, zu welchen Risiken und Kosten bei eventuellen Neuverhandlungen Reorganisationsmaßnahmen möglich sind oder alternativ dazu ein Insolvenzverfahrens eingeleitet werden kann. Dabei spielen dann die mit der Durchsetzung von Sicherheiten verbundenen Transaktionskosten eine wichtige Rolle.239 2.2.1. Transaktionaktionskosten bei der Bereitstellung und Verwertung von Sicherheiten Sicherheiten wie Grundschulden oder die Sicherungsübereignung von Warenlagern und Maschinen haben größere Bedeutung für Industrie- als für Infrastrukturprojekte. Bei Infrastrukturprojekten haben diese Vermögensgegenstände außerhalb der Projektverwendung für Dritte weniger Nutzen und deren Wiederverwertbarkeit ist somit eingeschränkt (siehe Kap. III, A, 3.1.). Neben diesen traditionellen spielen bei Projektfinanzierungen deshalb eher Sicherheiten, die sich auf die Abtretung bestimmter Rechte beziehen, eine wichtige Rolle. Darunter fallen u.a.: • Verpfändung von Aktien der Projektgesellschaft und im Falle eines Konzessionsprojektes Zusicherung vom Staat, daß bei Bruch des Kreditvertrages von Seiten des 238 Die Anerkennung einer an einem anderen Gerichtsort getroffenen Entscheidung durch das Land, in dem das Projekt stattfindet, hängt davon ab, ob es zwischen den beiden Staaten ein entsprechendes bilaterales Abkommen gibt. Ein solches Abkommen beruht in der Regel auf Gegenseitigkeit. Fehlen derartige Vereinbarungen, können die Projektbeteiligten auf ein internationales Schiedsgericht zurückgreifen, wenn das Gastland der New Yorker Konvention zur Anerkennung internationaler Schiedssprüche zugestimmt hat. 239 Zur Aufgabe von Sicherungsrechten bei fehlendem Kooperationswillen des Schuldners, vgl. auch ADAMS, Ökonomische, S. 105-106.

103

Kreditnehmers die Konzession an einen neuen Betreiber übertragen werden darf („Step-in-right“).240 • Abtretung von Rechten aus Verträgen (z.B. Abnahme-, Zulieferer-, Bau-, Betreiberoder Versicherungsvertrag), die Grundlage eines Projektes sind. Zusicherung von staatlichen Unterstützungsleistungen, die auch bei einem Eigentümerwechsel innerhalb der Projektgesellschaft aufrecht gehalten werden. • Abtretung von Treuhandkonten, über die Zahlungen aus Abnahmeverträgen laufen oder die in manchen Projekten vom Schuldner bis zu einer bestimmten Höhe aufgefüllt werden müssen, damit dieser bei unerwarteten Rückzahlungsschwierigkeiten auf zusätzliche Finanzmittel zurückgreifen kann. Bei Vertragsbruch des Kreditnehmers steht den Kreditgebern das Recht zu, auf diese Mittel zuzugreifen. Für die Kreditgeber unabdingbar ist, daß entsprechende Sicherheiten sich dauerhaft zu vertretbaren Transaktionskosten bereitstellen und durchsetzen lassen. a) Transaktionskosten bei der Bestellung von Sicherheiten Erste Voraussetzung für die Bestellung einer Sicherheit ist, daß diese gesetzlich legitimiert ist. Weiter müssen die Kreditgeber hinlänglich prüfen, ob auf eine dingliche Sicherheit bereits andere Ansprüche bestehen und gleichzeitig dafür Sorge tragen, daß sich ihre Situation im Verlaufe der Zeit nicht verschlechtern kann. Ideal wäre, wenn in einem Land, wie in Ungarn der Fall, ein zentralisiertes Registrierungssystem für von den Kreditgebern verpfändete Sicherheiten bestünde.241 Je nach Sicherheit fallen für die Kreditgeber mehr oder weniger hohe Verhandlungskosten an, um die jeweiligen Projektbeteiligten davon zu überzeugen, daß sie auf deren Bereitstellung angewiesen sind. Insbesondere die Verhandlungen zur Einräumung von Step-in-Rechten bei Infrastrukturprojekten durch den Staat (siehe Kap. II, B, 3.1.) benötigen meist einen gewissen Zeitaufwand, da es sich um strategisch bedeutsame Güter handelt. In manchen Ländern benötigt die Projektgesellschaft auch eine Genehmigung der Zentralbank, um im Ausland ein Treuhandkonto zu errichten. Schließlich treten teilweise erhebliche Kosten bei der formellen Bestellung von Sicherheiten auf.242 Darunter fallen Stempel- und andere Steuern, die vom Staat als zusätzliche potentielle Einnahmequelle betrachtet werden sowie hohe Notariatskosten.243 Die jeweiligen Transaktionskosten bei der Bestellung von Sicherheiten werden grundsätzlich an den Kreditnehmer weitergegeben, der sie somit zu tragen hat - entweder in 240

Vgl. CLIFFORD CHANCE, S. 75. FAIRGRIEVE, S. 3. 242 FAIRGRIEVE, S. 3. 243 Im Zusammenhang mit einer empirischen Untersuchung der EBRD von 1997, inwieweit in den Transformationsländern Osteuropas investitionsfreundliche Wirtschaftsgesetzte exisitieren, bemerkt TAYLOR, S. 6, daß in Rußland die Notariatskosten von zu bestellenden Sicherheiten 1,5% des Wertes der jeweiligen Sicherheit betragen. 241

104

Form höherer Ausgaben oder höherer Finanzierungskosten aufgrund des gestiegenen Risikos. b) Transaktionskosten bei der Durchsetzung von Sicherheiten Entscheidend für die Beurteilung des Wertes einer Sicherheit ist jedoch, inwieweit die mit ihr verbundenen Rechte im jeweiligen Fall auch durchsetzbar sind. Für die Kreditgeber reduziert sich durch die Stellung von Sicherheiten nur dann ihr Risiko, wenn sie begründetet davon ausgehen dürfen, daß, sollte der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, sie diese Rechte auch ausüben könnten.244 Werden die Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Sicherheiten in einem Land als hoch eingeschätzt, sind die Fremdkapitalgeber darauf angewiesen, auch auf Sicherheiten im Ausland zurückzugreifen.245 Die Zugriffsmöglichkeiten richten sich dann nach internationalem und ausländischem Recht, was die Transaktionskosten für die Fremdkapitalgeber erheblich verringert. So verpflichten sich z.B. Kreditkartenorganisationen bei Hotelprojekten, an die Kreditgeber abgetretene Einnahmen der Projektgesellschaft über entsprechende Treuhandkonten im Ausland zu überweisen. Die Abtretung von Forderungen aus Abnahmeverträgen, deren Zahlungen ebenfalls über Treuhandkonten transferiert werden, ist bei Käufern mit einwandfreier Bonität eine sehr gute Sicherheit. Stellen die Fremdkapitalgeber hierauf ab, besteht für sie das Hauptrisiko nur noch in der ordnungsgemäßen Lieferung der zugesagten Leistung. Die Projektgesellschaft hat solange einen Anreiz, dies zu gewährleisten, solange ihr die zugrundeliegende Geschäftsverbindung ertragreich erscheint. Decken also derartige Sicherheiten die Rückzahlung des Fremdkapitals ausreichend ab, lassen sich auch in ansonsten relativ schwierigen Ländern Projektfinanzierungen realisieren.246 2.2.2. Risiken und Kosten bei der Einleitung von Reorganisationsmaßnahmen nach Verletzung der Covenants durch die Projektgesellschaft Bei Projektfinanzierungen haben die Fremkapitalgeber wegen der erwähnten Probleme mit der Wiederverwertbarkeit der Vermögensgegenstände oft ein starkes Interesse an einer Weiterführung des Betriebes, wenn bei einem notleidenden Engagement eine Reorganisation noch zu vertretbaren Kosten und Risiken möglich erscheint. Inwieweit diese anschließend erfolgreich ist, hängt nicht zuletzt von der Verhandlungsposition der Kreditgeber gegenüber der Projekgesellschaft nach Bruch einzelner Covenants ab. Die Kreditgeber können ihre erweiterten Handlungs- und Verfügungsrechte nur dann in einer konsensorientierten Weise gegenüber der Projektgesellschaft nutzen, wenn bei 244

FAIRGRIEVE, S. 3. Vgl. WEISS, S. 24. 246 In bezug auf die Finanzierungsmöglichkeiten für Projekte von Rußlands größtem Ölkonzern LUKoil, vgl. CAVENAGH, Banks, S. 33: „Banks consider it is quite practical to raise money for LUKoil on an off-balancesheet basis ... where revenues could be ring-fenced from the internal Russian turmoil.“ 245

105

dieser die Bereitschaft besteht, eventuell notwendige Veränderungen in der Unternehmensführung tatsächlich einzuleiten. Diese Veränderungen mögen von den Anteilseignern vielleicht sogar begrüßt werden, wenn sie erst zu diesem Zeitpunkt auf Unzulänglichkeiten aufmerksam gemacht wurden. Unter Umständen bedarf es aber zur Umsetzung auch eines gewissen Drohpotentials von Seiten der Fremdkapitalgeber. Dieses hängt in starkem Ausmaß von den Durchsetzungsmöglichkeiten in bezug auf den Kreditvertrag und die Verwertung der Sicherheiten ab. Weitergehender Handlungsbedarf besteht, wenn sich die relevanten Entscheidungsakteure bei der Projektgesellschaft trotz allem nicht kooperationsbereit zeigen oder sich als unfähig erweisen, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. In diesem Fall müssen die Fremdkapitalgeber, wollen sie dennoch erfolgreich Restrukturierungsmaßnahmen durchführen, einen Wechsel bei den Leitungs- und Kontrollbefugnissen innerhalb der Projektgesellschaft erzwingen. Zu diesem Zweck kann die Inanspruchnahme von Sicherheiten entscheidende Bedeutung erlangen, also etwa der Zugriff auf die verpfändeten Anteile der Projektgesellschaft oder die Wahrnehmung von vertraglich zugesicherten Step-in-Rechten bei Konzessionsprojekten. Allerdings dürfen in einer funktionierenden Rechtsordnung bei der Einleitung von Reorganisationsmaßnahmen berechtigte Schutzbedürfnisse des Schuldners und von ungesicherten Gläubigern nicht unverhältnismäßig außer Acht gelassen werden und sind fair und ausgewogen zu berücksichtigen. Jede Rechtsordnung legt dabei auch den Fremdkapitalgebern Restriktionen für ihr Verhalten auf, die sie zu beachten haben. So machen sich z.B. unter US-amerikanischem Recht Kreditgeber haftbar, wenn sie mit Hilfe von Covenants in Unternehmensabläufe eingreifen und dabei selbst schwere Managementfehler oder Handlungen zur Lasten Dritter begehen.247 Auf der anderen Seite dürfen aber auch diese Schutzbedürfnisse nicht als Vorwand benutzt werden, die bisherigen Eigentümer oder das Management unangemessen zu bevorzugen. Diese Gefahr stellt sich um so größer dar, je größer der Einfluß dieser Interessengruppe auf den politischen Sektor oder sogar auf die Judikative eines Landes ist. Vor einer Investitionsfinanzierung muß daher evaluiert werden, wie tragfähig bestimmte Covenants und die aus ihnen resultierenden Rechtsfolgen unter den jeweiligen institutionellen Rahmenbedingungen eines Landes tatsächlich sind. Ihre konkrete Ausgestaltung hat sich, auch nach Meinung von Smith und Warner, realistisch danach auszurichten: „To specify types of enforcement costs, we must examine the institutional framework within which covenant enforcement takes place for further insight into why certain kinds of covenants are observed – and others not. ... To the extent that the existing legal institutions represent an efficient solution to the problem of financial contracting, enforcement costs are lowered. But regardless of whether or not existing 247

SMITH/WARNER, S. 147.

106

institutions imply `minimum` costs, the types of contracts we observe depend on the level of these institutionally-related costs.“ 248 2.2.3. Transaktionskosten eines Insolvenzverfahrens Neben der außergerichtlichen Reorganisation einer in Schwierigkeiten geratenen Projektgesellschaft steht es den Gläubigern laut Kreditvertrag im Regelfall zu, bei Bruch wesentlicher Covenants oder bei Zahlungsverzug ein Darlehen fällig zu stellen. Sofern die sich daraus ergebende Zahlungsunfähigkeit der Auslöser für ein Insolvenzverfahren wäre, werden die Fremdkapitalgeber hierauf zurückgreifen, wenn der Fortführungswert (going-concern value) geringer als der Liquidationswert abzüglich den mit einem Insolvenzverfahren verbundenen Kosten eingeschätzt wird. Eine weitere Motivation hierfür könnte sein, daß die Fremdkapitalgeber dies als einzige Möglichkeit ansehen, um einer unternehmensexternen Partei Kontrolle über die Projektgesellschaft zu verschaffen. Ein gut funktionierendes Insolvenzrecht wäre für die Fremdkapitalgeber somit eine sinnvolle Ergänzung zu den mit dem Kreditnehmer getroffenen Vereinbarungen. Allerdings definieren manche Rechtsordnungen in Emerging Markets nur unklar, wann der Tatbestand der Insolvenz wirklich gegeben ist. Teilweise existieren große Ermessensspielräume seitens der angerufenen Gerichte hinsichtlich der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens. Unter Umständen verweigern Gerichte ein Verfahren, wenn sie eine gegebene Zahlungsfähigkeit als nur temporär beurteilen.249 Oft vermissen die Fremdkapitalgeber zeitliche Fristen und Vorgaben, was eine ungefähre Abschätzung der zu erwartenden Kosten und des benötigten Zeitaufwands erschwert. Zudem stellt ein solider formeller Rahmen zwar eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung dar, daß entsprechende Normen in der Realität auch in berechenbarer Weise umgesetzt werden. Hierzu ist das Vorhandensein einer entsprechenden Infrastruktur erforderlich. Insbesondere benötigt ein Land eine gewisse Anzahl von ausreichend qualifizierten Konkursverwaltern und Richtern, die in der Lage sind, ihre Funktionen kompetent auszuüben.250 Fehlen solche Ressourcen, kann dies die Kreditgeber davor abschrecken, ein Insolvenzverfahren in Gang zu setzen,251 weil sie nicht erwarten dürfen, daß ihr Anliegen professionell behandelt wird. Darüber hinaus hängen die Handlungen von Konkursverwaltern und Richtern auch von den Anreizstrukturen ab, unter denen sie arbeiten. Ihre Rechte und Verantwortlichkeiten bzw. die von ihnen verfolgten Ziele, ihre Wertauffassungen und die ihnen auferlegten Restriktionen dürften ihre Entscheidungen maßgeblich beeinflussen. Angesichts der relativ großen Ermessensspielräume bei der Frage, ob und wenn ja auf 248

SMITH/WARNER, S. 147. RAMASASTRY, S. 7. 250 Vgl. a.a.O., S. 8. 251 Vgl. FINANCIAL TIMES EAST EUROPEAN BUSINESS LAW, S. 2. 249

107

welche Weise eine Reorganisation durchgeführt oder ob eine Unternehmung liquidiert werden soll, kommt den Entscheidungskalkülen dieser Akteure für den Ausgang des Verfahren eine wesentliche Bedeutung zu. Darin entscheidet sich mit, ob ein Insolvenzverfahren tendenziell eher politischen Interessenlagen und Bestechung ausgesetzt sein wird oder sich an wirtschaftlichen Kriterien ausrichtet. Abgesehen von den rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Insolvenzverfahren ist in Emerging Markets ein weiterer Gesichtspunkt, daß Unternehmenskrisen nicht unbedingt ihre Ursache in einer verfehlten Strategie oder in einem schlechten Management der Projektgesellschaft haben müssen. Wie bereits eingehend erörtert, traten in der Vergangenheit in Emerging Markets unerwartet tiefgreifende Wirtschaftskrisen auf (siehe Einleitung und Kap. II, A, 2. und Kap. II, B, 4.2.2.d)), als deren Folge innerhalb kurzer Zeit große Teile der Volkswirtschaft einzelner Länder vor der Zahlungsunfähigkeit standen. In einer derartigen Situation erscheint es kaum sinnvoll, alle in Schwierigkeit geratenen Unternehmen einem Insolvenzverfahren zu unterwerfen. Es wäre nicht zu erwarten, daß ein solcher Prozeß noch geordnet ablaufen kann. Zudem können sich die Dinge bei den betroffenen Unternehmen nach Überwindung der Wirtschaftskrise wieder zum Besseren wenden. Andererseits sind dennoch immer bestimmte Anpassungen in einer Krise an die neue Situation notwendig. Die im Kreditvertrag festgelegten Covenants und die sich aus ihrer Nicht-Einhaltung ergebenden Handlungs- und Verfügungsrechte sollen gewährleisten, daß dies auch dann geschieht, wenn die Projektgesellschaft Veränderungen nicht von selbst in die Wege leitet. Die Initiierung eines Insolvenzverfahren in Emerging Markets, insbesondere bei Infrastruktur-, aber auch bei Industrieprojekten sollte als ultima ratio nur die Ausnahme bleiben, auf die zurückgegriffen wird, wenn aus Sicht der Fremdkapitalgeber alle anderen Optionen erschöpft oder erfolglos geblieben sind. Dann hingegen stärkt es ihre Stellung, wenn sie davon ausgehen dürfen, dieses Instrument zusätzlich zur Verfügung zu haben.

108

KAPITEL IV: DIE REALISIERUNG VON PROJEKTFINANZIERUNGEN IN EMERGING MARKETS MIT HILFE SUPRANATIONALER ENTWICKLUNGSBANKEN A. Ausgangspunkt der Analyse Kapitel II und III versuchten, mit einem verhaltens- und entscheidungsorientierten Ansatz die für Projektfinanzierungen relevanten Strukturen herauszuarbeiten. Im Mittelpunkt stand dabei, Interessenlagen von Individuen und Kollektiven aufzuzeigen und zu hinterfragen, wie sich diese unter bestimmten institutionellen Bedingungen verhalten und welche Implikationen und Ergebnisse damit verbunden sind. Daran schlossen sich Überlegungen bezüglich einer geeigneten Strukturierung des Projektes an. Zweifelsfrei ist, daß ein gutes Projektdesign unabdingbar ist. Selbst in hochentwickelten, funktionierenden Marktwirtschaften führen Unzulänglichkeiten hier häufig zu unvorhergesehenen großen Problemen. Auf der anderen Seite lassen sich Projekte in Emerging Markets durchaus so strukturieren, daß sie die notwendige Stabilität zur erfolgreichen Durchführung besitzen. Ungeachtet dessen ist der private Kapitalmarkt jedoch in bestimmten Ländern und Regionen nicht bereit, bestimmte Projekte zu finanzieren, da die institutionellen Rahmenbedingungen insgesamt so unzureichend sind, daß selbst eine elaborierte und ausgewogene Risikostruktur nicht die notwendige Sicherheit für die Realisierung schafft. Dabei kann das Vorhaben sehr wohl wirtschaftlich sinnvoll und rentabel sein.252 Insofern stellt sich die Frage, inwiefern Ressourcen von supranationalen Entwicklungsbanken in solchen Fällen so eingesetzt werden können, daß sie zur Realisierung von Projekten mit privater Beteiligung beitragen. Unter einer supranationalen Entwicklungsbank wird im Rahmen dieser Arbeit ein öffentliches Kreditinstitut verstanden, das von einer Reihe von Mitgliedsländern getragen wird und die Aufgabe hat, die langfristige Finanzierung von Investitionsvorhaben mit entwicklungspolitischer Bedeutung zu fördern. Dabei werden im weiteren ausschließlich marktwirtschaftlich orientierte Instrumente betrachtet, die privaten Projekten zugute kommen und die weder direkte noch indirekte Subventionen beinhalten.253

252

Beispielsweise dürften viele Energieprojekte in den GUS-Staaten ausreichend wirtschaftliches Potential besitzen, doch stehen dem eine unsichere Rechtslage sowie sonstige Unwägbarkeiten entgegen, vgl. DE BEER, S. 6. 253 Die Tätigkeit von Entwicklungsbanken sind normalerweise nicht auf die Förderung des privaten Sektors beschränkt. Auch verwenden diese häufig Instrumente, die indirekte Subventionen beinhalten, wie die Gewährung von zinsgünstigen Darlehen, vgl. Definition in GABLER WIRTSCHAFTSLEXIKON. 109

Im Blickpunkt der Analyse stehen dabei zwei unterschiedliche Ansätze. Der eine Ansatz bedeutet gemeinsame Risikotragung unter dem Dach der Entwicklungsbank, die aufgrund ihres Status in der Lage ist, zur Senkung von Transaktionskosten für alle Kreditgeber und unter Umständen sogar für die Eigenkapitalgeber beizutragen. Beim zweiten Ansatz übernimmt die Entwicklungsbank einzelne Teilrisiken ausschließlich und ganz, während die anderen Risiken von den übrigen Kapitalgebern alleine getragen werden müssen. Beim ersten Ansatz sehen es Internationale Entwicklungsbanken, wie die International Finance Corporation („IFC“) oder die European Bank for Reconstruction and Development („EBRD“),254 als ihre Aufgabe an und nehmen für sich die Fähigkeit in Anspruch, durch ihre reine Anwesenheit bei einem internationalen Konsortialkredit zur Senkung von Transaktionskosten beizutragen. Beide Entwicklungsbanken arbeiten in ihren Zielregionen nach sehr ähnlichen Prinzipien. Durch ihr Engagement sei es möglich, Projektfinanzierungen zustande zu bringen, die ohne ihre Teilnahme nicht verwirklicht werden könnten. So stellt die Syndizierungsabteilung der IFC in ihrer Dokumentation „Raising finance for private enterprises in emerging markets“ fest255: „One of IFC`s essential roles is to act as a catalyst, by encouraging other investors and lenders – inside and outside the host country – to share with IFC the risks of private sector projects.“ Unter dem Dach der IFC wären die anderen Kreditgeber begünstigt, wobei die IFC in diesem Zusammenhang von einem sogenannten Schutzschirm spricht: „IFC represents a unique resource at the disposal of commercial banks and other institutions. It offers them the opportunity to participate in carefully appraised and market priced project loans, under IFC`s „umbrella“, in countries which might otherwise not seem attractive to lenders.“256 In den vergangenen Jahren hat die IFC in diesem Sinne ihr Portfolio für syndizierte Kredite beständig ausgeweitet. Das syndizierte Kreditvolumen des Geschäftsjahres 1998 betrug USD 9 Mrd.257:

254

Die IFC stellt den privatwirtschaftlichen Arm der Weltbank dar, während die EBRD 1991 zur Förderung der Wirtschaftsreformen in den Transformationsländern Zentral- und Osteuropas sowie der GUS gegründet wurde. 255 IFC, Finance, S.1. 256 A.a.O., S. 5. 257 IFC, Annual Report 1998, S. 93. 110

Darst. 7: IFC-Kredite FY 94-98 14000 12000

USD in Mio.

10000 8000

IFC-Kredite auf eigene Rechnung

6000

Syndizierte IFC-Kredite

4000 2000 0 FY 94

FY 95

FY 96

FY 97

FY 98

Quelle: IFC, Annual Report 1998, S. 111. Die Bankaufsichtsbehörden einer Reihe von Staaten (z.B. Belgien, Frankreich, Italien, Japan, Spanien, Schweiz und England) haben zugestimmt, daß für von der IFC (und auch von der EBRD) geführte Kredite keine speziellen Vorsorgemaßnahmen (Bildung von Rückstellungen, Unterlegung von Eigenkapital) für ein entsprechendes Länderrisiko, sondern lediglich für das gewöhnliche wirtschaftliche Risiko, getroffen werden müssen.258 Die Zentralbank der USA schloß sich dieser Regelung hingegen nicht an.259 Daneben rechneten in der Vergangenheit einige Geschäftsbanken IFC, bzw. EBRDgeführte Kredite nicht oder nicht im vollen Umfang auf jeweilige Länderlimite an.260 Länderlimite sind für Kreditinstitute Steuerungsinstrumente, die Ausdruck einer konkreten Vorstellung darüber sind, welche Risiken eine Bank hinsichtlich einzelner Länder sowie gegenüber bestimmten Risikogruppen unter diesen Ländern tragen kann und will.261 Von dieser subjektiven Vorstellung ausgehend, stellt sich die Geschäftsbank ein Risikoportfolio zusammen, welches aus ihrer Sicht ex-ante optimal ist. Solange Kredite mit Beteiligung einer Entwicklungsbank jedoch nicht in den Länderlimiten 258

So lautet ein Antwortschreiben der Schweiz im Jahre 1991 auf eine entsprechende Anfrage der IFC (siehe IFC, Finance, Anlagen): „With effect from January 1st, 1991, the Federal Banking Commission of Switzerland has stated that, among others, the following categories of claims of institutions under its supervision be evaluated according to their individual risk profile and need not be provisioned at the prevailing general country risk provision rate: a) claims against multilateral development banks (in accordance with the relevant Swiss banking legislation), and b) claims originating in co-financing operations with multilateral development banks. Thus, reserves against these claims can be set up to the minimum rate reflecting risks in these institutions.“ 259 Aus dem in IFC Syndications, Anlagen, veröffentlichtem Brief der Zentralbank der USA (von 1995) geht hervor, daß Geschäftsbanken nur für solche Länder Vorsorgemaßnahmen treffen müssen, die mit „value impaired“ klassifiziert sind. Da Beteiligungen an IFC-Konsortialkrediten nicht von der IFC durch eine Garantie abgesichert sind, könne es für diese Kredite auch keine Sonderregelungen, wie vom IFC gewünscht, geben. 260 Aus Vertraulichkeitsgründen können in bezug auf diese Aussage keine Quellenangaben gemacht werden. 261 ABS, S. 593. 111

berücksichtigt sind, hat dies erhebliche Konsequenzen in bezug auf die Zusammensetzung eines internationalen Kreditportfolios. Die Konsequenzen einer solchen Risikopolitik für eine Bank hängen allerdings davon ab, inwieweit supranationale Kreditinstitute wie IFC und EBRD tatsächlich einen Schutzschirm vor politischen und institutionellen Risiken darstellen können. In dem Ausmaß, in dem sie eine solche Rolle nämlich nicht erfüllen, führt dies zu einer Fehlallokation von Ressourcen und damit zu suboptimalen Ergebnissen. Neben den Geschäftsbanken erhoffen sich unter Umständen auch die Sponsoren einen Vorteil, wenn bei einem Kredit eine Entwicklungsbank die Konsortialführung übernimmt. Dies gilt um so mehr, wenn sie sich zusätzlich noch zu einem kleinen Prozentsatz am Eigenkapital oder an einem nachrangigen Darlehen beteiligt. Die Wirkungsweise von Akteuren wie IFC und EBRD erklärt sich aus ihrer Verfassung und aus ihren internen Entscheidungstrukturen heraus sowie aus ihrem Selbstverständnis bezüglich ihres Umgangs mit privaten Geschäftsbanken, Investoren und natürlich auch mit den jeweiligen Zielländern. Aus der konkreten Untersuchung des Beispiels EBRD sollen in diesem Kapitel allgemeingültige Schlußfolgerungen in bezug auf supranationale Entwicklungsbanken gezogen werden. Anhand der EBRD werden exemplarisch zuerst die wirtschaftspolitischen Ziele von supranationalen Entwicklungsbanken und die Nebenbedingungen, die bei der Zielerreichung einzuhalten sind, in den Mittelpunkt gestellt. Eine besondere Bedeutung erhält in diesem Zusammenhang der Begriff „additionality“ (Begriffsdefinition, siehe unten), der den Handlungsrahmen des Kollektivakteurs EBRD bestimmt. Der Kollektivakteur EBRD trifft jedoch seine Entscheidungen über die Durchführung bestimmter Projekte erst nach einem kollektivinternen Entscheidungsprozeß, in den sich die relevanten Einzelakteure mit ihren relativen Gewichten einbringen und der zu Beginn dargestellt und dessen Bedeutung anschließend tiefgehender analysiert wird. Das Kreditgenehmigungsverfahren bei der EBRD und auch bei der IFC entspricht in seinen Grundzügen weitgehend demjenigen einer Geschäftsbank, besitzt aber darüber hinaus einige Besonderheiten. Auf dieser Grundlage lassen sich später Hypothesen aufstellen hinsichtlich des Verhaltens der einzelnen Entscheidungsträger in einer Entwicklungsbank, die in den Untersuchungen der beiden folgenden Abschnitte dieses Kapitels mit berücksichtigt sind. Analysiert werden dort die Rolle einer supranationalen Entwicklungsbank, ex-ante Projektpotentiale zu identifizieren und Multiplikatoreffekte über Demonstrationswirkungen zu erreichen. Anschließend geht es um die ihr zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen und Möglichkeiten zur positiven Einflußnahme auf ein Kreditengagement nach Unterzeichnung der Kreditverträge.

