Predigtmärlein der Barockzeit: Exempel, Sage, Schwank und Fabel in geistlichen Quellen des oberdeutschen Raumes [Reprint 2019 ed.] 9783110818093, 9783110003918

De Gruyter Book Archive - OA Title

188 7 39MB

German Pages 560 [564] Year 1964

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
EINFÜHRUNG
TEXTE
Lucianus Montifontanus
Athanasius von Dillingen
Heribert von Salurn
Christoph Selhamer
Leo Wolff
Wolfgang Rauscher
Andreas Strobl
Conrad Purselt
Ignatius Erti
Mauritius Natten husanus
Placidus Taller
Marcellianus Dalhofer
Johann Laurenz Heibig
Albertus Steffan
Petrus Hehel
Franz Anton Oberleitner
Clemens von Burghausen
KOMMENTAR
ANHANG
Abkürzungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Worterklärungen
Sach- und Motivregister
Typenregister
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Predigtmärlein der Barockzeit: Exempel, Sage, Schwank und Fabel in geistlichen Quellen des oberdeutschen Raumes [Reprint 2019 ed.]
 9783110818093, 9783110003918

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MOSER-RATH PREDIGTMÄRLEIN DER BAROCKZEIT

PREDIGTMÄRLEIN DER BAROCKZEIT Exempel, Sage, Schwank und Fabel in geistlichen Quellen des oberdeutschen Raumes

Herausgegeben von

ELFRIEDE MOSER-RATH

BERLIN

1964

WALTER DE G R U Y T E R & CO. G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG

• J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG

GEORG REIMER • KARL J. TRÜBNER • VEIT & COMP.

Supplement-Serie zu

Fabula Zeitschrift für Erzählforschung herausgegeben von

Kurt Ranke Reihe A: Texte Band 5

Gedruckt m i t U n t e r s t ü t z u n g d e r D e u t s c h e n F o r s c h u n g s g e m e i n s c h a f t

© Archiv-Nummer 46 26 64/1 Copyright 1964 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J . Göschen'sehe Verlagshandlung • J . Gattentag» Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Tröbner • Veit & Comp. • Printed in Germany • Alle Rechte der Übersetzung, des Nachdrucks, der photome chanischen Wiedergabe, der Anfertigung von Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten Satz und Druck: Thormann & Goetsch • Berlin 44

M E I N E M LIEBEN MANN ZUGEEIGNET

Vorwort Die Frage nach dem Kräfteverhältnis zwischen literarischer und mündlicher Überlieferung gehört zu den Grundproblemen der Erzählforschung. Die Diskussion darüber fand ihren Höhepunkt in der temperamentvollen Auseinandersetzung zwischen Walter Anderson und Albert Wesselski, wobei der eine die Theorie einer von der Literatur unbeeinflußten Tradition von Mund zu Mund verfocht, der andere hingegen den Fortbestand der Volksüberlieferung ohne die immer wieder fixierende und neu belebende Wirkung des Schrifttums schlechthin bestritt. Keine der vielleicht bewußt überspitzt vorgetragenen Ansichten konnte sich letztlich durchsetzen, weil eine so lebendige, ständig in Fluß befindliche Materie wie die Volkserzählung kaum absolut gültige Lösungen dieser Art zuläßt. Zweifellos wurde in früherer Zeit mehr gelesen und auch Angelesenes mündlich weitergegeben, als man lange Zeit annehmen wollte. Andererseits blieben bestimmte Bereiche der Volksüberlieferung über weite Zeiträume hinweg von literarischen Einflüssen unberührt. Es wird aber doch kaum einen Stoff geben, der nicht im unentwegten Wechselspiel von Geben und Nehmen sowohl literarische wie auch mündliche Prägungen erfahren hätte. Es bleibt die Aufgabe, historischen Entwicklungen im einzelnen nachzugehen, und auch weiterhin auf den Spuren von Oesterley und Köhler, Crane, Bolte oder Wesselski die Quellenforschung zu intensivieren, um deutlicher noch als bisher Schnittpunkte und Verflechtungen der Uberlieferungsstränge aufzudecken. Es gilt dabei nicht nur, Belege zu sammeln, sondern auch Erzählformen zu erschließen und die Stoffe auf ihre Lebensbedingungen, ihre kulturelle und soziale Funktion oder etwa auf ihren Bedeutungswandel hin zu untersuchen. Dafür erscheint das Predigtmärlein besonders geeignet, weil hier naturgegebenermaßen schriftliche Uberlieferung und mündliche Weitergabe unmittelbar zusammentreffen und die funktionelle Bindung leicht erkennbar ist. Zugleich gewähren die überraschend reichen Funde in Predigtwerken der Barockzeit, obschon hier nur in Auswahl geboten, einen recht deutlichen Einblick in Stoffwelt und Formgebung eines Zeitraums, dessen Überlieferung bisher weit weniger gut erschlossen war als das Mittelalter oder das 16. Jahrhundert, des gleichen Zeitraums übrigens, da L a Fontaine äsopische Fabeln in Verse setzt und Perrault seine Märchen niederschreibt, das Interesse am volkstümlichen Erzählgut also allgemein an Boden gewinnt. Man entdeckt den Reiz der alten Geschichten und erkennt ihre moralisierende Kraft. Die Volksprediger nehmen eine altbewährte Kanzeltradition wieder auf und exem-

VIII

Vorwort

plifizieren ihre Lehre mit Erzählungen aller Art. Sie greifen recht unbedenklich in den großen Sammeltopf der Überlieferung, werten nur nach Brauchbarkeit und Publikumswirkung und bringen ihre Märlein mit so viel spürbar naiver Freude vor, daß man mit gutem Recht vom „Erzähler auf der Kanzel" sprechen kann. Die nachstehenden Texte wurden, wiewohl das manchem außerdeutschen Leser Schwierigkeiten bereiten mag, buchstabengetreu ediert, um auch vom Schriftbild her das Zeitkolorit zu wahren und zugleich für Sprach- und Mundartforschung verläßliches Material zu bieten. Nur augenscheinliche Druckfehler, die in diesen nicht immer sorgfältig gedruckten Predigtbüchem häufig sind, wurden korrigiert, und die mitunter recht willkürlich gesetzten Interpunktionszeichen dem heutigen Gebrauch weitgehend angeglichen. Die langjährige Arbeit zur Vorbereitung dieses Bandes wurde mir durch die großzügige Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglicht, die zudem für die Drucklegung einen bedeutenden Zuschuß gewährt hat; für beides freue ich mich, nun herzlich danken zu können. Ganz besonders verbunden bin ich dem Herausgeber, Herrn Professor Dr. Kurt Ranke, der mich schon in den Anfangsstadien der Arbeit zu einer größeren Textausgabe ermutigt, damit der Materialsammlung gleich ein konkretes Ziel gesetzt und schließlich den Band in diese repräsentative Buchreihe aufgenommen hat. Dank schulde ich auch Herrn Professor Karl M. Klier in Wien, der ohne mein Wissen eine Ausgabe der Ostermärlein des Andreas Strobl geplant hatte, jedoch im gleichen Augenblick, da er vom Entstehen eines umfangreicheren Textbandes barocker Predigtmärlein erfuhr, auf sein Vorhaben verzichtete und mir überdies seine bis dahin zusammengetragenen Notizen zur Verfügung stellte. Viel bereitwillige Hilfe fand ich bei der oft recht schwierigen Materialsuche in zahlreichen Bibliotheken und Archiven. So danke ich vor allem Herrn Oberbibliotheksrat Professor Dr. Helmuth Rosenfeld für die Einführung in das Katalogsystem der älteren Bestände der Bayerischen Staatsbibliothek und für sonstige wertvolle bibliographische Hinweise, desgleichen allen anderen Beamten dieser großartigen Büchersammlung, die mir im Laufe der Jahre behilflich waren. Ebenso freundliche Unterstützung fanden meine Bemühungen in der Monacensia-Abteilung der Stadtbibliothek München, im Institut für Volkskunde in München, in der österreichischen Nationalbibliothek und in der Bibliothek des österreichischen Museums für Volkskunde in Wien, im Staatsarchiv für Oberbayern und im Archiv des Metropolitankapitels in München. Besten Dank sage ich auch Herrn Amtmann Robert Böck, der mich mehrmals wertvolle Predigtwerke seiner Privatsammlung einsehen ließ, und Frl. Margarete Groß, München, für ihre Hilfe beim Lesen der Korrekturfahnen. Dem Verlag Walter de Gruyter und seinen Mitarbeitern fühle ich mich für die sorgfältige Drucklegung der schwierigen Texte und der schönen Gestaltung des Bandes sehr verpflichtet. Last not least sei mein Mann, Hans Moser, von Herzen bedankt. Er war es, der mich aus seiner reichen Quellenkenntnis auf die Bedeutung der ba-

Vorwort

IX

rocken Predigtliteratur für die mündliche Volksüberlieferung hingewiesen und midi in allen Stadien der Arbeit, von der Materialsuche bis zu den Korrekturen, mit Rat und Tat getreulich begleitet hat. Der nun so säuberlich gedruckte Band birgt für uns kostbare Erinnerungen an gemeinsame Streifzüge durch dämmerige Lagerräume so mancher Antiquariate, wo sein angeborener Spürsinn seltene Quart- und Foliobände aus verstaubten Winkeln zutage förderte und uns nach und nach eine ansehnliche eigene Sammlung barocker Predigtwerke einbrachte. Ich denke auch an unzählige gute Gespräche, die vielerlei Probleme klären halfen. Darum ist ihm dieses Buch mit gutem Grund gewidmet. München, Ostern 1964

Elfriede Moser-Rath

Inhalt VORWORT

EINFÜHRUNG TEXTE

(mit jeweils vorangestellter Biographie des Predigers)

LUCIANUS

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

MONTIFONTANUS

Armuth erfreuet, Reichtum betrübet Ein voller Zapff verkaufft sein Seel dem Teuffei Ein Voller ladet einen Todten zu Gast Geschieht von zweyen Bauren, so die Marcken verrucket Eines Parisiensischen Doctors grausame Verdammnus Ein Bauer, der nit gern Predig gehört Einer, so die gantze Meß angehört, entgehet dem Todt Ein Edelmann, wie er gezüchtiget worden, umb daß er Sonn- und Feyrtag gejagt 9. Der Teuffei durch das Creutz-Zeichen vertriben 10. Ein Hertzog begehrt den Teuffei zu sehen 11. Ein Geitzhals erhenckt sich selbsten

ATHANASIUS VON D I L L I N G E N

12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.

Von einem Einsidler und einem Engel Der Teuffei macht einen Prediger Von einem fürwitzigen Weib, das ein verbottne Schüssel aufgedeckt Ein Pfeiffer zu Hammel führet alle Kinder in den Berg Ein Dieb zündt Fingerlein von Menschen Händlen an Ein Weiblein fragt, ob sie in Himmel oder in die Holl käme Von einem Bauren und einem Doctor Ostermärlein von einem Praelaten und einem Schafhirten Von einem lauteren Dalcker Von einem Edelmann und seinem Thorwarth

HERIBERT

VON SALURN

22. Gott kann hochtragne Häupter artlich demütigen, wie es jener König am baden erfahren 23. Historia von zween edlen Rittern, die einander auf ein Mahlzeit geladen 24. Was sich ein böser Geist anerbotten zu leiden, wann er kunt seelig werden 25. Wie ein ungerathner Sohn den alten Vatter schlecht gehalten 26. Wie ein Edelmann einem Bauren für eine gehörte Meß seinen Mantel gegeben 27. Wie ein Wucherer unter dem Galgen begraben wurde 28. Wie listig eine heimliche Hex ihre Nachbäurin verführet hat

VII

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Inhalt

XI

29. W i e der böse Geist in Gestalt eines Affen einem Advokaten zu Venedig gedient hat 30. Ostermärl von einem Baurn, einem Beern und Fuchsen 31. Ostermärlein von einem Wölfl: 32. Ostermärl von einem grundbösen Weib 33. Ostermärl von der Eigensinnigkeit der Weiber

126 127 129 130 131

CHRISTOPH SELHAMER

34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45.

Undanckbarkeit eines Sohns wird durch ein Krot am Hals gestrafft Nasses Sdhnupftüchl wägt alle schweren Sünden hin Teuffei streiten um ein Seel Hochmut verdammt ein Einsidler, Demut macht selig ein Mörder Leontius ladet ein Todten-Kopff zum Tisch ein Ein Nacht-Roller vom Teuffei gestrafft Hexen und Unholden General-Capitel S. Columba hat einen wundersamen Stecken Lieb und Treu der Winspergischen Weiberen Ein Türck reist zur Fastnacht nach Venedig Lächerlicher Possen, so einem Studenten widerfahren Lächerliche Boßheit eines ehebrecherischen Weibs

LEO WOLFF

46. Ein Mahler bildete Mariam allzeit auf das Schönste, den Teuffei aber ganz häßlich 47. Ein Jüngling so Gott verlaugnet, nicht aber Mariam, wird wunderlich zu Gnaden gebracht 48. Christ-Kindlein wird zur H. Weynacht-Zeit im Schnee gefunden . . . . 49. Matthaeus de Bassio truckte auß dem Tischtuch bey einem geldgierigen Advocaten Blut herauß 50. Von einem Bauren, der nicht nach Freysingen beten gehen wolt . . 51. Ein Milch-Händlerin gewinnete mit Wasser unter die Milch schütten ein schwäbische Hauben 52. Ein Landgutscher erfahrt, daß eilen kein gut thue 53. Fabula: Ein sich aufblähender Frosch zerschnöllet 54. Fabel von einem Löwen und einer Maus 55. Glufen werden außgesäet, daß Pallisaden darauß wachsen 56. Zwey Bauren streiten vor Gericht wegen eines singenden Vogels . . 57. Eine junge Tochter leßlete in H. Andreae Nacht um ihren Liebsten 58. Ein Weib bekommt einen guten Rath, den bösen Mann gut zu machen 59. Ein Weib, so sich todt gestellet, wird wieder zum Leben auferwecket 60. Ein Ehemann gibet seinem vollen Weib den Joannes-Seegen mit einem Brügl von Kerschbaum-Holtz 61. Ein Weib schmältzt ihrem Mann das Muß mit einem glüenden Dreyfuß 62. Freud eines Ehemannes, daß er ist Wittiber worden 63. Ein Wittib wird an dem Tag der Begräbnuß ihren Manns von einem andern zur Ehe begehrt 64. Ein Wittib beobachtet den Gloggenklang, ob sie ihren Knecht soll heyrathen 65. Ein Baur wird von dem Barbirer rein abgeschoren 66. Ein Vollgesoffener vermeinte, der Bader schere ihm den Bart, als ein Schwein ihn abschleckte

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Inhalt

XII

67. Oster-Mähr vom Freymuth Höldenreidi, der siben erschlagen auf einen Streich 68. Oster-Mähr von einem Risen und 7000 Schneidern WOLFGANG RAUSCHER

69. Ein Wucherer auff einem schwartzen Rappen zur Höllen geführt . . 70. Unnötiges Wainen einer Mutter über jhren verstorbnen Sohn leschte ihm das Fegfeur nit auß 71. Faßnacht-Spiel bey den Wind-Liechtern kostet drey jungen Gräften das Leben 72. Schutz-Engel errettet sein Pflegkind wunderlich auß den Händen seiner Feinden 73. Dem Esel steht das Schmeichlen nit an 74. Fabel vom krancken Löwen in der Koth-Lachen 75. Seltzame Nachbarschafft eines Adlers, Katz und Wildschweins . . . . 76. Die Sonn ist stärker als der Wind 77. Ein Mühler wird einem listigen Advocaten zu gscheid 78. Von zwey widerspenstigen Weibern 79. Von einem liederlichen Paar Ehevolck 80. Verkehrte Haußhaltung, wo das Weib über den Mann herrschet . . . . 81. Haus-Frid durch die Rentza, ein loses altes Weib zerstört 82. Ostermärlein von einem Blinden, einem Krummen und einem Nackten 83. Der Philautiae, Königin von Schlaraffenland Testaments-Weiß vermachtes Erb-Geschenk

ANDREAS STROBL

84. 85. 86. 87.

88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100.

Der Haar oder Flachs beklagt all sein Marter und Peyn Gleißnerische Büß des Fuchsen Der diebische Fuchs wird zum Strang verurteilt Der arge Fuchs will die Henn überreden, daß sie ihre Hünndl zu ihm in die Schuell schicken soll Der Fuchs ladet den Kranich-Vogel zur Mittag-Suppen ein Der Storch ziehet dem Fuchsen ein Bein aus dem Rachen Was die Schiltbürger oder Lapp-Länder für ein schönes Rath-Hauß erbauet Gewisse Nachbars-Leuth gehen zu Rath, wie sie einem grossen Aichbaum widerum auffhelffen sollen Zu Mesnopotamia zu Narrenhausen wird ein Krebs für ein Basilisk, ein Fuhrmann, ein Schneider-Bürschl angesehen Die Nanren von Arcadia lassen einen Beutelschneider lauifen Ein Bäurin macht ihr selbst grosse Hoffnung, in dem sie Ayr gen Marckt getragen Ein einfälltiges Hauß-Zwergele wird von seinem Herrn mit einem Körbel voll Feigen zu einem guten Freund geschickt Ein Weib wird durch ein Fieber-Zetelein zuschanden gemacht . . . . Ein vertrunckenes Mütterl ersucht den Engel am Oelberg, er wolle ihro ein Massel einschenken Hofnarr eines Fürstens verwundert sich über die lange Nase eines Edelmanns Ein reicher Geitzhals verbürget seinen Schatz unter sein HaußAltärlein Drey Studenten zahlen einen Wixth mit dem blinden Kätzl

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220 221 222 223 225 226 227 231 232 235 235 236 237 238

Inhalt 101. Ein Student bringt einem Edelmann durch verborgene Wissenschaft vil Speisen auf den Tisch 102. Ein Baurenknecht thut sich für ein Bischoff außgeben 103. Lächerliche Geschieht von einem geitzigen Wirth und dreyen Beutelschneidern 104. Ein Müllner betriegt einen Bauren mittels seiner Katzen 105. Eine geschleckige Köchin will ihren Herrn bereden, daß die Kranich von Natur nit mehr als ein Fuß haben 106. Drey Söhn liegen ihrem Vatter vor, was für grosse Künsten sie erlernt 107. Ein Diener lieget seinem Herrn ein langes und braites vor 108. Ein Schneider siehet in einem Gesicht ein Fahn von allerley Flecklen 109. Oster-Märl von einer kargen Schneiderin und ihrem Lehr-Buben . . 110. Von einem Schneider-Gsöllen, welcher seinem kargen Meister ein gestessnes zugericht 111. Ein nothiger Bauern-Schneider und sein Lehr-Jung 112. Ein alter Baursmann ropffet einen Indianischen Hahn 113. Ein Kerbimacher schlagt sein Weib 114. Ein einfältiges Bäurl begehrt ein Rezept für die Boßheit seines Weibs 115. Ein Weib läßt ihrem versoffenen Mann ein Narrenkleid anlegen . . 116. Ein versoffener Mann, welcher alles für doppelt angesehen 117. Zwey versoffne Weiber trincken alle Tag ein Leykauff 118. Ein Baurs-Man legt Ayr wie ein Henn 119. Ein verständige Wittfrau trähet ihren 3 ungestimmen Buhlem ein Nasen 120. Ein Hueff-Schmidt betrügt den Todt und den Teuffei 121. Ein armes Bäurlein nimmt den Todt zu seinem Gevattern CONRAD PURSELT

122. 123. 124. 125. 126. 127.

128. 129. 130. 131. 132. 133.

Schild-Krott vom Adler in die Höhe getragen Fabel von einem Hirsch und Maul-Esel Esel vom Löwen und Wolff zerrissen Vitalis Undanckbarkeit wider seinen Erlöser Das ist der Menschen Dandc Student wurd fort gejagt, dieweil er kalt und warm aus seinem Mund geblasen Ein Bauer wollt den Wolff nicht nennen Der Medico auf dem Esel Eheleut befinden einander untreu Eheleut streiten um ein Nichts Wittib grabt ihren todten Mann aus und henckt ihn an Galgen . . . . Jungfrauen von Adel Eingang in ein Closter

IGNATIUS E R T L

134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143.

Ein Nachtigal bringt einen Religiösen in ein 300jährige Verzückung Ein Wald-Bruder höret einen Guguzzer schreyen S. Jacobus errettet einen um Unschuld gehenckten Jüngling Jesus-Kind im Kripplein bekehrt einen Türcken Von erschröcklichen Lufft-Zeichen am Himmels-Creiß Von der Natur der Drachen Ein Schatzgräber zu Basel wird schändlich betrogen Sizilianische Bauren förchten einen todten Riesen Ein Burger traumete von einem grossen Schatz Göttliche Straffen der Tantzern

XIII

239 242 245 248 248 249 250 252 254 256 257 258 260 261 264 265 266 266 268 270 273 276

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286 287 287 288 289 289 290 291 292 292

Inhalt

XIV

144. Maximilian I. Imperator versteiget sich im Tyrolischen Gebürg und wird durch einen Engel herab geführt 145. Zerbrochen, aber nicht gebogen mag der Eichbaum werden 146. Ein Esel beklaget sich seines harten Dienstes 147. Zwey Freund begegnen einem Beeren 148. Aesopus erwählet ihme die schwerere Butten zu tragen 149. Aesopus weiß nicht, wohin er gehe 150. Ein Bauer wollt das Wetter machen 151. Wie ein Mesner am Ascher-Mittwoch die Leut eingeäschert 152. Ein Wirth schlaget einen Handwercks-Gesellen, macht ihn aber damit reich 153. Ein Wirth betrieget einen Spanier mit einem Spiegel 154. Ein Jud füllet eine Gans mit Ducaten 155. Ein Äff betrüget lächerlich die Menschen 156. Ein junge Bäurin kocht Schmaltz-Nudel, ihren altbetagten Mann blind zu machen MAURITIUS NATTENHUSANUS

157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167.

168. 169. 170. 171. 172. 173.

Der Teuffei führet einen falschen Advocaten hin Ein Kohlbrenner confundirt den Teuffei mit Disputiren Erschröckliche Geschieht von einem Fasnachtspil Itta von Doggenburg Fabel von dem Hahn, Hund und Fuchsen Fabel von einem Wolff und einem Hirten Fabel vom Löwen, Esel und Fuchsen Demosthenes predigt den Atheniensischen Raths-Herm Lächerliche Begebenheit mit einem Esel Forcht verursachet offt lächerliche Sachen Ein armer Edelmann proglet sich mit Stifel und Sporn, wiewol er kein Pferd hatte Geschieht von einem Bauren, Kürsner und Richter Von einem, der hundert Hasen gesehen Stoßgebetlein eines Ehemanns Ein Weib vermeint, es soll alles nach ihrem Kopff gehen Der Teuffei soll zwey Weiber auff einmal nemmen Der Teuffei von einem bösen Weib rechtschaffen getrillt

PLACIDUS T A L L E R

174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187.

Der Teuffei holt einen Spieler Ein junger Einsidler siehet ein Weib für ein Ganß an Ein Geitzhals isset sein Geld im Haber-Muß Mit einer Zauber-Salben einen Wagen geschmiert Ein Schneider kommt mit seinem Diebstahl wunderlich auf Ein sterbender Bauer vermacht seinen Kindern einen Weinberg . . . . Ein Bauer heisset seinen Lands-Fürsten Jesus Christus Ein geitziger Kauffmann von einem Mahler lächerlich ausgezahlt . . Ein Wirth mischet Wasser unter den Wein Ein ungeschickter Doctor spricht einem Bauern das Leben ab Ein prahlerischer Doctor zuschanden gemacht Ein Advocat nimmt Schmiralien ein Ein Alter wirbt um ein junges Mägdlein Schertz- und Schwanck-Lugen

293 294 294 294 295 295 296 296 297 298 299 300 302 306

307 308 308 309 310 311 312 313 313 314 315 315 316 316 317 318 319 321

321 322 322 323 323 324 325 325 326 327 328 328 329 330

Inhalt MARCELLIANUS DALHOFER

188. 189. 190. 191. 192. 193. 194. 195. 196. 197.

Oster-Mährl von einem schlauhen Füchslein und einem Wolff Der einfältige Esel von dem arglistigen Fuchsen betrogen Umbkehrte Welt Drey Söhn in ihrer Faulkeit examiniert Wie ein geitziges Weib das Testament ihres Manns ausgelegt Ein Jungfrau zahlt lächerlich einen Nacht-Vogel Ein Baur gibt vor, der Herr in seinem Hauß zu seyn Ein böses Weib wird lächerlich gebessert Kunst auß bösen Männern Engel zu machen Oster-Mährl von einem betrognen Hünermann

JOHANN L A U R E N Z HELBIG

198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. 212. 213. 214.

Ein Engel zählet alle Schritt eines Einsiedlers Die unvernünftige Thier ehren das Sacrament Bienlein bauen über der Hostien ein Kirchlein von Wachs Ein Closter-Jungfrau sticht ihr selbst die Augen aus Crucifix-Bild erschreckt einen lachenden Bruder im Chor Ein Student wird wunderlich aus großer Gefahr errettet Eine Mutter ermordet aus Geitz ihren eigenen Sohn Historie von dem Podagra Apologus vom Hund, Hauß-Hahn, Knecht und Magd .' Fabel von der Zusammenkunft der Thier Historie von dem Eulenspiegel Lügen eines abgedanckten Soldaten Von dreyen Ertz-Lügnern Von einem Faulen Ein Pfarrer droht einem Ehebrecher mit einem Stein Ein Fuhrmann droht einem anderen Alte Weiber jung zu machen

ALBERTUS STEFFAN

215. 216. 217. 218. 219. 220. 221.

222. 223. 224. 225. 226. 227. 228. 229. 230. 231. 232. PETRUS

Drey Söhn schiessen mit Pfeilen nach ihrem todten Vatter Ein undanckbarer Dieb wird das zweytemal gehenckt Ein Spielmann lästert Gott und wird verdammt Hl. Andreas kommt als ein Pilgramb vor den Pallast eines Bischoffs Der Teuffei gibt einem Bauren-Menschen ein Maultaschen Der Teuffei holet eine Braut an dem Hochzeit-Tag Ein Dieb kommt an den Galgen wegen eines gestohlnen TaschenMessers Ein Vatter ermordet seinen Sohn im Zorn Aesopus sieht viele Bad-Gäst gehen und über einen Stein stolpern Fabel von einer Mauß und einem Frosch Fabel von einem Wolff und Lämmlein Fabel von einem Fuchsen und Hahnen Von einem Esel, der mit zweyerley Sack ins Wasser ganger. Weintrauben macht Dr. Faust mitten im Winter Ein hoffärtiger Monsieur wird von einem Bauren zuschanden gemacht Eheleut schlagen einander vor dem Essen Ein zorniges Weib dienet ihrem Mann für einen Beicht-Spiegel . . . Ein Weib tantzt vor Zorn

HEHEL

233. Der höchste Gott Jupiter ertheilet allen Thieren ein Gnad 234. Ein Wolff kleidet sich in ein Schaaf-Fell

XV 332

333 336 337 338 338 338 339 339 341 343 347

348 349 349 350 350 351 352 354 357 363 368 368 369 369 369 370 370 372

373 373 374 374 376 377 377 378 379 379 380 380 381 381 382 383 383 383 385

386 387

XVI

Inhalt 235. 236. 237. 238. 239. 240. 241.

Der Wolff verschwätzt den Fuchsen bei dem Löwen Hund Aesopi verliert sein Bein Ein Neidhalß lasset sich ein Aug außstechen Ein Meßner gibt vor, er könnt das Wetter machen Wie ein Student sein Faschings-Lust übel bezahlt Sauff-Brüder schmählen ihre Weiber Ostermährl von des Teuffels Heyrath

F R A N Z A N T O N OBERLEITNER

242. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250. 251. 252. 253. 254. 255. 256.

Der Teuffei schreibt alle Sünden auf, so in der Kirch geschehen . . . . Drey Bauren-Mägd hören Meß mit ungleicher Meynung Übel verwaltete Seelsorg bringt ewige Straff Der Sonntag soll kein Sünd-Tag werden Kirchweyh-Rauffer erschröcklich gestrafft Unbarmherziger Wucherer ladet ihm den Zorn Gottes und den Teuffei auf den Hals Eine alte Hex führt einen Bauren an Das fromme Bäurlein von Voburg Fabel vom Fuchsen und Igel Apologus oder Thier-Gedicht von der Feld- und Stadt-Maus Ein Baur bringt zu seiner Obrigkeit zween Beesen Ein Baur stiehlt von seinem eigenen Traid Ein Baur isset Schneggen Ein sterbender Baur ist froh, daß sein Hauß-Creutz ein End nimmt Kayser Carl der Fünffte haltet ei" possierliches Schauspihl mit einem vollen Bauren

CLEMENS VON BURGHAUSEN

257. S. Augustinus hat erfahren, daß das Geheimnus der Dreyfaltigkeit unergründlich seye 258. Ein Ehebrecher schröcklich bestrafft 259. Ein Soldat wegen der Andacht zu den armen Seelen beym Leben erhalten 260. Kleine Fehler in dem Fegfeur hart bestraffet 261. Allmosen für die Arme Seelen speiset einen begrabnen KohlenGraber 262. S. Malachias befreyt sein leibliche Schwester von dem Fegfeur . . . . 263. Man soll denen Bethel-Leuthen nicht übelwünschen 264. Wo der Teuffei nicht hin kann, schickt er ein altes Weib 265. Ansberta eine Fürstin erledigte ihren Gemahl durch das HarpffenSchlagen aus der Gefangenschafft 266. Ein Löwin hat viel Thier in ihre Klauen gebracht, aber nit den Fuchsen 267. Ostermährl von einem Fuchsen und einem Raben 268. Ostermährlein von dem Hund und der Katz 269. Ein Meister warffe die Schissel zum Fenster hinauß 270. Ein einfältiger Baur reiset in die Stadt

KOMMENTAR

387 388 389 389 390 392 392 396

397 398 398 399 400 401 402 403 405 406 407 407 408 408 409 412

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ANHANG

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ABKÜRZUNGEN

513

Q U E L L E N - UND LITERATURVERZEICHNIS

514

WORTERKLÄRUNGEN

534

SACH- UND MOTIVREGISTER

538

TYPENREGISTER

545

EINFÜHRUNG

Unter dem Titel „Predigtmärlein" brachte Franz Pfeiffer 1858 einige Funde aus einer klösterlichen Handschrift des 15. Jahrhunderts. 1 E r hatte die Bezeichnung aus eben dieser Quelle übernommen, wo ausdrücklich von „bredigen merlin" die Rede ist. Seither ist das Wort für Germanisten und Erzählforscher zum gängigen Begriff geworden, so vielerlei auch darunter verstanden werden kann. Denn im Grunde kann jede Erzählung, sei es ein religiös belehrendes Beispiel oder eine Legende, eine antike Anekdote, ein historischer Bericht, eine Sage, eine Fabel oder ein Schwank, zuweilen sogar ein Novellen- oder Märchenstoff zum Predigtmärlein werden, sofern sich nur irgendeine geistliche oder moralpädagogische Belehrung daraus ableiten läßt. Die Bezeichnung charakterisiert also nicht die Art, sondern die Funktion einer Erzählung als Bestandteil der Predigt. Es besteht kein zwingender Grund von diesem Sammelbegriff abzugehen. Wenn erst kürzlich vorgeschlagen wurde, statt ,,-märlein" ,,-exempel" zu setzen, 2 so ist auch damit kein eindeutiger Terminus gewonnen, weil sich ja schon in den Exempelsammlungen des Mittelalters eine Vielfalt der Gattungen findet, für die das etwas dürre Wort 3 als übergeordneter Begriff nicht ausreicht, und für den hier vorgelegten Stoff aus Predigtwerken des 17. und 18. Jahrhunderts noch viel weniger. Gewiß ist das Beispielhafte ein bestimmender Faktor dieser Erzählungen. Bei handfesten Schwänken aus dem Munde des Kanzelredners jedoch tritt die exemplifizierende Absicht, trotz angehängter „Applicatio moralis", merklich zurück. Da wird doch die Lust am Fabulieren und Unterhalten deutlich spürbar. In dieser Hinsicht läßt die Bezeichnung „Predigtmärlein" mehr Spielraum, weil sie neben der funktionellen Bindung eben dieses erzählerische Element zum Ausdrude bringt. Letzten Endes ist ja kein Terminus der Erzählforschung wirklich präzis, weil sich ihre so mannigfaltige, lebendige und stets wandelbare Materie kaum in exakte Definitionen fassen läßt. Das Predigtmärlein des Mittelalters gilt seit langem als bedeutender Quellenbereich für das europäische Erzählgut und ist dementsprechend auch von Literarhistorikern und Märchenforschern emsig untersucht, verglichen und viel1 2

3

l'

In: Germania 3, 1858, 407 ff. Vgl. WOLF, Das Predigtexempel im frühen Protestantismus 349 f. Ähnliches hatte schon 1914 FRENKEN, Die Exempel des Jacob de Vitry, 5 ff. erwogen. (Diese und weitere mehrfach zitierte Arbeiten finden sich mit vollem Titel im Literaturverzeichnis.) Zum antiken Gebrauch des Wortes vgl. E. R. CURTIUS, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 3. Aufl. Bem-München 1961, 69 f.; zum Bedeutungswandel im Mittelalter vgl. NEUMANN in RDL 2 , 1, 413 ff.

Einführung

4

fältig ediert worden.4 Kaum ein Kommentar von Reinhold Köhler oder Johannes Bolte, in dem nicht auf Caesarius von Heisterbach oder Jacques de Vitry, auf Etienne de Bourbon, Thomas Cantipratanus, das Promptuarium exemplorum des Johannes Herolt, die Summa Praedicantium des John Bromyard, den Speculum exemplorum oder andere Sammelwerke dieser Art verwiesen wäre. Eine große Zahl literarisch oder mündlich überlieferter Erzählungen religiösen und profanen Inhalts wurzeln in diesen für den Gebrauch der Prediger zusammengetragenen Kompendien oder haben zumindest durch die schriftliche Fixierung ihre bestimmte, für die weitere Tradierung gültige Prägung erhalten. 5 Darstellungen der Geschichte des Predigtmärleins gingen bisher kaum über das Spätmittelalter hinaus. Man trifft in der Regel auf die Ansicht, die im 15. Jahrhundert ohnehin schon abbröckelnde Überlieferung sei von der Reformation vollends abgeschnitten worden und alle späteren Erscheinungen auf diesem Gebiet seien nur matte Nachklänge ohne weitere Bedeutung. 6 Dem meist flüchtigen Hinweis auf den Gebrauch des Märleins bei Balthasar Schupp und Abraham a Sancta Clara fehlte darum jeglicher entwicklungsgeschichtliche Zusammenhang. Aus Mangel an Vergleichsmöglichkeiten wurden beide als durchaus originelle Einzelpersönlichkeiten mit einem ausgeprägten Hang zum Skurrilen betrachtet. Nun haben die jüngsten Arbeiten von Herbert Wolf 7 gezeigt, daß sich selbst die Reformatoren, bei aller Strenge der Auffassung, des Fabulierens auf der Kanzel nicht ganz enthalten konnten, und wie die Diskussion um das Für und Wider des Predigtmärleins unter den Protestanten im 17. Jahrhundert erst recht wieder aktuell war. Und die Funde im Bereich der katholischen Barockpredigt, von denen diese Textausgabe eine Auswahl bringen soll, ergeben geradezu ein neues Kapitel zur Geschichte des Predigtmärleins. Abraham a Sancta Clara kann darin keineswegs mehr die Rolle eines Einzelgängers spielen. Es wäre ja auch nicht gut denkbar, daß der schon damals weithin berühmte Wiener Hofprediger auf den vornehmsten Kanzeln der Kaiserstadt den „Pater Fabel-Hanns" 8 hätte abgeben können, wären nicht Zeitgeist und Zeitgeschmack seinem Predigtstil entgegengekommen. 4

5

6

7

8

Die früheste Übersicht gab GOEDEKE in seinem Aufsatz „Asinus vulgi" (1861); vgl. ferner CRANE, Mediaeval Sermon-books (1883/84 u. 1917) und die Literaturzusammenstellung von KLAPPER zum Artikel Exempel in RDL 2 1, 413 ff.; WOLFGANG STAMMLER, Mittelalterliche Prosa in deutscher Sprache, in: Deutsche Philologie im Aufriß 2, Berlin-Bielefeld 1954, 1299 ff. KLAPPER, Das Märchen vom Mädchen ohne Hände 30; RÖHRICH, Erzählungen des späten Mittelalters 8. V g l . z . B . NEUMANN i n R D L 2

1,

416.

H. WOLF, Die „Himmlische Fundgrube" und die Anfänge der deutschen Bergmannspredigt, in: HessBllfVk 49/50, 1958, 347 ff.; die unter Anm. 2 angeführte Arbeit wurde in einer allgemeineren Darstellung über „Predigterzählgut" (1962) weitergeführt. RICHARD M. WERNER, Abraham a Sancta Clara als Kanzelredner, in: Vierteljahrsschrift f. Literaturgeschichte 3, 1890, 608 ff.; vgl. auch BERTSCHE, Abraham a S. Clara 174.

Mittelalterliches und barockes

Predigtmärlein

5

Die Volkspredigt des Barock war ein — um mit Abraham zu reden — merkwürdiges „Gemisch-Gemasch" heterogener Elemente, in dem spitzfindige Schriftdeutung, gelehrte Allegorie, drastisch-düstere Sittenbilder und furchterregende Höllenberichte neben lebensfrohen Brauchschilderungen, tröstlichen Mirakelgeschichten, unbekümmert derben Schwänken und kalauerischen Wortspielereien stehen konnten. Diese Fülle an buntem Beiwerk, die zuweilen die eigentliche Homilie zu überwuchern drohte,9 stand in notwendig krassem Gegensatz zum Kanzelstil der vorausgegangenen Periode. Die Glaubensspaltung hatte in den Predigten beider Konfessionen endlose dogmatische Disputationen heraufbeschworen. Das Kirchenvolk hatte lange genug teils unwillig, teils gelangweilt, jedenfalls aber ziemlich verständnislos dieser wütenden Controverse zugehört. In protestantischen Gotteshäusern soll der Kirchenschlaf damals so überhand genommen haben, daß ein eigener Diener bestellt werden mußte, die Schläfer zu wecken,10 was nicht gerade für die Wirksamkeit der Predigten sprach. Die Wendung setzte hier wie dort, teils noch neben der leidenschaftlich geführten Polemik, etwa um 1600 ein. Sie vollzog sich in den katholisch gebliebenen oder dem Katholizismus wiedergewonnenen Gebieten des süddeutschen Raumes Hand in Hand mit der allgemeinen kirchlichen Erneuerungsbewegung. Die Reform der Predigt war ein wichtiger Programmpunkt des Konzils von Trient gewesen,11 weil es ja kaum ein wirksameres Mittel gab, den alten Glauben in allen Volksschichten wieder zu festigen. Die Organisation der gegenreformatorisdien Bestrebungen lag vornehmlich in den Händen der Jesuiten, die mit ihrem ausgeprägten Sinn für die Mentalität des Volkes ihr Ziel auf dem Wege einer Neugestaltung des religiösen Volkslebens zu erreichen suchten. Sie verstanden es, sich Schaulust und Spielfreude der Menge zunutze zu machen. Geschehnisse des Kirchenjahrs wurden dem Volk an Krippe und Weihnachtsspiel, bei Ölbergandacht, Karfreitagsprozession und Passionsspiel mit großer Sorgfalt für das bildhaft erzählende und dramatisch-einprägsame Detail lebendig vor Augen geführt. Großartig inszenierte Aufführungen des Ordenstheaters ließen die bereitwillig zuströmenden Massen Themen der biblischen Geschichte, der Heiligenlegende und dramatisierte Exempelstoffe unmittelbar nacherleben. Die ungeheure Prachtentfaltung bei der figuren- und bilderreichen Fronleichnamsprozession in München und anderen süddeutschen Städten war erst recht geeignet, die staunenden Zuschauer Macht und Glanz der katholischen Kirche spüren zu lassen. Auch die Predigt empfing neue Impulse dieser Art aus den Kreisen der Jesuiten. Schon die vor 1600 erschienenen Predigtwerke des berühmten Wiener Jesuiten Georg Scherer oder des Tirolers Michael Staudacher zeigen deutlich, 9

10 11

K E P P L E R , Zur Entwicklungsgeschichte der Predigtanlage 118 f. bezeichnet die Predigt der Zeit als „Quodlibet". B E S T E , Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherischen Kirche 3, 1. NEUMAYR, Die Schriftpredigt 2 6 ff.; V E I T - L E N H A R T 1 2 1 f.

Einführung

6

wie man sich nach dem Vorbild der großen Volksprediger des Mittelalters wieder um eine gemeinverständliche, der volkstümlichen Redeweise abge lauschte Sprache bemühte und mit dem Eingehen auf Probleme des Alltags und anschaulichen Vergleichsbildern das Interesse der Zuhörerschaft zu wecken suchte. 12 Dabei kam auch das bewährte Mittel, die kirchliche Lehre mit Hilfe von Erzählungen zu exemplifizieren, wieder zu Ehren. E s ist sicherlich kein Zufall, daß zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Neuausgabe des spätmittelalterlichen Exempelspiegels erschien, nun als „Magnum speculum exemplorum" frei bearbeitet, erweitert und mit Quellennachweisen versehen von dem Jesuiten Joannes Maior. Den zahlreichen Auflagen des Werkes bis ins 18. Jahrhundert nach zu schließen war er damit einem dringenden Bedürfnis nachgekommen. Von einigen nach 1650 neu entstandenen Exempelsammlungen aus Jesuitenkreisen wird später noch die Rede sein. Welche Bedeutung auch die angesehenen und hochgelehrten Brüder der Gesellschaft Jesu dieser Wendung zum Volkstümlichen hin zuschrieben, beweisen die umfangreichen Bände ihrer Erbauungsschriften, etwa die Traktatsammlungen von Jeremias Drexel, Georg Stengel oder Benignus Kybler, alle drei selbst berühmte Prediger ihrer Zeit, die aus der Kanzelerfahrung über geistliche und moraltheologische Themen schrieben und sich dabei nicht scheuten, Exempel-, Legenden- und Sagenstoffe, Fabeln und Schwänke einzuflechten. Diese zunächst lateinisch verfaßten, zum Teil aber noch von den Autoren selbst ins Deutsche übersetzten Werke waren vornehmlich als Handbücher für den praktischen Gebrauch der Prediger gedacht; jedenfalls enthalten die meisten ausführliche Anweisungen über die empfehlenswerte Verteilung der einzelnen Themen auf die Sonn- und Feiertagspredigten des Jahreslaufs. Die Pfarrherrn in Stadt und Land konnten sich also auf bedeutende geistliche Autoritäten berufen, wenn sie sich in ihren sonn- und feiertäglichen Diskursen des Predigtmärleins bedienten. Das taten viele in einem Maß und mit so viel Lust und Liebe zum Erzählen, daß wiederum heftige Gegenstimmen laut wurden und die Obrigkeit sich bemüßigt sah, Verbote gegen das Fabelwerk auf der Kanzel zu erlassen. Dieses Für und Wider ist, wie noch zu zeigen sein wird, nie verstummt. Da jedoch auch die Predigtsammlungen erzählfreudiger Kanzelredner samt ihren mehr oder minder geistlichen Geschichten kirchlich approbiert in Druck erscheinen konnten und es im Lauf des 17. Jahrhunderts Mode wurde, die Diskurse aller nur einigermaßen redegewandten Herren zu publizieren, ist die ganze bunte Fülle dieser späten Blüte des Predigtmärleins auf uns zukommen. Wenngleich in den Handschriftensammlungen vieler Bibliotheken natürlich bedeutende Bestände von Predigtkonzepten vorhanden sind, die gleichfalls ausgewertet werden könnten, haben wir uns hier bewußt 12

Vgl. Klappeh in RDL 1 (1925) 1, 334. — Vorbildhaft wirkte auch die schon im Spätmittelalter entwickelte volkstümliche Predigtweise der Italiener und Franzosen. Vgl. A. J. Habms, Die Possenpredigt und ihre Bekämpfung in Frankreich, in: Kirche und Kanzel 15, 1932, 17 ff. Das negative Urteil basiert freilich auf wenigen Beispielen (Barletta, Raulinus, Pepinus), „Jean Herolt" war dem Verfasser offenbar nur nach einem Zitat von La Fontaine bekannt.

Barocke Homiletik

7

auf die Druckwerke, und zwar auf die deutschsprachigen, beschränkt, weil nur bei diesen mit einer größeren Breitenwirkung zu rechnen ist. Dieses Material bringt der Erzählforschung nicht nur einen Zuwachs an literarischen Zeugnissen zu bisher mehr oder weniger bekannten Typen. Anders als in den mittelalterlichen Exempelsammlungen, die als Handbücher für den Gebrauch der Prediger meist nur knappe Inhaltsangaben der Stoffe boten, finden sich hier im niedergeschriebenen Kanzelwort lebendige Erzählformen, die auch durch die Druckerschwärze nichts an Farbigkeit und Wärme eingebüßt haben. Man kann sich jedenfalls sehr gut vorstellen, daß tatsächlich in dieser Weise von der Kanzel herunter erzählt wurde. Dazu läßt sich häufig mit ziemlicher Genauigkeit feststellen, wo und wann das geschehen ist. Natürlich kann nicht alles, was der Prediger vorbrachte, bei der Zuhörerschaft auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Daß jedoch einigermaßen eingängige Geschichten, schon gar die unterhaltsamen, vom Auditorium bereitwillig aufgenommen und auch weitergetragen wurden, wäre auch ohne die dafür vorliegenden direkten Zeugnisse kaum zu bezweifeln. Es zeichnen sich dabei — wenn hier schon Ergebnisse vorweggenommen werden dürfen — sonst schwer verfolgbare Vermittlungswege volkstümlichen Erzählguts ab. Dem Anteil des Predigtmärleins an dem großen Strom der Überlieferung nachzugehen war der bewegende Gedanke dieser Arbeit. » Daß dieser Quellenbestand der Erzählforschung bisher im wesentlichen entgangen ist, obwohl schon den Brüdern Grimm — vermutlich zufällig aus zweiter Hand — einzelne Stücke untergekommen waren, 13 hat verschiedene Gründe. Zunächst wohl den, daß die deutsche Märchenforschung ihren Schwerpunkt traditionsgemäß im protestantischen Norden hatte, während die Predigtliteratur des Barock ihre reichste Entfaltung eben im katholischen Süden fand. Wer sich nicht für längere Zeit in den homiletischen Beständen süddeutscher Bibliotheken vergraben kann, muß von vornherein an der Aufgabe scheitern, weil die ungeheure Menge des Materials bisher nicht einmal bibliographisch gebändigt werden konnte. Wenn die Barockpredigt auch sonst nicht zu umfassenderen Arbeiten verlockt hat, so lag das auch daran, daß sie seit der Aufklärungszeit mit dem Odium des Minderwertigen, Verderbten oder Läppischen behaftet war. Die Theologen sahen in der Kanzelberedsamkeit jener Periode lange Zeit eine „Entartung des Predigtgeschmacks", Verfallserscheinungen, über die es sich kaum zu diskutieren lohnte. 14 Die wenigen neueren monographischen Arbeiten 13

14

So übernahmen die Brüder Grimm KHM 77 (Das kluge Gretel) und 157 a (Die heilige Frau Kummemus) von Andreas Strobl: vgl. BP 2, 129 u. 3, 241; eine Variante zu KHM 82 (Der Spielhansel) zitierten sie nach Athanasius v. Dillingen: vgl. unten nr. 120 u. BP 2, 171 f. KHM 157 (Der Sperling und seine vier Kinder) stammt aus dem „Fabul-Hans" des Balthasar Schupp: BP 3, 239. KEPPLEK, Zur Entwicklungsgeschichte der Predigtanlage 118 meinte: „Nach der Seite der Anlage und Anordnung und der ganzen formalen Haltung ist wohl in

8

Einführung

beschäftigen sich vorwiegend mit formalen Fragen der Predigtanlage bei einzelnen Kanzelrednern oder mit rein homiletischen Problemen. 15 Auch von literarischer Seite her brachten die älteren Darstellungen der Predigtgeschichte, sofern sie über das Mittelalter hinausgingen, vorwiegend negative Urteile. 16 Erst mit der Entdeckung der Barockliteratur im allgemeinen wurde man auf dieses weite Feld religiöser Prosa aufmerksam, doch blieben Josef Nadlers17 nachdrückliche Hinweise auf ihre Bedeutung ohne rechtes Echo. Die intensive Beschäftigung mit dem einzigen wirklich bekannten Barockprediger, mit Abraham a Sancta Clara, der nicht zuletzt durch den Umstand, das Vorbild für die Kapuzinerpredigt in Schillers Wallenstein geliefert zu haben, schon früh ins Blickfeld der Literaturgeschichte gerückt war, dürfte für ein weiteres Ausgreifen eher hinderlich gewesen sein. Eine Reihe nennenswerter Arbeiten zur Erschließung der Barockpredigt ist jedoch unter volkskundlich-kulturgeschichtlichem Aspekt entstanden.18 Hier fiel vor allem der Quellenwert der Predigten für die Volkskultur ihrer Zeit ins Gewicht. Tatsächlich betrifft sehr vieles, was darin zur Sprache kommt — Volksfrömmigkeit und Volksglauben, kirchlicher und weltlicher Brauch, soziale Verhältnisse, volkstümliche Redeweise, Lied, Spiel u. a. — unmittelbar volkskundliche Forschungsbereiche. Noch im vorigen Jahrhundert brachte Ignaz Vinzenz Zingerle Auszüge aus zufällig entdeckten Werken des Kapuziners Conrad von Salzburg und des Bamberger Dompredigers Johann Capistran Brinzing. Auf seine Anregung hin entstand auch die kleine Monographie von Adolf Hueber über Heribert von Salurn. Einer der besten Kenner barocker Predigtliteratur in jener Zeit dürfte Anton Birlinger gewesen sein; er brachte, bisher kaum beachtet, zu seinen reichen Sammlungen historischen Quellenmaterials auch Zitate aus Athanasius von Dillingen, Heribert von Salurn, Lucianus Montifontanus und Ignatius Ertl, und alle späteren Erwähnungen bei Köhler oder Bolte gehen auf Birlinger zurück. Vermutlich über die Hinweise in Schmellers Bayerischem Wörterbuch ist Otto Mausser auf Christoph Selhamer gestoßen. Leider war es ihm nicht möglich, seine vielen, an recht ent-

15

der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Tiefpunkt in der ganzen Entwicklung der Predigt anzusetzen." In einem späteren Aufsatz: Zur Geschichte der Predigt, in: Festgabe f. Alois Knöpfler, Freiburg i. B. 1917, 210 ff., bes. 213, ruft er zu intensiverer Beschäftigung mit der Barockpredigt und zur „Ehrenrettung" der mißachteten Gattung auf. Vgl. auch SIGNEH, Forschungsgesdiichte der katholisdien Barockpredigt, mit weiteren Nachweisen. Vgl. etwa SIGNER über die Predigtanlage bei P. Michael Angelus v. Schomo; NEUMATH, Schriftpredigt; GANDULF KÖRTE ü b e r P. Christian B r e z ; SCHEID ü b e r

16

1T

IS

P. Franz Hunolt u. a. So in der einzigen umfassenderen, heute schon überholten Darstellung von KEHREIN; typisch auch der äußerst knappe Hinweis auf die Predigtliteratur bei PAUL HANKAMER, Deutsche Gegenreformation und deutsches Barock, Stuttgart 1935, 120. Literaturgeschichte der Deutschen Stämme und Landschaften, 3. Auflage, Regensburg 1929, 1, 397 ff. Für die folgenden Zitate s. Literaturverzeichnis.

Forschungsgeschichte

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legenen Stellen erschienenen Aufsätze zu der geplanten umfassenden Monographie über diesen sehr markanten altbayerischen Prediger auszubauen. Aus jüngerer Zeit stammen die Studien von Franz Johann Hoedl über Jordan von Wasserburg und von Leopold Kretzenbacher über Amandus von Graz, die gründlichen und anregenden Aufsätze von Robert Böck über Andreas Strobl und die kleine Textauswahl zum Bauemleben im Barock aus Jordan von Wasserburg, Selhamer und Christoph Beer von Karl Bode. Einige Aufsätze der Verfasserin sind im Zuge der Vorbereitung dieses Buches entstanden. Größtenteils nach Literaturangaben und Ergebnissen dieser jüngsten Publikationen rasch und ziemlich wahllos zusammengestellt wurde der Textband „Bayerische Barodcprediger" von Georg Lohmeier, 19 der darin auch den Abdruck einiger Märlein von Strobl, Ertl und Dalhofer vorweggenommen hat. Da der wissenschaftliche Wert solcher unkommentierter, in der Textwiedergabe nicht verläßlicher Ausgaben begrenzt ist, war dies kein Grund, auf die betreffenden Stücke in dieser sdion vorher geplanten Auswahl zu verzichten. »

Die Beschränkung des Materials auf den süddeutsch-österreichischen Raum hat sich im Zuge der Arbeit sehr bald als unumgänglich erwiesen, sollte nicht von vornherein auf jede Systematik des Quellenstudiums verzichtet werden. Die Bestände an barocken Predigtwerken, die zum guten Teil erst an Hand von Archivalien über die Bibliotheken säkularisierter bayerischer Klöster 20 und mit Hilfe des alten, handgeschriebenen Bandkatalogs der Bayerischen Staatsbibliothek bibliographisch ermittelt werden mußten, sind so groß, daß sie von einem einzelnen kaum jemals ausgeschöpft werden können. Die räumliche Beschränkung ist aber auch sachlich begründet, weil eben, wie gesagt, in diesem Kernbereich der katholischen Erneuerungsbewegung die Zeitlage dem Gedeihen des volkstümlichen Predigtstils besonders günstig war und sich damit auch die Erzählerfreude der Kanzelredner üppiger entfalten konnte als anderswo. Im übrigen dürften ihre Werke über die Grenzen hinaus tonangebend gewesen sein. Kehreins Darstellung der Geschichte der Barockpredigt, die auf den Beständen der Diözesanbibliothek in Mainz beruht, spricht dafür. Die meisten Titel, die Leutfrid Signer in den Schweizer Klosterbüchereien von Freiburg, Aarau und Dornach feststellen konnte, 21 stammen wiederum aus der süddeutschen Produktion. Auch unter den Homiletica westfälischer Klosterbibliotheken sollen sich dieselben Predigtbücher finden.22 Dieser Erfolg ist zu einem guten Teil gewiß auch den tüchtigen Verlegern in den Zentren des süddeutschen Buchdrucks zuzuschreiben. Viele bedeutende 19

20 21

22

Für die Flüchtigkeiten zeugen schon die Druckfehler in dem nur drei Seiten langen Nachwort, in dem für Spamer „Spanner" und für Peßler „Preßler" zu lesen ist. Vgl. unten S. 82 ff. SIGNER, Bibliographie.

Nach Mitteilung von Herrn Vikar INTORP, Bielefeld, der sich in seiner Dissertation mit der rheinisch-westfälischen Barockpredigt beschäftigt.

Einführung

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Verlagshäuser hatten sich geradezu auf den Drude von Predigtwerken und anderer Erbauungsliteratur spezialisiert. Häufig erwarb ein Verleger die Rechte für sämtliche Werke eines Autors und brachte diese in immer neuen Auflagen auf den Markt. Mitunter bemühte sich der Verleger auch um den Nachlaß eines verstorbenen Predigers und fungierte dann als Herausgeber. So betreute die bekannte Verlegerfamilie Bencard 23 in Augsburg und Dillingen über ein halbes Jahrhundert lang die Predigtliteratur der Jesuiten. Auch in anderen Augsburger Verlagshäusern gingen die geistlichen Herren aus und ein, vor allem bei Schlüter und Happach und den Gebrüdern Veith, die die wichtige Geschäftsverbindung nach Graz unterhielten, ferner bei Simon Holtzer und Sebastian Eysenbarth. Im Wettstreit mit Augsburg stand vor allem Salzburg. 24 Dort hatte sich Melchior Haan als langjähriger Verleger von Abraham a Sancta Clara, Andreas Strobl, Heribert von Salurn und anderen große Verdienste erworben; sein Konkurrent Johann Baptist Mayr betreute vornehmlich die Prediger des Kapuzinerordens. Die Münchner Verleger Johann Jäddin, Johann Lucas Straub, Hermann von Geldern, Steffan Kuttmiller und die Witwe Riedl hielten sich in erster Linie an einheimische Kanzelredner. 25 Eine überraschend große Rolle spielte der Verlag katholischer Predigtwerke im protestantischen Nürnberg, so bei Johann Lochner, Peter Paul Bleul und Johann Leonhard Buggel. Nicht ganz so häufig zeichneten die Verleger Hiob Hertz in Würzburg, Quirinius Heyl und Johann Gastl in Stadt am Hof bei Regensburg, Wolfgang Moritz Endter in Sulzbach, Caspar Roll und Rudolf Dreher in Kempten u. a. m. Zu welchem Zweck so viele Predigten in den meist recht umfangreichen Sonn- und Feiertagszyklen und speziellen Sammlungen von Advent-, Fasten-, Oster-, Kirchweih- oder Allerseelenpredigten zum Druck gebracht wurden, ist zumeist schon auf den zeittypisch-voluminösen Titelblättern der Bände verzeichnet. Sie waren vor allem den weniger wortgewandten und weniger belesenen Pfarrherrn zugedacht, die auf diese Weise Predigtmuster für alle Gelegenheiten in die Hand bekommen sollten. „Zu einem sonderbaren Nutzen und Beyhülff allen eiferigen Predigern und Seelsorgern zusammengetragen", 26 heißt es etwa, oder „allen Seelsorgern zu verlangenden Gebrauch". 27 Besonders bedürftig in dieser Hinsicht waren die Landgeistlichen, die sich meist mit wenigen Büchern behelfen mußten und über ihren seelsorgerischen und auch wirtschaftlichen Verpflichtungen wenig Zeit für die Vorbereitung ihrer Kanzel23

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25

26 27

Vgl. ISABEL HEITJAN, Die Buchhändler, Verleger und Drudcer Bencard, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe 16, 29. Sept. 1960, nr. 77 a, S. 1569 ff. Aus den Verlagsverzeichnissen geht auch die Auflagenzahl vieler barocker Predigtwerke hervor. VINZENZ M. SÜSS, Beiträge zur Geschichte der Typographie und des Buchhandels im vormaligen Erzstift Salzburg, Salzburg 1845, 39 ff. Pius DIRR, Buchwesen und Schrifttum im alten München 1450—1800, München (1929), Verlegerverzeichnis 135 ff. FABER, Historien-Prediger, Titelblatt. LUCIANUS

MONTIFONTANUS,

Titelblatt.

Verlagshäuser. Funktion der Predigtsammlungen

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reden fanden. Darum bestimmte der Würzburger Prämonstratenser Franciscus Heffner seine Sammlung „Concionator extemporalis oder Eilfertiger Prediger . . ." „zu einer eilenden Beyhülff denen auf dem Land wohnenden Herrn Pfarrern und Seelsorgern", 28 und der Jesuit Balthasar Knellinger vermerkte in der Vorrede zu einer Sammlung von Totenreden: 29 „Beynebens hab ich auch, wie sonsten in meinen anderen Schrifften, starck vor Augen gehabt den Nutzen, so die Seelsorger und Pfarrherrn auf dem Land aus diesem Büchlein schöpfen möchten. Erstlich dann müssen sie in ihren Seelen-Bruderschafft und Leich-Predigen vil von dem Tod sprechen . . . Zweytens steht ihr Verlangen sehr nach denen Predigen, welche vil Sachen von dem Leyden Christi in sich halten, und hierzu gibe ich ihnen in diesem meinen wiewohl kleinen Wercklein einen zimlich grossen Vorrath." E r verweist dazu, wie die meisten anderen, auf die umfangreichen Register, die das Nachschlagen erleichtern sollten, und außerdem auf eine „gantz besondere Such-Tafel . . in welcher ich den Land-Pfarrherrn die Anweisung thue, wie sie dise Predigen für gewisse Sonn- und Feyr-Täg und auch bey anderen fürfallenden Gelegenheiten brauchen können". Auch das ist typisch. Wie vorher schon die Traktate der Jesuiten enthalten die meisten spezielleren Sammlungen eigene Register über die mögliche Verwendung des gebotenen Stoffes für gewöhnliche Sonnund Feiertagspredigten. 30 Zum andern waren die Predigtsammlungen auch als erbaulicher Lesestoff in Haus und Familie gedacht und erlangten darin auch einige Bedeutung, da das Bibellesen dem katholischen Laien untersagt war. Noch spät im 18. Jahrhundert vermerkte ein Aufklärer ironisch, die Leute hätten alle „ihre Abrahams und Cochems" im Hause. 31 So schrieb eben auch Abraham a Sancta Clara auf das Titelblatt seines berühmten Erbauungsbuches „Judas der ErtzSchelm", es könne sich dessen „auch ein Privat- und einsamber Leser zui ersprießlichen Zeit-Vertreibung und gewünschten Seelen-Hayl gebrauchen". „Den Pfarr-Kinderen zu einer Seelen-Erquickung" widmete Athanasius von Dillingen 32 einen seiner Predigtbände. Der oberbayerische Dorfprediger Franz Anton Oberleitner, der seine „Geistlichen Bauern-Reglen" außer den Predigern auch „allen der Einsamkeit und Land-Leben Ergebnen, Gelehrten und Ungelehrten" zugedacht hatte, „darmit zu gelegenen Ruhe-Stunden sich in Gott zu ergötzen", gab dazu noch einen Hinweis, wie das in der Praxis zumeist vor 28

HEFFNER, Titelblatt.

29

Lait- und Schröck-Stern, Vorrede zum 8. Teil „Seeliger Lebensbeschluß"; desgleichen betont auch WOLFGANG RAUSCHER, Dom. I, Vorrede: „Die Pfarrer auff dem Land, welche neben der sittlichen Lehr Gleichnussen und Historien verlangen, werden auch ihr Mästung finden, denen zu Lieb ich in disem Fall, die Wahrheit zu bekennen, was freygebigers gewesen." So heißt es etwa auf dem Titelblatt von IGNAZ ERTLS Fastenpredigten „Amara Dulcis": „ . . . alles zusammen auf die Sonn- und Feyr-tägliche Evangelien durch ein Summarisches Register ausgetheilt."

30

31

ANTON v . BUCHER, W e r k e 6 , 4 5 8 .

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ATHANASIUS v. DILLINGEN, W e i n b e r g , Titelblatt.

Einführung

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sich gegangen sein mochte: „In Christo geliebter Baursmann! kanst du lesen, so lise diese Bauren-Reglen dir und deinem Hauß-Gesind öffters vor, kanst aber nit lesen, so wird hoffentlich ein Person im Hauß oder Nachbarschafft seyn, welche es an einem ruhigen Tag verrichten kan." 33 Auf abgelegenen Höfen, wo der Weg ins Dorf bei schlechter Witterung für alte Leute, Kranke und Kinder zu beschwerlich sein konnte, war das Lesen in Büchern dieser Art zuweilen ein Ersatz für den Kirchgang. Daß bei aller Andacht die eingestreuten Geschichten willkommen waren, läßt sich denken.34 Andreas Strobl widmete dementsprechend seine Osterpredigten mit den fast durchwegs heiteren Märlein ohne Bedenken „nicht allein denen Herren Predigern auff der Cantzel, sondern auch anderen Privat-Personen zur Conversation oder die lange Weil und Zeit zu vertreiben", wozu sie „sehr dienlich und mit geistlichem Nutz" gebraucht werden könnten. «

Ungeachtet aller Bindung an eine vorgeschriebene Thematik ist das Predigen in jedem Fall eine individuelle Leistung. Man spürt beim Anlesen eines Predigtbandes sehr bald, welche Art von Persönlichkeit hinter diesem Kanzelwort steht. Es gibt Theoretiker, die in ihrer Weitschweifigkeit kaum über die Erläuterung des Evangelientextes, den hagiographischen Bericht und schwülstige Lobsprüche auf den betreffenden Heiligen hinauskommen, „bey welchen", wie der Benediktinerprior zu St. Emmeram in Regensburg Ignatius Trauner 35 einmal sagte, „alle auß dem Mund gehende Wort einen handgreiflichen Rauch eytler Ehr und Hoffart von sich geben, alle Wort werden auff die Schrauffen gestellet, auf das zierlichste vorgebracht, weilen aber solche außgesuchte und hochgespannte Concept die Zuhörer nit bewegen, ist auch kein Frucht zu hoffen: Man schreyt wie ein Zahnbrecher, man schwingt die Armen wie ein Federfechter, man schlägt auf die Cantzel wie ein Drescher, in Meynung, es seye alles zum besten gerichtet; wann die Predigt sich endet, fragt man allererst, was hat der Prediger gesagt oder wohin, worauß hat er wollen mit seinem hochgeführten Concept?" Daneben gibt es Eiferer, „welche schier allzeit mit gantz ernsthafften, ja strengen und schreckbaren Predigen anhalten, die vier letste Ding fast nur alleinig in dem Mund führen und kein Red für recht Apostolisch halten, welche nit einem betrohlichen Donner-Wetter gleichsihet". 36 Man begegnet aber auch der glücklichen Mischung von Ernst und Heiterkeit, wo der Glaubenseifer überzeugt, die Sittenbilder bei aller Drastik glaubwürdig und darum auch die handfesten Ermahnungen berechtigt erscheinen. Hier spürt man noch hinter dem gedruckten Wort die Kraft des lebendigen Vortrags, der das Kirchenvolk gebannt zuhören lassen mußte.

34

OBERLEITNER, Titelblatt und Vorrede. Vom „geistlichen Fabelbuch" als Hauspostille der Bauern sprachen noch die Aufklärer. Vgl. unten S. 80.

35

TRAUNER, S e e l e n - J a g d I I ,

36

KNELLINGER, Vorrede zum 2. Dominieale.

33

1193.

Volkstümlicher

Predigtstil

13

Die Volksprediger hielten sich auf diese schlichtere, gemeinverständliche Art des Kanzelworts viel zugute. Die folgende Beteuerung des Kapuziners Athanasius von Dillingen 37 steht für manche ähnliche: „Es seyn aber nur schwartze, harte, überblibne stücklen, nit hoche, subtile, spitzfindige Einfäll, nit mit Ciceronianischen oder politischen Waidsprüchen zusamen geschrauffte RedsVerfassungen, sonder als von einem mühsamen Ymplen oder niderträchtigen Amaissen zusamen getragne Predigen, nit für Thum- oder Hof-Kirchen, nit für schon selbst außgemachte Göttlichen Worts Verkünder und nur an das weisse Brot der hochsinnigen Lehren gewöhnte Zuhörer . . . Hat mir doch niemalen wollen eingehen, auff einige Subtilität oder Zierlichkeit der Sprach midi zu begeben, sonder als ein Teutscher teutsch und einfältig, wie das Wort Gottes an jhme selber ist, und dieses nach dem Exempel unsers Herrn Jesu Christi, als des höchsten Lehrmaisters, welcher als ein Prediger aller Prediger durch einfältige Gleichnussen dem Volck den Weeg der Wahrheit gezaiget hat." Im Vorwort der posthum erschienenen Kanzelreden des in Graz wirkenden Jesuiten Peter Hehel 38 wird sogar die mundartliche Färbung herausgestrichen: „Es ist allda keine hohe Redens-Art geübt, und nur die in disen Österreichischen Landen gemeine und angewohnte Sprach gebraucht worden, aber eben solche macht dem Werck einen neuen Werth, weilen selbes von jeden zu verstehen, wie auch denen zärtlichem und geschliffern Augen nicht zu häßlich, wann sie zu Erquickung ihrer Seelen, nicht aber zur Schärffung Red-begieriger Zungen einige geistliche Lesung vorkehren wollen." Der Steirer Dedinger 39 betont unter Anspielung auf den Titel seiner Predigtsammlung: „Dises aber will ich protestiert haben, daß ich in meinem Weingarten die Rebstöck nit mit seyden Fäden der zierlichen Reden binde, sondern nur mit Stroh und Felberwiden der gemainen Worten, wie mans auff dem Gey pflegt zugebrauchen, damit sich die Gemein- und Pfarrkinder und Einfältigen desto bequember darein finden . . . " Der Kapuziner Amandus von Graz 40 versuchte allen Schichten im Kirchenvolk gerecht zu werden: „. . . Worbey ich den guthertzigen Leser dises zu berichten hab, daß die gantze Zeit, weil ich das Predig-Ambt verrichte, fast immerdar von meiner lieben Obrigkeit an solche Orth zupredigen verordnet worden, wo ich allerley Stands-Persohnen, von höchern und nidern Adel, von Obrigkeiten, Räthen und Beambten, bey unterschidlichen GerichtsStellen, von der Weltlichen Geistlichkeit und Studenten, von Burgern, Verheyrath, ledigen, Handwerck, von Dienst- und Bauers-Leuthen (wie es in den Haupt-Stätten abgibt) zu Zuhörern gehabt: Destwegen meiner Schuldigkeit zu seyn erachtet, meine Predigen dergestalt einzurichten, daß jeder seinem Stand, Ambt oder Gefehigkeit nach darauß ein nutzliche Lehr fassen und mit sich haimb tragen möchte. Darumben auch solche Predigen weder gar zu ain37 38 39 40

Geistl. Schiffart, Vorrede XXXVII. Glaubens-Lehr I, Vorbericht. Vorrede an den günstigen Leser. Seelen-Wayde I, Vorrede.

Einführung

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fältig und plump, daß sie den Vomemmen und Gelehrten verdrießlich, noch gar zu hoch geschraufft und ausgeschliffen, daß sie den Gemainen und Ainfältigen zu hodi seyn möchten, gemacht. Doch jeder Zeit mehr für die Gemain, als bey der das Wort Gottes mehrentheils grössere Frucht schaffet, gericht: selbe mit klahren Stellen aus Göttlicher Schrifft, und Sprüchen der HH. Vätter, mit allerley Gleichnussen, zu Zeiten auch mit annemlichen Apologis und ThierFablen, mit nützlichen Sitten-Lehren und Moralitäten für allerley StandsPersonen erkläret und jedem, wie er sich der vorgetragenen Lehr gebraudien solle, in die Händ gegeben, ja gleichsamb eingekoyet . . . " Das Kanzelwort hatte damals umfassendere Aufgaben als heute, war für weite Volkskreise nach dem dürftigen Schulunterricht zeitlebens das einzige Bildungsmittel. Daß sich die Geistlichkeit der damit verbundenen Forderungen bewußt war, zeigt folgende Stelle aus der Johannespredigt des Michael Staudacher, 41 wonach es vonnöten sei, „daß ein Prediger auch in natürlichen, menschlichen, sittlichen und andern Wissenschaften nit fremd, noch unerfahren seye: Damit er nemblich mit der Weltlichen Weißheit den Angel des Göttlichen Wortes gebührender massen zu umhüllen und zubedecken wisse, an welchem etwann anderwerts, und da er bloß wäre, seine scheuche und heiggele Zuhörer nicht anbeissen wurden." Außer der theologischen Bildung und der Kenntnis der alten Sprachen verlangte er, „daß er [der Prediger] auff das wenigst haubtsächlich wisse, was von anbegin deß menschlichen Geschlechts, bey den Chaldischen, Persianischen, Griechischen, Römischen, wie auch bey den folgenden Königsreichen und Keyserthumben biß auf unsere Zeit merckwürdiges sich verloffen habe, was auch für Sitten, Gebrauch, Gesatz, Gericht und GottesDienst jederzeit seyen üblich gewesen . . . Ferner will die Sach erfordern, daß jhme nicht unbekandt seye die gantze Bestellung der so weitschweiffenden Kugel der W e l t . . .", und nach einer ausführlichen Aufzählung verschiedenster Naturerscheinungen: „Noch ein mehrers solte ich sagen. Ich vermitte aber, um der Kürtze willen, andere Wissenschafften und Künste namhafft zumachen, und melde allein, das allerdings der Sachen Nothwendigkeit erforderte, daß ein Prediger zu gleich ein Theologus, ein Philosophus, ein Juris Consultus, ein Medicus, ein Mathematicus, ein Politicus, ein Historicus, ein Rhetor, ein Poeta und sozusagen ein allwissender Mensch, ja gleichsam ein Engel wäre: alles zu dem Ende, damit er wisse das Göttliche durch das Weltliche zu erklären, und damit er zuweilen, nach vorfallender Noth, mit einem angenehmen Auslauf oder hübschen Vortrag seine Zuhörer unterhalten könne, welche etwa anderwerts der Predigen überdrüssig, die göttliche Lehr anzunemmen, ja gar anzuhören sich anwidern würden, wenn man ihnen dieselbe nit also verblümt und verzuckert, gleichsam als vergoldete Artzneikügelchen darbringen sollte." Es ging also um die Vermittlung eines Weltbildes schlechthin, wenn auch mit Hilfe von allerlei altüberlieferter Schulweisheit und mitunter merkwürdigen, recht sprunghaften Gedankengängen. 42 Doch ist man angesichts dieser Stoff41

STAUDACHER I, 5 =

42

Zur Spannweite des barocken Weltbildes vgl. VEIT-LENHART 131.

BRISCHAR, D i e katholischen Kanzelredner 2, 172.