112

Da eine bloße Teilnahme von Entwicklungsbanken bei Projektfinanzierungen unklar läßt, welche Risiken hierdurch tatsächlich abgemildert werden, plädiert die Arbeit grundsätzlich eher für einen zweiten Ansatz, der eine deutlichere Identifizierung und Separierung von Risiken vorsieht. Supranationale Entwicklungsbanken sollten Teilgarantien gewähren, für die sie eine marktkonforme Prämie erhalten und die bis zu einem gewissen Anteil vom privaten Versicherungsmarkt rückversichert werden. Sie sind am ehesten in der Lage, politische und institutionell bedingte Teilrisiken zu übernehmen. In diesem Zusammenhang gibt es bereits einige verschiedene Instrumente, für die zusätzliche Vorschläge hinsichtlich denkbarer Ausgestaltungsvarianten gemacht und deren Wirkungen diskutiert werden. In die Erörterung fließen auch weitergehende volkswirtschaftliche Gedanken hinsichtlich eines möglichst optimalen Einsatzes der Entwicklungsbanken zur Verfügung stehenden Ressourcen mit ein. Die Dissertation möchte damit einen etwas globaleren Schlußpunkt setzen. B. Gemeinsame Risikotragung unter dem Dach einer Entwicklungsbank 1. Ziele und Restriktionen einer an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientierten Entwicklungsbank am Beispiel der EBRD - Implikationen und Konsequenzen

Ausgangspunkt des Handelns für die EBRD als Kollektivakteur ist ihre Gründungsvereinbarung („Agreement establishing the EBRD“), die am 28. März 1991 in Kraft trat und von allen Aktionären unterzeichnet wurde. Diese Vereinbarung hat für die EBRD den Charakter einer Verfassung, auf der alle weiteren Durchführungsbestimmungen beruhen. In Artikel 1 dieser Verfassung ist als oberstes Ziel festgelegt, in den mittel- und osteuropäischen Ländern den wirtschaftlichen Transformationsprozeß hin zur Marktwirtschaft und damit verbunden private und unternehmerische Initiative zu fördern. Projektfinanzierungen stellen ein wichtiges Mittel dar, um dieses Ziel zu erreichen.262 Kredite werden zweckgebunden für Investitionen vergeben, mit deren Hilfe anschließend der zur Leistung des Schuldendienstes notwendige Cash-flow erwirtschaftet werden soll.263 Die einzelnen Projekte haben dabei jeweils einen Beitrag zur Erreichung des genannten Oberzieles zu leisten. Hierzu entwickelten die volkswirtschaftliche Abteilung und Project Evaluation Department („PED“) eine Reihe von

262

In Artikel 13, „Operating principles“, heißt es unter ii) „The operations of the Bank shall provide for the financing of specific projects“ und ix) „In case of a direct loan made by the Bank, the borrower shall be permitted by the Bank to draw its funds only to meet expenditure as it is actually incurred“ (womit die Zweckbestimmung eines Projektkredits gemeint ist). 263 Vgl. VUYLSTEKE, S. 131.

113

Transformationsindikatoren264, die zumindest zu einem gewissen Teil erfüllt sein müssen:265 Beitrag eines Projektes zur Stärkung von Wettbewerb und Ausweitung von Märkten • Inwieweit leistet ein Projekt einen Beitrag zu mehr Wettbewerb und Innovationskraft in einem bestimmten Sektor (z.B. durch Unterstützung des Markteintritts eines neuen Wettbewerbers oder durch Setzung von neuen Qualitätsstandards) sowie durch Übertragungseffekte auch in weiteren, nahestehenden anderen Sektoren (z.B. mittels Einbeziehung von lokalen Zulieferern)? Beitrag eines Projektes zur Bildung von marktwirtschaftlichen Institutionen und für eine Politikrichtung, die reformerische Entwicklungen stärkt • Inwieweit fördert ein Projekt privates Eigen- und Unternehmertum? • Hat ein Projekt einen positiven Einfluß auf private und öffentliche Institutionen und auf die Stärkung marktwirtschaftlicher Strukturen? Verbessert sich dadurch das regulatorische Umfeld, z.B. durch die Trennung von staatlicher Regulierung eines Sektors und Ausübung einer Betreiberfunktion (beispielsweise durch ein Infrastrukturprojekt mit privatem Betreiber)? Führt ein Projekt zu positiven Veränderungen auf gesetzlicher Ebene266 oder zu einem stärkeren Commitment seitens des Staates, marktwirtschaftlich orientierte Entwicklungen zu unterstützen? Erreicht man dadurch größere Transparenz (die EBRD beteiligt sich nur an Projekten, die hohe Standards bei den Beschaffungsgrundsätzen erfüllen) und Berechenbarkeit? Beitrag eines Projektes zur Verhaltensänderungen von Individuen (Anpassung an marktwirtschaftliche Erfordernisse) • In welchem Ausmaß kommt es im Zuge der Implementierung des Projektes zu einem Wissenstransfer (technisches Know-how, aber insbesondere Managementfähigkeiten)? • Sind positive Demonstrationseffekte zu erwarten (z.B. derart, daß sich bestimmte Organisationsstrukturen als erfolgreich erweisen oder daß Restrukturierungsprozesse gelingen oder daß lokale Banken zukünftig bereit sind, produktive Vorhaben der gleichen Art zu finanzieren)? Können neue Standards gesetzt werden? 264

EBRD, Annual Report 1997, S. 36. Vgl. EBRD, Transport, Anlage B. WWW. EBRD.com, 5. Mai 1998, enthält zudem Project Summary Documents, wobei es zu jedem dargestellten Projekt einen Kommentar gibt, inwieweit mit der Durchführung des Projektes hinsichtlich bestimmter Indikatoren positive Effekte für den Transformationsprozeß erzielt werden (unter dem Oberbegriff „expected transition impact“). 266 In diesem Fall würde die EBRD im Vorfeld oder begleitend zur Projektvorbereitung auf dementsprechende Veränderungen hinwirken und ggf. auch beratend zur Seite stehen. Mit dem Fondsprogramm für technische Zusammenarbeit stehen ihnen auch Mittel zur Verfügung für die Einbeziehung externer Berater, siehe EBRD, Annual Report 1997, S.46. 265

114

Die Transformationsindikatoren sind zeitunabhängig gültig. Daneben legt die EBRD aber bei der Verfolgung ihrer Ziele für einzelne Länder und Sektoren Prioritäten fest, die laufend den aktuellen Entwicklungen angepaßt werden. Für die Zielerreichung der EBRD gibt es nun Nebenbedingungen, d.h. formelle Restriktionen, die durch die „Verfassung“ vorgegeben und die zu befolgen sind. Unter Artikel 13, Geschäftsgrundsätze, der Gründungsvereinbarung ist festgelegt, daß die EBRD Kredite nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Beachtung banküblicher Grundsätze und zwar zu marktüblichen Konditionen vergeben darf.267 EBRD-Finanzierungen stellen keine verbilligten, d.h. subventionierten Kredite dar. Wenn von marktüblichen Konditionen die Rede ist, bedeutet dies unter Umständen sogar, daß die Kreditnehmer der Entwicklungsbank für die besondere Rolle, die sie spielt, eine Prämie zu bezahlen haben. Die Risiken des Projektes müssen überschaubar und vertretbar bleiben, insbesondere vor dem Hintergrund, daß private Kofinanziers zu gewinnen sind. Ziel ist es, private Projekte möglichst nur bis zu 35% der Projektkosten zu finanzieren.268 Auf der anderen Seite darf die EBRD keine Projekte finanzieren, die private Geschäftsbanken auch alleine realisieren würden (kein „crowding-out“). Hieraus folgt, daß sich die EBRD nur bei den Projekten engagieren darf, bei denen sie einen Mehrwert einbringt („additionality“), mit dessen Hilfe ein Projekt mit privater Trägerschaft gerade ermöglicht wird.269 Im von der EBRD veröffentlichten Strategiepapier „Transport Operations Policy“, 1997, S. 3 wird der Begriff „additionality“ folgendermaßen definiert: „Additionality requires the Bank to bring elements to a project that alternative sources (if any) would not bring on reasonable terms. Additionality should be judged in relation to the magnitude and quality of the Bank`s impact on the existence, design or functioning of a project and whether such impact would have been provided by other sources of finance on reasonable terms and conditions in the absence of the Bank`s involvement.“

267

Artikel 13, „i) The Bank shall apply sound banking principles to all its operations“ und „xi) in its investments in individual enterprises, the Bank shall undertake its financing on terms and conditions which it considers appropriate, taking into account the requirements of the enterprise, the risks being undertaken by the Bank, and the terms and conditions normally obtained by private investors for similar financing.“ 268 EBRD, Financing, S.9. 269 Siehe Artikel 13, vii) Gründungsvereinbarung: „The Bank shall not undertake any financing, or provide any facilities, when the applicant is able to obtain sufficient financing or facilities elsewhere on terms and conditions that the Bank considers reasonable.“ Im sogenannten „Chairman`s Report, Artikel 13, wird dieser Punkt weiter erläutert: „In sub-paragraph (vii), the intention of Delegates was that the Bank should not compete with other organizations.“ 115

Die EBRD muß also dazu beitragen, daß ein Projekt entweder überhaupt oder in einer bestimmten Struktur (z.B. finanziert rein auf privatwirtschaftlicher Ebene statt mit Hilfe einer Staatsgarantie) zustande kommt. „Additionality“ kann theoretisch bei a) der Initiierung, Entwicklung und Strukturierung eines Projektes ansetzen oder b) bei der Beaufsichtigung des Kreditengagements nach dessen Inkrafttreten: Zu a) • Vorhandene Projektpotentiale werden aufgrund unzureichender Informationen der privaten Marktteilnehmer nicht genutzt. In diesem Fall erfolgt durch die EBRD dann der Demonstrationseffekt, daß ein Projekt auch unter Beachtung kommerziell orientierter Geschäftsprinzipien möglich und rentabel ist. • Die EBRD besitzt mit ihrem internationalen Status bei der Entwicklung und Strukturierung eines Projektes Vorteile gegenüber den Privaten. Zu b) : • Der EBRD stehen als supranationale Organisation besondere Instrumente zur Verfügung, die bei eventuell bestehenden Problemen mit dem Kreditengagement zum Einsatz gebracht werden. Bevor Aussagen zu den beiden obigen Ansatzpunkten getroffen werden können und damit zu der Fähigkeit einer supranationalen Entwicklungsbank, die zugedachte Rolle bei privaten Projekten zu spielen, sei zunächst deren kollektivinterner Entscheidungsprozeß am Beispiel der EBRD beschrieben und anschließend die Bedeutung des Verfassungskonsenses für das Institut analysiert. Dies soll als Grundlage für die Untersuchung der beiden darauf folgenden Abschnitte dienen. 2. Untersuchung der kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesse innerhalb einer Entwicklungsbank

2.1. Darstellung des kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesses bei privaten Projektfinanzierungen Die folgende Graphik, die den Projektzyklus bei der EBRD darstellt, gibt beispielhaft einen Überblick über die kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesse innerhalb einer supranationalen Entwicklungsbank. Sie dient als Ausgangspunkt für die weitere Erörterung dieses Kapitels.

116

Darst. 8: Projektzyklus bei der EBRD

Unterzeichnung Kreditvertrag Genehmigung Direktionsrat Final Review

Kredit tritt in Kraft Auszahlung

Rückzahlungen

Initial Review Concept Clearance

Vollständige Tilgung

Initiative

Der dargestellte idealtypische Ablauf gliedert sich in zwei Phasen - dem Genehmigungsprozeß bis zur Unterzeichnung der Kreditverträge und der laufenden Beaufsichtung und Überwachung des Engagements.270 Von Interesse ist, welche Personen und Gremien welche Verantwortlichkeiten und welchen Einfluß innehaben. Eine Projektgesellschaft (bzw. deren Sponsoren) hat die Möglichkeit, mit der EBRD in einem relativ frühen Entwicklungsstadium Kontakt aufzunehmen. Dabei sollten erste Informationen über die künftigen Aktionäre, das Projektvorhaben sowie eine Vorstellung des Kunden über die von der EBRD zu spielende Rolle eingereicht werden. Aus einem jeweiligen Länder- oder Sektorenteam271 übernimmt ein Mitarbeiter die Verantwortung für die Betreuung des potentiellen Kreditnehmers. Die bereitgestellten Informationen dienen in dieser Phase als Entscheidungsgrundlage für die Bank, ob das anvisierte Projekt mit den Zielen der EBRD272 übereinstimmt und gleichzeitig die notwendigen Nebenbedingungen273 erfüllt (Concept Clearance). Ist 270

Bzgl. des Entscheidungsprozesses bis zur Genehmigung durch den Board of Directors`, vgl. EBRD, Financing, S. 10 ff. 271 Das Banking Department der EBRD ist in einer Matrixorganisation nach Ländern und Sektoren unterteilt. 272 Förderung des Transformationsprozesses. 273 „Additionality“ ist gegeben und das Projekt steht im Einklang mit „sound banking principles“. 117

dies der Fall, wird ein Mandatsletter unterzeichnet, der die Rahmenbedingungen für die weitere Zusammenarbeit festlegt. Damit entscheidet sich die Bank, das Projekt weiterzuverfolgen und es ihren Gremien bis zur eventuellen Genehmigung zu präsentieren. Der weitere interne Entscheidungsprozeß bis zur Vorlage beim Direktorium verläuft in zwei Stufen. In einer ersten Stufe (Initial Review) erarbeiten EBRD und Sponsor eine vorläufige Finanzierungs- und Risikostruktur und unterbreiten diese einem sogenannten „Operations Committee“. In diesem Ausschuß sind nicht nur die Ansichten des Risikomanagements repräsentiert, sondern auch die anderer Abteilungen, wie z.B. Volkswirtschaft oder PED. Das Risikomanagement trägt die Hauptverantwortung für die Einhaltung kommerzieller Geschäftsgrundsätze. Während die volkswirtschaftliche Abteilung einer Geschäftsbank in der Regel lediglich Aussagen zu Länderrisiken trifft, begutachtet sie in der EBRD in erster Linie, inwieweit ein Projekt den Transformationsprozeß fördert. PED soll dafür sorgen, daß gewonnene Erkenntnisse aus der Vergangenheit bei der Strukturierung berücksichtigt werden. Das „Operations Committee“ genehmigt also nicht nur die erste Grobkonzeption des Projektes (was Voraussetzung für den Einsatz von weiteren Ressourcen ist), sondern gibt auch Kommentare und Hinweise hierzu ab, die anschließend zu berücksichtigen sind. In der Folge entwickeln der Kunde und sein Betreuer unter Einbeziehung unterschiedlicher Parteien (neben den im vorherigen Abschnitt genannten v.a. die Rechtsabteilung und externe Berater und Gutachter) das Projekt weiter und verhandeln eine Vereinbarung über die Bedingungen und Konditionen des Kredites als Grundlage für die nach Zustimmung aller Gremien abzuschließenden Verträge. Nach Beendigung des gesamten Due Diligence wird das Projekt nochmalig dem „Operations Committee“ zur Begutachtung präsentiert (Final Review). Schließlich muß das Direktorium sein Votum abgeben.274 Dazu ist eine Mehrheit der Stimmenzahl der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder erforderlich.275 In die Abstimmung gehen die Stimmengewichte der einzelnen Mitgliedsländer, die sich an deren gezeichneten Anteilen am Stammkapital bemessen, ein. Die größten Aktionäre sind die Staaten der EU und Westeuropas mit 62% sowie die USA als größter Einzelaktionär mit 11% Anteil. Die Zielländer der EBRD besitzen 12,5% der Stimmrechte.276 274

Höchstes Organ der EBRD ist der Gouverneursrat (Gründungsvereinbarung, siehe Kapitel VI), in den jeder Aktionär einen Vertreter + Stellvertreter entsendet. Alle Befugnisse der Bank liegen formal bei diesem Gremium, welches normalerweise jedoch nur einmal jährlich tagt und deshalb nur Entscheidungen von besonders großer Tragweite trifft (wie z.B. neue Mitglieder aufzunehmen bzw. Mitglieder zu suspendieren, die Direktoren und den Präsidenten der Bank zu wählen sowie den geprüften Jahresabschluß zu genehmigen). Ansonsten ist das Direktorium für die Leitung der allgemeinen Geschäftstätigkeit der Bank verantwortlich. Dazu gehört, den Haushaltsplan der Bank zu genehmigen, im Einklang mit den allgemeinen Weisungen des Gouverneursrats geschäftspolitische Grundsätze aufzustellen sowie v.a. Beschlüsse zu fassen über Darlehen, Garantien und Kapitalbeteiligungen. Den Vorsitz bei Sitzungen des Direktoriums führt der Präsident der EBRD, der jedoch selbst nicht dieser Institution angehört. Der Präsident ist oberster gesetzlicher Vertreter der Bank. 275 Beschlüsse über die allgemeine Politik sind jedoch mit zwei Drittel Mehrheit zu fassen. 276 Vgl. EBRD, Annual Report 1997, S. 67. 118

Grundvoraussetzung für die letztendliche Billigung des zu finanzierenden Projektes ist allerdings, daß der Direktor des jeweiligen Ziellandes, in dem es durchgeführt werden soll, eine positive Stellungnahme abgibt und dem Projekt in der ausgehandelten Struktur ausdrücklich und uneingeschränkt zustimmt.277 Der erreichte Konsens soll, wie unten noch ausführlich erörtert wird, einen wichtigen Beitrag zur Wirksamkeit des politischen Schutzschirmes leisten. Die Geschäftseinheiten der EBRD brauchen bei dem dargestellten Verfahren allerdings nicht unbedingt die Initiative potentieller Sponsoren abzuwarten, sondern haben selbst die Möglichkeit, geeignete Projekte zu akquirieren und vorzutragen. Das Projekt kann auch von einer Geschäftsbank der EBRD angetragen werden. Denkbar wäre, daß dann beide Banken gemeinsam einen Konsortialkredit arrangieren und Aufgaben untereinander aufteilen. Allerdings beansprucht eine Enwicklungsbank wie die EBRD mit ihrem Status als sogenanntem „lender of record“ in der Regel die alleinige Führungsrolle im Verhältnis zur Projektgesellschaft. Sowohl IFC als auch EBRD führen speziell für Projektfinanzierungen das A-/B-Kreditprogramm. Dies bedeutet, daß beide Entwicklungsbanken einen Teil des Gesamtkreditbetrages in ihren eigenen Büchern zurückbehalten (den ATeil) und den anderen Teil an Geschäftsbanken weitersyndizieren (den B-Teil). Beide Entwicklungsbanken treten in den Kreditverträgen gewöhnlich als alleinige Vertragspartner des Kreditnehmers auf und regeln das Innenverhältnis mit den Konsorten dann in einem Beteiligungsvertrag. In diesem Innenverhältnis treten die übrigen Kreditgeber gewisse Gläubigerrechte, auf die sie im Geschäftsverkehr mit anderen Geschäftsbanken gewöhnlich bestehen würden, den Entwicklungsbanken ab.278 Die Entwicklungsbanken behalten sich z.B. vor, Covenants ohne Zustimmung der Konsorten ändern zu können.279 Insbesondere bei einem notleidenden Kredit bestimmen sie, welche Maßnahmen einzuleiten sind.280 Eine solch dominante Stellung im Konsortium wird mit der besonderen Rolle, die zu erfüllen ist, gerechtfertigt - sie erfordere eine erhöhte Handlungsflexibilität. Nur so könnten die vorhandenen Instrumente zur Geltung gebracht werden. Sobald ein Kreditengagement in Kraft tritt, beginnt die 2. Phase des Projektzyklus die Beaufsichtigung des Kredits. Genauso wie in einer privaten Geschäftsbank erfolgt diese entweder durch die Geschäftseinheiten, welche gleichzeitig sowohl neue Projekte akquirieren als auch die laufenden betreuen oder durch eine darauf spezialisierte 277

Vgl. Gründungsvereinbarung, Art. 13 iii), „The Bank shall not finance any undertaking in the territory of a member if the member objects to such financing.“ 278 Vgl. www.ifc.org vom 9.12.1998, IFC`s collaboration with private international institutions. 279 Ausgenommen hiervon sind in der Regel Änderungen bei den Auszahlungs- und Rückzahlungsbedingungen für den Kredit. 280 Den übrigen Konsorten steht dabei meist nur das Recht zu, konsultiert zu werden. Häufig können sie lediglich mit 2/3-Mehrheit bei Nichtzahlung nach einer gewissen Frist die Fälligstellung des Engagements erzwingen. 119

Abteilung. Alle Einzelengagements des gesamten Kreditportfolios werden zudem regelmäßig durch das Risikomanagement der Bank gegenkontrolliert und mit Ratings bedacht.281 Das Gesamtrating setzt sich dabei aus einem Länder- und einem Projektrating zusammen. 282 Entwicklungsbanken und Geschäftsbanken sind sich bewußt, daß Kreditengagements in Schwierigkeiten geraten können und von diesem Zeitpunkt ab eine besondere, konzentrierte Betreuung benötigen. Sowohl die IFC als auch die EBRD (die zu Beginn noch ein sehr junges Portfolio besaß, welches jedoch zunehmend an Umfang gewann und inzwischen ebenfalls von Ausfallrisiken bedroht ist) haben zu diesem Zweck eine Abteilung „Special Assets“ bzw. „Special Operations“ errichtet,283 die eine solche Funktion entsprechend ausfüllen sollen. Da die Gewinnmaximierung für beide Organisationen nicht im Vordergrund steht, sondern eine gute Ertragsentwicklung lediglich eine Nebenbedingung für die Erreichung des Hauptzieles „Förderung des wirtschaftlichen Transformationsprozesses“ darstellt, läßt sich der Erfolg einer Transaktion nicht allein aufgrund der ex-post erreichten Rendite beurteilen. Deshalb untersucht bei der EBRD284 PED stichprobenartig (58%-Abdeckung Ende 1997285) 1-2 Jahre nach voller Auszahlung eines Kredits das Engagement anhand der in der Einleitung genannten Kriterien und nimmt umfassend Stellung. PED prüft dabei jeweils, inwieweit die Bank bei einem Projekt entsprechend ihrem Mandat gehandelt hat und in welchem Maße es als erfolgreich eingestuft werden kann. PED kommuniziert die hieraus gewonnenen Erfahrungen anschließend innerhalb der Bank und berichtet sie dem Direktorium. Die Abteilung hat jedoch nicht die unmittelbaren Kompetenzen des Risikomanagements, sondern trägt eher auf informellem Wege zum Willensbildungsprozeß innerhalb der EBRD bei. 2.2. Die Bedeutung des Verfassungskonsenses in einer supranationalen Entwicklungsbank als theoretischer Ausgangspunkt Wie jede Kapitalgesellschaft ihre Statuten, bzw. einen Gesellschaftervertrag besitzt, so gibt es bei einer supranationalen Entwicklungsbank, wie gerade am Beispiel der EBRD beschrieben, gewöhnlich ein Gründungsdokument, in dem Regeln zur Kreditvergabe und zur weiteren Entscheidungsfindung und- durchsetzung festgelegt sind. Die Mitgliedsländer als Aktionäre haben dieser Verfassung ursprünglich zugestimmt. Ein einstimmig gefaßter Konsens über die Unternehmensverfassung bedeutet, daß alle Zielländer sich bereit erklären, die vorgegebenen Spielregeln zu respektieren. Die einzelnen Länder bekennen sich zur Verfassung der supranationalen Entwicklungs281

EBRD, Annual Report 1998, S. 50. Hierfür existiert die Abteilung „Portfolio Review“, siehe EBRD, Annual Report 1998, S. 106. 283 Siehe EBRD, Annual Report 1998, S. 106 sowie IFC, Annual Report 1998, S.149. 284 Auch die IFC hat ein PED. 285 EBRD, Annual Report 1997, S. 36. 282

120

bank freiwillig und stellen, wenn man ihnen ebenso wie Individuen nutzenmaximierendes Verhalten unterstellt, vor ihrer Zustimmung ein Kosten-Nutzen-Kalkül hierüber an. Daraus ergibt sich automatisch die Frage, wie das Verfassungskalkül eines einzelnen Landes aussieht. Welche Vorteile erhofft sich ein Land von seiner Mitgliedschaft in einer supranationalen Organisation? Welches sind die Gesichtspunkte, die bei der Abwägung, ob ein grundlegender Ordnungsrahmen mit getragen werden soll, eine Rolle spielen? Welchen Entscheidungsverfahren gibt man den Vorzug? Buchanan und Tullock erörtern, warum ein Individuum (in unserem Fall sprechen wir jeweils von einem individuellen Land) einem bestimmten Entscheidungsverfahren zustimmt, dem es sich als Kollektivmitglied unterzuordnen hat, obwohl es bei den zur Abstimmung stehenden Einzelentscheidungen nicht mit Sicherheit davon ausgehen kann, daß diese immer in seinem Sinne ausgehen.286 Die Autoren unterscheiden dabei zwei Kostenarten, die das individuelle Verfassungskalkül bestimmen: Konsensfindungskosten und wahrscheinliche externe Kosten, die sich zu den sogenannten Interdependenzkosten addieren.287 Interdependenzkosten sind jene Kosten, die dem einzelnen daraus entstehen, daß Dinge im Kollektiv entschieden und nicht ausschließlich privatem Handeln überlassen werden. Auch die Vorteile kollektiven Entscheidens sind in den Kostenfunktionen eingebaut.288 Die Konsensfindungskosten sind dann am niedrigsten, wenn jedes Mitglied, ohne Rücksprache mit anderen Mitgliedern, die Möglichkeit hat, für das Kollektiv verbindliche Entschlüsse zu fassen. Konsensfindungskosten treten auf, wenn für eine Entscheidung mehr als eine Ja-Stimme erforderlich ist und erhöhen sich umso mehr, je größer die Anzahl der erforderlichen Zustimmungen ist. Sind die Konsensfindungskosten prohibitiv hoch, kommen Entscheidungen nicht zustande, die andernfalls möglicherweise einem bestimmten Land großen Nutzen gebracht hätten – es entstehen Opportunitätskosten. So wäre beispielsweise die Finanzierung bestimmter privater Projekte, die mit positiven Effekten für ein Land verbunden sind, nicht möglich, wenn eine hierzu erforderliche Zahl von Aktionärsstimmen nicht erreicht wird. Die Kurve der Konsensfindungskosten hat also folgenden Verlauf:

286

Vgl. BUCHANAN/TULLOCK, S. 63-84. Kosensfindungkosten stehen für „decision making costs“ (siehe ebenda, S. 68 ff.) und wahrscheinliche externe Kosten für „expected external costs“ (siehe ebenda S. 63 ff.). 288 Vgl. BUCHANAN/TULLOCK, S. 87. 287

121

Darst. 9: Konsensfindungskosten beim Verfassungskalkül KonsensfindungsKosten (D)

100%

Zahl der erforderlichen Ja- Stimmen Quelle: Buchanan/Tullock, S. 70. Die negativen Kosten, die einem Individuum aus der Tatsache des kollektiven Entscheidens wahrscheinlich entstehen, nennen Buchanan und Tullock wahrscheinliche externe Kosten.289 Bei diesen Kosten ist das Verhältnis zur Anzahl der erforderlichen Ja-Stimmen gerade umgekehrt wie bei den Konsensfindungskosten. Je weniger JaStimmen nötig sind, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß diejenigen, die eine bestimmte Entscheidung herbeiführen können, Vorstellungen haben, die von den Ansichten des individuellen Landes, welches das Verfassungskalkül anstellt, verschieden sind. Würde man nur den Verlauf der Kurve der wahrscheinlichen externen Kosten in dem Kalkül berücksichtigen, so wäre hier die Einstimmigkeitsregel die optimale Entscheidungsregel.290 Dieser Zusammenhang läßt sich wiederum graphisch verdeutlichen: Darst. 10: Wahrscheinliche externe Kosten beim Verfassungskalkül Wahrscheinliche externe Kosten (C)

100%

Zahl der erforderlichen Ja- Stimmen Quelle: Buchanan/Tullock, S. 65.

289 290

Vgl. auch KIRSCH, S. 114. Vgl. BUCHANAN/TULLOCK, S. 88.

122

Da sich die beide dargestellten Kostenarten jedoch gegenläufig verhalten, handelt es sich beim Verfassungskalkül eines jeweiligen Landes nicht um ein Minimierungs-, sondern um ein Optimierungsproblem. „Das Individuum wird solange bereitwillig steigende Konsensfindungskosten in Kauf nehmen, wie ihr Anwachsen schwächer ist, als das Absinken der wahrscheinlichen externen Kosten. Die Berücksichtigung der Konsensfindungskosten und der wahrscheinlichen externen Kosten läßt sich graphisch dadurch abbilden, daß die beiden Kurven C und D vertikal zur Interdependenzkostenkurve I addiert werden.“291

Darst. 11: Interdependenzkosten beim Verfassungskalkül

C D I I C

D 100%

Zahl der erforderlichen Ja- Stimmen Quelle: Buchanan/Tullock, S. 71. Mittels dieser theoretischen Herleitung lassen sich die mit konkreten Entscheidungsverfahren in supranationalen Entwicklungsbanken verbundenen Implikationen besser einordnen. Wie bereits besprochen, werden weder bei der EBRD noch bei der IFC vom Direktorium Einzelentscheidungen bezüglich Kreditengagements ohne die ausdrückliche Zustimmung des Direktors des jeweiligen Ziellandes, in dem es stattfindet, getroffen. Durch dieses Vetorecht jedoch ist ein individuelles Land davor geschützt, daß ihm externe Kosten aufgebührdet werden - ohne daß hierfür eine einstimmige Entscheidung notwendig wäre. Allerdings muß das Land unter Umständen Zugeständnisse einräumen, oder anders ausgedrückt, Konsensfindungskosten aufwenden, damit sich eine Mehrheit der Stimmen aller Direktoren zur Unterstützung eines Projektes bereit erklärt. Die maßgeblichen Stimmengewichte liegen dabei bei den westlichen Industrieländern, die faktisch die Funktion von Geberländern innehaben. Bei den Zugeständnissen könnte es sich u.a. um eine Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen, um Zusicherungen im Hinblick auf das Projekt oder um staatliche Unterstützungsleistungen im Rahmen einer Private Public Partnership („PPP) handeln. Die jeweilige Verhandlungsposition 291

KIRSCH, S. 116. 123

eines Landes dürfte dabei auch von dessen wirtschaftlicher und politischer Bedeutung abhängen292 und davon, inwieweit sich die Geberländer durch Aktivitäten der Entwicklungsbank positive Auswirkungen auf die gegenseitigen Beziehungen erhoffen. Drückt man also die Entscheidungssituation bei einer supranationalen Organisation wie der EBRD in einem vereinfachten Modell aus, so stehen sich als Verhandlungspartner auf der einen Seite das jeweilige Zielland und auf der anderen Seite die Stimmenmehrheit der Geberländer gegenüber. In einem Tauschprozeß suchen die Verhandlungspartner tragfähige Verhandlungslösungen. Sind bei einem solchen Entscheidungsverfahren die Konsensfindungskosten nicht zu hoch, spräche dies dafür, daß eine Entwicklungsbank im Vorfeld eines Projektes dazu beitragen könnte, die für dessen Durchführung notwendigen institutionellen Voraussetzungen über Verhandlungen, die innerhalb ihrer Organisation stattfinden, herbeizuführen - insoweit die privaten Vertragspartner dazu nicht alleine in der Lage sind. Der 3. Abschnitt dieses Teilkapitels geht ausführlich darauf ein, inwieweit eine Entwicklungsbank hier gegenüber Geschäftsbanken tatsächlich im Vorteil ist. Wenn für das entsprechende Zielland ex-ante wegen seines Vetorechts keine externe Kosten anfallen, mögen die vereinbarten Kollektivbeschlüsse im Verlauf ihrer späteren Umsetzung bei einer unvorhergesehenen Entwicklung zwar dennoch die Präferenzen des Kollektivakteurs Zielland verletzen. Es bleibt jedoch die Tatsache, daß das Zielland der diesem Projekt zugrundeliegenden Ursprungsvorlage zugestimmt hat. Zusätzlich umfaßt ein Verfassungskonsens die Definition und die Beachtung gewisser Handlungs- und Verfügungsrechte. So enthält Artikel 47 der Gründungsvereinbarung der EBRD folgende Bestimmung: „Immunity of assets from seizure Property and assets of the Bank, wheresoever located and by whomsoever held, shall be immune from search, requisition, confiscation, expropriation or any other form of taking or foreclosure by executive or legislative action.“ Daraus folgt, daß alle Kredite von der EBRD und den unter ihrem „umbrella“ an einem Konsortialkredit beteiligten Geschäftsbanken unter dem ausdrücklichen Schutz des jeweiligen Staates, in dem ein entsprechendes Projekt stattfindet, stehen. Die Zielländer versprechen, daß ihre gesetzgeberischen und ausführenden staatlichen Organe die property rights der Entwicklungsbank schützen. Der 4. Abschnitt dieses Teilkapitels behandelt ausführlich, inwieweit institutionelle und politische Investitionshemnisse durch dieses Grundbekenntnis in der Realität tatsächlich überwunden werden. 292

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die EBRD im Geschäftjahr 1997 32% ihrer neuen Kreditzusagen nach Rußland gemacht hat, vgl. EBRD, Annual Report 1997, S. 6.

124

3. Analyse der Rolle von Entwicklungsbanken bei der Initiierung und Strukturierung von Projektfinanzierungen ex-ante Nach der Untersuchung der kollektivinternen Entscheidungs- und Koordinationsprozesse innerhalb einer Entwicklungsbank, auf die im weiteren Bezug genommen wird, kommt dieser Abschnitt auf den Begriff „Additionality“ zurück. „Additionality“ im Sinne der Definition der EBRD läßt sich zunächst dort verwirklichen, wo eigentlich vorhandene Projektpotentiale aufgrund unzureichender Informationen der privaten Marktteilnehmer oder mangelnder Bereitschaft, diese zu identifizieren nicht genutzt werden. Die Argumentation läßt sich dahingehend führen, daß Entwicklungsbanken aufgrund ihrer vorgegebenen Zielrichtung willens sind, Ressourcen aufzuwenden, um entsprechende Chancen nutzen zu können oder daß sie aufgrund ihres internationalen Status bei der Entwicklung und Konzeptionierung über Mittel verfügen, die den Privaten fehlen. 3.1. Schaffung von Demonstrationseffekten als Leitmotiv Als spezialisierte Kreditinstitute sind Entwicklungsbanken darauf bedacht, Know-how aufzubauen, welches sie dazu befähigt, eine Schrittmacherfunktion wahrzunehmen. So hält die EBRD in ihrer Zielregion Büros vor Ort und pflegt ständigen Kontakt zu politischen und wirtschaftlichen Handlungsakteuren – vor allem mit Hilfe ihrer Aktionäre in den Empfängerländern. Sie tut dies auch in schwierigen Zeiten. Eine umfangreiche volkswirtschaftliche Abteilung sowie Länderteams (die auch von Sektorteams unterstützt werden) sind in der Regel gut über Entwicklungen und Vorgänge in der Region informiert und erarbeiten Länder- und Projektstrategien, die den jeweiligen Möglichkeiten Rechnung tragen sollen. Die Rechtsabteilung ist gewöhnlich ebenfalls spezialisiert auf die Anforderungen der Zielländer. Zudem lernen Entwicklungsbanken aus ihrer Erfahrung heraus, permanent exponiert unter wirtschaftlichen Transformationsbedingungen tätig zu sein und versuchen, die gewonnenen Kenntnisse zu nutzen (Organizational Learning). Es dürfte einer der Gründe für die Einrichtung von PEDs bei EBRD und IFC sein, dieses implizite Wissen der Organisation den für Projektvorhaben verantwortlichen Mitarbeitern und Entscheidungsträgern zugänglich zu machen und zu vermitteln. Insoweit dies gelingt, wären supranationale Entwicklungsbanken am ehesten in der Lage, einzuschätzen, in welchen Sektoren und auf welche Weise neue Wege in einem bestimmten institutionellen Umfeld gegangen werden können. Die Realisierung eines Projektes kann zum einen dadurch verwirklicht werden, indem die Entwicklungsbanken besondere Aufwendungen zur Informationsbeschaffung und für die Strukturierung des Vorhabens betreiben. Zum anderen üben sie, wie bereits erwähnt, teilweise im Vorfeld auf den politischen Sektor und die Verwaltung dahinge125

hend Einfluß aus, daß die institutionellen Voraussetzungen (z.B. Verbesserung des regulatorischen Umfelds bei einem Infrastrukturprojekt) für die Realisierung eines Projektes geschaffen werden.293 Es geht den Entwicklungsbanken darum, durch ihre Teilnahme Multiplikatoreffekte294 zu erreichen, d.h. es soll nicht nur privates Kapital für einen bestimmten Konsortialkredit mobilisiert werden, sondern man erhofft sich durch Demonstrationseffekte295 spätere Nachahmungen ohne ihre Unterstützung. Die IFC hebt die Bedeutung von Demonstrationseffekten für Infrastrukturprojekte hervor:296 „The development impact of successful private participation in infrastructure projects goes beyond improved service and increased capacity. Successful projects give policymakers experience, attract more investors, and build constituencies for further reforms. Demonstration effects show up via: • Expansion of existing .. projects. ... • More new entry. ... • „Deeper privatization.“ In dem Maße, in dem vielversprechende Demonstrationseffekte tatsächlich gelingen, verwirklicht eine Entwicklungsbank ihre Ziele, wirtschaftliche Veränderungen und Reformbemühungen zu fördern.297 Weiter dürfte wahrscheinlich eine gewisse Korrelation bestehen zwischen dem Grad des positiven Einflusses eines Projektes auf die wirtschaftliche und institutionelle Entwicklung in seinem Umfeld und seinem eigenen betriebswirtschaftlichen Erfolg.298 Dabei muß die politische Unterstützung bei Infrastrukturprojekten nicht von Anfang an allumfassend sein - gerade Demonstrationseffekte sollen den politischen Entscheidungsträgern ja die Vorteile privat finanzierter

293

Schließlich stehen der IFC und EBRD von mehreren Geberländern auch finanzielle Mittel zur Verfügung, eventuell hierfür notwendige Beratungsaufträge zu vergeben. So vergab die EBRD 1997 Aufträge in Höhe von ECU 103 Mio., wovon ein Teil auch im Zusammenhang mit Projektfinanzierungen standen (vgl. EBRD, Annual Report 1997, S. 46). Diese Gelder stellen allerdings Subventionen dar, da die Kosten andernfalls von der Projektgesellschaft zu tragen wären und stehen somit im Widerspruch zur ursprünglichen Prämisse dieses Kapitels, daß Entwicklungsbanken ohne direkte und indirekte öffentliche Zuwendungen arbeiten. Dadurch werden supranationale Kreditinstitute gegenüber privaten Geschäftsbanken bevorzugt, was jedoch dann gerechtfertigt sein kann, wenn sie tatsächlich besser in der Lage sind, diese Ressourcen wirtschaftspolitisch effizient in dem Sinne zu nutzen, daß positive Demonstrationseffekte (unter ansonsten Marktkonditionen) erreicht werden. 294 Der Begriff Multiplikatoreffekte geht ursprünglich auf KEYNES zurück, wird jedoch hier in einem eigenständigen Kontext gebraucht. 295 Siehe VUYLSTEKE, S. 134. 296 IFC, Infrastructure, S. 30. 297 Gemeint sind wirtschaftliche Reformen hinsichtlich der Entwicklung der Privatwirtschaft, von Märkten und Wettbewerb, des institutionellen und gesetzlichen Umfelds und des Verhaltens von Individuen und Gruppen. 298 PED kommt im Jahresabschluß 1996 zum Ergebnis, daß diese Korrelation sehr stark ist. Siehe EBRD, Annual Report 1996, S. 38.

126

Projekte verdeutlichen.299 Dies ändert jedoch nichts daran, daß ein deutlich sichtbares staatliches Commitment wünschenswert wäre.300 3.2. Mögliche Schwierigkeiten und Probleme – eine Betrachtung aus individualistischer Sicht 3.2.1. Probleme bei der Umsetzung vorgegebener Strategien Auf Basis der dargestellten Grundphilosophie formulieren Entwicklungsbanken ihre kurz-, mittel- und langfristigen strategischen Planungen, die Vorgaben für die betreffenden Projektmanager darstellen und einzuhalten sind. Darin werden normalerweise auch Erwartungen ausgedrückt, welche Projekte man in welchen Ländern und welchen Sektoren tätigen will. Obwohl die Empfängerländer der Projektkredite gewöhnlich nur einen geringen Prozentsatz des Aktienkapitals einer supranationalen Entwicklungsbank halten und sich der größte Anteil und damit auch die Entscheidungsbefugnisse in den Händen der westlichen Industrienationen befinden, dürfte die Formulierung der laufendenden Unternehmenspolitik (darin legt man v.a. auch fest: Welche Projekte sollen wo unterstützt und finanziert werden?) in nicht zu vernachlässigbarem Umfang durch politische Überlegungen bestimmt sein. Die Geberländer verfolgen mit ihrer Unterstützung, auch wenn diese unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen soll, letztendlich politische Ziele, und die Gefahr ist nicht auszuschließen, daß dabei ökonomische Kriterien in den Hintergrund treten können. Erschwerend kommt hinzu, daß die Projektmanager in ihren Möglichkeiten, die entsprechenden Vorgaben zu erfüllen, eingeschränkt sind, da sie der Restriktion unterliegen, dem privaten Sektor keine Konkurrenz zu leisten. Entweder sie beachten diese Restriktion nicht und untergraben deren Bedeutung insofern, als sie versuchen, Elemente in das Projekt einzubringen, die zwar vom Kriterium „positiver Einfluß auf die Entwicklung marktwirtschaftlicher Strukturen“ keine große Wirkung entfalten, aber die als Rechtfertigung dienen, am Projekt teilzunehmen. In dem Maße, wie die Gremien im Entscheidungsprozeß wie beabsichtigt funktionieren, wird dies allerdings verhindert - gewöhnlich fällt diese Kontrollaufgabe der volkswirtschaftlichen Abteilung zu. Dann bleibt als Konsequenz, daß geeignete Projekte gefunden werden müssen, die durch die Privaten alleine nicht zustandekommen. Wie dargelegt, hat eine Entwicklungsbank als spezialisierte Organisation bei der Identifizierung und Strukturierung geeigneter Projekte in Emerging Markets einige Vor299

„Political commitment does not have to be all-encompassing for private participation in infrastructure“, IFC, Infrastructure, S. 44. 300 „Political changes may accelerate private participation in infrastructure. Some incoming presidents have made private participation in infrastructure a part of their mandate, such as Argentina`s President Menem and President Ramos in the Philippines.“ IFC, Infrastructure, S. 44. 127

teile. Auf der anderen Seite sind private Geschäftsbanken in der Regel selbst recht gut in der Lage, mögliche Geschäftspotentiale zu entdecken, wenn es sie denn gibt. Auch sie können mit dem politischen Sektor und der Verwaltung eines Landes in Verhandlungen treten, als deren Ergebnis eine wesentliche Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen steht, was die Aussichten auf den Erfolg eines Projektes steigert. Dies setzt allerdings die Bereitschaft des Landes voraus, derartige Voraussetzungen zu schaffen. Sind diese vorhanden, hätten die Privaten von sich aus einen starken Anreiz, die gegebenen Möglichkeiten alleine zu nutzen. Ein entsprechender Demonstrationseffekt, daß ein Projekt rentabel ist, würde mit einer erhöhten Marge belohnt werden. Im Sinne von Hayek würde gesellschaftliche Evolution dem dezentralen Wettbewerb überlassen und zugleich eine gesunde Selektion nicht behindert werden. Eine solche Sicht der Dinge bedeutet, daß die Summe der in der Gesellschaft vorhandenen Kenntnisse bedeutend größer ist, als das, was irgendeine einzelne Organisation je wissen kann. Eine zentrale Rolle, dieses verstreute Wissen möglichst effizient verfügbar zu machen, spielen bei Hayek Markt- oder Austauschprozesse, deren Preise bzw. Austauschverhältnisse ein einzigartiges Mittel der Informationsverdichtung darstellen.301 Eine Struktur, die eine möglichst weitgehende Ausschöpfung des dezentral vorhandenen Wissens ermöglicht, verspricht seiner Ansicht nach einen kreativen Wettbewerb, die optimale Ausnutzung der gegebenen Möglichkeiten sowie die Vermeidung bzw. den frühzeitigen Abbruch von Umwegen und Fehlentwicklungen.302 Diese Auffassung Hayeks, übertragen auf das diskutierte Thema, widerspricht dem Standpunkt der Entwicklungsbanken, daß sie mit ihrem spezialisierten Wissen am besten dazu geeignet sind, durch Demonstrationswirkungen, die Multiplikatoreffekte nach sich ziehen, Initialzündungen auszulösen. Sind in den jeweiligen Ländern geeignete Voraussetzungen ohnehin vorhanden oder besteht zumindest der echte Wille, diese zu schaffen, würden diese Effekte auch spontan durch die privaten Marktteilnehmer veranlaßt werden. Fehlen hingegen die notwendigen Voraussetzungen, sind Fehlentwicklungen zu befürchten. Gemäß dieser Argumentation macht es, um ein Beispiel zu verwenden, keinen Sinn, daß eine Entwicklungsbank versucht, in Rußland Infrastrukturprojekte auf privater Basis zu entwickeln, wenn es private Geschäftsbanken nicht selbst tun könnten. Wie in Kap.II, B., 3.3. erwähnt, gibt es in Rußland kein funktionierendes Konzessionsgesetz, weshalb stattdessen viele Einzelgenehmigungen einzuholen wären, was jedoch die Rechtsunsicherheit unnötig vergrößert. Es wäre jedoch durchaus denkbar, daß die Mitarbeiter einer Entwicklungsbank die Vorgabe erhalten, trotz sehr hoher Transaktionskosten, die sich auch in Verhandlungen nicht wesentlich senken lassen, entsprechende Projekte zu konzipieren - insbesondere in einem Land mit einem so großen politischen

301 302

HAYEK, S. 92 ff.. Vgl. auch eine Abhandlung zu Hayek bei KLEINEWEFERS, Reformen, S. 81-83.