Spiegel des barocken

Weltbilds

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fülle immer wieder überrascht, mit welchem Geschick die Prediger vom Nächstliegenden, Allgemeinverständlichen oder Alltäglichen auszugehen verstanden und die damit gewonnene Aufmerksamkeit der Zuhörer allmählich dorthin zu lenken, wo sie sie haben wollten. Oft genügten ein Sprichwort oder eine Redensart, die der Predigt den Titel gaben. Mit Vorliebe aber knüpfte man an das jeweilige Tagesgeschehen an, so im Jahreszyklus an das Brauchjahr, sprach am Sonntag Quinquagesima von der Fasnacht, 48 an Ostern von bunten Eiern, Eierspielen und Osterfladen44, an Philippi und Jacobi von den Maibäumen, 45 an Johanni von den Feuerbräuchen, 44 an Martini von der Martinsgans, wobei dem Prediger das meist sehr heitere, sinnbildliche Tranchieren der Gans oblag und jedem Stand ein Stück davon mit guten Ermahnungen zuteil wurde. 47 An Nicolai war vom langersehnten Gabenbringer der Kinder, von Ruten, Zuckerwerk und anderen Geschenken die Rede, 48 an Weihnachten von Krippen,49 und an Neujahr wurden, einem schon mittelalterlichen Predigergebrauch nach, symbolisch Neujahrsgeschenke verteilt. 50 Kanzelredner, die so bewußt auf das Volksleben eingingen, hatten meistens auch Exempel, Fabeln 43

44 45 46

47 48 49

50

Außer dringenden Ermahnungen, es in der Fasnacht nicht zu bunt zu treiben und Schilderungen von Bräuchen und Spielen (vgl. BayerJbfVk 1958, 88 f.), brachten die Prediger auch gern erheiternde oder abschreckende Beispiele: vgl. nr. 71, 159, 239. Vgl. ROBERT BÖCK, Pfarrer Andreas Strobl, 154 f.; HANS MOSER, Osterei und Ostergebäck, in: BayerJbfVk 1957, 67 ff., bes. 77. DERS., Maibaum und Maienbrauch, ebenda 1961, 115 ff., bes. 145 f. So z. B. ERTL, Tolle Lege, Fest. 794: „Sintemaln, was ist gemeiners an St. JoannesTag, als daß man zu Nachts über das Sonnen-Wend-Feuer hupffet, springet und tantzet?" Vgl. auch STROBL, Fisch-Netz, Fest. 156 f.; KARL BÖCK, Bauernleben 84 ff. (nach Jordan v. Wasserburg) u. a. Vgl. z. B. E. MOSER-RATH, Münchner Volksprediger der Barockzeit 89 (nach Geminianus Monacensis). DIES., Zeugnisse zum barocken Kinderspiel 196 f. Man findet etwa Krippenbeschreibungen wie die folgende nach RAUSCHER, Fest. II, 67: wir haben der Zeit unser Bethlehem allhier und die Krippen in der Kirchen oder zu Hauß in der Stuben. . . das kleine Stättlein, das uns dort auff dem Gebürg zu Gesicht kombt, ist Bethlehem, die Geburt-Statt deß Erlösers, deß Josephs Vatterland: und die gegenüber gelegene große Statt ist Jerusalem, der Wohn-Sitz deß Herrschgierigen, Blutdurstigen, grausamen Kinder-Mörders Herodis. Was bedeuten aber die Jäger dort in den Wald, so dem Wild nachjagen? was das hin und her fahren und reitten? Was der Kräxentrager? was der Baur und Bäurin, die auff den Marckt gehn? was der Fischer bey dem See? die Magd bey dem Schöpff-Brunnen? die Schmid in der Werkstatt? der Holtzhacker unter der Schupffen, der so munter darauff hackt? und was dergleichen Figuren mehr seynd, die man zur Krippen zustellen pflegt? . . . " So sagt BENZ, 2. Neujahrspredigt 24: „Es ist schon ein uralter Brauch, daß an dem ersten Tag eines jedwedem Neuen Jahrs nit allein die Eltern ihren Kindern und die Kinder ihren Eltern, nicht allein Bruder, Schwester oder sonst gute Freunde dem andern, sondern auch so gar die Prediger auf den Cantzlen ihren Zuhörern ein glückseeliges Neues Jahr anwünschen und zugleich ein vermögende Neue Jahrs-Schenkung verehren: Diesen Brauch hab ich nicht aufgebracht, ich will ihn auch nicht abbringen . . . "

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Einführung

oder Schwänke zur Hand, gerieten leicht ins Erzählen und fanden darin offensichtlich das wirksamste Mittel, die Zuhörer am Gängelband zu führen. In welchem Maß und mit wieviel erzählerischem Geschick die Prediger nun mit ihren Stoffen umgingen, lag wiederum zum guten Teil an der Persönlichkeit des einzelnen, seiner individuellen Auffassung des Predigtamts, seinem Temperament, seiner besonderen Begabung. Hier zeigen sich tatsächlich auffällige Unterschiede. Einer erzählt bei jeder Gelegenheit, der andere nur an bestimmten Festtagen, manche tischen imbedenklich Schwänke und Witze auf, andere halten sich durchwegs an religiöse Exempel, hier wird sparsam und prägnant erzählt, dort die Geschichte genüßlich ausgesponnen. Um diese Eigenart in Stoffwahl und Erzählform deutlich werden zu lassen, wurde bei der Zusammenstellung der Texte nicht von Erzähltypen, sondern von den Predigern als Erzählerpersönlichkeiten ausgegangen. Die engere Wahl fiel auf achtzehn Kanzelredner, die sich als besonders erzählfreudig erwiesen hatten. Jeder von diesen sollte nach einer kurzen Biographie mit mehreren Geschichten verschiedener Gattung vertreten sein. Wenn dabei manchen mehr Raum gewährt wurde als anderen, so steht das ungefähr im Verhältnis zum Gesamtbestand an Erzählungen im jeweiligen Predigtwerk. Das Kunterbunt in der Reihenfolge der Typen, das auf diese Weise entstand, kann wohl in Kauf genommen werden; es entspricht sogar viel eher dem Vorkommen der Texte innerhalb der Predigten, als etwa eine nach Thompsonschen Typennummern ausgerichtete Anordnung. Wer Spezielles sucht, wird sich an Hand der Register leicht orientieren können. Zum Vergleich wurden häufig noch Textproben aus anderen Varianten in den Kommentar aufgenommen, in dem auch noch andere Kanzelredner zu Worte kommen. Beinahe jeder würde eine Monographie verdienen. Eine Auswahl bedeutet ja leider immer auch Verzicht. Daß der Verzicht bei Abraham a Sancta Clara begann, wird manchen Liebhaber der Barockliteratur wundern. Es geschah — nicht ganz leichten Herzens — aus verschiedenen Gründen. Zum ersten eben seiner Berühmtheit wegen. Zu viel schon wurde in der überreichen Abraham-Literatur, 51 in zahllosen Auswahlausgaben (allerdings nur teilweise wissenschaftlichen Charakters) publiziert. 52 Mit einem Wiederabdruck wären anderen, bisher völlig unbekannt gebliebenen Predigern kostbare Drudeseiten verlorengegangen. Zum zweiten sind Abrahams Werke größtenteils gar keine Predigtsammlungen im eigentlichen Sinn, sondern eher Kompendien von kurzen, in Predigtmanier abgefaßten Traktaten. Abraham betätigte sich eben neben seinem Kanzelamt ganz bewußt als Schriftsteller, und die von einem Ordensbruder nach Predigtkonzepten posthum herausgegebenen Bände sind zudem stark überarbeitet, wie der beste Kenner abrahamischer Schriften, Karl Bertsche, an Hand des erst spät 51 52

Eine gute Übersicht vermittelt LOIDL, Menschen im Barock I ff. Die meisten Erzählungen enthält das Bänddien „Schneckenprozession und andere Stücklein" (vgl. Quellenverzeichnis). Darin auch ein Verzeichnis der vorher erschienenen Ausgaben.

Prediger als Erzähler. Abraham a S. Ciara

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aufgefundenen Nachlasses 53 zeigen konnte. Diese Originalpredigten sind bei weitem nicht so reich an Erzählungen, wie man auf Grund der Auswahlausgaben meinen möchte. Denn im Grunde war Abraham auf der Kanzel von einem sehr ernsthaften, heiligen Eifer erfüllt und scheint den übermäßigen Gebrauch des Predigtmärleins selbst nicht gebilligt zu haben. 54 Das skurrile Bild des „Pater Fabelhanns" ist auch deshalb überzeichnet, weil man ihm lange Zeit irrtümlicher Weise die recht obskuren Narrenbücher „Centifolium stultorum" und „Mala gallina", dazu auch die Bände I I und I I I des „Etwas für Alle" zugeschrieben hat. Dabei handelt es sich aber um teils ziemlich billige Abschreibearbeiten aus früheren Werken Abrahams, worüber er sich noch bei Lebzeiten beklagt hat, und aus anderen, für Abraham gewiß nicht diskutablen Quellen, Kompilationen, die vermutlich der geschäftstüchtige Kupferstecher und Verleger Christoph Weigel in Nürnberg als Begleittext zu seinen Stichen in Auftrag gegeben hatte. 55 Zwar ist auch Abraham selbst das Fabulieren sicherlich nicht schwergefallen, doch lassen sich für beinahe jede seiner Erzählungen mindestens ebensogute Gegenstücke bei anderen Predigern seiner Zeit finden. Seine phänomenale Begabung lag eher im Aphorismus, in den oft grotesken Vergleichen, im unerschöpflichen Wortspiel, einer mitunter schon manirierten Sprachgewandtheit, die einem ungewöhnlich lebhaften Temperament entsprach. Dies scheint sich auch in der Form seiner Erzählungen abzuzeichnen, die meist relativ kurz gefaßt sind, als hätte Abraham über der Fülle seiner Einfälle keine Geduld für das Ausspinnen einer Geschichte gehabt, wie das etwa Selhamer, Wolff, Strobl oder Rauscher mit spürbarem Behagen getan haben. Es dürfte also allmählich überholt sein, jeden barocken Prediger nur im Vergleich mit Abraham a Sancta Clara zu betrachten, wie man etwa Valerius Herberger den „protestantischen" und Jost Sackmann den „niederdeutschen Abraham" genannt hat, 56 oder wie Bertsche alle ihm zufällig bekanntgewordenen Kanzelredner nur als Nachahmer Abrahams ansah. 57 Man sollte eher umgekehrt vorgehen und aus der genaueren Kenntnis seiner Zeitgenossen seine tatsächliche, über das Zeittypische hinausreichende persönliche Eigenart zu erschließen suchen. Wie sehr eben das Persönliche, die individuelle Begabung, wie wenig dagegen äußere Umstände für das Fabulieren auf der Kanzel bestimmend waren, erweist sich auch daran, daß die guten Erzähler aus verschiedenen Landschaften stammen, auch durchaus verschiedener Ordenszugehörigkeit oder Weltgeistliche waren, also nicht etwa nur aus einer bestimmten Schule hervorgegangen sind. 53

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2

Vgl. Neun neue Predigten von Abraham a S. Clara (1930) und die dreibändige Ausgabe der Werke von A. a S. Cl. aus dem hs. Nadilaß (1943—45). SCHMID, Studien zu den Fabeln Abrahams, 11 ff. Vgl. HORBER, Echtheitsfragen, mit zahlreichen Textvergleichungen, die die gegenteiligen Ansichten Bertsches u. a. wohl eindeutig widerlegen. Realencyclopädie f. prot. Theologie u. Kirche 7, 695 ff. BERTSCHE, Abraham a S. Clara 169. Moser-Rath

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Einführung

Die Kapuziner sind mit Lucianus Montifontanus (aus Schruns, Vorarlberg), Athanasius von Dillingen, Heribert von Salurn, Mauritius von Nattenhausen (Schwaben) und Clemens von Burghausen in unserer Auswahl und mit vielen anderen im Kommentar besonders zahlreich vertreten, weil dieser Orden vor allem mit der Volksseelsorge und der Volksmission betraut war; Kapuziner standen allwöchentlich auf ungezählten Kanzeln in Stadt und Land, betreuten Wallfahrtskirchen und wurden oft auch als Festtagsprediger zu besonderen Anlässen, zu Kirchweihen, Bruderschafts-, Einweihungsfesten u. dgl. nach auswärts berufen. Lange Zeit galten die bärtigen Mönche in ihren braunen Kutten als die Volksprediger schlechthin. Sie waren darum auch später, zur Zeit der Aufklärung, als „Volksverführer" den heftigsten Angriffen ausgesetzt, nicht zuletzt wegen des häufigen Gebrauchs von Wundergeschichten, Fabeln, Märlein und Späßen. 58 Noch ältere Traditionen in der Volksseelsorge hatten die Franziskaner zu wahren. In ihren Reihen fanden sich zwei der besten Erzähler, Leo Wolff und Marcellianus Dalhofer, beide aus München gebürtig. Nicht weniger bedeutend sind die Werke ihrer Ordensbrüder, des Bamberger Dompredigers Johann Capistran Brinzing, des Oberpfälzers Vitus Faber u. a. Der Münchner Ignatius Ertl war gleich Abraham a Sancta Clara Augustinereremit. Die traditionellen Volksprediger des Mittelalters, die Dominikaner, sind unter den barocken Kanzelrednern selten anzutreffen; bemerkenswert volkstümlich fand ich nur den Würzburger Prior Albert Steffan. Auch die Benediktiner waren hier weniger beteiligt, wiewohl Placidus Taller aus Rott am Inn und der schon zitierte Ignatius Trauner Volksprediger im besten Sinne waren. Vorzügliche Erzählungen bringt auch der Augsburger Benediktiner Rupert Gansler in seinem, Abrahams „Judas" verwandten Traktatwerk vom „Lugenschmid". Die Jesuiten hingegen konnten an die großen Vorbilder in ihren eigenen Reihen, an Scherer, Drexel und Stengel, auch an ihre erzählfreudigen Poeten wie Bidermann oder Masenius anknüpfen. In dieser Auswahl sind drei besonders hervorgehoben: der aus Mühldorf am Inn stammende Wolfgang Rauscher, Conrad Purselt aus dem oberfränkischen Pottenstein und — als Spätling — der Wiener Petrus Hehel. Daß sich unter den Weltgeistlichen besonders gute Volksprediger finden, ist nicht weiter verwunderlich, da sie neben den Kapuzinern vor allem die Kanzeln in Dörfern und Kleinstädten versahen und darum um einen volkstümlichen Grundton bemüht sein mußten. Zu Recht gerühmt wurden in dieser Hinsicht die Altbayern Christoph Selhamer und Andreas Strobl, der erste ein Erzähler ernsterer Natur, der zweite der beste und lustigste von allen. Entdeckungen waren aber auch der Unterfranke Johann Laurenz Heibig, ein Kanzelherr großen Stils, und der aus Salzburg gebürtige Franz Anton Oberleitner, eine für einen einfachen Dorfprediger erstaunliche Begabung. Als eifriger Nachahmer von Pater Abraham erwies sich der aus Altötting stammende, 68

Vgl. z. B. LIPOWSKY, Gesdiidite und Geist des Kapuziner-Ordens in Bayern, München 1804, 198 ff.

Herkunft der Prediger

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spätere Münchner Benefiziat Johann Prambhofer, der eben deshalb, trotz mancher guter Stücke in seinen Werken, nicht in die engere Wahl gezogen wurde. Die landschaftliche Zugehörigkeit der Prediger verteilt sich, wie ersichtlich, über den ganzen bayerisch-österreichischen Raum, Franken und BayerischSchwaben miteinbezogen. Ein gewisser Schwerpunkt liegt im Altbayerischen, besonders im Dreieck zwischen Salzach, Inn und Isen. Selhamer, Rauscher, Strobl, Oberleitner und Clemens von Burghausen, außerdem noch Prambhofer, Conrad von Salzburg und Jordan von Wasserburg stammen aus diesem auch sonst an volkstümlicher Überlieferung reichen Landstrich. Dies widerspricht im Grunde der verbreiteten Ansicht, daß die Altbayern eher musikalisch, mimisch und bildnerisch als sprachschöpferisch begabt seien. Noch etwas ist auffällig: Eine ganze Reihe besonders gewandter Erzähler gehört der zweiten Generation des 17. Jahrhunderts an. Lucianus Montifontanus ist um 1630 geboren, Athanasius von Dillingen 1633, Heribert von Salurn 1637, Selhamer in eben diesen Jahren, Leo Wolff 1640, Andreas Strobl und Wolfgang Rauscher 1641, Conrad Purselt im gleichen Jahr wie Abraham a Sancta Clara, nämlich 1644, Ignatius Ertl 1645. Die Todesjahre liegen ziemlich gleichmäßig um 1710. In diesen Zeitraum fällt die fruchtbarste Entwicklung der barocken Volkspredigt, die dann noch in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts weiterwirken konnte. Wie in anderen kulturellen Bereichen scheint sich also auch hier das Generationsproblem abzuzeichnen.59 Um diesen entwicklungsgeschichtlichen Fragen näher zu kommen, wurden die Prediger im Textteil in der Reihenfolge ihrer Geburtsjahre angeordnet, in den Variantenlisten des Kommentars jeweils nach den Erscheinungsjahren der betreffenden Werke. Die Herkunft aus bäuerlichem oder kleinbürgerlichem Milieu — nur Trauner stammte aus adeliger, Ertl aus höherer Beamtenfamilie — entsprach wohl der allgemeinen sozialen Zusammensetzung der Geistlichkeit, die ihren Nachwuchs weitgehend aus den unteren Volksschichten bezog. Von den Söhnen kinderreicher Familien wurde mindestens einer aus religiöser Verpflichtung in die Obhut der Kirche gegeben. Für die Begabten war der weitere Weg mit dem Eintritt in die Ordensschule — eine Reihe der genannten Prediger hatte übrigens an der Benediktineruniversität in Salzburg studiert — meistens schon vorgezeichnet. Sie blieben aber, bei aller geistlichen Bildung, doch im Volkstum verwurzelte Menschen, die ein gewisses Erbgut an Uberlieferung mitbrachten und sich in Ausübung ihres Predigt- und Seelsorgeamtes nie aus der Volkswelt lösen konnten. •

Der Gebrauch von Märlein in der Predigt, vor allem von Fabeln und fröhlichen Geschichten, war, wie gesagt, von jeher umstritten. Zu jeder Zeit stand 59

Vgl. WILHELM PINDER, Das Problem der Generation in der Kunstgeschichte Europas, Berlin 1 9 2 7 ; JULIUS PETERSEN, Die literarischen Generationen, Berlin 1930.



Einführung

20

der Auffassung strenger Homiletiker die praktische Erfahrung der Volksprediger gegenüber, daß mit exemplifizierenden Erzählungen eben jene Wirkung zu erzielen war, die Berthold von Regensburg mit einem Satz charakterisierte: „Unde da von wil ich iu ein maerlin sagen, daz behaltet ir vil lihte baz, dann die predige alle samt." 60 Freilich hielten sich nicht alle Prediger an das rechte Maß. Der unleugbare Erfolg beim zahlreich zuströmenden, begierig lauschenden Kirchenvolk verleitete dazu, daß manche „fast allezeit ein lustige, ja schier geschertzige Weis zu predigen [sich] belieben lassen, und auch die Bosheit selbsten schier nit änderst straffen, als daß sie die jenige, so darmit behafftet, zum Spott und Gelächter ihrer Zuhörer hervorführen". 61 An diesen Auswüchsen hatten schon Dante und die Reformer des 14. Jahrhunderts heftige Kritik geübt, 62 und Erasmus von Rotterdam hatte eine eigene Schrift gegen die Mißbräuche auf der Kanzel verfaßt. 63 In spätmittelalterlicher Zeit wurden mehrfach Verbote gegen den allzu unbedenklichen Gebrauch des Predigtmärleins erlassen, so etwa auf dem Laterankonzil von 1516. 64 Das Reformdekret des Regensburger Tages von 1524 verlangte von den Kanzelrednern „wäre ding, nit träum und allter weyber fabelen oder für gewiß zweyflich Sachen".65 Ähnliche Bestimmungen enthielten die Konzilsbeschlüsse von Siena 1528, von Mailand 1565 und noch von Burgos 1624. 66 Die Mainzer Regulae concionatorum catholicorum von 1595 forderten die Prediger auf, sich vor Fabeln, unkontrollierbaren Geschichten und angeblichen Wunderberichten zu hüten. Das Kölner Diözesanstatut von 1662 widmete den „fabulae" einen eigenen Paragraphen.67 Sehr nachhaltig dürften alle diese Verbote und Ermahnungen nicht gewirkt haben und zudem auch nicht immer dorthin gedrungen sein, wo sie eigentlich am Platz gewesen wären. Auch scheint sich die geistliche Obrigkeit nicht einheitlich verhalten zu haben. Im süddeutschen Bereich ist sie jedenfalls duldsam gewesen und hat auch der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts merklich wachsenden Fabulierfreude der Kanzelredner keineswegs Einhalt geboten. Sämtliche Predigtsammlungen wurden von mehreren kirchlichen Instanzen offiziell approbiert. Trotzdem erachteten es die Prediger selbst oft genug für notwendig, die Verwendung der Märlein zu begründen und gegen eine offenbar vorhandene heftige Kritik gewisser Kreise zu verteidigen, oder wenigstens einen gerechten 60

LINSENMAYER, Geschichte der Predigt 177; BP 4, 50.

61

KNELLINGER, V o r r e d e zum D o m . I.

62

Vgl. HOWIE, Studies in the Use of Exempla 12. FLUCK, Risus paschalis 190 f. N. PAULUS, Der Augustinermönch Joh. Hoffmeister, Freiburg 1891, 57. JOH. HELDWEIN, Die Klöster Bayerns am Ausgange des Mittelalters, München 1913, 42 f. CRANE, Jacques de Vitry LXVIII, f.; nach F . K. INGELFINGER, Die religiös-kirchlichen Verhältnisse im heutigen Württemberg am Vorabend der Reformation. Diss. Tübingen 1939, 139, war dieser Punkt schon Gegenstand des Konzils von Basel.

63 64 65

60

67

VEIT-LENHART 1 2 2 u.

305.

Für und wider das Predigtmärlein

21

Ausgleich zu finden, wie ihn Georg Scherer schon zu Beginn des Jahrhunderts in seinen „Christlichen Regeln für die Prediger" 6 8 angestrebt hatte: „Die Prediger sollen nicht Possenreißer, Mährleintrager und Fabelhansen sein, sondern Gottes Wort mit geziemender Gravität und Majestät tractiren. Zuweilen die müden Zuhörer mit einem kurzweiligen, zur Sache dienlichen Histörchen oder Spruch zu erlustigen und zu ermuntern, ist unverwehrt. Aber auf die lächerlichen und lahmen Zoten und Narrentheiung sich mit Fleiß ergeben und dadurch die Leute an sich ziehen und sich eine stattliche Auditorium machen wollen, soll durchaus nicht sein, und gehört ein solches Gespei nicht auf die Kanzel, sonder an andere Orth." Ebenso maßvoll wollte sich der Kapuziner Geminianus Monacensis 69 verhalten: „Doch darmit dir die Weil nicht zu lang seye, wird dir mein WeegWeiser underweilen auch ein Märlein undermischen: ein Märlein, sag ich, nicht daß vil Gelächter oder Bossen mach, sondern daß dich lehme zuruck dencken und mit Rew an die Brust schlagen, sonderlich weil man vor Jahren nicht allein die Zuchtlehr, sonder auch die Göttliche Gehaimbnuß durchgehend durch Gleichnuß und Märlein fürgetragen. Dergleichen Lehrer hat der H. Prophet Baruch schon vor 2000 Jahren Fabulatores genannt, das ist Fabeldichter. Und damit du dir nit bey disen Fabeldichtern einbildest Fabelhannsen, wie man es bey den Schwätzmärckten und Guncklen findt, so nennts der H. Prophet Exquisiteres prudentiae & intelligentiae, Leuth, die der Weißheit und Verstand nachtrachten. Dahero haben auch die H. Vätter kein bedencken getragen, ihre H. Lehren mit allerhand Fablen zu erklären . . ." Dieser Hinweis auf die Fabeln in der H. Schrift und in den Werken der Kirchenväter ist eines der beliebtesten Argumente. So meint Selhamer 70 einmal: „Was Fablen seyn, muß man nicht gleich eben drum, weils Fablen sind, verwerffen und verachten. Wenn aus den Fablen eine gute nutzliche Lebens-Lehr mag gezogen, die liebe Wahrheit dadurch schön kan erläutert und erklärt werden, daß solche auch gemeine Leut leichter fassen mögen; so gebraucht sich der Fablen auch so gar der H. Geist, der Geist der unverfälschten Wahrheit, wie aus H. Schrifft vielfältig mag erwiesen werden. Wanns also Lehr-reiche Fablen seyn, so bedienen sich ihrer zu obemannten Ziel und Zweck auch die H. H. Vätter, und diß gar recht und wol." Auf die Kirchenväter und andere geistlidie Autoritäten berief sich auch Abraham a Sancta Clara im Vorwort zu „Judas der Ertz-Schelm" : 7 1 „In diesem Ersten Thail hab ich underschidliche Geschieht und Gedicht neben andern sittlichen Lehrs-Puncten eingemischt, wessenthalben ich gar wol glauben will, daß einige ernsthaffte Catones oder Piatones über etliche hierin begriffene Zeilen die Nasen rumpffen werden, vorgebend, daß sehr ungereimbt der Dagon zu dem Göttlichen Bunds-Kasten, 08 69 70 71

Predigt von 1603, zitiert nach BRISCHAR 2, 3 ff. Vorrede zum Dominieale. Tuba tragica, Fest. 338. Vorrede zum 1. Teil, danach auch PRAMBHOFER, Joseph, Vorrede. Vgl. auch MICHEL, D i e Volkssage bei A. a. S. CI., 2 1 .

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Einführung

die Fablen zu dem Göttlichen Wort gesellet werden. Dißfalls mag ich midi gar nicht mehr entschuldigen mit dem H. Gregorio Turonensi lib. 2, mit Belluacensi in Spec. Moral, part. 3, lib. 13, dist. 10, mit Stengelio, Cornelio, Drexelio, welche auch öffters die Fablen gebraucht, sondern mein Gott, als ein genauer Gemüths-Erforscher waiß es, wasgestalten ich zu keinem andern Zihl und E n d dergleichen Ding habe eingemengt, als daß ich die jetzige, mehrestenthails schamlose und zahmlose Welt zu dem Guten locke, welche sich nicht änderst, als durch dergleichen Keder fangen lasset: Seye ihm wie ihm woll . . . wer will es dann mir für ein Unfug tauffen, daß ich bisweilen Mucken und Grillen in meine Schrifften menge, wormit ich nur suche einige zu fischen." Ein einmaliges Dokument zu dieser Diskussion lieferte Wolfgang Rauscher 72 in einer Ostermontag-Predigt, die er zur Gänze der Frage „Ob es sich gezimme, daß ein Apostolischer Prediger mit einer Fabel oder Ostermärlein auf die Cantzel komm" gewidmet hat. Dies ist gewissermaßen eine Zusammenfassung aller Argumente pro und contra, 73 darum sei dieser audi für die Sprache der Zeit recht charakteristische Diskurs, trotz mancher Wiederholungen des schon Gesagten, im wesentlichen ungekürzt wiedergegeben. „Wie einer von Natur beschaffen ist, also hätt er gern, das andere auch wären. Die bey dem fünstersehenden Weltweisen Heraclitus in die Schul gangen, in einer Melancholischen Haut stecken, einen feindseeligen vertrossnen Humor haben, können nit leyden, wann andere etwas freundlichers lachen und die Stirn zu seiner Zeit ohne Runtzel außbreiten. Vil weniger wollen sie gedulden, daß man mit einer Fabel auff der Cantzel auffziehen solle. Behütt Gott: das wäre bey ihnen der gröste Greul. Wag es einer, hat er Hertz und führ ein Fabel ein: ich main, sie werden einen solchen Prediger anschnurren: qui sunt hic sermones? was seynd das für Reden, welche sich nirgents weniger hin als auff die Cantzel schicken? Die Predigen, sagen sie, seynd das Wort Gottes, jener Evangelischer Saamen, welcher in der Menschen Hertzen, wie in einen Acker fallen und darinen fruchten solle. Schickt sich also nit, daß man unter den guten Saamen Unkraut säe, Fabeln unter das Wort Gottes mische. Jener Welt-Prediger, der H. Apostel Paulus, hat Christum und nit den Aesopum geprediget: nos autem praedicamus Christum crucifixum, wir predigen, sagt er, Christum den gecreutzigten. Welches in der Warheit kein Fabel, sonder ein solche Traur-Geschicht ist, die einem, der sie recht behertzigen wil, die Zäher kan außtreiben. Ein Prediger soll die Sünder zur Büß, die Fromme zu grösserem Eyfer und Fortgang in der Tugend und Dienst Gottes bereden. Zu welchem Zihl und Zweck warhafftig die Fabeln nit taugen, so die Leuth nur zum Lachen bewegen. Der Ursachen halber ermahnt der H. Paulus seinen Timotheum, einen Bischoff und eyferigen Prediger der ersten Christenheit gantz ernstlich, solcher Possen sich zu ent72 73

Dom. II, 206 ff. Eine dem Sinn nach ähnliche Auseinandersetzung zum Thema bietet auch SELHAMEH, in seinem lateinischen Predigtwerk „Tuba analogica", Dom. 140 ff. u. 156 ff.

„Ob man mit einer Fabel auff der Cantzel aufziehen solle?"

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schlagen: Ineptas autem & aniles fabulas devita: ungereimte alte WeiberMärlein, mein Timothee, laß unterwegen. Und, Lieber, was hat ein Prediger für einen Frucht, der gern mit Fabeln umgeht, und Possen auff der Cantzel macht, als etwan einen grossen Zulauff deß gemainen Pöfels? Das haben aber die possirliche Fatz- und Kugel-Männer auch. Man hört einem mit Lust zu, wie dem anderen, und der Frucht beyder Seits ist gleich: nemlich daß man mit ginnetem Maul die Fabeln und Ostermärlein auffange, hernach den gantzen Tag treibe und dardurdi vil unnutzes Geschwätz und Gelächter erwecke: lestlich den Prediger zum Danck einen Fabel-Hannsen namse. Das ist der Frucht. Disem nach vermainen etliche, man solle die Fabeln auff das ComoediHauß und Schau-Bühn sparen, und nit darmit in der Kirchen auff der Cantzel prangen. Das lassen sich aber andere wenig irren, vermainen, ein Fabel oder Ostermärlein stehe auch auf der Cantzel nit gar übel. Sie behaubten ihr Vorgeben auß der Schrifft, steiffen sich auf die Auctorität und Exempel der HH. Vätter und anderer vortrefflichen Scribenten und Prediger, welche nit gesparsamb hin und wider in ihren Bücheren die Fabeln einmischen und noch heut zu Tag nit nur auf dem Gew [ = Gey, Land], sonder in vornehmen Städten Fabeln und Ostermärlein auf die Cantzel bringen, nicht ohne Guthaissen und Frucht vornehmer, frommer und gelehrter Zuhörer. Wann mir erlaubt ist, auch ein und das ander Wort darzu zu reden, halt ich darvor, die gantze Controvers oder Strittigkeit lasse sich gar leicht beylegen, wann nur kein Parthey gar zu hartnäckig ihrem Urtheil anhangen wil. Dem ersten Theil gib ich zu, daß man einen Unterschid machen und freylich solche Fabeln, warinnen grobe Zotten, ungereimte Lotters-Possen, die nur ein grosses Gelächter verursachen, enthalten seynd, nit auf die Cantzel solle bringen. Ich bin auch nit darwider, daß ein Prediger nit gar zu offt mit Fabeln solle aufziehen, sonder beschaidentlich und mässig dieselbe brauchen, wie zu den Speisen das Gwürtz. Ich halt noch über das für billich, daß man es nie bey der blossen Erzehlung einer Fabel beruhen und gleichsam wie die Nüssen in den Schelffen ligen lasse, sonder die selbige aufbreche, den Kern herauß nemme, das ist, die unter der Fabel verborgene Warheit durch ein oder anderes Lehrstück entdecke. So vil gib ich der ersten Parthey zu. Daß man aber gar nie kein Fabel könn oder soll auf die Cantzel bringen, wird man mich so bald nit bereden. Halt es vilmehr dißfalls mit der anderen Parthey, daß gar recht daran geschehe, wann ein Prediger zu Zeiten, mit obgemeldter Behutsambkeit ein saubere Fabel oder Ostermärlein erzehle: weilen man ja so vil ansehliche, gelehrte Männer, die solches noch heut zu Tag nit ohne Nutzen thun, nit gleich als Witz- und Pflicht-vergessene beschuldigen kan. So seynd auch die Einwürff deß Gegentheils so wichtig nit, daß sie einen gleich solten schrecken. Die Predigen, ich gestehe es, seynd das Wort Gottes, jener Evangelischer Saamen Lucae am 8., der in einer guten Erden hundertfaltigen Frucht bringt. Folgt aber drumb nit darauß, ist auch nit zu erweisen, daß, wer ein Fabel auf der Cantzel erzehlt, gleich Unkraut unter den Waitzen säe. Die Bibel

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deß alten Testaments ist so wol das Wort Gottes, als das Evangelium. Und dannoch wird in den Budi der Richteren ein Fabel erzehlt von den Bäumen, wie sie einen Wahl-Tag angesetzt, und darauff den Dom-Busch zum König erwöhlt haben .. .74 Was hat nun dise Fabel ungereimts an sich? Ist sie auch ein Unkraut unter dem Waitzen? oder vilmehr ein sdiöne Kom-Blum, welche dem Getrayd nit schadt, sonder gar zierlich darunter herauß spielt? Cornelius a Lapide, bey Außlegung diser Fabel, nennt sie Apologum primum, elegantissimum & caeterorum omnium antiquissimum, die erste, die ältiste und allerzierlichiste Fabel. Seitemalen der Phaedrus, Anienus, Aesopus und andere Fabel-Dichter vil hundert Jahr erst nach dem Jonathan gelebt haben. Ein Apologus aber ist ein solches Gedicht, welches die unvemünfftige Thier, oder andere sprachlose Ding, als Holtz, Stain und dergleichen redend einführt. So haben wir dann schon ein Fabel, so kein Unkraut unter dem Waitzen Göttlichen Worts ist. Nicht weniger an anderen Stellen H. Schrifft geschieht Meldung der Fabeln: als nemblich im Buch Judith der grossen Risen, welche den Jupiter bestritten haben. Bey dem Isaias der Meer-Fräulein. Im Buch Job deß Heer-Wagens, deß Orions und Arcturi, neben anderen Stellen mehr. Hinderen die Fabeln in der H. Schrifft nichts, dieweil man sie nit für Warheit außgibt, sondern nur ein da hinder ligende Warheit zu Unterweisung der Sitten darauß zu ziehen suchet, so hindert ein Fabel auff der Cantzel das Wort Gottes auch nit, weil sie zu einerley Ziehl und End angesehen ist. Das andere Bedencken, kein Fabel auff der Cantzel zu erzehlen, will der Gegentheil dem Prediger machen mit dem H. Apostel Paulus: jedoch vergebens. Paulus hat zwar den Aesopum nit geprediget, aber auch nit allzeit den Passion. Ja er selbst in einer Predig, so er zu den Athenienseren gehalten und dardurch den H. Dionysium Areopagitam bekehrt hat, thut Meldung einer Fabel: und zu behaubten, daß wir Kinder Gottes, und das außerwöhlte Volck seyen, zieht er ein Gedicht der Poeten an, daß die Menschen von den Götteren herstammen: Et, ut quidam vestrorum poetarum dixerunt, ipsius & genus sumus: Und wie etliche auß eueren Poeten vorgeben, sagt er, seynd wir gar von seinem Geschlecht entsprossen. In der Epistel aber zu dem Timotheo, wo er die Fabeln verwirfft, macht er fleissig einen Unterschid: Ineptas autem & aniles fabulas devita: Ungereimte Possen und alte WeiberMärlein, mein Thimothee, die laß unterwegen. Wer aber befilcht, die faule Aepffel weg zu werffen, verbiet drumb nit, die gute zu behalten. Der H. Paulus hat zwar Christum den Gecreutzigten geprediget, aber nit allein. Doch wann man von dem Leyden Christi oder von der Büß prediget, halt ich auch nit 74

Eine der häufigst zitierten biblischen Erzählungen (nach dem Buch der Richter, J u d i c . c. 9 ) : HERBERGER, Buch Sirach 1 3 0 9 ; PROKOP v. TEMPLIN, E n c a e n i a l e 2 0 u.

Trienn. Dom. Prim. 712; ABRAHAM, Judas I, 174, 450, II, 118, 171, 498, 559, III, 5 0 4 ; DERS., W e i n k e l l e r 1 1 ; DERS., G e m i s c h - G e m a s d i 2 ; ATHANASIUS v .

DILLINGEN,

W e i n b e r g I I , 3 6 ; RAUSCHER, D o m . I I , 2 0 7 f.; MANZ I I , 1 4 7 ; PURSELT, F o n s a q u a e ,

Fest. II, 62 u. a.

Tempus flendi et tempus ridendi"

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rathsamb zu seyn, daß man vil fabuliren soll. Allein man prediget nit allweil von Passion, sonder auch von Osteren und Pfingsten. Nun ist es ein uraltes Herkommen bey den Teutschen, daß man zur Vermehrung der Freud ein Fabel oder Oster-Märlein (wie sie es nennen) auf der Cantzel erzehlte: Zweiffeisohne zum Angedencken der guten Mär, welche die drey heilige Frauen von dem Grab und die zween Jünger von Emmaus wegen der Auferstehung deß Herrens den Glaubigen gebracht haben. Warumb soll man es dann nit bey dem alten Herkommen bleiben lassen? wediselt doch die Christliche Catholische Kirch selbst in ihrem Kirchen-Ornat umb, und bekleidt nit zu einer Zeit die Altär, wie zu der anderen. An statt deß traurigen Fasten-Tuchs stecket sie zu Osteren die frölidie, triumphirliche Sieg-Fahnen auf. Warumb soll dann nit auch der Prediger können die Färb änderen und zu Vermeidung deß Verdruß, den man etwan auß den ernsthafften Büß- und Fasten-Predigen gesdiöpfft, bißweilen ein lustige und Lehr-reiche Fabel können einsprengen? Es gibt aber ein Gelächter ab, sagt die Gegen-Parthey, und bekommt der Prediger letztlich keinen andern Danck als daß er für einen Fabel-Hannsen außgeruffen werde. Antwort: wann der Prediger bey Erzehlung einer Fabel Maß und Zihl nit überschreitt, wird auch das Gelächter nit unmässig seyn. Gscheide Leut lachen nit leidit über laut: d'Narren lachen auch, wann andere wainen. Im überigen ist das Lachen nichts Unrechts. Sagt nit der weise Ecclesiastes: Tempus flendi & tempus ridendi? Es seye ein Zeit zum wainen und ein Zeit zum Lachen? wann ist aber, ich bitt dich darumb, die Zeit zum Lachen, wann es Osteren nit ist? weit besser ist es, der Zuhörer lache darzu, ob er schon wol getroffen wird, als daß man saure Gsichter mache, über den Prediger zörne, stumpfire, grißgrame, und das Predig-gehn verrede. Diejenige Leib- und Wund-Artzten hat man vil lieber, welche mit einem linden Pflaster oder KühlSälblein helffen können, als die lauter bittere Purgatzen vorschreiben, oder wol etwa gar mit Feuer und Eisen über die Wunden wischen wollen. Kein Mensch hats dem Prediger fürübel, wann er sagt: Die Gännß schnaderen gern, als wann er vorgibt, die Weiber thuns. Der Fuchs sey über d'Hennen gwischt, als wann ers d'Soldaten zeiht. Der Esel sey ein fauler Gsell, als wann er den Knecht wolt dafür ansehen, und so fort an. Dergleichen Warheiten stecken hinter den Fabeln verborgen, die man mit Lust und grosser Begierd anhört, und länger in der Gedächtnuß behalt, da doch beynebens mancher die beste Piff bekommt, Stich die nit bluten und dannoch eingehn. Daß aber der Gegentheil förchtet, es möchte dem Prediger ein neuer Nam zuwachsen, wann er zu seiner Zeit gschmeidig und mit guter Manier mit einer Fabel aufzieht, ist ein überige Sorg. Wider böse Mäuler kan man nit. Sonsten hat man bißhero die HH. Vätter noch nie Fabel-Hannsen gescholten, ob sie schon ihren Homiliis, Sermonen und Predigen zuweilen ein Fabel einverleibt haben. Der H. Hieronymus, Augustinus, Chrysostomus, Ambrosius, Theodoretus, Cyrillus Alexandrinus und andere loben die Fabel hoch und bedienen sich derselben zu Zeiten selbst. Anstatt aller wollen wir den H. Mayländischen Praelaten Ambrosium vememmen, der also schreibt: Fabula, etsi

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vim veritatis non habet, tarnen rationem habet, ut iuxta eam possit veritas manifestari: Ein Fabel ob sie schon nit wahr ist, so ist sie doch der Vernunfft gemeß und hat die Krafft in sich, daß man ein Warheit auß ihr herauß ziehen könne.75 Wie er dann diser H. Vatter über die massen schön die Fabel von dem Hercules und dem ungeheuren Risen Antaeus, mit dem der Hercules gerungen, ihn letztlich in die Lüfft aufgehebt und ertruckt hat, auf Christum den Gecreutzigten und auf den Todt außdeutet: welches einem anderen Prediger die Schnarcher für ein ungereimte Sach därffen anziehen. Wann ich neben unserem P. Drexel noch andere Scribenten wolte anregen, welche die Fabeln hoch schätzen und hin und wider ihre Bücher darmit zieren, wurde deß citirens kein End seyn . . . 7e Hat also ein Prediger so wol in H. Göttlicher Schrifft, als in den Vätteren und Scribenten, wie aucli in der Vernunfft Grund genug, sich zu fussen und ihme zu förchten keineswegs Ursach, wann er schon ein außerlesne, außpolirte, wolgeschliffne Fabel auf die Cantzel bringt. Wer aber dannoch die GegenParthey halten wil, mag es thun: ich wird mich mit ihm weiter in keinen Streit einlassen, sonder wil jetzt vilmehr auf anfangs gestellte Frag: ob der Prediger heut ein Oster-Märlein erzehlen werde? ein Antwort ertheilen. Nein, Geliebte, heut nit: dann die Zeit ist verflossen. Aber morgen wol, geliebt es gott; warzu ich sie dann gantz freundlich hiemit wil eingeladen haben. Unter dessen lehrnen etliche spitzfindige, nasenwitzige, geschnäppige und spöttlerische Zungen das Maul hinfüran besser inhalten, und was andere thun oder zu thun haben, nit gleich tadlen und übel außlegen, insonderheit aber dem Prediger nit Maß und Ordnung geben, was er für Materien auf der Cantzel abzuhandlen habe, ob sich ein Fabel schicke oder nit, und was dergleichen Schnarchereyen mehr seynd, so haben sie auß der heutigen Predig schon gnug gelehrnt." Was Rauscher hier weniger ins Treffen führt, ist die ungeheure Beliebtheit der Märlein beim Kirchenvolk. „Ein gutes Exempel", bemerkt Abraham a Sancta Clara,77 „ist der beste Prediger, so die Leut bewögt. Ein gutes Exempel ist die beste Glocken, so die Leut in die Kirchen ladet. Ein gutes Exempel ist die beste Stimm, so gleichen Widerhall unter den Leuthen machet: wer da hat solchen Sporn, der ist wahrhafftig außerkorn." „Zu den Exempeln", sagte der Jesuit Balthasar Knellinger78 (und damit meint er speziell die Fasten75

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77 78

Auf den hl. Ambrosius berufen sich auch ENGELGRAVE, Caeleste Pantheon II, 112 oder EUSEBIUS A S.TIBURTIO, Fest. 448 (nach der Fabel vom Wettstreit zwischen Sonne und Wind, vgl. nr. 76): „Das ist ein Gedicht, aber höret den Mayländischen Kirchen-Praelat Ambrosium: fabula etsi vim veritas non habet, tarnen rationem habet, ut iuxta eam possit veritas manifestari. Das Gedicht, obwohlen es nicht die Wahrheit selbsten, so hat es doch sein Ursach, nach welcher die Wahrheit in das Tag-Liecht kan geführet werden." SELHAMER, wie Anm. 73, 142, beruft sich in diesem Zusammenhang auf „Alanus, Kayserspergius, Gotschalcus [Holen], Barelato, Discipulus [Johannes Herolt], Stengelius, Procopius, Sandaeus etc. etc. alij numero fere innumeri". Gemisch-Gemasch 267. Lait- und Schröck-Stern, Vorrede zum 7. Teil.

Resonanz beim Kirchenvolk

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predigten, die mit ernsthaften Erzählungen verknüpft waren), „lauffet gemeiniglich vil ein grösseres Volck zu, als zu den anderen gewohnlichen Sonn- und Feyertag-Predigen . . . " Ebenso Selhamer: 79 „Ist dann ein solcher Zulauf zu einer Exempel-Predig in der Fasten, warum soll man dies Weis und Manier nutzlich zu predigen nicht auch an Sontag und Feyertag ausserhalb der Fasten aufziehen dörffen? Von der Cantzel herab soll man also reden, daß die Christliche Zuhörer zum Wort Gottes ein beständig Lieb fassen; . . . weil dann diß weit leichter, weit wichtiger durch grobe, milde und gnadenreiche Historien als durch hochsinnige concept und Häuselbauen in Luft, durch eitles Ploderament und unkräftiges Wort-Träschen erhalten wird, warum soll man nicht die aus H. Schrift und lieben HH. Vättern sattsam probirte Predigen auch mit eingespickten Historien versieglen . . . " Wenn schon die ernsthaften Geschichten solchen Zuspruch fanden, wieviel mehr dann erst die spaßhaften! Die Prediger beklagen es selbst oft genug, daß die Leute nur noch auf die Märlein erpicht seien, auf die daran geknüpften Belehrungen aber kaum noch achten wollten. Mancher ginge nur in die Kirche, meinte beispielsweise der Pfarrherr im mittelfränkischen Wilburgstetten, Franciscus Fridericus Manz, 80 „daß er einen neuen Prediger höret, was für Schnacken und Fabelwerck er auf die Bahn bringt, sein Freud hat, wann es etwas zu lachen gibt . . . " Desgleichen Athanasius von Dillingen: 81 „Man höret geistreiche Predigen nit gern, dann man sorgt, man muß sich bessern . . . , man hört lieber zu, wo lustige Sachen und allerley Fabelwerck wird vorgetragen, daß der Prediger mehr einem Spillmann als Evangelischen Säemann gleich ist und gleich sein muß, daß man nit gar schlaff oder außbleibe; führet sie der Hl. Geist zu einem eyfrigen Verkinder des Worts Gottes, welcher von der Färb redet, wie sie seyn soll, greifft er einem oder dem andern die Puls zu starck, so ist schon alle Brüe verschittet." Mit einem Wortspiel umschreibt es der als Dichter geistlicher Lieder weithin bekannte Kapuziner Prokop von Templin: 82 „Ich vermeyne, es brauchete es wohl, daß man die Stül und Bäncke mit Vogelleim beschmierete für die jenigen, welchen so angst und bang in der Kirchen ist, kaum hat der Gottesdienst oder die Predig recht angefangen, da ist ihnen die Weil schon zu lang hierinnen, lauffen schon wider darvon: Wann aber überall Vogelleim wäre, so möchten sie etwan ankleben und ein bissei länger hierinnen bleiben. Ich wüste wohl was gut dafür wäre, nemlich Eulen: Wann man euch allemahl den Eulenspiegel fürlegete und predigte, so möchtet ihr vielleicht wohl gemer darbey bleiben und lieber zuhören, als dan man euch das Evangelium prediget, welches euch gar langweilig fürkommet, jener wäre vil lustiger." Dazu auch Clemens von Burghausen: 83 „Wann man ihnen predigt 79 80 81 82 63

Tuba clementina, Vorrede zum Dominieale. Geistl. Zeug-Hauß I, 267. Schiffart 309. Encaeniale 144. Wald-Lerchlein, Fest. I, 142; ähnlich auch HELBIG, Anatomia I, 59; vgl. Bayer JbfVk 1957, 131.

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die Wahrheit, so werden sie das Gehör abwenden. Sagt man ihnen aber von lustigen Fabeln, Ostermährlein oder neuen Zeitungen, von Romantzen und Liebs-Gedichten, so werden sie sich zu denen Fabeln wenden." Schließlich erwiesen sich die Märlein als höchst wirksam gegen den Kirchenschlaf. Schon Johannes Pauli, bekanntlich selbst Prediger, hatte seine berühmte Sammlung „Schimpf und Ernst" niclit zuletzt zu dem Zweck herausgegeben, „das die predicanten exempel haben, die schlefferlichen menschen zu erwecken und lüstig zu hören machen, auch das sie osterspil haben zu ostem". 84 Die Barockprediger hatten die gleichen Erfahrungen gemacht. Conrad Purselt 85 hielt seinen Zuhörern vor: „Ich höre etliche sagen, schlaffen ist natürlich: Wer kan oder will allzeit die Natur meisteren und einhalten? ich weiß wol, daß es gar natürlich, und man leichtlich einschlaffe, wann man von der Arbeit sich niedersetzt und ruhet. Aber woher kommt es, daß ihr so munder und wachtsam, wann der Prediger ein Fabel oder kurtzweiliges Gedicht erzehlt? woher kommt es, daß ihr nicht schlafft, wann der Prediger eures Nechsten Sitten und Gebärden, Handel und Wandel mit lächerlichen Gleichnussen beschreibt?" Und Andreas Strobl 86 begründet das Erzählen auf der Kanzel, „massen diß eines auß den besten Mitteln, die Leuth auffmerdcend zu machen und ihnen den Schlaff auß den Augen zu treiben, wie Nachetes der Altvatter erfahren. Diser gottselige Prediger, wie Cassianus von ihm bezeugt, als er auff ein Zeit seine Predig angefangen von Göttlichen Dingen und vermerdct, daß seinen Zuhörern allgemach wolte ein Schläffei zugehen, daß sie den Kopff sincken ließen, Augen und Ohren zugiengen, da unterbrach er die angefangene Red unversehens ab und schrye auff: Höret zu ein wunderseltzame Geschieht, wie ein Fuchs und ein Äff einander so arglistig außgezahlt haben. Kaum hatte er diese Wort außgeredet, da waren die Augen seiner Zuhörer widerumb offen, stunden gar auff und spitzten die Ohren, erwartend die geistliche Lehr und das Wort Gottes anzuhören." Ein ähnliches Beispiel, das die Prediger gern erzählten, um ihren Leuten ihre Leichtfertigkeit beim Anhören der Predigt vorzuhalten, war die Geschichte von Demosthenes, der sich die Aufmerksamkeit der Athener mit der Fabel von des Esels Schatten erzwingt (vgl. nr. 164). Daran knüpfen sich meist einigermaßen resignierte Betrachtungen wie bei Ignatius Ertl: 87 „Gleichermassen, wie die heidnische Athenienser machen es viel aus uns Christen; will der Prediger einen Fabelhansen spielen, von lustigen Fabeln und lächerlichen Possen was einmischen, da höret ein jeder gern zu und spitzt jederman die Ohren, hingegen 84 85 sa 87

Ausgabe v. Boke, I, 3. Fons aquae II, Dom. 191. Ovum Paschale I, Vorrede, vermutlich nach D R E X E L I U S , Zungenschleiffer II, 551. Tolle Lege, Dom. 140; ähnlich sagt TRAUNER, Haus-Hahn 20: „Angezogenen Atheniensem sind ähnlich in die Welt verliebte Menschen. Wann man predigt von der Büß und Poenitentz, von der Ewigkeit, von dem bittern Leyden und Sterben Jesu Christi . . . , ist gleich ein Verdruß, kein Gehör vorhanden, redet man aber de umbra asini, von Fabuln und Gedichten, von weltlichen Freuden, Leib-Ergötzungen, kan niemand im hören ersättiget werden."

„Der gemeine Mann mercket die Fablen blos allein . . ."

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will er mit allem Ernst und Eifer sein Zunge schleiffen, was wichtiges von der Ewigkeit, von der Höllen, von dem Teuffei seine Predig einrichten, da wird er veracht, da zeigt man ihme den Rucken, da führt man ein anders Geschwätz, Lachen und Umgaffen, daß man mag sein Göttliches Wort nicht anhören . . . " In die gleiche Kerbe schlug auch die folgende Geschichte, die der Karmeliter Eusebius a. S. Tiburtio 88 vorbrachte: „In der Stadt Bononien hatte einstens ein Prediger sehr wenig Zuhörer; er besinnete sich hin und her, wie er doch ein grössere Anzahl der Zuhörer bekommen möchte? stellete demnach die Sach also an und sagte einstens auf der Cantzel: es seye ihm die nächste Nacht ein Teuffei erschinen und habe ihm wunderbahrliche Zeitungen gesagt, welche er in nächster Predigt erzehlen werde: dises wurde stadtkündig; die gantze Stadt luffe zu zu vernemmen, was der Teuffei Gutes aus der Holl mit sich gebracht? darauf dann der Prediger: ich habe mich bemühet auch öffters das Wort Gottes auszulegen; da euer nur wenig beywohneten; jetzt aber ist die Kirchen voll, da ihr geglaubt, ich werde euch Teuffels-Possen und Mährlein vortragen? So ist Euch der Teuffei lieber als Gott? Der Teuffels Betrug lieber dann das Wort Gottes?" Ein vollends negatives Urteil über die Wirkung des Predigtmärleins gibt der Weltpriester Johann Baptist Golhofer 89 im Vorwort zu seinen allerdings recht trockenen Predigten. Diese „führen den Titel Evangelische Perlein theils darumen, weilen ich vest auf den Evangelio geblieben, . . . weilen sie weder mit Fablen, welche dem Wort Gottes als dem kostbaresten Perlein ihren Werth und Glantz verringeren und verduncklen, und dem gemeinen Mann nicht behalten lassen, was er behalten solle, da er nur, wann man ihnen fraget, was er aus der Predigt gemercket, die Fablen blos allein erzehlen wird, noch mit Prophan-Historien angestrichen, oder, teutsch zu reden, beschmieret seyn . . . " Daß die Vorliebe für das Fabulieren auf der Kanzel zuweilen aber auch der Nachlässigkeit und Bequemlichkeit mancher Prediger zuzuschreiben war, prangerte der Jesuit Johann Bisselius90 an: „ . . . wann sie ein gantze Wochen gefeyrt, gespihlt, getruncken, geluedert und geschwälgt haben, darnach erst am Sontag, wann man das erste Gloggen Zaichen zur Predig gibt, aufstehen, fragen: was für ein Evangelium? Und entzwischen unter den Anlegen der Klaydern sich erst erstudiren? Qualis preparatio, talis est concio. Was werden leyden die jenigen, die nichts darauf geistliches lesen, nichts oder nicht vil betrachten und betten und dahero hernach auch keinen Ernst, Saft und Geist im Reden erzaigen, weil sie keinen Geist nicht haben, die Gemaind also, demnach nothwendig, auch ohne Trost, Geschmackh und Geist und Fürhaben der Besserung ihres Lebens gehen lassen: Fablen aus dem Eylenspiegel er88

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Amara dulcis 166. Vgl. auch Centifolium stultorum 111. Zu dieser mitunter fatalen Wirkung der Exempelpredigt gab schon CAESARIUS VON H E I S T E R B A C H (Dialogus miraculorum, dist. 4, c. 36 = Strange I, 205) ein Beispiel. Vgl. auch Ho WIE 1 1 . Evangelisches Perlein, Vorrede. Incolarum 108 f.

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zehlen, 91 nie kein Tugend herfürstreichen und vil weniger öffentlich eingerißne Laster straffen . . . " o

Das Erzählen auf der Kanzel hatte einige besondere Termine im Predigtjahr. So wurde bei den in der Fastenzeit üblichen, auf die Kirchentrauer abgestimmten Donnerstagspredigten in der Regel von einem einprägsamen Exempel ausgegangen, mitunter waren sie auch von einer exemplarisch verwendbaren Erzählung umrahmt und wurden darum gern als „Exempelpredigten" oder geradezu als „Fastenexempel" bezeichnet. Für diese Festzeit hat man des öfteren Prediger von auswärts berufen, wie etwa Heribert von Salurn als „Fastenprediger in Klausen" gewirkt hat. Publizierfreudige Kanzelredner wie die Jesuiten Bisselius und Knellinger, der Kapuziner Amandus von Graz oder Ignatius Ertl (s. Quellenverzeichnis I) haben eigene Zyklen von Fastenpredigten herausgegeben. Sie sind durchwegs getragenen Charakters und darum für unsere Zwecke wenig ergiebig. Immerhin haben doch zuweilen auch volkstümliche Stoffe wie der „Tote Gast" (vgl. nr. 3) oder die bekannte Geschichte von dem Zecher, der seine Seele dem Teufel verkauft (nr. 2), ja sogar die Sage vom Rattenfänger von Hameln (nr. 15) als Fastenexempel Verwendung finden können. In diesem Fall wirken jedoch die Fassungen in einer durch moralisierende Einschübe oft unterbrochenen, weitschweifigen Erzählform nicht gerade volkstümlich. Sehr im Gegensatz dazu bieten die Osterpredigten, vor allem die Ostermontag-Predigten, manchmal auch noch die vom Osterdienstag (nach altem bairischem Sprachgebrauch vielfach „Ostererchtag") die dankbarsten Quellen für die barocke Fabel- und Schwanküberlieferung. Oft ist die ganze Predigt mit „Ostermärl" 92 überschrieben, weil der Kanzelredner sich nicht mit einer Geschichte begnügt, sondern zwei, drei Fabeln oder Schwänke aneinanderreiht. Jedenfalls wurden diese fröhlichen Diskurse als eigene Gattung angesehen und mehrere davon nebeneinandergesetzt. Ein Gegenstück zu Strobls Sammlung von hundert Osterpredigten mit ebensovielen, höchst vergnüglichen Ostermärlein (63 Schwänken, 36 Fabeln und einer als „vera historia" bezeichneten Sage) hat sich allerdings bisher nicht gefunden. 93 Sie war laut Vorrede besonders 91

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Der „Eulenspiegel" bezeichnete im Sprachgebrauch der Prediger offenbar die gesamte Schwankliteratur. Vgl. unten S. 76. Zum Wort „Ostermärl, Ostermährlein" (bei den Predigern finden sich die verschiedensten Schreibungen nebeneinander) im alten Sprachgebrauch vgl. GRIMM, Deutsches Wörterbuch 7, 1377; SCHMELLER, Bayerisches Wörterbuch 1, 1634; LThK 7,810; LORENZ WESTENRIEDER, Glossarium Germanico-Latinum vocum obsoletarum primi et medii aevi, inprimis bavaricum, tom. I, Monachii 1816, Sp. 339 gibt folgende Erläuterung: „Mähre, Mährlein, Mährchen hieß auch eine Erzählung, eine Nachricht, ein kleines Geschichtdien, z. B. das unlängst abgewürdigte Ostermährlein, jetzt ein falsches Geschichtchen." Dieses Signum der Unglaubwürdigkeit hat „Ostermärlein" auch schon bei den Barodcpredigern. Vgl. unten S. 56. Eine Predigtsammlung des Wieners FLORENTIUS SCHILLING mit dem gleichen, von Stengelius übernommenen Titel enthält wohl Osterpredigten, jedoch ganz anderen Charakters.

Fastenexempel und Ostergelächter

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„denen Herren Predigern, als welche zur Oesterlichen Zeit ohne das genug zu thun haben mit Beichthören und Kirchen-Ceremonien beschäftiget seyn, also nit vil Zeit haben, auf die Oster-Märl nachzusinnen", gewidmet. 94 Die Prediger bezeichnen das Erzählen des Ostermärleins zur Ermunterung der Zuhörer anläßlich der österlichen Freude über die Auferstehung des Herrn gern als alten oder auch uralten Brauch, und fügen oft formelhafte Wendungen wie „Gute Bräuch muß man nicht lassen abkommen" 9 5 oder „Ich hab den Brauch nicht aufgebracht, so begehr ich ihn auch keineswegs abzubringen" 9 0 hinzu. Dieses Bewußtsein des alten Herkommens bestand durchaus zurecht. Die brauchtümlichen Predigerscherze, die das Kirchenvolk nach der langen, düsteren Fastenzeit zum „risus paschalis" oder „Ostergelächter" ermuntern sollten, lassen sich nach den auf reichem Quellenmaterial beruhenden Untersuchungen von Hanns Fluck 97 bis an die Schwelle des 16. Jahrhunderts zurückverfolgen, gelten aber auch da schon als herkömmlich. Das Osterevangelium war thematisch für diesen Zweck wenig ergiebig. Mathesius berichtete, er habe in seiner Kindheit einmal die Höllenfahrt Christi und den Sieg des Erlösers über den Teufel heiter ausgesponnen als Ostermärlein erzählen hören. 98 Nach einer Münchner Handschrift von 1551 hat der Prediger im Liebfrauendom zu München eine allegorische Geschichte von einer Wallfahrt nach Jerusalem mit der Einkehr in den „Herbergen zu den sieben Todsünden" vorgebracht. 99 Doch waren Motive dieser Art bald erschöpft und wohl auch nicht komisch genug, die Leute wirklich zum Lachen zu bringen. Es wurden also andere Geschichten erzählt, die mit Ostern gar nichts mehr zu tun hatten. Schon Bebel bezeugt, daß diese sich mit Vorliebe um den Ehekrieg drehten, 100 und aus der Zimmerischen Chronik und anderen Quellen 101 94 95 96 97

98

99

100

STROBL, Vorrede. BENZ, Ostermärl 37. SELHAMER, Tuba clementina, Fest. 194. Der Risus Paschalis, Ein Beitrag zur religiösen Volkskunde, in: Archiv f. Religionswissenschaft 31, 1934, 188 ff. Ebenda 194; WOLF, Predigtexempel im frühen Protestantismus 360; desgleichen berichtet PHILIPP J. RECHTMEYER, Der berühmten Stadt Braunschweig KirchenHistorie, Braunschweig 1707, 309 von dem ersten evangelischen Prediger, „daß, gleichwie er ein Kerl gewesen, er schröcklich schreyen können; so habe er einsmals in Ostern, als er gemercket, daß seine Zuhörer schläffrich worden und nicht Achtung gegeben, sie solchermassen auffgewecket. Er habe nemlich diese seltzame Fabul vorgebracht, wie der Heyland mit seiner Sieges-Fahne vor die Hölle kommen wäre, dieselbe zu bestürmen, hätten die Teuffei, als sie ihn gesehen und sich gefürchtet, eiligst die Thür verrieglen wollen, weil sie aber nicht so geschwind einen Riegel zur Hand gehabt, den sie vor die Thür stecken können, habe einer aus ihnen seine lange Nase vorgesteckt. Als aber solche der Herr, indem er die Thür mit Macht eröffnet, abgebrochen und ein gut Theil kürtzer gemacht, habe der Teuffei über solche Schmertzen geschrien: Jodeto, Jodeto, welche Worte diser Svigbertus mit so starker entsetzlicher Stimme ausgeruffen, daß die Zuhörer davon aufgewachet und gezittert und gebebet." Cgm. 4681;

vgl. SCHMELLER,

Bayerisches W ö r t e r b u c h

I, 1 6 3 4 f.;

BP 3, 250. Ausg. v. WESSELSKI I, 13 nr. 21 und Nachweise 127, II, 70, nr. 157.

FLUCK 1 9 3 ;

Einführung

32

erfährt man von Ärgernissen, die die Pfarrer mit überdeutlichen Anspielungen auf anwesende Eheleute erregten. Sicherlich haben sich die Herren Kanzelredner, schon gar die Landgeistlichen, bei solchen Gelegenheiten kräftig ins Zeug gelegt, auch viel Skurriles und nicht immer Geschmackvolles vorgebracht, und das Gelächter der dankbaren Zuhörerschaft wird nicht gerade leise gewesen sein. Allein das kirchliche Leben hatte dazumal überhaupt andere Formen. Bei der Pumpermette in der Karwoche, da die Leut mit Prügeln und Stangen auf die Kirchenbänke schlugen,102 ist es mindestens ebenso laut zugegangen. Wenn es in einer Beschwerde des Dachauer Landrichters an den Kurfürsten Max I. vom Jahre 1643 103 heißt, der Pfarrer habe in seinem Ostermärlein von einem über der Hennensteige schlafenden Paar erzählt und eigens dazu einen Knecht bestellt, der an den entsprechenden Stellen vom Chor herunter laut und vernehmlich krähen mußte, so war das für die damalige Zeit kein gar so ungewöhnlicher spielerischer Effekt. Man hört ja sogar aus rein protestantischen Gebieten, daß der Prediger bei der Weihnachtsmesse die Tiere an der Krippe nachahmte und die Zuhörer mit „muh" und „ia" respondierten, was da und dort noch bis ins 19. Jahrhundert üblich war. 104 Daß beim Ostermärlein, wie Fluck auf Grund des besonders scharfen Urteils von Erasmus von Rotterdam beweisen wollte, Obszönitäten im Vordergrund gestanden seien,105 möchte ich bezweifeln. Dafür liegt kein einziges direktes Zeugnis vor. 108 Wäre es tatsächlich so gewesen, so müßte das auch in den übrigen, fast durchwegs negativen Beurteilungen des Brauchs bei den reformbeflissenen Autoren des 16. Jahrhunderts, bei Geiler von Kaisersberg, bei Sebastian Franck, 107 schon gar bei den Reformatoren selbst 108 deutlich ausgesprochen sein. Ein so schlagendes Argument hätte man sich gewiß nicht entgehen lassen. Es ist aber nur von Hanswurstiaden der Prediger, von Schnacken, Possen, lächerlichen Weiber- oder Kindermärlein und der allzu ausgelassenen, der Heiligkeit des Osterfestes nicht entsprechenden Stimmung in der Kirche die Rede, nicht von Unflätigkeiten. Auch in späteren Zeugnissen aus protestantischen Schriften nicht. Valerius Herberger 109 sagte einmal in anderem Zusammenhang: „Ein Prediger bringe kein risus paschalis auf die Cantzel und mache kein Gelächter wie ein Jean Potagies . . . " , und der Chronist der Stadt 101

BIRLINGER, AUS S c h w a b e n 2 , 8 2 f . ; F L U C K

102

Vgl. HANS MOSER, Die Pumpermetten. Ein Beitrag zur Geschichte der Karwochenbräuche, in: BayerJbfVk 1956, 89 ff. JOSEPH SCHEIDL, Ein Ostermärlein, in: Zeitschrift f. Kirchengeschichte 45, 1927, 9 f. R. HEIDRICH, Christnachtfeier und Christnachtgesang in der evangelischen Kirche, Göttingen 1907, 6.

103 104

189.

105

FLUCK 1 9 3 , 1 9 6 ,

106

Im übrigen wird „obscenus" im Mittellateinischen oft auch für „häßlich, abscheulich" gebraucht: vgl. HABEL-GRÖBEL, Mittellateinisches Glossar, 2. Aufl. Paderborn 1959, Sp. 260.

107

Vgl. die Zitate bei FLUCK 1 9 6 .

108

WOLF, Predigtexempel 353 (Luther), 360 (Mathesius). Buch Siradi 616.

109

199.

Das Ostermärlein im 17. Jahrhundert

33

Zwickau 110 meldete: „Welcher am Oster-Fest die närrischten Schnacken auff der Cantzel hat können fürbringen, daß die Leute nur sehr gelachet, der hat das beste Lob gehabt: Aber von der Auferstehimg Christi, von Nutz derselben und wie wir uns derselben solten trösten, ward nichts gedacht." Schuppius hat zu diesem Punkt die Meinung des Mathesius wiedergegeben, die gute Wirkung der Märlein aber doch verteidigt. 111 In dem vorliegenden Material aus der katholischen Barockpredigt — Fluck kannte nur Strobls „Ovum paschale" — ist schon gar keine Spur von Obszönem zu finden, obgleich auch hier Ehestandsschwänke bevorzugt waren. 112 Es ist nicht anzunehmen, daß das nur auf die obrigkeitliche Zensur zurückzuführen ist, während es in Wirklichkeit zu unzüchtigen Ausschreitungen gekommen wäre. Der Verfall kirchlichen Lebens war ja auch hier längst vorbei und die Märlein waren in ihrer Art handfest und komisch genug. Schließlich waren die Kanzelredner der Zeit alle Sittenprediger; sie hätten solche Ausfälle niemals mit ihren so eindringlich vorgebrachten Mahnungen gegen Unzucht und Liederlichkeit vereinen können. Das Fehlen an literarischen Zeugnissen für den risus paschalis im frühen 17. Jahrhundert erklärt Fluck aus dem Abflauen der Controverse. Man polemisierte nicht mehr gegen liturgische Formen der alten Kirche, und darum wurde auch das Ostermärlein nicht mehr erwähnt. Sicherlich ist es aber im katholischen Bereich, vor allem in den Dorfkirchen, weiterhin üblich geblieben. 113 Dafür dürfte sich in lokalen Archivalien noch mancherlei finden lassen, wie die Belege von Gustav Gugitz für Niederösterreich von 1628 und 1642 1 1 4 und der besonders glückliche Fund von Scheidl aus dem Landkreis Dachau (s. o.) beweisen. Aus der gleichen Zeit stammt auch der Bericht des Bürgermeisters im oberfränkischen Staffelstein, 115 wo im Jahre 1646 Erzherzog Leopold Wilhelm als Befehlshaber der dort im Quartier liegenden kaiserlichen Armee „das österliche Fest mit all seinen Fürsten, Grafen und Herrn hochfeierlich" beging. Nach einer „gehaltenen herrlichen Musik predigte Pater Hofnedcer", und „nach Beschließung" derselben „erzählte er ein Ostermärlein, über welches nit allein gemeine Leute und dabei befindliche Fürsten und Herrn, sondern auch der Erzherzog über alle Maßen lachen mußten. Denn er erzählte eine solche lächerliche Historia von einer witzigen Dame, die Tag 110

TOBIAS SCHMIDT, Chronik ( 1 6 5 6 ) , 1, 3 7 5 .

111

FLUCK 1 9 5 ;

112

FLUCKS Hinweis auf Strobls Erzählung von der bösen Frau im Faß (vgl. nr. 32), die in ihrer Wut den Spöttern durch das Spundloch die Feige zeigt, kann dafür nichts aussagen. Die Feige ist hier nur die übliche, in den Predigten mehrfach erwähnte Spottgebärde.

113

Vgl. BAUERREISS, Kirchengeschichte Bayerns 5, 1 8 5 ; VEIT-LENHART 1 5 3 f.; z u den

114

115

3

SCHUPPIUS, S c h a f f t e n

I, 8 3 9 ff.

nodi im späten 18. Jahrhundert nötigen Verboten vgl. unten S. 80 f. Vgl. GUSTAV GUGITZ, Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs, Wien 1948, 1, 182 f. ALFRED FRANK, Ostern 1646 im kaiserlichen Hauptquartier Staffelstein, in: Fränkische Blätter 7, Bamberg 1955, 25 f. Zum Märlein vgl. ATh 835° und 1406. Moser-Rath

Einführung

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und Nacht einen vollen Mann hatte, welchen sie einstmals in einen Sarg gelegt und beredt, wie er gestorben und tot gewesen, (so) daß er sidi hernach sein Lebtag nicht mehr bezechet." Hier haben also auch allerhöchste Herrschaften am Ostermärlein keinen Anstoß genommen. Eine gewisse Kontinuität ist jedenfalls gegeben. Unter den erzählfreudigen Predigern der zweiten Hälfte des Jahrhunderts und darüber hinaus wird das Ostermärlein wieder schlechthin obligat. Dabei berufen sie sich gern auf den Evangelientext von den nach Emaus wandernden Jüngern. So etwa Heribert von Salurn: 116 „Weil nun aus dieser Evangelischen Geschieht, sonderbar aus den Worten dum fabularentur, der Brauch ist eingeführt worden, daß man auf der Cantzel pflegt Oster-Mährlein zu erzehlen, so will ich diesen Brauch auch nachkommen und gegenwärtige Predig dergestalt mit Oster-Märlein untermengen, daß wir einen Geistlichen Nutzen werden können daraus schöpffen." Ähnlich meint Selhamer,117 der Prediger dürfe sich wohl „dem abgelesenen H. Evangelio accomodiren, wo so vil Fablwerck angezogen wird: Dum fabularentur, die Jünger selbst hielten die H. Urständ gleichsam nur für ein erdichtes Oster-Märl . . . " Wichtiger noch als diese Begründung des Brauches, die übrigens weit plausibler klingt als spätere Deutungen auf ursprünglich „arischen Festbrauch", war den Predigern jedoch der Hinweis auf die verbreitete Gewohnheit und das lebhafte Verlangen des Publikums, ein Ostermärlein zu hören. So sagt Marcellianus Dalhofer, 118 der in seinen Miscellanea einen eigenen Abschnitt den „Joco-Seria oder Schimpff und Ernst, pro die Luna post Pascha . . . " gewidmet hat: „Man findet bey jetzigen treulichen Osters-Zeiten nit wenige auß den geistlichen Oratoren und Predigern, welche nachdem sie so lange Zeit von strenger Büß und Besserung deß sündigen Lebens, wie nit weniger von dem schmertzlichen Leyden und schmählichsten Todt Christi auff ihren Red-Bühnen sich ernstlichen und kläglich hören lassen, an dem heuntigen Fest-Tag eine Christliche Versamblung mit einem lächerlichen Oster-Gedicht zu belustigen gewohnt seynd . . . Mich und meine Wenigkeit anlangend, han ich nichts entgegen und lasse zu ein Oster-Mährel, wann selbiges also fürgetragen und angehöret wird, wie das Saltz pflegt gebraucht und genossen zu werden, . . . daß man die Speisen darmit temperiere und wolgeschmach mache. So soll seyn ein Oster-Mährlein, meines mindisten Bedundcen. Die Speiß ist das Wort 116 117

118

Fest. I, 71. Tuba clementina, Fest. 194 f.; als Gegner des Ostermärleins zeigt sich in diesem Zusammenhang der gelehrte KNELLINGER, Fest. 255: „Wann der Gebrauch, an disem Tag ein Gedicht oder Mährlein auf die Cantzel zu bringen, keinen anderen Ursprung und Grund hat, als daß der hl. Evangelist Lucas sich in Beschreibung deß Gesprechs, so Cleophas mit seinem Weggefehrten gehalten, deß Wörtleins Fabularentur bedienet, so ist freylich diser Grund so schwach, daß nicht ein Wort darvon solle geredet, wil geschweigen ein Predig darauf gebauet werden. Dann wie alle Schriftverständige einhellig lehren, heisset das fabulari hie nichts anderes als colloqui, miteinander reden . . . " 263: „Bei Christus . . . findet man keine Gedicht, keine Fablen, keine Kinder-Mährlein . . . " Areolae 421 f.

.Dum fabularentur

.

35

Gottes, das Mährel eine gewiß temperierte und kluge Weiß, mit welcher man die Speise dem Zuhörer beybringt . . . " Der oberfränkische Weltgeistliche Christoph Benz 119 vermerkt zu dem oben zitierten Hinweis auf den guten alten Brauch, daß er „schon viel Jahre Euer Lieb und Andacht Ohren zu dergleichen Erzehlung schon gar geneigt erfahren" habe und darum „es auch dißmahl bey dem alten verbleiben lassen" wolle. Rauscher120 verweist auf seine Predigt über das Für und Wider des Ostermärleins und fügt hinzu: „Nach erwogenen Ursachen zu beyden Theilen hab ich würcklichen zwey dergleichen Ostermärlein in Druck gegeben. Und weilen ich vernimme, daß nach mehreren grosses Verlangen getragen werde, soll mir nit entgegen seyn, noch ein und anderes den vorhergehenden beyzufügen." Scheinbar unwillig fügte sich Petrus Hehel 121 der Übermacht der Gewohnheit: „Ich sag recht redlidi: Nichts unliebers thue ich, als Fabel, Märl oder Weiber-Gedicht auf der Cantzel erzehlen und vorbringen, inmassen die Kirchen ein Orth der Andacht, die Cantzeln aber oder Predig-Stühl seynd der Sitz der ewigen Wahrheit, welche das Göttliche Wort durch die Prediger denen andächtigen frommen Christen . . . ernstlich zu verkündigen, nicht aber darmit zu schertzen pflegen. Doch hat die Gewohnheit gleichsam schon ein Gesatz gemacht, gemäß welchem die Prediger fast verbunden werden, bey Oesterlicher Zeit ein Oster-Märl oder Fabel-Gedicht zu erzehlen, damit sie also auch mit ihren Reden und Sprechen die Freud und Lust vermehren in denen Zuhörern, zu welcher uns gegenwärtige Heil. Fest-Täg der Uhrständ Christi veranlassen." Er war übrigens sonst gar nicht so unlustig zu erzählen, wie die Auswahl aus seinen Predigten zeigt. Eine weitere, aber keineswegs so brauchtümlich verpflichtende Gelegenheit zum Fabulieren war die Kirchweihpredigt, die oft auf die fröhliche Festlichkeit rund um das Gotteshaus abgestimmt war. Auch die Fasnachtszeit bot willkommenen Anlaß, lachhafte oder auch abschreckende Geschichten von Maskierten vorzubringen (vgl. nr. 71, 159, 239). Im übrigen haben sich die erzählfreudigen Prediger jedoch kaum an Termine gebunden gefühlt und ihre Geschichten dort eingeflochten, wo es ihnen gerade zweckmäßig erschien. Über die Stellung des Märleins innerhalb der Predigt läßt sich darum nichts Bestimmtes sagen, zumal ja auch der Aufbau der Kanzelreden, trotz gewisser Grundregeln, durchaus variabel ist. Manchmal wird von einer anfangs vorgetragenen Erzählung ausgegangen, manchmal steht sie, wie etwa in den Kinderlehrpredigten des Lucianus, gleichsam als Draufgabe am Schluß. Strobl macht aus seinen Ostermärlein jeweils einen eigenen Abschnitt, meist den 3. oder 4. Paragraphen der Predigt, dem dann, wiederum getrennt, die Applicatio moralis folgt. Gemeinhin aber sind die Geschichten unmittelbar ins Kanzelwort verflochten und so mit den vorausgehenden Erörterungen verknüpft, daß sich der Anfang mitunter nur schwer aus dem Text lösen läßt. Schließlich konnte die Erzählung auch als ausgesprochen konstruktives Element der Predigt ver119 120 121

3*

Ostermährlein 37. Haushaltung 55. Sitten-Lehr II, 106.

36

Einführung

wendet werden; sie bildet dann, wie bei Fastenexempeln oder etwa den Fabelkontaminationen Pfarrer Helbigs (nr. 206, 207), den Rahmen für geistliche Betrachtungen oder moralisierende Exkurse. Knellinger 122 hat sich einmal eigens mit solchen Kompositionsfragen auseinandergesetzt: „Solle es, fragest du, genugsam und dem Zuhörer sonders gedeulich seyn, wann Anfangs die Geschieht, wie sie lautet, ohne Untersatz erzehlet wird, bey Beschluß aber derselben ein, zwo, drey oder noch mehr geistliche Lehren daraus gezogen werden? Antwort, dise Weiß verdienet schon ihr Lob, sonderbahr bey denen nicht so fast fürwitzigen als lehrwilligen Zuhörern. Jedoch bey denen, welche mehr abgeschliffen seynd, und, wie der Apostel sagt, mit heiligem List müssen gefangen werden, kann ich für meine Wenigkeit nicht erachten, daß sie die bessere seye. Dem Prediger zwar mag sie leichter fallen, aber dem Zuhörer wird solches, insgemein zu reden, nicht nutzlicher seyn . . . Die Geschieht vorhero gantz erzehlen und endlich zu sagen: Jetzt kommen wir zur Lehr, ist schier eben so viel, als den Fischen sagen: wolan! Fisch! jetzt kommen wir zu dem Angel! . . . Gewiß ist, daß bey vilen die Aufmercksamkeit gleich um ein merddiches nachlasse, wann sie hören, daß die Geschieht schon zu E n d gebracht seye . . . Demnach wird es zum füglichsten seyn, wann wir die Lehren in die Geschichts-Erzählungen also einrücken, daß die Zuhörer, nachdem sie schon halb darinen seynd, erst anfangen zu mercken, daß sie von der HLstori abseits und entzwischen in die Tugend-Schul seyen hineingeführt worden." Wenn Knellingers Erfahrungen über die Aufnahmefähigkeit des Kirchenvolks auch sicherlich zutreffend waren, so blieben solche Erwägungen doch Theorie. Zum Glück, möchte man von unserem Standpunkt aus sagen, denn dieses Rezept hätte jede natürliche Erzählform gesprengt. Seine Amtsbrüder waren gemeinhin weniger bedenklich: hatten sie einmal zu erzählen begonnen, so blieben sie auch dabei und brachten die Geschichte ohne für die Zuhörer unliebsame Unterbrechung zu Ende.