128

Gewicht wie Rußland.303 Ziel wäre es dann, mit positiven Beispielen die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen, die Rahmenbedingungen zukünftig zu verbessern, um auf breiterer Ebene PPPs zu ermöglichen. Eine Strategie, dies aus entwicklungspolitischer Motivation trotz allen institutionellen Unzulänglichkeiten zumindest zu versuchen, dürfte jedoch im Normalfall nicht den Interessen einer rein nach kommerziellen Kriterien arbeitenden Geschäftsbank, die lediglich das Risiko-Ertrags-Verhältnis eines Projektes betrachtet, entsprechen. Die Schwierigkeiten auf der Strategieebene lassen sich weiter verdeutlichen, wenn, wie bereits angekündigt, Hypothesen bzgl. der Interessenlagen einzelner Handlungsakteure innerhalb des kollektivinternen Entscheidungsprozesses zum besseren Verständnis der inneren Logik einer solchen Organisation mit in die Erörterung einbezogen werden. Entwicklungsbanken stehen aufgrund der an sie gestellten hohen Anforderungen – nämlich Projekte identifizieren, arrangieren und syndizieren zu müssen, die Neuland bedeuten und Demonstrationseffekte hervorbringen - vor der Notwendigkeit, hochqualifizierte Mitarbeiter anzuwerben. So strebt beispielsweise die EBRD an, sich über eine marktorientiere Gehaltspolitik solche Kräfte zu sichern.304 Eine wichtige Motivation für diesen Personenkreis, dort zu arbeiten, dürfte auch sein, daß sie sich erhoffen, Pionierfunktionen ausüben zu können und einen „track record“ aufzubauen, der ihren Marktwert steigert. Aus diesem Grunde wollen die Mitarbeiter der Abteilungen, die für die Akquisition zuständig sind, Transaktionen durchführen. In welchem Ausmaß dies der Fall ist, hängt weiter vom Bonussystem der multilateralen Organisation ab. Schwierig ist es dabei, geeignete Vergütungssysteme zu finden. Ist der Maßstab für die Bezahlung die Anzahl der von einer Person oder von einem Team abgeschlossenen und syndizierten Deals, hätten die maßgeblichen Handlungsakteure einen zusätzlichen Anreiz viele Transaktionen zu verwirklichen. Würde der leistungsabhängige Teil der Entlohnung hingegen nicht ausschließlich von der Quantität bestimmt, sondern darüber hinaus von der ex-post-Performance eines finanzierten Projektes abhängen (Kriterium wäre die erfolgreiche Rückzahlung der Kredite), stände die Qualität eines Geschäfts viel stärker im Blickpunkt. Da dies allerdings nur sehr schwer in der Realität praktikabel ist (die ex-post-Performance ist erst nach einigen Jahren ermittelbar), bleibt der Aspekt der tatsächlichen wirtschaftlichen Entwicklung eines Projektes in der Entlohnungsstruktur

303

CAPLEN, S. 56-62, bemerkt dazu folgendes: „The EBRD shareholders demanded that the bank be big in Russia. The investment bankers running the place responded by making deals. The result? Euro 261,2 million (USD 284 million) of losses last year more than half due to provisioning against the Russian portfolio. ... Former employees say that finding suitable projects in any sector in Russia was a major task which made the pressure to lend even more of a burden.“ 304 EBRD, Annual Report 1997, S. 56 129

meist unberücksichtigt.305 Ein teilweise stabilisierendes Gegengewicht könnte allerdings darstellen, daß die persönliche Reputation einzelner Projektmanager im Markt durchaus auch von der mittelfristigen ex-post-Performance eines Vorhabens bestimmt wird. Ein verantwortlicher Projektleiter steht ja ständig in Verhandlungen mit anderen Konsortialbanken und und tritt somit auch öffentlich in Erscheinung. Je nach individueller Ausprägung kann bis zu einem gewissen Maße auch erwartet werden, daß sich die einzelnen Mitarbeiter in ihrem Verhalten neben der materiellen Anreizstruktur nach Werteprinzipien ausrichten, die mit beinhalten, daß die Qualität des Projektes auch beachtet und im Sinne der Unternehmensverfassung gehandelt wird. Allerdings werden solche ethischen Verhaltensmaximen im allgemeinen nur dann verfolgt, wenn sie den wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Handlungsakteure nicht zu sehr widersprechen.306 Es erscheint jedoch zumindest fraglich, inwieweit Mitarbeiter in den operativen Einheiten bei Einhaltung der geltenden strengen Auswahlprinzipien für Projekte überhaupt bei ihren Handlungen ihre eigenen Interessen und gleichzeitig die vorgegebene Strategie verfolgen können. Zielkonflikte sind hier nicht ausgeschlossen. 3.2.2. Kreditentscheidungen bei Grenzrisiken Wenn beim Willensbildungsprozeß, ob ein Projekt durchgeführt wird oder nicht, schließlich andere Parteien hinzugezogen werden (bei der EBRD gibt es, wie oben dargestellt, deswegen ein „operations committee“), fällt gewöhnlich dem Risikomanagement die Rolle zu, ein System von „checks and balance“ innerhalb der internen Entscheidungsstruktur zu gewährleisten. Allerdings besitzen die operativen Geschäftseinheiten typischerweise Informationsvorsprünge gegenüber dieser Kontrollinstanz und können ein Projekt positiv darstellen. Von ihrem Mandat her darf die EBRD private Marktteilnehmer nicht verdrängen, wobei die Wirtschaftlichkeit der eingegangenen Engagements dennoch gewährleistet sein muß. Die EBRD gab 1996 die Risikospanne, innerhalb derer Projekte nach Genehmigung eingeteilt wurden, zwischen 4 und 6 (bei einer Einteilung zwischen 1 als bester und 10 als schlechtester Einstufung) an.307 Im Geschäftsjahr 1998 seien Neuengagements eingegangen worden, die sich v.a. in der Risikoklasse 6 bewegten. Diese relative Verschlechterung bei der Bewertung der neuen Projekte lag daran, daß der Anteil der Transaktionen in Ländern, die mit dem wirtschaftlichen Reformprozess noch nicht so weit fortgeschritten waren, relativ zunahm, was strategisch so geplant 305

Die EBRD zahlt Tantiemen an Mitarbeiter (die Mitglieder des Direktoriums, der Präsident der Bank sowie die Vizepräsidenten sind von dieser Regelung ausgenommen) in Höhe bis zu 30% des Grundgehaltes. Bewertet werden Team- und individuelle Leistungen (siehe EBRD, Annual Report 1997, S. 56). Die ex-post-Performance von Vorhaben sind in die Bewertung nicht einbezogen, jedoch die Anzahl der von einem bestimmten Team vom Direktorium gebilligten Projekte. 306 Vgl. NORTH, , Institutions, S. 22. 307 Vgl. EBRD, Annual Report 1998, S. 59. 130

war. 308 In der Verschiebung der Bestandsrisikostreuung der EBRD nach rechts in den Jahren 1997 und 1998 spiegelten sich jedoch darüber hinaus eine zunehmende Anzahl von Problemengagements im Portfolio wider.

Anzahl Projekte in %

Darst. 12: Bestandsrisikostreuung bei der EBRD

50 40 30 20 10 0

1996 1997 1998

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Risikokategorie Quelle: EBRD, Annual Report 1997, S. 51 und Annual Report 1998, S. 59. Die Graphik zeigt für 1998 eine relativ große Streuungsbreite bei den Bestandsrisiken. Es spricht vieles für die Hypothese, daß es bei einer supranationalen Entwicklungsbank in der Realität zu einer Auswahl von riskanteren und weniger riskanten Projekten kommt. Das Risikomanagement weiß, daß Projekte finanziert werden müssen, die ohne ihre Beteiligung nicht zustande kämen und die häufig mit entsprechenden Risiken verbunden sind und daß solche Vorhaben nicht grundsätzlich abgelehnt werden können.309 Insofern dürfte sich die Politik des Risikomanagements in einer Entwicklungsbank maßgeblich von der in einer Geschäftsbank unterscheiden, bei der derartige entwicklungspolitischen Erwägungen keine Rolle spielen. Demgegenüber erwartet man, daß die Abteilung Risikomanagement in einer supranationalen Unternehmung um so mehr auf die Bewahrung des wirtschaftlichen Gesamtgleichgewichts des Unternehmens Wert legt. Letztendlich ist auch eine supranationale Entwicklungsbank ein Marktteilnehmer unter vielen und muß im Rahmen ihres Mandates ausreichend Gewinn erwirtschaften, um handlungsfähig zu bleiben.310

308

EBRD, Annual Report 1997, S.50-51 und Annual Report 1998, S. 59. Annual Report 1997, S. 6: „The Bank must take risks in order to fulfil its transition mandate. Sound banking requires that those risks be properly evaluated and managed through risk diversification and balancing of risk and return.“ 310 CAPLEN, S. 56-62 beschreibt dieses Dilemma bei der EBRD wie folgt: „The real difficulty for the EBRD was that it got saddled with opposite aims – to assist transition in risky countries while at the same time making a profit. ... With these conflicting objectives, the EBRD has ended up in an absurd situation. When markets are booming the EBRD`s role becomes peripheral with borrowers able to raise funds on their own and quibbling about the terms the bank can offer them. But when the market crashes the EBRD is criticized by western investors for leading them into dangerous ventures.“ 309

131

Daher ist denkbar, daß sich eine Entwicklungsbank teilweise auch dort engagiert, wo sie nicht unbedingt benötigt wird, selbst wenn dies offiziell gegen die Regeln verstößt. Sie ist gezwungen, Reserven aufzubauen, um riskantere Engagements eingehen zu können.311 Für eine private Geschäftsbank kann sich dabei zwar im Einzelfall eine Zusammenarbeit (Joint Arranging) sehr lohnen, wenn z.B. die Hausbank eines Sponsors einen Partner mit regionalem Know-how benötigt, der im Markt Ansehen und Syndizierungskraft besitzt. Die Entwicklungsbank verliert hier jedoch ihre eigentliche Funktion, denn auch ohne ihre Hilfe würde man solche Transaktionen realisieren. Andererseits besteht für private Kreditgeber die Gefahr, wenn sie sich an einem von einer supranationalen Entwicklungsbank geführten Kredit beteiligen, daß sie dabei ein deutlich höheres Risiko eingehen. Sie sollten aus diesem Grund immer prüfen, welche zusätzlichen Instrumente der Entwicklungsbank bei eventuellen Problemen mit einem Kreditengagement tatsächlich zur Verfügung stehen - nur dann bringt deren Anwesenheit nämlich einen Mehrwert. Dieses Thema ist Gegenstand des nächsten Abschnitts. 4. Analyse der Handlungsoptionen und Möglichkeiten von Entwicklungsbanken bei der Reduzierung von institutionell bedingten Problemen nach Inkrafttreten der Kreditverträge Der vorangegangene Abschnitt untersuchte, inwieweit Entwicklungsbanken besonders dazu geeignet sind, Projektfinanzierungen unter schwierigen institutionellen Bedingungen zu initiieren, zu entwickeln und zu strukturieren und damit privates Kapital zu mobilisieren und Demonstrationseffekte zu schaffen. Es wurde also ein Blickwinkel ex-ante eingenommen und nach dem Einfluß auf das Zustandkommen eines bestimmten Vorhabens gefragt. In diesem Abschnitt geht es demgegenüber darum, ob einer Entwicklungsbank als supranationaler Organisation ex-post, d.h. nach Unterschrift der Kreditverträge, besondere Instrumente zur Verfügung stehen, die bei Problemen mit dem Kreditengagement zum Einsatz gebracht werden können. Wie unter Kap. IV, B, 2. erörtert, muß im internen Entscheidungsprozeß der Direktor des jeweiligen Ziellandes, in dem eine Projektfinanzierung stattfindet, dieser zustimmen. Ansonsten findet sie nicht mit Beteiligung der Entwicklungsbank statt. Tut er dies hingegen, erklärt sich damit das entsprechende Land mit der Struktur und den Bedingungen des Kredites einverstanden und verpflichtet sich gemäß Verfassung der Entwicklungsbank, das Kreditengagement vor negativen staatlichen Eingriffen zu schützen. Je nach Art einer möglichen Beeinträchtigung hat dies unterschiedliche Auswirkungen:

311

Vgl. EBRD, Annual Report 1996, S. 10: „A proactive approach to its portfolio and the build-up of reserves will be central to the Bank`s commitment to be self-sustaining in the future.“

132

4.1. Herausnahme der Entwicklungsbanken von Kapitalverkehrsbeschränkungen und Zahlungsmoratorien Am effektivsten wirkt der „umbrella“ einer Entwicklungsbank bei Einführung von Kapitalverkehrsbeschränkungen und Zahlungsmoratorien in einem bestimmten Land. Bedeutung hat er dann für Projekte mit Einnahmen in lokaler Währung, die nicht konvertiert werden können oder wenn Hartwährungserlöse in lokale Währung getauscht werden müssen oder nicht ins Ausland transferiert werden dürfen. Im Gründungsdokument der EBRD bekennen sich die einzelnen Mitglieder nicht nur zum Schutz der property rights der Entwicklungsbank im allgemeinen, sondern erklären sogar explizit, Kreditengagements der EBRD von jeglichen Beschränkungen zu befreien.312 Beispielsweise nahm das von der russischen Regierung und Zentralbank am 17. August 1998 ausgerufene Zahlungsmoratorium Kreditengagements von EBRD und IFC hiervon ausdrücklich aus.313 Die IFC erklärte 1997, daß bis dahin keiner ihrer Kredite von allgemeinen Umschuldungsmaßnahmen aufgrund unzureichender Währungsreserven negativ betroffen wurde: „A key feature of the IFC Loan Participation Program is that no IFC loan, including the portion taken by participants, has to date ever been included in the general rescheduling or restructuring of a country`s foreign debt made necessary by a shortage of foreign exchance.“314 Sowohl die EBRD als auch die IFC werben bei den Geschäftsbanken, mit denen sie zusammenarbeiten, daß ihr Schutzschirm in diesem Bereich gut funktioniert. Ergreift die Exekutive eines Landes einseitig Maßnahmen, die die planmäßige Rückzahlung eines Kredites behindern, wird dies als drastischer Eingriff in die eigenen Dispositionsrechte gewertet und ausdrücklich für unzulässig erklärt. Nur in absoluten Ausnahmefällen dürfte es ein Land riskieren, sich hier offen nicht an die vereinbarten Spielregeln zu halten. Andernfalls würde es seine Reputation auf den internationalen Finanzmärkten langfristig schädigen. Die Projektkredite einer supranationalen Entwicklungsbank sind also tatsächlich bei Einführung von Kapitalverkehrsbeschränkungen bzw. Verkündigung eines Zahlungsmoratoriums wegen ihres bevorzugten Status begünstigt. Solange in einem entsprechenden Land noch Währungsreserven vorhanden sind, werden diese im Normalfall zur Rückzahlung der durch supranationale Entwicklungsbanken vergebenen Darlehen verwendet - selbst wenn andere internationale Kredite nicht mehr ordnungs312

Unter Artikel 49 heißt es dort: „Freedom of assets from restrictions. – To the extent necessary to carry out the purpose and functions of the Bank and subject to the provisions of this Agreement, all property and assets of the Bank shall be free from restrictions, regulations, controls and moratoria of any nature.“ 313 Siehe auch „Anweisung der Zentralbank Nr. 328-u“ vom 26. August 1998. 314 Siehe IFC, Finance, S. 3. 133

mäßig bedient werden. Dies hat für Projektfinanzierungskredite zur ökonomischen Konsequenz, daß rein private Kreditgeber gegenüber einem Konsortium unter Führung einer Entwicklungsbank benachteiligt und sogar diskriminiert werden. Geht man davon aus, daß die meisten Zahlungsmoratorien und Kapitalverkehrsbeschränkungen eher selten ideologisch und politisch motiviert sind, sondern in der Regel vielmehr von einem Land in einer Krise als letzter Ausweg angesehen werden (vgl. Kap.II, A, 2.), kann eine solche Diskriminierung jedoch entwicklungspolitisch durchaus problematisch sein. Angenommen es befinden sich zwei identische Konsortialkredite im Markt – einer mit und der andere ohne Beteiligung einer supranationalen Entwicklungsbank. Dies kann bedeuten, daß der eine Kredit auf Kosten des anderen zurückgezahlt wird. Käme es in einer krisenhaften wirtschaftlichen Situation zu keinem Zahlungsmoratorium, aber wären andererseits auch nicht genügend Währungsreserven vorhanden, um die anstehenden Verpflichtungen zu erfüllen, müßten diese irgendwie zwischen den einzelnen Krediten aufgeteilt werden, ohne daß alle vollständig bedient werden könnten. Die vorzeitige Ausrufung eines Zahlungsmoratoriums wäre dann für eine Entwicklungsbank unter Umständen sehr vorteilhaft, wenn rein private Ansprüche nicht mehr berücksichtigt und die verbliebenen Währungsreserven ausschließlich für Verbindlichkeiten gegenüber den Entwicklungsbanken verwendet würden. Besonders drastisch wirkt sich dieser Vorteil aus, wenn von Seiten des Staates innerhalb einer Projektstruktur gewisse monetäre Verpflichtungen, wie im Rahmen eines Abnahmevertrages oder innerhalb einer PPP (z.B. limitierte Cash-Ausfall-Garantien ect) eingegangen wurden. In dem Ausmaß jedoch, in dem dies nicht der Fall ist, bleibt bei privaten Kreditnehmern mit Einnahmen in lokaler Währung als Voraussetzung für die Rückzahlung des Kredits, daß genügend Erlöse erwirtschaftet werden, was in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der Absatzmärkte häufig einbrechen, nicht unbedingt gewährleistet ist. Weiter besteht das Problem, zu welchem Wechselkurs die lokale Währung getauscht werden soll, wenn der Umtausch offiziell ausgesetzt wurde. Soll er politisch bestimmt werden, was als willkürlich anzusehen wäre? Der ökonomische Wert der heimischen Währung eines Landes, in dem gerade ein Zahlungsmoratorium ausgerufen wurde, dürfte nämlich stark gesunken und als Folge dessen viele Kreditnehmer trotzdem unfähig sein, ihren Projektkredit gegenüber der Entwicklungsbank vollständig zu bedienen. Zusammenfassen läßt sich, daß Entwicklungsbanken in bestimmten Situationen von ihrem Privileg, bei Einführung von Zahlungsmoratorien und Kapitalverkehrsbeschränkungen hiervon herausgenommen zu sein, tatsächlich profitieren. Die Aufgabe einer supranationalen Organisation sollte aber sein, politische Risiken für andere Fremdkapitalgeber und Investoren abzumildern, nicht jedoch sich selbst für gesamtwirtschaftliche Risiken gegenüber den Privaten eine günstigere Position zu verschaf134

fen. Die Privaten können zwar versuchen (und tun dies teilweise auch), die gleichen Zusicherungen von einem Staat einzelvertraglich zu erhalten, doch ist das Risiko deutlich höher, ob eine solche Zusage, wenn sie tatsächlich gegeben, dann in einer kritischen Situation tatsächlich auch eingehalten wird. 4.2. Kollektivinterne- und externe Entscheidungs- und Koordinationsprozesse bei politischer Einflußnahme durch die Entwicklungsbank Der Schutzschirm einer supranationalen Entwicklungsbank soll sich von der Idee her immer dann entfalten, wenn bei einem Projekt institutionell oder politisch bedingte Probleme auftreten. Nach dieser Grundvorstellung unterrichtet man den entsprechenden Direktor des Landes, in dem sich das Projekt befindet und der diesem ursprünglich einmal zugestimmt hat, von den vorhandenen Schwierigkeiten. Beabsichtigt ist, daß der Direktor anschließend Kontakt aufnimmt zur zuständigen politischen Entscheidungsebene des Landes, z.B. einem Ministerium, die dann ggf. intervenieren soll und negative Beeinträchtigungen auf das Projekt behebt. 4.2.1. Kollektivinterner Handlungsrahmen zur politischen Einflußnahme für die einzelnen Entscheidungsakteure Erste Voraussetzung dafür, daß der dargestellte Mechanismus einsetzt und funktioniert, ist, daß man ein aufgetretenes Problem erkennt und ihm daraufhin auch nachgeht. Eine Beaufsichtigung der laufenden Kreditengagements durch die operativen Geschäftseinheiten findet auch innerhalb einer Entwicklungsbank statt. Inwieweit dies auf effektive Art erfolgt, hängt einerseits von dem Stellenwert, dem Nachkontrolle eingeräumt wird, andererseits hingegen auch von der organisationsmäßigen Umsetzung und der gegebenen Anreizstruktur ab. Sind innerhalb der operativen Einheiten dieselben Personen für die Akquisition und Entwicklung von neuen Projekten wie für die Beaufsichtigung bereits bestehender zuständig, bleibt sicherzustellen, daß auch die zweite Aufgabe nicht vernachlässigt wird. Diese Gefahr besteht insbesondere im Falle einer hohen Fluktuationsrate unter den Mitarbeitern. Eine neue Transaktion in seinen Track-record aufzunehmen, könnte unter Umständen attraktiver erscheinen als ein bestehendes Portfolio ordentlich zu verwalten. Darüberhinaus verliert eine Person, die ein Geschäft initiiert hat, seine Unabhängigkeit in dessen Beurteilung. Banken tragen diesem Umstand in der Regel Rechnung, sobald ein Kreditengagement als notleidend gilt, indem es an eine spezialisierte Abteilung für Restrukturierungen und Abwicklungen übergeben wird. Insofern dürfte eine Trennung der beiden Aufgaben Akquisition/Strukturierung und Beaufsichtigung sinnvoll sein – auch wenn dies den Nachteil mit sich bringt, daß gegenüber dem Kreditnehmer als Kunden ein Wechsel in der Betreuung stattfindet und auch bestehendes Wissen teilweise verlorengeht. Entwicklungsbanken sind hingegen aufgrund der ihnen zugedachten Funktion noch mehr als eine Geschäftsbank, die als 135

Arranger fungiert, darauf angewiesen, daß ein aktives Portfoliomanagement betrieben wird. Gerade politische Einflußnahme erfordert einen hohen Aufwand von Zeit und Ressourcen, weshalb es essentiell ist, mit Anreizen und Kontrollen die Mitarbeiter in diese Richtung hin zu motivieren. Für das Risikomanagement als Kontrollinstanz der operativen Geschäftseinheiten ist es in der Realität nicht einfach, abzuschätzen, inwieweit die Betreuung eines Projektes tatsächlich in einer effizienten Weise erfolgt. Es besitzt gegenüber den Hauptverantwortlichen Informationsnachteile und überprüft die Kreditengagements meistens unter relativ großen Zeitdruck. Deshalb wäre zu überlegen, hier der Abteilung PED zusätzliche Kompetenzen einzuräumen. PED untersucht die einzelnen Projektfinanzierungen zwar nicht in regelmäßigen Abständen, sondern lediglich einmal einige Zeit nach Auszahlung und dies auch nur stichprobenhaft, aber dafür sehr umfassend. Es könnte sich als zweckmäßig erweisen, dem Aspekt Monitoring einen zusätzlichen Stellenwert einzuräumen, indem dieser bei der Bewertung der Mitarbeiter in besonderem Maße mit einbezogen wird. Doch auch wenn es gelingt, für die Überwachung und aktive Betreuung von Kreditengagements optimale Organisationsstrukturen zu schaffen, bleibt das Problem zu lösen, von welchem Zeitpunkt an ggf. politisch Einfluß genommen werden soll. Investitionsvorhaben in Emerging Markets laufen nicht nach denselben Gesetzen ab wie in westlichen Industrieländern, in denen der rechtliche Rahmen Handlungs- und Verfügungsrechte zumeist relativ klar definiert und auch schützt. Gewisse Schwierigkeiten kalkulieren Investoren und Kreditgeber realistischerweise bereits im voraus ein. Wie soll jedoch der zuständige Mitarbeiter einer Entwicklungsbank auf solche zu erwartenden Störungen reagieren? Wo liegt die Grenze, ab der eine Gefährdung für das Kreditengagement angenommen werden muß? Läßt sich hierfür ein Frühwarnsystem implementieren? Eventuelle Entscheidungskriterien, die ein Handeln im Fall von Schwierigkeiten in Gang setzen, müßten auch dem Kapitalmarkt übermittelt werden, damit die Marktteilnehmer in der Lage sind, einzuschätzen, welche Bedeutung der „umbrella“ hat und welche Inhalte er umfaßt. Weder die IFC noch die EBRD legen jedoch solche klaren Kriterien fest, und so bleibt für die Konsortialbanken letzten Endes ungewiß, wann der Schutzschirm in der Realität eigentlich genau funktioniert und welche Risiken tatsächlich abgemildert werden. Zwar ist es durchaus denkbar, daß eine politische Einflußnahme erfolgt und auch gelingt, doch ist sie ex-ante nicht kalkulierbar. Auf der anderen Seite übernehmen IFC und EBRD regelmäßig einen hohen Einzelbetrag an einem entsprechenden Konsortialkredit und haben von daher ein eigenes Interesse an dessen Rückzahlung. Entscheidungssituationen können zu komplex sein, um ex-ante starre Handlungskriterien, an die man sich zu halten hat, festzusetzten. Die Handlungsfreiheit, die sich beide Entwicklungsbanken in jeweiligen Beteiligungsverträgen mit den Konsorten sichern und die die Gläubigerrechte der anderen Banken 136

schmälert, dient unter anderem dazu, eine größere Flexibilität zu gewinnen. Dies stellt vielleicht sogar eine Grundvoraussetzung dar, daß IFC und EBRD ihre Funktionen tatsächlich ausfüllen können, auch wenn dies mit erheblicher Unsicherheit bezüglich der Entscheidungssituation für die Konsorten verbunden ist. 4.2.2. Kollektivexterne Entscheidungs- und Koordinationsprozesse zwischen einer Entwicklungsbank und ihren Zielländern Geht aus dem kollektivinternen Willensbildungsprozeß bei der Entwicklungsbank hervor, daß eine politische Einflußnahme über den Direktionsrat notwendig ist, folgt daraus in der Realität noch nicht, wie oben idealtypisch dargestellt, eine Behebung der bestehenden Schwierigkeiten. Ein einzelnes Zielland gehört zwar als Aktionär zur Entscheidungsgemeinschaft einer supranationalen Organisation, wenn auch nur mit einem relativ geringen Stimmengewicht. Andererseits tritt das Land, sobald die Entwicklungsbank bezüglich eines Projektes Kontakt zu ihm aufnimmt, ihr als kollektivexterner Verhandlungspartner gegenüber, der bezüglich des jeweiligen Einzelfalles seine eigenen Vorstellungen und Sichtweisen einnimmt – selbst wenn man als Kollektivmitglied bestimmten Spielregeln zugestimmt hat. Es gibt kein unabhängiges Schiedsgericht, daß darüber entscheiden würde, wessen Standpunkt jeweils der richtige ist. In diesem Verhandlungsprozeß ist daher zuerst der Verhandlungsgegenstand klar zu definieren und zu klären, wo eine Verletzung dieser Spielregeln konkret vorliegt. Anschließend und nach Gegenüberstellung der verschiedenen Interessenlagen können erst Aussagen zu den ablaufenden Verhandlungsprozessen mit ihren möglichen unterschiedlichen Ergebnissen und zu deren Durchsetzbarkeit getroffen werden. 4.2.2.1. Abgrenzung und Klärung des Verhandlungsgegenstandes Gesprächsbedarf zwischen den Partnern ergibt sich beim Bruch von rechtsbeständigen Zusicherungen staatlicher oder staatlich gelenkter bzw. kontrollierter Stellen, wie der willkürliche Entzug von Genehmigungen oder auch bei Nicht-Einhaltung vertraglicher Verpflichtungen im Rahmen einer PPP. Verstaatlichung, Enteignung oder sonstige Eingriffe oder Unterlassungen (sofern nachweislich eine Rechtspflicht zum Tätigwerden bestand) von Hoher Hand, die in ihren Auswirkungen einer Enteignung oder einer Beschränkung des Eigentums gleichkommen, lassen sich dann auf politischer Ebene vortragen, wenn sie in ihrer Ursache-Wirkung-Beziehung eindeutig faßbar sind, d.h. wenn sie von der Legislative oder Exekutive des Landes zweifelsfrei verursacht wurden. In Wirklichkeit fällt diese Abgrenzung im Einzelfall oft schwer. Ein Staat wird für sich das Recht in Anspruch nehmen, auch Gesetze und Verordnungen erlassen zu dürfen, die unter Umständen negative Auswirkungen auf ein Projekt haben, solange diese allgemeingültigen Charakter haben und nicht diskriminierend sind und solange sie 137

nicht rückwirkend gelten und gegen gemachte Zusagen verstoßen. Dabei ist es unerheblich, ob sie als investitonsfeindlich anzusehen sind oder nicht. Ändert sich beispielsweise die allgemeine Steuergesetzgebung und werden alle Unternehmen als Folge dessen stärker belastet, beinhaltet dies keine diskriminierende Handlung. Nur wenn die legislative Macht mißbräuchlich verwendet wird, um einem Projekt zu schaden, kann eine Entwicklungsbank dagegen protestieren. Im Zweifel bleibt umstritten, um was es sich im Einzelfall handelt und somit bewegen sich die Beteiligten auf einem sehr schmalen Grat. Ein zusätzlicher Gesichtspunkt ist, daß die Durchsetzung von Gesetzen und Verordnungen in einem Rechtssystem in den Verantwortungsbereich der Judikativen fällt. Mit Rechtsauslegung und -anwendung sind eigens dafür bestellte und qualifizierte Institutionen und Personen betraut, deren Unabhängigkeit in einem System der Gewaltentrennung unbedingt zu wahren ist. Deshalb kann es sehr kritisch sein, Gerichtsurteile zum direkten Verhandlungsgegenstand mit einer Regierung zu machen. In einigen Emerging Markets mischt sich hingegen auch die Politik und Verwaltung stark in die Rechtsprechung mit ein, wobei dies im Einzelfall nur schwer zu beweisen ist. Aus westlicher Sicht dubiose Gerichtsurteile resultieren ebenso häufig aus institutionellen Unzulänglichkeiten innerhalb des Rechtssystems selbst und aus mangelnden Kenntnissen und Überzeugungen ihrer Entscheidungsakteure. 4.2.2.2. Modellierung des Verhandlungsprozesses zwischen beiden Parteien Verhandlungen über ein bestimmtes Projekt finden nicht isoliert und damit ungeachtet der übrigen Beziehung zwischen Entwicklungsbank und dem betreffenden Zielland statt. Beide Partner verfolgen in dieser Beziehung Interessen, die maßgebliche Auswirkungen auf den Verhandlungsprozeß haben, und beide Partner setzen in ihren Beziehungen zueinander gewisse Prioritäten. a) Interessenlagen der Verhandlungsparteien Interessenlage der Entwicklungsbank Die Entwicklungsbank möchte den größten Teil ihrer Kredite einschließlich Zinszahlung ordnungsgemäß zurückgeführt haben. Dies ist unabdingbar, um wirtschaftlich handlungsfähig zu bleiben und um im Kapitalmarkt eine gute Reputation zu behalten, ohne die privates Kapital nicht mobilisiert werden könnte. Andererseits will sie wirtschaftliche Reformen und Wohlstand in ihren Zielländern fördern, was ihre Existenzberechtigung begründet. Hierzu sind jedoch nicht nur erfolgreiche Demonstrationseffekte notwendig, sondern auch ein gutes Verhältnis zum jeweiligen Zielland - denn ohne dessen Bereitschaft, die supranationale Organisation zu unterstützen, ist diese nicht wirklich in der Lage, ihre Funktion auszuüben. In diesem Zusammenhang ist der Kurzkommentar einer Fachzeitschrift zur Haltung der EBRD im Zusammenhang mit