Von den Stilmerkmalen des barocken Predigtmärleins 123 überrascht zunächst der Reichtum der Sprache, die bildhafte Ausdrucksweise, der lebendig-volkstümliche Tonfall, der sich recht wohltuend von dem sprichwörtlich gewordenen Schwulst der barocken Dichtung und der bombastischen Weitläufigkeit der Kanzleisprache jener Zeit abhebt. Man verstand sich in erstaunlicher Weise auf die Kunst wirklich anschaulicher Schilderung. Dafür nur ein Beispiel aus einer Stephani-Predigt Wolfgang Rauschers, 124 da er eingangs das Leben und Treiben der Soldaten beschreibt: „Wer die Tugend sucht und solche in dem Läger bey den Soldaten zu finden 122 123

124

Lait- und Schröck-Stern, Vorred zum 7. Teil (S. 4). Vgl. M O S E R - R A T H , Erzähler auf der Kanzel 15 ff. und die Textvergleiche zu ATh 1365 in: Das streitsüchtige Eheweib. Fest. I, 135.

Kompositionsfragen

und

Stilmerkmale

37

vermaint, wird von vilen für einen albernen Menschen gehalten werden. Dann, lieber, wie solt die Tugend, die gar zart und der stillen Einsambkeit gewohnt, an dem jenigen Orth sich auffhalten, wo ein lauttere Unruhe und Getümmel ist? gehe einer nur in ein Lager hinein, und er wird sehen Roß und Wagen, Menschen und Vieh, Kraut und Lott, 125 groß und klein Geschütz, Mußquetten und Doppelhäcken, Stuck und Fewr-Mörsl, Pulver und Pley, Degen und Spieß, Pantzer und Harnisch, und allen Plunder obereinander. Einen Theil der Soldaten wird er in Beraitschafft, den anderen hin und wider auf der Bernhaut herumb ligend antreffen. Da wird ein nasse Burst beym Wacht-Feur herumb sitzen und allerhand grobe Zotten reissen: dort werden ihrer etliche undter einem Baum beysamb knocken und den halben Monathsold sambt dem ComißBrot auff einmal verspielen. Andere mit metzgen, sieden, bratten beschäftiget seyn; andere arme Lufft-Schlucker deß Hungers zuvergessen, die TabackPfeiffen am Maul haben. Vil werden zwar nit beym Zapfen sitzen, aber wol dem Faß den Boden einschlagen, und mit den Hüten Wein oder Pier heraußschöpffen, und sich Plitz-Platz-Stern-voll einsauffen, den anderen Tag auff dem Esel gar außniechteren; andere dem Bulen abwarthen, und etwann ihrer fünff oder sechs bißweilen nur ein Weib haben: andere auffs freybeuten außgehn; aber nit allein die Feindliche Parthey, sonder auch den armen LandsMann anbacken, und also mit ihm theilen, daß er gar nit mehr schwär gen Marckt zutragen werde haben. Gehling werden zwen von Leder zucken, mit einander palgen, einer den andern verwunden oder wol gar zu todt stossen. Da wird einer stellen, dort einer einbrechen, der dritt fluechen, der viert Gott lästeren, und etwan mehr Sacrament in einer Stund gen Himmel außspeyen, als er die gantze Zeit deß Kriegs Kugel verschiesset. Scheindt also bey solchem Leben, daß man in Ermanglung einer guten Kriegs-Zucht im Läger führt, wo ausser dem Außreissen alles erlaubt, kein Plätzlein mehr überig zu seyn, wo die Tugend und wahre Gottseeligkeit ihren Fuß, ohn das sie besudlet werde, könte hinsetzen . . . " Wieviel lebendiger wird das noch, wenn zum Stimmungsbild das Moment der Handlung kommt! Die Prediger verfügten beispielsweise über ein beachtliches Geschick, Geschichten aus fremden Welten oder fernen Zeiten ihren Zuhörern mundgerecht zu servieren, d. h. sie in die vertraute Umwelt zu versetzen und die Gestalten so reden und handeln zu lassen, als befände man sich in der Stube beim Nachbarn. So läßt Clemens von Burghausen allegorische Figuren wie Cupido und Stultitia im Wirtshaus bei Semmeln, Kraut und Wein beisammensitzen und später im Streit mit dem Ofenstängel aufeinander losgehen.126 Bei Leo Wolff 127 ist der trauernde Agamemnon mit einem „Schnupftüchl" ausgestattet, und nach Pater Abraham 128 sind dem goldsüchtigen König 125

126 127 128

„Kraut und Lott" bedeutet soviel wie „Pulver und Blei". Vgl. SCHMELLER, Bayerisches Wörterbuch 1, 1385 u. 1540. Waldlerchlein, Dom. I, 132. Vgl. die Textwiedergabe in Fabula 2, 6. Fest. II, 59 f. Judas II, 558; die Sage (ATh 775) begegnet öfters, so bei WOLFF, Fest. II, 109.

38

Einführung

Midas „auch Speisen, ein jedes Brodt, Stüde Fleisch und ein Bratt-Wurst zu Gold worden, ja er konnte so gar nit die Nasen schneitzen, hat er wollen, daß solche nit in ein Gold-Klotzen verkehrt wurde, wessenthalben er nothwendig hat müssen vor Hunger sterben." In ähnlicher Weise wurden den Leuten auch Geschichten und Gleichnisse aus der Bibel geboten. Besonders drastisch ließ sich z. B. der Kampf zwischen David und Goliath 129 darstellen, wobei die Wechselwirkung zwischen Predigt, Bilddarstellungen und Volksschauspiel sicherlich von Bedeutung war, oder etwa die Geschichte vom verlorenen Sohn. Hier ein Beispiel, wie es nach der Schilderung des Wiener Bamabiten Florentius Schilling 130 im Hause des Loth zugegangen ist: „Es sagen die Hebreer . . ., daß Loth ein treuhertziger lieber Mann war, und gern die Frembden beherbergt, das hat sein böses Weib nicht können leiden, hat darnieder gemurrt und gebrumt, es ist ihr halt nicht recht gewest. Den Abend vor dem Untergang Sodoma kamen in gestalt zweyer Pilgram zween Engel zum Loth, bitten umb Herberg; hertzlich gern, sagt Loth, kommt herein und nehmt vorlieb mit dem, was das Haus vermag. Hola Weib! Da haben wir ein paar liebe Gäst, rieht was guts zu vor sie zum essen. Kommen mehr ein paar Schlingel daher! Was thut aus Zorn das Weib? Sie kocht zwar, aber braucht kein Saltz darzu. Hola Weib! Ists Essen fertig? Jetzt gleich. Wolan so rieht an. Loth kost die Suppen, war ungesaltzen, das Fleisch ungesaltzen, Loth will saltzen, ist kein Saltz auf den Tisch. Hola Saltz her! Es ist keins daheimb, sagt die Lothin, war aber nicht wahr. Haben wir kein Saltz im Haus? Nicht ein Messerspitz. Weil es Nachts war und die Sodomiter gottloß, haben also ungesaltzen die Speisen die Engel müssen geniessen. Ach! da hat sich die Frau Lothin versündigt . . . " Köstlich auch die unbekümmerte Naivität, mit welcher Schilling 131 das Verhalten der Tiere in der Arche Noah beschreibt: „Wann ich die H. Wochen einer Sach solte vergleichen, so wolt ich sie vergleichen der Arch des Noe. Gott befilcht diesem getreuen Mann: Von allen lebendigen Thieren zwey und zwey, das ist, ein Paar laß ein in dein hiltzene Wohnung: Exempli gratia: Zween Löwen, zween Wölff, zween Beeren und also fort. Was zu verwundern ist, ist nemlichen, daß viel Thier gegen einander Feindschafft hatten, und doch haben sie einander nichts gethan. Aber wie lang? So lang sie seynd in der Arch gewest. Der Low sihet den Hirschen. Hirschel, sagt der Low, wie schmeckt mir dein Fleisch? aber wir seynd jetzt in der Arch, wann wir aber wiederumb werden hinauskommen, alsdann ä rive dersi. Der Wolff sihet das Schaaf. Ach! sagt er, niemand kundte mir zu einem Beltz helffen als du, aber wir seynd in der Arch, wann wir wiederumb hinauskommen, so will ich Fleischhacker und Kürschner seyn. Der Fuchs sihet die Henne. Ach! liebe Schwester! wie hätt ich eine gute Hennesuppen vonnöthen, 129 130 131

Vgl. die Textwiedergabe in Fabula 2, 6 nadi ERTL, Tolle Lege, Fest. 35 f. Ovum Paschale 34. Ebenda 36.

Antike und biblische Geschichten

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aber wir seynd in der Ardi, wann wir wiederumb hinauskommen, so werde ich den Hünerkobel ex officio visitiren. So gehets in der H. Wochen, da seynd wir alle in der Arch. Einer sihet ein sündige Gelegenheit. Ach dörfft ich! was thät ich, aber wir seynd in der H. Wochen. Nach Ostern ä rive dersi." Vollends zur Kindergeschichte macht Andreas Strobl 132 die Stelle aus der Genesis, da Adam von Gottvater den Auftrag erhält, den Lebewesen Namen zu geben. Was macht er nicht aus der knappen Textstelle! Hier nur zwei Absätze davon: „In particulari aber darvon zu reden, käme für den Adam daher getretten ein schönes muthiges Pferdt, als tantzete es, es krümete den Halß, und den Kopff, schrye und richlete, und erzeigte so stoltze Gebärden, als wolte es gleichsamb sagen: Herr Richter, ich bin ja ein praves Thier, du wirst mir ja einen schönen, herrlichen Namen geben, der mir wol anstehet, und dessen ich mich nicht schämen darff, wie soll ich heissen? Ja, sagt Adam, du bist ein praves Thier, das ist wahr, deßwegen sollst du heissen Cavale, ein Gaul, ein Pferdt. Darmit war es zu friden und gienge fort. Bald darauff kommet gantz Majestätisch daher getretten ein anderes wackeres Thier, im goldgelben Balg oder Haut bekleydet, mit schimmernden Augen, zornig- und trutzigem Angesicht, hochmüthig und prächtig, als wann es sich nicht würdigte, mit anderen Thieren Gemainschafft zu haben, stellte sich für deß Adams Richter-Stuel, brüllet ihn an, daß gleichsamb alles erzitteret. Als wolt es sagen: was solte das stoltze, übermütige Pferdt gegen mir seyn, was alle andere Thier? ich übertriffe sie alle mit meiner Stärcke und Herrlichkeit. Begehre derowegen auch einen Namen, aber einen stattlichen Namen, der auff mich gehöret. Du hast wahr, sagt Adam, Gott hat dich mit grosser Stärcke begabt, du solst ein Low genennet werden, das soll dein Namen seyn, gehe fort damit. Nach disem kombt daher gehupfft, gleichsamb wie ein hinckendes SchneiderBürschel, ein armes, gantz forchtsames Thierl, mit auffgerecktem Kopff, spitzigen Ohren, schauete immerzu zurück, so offt sich nur etwann ein Blat an einem Baum oder was anderes hören ließ, da förchtete es sich schon, und erschracke darüber. Adam verwunderet sich über so grosse Zagheit, ey du armes Thierl, was solt ich mit dir anfangen, wie solt ich dich heissen? keinen stattlichen Namen kan ich dir geben, du solst heissen Haaß, und lauffe hin darmit." Der Hang zur behaglichen Breite der Erzählung ist für die meisten Prediger charakteristisch. Man sehe nur, wie etwa Selhamer den relativ einfachen Vorwurf des Exempels vom undankbaren Sohn (nr. 34) auszumalen verstand. Und bei Fabeln und Schwänken ließen sie ihrer Erzählerfreude erst recht freien Lauf. 133 Es war ein geradezu liebevolles Ausspinnen des Details, das ihren Geschichten Farbe und Stimmung gab. 132

133

STROBL, Ovum Paschale II, 177 f.

So bemerkt etwa RAUSCHER, Haushaltung 6 4 zum Schwank vom dummen Hühnerhüter (nr. 80): „M. Antonius Bonciarius . . . erzehlt, was ich jetzt auch beybringen wird, aber damit es ein lustiges Ostermärlein abgebe, in vielen Stucken änderst zugesdinitzlet habe."

Einführung

40

Das läßt sich dort besonders gut erkennen, wo ein unmittelbarer Vergleich mit der literarischen Vorlage möglich ist, wie etwa bei Leo Wolfis Version des „Tapferen Schneiderleins" (nr. 67), die er schon aus einer volkstümlichen Quelle, dem „Kurtzweiligen Reißgespan" von Talitz, entnommen hatte und doch ganz auf seine Weise, ausführlicher, mit scherzhaften Einschüben und formelhaft wiederholten, gereimten Wendungen nacherzählte. 134 Glanzstüdce persönlich geprägter Erzählkunst sind Strobls Fabelwiedergaben. Als Beispiel hier die aus Äsop bekannte Geschichte vom Alten und dem Tod (ATh 845), die in den Fabelbüchern nur ein paar Zeilen beansprucht: „Ein alter Mann hatte Holz geschlagen und mußte es auf seinen Schultern ein weites Stüde Weges tragen. Müde und erschöpft warf er schließlich die Last ab und rief den Tod. Als der Tod vor ihm stand und fragte, warum er ihn gerufen habe, sagte er: ,Damit du mir die Last da auf die Schultern hebst!' Die Fabel zeigt, daß jeder Mensch am Leben hängt, auch wenn er sich in tausend Gefahren stürzt, und daß ihm der Tod unerwünscht ist." l a 5 Dagegen die Version bei Strobl: 136 „. . . Ein solcher war jener alte, arme Bauersmann, der hatte daraussen im Wald ein Burd Holtz zusammengehackt und auff die Achsel genommen, willens, solche nach Hauß zu tragen. Indeme er aber einen zimblichen Weeg fortgangen, schlueg ihm die Müdigkeit in die Füß, legte die Burd von sich, last einen tieffen Seuffzer gehen, setzt sich nider auff einen grünen Waasen und ruhet ein weil auß, betrachtet alldorten bey sich selbst sein grosse Müheseeligkeit, ach! sagt er, wie bin ich halt so gar nichts mehr werth, all mein Stärck ist dahin, hab weder Krafft noch Safft mehr in meinen Glidern, am gantzen Leib erschlagen, bin darneben so arm und nothig, daß ich mich in die Läng nicht mehr weiß zu erhalten, währe nichts besser, als wann der Todt umb mich kämme und thät mich wegnehmen von diser Welt. Hufft darauff den Todt, komb, sagt er, O mein lieber Todt, nimb mich mit dir, dann du kanst mich von allem meinem Elend erlösen. Was geschieht? secht! der Todt bleibt nicht lang auß, kombt und findet den alten Tädtl, dort in dem Wald, bey seiner Burd Holtz achetzen, redt ihn an, was willst du, spricht er, daß du mir geruffen? der Alte, als er den langbeinenden, zaundörren und ungestalten Todt ersehen, erschrickt darüber, ziehet gleich andere Saiten auff. O! sagt er, ich mein halt und bitte dich, du wollest mir dise Burd Holtz auffhelffen. E y du Lauer, widersetzt der Todt, hast du mir nit außtrucklich geruffen, ich solt dich zu mir nehmen, und deinem Elend ein End machen? O mein Todt, sagt der Alte, es ist mir nicht Ernst gewesen, habs nur auß lauter Müdigkeit gesagt. Ernst hin, Ernst her, schreyet der Todt, ich lasse mit mir nicht schertzen, willst oder willst nicht, jetzt must mit mir. Wolte ihn zugleich bey der Mitt nehmen. Der Alte fallet dem Todt zu Füssen, bittend, O mein guldener Todt, laß mich noch leben, nimb darfür mein Weib, sie ist noch vil älter als ich, 134

S. die Textvergleiche in Fabula 2, 15 f.

135

MADER, Antike Fabeln 83.

1SG

Ovum Paschale III, 128 ff.

Fabelvariationen

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schau? da gehet sie daher und will mir die Burd Holtz auffhelffen. Der Todt schauet umb, sihet aber nichts, unterdessen bietet der Alte all seinen Kräfften auff, laufft heimblich darvon, und wolt sich im Wald verbergen. Aber der Todt hat ihn alsbald ersehen, ziehet ihn bey den Haaren wider herauß, was? sagt er, meinst du wollest mir entrinnen? warumb förchtest du mich? du muest doch einmahl sterben und bist gantz zeitig genug. O mein Todt, laß mich noch nur ein eintziges Jahr umbkuglen auff diser Welt! was, widersetzt der Todt, woltest du altes Crippel noch länger auff der Welt machen? ich thäte halt noch heurathen, wann mein W e i b stürbe. O du alter Geck, du, noch heurathen? gehe mit mir, du alter Schinil, gehe, ich will dir ein Brauth suchen, in einem grünen geblümten Rock, dort in Freudhoff wartet sie schon auff dich. Nimbt ihn zugleich bey dem Kopff und macht ihm den garauß." Das ist ein Einzelstück besonderer Prägung. W i e vielfältig jedoch die Möglichkeiten der Gestaltung waren, läßt sich erst aus dem Vergleich verschiedener Fassungen derselben Geschichte erkennen. Mit Absicht ist wiederum ein einfacher Vorwurf gewählt, nämlich die in Predigten über die Kinderzucht fast regelmäßig zitierte Fabel vom alten Krebs und seinen Jungen (ATh 276). 1 3 7 Bei der Bewertung der Varianten ist freilich zu berücksichtigen, wieviel Gewicht der Prediger der Geschichte an der betreffenden Stelle gerade geben wollte, ob es ihm eben nicht zweckmäßig erschien, weiter auszugreifen oder — ein für uns auch recht wichtiges Moment — ob er den Stoff ohnehin für hinlänglich bekannt hielt. Im allgemeinen aber wird aus dem Vergleich doch die Eigenheit des einzelnen deutlich, vor allem, daß ein jeder Prediger beim Erzählen unter gleichen Voraussetzungen Eigenes zu geben hatte. Recht trocken steht die Geschichte bei dem Mondseer Benediktiner Casimir Moll, 138 der an sich kein Erzähler war: „Es ist zwar ein Fabel, was ich jetzt kurz erzehlen werde, aber ein überauß lehrreicher Gedancken. Der alte Krebß sähe, wie sein Sohn der Junge immerdar hinter sich und zuruck gehe: Dises käme dem Vatter ungereimt vor, sagte demnach: Sohn! du gehest nit recht. Der junge Krebß widersetzte: Was wunderst oder örgerest dich, mein Vatter! ich gehe halt, wie ichs von dir ersehen und erlernet hat: D u gehest nit änderst, und wie kanst du es von mir begehren?" Kurz faßte sich in diesem Fall auch Heribert von Salurn: 139 „In den Fablen der Aesopi leset man, daß ein Meer-Krebs einsmahls mit seinen Jungen auf das Gestath hinaus gekrochen sey, und als er gesehen, wie seine Jungen einen so seltzamen Gang an sich genommen haben, ist er ungedultig über sie worden und hat ihnen befohlen, sie sollten schöner gehen, aber die Jungen haben dem Alten geantwortet: Mein Vatter, gehe du uns mit den Exempeln vor, so wollen wir dir nachfolgen, dann diesen schändlichen Gang haben wir von dir gesehen und erlernet." 137 138 139

Vgl. HALM, Aesop nr. 187; Anhang zum 1. Jg., 117. Fest. I, 141.

CRANE ZU

Jacques de Vitry nr. 44.

Einführung

42

Handfest schimpfen ließ Albert Steffan den Krebsenvater: 140 „Es ist ein bekannte Fabl, daß einstens ein grosser, alter Krebs seine junge Krebs aus dem Wasser ans Land geführt, mit ihnen an Gestatt des Wassers spatziren zu gehen. Da hat der alte vermerckt, daß, wann die junge eine oder zwey Spann lang für sich gangen, sie wieder drey oder vier zuruck gewichen seyndt. Der alte führe sie mit rauhen Worten an: Pfui! schämt euch, ihr junge Fratzen, was habt ihr für einen schändlichen Gang? Ihr geht ja mehr hinter sich als vor sich: Lasset disen Gang unterwegen, sonst sollet ihr mir nimmermehr ans Land kommen. Die junge Krebs gaben zur Antwort: Vatter, was wilst du uns vil schmähen und ausschänden? wir haben disen Gang ja von dir gelernt, du gehst ja mehr hinter sich als vor sich . . . " Noch farbiger wird die Erzählung bei dem Kapuziner Adalbert Monacensis: 141 „Von dem alten Aesopischen Meer-Krebsen fablet man, wie daß er einsmals seinen jungen Meer-Krebsen am Ufer deß Meers zugesehen, wie sie daher wackleten und zwatzleten, immerdar nur zuruck trachteten, also ob sie wegen eines Feinds das Fersen-Geld geben und entweichen wolten, darüber warde der Alte gantz wild, daß er auffgefahren und jhnen voller Zorn zugeschrien, pfuy schämet euch jhr plumpe und ungeschickte Tölpel, daß jhr so spöttlich daher und immerdar nur hinter sich passieret! gerad sollet jhr und fein für sich gehen, nit wie ein voller Zapff von einer Seiten zur anderen wacklen, noch wie ein scheuhes Pferd immer und nur zuruck zauffen, worauf aber die Jungen nit faul dem Vatter geschwind einschnaltzen und zur Antwort geben, Pater I prae, sequemur, Vatter gehe vor, zeige uns, wie man es machen solle, wir wollen dir gleich alle nachfolgen. Warhafftig, vielgeliebte Zuhörer, der Grundstein und das Fundament aller rechtschaffnen nachtrucklichen Kinder-Zucht ist das Exempel der Eltern . . . " Den Versuch des Krebsenvaters, ein gutes Beispiel zu geben, hat der Freiburger Jesuit Anton Ruoff 142 weiter aus gesponnen: „Es hatte der alte Meer-Krebs seinen Jungen an dem Ufer des Meers zugesehen, und vermercket, wie dieselbige so ungestaltet ihre F ü ß auseinander streckten, so krampe Schritt machten, so armseelig daher grableten, nur allein zuruck ihren Gang nahmen, und ob sie schon mit acht Füssen versehen, jedannoch auf das häßlichste wanckten, wackleten und herumwargleten. Dieses mißfiele dem Alten, deßwegen er die Junge anschnarchte und fein gerad, aufrecht und für sich zu gehen ermahnte. Die Junge, als sie sich in solchen Gang nicht wußten zu schicken, baten den Vatter, er solte ihnen die Weise zu gehen durch seyn Beispiel zeigen: I tu prae, lieber Vatter! Gehe du voran, setze grade Schritt, so werden wir als gehorsame Kindern gern nachfolgen. Solchem nach fienge der Alt-Vatter an seine acht F ü ß nach aller Länge auszustrecken und voran zu gehen, wanckte aber, wacklete und warglete herum mit seinem schwehren Harnisch viel häßlicher als alle Junge, welchen er sich zum 140 141 142

Fest. II, 10 f. Dom. I, 635 f.; eine sehr ähnliche Version bei OBERLEITNER 94. II, 7 2 3 .

Merkmale volkstümlicher Erzählkunst

43

Gelächter machte, andern aber zum Lehrstuck, wie warhafft Juvenalis gefunden: Patrum vestigia ducunt, die Junge folgen denen Alten nach." Endlich noch Wolfgang Rauscher, 143 der aus dem bescheidenen Vorwurf mit Humor und stimmungsvoller Schilderung eine recht anschauliche, fröhliche Erzählung machte: „Der alte Krebs hatte den Herbst und Winter hindurch im Bach vil Junge erzeugt. Diese käme bey anbrechendem Frühling und schönem warmen Wetter ein Lust an, einmahl in die Grüne spatziren zu gehn, batten demnach ihren Vatter, er wolte sie doch einen frischen Lufft schöpften lassen und auß dem finsteren lettigen Loch hinauß auffs Feld ein wenig spatziren führen. Das wurde ihnen dann verwilliget, wie billich. Krochen derohalben die junge Krebslein nach einander herauß, und der Vatter stunde am Gestatt und sähe ihnen zu, ermahnte sie auch fein paar und paar und manierlich daher zugehn. Als er aber gewahr wurde, daß sie kein Ordnung hielten, sonder einer da, der ander dort hinauß wolte, von einer Seithen zur anderen wackleten, krume langsame Schritt machten und noch über das alles hinder sich giengen, straffte er sie deßhalber. Sie bliben aber bey ihrem vorigen Gang. Hierüber zörnete der Alte und schalte sie häfftig auß: was ist das, ihr krume Heuter? was seynd das für wüste Schritt? warumb geht ihr nit gerade und den Augen nach? daß euch dieser und jener! Gerad und fürsich geht mir und muendterer darauff, oder! Die gute Krebslein gantz erschrocken, thatten ihr bestes, es wolte aber halt dannoch nit gehen. Weil derohalben der Alte noch mehr hierüber entrüst wurde, und da und dort mit der Scher einem einen Zwick in die Seithen gäbe, thatte endlich die Unbild einem jungen Krebslein das Maul auff und sprach: Vatter, gehe du voran." Die Beispiele lassen wohl erkennen, wie sehr der Erzählstil der Prediger von der mündlichen Tradition bestimmt ist. Man spürt das an den die Diktion beherrschenden kurzen Hauptsätzen, an dem (bei Strobl etwa besonders deutlichen) natürlichen Wechsel vom Imperfekt zum historischen Präsens an allen pointierten Stellen, wie es sich beim mündlichen Erzählen ganz von selbst ergibt. Man spürt es vor allem an der Vorliebe für den lebendigen Dialog in der direkten Rede, die auch in der Wiedergabe von Denkvorgängen gern verwendet wird. Dabei haben die Prediger dem Volk wahrhafftig „aufs Maul geschaut" und sich nicht gescheut, die deftige Redensweise unverblümt wiederzugeben. Man sehe sich nur die Texte von Ehestandsschwänken, das herzhafte Gezänk der Eheleute an. Zuweilen klingt auch deutlich die Mundart durch, ganz bewußt manchmal, um die Sprache der Bauern zu charakterisieren (vgl. nr. 61, 65, 270). Dazu kommt der bewährte Gebrauch von bildhaften Redewendungen und 143

Fest. I I , 204. Weitere Fassungen bei DIONYSIUS V. INNSBRUCK, Dom. I I , 135 und, in eine andere Erzählung verarbeitet, bei ABRAHAM A S. CLARA, Bescheid-Essen 104. Abraham kannte noch eine andere Version, wonach die Frösche wie ihr Vater quaken: Gemisch-Gemasch 48 f. = PRAMBHOFER, Joseph 416.

Einführung

44

Sprichwörtern, 144 oft auch gereimten Übersetzungen lateinischer Sentenzen, oder volkstümlichem Spruchgut und Volksliederstrophen, 145 aus Trinkliedern etwa, um einen Säufer zu charakterisieren usw. Mitunter kann man auch volkstümliche Einleitungsformeln finden, wie etwa „Zu der Zeit, da die Thier noch reden kunnten . . ," 1 4 6 oder „Vor unerdencklichen und niemahls gewesenen Zeiten . . oder gar die Schlußformel: „Und wann sie nit gestorben wären, so lebten sie gewiß annoch!" 148 Auch lautmalerische Effekte haben sich die Prediger nicht entgehen lassen. Da heißt es etwa, ein böses Weib „mur-mur-murret und kurret" das ganze Jahr, 1 4 9 ein Schmied habe ein Hufeisen „pincke-pancket", 150 und die Geräusche beim Faßanschlagen (nr. 32) sind mit „purä pumb pumb, purä purä pumb pumb" 1 5 1 verdeutlicht. Wolfis Geschichte von einer heiratssüchtigen Witwe (nr. 64) baut überhaupt auf der Deutung der Glockensprache auf. Es hat auch gewiß seine Wirkung nicht verfehlt, wenn der Prediger im Schwank vom einfältigen Hühnerhüter (nr. 80) die Lockrufe des Hühnerhofs wiedergab; so Heribert von Salurn: 152 „. . . und weil er sie [die Hühner] nicht sähe, lockte er ihnen: Pul, pul, pul, pulala, pulala, pulala . . ." und bei Strobl: 153 „. . . er schreyt, er locket, pi, pi, pi . . ." Zu solchen Texten muß man sich wohl einen recht lebhaften Mann auf der Kanzel vorstellen, der nicht gerade sparsam mit Mimik und Gestik umging. Der Aufklärer Anton von Bucher 154 bemerkte später in seinen kritischen Betrachtungen zum barocken Predigtwesen, der Vortrag von „Liebesgeschichten, Romanen und anderem bunten Gezeuge" hätten aus den Predigten „vollends eine Art Komödien" gemacht. „Der Prediger selbst spielte nicht selten in verschiedenen possierlichen Figuren und Stellungen, mit seltsamer Abwechslung der Stimme — bald den Don Risalvo bey seiner Donna Olivia, bald den Milord Steley, wie er auf seine ungetreue Lady Sonora erboßt, hinstürzt . . ." E r sprach von „Hanswursten" auf der Kanzel, ähnlich wie Selhamer 155 jene gerügt hatte, die als „Fasching- und Affter-Prediger" aufträten oder „einen unform144

145

Zum Sprichwortgebraudi der Prediger vgl. die Auszüge von ZINGERLE nach Conrad v. Salzburg und Brinzing, von HUEBER nach Heribert von Salurn; s. a. F. LAUCHERT, Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten bei Abraham a S. Clara, Bonn 1893; einige Beispiele nach Geminianus Monacensis, in: BayerJbfVk 1958, 87 f.; zum Sprichwort als Stilelement der Predigt im allgemeinen: SIGNER, Predigtanlage 20 ff. MOSER-RATH, Volkstümliches Liedgut 63 ff.

148

BENZ, Oster-Mährlein 37.

147

WOLFF, D o m . 362.

148

Ebenda 335.

149

BRINZING, F e s t . II, 14.

150

Hundertfadie Lob-Stimm 255.

151

HERIBERT V. SALURN, D o m . I I I ,

152

DERS., II,

153

Ovum Paschale I, 355. Werke 6, 476. Tuba clementina, Dom. 312 f.

154 155

74.

196.

Bewährte

45

Exempeltradition

liehen Marckschreyer" abgäben, „der nur als ein ungeistlicher Schariadan mit allerhand Schwanckreden und Schnitzmadien die Leuth zum Stand locket", daß diese sich schließlich „aus der Kirchen gleidi als von einer Lumpen-Comoedi lustig und guter Ding nach Hauß trollen." Das mag damals berechtigter Weise Ärgernis erregt haben. Für unsern Zusammenhang aber ist es wichtig zu wissen, daß die Predigtmärlein dem Kirchenvolk in so einprägsamer Form vorgetragen wurden.

Nun mag allmählich der Eindruck entstanden sein, die Prediger der Barockzeit wären die meiste Zeit als Spaßmacher auf der Kanzel gestanden. Auch die Textauswahl dieses Bandes könnte zu der Annahme verleiten, Fabeln und Schwanke seien im Gesamtbestand des barocken Predigtmärleins in der Überzahl. Dabei ist es umgekehrt. Bei allen Kanzelrednern, auch bei den ausgesprochenen Humoristen, überwiegen die geistlichen Erzählungen ernsthafter Natur, Exempel mit religiös belehrender Tendenz, Legenden und Mirakelberichte. Strobl z. B. hat die fast durchwegs heiteren Geschichten in seinem „Ovum Paschale" durch den Exempelbestand in anderen Werken um ein Vielfaches aufgewogen. Das Verhältnis hat sich bei der Auswahl der Texte nur darum etwas verschoben, weil Fabeln und Schwänke erzählkundlich interessanter und im Hinblick auf die Volksüberlieferung wichtiger sind als die Unzahl von Beispielen über bestrafte Sünder, wunderliche Gnadenbeweise, Wunderwirkungen von Gebet und Beichte, mystischen Mönchserlebnissen, mirakulösen Erscheinungen und was dergleichen mehr in den Predigten reichlich zu finden ist. Diese Erzählungen gehen zumeist auf Ubersetzungen aus lateinischen Quellen zurück, sind darum stilistisch weitgehend fixiert und kaum jemals wirklich volksläufig geworden. Darum wurde die Auswahl von Exempeln auf solche beschränkt, die das kräftige Nachleben mittelalterlichen Erzählguts erweisen oder der Volksüberlieferung nahestehende Motive enthalten. Exempel wird also hier im engeren Sinn gebraucht, eben für die religiösmoralisierende, beispielhafte Erzählung. Natürlich haben auch alle anderen Geschichten, Sagen, Fabeln, Schwänke oder Anekdoten, im Rahmen der Predigt exemplarische Funktion, aber doch nicht so unbedingt wie eben jene Gattung, die ja auch den Fundus der mittelalterlichen „Exempel"bücher ausmacht.156 Im übrigen entspricht die Einschränkung des Begriffs dem Wortgebrauch der Prediger selbst. Sie waren zwar von genaueren Begriffsbestimmungen weit entfernt, dodi wäre es ihnen kaum eingefallen, eine äsopische Fabel oder einen Sdiwank als Exempel oder, wie sie auch gern sagten, Historie zu bezeichnen. Im Grunde gab es nur ein wesentliches Moment der Unterscheidung: die Glaubwürdigkeit. Exempel und Historien, womit auch Novellenstoffe oder sagenhafte chronikalische Berichte gemeint sein konnten, galten als unzweifelhaft wahr, wie wundersam sie dem Inhalt nach auch sein mochten, so sie nur 156

Vgl. die Aufstellung der Exempeltypen von E.

NEUMANN

in RDL 2 1, 415.

Einführung

46

durch einen autorisierten Skribenten verbürgt sind. Darum wurden bei solchen Erzählungen die Quellen meistens eingangs oder, oft recht verklausuliert, als Randvermerk angegeben und die Verläßlichkeit des betreffenden Autors zuweilen noch eigens betont. „Zu einem exemplarischen Beweis vernehmet folgende historische Geschieht, welche beschreiben thut Caesarius . . ," 1 5 7 heißt es dann etwa, oder „Der H. Gregorius Papst schreibt selbst mit seiner allzu wahrhafften Feder . . ." 1 5 8 Zum Märlein vom undankbaren Sohn (nr. 34) vermerkt Rauscher: 159 „Cantipratanus thut hinzu, daß er die Geschieht von einem P. Dominicaner hab hören erzehlen, der als ein Knab gedachten unglückseeligen Menschen und die Krot an jhm an dem Halß hangend mit Augen gesehen hat . . . " Heibig 100 meint noch bei gleicher Gelegenheit: „Diese Geschieht wird von so vielen glaubwürdigen Scribenten erzehlet . . . (es folgt eine Reihe von Nachweisen), also daß an der wahren Begebenheit nicht zu zweifflen ist." Das persönliche Erlebnis wird überhaupt öfters als Wahrheitsbeweis angeführt. So wiederum bei Heibig 161 für die höchst merkwürdige, sonst aus der Schwankliteratur bekannte Geschichte von einem Studenten, den ein Wolf aus einem Faß befreit (nr. 203): „Die Histori beschreibt P. Georgius Stengelius, welcher es von demjenigen, dem dieses begegnet, selbst erzählen gehört hat und nennt ihn einen glaubwürdigen, frommen, gelehrten und guten Religiösen, in welchem kein Betrug und Unwahrheit verspühret worden." Ungeachtet solcher Versicherungen scheint das Kirchenvolk den Geschichten der Kanzelredner mitunter kritisch begegnet zu sein. Johann Bodler 162 beklagte sich einmal, daß die Leute den „Brieffmahlern" und „Zeitungsschreibern" ohne weiteres Glauben schenkten: „So einer kombt auff den Marckt, bringt einen Meerfisch auff die Bahn, der hat ein Kopff wie ein Mensch, ein Brust wie ein Vogel, den übrigen Leib wie ein vierfüssiges Thier, disen Fisch (gibt er aus) habe man in Norrwegen gefangen, jedermann glaubts, besonders das gemaine Volck; will jeder dises Fischs Abbildung haben, alle Wand klebt man voll solcher Bilder und glaubt man es wie ein Arthikel des Glaubens . . . Erzählt man hingegen ein Authentisches Wunderwerck ab der Cantzel, setzt die Zeugen mit Nahmen darzu, das Orth, die Zeit und den Tag, da werden etliche leichter zweifflen und sagen, nisi videro, non credam, wer waiß, ob es wahr ist, ich sehe es dann selbst und könts mit den Händen greifen . . . " Dennoch haben die Exempel, Mirakelgeschichten und Legenden, die die Prediger mit dem Brustton der Uberzeugung sonn- und feiertags von der Kanzel verkündeten, zweifellos sehr wesentlich zur Wundergläubigkeit des Volkes beigetragen und die Phantasie der Leute anzuregen vermocht. Eine ganze Reihe von Exempelthemen — bestrafte Geizhälse und Wucherer, Spieler, Fest. II, 17. Kirchtagssüppel 121. Dom. I, 139. Anatomia I, 51. Alveare 190. Wett-Rennen 344 ff.

157

WOLFF,

158

PRAMBHOFER,

159 160 161 162

Sagenüberlieferung

47

Tänzer, Säufer, Sonntagsfrevler, Flucher, Gotteslästerer, Kirchen- und Hostienschänder, Teufelsbündler, Wiedergänger, Erlösung heischende Arme Seelen u. a. •— gehören ja eigentlich in den Bereich der Tendenzsage, die auch an der mündlichen Sagenüberlieferung beträchtlichen Anteil hat. Sagen mit früher literarischer Tradition wie etwa der Rattenfänger von Hameln (nr. 15), die Weiber von Weinsberg (nr. 42), der Mäuseturm von Bingen163 oder der Traum vom Schatz auf der Brücke (nr. 142) waren auch den Predigern geläufig. Daneben begegnet aber auch offensichtlich edite mündliche Überlieferung wie beispielsweise Ertls Bericht von einem oberpfälzischen Bauern, der beim Losen im Advent seinen eigenen Leichenzug sah und bald darauf starb,164 oder das folgende Erlebnis von Pater Rauscher:165 „In dem Jahr 1661 hab ich zu Augspurg unseren Patrem Operarium zu einem krancken Landbotten beglaitt, und denselbigen zerschlagen an allen Glideren ohne eintziges eusserliches Merckzaichen ellendiglich zu Beth ligend angetroffen, der uns erzehlt, wie daß ihn (Sommers-Zeit) auff dem Lechfeld nächtlicher Weil, da er in der Küle fortraisen wolte und nit gar weit mehr von der Stadt wäre, feurige Gespenster überfallen und dermassen am gantzen Leib zerschlagen hätten, daß er weiter nit mehr fort können, sonder man ihn deß anderen Tags für halb todt nacher Hauß tragen müssen. Wie er dann auch von disen Schlägen nach empfangenen HH. Sacramenten etlich wenig Tag hemach gestorben ist." Mitunter klingt auch lokale Sagentradition an. Abraham a Sancta Clara166 berichtete bekanntlich von der Begegnung eines Dillinger Studenten mit der wilden Jagd (Aasmotiv), wovon er vermutlich während seiner Ingoldstädter Studienjahre gehört hatte, und lernte später in Graz die steirische Sage vom Jungfernsprung167 kennen. Aus mündlicher Quelle stammt sicherlich, was Petrus Hehel168 als Vergleich für zornige Ehemänner vorbringt, „welche, wie man saget von unserm benachbarten Schöckelberg, daß wann man ein Steinlein hinein wirfft, schon ein Ungewitter entstehet, also eben auch gleich ein Donner und Hagel ausbrechen, wann man ihnen das geringste Wörtlein vorwirffet." Auf volkstümlicher Überlieferung fußt wohl auch der Bericht vom Kampf der feurigen Grenzfrevler (nr. 4), den Lucianus Montifontanus nach einem „Anonymus" unter seinen Exempeln brachte, wobei wiederum auf die Glaubwürdigkeit besonderer Nachdruck gelegt wurde. Basilisken und Drachen, Wassergeister, Riesen und Zwerge, unheimliche Schätze u. dgl. gelten den Predigern für durchaus existent, ja für manche Erscheinungen der Natursage fühlen sie sich geradezu bemüßigt, einen wissen163

ABRAHAM A S . CLARA, J u d a s I , 1 9 3 ; STROBL, K a r t e n - S p i l l I V , 5 5 .

164

Tolle Lege, Fest. 1003. Vgl. BayerJbfVk 1957, 135. Die Erzählung wiederholten OBERLEITNER 2 1 7

165 166 167 168

und

PRUGGER,

Exempel-Buch

264.

Dom. II, 391. Weinkeller 179. Ebenda 377; vgl. GRIMM, Deutsche Sagen, nr. 142; HDA 4, 854. Sittenlehr II, 80. Hehel predigte vornehmlich in Graz.

48

Einführung

schaftlichen Wahrheitsbeweis zu erbringen; sie berufen sich dabei gern auf die Bibel und entsprechende Textstellen bei den Kirchenvätern, auf Schriften der „alten Naturkünder", womit meist Plinius gemeint war, auf Reise- und Fundberichte, und manches stammte wohl auch aus dem Sammelsurium der Prodigienliteratur. So sagte etwa Johann Prambhofer (teils in Übereinstimmung mit Abraham a Sancta Clara) 169 über die Riesen: „Obwolen nun unglaublich scheinet, daß dergleichen grosse Leuth gewesen, so bezeuget doch die Göttliche, heilige Schrifft, daß Riesen auff Erden gewesen: Gigantes erant super terram. Goliath (welchen der H. Chrysostomus einen Fleisch-Thurn nennet) war ein Rieß 6 Ehlen und eine Spann hoch, wie von ihm zu lesen in dem ersten Buch der Königen. Dergleichen ungeheure grosse Leuth hat Gott mehrmalen seine Allmacht zu zeigen, der Welt gegeben. Der H. Augustinus bekräfftiget lib. 15 de civit. c. 9, daß er in Beyseyn etlich anderer einen so grossen Stockzahn gesehen, daß selbiger hundert unserige Zähn gegeben hätte, so man ihn wurde zertheilet haben. In der Insul Senno ist ein todter Leib gefunden worden, dessen Hirnschal zwey Eymer Wasser gehalten. Zu Trapani in Sicilia seynd viel Menschen-Zähn gefunden worden, deren die meiste fast 3 Pfund gewogen. Wann nun der Mensch aufs wenigist 28 oder 32 Zähn hat, so folget, daß ein solcher einen Centner Zähn im Maul gehabt. Wie man in Mauritania die Begräbnus des Riesen Antei zerstöhrt, so ist ein Menschen-Cörper gefunden worden, der 105 schuch lang war. In Africa, neben der Stadt Utica, am Gestatt des Meers, hat man einen Menschen-Zahn gefunden, welcher so groß, daß man unschwer daraus hat schliessen können, daß dieser hundertmahl sey grösser gewest, als ein anderer Ordinari-Mensch. In dem Königreich Pohlen ist in einem alten Grab ein Todten-Cörper gefunden worden, der so grosse Finger hatte, daß dessen guldener Ring einem andern vor ein Armband gedienet hätte. Von dem Keyser Maximino wird registrirt, daß er seiner Con-Frauen Armb-Bänder an statt der Ring an die Finger gesteckt. Diese lasse mir grosse Riesen seyn." Uberaus heftig entzündeten sich die Geister an der Frage, ob es Wassermänner und Meerfräulein gäbe oder nicht. 170 Mit diesem Problem hatte sich schon Stengelius 171 in seinen Traktaten ausführlich auseinandergesetzt und viel interessanten Stoff zusammengetragen, der einmal noch eigens quellenkritisch 169

170

171

ABRAHAM A S. CLARA, J u d a s I I I , 2 0 5 =

PRAMBHOFER, H ö n i g - F l a d e n 4 6 2 f. S. a. die

Nachweise zu nr. 141. Damit hat man sich schon im 16. Jahrhundert gern beschäftigt. Vgl. PEUCKERT, Volksglauben des Spätmittelalters 154 ff., 170 ff. „Die Meerfräulein seynd kein Gedicht", sagt STENGEUUS in De judiciis divinis II, 579 f. und bringt nach antiken Quellen ausführliche Beschreibungen ihres Aussehens usw., dazu den Bericht eines englischen Hauptmanns, der in den indianischen Gewässern im Jahre 1610 Meerfräulein gesehen haben woll; ebda. 491 f. ein regelrechtes Schwanjungfraumärchen von einem sizilianischen Jüngling, der eine Meerjungfrau geheiratet, die immer stumm geblieben. Als er sie mit Schlägen zwingt, ihre Herkunft anzugeben, verschwindet sie, zieht später auch ihren Sohn beim Baden unter Wasser. Stengel deutet das Wesen als den Teufel selbst.

Berichte von Riesen und Wassergeistern

49

untersucht werden muß. Den Predigern war zunächst das verlockende Singen der Meerfräulein ein willkommenes Vergleichsbild für die Anfälligkeit des sündigen Menschen. So bei Ertl: 1 7 2 „ . . . wissen wir, wie denen Sündern in ihrem Tod widerfahre? Es geschieht ihnen, wie denen sterbenden Meer-Fräulein. Diese, wie die Naturalisten schreiben, schwimmen Lebens-Zeit auf dem hohen Meer mit allem Lust herum, sie singen dermassen lieblich, daß hierdurch manche Schiffende gantz eingeschläffert, bethöret und gestürtzet werden: Sobald aber ihr Tod annahet, verkehren sie ihr voriges Liebs-Gesang in ein trauriges Klag-Lied, in ein erschröddiches Heulen und Schreyen, und diß wird verursachet von ihrem bösen, unreinen, indicirten Geblüt, welches zur Zeit des Todes zum Hertzen lauffet und selbes mit aller Melancholey und Traurigkeit überfället . . . " Als verläßlich erachtete Quellen müssen für den Wahrheitsbeweis herhalten. So meint Prokop von Templin 173 von den „Wassermännlein" und „MeerFräulein", daß „darvon die Poeten vil gerichtet haben, die beharrliche Experienz und Erfahmuß aber mit mehrer Gewißheit noch vil mehr gezeiget. Glaubwürdige Historici und deren nicht wenig, schreiben so vil darvon, daß ich es wohl für einen geringen Verstand hielte, wann man sie alle der Unwarheit bezüchtigen wolte . . . " Und nach einigen Zeugnissen aus „des Kaysers Tiberii und Christi deß Herren Zeiten" von Begegnungen der Menschen mit den Wasserwesen: „Dergleichen Geschichten hat man auch auß Pommern, auß Holland, auß Frießland, auß Genoa und anderswo her mehr, daß man sie gesehen, auch gefangen, bißweilen auch wohl lang lebendig auff behalten hat, da haben sie gelernet, Brod und andere Menschliche Speisen zu essen, ja auch Menschliche Arbeit verrichten, waschen, spinnen, neen und dergleich, aber nie haben sie können reden lernen." Prokop erzählt noch von einem „glaubwürdigen Religiösen", der mit einem Doktor am Meeresstrand spazierenging und von den Fischern herbeigerufen wurde, einen merkwürdigen Fang zu besehen. „Da warens halt sieben Wasser-Männer und neun Weiber; nicht allein verwunderten sie sich darüber, sondern machten ihnen auch die anatomiam, beydes der Pater und der Doctor describireten und beschriben sie völlig, wie sie . . . genaturt waren, nemblich also: Die Köpff waren rund, doch ohne Hälse gerad an der Brust an, Ohren, Augen wie wir Menschen, die Wangen, der Mund, die Lefftzen auch also, die Zähn im Mund waren nicht spitzig abgetheilet wie unsere Fisch, sonderlich die Hechten haben, sondern rund, breit aneinander wie wir Menschen, gantz Schneeweiß, das Brustblad, der Rucken auch gantz wie Menschliche, die Weibel mit zwey runden Brüsten begäbet und gezieret wie es seyn soll. Der Doctor griffe eine an ihren Brüsten 172

Tolle Lege, Fest. 116. Ähnliche Zeugnisse nach antiker Überlieferung bei HERIBERT v . SALURN, D o m . I , 2 9 6 ; W O L F F , F e s t . I , 6 0 2 ; AMANDUS V. GRAZ, F a s t e n - B a n q u e t I I ,

1 8 0 ; TALLER, B a u e r n - P r e d i g e r 1 3 1 ; EUSEBIUS A S. TIBURTIO, A m a r a dulcis 7 5 5 f. —

173

4

Vgl. ERNST BUSCHOR, Meermänner, in: Sitzungs-Berichte der Bayer. Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt., Bd. 2, München 1941, Heft 1. Encaeniale 757 ff. Moser-Rath

50

Einführung

an, druckete sie, da gieng überauß Schneeweisse Milch häuffig herauß: Die Armb waren nit gar rund wie unsere, sondern etwas breiter, damit sie tauglicher zum Schwimmen wären und den Leib im Wasser zu regieren. Die Bäuche und was darzu gehöret, Nabel etc. hatten auch ihre rechte proportion, der übrige Theil hinunter werts war, wie vor gemeldet, ein lauter starcker FischSchweiff. So schreibet derselbe Priester darvon, der es selbst mit Augen gesehen hat." Prokop berichtet auch von einem anderen Geistlichen, der einem Meer-Fräulein lange Zeit beim Baden zugesehen, und fährt fort: „Man hat auch das erfahren, daß am Meer an einem Orth nahe am Gestatt war ein Spring-Brunn guten Wassers, der ranne ins Meer hinein, da kamen die Leut auß dem nechst darbey gelegenen Dorff darzu, holeten Wasser und trugens heimb. Es war auch eine Spelunck oder Holen gar nahe darbey, in dieselbe versteckte sich ein Wasser-Mann und lauserte, wann etwa ein Mägdel allein auß dem Dorff käme Wasser zu schöpften, alsdann wischete er unfürsehens herfür, ergrieffe und mißbrauchte es. Gewaltthätiger Weise (wie sie denn gar geil seyn) Nothzwunge er es, risse es hernach mit ihm ins Meer, vielleicht hat er sie gar gefressen. Weil denn etliche Menscher so verlohren wurden, daß man nicht wissen kunte, wo sie hinkaminen oder wie ihnen geschähe, lauserten die Leut so lang, biß man den Gesellen etliche mahl ersähe, alsdann stellten sie ihm auff, richteten ihm Netz, machten ihm Fall-Brucken und thaten so vil, daß sie ihn endlich lebendig gefangen bekammen; sie wolten ihn auffbehalten, er aber vor lauter Layd und Kummernuß, daß er gefangen solte seyn, wolte weder essen noch trincken, in kurtzer Zeit verreckete er und läge Tod." Ganz ähnlich hatte schon der Münchner Kapuziner Geminianus 174 berichtet: „Bey der Stadt Sibinico in Dalmatia ist ein Knab bey dem Meer gestanden, hat weiß nit was däntlet: Gehling wischt ein Meermann auß dem Wasser herauß, fallt den Bueben an, will ihn mit sich ins Wasser ziehen: Die Leuth lauffen zu, schlagen mit Priglen und Stainen so ungütig auff den Rauber, biß er den Raub gelassen und davon geflohen. Das Meerwunder war gestaltet wie ein nackender Mann, die Haut sähe dem Balg eines Aalfisches gleich, auff dem Kopff hatte er zwey kleine Hörnl getragen, die Händ waren nur in zwey braite Finger zerthaillet, die Füß waren formiert wie der Schwaiff von Fischen, von beeden Füßen hat sich ein starcke Haut herauffgezogen biß an die Armb, die hat er für Flossen gebraucht." Daß solche anschauliche Schilderungen, vom Pfarrer auf der Kanzel als unzweifelhafte Realität geboten, das Denken der Leute beeinflußt, zumindest vorhandene unbestimmte Vorstellungsbilder gefestigt haben müssen, versteht sich von selbst. Es ist doch beispielsweise auffällig, daß nach den Aufzeichnungen des 19. Jahrhunderts mitten im Binnenland, in der Oberpfalz oder in Oberfranken, also auch fernab der großen Flüsse, wo die Schiffertradition eine Rolle spielen könnte, die Wasserfrauen häufig „Meerfräulein" genannt wurden, 175 obwohl sie im allernächsten Gewässer hausten, und vom Meer doch 174 175

Dom. 922. Vgl. z. B. PANZER, Bayerische Sagen

1, 1 7 6 ; 2 , 6 2 .

Der Teufel in vielerlei Gestalt

51

nur eine recht vage Vorstellung bestanden haben kann. Es sei denn, die weitverbreiteten Christophorasdarstellungen an den Kirchenwänden, die zumeist eine fischgeschwänzte Nixe zu Füssen des Heiligen aufweisen, hätten die Uberlieferung so nachhaltig beeinflußt. 1 ' 6 Doch auch diese beruhen ja weitgehend auf den von der Antike her geprägten und vom Mittelalter übernommenen Bildtypen,177 dem gleichen Uberlieferungsstrang, den auch die Prediger ausschöpften. Mit diesem Wechselspiel der Beeinflussungen muß jedenfalls gerechnet werden. Dasselbe gilt wohl von den Teufels- und Hexengeschichten, die gleichsam zum täglichen Brot der Kanzelredner gehörten. Der Teufel war in ihren Predigten beinahe so allgegenwärtig wie die Himmlischen, und zwar nicht nur als Begriff alles Bösen, sondern als durchaus körperliche Realität, und er wurde so anschaulich als grauenhaft, mörderisch, lügenhaft, launisch, pfiffig oder tölpisch und dumm geschildert, daß er sich dem Kirchenvolk in recht lebendigen, teils furchterregenden, teils belustigenden Bildern einprägen mußte. Hier sind Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Erzählungen gar nicht erwogen worden, ja man hätte sie wohl für vermessen gehalten. Für die schier unbegrenzte Verwandlungsfähigkeit des Bösen,178 die eine jederzeit mögliche Begegnung nur wahrscheinlicher machen konnte, hatten die Prediger genügend Beispiele aus Heiligenlegenden und Exempelbüchern zur Hand. „Sehe man nur", schrieb beispielsweise Pater Ertl, 179 „welche Gestalt ist so heilig und schön, ja so abscheulich und erschröcklich, daß nicht längsten der Teuffei in selbiger erschienen ist? . . . Anderen Heiligen Gottes erschiene er als ein Soldat, ein Fischer, als ein schwartzer Mohr und Kohl-Brenner, als ein Eremit und Wald-Bruder . . . ja wie erscheint er noch täglich seinem losen Zauber-Gesindel als ein stinckender Geiß-Bock." Noch näher an die geläufigen Vorstellungen der Volkssage rückt Clemens von Burghausen180 mit der Bemerkung: „Der leydige Sathan jagt denen Seelen nach, darmit sie von ihm gefangen werden: wie dann der Sathan gemeiniglich in Gestalt eines Jägers mit Gaiß-Füssen erscheint." Wie eindringlich eine solche Teufelsbegegnung geschildert werden konnte, soll die folgende Erzählung zeigen, ein besonders kostbarer Fund zum Sagentyp von der Pfaffenkellnerin, 181 die der sonst wenig erzählfreudige Karmeliter Archangelus a Sancta Georgio182 merkwürdigerweise als Ostermärlein zum 176

ERNST KONRAD STAHL, Die L e g e n d e vom hl. Riesen Christopherus in der Graphik

des 15. u. 16. Jahrhunderts, München 1920. 177

V g l . PEUCKERT, w i e A n m . 1 7 0 .

178

Die Erscheinungsformen des Teufels nach den Schriften von ABRAHAM A S. CLARA hat MICHEL, Volkssage 33, Anm. 1 zusammengestellt. Abraham berief sich öfters auf persönliche Begegnungen mit dem Bösen. Vgl. LOIDL 249 ff. Tolle Lege, Dom. 175 f. Jäger-Horn, Dom. 151.

179 180 181

Vgl. KÖHLER, KL. Schriften 3, 2 6 6 ; VIKTOR v. GERAMB, D i e verwunschene Pfarrers-

182

köchin, in: Blätter f. Heimatkunde 22, Graz 1948, 3 ff. Hundertfache Lobstimm 254 f.; die Erzählung stammt vermutlich aus ERASMUS FRANCISCI, Die lustige Schau-Bühne . . . (1669), 801 ff., wo sie auf „Schwartzstein,



52

Einführung

besten gab, und zwar, ohne recht ersichtlichen Zusammenhang, als eine Rüge für falsche Betschwestern. „Also ist mit ihrem Unglück gewitziget worden ein so sehr bettende, so sehr auch betrogne Wirthin, diese (weiß fürwahr nicht, ist es ein Geschieht oder Gedicht, wer es für kein wahrhaffte Histori halten will, kan es gleichwol für ein kurtzweiliges Oster-Mährlein annehmen, weilen vorhin an diesem Tag der Brauch ist, daß die Prediger an statt der hohen Concepten mit lustigen Emauß-Gesprächen aufgezogen kommen) dieses alte Mütterlein kauffte zu ihrem Wohnsitz ein Wirthshäußlein, so nächst einer Wallfahrt-Kirchen stunde, zwar unter dem Vorwand der Andacht und Gottesfurcht, damit sie gleich nächst bey der H. Raststatt, ja bey den Sacrament-Häußlein selbsten wohnte, in der That aber die durchreisende Gäst, sowol Wanders-Leut als Wallfahrter um so viel besser scheren und mit fremdem Gelt ihren Seckel spicken zu können. Einstens kehrte bey ihr ein unbekannter Gast ein in Gestalt eines Pilgrams, begehrte um sein Geld zu zehren, mit diesem machte es die Wirthin nach ihrer Manier, also daß wie man nach der Zech rechnen wollte, dieser dem Ansehen nach nicht Geld genug hatte zu bezahlen, deßwegen beschwerte sich der Gast, man müsse sich im rechnen geirret haben und die Kreiden zu weit lauffen lassen, er könne unmöglich so viel verzehret haben. Das Weib wolte für kein Doppel-Söldnerin angesehen sein, die sich auf das lasterhaffte Multipliciren verstünde, fieng deßwegen an auf das allerschröcklichst sich zu vermaledeyen und zu wünschen, der Kohlschwartze solle sie reuthen und leibhafftig hinweg holen, wann sie unrecht angeschrieben. Was geschieht? Der fremde Pilgram oder Wandersmann erwischet die Alte bey dem Schopf und wischet mit ihr zum Fenster hinaus, also daß die Anwesende vor Schröcken schier erkranckten und niemand änderst gedachte, dann sie wäre von ihm zu Stucken zerrissen worden und werde nimmer wieder kommen. War aber so böß nicht vermeint: Der böse Feind hat sie als sein Reut-Pferdt, wie sie selbsten gewunschen, der Teuffei soll sie reuthen, nur ein wenig wollen spazieren führen, in die Schmidten reuthen und beschlagen lassen, damit er sich dieses seines PostKleppers noch öffters bedienen könnte; um Mittemacht dann kommet einer sporenstreich geritten und steigt vor der Schmidten ab, klopffet an und will, man solle ihm als einem Postillion, der eylen muß, sein Pferdt beschlagen, er habe unter Wegs ein und das andere Huf-Eysen verrennet, der Schmidt ist unwillig, heisset ihn warten biß gegen Tag, jetzt seye er müd und müsse schlaffen; das hilfft aber nicht, der flucht und schmähet, trohet und polderet so lang, biß der Schmid mit dem Gesellen heraus muß und suchen, ob ein bequemes Eysen für das Pferdt fertig und bey handen seye, findet aber keines, verfertiget derohalben ein neues, und zwar nachdem er den Fuß des Gauls besehen, ein zimlich grosses, wie solches fertig, will ers dem Pferdt annaglen, findet aber alsobald, wie es für dessen Doll-Fuß noch weit zu klein, gehet

ein Dorff in Preissen" bezogen ist. Dort „zeigt man den Reisenden biß auf diesen Tag in der Kirchen ein paar ungewöhnlich grosser Huff-Eisen, die der Teuffei einer alten betrieglidien Wirthin aufnageln lassen".

Die Sage von der

Pfaffenkellnerin

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derohalben mit Ungedult wieder hinein, und pincke pancket ein noch grössers, aber auch dieses war nicht gerecht, muß also zum drittenmal das Maaß nehmen und mit eigner Verwunderung ein gantz ungeheures Eysen Schmiden. Was ist das für ein Teuffels-Pferdt? sagt der Schmidt, und hats errathen, das einen so bestialisch grossen Fuß hat, wie taugt dieses ungeschickte Trampel-Thier für einen Post-Klepper? kan ich doch kein Huf-Eisen groß genug darvor machen. Endlich bringt er das dritte heraus und fanget an dem Pferdt es anzuschlagen, hatte aber kaum einen Streich gethan, da hebt das Pferdt an auszuschlagen und zu schreyen Au Wehe! Holla! was ist das, gedenckt der Schmidt? das ist ein gelehrtes Pferdt, das kann reden. Daß ein Eslin geredt, nämlich deß Baalams, das wissen wir wohl, aber daß ein Pferd, ein Stutten geredt, das habe ich mein Tag nie gehört. Schlag nur zu, sagt der Postreuter, das Pferdt ist zu Padua auf der Hohen Schul gewesen und alldorten Doctor worden, dämm redet es also zierlich, der Schmidt grief nach dem andern Nagel und will ihn mit grossem Gewalt durch ein oder den andern Streich hinein treiben, da fangt das Pferd noch mehr an auf zu toben und wüten, zu heulen und zu ruffen, Auwe! Auwe! Gevatter halt in! Was Deixel ist diß für ein Gaul? welchem Pferd bin ich jemal zu Gevattern gestanden, daß mich diese Stutten ihren Gevattern nennet? wann ich schon ein Schmied bin, der die Pferd curiret, so gehöre ich doch ehender in die Freundschafft der Doctor, dann der Pferd, das Pferd stellet sich gar zu gescheid oder gar zu närrisch für mich. Guter Freund, laß dich nichts irr machen, sagt der Post-Reuter, noch ein oder zwey Nägel seynd vonnöthen, hinnach seynd wir fertig. Der Schmied nimmt das Hertz sammt den Hammer in beyde Händ und schlagt nach der schwer zu, das Pferd aber thut mehr dann jemalen ausschlagen, erbärmlich kürren und ruffen: Auwe! Auwe! lieber Hanß Bock, also hiesse der Schmied mit Namen, verschonet euer Gevätterin! Ha Ha! ist es um diese Stund, gedenkt der Schmied, bist du die betrogne Wirthin bey der Wallfahrt, mein saubere Gevätterin, hat dich der Teuffei geritten und mich mit dir besudelt! dasmal ein Pferd bey der Nacht beschlagen und mein Lebtag nicht mehr, macht das Creutz, laufft mit der Semmen ins Hauß, schlagt die Thür hinter ihm zu, als welcher nun vermerckt, was das für ein Postillion und Postklepper war. Folgenden Tag hat man das Weib in einem Morast seufftzend und weheklagend gefunden und todt kranck nach Hauß getragen. . . . Also reitet der Teuffei die jenige, welche ihnen selbst wünschen und begehren, von ihm geritten zu seyn..." Unzählige Male hörten die Leute von der Kanzel her, daß der Teufel hinter allem Bösen stünde, daß er die Schwachen verführe und die Sünden für sich buche, daß man ihn beschwören oder mit frommen Formeln verjagen, mit ihm paktieren und, so man nur beizeiten Zuflucht zu Gott und seinen Heiligen nehme, auch aus seinen Klauen errettet werden könne. Er war auch der Meister aller Hexen, Unholden und Zauberer, die ebenso unleugbar vorhanden und zu fürchten seien. So heftig die Prediger mindestens einmal im Jahr gegen allen Aberglauben loszogen — im Hexenwahn ihrer Zeit waren sie selbst ohne Aus-

Einführung

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nähme befangen, worin sie von der geistlichen und der weltlichen Obrigkeit nur noch bestärkt wurden.183 Sie berichteten aus voller Überzeugung von allen Einzelheiten der Hexenpraktiken, von Hexensalbe und Hexenritt (vgl. nr. 28, 177), von Hexentänzen und -mahlzeiten an unheimlichen Orten (nr. 28, 40), von Teufelsbündnissen und Teufelskonkubinat (nr. 9, 29, 40, 264), von Schadenzauber an Mensch und Vieh (nr. 28, 118), von Wetterzauber u. a. m. Dabei beriefen sie sich mitunter auf die Akten der Hexenprozesse, die Stoff in Hülle und Fülle lieferten. 184 So argumentierte etwa Prokop von Templin: 185 „Mancher aus euch wird vielleicht gedenken: man mag predigen und sagen was man will, so gibet es doch die vilfältige Erfahrnuß, daß durch böse Leuth vil Böses gestiftet wird, und daß die Unholden und Wettermacher unterm Traid und Vieh grossen Schaden thun, das erweisen ihre eigene Außsagungen und Bekanntnussen, wie man denn eben deßwegen vil derselben zum Scheitterhauffen verurtheilet und verbrennet, welche Schäden sonst gar nicht geschähen, wann sie sie nicht machten. Auf diesen Gegenwurff antworte ich, daß wegen Verneinung dessen ich mit niemand in Krieg einzulassen begehre, ich gebe es gar gern zu und wolte Gott, es wäre dem nicht so!" Selhamers Bericht von der „Hexen und Unholden General-Capitel" (nr. 40) scheint zur Gänze auf Prozeßakten zu beruhen. Es läßt sich denken, wie die bei solchen Gelegenheiten gewiß atemlos lauschende Zuhörerschaft von diesen Schilderungen aufgestört wurde, und wieviel neue Furcht und neuen Argwohn die Leute mit nach Hause trugen, viel mehr, als ihrer eigenen Phantasie je entsprungen wäre. Im übrigen aber war die Haltung der Kanzelredner allen abergläubischen Dingen gegenüber durchaus zwiespältig. In einem Atem gewissermaßen mit so vielen Erzählungen von übernatürlichen Vorgängen, vom Erscheinen der Toten und nächtlichem Anklopfen der Armen Seelen 186 oder dem Unwesen von Teufels- und Hexengelichter spotten sie doch auch wieder über die Gespensterfurcht der Leute. Abraham a Sancta Clara187 beispielsweise erzählt in einem Diskurs über das böse Gewissen von einem Mann, der mitten in der Nacht seinen Beichtvater habe holen lassen, weil er böse Geister unter seinem Bett vermutete, die sich dann als rumorende Katze entpuppen. Petrus Hehel 188 MOSER-RATH, Geistliche Bauernregeln 224 f. 184 Yg] (]j c Nachweise zu nr. 40. Hexengeständnisse aus steirischen Prozessen von 1675—88 zitierte Abraham a Sancta Clara. Vgl. LOIDL 257. is5 Triennale Dominieale Primum 497 f. 186 So sagte WOLFF, Fest. II, 579 beispielsweise: „Liebste Zuhörer! kennet ihr wohl dLsen guten Freund, welcher zu eitler Nacht also komet und sich anmeldet? Höret ihr ihn niemahlen klopffen? O! ich will wohl glauben, es haben etliche meine Zuhörer gehört, wie manchmal bey fünsterer Nachts-Zeit, da alles Liecht außgelöscht, . . . gehlingen sich etwas hören lasset: Es klopffet an der Cammer-Thür oder Bett-Statt an, es thut kläglich seuffzen . . . Wer aber ist diser nächtliche Gast? Auß öffterer Erfahrung hat man, daß es seye unser Nachbar oder wohl gar unser Bluts-Freund, nemblich ein arme und unserer Hülff bedürfftige Seel auß dem Feg-Feur!" 183

187 188

Judas II, 444. Glaubens-Lehr I, 381.

Hexenwahn und Gespensterfurcht

55

appelliert in ähnlichem Zusammenhang an den gesunden Menschenverstand: „Aber das ist halt gleichwol auch wahr: aus tausent Erscheinungen und Geschichten, die man erzehlen höret von denen Gespenstern und Geistern seynd kaum zehen wahr: Fabel, Lugen, Einbildungen, Phantaseyen, Träum und leere Einfäll seynd, was manniche vorbringen: es geschieht, daß einer des Tags hindurch wohl und wacker gezöcht, mit halb-verglasten Augen schlaffen gehet, sieht etwan ein faules modriges Holtz in einen finstern Winckel ligen, so bey der Nacht scheinet, und das muß schon ein Gespenst seyn. Ein altes Mütterl thut einen guten Schlaff-Trunck, und nipferlt so lang, biß ihr die Augen und Zungen wässerig werden, verschlafft und versitzt sich hinter den Ofen; bey der Nacht wird sie munter, sieht ein Ofen-Gabel oder Ofen-Wisch, einen Peruquen-Stock oder Spinn-Rocken in Zimmer stehen, ein Hembt oder Firtuch hangen an der Wand, der Mond gibt seinen halben Schein darauff, und das muß schon ein Geist seyn. Es träumet mannichen, als sehe er seinen Vatter, Mutter, Geschwistrich, Weib oder Kind, die schon längst gestorben, erwacht darüber und erblickt etwan mit halb offenen Augen einen Schatten an der Wand, und da heißt es schon: mein Vatter oder Mutter ist mir erschienen und haben mich um Hülff angeruffen. Es kracht ein Kasten, Disch, Banck oder das Beth, es nagt ein Mauß an einer Nuß, einen Hund beissen die Flöh und er rühret sich, bellet, wimslet und hönnet, die Katzen schreyen oder rauffen, und abermahl müssen dise Thier schon Geister und Gespenster seyn. Man weiß wohl, was manniche vor Schelmmen seynd, die mit Fleyß sich für Geister ausgeben und verkleiden, andere zu schröcken, sie zu jagen und also zu stehlen und rauben, wie dann drey dergleichen auff einmahl seynd auffgehenckt worden, deren sich einer in einen Engel, der andere in einen Teuffei, der dritte, als wie der Todt gemahlen wird, verkleidet hat . . . " Damit spielte Hehel auf die bekannte, unter nr. 103 wiedergegebene Erzählung an. In die gleiche Kerbe schlug übrigens auch die Geschichte vom furchtsamen Bauernknecht bei Mauritius Nattenhusanus (nr. 166), die eine Aufhockersage in schwankhafter Verkehrung 189 bietet. So widerspruchsvoll alle diese Aussagen auch sein mögen, so zeugen sie doch dafür, wie die Prediger jener Zeit inmitten der Sagenüberlieferung standen und im Geben und Nehmen zu Vermittlung und Verbreitung des Sagengutes beitrugen. Als Fabel bezeichnete der damalige Sprachgebrauch (im Gegensatz zu Exempel oder Historie) alle Erzählungen, deren Glaubwürdigkeit nicht unbedingt verbürgt war, seien es antike Mythen (oft auch „heidnisches Poetengedicht" genannt), Tiergeschichten oder Märlein aus anderen, nicht autorisierten Quellen. Auch die Gegenüberstellung von „Geschieht" und „Gedicht" für Wahres und Unglaubwürdiges, die Archangelus (s. o.) gebrauchte, begegnet 189

Vgl. KURT RANKE, Schwank und Witz als Schwundstufe, in: Festschrift f. Peuckert, Berlin 1955, 41 ff.; BAUSINGER, Schwank und Witz 700.

56

Einführung

öfters,190 wie etwa auch der „heidnische Fabelschatten" gegenüber der „sonnenklaren christlichen Wahrheit". 191 Hingegen findet man manchmal „Fabel" und „Ostermärlein" als gleichermaßen unglaubwürdig nebeneinander. So nennt einmal Clemens von Burghausen192 die guten Werke der Heuchler „ein FabelWerck", ihre österliche Beichte „nur ein Oster-Märlein" und beteuert, er wolle nun „keine Fabel, kein Oster-Märlein, sonder ein Traur-Geschicht" nach verläßlicher Quelle vorbringen.183 Der Anteil an Fabeln im engeren Sinn jedoch ist im Gesamtbestand barocker Predigtmärlein beträchtlich, überraschend groß sogar, wenn man bedenkt, wie wenig man bisher über den Fortbestand der Fabelüberlieferung nach ihrer Blütezeit in der volkstümlichen Dichtung des 16. Jahrhunderts wußte. Die spätere literarisch-lehrhafte Wiederbelebung durch Lafontaine, Lessing, Geliert u. a. vollzieht sich ja auf ganz anderer Ebene. Für das 17. Jahrhundert sind in der Literaturgeschichte — außer gelegentlichen Hinweisen auf den Fabelgebrauch bei Abraham a Sancta Clara — eigentlich nur negative Feststellungen anzutreffen. 184 In Wirklichkeit aber hat die Fabel ihren schon in der Volkspredigt des Mittelalters bewährten Platz nie verloren. Selbst die Reformatoren haben nicht auf dieses didaktische Mittel verzichten wollen. Luther hat sich gewiß nicht ohne praktische Erwägungen an eine Ubersetzung des Äsop gemacht, und Mathesius verwendete, zumal in der 7. Predigt seines Lutherzyklus, so viele Fabeln, daß er manche heftige Kritik der Katholiken dafür einstecken mußte. 195 Daß „die Gegenreformation vor die alte Schmiede ging", wie Crusius198 bemerkt, d. h. eben an die mittelalterliche Tradition des Fabelgebrauchs in der Predigt anknüpfte,197 ist sicherlich richtig. Die Kanzelredner des Barock haben ja ganz bewußt die Brücken weit zurück geschlagen. Die Fabel von der Königswahl der Bäume in der Bibel, die man unendlich oft zitiert findet,198 und andere Beispiele in den Schriften der Kirchenväter waren ihnen Rechtfertigung genug, auch den alten Äsop für ihre Zwecke auszuschlachten. Trotz der heftigen Vorurteile gegen jedwede nichtgeistliche Literatur galten 190

ARCHANGELUS A S. GEORGIO 254. „Gedicht" bedeutet nach dem damaligen Sprachgebrauch nicht unbedingt Versdichtung, wie FLUCK, a. a. O. 195 u. 203 meinte und daraus auf Reimformen des Ostermärleins schloß, es handelte sich vielmehr um „Erdichtetes", also nicht Glaubwürdiges.

191

ERTL, Tolle Lege, Dom. 598. Jäger-Horn, Fest. 187. Diesen schwankenden Gebrauch der Termini hat auch WOLF bei den protestantischen Predigern des 16. Jahrhunderts festgestellt.

192 193

194

195 196 197 198

Vgl. H. L. MARKSCHIES in RDL 2 2, 433 ff. (Art. Fabel), hierzu bes. 436; er erwähnt noch den englischen Kanzelredner Jeremy Taylor, der den Gebrauch der Tierfabel in der Predigt des 17. Jahrhunderts bezeugt. WOLF, Predigtexempel im frühen Protestantismus 353 f. In: KLEUKENS, Buch der Fabeln X X I X . Vgl. CRUSIUS, ebenda XXIV f.; SEEMANN, Hugo von Trimberg 20 ff. Vgl. Anm. 74.