138

dem oben erwähnten Straßenprojekt M 1 in Ungarn aufschlußreich (siehe auch Kap.II, B, 4.2.2.b)): „However it appears that the EBRD, which is both lead arranger on this deal and has a more general mandate to encourage growth in Central Europe, is against confrontation with the Hungarian government."315 Noch bedeutend kritscher dürfte sein, wenn sich eine Projektgesellschaft in einer wirtschaftlichen Situation befindet, die die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ratsam machen würde. Handelt es sich um ein Projekt mit einer großen volkswirtschaftlichen Bedeutung und würden zudem eine größere Anzahl von Arbeitsplätzen gefährdet, geriete eine Entwicklungsbank wahrscheinlich unter Druck, von einer derartigen Maßnahme abzusehen. Interessenlage der Zielländer Die Zielländer ihrerseits sind ebenfalls an einer erfolgreichen Kooperation interessiert, da sie ansonsten nämlich nicht Mitglieder der Entwicklungsbank geworden wären mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Offensichtlich erwarten sie sich von der gemeinsamen Zusammenarbeit etwas und sind deshalb, jedenfalls grundsätzlich, zur Verfassungstreue bereit. Gleichzeitig wissen sie, daß internationale Finanzinstitutionen bekanntermaßen enge Kontakte untereinander halten und damit ein eindeutig nachzuweisendes Fehlverhalten von ihrer Seite weitreichende negative Folgen hätte (z.B. daß der IWF bei einer Krise keine Unterstützungsmaßnahmen mehr bereitstellt). Im Normalfall wollen sie sich darüberhinaus auch die Fähigkeit erhalten, an den internationalen Märkten Kapital aufzunehmen und Investitionen anzulocken. Auf der anderen Seite gehen die Vorstellungen bei der konkreten Umsetzung gemeinsamer Vorhaben häufig auseinander, was nicht selten kulturell- und wertebedingt ist. Dies gilt v.a. in Ländern, in denen die Teilnahme einer Entwicklungsbank als besonders wichtig angesehen wird. Die Einstellung eines Landes ändert sich im übrigen im Zeitablauf, insbesondere bei Regierungswechseln. Im schlimmsten Fall entscheidet ein Land, z.B. in einer Krise, sich abzuschotten und eher eine destruktive Protesthaltung einzunehmen, was die Tätigkeit einer Entwicklungsbank erheblich erschwert. Zu beachten ist insbesondere, daß ein Land niemals einen einheitlichen Block darstellt und es dort selbst oft, wie im letzten Kapitel bereits erwähnt, innerhalb der Regierung oder bestimmter Verwaltungsstellen verschiedene Auffassungen und Einzelinteressen gibt, die nicht immer mit dem Gesamtinteresse des Kollektivakteurs Land über-einstimmen. Ob politische Einflußnahme dann gelingt, hängt von den relativen Gewichten der einzelnen Individuen und Gruppen im kollektivinternen Entscheidungsprozeß des Landes ab. 315

PROJECT FINANCE INTERNATIONAL, M 1 pass, S. 38. 139

b) Prioritätensetzung im diplomatischen Verhandlungsprozeß bei den Beteiligten Läßt sich eine Beeinträchtigung der Handlungs- und Verfügungsrechte der Entwicklungsbank durch die Legislative oder Exekutive eines Staates kausal eindeutig nachweisen und sind keine Einwendungen zur Rechtfertigung möglich, gibt es gute Aussichten (solange jedenfalls, wie das Verhältnis zwischen den beiden Parteien noch intakt ist), daß das Empfängerland diese Beeinträchtigung, nachdem es darauf hingewiesen wurde, wieder korrigiert. Da viele Probleme allerdings nicht so klar abgrenzbar sind und es eine breite Grauzone gibt und andererseits Meinungsverschiedenheiten auch nicht vor einem Schiedsrichter ausgetragen werden, sind Kompromisse nötig. Es darf erwartet werden, daß beide Beteiligten als Kollektivakteure, sowohl die Entwicklungsbank als auch das Empfängerland, in ihrem Verhältnis zueinander bestimmte Prioritäten setzen. Es gibt also ein Bündel von Anliegen, die regelmäßig diskutiert werden, und die Probleme mit einem konkreten Projekt stehen damit automatisch in einem größeren Gesamtzusammenhang. Im diplomatischen Verhandlungsprozeß nun verfolgen beide Parteien ihnen wichtig erscheinende Themen mit besonderem Nachdruck. Aus einem Kalkül heraus verzichten sie eher, im Austausch für Zugeständnisse dort, auf positive Ergebnisse bei anderen Dingen, die in ihrer individuellen Prioritätenskala nachrangige Bedeutung haben. Wer schließlich was erreicht oder welche Zugeständnisse machen muß, hängt nicht zuletzt von der jeweiligen Verhandlungsposition ab. Für die Geschäftsbanken in einem Konsortium, die sich im Innenverhältnis bei der Durchsetzung ihrer Gläubigerrechte weitgehend auf die supranationale Organisation verlassen, ergibt sich daraus eine zusätzliche Unsicherheit im Hinblick auf den Ausgang des Verhandlungsprozesses über ihr Kreditengagement. 4.2.2.3. Die Durchsetzbarkeit der Verhandlungsergebnisse Findet die Entwicklungsbank Gehör bei den relevanten Regierungsstellen eines Landes und sind diese grundsätzlich bereit, positiv auf das Projekt einzuwirken und vorhandene Störungen zu beseitigen, bleibt noch, diese Verhandlungsergebnisse durchzusetzen. Ein sehr großes Problem besteht v.a. dann, wenn die Ursache für die Schwierigkeiten in der Rechtssprechung- bzw. anwendung liegt. Die Regierung bzw. die Verwaltung dürfen deren Unabhängigkeit nämlich selbst zugunsten einer supranationalen Entwicklungsbank nicht verletzen. Der einzige Weg wäre, daß ein bestehendes Urteil angefochten wird, weil es nicht rechtmäßig zustande gekommen ist und daß bessere Voraussetzungen für eine faire Behandlung in der Zukunft geschaffen werden. Genausowenig kann der Staat zugunsten eines Projektes eingreifen, wenn dies nicht im Einklang mit allgemein gültigen Gesetzen steht. Jede staatliche Einflußnahme, die auf 140

Veranlassung einer supranationalen Organisation erfolgt, hat gerade aus diesem Grunde mit rechtsstaatlichen Mitteln zu geschehen. Die Transaktionskosten können dabei unter Umständen sehr hoch sein. Wenn diese Schwierigkeiten schließlich zu lösen sind, bleibt die konkrete Umsetzung auf regionaler bzw. lokaler Ebene durch die Verwaltungseinheiten vor Ort. Inwieweit jedoch die Beschlüsse und Anweisungen von höheren Verwaltungsebenen dort befolgt werden,316 ist von Land zu Land unterschiedlich und abhängig von der jeweiligen Verwaltungsstruktur. 5. Unterschiedliche Wirkungen des Schutzschirms einer Entwicklungsbank für Fremd- und Eigenkapitalgeber Wie bereits erwähnt, soll der in diesem Unterkapitel diskutierte Ansatz aus der Sicht einer Entwicklungsbank zur Senkung von Transaktionskosten für andere Kapitalgeber beitragen und damit Investitionen ermöglichen. Für Fremdkapitalgeber und Sponsoren sind damit, abhängig von der Rolle, die eine Entwicklungsbank in einem Projekt spielt, unterschiedliche Wirkungen verbunden. Es sei dabei der Fall unterschieden, bei dem eine Entwicklungsbank lediglich Kreditgeber ist von demjenigen, bei dem sie daneben gleichzeitig noch eine Eigenkapitalposition selbst hält. 5.1. Die Entwicklungsbank ist lediglich Kreditgeber Ist die Entwicklungsbank lediglich Kreditgeber, aber nicht am Eigenkapital beteiligt, profitieren die Sponsoren nicht unmittelbar von deren Schutzschirm. Verfassungsmäßig geschützt ist nämlich nur das Eigentum der Entwicklungsbank. Bei Schwierigkeiten kann sich die Entwicklungsbank jedoch trotzdem für die Sponsoren als ihre Kunden einsetzen, muß dies jedoch nicht. Sie vertritt zuerst die Belange der Kreditgeber und erst an zweiter Stelle diejenigen der Sponsoren. Die beste Voraussetzung, daß die Belange der Sponsoren berücksichtigt werden, ist deshalb dann gegeben, wenn eine Einflußnahme seitens der supranationalen Entwicklungsbank zum Vorteil beider Parteien ist. Insoweit es Interessengegensätze zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern gibt, bleiben diejenigen der Sponsoren unberücksichtigt. So könnte es beispielsweise sein, daß sich die Entwicklungsbank bei Problemen mit einem Konzessionsprojekt mit der Rückzahlung ihres Kredites und des Buchwertes des Eigenkapitals begnügt und eine Konfrontation hinsichtlich eines eventuell entgangenen Gewinns der Projektgesellschaft vermeidet. 316

Vgl. PIGGOTT, S. 71, der am Fall des deutschen Gipsherstellers Knauf beschreibt, wie Gerichtsbeschlüsse der Russischen Föderation zugunsten von Knauf in bezug auf dessen Eigentümerrechte von den örtlichen Behörden nicht anerkannt wurden: „Despite several court decisions in its favour, Knauf had been unable to take possession of the company it owned since the local authorities refused to recognize rulings by the federal courts. Knauf`s appeals to the local prosecutor were unsuccessful since the regional authority was not prepared to back a foreign owner against local management.“ 141

5.2. Die Entwicklungsbank ist Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber Hält die Entwicklungsbank neben ihrer Position als Fremdkapitalgeber auch eine Beteiligung an einem jeweiligen Projekt, so ist dieser Anteil ebenfalls von der Verfassung geschützt. Während beim A/B-Kreditschema von IFC und EBRD im Außenverhältnis nur die supranationale Entwicklungsbank als Geldgeber erscheint, treten Sponsoren offen als Eigenkapitalgeber auf und sind damit formal selbst in diesem Fall nicht unmittelbar vom Schutzschirm begünstigt, faktisch hingegen schon. Eine Entwicklungsbank wird es sich kaum leisten können, andere Eigenkapitalgeber diskriminierend zu benachteiligen. Setzt sie sich mit ihrem Status für die Belange der Projektgesellschaft ein, kommmen eventuelle Vorteile hierdurch allen Eigentümern gleichermaßen zugute. Allerdings beschränkt sich ihr Einfluß auf wirtschaftliche Entscheidungen insofern, als sie gewöhnlich nur Minderheitspositionen einnimmt. Trotzdem kann sie, v.a. bei Infrastrukturprojekten, die Sponsoren unter Umständen davor schützen, willkürlich aus einem Projekt herausgedrängt zu werden. Für die Sponsoren bleibt hingegen die Unsicherheit, wie lange eine supranationale Entwicklungsbank ihre Eigenkapitalposition halten wird (diese wird grundsätzlich nur für eine befristete Periode angestrebt) und welche Interessen sie genau verfolgt.317 Besitzt die Entwicklungsbank einen Sitz im Aufsichtsrat (bei einem entsprechenden Eigenkapitalanteil wird sie diesen gewöhnlich einfordern), ist sie dadurch meist noch laufender und aktueller über ein Projekt informiert, als sie dies als reiner Fremdkapitalgeber wäre. Beides beurteilen sowohl Fremdkapitalgeber als auch Sponsoren grundsätzlich positiv, solange ihre Interessen gleichgerichtet sind. Gibt es in einer bestimmten Entscheidungssituation einen Interessenskonflikt zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern, hängt es vom individuellen Fall ab, wie und zu wessen Gunsten sich eine Entwicklungsbank dann verhält – eine eindeutige Vorhersage läßt sich hier nicht treffen. Die dargestellte Doppelfunktion einer Entwicklungsbank kann im ungünstigsten Fall zu einer unklaren Entscheidungssituation führen.

6. Zusammenfassende Abschlußbewertung In diesem Unterkapitel wurden die Bedeutung des Schutzschirmes von supranationalen Entwicklungsbanken und deren Entscheidungsstrukturen näher untersucht. Ziel war es, ihr Handeln auf eine theoretische Grundlage zu stellen und aufzuzeigen, wel317

CAPLEN, S. 57 und S. 61, geht in diesem Zusammenhang auf den Fall der Tokobank ein, bei der die EBRD einen Anteil von 9,6% hielt. Obwohl es sich hierbei nicht um eine Projektfinanzierung handelte, verdeutlicht der Fall, welcher Unsicherheit andere Investoren und Fremdkapitalgeber im Hinblick auf die Rolle der EBRD ausgesetzt sein können. Nach Angaben von Caplen versuchte die EBRD damals ausgerechnet in einer Situation, in der sich die finanzielle Lage der Tokobank verschlechterte und andere Kreditgeber auf die Hilfe der EBRD bauten, eine Put-Option auf ihren Anteil auszuüben: „But the EBRD did have a put option on its Tokobank shares which it tried to exercise on July 3rd 1998 but which was not accepted by either the management or the courts. ... Commercial banks that lent money to Tokobank are upset that they didn`t know about its existence and they would like the EBRD to play a leading role in ongoing bankruptcy proceedings.“ 142

che Schwierigkeiten möglicherweise mit dem Konzept der gemeinsamen Risikotragung unter dem Dach einer supranationalen Entwicklungsbank verbunden sind. Es sei jedoch an dieser Stelle betont, daß die Vorzüge dieser Idee nicht grundlegend in Abrede gestellt werden. In einigen Situationen sind supranationale Entwicklungsbanken unter Umständen tatsächlich besser als private Geschäftsbanken in der Lage, institutionell und politisch bedingte Probleme eines Projektes zu lösen oder zumindest abzumildern. Insgesamt dürfte für die Entwicklungsbank der Verhandlungsprozeß mit einem Gastland und die Durchsetzung der vertraglichen Handlungs- und Verfügungsrechte besser zu bewerkstelligen sein, wo der Staat selbst innerhalb der Projektstruktur eine größere Rolle spielt - sei es als Konzessionsgeber, Zulieferer, Abnehmer der Projektleistung oder Mitgesellschafter an der Projektgesellschaft, da dann eine Verletzung der Spielregeln normalerweise leichter nachzuweisen und eine Korrektur unter geringeren Transaktionskosten möglich ist. Aus diesem Grund entfaltet der Schutzschirm bei Infrastrukturprojekten wahrscheinlich eher die ihm zugedachte Wirkung als bei Industrieprojekten. Allerdings bleibt für andere Kapitalgeber trotzdem unklar und diffus, welche Risiken sie in einer jeweiligen Situation dann eingehen, denn eine Separierung und klare Aufteilung dieser Risiken findet nicht statt. Das nächste Unterkapitel erörtert daher ein Alternativkonzept, wie Entwicklungsbanken ihre knappen Ressourcen auf eine andere Weise einsetzen können.

143

C. Das Prinzip der Risikotrennung - Übernahme von bestimmten Teilrisiken durch Entwicklungsbanken Während Unterkapitel B erörterte, inwieweit eine Entwicklungsbank mit Hilfe ihres Status in der Lage ist, aufgrund ihrer bloßen Anwesenheit bei einer Projektfinanzierung vorhandene Transaktionskosten für andere Kapitalgeber zu senken, plädiert dieses Unterkapitel für eine klarere Risikoaufteilung zwischen den einzelnen Beteiligten. Es werden zuerst bestehende Instrumente, die bereits Anwendung finden, erörtert und deren Effizienz beurteilt. Darauf aufbauend folgen weitergehende Vorschläge hinsichtlich denkbarer Ausgestaltungsvarianten. Dabei stehen der mögliche Ereignisumfang von Teilgarantien, ihre Rückabsicherung beim entsprechenden Staat oder bei anderen Stellen, die sinnvolle Koordinierung der Aktivitäten einer Entwicklungsbank mit dem IWF sowie die Einbindung privater Rückversicherungsmärkte für derartige Risiken im Blickpunkt. In die Erörterung fließen auch weitergehende volkswirtschaftliche Gedanken hinsichtlich eines möglichst optimalen Einsatzes der Entwicklungsbanken zur Verfügung stehenden Ressourcen mit ein. 1. Bestehende Instrumente zur Einräumung von Teilgarantien Der folgende Abschnitt erläutert einleitend die Funktionsweise von bereits bestehenden Instrumenten, die grundsätzlich positiv beurteilt werden, aber anhand derer sich Ansatzpunkte für weitergehende Vorschläge ergeben. 1.1. Die Weltbank-Garantie für Fremdkapitalgeber Die Weltbank bietet gegen entsprechende Entgelte bereits Teilgarantien für Fremdkapitalgeber an und beschreibt dieses Instrument folgendermaßen: „The Bank`s guarantee is intended to act as a catalyst for private financing in developing countries. Towards this end, the Bank offers only partial guarantees, and risks are clearly shared between the Bank and private lenders. The Bank`s objective is to cover risks that it is uniquely positioned to bear given its credit experience with developing countries and special relationships with governments. Private sector lenders and other partner institutions take other project risks.“318 Die Weltbank argumentiert hier also, daß sie privates Kapital dadurch mobilisiert, indem sie Einzelrisiken ausschließlich abdeckt, die sie wegen ihres Status tatsächlich am besten managen kann und den Privaten die übrigen Risiken vollständig überläßt. Im Gegensatz zum Ansatz des vorigen Abschnittes resultiert daraus eine deutlichere Identifizierung und Separierung der einzelnen Risiken, was in Kapitel I als eine Grundvoraussetzung für eine effiziente Risikoverteilung dargestellt wurde. Dieses transparente Prinzip legt für alle Beteiligten klar die Entscheidungssituation offen. 318

THE WORLD BANK PROJECT FINANCE AND GUARANTEES GROUP, S. 1.

144

Ob der Garantiefall eingetreten ist, wird im Zweifel von einem unabhängigen Schiedsgericht festgestellt. Diese Spielregel ermöglicht eine eindeutige Zuordnung von Verantwortlichkeiten und veranlaßt die Entwicklungsbank, ihre Ressourcen spezialisiert dahingehend einzusetzen, einen möglichen Schadensfall zu vermeiden. In diesem Zusammenhang verlangt die Weltbank auch eine Gegengarantie des entsprechenden Landes, in dem ein Vorhaben stattfindet. Im Fall der Inanspruchnahme tritt die Weltbank in die Rechte der durch die Garantie begünstigten Partei. Ökonomische Maxime sollte sein, den Umfang der Garantie auf das Notwendige zu beschränken. Dieser Umfang ist definiert durch die Ereignisse, die ihre Inanspruchnahme auslösen können. Die Weltbankgarantie deckt Risiken ab wie die Nicht-Einhaltung von vertraglich eingegangenen Verpflichtungen und Zusagen eines Staates sowie politische Force-Majeuere Ereignisse.319 Aus dem dargestellten Umfang wird deutlich, daß sich die Weltbankgarantie v.a. für private Infrastrukturprojekte eignet, bei denen der Staat in einem Konzessionsvertrag gewisse Verpflichungen eingegangen ist. Kap. II, B stellte ausführlich Strukturierungselemente für die Ausgestaltung einer PPP dar, analysierte hingegen gleichzeitig die entsprechenden Schwierigkeiten, die damit für die Projektgesellschaft verbunden sein können. Eine Weltbankgarantie kann entsprechend ihres Umfanges, zumindest für die Kreditgeber, gewährleisten, daß vertragliche staatliche Zusicherungen entweder eingehalten oder durch die Inanspruchnahme der Garantie kompensiert werden. Um die Wirkungsweise der Weltbankgarantie an einem praktischen Beispiel zu verdeutlichen, sei an dieser Stelle eine Fallstudie eingeschoben. Diese behandelt das pakistanische Projekt Uch Power Limited (Financial Closure Mai 1996), zugunsten dessen zum zweiten Mal überhaupt eine Weltbankgarantie für eine Kredittranche in Höhe von USD 75 Mio. ausgestellt wurde. Dieses Vorhaben eignet sich deshalb als Demonstrationsobjekt, weil der Ereignisumfang der Garantie relativ weit gefaßt ist und das Projekt in der Folge zudem in beträchtliche Schwierigkeiten geriet, da der pakistanische Staat nach einem Regierungswechsel seine ursprünglichen Zusicherungen für das Projekt in Frage stellte. Das Uch-Projekt in der pakistanischen Balochistan-Provinz, eine konventionelle Gasfeueranlage mit einer Kapazität von 586 Megawatt, wird auf Konzessionsbasis (BOOT) von Uch Power Ltd. durchgeführt. Die hergestellte Energie wird an die staatliche Wasser- und Energieentwicklungsbehörde unter einem Abnahmevertrag verkauft. Die Lieferung des Gases erfolgt mittels einer 50 Km langen Pipeline, die sich im Eigentum der staatlichen Öl-und Gasentwicklungsbehörde befindet, mit der hierüber ebenfalls ein Vertrag abgeschlossen wurde. Sowohl die Erfüllung des Abnahme- als auch des Liefervertrages wurden vom pakistanischen Staat garantiert. Daneben übernahm dieser noch weitere Verpflichtungen gegenüber dem Projekt im Rahmen eines 319

THE WORLD BANK PROJECT FINANCE AND GUARANTEES GROUP, S. 2. 145

„Vertrages zur Durchführung des Projekts“. Schließlich garantiert er die Verpflichtung der Zentralbank, die einheimische in ausländische Währung umzutauschen. Die Garantie der Weltbank wird ausgelöst, wenn eine Tilgungsrate deshalb nicht erfolgt, weil der pakistanische Staat einer seiner Verpflichtungen nicht nachkommt. Die vollständige Transaktion sei an einem Schaubild nochmal illustriert: Darst. 13: Weltbankgarantie am Beispiel Uch Power Ltd.

Zentralbank

Staatliche Wasserund Energieentwicklungsbehörde

Abnahmevertrag

Baukonsortium Bauvertrag Private Einheiten

Währungsumtauschund Transfer Pakistanischer Staat Durchführungsvertrag Uch Power Ltd.

Staatliche Öl- und Gas Entwicklungsbehörde Liefervertrag

Betreiber Betreibervertrag

Staatliche Einheiten

Garantie-Deckung für Kredittranche

Quelle: The World Bank Project Finance and Guarantees Group, S. 6. Die Garantie ermöglicht eine Finanzierungsstruktur, die am besten an die Bedürfnisse des Projektes angepaßt ist. In einer PPP übernehmen private Parteien die Risiken (Fertigstellungsrisiko, Betreiberrisiko ect.), die sie am besten tragen können. Die Belastung des Staates wird auf das Notwendige beschränkt, und er wird zudem diszipliniert, seine knappen Ressourcen ökonomisch sinnvoll einzusetzen. Für die privaten Kreditgeber geben die Teilgarantien die benötigte Sicherheit und Berechenbarkeit, wodurch sich die entsprechenden Finanzierungskosten erheblich vermindern. Die Weltbank wiederum ist spezialisiert auf die von ihr eingegangenen Risiken und daher am besten geeignet, diese nach sorgfältiger Prüfung und Rückabsicherung zu managen.