Ein neues Kapitel zur Geschichte der Fabel

57

die Fabeln des Äsop, die ja in unzähligen lateinischen und deutschen Ausgaben erschienen waren, als keineswegs verwerfliche Lektüre. 199 Bei aller Traditionsgebundenheit hätten die Prediger jedoch kaum so beharrlich und so ausführlich ihre Fabeln vortragen können, wäre ihnen das Verlangen des Kirchenvolks, dergleichen zu hören, nicht entgegengekommen. Offensichtlich hatte die Zuhörerschaft viel Vergnügen daran, menschliche Schwäche, List und Weisheit an Fuchs und Löwe, Wolf und Schäfchen, Hund und Hahn exemplifiziert zu finden; sogar als Ostermärlein waren Fabeln ungemein beliebt. Das würde dafür sprechen, daß die Tiergeschichte, ob nun mit oder ohne moralischer Tendenz, gängiger war, als man nach dem Befund in den meisten unserer Sammlungen volkstümlichen Erzählguts annehmen müßte.200 Die Verbreitungslücken dürften wohl eher auf das mangelnde Interesse der Sammler zurückgehen, die diese Überlieferung kurzerhand als Schulbuchgeschichten beiseite ließen. Sie füllen sich zumeist, auch nachträglich noch, auf, wo unvoreingenommene Aufzeichner alles festhalten, was eben in Umlauf ist.201 Dazu mag ein historischer Befund eine wertvolle Ergänzung sein. Allerdings müssen die Fabelerzählungen der Barockprediger — rund hundert verschiedene Typen, mitunter auch wie in der Volksüberlieferung zu Zyklen zusammengeschlossen — vor allem ihrer Form wegen beim Kirchenvolk Gefallen gefunden haben. So plastisch, so unbekümmert heiter, so lebendig sind Fabeln selten erzählt worden. Crusius202 meinte zum Bestand bei Abraham a Sancta Clara: „Das Gesetz, daß sie (die Fabel) sich der Farbe des Gesamtwerkes anpaßt, in das sie eingelegt ist, wirkt auch hier. Die alten Schulerzählungen werden bald in ein rauschendes, farbiges Barock umstilisiert, bisweilen 199

So bemerkt KNELLINGER, D o m . I , 3 9 4 : „ H a t sich ja der T e u f e l schon zum öfteren verrahten, daß er derjenige seye, welcher uns die gute Bücher auß den A u g e n zuraumen und die schädliche darfür einzuhändigen pflege. N u r ein Prob

auß

vilen anzufügen, ist er einsmal dem gottseeligen Jüngling Dominico a Jesu Maria in Gestalt eines Bettlers erschinen und hat ihme gesagt, er solle seine gewöhnliche Les-Büchlein auf ein Seiten legen und darfür die Gedicht Aesopi in die

Hand

nemmen, worauß

seines

er die Sitten nicht ohne

Kurtzweil

und Belustigung

Gemüths erlernen werde. W a n n aber schon der Satan vermeinet, er habe schon viel gewunnen, wann er die geistliche Bücher auß- und die Aesopische

Fablen

darfür eingesdiwetzet, da doch dise Gedicht noch gleichwohl gut und

nutzlich

seynd,

werden,

auch

niemalen

ohne

beygefügte

gute

Sitten-Lehr

erzehlet

wieviel mehr wird er die jenige Bücher einrahten, welche mit unsauberen BulGesprechen . . . angefüllet s e y n d ? " Zur Beurteilung der Volkslektüre vgl. u. S. 7 6 f. 200

Vgl. KARL MEULI, Herkunft und Wesen der Fabel, in: S A V k 5 0 , 1 9 5 4 , 6 5 , Anm. 1.

201 YGJ

ETWA

den Bestand an Tiergeschichten, die F . S. KRAUSS bei den Südslawen

oder HALTRICH in Siebenbürgen aufzeichnen konnten. Neuere z. B. bei PAUL N E D O , Sorbische Volksmärchen, WOSSIDLO-HENSSEN,

Bautzen

Mecklenburger erzählen, nr. 1 — 2 7

1956

Sammelergebnisse (nr. 1 — 2 0 )

und Anm. S. 2 0 5 ;

oder viel

bisher unveröffentlichtes Material aus dem Archiv in Marburg bei AMEND, D e u t sche volkstümliche Tiermärchen 202

A. a. O. X X X .

und ihre Zyklenbildung,

Diss.

Marburg

1955.

58

Einführung

aber auch recht und schlecht in einem lebendigen und derben Volkston wiedergegeben." Ich möchte fast meinen, die Prediger hätten bei ihrer Fabelgestaltung vor allem an die Kinder unter ihren Zuhörern gedacht. Der Schwank ist in den Kanzelreden des Barock in allen Kategorien zu finden, von der einfachen Scherzfrage bis zum vielgliedrigen Schwankmärchen. An der überraschenden Fülle und Vielfalt der Stoffe und der lebendigen Dichte der Erzählformen spürt man, daß die Volksprediger jener Zeit das Lachen keineswegs aus der Kirche verbannen oder etwa auf den risus paschalis beschränken wollten. Sie überliefern uns damit das Kunterbunt der bisher noch wenig erschlossenen volkstümlichen Schwanktradition des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. 203 Wenn sie natürlich auch hier literarische Quellen zur Hand hatten, so wußten sie offenbar doch gut Bescheid, was etwa an Wirtshaustischen und bei Geselligkeiten erzählt wurde, sind ja wohl oft genug selbst dabei gesessen und hatten ihren Spaß daran. Und sie erzählten ihre lustigen Stückeln von der Kanzel herunter auch nicht anders, als sie es irgendwo außerhalb der Kirche getan hätten. Predigtmärlein und Volksüberlieferung stehen sich in diesem Bereich wohl am nächsten. Ganz beiläufig erwähnen die Prediger mitunter im Volk gängige Witze, ohne selbst erzählen zu wollen, sondern eher zur Bekräftigung einer Rüge, wie beispielsweise der Wiener Florentius Schilling204 sich folgendermaßen gegen die Verunglimpfung der Heiligen wendet: „Etliche seynd so vermessen, daß sie in ihrem Gespräch gar die Heiligen angreiffen und Rätzel, Fabeln und dergleichen von den Heiligen sagen. Da fragt man, welcher der geringste Heilige ist? Antwort: St. Quintinus, dann vier Quintlein gehen auf ein Loth. Item, was heist Niclas? Antwort: Ein pappiernes Fenster. Warumb hat Petrus vorn keine Haar? Antwort: Dieweil er ein Fischer gewest, hat er gesagt: ich gieb die Fisch nicht umb ein Härl wölfler [ = wohlfeiler], hat ihm also allzeit ein Härl ausgerissen. Solche leichtfertige Reden thun manche, das seynd offt die Gespräch, die Zeit zu vertreiben, und desto länger zu machen in der Holl." Daß die Heiligen des öfteren Schwankfiguren abgeben mußten, bestätigt auch Rauscher,205 da er von den Gesprächen in den Spinnstuben bemerkt, es würden „wohl auch Christus und S. Petrus in so lächerliches Gespräch und ungereimbte 203

304

203

An umfassenderen Darstellungen liegen nur F. GERHARD, Joh. Peter de Memels Lustige Gesellschaft, nebst einer Übersicht über die Schwanklitteratur des 17. Jahrhunderts, Halle 1893, und HERMANN GUMBEL, Zur deutschen Schwankliteratur im 17. Jahrhundert, a. a. O. vor. Vgl. auch BAUSINGER, Schwank und Witz 703. Ovum Paschale 21. Ähnliches brachte ERTL, Vorgebürg 897 als Rüge an den Spottvögeln vor: „Wie offt fraget man Spott-weiß, wer ist der zerrissenste unter den Heiligen? Antwort: S. Otto, der hat zwey Löcher in seinem Namen. W e r ist der geringste? S. Quintus, gehen fünff auf ein Loth. Wer ist der ärmiste? S. Christoph, der gehet im Hemmet daher. O lästerliche Zungen! was Verspottungen muß nicht von denen Ketzeren der H. Abbt Antonius in seiner Bildnus mit der Sau, der H. Veit mit seinem Hahn, die H. Catharina mit ihrem Rad und St. Margareth mit ihrem Drachen erleyden?" Fest. II, 134.

Scherzfragen

und

Sprichwortgeschichten

59

Erzehlungen eingeführt, nicht ohne Beschimpfung der lieben Heiligen Gottes". Dazu noch ein anderes Beispiel für wortspielerische Scherze nach dem Admonter Benediktiner Edmund Manincor: 206 „Wir närrischen Menschen vermeinen, was in der Faßnacht geschieht, das schade nicht, nein, es ist nicht wahr. Man pflegt sonst zu fragen, welche seynd die gröste Lügner? Antwort: Ein Wirth, ein Sämer und ein Bergknab. Der Wirth sagt: ich schencke Wein und Bier, es ist nicht wahr, man muß eins so wohl als das andere trewlich bezahlen. Der Sämer sagt: Ich fahre ins Land, es ist nicht wahr, er gehet nur zu Fuß neben sein Pferd daher. Der Bergknab sagt: Ich fahre in Berg, es ist nicht wahr, er kriechet und rutschet mehr. Aber der gröste Lügner unter allen ist der Fasching . . . " Ein wahrer Meister in diesem Genre des Wortwitzes war Abraham a Sancta Clara. Hier nur ein Beispiel aus vielen:207 „Ich hab mir erzählen lassen von einem sehr verschlagnen Diener, dessen Frau nach meister Weiber Art sehr klug, karg oder (recht geredt) geitzig, daß solcher einmal ein Spagat umb die Suppen-Schüssel gebunden, und solche langsam durch die Stuben gezogen gegen der Kuchel; als die Frau dessen Ursach befragt, gab er zur Antwort: Er habe sein Lebtag gehört, daß man die Blinde führen müsse; dann es war die Suppen so schlecht geschmaltzen, daß man nicht ein Aug durch dreyfache Brillen darauf hat sehen können." Hierher gehören auch die „Sprichwortgeschichten", die das Wortbild eines Sprichworts oder einer Redensart scherzhaft ausdeuten, wie etwa Mauritius Nattenhusanus208 zu einer „leeren Schneider-Suppen-Predig, wo kein Safft noch Krafft, noch Saltz noch Schmaltz, noch Schnittlein, noch Brocken eines Apostolischen Eiffers darin" seien, meinte: „Bei einer solchen Predig heist es wohl redlich, was jener Hoff-Narr gesprochen. Als er seiner Sau alle 4 Füß zusammen gebunden und als wie ein Schaaf scheren wolte, die Sau aber erbärmlich geschrien, sprach der Narr: Vil Geschrey und wenig Woll . . ." 209 Zum Predigttitel „Vil Köpf vil Sinn" gab Geminianus Monacensis210 folgende Erläuterung: „Zu Kallenberg wolt einer seinem Nachbawrn erklären, was es für underschidliche Köpff in der Welt abgebe: zu disem end, wie man sagt, last er einen grossen Sack voller Krautköpff auff die nächste Höhe bey dem Dorff führen. Von dannen last er alle über die Höhe mit einander hinabrollen, da schawet jetzt Nachbawrn, wie die Köpff so seltzam außeinanderlauffen, der gehet der Kirchen zu, der der Badstuben, diser dem Bawrnhof, ein eintziger ist dem Würthshauß zugeloffen: diser allein sagt er, under so vil Köpffen hat meinen Sinn, ich trinck auch gern." In ähnlicher Weise wird die sprichwörtliche 206 207 208 209

210

Geistl. Apotheken 104. Judas IV, 130 = Etwas f. Alle 3, 91 f. Fest. I, 121. Zu dem schon bei Brueghel bezeugten Wortbild vgl. LUTZ RÖHRICH, Sprichwörtliche Redensarten in bildlichen Zeugnissen, in: BayerJbfVK 1959, 67 ff., bes. 70. Dom. 250, danach zitiert bei STROBL, Artzney-Schatz, Dom. 186. Vgl. auch ABRAHAM A S. CLARA, Huy und Pfuy 30. Vom Pfaff vom Kahlenberg berichtet bei ZINKGREF-WEIDNER, A p o p h t h e g m a t a I, 2 7 9 .

60

Einführung

Mahnung „Eylen thut kein gut" gern mit einer Geschichte vom Fuhrmann und dem Weisen (nr. 52) illustriert. Solchermaßen eingestreute Witze sind zumeist nur heitere Schnörkel zu sonst durchaus ernsthaften Diskursen. So ließen sichs die Prediger z. B. nur selten entgehen, zu ihren Klagen über die Bestechlichkeit von Richtern und Advokaten den altüberlieferten Scherz von dem Bauern anzubringen, der seinem saumseligen Anwalt tatsächlich die Hände mit Öl „schmieren" will (nr. 185). Als Beispiel für die Rückfälligkeit der Sünder nach der Beichte wählte Ertl 211 einmal einen richtigen Bauernwitz; sie seien so, meinte er, „wie jener Bauern-Knecht.. ., als ihn sein Herr Pfarrer in der österlichen Beicht befragete, ob er die Fasten hindurch niemahlens bey nächtlicher Weil auf das Gässel gangen seye. Na, wa nicht Herr Pfarringer, gäbe er zur Antwort, aber jetzund, wills Gott, nach Ostern wirds wiederum angehen". Ähnliches versetzte Rupert Gansler212 seinen Zuhörern, mit ernsthaften Ermahnungen, den Sonntag besser zu heiligen als jener Knecht, den sein Bauer fragte, „warumb er Sonn- und Feyrtag so frühe aufstunde, da ihn doch die andere Tag kein Mensch konte aus dem Nest bringen? gab der Knecht zur Antwort: Mein Baur, derowegen damit ich halt gnug feiren mag." Verbreitet war auch der Witz, den der Karmeliter Eusebius a S. Tiburtio 213 in einer auch sonst recht deftigen Ehestandspredigt vorbrachte: „O Ehestand, Wehestand, wo der arme Mann ein solcher Simpel ist wie jener, dessen Hausfrau zwantzig Wochen nach der Hochzeit in die Kindbeth kommen; wie er sich nun darüber verwundert und zu ihr sprach: wie das komme, da er doch gehöret, daß man mit einem Kind viertzig Wochen schwanger gienge, wo dann die überige zwantzig Wochen? Antwortete sie: lieber guldener Hans: thue deinen Verstand auf: du zwantzig Wochen und ich zwantzig, machen ja viertzig, und stillte also den Mann. O Ehestand, Wehestand." Es war beinahe wie beim Witzeerzählen in Gesellschaft: Gewisse Stichworte, hier Predigtthemen, lösten bestimmte Kategorien von Geschichten aus. So waren beispielsweise Diskurse wider Ohrenbläser, Ehrabschneider und Lügner eine selten versäumte Gelegenheit, Lügengeschichten anzubringen. Meist geht noch eine rein theoretische Auseinandersetzung über die Formen der Lüge voraus, wie etwa: „Es seynd aber die Lugen dreyerley Gattung: etliche werden genennet Perniciosa, die schädliche Lugen, weilen sie dem Nächsten an seiner Ehr, Nahmen oder Geld und Guth nachtheilig oder verhinderlich seynd. Zweytens werden etliche Lugen genennet Jocosa, SchertzLugen, welche keinem zum Schaden, sondern nur auß Gespäß ein Compagnie zu erlustigen über Tisch und Tafel erzehlet werden. Drittens seynd etlich Lugen Officiosa, Ehren-Lugen, die eben auch keinem zu schaden . . . vorge211 212 213

Tolle Lege, Fest. 218, ebenso PRAMBHOFEH, Joseph 321. Lugenschmid I, 225. Amara

dulcis 8 3 ;

v g l . WESSELSKI ZU B e b e l

3, nr.

S c h w ä n k e I V , 4 1 5 ; MERKENS 1 , 1 4 9 . V g l . A T h

139;

1362 A°.

HANS SACHS, F a b e l n

und

„Lügen,

daß sich die Balcken

61

biegen

bracht werden . . ." 214 Die zweite Kategorie, hier als harmlos, bei anderen Predigern aber als ebenso verwerflich hingestellt wie die übrigen, trifft also die Aufschneiderei, das Grundelement der Lügengeschichte, die nach übereinstimmenden Aussagen der Prediger ungemein beliebt und verbreitet war. „Lügen, daß sich die Balcken biegen", meinte z. B. Placidus Taller, 215 „lügen, daß es auch ein Kind, ein Einfältiger merckt, lügen, daß mans mit Händen greiffen kan, ist bey jetziger Zeit schier bey allen Zusammenkunfften, Gesellschafften, Hoch- und Mahlzeiten ein allgemeiner Brauch, mit disen passiret man die Zeit, mit diesen ergötzet man die Gäste, mit diesen mundert man einander auf und macht man nicht die wenigste Reflexion auf die Sünde, so hierdurch der Göttlichen Majestät wird angethan . . . " Daß die Lügengeschichten, wie oft bestätigt, gern bei der Tafel vorgebracht wurden, ergab ein dankbares Wortspiel. So bei Knellinger: 216 „Wann nun bey solcher Mahlzeit etwann einer, der frisch auß dem Feld daher kommen, etwas von seinen Groß-Thaten zu erzehlen anfanget, so kan man den Jenigen, so zum vorschneiden und außtheilen bestellet ist, kecklich abschaffen, dann diser allein schneidet für alle Gäst zugnügen auff." Abraham a Sancta Clara 217 hat das Wortbild noch gründlicher ausgekostet: „Schneiden, aber Krautschneiden ist gemein bey denen Saltzburger Bauren, Haar abschneiden ist gemein bey denen Barbierern, Kleiderschneiden ist gemein bey denen Garderobern, Aufschneiden ist gemein bey denen Cavalier-Taffeln." Trotzdem konnten es sich die Prediger meist doch nicht versagen, selbst ein paar saftige Lügengeschichten (vgl. nr. 187, 209) aufzutischen. Sie verfügten über einen gewissen mehr oder minder gemeinsamen Vorrat, teils allgemein Bekanntes, teils Selteneres, und reihten davon recht wahllos aneinander, wie es ihnen gerade in den Sinn kam. Pater Dalhofer 218 erzählte seine reichhaltige Serie an „Vexier-Lügen" so, als säße eine Runde von Spaßvögeln beisammen, von denen jeder etwas zum besten gibt und gewohnheitsgemäß einer den andern zu übertrumpfen sucht, wozu die anderen nach altem Brauch pfeifen. 219 Auch Abraham 220 schloß jede seiner Lügengeschichte mit „Pfeiff, das heißt auff geschnitten". Verwandt sind die Geschichten vom Lügenwettstreit (nr. 106, 210) und 214

215 216 217 218 219

220

HEHEL, G l a u b e n s - L e h r I I I , 2 3 7 ; ähnlich STROBL, Schlüssel, D o m .

18;

HELBIG,

Anatomia I, 482 bemerkte zu seinen Lügengeschichten (vgl. nr. 209, 210): „Es ist soweit kommen, daß es ihrer viele für Klugheit und Geschicklichkeit halten, wann sie also lügen können, daß es andere glauben, und wann sie ihnen angeführt, oder, wie man zu sagen pflegt, einen Beeren auffgebunden haben, so haben sie die gröste Freud. Andere lügen nicht, daß sie die Wahrheit gesagt zu haben wollen, . . . sondern damit sie einen Spaß und Gelächter erwecken." Kram-Laden 201 f.; vgl. auch ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 397 f. Dom. II, 425. Ähnlich im Centifolium stultorum 21. Lauberhütt III, 393. Miscellanea 586 f.; im Wortlaut wiedergegeben im BayerJbfVk 1958, 91. Zum Sprichwort „zu grober Lüge muß man pfeifen" vgl. WANDER, Sprichwörterlexikon 3, 259 f.; MÜLLER-FRAUREUTH, Lügendichtungen 30. Judas I, 398 f.

62

Einführung

vom Trumpf der Faulheit (nr. 191), die variantenreichen Schilderungen der verkehrten Welt (nr. 190) und des Schlaraffenlands, das aber nicht nur, wie etwa bei Ertl, 221 das Reich aller irdischen Genüsse, sondern auch als Übersetzung von „Utopia" das Regufium der Narren bezeichnet (nr. 83). 222 In dieser merkwürdigen, mehrfach überlieferten Rahmenerzählung von der Narrensuche der Königin Philautia von Schlaraffenland haben ganze Serien von Narrengeschichten aus verschiedensten Quellen Platz gefunden. Narrenstückeln wurden aber auch sonst gern reihenweise vorgebracht. Manche öfters wiederkehrende Typen wie von dem Mann, der sich für gläsern hält, oder einem „Hypocondryschen Phantasten", der alle Welt vor seiner vermeintlich klafterlangen Nase warnt, 223 gehen wohl auf naturwissenschaftlich-medizinische Berichte von echten Psychopaten zurück. Die folgenden Beispiele jedoch, die Johann Prambhofer 224 von Abraham a Sancta Clara übernommen hat, stammen deutlich aus örtlicher Uberlieferung: „In der Narren Catalogum müssen auch geschriben werden jene drey Lappen, deren der erste, als er unweit Crembs in die Thonau gefallen und durch gute Leut wieder herauß gezogen worden, sich hoch verschworen, er wolle keinen Tropfen Wasser mehr anrühren, biß er lehrne schwimmen. O Narr grösser als 6 Klaffter lang? wie wilst du lehrnen schwimmen und kein Wasser berühren? / Der andere Gispel hat einen grossen Krug Wein verpetschieret, damit solchen keiner auß seinen Mit-Kameraden möchte credenzieren. Da aber einer von seinen Gespänen so schlauch wäre, und unterhalb in das Geschier ein Loch bohrte, worauß er ein gutes Viertel gezogen, nachmahls das Loch mit Wachs verrente, könnt sich dieser, als er sein unverletztes Petschier weck gerissen und den Krug nur halb voll mit Wein gesehen, über solches Wunder nicht genugsamb vergaffen, wie es doch habe geschehen können, daß der Wein ohne Verletzung des verpetschierten Deckels herauß kommen. Als einer zu ihm gesprochen, er soll den Krug unterhalb besichtigen, ob nicht etwa ein Bößwicht daselbst seinen Vortheil gesucht, replicirte dieser Trampus, der Wein gehe nur oberhalb ab und nicht untenher. / Der dritte Didltapp liesse sich über den Wolffganger-See in einem Schiff führen, und weilen er ein Pferdt bey sich hatte, ist er stäts auf seinem Schimmel sitzend verbliben. Man sagt ihme, er solle vom Pferd absteigen: nein, versetzt dieser hinwider, das thue ich nicht, ich sitz nicht ab, dann ich muß eylen, ich wolt heut noch gern zu Saltzburg seyn." 221

222

223

224

Tolle Lege, Dom. 122 ff. als Motto für eine Predigt über den Müßiggang; vgl. Fabula 2, 14. Dieses Narrenland wird oft auch als „drey Meilen hinter Calecut" liegend angegeben; vgl. ABRAHAM A S. CLAHA, Judas IV, 490; in Huy und Pfuy 47 sagt er über die Mäßigkeit: „ . . . dermahl aber ist diese Tugend verbannisiret worden, drey Meil hinter dem Schlaraffen-Land, allwo sie im Elend das Leben muß zubringen. Ihr gröster Verfolger ist gewesen der Gubemator in Friß-Land . . . " PRAMBHOFER, Hönig-Fladen 124 f. Vgl. auch MANZ, Geist! Zeug-Hauß I, 265; ERTL, Vorgebürg 841 f. PRAMBHOFER, ebda. 125 f. nach ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 545. Die erste und dritte Erzählung auch bei STROBL, Ovum Paschale II, 331 ff.

Schildbürgergeschichten,

Ortsneckerei,

Ständespott

63

Am Laiebuch oder einem der vielen späteren Volksbuchdrucke von den Schildbürgern hat sich vor allem Strobl ergötzt und einige Streiche der Bürger von „Mesnopotamia" in unnachahmlicher Weise wiedergegeben (nr. 90—93). Ertl verglich die furchtsamen Sizilianer in der Riesenhöhle (nr. 141) mit den sieben Schwaben. Dieses bekannteste Beispiel des Stammesspotts war auch Abraham a Sancta Clara225 als Landsmann der hasenfüßigen Helden wohlbekannt: im biblischen Gleichnis vom Säemann, so spottete er, seien aus einem bestimmten Samen „lauter Schwaben gewachsen, und zwar solche, die in das Feld wider den Feind ziehen sollten, da sagte einer au weh, wie zittert mir das Hertz, der andere kunte keinen blancken Degen sehen, der dritte wäre Feuer scheu, da gedachte ich was dann das vor ein Saamen seyn müste, aus welchen dergleichen Leut entsprossen? fände jedoch bald an einem Zettel das Wort forchtsam". Zur Entstehung von Spitznamen brachte der Kapuziner Dionysius von Innsbruck226 neben bekannten Lügengeschichten die folgenden Beispiele: „In Francken-Land in einer lutherischen Stadt haben sich nit unlängst zween Gesellen befunden, den einen hat man den Thuren-Schieber, den anderen aber den Wolcken-Tretter geheissen, welche Nahmen ihnen nur wegen deß grossen Lügen seynd geben worden. Der eine käme auß der Frembd nach Hauß, fragten die Nachbahren, wo er gewesen wäre und was er gesehen hätte? da sagte er, er wäre an einem Orth gewesen, da man ein Kirch gebaut hab, also daß auß Unachtsambkeit der Thuren gar zu weit von der Kirchen kommen, weilen es dann hernach dem Meßner gar ungelegen wäre, haben sie den Thum zwar nit abgetragen, sondern denselben mit allen Glocken durch gewise Instrumenten zu der Kirch hinzu geschoben: und dieses ist der Thurn-Schieber gewest; der Wolcken-Tretter hat daher den Nahmen bekommen, dann als er auß der Frembd ist heimb nach Hauß kommen, hat er erzehlt, er sey in einem Land gewest, da ligen die Wolcken und Nebel so gleimb auff der Erden, daß sie nit auffrecht haben mögen hindurch kommen, sondern sie haben alle müssen vom Pferd steigen und auff den Bäuchen hindurch kriechen, sonsten wäre es kein Möglichkeit gewest hindurch zukommen, und disen Lugenschmid hat man hernach den Wolcken-Tretter geheissen." Von der Beliebtheit des Ständespotts gibt wieder Florentinus Schilling227 ein hübsches Zeugnis: „Es kan kein Zusammenkunfft geschehen, man kan kein Gespräch halten, das Brod muß darbey seyn, daß man übel von seinem Nechsten redet, ihm die Ehr abschneid und seinen guten Namen frisset . . . Wann man übel redt von Bauren, Handwercksleut etc., das ist schwartz Brod. Wann man von Doctorn, Secretarien, Hoffbedienten, grössern Herrn redt, das ist weiß Brod. Wann man aber übel von den Geistlichen redt, Fabeln auf sie erdicht, falsche Historien erzehlt, daß man anfangt: Es war einmal ein Münch, 225 226

227

Lauberhütt II, 427. Dom. II, 218. Daß volkstümliche Kanzelredner durch Ausrufe und gesalzene Bußpredigten Necknamen schufen, beobachtete H U G O M O S E R , Sdiwäbischer Volkshumor, Stuttgart 1950, 114 f. Ovum Paschale 21.

Einführung

64

es war einmal ein Pfäff: ach! da hören alle zu, spitzen die Ohren wie die Zahnstürer machen, das gefällt, das wird ein kuttern und lachen. Ach, das ist das Ayer-Brod, das schmecket am besten." Die Predigten selbst sind freilich keine geeigneten Quellen für Pfaffenschwänke. Die Pfarrherrn konnten ja nicht gut ihren eigenen Standesspott auf die Kanzel bringen, zumal sie oft genug über die Respektlosigkeit ihrer Pfarrkinder zu klagen hatten. Andere Standesschwänke dagegen kamen den Predigern bei der Bekräftigung ihrer bewußt sozialen Haltung zustatten. Wenn sie auch immer wieder pflichtgemäß zu Respekt und Gehorsam gegenüber der weltlichen Obrigkeit mahnten, so standen sie selbst doch auf Seiten der Armen und Bedrängten. Sie verkündeten nicht nur die christliche Lehre vom Segen der Armut, sondern bekannten sich auch zur Zeittendenz, soziale Gegensätze zu mildern. Nicht nur in den ausgesprochenen „Gey-Predigten" Selhamers oder Oberleitners, ganz allgemein hörten die Bauern dieser Zeit von der Kanzel herunter das Loblied ihres langezeit vielgeschmähten Standes. 228 „Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?" — dieses Schlagwort wurde immer noch gern zitiert. 229 Nach dem typisch barocken Vergleichsbild vom großen Welttheater, auf dem jeder die ihm zugedachte Rolle zu spielen hätte, sollte die Bauernjoppe gleich viel gelten wie der Purpurmantel. 230 Ungeachtet dessen, daß der Prediger bei nächster Gelegenheit wieder über das Gassein der Burschen, die Putzsucht der Mägde, die Freß- und Trunksucht, das Spielen und Ludern in den Wirtshäusern und andere ländliche Laster herzog, war oft und oft vom gesunden, frommen Leben der bescheidenen Landbewohner gegenüber der satten, sündhaften Üppigkeit der Städte oder gar der Höfe die Rede. Die Reichen hatten zu diesen Predigten wahrhaftig oft nichts zu lachen. 231 228 229

Vgl. MOSER-RATH, Geistl. Bauernregeln 207. Vgl. LEOPOLD SCHMIDT, Wiener Redensarten, in: Das deutsche Volkslied 46, 1944, 36 ff. Er führt u. a. auch Zeugnisse des Sprichworts bei Abraham a S. Clara an. Ebenso heißt es bei ERTL, Tolle Lege, Fest. 940: „Gewiß ist es, daß wir Menschen von unseren ersten Eltern Adam und Eva keinen Adel ererbet, da laut des gemeinen Sprichwort: Da Adam ackerte und Eva spann, wer war daselbst ein E d e l m a n n ? "

230

231

S. a . OBERLEITNER 2 , 3 6 0 ; JORDAN v . WASSERBURG I , 7 8 1 ;

HER-

BERGER, Buch Sirach brachte das Sprichwort in Verbindung mit der Anekdote von Kaiser Maximilian I., der dem an die Mauer seines Palastes angeschriebenen Spruch hinzugefügt haben soll: „Ich bin ein Mann wie ein ander Mann, nur daß mir Gott die Ehre gannt." Vgl. auch W. STEINITZ, Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters, Berlin 1954, 5 ff. So sagt etwa ERTL, Tolle Lege, Fest. 125: „Nein, es muß in allen ein Unterschied seyn, und darum ists sehr weislich von dem Weltregierenden Gott abgetheilt und angeordnet worden, daß nicht alle aus uns Menschen dienen, nicht alle herrschen sollen: Diesem Haupt gebühret die Königliche Cron und das Diadema zu tragen, jenem Kopff stehet der geringe Schäb-Hut an. Diese Hand muß den Scepter und Regiments-Stab führen, jene Hand muß mit der Geissei ins Feld hinaus schnaltzen. Diese Achseln müssen mit einem Purpur-Mantel und jene mit einer zerrissenen Bauren-Joppen bedecket seyn . . . " Das folgende Beispiel, hier nach ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 263 f., wurde in

Bauemschwänke und Geschichten vom Ehekrieg

65

Den dazu beigebrachten Schwänken war ein Publikumserfolg sicher, da die Mehrzahl der Kirchenbesucher ja den unteren Volksschichten angehörte. Es läßt sich denken, mit welchem Vergnügen die Zuhörerschaft einer Dorfkirche ihrem Pfarrer lauschte, der in seinen Geschichten den Bauern mit Mutterwitz und Schläue einen hochgelehrten Doktor, einen Edelmann, einen hoffärtigen Städter glatt überrunden ließ (vgl. nr. 18, 21, 229). Das Bild des tölpelhaften Bauern, das durch die Schwanksammlungen des 16. Jahrhunderts geht, ist hier weitgehend revidiert. Was aber doch nicht hindert, daß ein so beliebter, sogar auf Jesuitenbühnen bewährter Stoff wie der vom versoffenen Bauern, der für einen Tag zum König gemacht wird (nr. 256), in zahlreichen Varianten in den Predigten wiederkehrt. Auch mit dem Handwerkerspott mußten die Prediger vorsichtig umgehen, wollten sie nicht Feuer am Dach haben. P. Wolff z. B. bemerkt zu Beginn seines Märchens von den furchtsamen Schneidern und dem Riesen (nr. 68) mit allem Nachdruck: „Erzehle auch solches nicht, daß ich verlangte, damit ein ehrsames Handwerk zu beschimpffen, . . . sondern als ein Oster-Mähr", die ja doch nicht ernst zu nehmen sei. Weniger bedenklich brachten die Prediger ihre den Ehestand, oder genauer gesagt, den Ehekrieg betreffenden Geschichten vor. Sie waren die besondere Würze der an sich schon recht volkstümlich gefärbten Ehestandspredigten, die regelmäßig in jedem Jahreszyklus wiederkehrten. Das war nicht nur notwendig, weil eben die Eintracht der Eheleute die Voraussetzung für einen Gott wohlgefälligen christlichen Hausstand ist, es war auch für den Prediger selbst ein undankbares, weil immer aktuelles Thema. Ob nun von faulen, trunksüchtigen, grobschlächtigen oder zaghaften Männern, von liederlichen, zänkischen oder widerspenstigen Frauen die Rede war, es saßen wohl immer Leute unter der Kanzel, die sich, auch ohne direkte Anspielung, betroffen fühlen mochten, während die andern, weniger Schuldbewußten ihr schadenfrohes Vergnügen daran haben konnten. Der Vorrat der Prediger an handfesten, meist höchst ergötzlichen Beispielen zu diesem Thema war beträchtlich. Ehestandsschwänke wurden, wie gesagt, traditionsgemäß gern als Ostermärlein erzählt. In Strobls „Ovum Paschale" betreffen mehr als die Hälfte aller Schwänke den Ehekrieg. Auch andere, Heribert von Salum, Ertl, Rauscher oder Dalhofer haben am Ostermontag mit Vorliebe solche Geschichten aufgetischt. Ein zweiter beliebter Tag für Ehestandspredigten und die dazugehörigen Schwänke war der Festtag Simon oder Judae (28. Oktober). Dieser Predigerbrauch hatte sich wohl aus einer in der Mundart naheliegenden, wortspielerischen Verkehrung von „Simon" in „Siemann" ergeben, einer schon im 16. Jahrhundert beliebten, scherzhaften Bezeichnung eines Pantoffelhelden oder diesem Zusammenhang gern vorgebracht: „So ist auch jenem Bauren nit vor ungut auffzunehmen, welcher auff Befragung, ob er auch bette? die Antwort geben: Ja, ja, ich bette fleissig, und zwar für meines Edlmanns Pferde, damit dieselbe lang sollen leben, und gesund seyn darneben. Dann wofern dise sollen verrecken und umbstehen, so thät nachmahls unser Edelmann auff uns Bauren reitten." 5

Moser-Rath

66

Einführung

auch seiner energischen Ehehälfte, die die Hosen anhatte, d ; h . das Hausregiment führen wollte. 232 Nach Aufzeichnungen von Leoprechting galt Simon als der große Patron der „Simanndlbrüdersdiaft", der Ehemänner nämlich, die unter dem Regiment ihrer Weiber standen.233 In Krems a. d. Donau erinnert noch heute der „Siemanndlbrunnen" an ein Ereignis der Stadtsage, wonach sich die Frauen in höchster Feindgefahr als herzhafter erwiesen hätten als die geflohenen Männer. 234 Nach Erhebungen des Atlas der deutschen Volkskunde war es in etlichen Orten Ober- und Niederösterreichs üblich, den Frauen an Simon und Judae, zumindest der Redensart nach, die Herrschaft einzuräumen. 235 Die Verbreitung solcher Überlieferungen mag nicht zuletzt auf die Prediger zurückgehen, die ihre Betrachtungen über den Ehestand an diesem Tag eben gern mit diesem Wortspiel verknüpften. „Den Namen Simon", sagte etwa Mauritius Nattenhusanus,236 „wollen nicht allein die Manns-, sondern so gar die Weibs-Personen führen. Derowegen pflegt man die Weiber am heutigen Tag zu vexiren, daß ihr Nahmens-Tag, nemlich Simon seye. Woher aber dise Vexation komme, weiß ich auch eigentlich nicht, alleinig geduncket mich, es möchte daher rühren, weilen das Wörtlein Simon ein grosse Verwandtschafft hat und nur umb ein einzigen Buchstaben unterschieden mit dem teutschen Sieman. Disem seye wie ihm wolle, ist mein Intention und Meinung gantz und gar nicht, heutiges Tags die Weiber zu vexiren, oder wie es offt zu geschehen pflegt, auf der Cantzel herdurch zu lassen, sondern ich wünsche vielmehr solchen Siemann viel Glück zu ihrem Tag." Simon sei nämlich ein Ehrenname für die Frau, weil er in der Verdeutschung „gehorsam" bedeute. „Ist aber noch ein Frag, ob ihnen auch der Nahmen Simann wol anständig und geziemlich. Das ist ein schwere Frag, die ich mir nicht getraue zu beantworten, förchtent ich möchte ein Fleck neben das Loch setzen, und weilen ich ein armer Religiös, der in disen Sach wenig erfahren, möcht ich ein Scheiben außstossen. Nicht zwar bey den Weibem, sondern vielmehr bey den Männern. Indeme sie all ihre Authoritet und Recht 232

Vgl. GRIMM, Deutsches Wörterbuch X/L, 958 ff.; SCHMELLER, Bayer. Wörterbuch II, 204; J. BOLTE, Doktor Siemann und Doktor Kolbmann, zwei Bilderbogen des 16. Jahrhunderts, in: ZsfVk 12, 1902, 197.

233

KARL FRH. v. LEOPRECHTING, Aus d e m L e c h r a i n , München 1 8 5 5 , 1 9 7 .

ANTON V. MAILLY, Niederösterreichische Sagen, Leipzig 1926, 138. Die Lokalisierung hängt wohl mit dem in Krems üblichen Simonimarkt und dem damit verbundenen Sitzungstag einer Simonsbruderschaft zusammen, ist jedoch erst seit dem späten 18. Jahrhundert bezeugt. Vgl. LEOPOLD SCHMIDT, Volkstümliches Geistesleben der Stadt Krems im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. Sonderabdruck aus: Festschrift zum 950jähr. Stadtjubiläum von Krems a. d. Donau, Krems 1948, 16. 235 ADV, Frage 154, bearbeitet von Josef Fellenberg gen. Reinold. 2 3 6 Fest. I, 845 ff. Die Erweiterung des Wortspiels auf „St. Sieman und St. Erwei", die LEOPRECHTING, a. a. O. bezeugt, findet sich auch bei dem mährischen Prämonstratenser FELSENECKER 437: „ . . . das war dem Mann . . . der gröste Spott und Schand, wan man sagete: Sie-Mann und Er-Weib; zwar es gibt dergleichen Simandl vil, welche . . . denen Weibern selbst den Regiments-Scepter übergeben . . . "

234

Soziologie des Schwankes

67

vergeben, ihre Weiber Simann seyn lassen und sie Weiber werden, und das ist ja die umbgekehrte Welt, die Weiber wären wohl lapisch, wann sie die Hosen nicht nehmen thäten, weilen die weibischen Männer ihnen solche selbsten anbiethen." Später meint er noch einmal, die Weiber müßten wohl „Siemann" sein, „wofern der Mann im Hauß sich auf den Handel versteht als wie ein Hund auf den Mittag, wann er ein lauterer Dalcker, ein Nudeldrucker, ein Spillumper" sei, so müsse sie sich des Hauswesens annehmen. „Dann solte er die Krüg und sie die Häfen zerschlagen, solte er sauffen und sie nicht übel trindcen, solte er spihlen und sie faulentzen, solte er tantzen und sie springen, solte er s[alva] v[enia] huren und sie buben, wurde es bald aufgehaußt werden. Dies nur als ein Beispiel aus vielen, in welchem Ton die in der Textauswahl wiedergegebenen Ehestandsschwänke eingeleitet wurden (vgl. nr. 32, 33, 45, 58—65, 78—80, 112—116, 130—132, 156, 170—173, 194—196, 230—232, 240, 241, 255). Im übrigen sind die Figuren dieser Alltagssdiwänke eben so, wie sie in anderen Quellen und in der Volksüberlieferung zu finden sind: Dumme und Schlaue, Betrogene und Betrüger, Diebe, Säufer usw. Die schlüpfrigen oder ausgesprochen obszönen Geschichten der älteren Schwanktradition fehlen begreiflicherweise; die Prediger haben oft und deutlich genug ihren Abscheu vor „Zotten und Possen" kundgetan. Bei solchen Gelegenheiten fiel mitunter auch ein Hinweis, wo der Sdiwank als lebendige Erzählung beheimatet war. „Es ist selten ein Mahlzeit", sagte beispielsweise Abraham a Sancta Clara, 237 „worbey sich nit ein unverschembter Possen- und Zottenreisser einfindt, wenig Tractament werden gefunden, worzu der Esau nit auch ein Wildbröt, verstehe wilde Zotten spendiren thut . . ." Rupert Gansler 238 zitierte den berühmten tiroler Arzt Guarinonius mit der Klage, „daß kein Stadt, Marckfledcen oder Dorff anzutreffen, daß man darinn nit ein besonderen Narren finde, wo man die ungereimteste Possen und Zotten zu denen Mahlzeiten auf den Marckt oder Tantz bringe; alle Gastereyen und Hochzeiten seynd mit dergleichen Teller-Schleckereyen versehen, und lachet man zu solchen groben Venus-Possen schier gar die Seel auß dem Leib." Ähnlich Albertus Steffan: 239 „Solchen Zotten-Krämem und Possenreissem, die sich auf den Kirben [ = Kirchweih] offt häuffig einfinden, und meynen grosse Hansen zu seyn, solte man entweder die Hauß-Thür verriglen, oder ihnen ein Schloß vor das Maul legen . . . Es lasset sich wohl zu Zeiten bey der Mahlzeit ein Schnacken oder lustiger Einfall zur Ergetzung der Gemüther vorbringen; aber schändliche und ärgerliche Zotten heraußstossen und dergleichen ungereimte Lieder singen, ist wider Gott und den nächsten und bleibt selten ungestrafft." Wie das Erzählen in den Wirtsstuben blühte, bezeugt eine 237 238 239

CO

Judas IV, 353. Lugenschmid I, 319. Fest. 273. Zum Erzählen bei Tisch vermerkte HERBERGEH, Buch Sirach 1056: „Vor Zeiten erzehlte man Historien über Tische nach der Reihe, der keine wüste, muste in Sack kriechen."

68

Einführung

Stelle im „Centifolium stultorum" : 240 „In Holl- und Engelland, Westphalen, Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Dännemarck, Schweden, Pohlen, Schlesien, Böhmen und Bayren giebt es die grösten Tabacks-Zunfften, deßgleichen auch zu Wien in denen Bier-Häusern, allwo nicht allein allerhand ausländisches Bier, sondern dergleichen Lands-Leut in der Menge sich einfinden: Da gehet es mit dem Messer so wohl, als der Zungen, an ein Aufschneyden, da siehet man allerhand Possen, da höret man allerley Zeitungen, Schertz, Schimpff, Lugen und wenig Wahrheiten, wie mans haben will. Und je mehr sie Tabadc und Bier trincken, je mehr wissen sie zu erzehlen, mancher kommt auf fünff biß sechs Pfeiffen, darzu so viel Halb Bier nicht klecken, dann weiß einer von Schweinfurt, der ander von Ochsenfurt, der dritt vom Venusberg, der vierdte von Straubing, der fünffte von Kandlberg, der sechste von Nassau, der siebende von Passau etc. zu discurieren, hernach fangen sie an zu singen, daß die Notten unter dem Tisch umbspringen, und machen eine solche Harmonie, daß einem Ohren und Zähn wehe thun, dann dieser ist ein Schwab, der ander ein Böhm, der dritte ein Schweitzer, der vierdte ein Schlesinger, der fünffte ein Steyrer, der sechste ein Sachs und so fort, welche alle ein Melodie und Text, in eines jeden Mutter-Sprach intoniren, und muß wohl einer vom andern selbst toll und voll werden . . . " Eine hübsche, wenn auch vom Predigerstandpunkt aus negative Beschreibung von der Erzählgemeinschaft im häuslichen Bereich gibt Wolfgang Rauscher.241 Er erwähnt, daß die Hausmutter die Mägde beim Spinnen nach dem Nachtessen der Schläfrigkeit wegen zum Singen auffordere und wünscht, es wären „geistliche Gesänglein" und keine „Buel-Lieder". Weiter heißt es: „Auff dem Land setzt man sich Winterzeit auch zusammen: Der Baur kliebt Spän, der Knecht schmiret die Stiffel ein, die Bäurin, Kinder und das überige Gesind am Tisch schelen Rüben und machen Schnitz. Es seynd aber bißweilen grobe Schnitz genug, nemblich unflätige Zotten, allerhand aberglaubige Possen, Mährlein und Fabelwerdc, die sie waiß nit wo auffgegabelt haben . . . " Das Märdien im eigentlichen Sinn war für die Predigt am wenigsten geeignet, von einigen Schwankmärchen abgesehen, die den Osterpredigten den gewünschten heiteren Akzent geben konnten. Nach der Art, wie Strobl die Geschichten vom listigen Schmied (nr. 120) oder vom Gevatter Tod (nr. 121) oder — nach antiker Quelle — das Märchen vom Brautwettlauf242 erzählte, wie Wolff sein „Tapferes Schneiderlein" (nr. 67) oder Pater Abraham243 seine Version vom „Doktor Allwissend" zum besten gaben, wären die Prediger vorzügliche Märchenerzähler gewesen, hätten sie dergleichen Phantasiegebilde in ihren Kanzelreden nur nutzbar machen können. Die Auslegung oder „Appli240 241 242

243

S. 334. Fest. II, 134. Nach der 10. Metamorphose des Ovid in: Geistl. Kurtzweil 24 ff. Textwiedergabe und Nachweise in BayerJbfVk 1957, 136 u. Anm. 71. ABRAHAM, Judas II, 438 ff. = Etwas f. Alle III, 735 f.; vgl. ATh 1641, BP 2, 402.

Märchen- und Novellenstoffe.

Die

69

Quellenfrage

catio moralis" solcher Erzählungen, deren einige im Kommentar wiedergegeben sind, waren abstrus genug. An Novellenstoffen

endlich begegnen einige immer wieder: Genovefa, 244

Griseldis, 245 Ita von Toggenburg (nr. 160) oder Ansberta (nr. 265), die durchwegs zum Typ der unschuldig verfolgten F r a u gehören und auch als Schauspielstoffe auf Jesuitenbühnen und Volkstheatern sehr beliebt waren. 2 4 6 Andere Volksbuchstoffe wurden dann und wann, aber eher abfällig als verwerfliche weltliche Lektüre erwähnt, wovon gleich noch die Rede sein soll. *

Aus dem Sammelsurium an literarischen Quellen, die die Prediger am Rande ihrer Diskurse in zunächst oft rätselhaften Abkürzungen vermerkten, könnte man schließen, daß sie alle von einer atemberaubenden Relesenheit gewesen wären. Tatsächlich fanden sich in Kloster- und Studienbibliotheken, zuweilen auch in Pfarrbüchereien bedeutende Schätze älterer und zeitgenössischer Literatur, 244

245

FABER, H i s t o r i e n - P r e d i g e r

1 3 7 f f . ; LUCIANUS MONTIFONTANUS I I I , n r . 6 ;

ATHANA-

SIUS v. DILLINGEN, Weinberg II, 29 u. (kurz erwähnt) 219; HELBIG, Anatomia II, 88 ff. Die Überlieferung ging in diesem Bereich über Michael Staudacher und Raderus zu PEXENFELDER, Concionator historicus I, nr. 32, S. 311, MASENIUS, Utilis curiositas 330 ff. und MARTIN V. COCHEM, History-Buch I, 597. Meist unter Berufung auf Petrarca bei ATHANASIUS V. DILLINGEN, Weinberg, Dom. 6 1 ff.;

MAURITIUS NATTENHUSANUS,

Fest.

I, 8 5 5 ;

ABRAHAM A S . CLARA,

Gemisch-

Gemasch 173 f.; STROBL, Zusatz zum Karten-Spihl, Anhang 60 f.; TALLER, BauemPrediger

2 2 6 ff.;

OBERLEITNER

9 2 7 f f . ; WENZ, E x e m p e l b u c h 246

41 ff.

S.

a.

MARTIN v .

COCHEM,

History-Buch

6 5 9 . V g l . KÖHLER 2, 5 0 1 u n d die N a c h w e i s e

I,

zu

ATh 887. Über Exempelstoffe im geistlichen Spiel äußerte sich einmal CHRISTOPH SELHAMER, Tuba clementina, Fest. 426: „Wo man geistliche geistreiche Spil hält, da trägt man lOOfältigen Frucht darvon, da haben sich alle, so darzu helffen, dort eines sonderen Lohns, bei Gott einer sonderen Gnad zu getrösten. W o es durch und durch andächtig auferbaulich hergeht, da därf ich wol sagen, wird vilfältig weit ein größerer Frucht bei der Gmain erhebt, als durch ein Klafter-lange PassionPredig. Warum diß? wir Menschen sein also genaturt, daß wir weit mehr den Augen glauben als den Ohren, spricht S e n e c a . . . In Predigen hört man nur die liebe Warheit, spilt man aber die Predig, so hört man und sieht die Warheit zugleich, drum hat ein H. Spil ein grösseren Nachtruck als ein Predig, diß war eben die Ursach, warum vor Jahren ein so großer Zulauff des Volcks nach Insbrugg war, weil Andreas Bruner dazumal Fasten-Prediger vor sein FastenExempl Predig-Weiß auf der Cantzel erzehlt, und gleich drauf eben das Exempl in ein teutsches Spil der Gmain nachtrucklich vorgehalten. Das Predig-Exempl wehrete ein halbe Stund, das Spil drauf ein Stund. Das hat den Bruner so berühmt gemacht, daß eisgraue Bauren noch heut von disem mächtigen Prediger singen und sagen. All seine andächtige Spil sein zu Insbrugg vor disen, jetzt auch zu München neugetruckt worden, worin sich alle Liebhaber diser mühsamen Andacht erkundigen könen." Vgl. dazu GEORG ELLINGER, Die Dramata sacra des Andreas Brunner, in: ZsfvglLitgesch 5, 1892, 75 ff. und die Nachweise zu nr. 5, 38, 72, 160, 256, 265.

70

Einführung

und bei manchen Predigern, wie etwa bei Rauscher oder Ertl, zeichnen sich die Lesefrüchte eines ganz persönlichen, vielseitigen Interesses deutlich ab. Im ganzen aber braucht man die Kanzelredner nicht zu überschätzen. Sie schöpften den Stoff für ihre Predigten wohl vorwiegend aus thematisch geordneten Handbüchern, die ihrerseits wieder mit Zitaten gespickt waren, notierten aber, den Gepflogenheiten ihrer Zeit entsprechend, gern die älteste der angegebenen Quellen. Wenn man die Zitate konsequent verfolgt, verringert sich die Zahl der Bücher, die sie mit einiger Wahrscheinlichkeit selbst in der Hand gehabt haben, beträchtlich.247 Hier können freilich nur solche genannt werden, die für die Erzähltradition von besonderer Bedeutung waren. Auffallend ist zunächst, wie stark die mittelalterliche Exempelüberlieferung in der Barockpredigt nachgelebt hat, ja es scheint, als habe man den im Geistigen und Religiösen allzu bewegten Zeitraum der Reformation zu überbrücken gesucht und ganz bewußt wieder dort angeknüpft, wo noch eine breite, für unanfechtbar gehaltene Tradition vorhanden war. Die meisten Quellenangaben beziehen sich auf berühmte Namen wie Jacques de Vitry, 248 Thomas Cantipratanus, Jacobus de Voragine, Caesarius von Heisterbach oder Vincentius Bellovacensis, die ja, bezeichnenderweise ein- und derselben Generation um die Wende zum 13. Jahrhundert angehörend, nach den bis dahin bescheidenen Ansätzen das eigentliche tragfähige Fundament der europäischen Exempelliteratur geschaffen haben. Welche Ausgaben die Barockprediger für ihre Zwecke benützten, läßt sich bei der weiten literarischen Verbreitung aller einigermaßen gängigen Erzählungen kaum feststellen. Man fand sie oft genug zitiert in den schon im 14. Jahrhundert entstandenen, handlicheren, vielfach alphabetisch geordneten Exempelsammlungen, wie der Summa praedicantium des englischen Dominikaners John Bromyard, der mehr als 1000 geistliche und weltliche Erzählungen zusammengetragen hat, in der noch häufiger genannten „Scala celi" seines südfranzösischen Ordensbruders Johann Gobi Junior, im Promptuarium exemplorum des zumeist als „Discipulus" zitierten Johannes Herolt, schließlich im Speculum exemplorum, das meist in seiner späteren, erweiterten Ausgabe, dem Magnum speculum exemplorum des Joannes Maior, benützt wurde. Dies nur die häufigst zitierten Kompendien dieser Art. Zuweilen wurden auch Exempel aus spätmittelalterlichen Predigten übernommen, so aus den Werken des Pelbartus von Temesvar, des Gotschalcus Holen oder des berühmten Italieners Bernadinus von Siena. 249 Die an Exempeln reichen Schriften des hl. Gregorius von Tours oder des hl. Antoninus von Florenz waren gern zitierte Quellenwerke. Für die mittelalterliche Legenden247

248

249

Vgl. etwa die Zusammenstellung der Quellen Abrahams bei MICHEL, 68 ff., die der Prediger wohl zitiert, die wenigsten aber nachweisbar im Original benützt hat. Die vollen Titel der im folgenden zitierten Ausgaben und Werke finden sidi im Quellenverzeichnis II, bzw. im Kommentar. Eine volkskundliche Auswertung unternahm THEODOR ZACHARIAE, Abergläubische Meinungen und Gebräuche des Mittelalters in den Predigten Bemardinus von Siena, in: ZsfVk 22, 1912, 113 ff. 225 ff. Zum Fabelgebrauch dieses Predigers vgl. SEEMANN, Hugo v. Trimberg 21.

Mittelalterliche Exempelsammlungen.

Jesuitenliteratur

71

Überlieferung bezog man sich meist auf die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Quellen dieser Art wurden mit Ehrfurcht behandelt. Rauscher290 vermerkte einmal: „Solches erzehlt Caesarius Heisterbachensis, so ich fast mit aignen Worten des Auetors gibe . . . " Allerdings war das durchaus nicht immer der Fall. Die Freiheit der Erzählform, die im Barode zu genrehaft ausgesponnenen Schilderungen führen konnte, lag ja im Sinn der alten Exempelschreiber, die Motive und Morallehren in knappster Form boten, um dem Prediger die mündliche Ausgestaltung der Erzählung dem Anlaß entsprechend anheimzustellen.251 In bezug auf den Inhalt aber hielt man sich streng an die Tradition, man verwarf jede eigenmächtige Veränderung und übte zuweilen sogar Quellenkritik, wie beispielsweise der schon erwähnte Jesuit Knellinger252 zu einem seiner Fastenexempel bemerkt: „Vor mehr als zwantzig Jahren hab ich eine in den Drude gegebene Histori gelesen, welche für wahrhafft verkauffet worden und ich auch gar gern für ein öffentliche Exempel-Predig erwählet hatte. Da ich aber bey demjenigen Schrifft-Steller nachgeschlagen, auf welchen mir der andere, als auf den ersten Verfasser diser Geschieht, gleichsam mit dem Finger gedeutet, hab ich mich in Wahrheit ab solchem Anblick befremdet, und mich aber der Keckheit dises so frey auslauffenden Erzehlers nicht gnugsam verwunderen können. Dann ob er schon nichts von denen Sachen hineingerucket, welchen zwischen uns Catholischen und Sectierern strittig seynd, so hat er doch in dem übrigen gewaltig vil, so in der Histori nicht befindlich, nebenher lauffen lassen. Wann es aber also gelten solte, so wurde es gewiß nicht so vil Lesens und Umbsuchens brauchen, ein taugsame Geschieht zu finden, dann aus einer jeden liesse sich mit hinzudichten alles machen . . . " Eine zweite, zeitlich näherliegende und darum auch noch unmittelbarer wirksame Quellenschicht für das Exempelgut in der Barockpredigt bot das erbauliche Schrifttum der Jesuiten aus der Zeit um und nach 1600. Zum mittelalterlichen Erbe, das auch hier noch recht lebendig war, kamen neue Geschichten, etwa wunderbare Erlebnisse von Ordensbrüdern, meist genau datiert und lokalisiert, wie die Schutzengelgeschichte nach dem Bericht das Spaniers Andrada von 1604 (nr. 72), das merkwürdige Erlebnis des unter Räuber geratenen Studenten (nr. 203) oder die Erzählung von der Bekehrung eines Türken vor einer Weihnachtskrippe in Neapel von 1641 (nr. 137); dann Legenden neuer Heiliger, Missionsberichte aus fremden Erdteilen, auch manches Sagenhaft-Chronikalische, und dazu ein für die Barockpredigt ungeheuer wichtiger Motivbereich, der in der alten Exempelüberlieferung fehlt: die Hexengeschichte in all ihren Spielarten, die mit dem Hexenwahn und den Hexenprozessen aktuell geworden war. 250 251

252

Fest. 1,341. Vgl. CRANE, Mediaeval Sermon-Books, 2. Teil (1917) 388: „In the most of the greatest exempla-collections . . . the stories are told in a dry, Condensed form, and seem more like memoranda to be expanded at the preachers will." KNELLINGER, Lait- und Schröck-Stern, Vorrede.

72

Einführung

Noch relativ sparsam ging der zu seiner Zeit wohl berühmteste aszetische Schriftsteller der Societät, Hieremias Drexelius, mit dem Exempel um. Geboren 1581 zu Augsburg, Ordensmitglied seit 1598, versah er 23 Jahre lang die Hofkanzel in München. 253 Seine in viele Sprachen übersetzten lateinischen Traktate, die auch in deutscher Gesamtausgabe erschienen, sollen Auflagen bis zu 100 000 Exemplaren erreicht haben. In ihrer komplexen, mit aller Gelehrsamkeit der Zeit vorgetragenen Thematik haben sie zweifellos wesentlich zum weitläufigen Gebäude des barocken Weltbildes beigetragen. Volkstümlich gibt sich Drexelius in seinen Schriften selten. Doch erweist er sich im Traktat vom „Zungenschleiffer", dessen heiterer Grundton ihm die Verwendung lustiger Märlein angebracht erscheinen ließ, als recht begabter, zuweilen sogar humoriger Erzähler. Auf dieses kuriose Werk in drei Kleinoktavbändchen haben die Prediger sidi hernach gern berufen. Drexelius starb 1638. Bald danach legte sein nur wenige Jahre jüngerer, ebenfalls aus Augsburg gebürtiger Ordensbruder Georgius Stengelius (1585 bis 1651), der als Lektor zu Ingolstadt und als weithin bekannter Prediger in München wirkte, 254 seine große Traktatsammlung „De judiciis divinis" vor, vier stattliche Foliobände, die schon den Themen nach weit weniger abstrakt und im ganzen Tonfall auf Gemeinverständlichkeit angelegt waren. Sie sollten zum wichtigsten Quellenwerk für die volkstümliche Predigt der nächsten hundert Jahre werden. Noch 1712 wurde eine vollständige deutsche Ubersetzung für notwendig erachtet. Tatsächlich dürfte die Fülle des Stoffes kaum jemals auszuschöpfen gewesen sein. Dazu fanden die Prediger, wie in den meisten Werken dieser Art, umfangreiche Register mit Hinweisen auf die empfehlenswerte Verteilung der Themen auf ihre Sonn- und Feiertagspredigten. Alle, vom Hofprediger Abraham a Sancta Clara bis zum Dorfpfarrer Oberleitner, haben Stengel ausgiebig zitiert. Welche Bedeutung dem erzählerischen Element in diesen Traktaten beigelegt wurde, beweist das spezielle Register der „Historien und denkwürdigen Begebenheiten" in jedem Band; die Stichwörter gehen jeweils in die Hunderte. Stengel hat, wohl aus seiner Kanzelerfahrung, gern und gut erzählt, und zwar Predigtmärlein jeglicher Gattung. Die Prediger dürften manches mittelalterliche Exempel nur aus der Fassung bei Stengel gekannt haben, und eine ganze Reihe ihrer besten Schwanke gehen eindeutig auf ihn zurück oder sind zumindest von ihm vermittelt worden. Eine eigene Studie über Stoffe und Quellen dieses ungewöhnlich begabten Jesuiten wäre eine ebenso notwendige wie lohnende Aufgabe für die Erzählforschung. Quellen von Bedeutung waren auch die Werke des niederländischen Jesuiten Henricus Engelgrave (1610—1670), 2 5 5 der in seinen z. T. schon als Predigten DE BACKER-SOMMERVOGEL 3, 181 ff. (dort jeweils auch vollständige bibliographische Angaben). Vgl. auch KARL PÖBNBACHER, Jeremias Drexel, in: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 8, 1963, 228 ff. 254 Ygi D e judiciis divinis, zit. Ausg. I, 55, Vorrede des Übersetzers. 253

255

DE-BACKER-SOMMERVOGEL 3 , 3 9 4 f f .

Exempelbücher

und didaktische Unterhaltungsliteratur

73

ausgearbeiteten lateinischen Diskursen außer Exempeln auch heitere Geschichten verwendete, oft dieselben wie Stengel, denn auch in diesem Literaturbereich galten Anleihen da und dort für durchaus erlaubt. Eine Fülle von Exempeln und Fabeln enthält das vielzitierte Traktatwerk „Wunderspiegel" des aus Elwangen gebürtigen Augsburger Predigers Benignus Kybler (1612 —1675), 2 5 6 das z. B. Andreas Strobl ganz offensichtlich in seiner Handbibliothek stehen hatte. Eine beliebte Sammlung mit vielen Beispielen zu jedem moralpädagogischen Thema war der „Paedagogus christianus" des französischen Jesuiten Philipp D'Outreman (1585—1652), die in vielen Auflagen in französischer, lateinischer und deutscher Sprache erschien. Ein neues Exempelbuch bot auch der Niederbayer Michael Pexenfelder (1613—1685) 257 mit seinem „Concionator historicus", einer speziell den Predigern zugedachten Sammlung von 150 weitläufig kommentierten geistlichen Erzählungen, davon viele, den alten Beziehungen des Ordens entsprechend, nach spanischen Quellen. Drexel, Engelgrave und Pexenfelder wurden sogar als durchaus achtbare Autoritäten von dem Protestanten Christian Scriver 258 zitiert. Auch sonst haben die Jesuiten Stoffsammlungen und Nachschlagewerke geschaffen, die die Prediger gern benützten. Für alle Fragen der lokalen Heiligenlegende beispielsweise, für die allgemeine hagiographische Werke wie der vielzitierte Surius nicht ausreichten, war die „Bavaria Sancta" des Mathäus Raderus zuständig, für die Marienlegenden im besonderen der „Atlas Marianum" des Guillelmus Gumppenberg. Für Erörterungen über den Aberglauben, über das Hexenwesen und dergleichen wurde fast stets das seit 1599 immer wieder aufgelegte Werk „Disquisitionum magicarum libri sex" des Niederländers Martin Delrio (1551—1608) 259 herangezogen. Viele Teufels- und Hexengeschichten in barocken Predigten sind unmittelbar daraus entnommen. 260 Eine Quellengruppe besonderer Art boten ferner die Jesuitendichter mit ihren didaktisch-moralisierenden Unterhaltungsbüchern, die allerlei Schwänke, Anekdoten und Fabeln enthielten. Sie mußten den Predigern besonders willkommen sein, weil sie damit ihre Erzählerfreude mit Zitaten anerkannter Autoritäten bemänteln konnten. So lieferte etwa der berühmte Dramatiker der Jesuitenbühne Jacob Bidermann (1578—1639) 261 in seinen „Acroamatum academicorum libri tres" (ediert 1642) eine weitausgesponnene Fassung der Fabel 256 257 258

259

260

261

Ebenda 4,1032. Ebenda 6, 642 ff. Vgl. z . B . Seelen-Schatz I—III, 82, 129, 144, 459, 815; III—VI, 157, 348f., 913, 929. Wendungen wie „Ein berühmter Jesuit b e r i c h t e t . . . " sind nicht selten. DE BACKER-SOMMERVOGEL 2, 1894 ff. Die letzte Auflage des Werkes erschien noch 1755. Auf die Bedeutung der Werke von Delrio und Stengelius für die mündliche Volksüberlieferung verwies schon ALBERT WESSELSKI, Probleme der Sagenbildung, in: SAVk 35, 1936, 131 ff. D E BACKER-SOMMERVOGEL I, 1 4 4 3 ff. Vgl. auch MÜLLER, D a s J e s u i t e n d r a m a 43

ff. 2, 16 ff.

1,

74

Einführung

vom Undank der Welt (vgl. nr. 126), die sich später in den Predigtwerken — meist unter Berufung auf Bidermann — in zehn, dennoch stilistisch, voneinander abweichenden Fassungen wiederfindet. Eine Reihe guter Schwänke brachte Bidermann in seinem von Stengelius edierten heiteren Bändchen „Utopia Didaci Bemardini" (1645), das eine abenteuerlich-närrische Reise dreier Jünglinge beschreibt, die sich unterwegs selbst noch mit allerlei Geschichten unterhalten, eine Form der Rahmenerzählung, die Dalhofer in seinen Ostermontag-Predigten nachgeahmt hat. Die deutsche Übersetzung der „Utopia" von Christoph Andrae Hörl, „Bacchusia oder Faßnacht-Land . . . " betitelt, hat Strobl, nach manchen wörtlichen Ubereinstimmungen zu schließen, ausgiebig benützt. Mehrfach zitiert findet man auch die Werke des rheinländischen Jesuiten-Schriftstellers Jacob Masenius (1606—1681), 262 vor allem das Bändchen „Utilis curiositas de humanae vitae felicitate". Kuriose Stoffsammlungen lieferte der Italiener Menochio in seiner auf zwölf Bände zu je hundert Kapiteln angelegten „Nutzlichen und sehr gelehrten Zeit-Vertreibung" (deutsche Ausgabe 1695 ff.). Ein rechtes Fabel- und Schwankbuch, wenn auch mit einigen geistlichen Historien und Morallehren verbrämt, war die zweibändige, je hundert Erzählungen umfassende Sammlung des neapolitanischen Predigers Carlo Casalicchio (1626—1700) „L utile col dolce" (1671), in deutscher Übersetzung erschienen 1702—1705. Hier hat z. B. Dalhofer, der sich einmal ohne Namensnennung auf einen gelehrten Italiener beruft, manche Anleihen gemacht. Natürlich haben auch andere Orden zur Exempelüberlieferung des 17. Jahrhunderts beigetragen. Eine Reihe von mirakulösen Erzählungen, deren Glaubwürdigkeit auch wiederum durch Angaben von Namen und Daten bekräftigt war, übernahmen die Prediger aus den Annalen des Kapuzinerordens, oft auch unter dem Herausgeber Zacharias Boverius zitiert. Ein ausgesprochenes Exempelbuch mit viel mittelalterlichem Gut, etwa der Sammlung Pexenfelders vergleichbar, jedoch in deutscher Sprache, lieferte der Paulaner Vitus Faber mit seinem „Teutschen Historien-Prediger" (1684), der alphabetisch geordnet „geistliche und weltliche Historien, wie auch sittliche Fabeln und PoetenGedicht" enthält. Er hatte sie „zu einem sonderbahren Nutzen und Beyhülff allen eiffrigen Predigern" gewidmet. Als Haus- und Lesebuch gedacht, aber gleichfalls bei den Kanzelrednern sehr beliebt war das berühmte, in vielen Auflagen erschienene „History-Buch" des Kapuziners Martin von Cochem,263 dessen ausführliche Fassungen der „Griseldis" und der „Genovefa" später in Volksbuchdrucken weite Verbreitung fanden. Nicht zugänglich war mir bisher der öfters zitierte „Geistliche Lust- und Histori-Garten" von 1685, eine offenbar anonyme Sammlung mit dem üblichen Sammelsurium an Erzählungen 262

263

D E BACKER-SOMMERVOGEL 5, 681 ff.; N. SCHEID, Der Jesuit Jakob Masen, ein Schulmann und Schriftsteller des 17. Jhts., Köln 1898; M Ü L L E R , a. a. O. 30 ff. Vgl. H. STAHL, P. Martin v. Cochem und das „Leben Christi", Bonn 1909; JOH. CHRYSOSTOMUS SCHULTE, P. Martin v. Codiem 1634—1712, sein Leben und seine Schriften, Freiburg 1910.

Äsopischer Fabelkreis und Reineke Fuchs

75

verschiedenster Art. Ein beliebtes Nachschlagewerk allgemeineren Charakters war das siebenbändige Foliowerk „Magnum Theatrum vitae humanae" des Antwerpener Archidiacons Laurentius Beyerlinck (1578—1627), 2 6 4 eigentlich eine erweiterte Ausgabe des gleichnamigen Werkes von Theodorus Zwingerus (1533—1588), eine Art Universallexikon mit alphabetisch geordneten Stichworten, wovon jedes definiert und mit einer Etymologie, einer Sammlung von Zitaten aus antiker, christlich-theologischer und historischer Literatur, auch den entsprechenden Exempeln, Legenden, Anekdoten, Fabeln usw. versehen ist. Dies sind, wie gesagt, nur die wichtigsten Werke aus dem Bereich der geistlichen Literatur, die den Predigern des Barock Erzählgut vermittelt haben; selten oder nur vereinzelt zitierte Werke finden sich jeweils in den Quellenangaben des Kommentars. Im Bereich der Fabelüberlieferung ist die Quellenfrage verhältnismäßig einfach. Zwar lassen sich die unmittelbaren Quellenwerke bei den Ausmaßen dieser von alters her so beliebten, auch speziell in Klöstern und Klosterschulen gepflegten Literaturgattung 285 und der Unzahl an Ausgaben der einzelnen Fabelbücher kaum noch feststellen, zumal ja auch die Exempelsammlungen Fabeln enthielten. Vieles war gewiß so sehr Allgemeingut und den Predigern von der eigenen Schulzeit her vertraut, daß sie kaum lang Bücher wälzen mußten. Ob hier oder dort entlehnt, letzten Endes stammen die Fabeln doch fast durchwegs aus dem Kreis der äsopischen Tradition oder des Reineke Fuchs. Auch die Vita Aesopi, 288 damals noch nicht als Fiktion angesehen, war offenbar allgemein geläufig; er wurde als „wunderbarlicher Fabelhans", 2 8 7 als ein „gar badcschieriger Abentheurer Mensch" 2 8 8 bezeichnet, dann wieder als Prototyp eines Verunstalteten „ein häßliches Faßnacht-Gesicht" 2 8 9 genannt, seine pfiffigen Aussprüche jedoch wurden gern wiedergegeben (vgl. nr. 148, 149, 223), wenn auch seine Geschichten durchaus nicht immer ernst genommen: „Ein fliegende Hirngespunst beschreibet in seinen lehrreichen Fabeln der sittliche Fatz-Mann Aesopus . . .", 2 7 0 so lauten etwa die Zitate. Wesentlich komplizierter liegen die Fragen bei der Schwanküberlieferung. Die Prediger machen hier nur ganz selten konkrete Angaben über ihre Quellen. Einige Stücke, so etwa die Typen vom widerspenstigen Eheweib (nr. 33, 78), die Geschichten von der verbotenen Schüssel (nr. 14), von den drei Faulen (nr. 191), von der Speckseite am Stadttor (nr. 194) oder von der „Witwe von Ephesus" (nr. 132) fanden sich schon in den mittelalterlichen Sammlungen, ein Vgl. JÖCHER, Gelehrten-Lexikon 1, 922 f. Beyerlinck war 1578 zu Antwerpen geboren, studierte bei den Jesuiten in Löwen, war 1605 Direktor des Priesterseminars in Antwerpen und starb hier als Archidiacon 1627. 2 6 5 Vgl. GRAF, Reinedce Fudis 21, 30; SEEMANN, Hugo v. Trimberg 20 f. 266 Vgl. STEINHÖWELS Aesop, ed. v. Oesterley 38 ff. 261

267

283

BRINZING, D o m . I , 7 8 .

PROKOP v. TEMPLIN, Triennale Dominieale Primum 267.

289

STAUDACHER I , 1 5 .

270

ERTL, Tolle Lege, Dom. 397. Vgl. auch S. 57.

Einführung

76

anderer guter Teil, wie gesagt, in der Jesuitenliteratur, die allerdings auch wiederum als weitgehend sekundäre Quellenschicht anzusehen ist. So bleibt die Frage nach der direkten Übernahme aus der profanen Schwank- und Unterhaltungsliteratur. Die Zahl der dafür in Frage kommenden Bücher erfährt von vornherein eine gewisse Einschränkung. So fallen die Schwankbücher des 16. Jahrhunderts als unmittelbare Quellen ziemlich sicher aus, auch wenn sich zahlreiche von Bebel, Pauli oder etwa Montanus her bekannte Erzählungen in den Predigten wiederfinden. Es handelt sich dabei wohl wiederum um Allgemeingut der Schwanküberlieferung. Paulis „Schimpf und Ernst" stand bei den Katholiken auf dem Index verbotener Bücher, 271 von den derb-obszön untermischten Sammlungen wie denen des Montanus und seiner Zeitgenossen ganz zu schweigen. Die Prediger äußerten sich selbst oft so abfällig über diesen beim Volk beliebten Lesestoff (wobei freilich mancherlei in einen Topf geworfen wurde), daß sie dergleichen kaum für die Vorbereitung ihrer Kanzelreden hätten verwenden können. So schrieb Pater Rauscher272 in einem eigens diesem Punkt gewidmeten Diskurs: „In die Zahl böser verbottner Bücher gehören erstlich etliche Chartecken, welche lustige Fabeln, artliche Schwende, beynebens aber auch grobe unflättige Zotten und Possen in sich begreiffen, so der Erbarkeit und gutten Sitten nachtheilig seynd: warzu ungehoblete Leuth lachen, ein ehrliches Gemüth aber zöhrnet und schamrot wird. In diser unsauberen Materi hat der so genannte Eulenspiegel leichtlich das prae, der anderen seines gleichen Gassen-Rauppen die Feder gespitzet hat. Luther in seinen Tischreden sticht am nechsten hinzu, dann jhm weder der Rollwagen, noch das Wünschhüttlein Fortunati, noch einiges anderes Unflätters mit bekannten Schrifften das Wasser bieten. So ja den Lutheranern ein ewiger Spott ist . . . Die Eulenspieglerische Sprach zu erlehrnen, bedarff man keiner Bücher: die Bawren Knecht lehrnen sie, mit Gunst zu melden, bey dem Mistauffladen . . . " „Eulenspiegel", der „Rollwagen" und „Amadis" waren offenbar Schlagworte für verwerfliche Literatur. So spricht Drexelius 273 „von Rollwagen, vom Ritter Galmi, vom Amadiß und dergleichen liederlichen Fabeln", der Karmeliter Archangelus a S. Georgio 274 über unflätige Lieder „von der Schäfferey, von Amatist, von Roll-Wagen und was dergleichen mehr . . . " Balthasar Knellinger 275 zählte seinen Zuhörern ihre ganze sündige Lektüre auf: „Wie lisest du? Ist nicht dein Hand-Buch Macchiavellus, Rablaeus oder ein anderer diesen fast ungleichen Tugend-Feind? Lisest du nicht den Eulenspiegel, den Doctor 271

2,2

273

Vgl. BOLTE zur Ausgabe von Pauli 2, 38. Am ehesten dürfte nach KIRCHHOFS Wendunmuth als unmittelbare Quelle in Frage kommen. Dom. I, 182. Den „Wunschbeutel des Fortunatus" erwähnt auch ATHANASIUS V. DILLINGEN, Campus elysius 335. Zungenschleiffer II, 387.

274

S. 4 2 4 .

275

Dom. I, 393.

Schwankbücher und anderer volkstümlicher Lesestoff

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Faust, den Amadis, die verliebte Jüdin, den schmutzigen Ovidium de Amore, die Schäfferey oder andere dergleichen leichtfertige Liebs-Gedicht?" Es war wohl nicht allein die Derbheit, die den Predigern den Gebrauch vieler Schwankbücher verleidete, sondern oft auch deren Herkunft aus protestantischer Feder, die sich nur zu gern am Pfaffen- und Papistenspott weidete. 216 Darum hielten sie sich — sofern ihre geistlichen Quellen nicht überhaupt ausreichten — vorwiegend an die neueren Schwankbücher aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, die sich oft ausdrücklich als „gereinigt" bezeichnen. Der „Kurtzweilige Reyßgespan" von Talitz von Liechtensee (1645) war eine mit Vorliebe benützte Sammlung dieser Art. Wolff hat darin nach eigener Angabe die Vorlage für seine Schneider-Schwankmärchen, die wiederum auf das niederländische Schwankbuch vom „Geist des Jan Tambaur" zurückgehen, gefunden. Auch Strobl und Mauritius haben dort, wie sich aus Textvergleichen ergibt, Anleihen gemacht. Ferner dürften die „Apophtegmata" von Zinkgref-Weidner und der „Neuaußgebutzte kurtzweüige Zeitvertreiber" von C. A. M. v. W. (1685) in den Händen mancher Prediger gewesen sein. Selhamer nennt einmal ausdrücklich die „Schola curiositatis" (um 1660), eine vorwiegend lateinische, von deutschen Sentenzen unterbrochene Sammlung von Witzen, Anekdoten und Aphorismen. Amandus von Graz erwähnt den „Democritus ridens" (1649). Manche von den Predigern benützte Schwankbüchlein mögen sich noch finden, andere auch verschollen sein. So hat sich z. B. eine um 1690 erschienene Sammlung „Biblisches Bilderbanquet", aus der Birlinger zwei Erzählungen abgedruckt hat, die sich wörtlich bei Strobl (nr. 95, 121) wiederfinden, trotz vieler Bemühungen nicht aufspüren lassen. Es wäre denkbar, daß es sich um ein anonymes oder noch unbekanntes Werk von Strobl selbst handelt. Im übrigen darf man wohl gerade im Bereich des Schwankes mündliche Quellen in Betracht ziehen.

Um das Weiterwirken des barocken Kanzelworts und damit auch des Predigtmärleins jener Zeit abschätzen zu können, muß man sich zunächst die Verbreitung der Predigtwerke vor Augen halten. Schon die vielfach rasch aufeinander folgenden Neuauflagen und manche spätere Gesamtausgaben sprechen für einen lebhaften Bedarf an Predigtsammlungen, denn auch damals waren die Verleger gute Geschäftsleute und mußten Angebot und Nachfrage im rechten Gleichgewicht halten. Daß die eifrigen Skribenten selbst Interesse an den Neuerscheinungen ihrer Amtsbrüder hatten, kann man aus den wechselseitigen Zitaten und aus Textvergleichen ersehen. Abraham a Sancta Clara z. B. galt sehr bald unter seinen Zeitgenossen als Autorität; vor allem sein Hauptwerk, „Judas der Ertz-Schelm", wurde teils mit, teils ohne Quellenangabe ausgiebig zitiert. Auch sonst lassen sich mancherlei Abhängigkeiten der Predigtschriftsteller untereinander fest276

Vgl. GUMBEL, Schwankliteratur 305.

78

Einführung

stellen. Albert Steffan hat einige Erzählungen von Leo Wolff übernommen, Oberleitner hat ganz offensichtlich die thematisch verwandten Werke Selhamers und Tallers benützt, während dieser sich wieder gern auf seinen Ordensbruder Trauner berief. Der Karmeliter Pacificus a Cruce und der Benediktiner Casimir Moll brachten wörtlich Ostermärlein von Strobl, und der Rhöner Pfarrer Conlin hat Abraham und Strobl recht unbedenklich für seine Narrenbücher ausgeschlachtet. Die neuen Exempel-Bücher des 18. Jahrhunderts, die nun vor allem für den Gebrauch in der Kinderlehr bestimmt waren, stützten sich zu einem guten Teil auf das Material der Barockpredigt. Der als regulierter Chorherr zu Oeningen bei Stein am Rhein zeichnende Dominicus Wenz brachte in seiner Sammlung viele Fabeln und Ostermärlein von Rauscher, das Exempel-Buch des Aufkirchener Pfarrers Martin Prugger, das 1761 in 8. Auflage erschien, griff nicht nur auf das bewährte mittelalterliche Gut, sondern auch auf Erzählungen von Ertl u. a. zurück.277 Noch 1747 gab der Weingartener Benediktiner Wilibald Kobolt seine Sammlung „Schertz und Ernst" heraus, ein geistlich verbrämtes Schwank- und Fabelbuch, das noch einmal das beliebte Predigterzählgut der Barockzeit zusammenfaßte. So ist schon auf Grund dieser literarischen Tradierung mit einer erheblichen Breitenwirkung des vorliegenden Materials bis weit ins 18. Jahrhundert zu rechnen. Bedeutende Sammlungen barocker Predigtliteratur besaßen natürlich die Klosterbibliotheken. Aus den Bücherlisten, die anläßlich der Aufhebung bayerischer Klöster in der Säkularisation angelegt wurden, 278 ist zu ersehen, daß sich fast alle hier genannten Titel und noch manche darüber hinaus in an sich unbedeutenden Bibliotheken befanden. Bei der von der Obrigkeit befohlenen Konfiszierung dieser Bestände, von der noch die Rede sein wird, wurde mitunter von über tausend Bänden gesprochen. Die heute in der Bayerischen Staatsbibliothek befindlichen Exemplare stammen zum großen Teil aus dem Münchner Jesuitenkollegium, die reichen Bestände der Salzburger Studienbibliothek aus der ehemaligen Benediktineruniversität. Die Verzeichnisse, die Leutfrid Signer aus den Bibliotheken der Schweizer Kapuzinerklöster Freiburg, Aarau und Dornach beigebracht hat, ergeben, wie schon gesagt, das gleiche Bild. D a ß die Predigtkompendien auch in die Büchereien jener weniger eloquenten 217

278

Daß Exempelbücher dieser Art z. T. noch heute im Besitz von Predigern sind, bezeugt KARL MEULI, Zum Märchen vom Tränenkrüglein. Ein Nachtrag, in: Schweizer Volkskunde 33, 1943, 17 f.: „Während eines anregenden Gesprächs mit einem um die Seelsorge und Volkskunde gleich verdienten Geistlichen eines Walliser Alpendorfes entdeckte ich auf seinem Schreibtisch die .Beispielsammlung für das christliche Volk, insbesondere für Katecheten, Prediger und Lehrer', 3. Aufl. Prag 1909 (8.—12. Tausend)." Das Buch sei ein direkter Abkömmling der alten Promptuarien. „Wie jene so gehören auch diese heute noch zum Rüstzeug des Geistlichen, das er für Predigt und Christenlehre gern benützt; wie jene trägt es unzweifelhaft noch heute vieles dazu bei, altes Erzählgut lebendig zu erhalten und im Volk zu verbreiten." Vgl. unten Anm. 293 ff.

Verbreitung barocker Predigtwerke

79

und gelehrten Pfarrherrn gelangten, für deren Gebrauch sie vornehmlich zum Drude gebracht worden waren, bezeugen Pfarrhausinventare des ausgehenden 18. Jahrhunderts, von denen z. B. Lorenz Westenrieder 279 einige eben um der für seine Zeit nur noch kuriosen Titel willen veröffentlicht hat. Und unterm 28. März 1803 vermerkte das aufklärerisch-fortschrittliche „Münchner Tagsblatt" in einem „Vorschlag zur Büchersammlung für Geistliche": „Wer Gelegenheit hatte, die Bücher zu durchmustern, welche der gewöhnliche Vorrath eines Pfarrers sind (keine Regel ohne Ausnahme), der wird gestehen müssen, daß man in solchen Büchern e. g. das geistl. Obstgärtlein, Kunst die Seelen zu fischen etc. und in dem Wüste von alten abergläubischen Predigten und Theologen wenige Bildung sich holen kann." Viele Exemplare, die heute im Antiquariat auftauchen, stammen aus Pfarrhäusern. Aus zuweilen mit Erwerbsdaten versehenen E x libris-Vermerken der wechselnden Besitzer ist ersichtlich, daß die Bände bis ins 19. Jahrhundert in Händen von Pfarrern waren. In welcher oft recht primitiven Weise die Predigtkonzepte von Landgeistlichen benützt wurden, dafür gibt Laurenz Heibig 280 in seiner anonymen Beschwerdeschrift „Parochus duodenario pressus oder Erzählung der 12 Hauptbeschwernisse eines Pfarrers . . . " von 1719 ein gewiß nicht übertriebenes Zeugnis. E r beklagt sich u. a., daß viele unfähige und ungelehrte Geistliche mit Hilfe von Geld und Protektion die besten Pfarrstellen erlangten, und fügt hinzu: „Da liegen ein paar deutsche Prediger auf der Bank, mit diesen schleppt er sich etliche Jahre herum; alsdann kauft er sich einen andern, sagt seinen Zuhörern her, was er darin gelesen; von lateinischen Büchern hat er wenige oder keine, denn er versteht das Lateinische nicht und kann kaum einen lateinischen Sensum reden, wo er nicht etliche Böcke hinein machet. Ich habe einen Kaplan gehabt, reicher Eltern Sohn, welcher durchaus nichts wußte; er wurde mir zugeschickt, auf daß ich ihn unterrichten sollte; er hatte weder Capacität noch Lust zum Studieren, er memorirte aus einem deutschen Prediger die Predigt auswendig und ging damit auf die Kanzel und sagte soviel daher, als er behalten hatte . . . " Vermutlich werden ihm die Märlein noch am besten im Gedächtnis geblieben sein. Schließlich haben die Predigtwerke auch ihren Zweck als erbauliche Lektüre in Haus und Familie erfüllt. Es ist wiederum der fortschrittlich gesinnte Redakteur des „Münchner Tagsblatts" von 1803, 281 der sich über den schwunghaften Handel mit diesen alten Büchern beklagt. „Unter den vielen Hindernissen, welche sich der Volkskultur entgegenstemmen, ist keines der unbedeutendsten der Bücherverkauf der Herren Dändler in München. Gewöhnlich bringen diese Herren die schlechteste Waare um einen sehr geringen Preis an sich, und 279

280

281

Hundert Sonderbarkeiten oder das neue München im Jahre 1850, München 1824, 33 ff. Vgl. auch die Bücherliste des Köstendorfer Pfarrers Hesselbach, in: Mitteilungen d. Gesellschaft f. Salzburger Landeskunde 58, 1918, 51; es waren vorwiegend Werke des 17. Jahrhunderts, darunter zahlreiche Jesuiten. Zitiert nach C. BRAUN, Geschichte der Heranbildung des Klerus in der Diözese Würzburg, Mainz 1897, 209. Nr. 116 vom 17. May, S. 964.

80

Einführung

schwätzen oft Bücher voll Unsinns und Aberglaubens dem in die Stadt kommenden Landmann um einen theuern Preis ein. Der Bauer, wenn er lesen kann, macht nun so ein geistliches Fabelbuch zu seiner Hauspostille, liest an Sonn- und Feyertägen darin, giebt selbes den Kindern als ein Schulbuch, und nimmt alle Albernheiten, die er darin findet, für baare Wahrheit an, verwirft dagegen jedes andere Buch, welches ihm ein vernünftiger Mann in die Hände spielen will." Die barocke Predigtmanier erwies sich also im niederen Klerus und in den unteren Volksschichten als recht zählebig, was den nüchternen Vertretern der Aufklärung in ihren leidenschaftlichen Bemühungen um die Hebung der „Volkskultur" begreiflicherweise arg zu schaffen machte. 1767 heißt es in den „Churbairischen Intelligenzblättern" 282 in der Rezension einer Predigt im alten Stil, es fänden sich eben immer wieder Leute, „welche bey dem alten Schlendrian bleiben und keiner vernünftigen Regel Gehör" gäben. Man müsse doch „die gesunde Vernunft außer Augen setzen, wenn man nicht begreift, wie ungereimt es sey, heydnische Fabeln auf die Kanzel zu bringen." Dagegen wurden die neuen, geläuterten Predigtmuster des Canonicus Braun empfohlen. In zeittypisch anonymen Schriften 283 wetterte man gegen den barocken „Kanzelunsinn", und fingierte Predigten mit allerlei komischen Übertreibungen sollten den verpönten Kanzelstil vollends lächerlich machen. Eine geradezu berühmte Figur wurde der sogenannte Wiesenpater von Ismaning, dem man die merkwürdigsten Predigten unterschob, so als Gegenstück zu einer früheren eine „Funckelneue Rosenkranzpredigt, gehalten zu Bogenhaußen nächst München" (1782) und „Predigten zum Lachen in den Stunden der Langeweile auf alle Sonntage des ganzen Jahrs, von Wiesenpater zu Ißmaning aus seinem Pulte entwendet, getreu abgeschrieben und zum Muster für alle Prediger in Druck gegeben" (1781). 284 Schon wenige Jahre danach sah der grimmige Aufklärer Friedrich Nicolai 280 darin einen Beweis für den kindischen Aberglauben im geistig so rückständigen Bayern. Und noch 1820 belustigte sich ein Anonymus 286 darüber, daß jener Pater folgendes von der Kanzel aus vorgebracht haben soll: „Wenn die lutherische Religion die rechte ist, so soll mich gleich der Teufel hohlen — aber gelt! Der Teufel hat keine Macht über mein Priester-G'wandl, sagt ihr, der hat gut reden? Nun schaut's (hier zog er schnell das Gewandel auf der Kanzel aus) schaut's! jetzt Teufel hohle mich!" Dabei ist die Existenz des Wiesenpaters m. W. bis heute nicht erwiesen. Das Ostermärlein hat sich mancherorts noch lang gehalten, so z. B. im ober282 283 284

285 286

Erschienen in München, S. 154 f. Vgl. z. B.: Gutgemeinte Paragraphen an Baiems Prediger, o. O. 1782. Stadtbibliothek München M. Mon. 25, 8° O. Mon. 172 und 8° O. Mon. 171. Vgl. auch die fingierte Predigt eines P. Fabianus Hirschaviensis in den Annalen der baierischen Litteratur von 1782, 84 ff. Reisen durch Deutschland, Bd. 6, 1785, Anhang S. 90 ff. Die Möncherey oder geschichtliche Darstellung der Kloster-Welt. Dritten Theils zweyte und letzte Abtheilung, Stuttgart 1820, 188.

Aufklärerische Ablehnung

81

bayerischen Ellmosen bis 1772. 287 1774 erließ der Augsburger Bischof Clemens Wenzeslaus ein Verbot gegen den alten Brauch, und noch 1787 hielt man es für nötig, in den Regensburger Diözesankonstitutionen die „conciones paschalis vulgo Ostermärlein dictae" offiziell zu rügen. 288 1802 hatte das „Münchner Tagsblatt" 2 8 9 aus der näheren Umgebung zu berichten: „Der Pfarrer erzählte von einem Hödcerigen, Hindienden und Einäugigen, der ausging, um sich einen Gevatter zu suchen und den Tod antraf", also offenbar eine unserer nr. 121 ähnliche Geschichte. Im Jahr darauf wurde im gleichen Blatt strafend vermerkt: „Wie groß ist doch die Anzahl junger und alter Geistlichen, die bloß aus Volksschmeicheley sich die niedrigsten Ausdrücke erlauben, ja manchmal gar noch schmutzige und abergläubische Gesdiichtchen aus der Legende, eines Surius oder einer andern alten Scharteke aufs Tapet bringen. Wann aber Predigten der guten Sache entgegen arbeiten, dann ists gewiß ein unverzeihlicher Fehler . . ." 2 9 0 Zwei Tage zuvor hatte man den Lesern eine besonders nützliche Predigt im neuen Stil empfohlen, die in der Redaktion für 6 kr. zu haben war, nämlich „über die Einimpfung der Kuhpocken für das Landvolk" von Maximilian Baron v. Branka, des hohen Maltheser-Ritterordens und Priesterhaus-Direktors zu Altötting. 291 Besonders drastisch hat sich der aufgeklärte Münchner Weltpriester Anton von Bucher 292 zu diesem Punkt geäußert. „Wenn die gemeinen Predigten in ihrer Wirkung dem Schall einer scharf geladenen Musquete gleichen, so gleichen die Exempelpredigten dem fürchterlichen Gekrache einer losgebrannten Kartaune . . . Der Prediger sammelte sein Volk, und nachdem er sich zuvor das Jahr durch allenthalben in der Stadt erkundiget hatte, was da und dort vorbeygegangen war, so goß er dieß in die Form einer Geschichte zusammen, legte dann seinen Chorrock an und predigte es an der Stelle der heiligen Wahrheit mit eben dem Lärme, dem Geiste und der Auferbauung, mit welchem er sonst das Evangelium zu verkünden pflegte. Bald wimmelte alles in den Kirchen von andächtigen Zuhörern und müßigen Leuten, besonders Weibsbildern, Studenten und Handwerksburschen. Dieser angelaufenen Volksmenge wußten sich auch weise Prediger zum Seelenheile gar wohl zu bedienen. Sie 287

288

289 290

201

292

6

JOSEPH GRASSINGER, Geschichte der Pfarrei und des Marktes Aibling, in: Oberbayerisches Archiv 18, 1857, 92. Wie geläufig der Begriff in jener Zeit noch war, bezeugt das an sich aufgeklärt-fortschrittliche Churbaierische Intelligenzblatt, das am 7. April 1768, offenbar zur Unterhaltung seiner Leser nach der Fastenzeit, ein „Ostermährlein" vom Teufel als Ehestifter brachte. LINSENMAYER 1 8 2 , A n m . 1 .

S. 793. Unterm 4. Juni 1803, S. 1080. Im gleichen Jahrgang S. 1058 heißt es zu einem Bericht über einen Pfarrer, der als Vergleichsbild für unglückliche Zufälle das „Stockschlagen" verwendet hatte: „Daß vor hundert Jahren noch ein Abraham in diesem Tone predigen durfte, ist begreiflich, aber noch jetzt, in unseren Tagen!" Ebenda, unterm 2. Juni, S. 1065. Vgl. auch CHRYSOSTOMUS SCHREIBER, Predigt und Volksbrauch, in: Volk und Volkstum 1, 1936, 241 ff. Werke, 6, 451 ff. Moser-Rath

82

Einführung

nahmen die Geisel der Satyre in die Hand, und warfen auf alle Stände, anfangs nur scherzweise, zentnerschwere Wahrheiten und Calumnien alles untereinander herab, so daß es oft ganz artig zu sehen war, wenn die Leute allenthalben unter der geistlichen Rede die Köpfe bis über die Ohren in die rothen und blauben Mäntel hineinsteckten, um sich nur des Lachens und Aufschreyens auf so lange enthalten zu können, bis der Prediger ganz schlau der am meisten lachenden Partey mit einer recht gesalzenen Moralrede im vollen Ernst ihre Portion auch wacker hinaus gab . . . " In einer fingierten Fastenpredigt hielt Bucher dem Publikum seine Vorliebe für das Fabulieren auf der Kanzel vor: „Obgleich ich gar wohl weiß, daß ihr Schnacken lieber höret als das Evangelium, und daß schon mancher Prediger bey euch dadurch sein Glück gemacht hat, daß er die Kunst verstand, in euren Augen einen Hanswursten zu agiren, so werdet ihr mich . . . doch nicht verführen. Nicht anders und gleichergestalt bin ich auch ein Feind von Lügen, ob ich gleich weiß, daß ihr nichts lieber glaubt, als was recht unwahrscheinlich ist. Wunder und Abentheuer aus Mexiko und Japan, Erscheinungen und Gespenster-Expeditionen. Den Teufel in Gestalt eines Jägers, und das Nachtgejaid wie unsere Stadtmusikanten; den durch einen getriebenen Katzenhandel nach dem Schluß der göttlichen Vorsichtigkeit unter den Syrenen auf dem Meere erhaltenen und reich gewordenen Seefahrer; den geduldigen Soldaten, der sich, um eine arme Seele zu erlösen, auf den bloßen Leib viele hundert wunderschöne Mascherln aufnähen ließ, und dem hernach die dardurch erlöste arme Seele die Hand mit allen fünf Fingern gar schön in ein weißes Tuch eingebrennt hat, so daß ers heute noch aufzeigen kann; (die Kupfer über diese Geschichte sind allenthalben bey den Bildhändlern zu haben). Den Herrn, welcher der Frau das Herz seines Mitbuhlers in einem Pastetl gar delikat aufgekocht vorsetzte, und solche Sachen, die man euch vor zehn und zwanzig Jahren als Wahrheiten vorhielt, und die ihr, wenn ihr euch nicht nach und nach zu schämen anfängt, auch heute noch glauben würdet . . . " Im Zuge der Säkularisation entschloß man sich endlich zu drakonischen Maßnahmen, die die Vernichtung der barocken Predigtliteratur zum Ziel hatte. Akten des Kreisarchivs München liefern interessante Berichte, wie man mit den Bibliotheken der aufgehobenen bayerischen Klöster verfahren ist. 293 Nachdem eine von der Kurfürstlichen General-Landesdirektion eingesetzte Kommission unter Leitung des Freiherrn von Aretin die Klöster bereist und alle wertvollen Bestände an Handschriften und Inkunabeln für die staatlichen Bibliotheken ausgewählt hatte, verhandelte man im Jahre 1802 mit dem Münchner Papierhändler Kaut, der die Masse der restlichen, für völlig wertlos erachteten Bücher als Makulatur, den Zentner zu 50 kr. gerechnet, übernehmen sollte, „doch unter der ausdrücklichen Bedingniß, daß diese Bücher sogleich außer Umlauf gesetzt und zerstört werden". 294 Es handelte sich dabei 293 284

G(eneral)-R(egistratur) Fase. 643/82 und 644/83. GR 644/83, Konzept eines Briefes an Kaut vom 20. Mai 1803. Daß dieser Anordnung nicht immer Rechnung getragen wurde, beweist eine Zuschrift an das

Predigtwerke als Makulatur

83

eben um die homiletischen, aszetischen, polemischen und moraltheologischen Werke der vergangenen 150 Jahre, die nach Ansicht der aufgeklärten Herren „keine Spur von einer wahren geistigen Volksbildung offenbarten" und „ihres schädlichen Inhalts wegen wesentliche Hindernisse der Volkskultur" darstellten, 295 ja, von den „Asceten-Schartecken" des aufgelösten Franziskanerklosters in Neunburg vorm Wald wurde z. B. bemerkt, daß „der Quark auch für eine Käßkrämerei nicht zu gut wäre". 296 Der Feldmochinger Pfarrer P. Rauschmayer297 berichtete unterm 18. April 1803 an das Kurfürstliche General- und Studien-Direktorium über seine Maßnahmen in der Bibliothek des ehemaligen Franziskanerklosters zu Schleißheim bei München. Er habe von den „untauglichen" Büchern, so schreibt er, „vorläufig aus 12—1300 Bänden die teutschen von den lateinischen abgesondert, weil nur jene, nicht diese, in Rücksicht der Schädlichkeit fürs Volk einer näheren Untersuchung bedürften. Diese teutschen Bücher groß und klein durcheinander nach beyläufiger Schätzung etwa 4—500 an der Zahl bestehen — ein paar Duzend unbeträchtliche Werke ausgenommen — bey weitem der größte Theil aus Predigten, dann aus Aszesen und Lebensbeschreibungen von Klosterleuten und Einsiedlern; lauter Werke aus dem 16ten, 17ten und der ersten Hälfte des 18ten Jahrhunderts. Durch alle diese Schriften, darf ich nach gewissenhaft genauer Untersuchung standhaft behaupten, herrscht ein und der nämliche Geist . . ." Der Pater empfiehlt, die Bücher, „wäre es auch nur der veralteten undeutlichen Schreibart wegen", außer Umlauf zu setzen, da „unter ein paar hundert Bänden kaum zehn" seien, die für einen Bücherkenner Wert hätten. Immerhin meint er, daß einige Exemplare um des historischen Interesses willen aufbewahrt werden sollten, als „ein unumstößliches Zeugniß einer Denkart, von der man späterhin, wenn solche Werke immer seltener werden, sich schwerlich einen Begriff machen wird." Münchner Tagsblatt vom gleichen Jahr (2. Hälfte, 455 f.): „Es ist höchst inkonsequent gehandelt, alte dem Zeitgeiste nicht mehr angemessene und mit diesem nicht gleichen Schritt gehende Bücher . . . zu verbreiten . . . Man räumt Klosterbibliotheken und überläßt sie den Bücherantiquarien zur öffentlichen Verlosung! welche Kontradiktion! . . . Ich sah in der Jakobi-Dult wie in der vorigen einer Verlosung von Büchern an dem Malthesergebäude von einem Bücherantiquar zu, worüber ich erstaunte. Alt und jung, groß und klein, Bauer und Bürger, Soldat und Taglöhner etc. kamen mit ihrem Groschen und holten sich einen Himmelsschlüssel, ein Rosengärtchen, ein Ablaßbüchl, eine Denominatio et specificatio haereticorum et damnatorum, einen medizinischen Folianten und allerhand tausend Sachen. Könnte diesem nicht abgeholfen werden? Man weiß es jal der gemeine Mann kauft gern, was er wohlfeil bekommt, auch muß man zu seiner Ehre sagen, er fängt nun an, vieles zu lesen. Sollte man diese Periode nicht benützen, sie mit guten Büchern zu versehen?" 295

296 297

6*

GR 643/82, Schreiben des Stadtpfarrers von Sulzbach G. J. Siegert an die LokalSchul- und Studien-Kommission unterm 9. April 1803. Diese Formulierungen kehren in mehreren Schriftstücken formelhaft wieder. Ebenda, unterm 13. März 1803. Ebenda, unterm 18. April 1803.

84

Einführung

W i e erbarmungslos bei der Vernichtung der „verderblichen, dem reinen Ergreifen der Religion und der Moralität entgegensträubenden und nur den Geist der Verirrung verbreitenden" Bücher vorgegangen wurde, beweist ein Schreiben des Oberschulrektors Brunninger aus Erding. 298 D a wurden „erstlich von Etlichtausend derlei mit Schweinsleder gebundene Folianten und Quartanten die Deckel samt Klausen besonders abgeschnitten und über einer eigenen Schock zusammengelegt. 2) Das Titelblatt samt dem ganzen Index und einem Theil des eigentlichen Innhalts sowie die letzteren Blätter samt ebenfalls einigen Blättern des Haupttextes herabgerissen und auf einen eigenen Stoß aufgehäuft. 3) D a nun ein jedes Buch nackt ohne Autor, ohne Druckort, ohne Titel, ohne Privilegium und Censur da stund, so wurde jeder Band besonders in 5 Theile an der Rückseite voneinander geschnitten und 4) damit kein Buch von der ganzen Auswahl kein Ganzes mehr formieren könnte, so wurde ein jedes Stück des getheilten Werkes auf eine besondere Stelle gebracht, und da fünf Theile waren, auf 5 Plätze angewiesen. 5) Mit einem jeden Buch ward dieselbe Verfahrensart vorgenommen, so daß am Ende fünf Stöße entstunden, wovon keiner kein ganzes Buch enthält. Die Masse der Makulatur mag ungefähr 12—16 Zentner Papier betragen . . ." Rektor Brunninger überwachte auch die Vernichtung der Bücherbestände der Klosterbibliothek von Zeilhofen, wo „unter Beihilfe von fünf Alumnen von Dorfen die Mißgeburten der Ascetik und des Kanzelunsinns binnen eineinhalb Tagen gänzlich zerstört wurden", was er sich um so mehr zugute hält, als diese Bücher „die redendsten Beweise von dem Unheil" seien, „welches von diesen Mauem seit 1655 über die ganze Gegend verbreitet worden". Nach diesen Zeugnissen pedantischer Zerstörungswut ist es nicht weiter verwunderlich, daß so viele Predigtwerke selten geworden und oft nur nach mühseligen Recherchen auffindbar sind. Dennoch haben die Aufklärer nicht überall durchgreifen können. In manchen Pfarrhäusern stehen noch heute die alten Bände, und die privaten Büchereien waren schon gar nicht erreichbar. So hat beispielsweise Ludwig Aurbacher, der ein eifriger Sammler volkstümlichen Erzählguts war und bekanntlich den Brüdern Grimm viel süddeutsches Material zugebracht hat, offensichtlich Predigtbücher in der Hand gehabt. E r sdireibt in der Rahmenerzählung seines „Büchleins für die Jugend", 2 9 9 der Knabe habe seine Geschichte „in einem alten Buch gelesen, das ihm der Großvater zugestellt". Auf die Frage der Mutter, was für ein Buch das gewesen sei, nennt der Großvater eine „in Schweinsleder gebundene Schartecke, eine überaus köstliche — Ostermährlein enthaltend". Ledergebundene Scharteken waren fast alle barocken Predigtbände. Vielleicht war sogar Andreas Strobls „Ovum paschale" gemeint. Wenn alle bisher beigebrachten Zeugnisse zur Verbreitung des barocken Predigtmärleins aus dem süddeutschen Bereich stammten, so bedeutet das 298 299

GR 644/83, Berichte vom 21. Mai und 5. Juli 1803. 1834, 172 f.

Predigtmärlein

im protestantischen

Bereich

85

doch nicht, daß nicht auch anderwärts in jener Zeit Erzähler auf der Kanzel gestanden wären. Es ist hinlänglich bekannt, daß die heftige Fehde zwischen Balthasar Schupp und den orthodoxen Kreisen der evangelischen Kirche, die dem berühmtesten Prediger der Protestanten seine Hamburger Jahre versauerten, in ihren wesentlichsten Punkten um das Fabulieren auf der Kanzel ging. 300 Schupp bejahte es unter Berufung auf Luther und Mathesius und hatte eben darum neiderregenden Zulauf. Von seinen Predigten sind nur wenige zum Drude gelangt, doch erweist er sich in seinen Schriften als lebendiger Erzähler von bedeutender Stoffkenntnis.301 Auch der Elsässer Dannhauer 302 wird gern in diesem Zusammenhang genannt, vor allem aber der Hannoveraner Jost Sackmann303 — übrigens 1643, also beinahe im gleichen Jahr geboren wie Abraham a Sancta Clara — , dessen plattdeutsche Predigten um ihrer kuriosen Drastik willen des öfteren abgedruckt wurden, 304 wenn auch bisweilen ohne die nötige Quellenkritik.305 Seine Begabung lag eher im Anekdotischen, sein Witz in der persönlichen Anspielung. Weiteren erzählfreudigen Protestanten ist Herbert Wolf 300 in seinen jüngsten Arbeiten nachgegangen. Für den Kommentar der vorliegenden Auswahl wurden vergleichsweise Werke des aus Hof gebürtigen Fraustädter Kanzelredners Valerius Herberger (1562—1627) 3 0 7 und des Magdeburgers Christian Scriver (1629—1693) 3 0 8 herangezogen. Man findet dort, 300

Vgl. SCHUPPIUS, Schriften I , 8 2 5 ff. (Zuschrifft zum „Fabul-Hanß"), besonders ff., und II, 1 1 4 f. (aus: „Wider Antenors Bücher-Dieb . . . " ) ; THEODOR B I S C H O F F , Joh. Balthasar Schupp, Beiträge zu seiner Würdigung. Progr. Nürnberg 1 8 9 0 , 2 7 ff.; K A R L V O G T , Joh. Balthasar Schupp Streitschriften I. u. II. Teil, Halle 1 9 1 0 / 1 1 ( = Neudrucke deutscher Literaturwerke des 1 6 . u. 1 7 . Jahrhunderts nr. 2 2 2 — 2 2 7 ) ; A. J O B S T , Evangelische Kirche und Volkstum 4 0 . 839

301

Vgl. WOLF, Predigterzählgut 90 ff.

302

Vgl. B P 4, 283; B I R L I N G E R , Altstraßburgische Weisheit (Auszüge aus Dannhauers Predigtwerk „Cathechismus Milch" von 1642) und: Zum Elsäßischen Wortschatze, in: Alemannia 13, 1885, 40 ff. u. 48 ff. H. MOHRMANN, Jacobus Sadcmann, Pastor zu Limmer bei Hannover, Hannover 1880. Auch dieser fröhliche Prediger hatte ungewöhnlichen Zulauf von Leuten, die „nicht aus Lust an Gottes Wort, sondern aus verdammter Curieusität" kamen, um „nachher beim Gesöff darüber ihr Gelächter" zu haben (S. 15). 1710 wurde Sackmann vor das Konsistorium zitiert und mußte nach einem Verhör unterschreiben, „künftighin mit allem Fleiß sich hüten zu wollen, keine weltlichen Historien noch dgl. Dinge . . . vorzubringen, sondern sich an Gottes Wort zu halten" (S.27f.). Vgl. z. B. die plattdeutsche Trauungsrede und die oft zitierte Leichpredigt bei FIRMENICH, Germaniens Völkerstimmen I , 1 9 3 ff.; BUSCH, Deutscher Volkshumor 3 2 6 ff.; P E T E R JERUSALEM, Erbauliche Predigten, München 1 9 1 3 , 2 7 ff. Vgl. RICHARD B R I L L , Jacobus Sadonanns Predigten, in: NdZsfVk 1 6 , 1 9 3 8 , 4 9 ff. Er brachte vor allem Beispiele nadi SCHUPP und G O T T L I E B C O B E R und verwies auch auf gängige evangelische Exempelsammlungen des 17. Jahrhunderts. Vgl. allgemein auch Realencyclopädie f. prot. Theologie u. Kirche XV, 667 ff. Vgl. B E S T E 3 , 7 6 ff. Herbergers Predigtwerk über das Budi Sirach wurde 1 7 3 9 nahezu unverändert wieder aufgelegt. Ebenda 260 ff. Von der Wirkung der Predigten Scrivers wird beriditet, es hätten

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Einführung

wenn auch nicht im gleichen Maß wie in der katholischen Barockpredigt, Exempel der mittelalterlichen Tradition, bei Herberger etwa auch eine vorzügliche Fassung des Märchens von den drei Wünschen der Armen und der Reichen, Fabeln und den einen oder andern Schwank, bei Scriver vorwiegend sagenhafte Berichte, die oft als eigenes Erlebnis bekräftigt sind, und manches Anekdotische. Jedenfalls aber geht aus diesen Stichproben hervor, daß auch im Protestantischen das Predigtmärlein seinen Platz noch lange behaupten konnte. In einer Abhandlung über das Predigtwesen von 1721 beklagt sich F. A. Hallbauer, 309 man wüßte sich oft nicht anders zu helfen, „als daß man alle seine collectanea aufschlägt und seine vermeintliche Schatz-Kammern öffnet: aus diesen holt man allerley, wirfts in eine Brüh und kocht endlich daraus eine Quodlibet-Predigt, darinne bald so vielerley Sachen, als Sterne am Himmel, und die so wenig zusammenhangen, als die von einander gerissenen Reiser eines Besens". Die Predigten seien angefüllt „mit Allegorien, Gleichnussen, Historien, Zeugnussen, emblematibus, Müntzen, hieroglyphischen Figuren, Wappen und dergl. Raritäten . . . Am ärgsten vergehen sich die, welche gar mit lustigen Schwencken und Fratzen ihre Reden ausspicken oder auf der Cantzel Comödien spielen." Der Autor hatte dabei vor allem protestantische Prediger im Auge. Ein spätes Zeugnis findet sich in einem Brief an den Dichter Geliert von 1767: 310 „Ich darf sie an jene Fabel von Jupitern erinnern, wie er einem unzufriedenen Bauern die Macht gibt, auf seinem Felde das Wetter selbst zu machen. Ich erinnere mich, in meinen akademischen Jahren diese Fabel sogar von der Kanzel herab gehört zu haben, und das noch dazu aus dem Munde eines Doctors der Theologie!" Aus anderen deutschen Landschaften wird noch manches Material zu Tage gefördert werden können. Das Rheinland hat in Martin von Cochem 311 einen berühmten, in seiner Wirkung erstaunlichen geistlichen Erzähler hervorgebracht. Sein Ordensbruder Prokop von Templin, 312 den Wolf in diesem Zusammenhang nennt, ist dagegen trotz seiner brandenburgischen Herkunft zu den süddeutschen Predigern zu zählen, da er als Konvertit in Prag zu den Kapuzinern gestoßen ist und danach ausschließlich in Wien, Passau und Salzburg gewirkt hat; auch war er als Liederdichter bedeutender denn als Erzähler. Aus dem schlesischen Bereich ist mir als fabelfreudiger Kanzelherr bisher nur viele Zuhörer „ihre Schreibtäflein" bereit gehabt, „die Reimsprüchlein darein zu schreiben, um sich hernach der ganzen Predigt desto besser zu erinnern; viele faßten sie ins Gedächtnis und bedienten sich derselben die ganze Woche zur Erinnerung und Wiederkäuung deß, was am Sonntag gepredigt war. Ich habe gesehen, daß einige Leute, unter denen auch fromme Soldaten, sie in ihre Kammern an die Thüre und Wände mit Kreide angeschrieben." 309 Zitiert nach KEHREIN 1, 67 ff. 310 C. F. GELLERTS sämtliche Schriften, hg. von J. L. Klee, 10. Teil, Leipzig 1839, 106 f. Vgl. u. nr. 150. 311 Vgl. Anm. 263. 312 Vgl. V. GADIENT, Prokop v. Templin, sein Leben und seine Werke, Regensburg 1912; A. KOBER, Procopius v. Templin 1609—1680, in: Euphorion 21, 1914, 520 ff., 702 ff., 22, 1915, 25 ff., 268 ff.

Fabulierfreudige

Prediger anderer

Landschaften

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Ambrosius Schönhart bekannt geworden. Doch soll die Universität Breslau nach Mitteilung von Herrn Professor Peuckert über stattliche Bestände an barocker Predigtliteratur verfügen. Nach Berichten von Herrn Dr. Milko Maticetov finden sich auch im Slowenischen Predigtwerke der Zeit mit eingestreuten Fabeln und Schwänken, die noch der Bearbeitung bedürfen. Aus Italien, wo die emblematische Predigtmanier schon früh entwickelt war, gab seinerzeit schon Stanislaus Prato313 einen interessanten Hinweis. Er vermerkte zu einer Aufzeichnung der Geschichte vom Teufel und dem alten Weib (vgl. nr. 264): „Mir am 7. April 1896 von dem K. Universitätsbibliothekar Franc. Prudenzano in Neapel erzählt, der sie in seiner Jugend (1839) in der Hauptkirche von Manduria, Provinz Lecce, in der Missionspredigt des Ligurianers P. Nie. Tortula gehört hat." o Aus alldem ergibt sich, daß über weite landschaftliche Räume hin bis weit ins 18. Jahrhundert und zuweilen noch darüber hinaus mit der Predigt Erzählgut verschiedenster Art ins Volk getragen wurde. Nicht nur als Lesestoff, der ja immer nur einen beschränkten Kreis erreicht, sondern als lebendig gesprochenes Wort, von einem redegewandten Mann und von autoritärer Stelle aus einer großen Zuhörerschaft regelmäßig vorgetragen. Der Prediger erreichte alle Volksschichten, Kinder und Alte, Gebildete und Ungebildete. Er konnte den Erfolg ganz unmittelbar an Zulauf und Anteilnahme ablesen und richtete sich danach. Daß das Kirchenvolk nicht nur teils andächtig, teils erschreckt, teils belustigt lauschte, sondern auch bemüht war, die gehörten Geschichten zu behalten, wird mehrfach bestätigt. „Gewiß ist", bemerkt Balthasar Knellinger,314 „daß bey vilen die Aufmercksamkeit gleich um ein merckliches nachlasse, wann sie hören, daß die Geschieht schon zu End gebracht seye. Da fangen sie an herumzugaffen, oder bey sich das Exempel zu widerholen, damit sie dasselbige zu Hauß recht erzehlen mögen. Wir haben schon, gedencken sie bey sich selbsten, was wir verlanget, um daß übrige seynd wir nicht kommen, und wäre uns jetzt nichts liebers, als wann wir bald aus der Kirchen entlassen wurden." In der letzten Rede einer feierlichen Predigtoktav zur Einweihung der Kollegiatskirche Haug bei Würzburg 315 stellte der Pater die rhetorische Frage: „Vielleicht [sollte ich] den Schluß machen mit einer curiosen Lust-vollen Predig, 313 314

315

In: ZsfVk 9, 1899, 189 ff. Lait- u. Schröck-Stern, Vorrede zum 7. Teil. — PRAMBHOFER Joseph 726 forderte einmal am Schluß einer Kanzelrede direkt auf: „Mercket das und sagts auch zu Hauß! nun ist die Predig aus." PHILIPP BRAUN, Schluß-Predig, mit welcher die . . . Einweyhung der Hochlöbl. Collegiat-Kirchen des Neben-Stiffts Haug bey Würtzburg geschlossen . . . Würzburg 1691, 2.

88

Einführung

daß von denen Fablen die Kinder auff der Gassen noch in viele Jahr zu reden wüsten?" Amandus von Graz, 316 der wie alle anderen die Erfahrung gemacht hatte, daß „der gemaine Mann nichts liebers höret, als Historien, auch mit disen die gantze Predig leichter fasset", will sogar beobachtet haben, daß die Leute die Geschichten „noch weil ich sie vortrüge, mit fleissigen Federn notiret, die mir anjetzo darumb dancken: Andere zu Hauß vor dem Gesind, so gar die Bauers-Leuth auff dem Feld unter ihrer Arbeit erzehlet und viel gutes daraus gelehrnet haben . . . " Eben darum hielt Anton von Bucher317 das Erzählen auf der Kanzel für so verderblich, weil nach so einer Predigt „die Meisten [der Zuhörer] noch mit dem Wasser in den Augen zu Hause anlangten, wo sie dann auch die schönen Wahrheiten verbreiteten und den langweiligen Winterabend mit derley geistlichen Reden sich also verkürzten, daß sich manche über die schnackigen Einfälle des Predigers beynahe kropficht gelacht haben". Deutlicher kann die Wirkung des Predigtmärleins auf die mündliche Uberlieferung gar nicht beschrieben werden. Was Crane, 3 " Klapper 319 oder Frenken320 in ihren Betrachtungen zum mittelalterlichen Exempelwesen als bedeutungsvollen Vermittlungsvorgang konstatierten, vollzieht sich hier in wo316 317 318

319

320

Seelen-Wayde I, Vorrede an den Guthertzigen Leser. Werke 6, 452. Mediaeval Sermon-Books (1883/84), 77: „The extensive currency given to these stories by their reception into these collections can hardly be imagined. They were used by numberless preachers in their sermons to the people and by them in turn repeated to others. We must bear in mind that down to the Reformation Europe constituted a homogenous whole, and that there existed a Weltliteratur in Goethe's sense of the word. A legend or story that appealed to the imagination or taste had free circulation from Iceland to Sicily and from Italy to Portugal... It would not be difficult to find stories still existing among the people, and which were originally communicated to them by the sermonbooks." Crane spricht in diesem Zusammenhang auch von der Vernachlässigung religiöser Erzählungen bei der Aufzeichnung durch die Sammler, wodurch wir kein ganz richtiges Bild von der Verbreitung dieser Geschichten im Volksmund besäßen. In: Das Märchen vom Mädchen ohne Hände 30: „Die Hinüberrettung eines weit zahlreidieren Teiles der Sagen und Märchen bis in unsere Zeit verdanken wir einer echt mittelalterlichen Einrichtung, auf deren Bedeutung von unserer Sagenund Märchenforschung noch nicht genügend hingewiesen worden ist, nämlich dem Exempelwesen... Das Volksmärchen und ein Teil der Sagen eigneten sich mit ihrer starken Betonung der sittlichen Weltordnung und des Vergeltungsgedankens ausgezeichnet zu solchen Predigtexempeln, und so wurden von den Mönchen mit Vorliebe solche Stoffe direkt aus dem Munde des Volkes aufgezeichnet und wanderten mit dem Prediger oder seinem Werk, oft auch zu ganzen Exempelbüchern vereinigt von Land zu Land und überdauerten, durch ihr lateinisches Gewand dem umbildenden Einfluße mündlicher Volksüberlieferung entzogen, viele Jahrhunderte." Die Exempel des Jacob de Vitry 7 1 . F R E N K E N findet in der Predigtliteratur „die Erklärung dafür, wie es möglich ist, daß dieselbe Geschichte in Schottland und Sizilien erzählt wird".

Der Prediger als

Überlieferungsträger

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möglich nodi intensivierter Weise bis an die Schwelle jener Zeit, da mit der wissenschaftlichen Aufzeichnung volkstümlichen Erzählguts begonnen wurde. Daß der Prediger der Barockzeit tatsächlich als Vermittler zwischen Literatur und mündlicher Tradition, ja als Uberlieferungsträger überhaupt und als berufener Erzähler innerhalb einer großen Gemeinschaft fungieren konnte, mögen die folgenden Texte erweisen.

TEXTE

Lucianus Montifontanus Dank seiner bedeutenden Laufbahn innerhalb der vorderösterreichischen Provinz des Kapuzinerordens sind wir über seinen Lebensweg verhältnismäßig gut unterrichtet. Unter dem bürgerlichen Namen Marent ist er um 1630, jedenfalls vor 1634 im TscJiolsdien Haus auf Montjola zu Sdiruns im Montafon geboren. Am 19. Mai 1652 trat er zu Feldkirch in den Kapuzinerorden ein, 1653 hielt er sich zum Studium in Bludenz auf, 1655 in Weil der Stadt, 1657 in Luzern. 1668 wurde er als erster Superior nach Oppenau (Baden) entsandt, wo er sich bei der Missionstätigkeit des Ordens hohe Verdienste erworben haben soll. 1677—80 ist er als Guardian zu Bregenz verzeichnet, 1680—82 in gleicher Funktion in Wangen, 1683 in Feldkirch. 1684 unternahm er eine Reise nach Wien, um vom Kaiser ein Empfehlungsschreiben an den Papst betreffs der Seligsprechung seines für Vorarlberg bedeutsamen Ordensbruders Fidelis von Sigmaringen zu erlangen. Unterwegs hat er auch bei den Fürstenhöfen in München und Salzburg vorgesprochen. In derselben Angelegenheit, die ihm offenbar sehr am Herzen lag, reiste er noch im gleichen Jahr nach Rom. 1689—90 wirkte er wieder als Guardian in Konstanz, 1691 war er zur Wahl des Ordensgenerals nochmals in Rom, 1692 Guardian in Feldkirch, 1693—96 Provinzial, 1694 wurde er zum Präfekten der Provinzmissionen ernannt. 1697 war er wiederum Guardian in Feldkirch, 1700 wurde er als Generalkommissär in die Ordensprovinz gesandt. 1704 erbat er sich die Enthebung von allen Ämtern, um sich seinen Schriften widmen zu können. Immer noch kämpfte er um die Seligsprechung des Fidelis von Sigmaringen und führte zwei Vorprozesse durch. Er starb am 4. März 1716 in Bregenz. P. Lucianus war ein vielseitig gebildeter Mann, der seine Reisen immer auch zu Studien auf verschiedensten Wissensgebieten nützte. Sein besonderer Eifer aber galt der praktischen Theologie, den Aufgaben der Seelsorge und der Unterweisung der Gläubigen. Es wird berichtet, die Zuhörer hätten sich an seinen Predigten nicht satt hören können. Außer zahlreichen Schriften zu Ehren verdienter Ordensbrüder und einem größeren kirchengeschichtlichen Werk veröffentlichte er ein vierbändiges lateinisches Predigtwerk, dann die hier verwendeten, vier Folianten umfassenden Kinderlehrpredigten nach dem Katechismus des Petrus Canisius, „Geistliches Kinder-Spill", die erstmals 1707, in zweiter Auflage 1730 erschienen sind. 1747 kam es zu einer weiteren gekürzten Ausgabe unter dem Titel „Lac parvulorum", 1774 war das Werk noch im „Churbairischen Intelligenzblatt" (S. 272) angezeigt, 1908 wurden 15 Predigten des P. Lucianus von A. Heiter in Buffalo neu herausgegeben.

94

Lucianus

Montifontanus

Lucianus Montifontanus war innerhalb seines Ordens zu hoch gestiegen, um noch ein naiver Volksprediger zu sein. Seine Kinderlehrpredigten, die zwar nicht nur für Kinder, aber doch fürs gemeine Volk bestimmt waren, sind ziemlich anspruchsvoll, sprachlich eher trocken, vor allem fehlt die heitere Note. Auch als Erzähler bringt er, von ganz wenigen kurzgefaßten Fabeln abgesehen, nur lehrreiche Beispiele aus geistlichen Quellen, nicht beiläufig eingeflochten, sondern deutlich abgesetzt am Schluß jeder der 360 Predigten. Die folgende, verhältnismäßig also recht kleine Auswahl bietet Exempel, die stofflich der Volksüberlieferung nahestehen. Lit.: P. ROMUALDO A STOCKACH, Historia Provinciae Anterioris Austriae, ed. 1747, S. 3 2 5 u. 3 3 6 ; BERNARDO 171 f.; HOHENEGGER 1, 5 7 5 ; L e x i c o n C a p p u c i n u m 9 9 1

(mit Bibliographie); ULRIKE LUGER, P. Lucianus Montifontanus. Die Form der Predigt im 17. Jahrhundert. Schriftliche Hausarbeit, Universität Innsbruck 1959 (Maschinschr.) (über freundliche Vermittlung von Herrn Prof. KARL ILG, Innsbruck). Für bereitwillige Auskünfte habe ich dem Pfarramt Schruns und P. GAUDENTIUS WALSER, B r a u n a u a m Inn, zu danken.

1. A r m u t h e r f r e u e t , R e i c h t u m

betrübet

Wie der fromme Arme sich in seiner Armuth zu erfreuen, der Reiche in seinen Reichthumen zu seufftzen und jammeren habe, ist aus folgendem Exempel zu vernemmen. Ein reicher Herr hatte einen feinen Pallast, deme nichts mehr zuwider, als das nächst darbey ein armer nothdürfftiger Handwercksmann wohnte, und zwar in einer gar elenden Hütten. Was aber disen Herren noch mehr peynigte, wäre dises, weil er von vilen essen und trindcen ermüdet, von vilen Sorgen gequälet, des Nachts offt wenig oder gar keine Ruhe hatte. Sehr ungern hörte er auch, daß wann er also ungesdilaffen läge, der arme Nachbahr in seiner Hütten und Werckstatt unter dem arbeiten ein Lied nach dem anderen lustig herab sänge, sich bey der sauren Arbeit lustig und frölich erzeigte: wann er mit seinem Völcklein bey dem mageren Tisdi sasse, wäre nichts als schertzen und lachen, biß sie endlich nach schlechter und grober Abspeisung sich zu Beth begeben, und die Nacht hindurch alle wohl ausgeschlaffen. Morgens bey guter Zeit weckte das Weib alle auf, welche wann sie alles, was auch ein Christ morgens thun solle, das ist, ihr Gebett verrichtet, und an die Arbeit gangen, ist auch das Singen und Pfeiffen wiederum angangen, nicht ohn grossen Verdruß des Herren, welcher kaum eine oder die andere Stund die gantze Nacht von disem entübriget wäre. Gedachte derohalben, wie er doch disem armen Schlucker seine Freud und guten Muth verbitteren möchte. Was thut er? Einsmahls in der Nacht, da alles in dem armen Häußlein wohl eingeschlaffen, stehet er auf, nimmt einen guten Beutel mit schönen Ducaten, schleicht selbst die Stiegen hinab biß auf die Gassen, gehet zu gedachtem Häußlein, öffnet die Thür, weil sie schlecht verriglet wäre, in aller stille, hencket den Beutel hinter der Thür an einen Nagel, geht wider nach Hauß, wartend, was die Sach für einen Ausgang nemmen werde. Des

Fröhliche Armut — Die Seele dem Teufel

95

verkauft

Morgens, da der Arme wiederum zur Arbeit will, nimmt er gleich disen Seckel wahr, wundert ihn, wie er dahin kommen, findet ihn, als er ihn herab genommen, gantz schwer, sihet, als er solchen geöffnet, denselben voll des besten Gelds. Jetzt hätte man sehen sollen, was den armen Mann für ein Angst angestossen: Zur Arbeit ist er nicht gangen, sonder gantz erschrocken nur hin und her geschlichen, einen Winckel zu suchen, wo er das Geld verstecken könnte, daß es weder die Seinige, noch jemand anderer finden und wissen solte, woher es kommen. Weil er dann kein Orth fände, steckt ers in den Strohsack, darauf er zu ligen pflegte, stellte sich kranck, und legte sich zu Beth, nur damit niemand ihme den gefundenen Beutel stehlen möchte. Unterdessen wäre bey ihme weder singen noch lachen mehr, sinnet und trachtet allein etlich Täg und Nächt, wie er das Geld nutzlich anwendete. Der Reiche, der dises alles wohl in obacht genommen, kommt nach diser Zeit in die Hütten des Armen, fraget dem Nachbarn nach, welchen das Weib an dem Nim-Wehe kranck zu seyn und im Beth zu ligen betheurete. Der Herr sagt hingegen, er wolle ihn besuchen, wisse für seyn Anligen das beste Mittel; sagt ihme still in ein Ohr, er solle ihm den Seckel mit Geld widerum geben, den er vor etlichen Tagen in seinem Häußlein hinter der Thür an einen Nagel aufgehenckt habe, wo das nicht, so wolle er bald machen, daß er als ein Schelm an Galgen aufgehendet werde. Der Arme wolte so hoche Herberg nicht erwarten, sonder stellet das Geld zuruck, fangt von derselben Zeit an wiederum lustig und frölich wie zuvor zu arbeiten, als einer der erfahren, wie es einem Armen so vil besser umbs Hertz seye, als einem Reichen.

2. E i n v o l l e r Z a p f f

verkaufft

sein Seel dem

Teuffei

Weil die Red von dem Schaden der Seelen ist, welchen dise von der Trunckenheit empfangt, so dienet hierzu Thomas Cantipratanus mit einem Exempel, welches zwar schon vilen bekannt, doch würdig ist widerumb erzehlet zu werden, damit es desto tieffer in die Hertzen eingedruckt werde. Etliche sonst ehrliche Männer haben sich in einem Würths-Hauß zusammen gesetzt und angefangen zu trincken, und so lang angehalten, biß sie angefangen den Wein wohl zu empfinden. Vil und unterschidliche Discurs fielen für, unter anderen auch von dem Leben oder Todt in der anderen Welt. Einer, der schon öffter bescheid gethan, schiltet auff die Pfaffen, welche das Volck bethörten, und ihnen fürmahlten, als ob nach disem Leben noch ein anderes in der andern Welt übrig seye, so doch lauter Träum und Einbildungen seyen. Die anderen lachten hertzlich über solche Wort, schertzeten und liessen praff einschencken. Da sie also im besten Sauß, sihe! da kommt ein frembder unbekannter Mann, groß von Persohn, graußlich anzusehen: Diser begehrte gleichfals vom Würth einen Trunck Wein, und weil er sähe, daß jene ZechBrüder an ihrem Tisch gantz lustig und frölich, auch der vorigen Red halber noch alle zusammen lachten, setzte er sich grad an den Tisch zu ihnen nider

96

Lucianus

Montifontanus

und fragte, was sie zu lachen hätten? derjenige, welcher schon vormahls jene Gotteslästerliche Spott-Red von denen Geistlichen außgestossen, widerhollet solche dem frembden Gast zu Ehren noch einmahl, darüber diser und alle andere ein neues Gelächter außgestossen. Es hat auch jener besoffne Redner noch dises hinzugethan, anzuzeigen, wie wenig er auff dises Pfaffen-Mährlein halte: Wann einer (spricht er) mir mein Seel abkauffen wolte, wurde ich ihme solche umb einen leydentlichen Preiß geben, das Geld aber grad jetzt der Gesellschaft zu vertrincken geben: Welches allen noch mehrere Ursach zu fernerem Gelächter gemacht. Da sie also ihren Spaß mit disen Reden trieben, kehrt sich der frembde, erst angelangte Gast, zu deme, welchem seine Seel feil war, und sagte: er seye ein Kauffmann, und suche dergleichen Waar, solte dann sprechen, wie theur er ihme sein Seel geben wolle? der andere bestimmt den Werth, villeicht von etlichen Gulden oder Thaleren. Der andere schlagt zwar weniger darauff, doch mit Fleiß noch so vil, daß er wohl merdcen kunte, daß der andere von dem Handel nicht abstehen werde. Die andere Gegenwärtige reden zum Kauff, bis die beede eins worden und der Hand-Streich geschehen. Darauff der Kauffer dem Verkauffer das paare Geld dargezehlt; diser aber alsobald solches dem Würth in die Hand gelegt, mit Befelch nur praff auffzutragen. Darauff gehet nit an ein trincken, sonder an ein Sauffen; massen sie mit grösseren Gläseren und Becheren einer dem anderen zugesetzt biß auff den spatten Abend, da sie dann alle wohl zugedeckt und bezecht zu seyn erschienen und villeicht vom Heimbgehen etwas gedachten. Da dises der Kauffer beobachtete, redte er alle mit diesen Worten an: weil es nimmehr Abend und Zeit nacher Hauß zu kehren, so begehre er zuvor von ihnen allen ihre Meynungen hierüber: Ob wann einer ein Pferd kaufft, ihme die Hälffter auch gehöre? Ausser Zweiffei, antworten dise, der Zügel gehört zu dem Pferdt, dann sonst der Kauffer das Roß nit wurde fortreuthen mögen. Da dann dises alle für recht erkennt, sihe! da verstellte sich der Kauffer augenblicklich in eine erschröckliche Gestalt, (weil es der lebendige Teuffei wäre), ergreifft den Verkauffer beym Kopff, der jetzt allzuspatt umb Hülff geschryen, und führet ihn zum Fenster hinauß mit Leib und Seel der Höllen zu. Wolte Gott! daß nit vil andere Bauch-Diener also umb Wein ihre arme Seelen dem laydigen Feind verkaufften.

3. E i n V o l l e r

ladet einen

Todten

zu

Gast

Glücklich und unglücklich ist es in seiner Wein-Schiffart ergangen einem, der in seiner Stadt zwar Richter, aber allen Leuthen ein Aergernuß gewest, weilen er mehr Theils blind Stern-voll gefunden wurde. Sein Hauß-Frau hatte kein größeres Creutz als dises, ihren Mann in einem solchen Stand zu sehen, weil sie fromm und Gotts-förchtig; suchte daher ihn auff alle Weiß und Weeg von disem gefährlichen Laster abzuwenden, raffte Gott an, stellet auch andere, sonderlich Fromme Arme an, für disen Wein-Schlauch zu betten, denen sie

Der tote Gast

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darumb vil Allmosen hat außgetheilt. Gleichwie aber solche, einmahl recht angezündete Wein-Taucher nicht leicht mehr zu bekehren, also ist auch alles bey disem Richter umbsonsten gewest, biß Gott selbst ein Mittel geschafft. Eines Mahls, nachdeme diser truncken-Boltz abermahl den gantzen Tag im Würths-Hauß gesessen, und spatter Nacht Blitz-Platz-voll nacher Hauß gekehrt, hat er den nächsten Weeg, der über den Gotts-Acker gienge, genommen: Weil es aber finster und er Wein-blind wäre, stiesse er an einen Stein oder was anders an, also daß er gestorchlet, und plätzling auff die Erden hinauß gefallen. Diser Sauffer wäre auch ein Gotts-Schänder, welcher wegen dises Falls Gott, Gottes-Mutter und alle Heilige grausamb gelästeret. Nachdeme er sich endlich widerumb nicht ohne Mühe auffgericht, und auff die F ü ß kommen, und seines Weegs fort thrümlen wolte, sihe! da steht ein Todten-Larven vor ihme, deren durchschlagendes Feuer dem Gotts-Lästerer so vil Liecht gebracht, daß er die erschröckliche Gestalt wohl sehen kunnte: Doch weil ihme der Wein seinen Verstand genommen, redte er den Todten frech an: Wer er seye? Der Geist gibt ihme disen kurtzen Bescheid. Wer ich bin, der wirst du seyn. Du seyest, wer du wollest, spricht der Richter, komme mit mir das Nacht-Essen einzunemmen. Das Gespenst aber befilcht ihm fort zu gehen, wolle ihme gleich auff dem F u ß nachfolgen. Der Schröcken hat disem Vollsauffer jetzt Füß gemacht und ihme den Rausch auß den Kopff gebracht. E r erzehlet seiner Frauen, was ihme begegnet, befilcht die Thür und alle Fenster-Läden wohl zu schliessen. Umsonst, dann sobald er zum Tisch gesessen, klopfet man starck an der Thür, also daß das gantze Hauß erzitterte, und alle Thüren von sidi selbsten auffgesprungen; kommt also der entsetzliche Gast für den Tisch: Sihe, sagt er, da bin ich, den du eingeladen. Alle andere fliehen davon, lassen den Herrn allein beym Tisch, deme der Todte fürrupffte, daß, da er ihn geladen, doch nicht zu essen fürstellete. Wohlan aber, so lade ich dich dann, nach dreyen Tagen um dise Stund mit mir zu speisen. Mit welchen Worten er verschwunden. Ist wohl zu gedencken, was dises dem versoffnen Richter für einen Grausen verursachet, welcher deß anderen Tags eine General-Beicht abgelegt, mit Zitteren wartend, was weiter erfolgen möchte. Auff die bestimmte Stund wird er in die Holl verzuckt, da er einen Tisch gesehen, daran lautter verdammte Sauff-Brüder gesessen. Das Tractament wäre von lauter Krotten und Schlangen, an statt deß Malvasirs zwange man sie Feuer, Schwefel und Pech außzutrincken. Der vorige Todte wäre einer auß disen, der dann den Richter als Gast hiesse zu Tisch sitzen, mit ihnen essen und trincken: darüber diser vor Forcht erstarret, doch auß Gnaden Gottes widerumb in sein Hauß, aber gantz eiß-grau und halb-todt gebracht worden. Dises Gesicht aber hat ihme den Wein also verleydet, daß er forthin gantz eingezogen und Gottseelig gelebt hat. Wolte Gott! daß allen solchen Wein-Saufferen dise höllische Tafel die Augen einmahl öffnete, die verdammliche Trunckenheit und Füllerey zu meyden.

7

Moser-Rath

98

Lucianus

Montifontanus

4. G e s c h i e h t v o n z w e y e n B a u r e n , s o d i e verrucket

Marcken

Vielleicht kans seyn, daß die neue Exempel mehr als die alte bewegen: derowegen ich eines beybringe auß dem Mund eines frommen und hochgelehrten Religiösen eines fürnemmen Gottes-Hauses, der auch in seinem Orden zu Würden erhöhet, mit Augen gesehen, was ich erzehle, den Namen aber auß Ursachen verschweige. Einige Zeit hat er eine, seinem Gotts-Hauß zuständige Pfarrey zu versehen gehabt. Unter anderen waren zween Bauren als Pfarr-Kinder, welche mit einander sehr zweyspältig lebten, dessen mehriste Ursach wäre, daß ihre Güter von der Pfarr-Kirchen etwas entlegen an einander gegräntzet, und einer den andern bezüchtiget, als hätte er die Marek-Stein verrücket. Obschon der Seel-Sorger sich vil bemühet, den Friden unter ihnen zu pflantzen, wäre doch bey denen verbitterten Gemütheren wenig außzurichten: Mithin ists geschehen, daß der einte unter ihnen mit Tod abgangen. Was in der anderen Welt für ein Urtheil empfangen, kan man so gewiß nicht sagen; doch hat er sich auf seinem Gut alle Abend, nachdeme der Englische Gruß außgeleutet worden, gantz feuerig sehen lassen, also daß alle, so selbiger Zeit auß denen Felderen nacher Hauß gangen, ihne nicht allein mit Augen gesehen, sondern auch, wiewohl brinnenden, eygentlich nach seiner vorigen Gestalt zu erkennen vermeynten. Dises hinterbringen sie dem Seel-Sorger, der dann dem Verstorbnen sein Ehr nach Möglichkeit zu erhalten, denen Leuthen es außzureden sidi bemühete, mit Erweisung, daß offtermahl sonderlich an feuchten Orthen, und auf denen Freydhöffen bey heisser Zeit einige feiste Dämpff von der Erd auffsteigen, und von der Hitz gähling angezündt, wie feuerige Männer anzusehen, massen auch die vermeynte schiessende Sternen nichts anders, als ein solcher angezündter Dampff; so gar das Wetterleychten eben von disem her komme. Was er aber ihnen immer auß der Philosophi vortrüge, als ein hochgelehrter Herr, wolte doch alles das denen Bauren nicht in ihre Köpff, als welche dises nicht einen Dampff, sonder einen feuerigen Mann, und zwar den Verstorbnen zu seyn behaupten wolten. Bittende, er wolte nur die Mühe nehmen, und mit ihnen hinaußgehen, die Sach selbst mit Augen zu sehen. Der Geistliche auß obangezogner Ursach weigerte sich dessen, biß nadi einiger Zeit auch der andere entzweyte Baur Tods verblichen. Wunderlich aber entsetzlich zugedencken ist es, daß auch diser nach seinem Absterben ebenfals in dem Eingang seines Guts zu gleicher Zeit sich gantz feurig hat sehen lassen, welches gemacht, daß das Geschrey hiervon desto grösser worden und einige von der Gemeinde den Pfarr-Herm billich ersuchet, auff den Abend mit ihnen hinauß zu gehen, das elende Spectacul selbst anzuschauen und etwan zu rathen, was bey so beschaffnen Dingen fürzunemmen seyn möchte. Diser lasset sich endlich bereden. Nachdeme sie dann sammentlich an das Orth hinauß kommen, und die Zeit erwartet, biß das Ave Maria geleutet worden, sihe! Da stehen dise zween feurige Männer vor ihren Augen, deren jeder einen feurigen Karst oder Hauen auff der Achsel getragen. Dem

Feurige

Grenzfrevler

— Der Doktor von Paris

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Ansehen nach kunnte keiner änderst urtheilen, als daß solche eben die verstorbne beede Baurs-Leuth seyen. Das Feuer an ihnen branne so heiter, daß sie gedunckte, sie sehen durch den hohlen Leib durch, und wie die innere Glidmassen brenneten, und das noch ein anderes Feuer durch die Adern durchtrunge. Da sie dises also mit Grausen und Schröcken eine Zeitlang gesehen, seynd dise gähling verschwunden, sich aber auff dem nächst gelegenen Berg wiederumb sehen lassen, da sie mit ihren feurigen Hauen also auff einander geschlagen, daß Fundcen und Flammen in die Höhe geflogen, demnach sich widerumb verlohren und unsichtbar worden. Schliesse hierauß ein jeder, was ihn gedunckt: daß aber die Verruckung der Marcken den ewigen höllischen Fluch nach sich ziehe, ist in diser Predig mit Umbständen probirt worden.

5. E i n e s P a r i s i e n s i s c h e n D o c t o r s Verdammnus

grausame

Vil Legendisten in dem Leben deß Heil. Patriarchen Brunonis berichten, wie daß zu Zeiten dises grossen Ordens-Stiffters ein hochgelehrter, dem Ansehen nach gut Catholischer und frommer Herr gewest, der daher bey männiglich ihme einen grossen Nahmen gemacht hat. Nun begäbe es sich, daß diser auf ein Zeit erkrandcet, ohne daß ihme die Herrn Medici helffen konnten. Der Zustand bösert sich, der Krandce wird mit denen HH. Sacramenten versehen und seegnet demnach dises Zeitliche. Eine herrliche Leichbegängnus wird angestellt, wie solches der Stand deß verstorbenen also erforderte. Vil fürnehme, gelehrte Herren und Studenten, wie auch andere Persohnen in grosser Zahl begleiteten die Leych zur Kirch, da sie solche in Mitten derselben nidergestellt und von denen Geistlichen Herren die gewöhnliche Caeremonien und Todten Aembter verrichtet worden. In dem Ambt für die Abgestorbene ist man in den anderen Nocturn, biß zur ersten Lection kommen, welche also anfangt: Responde mihi: Quantas habeo iniquitates & peccata, scelera mea & delicta ostende mihi. Antworte mir: wievil Missethaten und Sünden ich habe. Zeige mir meine Laster und Verbrechen. Unter disen Worten richtet sich der Todte im Angesicht aller Menschen auf; und mit erhebter verständlicher Stimm spricht er: Justo D E I judicio accusatus sum. Auß gerechtem Urtheil Gottes bin ich angeklagt worden. Nach welchen Worten er sich widerumb nidergelegt. Ein solcher Schröcken aber hat alle Gegenwärtige überfallen, daß vil darvon geloffen: die Geistlichkeit aber hat von denen angefangnen Aembteren nachgelassen und die Begräbnuß auf den folgenden Tag aufzuschieben beschlossen: unterdessen das Geschrey diser wunderlichen Sach in der gantzen Stadt Pariß, da dises geschehen, ist außgebreitet worden. Folgenden Tags fangt man die Todten-Aembter von neuem an, zu welchen eine ungewohnte Vile deß Volcks zugeloffen, begürig zu sehen, wie es weiter ergehen werde. Man kommt widerumb in den anderen Nocturn zu denen vorigen Worten: der Todte sitzet widerumb auf, mit heller Stimm schreyende: Justo D E I judicio judicatus sum. T

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Lucianus

Montifontanus

Auß gerechtem Urtheil Gottes ist der Sententz über mich gefällt worden. Das sagt er, und lasset sich widerumb nider. Und unglaublich ist zu sagen, wie alle Gegenwärtige hierüber ertattert, doch glaubten sie, er wurde noch ein gnädiges Urtheil vor dem Richter-Stuhl Gottes empfangen haben: weil er mehr nicht gesagt, als daß er das Urtheil empfangen habe. Wolten darumb den Außgang erwarten; zu welchem Ende mit der Begräbnuß noch auf den dritten Tag eingehalten worden. Nach Vernemmung dessen ist am dritten Tag schier gar die gantze Stadt erschienen. Man fangt mit denen Göttlichen Aembteren widerumb an, wartet jederman mit höchstem Verlangen, was dise Sach für ein End nemmen werde. Kaum fangt man an die obgemeldte Wort zu lesen, und sihe, der Todte erhebt sich zum dritten mahl, und noch mit vil entsetzlicheren und durchtringenderen Worten raffet er überlaut: Justo D E I judicio condemnatus sum. Durch das gerechte Urtheil Gottes bin ich verdammt worden. Wer will außsprechen, wie dises aller Gegenwärthigen Gemüther zerschlagen habe? welche hören müssen, daß der Verstorbne, omnium opinione probus & Sanctus, wie der Author redet, der nach aller Meynung ein frommer und heiliger Mensch gewesen, in die ewige Verdammnuß Verstössen. Daß er ein Catholischer Christ gewest, hat niemand zweifflen können: daß er aber dannoch verdammt worden, hat ja kein andere Ursach seyn können, als daß die Christliche Tugenden und gute Werck ermanglet haben, vilen, fürauß dem jungen Brunoni, hat dises einen solchen Antrib gegeben, welcher von da an auf das Fundament deß Glaubens einen solchen Bau der guten Wercken aufzuführen ihme fürgenommen, wie sein gantzes H. Leben gnugsam bezeuget. Gesehen hat er, wie der gemeldte Doctor mit dem Jähren und todten Glauben auch ewig gestorben, und als ein solcher nit in die Kirch, sonder an ein unreines Orth verscharret ist worden, darumb er seinen Glauben mit Wercken geziehret, und uns allen gezeiget, daß also allein die Seeligkeit müsse erhalten werden.

6. E i n B a u e r , d e r n i t g e r n P r e d i g

gehört

Eine hiezu nit untaugliche Geschieht beschreibet der hochwürdigste Cardinal Jacobus de Vitriaco, von einem Baursmann, welcher zwar ein so gottloses Leben nit geführt, doch in deine sonderbahr zu tadlen, daß er sehr ungern zur Predig gangen. Wann es dann Sonn- oder Feyrtag, da er die Heil. Meß zu hören schuldig wäre, hat er doch ein Ursach gesucht auß der Kirchen zu kommen, wann die Predig hat anfangen sollen: also daß sich die andere Bauren nit wenig darüber geärgeret, warumb er aber die Predigen so ungern gehört, ist leichtlich zu erachten. Es muß einmahl in seinem Gewissen nit alles recht bestellt gewest seyn: E r muß in einer oder der anderen Sach etwas im Hertzen gehabt haben, mit beständiger Forcht, man möchte in der Predig vielleicht auff dise Materi kommen, und ihme das Gewissen nur aufrührerischer machen, darumb er lieber in einer gesuchten Unwissenheit verblieben

Versäumnis von Predigt und Messe bestraft

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wäre, dann n a d i den Worten der ewigen Wahrheit: Wer von Gott ist, der höret gern Gottes Wort an. Ich zweiffle nit, die seinige zu Hauß, u n d desto mehr der Pfarrer, als Seelsorger, werden ihn mehrmahlen ermahnet haben, wie ein anderer Christ das H. Wort Gottes anzuhören: hat aber alles nichts verfangen. Der Baur lebt also ob seiner groben Unwissenheit manche Jahr, biß er auff ein Zeit schwärlich erkrancket. Weil er aber nichts von denen H H . Sacramenten redete, haben ihne die seinige ernstlich darzu ermahnet: der Krancke aber geantwortet: Er wolle wohl nichts versäumen, wann es mit ihme böser sollt werden. Man sihet einen und anderen Tag zu. Weil dann die Kranckheit zunamme, spricht man ihme noch eyffriger zu, sich versehen zu lassen. Diser aber protestirt, es seye ihme noch nit so wehe: schiebt also die Beicht u n d letzte Göttliche Weegzehrung von Tag und Tag auff, biß er letztlich ohne alle H H . Sacramenten gestorben. Todt ist todt. Man tragt die Leich zur Kirchen, unter dessen allerhand Gemümmel unter dem Volck umbgehet: etliche sagen das, andere das: die meisten aber, daß er halt sehr ungern die Predig und das Wort Gottes angehört habe. Da nun die Leich in der Kirch stunde, fangt der Priester an für den Verstorbnen die gewöhnliche Todten-Aembter zu verrichten; welcher da er biß zu den Psalmen: De profundis &c. kommen: Von der Tieffe O Herr hab ich zu dir geruffen: Herr erhöre mein Gebett, öffne deine Ohren und mercke auff mein Bitt etc. Höre wunder! zu disen Worten löset das höltzene Crucifix die beede Armb von dem Creutz und verstopffet mit denen Fingeren seine beyde Ohren. Einer zeigte es dem anderen, und keiner wäre, welchem in dessen Ansehung die Haar nit gen Berg gestanden wären, weil dann alle Gegenwärtige das mit Augen gesehen, steiget der Seelsorger auff die Cantzel, machet eine kurtze Predig, nimmt zu seinem Fürspruch die Wort Christi: Qui vos audit, me audit. Wer von euch höret, der höret mich. Widerhollet deß Verstorbenen gröste Hinläßigkeit in Anhörung deß Göttlichen Worts und wie halßstärrig er die Predigen gemeydet: darumb jetzt ungezweifflet der gecreutzigte Heyland mit Verstopffung seiner Ohren anzeigen wolle, daß auch das Kirchen-Gebett f ü r einen solchen nit erhöret werde; weil nun aber Gott der Herr den verstorbnen deß Gebetts der Kirchen nit würdig schätze, so seye er auch nit werth, der Kirchischen Christlichen Begräbnuß; lasset also den Leib auß der Kirchen alsobald hinaustragen, welcher darnach wie ein Aas an einen ungeweyhten Orth begraben worden. Das ist das E n d deren, welche in ihrer verdammlichen Unwissenheit lieber verharren, als in der Predig auß Gottes Wort sich wollen unterrichten lassen.

7. E i n e r , s o d i e g a n t z e M e ß a n g e h ö r t , entgehet dem Todt Was f ü r Gnaden die jenige empfangen, welche die H. gantze Meß biß zum E n d zu Ehren deß Lebens und Leydens Christi anhören, kan vor andern bezeugen ein Jüngling, von welchem der H. Antoninus Florentinisdier Ertz-

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Lucianus

Montifontanus

Bischoff meldet. Diser unterredet sich mit einem andern seines gleichen, auff den morgigen Tag, welches ein hohes Fest wäre, und also nicht so leicht hätte sollen entunehret werden, hinauß auff das Jagen und Hätzen zu gehen; wie auch geschehen: doch hat diser Jüngling seiner Schuldigkeit gnug zuthun, sich zuvor in die Kirch begeben, und nicht nur obenhin, sonder andächtig und auffmercksamb die H. Meß gantz außgehört, wie auß deme zu mercken, daß er sich nit, wie bey vilen geschieht, die Zeit hat lassen zu lang werden und bey Zeiten auß dem Staub gemacht, sonder blibe vollkommen auß biß zum End; . . . Nachdem er dise Schuldigkeit verrichtet, sucht er sein Gesellen, der aber villeicht noch in den Federen gelegen, auffs wenigst an kein Meß hören gar nicht gedencket, noch im Sinn gehabt dem Kirchen-Gebott gnug zuthun. Sie eylen hinauß in die Felder und Wälder; und da sie jhre Spürhund loß gelassen und in aller Arbeit waren, fangt sich an der Himmel zu überziehen, und trohete ein erschröckliches Wetter, weilen die schwere schwartze Wolcken nichts anders versprachen. Bald fangts an zu blitzen und donneren: ein Straich kombt auff den andern, daß also bey so gethanen Dingen die beyde Jäger sich anfiengen mächtig zu förchten. Welches aber das allerentsetzlichste wäre, als gähling widerumb ein grausammer Knall geschehen, wurde zugleich in dem Lufft dise deutliche Stimm gehört: Percute, percute eum. Schlag jhn, schlag darein. Die erschrodcne Jüngling suchten einen finstern Orth under zustehen: bald aber fallet widerumb ein Blitz, der den einten Jüngling, der kein Meß gehört hatte, Mauß todt geschlagen. Der andere jetzt desto mehr mit Forcht und Grausen überfallen, waiß nicht auß oder an, sonderlich da mit einem andern Donner-Straich die vorige Stimm erschollen: Percute eum, percute. Schlag zu, schlag zu. Weil dann auf solche Stimm sein Gesell allberait erschlagen worden, ist wohl zu gedencken, wie disem andern umbs Hertz gewesen. Doch ist er erfreuet worden, da er ein andere Stimm in der Höhe vernommen, sprechende: Ich kan nicht, weilen er heut in der H. Meß die Wort: Et Verbum caro factum est / Das Wort ist Fleisch worden / mit Andacht hat angehört. Ist also diser der augenscheinlichen Gefahr entgangen. Lehmet liebe Zuhörer, wie kräfftig dann die Wort und Caeremonien der H. Meß seyen, deren Anhörung von den bevorstehenden Üblen erledigen kan.