146

1.2. Investitionsschutz durch MIGA Während die Weltbankgarantie explizit die Kreditgeber begünstigt, stellt die sogenannte Multilateral Investment Guarantee Agency („MIGA“), die sich ebenfalls unter dem Dach der Weltbank befindet, v.a. Investitionsgarantien für Eigenkapitalinvestoren zur Verfügung.320 Durch die genaue Definition der von einer Garantie begünstigten Gruppe lassen sich potentielle Interessenkonflikte von Beginn an vermeiden. In der Satzung der MIGA sind vier Risiken, die von Investoren abdeckt werden können, einzeln aufgezählt – es sind dies das Währungstransfer- und das Enteignungsrisiko, der Bruch vertraglicher staatlicher Zusagen sowie Krieg und zivile Unruhe.321 Voraussetzung für die Deckung von Enteignungsrisiken ist, daß der Schadensfall durch Handlungen der Legislative bzw. Exekutive hervorgerufen wurde, nicht hingegen durch die Judikative. Gesetzgeberische Handlungen mit Enteignungscharakter sind zudem nur versicherbar, wenn es sich um diskriminierende Tatbestände handelt.322 Allgemeine Gesetzesmaßnahmen, die alle Marktteilnehmer gleichermaßen treffen, finden keine Berücksichtigung. Somit entfaltet auch der Schutzschirm der MIGA seine Wirkung nur unter gewissen Bedingungen. Die weiter unten folgenden Vorschläge knüpfen genau an dieser Stelle an. Beim Bruch von staatlichen Zusagen kommt eine Deckung durch die MIGA nur dann in Frage, wenn der Investor keine Möglichkeit hat, über ein ordentliches Verfahren sein Recht zu erhalten (z.B. durch ein Schiedsgericht) oder wenn eine zu seinen Gunsten erfolgte Entscheidung nicht durchgesetzt werden kann.323 Die MIGA setzt in diesem Punkt also zuerst auf eventuell vorhandene Konfliktlösungsmechanismen zwischen den Beteiligten, bevor die Garantie in Anspruch zu nehmen ist. Im Schadensfall ersetzt die MIGA bis zu 90% des Investitionsbetrages (nicht 100%, da ansonsten die Gefahr des Moral Hazards gesehen wird324) und bis zu einem vorher festgesetzten Höchstbetrag einen entgangenen Gewinn. Für diesen Schutz hat der Investor der MIGA eine entsprechende Prämie zu zahlen, die dem eingegangenen Risiko (Projektart und Land) entspricht. Die MIGA verlangt, im Gegensatz zur oben dargestellten Weltbank-Garantie, keinen Haftungseinschluß des Ziellandes, in dem eine Investition getätigt wird. MIGA fordert demgegenüber jedoch für jede Transaktion, für die sie eine Garantie ausspricht, das ausdrückliche Einverständnis und die Befürwortung des Ziellandes. Dieser Konsens hat, wie im vorigen Abschnitt ausführlich erörtert, in der Unternehmensphilosophie 320

Allerdings stellt MIGA auch Garantien für Fremdkapitalgeber, wenn auch in geringerem Umfang. MIGA, Convention establishing the Multilateral Investment Guarantee Agency, Article 11. 322 MIGA, Commentary on the Convention, III. Operations. 323 MIGA, Commentary on the Convention, III. Operations. 324 WWW.miga.org vom 21.12.1998, Investment Guarantee Page, S. 4. 321

147

einer supranationalen Entwicklungsorganisation eine sehr wesentliche Bedeutung. In ihrer Satzung weist MIGA zudem darauf hin, Investitionen aktiv fördern zu wollen, auch in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Zielländern. Wir argumentieren in diesem Abschnitt noch, daß die Rolle einer Entwicklungsbank in diese Richtung beträchtlich ausgeweitet, mit dem IWF koordiniert und mit dem Instrument der Übernahme von Teilrisiken verknüpft werden sollte. 1.3. „Specific event guarantee for co-financiers“ der EBRD Die EBRD setzt sich ebenfalls mit dem Konzept, für andere Kapitalgeber bestimmte Risiken vollständig zu übernehmen, auseinander:325 „Specific event guarantee for co-financiers. Co-financiers may be willing to assume commercial risk, but not to accept some or all of the following political risks: (a) Damage due to political violence, (b) confiscation, expropriation or nationalisation, (c) revocation of approvals, (c) prohibition on import of essential equipment or entry of key personnel, and (e) „fiscal“ expropriation. The Bank is willing to consider issuing „Specific event guarantees“ to co-financiers. It would seek to mitigate these risks by obtaining suitable undertakings from the government. The level of untertaking would depend on the political sensitivity of a project and the country`s track record with respect to the implementation of private sector projects.“ Eine solche „Specific event guarantee“ wurde hingegen, zumindest bis Mitte 1998, für Kofinanziers nicht gewährt, für Sponsoren bis zur technischen Fertigstellung einer Anlage zum Teil hingegen schon.326 Insofern findet sie bisher nur beschränkte Anwendung. Der erwähnte Ereignisumfang ist jedoch bereits recht breit und deutet individuelle, auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtete Verwendungsmöglichkeiten der Garantie an. Das Strategiepapier fordert darüber hinaus die Einbeziehung des Ziellandes für eine Reduzierung des Risikos, wobei dies nicht unbedingt eine Gegengarantie des jeweiligen Staates beinhaltet. Das Ausmaß und die Art und Weise der Einbeziehung hänge vom individuellen Projekt und dem Zielland ab. Insgesamt enthält das Konzept Ansatzpunkte für weitergehende Vorschläge.

325

EBRD, Transport, Anlage F, S. 2. Der Autor erhielt diese Information in mehreren protokollierten Interviews während seines Aufenthaltes bei der EBRD vom 25. Mai – 19. Juni 1998.

326

148

2. Weitergehende Vorschläge 2.1. Der Ereignisumfang von Teilgarantien und die Bedeutung der Rückabsicherung sowie der Koordination einzelner supranationaler Organisationen untereinander Politische und institutionelle Risiken sind versicherbar, wenn sie klar gefaßt und eingegrenzt werden können, wobei es beim möglichen Ereignisumfang natürlich auch Einschränkungen gibt. Alle bisher dargestellten bereits bestehenden Instrumente besitzen gegenüber dem Konzept der gemeinsamen Risikotragung unter dem Dach einer Entwicklungsbank den Vorteil, daß andere Kapitalgeber Klarheit darüber haben, welche Risiken sie tatsächlich zu tragen haben. Insofern sind solche Instrumente grundsätzlich sehr nützlich und sollten ausgebaut werden. Dieser Abschnitt spricht sich dafür aus, deren Anwendung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) stärker zu koordinieren. Er geht zuerst nochmals gesondert auf Teilgarantien für staatliche Zusagen ein und fragt anschließend, ob es nicht sogar möglich wäre, für Kapitalgeber auch das Risiko einer investitionsfeindlichen, aber allgemeinen und nicht diskriminierenden Gesetzgebung und jurisitische Risiken (Rechtsanwendung) abzumildern. 2.1.1. Teilgarantien für staatliche Zusagen Die bisherigen Ausführungen haben angedeutet, daß Teilgarantien sich besonders gut eignen, um staatliche Zusagen abzusichern, da sich dabei der abgedeckte Ereignisumfang meist eindeutig definieren läßt. Aus diesem Grund ist die Weltbank-Garantie für die Kreditgeber so wertvoll. Ein eventuelles Risiko, daß eine ausgesprochene Zusage rechtlich nicht haltbar oder durchsetzbar ist (z.B. wenn eine Mauthöhe gerichtlich angefochten wird), sollte, wie bereits in Kap. II, B, 4.2.2.b) angesprochen, auf jeden Fall vom Staat getragen werden. Ansonsten würde das Risiko für die Partei, die ein Teilrisiko absichert, erheblich steigen. Wichtig ist, daß sich eine Entwicklungsbank beim betreffenden Land rückabsichert, z.B. indem sie sich parallel eine entsprechende Gegengarantie einräumen läßt. Diejenige Partei, die für die Einhaltung bestimmter Zusagen verantwortlich ist, muß also eingebunden und veranlaßt werden, Maßnahmen zu treffen, diese in der Realität zu gewährleisten. Es wäre sinnvoll, eine solche Politik mit anderen supranationalen Organisationen, insbesondere mit dem IWF, zu koordinieren und eine gemeinsame Linie zu verfolgen. Garantien für staatliche Zusagen sollten an Covenants über dessen Finanzgebahren gebunden werden. Dies umfaßt eine detaillierte Informationspflicht und Haushaltsgrundsätze, die einzuhalten sind. Der IWF knüpft seine hohen Unterstützungszahlungen, insbesondere in jüngster Zeit, bereits an Bedingungen.327 Driscoll schreibt in diesem Zusammenhang für den IWF:328

327 328

Vgl. FISCHER, Defense. DRISCOLL. 149

„Since the IMF has an obligation to the whole membership to preserve the financial integrity of its transactions, it lends only on condition that the member uses the borrowed money effectively. The borrowing country therefore undertakes to initiate a series of reforms that will eradicate the source of the payments difficulty and prepare the ground for high quality economic growth. Along with its request for a loan, the potential borrower presents to the IMF a plan of reform, typically undertaking to reduce government expenditure, tighten monetary policy, and deal with certain structural weaknesses (such as the need to privatize inefficient public enterprises).“ Effizient ausgestaltete PPPs dürften insofern in dieses Konzept passen, da dort das staatliche Engagement so niedrig wie nötig gehalten wird. Das Problem des IWF liegt hingegen darin, daß im Krisenfall finanzielle Hilfe in großem Ausmaß relativ schnell zu erfolgen hat, wenn sie wirksam werden soll. Die Gefahr besteht, daß die aufgestellten Bedingungen nach erfolgter Auszahlung nicht mehr im zugesagten Maße befolgt werden. Garantieprogramme von Entwicklungsbanken, die in größerem Umfang permanent laufen und die auch mit der Einhaltung von IWF-Bedingungen formal verknüpft sind, könnten längerfristig disziplinierend wirken. Das Risiko des Moral Hazards, nicht nur in bezug auf das Verhalten eines Staates, sondern auch der Investoren, reduziert sich, wenn internationale Hilfspakete grundsätzlich eher in mehreren, kleineren Tranchen gestellt werden. Hängt umgekehrt auch der zukünftige Einsatz von IWF-Mitteln in Krisenfällen vom Verhalten eines Landes als ständigem Partner einer Entwicklungsbank ab, ist zu erwarten, daß sich dieser positive Effekt verstärkt. Damit erhalten vertragliche Strukturen, die den Rahmen einer PPP abgrenzen und Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten klar festlegen, zusätzliche Stabilität. In dem Ausmaß, in dem ein Staat sich an die vereinbarten Spielregeln hält und einen positiven Track-record aufbaut, verringert sich die Marge, die für die Stellung einer Garantie zu bezahlen ist. In diesem Zusammenhang brachte die Regierung der USA unter Präsident Clinton im September 1998 den Vorschlag ein, Ländern mit einem „gesunden wirtschaftlichen Fundament“ eine sogenannte „contingency financing facility“ einzuräumen, die sie bei nur vorübergehenden Schwierigkeiten in Anspruch nehmen können. Dieser Vorschlag wurde von der G 7 im Prinzip gutgeheißen, auch wenn genaue Kriterien für die Gewährung einer solchen Linie noch festzulegen wären.329 Es wäre sogar denkbar, daß private Banken die Rolle eines Kofinanziers einnehmen, wenn der IWF nach einer sorgfältigen Prüfung eine Linie einräumt (die der IWF bei Nicht-Einhaltung der Spielregeln wieder zurückziehen könnte).330 Insgesamt würde sich damit die Gefahr

329

THE ECONOMIST, Global Finance, S. 14. THE ECONOMIST, Global Finance, S.18. Im Falle von Argentinien haben private Banken bereits entsprechende Arrangements mit der Regierung getroffen.

330

150

unangenehmer Kettenreaktionen und des Moral Hazards auch bezüglich des Verhaltens privater Geschäftsbanken erheblich vermindern.331 Wird eine Teilgarantie für die Verpflichtungen einer untergeordneten Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellt, kommt es für den Garantiegeber darauf an, daß die Verhältnisse zwischen den verschiedenen staatlichen Verwaltungsebenen einigermaßen geklärt und transparent sind und die Einnahmen- und Ausgabenströme der nächsten Jahre zuverlässig abgeschätzt werden können (vgl. Kapitel II, B, 5.2.b)). Eine Rückabsicherung für die Entwicklungsbank stellt sich hier allerdings komplizierter dar, da Verhandlungen mit einzelnen Kommunen und die Überwachung eventueller Covenants sehr zeitaufwendig ist. Allerdings wären Rationalisierungseffekte insofern denkbar, wenn eine Entwicklungsbank in einer Region mehrere Vorhaben unterstützt und mittels Demonstrationseffekten Katalysatorwirkungen erzeugt. So könnten am ehesten entwicklungspolitische Ziele gefördert werden, insbesondere wenn mit einem Land (unter Einschaltung des IWF) hinsichtlich der Regelung der finanziellen Beziehungen unter den verschiedenen Gebietskörperschaften Vereinbarungen getroffen werden, deren Einhaltung vom jeweiligen Staat dann garantiert wird. 2.1.2. Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionsfeindliche Gesetzgebung und Rechtsanwendung Die Strategie des IWF richtet sich zunehmend dahingehend aus, die Mitgliedsländer zu veranlassen, nicht nur makroökonomische, sondern vielmehr darüber hinaus auch mikroökonomische Reformmaßnahmen durchzuführen, die investitionsfreundliche Rahmenbedingungen herstellen.332 Insbesondere die Vorgänge in Asien 1997/1998 stärkten beim IWF die Einsicht, die Vergabe neuer Kredite an von einer Krise betroffene Länder an deren Bereitschaft zu nachhaltigen institutionellen und strukturellen Reformen zu binden:333 „The experience in Asia confirms that prevention cannot be simply a matter of getting the macroeconomic fundamentals right. Because structural rigidities and institutional weaknesses can precipitate or worsen financial crisis, the IMF must continue to broaden its economic surveillance of all member countries. ... The IMF must be prepared to act quickly in crisis situations ... to help countries weather the crisis and recover - provided their governments are prepared to carry out the economic reforms manifestly in their countries` and the world`s best interest.“ 331

Die Gefahr besteht ansonsten, daß Banken als Kreditgeber in großem Maße Geld verleihen und damit rechnen, bei Zahlungsschwierigkeiten vom IWF bedient zu werden. Aus diesem Grund wurden zunehmend Forderungen laut, private Geschäftsbanken in ein Krisenmanagement mit einzubeziehen, vgl. ENGELEN, S. 47. 332 Vgl. CAMDESSUS: „Strengthening IMF surveillance, our continuing monitoring and review of its members` economic policies, including with respect to financial sector issues and capital flows, is a high priority task. ... Financial infrastructure in most countries needs further strengthening through adoption of more uniform and prudent standards for auditing, accounting, disclosure, bankruptcy procedures and payment systems. The IMF is collaborating with other international bodies in developing such standards and best practices and assisting countries with technical expertise in implementing them.“ 333 Vgl. FISCHER, IMF aid. 151

In einer Krise läßt sich eine Regierung zwar am ehesten darauf ein, nach Verhandlungen mit dem IWF ein wirtschaftliches Reformprogramm einzuführen, da in einer solchen Situation die materiellen Restriktionen am stärksten zu spüren sind und ein Land auf äußere Hilfe angewiesen ist. Allerdings verschärft sich hier das Problem des Moral Hazards, da die Einführung tiefgreifender Reformen besonders lange Zeit benötigt und häufig Interessenpositionen machtvoller Gruppen tangiert.334 Veränderungen müssen zuerst auf verfassungsmäßigen Wege verabschiedet und anschließend von der Judikative und Exekutive auch durchgesetzt werden. Damit ein erarbeitetes Reformprogramm jedoch langfristig verfolgt wird, sollten auch hier Hilfen eher in Pakete zerlegt und Auszahlungen dann gewährt werden, wenn bestimmte Zwischenergebnisse erreicht worden sind (z.B. rechtswirksame Verabschiedung eines Gesetzes, Einleitung konkreter Umsetzungsmaßnahmen, funktionierende Umsetzung). Deutlich muß werden, daß opportunistisches Verhalten eines Landes nach erfolgter Auszahlung für die Zukunft negative Konsequenzen zur Folge haben wird. Eine Integration von Krisenmanagement und nachhaltiger Entwicklungsförderung ist unabdingbar. a) Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionsfeindliche Gesetzgebung Bisher ist es für eine Projektgesellschaft kaum möglich, den Tatbestand der Enteignung geltend zu machen und zu versichern, der sich aus der Einführung von Gesetzen ergibt, die nicht diskriminierend, aber gleichwohl investitionsfeindlich sind. Einigen sich nun der IWF und ein entsprechendes Land verbindlich (d.h. Zahlungen des IWF in einer bestimmten Situation sind an die Erfüllung dieser Bedingung geknüpft) auf die Schaffung und Einhaltung bestimmter investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen und lassen sich einzelne Maßnahmen konkret fassen, wäre zu überlegen, ob eine supranationale Entwicklungsbank, die mit dem IWF abgestimmt handelt, die Einhaltung solcher Zusagen (z.B. zur Steuer- oder Investitions- oder Konkursgesetzgebung), zumindest für einen gewissen Zeitraum, nicht doch garantieren kann. Eine entsprechende Gegengarantie des Staates würde jeweils bekräftigen, daß er sich an die getroffenen Vereinbarungen mit dem IWF weiterhin gebunden fühlt. Allerdings wäre bei der Formulierung und genauen Ausgestaltung einer solchen Garantie die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Die Garantie kann nur den Sinn haben, Investoren und Kreditgeber vor unerwarteten Entwicklungen, die ein Projekt unangemessen negativ beeinträchtigen, zu schützen und nicht, ihnen darüber hinausgehende Vorteile einzuräumen. Kritiker mögen anmerken, daß solche institutionellen Arrangements unter der Schirmherrschaft des IWF die staatliche Souveränität eines Landes verletzen. Auf der anderen Seite wäre ein international besser funktionierender Kapitalmarkt mit verläßlichen Spielregeln wünschenswert für alle. Zudem werden eventuelle Vereinbarungen freiwillig getroffen, weil sie aus dem Kalkül eines entsprechenden Landes heraus vorteilhaft erscheinen. Bedeutsam ist jedoch, daß sie darüber hinaus durch einen demokra334 Auch FISCHER, World, betont die lange Zeit bis zur Umsetzung und den anfänglichen Unwillen einiger asiatischer Regierungen, diesen Teil des IWF-Programms einzuführen.

152

tischen Entscheidungsprozeß legitimiert sind. Schließlich macht es von Seiten des IWF nur Sinn, Bedingungen zu stellen, die auch erfüllt werden können und an die Kultur eines Landes angepaßt sowie langfristig von sozialer Akzeptanz getragen sind. b) Absicherungsmöglichkeiten gegen eine investitionfeindliche Rechtsanwendung Die Absicherung dieses Risikos bedeutet insofern ein Problem, als eine Entwicklungsbank sich vom jeweiligen Staat für die Übernahme eines derartigen Risikos keine Gegengarantie einräumen lassen könnte, da die Unabhängigkeit der Judikative gewahrt bleiben muß (vgl. auch Kap. IV, B, 4.2.2.1.). Nur für den Fall einer Einmischung der Exekutive bei gerichtlichen Entscheidungen, die sich nur schwer nachweisen läßt, wäre dies denkbar. Allerdings wäre eine Entwicklungsbank in der Lage, eine Garantie zu stellen, wenn sie auf eine Gegengarantie verzichtet und Rechtspositionen ex-ante klar zu definieren und abzugrenzen sind. Ihre Bereitschaft hierzu sollte sie davon abhängig machen, daß eine "legal opinion“ vorliegt, die eine konkrete Rechtsposition bestätigt, wenn auch mit Einschränkungen, wie sie in Kap. II, A 1.2. besprochen wurden (qualifizierte „legal opinion“). Am Beispiel verdeutlicht könnte sie einem Bankenkonsortium garantieren, daß es bei Verletzung von bestimmten Covenants das Recht besitzt, verpfändete Aktien der bisherigen Anteilseigner zu verwenden, um einen Eigentümerwechsel durchzuführen, wenn dies im Einklang mit den bestehenden Gesetzen steht. Dies würde für die Kreditgeber vorhandene Transaktionskosten erheblich reduzieren. Auch wenn aus dem genannten Grund eine direkte Einbindung des Landes in die Risikostruktur nicht möglich wäre, könnte sich trotzdem auch hier eine enge Koordination mit dem IWF als nützlich erweisen. Der erweiterte Aufgabenbereich des IWF, wie er oben skizziert wurde, umfaßt einerseits die Einflußnahme für die Schaffung investitionsfreundlicher und transparenter rechtlicher Grundlagen, andererseits hingegen sollte er auch intensive technische Hilfe und Beratung bei der organisationsmäßigen und institutionellen Umsetzung beinhalten. Je nach Stand der Entwicklung wäre die Stellung einer Garantie vertretbar oder nicht. Realistischerweise sollte sie nur sehr vorsichtig verwendet werden und nur dann, wenn ein Land schon einen gewissen positiven Track-record vorweisen kann. Grundsätzlich wäre dieses Instrument allerdings geeignet, die Rechtssicherheit für die Teilnehmer an einer Transaktion deutlich zu erhöhen. Bei der Abdeckung von politischen Risiken stellt sich jedoch immer auch die Frage nach den anzuwendenden Entschädigungsregeln im Falle der Inanspruchnahme, da die Höhe eines sich aus dem Garantiefall ergebenden Schadens oft schwierig zu ermitteln ist. Wenn gesetzmäßig verankerte Rechtspositionen gegen eine offensichtlich mißbräuchliche Rechtsanwendung mit Enteignungscharakter versichert würden, dürfte diese noch schwerer zu beantworten sein.

153

2.2. Die Einbindung privater Rückversicherungsmärkte für politische und institutionelle Risiken Bisher wurden in diesem Unterkapitel bestehende Instrumente von Entwicklungsbanken zur Abdeckung von politischen und institutionellen Risiken untersucht und weitergehende Vorschläge daran angeschlossen. Kap. IV, A, definierte, daß im Rahmen dieser Arbeit unter dem Begriff supranationale Entwicklungsbank eine Organisation verstanden wird, die den privaten Sektor in Emerging Markets mit Hilfe marktwirtschaftlich orientierter Instrumente fördert. Dies impliziert auch, daß eine Entwicklungsbank für die Gewährung einer Teilgarantie marktgerecht, d.h. risikoangepaßt bezahlt werden sollte. Der Vorteil für die Projektgesellschaft besteht darin, daß die Entwicklungsbank ein Agent ist, der dieses Risiko mit seinem besonderen Status am ehesten tragen und damit dessen Abdeckung auch am billigsten zur Verfügung stellen kann. Der Test, inwieweit die Entwicklungsbank diese Leistung tatsächlich zu Marktkonditionen anbietet, wäre, einen Teil der in Deckung genommenen Risikosumme von privaten Versicherungen rückversichern zu lassen. Dadurch würde sich außerdem die Kapitalbasis für politische und institutionelle Garantien erheblich verbreitern. Die MIGA geht bereits seit kurzem diesen Weg und beginnt Kooperationen mit einigen namhaften privaten Versicherern.335 Sinnvoll wäre es, supranationale Garantiegeber zu verpflichten, einen gewissen Prozentsatz der von ihnen innerhalb eines Jahres in die Bücher genommenen Risiken oder, falls realistisch, eines jeden Risikos an den privaten Versicherungsmarkt weiterzugeben.