8. E i n E d e l m a n n , w i e e r g e z ü c h t i g e t w o r d e n , u m b d a ß er S o n n - und F e y r t a g g e j a g t Thomas Cantipratanus, ein hochwürdiger Bischoff und glaubwürdiger Scribent, hatte billich unter andern vilen Exemplen auch dises vermercket, das einem Edelmann in Teutschland begegnet ist, welcher dem Jagen so gar unmäßig ergeben, daß er auch denen heiligen Sonn- und Feyrtägen nit geschonet, sonder anstatt in die Kirchen zugehen, die Wälder, Heyden und Auen durchstrichen, Bühel und Berg durchsuchet hat. Seine Gemahlin, wie an Geblüt, also auch an Sitten und in der Andacht edel, ermahnte jhren Herrn offter-

Ein Sonntagsjäger durch Mißgeburt bestraft

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mahlen von disem Mißbrauch abzustehen, und neben anderen frommen Christen die Feyrtäg zuheiligen, der Kirchen und dem Gotts-Dienst abzuwarten. Aber alles umbsonsten. Wie dann die jenige, welche in das Jagen sich einmahl verliebt, nit leicht mehr davon zubringen. Die Frau möchte sagen was sie wolte, sie möchte auch andere Leuth bestellen, jhrem Herrn solches zumißrathen, so offt sie wolte, hat doch nichts geholffen. Dise fromme Frau hat jhrem Ehe-Herrn schon mehr liebe Kinder glücklich gebohren. Geschähe aber, daß sie widerumb schwangeren Leibs wurde: da dann zur Zeit jhrer Schwangerschafft der Edelmann mehr als sonst dem Gewild nachsetzte, und täglich mit seinen Hunden dem Hetzen und Jagen obläge, es möchte gleichwol Werck- oder Feyrtag seyn, wahre ihme eins wie das ander: darüber sich die andächtige Frau mächtig bekümmerte, und immer in Sorgen stuhnde, Gott wurde solche Ubertrettung der Kirchen-Gebotten nit also ungestrafft hingehen lassen. Und sihe, sie wahre ein Prophetin. Zu seiner Zeit wird sie mit GeburtsSchmertzen überfallen, deren nit allein jhre Kammer-Menscher und Mägd, sonder auch vil andere adeliche Frauen zu Hilff sich eingefunden. Sie wird endtlich entladen, und bringt einen Sohn zur Welt. Wann er ein Sohn zunennen wäre: dann das Kind dem gantzen Leib nach ein recht formirtes Büblein wahre, außgenommen das Häubtlein, welches durchauß ein HundtsKopf wahre, mit seiner Goschen und langen Ohren, wie die Jag-Hund jhres Herrn gestaltet waren. Niemand kan sagen, daß dise adeliche Kindbetherin seye erfreuet worden, weil sie fürnemblich, auch alle andere hierüber häfftig erschrocken seynd, in Ansehung einer so entsetzlichen Mißgeburth. Was Raths? Alle Gegenwärtige dencken hin und dencken her. Endtlich schliessen sie alle, weil das Kind kein menschliches Haupt habe, seye es mehr ein Thier als Mensch, auch deß H. Tauffs nit fähig, befehlen demnach solches heymblich hinauß zutragen und in Boden zuverscharren, damit der üble Ruff unter das gemein Volck nit kommen möge. Unterdessen man das Geschrey außgehen lassen, die edle Frau habe ein todte Frucht zur Welt gebracht. Auff den Abent kombt der Edelmann auch daher auß denen Büschen und Wälderen, welcher, da er vernommen, daß unterdessen sein Gemahlin niderkommen, begehrte er die Frucht zusehen. Niemand wäre, der mit der Sprach herauß wolte; welches den wilden Ehemann höchst verdrossen; dahero mit Betrohung, so gar mit gezücktem Degen befohlen, jhme das Kind zuzeigen. Die erschrockne Gemahlin derohalben befilcht die Geburt widerumb außzugraben, und daher zubringen. Als mans in die Kammer gebracht, spräche sie mit vilen und überflüßigen Zäheren: da sihet mein Herrn jetzt selbsten, was ich vilmahl vorgesagt, Gott werde jhn noch einmahl straffen, weil er Feyrtäg und Gebott der Kirchen so gröblich verachtet, und an statt mit anderen Christen in die Kirch zugehen, mit seinen Hunden in den Wälderen und Felderen umbgeloffen; daher der gerechte Gott uns mit einer hündischen Geburt augenscheinlich, zu unserem höchsten Leyd und Schand deß gantzen Geschlechts gestraffet hat. Welchem nach sie widerumb unzahlbare Zäher vergossen. Dise Wort und Zäher aber waren so kräfftig, daß sie deß Herrn hartes Hertz erwaichet haben; dann

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Lucianus

Montifontanus

er von da an sich hertzlich bekehrt, Gottes und der Kirchen Gebott, in Haltung der auffgesetzten Festtägen eyfferig sein Lebtag gehalten hat. Wer die Kirch verachtet, ist nit unbillich, daß er vor der Welt verächtlich werde, wie diser Edelmann mit seinem grossen Spott gesehen und erfahren hat müssen.

9. D e r T e u f f e i

d u r c h das C r e u t z - Z e i c h e n

vertriben

Zu unserem Vorhaben schickt sich, was P. Joannes Junior, deß H. Dominicaner Ordens, in seinem Buch Scala coeli genannt, erzehlet. In der Statt Toledo im Königreich Hispanien, befände sich ein reicher und möchtiger Herr, der aber ein heimblicher Zauberer und durch Hilff deß Teuffels zu solchen Reichthumben kommen wäre. Diser wie er schon vil Menschen verführt, also hat er auch einen frommen und ehrlichen Jüngling zum Fall zubringen sich understanden. Diser wäre ein armer Gesell, welcher dann sein Brodt und Underhalt zu gewinnen sich als ein Haußknecht bey obgedachtem Herrn in Dienst eingelassen. Diser, als ob er groß Mitleiden mit deß andern Armuth trage, tröstet jhn, mit Versprechen, daß wann er seinen Dienst treulich und recht versehen wurde, er seiner auch nicht vergessen, sonder bey seinem Herrn als einem mächtigen König recommendieren wolte, und bey demselben wol anzubringen verhoffe. Der arme Tropff wäre nichts fröhers, jhme selbsten grosse Hoffnung machende, er werde noch einsmahls zu einem rechten Mann werden, laut gethaner Versprechung seines Herren. Nachdeme er derohalben seinem Dienst einige Zeit recht und wol vorgestanden, hat der Herr einmahls jhme befohlen, weil er morgigen Tags auff das Jagen auß wolte, sich fertig zuhalten. Bey anbrechendem Tag begeben sich beyde hinauß in den Wald. Und nachdem sie den gantzen Tag also mit Hetzen und Jagen hin und her verzehrt, kommen sie Abends an einen Fluß. Auff der andern Seiten deß Wassers zaigte sich ein herrlicher Pallast, von vilen wol mundierten Soldaten umbgeben und verwahrt. Der Knecht verwunderte sich dessen, weil er nie nicht von disem Pallast weder gehört noch gesehen. Fragt demnach, wem solcher zuständig seye? meinem König, antwortet der Herr, von welchem ich dir schon längsten gesagt habe. Wanns beliebig, wollen wir hinüber fahren und dorten die Nacht-Herberg nemmen; mit welcher Gelegenheit ich auch dem König dich werde recommendiren mögen. Wie dann der Knecht dessen wol zufriden, fahren sie in einem Schifflein über den Fluß, kommen bey sinckender Nacht für das Schloß-Thor. Die Schilt-Wacht schreyt sie an: wer da? der Herr antwortet: er seye es; ein treuer Diener deß Königs. Er wird demnach angemelt, der König befilcht disen Herrn mit aller Höfflichkeit zu empfangen. Das Thor geht auff, eylff Edel-Knaben mit Windliechteren kommen dem Herren vorzuleuchten, vil andere Diener und Trabanten führen dise beyde in den Pallast, und biß in den Königlichen Saal, da alles von Gold und Edelgesteinen glantzete. Der König von seinem güldenen Thron steht auff, nimbt den ankommenden Herrn bey der Hand, setzet solchen auff sein Seiten, auff einen sehr kostlichen

Kreuzzeichen vertreibt Teufelsspuk — Ein Teufelsbeschwörung

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Sessel. Nach gethaner Bewillkommnung fragt der König: woher so spath? von der Jagt, spricht der ander, und weil ich so nahe an dem Königlichen Pallast angelangt, hab ich meine Schuldigkeit ablegen, eine Auffwarthung thun und zugleich euer Majestät disen meinen Diener zu dero Diensten fürstellen wollen: als welcher einig diser Hoffnung gelebt, in solchen Königlichen Dienst zu besseren Mitlen zu gelangen, als ers biß dato gehabt hat. Der König schine auff dise Wort vergnügt zu seyn, kehrte sich gegen disem Diener und fragte, ob er jhm dann von Hertzen zu dienen begehre? diser sagt ja, offerirt sich zu allem dem, worzu jhn der König tauglich erkennen werde. Recht also, spricht der König; wann du mir aber dienen und zu Reichthumben kommen wilst, wird nothwendig seyn, daß du die Dreyfaltigkeit, Vatter, Sohn und H. Geist verlaugnest und jhnen absagest. Der Diener ertatterte über dise Wort, und argwohnete alsobald, diser König müsse der Lucifer seyn. Ja er wäre so verstaunet, daß er nichts zu sagen wußte: deme aber sein Herr ernstlich zugesprochen, sich nicht zu förchten und nur kecklich zu bekennen: er sage der Dreyfaltigkeit ab, es solle jhme nicht schaden, dann also er Geld und Gut gnug bekommen werde. Jener aber von Gott gestärckt, nimbt jhme für nicht minders als dises zuthun: machet alsobald das H. Creutz für sich mit sprechen: Gesegne mich Gott der Vatter, Gott der Sohn und Gott der H. Geist, Amen. Und sihe, da er diß geredt, öffnet sich augenblicklich die Erden, und verschlucket den Pallast sambt dem teufflischen König und Dieneren, wie auch zugleich den verfluchten Zauberer. Unbeschreiblich ist, was der Jüngling für einen Schröcken eingenommen, der sich bey finsterer Nacht in einem wilden Wald befände. Ein Jahr gedunckte ihn schier dise Nacht zu seyn, welcher bey anbrechendem Tag sich auffgemacht, und widerumb zu den Seinen gelanget, denen er mit zitternder Stimm dise erschröckliche Begebenheit erzehlet. Auß welchem klar zu ersehen, was das H. Creutz mit Anruffung der heiligsten Dreyfaltigkeit vermöge.

10. E i n H e r t z o g b e g e h r t

den Teuffei

zu

sehen

Eine traurige Geschieht finden wir theils bey dem Lamberto de Schaffnaburg, theils bey andren Scribenten, daß nemlich nach dem Tod des Kaysers Henrici des sibenden sich in dem Römischen Reich eine grosse Spaltung erhoben, dann einige Chur-Fürsten an dessen statt einen erwählt haben, andere hingegen einen anderen, daraus dann erfolget, daß ein blutiger Krieg zwischen disen beeden strittigen Kayseren ausgebrochen. Anno 1323 geschähe ein grosse Schlacht an dem Neckar. Anno 1335 käme es wiederum zu einem Treffen, da dann der einte unter ihnen den kürtzeren gezogen und gefangen worden, aus dessen Anverwandten Hertzogen einer auf alle Weiß und Weg suchte, den Gefangnen wiederum loß zu machen. Diser Hertzog war ein kecker und frecher Herr, welcher einesmahls ein überaus gefährliche Sach gewaget. Er hatte einige Kundschafft mit einem Schwartzkünstler, wie etwann vor disem

Lticianus

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Montifcmtanus

an grossen Höfen der verdammliche Brauch gewest, daß man solche gottlose Leuth wegen ihrer Bossen aufgehalten, und um Kurtzweil halber passiren hat lassen. Gedachter Hertzog derohalben erfrecht sich aus grossem übermuth zu fragen: Ob ihme jener den Teuffei in seiner Gestalt zeigen könne? um zu erfahren, was diser für ein Kerl seye. Der Schwartzkünstler antwortet zwar ja. So will ich dann (sprach der Fürst) daß du ihn mir darstellest. Jener aber weigert sich jetzt dessen, weil dises ohne Lebens-Gefahr nit geschehen möge: Und falls ein unglücklicher Erfolg heraus kommen solte, er deshalben zur Straff möchte gezogen werden. Weil aber der Hertzog halßstärrig in seinem Fürhaben beharret, und den anderen versicherte, daß er deßhalb sich gantz und gar nichts zubesorgen hätte, setzet er sich in seinem Zimmer nider samt anderen, unterdessen der Schwartzkünstler den Teuffei in das Zimmer herein geführt, aber in einer solchen entsetzlichen Gestalt, daß der Fürst gesagt: Es seye schon gnug, solle den bösen Geist nur wiederumb fort führen. Welches auch geschehen, der Hertzog aber einen solchen Schröcken empfangen, daß er alsobald befohlen sich in das Beth zu führen: So zwar geschehen, er aber kaum ins Beth kommen, da er alsbald seinen Geist hat aufgegeben, und also allen Menschen ein Lehr hinterlassen, daß keiner die entsetzlichste Gestalt des Teuffels ohn Lebens-Gefahr anschauen möge.

11. E i n

Geitzhals

erhenckt

sich

selbsten

Einer auß deren Geitz-Hälsen Gesellschafft, die ich biß dato besdiriben, wäre der Jenige einer, von welchem Georgius Stengel auß der Societät Jesu berichtet, daß er ein merddiche summa Gelds zusammen gebracht, und daher in beständiger Sorg lebte, daß ihme die Mäuß oder Mäuß-Köpff nicht über seinen Beutel kommen möchten. E r trüge solchen von einem heimlichen Schlupff zum andern, wie die Katzen ihre Junge pflegen zu tragen. Es käme ihme einsmahls ein grosser Baum in einem etwas entlegenen Wald ins Gesicht, welcher alters halber anfienge löcherig zu werden, wie geschieht, wann dem Baum ein- oder anderer dürrer Ast abfällt, daselbsten leichtlich ein Fäule ansetzet und in den Stammen hinein frisset: Als derohalben auf einen Tag niemand umb die Weeg, steigt der Geld-Esel auf disen Baum hinauf, findet in der Höhe eine solche Höhlen, wie ich gesagt, welche ihm nach Wunsch zu seyn gedunckte. Hollet seinen Geld-Sack und mit grosser Behutsamkeit versteckt er solchen daselbst, verdeckt ihn, so gut er kan, und geht darvon, sich Versicherend, daß an disem Orth keiner einiges Geld suchen wurde. Nun aber hat es sich begeben, daß in der Gegend ein armer verdorbner Schlucker wohnte, welcher aller Mittlen entblöst, nicht allein seine vilfältige Schulden nicht abstatten, sonder auch die notwendige Lebens-Mittel nicht haben könnte, sich sein Weib und Kinder zu erhalten: Weil er disen beeden starcken Feinden, dem Hunger und denen Geld-Schulden nit länger widerstehen kan, entschließt sich diser verzweifflete Mensch, ihme selbst vom Brod zu helffen. Nimmet

Ein Geizhals erhängt sich

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derohalben einen Strick, laufft dem Wald zu, sihet einen Baum auß, wo er von denen Leuthen entfernet sich möchte erhencken. Durch Verhängnuß Gottes aber kommt er zu dem Baum, wo der obgedachte Phantast sein Geld verborgen hatte. Alles dessen unwissend steigt er hinauf, fangt an seinen Strick fest anzumachen, unterdessen er in der Höhlen deß Baums etwas verstecktes wahr nimmt, welches ihm ungewohnter weiß durch menschliche Hand geschehen zu seyn gedunckte; öffnet darum die Höhlen, und findet einen wohlgespickten Seckel mit Geld darinn. Wer hätte auf der Welt froher seyn können als diser arme Tropff? Welcher deß henckens gleich vergessen, den Beutel mitsich genommen, den Strick an seinem Orth hangen lassen, und mit grossen Freuden nacher Hauß gekehrt, von dannen er kurtz zuvor mit so grossem Hertz-Leyd außgangen wäre. Es stehet nicht lang an, und sihe! der andere Geld-Narr gehet auch in Wald, umb zusehen, wie es umb sein Geld stehe, und seinen Augen also einen Trost zu geben. Er kommt an das Orth, findet aber, daß das Vogel-Nest außgenommen, oder die Ducaten Federen bekommen und außgeflogen waren. Was dises dem Geitzigen für ein Schröcken und Stich deß Hertzens gewest seye, ist leichthin zu gedencken. Ware der andere Arme verzweifflet in Besteigung des Baums, so wäre diser Geld-Narr noch vil verzweiffleter, welcher in Ersehung deß Stricks, welchen der andere hangen lassen, sich alsobald dessen bedienet und an der Stell erhencket hat. Niemand wüste die Ursach eygentlich, warumb er sich in disem Wald erhencket hätte; doch wäre eine gemeine Rede, daß er und andere seines gleichen Geld-Schinder nichts bessers als den Strick verdienten.

Athanasius von Dillingen Unter dem bürgerlichen Namen Hofacker wurde er 1633 oder 1634 zu Dillingen geboren und am 16. November 1653 als Angehöriger der Tirolischen Provinz des Kapuzinerordens eingekleidet. Er wirkte zunächst als Missionar in Sulzbach, von 1668 bis 1676 als Lektor der Philosophie und Theologie in Salzburg, und versah zeitweise in missionierender Tätigkeit die neugegründete Fastenkanzel in Lofer. Um 1680 wurde er als Hofprediger nach Günzburg berufen. In diesen Jahren emsiger Kanzelwirksamkeit entstanden auch seine zahlreichen, durchwegs deutschen Predigtwerke, die er innerhalb weniger Jahre zum Druck brachte: 1689 die „Argonautica spiritualis oder Geistliche Schiffart", und außer einigen Einzelpredigten noch im gleichen Jahr einen stattlichen Band Kirchweih-Predigten „Varietas delectans seu Zachaeus variis modis propositus" (4°, 635 S.), der mir bisher leider nicht erreichbar war, 1690 eine kleinere Sammlung von Bruderschaftspredigten „Candelabrum eucharisticum . . . Gnaden-Leichter, das ist: Zwölf Ermahnungs-Reden von dem Hochwürdigen Sacrament deß Altars" (115 S.) und 1691 ein umfangreicher Sonn- und Feiertags-Zyklus „Hortus mysticus... Das ist: Geistlicher Lustgarten mit außerlesenen Blumen" (1691, 4°, 1336 S.), der laut Auskunft der Staatsbibliothek München in keiner der angeschriebenen deutschen Bibliotheken zu finden ist. Bald danach, 1692 und 1696, erschienen zwei weitere Bände von Dominical- und Festivalpredigten, „Vinea evangelica . . . " und „Campus elysius . . ." (s. u.). In diesem letzten Werk meinte Athanasius, auf die Titel seiner Predigtsammlungen anspielend, er habe sich jetzt „auf Andcer gelegt, meiner Schiffart und Kopfarbeit bey meinem weitschichtigen und fruchtbaren Feld ein End gemacht . . . weilen der Tod durch ein gefährliche Kranckheit schon bey mir angeklopffet". Es waren ihm jedoch noch etliche Jahre vergönnt. Wiederholt wirkte er als Guardian und Definitor; er starb am 7. Dezember 1714 zu Augsburg. Athanasius hat den volkstümlichen Charakter seiner Predigten gern betont (vgl. S. 13) und im Rahmen des Zeittypischen auch eine schlichte und doch bildkräftige Sprache gefunden. Exempel, Fabeln und Schwänke sind relativ sparsam ins Kanzelwort eingestreut. Ein heiteres Ostermärlein hat er seinen Zuhörern nie versagt. Er bleibt jedoch stets ein knapper Erzähler, der prägnant den Hergang der Geschichte wiedergibt. L i t . : HOHENEGGER 1, 7 3 2 ; NEUNER 2 9 f. (mit vollständiger Bibliographie);

Cappucinum 143.

Lexicon

Gottes unbegreifliche

109

Gerechtigkeit

12. V o n e i n e m E i n s i d l e r u n d e i n e m

Engel

Man erzehlt von einem frommen Wald-Bruder oder Einsidel, daß er Gott gebetten, er soll ihm doch kundt thuen, wie er mit den Menschen auff der Welt nach seiner Göttlichen Vorsichtigkeit pfleg umbzugehen, machet sich dises zuerfahren auß seiner Wüsten herauß, trifft einen Wandersmann an, der war ein Engel, kommt mit ihme über eins, daß sie mit einander durch die Welt raisen, wie der junge Tobias mit dem Ertz-Engel Raphael, in dem fortgehen kommen sie zu einer Brucken, darauff saß ein Bettler, der sprach sie an umb ein heiliges Almosen, der Engel gibt ihm einen Stoß, daß er in das Wasser hinab fallet und ersauffet, der Einsidel gedencket ihm, ich hab einen schlechten Raißgespanen angetroffen, ich wolt, daß ich wider von ihm wär, der arme Tropff hat ihm ja kein Leid gethan, nur umb ein Almosen gebetten, und an statt er ihme hat sollen guts thuen, bringet er ihne umbs Leben, er kont sich ab diser That nit gnug verwundern, sagt doch nichts. Zu Nachts kommen sie miteinander in ein Wirthhauß, wurden auff das freundlichist empfangen, wohl tractiert mit Speiß und Tranck auffs beste versehen, in ein gutes Beth gelegt. Morgens frühe machen sie sich auff, der Engel nimbt hinder der Thür Urlaub, stilet dem Wirth ein silberne Schalen, das käme dem Wald-Bruder nit münder wunderlich vor, als das erste, indem er sähe, daß sein Gespan die so grosse ihnen erwisne Lieb und Ehr mit einem so schlechten Danck vergolten hat, spricht bey sich selber, das kan ja nit recht seyn, thäte sich gern von ihm abschraufen, kont es doch nit füglich anrichten, schweigt abermal: deß anderen Tags bitten sie abermal umb die Nachtherberg, der Wirth war ein grober, raucher, ungeschlachtener Mann, fahrt sie mit harten Worten an, ließ nit ein, sie mussten in einem Stall für gut nemmen, und gleichwol die Achsel schmucken. Morgens frühe bedanckt sich der Engel auff das höfligist wegen des Quartiers, schencket dem Gastgeb die silberne entfrembte Schalen, das kont der Einsidel in seinen Kopff nit bringen, wie dodi eins und das andere recht und billich wäre, überwände sich dannoch noch einmal. Endlich kehren sie ein bey einem abdandcten Soldaten, der hatte von seinem verstorbnen Weib ein eintziges hinterlassnes Kind, noch liegend in der Wiegen, der Vatter erzaigte ihnen alle mögliche Lieb, gab ihnen, was das Hauß vermöcJite, zu Nachts stehet der Engel auff, erwürget das Kind in der Wiegen, machet sich mit seinem Gespannen heimlich darvon, der konte länger nit mehr schweigen, nit mehr Gedult haben, sagt, mein lieber Gespan, mit dir verlang ich nit weiter zu reisen, du kanst deinen Weeg gleichwol weiter gehen, du must nit weit her seyn: warumb, sagt der ander? Mein was hat dir der arme Tropff leyds gethan! spricht der Einsidler: daß du ihn über die Brucken abgeworffen und im Wasser versauffet hast? hat uns nit der erste Wirth mit aller Höfflichkeit empfangen? alle Lieb erwisen, Essen und Trincken nach Gnüegen gegeben, das beste Federbeth zugerichtet, und an statt der schuldigen Dancksagung stählest du ihm ein silberne Schalen, ist das recht? ist es billich? der ander war ein so grober Mann, erwise uns nichts guts, ausser daß er uns den

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Athanasius von Dillingen

Stall vergönnet, dem schenktest du die Schalen, der arme Soldat hat ja allen seinen Kräfften auffgebotten, und das unschuldige Kind thuest du ihm erwürgen, wie willst du das bey dem Gerechten Gott verantworten? Du bist gar recht daran mein Alter, menschlicher Weiß redest du die Warheit, dem äusserlichen blossen Ansehen nach, ist eins und das ander straffmässig, keinem unter schwärer Sünd und Straff erlaubt, dem andern etwas zustölen, oder das Leben ohne Schuld zu nemmen, aber der Mächtigste, Weiseste und Gerechtigiste Gott, welcher den Pharao mit allen seinen Reitteren in dem rotten Meer erseuffet . . . Gott, von welchem unser Leib und Seel herkommet, der hat auch Macht, solche nach seinem Gefallen uns wider zu nemmen. So wisse dann, daß ich kein Mensch, wie Du mich äusserlich darvon ansihest, sonder ein Engel vom Himmel gesandt, daß ich deinem an Gott gethanes Begehren gnug thue und dir weise, wie es in der Welt zugehe und wie Gott mit den seinigen verfahre, du hast dich über eins und anders verwundert, weilen dir die Ursadi unbewust ist: ich hab den Bettler über die Brücken ins Wasser hinabgeworffen, ersäuffet, zum Hayl seiner Seelen und zur Abbüssung seiner Sünden, dann wisse, daß einmahl ein Schiff an disem Orth gescheittert, vil Menschen ersoffen, denen der Bettler mit Darbiettung einer Stangen oder Sail hätt können herauß helffen, aber nit gethan, dahero verdient von Gott in jener Welt gestraffet zu werden, aber auß seiner Barmhertzigkeit stirbt er in der Göttlichen Gnad, daß er in jener Welt ewig lebe, nachdem er durch disen Todt seine Sünd gebüsset hat, er ist im Wasser gangen unter, ist kein Wunder, am Gstatt der ewigen Seeligkeit ist er wiederumb empor gschwummen. Der erste Wirth war ein gerechter Mann, und hat all sein Gut mit bestem Fueg und Gewissen ausser diser Schalen, darumb wolt Gott nit, daß er deßwegen an seiner Seelen solt Schaden leyden, entziehet ihm solche. Der ander ist ein unbarmhertziger, gewissenloser Mann, der in dem anderen Leben nichts guts zu hoffen hat, so will ihm Gott auch das wenige, welches er umb seinetwillen uns guts erwisen hat, nit unvergolten lassen. Der Soldat liebte sein Kind so zärtlich, daß er solchs auff und wohl anzubringen vil Übel gestifftet, geraubt und gemordet hätte, nun ist das Kind in seiner Unschuld gestorben, dem Vatter die Ursach böß zu thuen entnommen, beede werden seelig, auff solche Weiß, mein alter Vatter, verfahret Gott mit dem Menschen, du bist deiner Bitt gewehret; der Engel verschwandt, der Einsidler gienge wieder seiner Clausen zu; fassete, daß vielen dem Leib nach übel ergehet, damit ihnen der Seel nach wohl gehe, und daß auch kein Wunder, daß vil gehen unter, etliche zeitlich, etlich ewiglich.

13. D e r T e u f f e i m a c h t e i n e n

Prediger

Der H. Antoninus schreibt, daß ein vornemmer Prediger S. Dominici Ordens eben selben Tag, da er predigen solte, schwärlich erkrancket, dahero die Religiösen sehr sorgfältig waren, die Cantzel mit einem anderen tauglichen subjecto entzwischen zu versehen, indem sie also in Sorgen stehen, leutet eines anderen

Der Teufel als Prediger — Die Maus in der Schüssel

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Ordens Person dem eusserlichen Ansehen nach an der Porten an, war der Teuffei, gehet hinein, gibt sich auß für ein Lehrer der H. Schlifft, erbiettet sich den Abgang des Predigers zu ersetzen, wann man ihme für dißmahl die Cantzel wol anvertrauen, die Religiösen waren gar wohl getröstet und zufriden, er stig auff die Cantzel, that ein solch Predig, daß jederman in der Kirchen an sein Hertz geklopffet, bitterlich seine Sünden angefangen zu bewainen. Es war in diser Predig zugegen ein frommer heiliger Ordens-Mann, der erkente auß Gottes Offenbarung disen unbekanten Gast und Prediger, daß es der Teuffei wäre, dahero als er von der Cantzel herab gestigen, redet er ihn an, sagt, was hast du Vatter aller Lugen mit der Warheit und dem Wort Gottes zu schaffen? der Teuffei sagt, hab ich dann nit wohl geprediget? hab ich nit die Warheit geredet? der gute Religiös konts nit verneinen, aber es ist doch nur dein Schad, wann dardurch ein Seel bekehret wird, sagt der Geistliche, warumb hast du dann also scharpff gepredigt? darumb, spricht der Sathan habs ich gethan, daß ich am jüngsten Tag alle Anwesende desto besser verklagen könt, dieweil ich sie bewögt, daß sie ihre Sünden erkennet, aber dannoch nit gebessert haben, der Saamen ist zwar auff ihre Hertzen gefallen, aber nit lang darin bliben, die Predig bey einem Ohr eingangen, werd aber bei dem anderen bald wider hinauß gehen, auff dem Weg zertretten werden.

14. V o n e i n e m f ü r w i t z i g e n W e i b , das ein v e r b o t t n e S c h ü s s e l a u f g e d e c k t Man lieset von einem Hertzog in Sachsen, diser hatte an seinem Hof ein altes paar Ehevolck, welches vor Müd- und Mattigkeit der groben BaurenArbeit nit mehr vorstehen kondte, zu Hoff hatte der Mann nichts zu thun, als das Holtz die Zimmer einzuheitzen auffzumachen, das Weib aber solches zu den Öfen hinauff zutragen, das wolt ihnen aber auch zu schwär fallen; eines Tags sagt das Weib zum Mann: Mein was haben doch unsere erste Elteren gethan, daß sie allen Nachkömmlingen ein so böses Spil gemacht, von der verbottnen Frucht geessen, wegen eines Apffels, sich deß so glückseeligen Lebens im Paradeiß beraubet, sie hätten sich ja mit den anderen überflüssigen Früchten sollen vergnügen lassen, so wären auch wir in einem bessern Stand, mit Mühe und Arbeit nit so sehr beladen, die Eva wegen ihres Geschlecks unserer Armuth, Noth und verdrüßlichen Lebens ein Ursach, o fürwitzige Eva. Der Hertzog hörte dise Klag in seinen Ohren, ruffte über etliche Tag diß paar Ehevoldc vor sich, sagt: ich sihe, daß ihr nunmehr alt und der Arbeit nit mehr vorstehen köndt, also will ich gütig und gnädig seyn, euch derselben überheben und über alle Tag ein Trundc Wein, Brodt und sechs Speisen lassen aufftragen, doch daß ihr euch mit den fünffen lasset genügen und die sechste weder anrühret, noch die Schissel auffdedcet, thut ihr das nit, so wirds heissen vor die Thür ist draussen, ich werdt euch von dem Wolleben in das Elend

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Athanasius von Dillingen

Verstössen, befalch beyneben einem Edelknaben, daß er neben den fünff Speisen alle Tag in einer zugedeckten Schissel eine lebendige Mauß solle aufftragen, und allzeit nach dem Essen sehen, ob sie noch darinnen seye. Also fiengen die zwey alte Leuthlen ihr Wolleben an, das währete ein Zeitlang, das Weib möchte gern wissen, was doch für ein Speiß in der sechsten Schissel wäre, spricht ihrem Mann zu: wir seynd allein, niemand sihet uns, decke doch die Schissel auff und laß sehen, was darinnen. Der Mann wolt anfänglich nit daran, wegen daß es ihnen bey der höchsten Ungnad verbotten, aber das Weib lag ihm so lang in den Ohren, biß er sich bereden und bethören ließ, deckt die Schissel auff, ein lebendige Mauß lieff herauß, der Edelknab hinterbringts dem Hertzog, der verweiset ihnen die Vermessenheit, wie sie mit fünff Speisen gar wohl hätten können zu friden seyn, wie sie eben als Adam und Eva gesündiget, und mit ihnen beissen sollen, wurden von Hof in das armseelige Leben Verstössen: dessen wahren sie selber Ursach, haben ihnen ihr Creutz selber gemacht.

15. E i n P f e i f f e r z u H a m m e l f ü h r e t a l l e K i n d e r in den B e r g Anno 460 haben zu Hammel in Nidersachsen die Mäuß also aller Orthen über Hand genommen, daß die Leuth ninderst vor ihnen sicher waren (es war ein Plag und Straff) wie zu Zeiten deß verstockten Königs Pharao. Ein unbekanter vor niemal gesehner Mann meldete sich an, mit Anerbietten der Statt von disem verdrießlichen Übel mit einer gewisen Bedingnuß (muthmaßlich, wann sie ihre Kinder ins künfftig ehrlicher und frommer wurden aufferziehen) abzuhelffen, die Inwohner sagen ihm zu, er zieht ein Pfeiffei herauß, geht pfeiffend einem Wasser zu, alle Mäuß lauffen ihm nach in das Wasser hinein und ersäufften. Der Statt verblibe (wie dem Pharao) das gethane Versprechen zu vollziehen, weilen sie aber ihrem Zusagen nit beygehalten, kam der Mann wider, gieng mit seinem Pfeifflein einem gespaltenen Felsen zu, alle Kinder in der Statt (wie zuvor die Mäuß) giengen ihm nach in den Berg hinein, wurden nimmer gesehen und noch biß auff diese Zeiten wurde diser Tag zum Angedencken von der Kinder Außgang genennet; ob es ein guter oder böser Engel, dessen sich Gott als eines Werckzeugs die Statt Hammel zustraffen wegen ihrer üblen Kinderzucht gewesen, kan man nit wissen . . .

16. E i n D i e b z ü n d t F i n g e r l e i n v o n M e n s c h e n H ä n d l e n an Sehr beobachtlich ist, so sich vor Zeiten in Franken begeben, und fast dergleichen Exempel hat mir selber einer erzählet, dene ich zu dem Galgen das sichere und unsichere Gelaitt gegeben: ein Steigbettler käme Abends zimlich spatt zu eines Bauren Hauss, batte umb Gottes und unser lieben Frau Willen

Diebsfinger — Zahnlose Alte nicht in die Hölle

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(wie es dergleichen Leuth gar maisterlich können) umb die Nachtherberg, der Baur und die Bäurin als barmhertzige Leuth namen disen vermumbten Dieb und Mörder gutwillig auff, gaben ihme Essen und Trincken, nachdem es nun Zeit war, schlaffen zu gehen, batte der Bettler umb ein stümpfflein Liecht, damit er darbey seinen schadhafften grossen Dolfuß möchte verbinden und säuberen, dardurch ein Ruhe besseren Schlaffs zu machen. Der lose Mensch wusste vor schon die Beschaffenheit deß Hauß, das große Vermögen des Bauren, die Anzahl seiner Kinder und Ehehalten, dahero, als er vermainte jederman in tieffen Schlaff zu seyn, leset er seinen schalckhafften Fuß auf, ziehet herauß untersdiidliche Menschen Händlen, so er von den schwangeren auffgeschnitnen Weiberen genommen und sich versicherte, daß so lang solche brenen, niemand schaffender im Hauß konnte auffwachen, zindet eins nach dem anderen an, alle Fingerlein branen auß deß Teuffels Beytrag, eines außgenommen, darauß er den Schluß machte, daß noch jemand im Hauß müsse wachen, und betrog sich auch in seiner Mainung nit, dann die Dienst- oder Hauß-Magd theils auß Fürwitz zu sehen, was doch diser Mann für ein ungewonlichen Fuß und Schaden hätte, theils aus Schickung Gottes schlöffe in den Kachel-Offen, machte jhr mit dem Messer ein Klumbsen, sähe mit grosser Verwunderung und Schröcken, was diser Böswicht vor sich hatte.. Er aber gedacht, einer Person will ich schon maister werden, schleicht der Thür zu, eröffnet den Eingang zum Hauß, thuet einen Pfeiffer, gab anderen seinen Gespanen das Loß, die Magd war jhm aber auff dem Fuß gefolget, gab jhm einen Stoß in den Rucken, schlug die Thür zu, löschet die angezindte Fingerlein auß, zindet ein natürliches Liecht an, schreyet und wecket die Leuth im Hauß auff, erhaltet durch ihre Wachtbarkeit Hab und Gut, alle beym Leben, gibt uns ein Unterricht, wie nutzlich und nothwendig seye, daß wir sittlicher Weiß wachen, auff uns selber, auff unser Gewissen, auff unser Seel Achtung geben . . .

17. E i n W e i b l e i n f r a g t , o b s i e i n o d e r in d i e H o l l k ä m e

Himmel

Wolte Gott, daß ich jedem auß meinen Zuhöreren in ernst sagen kunte, was einsmahl ein Geistlicher einem alten einfältigen Weiblein schertzweiß soll gesagt habem. Sie käme zu ihme, und fragte, ob er ihr nit sagen kunte, ob sie im Himmel oder in die Holl käme, er gab ihr zur Antwort von ja, sie solte nur das Maul auffmachen, so wolt er ihr geschwind sagen, ob sie unserem Herrn oder dem Teuffei zukehre, sie folgt, reisset das Maul weiß wie weit auff, der Geistlich Herr schaute hinein und spricht, sey guts Muths mein Alte, du kommest nit in die Holl, es wäre wider die H. Schrifft, und wider das heutige heilige Evangelium, in welchem stehet, daß in der Holl werde seyn, heulen, weynen und zähnklapperen: ibi erit fletus & Stridor dentium. Du aber, wie ich sihe, hast kein Zahn mehr im Maul, also kunten die angezogne Wort der Schrifft an dir nit wahr werden. Du gehörest und taugest nit in die Holl. 8

Moser-Rath

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Athanasius von

18. V o n e i n e m

Bauren

Villingen

und einem

Doctor

Es name auff ein Zeit ein Baur in obacht, was massen die Doctor und andere Gestudierte oder auffs wenigst Schreiber, als Herren so fein stattlich gekleydet auffzogen, wohl essen und trincken, ohne daß sie ihnen Hessen wehe geschehen, und vil harte Brettlein bohrten, er aber und seines gleichen sich Tag und Nacht fretteten, dannoch in einem schmotzigen Karnier-Atlas daher zogen, mit groben Speisen, und harter Ligerstatt müssen verlieb nemmen, sagt bey sich selber: Wie wär es, wann ich das Baurenwesen auffgeb und hinfüro auch einen Doctor abgeb! Wird mit seinen Gedancken eins, verkauffet seinen Hoff, nimbt hundert Thaler von der Losung zu sich, gehet in die Statt. Er fragt einen Doctor, welcher beynebens ein hungeriger Bruder, als der Baur selber wäre; der Doctor bildet ihm ein, er werd ein Handel haben, den er ihm gerichtlich soll außführen, und er darbey Gelegenheit den Bauren einzuführen, aber vernimbt, daß der Baur nit diser Ursach halber, sonder auch ein Doctor zu werden kommen seye. Weilen er ihn dann für einen guten Einfalt ansahe, sagte er lächlend: mein guter Freund, ein Doctor werden ist nit ein geringe Sach, man kans nit gleich wie die Aepffel von dem Baum herabschüttlen, es braucht Mühe und Arbeit, es braucht gedult, studieren und das studieren Geld. Herr, antwortet der Baur, lasset euch das alles nichts anfechten, der Arbeit bin ich besser als ihr gewohnet, Gedult muß ich auch öffter haben, Geld hab ich gnug! Wie vil, mein Baur? hundert Thaler sprach abermahl der Baur, und noch mehr, wann dises nit kledcet zu dem langen Handwerck. Den Doctor stach das Geld in die Augen, sagt, ich will dich probiren, ob du zum studieren taugest oder nit, wir wollen einander Fragen auffgeben; setz du deine hundert Thaler, ich will andere hundert daran setzen, wer besser antwortet, dessen sollen sie seyn. Bin wohl zufriden, sagt der Baur. Der Doctor fragt ihn: was ist Gott? und wo ist Gott? Gott ist alles und in allen Dingen, antwort der Baur. Wohl gesagt, wohl verantwortet. Der Baur gab dem anderen auch ein Frag auff: wie heist mein Bruder zu Hauß, und was hat er für einen Bart? wie will ich das wissen, antwort der Doctor, hab ich ihn doch nie gesehen. Herr Doctor, ich hab Gott auch nie gesehen, euch dannoch gesagt, was und wo er ist, die 100 Thaler seynd mein.

19. O s t e r m ä r l e i n v o n e i n e m P r a e l a t e n und einem S c h a f h i r t e n . . . Damit uns aber die Freud nicht in den Brunnen falle, wollen wir in vorhabender Predig sehen, wie wir uns zur Zeit und Gelegenheit der Fröligkeit verhalten sollen und solches lernen auß dem Oster-Märlein. Attendite. Es hausete auff eine Zeit ein Praelat in seinem Closter, daß es wol besser seyn könte. Sein Visitator kam, fragte nach, wie man dem Gottesdienst abwarte, ob es nicht bißweilen auch volle Metten abgebe, ob man auß seiner Sorglosigkeit nie mit dem Wiegenband in die Kirchen geleutet, ob die Clöster-

Bauer und Doktor — Der Schafhirt als Rätsellöser

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liehe Zucht gehalten, ob er die geistliche Gütter vermehre oder verschwende, ob der Karren noch am alten Orth stehe, oder das Rädlein zuviel geloffen sey. Utrum tantum praesit, vel etiam prosit, ob das Convent getröstet, dem treschenden Ochsen das Maul nicht gesperrt, denen, so Tag und Nacht am Karren ziehen müssen, Pondus Diei & aestus, alle Beschwärnussen tragen, ihr Gebühr gereicht, das Closter leiblich und geistlicher Weiß ab- oder zunemme. Der Visitator befand die Sach über die massen schlecht bestellt . . . Der Praelat ließ ihm wohl seyn, hielte eine Gasterey über die ander, nahm ein Raiß vor nach der anderen, machte grosse Unkosten und Schulden, die arme Religiösen und Brüder solten es wieder erspahren, was er verschwendet hat; also kamen schwäre Klagen wider ihn vor, daß der Visitator ihn abzusetzen gedachte: doch, weilen er sich erkennet und umb Gnad batte, und Besserung verspräche, wurde ihm auff ein neues die Praelatur zugesagt, wann er auff drey Fragen wisse zu antworten: Erstlich: Wie hoch er den Visitatorem schätze? Zum andern: Wo das Closter in der Welt liege. Drittens: Wie weit Glück und Unglück voneinander seye. Dem Praelaten (welcher sonst nicht vil gestudirt) war angst und bang, wie einer Katzen im Sack, besonne sich hin und her, wolte ihm aber nichts einfallen; voll des Unmuths gehet er in das Feld spatzieren, traff seinen Schaaffhirten an, der merdet auß dem finsteren Gesicht, daß seinem gnädigen Herrn nicht wohl wäre, fragt die Ursach: Ja mein lieber Marx, Stöffel, Görgel, du must wissen, daß ich nicht lang mehr wird Praelat seyn, meine schlimme Leuth haben mich verklagt, es hat bey dem Visitator alles vor müssen, was sie auff mich gewußt haben, jetzt soll ich ihm sagen: Wie hoch ich ihn schätze? Wo mein Closter in der Welt lige? und wie weit Glück und Unglück voneinander seye? Gnädiger Herr (antwortet der Schaaffhirt) leiht mir euer Kutten und hütet derweil meine Schaaff, last mich zum Visitator, wann es anfangt dunckel zu werden, gehen, ich will ihm die drey Fragen auff das beste beantworten. Sie werden deß Handels eins, der Schaaffhirt kombt für den Visitator, sagt: er hab sich besonnen, und schätze ihn 29 Silberling werth, nur umb einen schlechter und weniger, als das höchste Gut von dem Judas ist verkaufft worden. Das Closter belangend, stehe es mitten in der Welt, wann er es nicht glaube, könte er es messen. Glück und Unglück seynd vier und zwantzig Stund von einander, dann gestern (sagt er) bin ich ein Schaaffhirt gewesen, heut aber ein Praelat. Wohl geantwortet, spricht der Visitator, so sey dann und bleib ein Praelat. So vil vom Ostermärlein.

20. V o n e i n e m l a u t e r e n

Dalcker

Zwey Gebrüder entschlossen sich miteinander in die Fehrne zu raisen; einer auß ihnen war schön von Persohn und Leibs-Gestalt, gar höfflich in Gebärden, aber im Reden ein lauterer Dalcker. Der ander schlecht von Statur und Angesicht, aber über die massen beredt, und von bester Aus- und Ansprach, dahero gab er jenem den Unterricht, daß, wo sie hinkämen, solt er disen S"

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Athanasius von Dillingen

reden lassen, jener aber ein höffliche Muta spielen, auff solche Weiß wurden beyde ihr Ansehen erhalten; widrigen fals, sagte der Gescheidere, wann du vil redest, wird man gleich spühren, daß du ein Narr bist. Nun kommen sie auff ein Schloß. Die Frau Wittib redete mit dem Wohlberedten, die Freyla Tochter mit dem andern. Der machte zwar seine Complementen und Posturen, weilen er aber nach der Instruction seines Bruders nicht redte, sagte die Freyla der Mutter leiß in ein Ohr: Frau Mutter, der Mensch redet nichts, und macht nur seine Sprüng, ich meyn, er sey ein lauterer Narr. Das konte sie so still nicht sagen, daß er es nicht hörte, schreyet dahero geschwind auff: Herr Bruder, sie wissen schon, daß ich ein Narr bin, jetzt darff ich schon reden, gab erst recht an Tag, daß er ein Doctor mit dem grossen N. seye.

21. V o n e i n e m E d e l m a n n u n d s e i n e m

Thorwarth

Es wohnte in einer Statt ein Edlmann, der wäre zugleich Landrichter, sein Weib trüge ein absonderliche Andacht zu S. Michael, daher stockte sie in der Kirchen so wohl seiner Bildnuß, als dem unter seinen Füssen liegenden Teuffei zum öffteren ein bar Liechtlein auff, das nam einsmahl gewahr der Thorwarth, ein gar possierlicher Mann, gehet hinzu, sagt, gestrenge Frau, was thuet ihr? daß ihr so wohl dem Teuffei als dem Engel ein Liechtlein auffzindet? sie gibt ihm zur Antwort, waiß ich doch nit, welchem auß disen beyden ich zu theil werde, als muß ich beede in Ehren haben. Ist gut, das will ich dem Pfarrer sagen, spricht der Thorwarth, thuts auch, die Frau wird von ihm scharpf besdiolten, entgegen stifft sie bey dem Herrn (ihren Mann) so vil an, daß der Thorwarth in die Keichen geworffen wurde; nachdem er widerumb herauß, und der Edelmann eines Tags bey dem Thor herauß ritte, schreit ihn der Thorwarth an: wonauß, wohinauß Gestrenger Herr? Ich will gehen ein wenig meine Bauren zu schinden, antwortete der Gestrenge Herr. Nach etlich Tagen kommt ein armes Bäurlein zu dem Thorwarth, klagt ihm sein Noth, was massen ihme ein Kuhe umbgefallen, fragt ihn umb die Wohnung des s(alva) v(enia) Wasenmeisters, dort, sagt der Thorwarth, in dem Hauß, welches grüne Läden hat, wohnet er, leutet nur an der Gloggen an, der Baur thuets unwissend, daß es deß Landrichters Hauß wäre, der Schreiber vermaint, er hät ein Handel bey Gericht vorzubringen, meldet ihn an, da er hinein gelassen, ersucht er den Richter, daß er ihme sein Kuhe wolt abbuffen, der aller erzürnt, will mit ihme der Keichen zu fahrn, die Stiegen weisen, das Bäurlein entschuldigt sich, sagt, der Thorwarth hat mich daher gewisen, ich habs wohl auß Bosheit nit gethan, der Thorwarth kam abermahl ins Spil, wird alsbald citiert. Du leichtfertiger Schelm, sagt der Edelmann, ist dann mein Hauß ein Schinder-Hauß, bin ich dann ein Wasenmeister, warumb hast du den Bauren daher gewisen, der Thorwarth sagt: mein Gestrenger Herr, ich hab halt vermaint, weilen ihr Gestreng die Bauren können schinden, so könnens die Kühe auch schinden, der Richter war noch zorniger, befilcht ihn abermahl in die Keichen zu werffen.

Der genarrte Edelmann

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Uber ein Zeit hielte sich der Edelmann auff dem Land, auff seinen Schloß und Gut auff, der Thorwarth macht in einigen seinen Wald ein erkaufftes Holtz auff, der Edelmann war eben auch alldort mit seiner Bixen auff der Birsch, verirret sich im Wald, daß er nit hinter noch für sich wußte, trifft endlich den holtzhackenden Thorwarther an, bittet ihn gar demütig, er solle ihm doch bey dem Forst seinem Schloß zu hinauß führen; der gedenckt ihm du kommest mir gerade recht, jetzt will ich dir die Keichen wider einträncken, stöllt sich als wann er waiß wie sorgfältig wäre und führt ihn beynebens biß gegen Tag die gantze Nacht in dem Wald hin und her, der Edelmann so zohrnig er war, darffte doch nit dergleichen thuen, dann er forchte sich, kam endlich hinauß, bedanckt sich gar höflich, sagt: Nun komme, weilens ohne das Sonntag, zu dem Mitag-Essen, wir wollen wegen deß Holtz miteinander abraiten, verstehe zu einer Brigel-Suppen, und wegen deß Affronts, welchen du mir angethan; zu Hauß erzöhlet er, wie es ihme abermahl ergangen, der Thorwarth gehet deß anderen Tags dem Schloß mit seinem lideren Rantzen, in welchen er Käß und Brod mit sich getragen, zu, ersihet in dem Krautgarten einen Haasen, beynebens in der Maur ein Loch, durch welches das Abwasser von dem Bronnen heraußlieffe, macht seinen Rantzen davor, steigt heimlich in Garten unter währendem Mitag-Essen hinein, jagt den Haasen so lang und so vil herumb, biß er ihne in seinen Rantzen tribe, den zihet er zusammen, nimmt ihn auff den Rucken, gehet damit der Schloß-Porten zu. Der Edelmann nach eingebrachten Mitag-Mahl schauet bey dem Fenster herauß, schreyet ihm geschwind zu, das Essen, mein Thorwarth, hast du schon versäumt, thue halt desto mehr trincken, befilcht seinem Jäger, ihne in Keller hinabzuführen, daß man den Schelmen weniger schreien höre, und von Fuß auff abzubrigglen: du Mauskopff, sagt der Jäger, wie hast du meinen Gestrengen Herrn als ein Narren im Holtz umbgeführt, ein Possen nach dem anderen gethan, ich will dirs im Keller wohl einträncken, schlägt auff ihne, was er kan und mag, der Thorwarth ersihet seinen Vortheil und einen 6yrigen Bantzen Wein, welcher erst ist angestochen worden, reisset den Han herauß, schmitzet solchen in ein Winckel hinter die Vässer, wolte der Jäger seinen Herrn nit umb das gantze Vaß Wein bringen, so musste er von dem Thorwarth außlassen und daß Vaß mit der Hand zuhöben, der weil schauet sich der Thorwarther umb, lasset ein Kalbstuck mit sich gehen, nimbts auff den Rucken unter seinen Rode und Haasen, der Edelmann maint, es sey ihm solcher von den Schlägen auffgeschwollen, schreyet dem Jäger, der wolt nit kommen, der Edelmann lauffet aller zohrnig dem Keller zu, findet die schöne Comoedi, vermacht das Vaß, befilcht dem Jäger, daß er geschwind mit seinen Hunden dem Thorwarth nacheile und gefänglich einbringe, aber da der Thorwarth verspirt, daß ihm die Hund wolten zunach kommen, thuet er seinen Rantzen auff, lasset den Haasen herauß, die Hundl lieffen eylends ihme nach, und der Thorwarth kam entzwischen in Sicherheit, der Haas halff ihm auß der Noth . . .

Heribert von Salurn Als Sohn eines Gastwirts ist er 1637 unter dem bürgerlichen Namen Anton Mayr in Salurn (Südtirol) geboren. Am 21. Juni 1656 wurde er im Kapuzinerkloster zu Schärding am Inn als Rhetor, d. h. als Student der Rhetorik eingekleidet, absolvierte dort seine Studien und wirkte danach als Lektor der Theologie für seine Klosterbrüder. „Bene dixit et docte praelegit" berichten die Klosterannalen von ihm. 1671 wurde er als Fastenprediger nach Klausen berufen, 1674 und 1675 in gleicher Funktion nach Innsbruck. Ein Fußleiden hinderte ihn bald danach an aktiver Kanzeltätigkeit, er mußte sich mit dem stilleren Amt eines Beichtvaters begnügen, konnte sich jedoch eben darum seinen Schriften widmen. Außer drei kleinen Bändchen „Geistliche Wallfahrt zu dem H. Grab Christi Jesu unseres Herrns . . ." (Bozen 1685) und einem „Seelen-Ablaß-Büchl..." (Salzburg 1694) brachte er je drei Jahrgänge Dominical- und Festivalpredigten, „Conciones Pastorales", zum Druck, den ersten Jahrgang 1693, dann merkwürdigerweise den dritten 1698 und danach den zweiten 1699; das ganze stattliche Werk erschien 1705 in zweiter Auflage. Heribert war unterdessen am 12. Februar 1700 zu Meran gestorben. Seine Predigten wurden schon relativ früh als volkskundliche Quelle entdeckt, ergiebig vor allem für die verschiedensten Termine des Brauchjahres. Anton Birlinger und Ignaz Vinzenz Zingerle haben wiederholt darauf hingewiesen, und bis in die jüngste Zeit hat Anton Dörrer in seinen Arbeiten zum Brauchleben Tirols immer wieder auf die anschaulichen Schilderungen Heriberts zurückgegriffen. Für den volkstümlichen Sprachschatz der Zeit, für Sprichwort und Redensart, sind diese Predigten eine geradezu unerschöpfliche Fundgrube. Auch als Erzähler ist Heribert bedeutend. Daß er dem Predigtmärlein einen festen Platz in seinen Kanzelreden einräumte, beweisen die jedem Band eigens angefügten Register der „Historien". Die Art, wie er etwa in der berühmten Geschichte vom König im Bad immer wieder an das Mitgefühl der Zuhörer appelliert, beweist viel persönliche innere Anteilnahme. Fabeln und Schwänke beschränkte er allerdings auf die Osterpredigten. Da sparte er dann nicht an Wortwitz und deftigen Ausdrücken, die seine Zuhörer unfehlbar zum Lachen bringen mußten. L i t . : BERNARDUS 1 1 5 ; ADOLF HUEBER, Ü b e r H e r i b e r t von Salurn. E i n Beitrag zur

Kunde deutscher Sprache am Ende des 17. Jahrhunderts. Progr. Innsbruck 1872;

NEUNER 7 2 f . ; L e x i c o n C a p p u c i n u m 7 3 8 ; ANTON DÖRRER, Heribert von Salurn,

Tirols Abraham a S. Clara, in: Tiroler Nachrichten 1946, nr. 93.

Der König im Bad

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22. G o t t k a n n h o c h t r a g n e H ä u p t e r a r t l i c h d e m ü t i g e n , w i e es j e n e r K ö n i g am b a d e n e r f a h r e n Schier auff diese Weiß, wie es dem Nabuchodonosor ergangen, ist es auch jenem Christlichen Potentaten ergangen, von welchen P. Jacobus Biderman und andere schreiben. Es war ein Potentat, ein Christlicher König, welcher durch seiner zeitlichen Glückseeligkeit und Schmeichlerey seiner Hof-Leuthen zu so grosser Hoffart kommen ist, daß er schier nach Gott selbsten nicht mehr gefragt hat, aber vernemt nur, wie ihm Gott seine hoffärtige Flügel gestutzt, und so wunderlich gedemütiget hat. Als diser König einsmals zu haisser Sommers-Zeit mit seinem Hof-Stab auff einem Gejaid ausgeritten, und von der Jagd erhitzt, in dem Wald zu einem schönen klaren Wasser kommen, erhebt sich in seinem Gemüth ein Lust und Begierd in selbigem Wasser abzukühlen und zu baden; befilcht derohalben allen seinen Leuthen, so bey und umb ihm waren, bey seyts zu gehen, ziecht seine Kleyder aus, legt sie unfer vom Wasser bey dem Gesteud und Bäumen nider, begibt sich nackend in das Wasser hinein, badet und erfrischet sich. Aber siehe, Wunder! weil der König badet, nimbt ein Engel seine Kleyder, legt sie an, praesentiert die Gestalt und Person des Königs, setzt sich zu Pferd, und reitet mit denen Hof-Bedienten nach Hauß in die Königliche Residentz. Unterdessen gehet der König aus dem Wasser heraus, will seine Kleyder anlegen, findet aber keine Kleyder, keine Bedienten, keinen Menschen mehr. E r wüste seiner kein Rath, dencket hin und her, was er thun solte, nackend in die Stadt zu gehen schämbte er sich, jemand umb Kleyder hinein zu schicken hatte er nicht, solte er im Wald verbleiben, müste er erhungeren oder von wilden Thieren zerrissen werden. Die Noth bricht Eisen, er begibt sich also nackend, mit sehr bestürtztem Hertzen zu einem nechst bey dem Wald stehenden, und einem aus seinen Cavalieren zugehörigen Schloß, last sich für den König bey dem Herrn des Schlosses anmelden, aber er wurde als ein im Him verrückter Mensch und Lotter-Bub gehalten, verlachet, verspottet und mit Schläg und Stössen aus dem Schloß gejagt. Der gute König gienge von einem Schloß und Hauß ausser der Stadt zu dem andern, wurd aber allenthalben mit Schmach-Worten, Schlägen und Stössen abgewiesen, bekäme kaum ein alten Bauren-Lumpen, wormit er sein Blosse bedecken möchte, dann Gott hat sein Gestalt dermassen veränderet, daß ihne kein Mensch mehr gekennt hat. Der betrangte König Hülff- und Rathloß, entschließt sich in solcher elenden Gestalt in die Stadt und in sein Königliche Residentz zu gehen, zu sehen, ob er dann auch dort von den Seinigen nicht für ihren König wurde erkennt werden. E r wurde aber von keinen Menschen erkennt, sondern von jederman für einen im Sinn verruckten Bettler gehalten, der keine Kleyder an seinem Leib konte anleyden. Die Thorwärtel, Schildwacht und Trabanten (da er in sein Königliche Residentz hinein gehen wolte) stossten ihn zuruck, hatten ihren Spaß und Gelächter mit ihm, als mit einem, der sich aus Narrheit für den König hielte. Das Getümmel und Gelächter erschallte biß in den Englischen Königs Zimmer, der Engel,

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Heribert von Sahtm

in angenommener Königs-Gestalt, fragt, was dieses Gelächter bedeute, und als ihm ist gesagt worden, daß ein im Hirn verrückter Mensch bey dem HofThor sey, der sich für den König halte und außgebe, befalche der Englische König, man solte solchen zu ihm hinauf führen; der verstossne elende König war dessen sehr froh, gedachte bey sich selbsten, ich will nur sehen, ob dann ein anderer König an statt meiner in meiner Königlichen Residentz ist? Er wurde in das Königliche Zimmer hinauf geführt, und sähe mit höchster Verwunderung und Bestürtzung einen anderen König (nemblich den Engel) ihme gantz gleich in der Grösse, Red, Gestalt und Gebärden, in seinem Königlichen Thron sitzen, fängt darüber an bitterlich zu weinen, sagt, er sey einmal der rechte wahre König dieses Königreichs, und er könne ihm nicht einbilden, wie dieser König an statt seiner müsse daher kommen seyn? Auf solche Wort liesse der Englische König die Königin raffen, und fragte sie, ob sie diesen Menschen für ihren Ehegemahl und König erkenne? wie er sich darfür außgibt? ey das wöll Gott nicht, antwortet die Königin, daß ich diesen Schlempel, oder einigen anderen, als Ihro Majestät für meinen rechtmässigen Ehegemahl solte erkennen? deßgleichen antworten auch alle Hof-Bediente. Nun so nembt dann diesen Menschen hin, sprach der Englische König, der sich für euren König außthut, und dardurch das Leben verwürckt hat, und thut ihm seine Recht an, gleichwohl weil ihm Witz und Hirn mangelt, so streicht ihn mit Ruthen aus und verweist ihm die Stadt. Da laß ich einen jeden selbst erachten, wie diesem guten König muß umb das Hertz gewesen seyn, da er sich aller Orten verlassen, von den Seinigen Verstössen, mit Ruthen außgestrichen, von seinem Königreich völlig entsetzt und von seiner Residentz-Stadt bannisirt gesehen hat? In diesem beweinlichen Zustand eröffnete der elende König die Augen des Gemüts, er erkennete die schwere Hand des Allerhöchstens, die ihne gedemüthiget hatte und seufftzte mit dem betrübten Job: Manus Domini tetigit me, die Hand des Herrn hat mich getroffen! er geht einem Gottfürchtigen Geistlichen zu, so nechst bey der Stadt in einem Wald ein Einsiedler-Leben führte, klagt ihm mit vielen Zähren sein Noth, und sagt ihm, wie er der König sey: der Einsiedel antwortet, ich hab zwar den König wohl gekennt, und siehe kein einiges Anzeigen des Königs an dir, jedoch laß ichs zu, daß dich Gott wegen deiner Hoffart gestrafft habe, derentwegen demütige dich, beichte mit vollkommener Reu deine Sünden, begib dich in das Gebett und bitt Gott umb Verzeyhen, wer weiß ob er dich nicht erhöre? und zu voriger Würdigkeit bringe? der elende König folgte diesem guten Rath, beichtete mit grosser Reu seine Sünden, begab sich in das Gebett, bäte selbe gantze Nacht Gott demüthig mit vielen Zäheren, absonderlich wegen seiner verübten Hoffart umb Verzeyhung. Und sihe! den andern Tag hat er sein vorige Königliche Gestalt völlig wiederumb bekommen. Der Einsiedel führte ihn in die Stadt gen Hof, jedermänniglich erkennte und verehrte ihne wiederumb als den wahren König. Der Engel in angenommener Gestalt des Königs raffte den gantzen Hofstab sambt der Königin zusammen, läst den verstossenen König für sich kommen, und sagt: Geliebte Königin und

Ein Ritter in den Himmel

entrückt

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Hof-Bediente, dieses ist euer wahrer König und nicht ich, ich bin nicht der König, sondern ein Engel von Gott gesandt, und hab aus Befelch Gottes diese Gestalt an mich genommen, dein Hoffart, O König! dardurch zu bestraffen, und dich zu demüthigen, lerne durch dieses was sich mit dir zugetragen hat, Gott besser erkennen und dich demüthigen. Wisse, daß Gott derjenige ist, welcher die Mächtigen kan absetzen und die Demüthigen erhöhen. Nach gethanem Zusprechen liesse der Engel seine Königliche Kleider fallen und verschwände vor aller Anwesenden Augen, worüber alle ertatterten, der König aber preiset in grosser Demüthigkeit Gott den Herrn, und bekennte mit vorgemeldtem König Nabuchodonosor, daß er derjenige sey, welcher die Hoffärtigen kan demüthigen.

23. H i s t o r i a v o n z w e e n e d l e n R i t t e r n , die e i n a n d e r auf ein M a h l z e i t g e l a d e n Es waren zween Edle Ritter, deren ein jeder eine sehr stattliche Mahlzeit halten wollte, und gar vornehme Gäste darzu einladen, bey welchen Mahlzeiten einer dem andern zu dienen und aufzuwarten versprochen hatte. Nun hat es sich begeben, daß unterdessen der eine aus denselbigen Edlen Rittern seelig gestorben, und nach seinem seeligen Absterben dem noch Lebendigen ist erschienen, und ihn zu seiner Mahlzeit beruffen hat, sprechend: Richte dich, dann auf diese und diese Zeit must du mir auf meiner Mahlzeit dienen, ich will dir zu dieser ein weisses Pferd samt einer weissen Windspielen vor dein Haus schicken, setze dich auf dasselbige Pferd und lasse es der Windspiel nachlauffen, wohin sie es führen wird. Der fromme Edelmann machte sich auf die bestimmte Zeit bereit, beichtete seine Sünden und erwartete das von dem Verstorbenen versprochene Pferd. Zu benahmter Zeit käme das weisse Pferd samt dem Windspiel vor des Edlen Ritters Pallast, der Edle Ritter setzte sich darauf, das Pferd samt dem Windspiel lufen mit ihm schneller als der Wind fort durch alle Wälder und Einöden, biß zu eines geistlichen Einsiedlers Hüttlein, alldorten hielten sie still, der Edle Ritter erinnerte sich noch einer Sünd, die er nicht gebeichtet hätte, er stiege vom Pferd ab, beichtete dem geistlichen Waldvatter die vergessene Sünd, setzte sich nach vollendter Beicht wiederum auf das Pferd, und wurde zu einem wunderschönen Pallast geführet, vor welchem der verstorbene Ritter, mit grossen Glantz umgeben, wartete, ihn ganz freundlich bewillkommte, und mit sich in den Pallast zu seiner Mahlzeit hineinführte. Der Edle Ritter kunte sich ob der Köstlichkeit der Mahlzeit, und über die Frölichkeit und Lieblichkeit der himmlischen Gästen, die darbey waren, nicht genugsam verwundem, er wurde mit solchem himmlischen Trost erfüllet, daß ihm 200 Jahr, die er alldorten war, kaum eine halbe Viertelstund zu seyn gedunckten. Dann nachdem ihm derselbige, welcher ihn zu dieser himmlischen Mahlzeit eingeladen hatte, befohlen, sich wiederum auf voriges Pferd zu setzen, und den vorigen Weg nach Hauß zu reisen, fände er sein Schloß in ein Closter verändert. Er verwunderte sich, wie doch sein

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Heribert von Salurn

Schloß so geschwind hat können in ein Closter verändert werden? Er gieng in das Closter hinein, meldet sich bey dem Closter-Herrn an, und gäbe sich vor den rechtmässigen Herrn desselbigen Orts aus, aber er wurde nur verlacht und niemand wolte ihn kennen, erklärte er sich gleichwie er wolte, biß endlich ein alter Ordens-Mann herfür tratte, und sagte, er hab von seinen Vor-Eltern gehört, ein Edler Ritter und Herr dieses Orts auf einem weissen Pferd sey hinweg geritten und nicht mehr zuruck kommen. Man suchte in denen ClosterBüchern nach, wann dieses geschehen sey? und fände, daß schon mehr als zweyhundert Jahr verflossen waren, daß sich dieses zugetragen hatte, also, daß dieser Edle Ritter mehr als zweyhundert Jahr ausgewesen ist, welches ihm doch kaum etliche Stund zu seyn gedunckt hat vor überschwencklicher himmlischer Süssigkeit, die er bey demselbigen himmlischen Freudenmahl genossen hatte. Er lebte noch etliche Tag in demselbigen Closter, empfinge die heilige Sacramenta, starbe seelig, und reisete wiederum von diser Welt zur himmlischen Mahlzeit, dieselbige in alle Ewigkeit zu gemessen.

24. W a s s i c h e i n b ö s e r G e i s t a n e r b o t t e n z u w a n n er k u n t s e e l i g w e r d e n

leiden,

Merckt nur, was Caesarius schreibt: zu Cölln in St. Peters Kirch, sagt er, wurde einsmals der Teuffei in einer besessenen Persohn beschworen, und unter andern gefragt, was er sich wolte kosten lassen, wann er gen Himmel kommen möchte und der seeligen Anschauung Gottes gemessen? darauf hat der böse Geist geantwortet: wann von der Erden an biß zu den Wolcken des Himmels hinauf ein Saul von lauter spitzigen Näglen, scharpffschneidenden Scheermesseren und Schwerdtern aufgerichtet wäre, und ich einen Menschlichen Leib und Glieder hätte, daß ich kundte leiden, so wolte ich mich gar gern von nun an biß auf den Jüngsten Tag ohne Unterlaß an derselbigen Saul mit blossen Leib lassen aufwerts und abwerts, hin und wieder ziehen, und unablässig mit höchsten Schmertzen zu viel tausend Stücklein zerschneiden, wann ich nur hernach der seeligmachenden Anschauung Gottes und der himmlischen Freuden gemessen kundte.

25. W i e e i n u n g e r a t h n e r S o h n d e n alten Vatter schlecht gehalten Bekant ist die History von dem jenigen Vatter, welcher von seinem Sohn gar übel ist gehalten worden, weil er mit seinem Vattern auch also ist umbgangen. Einsmahls ergriffe der Sohn diesen seinen Vattern bey dem Haar, risse ihn gen Boden, und zöge ihn auff den Boden bey dem Haar zur Stube hinauß, schlepet ihn über die Stiegen hinunter und wolte ihne gar durch das Hauß hinaus ziehen, wie er aber mit ihm zu der Hauß-Thür kommen, schrye der elende Vatter auff: ziehe mich nicht weiter mein Sohn, ziehe mich nit

Der Teufel und die ewige Seligkeit — Undankbare Söhne

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weiter, dann ich hab meinen Vatter auch nit weiter bey dem Haar herauß gezogen als biß daher. Sehet! wie der Allmächtige Gott verhengt, daß den Kindern von ihren Kindern eben mit der jenigen Maß ein gemessen wird, mit welcher sie ihren Eltern ausgemessen haben. Fast dergleichen Exempel erzehlt auch Caesarius von einem andern Vatter, welcher, weil er schon alt, und Wittwer war, seinen erwachsenen einigen Sohn verheyrathet und auff vilfältiges Anhalten deß Sohns ihme das völlige Haußwesen übergeben hat, er hat sich bey dem Sohn eingepfriendet, und ihme gewisse Bedingnussen gemacht. Der Sohn erzeigte sich anfänglich gegen seinem Vattern gar fein und liebreich, gab ihm ein eigenes schönes Zimmer in Hauß ein, und hielte ihn gar wol, es stunde aber nicht lang an, da Hesse die Lieb deß Sohns gegen dem Vatter nach, der gute Alte war voller Cathar, er fienge an baufällig zu werden, hatte einen stätten Außwurff und Husten, daß des Sohns Weib wurde darüber überdrüssig, sie läge ihrem Mann so lang in den Ohren, biß daß er seinen alten Vatter auß dem feinen Zimmer herauß nähme und ihm unten hinein im Hauß ein schlechtes Winckele eingäbe, dort muste der gute Alte verlieb nemen, man ließ ihne dort husten und kreisten, so lang er wolte, kein Mensch in Hauß achtete sich seiner. Einsmahls beklagte sich der gute alte Vatter gegen dem Sohn, daß er gar übel beklaidet sey, und nicht so vil habe, daß er sich bey der Nacht kundte bedecken, und vor der Kälten beschützen. Der Sohn, welcher den Vatter lieber todt gesehen hette als lebendig, gienge gleich wol endlich hin, kauffte vier Elen grobes Tuch, schnitte dasselbige voneinander und gäbe die zwey Elen dem armen Vatter, die andere zwey Elen aber legte er beyseyts, und sagt zu dem Vatter, er solte sich mit den zwo Elen behelffen, so gut er kunte. Nun hat diser Sohn auch schon ein kleines Söhnlein, dises nähme heimblich die zwo Elen Tuch, welche sein Vatter beyseyts gelegt hette, und versteckte sie; der Vatter suchte das Tuch allenthalben, kunte es aber nirgends finden, endlich aber sagte das Kind, auß sonderbahrer Schickung Gottes, zu dem Vatter: Vatter ich waiß wol, wo das Tuch ist, ich habs da versteckt. Der Vatter aller unwillig, fragt: was willst du mit dem Tuch thun? ich wils auffbehalten, antwortet das Kind, damit wann ihr alt werdet, ich euchs geben kan, und ihr euch darmit bedecken möget, wie ihrs eurem Vatter gemacht habt, so will ich es auch euch machen. Der gute Vatter ertatterte über dise Reden deß Kinds, und sagte: Nun, nun ich wils nit mehr thun, das Kind antwortet drauff: nun, nun ich wils auch nit mehr thun. O wunderliche Sach: durch ein kleines Kind machte Gott der Herr den untreuen Sohn gegen seinen Vattern zu Schanden. Der Sohn Hesse ihm dises eine Gewahrnung seyn, hielte hinfüran seinen Vattern in bessern Ehren, gäbe ihm widerumb das vorige schöne Zimmer ein, und Hessen ihn keinen Abgang mehr.

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26. W i e e i n E d e l m a n n e i n e m B a u r e n f ü r e i n e gehörte Meß seinen Mantel gegeben Von einem fürnehmen Edelmann erzehlt Sabellius, welcher so grosse Versuchung erlitten, sich selbst zu erhencken, daß er Tag und Nacht keine Ruhe hatte, biß ihm endlich ein frommer Geistlicher gerathen, er solte alle Tag eine heilige Meß hören, diesem guten Rath folgte der Edelmann, und bestellte ihm einen eigenen Priester, der ihm alle Tag Meß lesen muste, die hörte der Edelmann mit Andacht, und hatte von seiner schwehren Versuchung gute Ruhe. Einsmals begäbe es sich, daß der Capellan, mit seiner Erlaubnus, zu dem benachbarten Pfarrer hingienge, Meß zu lesen und under der Kirchweyhe ihme zu helffen, dorthin wolte sich auch der Edelmann verfügen, dem Gottesdienst beyzuwohnen, er wurde aber, wegen fürgefallenen Geschafften, etwas verhindert, daß er zu spat käme, er muste unterwegs von einem Bauren vernehmen, daß der Gottesdienst schon aus und keine Meß mehr übrig seye. Uber solchen Bericht ersdiracke der Edelmann hefftig, besorgend, es möchte ihn die vorige Versuchung wiederum anstossen, er werde sich müssen erhencken; wie der Baur diß gesehen und gehöret, tröstet er den Edelmann, und verspricht ihm den Verdienst seiner gehörten Meß zu überlassen, so fem er ihm seinen Mantel dafür geben wolte. Der Edelmann war dessen gar wohl zu frieden, gäbe dem Bauren seinen Mantel und gienge der Kirchen zu, sein Gebet zu verrichten. Seht Wunder! wie der Edelmann sein Gebet in der Kirch verrichtet, und wiederum denselbigen Weg nach Haus zuruck gangen, fände er den Bauren mit seinem Mantel an einem Baum erhenckt, dann dieselbige Versuchung, die der Edelmann gehabt hat, sich zu erhencken, ist alsbald dem Bauren ankommen, wie er den Verdienst seiner gehörten Meß dem Edelmann überlassen und um den Mantel vertauschet hat.

27. W i e e i n W u c h e r e r dem G a l g e n b e g r a b e n

unter wurde

Artlich und zugleich verwunderlich ist, was man leset von einem solchen ungerechten Menschen, der ungerechtes Gut, als wie der Zachäus an sich gebracht, aber selbiges nicht wiedergeben hat, sondern darmit gestorben ist. Als dieser Mensch tödtlich erkrancket, und über alles Zusprechen dasjenige, was er von anderen unbillig an sich gezogen, nicht wieder geben wolte, hat ihm sein Pfarrer die HH. Sacramenta nicht geraichet, und als er gestorben, hat er seinen Leichnamb nicht in das geweyhte Erdreich begraben wollen, als einen verdambten Menschen. Weil aber des Verstorbnen Befreundte mit Bitten und Betrohungen so starck bey dem Pfarrer angehalten, er sollt ihn in das geweyhte Erdreich begraben, da er sich eines grösseren Übels befürchtete, so sagte er, er wöll ihnen zu gefallen (wann sie zufrieden seynd) den todten Leib auf ein Pferd legen lassen, und wo alsdann das Pferd mit dem Leichnamb wird hingehen, alldort solt er begraben werden, wird das

Heilsamer Meßbesuch — Bestrafter Wucherer — Hexentanz

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Roß mit dem todten Leib in den Freythoff hinein gehen, so wolle er ihn in dem Freythoff begraben lassen, wird es aber den todten Cörper anderstwo hintragen, so solt er dort begraben werden. Die Befreundte waren dessen zufrieden und gedachten, das Roß mit allem Gewalt in den Freythoff hinein zu treiben, der Leichnamb wurde dem Pferd bey dem Freythoff auffgeladen, das Pferd wurde von denen Befreundten mit allem Fleiß auff dem Freythoff hinein gelaitet, aber das Roß riß ihnen aus, und gienge mit dem todten Cörper eylend dem Galgen zu, dort stunde es still, und kunte nit weiter gebracht werden, biß man ihm den todten Leib abnahme, und dort unter den Galgen begrübe, anzuzaigen, daß diesem ungerechten verdambten Menschen, der andern das Ihrige haimblich hat abgenommen, betrogen und überfordet, kein andere Begräbnus gebühr als die Dieb-Begräbnus unter dem Galgen. 28. W i e l i s t i g e i n e h e i m l i c h e H e x ihre Nachbäurin verführet hat Eine heimliche Hex wolte auch ihre Nachbäurin verführen, und zu einer Unhold machen, weil sie aber solches nicht getraute öffentlich zu thun, so ist sie es mit diesem Betrug und Arglistigkeit angangen: sie hat ihrer Nachbäurin eine Kuh verzaubert, worüber das gute Weib sehr kleinmüthig worden ist. Den andern Tag käme dieselbige heimliche Hex zu ihr, und fragte sie, warum sie so traurig sey? und als ihr die Bäurin erzählt hatte, wie es mit ihrer Kuh ergehe, sagte die Hex, sie solt diese und diese Kräuter nehmen und solte sie der krancken Kuhe Creutzweise unter das Stroh legen; als die Bäurin diß gethan, ist die Kuhe wiederum gesund worden. Uber acht Tag erkranckte der Bäurin ein andere Kuhe, das betrübte Weib geht wiederum zu derselbigen heimlichen Hex und fragte sie um Rath. Die Unhold stellte sich, als wärs ihr gar leid, sagte, es müsse ein rechte Sucht über ihr Vieh in Stall kommen seyn, befalche ihr, sie solte andere Kräuter nehmen, dieselbe solte sie in Wasser einduncken und über die Kuhe ausprützen. Die Bäurin thuts, und die Kuhe wird auch wiederum gesund. Uber etliche Tag hernach ist der Bäurin die Kuhe gar todt gelegen; sie klagte es abermal derselbigen heimlichen Hex, die erzeigte wiederum ein grosses Mitleyden mit ihr, und sagte, sie solte am Freytag die Kühe nicht lassen melcken, und wann man ihnen zu essen gibt, so solte sie etliche gewisse Gebetlein darzu beten, welche sie ihr hat geben und gelernt. Secht, wie diese heimliche Hex das gute Weib so fein nach und nach mit abergläubischen Sachen unter dem Schein des Gutens verführet, biß sie dieselbige gar zur Hexerey gebracht hat. Dann endlich hat die heimliche Unhold die Bäurin unterschiedliche Künste für Menschen und Vieh gelehrt, und hat sie mit sich auf den Hexen-Tantz machen ausfahren. Wie sie auf den Hexen-Tantz kommen ist, war das erste, daß der böse Geist begehrte, sie solte Gott verlaugnen, und allen Heiligen Gottes absagen. Von diesem unverhofften Begehren erschracke das Weib so hefftig, daß sie überlaut aufgeschrien: Jesus Maria! was ist das? Kaum hat sie diese heilige Wort ausge-

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sprachen, da ist der gantze Hexen-Schwader verschwunden. Das Weib aber hat sich bey einem Hochgericht befunden, und ist mit Furcht und Zitteren wiederum nach Haus gangen.