335

MIGA, Annual Report 1998, S. 5 und 6: „MIGA acts as insurer-of-record for the entire amount at risk, but it retains only a portion for its own account while private insurers cover the remainder.“

154

ZUSAMMENFASSUNG DER UNTERSUCHUNGSERGEBNISSE IN THESEN Thema dieser Arbeit war, Projektfinanzierungen in Emerging Markets mit Hilfe eines entscheidungsorientierten Ansatzes aus institutionenökonomischer Sicht zu analysieren. Unter Emerging Markets wurden Länder verstanden, die für Investoren aufgrund erwarteter hoher Wachstumsraten und positiver Entwicklungsaussichten attraktiv erscheinen. Andererseits befinden sich diese Länder meist in ökonomischen und gesellschaftlichen Umbruchsituationen und sind daher oft von einer gewissen Instabilität geprägt. Dies bringt für Kapitalgeber institutionell bedingte Risiken mit sich, die sich allerdings in ihrer konkreten Ausprägung regional unterscheiden. Der verwendete methodische Ansatz erlaubte es, die für Projektfinanzierungen relevanten Entscheidungssituationen daraufhin zu untersuchen, welche Transaktionskosten im Einzelfall bestehen und wie ein Vorhaben ggf. strukturiert und realisiert werden kann. Ausgangspunkt der Betrachtung waren Individual- und Kollektivakteure, die in ihren Handlungen von Interessen und Werten sowie formellen, informellen und materiellen Restriktionen, die sie zu beachten haben, geleitet werden. Der Vorteil des Ansatzes bestand darin, daß er an eine Problemstellung angepaßt flexibel anwendbar war. Im folgenden seien die aus der Untersuchung der Arbeit resultierenden Erkenntnisse in Thesen zusammengefaßt: • Projekte in Emerging Markets können beträchtlichen Enteignungs- und Dispositionsrisiken durch staatliche Institutionen ausgesetzt sein, z.B. durch eine diskriminierende Gesetzgebung, eine unsichere Rechstanwendung oder bei diskretionärem bzw. willkürlichem Verhalten von Teilen der Exekutive. Sofern eine Projektgesellschaft vor der Durchführung eines Projektes bei staatlichen Entscheidungsträgern über entsprechenden Einfluß verfügt, wird sie eventuell versuchen, Zusicherungen zu erhalten im Hinblick auf den Schutz bestimmter Property-rights und die Einräumung einer bevorzugten Behandlung. Die Zuverlässigkeit solcher Zusicherungen hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. • Unter Währungsrisiko verstand diese Arbeit, daß die Währung eines Landes großen Schwankungen unterworfen ist oder die Wahrscheinlichkeit für eine zukünftige reale Abwertung mit erheblichen Auswirkungen auf den Geschäftsplan eines Vorhabens relativ hoch ist. Dies hat v.a. Konsequenzen für Projekte, die sich in ausländischer Währung finanzieren, ihre Einnahmen hingegen in inländischer Währung generieren. Wenn als Folge einer Krise Konvertierungs- und Transferbeschränkungen eingeführt werden, wirkt sich dies besonders drastisch aus. Die Währungsentwicklung in Emerging Markets wird kurz- und mittelfristig häufig durch externe Faktoren wie der Konjunktur- oder der Entwicklung der Weltwirtschaft beeinflußt, mittel- und langfristig jedoch eher von den makroökonomischen Daten einer Volkswirtschaft und der wirtschaftspolitischen Ausrichtung eines Landes sowie den jeweiligen institutionellen Rahmenbedingungen. Eine Beurteilung des Währungsrisikos hat sich an diesen Faktoren zu orientieren. 155

• Die Projektgesellschaft steht mit verschiedenen Parteien in Vertragsbeziehungen, um ihre Projektleistung erbringen zu können. In Verträgen werden Handlungs- und Verfügungsrechte zwischen den Parteien abgegrenzt. Läßt sich ein Vertragspartner von der Projektgesellschaft ohne größere Transaktionskosten durch einen anderen ersetzen, steigt die Wahrscheinlichkeit, daß er sich kooperativ verhält. Besteht hingegen eine relativ große Abhängigkeit, ist die Projektgesellschaft bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf die bestehende Rechtsordnung angewiesen. Im Extremfall wären die Investitionskosten verloren (sunk costs), wenn die Gegenleistung der anderen Seite ausbleibt. Unabhängig davon ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, daß Chancen und Risiken zwischen den Beteiligten fair verteilt sind, damit ein Interessengleichgewicht auch langfristig erhalten bleibt. • Nach der vorangegangenen allgemeinen Erörterung behandelte die Arbeit Infrastrukturfinanzierungen von Konzessionsprojekten, die häufig volkswirtschaftlich strategische Bereiche betreffen. In einem Konzessionsvertrag haben sich die Projektgesellschaft und der Staat auf die Bedingungen hierfür zu einigen. Gibt es ein öffentliches Interesse an einer Investition, würde dies auch einen Beitrag der öffentlichen Hand im Rahmen einer PPP rechtfertigen, um ihre Realsierung zu gewährleisten. • Bei der Aushandlung eines Konzessionsvertrages stehen sich die Verwaltung und der politische Sektor eines Landes sowie die Projektgesellschaft gegenüber. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Transaktionskosten hängen zum einen von der strategischen Grundeinstellung der Regierung und Bevölkerung gegenüber der Privatisierung von Infrastruktur sowie den individuellen Interessenlagen der beiden Verhandlungsseiten ab. Die öffentliche Hand stellt dabei jedoch keinen einheitlichen Block dar. Es gibt in der Regel mehrere Fraktionen (z.B. verschiedene Ministerien), die sich mit ihren relativen Gewichten in den Verhandlungsprozeß einbringen. Zum anderen beeinflussen der formelle-rechtliche Rahmen sowie das Vergabeverfahren die Höhe der Transaktionskosten. Für die Projektintitiatoren gilt es, eine konkrete Konstellation richtig einzuschätzen und ihre Verhandlungsstrategie daran zu orientieren. • Da der Nutzen einer ausländischen Präsenz nach Beendigung der Investitionsphase aus der Sicht eines Landes in der Regel deutlich abnimmt, besteht die Gefahr, daß sich der politische Sektor oder die Bürokratie opportunistisch zu verhalten beginnen. Gelegenheiten hierzu ergeben sich z.B. daraus, daß in Konzessionsverträgen nicht alle zukünftigen Ereignisse abschließend geregelt werden können und deshalb im Zeitverlauf Anpassungen an die Realität vorzunehmen sind. Aus diesem Grund sind von der Projektgesellschaft das regulatorische Umfeld sowie die Entscheidungsprozesse innerhalb eines Landes bzw. im Verhältnis zu ihr vor einem Engagement sorgfältig zu prüfen.

156

• Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Spielregeln für ein Vorhaben so zu konzipieren, daß eine ausländische Präsenz als weniger nachteilig empfunden wird und dessen politische Akzeptanz steigt. So wäre bei einer Trennung von Eigentum und Handlungs- und Verfügungsrechten eine Projektgesellschaft zwar weiterhin in der Lage, eine ausreichende Rendite zu erwirtschaften, würde dabei aber nicht mehr so deutlich in Erscheinung treten. Zudem sollte die Projektgesellschaft einen Anreiz haben, bei ihrer Leistungserstellung Effizienzgewinne zu realisieren, die anschließend zwischen ihr und der öffentlichen Hand nach einem fairen Schlüssel aufgeteilt werden könnten. Andere mögliche Regelungen wären, im Konzessionsvertrag eine gewisse Flexibilität bei der Anpassung eines Projektdesigns an veränderte Rahmenbedingungen zuzulassen, die Dauer der Konzessionsperiode sinnvoll zu bemessen sowie abgestufte Konfliktlösungsmechanismen festzulegen. Die konkrete Ausgestaltung einzelner Maßnahmen kann jedoch immer nur situationsangepaßt erfolgen. Wird beispielsweise die Konzessionsdauer relativ kurz gehalten, sind ggf. staatliche Unterstützungszahlungen (siehe Kap.II, B, 5.3.) für eine Projektgesellschaft notwendig, wenn bestehende Renditeanforderungen andernfalls nicht zu erfüllen wären. • Institutionelle Risiken, die bei Konzessionsprojekten in Emerging Markets häufig auftreten, sind Genehmigungsrisiken bei Planung und Durchführung eines Projektes, rechtliche Risiken, das Risiko der Gebührenerhebung sowie Währungsrisiken. • Das Planfeststellungsverfahren sollte vor Projektbeginn idealerweise weitgehend abgeschlossen sein. Die Erteilung von entsprechenden Bewilligungen und deren Einhaltung ist Grundlage des gesamten Realisierungsprozesses eines Projektes. Für die Sponsoren gilt es, potentielle Problemaspekte soweit als möglich zu identifizieren. Ggf. wäre es vorteilhaft, Stabilisierungsklauseln in den Konzessionsvertrag einzubauen, die dazu dienen, die ausländischen Vertragspartner vor Änderungen der verwaltungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu schützen. Rechtliche Risiken bei der Umsetzung des Konzessionsvertrages entstehen, wenn dritte Parteien gegen einzelne Bestandteile (z.B. das Recht, für die Projektleistung bestimmte Gebühren zu erheben) gerichtlich vorgehen. Das Risiko unberechenbarer Urteile dürfte in Emerging Markets tendenziell hoch sein. Das Konzept der zurechenbaren Risikotragung würde erfordern, daß der Staat die Partei darstellt, die ein solches Risiko trägt. Allerdings stimmt dies mit der Realität häufig nicht überein. • Private Infrastrukturprojekte finanzieren sich zu einem großen Teil durch Gebühreneinnahmen. Probleme entstehen insbesondere dort, wo bestimmte Leistungen in der Vergangenheit subventioniert wurden und die Konsumenten es gewohnt waren, diese sehr billig zu erhalten, wenn auch oft in einer erheblich schlechteren Qualität (z.B. in Osteuropa). Zu befürchten ist, daß die Umstellung auf Preise, die sämtliche Kosten beinhalten, nicht von sozialer Akzeptanz getragen wird. Günstig wäre, wenn durch Reformmaßnahmen bereits vor der Einleitung eines Privatisierungs157

programmes eine Anhebung der Gebühren und eine Verbesserung der Zahlungsmoral der Konsumenten eingeleitet würde. Die Projektgesellschaft würde so weniger mit den negativen Begleiterscheinungen einer Investition in Verbindung gebracht werden. Erweisen sich trotz eines stufenweisen Vorgehens Gebühren in einer bestimmten Höhe als nicht tragbar, behält sich der Staat für diesen Fall das Recht vor, auch nachträglich geringere Gebühren festzulegen, wenn er die Projektgesellschaft hierfür entsprechend entschädigt. • Bei einer PPP gehört es zum Aufgabenbereich eines Staates, eine gewisse makroökonomische Stabilität für die Durchführung eines Vorhabens zu gewährleisten. Dies würde es auch rechtfertigen, die Kapitalgeber gegen einen deutlichen Währungsverlust zumindest teilweise zu versichern. In der Wirklichkeit sieht der Konzessionsvertrag eher vor, daß es bei realen Abwertungen zu einer Gebührenanpassung kommt. Ein dauerhafter, tiefgreifender Währungseinbruch läßt sich jedoch auch vertraglich kaum absichern, wenn dies ökonomisch nicht mehr haltbar ist. • Bei Infrastrukturprojekten in Emerging Markets bestehen oft Markt- und andere unternehmerische Risiken, die die privaten Beteiligten nicht alleine, ohne eine Unterstützung der Öffentllichen Hand, zu tragen bereit sind. Ein intelligenter Einsatz staatlicher Ressourcen dürfte für ein Land im Normalfall vorteilhafter sein als die vollständige Finanzierung eines Vorhabens über den Staatshaushalt. Bei der Anwendung entsprechender Instrumente für diesen Zweck lassen sich grundsätzlich zwei Kategorien unterscheiden. Die eine Kategorie kommt nur bei negativer Abweichung des Projektes vom Base-case-Szenario zum Einsatz. Maßgeblich für Kreditgeber und Investoren ist hier zunächst nur das Projektrisiko. Der mögliche Rückgriff auf die öffentliche Hand dient der Projektgesellschaft bei einer negativen Entwicklung als zusätzliches Reservepolster. Typische Beispiele hierfür sind staatliche Garantien zur Flexibilisierung der Finanzierungsstruktur oder eine Cash-Ausfall-Garantie der öffentlichen Hand (Kap.II, B, 5.3.b) und c)). Bei einer zweiten Kategorie von Instrumenten kann die Wirtschaftlichkeit des Projektes ohne staatliche Unterstützung nicht sichergestellt werden und diese geht deshalb in den Geschäftsplan explizit mit ein. Typische Beispiele sind Subventionen und Direktzahlungen oder Abnahmeverträge mit staatlichen Einheiten (Kap.II, B, 5.3.a) und d)). In diesem Fall besteht von Beginn an sowohl ein Projekt- als auch ein Kreditrisiko des Staates und beide Risiken sind zufriedenstellend zu beurteilen, bevor ein Engagement von Sponsoren und Kreditgebern grundsätzlich erwogen werden kann. Beurteilungskriterium für die Effizienz eines Instrumentes ist somit einerseits, inwieweit es einem Projekt zusätzliche Stabilität verleiht und zu einem Interessengleichgewicht beiträgt und andererseits, ob es an die finanzielle Situation eines Landes angepaßt ist. • Das Verhältnis zwischen Fremdkapitalgebern und der Projektgesellschaft wurde in der Arbeit als Principal-Agent-Beziehung aufgefaßt. Die Fremdkapitalgeber nahmen dabei die Rolle des Principals wahr und die Projektgesellschaft die des 158

Agents. Aus der Sicht der Fremdkapitalgeber ist entscheidend, daß diejenigen Akteure Kontroll- und Leitungsbefugnisse innerhalb einer Projektgesellschaft wahrnehmen, die am besten dazu geeignet sind. Man benötigt von diesen Parteien ein Glaubwürdigkeitssignal, z.B. in Form eines ausreichend hohen Anteils am Eigenkapital, daß sie bereit sind, die ihnen zugedachte Rolle auch während der Kreditlaufzeit auszuüben. Bei einem Infrastrukturprojekt kann dies jedoch den Interessen der öffentlichen Hand widersprechen, die häufig eine anteilsmäßige Kontrolle über die Tätigkeit der Projektgesellschaft behalten möchte. Deshalb sind in einer solchen Situation innovative Lösungen gefragt, wie sie z.B. bei den Budapester Wasserwerken aufgezeigt wurden. Eine transparente Projektstruktur hilft darüber hinaus, Verantwortlichkeiten zwischen den Beteiligten klar und eindeutig aufzuteilen. Bei Projekten, bei denen ein bestehendes Mangement bzw. eine Belegschaft zu integrieren oder teilweise zu ersetzen sind, ist eine sorgfältige Personalplanung unabdingbar, damit vorgesehene Effizienzgewinne auch realisierbar sind. • Auszahlungsbedingungen und Covenants dienen den Fremdkapitalgebern zur Steuerung des Verhaltens der Projektgesellschaft als Kollektivakteur. Covenants lassen sich äußerst flexibel einsetzen und finden sowohl als Verbote (z.B. Einschränkung der Investitionspolitik) als auch als Gebote (z.B. Erreichung bestimmter Finanzkennziffern) Anwendung. Die von Covenants ausgehenden Anreizwirkungen richten sich nicht zuletzt nach den mit ihnen verbundenen Transaktionskosten. Einerseits muß ihre Einhaltung nachprüfbar sein, was in manchen Ländern (z.B. China) große Schwierigkeiten bereiten kann. Andererseits sind die Kreditgeber im Falle ihrer Verletzung auf die Durchsetzbarkeit der hierfür vorgesehenen Rechtsfolgen (u.a. Restrukturierung, Fälligstellung, Verwertung der Sicherheiten oder Insolvenzverfahren) angewiesen. Bestehen in dieser Hinsicht ungünstige institutionelle Voraussetzungen, sollten die Kreditgeber, sofern möglich, auf die Stellung von Sicherheiten im Ausland bestehen. So werden z.B. bei Hotelprojekten regelmäßig Kredikartenorganisationen verpflichtet, entsprechende Einnahmen der Projektgesellschaft über ein ausländisches Treuhandkonto zu transferieren, auf das die involvierten Banken Zugriff haben. • Ungeachtet einer guten Projektstruktur ist der private Kapitalmarkt jedoch in bestimmten Ländern und Regionen nicht bereit, bestimmte Projekte zu finanzieren, da die institutionellen Rahmenbedingungen als unzureichend angesehen werden. Dabei kann ein Vorhaben trotzdem wirtschaftlich sinnvoll und rentabel sein. Insofern stellte sich die Frage, inwiefern Ressourcen von supranationalen Entwicklungsbanken so eingesetzt werden können, daß eine Realisierung solcher Projekte mit privater Beteiligung doch möglich wird. Unter einer supranationalen Entwicklungsbank wurde im Rahmen dieser Arbeit ein öffentliches Kreditinstitut verstanden, das von einer Reihe von Mitgliedsländern getragen wird und die Aufgabe hat, die langfristige Finanzierung von Investitionsvorhaben mit entwicklungspolitischer Bedeutung zu fördern. Dabei wurden ausschließlich marktwirtschaftlich orientierte

159

Instrumente betrachtet, die privaten Projekten zugute kommen und die weder direkte noch indirekte Subventionen beinhalten. • Im Blickpunkt der Analyse standen zwei unterschiedliche Ansätze. Der eine Ansatz bedeutete gemeinsame Risikotragung unter dem Dach der Entwicklungsbank, die aufgrund ihres Status in der Lage ist, zur Senkung von Transaktionskosten für alle Kreditgeber und unter Umständen sogar für die Eigenkapitalgeber beizutragen. Die Untersuchung dieses Ansatzes erfolgte zu einem großen Teil anhand der Beispiele EBRD und IFC. Beim zweiten Ansatz übernahm eine Entwicklungsbank einzelne institutionelle und politische Risiken ausschließlich, während die wirtschaftlichen Risiken von den übrigen Kapitalgebern alleine getragen werden mußten. Ausgehend von bestehenden Konzepten wurden hier weitergehende Vorschläge unterbreitet. • Grundlage für die besondere Stellung supranationaler Entwicklungsbanken ist ein Konsens unter den Mitgliedsländern in bezug auf ihre Unternehmensverfassung. Alle Länder verpflichten sich darin, das Eigentum der Entwicklungsbank, worunter auch Darlehen und Eigenkapitalbeteiligungen fallen, zu schützen und vor eventuellen Beschränkungen, wie z.B. Kapitalverkehrskontrollen, zu befreien. Hieraus erklärt sich die Wirkung des Schutzschirmes, der von der Teilnahme der Entwicklungsbank an einem Projekt ausgehen soll. Ein Vorhaben kommt unter Einbeziehung einer supranationalen Entwicklungsbank zudem nur zustande, wenn das entsprechende Land, in dem das Projekt stattfindet, diesem ausdrücklich zustimmt. • Es gehört nicht zur Aufgabe einer Entwicklungsbank, wie der EBRD, Projekte zu finanzieren, die private Geschäftsbanken auch alleine durchführen würden. Sie soll sich nur dort engagieren, wo sie einen Mehrwert einbringt, mit dessen Hilfe ein Projekt überhaupt oder in einer bestimmten Struktur (z.B. privat finanziert) zu verwirklichen ist. Andererseits muß ein Vorhaben jedoch auch wirtschaftlich rentabel sein und einer dementsprechenden Überprüfung standhalten. • Eine supranationale Entwicklungsbank besitzt gewisse Vorteile bei der Initiierung eines Projektes. So erleichtern es ihre Sonderstellung und ihre umfangreichen Kontakte in den einzelnen Zielländern, vorhandene Projektpotentiale zu erkennen und ggf. ein Land davon zu überzeugen, entsprechende Reformmaßnahmen und Veränderungen einzuleiten, die für die Realisierung eines Vorhabens notwendig sind. Auf der anderen Seite sind private Geschäftsbanken in der Regel selbst recht gut in der Lage, mögliche Geschäftspotentiale zu entdecken, wenn es sie denn gibt. Auch sie können mit dem politischen Sektor und der Verwaltung eines Landes in Verhandlungen treten, als deren Ergebnis eine wesentliche Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen steht, was die Aussichten auf den Erfolg eines Projektes steigert. Dies setzt allerdings die Bereitschaft eines Landes hierfür voraus.

160

• Auf Basis des in ihrer Verfassung niedergeschriebenen Unternehmenszieles, wirtschaftliche Reformen in ihren Zielländern zu fördern, formulieren Entwicklungsbanken ihre kurz- mittel- und langfristigen Strategien. Diese stellen für die betreffenden Projektmanager in den operativen Einheiten Vorgaben dar, die umzusetzen sind. Dabei läßt sich kaum vermeiden, daß es auch zur Finanzierung von riskanteren Projekten kommt, v.a. in Regionen, in denen diese Vorgaben ansonsten nicht zu erfüllen wären. Um hierfür jedoch die notwendigen Reserven zu legen, wird das Risikomanagement vermutlich darauf bestehen, daß man sich zum Ausgleich auch an Projekten beteiligt, die vom Ertrags-Risiko-Verhältnis aus betrachtet attraktiv erscheinen, selbst wenn dort das Engagement einer Entwicklungsbank eigentlich nicht unbedingt erforderlich wäre. Die relativ große Streuungsbreite bei der Risikoverteilung des Portfolios der EBRD deutet darauf hin, daß es wahrscheinlich von Beginn an zu einer Auswahl guter und schlechter Risiken kommt, auch wenn dies eigentlich nicht im Einklang mit den offiziellen Geschäftsgrundsätzen steht. • Der oben genannte Schutzschirm beim Ansatz Risikotragung unter dem Dach einer Entwicklungsbank entfaltet sich erst nach Inkrafttreten der Kreditverträge. Am effektivsten funktioniert er, wenn ein Land Kapitalverkehrsbeschränkungen oder Zahlungsmoratorien einführt, da supranationale Entwicklungsbanken hiervon tatsächlich zumeist ausgenommen werden. Rein private Kreditgeber sind insofern gegenüber einem Konsortium unter Führung einer Entwicklungsbank benachteiligt. Über diesen Fall hinaus soll sich der Schutzschirm immer dann auswirken, wenn bei einem Projekt institutionell oder politisch bedingte Problem auftreten. Die Entwicklungsbank vertritt dabei zunächst die Kreditgeber des Bankenkonsortiums. Die Eigenkapitalgeber können je nach Einzelfall hiervon profitieren. Von der Idee her unterrichtet die Entwicklungsbank den bei ihr ansässigen Direktor des Landes, in dem sich das Projekt befindet, von den vorhandenen Schwierigkeiten. Beabsichtigt ist, daß der Direktor anschließend Kontakt aufnimmt zur zuständigen politischen Entscheidungsebene, z.B. einem Ministerium, die dann ggf. intervenieren soll und negative Beeinträchtigungen auf das Projekt behebt. • Erste Voraussetzung, daß der dargestellte Mechanismus einsetzt, ist, daß ein bestehendes Problem rechtzeitig erkannt und zum Verhandlungsgegenstand mit einem Land gemacht wird. Der Nachweis, daß sich staatliche Institutionen tatsächlich opportunistisch und unzulässig (im Sinne der Verfassung der Entwicklungsbank) verhalten haben, stellt im Einzelfall allerdings oft eine Gratwanderung dar. Da aber eine Klärung durch ein Schiedsgericht nicht erfolgt, hängt der weitere Verhandlungsprozeß eher von den konkreten Interessenlagen und der Verhandlungsmacht der beiden Partner „supranationale Entwicklungsbank“ und „Empfängerland“ zu einem bestimmten Zeitpunkt ab. Es darf erwartet werden, daß beide Kollektivakteure in ihrem Verhältnis zueinander bestimmte Prioritäten setzen. Die Probleme mit einem konkreten Projekt stehen damit automatisch in einem größeren Gesamtzusammenhang. Im diplomatischen Verhandlungsprozeß verfolgen beide Parteien ihnen wichtig erscheinende Themen mit besonderem 161

Nachdruck. Aus einem Kalkül heraus verzichten sie eher, im Austausch für Zugeständnisse dort, auf positive Ergebnisse bei anderen Dingen, die in ihrer individuellen Prioritätenskala nachrangige Bedeutung haben. Für die Geschäftsbanken in einem Konsortium, die sich im Innenverhältnis bei der Durchsetzung ihrer Gläubigerrechte weitgehend auf die Entwicklungsbank verlassen, ergibt sich daraus eine gewisse Unsicherheit im Hinblick auf den Ausgang des Verhandlungsprozesses über ihr Kreditengagement. • Da eine bloße Teilnahme von Entwicklungsbanken bei Projektfinanzierungen also unklar läßt, welche Risiken hierdurch tatsächlich abgemildert werden, plädiert die Arbeit grundsätzlich für den zweiten oben erwähnten Ansatz, der eine deutlichere Identifizierung und Separierung von Risiken vorsieht. Supranationale Entwicklungsbanken sollten Teilgarantien gewähren, für die sie eine marktkonforme Prämie erhalten. Sie sind am ehesten in der Lage, politische und institutionell bedingte Teilrisiken zu übernehmen. • Beispiele für bereits bestehende Instrumente zur Einräumung von Teilgarantien sind die Weltbank-Garantie für Fremdkapitalgeber, der Investitionsschutz durch die MIGA und die „Specific event guarantee for co-financiers“ der EBRD. Teilgarantien eignen sich besonders gut, um staatliche Zusagen abzusichern, da sich in diesem Fall der abgedeckte Ereignisumfang normalerweise eindeutig definieren läßt. Die Einräumung einer Gegengarantie des betreffenden Staates gegenüber der Entwicklungsbank nimmt diesen ebenfalls in die Pflicht und veranlaßt ihn, entsprechende Maßnahmen zu treffen, um einen Schadensfall möglichst zu vermeiden. Garantien für staatliche Zusagen sollten an Covenants über dessen Finanzgebahren gebunden werden. Dies umfaßt eine detaillierte Informationspflicht und Haushaltsgrundsätze, die einzuhalten sind. • Die Arbeit argumentiert, daß es unter gewissen Voraussetzungen sogar denkbar wäre, Investoren und Fremdkapitalgeber gegen eine investitionsfeindlichen Gesetzgebung und Rechtsanwendung abzusichern. Eine solche Absicherung erfordert jedoch eine enge Koordination mit dem IWF. Dieser verlangt vor der Auszahlung hoher Kreditsummen an in eine Krise geratene Länder zunehmend die Einführung tiefgreifender institutioneller Reformen als Auflage. Dabei besteht die Gefahr des Moral Hazards, da viele Reformen erst nach Auszahlung eines Kredites umgesetzt werden. Es wäre deswegen vorteilhaft, wenn die Spielregeln für zukünftige Hilfsmaßnahmen bereits vor einer Krise festgelegt und diese eher in kleinere Pakete zerlegt werden. Der IWF und ein entsprechendes Land würden sich idealerweise in einem Rahmenvertrag auf die Schaffung und Einhaltung bestimmter investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen einigen. Lassen sich einzelne Maßnahmen konkret fassen, könnte eine supranationale Entwicklungsbank, die mit dem IWF abgestimmt handelt, die Einhaltung solcher Zusagen (z.B. zu Steuer- oder Investitionsgesetzen) auch projektbezogen gegenüber Kapitalgebern garantieren. Eine entsprechende Gegengarantie des Staates würde jeweils bekräftigen, daß er 162

sich an die getroffenen Vereinbarungen mit dem IWF weiterhin gebunden fühlt. Der IWF sollte eine zukünftige Unterstützung im Krisenfall davon abhängig machen, inwieweit sich ein Land bei solchen Garantieprogrammen an die Vereinbarungen hält. • Wie bereits in der Einleitung beschrieben, wollte die Arbeit aus der Praxis gewonnene Erkenntnisse systematisieren und auf ein theoretisches Fundament stellen. Sie griff dabei fallbezogen auf bestehendes Wissen zurück, das sie zu einem eigenen Denkansatz weiterentwickelte. Die Arbeit versuchte, die mit einer Projektfinanzierung in Emerging Markets verbundenen Implikationen zu verdeutlichen und ggf. Lösungalternativen zur Überwindung möglicher Schwierigkeiten anzubieten. Sie beleuchtete intensiv die Rolle, die dabei supranationale Entwicklungsbanken einnehmen und endete mit einer Erörterung, wie die zur Verfügung stehenden Mittel internationaler Finanzinstitute optimal kombiniert und möglichst effizient eingesetzt werden.