29. W i e d e r b ö s e G e i s t i n G e s t a l t e i n e s A f f e n e i n e m A d v o k a t e n zu V e n e d i g g e d i e n t h a t Pater Zacharias Boverius erzehlt in dem ersten Theil der Jahr-Büchern der Patren Capucinern, daß um das Jahr Christi 1552 zu Venedig ein vornehmer Rechtsgelehrter gewesen sey, welcher ein sündhafftes und Gewissenloses Leben geführt hat, beynebens aber gegen der allerseeligsten Jungfrauen und MutterGottes Maria gar andächtig gewesen ist, er hat der seeligsten Mutter Gottes zu Ehren alle Tag gewisse Gebettlein gebettet, und sich unter ihren himmlischen Schutz eyfferig befohlen. Diesen Sünder hat der höllische Raubvogel, der böse Geist nachgesetzt, und endlich Gewalt von Gott dem Allmächtigen über ihn bekommen, daß er ihn wegen seiner Sünden mit nächster Gelegenheit solte dürffen erwürgen, und sein Seel in die ewige Verdammnus hinunter führen. Dieses desto füglicher zu vollziehen, hat sich der böse Feind in einen Affen verstaltet, und ist als ein Äff in dieses Advocatens Haus kommen, allwo er dem Advocaten ein Zeitlang aufgewartet, und solche verwunderliche Dienst verrichtet, daß der Advocat und die Seinig leichtlich daraus haben abnehmen können, es muß etwas anders hinter diesen Affen stecken; dann der Äff diente diesem Advocaten und wartete ihm auf wie ein Diener, er deckte den Tisch, wann es Essens-Zeit war, richtete die Tisch-Manipeln sauber zusammen, butzte die Glässer, wartete bey dem Tisch auf, wechslete die Däller, räumte den Tisch nach dem Essen wiederum ab, legte alles Reissig zusammen und in sein gehöriges Orth; wann der Herr wolte ausgehen, thäte ihm der Äff den Mantel umbgeben, eröffnete ihm die Stuben-Thür, begleitete ihn biß zu der Hausthür; wann der Herr heim käme, nähme er ihm den Mantel wiederum ab und andere dergleichen verwunderliche und ungewöhnliche Sachen mehr verrichtete der Äff. Weil nun dem Herrn nichts Guts wolte vorgehen, so beruffte er einsmals den gottseeligen Pater Matthaeum a Bassio, Capuciner-Prediger, erzehlte ihm die Beschaffenheit dieses Affens, und fragte ihn um Rath, was zu thun sey? der gottseelige Pater erkennte alsbald, daß diß kein natürlicher Äff, sondern ein Teuffei in Gestalt eines Affens seyn müssen, sagt zu dem Rechtsgelehrten, er solt ihm den Affen lassen herfür bringen; man suchte den Affen das gantze Haus aus, aber man kundte ihm nirgends finden, endlich wurde er in einem finstern Winckel unter einer Bettstatt erblickt, wie man ihn aber wolte herfür ziehen, stellte er sich so wild und erschröcklich, daß ihn niemand getraute anzurühren. Als der gottseelige Pater Matthäus diß vernommen, gehet er zu dem Affen hinzu und redete ihn mit folgenden Worten an: Hörest du höllische Bestia! im Namen Jesu Christi gebiete ich dir, daß du alsbald herfür kommst; der Äff muste pariren und als er ist herfür

Der Teufel in Affengestalt — Bauer, Bär und Fuchs

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kommen, sagte Matthäus weiter zu ihm: Ich befihle dir in Krafft deß Allmächtigen Gottes, daß du vor jedermänniglich bekennest, wer du seyest und warumb du in dieses Haus kommen bist? Der Äff fienge an mit Verwunderung und Schrödcen aller Beywesenden zu reden, und bekennte öffentlich, daß er ein Teuffei aus der Holl sey, und aus keiner andern Ursach in Affens-Gestalt sich in dieses Haus begeben hab und diesem Herrn gedient, als damit er diesem Rechtsgelehrten mit solcher Gelegenheit kundte den Garaus machen und sein Seel mit sich in die ewige Verdammnus hinunter führen. Der Pater fragte weiter, und sprach: Nun wolan du höllischer Seelen-Rauber, sag dann her, warum hast diesen Herrn nicht schon längst mit Leib und Seel hinweck geführt? wann du von Gott Gewalt über ihn gehabt hast, was hat didi darvon abgehalten und verhindert? Der höllische Äff antwortete: Nichts anders hat mich verhindert, als weil dieser Herr alle Tag, ehe er ist schlaffen gangen, ein kleines Gebettl gebettet hat, und sich mit demselbigen Gebettl der GottesGebährerin Mariä in ihren himmlischen Schutz befohlen, hätte er dasselbige Gebettl und Befehlung in den himmlischen Schutz Mariä nur ein eintziges mal unterlassen, so hätte ich ihn zu Nachts im Schlaff erwürgt und hätte sein Seel in die ewige Verdammnus hinunter gebracht. Nachdem er dieses geredt, ist er durch die Mauer hinaus gefahren und hat ein grosses Loch in der Mauer hinterlassen.

30. O s t e r m ä r l v o n e i n e m B a u r n , einem Beern und F u c h s e n Ein armes Bäurlein führe mit seinen paar Oechslein in den Wald um ein Holtz, weil er das Holtz aufladet, kommt ein Beer daher, und will ihm ein Ochsen zerreissen, das Bäurlein bittet den Beeren, er solt ihn nur dißmahl mit den Holtz lassen heimfahren, er hab ein so böses Weib zu Hauß, wann er ihr kein Holtz heimbrächte, so wurde er lange Zeit kein guts Weib mehr an ihr haben, er wöll aber bald wiederum kommen, und wöll ihm hernach gleichwol ein Oechslein lassen; der Beer läst sich endlich überreden, verwilliget dem Baurn mit dem Holtz nach Hauß zu fahren, und geht darvon. So bald der Beer von Baurn ist hinweg gewesen, da springt ein Fuchs aus dem Gestäud herfür, und fragt den Baurn: mein was hast du mit dem Beeren gehabt? der Baur aller betrübt antwortet: Ach! was müst ich gehabt haben, er hat mir kurtzum ein Oechslein wollen fressen, hab gleichwol so vil erbetten, daß er mich dißmahl noch last heimfahren, muß aber geschwind wiederum kommen, und muß ihm hemach ein Oechslein lassen. Loß Baur, sagt der Fuchs, wann du mich wilst unter deine Hennen lassen, so will ich dir wol aus diesem Handel helffen, und will dir dein Oechslein bey den Leben erhalten; mein Fuchs, antwortet der Baur, von Hertzen gern; ja loß aber mein Baur, wiedersetzt der Fuchs wiederum, ich hab neulich deine Hennen heimgesucht, ich vermein sie haben alle die Dörrsucht, sie seynd zaundürr, ich hab mir keine getraut anzugreifen,

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Heribert von Salurn

hab geforditen, ich möcht darvon erkrandcen, du must sie wol besser mästen, wann ich dir diesen Dienst thue; ey freylich, mein Fuchs, spricht der Baur, hülff mir nur aus diesen Handel, ich will dich schon unter die gute feiste Hennen lassen, du hast nur die Krancke gesehen, welche die Bäurin hat in die Sonnen heraus gelassen, die gute feiste hat sie in Hennen-Stall und HennenStiegen, sie thut etliche mästen zum verkauffen. Nun so fahr fort, sagt der Fuchs zum Baurn, und komm bald wiederum, der Baur fahrt mit den Holtz heim, legt es zu Hauß ab und fahrt wiederum hinaus in dem Wald, so bald der Baur wiederum zu den vorigen Ort kommen ist, und das Holtz aufladen wolte, da käme alsbald der Beer herfür, und wolt den einen Ochsen haben; der Baur fangt abermahl an zu bitten, er solt sich nur noch ein wenig gedulten, solt ihn nur noch einmahl mit einem Füderlein Holtz lassen nach Hauß fahren. Unterdessen fangt der Fuchs in den Weeg an zu rauschen und zu knallen wie ein Hund: Hu, hu, hu, der Beer schaut um, erschrickt, fragt den Bauren, was es bedeute? der Baur antwortet, was müst es bedeuten? wie ich bin herauf gefahren, seynd halt Jäger darunten gewest, die haben mit den Hunden ein Gejaid angestellt, sie werden halt jetzt bald da seyn; der Beer erschrickt noch übler von diesen Worten, still, still, sagt er zum Bauren, daß man mich nicht mercke; unterdessen schreyt der Fuchs zum Bauren hinauf, was machst du dort droben? der Baur antwortet: Herr, Holtz lege ich auf, machs fein bald, spricht der Fuchs, und fahr fort, daß du mir das Wild nicht verjagest, ich will jetzt gleich mit den Hunden hinauf kommen zu jagen, ich bin auf die Gesporr eines Beerens kommen, hast kein gesehen? da fienge der Beer an zu zittern, und sagte zum Bauren lege mich geschwind auf den Wagen und leg Holtz auf mich, daß man mich nicht sieht, und führe mich hinweg, als wann du Holtz führest, damit ich nicht unter die Hund und unter die Jäger komme; der Baur nimt den Beeren, legt ihn auf den Wagen hinauf, bedeckt ihn mit Holtz und bindet ihn mit den Holtz-Stridcen so starck, daß er sich nicht rühren kundte, wie es der Fuchs gemerckt hat, springt er herfür, wischet über den Beeren hin und bringt ihn um, wendet sich darauf zum Bauren, und sagt, gelt ich habe dir aus deinen Handel geholffen? jetzt must du mir wol auch dein Wort halten, und must mich unter deine Hennen lassen, ja freylich mein lieber Fuchs, spricht der Baur, gehe nur mit mir, ich will dich unter alle meine Hennen lassen, und weil du vermeinst, es haben etliche darunter die Dürrsucht, so nimm heraus, was dir am besten gefällt. Der Fuchs sagt zum Bauren, fahr derweil heim, du fahrst gar langsam, ich mag kein Schnöller abgeben, ich will bald nachhin kommen. Der Bauer fahrt mit Freuden heim, erzehlt seinem Weib den gantzen Handel, bittet, sie solt den Fuchs unter die Hennen lassen, ja, ja, sagt die Bäurin, in allweeg laß ihn nur kommen; unterdessen kommt der Fuchs, die Bäurin führt ihn zum Hennen-Stall, und sagt zu ihn, schau, da will ich dir die Thür ein wenig aufmachen, guck mit den Kopff hinein und schau, welche Henn dir am besten gefallet, aber laß dich nicht viel sehen, dann ich hab einen so bösen Hahn bey den Hennen, wann er dich solt sehen so wurde er dir kein Henn lassen;

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Ein Wolf verspricht sich zu bessern

wie nun der Fuchs mit den Kopff zu der Thür in den Hennen-Stall hineinschaut, schlagt die Bäurin die Thür zu, und zerschmettert den Fuchsen den Kopff. D a hat mein Fuchs sein Lohn gehabt, und nicht mehr dörffen sorgen, daß ihm die Dörrsüchtige Hennen kranck machen.

31. O s t e r m ä r l e i n

von e i n e m

Wolff

Man sagt, daß auf ein Zeit ein Wolff von den Schaaf-Hirten in dem SchafStall sey erdappet worden, der Schaaf-Hirt aller zornig, wischt über den Wolff her, will greulich mit ihm verfahren, und will ihm seinen gebührenden Lohn geben; der Wolff voller Angst und Forcht fallet auf seine Knye nieder, reckt seine Tatzen auf, bittet gantz inständig um Gnad und Barmhertzigkeit, mein lieber Herr Schaaf-Hirt, spricht er, verzeyh mir nur dißmahl, ich wills mein Lebtag nicht mehr thun; ey du loser Tropff, antwortet der Schaaf-Hirt, solt ich dirs verzeyhen, der du mir doch so viel Schaden unter meinen Schäfflein gethan hast, jetzt hab ich dich einmahl unter meinen Gewalt bekommen, jetzt will ich dir deinen gebührenden Lohn geben. O mein güldener Schaaf-Hirt, versetzt der Wolff aller zitterend, ich bitt dich gantz demüthig, verzeyh mirs nur dißmahl noch, es ist mir von Hertzen leid, der Hunger und grosse Begierd haben mich halt darzu getrieben, ich erkenne wohl selbst meinen groben Fehler, ich will mich bessern, und hinfüran deinen Schäfflein keinen Schaden mehr zufügen, ich verspriche dir, daß mich hinfüran mit so geringen will vergnügen, daß ich über sieben Heller werth nicht mehr will Schaden thun. Wie der Schaf-Hirt den Wolff also gedemüthiget, sein Schuld so aufrecht bekennend und mit so guten Versprechen und Verpflichtung zu bessern gesehen hat, ist er zum Mitleiden gegen den Wolff bewegt worden, sagt zum Wolff, so gehe gleichwohl noch dißmahl hin, aber ich gewarne dich, halt was du versprochen hast, und thue es nicht mehr, ja mein lieber Hirt, antwortet der Wolff, ich wills nicht mehr thun, redet darauf dem Hirten die Tatzen, nimmt Urlaub und gehet darvon, unterwegs begegnet dem Wolff ein schönes feistes Schaf, dem Wolff heben an die Zähn danach zu wässern, stehet still, schauet das Schaf an, da gedenckt er, diß wär ein Fressen für mich, da hätte ich Gelegenheit, meinen Lust zu büssen, ich hab aber dem Schaf-Hirten erst versprochen, ich wolle mich bessern, ich hab mir fürgenommen, ich wölls nicht mehr thun; er besinnet sich ein wenig darüber, das Maul wässert ihm alleweil mehr, der Lust reitzt ihn je mehr und mehr an, endlich gedenckt er, bin ich nicht ein Einfalt, was hab ich dann den Schaf-Hirten versprochen, ich wöll keinen grossen Schaden mehr thun, wann mich der Lust j e solt übergehen, so soll doch mein Verbrechen nicht über sieben Heller werth seyn, schaut darauf das Schäffl noch einmahl an, und sagt bey sich selbst, diß Schäffl ist nichts nutz, es ist ein schlechtes Schäffl, schau wie es hustet, ich vermein es hab schon die Lungensucht an Hals, es ist nicht drey Heller werth, wann ich es schon zu leid leg, so thue ich doch kein grossen Schaden; macht sich über 9

Moser-Rath

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Heribert von Solum

das Schaf hin, zerreissets und frists. Den anderen Tag begegnet den Wolff Rev(erendo) ein Kuhe mit einem Kälbl, da gedenckt der Wolff, wie bin ich doch so glückseelig? da kan ich wiederum meinen Lust büssen, besinnt sich nicht lang mehr, macht geschwind sein Rechnung und sagt: O diß dürre Kühelein möcht etwan 4 Heller werth seyn, das Kälbl ist über zwey oder drey Heller auch nicht werth, dahero wann ich die Kuhe samt den Kälbl zu leid leg, so h a b ich gerad um sieben Heller werth Schaden gethan, wie ich dem Hirten versprochen hab, macht sich ohne weitern Scrupl hin über die Kuhe und über das Kalb, u n d legt beede zu leid. Auf diese Weis hat der Wolff seines gethanen Versprechens gleich wiederum vergessen, er ist geschwind wiederum in sein voriges böses Leben gerathen, u n d ist ärger worden, als daß er zuvor jemahlen gewesen ist.

32. O s t e r m ä r l v o n e i n e m g r u n d b ö s e n

Weib

Es hatte ein ehrlicher Bürgersmann ein grundböses Weib, die stützig, eigensinnig, halßstärig, zanckisch und greinerisch wäre, u n d ein ärgerliches Maul hatte, als dieser Mann einsmals mit zween Binder-Gesellen ein läres Vaß auß dem Keller herauß arbeitete, und f ü r die H a u ß Thür auff die Gassen zum Brunnen weltzeten, in Meinung solches außzuschwencken, und zu säuberen, da spränge das Weib vom H a u ß herfür, schrye, zanckete, u n d kolderte mit dem Mann u n d mit den zween Binder-Gesellen erschrödclich; der Mann ermahnte das Weib, sie solte stillschweigen, und fortgehen, weil aber das halßstärige W e i b nicht wolte schweigen, nähme der Mann mit den zween Binder-Gesellen das Weib, stecktens in das läre Vaß hinein, und stellten das Vaß mit dem Weib auff, das Weib noch hefftiger erzürnet, schalte u n d fluchte, schrye und jammerte, daß jedermann zugeloffen, dises schöne Vögelein in disem Vogel-Häußl zu sehen, der Mann aber und die Binder-Gesellen nahmen die Schlögel, und weil das Weib im Vaß schrye, trieben sie mit grossem Gelächter der Zusehenden die Reiff am Vaß an, purä p u m b pumb, purä purä p u m b p u m b etc. Wann das Weib oben zum Vaß wolte herauß schauen u n d herauß schreyen, schlugen sie ihr mit den Schlöglen zum Kopff, u n d fuhren mit dem Raiff antreiben fort, wie die Binder-Gesellen haben auffgehöret die Raiff antreiben und mit den Schlöglen auff das Vaß zu schlagen, da waren die Buben im Handel, wurffen u n d schlugen mit Stein und Stecken a n das Vaß, lachten, und spotteten das Weib im Vaß auß, wurffen Koth und Wasser auff ihr hinein, und exercierten sie dermassen, daß sie vom Getümmel am Vaß halbs närrisch worden ist; der Mann gienge unterdessen mit den zween BinderGesellen in das Wirthshaus u n d zahlte ihnen ein gute Zech, wegen geleistem Dienst mit dem Weib, als aber das Weib endlich aus dem Vaß heraus kommen und gehört hat, daß ihr Mann mit den Binder-Gesellen in das Wirths-Hauß gangen seye, rennete sie ihnen wie ein Furia in das Wirths-Hauß nach, blatzte sie mit ihrem bösen Maul an, schrye gantze Litaneyen der Scheit- und Schmach-

Zwei Ostermärlein von widerspenstigen

Ehefrauen

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Wort wider sie herab, und titulirte sie auffs ärgste, was ihr nur ins Maul kommen; der Mann aber, und die Binder-Gesellen nahmen die Kandlen in die Händ und schnellten mit den Kandel-Luckeren dem Weib dermassen ins Gesicht, daß sie mit den Händen das Gesicht hat müssen verdecken, und ihr selbst das Maul zuheben, welches abermahl ein grosses Gelächter bey allen Beywesenden erwecket, und das böse Weib vertrieben hat. Nachdeme nun der Mann mit den Binder-Gesellen gnug in dem Wirths-Hauß gezechet, giengen sie miteinander nach Hauß, und weil sie ihnen wol einbilden kunten, daß das Weib wiederumb einen neuen Hagel zu Hauß mit ihnen anfangen wurde, so richteten sie ihnen Rätschen zum zukünfftigen Spill mit dem Weib. So bald der Mann ins Hauß kommen, da ist es erst recht angangen, da hat das Weib ihr böses Maul erst recht außgeläret, sie ist dieselbe als wie ein gifftige Natter angefallen und hat ihnen alles nachgeworffen, was sie nur hat bekommen können, aber die hertzhaffte Männer haben sich nicht schröcken lassen, der Mann hat dem Weib mit der Faust die Pumper-Metten gehalten, und die Binder-Gesellen haben darzu gerätschet, es hat der Mann sein bößmauletes, stütziges Weib, nachdem er sie guting geprüglet, aus dem Hauß gestossen, und hat sie nicht mehr angenommen, biß daß sie ihn umb Verzeyhung gebetten, sich gebesseret und ihr böses Maul und stützig Kopff gelassen hat.

33. O s t e r m ä r l v o n d e r E i g e n s i n n i g k e i t

der

Weiber

Es giengen einsmals ein Mann und ein Weib miteinander über Land, und kamen unter Weegs zu einer schönen Wisen, welche kürtzlich zuvor war abgemähet worden, der Mann sagte zum Weib: Ey wie ist dise Wiesen so schön gemähet? das Weib antwortete, sie ist nicht gemähet, sondern geschoren. O Närrin! widersetzte der Mann, hast du einmal gehöret, daß man die Wise thut scheren? warumb nit, antwortet das Weib, ist doch diese Wiesen geschoren. Du bist halt ein Läpin, spräche der Mann, die Wiesen thut man nicht scheren, sondern mähen; diese Wisen ist aber geschoren und nicht gemähet, wiederholte das Weib; diser Streit gewährte ein gute Weil, der Mann wurde zornig, und das Weib nur halßstärriger, sie wolte ihr ihre Meinung nicht lassen nehmen, sondern sagte alleweil, die Wisen seye geschoren, und nicht abgemähet; der unwillige Mann trohete ihr, schweige still, oder ich schlag dir auffs Maul, weil das Weib nicht schweigen und nit nachgeben wolte, wischte der Mann über sie hin, und tenglete sie mit der Faust guting ab; das Weib schreyet Mordio, hebt an den Mann zu schänden und sdimächen, der Mann hingegen schlüge wacker zu und sagte, ich muß dir nur zeigen, wie die Mader die Sengsen getenglet haben, als sie dise Wisen haben abgemähet, weil du es nicht glauben wilst, daß sie ist abgemähet worden. Er schlüge so lang zu, biß er vermeynet hatte, sie seye genug abgetenglet, sie werde jetzt nachgeben und ihr Maul halten; aber wie man in gemeinem Sprüchwort pflegt zu sagen, 9°

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Heribert von Salurn

wann man das Weib schlagt, so schlagt man einen Teuffei herauß und zehen hinein, also ist es auch da geschehen, das stützige Weib kunte nicht schweigen und nachgeben, sie bellte alleweil nur mehrer, ja, ja, die Wisen ist geschoren, und nicht gemähet, weist du es, du Mörder, du Schelm, du Dieb. Der Mann sagte, wilst schweigen, du Flaschen? ja geschoren ist die Wisen worden und nicht gemähet, weist dus, antwortete das Weib; sie gingen also zankend und streitend miteinander fort und kamen zu einem Wassergraben, weil dann das Weib nicht nachgeben wolte, so stosset sie der Mann über den Steg in das Wasser hinunter, das Weib aber, weil ihr das Wasser ins Maul ranne und nicht mehr reden kunte, hebte die Hand über das Wasser über sich, und zeigte mit den zwey Fingeren, als wie mit einer Scheer, daß die Wisen seye abgeschoren worden.

Christoph Selhamer Obwohl über ihn mehr geschrieben wurde, als über die meisten seiner Zeitgenossen, sind noch wenig genaue Daten seines Lebenslaufs ermittelt. Geboren ist er zu Burghausen, in den Dreißigerjahren des 17. Jahrhunderts. 1660 soll er in Ingolstadt seine Studien beendet haben, doch hat er sie in späteren Jahren offenbar wieder aufgegriffen, da er unterm 29. Oktober 1674 als „Christoph. Selhamer Burghusianus Sacerdos. SS. Theol. stud." in den Matrikeln der Salzburger Universität verzeichnet ist. Von 1678 bis 1698 nennt er sich auf den Titelblättern seiner Werke Stadtkaplan und Seelsorger von Salzburg. Um 1700 findet man ihn als Stadtpfarrer zu Weilheim. Nadi Niederlegung der Pfarre zog er wieder nach Salzburg, wo er 1708 oder 1709 gestorben sein soll. Auch über seine Predigtwerke, die alle den Haupttitel „Tuba" tragen und z. T. in lateinischen und deutschen Ausgaben erschienen sind, herrscht in allen Quellen Unklarheit. Das erste dürfte die „Tuba analogica oder Gleichnißpredigten über die Sonn- und Festtägl. Evangelien" (4°, Salzburg 1678, spätere Ausgaben Nürnberg 1699, Constanz 1707 und 1726) gewesen sein. Ebenfalls während seiner Salzburger Jahre erschienen die lateinische und die deutsche Ausgabe der „Tuba tragica" (das hier benützte Exemplar Nürnberg 1696, weitere Ausgaben nach Kobolt 1699, 1720 u. 1722, auch Costnitz 1707). Ein äußerst seltenes, mir zufällig aus dem Antiquariat in die Hände gekommenes Werk dürfte die „Tuba clementina" (1698) sein, deren Erscheinen von Maußer u. a. überhaupt bezweifelt wurde. Während der Kanzeltätigkeit in Weilheim vor einer überwiegend ländlichen Zuhörerschaft entstand die „Tuba rustica" (1701), die mit ihren Diskursen über sämtliche Heilige, die nur irgendwie mit dem Landleben in Beziehung zu setzen sind, speziell fürs „Gey" zugeschnitten war. Nur in lateinischer Sprache sind m. W. die „Tuba anagrammatica" (1702—03) und „Tuba civica" (1704) zum Druck gelangt. Seinen Plan, eine „Tuba mythologica" herauszugeben, „worin auf alle Sonn- und Feirtäg des gantzen Jahrs ein Lehr- und geistreiche Fabel gelegt" sein sollte (vgl. Tuba clementina, Fest. 195), dürfte Selhamer nicht mehr verwirklicht haben. Das wäre wohl eine Fundgrube für die Erzählforschung geworden, wie etwa das „Ovum Paschale" des Andreas Strobl. Allerdings war Selhamers Einstellung zum Erzählen von der Kanzel eine völlig andere (vgl. oben S. 27, 44). Er schätzte die gute Wirkung des Exempels, verteidigte daher seinen Gebrauch, verurteilte jedoch alle Spaßmacherei der Prediger. Darum findet man bei ihm vorwiegend geistliche Stoffe, Legenden

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Christoph Selhamer

und Sagen, und wenn einmal ein Schwank einfließt, wie die Geschichte vom Ziegenbode im Schrank (nr. 45), so ist die Wiedergabe so getränkt mit moralisierenden Bemerkungen, daß man über die exemplifizierende Absicht nie im Zweifel sein kann. Überhaupt erzählt Selhamer meist mit großer Ausführlichkeit und sprengt immer wieder den Rahmen der Erzählung mit persönlichen Betrachtungen und belehrenden Exkursen. Dennoch besticht die Anschaulichkeit der Schilderung, vor allem die Kraft der Sprache, die noch in der schriftlichen Fixierung die Lebendigkeit des gesprochenen Worts in seiner starken Bindung an die Mundart spürbar werden läßt. Lit.:

BAADER 1 / 2 , 2 3 5 ; KOBOLT 6 3 0 u n d E r g . 2 7 2 ; O . MAUSSER, P r o l e g o m e n a z u e i n e r

Biographie Christoph Selhamers, in: Abhandlungen zur deutschen Literaturgeschichte, Franz Muncker zum 60. Geburtstage, München 1916, 56 ff.; DERS., Streifzüge durch das Kulturleben Altbayerns im 17. Jahrhundert (s. Literaturverzeichnis); MAX FÜRST, Biographisches Lexikon für das Gebiet zwischen Inn und Salzach, München 1901, 82; HANS SCHLAPPINGER, Dr. theol. Christoph Selhamer, der Verfasser der Tuba rustica, in: Die ostbairischen Grenzmarken 16, 1927, 411 ff.; K. BÖCK, Bauernleben 37 ff.

34. U n d a n c k b a r k e i t e i n e s S o h n s w i r d d u r c h e i n am H a l s g e s t r a f f t

Krot

. . . Wollen wir dessen einen kräfftigen Beweiß, so last uns kürtzlich hören, was von diesem Handel 3 HH. Lehrer schrifftlich hinterlassen. Der erste ist der H. Caesarius, Arelatensischer Bischoff, so um das Jahr 480 in Frankreich gelebt und geschrieben. Der andere ist der H. Thomas Cantiprat(anus). Der dritt aber der H. Bonav(entura), deren beede um das Jahr Christi tausend dritthalb hundert gelebt, jener zwar in Niederland, dieser aber in Welschland. Nach Aussag dieser dreyen höchstbewehrten Scribenten haussete in Nortmannien ein wolvermöglicher Burger, dem Gott ein eintzigen Sohn verliehen, so ihm und seiner gantzen Freundschafft die Stützen heben solte, eben drum, weil er ein eintzigs Kind war, wurd er haiggl und kleber auferzogen, dadurch der Vater ihm und seinem Sohn das Unzifer in Peltz geziglt, die wol für sich selbst gern wachsen, und offt so didc ansitzen, daß man immerzu nichts als zu wehren hat. Der Vater war zwar nichts vom Adel, sondern blos ein ehrlicher doch wolvermöglicher Burger; jedoch, wie der Knab erwachsen, so wolt ein guter Edelmann seine eigne Tochter diesem einigen Burgers-Sohn verheyrathen, doch mit diesem Austrag, daß der Vater alles seinem Sohn übergeben soll, der herentgegen verpflicht seyn soll, seine liebe Eltern todt und lebendig ehrlich, redlich zu verpflegen, ihnen alle schuldige Liebe zu erweisen und reichlichen Unterhalt in seiner Behausung nach der Eltern Verlangen zu verschaffen. Die Eltern wolten anfangs nicht daran. Der Heyrath wolt ihnen nicht in Kopff gehen. Burger und Edelleuth, dachten sie, schicken sich nicht zusammen; ist gleich, als wann man neben den Schieb-Ochsen in Pflug spannen wolt ein heroischen Klepper; jener schiebt für sich und der zauft hinter sich. . . . Waren

Dem undankbaren Sohn springt eine Kröte ins Gesicht

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also diese zwey Leutl schon recht daran, daß sie sich zu dieser Heyrath nicht bekennen wolten. Zudem fiel ihnen auch sehr schwer, daß sie alle ihr Haab und Gut dem Sohn lassen und abtreten solten . . . Da versprach man güldene Berg, wie man so wol beede halten woll die Zeit ihres Lebens . . . liessens endlich ein geschehene Sach seyn, weil sie sahen, daß sie bis in Tod blinder Weiß verliebt waren, doch mit diesem Beding und ordentlichen Austrag, daß man beeden Eltern, wie man redlich versprochen, die Zeit ihres Lebens kein Abgang im geringsten lassen solte. Der Vater gab alles, was er hatte, dem Sohn über. Dieser nahm seine adeliche Dame zur Ehe, und wurde völliger Herr aller Güter, so ihm viel zu früh vermacht und eingehändiget worden. L Z(uhörer)! Die Wolthaten, so man andern erweist, sehen offt her als wie ein Wein; als lang ein Wein neu und frisch ist, so hat er ein lieblichs Schneidl an ihm, laß ihn aber ein Zeitlang stehen, laß ihn, von der Mutter abgezogen, altlicht werden, so wird halt ein Saurampffer, ein bitterer, ein bissiger Essig daraus. Eben also waren diese zwey junge Eheleutlen beschaffen. Das erste Jahr hinum, nach ihrer Hochzeit, erwieß man den Eltern wol alle Lieb; man gab ihnen alles mit Freuden, was sie nur verlangen möchten ohn alle Widerred schnell und willig, daß sich also die zwey Leutl höchlich erfreut, weil sie ohn alle Sorg, mit Ruhe und Fried, ihre alte Jahr bey ihrem lieben und noch gantz danckbaren Sohn verzehren möchten. Diese Freud aber hatte gar ein schlechten Bestand. Das andere Jahr wars schon mercklich schlimmer als das erst; da wolt man schon mit dem Auftragen mit dem Aufwarten zuruck zaufen. Der tollen Hauserin (ja hinter sich wie die Bauren Spieß tragen) ging überall viel zuviel auf; da must man handgreiflich mercken, daß mehr als die halbe Lieb verschwunden. Im dritten Jahr wurff der lose Sohn, aus Anstifftung seines Weibs, gar alle Scham von sich hinweg und gab trutzig zuverstehen, wie das schöne Vermögen vom Vater nicht auf ein danckbaren Sohn, sondern auf ein schinderigen Geitzhals gefallen. Nichts absonderlichs für die 2 alte Leutl ließ sich beym Tisch blicken, so war auch des Murren und Kurren kein End, bald fehlts da bald dort, Kuchl und Keller nahmen täglich ab, kein Geld wolt erklecken, ein Noth kam über die andre aus, weswegen man nicht halten könt, was man den Eltern versprochen. Endlich bracht den Mann sein tolles Hauß-Weib, sein adelicher Flederwisch, so weit, daß er gar aller Pflicht vergessen, die liebe Eltern, als unersättliche Fraß-Leut grob ausgangen, denen alles zu wenig, wie man immer auf die Schüssel schlagen soll; also müß er mit seiner Frau bey Zeiten an Betl-Stab gerathen. Wolt er von seinen adelichen Raflscheid Ruhe und Fried haben, so must er seinen Eltern gegen über gar unterhalb der Gassen ein besonders Stübl einräumen und ihnen ihr Kost hinum schicken, damit sie zu Hauß, wie sie wolten, haussen möchten. Das Hauß aber und das Zimmer, wo man die 2 alte Leutl hin disputirt, sah mehr einer verbrochnen, vermoderten und verfaulten Krippen gleich als einem Haus: um und um stunds allem Ungewitter am Angl offen; da solten sie warten, was ihnen die blitzhoffärtige Docken schicken würd. Beede zugleich klagten weinend ihre grosse Noth dem Allmächtigen Gott,

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Christoph Selhamer

weil sie so gar ihr Nothdurfft nicht mehr haben kunten, noth drüber sich der Kälte, des Regens und der Schnee-Flocken nicht erwehren möchten. Selten kam ein recht gekochte oder reciit warme Speiß hinüber; was sie zu H a u ß überlassen, mit dem solten die altbetagte Eltern abgespeist werden. W a r unter den Uberwirlen was guts, so musts in Speiß-Kasten, drinn ehe halb verstincken oder verschimmlen, ehe mans den 2 alten Leuten vergunt; darneben aber assen sie toll und adelich fort und fort, Hessen ihrem Balg trefflich wol seyn, es ging den Eltern wies woll. Die H u n d hatten beym Sohn weit besser zu essen als die alte zwey, so ihrem Sohn viel zu jäh übergeben, welches dann beede inniglich geschmertzt, das Häußlein mit Weinen u n d Seufftzen hertzlich erfüllt; wolten sie nur hinum schauen, so schlug man vor ihnen alle Fenster zu, viel weniger durfften sie das H a u ß betreten; was sie auch nothwendig haben solten, das musten sie von ihnen durch viel Ferglen erbetlen, so man ihnen mit schlimmen Trutz-Worten gnug versaltzen. Gott kunte dieser unleidentlicher Grobheit länger nicht zusehen, weil das Elend von Tag zu Tag wachsen wolt. Es war eben um die Zeit, wo man sonst gern mit Gänsen und Hupffheintzlen auffzieht. Die tolle häußliche Dame stecket eben ein General-Gans an Spiß, triebs um und ließ adelich braten. Der gute Geruch von dieser feisten Gans stig den Eltern in die Nasen, weil sie gleich gegenüber mühselig haussen, und auf ein jeden Brocken vom Haus aus warten müssen. Die alte Mutter kam ein sonderer Lust an, nur ein Schnitzl von dieser gebratnen Gans zu kosten, sprach also zu ihrem Mann: Schau, wie unser Sohn mehr prassen will, und uns läst er am Hunger-Tuch nagen! schau wie die Gans nicht schmeckt! wie viel billiger soll man uns solche Bißlen auffsetzen als diesen jungen groben Leuten, die alles von uns haben, noch aber so grob und hart mit ihren altbetagten Eltern verfahren. Komm Mann, wir wagen eins, und laden uns selbst zum Gans-Mahl, weil man unser völlig vergessen. Also kraplen beede am Stecken über die Gassen hinum der Gans nach. Der Sohn ersah sie von Fenster, lieff eilends der Kuchl zu, schry zum Weib, fort fort mit der Gans, sonst führt der Teufl die alte Fraß-Leut drüber; beede seyn im Anzug. Das Weib nicht faul, riß die Gans vom Spieß herab, setzts vom Feuer und deckts zu, er aber ging den Eltern fürn Schein entgegen und fraget sie beede, was sie bey so ungereimter Zeit haben wolten. Diese trutzige Frag war ihnen schon gnug, daß sie dencken musten, die Gans wär hin, die Freud wär aus, die liebe Eltern hätten ihr Leben verwett, als würden sie nach so lang verwichener Zeit einsmals eingeladen werden, darauff man sich doch keineswegs verstanden. Also zotleten die Eltern ungessen, untruncken, wieder in ihr zerrißne Krippen hinum, und klageten Gott allein, was sie von ihrem Sohn erlitten. Gott, der solches ohne das wol gesehen, und schon völlig drein zu schlagen gedacht war, ergriff endlich die längst verdiente Räch. Kaum waren die Eltern aus dem Haus, befahl man die Gans wieder zu erheben. Das KuchlMensch entdeckt das Geschirr, wolt die Gans ergreiffen, sah aber, wie ein groß geschwollne abscheuliche Krot der umkehrten Gans auf dem Bauch hocke, erschrack drob, und fing an hell aufzuschreyen. Der Sohn samt seinem jungen

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Reuetränen auf der Sündenwaage

Hetz-Weib lieffen der Kuchl zu, sahen beede das Unthier, und zwar der Sohn ergriff ein Besenstiel, und wolt die Krot mit Gewalt von der Gans fortschlagen; diese aber baumete sich auf, nam ihr einen Schuß für, und sprang dem Sohn mitten ins Gesicht hinein, ließ sich auf kein Weiß wegtreiben. Seh hin, mein ungeschlachter und mehr denn barbarischer Sohn! itzt ist die Straf Gottes vorhanden! itzt hast endlich erhalten, was Gott allen andern groben Kindern zu einem ewigen Exempel durch dich verordnet. Diese graußliche Pein war um so viel desto schärffer, weil sie sich nicht wolt wenden noch mildem lassen. Die Krot blib Tag und Nacht mitten im Gesicht behengen. Nichts hulff, was man immer auch von geistlichen Mitteln angefangen. Also must dieser ertzgrobe undandcbare Bößwicht gezüchtiget werden. Da, da haben alle ungerathne und ihren Eltern undandcbare Kinder ein tollen Spiegel, drin sich wol zu ersehen, wie Gott auch hie solche schlimme Zoberlen zu straffen pflege, wann sie ihre alte Eltern so grob und ungeschlacht tractiren. Man sagt, dieser Gesell hab noch bey diesem säubern Gast kein Fried gehabt, hab immerzu von einem Ort zu dem andern reisen müssen, wie er dann gar nach Paris in Franckreich, gar gen Trient in Tirol kommen, als solches glaubwürdige Zeugen bericht. Endlich, nach etlich verloffnen Jahren, soll er auf seine wahre Reu und Büß dann auch auf das gemeine Gebett und Anruffung der lieben H. H. dieser Krot seyn befreyet worden, daß er Weg und Steg wieder nach Hauß reisen kunt, allwo er seinen lieben Eltern noch mehr Lieb und Ehr als das Jahr fort und fort erwiesen, bis sie der liebe Gott von dem zeitlichen hoffentlich zu dem ewigen Leben beruffen, an ihrem Sohn aber allen und jeden Kindern ein ewigen Wunder-Spiegel hinterlassen, darinn sidi alle Söhn und Töchter wol haben zu ersehen.

35. N a s s e s S c h n u p f t ü c h l w ä g t a l l e Sünden hin

schweren

In Thracien hielt sich an der Gränitz auf ein graußlicher Mörder, aller anderen Rädlsführer und Ober-Haubt, mit Namen Alutius, der mit seinen Rauber Gsindl fast alle Strassen in Thracien besetzt und eingenommen, wodurch allenthalben die Päß gantz unsicher worden. Man hat zwar hin und her starck gestraift, aber alles umsonst. Der Kaiser selbst hat das beste Mitl erdacht, dise Raub-Vögl zu vertreiben. Der als ein Gotsfürchtiger Herr schicket von Hof aus ein vertrauten Diener zum Alutio selbst, und gab ihm ein groß silbernes Agnus Dei, darinn allerhand köstliche Hailigtumer und Reliquien der H. H. verschlossen, mit disen gemeßnen Befelch, dis soll er dem obristen Rädlführer in seinen Namen praesentiren, solches fleissig ihm zu lieb an Hals zutragen. Alutius kunts nit fassen, wie und warum gegen einen StrassenRauber so freygebig seyn soll der Kaiser, und obwol er auf das Geistlich sauber nichts gestickt, hielt ers doch in Ehren, weils vom Kaiser kam, ließ am Hals herab hangen die gantze Nacht hindurch; sih aber, wie der Tag anbrachen,

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Christoph Selhamer

und er Alutius von Schlaf erwacht, hat sich schon die GöÜiche Krafft von Oben herab in das mörderische Hertz völlig ausgössen, Alutius stund auf, aber gantz ein anderer Mensch; sein Mörder-Leben war ihm gäntzlich verlait, und wie er sah, daß der Bediente des Kaisers wider nach Hauß kehren wolt, nahm er ein scheinbare Ausred, und raisete freywillig mit ihm der Stadt zu; allda gieng er willig wie ein haimisch Vögele in Kefig hinein, fiel dem Kaiser zu Fussen, und gab sich selbst der hohen Grechtigkeit in die Hand, batt auch, man wol mit ihm als mit ein Ertzmörder verfahren, wie ers verdient, drob sich ja freylich der gantz Kaiserl. Hof höchstens verwundert. Vor allen aber gab dem gütigen Gott sein schuldige Ehr und Dandc der fromme Kaiser, wie auch allen H . H . , deren Reliquien er im Agnus Dei verschlossen disem Ertzmörder überschickt, tröstlicher Hofnung, durch ihr kräftige Vorbit soll disem Wütrich wol von Gott das Hertz im Leib umkehrt werden, wann er nur solche Hailthumer an Hals bringen wurd. . . . Kaum wurd er der Obrigkeit zu tail, wurd er als ein grober Ublthäter und Blut-siecher Mörder in einer tiefen Keichen wol verwahrt, biß ihm gleichwol der Process gemacht wurde; weil er aber gleich den anderen Tag drauf schwerlich erkrandct, ist er aus den Kerdcer wider gehebt und in das Krancken-Hauß gelifert worden, so von Samson den Namen hät. In disem Spital ist er von Weintrincken gar auf ein Zeit gantz unrichtig worden und vom Verstand kommen; hat sich gleichwol mit Abgang der Sonnen und anbrechenter Nacht widerum erholt, doch so war ihm nit änderst, als wan ihm all seine Schand-Thaten wie ein Centner Bley auf das Hertz gelegt und ihm an der stat zerquetschen wolten; gieng also in sich selbst mit allen Ernst, rufet mit heller Stimm die unentliche Barmhertzigkeit Gottes inbrünstig an, vergoß heufige Zäher, beichtet vor Gott all seine Mörder-Stickl und schrie hertzlich um Gnad . . . Indem er diß und mehr anders herabgewinslet und mit sein Tüchl stets die Zäher abgewischt, wurd es endlich mit ihm völliger Ernst. Alutius grif in die Zigen und starb dahin, ehe man vermerckt, daß er mit dem Todt ringen wolt. In der nechsten Gegent herum war eben des Spitals Medicus im ersten Schlaf, der hät über disen schnellen todt ein seltzamen Traum: E r sah, wie die Teuffl Haufenweiß mit ihren grossen Legenten, worinn alle Boßheit des Mörders verzeichnet, dem Bett des Mörders zulufen, denen auf den F u ß 2 schöne Englen nachgeeilt. Gleich ober das Bett duncket ihn, als wurd ein grosse Wag aufgericht, worein lincker Hand die Höl-Geister ihre mit des Mörders Sünden überschribne Bücher und Zetlen gesteckt, wovon gleich die andere läre Schissl in alle Hoch geschneit. W i e dis die 2 Englen ersehen, fragt einer den anderen, ob dan gar nichts Guts für die grecht Schissl verhanden? Ach was wolt verhanden seyn, sprach diser, ist er doch erst dise Tag her von sein Raub-Nest in die Stadt komen, und hat noch kein ernstliche Büß ergrifen; in dem suchen beede das Beth aus, und find der ander sein von Zähren durch und durch benötztes Schnupf-Tüchl, dis nahm er Freuden-vol und truckts in die rechte Schissl hinein. Sich Wunder, den Augenblick wurd dise Schissl gen Boden hinab getruckt, und schnöllet die Linde in alle Hoch, verschwanden auch an der Stat alle Sünden-Bücher und ZeÜen sambt den

Vier Teufel streiten um eine

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Seele

laidigen Teuflen, die Engl aber nahmen gantz freudig die Seel des wainenten Mörders mit sich und führeten sie glorwürdig über die Wolcken hinauf. Alsbald von disen Traum der Medicus erwacht, luf er eilfertig dem KranckenHauß zu, und fand noch den todten Leichnam gantz warm im Bett ligen, gleich als ob er kurtz zuvor todts verblichen wär, sah auch wie das mit Zäher allenthalben benetztes Schnupf-Tuch sein Gsicht bedeckt, da er femers aus anderen herum ligenten Krancken vernommen, wie der Mörder vor Gott hertzlich gebeidit, seine Sünd bereut und bewaint, Gott inständig um Gnad und Barmhertzigkeit eiferig angerufen, machte er den richtigen Schluß, diß alles muß den verstorbenen Mörder betreffen, nahm das Tüchl mit sich und gieng Schnur grad zum Kaiser nach Hof, erzehlet ihm freudig den gantzen Handl, baide zugleidi lobeten den gütigen Gott, der noch heut schwere Sünder und Blutsieche Mörder Kraft der H. Buß-Zäher in das himmlische Paradeiß erhebt.

36. T e u f f e i s t r e i t e n um

ein

Seel

Alles was bißhero von der H. Krafft und Macht auch einer kurtzen Büß, einer augenblicklichen Reu und Leyd vermeldt und probirt, versigle ich jetzt zum Beschluß aus dem Pepino mit einem kurtzen Exempel: Es war, spricht er, ein grosser Sünder, der sich zweyer wichtiger Laster nicht entschütten konte, als offt er in Beichtstuhl kommen, hielt er mit zween Brocken zuruck, er vertuschete seine grobe Fleisch-Sünden aus lauter Scham. Von frembden Geld schwieg er gantz still, aus Forcht, man möcht ihm mit der Restitution kommen und auf das Heimgeben starck trucken. Also gieng er jederzeit weit schlimmer vom Beichtstuhl hinweg, als hinein, weil er noch ein doppeltes Sacrilegium, ein doppelten Kirchen-Raub, in Mißbrauch deß H. Sacraments, begangen. Diser elende Tropff wurde endlich todt-kranck; in disem Zustandt schickte er wol um Geistliche Seelsorger, die heilige Beicht vor seinen Hinscheiden zu entrichten. Aber auch da wolt er mit seinen 2 Brocken nicht herauß, beichtete wol, aber das gröbist schluckt er wider hinab, also gieng die gantze Beicht fruchtloß ab. Nach abgelegter Beicht ließ man ihn ein geraume Zeit mit Ruhe. Da sähe aber und hörte der Kranck gantz allein, was ihn noch bey seinem ewigen Heil erhalten, der sonst schon mit Gewalt dem endlichen Verderben nachgeloffen: In der Kammer sähe er 4 lebendige Teuffei, die hörete er auch, wie sie sich deß erhaltenen Siegs halber geprogelt: Ein jeder wolt in Entführung diser Seel das Prae haben, sonderbar aber stritten und zancketen umb dise schon der Höllen halber vergwiste Seel, die erste drey, und wolte ein jeder aus ihnen solche dem Obristen Lucifer mit Jubel und Freuden praesentiren. Der erste sprach: Er hätte über dise Seel das beste Recht, weil er sie vor allen andern zum erstenmal in die Fleisch-Sünd gelockt und getrieben, auch zum Kläublen gebracht, damit er seine lose Vettlen toll regaliren konnte. Der andere wolte dise Seel allein haben, weil er ihn Tag und Nacht in disen Lasteren erhalten, biß er drin gantz verwimmert. Der dritte wandte vor, er

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Christoph Selhamer

hätte ihn mit allen seinen Schandthaten noch zum vielfältigen Mißbrauch der hochheiligen Sacramenten verhetzt, also gehöre ihm vor allen dise Seel zu. Wie diß Proglen der vierdte Teuffei gehört, wolt er aus teuffelsüchtigen Neid keinem die Ehr vergönnen, und, weil er kein Recht zu diser Seel vorschützen kundt, schrie er gegen den dreyen überlaut auf: Ich sehe wol, ihr drey seyd rechte viereckete Narren! Mein, was zancket ihr lang, wem dise Seel zugehören soll? Seht ihr nicht, daß er noch würcklich lebt und schnaufft? Kommen ihm die Kräfften sampt der Red, so kan er ja noch recht beichten? Kan er nicht beichten, so kan er gleichwol mit seinem Willen und Verstand seine Sünden hertzlich bereuen? Ermuntert er in ihm selbst am leisten Schupfferle, am leisten Augenblick ein wahre Reu von Hertzen, wie er wol kan, wan er nur will, ey so habt ihr alle drey das Spiel schon verlohren. Geschieht das, so wird ihm die göttliche Barmhertzigkeit alle Sünden schnell verzeihen. Also macht ihr Narren die Zech ohne den Wirth, und schreyt Ju! ehe ihr den Sieg erhalten. Diß alles hörete aus sonderer Gnad Gottes in seine Ohren der Krancke, gleich drauff fassete er ein neues Hertz, redlich zu beichten, einem jeden das seinige zu verschaffen, ernstliche Büß zu ergreiffen, und sich mit Gott eilfertig zu versönen. Wie diß alles geschehen, grieff er, von allen Sünden loß und ledig, in die Ziechen, sturb seelig, daß alle und jede mit Freuden hoffen kundten, er sey durch ein so gottseeligen Tod glücklich in das ewige Leben befördert worden. Also hats Gott geschickt, daß eben diß Orts die leidige Teufflen, die unbußfertige Teufflen wider ihren Willen einen Buß-Procurator abgeben müssen, weil sie durch ihr plumpes Zancken den Krandcen zur Heil. Büß bewegt, krafft welcher diser Büsser dem Höllischen Gewalt glücklich entgangen, und hoffentlich die endliche Seeligkeit erlangt.

37. H o c h m u t v e r d a m m t e i n E i n s i d l e r , D e m u t m a c h t selig ein M ö r d e r W i e Guil(lelmus) Peraldus, Bischoff zu Lion in Franckreich, erzehlt, wurd ein bekannter Einsidler biß in Tod kranck und betrübt; man luf hurtig in das nechste Kloster, von dannen schnell ein Beichtvatter zu holen, der ihn, nach aufgenommener Beicht, auch mit allen H. H. Sacramenten, Christlich-Catholischem Brauch nach, versehen mögt. Kaum wurd die Post im Kloster abgelegt, da machte sich ohn allen Verzug von dannen ein Geistlicher auf den Weg, und nahm mit sich das Höchste Gut. Als man den dicken Wald durchstrich, und der voran das Licht getragen, starck mit der Glocken geläut, sihe, da luf von weiten auf sie dar ein wilder Mann, ein grober Mörder, zu sehen, was für ein Beicht verhanden; da er aber vermerckt, daß man den zu E n d des Walds wohnenden Einsidler vor seinem letzten Hinend versehen wolt, gab ihnen der Mörder das Geleit biß zur Zellen des Wald-Bruders. Der Priester gieng hinein, der Mörder blieb draussen, hielte sich für unwürdig, daß er, als ein so grosser Sünder, die Zellen eines so heiligen Einsiedlers betretten soll. W i e

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Der selbstgerechte Einsiedler — Leontius

alle H. H. Sacrament der Sterbende empfangen, und der geistliche Pater schon wieder nach Haus kehren wolt, stund der Mörder bey der Thür und sah sündlich hinein, brach auch endlich aus tiefster Demut und gantz zerknirschtem Hertzen in diese Wort überlaut herauß: O! daß auch ich seyn kunnte, was du bist! diß hörete der todkrancke Einsidler, und weil er sich dieser Red halber mit seinem hochmüthigen Geist sich grob verstigen, sich starck übernommen, sprach er hinwieder: ja freylich solst du wünschen, daß du seyn mögtest, wer ich bin. So weit der Himmel von der Erden entlegen, so grober Unterschied ist zwischen mir und dir: du bist ein verruchter Mörder, ich aber bin ein frommer und gottsfürchtiger Einsidler. Nachdem machte sich auch der Mörder wiederum auf und reisete mit gröstem Hertzenleid dem Pater nach, willens ihm von seiner Jugend auf ein H. General-Beicht im Kloster zu thun; weil er aber von Gott und Tod übereilt, fiel er im Wald gähling nieder, und blieb an der Statt ein Leich. Eben um dieselbe Stund grief auch der Einsidel in die Zügen und sturb. Nun ietzt sechts, wie seltzsam diese zween gefahren; da hieß wol redlich nab und nauf, nauf und nab. Gleich die Nacht drauf, bekam der Pater, so den Todkrancken Beicht gehört und versehen, ein ausführliche Offenbarung: Die Seel des Mörders sey seiner Demut halber, seines steiffen Vorsatz wegen, alle Büß ernstlich zu ergreiffen und seiner eifrigen Reu und Leid wegen durch die Englen den graden Weg dem Himmel zugeführt worden, die Seel aber des Einsidlers sey wegen seines Ubermuts und stinckender Hoffart, auch Verachtung des sündigen Mörders und seiner selbst hohe Schätzung durch die Teuflen geraden Weg der Holl zugeschleppt worden.

38. L e o n t i u s l a d e t e i n T o d t e n - K o p f f z u m T i s c h

ein

Als der Florentinische Machiavell, wie schon oben gemeldt, aus Welschland in Franckreich verreist, wurd ihm allda, als einem politischen Hoffmeister, ein junger Frantzösischer Graf übergeben, den er in allen politischen Stücklen zu Haus abrichten sollt. O was elender Lehr-Jung ist der, dem ein so Teuffeisüchtiger Lehr- und Zucht-Meister zu Theil wird! was guts wird man von so grausamen Schelmen erlernen! Seine Höll-Regeln hat der junge Herr in kurzter Zeit so wol gefasst, daß er Gott und den Leuten wenig mehr nachgefragt, wie ein lästerliches Frey Städel ärgerlich gelebt, ohne Scheu, gleich als ob kein Himmel, kein Holl wär, sich in aller Boßheit herum geweltzt, und wie ein unbändiges Pferd hind und vor ausgeschlagen. Dem Machiavell wollt bey diesem seinen mutwilligen Schuler schier selbst grausen, weil er sich Tag und Nacht so ärgerlich gebraucht, daß sich ob seiner Boßheit wol die gantze Nachbarschafft beklagt. Die göttliche Majestät und sein unendliche Fürsichtigkeit, hat er also gut atheistisch verschimpfft, daß man mit Händen greiffen müste, er hielt weit mehr auf sein verfluchten Machiavell, als auf Gott selbst und sein heilig Gesetz. Gott wollt länger nit zusehen, nahm diesen mutwilligen Bößwicht beym Kopff, der bald mit seinem höchsten Schaden erfahren, was alle die von dem gerechten Gott zu erwarten, die mit Gott und

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Christoph Selhamer

den Leuten nur schlimm politisch, das ist, gut Machiavellisch, gut Atheistisch handien wollen. Dieser Graf ließ ein adelich Mahlzeit zurichten, worzu er viel vornehme Gäst geladen, als der bestimmte Tag vorhanden, gieng seinem Brauch nach vor dem Banquet um die Stadt spatziren, der Graf im Zuruckweg passiret er durch ein Gotts-Acker, allwo er einen Todten-Kopff vor ihm ligend angetroffen; darob wollt er sich Anfangs wol etwas entsetzen, doch trieb er gut Atheistisch alle diese schwermüthige Gedancken, wie unverschämte Mucken, hinweg; ja, was noch mehr ist, er als ein verwegner Cavalier fasset das Hertz und spöttlete noch dessen, dem dieser Kopff gehörig, redete ihn, wie ein ausgemachter Spott-Vogel gar an, und sprach: Nun Glatz-Kopff, sag an, und löse mir etliche Frag-Stück auf; ists wahr, was man ingemein vorgibt, als sey in unserm Leib ein unsterblicher Geist verschlossen, von dem der Leib woll lebhafft gemacht, von dem auch, alsbald er von dannen reisen soll, das Leben soll ausgelescht werden? soll aber auch dieser Geist, wie man sagen will, unsterblich seyn? sag an, wohin wandert dann dieser Geist, wann er seinen Cameraden den Leib verlässt? Wo hält er sich auf? Gibts dort auch ein Ewigkeit oder nicht? sitzt Gott dort zu Gericht oder nicht? Haben sich fromme Leut dort eines sonderbahren Lohn zugetrösten? Haben dort böse Leut Straff und Pein zu gewarten, oder geht alles gleich auf? Ist femers solche Pein auch ewig oder nur zeitlich? Als diß der mutwillige Polizey-Graf zum TodtenKopff geredt, brauchte er noch ein unerhörten Mutwillen und ladet ihn gar spöttisch zum Banquet ein, dort soll er auf die Fragstück ordentliche Antwort erlegen, gab ihm darauf ein Stoß mit dem Fuß, und gieng nach Haus. So verwegne, so verruchte Spott-Vögel, zieglet diese verfluchte Polizey, dem Grafen Leontio (also haben diesen Bößwicht die Ingolstätter auf ihrer Schaubühn getaufft.) Es gab zwar für dißmal der Todten-Kopff kein Antwort, was aber mit seinem Spöttlen, mit seinem ärgerlichen Einladen und Rausfordem Leontius gewunnen, das wird sich bald erweisen. Zu Haus ließ man alle Gäst wilkommen seyn; man war lustig und guter Ding; ein Gesundheit nach der andern gieng herum; Leontius, und sein sauberer Lehr- und Hofmeister, Machiavellus, sprachen den Gästen trefflich zu; so hat es auch an Geigern und Blasern nicht gemangelt. Wie aber der Mut am besten war, siehe da erhebt sich ein trauriges Spiel, dergleichen Franckreich nie gesehen; da wurd alle Freud urplötzlich in ein gähe Traur verkehrt, daß allen darbey die gantze Taffei verleit wurd. In dem Saal luff schnauffend und schwitzend, zitternd und erbleicht zum Leontio seinem Herrn ein Diener hinein, so ein unerhörte Post gebracht, vor der Haus-Thür, sprach er, steht ein graußliche Todten-Larven, ein grosser, gantz beiniger Mann, der will kurtzum herauf und gibt vor, er sey von Ihr Gnaden selbst vor wenig Stunden eingeladen, etliche ihm aufgetragne Puncten zu erörtern. Den Gästen wollt allgemach die Haut grußlen, alle Haar stunden ihnen gen Berg, und suchet einer nach dem andern die Thür. Leontius, wie vielmehr sein Meister Machiavellus, sprach allen Gästen eiferig zu, und wollten, keiner soll von dannen, ehe die Mahlzeit vollendt, der Graf, als welcher noch an Gott, noch an Himmel und Holl mehr geglaubt, meynte nicht,

Leontius ladet sein toten Ahnherrn zu Cast

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daß diß ungleich seyn kunte, was der Diener vorgebracht, gab Befehl, man soll alle Thür und Thor wol verrieglen, und diß Gespenst nicht herein lassen, wollt er Gewalt brauchen, sollen sie keck Gewalt mit Gewalt vertreiben und ihn zu allen Teuffein fortstäuchern, für so wilde unartige Gast sey kein Ort vorhanden. Diß liessen ihnen die Diener wol gesagt seyn, wer wolt aber dem Geist den Durchgang verwehren? Mit einem eintzigen Blaser sprang die Thür am Angel auf, darob sich das gantze Haus erschüttert; also tratt dieser Todte die Stiegen hinauf biß in Saal und setzte sich ohne weiters disputiren und zerflen dem Leontio an die Seiten, der dann allen Gästen hurtig zugesprochen, sie solten sich an ihn nicht kehren, sondern vielmehr fort fahren, wo sie es gelassen, und deß Leontii Gesundheit von neuen anheben: Es ist, sprach er weiter, schon ein geraume Zeit her, daß ich nichts gessen, nichts truncken hab, jetzt aber will auch ich als ein geladner Gast des Leontii Gesundheit ausstechen, und indem er diß geredt, nahm er ein Pocal und brachts hinum, aber keiner wollt ihm Bescheid thun, ein jeder sah vielmehr, wie er sich aus dem Saal fort drehen mögt, keiner aus ihnen wollt den Ausgang erwarten: also zog sich einer nach den andern nach Haus, und blieben endlich Leontius und Machiavellus allein im Stich; gleichwol ersah auch der Hofmeister sein Vorteil, und unangesehen, daß er von Leontio zu bleiben freundlichst ersucht, machte er sich doch hurtig aus dem Staub, weil ihm bey dem gantzen Handel geschwindelt. Leontius wollt zwar auch mit Ernst durchbrechen, wo er aber hin getrungen, stund ihm jederzeit der Todte für das Gesicht und trieb ihn zuruck, endlich da er mit Gewalt fliehen wollt, ergriff ihn die Todten-Larven mit beyden Armen, und redet ihn also an: Hie steht der Mann, den du vor wenig Stunden schimpfflich hieher geladen, doch wieder mit dem Fuß fort gestossenl Hie steht der Mann, dem du spöttischer Weiß aufgetragen, bey deiner Taffei etliche Puncten aufzulösen und zu erklären, auf solche Puncten gib ich dir hiemit richtige Antwort, wie du solche verlangt hast. Erstlich sollst du wissen, wann der Mensch stirbt, so stirbt nicht alles an ihm; als bald die Seel vom Leib scheid, trägt die Seel ihr Leben in die andere Welt, alldort im Himmel oder in der Holl ewig zu leben, wie der Stab von der göttlichen Gerechtigkeit gebrochen wird. Was ich dir hie bedeute, an dem sollst du keineswegs zweifflen, alles was ich dir diß Orts vortrage, geschieht aus gemessnen Befehl des Allerhöchsten. Verlangst du zu wissen, wer ich vor diesem auf der Welt gewesen, entdeck ich dir mein Stand mit zweyen Worten. Schau aber vor diß beinene MenschenGebein wol an, und merck, was ich sag. Ich bin dein nechster Freund, ich bin dein An-Herr, also bist du mein Eni ekel, beyde aber leider verfluchte und zur ewigen Pein verordnete Freund. Mein Glatz-Kopff hat dir Lucifer unter die Füß gelegt, damit du dich recht daran vergreiffen sollst. Was mich belangt, so hab ich mit Schelten und Fluchen, mit Unterdrückung der armen Bauren, mit allerhand Ungerechtigkeit und Schand-Thaten die Holl viel hundert mal verdient, und ich wollt wünschen, daß doch einmal mein Seel gäntzlich verbrennen mögt, so aber ein vergebner Wunsch ist, weil mein Seel unsterblich

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ist, sich auch das höllische Feur in alle Ewigkeit nicht ausleschen läst. Mich hat also der gerechte Gott auf ewig in das höllische Feuer verdammt, der auch noch heut dich mein Enickel dahin verordnet, weil du bißhero noch an Gott, noch an Himmel, noch an die Holl glauben wollen, sondern ohne Gesetz, ohne Gewissen, wie ein Vieh dahin gelebt, gleich als ob nach diesem zeitlichen Leben kein Ewigkeit vorhanden wär; damit aber diese weite Reis in die andere Welt, in die Ewigkeit von dir leichter mög entricht werden, sollst du von mir selbst gleich jetzt dahin getragen werden. Indem er diß geredt, nahm ihn die Larven bey der mitt, schmitzet ihm den Kopff an die Wand, daß Hirn und Blut daran behangen blieb und fahret mit Leib und Seel obenaus, darbey sich mehrmalen das gantze Haus jämmerlich erschüttert. Wie über ein Zeit die Haus-Leut wieder in Saal kommen, sahen sie wol das zerschmetterte Hirn, das frische Blut an der Mauer, und auf den Boden, von Leontio aber fanden sie nichts, weil ihn sein verdammter An-Herr, ein ausgemachter Leut-Triller und Bauren-Schinder, als er selbst bekennt, mit Leib und Seel fortgerissen.

39. E i n N a c h t - R o l l e r v o m T e u f f e i

gestrafft

Da sehen aber die jetzige Nacht-Roller wol auf, welche da zu Nachts so frech und frey herum fensterlen, daß sie nicht einmahl vom Teuffei bey dem Schopff erwischt ihren Rest bekommen. Loßts Buben, was ich ietzt will sagen. Ich weiß ein Orth, und bin dort bey dem Gatter, den man über ein hohe Brucken gemacht, Tag und Nacht offt vorbey passiert. Als dort bey dem Gatter vor eüich 20 Jahren nach Mitternacht ein Hänsel frischer Knecht von seiner Buelschafft nach Haus durchgehen wolt, nahm ihn ein Wilds-Gespenst bey der Mitt und wurff ihn tieff in Graben hinab. Das Leben hat er zwar erhalten, es hat aber den rechten Fuß gekost, und ist der Hänsel darauf gantz unrichtig worden. Gehts hin und trauts bald mehr dem Teuffei, daß ihr die Nacht hindurch nur dem Teuffei dienen wolt.