163

LITERATURVERZEICHNIS ABS, Hermann, Länderrisiken im internationalen Kreditgeschäft, in: Die Bank 12/81, S. 588 ff. ADAMS, Michael, Eigentum, Kontrolle und beschränkte Haftung, Nomos-Verlag, Baden-Baden, 1991. • Ökonomische Analyse der Sicherungsrechte, Athenäum-Verlag, Königstein/Ts. 1980. AHRENS, Joachim, Theoretische Grundlagen für die Transformationspolitik in Rußland, in: Osteuropa-Wirtschaft, 42. Jhg., 1/1997, S. 1 ff. ALCHIAN, Armen A./DEMSETZ, Harold, Production, Information Costs, and Economic Organization, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 75 ff. AXELROTH, Robert, Die Evolution der Kooperation, Oldenburg-Verlag, München. BACKHAUS, Klaus/SANDROK, Otto/SCHILL, Jörg/Uekermann, Heinrich, Projektfinanzierung – wirtschaftliche und rechtliche Aspekte einer Finanzierungsmethode für Großprojekte, C.E. Poeschel Verlag, Stuttgart 1990. BAKER, Lucy, An Affair to remember, in: Project Finance (Euromoney Publication), London May 1999, S. 20 ff. BRUNETTI, Aymo/KISUNKO, Gregory/WEDER, Beatrice, Institutional Obstacles to Doing Business – Region-by-Region Results from a Worldwide Survey of the Private Sector, World Bank Policy Research Working Paper 1759, April 1997. BUCHANAN, James M./TULLOCK, Gordon, The Calculus of Consent – Logical Foundations of Constitutional Democracy, The University of Michigan Press 1992. BUCKLEY, Peter J./CASSON, Mark, Joint Ventures, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 410 ff. BURGESS, Robin/STERN, Nicholas, Taxation and Development, in: Journal of Economic Literature, Vol. XXXI, Juni 1993, S. 762 ff. CAHILL, Brian/MORITA, Takahiro, Chinese Infrastructure – Searching for Fundamentals, in: Project Finance Yearbook 1999, IFR Publishing, S. 66 ff.

164

CAMDESSUS, Michel, Before the next Crisis begins, in: The Washington Post, 27. September 1998. CAPLEN, Brian, Losing Other People`s Money, in: Euromoney, April 1999, S. 56 ff. CARBAJO, José/FRIES, Steven, Restructuring Infrastructure in Transition Economies, Working Paper 24, EBRD 1997. CAVENAGH, Andrew, Private Sector Funding of Water and Sewerage on the up, in: Project Finance International, Issue 150, July 29th, 1998, S. 63 ff. • LUKoil Banks in Switch to Project Finance Deals, in: Project Finance International, Issue 152, September 9th, 1998, S. 33. • Enron moves into Polish Power, in: Project Finance International, Issue 150, July 29th, 1998, S. 52 ff. CLAUDY, Peter/HOLLER, François J. Georg, Strukturierung von Projektfinanzierungen über den Kapitalmarkt am Beispiel von Private Public Parnerships (PPPs), in: Handbuch Europäischer Kapitalmarkt, hrsg. Detlev Hummel und Rolf Breuer, Gabler-Verlag, geplanter Erscheinungstermin September 2000. CLIFFORD CHANCE, Project Finance, IFR Publishing, 1991. COASE, R.H., The Nature of the Firm, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 40 ff. COZINE, Dan/HALE, William, Eco Eléctruca: First Combined Power/LNG Terminal Project Financing, in: Project Finance Yearbook 1998/99, Euromoney Publications, London 1998, S. 78 ff. CROCKETT, Andrew, Capital Flows to Emerging Markets: What Have We Learned?, University of Birmingham, Oktober 1995. CROTHERS, John D., Project Financing of Toll Motorways in Central and Eastern Europe: A Signpost for Transition?, in: Law in Transition, EBRD Spring 1997, S. 6 ff. DE BEER, Shane, Production Sharing Agreements in Russia, in: Financial Times East European Business Law, November 1997, S. 6 ff. DEUTSCHE BUNDESBANK, Monatsbericht April 1999, Zur Bedeutung von Fundamentalfaktoren für die Entstehung von Währungskrisen in Entwicklungsund Schwellenländern, S. 15 ff. DIE WELT, 22. Mai 1999, Noch hoffen drei Bieter auf eine Geldquelle. 165

DOWNS, A., Inside Bureaucracy, Little, Brown, Boston 1967. DRISCOLL, David D., What is the International Monetary Fund?, External Relations Department, Publication Services, IMF, Washington D.C. 1998. DUKE, Joanne C./HUNT III, Herbert G., An Empirical Examination of Debt Covenant Restrictions and Accounting-related Debt Proxies, in: Journal of Accounting and Economics Volume 12 (1990), North-Holland Amsterdam, S. 45 ff. DUNLEAVY, Patrick, Democracy Bureaucracy & Public Choice – Economic Explanations in Political Science, Harvester Wheatsheaf, New York & London u.a. 1991. EDWARDS, Ben, How to finance Projects in Risky Countries?, Euromoney January, S. 86 ff. ELSEY, Mark/HURST, Philip, Supply and Offtake Contracts, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 1, Hong Kong 1995, S. 1996 ff. ENGELEN, Klaus C., Neue Fronten in der Diskussion um öffentliche Finanzspritzen, Handelsblatt 22.9.1999, S. 47. EUROPEAN BANK FOR RECONSTRUCTION AND DEVELOPMENT, Annual Report 1998. • Annual Report 1997. • Annual Report 1996. • Transition Report 1994. • Transition Report 1996. • Transport Operations Policy, London 1997. • Municipal and Environmental Infrastructure, London 1999. • Financing with the EBRD, London 1998. • Office of the Chief Economist, International Conference on Public-Private Partnership, Amsterdam March 31st-April 1st (schriftlich niedergelegter Vortrag). FAIRGRIEVE, Duncan, Provision of Security in Transition Countries, in: Law in Transition, EBRD Spring 1998, S. 1 ff. FINANCIAL TIMES EAST EUROPEAN BUSINESS LAW, November 1997, S. 2. FISCHER, Stanley, Reforming World Finance – Lessons from a Crisis, in: The Economist, October 3rd, 1998. • In Defense of the IMF: Specialized Tools for a Specialized Task, in: Foreign Affairs, July/August 1998. 166

• Make IMF Aid pay off, in: South China Morning Post, September 17th, 1998. FLINTOFF, Anthony/WILKINS, Michael/EDDY, Jane, Water and Wastewater Utilities, Projects and Concessions, in: Standard Poor`s Infrastructure Finance, September 1998, S. 46 ff. FLYNN, Ruth, Principal Organizations, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 1, Hong Kong 1995, S. 41 ff. FOGEL, Robert William, Douglass C. North and Economic Theory, in: The Frontiers of the New Institutional Economics, hrsg. John N. Drobak und John V.C. Nye, Academic Press New York & London u.a. 1997, S. 13 ff. FRANKE, Günter, Zur rechtzeitigen Auslösung von Sanierungsverfahren, in: ZFB 54 Jg. (1984), H. 7/8. FRANKEL, Jeffrey A./ROSE, Andrew K., Currency Crashes in Emerging Markets: Empirical Indicators, National Bureau of Economic Research, Working Paper 5437, Cambridge Massachusetts 1996. FRYE, Russel S./ROSS, Lester, Environmental Law in Concession Projects, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 2, Hong Kong 1996, S. 133 ff. GABLER WIRTSCHAFTSLEXIKON, Wiesbaden 1988. GIBBONS, Robert/MATTEI, Ivan/HARTMAN, Michael, Finding a Way through the Maze, in: Project Finance (Euromoney Publication), London May 1995, S. 34 ff. GREGORIO, Cesaltine, Brazil tries to stay afloat as its Economy drifts, in: Project Finance International, Issue 161, January 27th, 1999, S. 48 ff. • Bridge Loans in Brazil get another Round, in: Project Finance International, Issue 156, November 4th, 1999, S. 22 ff. GREIF, Avner, On the Interrelations and Economic Implications of Economic, Social, Political, and Normative Factors: Reflections from two large medieval societies, in: The Frontiers of the New Institutional Economics, hrsg. John N. Drobak und John V.C. Nye, Academic Press New York & London u.a. 1997, S. 57 ff. GRIFFIN, Paul, Take or Pay Contracts in Liberalised Gas and Electricity Markets, in: Project Finance International, Issue 120, May 7th, 1997, S. 39 ff.

167

GROSSE, Paul B., Projektfinanzierung aus Bankensicht, in: Projektfinanzierung – Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte einer Finanzierungsmethode für Großprojekte, hrsg. Klaus Backhaus, Otto Sandrock, Jörg Schill und Heinrich Ueckermann, C.E. Poeschel Verlag, Stuttgart 1990, S. 41 ff. HADDAD, Frederick, Assessing Start-up Toll Road Construction Risk, in: Standard & Poor`s Infrastructure Finance, September 1998, S. 40 ff. HART, Oliver, An Economist`s Perspective on the Theory of the Firm, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 199 ff. HARTWIG, Karl-Hans/WELLESEN, Iris, Reformen der staatlichen Finanzwirtschaft: Zu den Funktionen staatlicher Haushaltspolitik, hrsg. Karl-Hans Hartwig und H. Jörg Thieme, Springer-Verlag, Berlin & Heidelberg 1991, S. 331. HAYEK, Friedrich, Individualism and Economic Order, The University of Chicago Press, 1948. HEALY, Paul M./PALEPU, Krishna G., Effectiveness of Accounting-based Dividend Covenants, in: Journal of Accounting and Economics Volume 12 (1990), NorthHolland Amsterdam, S. 97 ff. HERMES KREDITVERSICHERUNGS-AG, Projektfinanzierungen unter Bundesdeckung, AGA Report, Juni 1996. HIRSCHMAN, Albert O., Abwanderung und Widerspruch, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag, Tübingen 1974. HOFSTADTER, Douglas R., Kann sich in einer Welt voller Egoisten kooperatives Verhalten entwickeln?, in: Spektrum der Wissenschaft, August 1983, S. 157 ff. HÖPNER, Kai-Uwe, Projektfinanzierung – Erfolgsorientiertes Management einer bankbetrieblichen Leistungsart, Universität Göttingen 1995. HOLLER, François J. Georg/CLAUDY, Peter, The Private Financing of Airports and the Concept of PPP with a Special Focus on Eastern Europe, in: Project Finance Yearbook 1998/99, Euromoney Publication, London 1998, S. 28 ff. HURST, Philip, Developing Successful Hydropower Projects, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 2, Hong Kong 1996, S. 153 ff.

168

HUSSAIN, Althar/STERN, Nicholas, The Role of the State, Ownership and Taxation in Transitional Economies, in: Economics of Transition, Vol. 1, 1993, S. 61 ff. INTERNATIONAL FINANCE CORPORATION, Financing Private Infrastructure – Lessons of Experience, Washington D.C. 1996. • Investment Funds in Emerging Markets – Lessons of Experience Series, Washington 1996. • Raising Finance For Private Enterprises in Emerging Markets, IFC Syndications, 1997. • Annual Report 1998. INTERNATIONALER WÄHRUNGSFONDS, International Capital Markets, September 1999. • World Economic Outlook, Asset Prices and the Business Cycle, Mai 2000. JENKINSON, Tim/MAYER, Colin, Corporate Governance and Corporate Control, in: Oxford Review of Economic Policy, Vol. 8, No. 3, autumn 1992, S. 1 ff. JENSEN, Michael C./MECKLLING, William H., Theorie of the firm: Managerial behaviour, agency costs, and ownership structure, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 103 ff. JÜRGENS, Werner H., Projektfinanzierung – Neue Institutionenlehre und ökonomische Rationalität, Gabler-Verlag, Wiesbaden 1994. KASPER, Wolfgang/STREIT, Manfred E., Institutional Economics – Social Order and Public Policy, Edward Elgar, Cheltenham UK & Northampton USA, 1999. KECK, Joachim, Großprojekte des Ressourcenabbaus – Die Lösung der Risikoallokations- und Anreizprobleme mit Hilfe der Projektfinanzierung, Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 1990. KEYNES, John Maynard, General Theory of Employment, Interest and Money, 1936. KIRSCH, Guy, Neue Politische Ökonomie, Werner-Verlag, Düsseldorf 1993. KLEIN, Peter-Jörg, PPPs sind mehr als eine Vernunftsehe, in: Börsenzeitung, 29.8.1998, S. B5. KLEINEWEFERS, Henner, Reformen für Wirtschaft und Gesellschaft – Utopien, Konzepte, Realitäten, Campus Verlag, Frankfurt a. Main & New York, 1985. • Theorie der Wirtschaftspolitik – Wirtschaftsordnungstheorie, Vorlesungsverzeichnis Frühjahr 1988. 169

KLYNE, Sharon, Malaysia - The Party is over, in: Project Finance International, Issue 152, September 9th, 1998, S. 40 ff. KRUGMANN, Paul, zitiert in: The Economist, Survey Global Finance, January 30th, 1999. KRUGMANN, Paul/OBSTFELD, Maurice, International Economics - Theory and Policy, Addison- Wesley Longman Inc., 1997 KRUPANICS, Sandor, Economic Questions for Organizations Working with Concession Agreements, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 2, Hong Kong 1996, S. 17. LANKES, Hans Peter/STERN, Nicholas, Capital Flows to Eastern Europe and the Former Soviet Union, Working Paper 27, EBRD 1998. LAU, Minerva, Malaysia - Controlled yet bullish, in: in: IMF/World Bank Special Report, IFR 1999, S. 110. LEIPOLD, Helmut, Eigentum und wirtschaftlich-technischer Fortschritt - eine dogmenhistorische und vergleichende Studie, Otto A. Friedrich Kuratorium, Köln: Bachem, 1983. • Der Einfluß von Property Rights auf hierarchische und marktliche Transaktionen in sozialistischen Wirtschaftssystemen, in: Property Rights und ökonomische Theorie, Verlag Vahlen, München 1983, S. 185 ff. LOGIE, Jamie/JONES, Craig/ROSE, Norton, The Hungarian Power Sector - Current Issues in a Growing Market, in: Project Finance International, Issue 150, July 29th, 1998, S. 56. MC COMICK, Roger, Project Finance in Central and Eastern Europe, in: Butterworths Journal of International Banking and Financial Law, January 1998, S. 6 ff. MERKT, H., Investitionsschutz durch Stabilisierungsklauseln, Heidelberg 1988, zitiert in: Ueckermann, Heinrich, Risikopolitik bei Projektfinanzierungen – Maßnahmen und ihre Ausgestaltung, Deutscher Universitäts Verlag, Wiesbaden 1993. MERNA, Tony, Concession Contracts, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 1, Hong Kong 1995, S. 1 ff.

170

• Preparation and Evaluation of Concession Contract Packages, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 1, Hong Kong 1995, S. 23 ff. MIGA, Annual Report 1998 MOBIUS, Mark, Emerging Markets: Ein Wegweiser für Anleger und Investoren, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 1995. MORRISON, Rod, PPP the Rage on Central Tolls, in: Project Finance International, Issue 150, July 29th, 1998, S. 65 ff. NEVITT, Peter K./FABOZZI, Frank, Project Financing, Euromoney Publications, 1995. NISKANEN, W.A., Bureaucracy and Representative Government, Aldine-Atherton, Chicago 1973. NORTH, Douglass C., Institutions, Institutional Change and Economic Performance, Cambridge University Press 1990. • Structure and Change in Economic History, W.W. Norton & Company, New York und London 1981. NORTH, Douglass C./THOMAS, Robert Paul, The Rise of the Western World, Cambridge University Press 1973. OFFICE OF THE PRESIDENT – BOT CENTER, The Philippine BOT Program Annual Report 1997. OLSON, Mancur, The Rise and Decline of Nations – Economic Growth, Stagflation, and Social Rigidities, Yale University Press, New Haven & London 1982. • The Logic of Collective Action – Public Goods and the Theory of Groups, Harvard University Press, Massachusetts & London u.a. 1971. PANDAY, Mark, China – Biting the Bullet, in: IMF/World Bank Special Report, IFR 1999, S. 108 ff. PEEL, Doug, Legal Opinions in Transition Countries, in: Law in Transition, EBRD Summer 1996, S. 17 ff. PIGGOTT, Charles, Laying down the Law in Russia, in: Euromoney, April 1998, S. 71 ff.

171

POPPER, Karl, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Band 2, UTB, A. Francke Verlag, Tübingen 1980. PORTER, Michael E., Nationale Wettbewerbsvorteile – Erfolgreich konkurrieren auf dem Weltmarkt, Sonderausgabe Manager Magazin Edition, Wirtschaftsverlag Ueberreuter, Wien 1993. PRESS, Eric G./WEINTROP, Joseph B., Accounting-based Constraints in Public and Private Debt Agreements – Their Association with Leverage and Impact on Accounting Choice, in: Journal of Accounting and Economics, Volume 12 (1990), North-Holland Amsterdam, S. 65 ff. PRICEWATERHOUSE COOPERS, Project Finance Consulting – Projektfinanzierungen für private Unternehmen und Public Private Partnerships, März 2000. PROJECT FINANCE INTERNATIONAL (PFI), The Asian Contagion and Project Financing Prospects, Issue 143, Apil 22nd, 1998, S. 47 ff. • Hungary – Water Syndication done, Issue 150, July 29th, 1998, S. 42. • Turkey – Turcell issues bond, Issue 150, July 29th, 1998, S. 48. • Another M 1 pass, Issue 160, January 13th, 1999, S. 37-38. RAMOS, Fidel V., Forword, in: Republic Act No. 7718 and its Implementing Rules and Regulations, hrsg. Office of the President – BOT Center, Manila 1998. RAISER, Martin, Informal Institutions, Social Capital and Economic Transition: Reflections on a neglected Dimension, Working Paper 25, EBRD, December 1997. RAMASASTRY, Anita, Bankruptcy Law Reform: Recent Studies of Trends and Developments, in: Law in Transition, EBRD Spring 1998, S. 6 ff. RAPPAPORT, Alfred, Shareholder Value – Wertsteigerung als Maßstab für die Unternehmensführung, Schäffer Poeschel, Stuttgart, 1995. RICHARDSON, G.B., The Organization of Industry, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 59 ff. RIEGER, Harald, Juristische Aspekte der Projektfinanzierung, in: Projektfinanzierung - Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte einer Finanzierungsmethode für Großprojekte, hrsg. Klaus Backhaus, Otto Sandrock, Jörg Schill und Heinrich Ueckermann, C.E. Poeschel Verlag, Stuttgart 1990, S. 63 ff. SACHS, Jeffrey D./LARRAIN, Felipe B., Makroökonomik – In globaler Sicht, R. Oldenbourg Verlag München Wien, 1995. 172

SCHEPP, Frank, Praxis der Projektfinanzierung, in: Die Bank 6/96, S. 526 ff. SCHMITT, Wolfgang, Internationale Projektfinanzierung bei deutschen Banken, Fritz Knapp Verlag, Frankfurt a. Main, 1989. SCHNATZ, Bernd, Kapitalzuflüsse und Stabilisierungspolitiken in ausgewählten Emerging Markets: Eine empirische Analyse für Chile, Mexiko und Malaysia, Nomos-Verlag, Baden-Baden 1998. SCHÜLLER, Alfred, Property Rights, Theorie der Firma und wettbewerbliches Marktsystem, in: Property Rights und ökonomische Theorie, Verlag Vahlen, München 1983, S. 145 ff. SCHULTE-ALTHOFF, Monika, Projektfinanzierung – Ein kooperatives Finanzierungsverfahren aus Sicht der Anreiz-Beitrags-Theorie und der Neuen Institutionenökonomik, Lit Verlag, Hamburg 1992. SHADBOLT, Richard/JENKINS, Elizabeth, Concession Projects – Some Lessons Learned, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 2, Hong Kong 1996, S. 141. SHLEIFER, Andrei, Government in Transition, in: European Economic Review, Vol. 41, 1997, S. 385 ff. SIEHL, Elke, Privatisation in Russian`s Regions: Comparing the Oblasts Vladimir and Samara, in: Osteuropa Wirtschaft, 42 Jhg., 2/1997, S. 199 ff. SILK, Mitchell A., Critical Issues in Project Development and Project Finance in China, in: Project Finance International, Issue 146, June 3rd, 1998, S. 51 ff. SMITH, N.J., Concession Contracts as Mechanism for Dispute Avoidance, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 2, Hong Kong 1996, S. 59 ff. SMITH, Clifford W./WARNER, Jerold B., On Financial Contracting – An Analysis of Bond Covenants, in: Journal of Financial Economics, Volume 7 (1979), NorthHolland Amsterdam, S. 117 ff. SPILLERS, Curtis, Playing the Risk Game: Project Finance in Emerging Markets, in: Project Finance (Euromoney Publication), The Book of Lists 1999 (Supplement), London 1999, S. 8 ff.

173

SUEZ LYONNAISE DES EAUX, The Suez Approach to Water in Emerging Markets, in: Project Finance Yearbook 1999, IFR Publishing, S. 38 ff. SWANN, Gilbert, M1/15 Saga finally finalised, in: Project Finance International, Issue 176, September 8th, 1999, S. 38 ff. • Central Europe – Optimistic Expectations, Realistc Results, in: Project Finance International, Issue 165, March 24th, 1999, S. 79 ff. TAYLOR, John L., 1997 Legal Survey: Commercial Law Reform and the Transition Process, in: Law in Transition, EBRD Autumn/Winter 1997, S. 1 ff. THE WORLD BANK PROJECT FINANCE AND GUARANTEES GROUP, The World Bank Guarantee, Washington D.C. 1996. THIEßEN, Friedrich, in: Covenants in Kreditverträgen: Alternative oder Ergänzung zum Insolvenzrecht, ZBB 1/96, S. 19 ff. THE ECONOMIST, Survey Global Finance, January 30th, 1999. TIMÁR, András, Die M 5 – Fahrt frei für Private-Public-Partnership, in: Ost-WestContact 9/1998, S. 37 ff. • Appraising and Awarding Concessions, in: Privately Financed Concession Contracts, hrsg. A. Merna und N.J. Smith, Asia Law & Practice (a Euromoney Company) Vol. 1, Hong Kong 1995, S. 103 ff. UEKERMANN, Heinrich, Risikopolitik bei Projektfinanzierungen – Maßnahmen und ihre Ausgestaltung, Deutscher Universitäts Verlag, Wiesbaden 1993. • Technik der Internationalen Projektfinanzierung, in: Projektfinanzierung – Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte einer Finanzierungsmethode für Großprojekte, hrsg. Klaus Backhaus, Otto Sandrock, Jörg Schill und Heinrich Ueckermann, C.E. Poeschel Verlag, Stuttgart 1990, S. 13 ff. UNITED NATIONS INDUSTRIAL DEVELOPMENT ORGANIZATION, Guidelines for Infrastructure Development through Build-Own-Transfer (BOT) Projects, Wien 1996. VERNON, Raymond, Sovereignity at Bay: The Multinational Spread of US Enterprises, Basic Books, Inc., New York 1971. VUYLSTEKE, C., The EBRD: Its Mandate, Instruments, Challenges and Responses, Moct-Most, N. 2, 1995. WANG, Dahong, RMB Financing for Foreign Investors – Starting from Laibin A, in: Project Finance International, Issue 162, February 10th, 1999, S. 46 ff. 174

WEBER, Max, Die protestantischen Sekten und der Geist des Kapitalismus, in: Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie I, UTB, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Verlag Tübingen, 1988, S. 207 ff. WEISS, Nigel, The Importance of Security over Project Accounts, in: Law in Transition, EBRD Summer 1995, S. 24 ff. WELLS, Louis T./GLEASON, Eric S., Is Foreign Infrastructure Investment still risky?, in: Harvard Business Review, September-October 1995, S. 44 ff. WILLIAMSON, Oliver E., Corporate Finance and Corporate Governance, in: The Journal of Finance, Vol. XLIII, No. 3, July 1988, S. 567 ff. • The Economic Institutions of Capitalism, The Free Press, New York & London 1985. • Transaction-Cost Economics: The Governance of Contractual Relations, in: Firms Organizations and Contracts, hrsg. Peter J. Buckley und Jonathan Michie, Oxford University Press 1996, S. 168 ff. WORENKLEIN, Jacob J., The Asian Contagion and Project Financing Prospects, Project Finance International, Issue 143, April 22nd, 1998, S. 47 ff. WORLD COUNCIL OF INFRASTRUCTURE DEVELPMENT, Strategies for Merchant Power, in: Project Finance International, Issue 154, October 7th, 1998, S. 51 ff. WORLD DEVELOPMENT REPORT 1997, The State in a Changing World, The World Bank, Washington D.C. 1997. YIN, Boey Kit, Serious Power Play by PLN, in: Project Finance International, Issue 156, November 4th, 1998, S. 10-11. • Bath Pain for IPP Developers, in: Project Finance International, Issue 125, July 16th, 1997, S. 12 ff. ZATTLER, Bernd A., Institutionalistische Theorie der Entwicklungsfinanzierung – Eine kritische Rekonstruktion und Erweiterung neoinstitutionalistischer Argumente, Duncker & Humblot Verlag, Berlin 1997.

175

Schriftenreihe Finanzierung und Banken Herausgeber: Prof. Dr. Detlev Hummel Band

1:

Band

2:

Band

3:

Band

4:

Roland Hübner: Terminbörsliche Immobilienderivate für Deutschland; 2002. Philip Steden: Marktorientierte Bankenregulierung. Eine ökonomische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Einlagensicherung, 2002. Marc Brüning: Corporate Finance als europäische Option im mittelstandsorientierten Bankgeschäft, 2002. Peter Claudy: Projektfinanzierungen in Emerging Markets. Eine institutionenökonomische Analyse, 2002.