40. H e x e n u n d U n h o l d e n

General-Capitel

Im Jahr 1594 hielt sich zu Bordeaux oder zur Burdigala in Franckreich auf ein junges von Angesicht sehr schönes Weibs-Bild, so mit Seel und Leib dem leidigen Teuffei verschrieben. Diese gieng ungefehr, umb Predigzeit, bey der Kirchen vorbey, allwo sie der Fürwitz gestochen, den Seel-eyfferigen Prediger nur von weitem zu sehen, deme die Zuhörer in gröster Anzahl zugelauffen. Da hörte sie zu allem Glück, wie der geistreiche Mann den unvergleichlichen Werth einer eintzigen menschlichen Seel trefflich herfür streichen, anbey auch aller deren elenden Zustand beschrieben, welche umb einen blossen Tropffen zeitlichen Lusts oder Gewinns disen theuren Schatz verschertzen, und die Seel umb ein Spott dem Teuffei verlassen . . . Das Wort Gottes hat, wie ein

Fenstergang bestraft — Der Hexen General-Kapitel

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zweyschneides Schwerdt ihr Hertz durchschnitten, und sie so weit gebracht, daß sie nach der Predigt gerad den Burdigalensischen Rathauß zugangen, allda sich selbst als eine lästerliche Unholdin angegeben, auch von dannen nicht gewidien, biß man sie, als die gröste Ubelthäterin gefänglich angenommen, und verwahrt, auch über so grausamliche Schandthaten das rechtmässige Urtheil gesprochen. Bald darauff wurde ein ehrsamer Rath versandet, und sassen alle Herren zugericht ordentlich von ihr selbst zu vernemmen, wie sie dann hin und her möcht gestifft haben. Die Malefitz-Persohn wurde für die Herren geführt, allwo sie freywillig ohn allen Zwang oder Betrohung gantz offenhertzig alle ihre Schand-Thaten außführlich bekennet, wie folget: . . . Ich, sprach sie, bin zwar von frommen und ehrlichen Elteren gebohren, Großgünstige Herren, so mich zu aller Andacht und Gottesforcht Christlich erzogen; ich aber liesse mich von ihnen nicht ziehen, nicht weisen. Das Hauß war mir immerdar zu eng, lieff wider der Elteren Willen und Wissen allenthalben herumb, und da ich auch von ihnen Geschafft halber ausgeschickt wurde, kam ich doch jederzeit spat wider nach Haus, darob die Elteren einen billichen Zorn gefast, mir auff alle Schritt und Tritt nachgangen, mir mein Heimgärtlen, meine Ständerling scharff verwiesen, auch alle Kundschafft ernstlich abgeblasen. J e mehr sie mich aber zu Hauß verwacht, je hitziger wurde ich, frischen Lufft zu schöpffen und meinen Liebhabern, die sich in meine schöne Gestalt vergafft, da und dort, wie ich könnt, nach zu rollen. Wo ich also ein sichere Gelegenheit erblickt, habe ich solche hurtig und verstohlener Weiß gebraucht, ja wann die Elteren vermeinet, ich wäre in der Kirchen anzutreffen, steckte ich bey der Buhlschafft, und gieng neben der Kirchen hinumb; also wurde ich leider! grob verführt und kam endlich von einer Schandthat in die ander. Unter allen, die mir auf den Dienst gewart, hatte das Prae jener Wälsch, der in mich gantz verliebt, mich anfangs mit köstlichen Schanckungen gelockt, mit tollen Versprechen mich bißher in seiner Gegen-Liebe lästerlich erhalten, auch nicht allein zum Fall, sondern gar in Abgrund der ärgisten Sünd und Laster gebracht. Nach dem Fall hätte ich freylich sollen die H. Büß ergreiffen, die verübte Schand-That hertzlich bereuen und beichten, alle Gelegenheit zu sündigen, alle Kundschafft mit disem Wälschen Bößwicht, wie der Teuffei das Creutz meiden und fliehen. Aber damit mir nicht eben das vom BeichtVatter aufgetragen wurde, hab ich alle Beicht-Stühle geschiehen, weil ich mich aus diesen kotigen Sünden hart mehr erheben könnt, hab demnach das Beichten, das Bußwircken, worzu mich mein Gewissen ohne unterlaß angetrieben, von Tag zu Tag, von Wochen zu Wochen, von Monat zu Monat aufgeschoben, endlich bey mir disen plumpen Schluß gemacht, es sey wol gar keiner Beicht vonnöthen . . . Mit diser blinden Rechnung hab ich mir von Stund zu Stund, mehr und mehr den gerechten Zorn Gottes über den Hals geziehlt, und weil ich disen treuen Gott lang zuvor muthwillig verlassen, bin auch ich von ihm verlassen worden und durch Anweisung deß Wälschen Buhlers gar dem leidigen Teuffei zu Theil worden . . . Mein gröstes Unglück bestund in dem, daß ich an St. Joan. deß Tauffers heiligen Abend mich von dem Wälschen weit für 10

Moser-Rath

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die Stadt verführen ließ: Wohin er mich geführt, kan ich nicht wissen, weil die finstere Nacht angebrochen; mich dunckt gleichwol, als wäre es eine grosse weite Haiden. D a nahm der Wälsch von einer alten Budi ein Gärten herab, und machte darmit auf ebenen Boden einen runden Kreiß, worinn wir beyde gestanden. Nachdem bekam er, weiß Gott woher, gähling ein dunckel brennendes Liecht, und lesete aus einem schwartzen Buch lang nacheinander mir gantz unbekandte Wort herauß. Ab disem Handel solt mir ja billich ein Grausen zugangen seyn, aber, wie die Weiber gantz fürwitzig seyn u n d alles ausnaschen müssen, wartet ich auch mit Verlangen, was dise seltzame Ceremonien außbrüten möchten. Kaum hat der Wälsch seinen seltzamen Spruch herab geplappert, da stund augenblicklich vor uns ein schwartzer Geiß-Bock, mit 2 Hörneren auf dem Kopff, und trug mitten in Homeren auf dem Kopff ein finster brennende Kertzen, auf beyden Seiten stund neben dem Bock ein Weib, u n d wie die zwey Cherubim vor diesem mit verdeckten Angesicht Gott selbst aufgewartet, also trugen auch diese zwey Holl Fetzen eine herrlich schöne Larven f ü r das Gesicht herab. Also will halt noch heut der leidige Teuffei dem gütigen Gott alles nach äffen. Gleich darauff kam auf den Platz hergefahren eine grosse Menge Volck, von allerhand Ort und End, Weib und Mann, Herren und Frauen, hoch und niedere Stands-Personen, Bürger und Bettler, gleich als ob ein gemeiner Land-Tag soll gehalten werden. Damit man aber wissen solte, daß diß Orts dem obristen Lucifer ein höllisches Opffer solt entrichtet werden, stund auch zu nächst auf der Seiten ein wilder Mann, wie ein Priester bekleidet, und gantz zum Schlacht-Opffer gerichtet. Nach allen dem nahm mich der Wälsch bey der Hand, und führte midi, als ein Brautführer, zum Bock hinan, der dann seinen Bocks-Bart über sich geworffen, und also geredt: Was ist das f ü r ein Mensch? Woher ist sie gebürtig? und was ist ihr Verlangen? Darauf der Wälsch geantwortet: Diß Mensch habe ich hieher geführet, daß du sie, als eine Nonn, in dein Closter auf- u n d annemmen wollest. Wie diß der Bock vernommen, befahl er mir hurtig, ich solte mit der lincken Hand das Creutz machen. (So hör ich wol, gilt auch das gemeine Sprichwort nicht mehr, daß man sagt, er fliehet mich, wie der Teuffei das Creutz). Der höllische Bößwicht, als ein Äff Gottes, will noch heut, aus lauter Ubermuth, Gott nicht nachgeben; will also auch den Gottesdienst lästerlich nachaffen, aber alles linck, das hintere f ü r sich, Gott zu einem Trutz und sonderen Spott. Nachdem müsten alle nach einander den Bock begrüssen, und ihm den Frieden-Kuß geben, aber am hindern Theil, wo der gröste Gestanck beysammen steckt. Meine Großgünstige Herren verzeihen mirs, daß ich so grob herauß rede, die Warheit läst sich nicht verblümlen. Wie auch der Gruß bey dem Bock abgelegt worden, giengen alle nach einander das anderemal hinzu, u n d zündete ein jedes bey dem Bock-Liecht, so zwischen den Hörnern gebronnen, ihre Kertzen an, dem höllischen Geiß-Bock mit brennenden Liedit e m aufzuwarten. Auf der Seiten stund auch ein grosses Becken, wohin alle und jede ihr Geld-Opffer gelegt, als sie mit ihren Kertzen Procession-weiß umb den Bock herumb gereist. Diß alles ist an S. Joannes-Nacht vorbey

Teufelshochzeit, Hexenmahl und Hexentanz

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gangen, wo ich mich als eine Braut zum Bock versprochen, und der Wälsche mein Brautführer war. Als wir bald wider auf obbemeldten Platz bey eitler Nacht zusammen kommen, habe ich mit dem Bock gar Hochzeit gehalten, der aber zuvor von mir einen Haar-Krantz begehrt, welchen der Wälsche aus denen mir eilends abgeschnittenen Haar-Locken geflochten, und dem Bock aufgesetztet. Also wurde ich leider! dem Teuf fei vermählt, der mich dann gleich in das nächste Gesträuß verführt und jämmerlich mißbrauchet. Darauf gienge die Mahlzeit und der Tantz an, darvon kam ich aber gantz heißhungerig nach Hauß, als hätte ich lauter L u f f t hinein geschluckt. Zu diesem Muth kam ich nachmals alle Wochen zweymal, am Mittwoch und am Freytag. Insgemein nennet mans Hexen-Täntz, sie aber nennen eine solche Versammlung, wöchentlich zweymal, Generale Capitulum, ein General-Capitel, wo sich allzeit über 60 eingestellt. Wie offt ich darbey gewesen, könnt ich nicht zehlen, weil solche unendlich offt geschehen. Wann diß Capitel ihren Anfang genommen, müsten alle ihre schwartze Kertzen in Händen tragen, und solche von dem dumperen Liecht unter den Bocks-Hörneren anzünden, Procession-weiß umb den Bock herumb gehen, u n d vor ihm, als ihren Abgott, die Knie biegen. Alsobald dieser Bock sein Kopff-Liecht gählingen außgelöschet, hat er solches schnell wiederumb angezündet, aber wie? Man verzeihe mir, wann ich was gröbere reden muß, die Warheit kan ich je nicht umbschneiden. Die verlosdiene Kertzen nahm der Bock vom Kopff, und hielte sie an das HinderTheil, wo er mit einem starcken Blaser die Kertze wider mit dem vorigen Liecht erfrischet, so eben ein Zeichen war, daß gleich darauf der ordinari Hexen-Tantz angehen sollte. Bey disen Hexen-Täntzen wurde auch ordinari vor oder nach die H. Meß grob verschimpffet: Ein schwartzer Götzen-Pfaff in einem schwartzen Meß-Kleid, ohne Creutz, wandlete auf ein rundes Blat von einer geschölten Rüben, wobey alle zusammen schrien: Rächet euch toll an euren Feinden, an unseren Feinden wollen wir uns toll rächen, du Meister hilff uns darzu. In den Kelch goß man f ü r Wein Wasser hinein, aber eben das, worauß man den Weyhe-Brunnen gemacht, der wurde also gerichtet: In mitten deß Kreises machten drei Weiber eine Gruben in Boden, so der Bock mit seinem stinckenden Wasser gefüllt, mit solchem Abwasser muste der schwartze Götzen-Pfaff alle besprengen, brauchte darzu einen schwartz angestrichenen Fliegenwadel. Auf diesem Tummel-Platz musten alle und jede, ehe sie nach Hause reisen wolten, dem Bock und dem schwartzen Götzen-Pfaffen ordentlich erzehlen, was und wie viel Übels ein jeder vom nächsten Capitel her gestifftet. D a seynd wol seltzame Stüde einer unerhörten Boßheit auf die Bahn kommen. Die viel Übels gestifftet, wurden gelobet u n d belohnet. Die nichts oder wenig gestifftet, wurden grob verprügelt, wie ich dann offt Kitten-blau heimkommen: Etliche haben bekennt, wie sie Gott mit Betten verschimpffet, u n d die Leute genarret, so vermeinet, als werde ihr Betten mit höchster Andacht verricht; Das Unser Vatter (also reden sie, wie die Ketzer, umbgekehrt) wurde von ihnen also gebett: Unser Vatter, der du im Himmel nicht bist, dein Nahm werd nirgends geheiliget. Dein Reich werde keinem zu theil. Dein Will ge-

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Christoph

Selhamer

schehe weder im Himmel noch auf Erden. Gib uns kein täglichs Brodt, zerschlag vielmehr und verbrenn alle Früchte der Erden. Vergib uns kein Schuld, wie wir dann auch unsern Schuldigern nicht vergeben wollen, und führe uns in allerhand Versuchung, erlöß uns auch von keinem Übel, Amen. Das alles werde war etc. Auf dergleichen Form betten die Hexen, Unholden und Hexenmeister in Kirchen, wo man offt dencken möcht, sie hätten aller ihrer Andacht aufgebotten. Was unter der Heil. Wandlung geredt oder lästerlich gebetet werde, mag und darff ich nicht melden, weßwegen sich doch auf ihrem Tummelplatz alle Teuffels-Klauen gewaltig proglen. Viel andere gaben vor, wie offt sie gottslästerlich gebeichtet, wie offt sie ihren weibersüchtigen Beicht-Vätteren mit erdichten Erscheinungen eine spannenlange Nasen getrehet, daß fast von ihnen vor heilig verruffen, die erst vorgestern auf dem BesenStiel außgefahren. Andere brachten vor, wie sie mit der Hochheiligen Hostien umbgangen, wie sie solche mit Nadlen und Pfriemen durchstochen, daß aus ihr das helle klare Blut geflossen. Andere erzehlten nach der Länge, wie sie liebe Eheleuth gegen einander in Harnisch gebracht, sie mit allerhand Unstern belegt, die Leibs-Frucht vor der Tauffe aufgerieben; viel andere, wie sie die Weyden vergifftet, Rosse und Viehe verhexet, Leuthe und Kinder verkrümmt, unzählbar viel Todtschläge begangen, Hagel und Schaur gemacht, wordurch das liebe Getreidt in Grund und Boden erschlagen, Hauß und Hof abgebronnen, und bey der Gemein die höchste Noth erwachsen. Vor allen aber wolten den Vorzug haben alle die, welche durch Fraß und Füllerey andere gantz zugedeckt, mit Fürwitz und Unzucht sehr viel verführt, daß sie den Teuffei für die schönste Dame gehalten, Gott und alle H. H. Sacramente verläugnet, den Teuffei für ihren Gott angeruffen, wie es damit ihr der verfluchte Wälsche gemacht. Ab allem dem hatte ich freylich wol gar offt ein gewaltiges Grausen, ich därffte mich aber nicht das mindeste mercken lassen. In disem elenden Standt fuhr ich herumb wol zehen Jahr. Jetzt aber kam ich gelingen Fürwitz halber und für den Schein in die Kirch, eben umb die Zeit, da der bekandte Seel-eyfferige Mann von dem höchsten Werth der menschlichen Seele geprediget; anbey hörte ich, was dort für Pein und Marter ein sündige Seel, was für Glory eine Fromme bußfertige Seel ewig zugewarten, wie auch kein Sünder so groß, der nicht Krafft der Heil. Büß seine Seele möge in die unsterbliche Seeligkeit beförderen, solte er auch Seel und Leib dem Teuffei mit eigenem Blut überschrieben, solte er auch mit dem Teuffei und seiner Mutter angebunden und gar Hochzeit gehalten haben. Habe also, nach vollendter Predigt, aus sonderer Gnad Gottes, Antrieb deß H. Schutz-Engels und deß geistreichen Predigers kräfftiges Schreyen, auch von dem stets nagenden Wurm deß Gewissens, starck angetrieben, mich selbst glücklich überwunden, darauf dem Rathhauß eilfertig zugangen, daß ich mich als eine Büsserin der H. Gerechtigkeit zu aller erdencklicher Pein willfährig praesentiren möchte. Zu dem Ende habe ich mich nicht gescheuet, alles das vor Gericht zu bekennen, weßwegen ich weiß, daß ich viel hundertmal Schwerdt und Feuer verdienet. Da haben dann meine großgünstigen Herren den gantzen Verlauff meines graußlich

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Der Zauberstab des heiligen Columban

vollbrachten Lebens vernommen. Diß Leben gib ich hiemit euch Herren, als Richteren, in die Händ: Geht mit mir umb, wie ihr wollt: Sengt und brennet, hacket und hauet in meinen sündigen Leib herumb, wie ihr wolt: Erdenckt nur einen harten und langwierigen Todt, wodurch ich hie so viel tausend und abermal tausend grausame Sünden richtig abbüssen und meine Seele aus den Klauen deß Teuffels reissen möge . . . Wie sie diese offenhertzige Beicht vor dem weltlichen Gericht willfährig abgelegt, also hat sie solche viel mehr dem geistlichen Richter, dem ordentlichen Beicht-Vatter, mit höchster Reu und Leid, mit stetter Vergiessung häuffiger Buß-Zähren hinterbracht, von dem sie auch von allen ihren Sünden glücklich entbunden, biß in den brennenden Scheiterhauffen begleitet worden, darinn sie ihren bußfertigen Geist in die Hand ihres Schöpffers, mit sonderen Trost vieler tausend Zuseher, fromm und gottsfürchtig überantwortet. Also hat gegenwärtige Büsserin ihr schlimm zugebrachtes Leben Krafft der heiligen Predigt, durch ein bußfertiges, durch ein hoch seeliges Hinend beschlossen. 41. S. C o l u m b a h a t e i n e n w u n d e r s a m e n

Stecken

Adamannus Scotus nennet S. Columba einen Priester in Schottland, auß dem aber endlich ein H. Abbt worden, der gegen alle Armen im Land ein recht liebreicher Vatter gewesen, der allen und jeden, so zu ihm die Zuflucht getragen, von ihrer Armedey wunderlich geholffen . . . Ein armer Landfahrer klagt wehemütig dem heil. Mann, er wisse seines Ellends kein End, habe Weib und Kinder, könne aber solche nicht mehr erhalten. Columba trug mit dem armen Tropffen ein Hertzliches Mitleiden, tröstet ihn und sagt, er solle im Wald einen langen starcken Stecken abschneiden und herbringen, der solle ihm von seiner Armedey helffen. Den Stecken spitzte obenher der heilige Mann, segnet ihn und gibt ihm solchen für ein Allmosen; mahnet ihn beynebens an, er solle den Stecken wol aufheben, er solle keinem Menschen, keinem heimischen Thier schädlich seyn. Mit disem Stecken werde man Fisch und Vögel und allerhand wilde Thier vom Wald herein, so sich essen lassen, nach genüge fangen können. W e r war froher als der Bettler, der sich schon für Stein-reich hielte, weil er ein so einträglichen Stecken erhalten. Zu Hauß zeigte er den Stecken Freuden-voll seinem Weib, laufft darauff dem Wald zu, steckt den Stecken an ein wildes abgelegnes Ort in die Erden. Den andern Tag sihet er gleich mit Freuden, wie sich an dem Stecken ein tolle Schachtel gespißt. Nachdem hat er bald ein gantzen Hirschen, bald ein wildes Schwein, bald ein Gämbs, roth und schwartz Wildbrät vollauf von Stecken erhebt, mit dem er nicht allein sich und seine Leuth, sondern gar andere reichlich abspeisen, ja gar umb das Geld verkauffen kunte. Mein Gott! umb das 565. Jahr, da diß geschehen, muß das Jäger-Recht noch nicht im Schwung gewest seyn, sonst wurd man dem heiligen Columba bald das Stecken-Spitzen, dem Landfahrer bald das Gwild verleidet haben. Für arme Leuth hat Gott anfangs dise Thier erschaffen und erhalten, jetzt ziehen grosse Herren alles Wild als ihr

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Christoph Selhamer

Eigenthumb an sich und machen noch ein Recht darauß, so von niemand soll andisputiert werden. Muß also dißfalls die gantze Welt den Finger auf das Maul halten und den endlichen Außspruch von oben erwarten. Der arme Mann hat dazumal bey seinem Wunder-Stecken die beste Schnabel-Weid gehabt und niemand hätt ihm eingeredet, wann er nur sein Glück hätte gebrauchen können. Aber wie Eva vor Zeiten Adam ihren Mann umb das Paradeiß-Glück gebracht, also hat diß Weib ihren Mann von ihrem grösten Glück widerumb in das gröste Unglück, von Überfluß aller Speisen in die höchste Armedey getriben. Wie wärs, sprach das Weib, wann sich ein Kind, ein Mensch an disen Stecken spissen sollt? wir müsten ja den Todtschlag büssen. Ach! man dörfft uns wol gar für Hexenleuth einziehen. Mein Mann, verbrich den so gefährlichen Stecken und verbrenn ihn. Es ist weit rathsamer der Stecken verbrennt, als daß man uns für Zauberleuth am Scheitterhauffen verbrennen soll. Der Mann sagt wohl: Mein Weib, du redst halt, wie du es verstehst, Närrin, hat uns nicht der H. Mann, wie er den Stecken geweiht, außdrucklich versprochen, er solle noch den Leuthen, noch den heimischen Vieh schädlich seyn. Das Weib aber ließ ihrs nicht nemmen, und meinte kurtzum, den Stecken solle man verbrennen, so möditen sie gleichwol zu nachts mit Ruhe schlaffen, wäre ja vil sicherer, man gieng dem Bettel nach wie vor, als daß sie in so grossem Wirbel hinein sollten getriben werden. Adi! was müssen nicht offt die Männer ihren Weiberen zu lieb entrichten, weil sie sonst kein Frid im Hauß haben können, obwohl sie sehen, daß ungeschickt gehandlet seye. Allem Murfflen vorzunemen, sagt er zu, er wolle den Stecken auß dem Weg räumen, und für heut wolle er ihn gantz unter das Dach hinauftragen, wo sich nichts daran werd spissen können. Wie man den andern Tag den Stecken visitiert, steckt eben daran ein schöne Fasan-Henn. Wie diß sein Weib erblickt, da zöge sie ihr altes Register, womit sie ihren Mann dahin vermögt, daß er sein Stecken gar ins Wasser geworffen, daran sich den andern Tag ein großkopffeter Waller-Fisch gespißt, den er allein nach Hauß nicht tragen kunte. Also kam der Stecken wider in das Hauß, den er endlich auß ungestühmen Antrib deß Weibs in Stücke zerhauen und zu Aschen hat verbrennen müssen: Also ist zugleich all sein Glück in Rauch aufgangen. Weil der St. Columbä Stecken und Seegen verbrennt, ist audi er mit seinen Leuthen an alten Bettelstab geraten, darumb er allein seinem Weib hat dancken können. Hät er S. Columbä gefolgt, hat er sein lebenlang genug gehabt, kunte also niemand die Schuld geben, als ihm und seinen heillosen Weib.

42. L i e b u n d T r e u d e r W i n s p e r g i s c h e n

Weiberen

. . . Dergleichen Lieb hat man eben auch an den Winsberger Frauen höchlich zu rühmen, welche ihre Herren so eiferig geliebt, daß sie durch ein sonderes Griffl all ihre Herren dem Todt entzogen. Kaiser Conrad zog mit seinen Kriegs-Heer für die gwaltige Vöstung Winsberg, worin Guelfo Hertzog in Bairen sambt seinen gantzen Adl, vil tollen Soldaten und ihren Frauen gelegen,

Weiber von Weinsberg — Der Türk und die Fasnacht der Christen

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und sidi treflich gewehrt; als aber Conradus all seiner Macht auffgebotten, und mit höchster Fun zum öfftern das Schloß bereimt, hat Guelfo endlich der Ubergab halber zu pactiren angefangen. Der maiste und vornehmste Pact stund in dem, Kaiser Conrad wol auf so viler adelicher Frauen fußfallentes Bitten gnädig zulassen, daß gleichwol all dise Frauen frei und sicher von der Vestung abziehen und mehr nit mit sich nehmen möchten, als was sie auf den Buggel heraus tragen kunten. Diser Pact wurd von Kaiser selbst underschriben; gleich drauf gieng der Abzug an. Die erste vor allen Frauen war die Herzogin selbst aus Bairen, die trug auf den Buggl heraus den Guelfo ihren aignen Herren, auf sie folgten alle andere adeliche Frauen und trug ein jede ihren Herren daher, also machten es auch mit den gemainen Soldaten ihre Weiber, und trugen wie die vorige ihre liebe Ehe-Männer heraus, das also niemand in Schloß als die unschuldige Kinder verbliben, ihren gantzen Hauß-Raht und Kleinodien liessen alle und jede in Stich. Wie diß Conradus ersehen, gefiehl ihm dise eheliche Treu so wohl, das er vor hertzlicher Freud dicke Zäher vergossen, allen Zorn und Grollen fallen lassen, der Statt gäntzlich verschont, die er sonst verbrennen wolt und mit dem Bairfürsten gar ein neue Bindnuß gemacht, als bei dem Bodino zulesen. 43. E i n T ü r c k r e i s t z u r F a s t n a c h t n a c h V e n e d i g Man sagt, es sey vor edich Jahren aus lauter Fürwitz ein grosser Herr aus Türckey eben um die Zeit nach Venedig in der Fastnacht, oder wie sie es nennen, ins Carneval oder ins Caro vale gezogen, wo man sich vor der Fasten vom Fleisch essen letzt, allda den prächtigen Mahlzeiten, Fastnacht-Täntzen, Fastnacht-Spileren und allerhand narreten Gaugelwerck und Faschings-Butzen zu zu schauen, von dem er so viel Wunders in Türckey gehört. Wahr ists, in der gantzen Welt wird diß Lumpenfest, diß Freß- und Sauff-Fest, diß Spiel-Fest, diß Teufels-Fest die Fastnacht so prächtig, so frech und frey nirgends gehalten als zu Venedig. Weit und breit reist man jährlich auf Venedig zu, damit man alle Narren aldort recht auslassen mög. Nun der Türdc sah allen Spaß, den man allda Tag und Nacht hauffenweiß angestellt. Wie der Aschermitwoch angebrochen, sah er wieder, wie augenblicklich alles in der Stadt verändert. Die gestern sich wie Narren gestelt, giengen jetzt daher wie tauffte Mäuß, gantz eingezogen, gantz ernsthafft; das kunt der Türck nicht fassen, woher ein so schnelle Veränderung herrühren soll. Fragt ein wolvertrauten Herren in der Statt, was Ursach doch heut alles gantz still, gestern aber und vorhero Tag und Nacht das Tumeliren gewert. Der Herr legt hurtig die gantze Schuld auf den Aschermittwoch, so bey uns ein uralts geistlichs Herkommen ist; bey dieser Einäscherung werden bey uns alle Narren an der statt widerum gescheid, drum geht heut jederman so züchtig, so eingezogen daher. Ist dem also, sprach gleich drauf der Türck, so woll mir der Herr etlich Säck voll die Aschen verschaffen, will solche mit höchsten Dank mit lauter Geld richtig bezahlen. Zu Constantinopel haben wir grobe unsinnige Narren voll

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Christoph Selhamer

auf; kunt ich sie mit der gleichen Aschen wieder gescheid machen, wär ich wol ein glücklichseeliger Mann. Bishero haben alle Doctinger zusammen gestanden, haben aber kein Narren zu recht bringen können. Wahr ists: der Aschen macht recht gescheide Leuth. Aber warum braucht man den Aschen nicht vorher, damit man nicht närrisch werden kunt . . . Man muß nicht dendcen, als stecken alle Narren jetzt zu Venedig drin. Narren gibts allenthalben, die gantz Welt stedct voller Narren. 44. L ä c h e r l i c h e r P o s s e n , so e i n e m widerf ahren

Studenten

Ein Baur hat ein Sohn, der schon etliche Jahr auff der hohen Schul gestudirt. Der Baur wolt gern wissen, was und wie vil er doch sovil Jahr her auff der hohen Schul erlehmt. Setzt seinem Sohn offt zu, er soll ihm weisen, was er so lang ergriffen. Der Sohn aber gab kein andere Antwort von ihm, als dise: Vatter, es ist noch nicht Zeit, daß ich dir zeigen soll, wie weit sich mein hocherlehmte Weißheit erstreckt. Wann die recht Zeit kommen wird, so will ich dirs handgreifflich zeigen, was ich kan, du wirst dich drob vergaffen. Nun der Sohn reist abermahls seiner hohen Schul zu. Wie das Jahr fürüber, kam er widerum, und eben an einem Samstag heim, wie sie gleich zum Nacht-Essen sitzen wolten. Der hochgestudirte Sohn setzet sich auch hinan, und wie er sah, daß man drey frische Eyr aufgetragen, einem jeden eins, dem Vatter, der Mutter und dem Sohn, da sprach der Sohn, nun Vatter, jetzt ist Zeit, jetzt will ich dir hell und deutlich weisen, was und wieviel ich sovil Jahr herumb gestudirt, ich weiß, du wirst dich freuen und dich kein Gelt reuen lassen, was du auff mich bißhero gespendirt. Nun, sprach der Vatter, das will ich gern sehen, was hast dann als gelehrnt? Schau Vatter, da ligen in der Schüssel drey Eyr, ich will dir aber weisen, daß fünff Eyer seyn müssen. Das wär eins, wann du aus 3 gleich 5 machen können, das trüg ein. Ich kan diß und noch mehr, loß Vatter, wo 3 seyn, da seyn auch zwey, ists nicht wahr? Ja, ja. Da aber seyn 3 Eyer, so seyn dann auch 2 Eyr da. Ist alles wahr. Nun weiter, 2 aber und 3 machen 5. Weil dann hie 3 seynd und 2, so seyn ja 5 Eyer verhanden. Nun Bub, jetzt merdc ich wol, was du mit mein Gelt sovil Jahr erlehrnt hast. Ist gar recht; schau Bub, aus den 5 Eyren nimm ich 2 Eyr für mich, das dritte gib ich deiner Mutter, die übrigen zwey friß du, hast mehr nicht verdient. 45. L ä c h e r l i c h e B o ß h e i t e i n e s Weibs

ehebrecherischen

In Preissen wurd ein schöne und junge Weibs-Person mit ein alten verlegnen Schaf- und Glatz-Kopf verheirat. Die Tochter hätt zwar zu dem alten Schafböltz kein Lust, kein Magen, wolt aber doch ihre liebe Elteren nit

Ein naseweiser Student — Ein gehörnter Ehemann

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betrüben, die mit allen Gwalt auf disen so gar ungleichen Heirat Geld und Gut zu Lieb getrungen, so sie bei dem Alten in kurtzer Zeit zu erhaschen verhofft, weil er schon mit einem Fuß im Grab stund, und so lang nit mehr dauren kunt. Mit disem plumpen Heirat haben die geldsieche Elteren drei Haubt-Fehler begangen. Der erste Fehler bstund in dem, daß sie ihr Tochter wider ihren Will und Mainung zu disem ungereimbten Heirat getrungen. Mit unwilligen Hunden soll man nit Hasen hetzen, sagt das gmaine Sprichwort, es thut doch kein gut . . . Der andere Fehler war der, daß sie ihr schöne, ihr junge Tochter mit einem alten Gecken vermählen lassen . . . Wer glicklich heiraten will, muß sich nit ungleich verheiraten, gleich und gleich gselt sich gern. Als wenig ein Roß und ein Esel, ein Ochs oder ein Hirsch an Pflug spannen lassen, so wenig schicken sich zusammen ein junge frische Rauscherin und ein kohlschwartzer Mohr, ein unbarteter Frischling und ein alts zanluckets Müterl, ein kimige Juno und ein 80jähriger Murfler, ein adelicher Cavalir und ein schwartz verbrennte Staphila von Moß, ein stinckenter Nacht-König und ein stainreiche Wirths-Tochter, ein angehenter Ratsherr und ein grober Baum-Trampl vom Gei . . . Der dritte Fehler kam daher, daß diese Leut nur dem Geld nach heiraten wolten, nicht aber vorher erkundigt, was der Alt für Sitten an ihm habe, was er für ein Alter erraicht. Der vil junge Zweiglen auf ein dirren Hollerstock peltzen will, der ziglt nur das wild Vieh aus dem Wald herfür, daß sie alle Pfeltzer vernagen und verbeissen. Eben also giengs fast diser Camillen, so ein alten Taxen nehmen müssen. Wie sich dise junge Schachtl in ihres gleichen verliebt, also haben sich auch ab ihr vil junge Goffen vergafft. Als offt ihr alter Tätl nit zu Haus, hätt sie ein Haimgarten über den anderen, welches ja so still in die Läng nit kunt practicirt werden, daß nit der Alt ein namhafften Lufft darvon bekommen. Disem Spil recht auf das Gspor zu kommen stellet er sich ainest, als hätt er ein langwirige Raiß zu verrichten, ritt eilfertig auf und darvon, kam aber noch selben Tag unvermerckter Sach nach Haus, alles zu dem End, damit er die lästerliche Bulschafft desto gewisser beisammen erwischen möcht. Der Anschlag gieng ihm zwar wol von stat, aber sein untreuer Hausfetzl hat mit einem weit ärgern Betrug all seine Anschläg zertrimmert. Der Buler ab so schneller Ankunfft des Alten gantz ertattert, wisset nit gleich, wo aus wo an; fliehen kunt er nit, wofern er nit dem Alten in die Händ lauffen wolt, den er schon von weiten erblidct; weil er also voller Angst und Noth hin und her zaplt, ersah er in Zimmer ein offnen Kasten, schlich hurtig hinein und verbarg sich alda mit zugeschlossner Thür, vermainte gleichwol, die staubige Augen-Gläser des Alten hätten disen gschwinden Schluff nit erblicken können. Aber der Alt ließ sich nit verblenten, war fro, daß sich der Vogl selbst in Käfig versperrt, gieng eilfertig auf den Kasten loß, versperret solchen von aussen noch mit einen künstlichen Mark-Schloß, willens, sich gleich darauf zu der Obrigkeit und seines Weibs Befrainten zu verfügen, selbe mit sich anhero zu bringen, und ihnen mit Vorweisung des gefangnen Wildprät seines Weibs Treulosigkeit für die Nasen zu rupffen; wie er dan gleich sein Ehrenmantl angenommen, seine Hömer, so ihm das

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Christoph Selhamer

schöne Weib aufgesetzt, mit dem H u t bedeckt, und den schnurgraden W e g der Obrigkeit u n d ihren Frainden zugangen. W e m war bei diesem Handl banger als dem Gefangnen in Kasten? wer war über dise Wäsch mehr bestürzt als das ehebrecherisch Weib? sie dacht hin und her, wie sie doch ihren Ausbund von der Reichen, sich selbst von grossen Spott u n d Schand erretten möcht; zu dem E n d luff sie behend zu ihrer Nachbarin hinum, dero Ehemann ein Schlosser war, klaget ihr die augenscheinliche Gfahr, und batt um Hilf. Die Nachbarin machte nit vil Wort, versprach ihr schnelle Hilf, n a h m mit ihr alle Dietrich Schlißlen u n d gieng schnell ins Haus hinüber, sperret den Kasten munter auf, erlöst den eingesperten Buler; drauf wurd von ihr der Bock geholt, so ohne das bei den Pferden im Stall gestanden, und an stat des Bulers in Kasten verschlossen. Unterdessen war der Buler schon waiß Gott wo, die Schlosserin träet sich schnell widrum nach Hauß, das Lumben-Weib im H a u ß lachet ihr haimlich die Haut voll ein, war von Hertzen fro, daß ihr der Boß so toll gerahten und der Gfangne so hurtig erlöst, wartete gantz unerschrocken auf ihren Mann, auf die Grichts-Leut und Befrainde, welche dan bald hernach mit voller Macht und Herrlichkeit das H a u ß und die Kammer, wo der schöne Kasten stund, bezogen, worauf der alte Greiß behent angefangen, sein Weib in beiseyn aller anderen vorzufordern, und derselben ihr grob begangne Untreu, wie sie den Buler von ihr in Kasten hinein, als er selbst mit Augen gesehen, laufen lassen, in das Gsicht hinein vorzuwerffen. Das Weib laugnet alles mit beständigen Gemüt, bezeuget öffentlich, daß ihr vor Gott und vor der gantzen Welt groß Unrecht geschehe, was der alte Grillenreisser anziehe, sei ein pur lautere Einbildung, ein überscheinige Phantasei. Was, sprach der Alt, willst du alles diß, was ich mit Augen gesehen, alle Ungebühr, so ich schir mit Händen ergriffen, durch alle Bänck hinaus laugnen? Hochgeehrte Herren, großgünstige Freund und liebe Nachbaren, es braucht dißfals nit vil zerflen, diser tolle Kasten wird uns den völligen Augenschein in die H a n d geben, da da ligt der schöne Schatz meines untreuen Weibs vergraben, da da ligt der ehrlose Mauskopf gefangen, mit dem diese leichtfertige H u r ein graume Zeit her so gnaue Kundschaft ehebrecherischer Weiß gepflogen; den hab ich hie, weil er sich in höchster Eil selbst verschlossen, mit disem tollen Marck-Schloß verriglt. Das verschlagne Weib aber blib immerdar auf der alten Red, laugnet fort und die verhebte Inzicht, so nur von dem Alten erdicht, sich in Ewigkeit nit soll beweisen lassen. Also wurds Ernst, der Alte grif in Sack, hielt den Schlissl in die Hoch und sprach, nun der Schlissl wird mein lose Fetl aufs Maul schlagen und lugen straffen, der Schlissl wird den rechten Schelmen entdecken. Wie diß der alt Hosenhäber proglerisch geredt, wurd der Schlissl angesteckt, und der Kasten eröffnet. Sich aber, den Augenblick sprang gegen dem alten Geckhen sein großbarteter Schwager, der stinckente Gaißbock heraus mit höchsten Glächter des Herrn Richters und aller anwesenten Befrainden. Niemand kunt wissen, wie der Plunder den Bock in Kasten geführt, als die Frau, welche sambt ihren Frainden auf die falsche Inzicht, abgestolnen und grob verschraiten ehrlichen Namen hart getrungen.

Der Bode im Schrank

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Wird demnach aller Schimpf in Emst verkehrt, die Fraind der Frauen nemen sich umb ihr entdeckte Unschuld ernstlich an, wurd also der alte Kleger von allen insgesambt dahin getriben, daß er seinem übl verklagten Eheweib, das warhaftige Unrecht durch Christliche Abbitt, so kniente geschehen müst, und öffentlicher Erklärung, daß er von seiner Frau nichts als Ehr, Lieb und Guts wisse, an der stat benehmen müssen, worüber ihm auch die Obrigkeit als einem öffentlichen und völlig überwisnen Schmäher und Ehrendieb ein nahmhaffte Geld-Straff auferlegt. Seht L. Z. da müst der gut Man, so den Schelm mit Augen gesehen, mit aignen Händen verspert, baide, den Buler und sein Weib beisamen in der Kammer erwischt, danoch öffentlich bekennen, er hab nichts gesehen, oder sei nur verblent worden, beede falsch angeben. Sein schlimes Weib must er noch gut machen, sie der Inzicht halber mit gebognen Knien um Verzeihung bitten und alle Schuld, so er auf andere gelegt, selbst büssen, und sich zu einen verlognen Man machen lassen. Ist demnach dem guten Alten der lästerliche Weiber Betrug und ärgerliche Boßheit theuer gnug bekomen, weil er noch drüber als ein calumniant obrigkeitlich grob gestraft und gestriglt worden. Also gehen junge Menscher und verwegne Lumpen mit ihren alten Hausschrätzlen umb. Gehen alte Wittiber bald mehr hin und ziglen hundsjunge Schachtlen in ihr Hauß hinein, sie werden von ihnen bald den Rest bekomen. Hundertmal werden sie ihren alten Böltz-Jäcklen die Hörner aufsetzen, ehe sies ainmal mercken werden. Wan gleich seyn soll das Firmament Ein gantz Papir und Pergament, Wan gleich all Wasser sambt dem Meer, Nix als ein schwartze Dinten wer. Die Stern am Himmel allzumahl, Sein doch vil tausend an der Zahl, Sich zu den schreiben richten solln, Kunt man doch nit, sags unverholln, Die Boßheit bschreiben eines Weibs; Der Teufl in der Holl beschreibs.

Leo Wolff Vom Gang seines Lebens ist wenig bekannt. 1640 wurde er in München geboren, 1659 trat er in Bamberg in den Franziskanerorden ein und war, infolge seiner Zugehörigkeit zur Straßburger Rekollektenprovinz, vorwiegend im Schwäbischen eingesetzt; er starb 1708 als Prediger der Wallfahrt Mariahilf amLechfeld bei Augsburg, die von den Brüdern der Straßburger Provinz betreut wurde. Die drei Bände seiner gesammelten Predigten, ein Dominieale, eine Sammlung von „Redverfassungen" für den Adventzyklus, femer ein zweiteiliges Festivale, tragen den merkwürdigen Titel „Geistliches Löwen-Brüllen". Der Autor gibt im Festivalband folgenden Kommentar dazu: „Gleichwie der Low (der Naturkündiger Beschreibung nach), wann er von seinem Schlaff auffstehet, drey starcke Brüller von sich hören lasset, also ich, Frater Leo, demnach schon gehört worden, da zwey Rugitus des geistlichen Brüllens in den Advent- und Sontags-Predigten von mir außgangen, nunmehr den dritten Rugitum zwey-facher Predigen über die Fest-Täg . . . folgen lasse . . . " Dergleichen ist charakteristisch für ihn. Er muß ein höchst humorvoller Mann gewesen sein, der seinen Spaß am Skurrilen hatte und sich mit spürbarem Behagen in Wortspielereien, Witzen, lautmalenden Effekten usw. erging, ohne darin freilich die Virtuosität des Abraham a S. Clara zu erreichen. Manche Szenen aus der biblischen Geschichte (vgl. etwa Fabula 2, 1958, S. 5) lesen sich bei ihm kaum anders als seine höchst urwüchsig erzählten Schwänke. Zuweilen schlägt deutlich eine schwäbische Färbung durch. Das Register seiner Märlein ist recht stattlich. Bei der folgenden Auswahl wurde das Hauptgewicht auf Fabeln und heitere Geschichten gelegt, die er gewöhnlich als „Exemplum facetum" bezeichnet. Lit.:

M I N G E S 2 2 6 ; in dem eigentlich zuständigen Werk von KONRAD E U B E L , Geschichte der oberdeutschen (Straßburger) Minoriten-Provinz, Würzburg 1886, ist Wolff unter den barocken Predigtschriftstellem nicht erwähnt.

46. E i n M a h l e r b i l d e t e M a r i a m a l l z e i t a u f d a s den T e u f f e i aber ganz h ä ß l i c h

Schönste,

Einsmahls mahlete ein Mahler auf offener Stadt-Gassen an ein Haus die unbefleckte Mutter Gottes Bildnuß in der Postur, wie der garstige Teuffei unter ihren Füssen liget in Gestalt eines abscheulichen höllischen Drackens, deme Maria die ohne Macul empfangene Mutter Gottes mit ihrem Fuß das

Maler und Teufel — Fürsprache der Mutter Gottes

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Haupt zertrittet. Dises hat dem Teuffei also verdrossen, daß er an Maria und Mahler sich zu rächen, da schon alles fertig wäre, das Gerüst, auf welchem der Mahler gestanden ist, eingerissen und umbgeworffen hat, damit der Mahler Halß und Bein brechen solle. Aber O Wunder groß! der Mahler, so sich nirgends anhalten kunte, streckte die Hand auß nach dem Rode der Bildnuß Mariae, auf die Maur gemahlen, ist auch als hätte er sich an dero Rode erhalten, also lang in dem Luffte hangend verbliben, bis daß durch die zulauffende Leuth Laiteren herbey gebracht worden und der Mahler unverletzt mit aller Verwunderung hat können herunter steigen. O abermahl ein grosser Sig wider den Teuffei.

47. E i n J ü n g l i n g s o G o t t v e r l a u g n e t , n i c h t a b e r w i r d w u n d e r l i c h zu G n a d e n g e b r a c h t

Mariam,

Ein Jüngling wäre, welcher als ein anderer verschwenderischer Sohn all sein Gelt und Gut, sein reiches Vätterliches Erbtheil mit liederlichen Leben gäntzlich hindurch gejagt hatte und endlich an einen so verzweifelten Stand gerathen ist, daß er, umb Geld zu bekommen, den Teuffei selbsten auß der Höllen heraußgeruffen und umb Hilff angesprochen hat. Welche Hülff und Gelt genug der böse Geist auch gern versprochen, wofern er, diser junge Mensch, Gott und die allerheiligste Dreyfaltigkeit werde verlaugnen und sich in seinen Dienst begeben. Der unbesunnene Mensch gehet disen Pact ein, schwöret ab, verlaugnet Gott, seinen Erschaffer und Erlöser. Als der leidige Geist auch begehret, er solle absagen der Mutter Christi, ihrer Hülff und Zuflucht, daß er zu diser nimmermehr sich begeben wolle; über dises teuflische Begehren entsetzet sich der Jüngling, weilen von Jugend auf gleichwohl ein wenige Andacht zu Maria der Mutter Gottes in ihme zu finden wäre; Krafft diser Andacht hat er in dises Begehren nicht eingewilliget. Weilen auch der leidige Sathan ihme die zugesagte Hülff verweigeret hat und auß seinem Angesicht verschwunden ist, also schöpffte er über seine begangne Boßheit grosse Reu. Begibt sich alsobald in eine gewisse Kirchen, in welcher er sich vor dem Altar, auf dem die Bildnuß Mariae der Mutter Gottes Gebährerin mit ihrem Göttlichen Sohn auf den Armen andächtig zu sehen wäre. Weilen nun der arme Sünder sich gantz allein befunden, also vergösse er auß seinen Augen häuffige und heisse Zäher, mit demüthigster Bitt, durch ihre Mütterliche Barmhertzigkeit, sie wolle ihn, als den allerlasterhafftigisten Bößwicht in der gantzen Welt von ihrem Gunst-leuchtenden Angesicht nicht Verstössen, sonder mit gnädigen Augen ansehen. Respice (sagt er) respice in faciem Christi tui, sihe O Mutter der Barmhertzigkeit! Sihe in das Angesicht Christi deines Sohns; Sihe, wie erzürnet er mich ansihet; O Mutter der Gnaden! Bitte für mich, daß er mir meine Sünden wolle vergeben. Es reuet mich von Hertzen, daß ich seine höchste Majestät also schwär beleydiget und gar verlaugnet habe. Dises flehentliche Bitten wäre nicht vergebens. Dann, indem er also weinte

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Leo Wolff

und Leyd tragte, wurde die Bildnuß Mariae gleichsamb beseelet, fanget an Miraculoser Weiß für den armen Sünder zu bitten. Aber Christus hat sichtbarlidi sein Angesicht und Augen von dem treulosen Menschen abgewendet, als wolte er (wie vor disem zu der Cananaerin) sagen, es ist nicht gut, den Kindern das Brod entziehen, und solchen bösen Hunden mittheilen. Westhalben die Bildnuß Mariae sich von ihrem Orth erhebt, ihr liebes Kind Jesum auf den Altar gesetzt, und solches mit gebognen Knyen für den Sünder, der umb ihrer Liebe willen dem bösen Geist sich nicht hat ergeben wollen, gebetten hat. O grosses Wunder! sihe, Christus streckte seine Aermblein auß nach seiner Mutter, sie auffzuheben, und spricht: O mein liebe Mutter! Dein so inständiges Begehren kan ich nidit zuruck stellen. Seye dann diser Sünder dir geschendcet; umb deiner Liebe willen ist ihme verziehen, was er wider mich hat gesündiget. O wie wohl getröstet hat über dises sich befunden dieser elende Sünder! so Gott- und Gewissen-loß er vorhero sich hat verhalten, so bußfertig und getreu in dem Dienst Gottes hat er hemach sich erwiesen, auch das Lob seiner Himmlischen Schutz-Patronin aller Orthen außgebreitet hat.

48. C h r i s t - K i n d l e i n w i r d z u r H. W e y n a c h t - Z e i t im S c h n e e g e f u n d e n Thomas Cantipratanus schreibet, daß einest ein frommer Religiös und Priester deß Ordens H. Bernardi gewiser Geschäfft halber auf einem MayrHof geritten seye zu eben solcher Zeit, da die Geistliche und Weltliche Menschen sich pflegten zu bereiten auf die heilige Weyh-Nacht-Zeit, solche mit möglichster Andacht zu begehen. Nun wäre damahls ein grimmige Kälten und ein gar tieffer Schnee. Als nun diser Geistliche seines Weegs also fort reiten thäte, sihet er an dem Weeg sitzen ein gar hold-seeliges Knäblein, aber vor Frost und Kälte schier erstarret, und am gantzen Leib zitierend, welches von allen Menschen verlassen wäre, und deßthalben bitterlich weinte. Der fromme Geistliche auß hertzlichem Mitleiden bewegt, steiget alsobald von dem Pferd, hebet das Knäblein auß dem Schnee auf, nimmet es unter seinen Mantel, solches zu erwärmen. Mein liebs Kind (sagt er), wie bist du hieher kommen? wo ist dein Vatter oder Mutter? warumb hat man dich also verlassen? das Knäblein mit starckem Wainen gibet Antwort: Ach wehe, ach wehe, wie bin ich verlassen, da muß ich allein sitzen in der Kälte, und muß Hunger leiden, niemand will mich aufnehmen und ernähren. Schweig, schweig, mein liebs Kind (sagte der Religiös), ich will dich annemmen: ich will dein Vatter und Mutter seyn, ich will dir schon zu essen geben, wolte also mit sambt dem Knäblein zu Pferd steigen, das Kind aber entwischt auß seinen Armen, und in einem Augenblick verschwindet es auß seinen Augen. Da erkennte erst der Gottseelige Mann, wer dises Knäblein müsse gewesen seyn, nemblich Jesus, der Sohn der unbefleckten Jungfrauen Mariae,

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Blut aus dem Tischtuch gepreßt — Der Freisinger Fuß

der Heiland der Welt. Es erkannte auch diser fromme Geistliche, was der Sohn Gottes und Mariae mit diser Erscheinung und seinen Klagen hat wollen zuverstehen geben: daß er nemblich zu diser verderbten Welt-Zeit von den undanckbaren Welt-Menschen eben so übel tractiret werde, gleichwie damahls, als er noch in dem gebenedeyten Leib seiner Jungfräulichen Mutter ligend, von den groben Bethlemiteren ist Verstössen worden in einen offnen und kalten Vich-Stall . . .

49. M a t t h a e u s d e B a s s i o t r u c k t e a u ß d e m T i s c h t u c h bey einem geldgierigen Advocaten Blut herauß O wie auf manches Herrn Tisch- oder Kleider-Kasten seynd die Speisen u n d Trachten ein lauterer Schweiß u n d Blut der Armen! aber vae! vae! Mattheus de Bassio asse eines Tages zu Venedig bey einem Advocaten, an statt aber der guten Speisen hat Mattheus der Seelenbegirige Vatter angriffen das böse Gewissen deß gedachten Advocaten; führte ihm ernstlich zu Hertzen, wie schwärlich er sich in seiner Advocatur versündiget habe: und w o f e m er das unrecht erworbene Gelt und Gut nicht wider zurudcgebe und nicht unterlasse in Ansehung der Gelt-Verkehrungen das Recht zu sprechen, krumme Händel gerad zu machen, seine bishero geführte Ungerechtigkeit zu bereuen, so werde die Straff deß strengen Göttlichen Richters durch ein entsätzliches Vae! Wehe! urplötzlich über ihn kommen. Zum Wahrzeichen ergreiffet P. Mattheus das Tisch-Tuch, trucket selbiges zusammen, auß welchem häuffiges Blut herauß geflossen ist. Sihe! spricht Mattheus, das ist das Blut der Armen, welches du ihnen durch ungerechte Processen u n d Rechtsführungen außgesogen, dises schreyet in den Himmel u n d begehrt Räch über dich.

50. V o n e i n e m B a u r e n , der nicht nach Freysingen beten gehen

wolt

Solchem nach dann wolle in diesen H. allgemeinen Bett-Tägen keines so vermessen sein . . . wie jener Baursmann von Momingen an der Iser gelegen, welcher auf einem Baum sitzend gefragt worden: Ob er dann nicht auch mit der Gemein nach Freysingen zu S. Sigismund mit dem Creutz gehen werde? geantwortet hat: E r habe keine Füß, darmit nach Freysingen zu gehen. Aber von Gott augenblicklich also ist gestrafft worden, daß ihme ein F u ß auß dem Leib von dem Baum herunter gefallen ist, welchen F u ß sein Hund, der unter dem Baum ist gelegen, in das Maul gefasset, und nacher Freysingen biß zu dem Altar des Heil. Sigismundi getragen und nidergelegt hat, welcher F u ß annoch alldort neben ein Schrifft oder Taffei zu sehen ist.

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51. E i n M i l c h - H a n d l e r i n g e w i n n e t e m i t W a s s e r unter die Milch s c h ü t t e n ein s c h w ä b i s c h e H a u b e n E s hat sich begeben, daß eine junge Tochter auß einem gewissen Dorff täglich in die Stadt Augspurg einen grossen Kessel mit Milch, soldie zu verkauffen, getragen hat. Dise Tochter hatte ein grosses Verlangen nach einer schönen schwäbischen Hauben. Ein solche zu bekommen pflegte sie jedesmahl, wann sie zu der Brüggen deß Wassers, worüber sie gehen mußte, kommen ist, mit dem Geschirrle, welches sie brauchte, die Milch außzumessen, so vil Wasser auß dem Fluß zu schöpfen und unter die Milch zu schitten, daß also der Milch-Kessel umb dises eingegossene Geschirrle Wasser ist gemehrt und sie umb einen Kreutzer reicher worden, welchen Kreutzer sie allzeit hat zuruck behalten und dises so lang getriben, bis sie so vil ersparet und gewunnen hat, daß sie ihr ein schöne schwäbische Hauben hat kauffen können. Dise ist ja reich worden? aber wie? Als sie an einem hohen Fest-Tag mit ihrer Hauben auf dem Kopf in die Stadt Augspurg prangen wolte, ist es geschehen, daß auf diser Brüggen, bey der sie das Wasser auß dem Fluß geschöpft und unter die Milch gegossen hat, durch den starcken Wind ihr die Hauben von dem Kopf gerissen und in den reissenden Fluß also ist geworffen worden, daß solche gar bald mit Wasser gefüllt zu grund gegangen ist. Sehet da! W i e gewunnen, also zerrannen. 52. E i n L a n d g u t s c h e r e r f a h r t , d a ß e i l e n k e i n g u t

thue

Wir redliche Teutsche haben ein Sprüchwort und pflegen zu sagen: Eylen thut kein Gut. Welches zu Zeiten und in gewissen Verrichtungen auch wol solle beobachtet werden. Was Eylen, Übereylen thut, hat erfahren jener Landgutscher, so einen, der ihm auf der Straßen begegnet ist, gefragt hat, ob er noch möge bey offenem Thor in die Stadt hinein kommen? diser aber ihme geantwortet, wann er gemach thue, könne er gar wohl hinein kommen. Der gute Fuhrmann gedencket bey sich selbst, wann ich mit gemach fahren mag hinein kommen, so wird ich ja mit geschwind fahren noch bälder und ehender in die Statt kommen. Ja er bildete ihm ein, diser Baursmann, so auß der Statt herauß gangen, habe wollen sagen, wann er noch wolle in die Stadt mit seinem Fuhrwerck hinein kommen, so müsse er die Räder hurtig umgehen lassen. Weßthalben er die Pferd mit der Geisel und Sporen angetriben: Hat, hat! Gäula! und der Stärcke nach auf die Stadt zugefahren ist: Trärärum, hat Gäula! Mit solchem Eylen aber hat er verursachet, daß er ein Rad zerstossen, in die Statt nit mehr hineinkommen, und wie wohl zu glauben, mit vilem Fluchen auf dem Weeg hat müssen sitzen bleiben. Eylen thut kein guth. 53. F a b u l a :

Ein sich

aufblähender

Frosch

zerschnöllet

Es ergehet halt einem hoffärtig-aufgeblaßnen, gleich wie jenem Frosch, welcher von seiner Pfitzen zur andern ist außgangen, unterdessen aber sein Wohnung den jungen kleinen Fröschlein hat anvertraut zu hüten. In Ab-

Wie gewonnen so zerronnen — Eilen tut kein gut — Fabeln

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Wesenheit deß alten Frosch hat siehs begeben, daß ein grosser Ochs zur Pfitzen kommen und auß derselben einen so starcken Trunck gethan, daß die Pfitze zimblich ist erschöpfet worden. Als der alte Frosch widerumb anheimb kommen und gesehen, daß die Pfitze an Wasser also abgenommen hat, fragte er, was die Ursache seye? wo das Wasser hinkommen? Ach, sagt ein junger Frosch: Es ist ein gar grosses Thier daher kommen und hat so starck getruncken. Was, ein grosses Thier ist da gewesen, wie groß war es? Ist es grösser gewesen, dann ich bin? spräche der alte Frosch. Ach! unvergleichlich grösser. Der Alte fanget sich an aufzublähen: Sihest du, wie groß ich bin? Ist dasselbige Thier auch so groß gewesen? Ach Vatter! widersetzet der Junge, du bist kein Gleichnuß dagegen. Dises hat den Alten verdrossen, und, auß Hoffarth getrieben, wolte er sich noch grösser erzeigen, blehete sich also noch stärcker auf, hat aber mit Schaden erfahren, inflata crepant, was aufgeblasen, zerschnellt, dann er auch zerschnollen ist, die Haut ist aufgesprungen, daß alles Ingeweid herauß gefallen und er verrecket ist.

54. F a b e l v o n e i n e m L ö w e n u n d e i n e r

Maus

Ein Low hatte sich in einem gelegten Fall-Strick gefangen, auß disem erlediget zu werden, bittete er ein vorbeylauffende Mauß, daß sie doch den Strick abnagen wolle, mit Versprechen, solchen Dienst und Gutthat ihr nach Verlangen zu vergelten. Die Mauß, so ein Männle war, thut was der gefangene Low begehret, nagt ab den Strick und der Low wurde loß. Zu einer Widergeltung aber begehret die Mauß, daß der Low seine junge Tochter, die ein schön-gewachsene junge Löwin wäre, ihr zu der Ehe geben wolle. E y du Mauß-Kopff, waist du auch, was du begehrest? soltest du dich getrauen, mit einer Löwin zu verheyrathen? Bildest du villeicht ein, weil der Low ein König aller Thier ist, er werde alsdann dich, weil du ihm befreundt wirst, zu einem Mauß-König machen? Der Low sähe wohl, die grosse Ungleichheit zwischen seiner Tochter der Löwin und dises unverständigen Mauß-Kopffs: E r erkennete wohl, daß es kein gute E h e werde abgeben, gleichwohl thut er der Mauß das Begehren nit abschlagen, sonder berufft sein junge Tochter die Löwin zu der Vermählung. Als nun dise gantz stoltz und hochmütig herfür getretten, ihren Bräutigam zu besehen, hat es sich begeben, daß der Mauß-Kopff, so ihr Reverentz machen wolte, der Löwin unter die Tatzen kommen und armseelig ist zertretten worden. 55. G l u f e n w e r d e n außgesäet, daß Pallisaden darauß wachsen Von einigen einfältigen Burgern einer gewissen Stadt wird erzehlet, daß sie, ihre Stadt zu bevestigen und unüberwindlich zu machen, durch einen allgemeinen Rath-Schluß seynd eins worden, umb ihre gantze Stadt herumb lauter 11

Moser-Rath

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Glufen und Steck-Nadeln außzusäen, damit, wann solche auffgehen und großerwachsen seynd, lauter eisene Pallisaden herum stehen . . .

56. Z w e y B a u r e n s t r e i t e n v o r G e r i c h t wegen eines singenden Vogels Von zweyen Bauren, dero Hof und Häuser gleich beysamb stunden, wird gelesen, daß an dem Zaun, welcher ihre Höf scheiden thäte, ein großer Baum seine Aest theils hinüber streckte in deß anderen Baum seinen Hof: Nun geschähe es, daß fast täglich ein Vögele sich auf den Baum setzte und lieblich singte. Wegen dises Vogel-Gesang seynd die zwey Bauren strittig worden, ein jeder wolte, der Vogel singe ihm: seynd auch deßwegen von Worten zu den Streichen kommen und für Gericht. Der Dorff-Richter bescheidet die zwey Bauren auf einen gewissen Verhör-Tag, da sollen sie wegen deß Schlagens 10 fl. zur Straff erlegen, er alsdann wolle Recht sprechen, welchem der Vogel singen thue. Als der Verhör-Tag ankommen, erscheinen auch die zwey Bauren mit grossem Verlangen zu hören, welchem auß ihnen von dem Richter das VogelGesang wird zugesprochen werden. Als sie nun die 10 Gulden, ein jedwederer 5 auf den Tisch zur Straff gezehlet haben, sprach der Herr Richter: Ihr Baurn, nun sollet ihr wissen, daß der Vogel heut mir gesungen hab etc., streichet alsdann die 10 Gulden Gelt über den Tisch in sein Hand und schiebt sie in sein Sack. Inskünftig aber sollet ihr zumercken haben, wan der Vogel wiederum auf den Baum kommet, sitzet und singt auf einem Ast, welcher zu dir, Hanß, in deinen Hof hänget, oder sich strecket, so singet der Vogel dir. Wann er aber sitzet auf den Aesten welcher zu dir, Matheiß, in deinen Hof hinüber reichen, so wird der Vogel dir singen. Und dieses ist der Außspruch nach dem Recht, cuique suum, einem jeden soll man zusprechen, so viel ihm gebühret. Waren auch die Bauren mit disem Außspruch zufriden, hatte auch der Richter suum, das Seine, nemblich die 10 Gulden.

57. E i n e j u n g e T o c h t e r l e ß l e t e i n H. A n d r e a e um i h r e n L i e b s t e n

Nacht

Einer Erzehlung von dem Abergläubischen, unverschämten, vermessenen, ja auch Teuflischen Leßlen den Anfang zu machen, werden meine werthiste Zuhörer mir hoffentlich erlauben beyzubringen eine possierliche Begebenheit, welche doch nicht so vil Lachens als Straffens werth ist, weilen darauß ist zu ersehen, wie unrecht handien thun jene freche Schlep-Säck (ehrlicher sie zu titulieren machte ich mir ein Gewissen), welche auß Fürwitz, Muthwillen, böser Begierlichkeit, wohl auch auß Eingebung deß Teuffels, umb zukünfftige Sachen zu erfahren, in den Loß-Nächten deß Abergläubischen Leßlens sich unterfangen.

Streit um einen Vogel — Lössein in der

Andreasnacht

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In einer bekandten Stadt hat es sich zugetragen, daß ein junge, frische, zimblich schöne und mittelmäßig reiche Burgers-Tochter, dero Vatter ein guter Bader wäre und etliche Gesellen in seiner Arbeit hatte, welchen doch die Tochter nicht absonderlich hold wäre, weilen sie dises Handwerck wegen deß unmüssigen und verdrüßlichen Badens nicht liebte: Zu einem Barbierer aber erzeigte sie ein sonderbare Affection und Liebs-Neigung, dahero sie auch ihr hat gefallen lassen einen jungen Gesellen, so in selbiger Stadt bey einem Barbierer in der Arbeit gestanden ist, und sich gleichfalls nicht unfreundlich gegen diser Tochter erzeiget hat. Dise Tochter an der Vigil oder Vor-Abend deß H. Apostels Andreae hatte ein grosses Verlangen, durch das Leßlen zu erfahren, ob diser BarbierersGesell ihr zu einem künfftigen Heyrath beschaffen seye oder nicht. Sagte deßwegen zu ihrer Hauß-Magd: Mensch, heut ist S. Andre-Nacht, wann du Lust hast, so wollen wir Leßlen und losen, was S. Andre uns für ein Zeichen gibet, auß dem wir erkennen mögen, wer und was Handwercks unser künfftiger Heyrath seyn werde. Die Magd, so gleichfalls ein fürwitziges Thier wäre, saget ihr zu, daß sie auch wolle änderschen, und gibt den Einschlag, daß sie wollen das Beth-Brett tretten, dann sie lagen beyde in einer Kammer. Einer auß den Gesellen, so in dem Zimmer auf und ab gienge, seine SeherMesser zu streichen, hörete dises alles und gedenckte bey sich selbst, wie er möge disen zweyen einen Bossen reissen; zu solchem ZihI und End tragte er zu Abends ein Schäffel voll Wasser in die Kammer, stellte solches hinter einen Kasten. Er auch selbsten, als es ist Nacht worden, versteckte sich bey gedachten Kasten. Als nun die Tochter samt der Magd zu Nachts in die Kammer kommen, wäre ihre erste Arbeit, daß sie das Beth auß der Bethstatt bis auf die Bretter herauß genommen und auf die Seiten gelegt haben. Alsdann nach außgeleschtem Liecht zogen sie alle Kleider vom Leib ab, wie bey dergleichen unverschämbten, Abergläubischen Handien zu geschehen pflegt. Die saubere Tochter war die erste, steigte hinein in die Bettstatt und fanget an die Boden-Bretter zu tretten mit disem Spruch zu dem H. Andreas: BethBrett ich tritt dich, Heiliger Andre ich bitt dich, du wollst mir lassen erschein den allerliebsten Buelen mein. Als dises gesprochen, loßte sie, ob sich nicht etwas melden wird; weil sie aber nichts hörte, widerholte sie den Spruch zum andernmahl. Beth-Brett ich tritt dich etc. Sie loßten abermahl; der BadersGesell aber gäbe ein Zeichen, er machte es mit Auf- und Zutrucken seiner Scheer, als wann er einem die Haar thäte abschneiden. Loß, Mensch, loß, sagte die Tochter, er macht es wie ein Barbierer, wann er die Haar absdineidt. O wanns halt mein lieber Ferdinand wär! also heißte der Barbierers-Gesell. Auß Begierde noch was gewissers von ihrem Liebsten zu erfahren, spricht sie den Spruch zum drittenmahl: Beth-Brett ich tritt dich etc. In wehrenden disen Sprechen machte sich der Baders-Gesell mit dem Schäffl Wasser hinter dem Kasten herfür und giesset dises alles hinein in die Bethstatt. Hutsch! hutsch! hutsch! schrye die Tochter und sagte: Ey pfui Teuffei, er geht mit dem Wasser umb, wird halt ein Bader seyn. In solchem Tumult machte sich li"

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der Baders-Gesell zu der Kammer hinauß und erzehlte deß anderen Tags seinen Cameraden, wie es mit dem Leßlen der Tochter abgeloffen seye. Welche hernach dises beschimpfte Mensch immerzu vexierten. Einer sagte: O wans halt mein Ferdinand wär etc. Ein anderer schrye hutsch! hutsch! hutsch! der dritte: wird halt ein Bader werden, er geht mit Wasser umb. Also hatte dises freche Mensch von ihrem Leßlen nichts, als das Gespött von allen Leuthen, die solches vernommen haben, daß also sie sich schier zu tod geschämt hat.

58. E i n W e i b b e k o m m t e i n e n g u t e n R a t h , d e n b ö s e n M a n n g u t zu m a c h e n So ein Weib über den Mann herrschen will, solle sie seinem billichen Befehl nur gutwillig Gehorsamb leisten, so wird sie ihn bald überwinden und gut und freundlich machen. Welches hat erfahren jenes Weib, von welcher ich in einer kurtzweiligen Hauß-Postill gelesen, daß sie lange zeit bey ihrem Mann ein üble Ehe gehabt, vil Schmach und Schlag einnehmen hat müssen. Sie aber wäre meistens selbsten daran schuldig, indem sie vermeinte, der Mann solle nach ihrem Humor leben und thun, was sie wolle haben, welches sie mit Trutzen und Pochen erzwingen wollte. Erzeigte sich derohalben gegen dem Mann so freundlich wie ein bißige Meer-Katz, sagt auch dem Mann keck in das Angesicht, daß die Haußwürthschafft und alles nach ihrem Kopff gehen müsse. Gar recht, mein Weib, spricht der Mann, weil alles muß nach deinem Kopff gehen, so sollen auch die Theller nach deinem Kopff gehen, warffe ihr also einen grossen Büschel Theller eines nach dem andern an ihren Stütz-Gründ. Dieses hat auch so vil gefruchtet, daß es ein Gelegenheit gegeben hat zu besseren Verständnuß, Liebe und HaußFrieden. Sintemahlen das mit Thellern also abgespeißte Weib ihr Noth geklagt hat einem alten Mütterle, welches vilen Leuthen an gewissen Zuständen mit gutem Rath und That geholffen hat. Dises Mütterle batte das betrangte EheWeib, ob sie ihr doch, gegen einer guten Verehrung, ein Mittel oder guten Rath hätte ertheilet, dardurch ihr Mann frömmer und geschlachter werden möchte. Die Alte sprach: Mein Frau, in disem euch zu helffen kan ich kein Mittel, wohl aber einen guten Rath, wann ihr folgen wollet, geben. Es ist ein gewisse Göttin, die heißt Allrauna, diser muß man Speck opfferen, alsdann wird sie einem sagen, was in solcher Sach zu thun seye. Wäre derohalben mein Rath, ihr, mein liebe Frau, gienget am Sonntag in aller Frühe, gleich bey Thor auffmachen hinauß für die Stadt, zu dem Hanff-Acker, wo der Apffel-Baum stehet, und nehmet zu euch drey Stuck Speck, jedes wohl ein Pfund schwär, alsdann stellet euch von dem Baum so weith, daß ihr gleichwohl mit einem Stüde Speck darzu werffen möget; müßt also dreymahl werffen, ein Stuck nach dem andern, und allzeit mit lauther Stimm ruffen:

Guter Rat zum Gehorsam — Ein Weib zum Leben

erweckt

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O Allrauna, Allrauna, ich raff dich an, mach mir liebreich und tugendsamb meinen Mann.

Wann hernach die Göttin nach dem dritten Wurff wird Antwort geben, so mercket wohl, was sie euch wird sagen, und disem kommet alsdann fleißig nach, so wird euer Mann gewißlich gantz verändert werden. Die gute Frau bedanckte sich deß guten Raths und gibt der Alten ein gutes Trinck-Gelt. Sie aber am nächsten Sonntag begibt sich in aller Frühe hinauß zu dem Hanff-Acker, versehen mit drey Stücken frischen Specks. Das alte Mütterle aber (so die Göttin Allrauna selbst ist gewesen und gern Speck auf dem Krauth fressen thäte) dise war schon vorhero darauß und sitzte nahe bey dem Baum in dem langen Hanff verborgen. Wie und auf was Weiß diese so frühe muß vor dem Thor aufsperren hinauß kommen seyn, ob sie über die Stadtmaur hinauß auf der Post geritten oder gefahren, weiß ich nicht zu berichten. Die Frau aber hat gethan, wie sie unterrichtet wäre. Sie warffe ein, zwey, dreymahl, allezeit ein Stuck Speck und ruffte: O Allrauna, Allrauna, ich ruff dich an, Mach mir liebreich und tugendhafft meinen Mann.

Das drittemahl spitzte sie die Ohren zu hören, was die Göttin ihr für eine Antwort geben werde; welche dann auch mit einer emsthafften und mehr Mannlichen als Weiblichen Stimm hat geantwortet, sprechend: Sey ghorsamb deinem Mann im Hauß, Wann du außgehst, bleib nit lang auß, Sorg für Kudiel, Vieh und Gsind, Nicht widerhelle, sey sanft und lind, Gegen deinem Mann bey Nacht und Tag, So wird es besser, ich dir sag.

Dises wäre eine treffliche Lehr, diser ist sie nachkommen und hat es gut befunden. Sie hat sich verhalten als ein gehorsamer Simon, und der Mann hat sich erzeiget als ein Judas. Dann wie er gesehen, daß sein Weib seinem Befelch also unterthänig gehorsamet, hat er vor allen Leuthen ihr Tugend bekannt und sie darumb gelobt. Auch das Weib lobte hernach ihren Mann, daß er gegen ihr so liebreich und freundlich sich verhalten thäte.

59. E i n W e i b , s o s i c h t o d t g e s t e l l e t , wird w i e d e r zum L e b e n a u f e r w e c k t Sie werden vielleicht wo nicht gelesen jedoch gehört haben von einem bösen, dückischen Weib, welches ihren Mann zum Öffteren mit allerhand groben Scheit- und Schmach-Worten zu tractieren pflegte. Eines mahls ward der Mann über solches Schmähen also hefftig erzürnet, daß er dem Weib einen solchen Faust-Streich an den Kopff versetzt, darvon sie gleich zu Boden

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und auf ihr Angesicht fielle, nicht aber so vil wegen Stärdce und Härte deß Streichs, als auß Bockbainigkeit und dückischer Weiß, wie sie dann weder Händ noch Füß riehren thäte, stelte sich, als ob sie schon mauß-tot wäre. Niemand war leyder als dem Mann. E r spritzte ihr Wasser in das Gesicht, streichte ihr Balsam an die Nasen, schrye ihr in die Ohren: Agnes! Agnes! meine liebe Agnes verzeiche mir! es halffe aber alles nit, sie wollte kein eintziges Lebens-Zeichen von sich geben. Der Mann voller Schröcken gehet zu seinem Nachbauren, der ein Metzger, und possierlicher Mann war, disem klagt er sein Noth, sprechend: Ach lieber Nachbauer: Wie gehet es mir so übel, ich sorge, es habe mir mißlungen. Mein Weib hat mich mit ihren gewohnlichen Lästerungen also zum Zorn bewegt, daß ich ihr einen Streich hab zu dem Kopff geben, darvon sie gleich zu Boden gefallen und last eintziges Zeichen deß Lebens nicht mehr spüren. Ach gib mir doch einen guten Rath, was ich solle anfangen! Ist sie todt, so muß ich entlauffen, sonst kostet es auch meinen Kopff. Der Nachbar Metzger gehet mit ihm nach Hauß, sie finden das Weib noch gantz unbeweglich auf dem Boden liegen. Safferment Nachbar! Was hast du angefangen? spricht der Metzger. Alsbald aber greifft er ihr die Pulß an den Armen und befündet, daß sie ausser aller Gefahr seye, und nur auß Boßheit sich also erzeuge! Dann ihre Dück in der gantzen Nachbarschafft schon bekannt wäre: Gedendcet doch Sdialckheit mit Schalckheit zu vertreiben, gibt derohalben dem Mann durch Zeichen zu verstehen, daß ihr gantz nichts fehle, spricht aber zugleich, lieber Nachbar, es ist mir leid umb dich, du hast einen üblen Streich gethan, du wirst nothwendig müssen entlauffen, dann dein Weib ist einmahl todt: Jedoch so hab ich mein Lebtag gehört, daß, so einer sein Weib hat zu todt geschlagen, ehe und vor er entlauffen thut, solle er sie auch schinden, und dieses rathe ich dir auch. Ach! lieber Nachbar Metzger, spricht der Mann, ich kann einmahl mit dieser Arbeit nicht umbgehen: du sihest ja selbst, daß alles an mir zitteret, ich bitte dich derohalben, thue du solches für mich verrichten. So seye es dann, disen Dienst, lieber Nachbar, will ich dir zu guter Letzt thun. Ziehet also ein Messer auß der Schaiden, wetzet es an dem Stahl, nimbt alsdann den Arm, streiffet ihr das Hemd zuruck, fahret mit dem Ruck des Messers über den Arm, als wann er die Haut schon auffschirffte. Den Augenblick, sobald das Weib dises empfunden und nicht änderst glaubte, als es seye Ernst, springet sie eylends auf, lauffet zu der Thür deß Zimmers hinauß in ihren Garten, schreyet eines Schreyens: Schinder, Schinder! Leuth-Schinder! Weiber-Schinder! Hencker-Mäßiger Schinder! Und da sie endlich zu dem Arm sähe, aber kein Verletzung gefunden, die sie zur Prob aufweisen kunte, ward sie in ihrem Sinn zwar böß, dankte doch auch Gott, daß der erste Schnit in ihr zäche Haut nicht eingangen ist. Kunte also der Metzger das todt-gestellte Weib zum Leben auferwecken, ob er schon kein Apostel wäre. So vil aber verursachte die blosse Einbildung deß Schindens, deß Haut abziehens von dem Leib.

Kirschholz statt Kirschwasser

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60. E i n E h e m a n n g i b e t s e i n e m v o l l e n W e i b d e n J o an n e s - S e e g e n m i t e i n e m B r ü g l von K e r s c h b a u m - H o l t z Auf daß aber die Weiber den Männeren heutigen Tags nichts fürzuhalten haben, so muß ich auch beybringen, wie ein Ehemann an einem bekannten Orth im Tyroll seinem Weib den Joannis-Seegen-Trunck gesegnet habe. Damahls einem und anderen Weible der Joannis-Seegen-Trunck (ist ein süßer Feltliner gewesen) trefflich wohl geschmedcet hat, und sie dardurch ein grosse Lieb zu dem H. Joannes bekommen haben, aber noch ein größere Andacht und Liebe zu disem Trunck. Wie sie es dann gegen einander bekennt haben. Eine auß disen fragte den Meßner, sprechend: Christoph, bey welchem Wirth habt ihr den Joannis-Seegen-Wein genommen? bey der güldenen Ganß, antwortete der Meßner. Habt schönen Danck, mein Christoph, es ist wohl ein guter Wein. Dise erzehlet es ihr Gspänin: mein Nachbarin, weilen ja heut S. Joannis Tag ist und zu seiner Lieb man trinken thut, also wollen wir im Heimbgehen bey der güldenen Ganß noch ein Mäßle mit einander trincken. Christina mein Schwägerin will auch mitgehen. Dise drey Weiber werden eines Willens: gehen mit einander in das WirthsHauß. Grüß euch Gott Herr Wirth, wünsch euch glückseelige Feyr-Tag. Mein, seyt so gut und schenkt uns ein Mäßle ein von dem Wein, wie ihr ihn zum Joannis-Seegen habt in die Kirchen geben. Als nun dises Mäßle herauß wäre, sagte die andere Gespilin, ich gib auch ein Mäßle, die dritte wolte auch keine Schmarotzerin seyn, sagt: Aller guten Dinge seynd drey, diser Wein ist ja gar gut, also müssen drey Mäßle seyn, ich will auch eins bezahlen. Als sie nun dise drey Mäßle Wein mit gutem Appetit außgeläpert hatten, seynd die gute Weible zimlich erhitzt worden, begehrten also, der Wirth solle die Zech und noch ein Mäßl darein machen, und ein paar neubachne Semmel darzu bringen, sambt einer sauberen Schüssel. Thäten also einbrocken, und den S. Joannis-Seegen nicht nur trincken, sonder auch essen und liessen es ihnen wohl schmecken, füllten ihre Kretzen wohl an. Dise haben bey 4 Maß Wein und süssem Wein und Semmel drein nicht gezecht, sonder nur Joannis-Seegen versucht. O Gott und der H. Joannes geseegne es euch, meine andächtige Weible! was werden aber eure Männer darzu sagen, daß ihr so lang nicht auß der Kirchen kommet und zu dem Mittagessen sehet? Eben dises, allerlibste Zuhörer, war so den Weiberen neben dem Wein in Kopf kommen. Sie hielten Rath, wie sie sich entschuldigen und ihre Männer bethören wollen. Eine die wohl arglüstig und zimblich räuschig wäre, also daß sie schwindlich im Kopf, schwach in den Füssen, nicht gerad mehr gehen kunte, sagte, das wollen wir thun! Führet ihr zwey mich bey den Armen nach Hauß, ich will mich aber gantz kranck stellen, alsdan sagt ihr, ich seye in der Kirchen in die böse Krandcheit gefallen, und wan ihr mir nicht also wäret beygestanden, ich wohl hätte sterben können. Wan es aber mein Mann nicht glauben will, alsdan

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will ich abermahl fallen und thun als werfe mich die Kranckheit. Alsdann muß er und eure Männer zufriden seyn, er wird euch noch dancken, daß ihr mich also habt nach Hauß gebracht. O wohl ein guter Rath! der Mann aber, so umb ihr Joannes-Seegen trincken schon wußte, war gantz erbittert, dahero als dise saubere drey Sauff-Gespile ankommen und die Ursach ihres Ausbleibens vorbrachten, dem Mann ein Nasen zu drehen: Was, sagte er, was, ihr Lumpine ist kranck? O ich will sie schon gesund machen. In solchem thut das heimbgeführte Weib sich abermahl erzeigen, als ob die Kranckheit ankommen; die andere zwey rufften: geschwind ein Kerschn-Wasser her, geschwind, geschwind. Der Mann, als holte er ein Kerschn-Wasser bringet einen zehen Stecken, sagt, wans Kersch-Wasser gut ist, so muß das Kersch-Holtz auch gut seyn, briglet also die zwey Gespänin tapfer zum Hauß hinaus, alsdann striche er sein Weib mit disem Stecken so kräfftig, daß sie dise Kranckheit ihr Lebtag nicht mehr bekommen hat.

61. E i n

W e i b s c h m ä l t z t i h r e m M a n n das mit einem glüenden D r e y f u ß

Muß

Muß essen ist eine harte Speiß. Solches hat erfahren und bekennen können jener zwar arbeitsame, aber gar zu einfältige Bauers Mann. Dieser, wie Reissig er immer den gantzen Tag mit hauen und bauen auf dem Feld und in dem Wald gearbeitet hat: gleichwol wann er ist nach Hauß kommen, setzte ihm sein feines Weib fast jedesmal ein Röndl, ein Muß von Haber Grieß, ein Haber-Muß auf. Welches er endlich gern geessen hätte, wann es nur wäre geschmaltzen oder gesaltzen gewest, oder wann sein feines Lieb mit ihm gessen hätte. Sie aber entschuldigte sich jedesmals, gäbe vor und sagte: Ach mein Mann, ich bin so voll Kummer und Trübseeligkeit, daß ich einmal nicht essen mag. Der einfältige Mann glaubte es, dann er hatte diese Außred dem Buchstaben nach verstanden. Sie aber, das listige Weible, hatte solche Außred in einem gantz andern Verstand fürgebracht. Dann sie pflegte das fette Schmaltzkoch zu nennen Kummer, und das Bier nennte sie Trübseeligkeit. Warm jetzt der Mann nicht zu Hauß wäre, sondern in dem Feld, in dem Wald arbeitete, hat sie ihr gutes Schmaltzkoch gemacht, und ein paar Maaß Bier darzu gehohlet. Wurde also dadurch so voll Kummer und Trübseeligkeit, so voll Schmaltzkoch und Bier, daß sie hernach mit dem Mann nicht mehr möchte Muß essen. Einsmals sagte der Bauer auß Ungedult, wann ich soll allzeit Muß essen, so thu mirs auch einmal schmaltzen. Sie das Weib börte das Maul hinwieder, und sagt, Haber-Liendl! wie muß ich dirs noch schmaltzen? Will dir gewiß den Schmaltz-Degel gar drein schitten? Botz böste Crentz? schrye er, wanns düs geschmaltzen hätst, so wurd ichs ja gehört haben braschlen. Wann mä Schmaltz darauff schitt, so thuts ösch! ösch! Das Weib gedenckt, wanns nur am ösch-ösch gelegen ist, so will ich dir das Muß bald geschmaltzen haben. Nimmt also die Muß-Pfann vom Tisch, rennt darmit hinauß in die Küche,

Trockenes Habermus — Furcht eines Witwers — Eine rasch getröstete Witwe

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nimbt den eisernen Dreyfuß, darauf sie das Muß gekocht hat, und noch voller Aschen und gantz heiß wäre, stost diesen in das Muß hinein, da thäte es ösch, ösch. Jetzt hab ich gehört, daß es geschmaltzen hast, sagt der Bauer, da er aber zusähe, wäre es mit Aschen gepfeffert und mit Kohlen gespicket, muste Köln und Knoln, Rus und Muß essen. O Muß essen ist ein harte Speiß! Muß thun ist ein harte Arbeit. 62. F r e u d e i n e s E h e m a n n s , d a ß e r i s t e i n worden

Wittiber

Ein guter ehrlicher Ehemann, der mit einer gar eifersichtigen und deßthalben zänckischen Xantippe begabt wäre, ward einest in seinem Hertzen sehr erfreuet, in dem er gesehen, daß sein Hauß-Toimerer, das Weib, gähling und schwär ist erkrancket, in welcher Kranckheit sie ein so stardce und langwürige Ohnmacht überfallen hat, daß auch die Herrn Medici sie für schon gestorben gehalten haben, deßtwegen alles zur Leichbegängnus und Begräbnus bereitet; der Cörper des Weibs wurde in die Toden-Baar gelegt und zum Grab getragen. Nun aber ist es geschehen, daß die ungeschickte Träger an dem Eck eines Haußes mit der Baar also starck angestossen, daß die verstorben gemeinte widerumb auß der Ohnmacht zu sich selbsten kommen und laut zu sdxreyen angefangen hat, wurde also mit grossem Herzeleid deß Manns widerumb nach Hauß getragen und mußte der gute Mann noch ein gantzes Jahr, da sie wahrhaft gestorben ist, mit disem Boldergeist beunruhiget leben. Damahls befände sich der Mann auch mit Trost und Forcht behaftet. Mit Trost, weilen er glaubte, von seinem beschwärlichen Hauß-Creutz erlediget zu seyn. Mit Forcht, weilen er in Sorgen gestanden, das Weib möchte wider zu sich selbst kommen, eilte derowegen mit ihr zu der Begräbnus, hat auch die Träger gebetten, sie sollen doch im Tragen behutsam seyn und nicht mehr anstossen, damit das Weib nicht wieder zum Leben komme, und wan sie die Gestorbne glücklich werden zum Grab gebracht haben, so wolle er ihnen neben dem gebührenden Lohn noch eine gute Zech Bier zahlen, welches dieser Wittiber auch mit Freuden gehalten hat. Ursach, weilen durch seines eifersüchtigen, zängischen Weibs Tod der stäte Hauß-Krieg hat ein End genommen. 63. E i n W i t t i b w i r d a n d e m T a g d e r B e g r ä b n u ß ihres Manns von e i n e m a n d e r n zur E h e b e g e h r t Also (treulos) wäre beschaffen jene Wittib, als ihr gestorbener Mann zur Erden bestättiget ward, noch selbigen Tag von einem ledigen Gesellen um die Ehe angesprochen worden, welchem sie geantwortet, daß sie sich freundlich bedanckte wegen seines Trosts und anerbottenen Heyraths. Sie bekenne es von Hertzen, daß er ihr gar nicht verlaidt wäre, wann er sich nur ehender gemeldet hätte. Es seye aber nunmehr zu spatt, dann sie gestrigen Tags schon einem die Ehe versprochen habe . . .

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Leo Wolff 64. E i n W i t t i b b e o b a c h t e t d e n G l o g g e n k l a n g , ob s i e i h r e n K n e c h t s o l l h e y r a t h e n

Solches (daß die zweite Ehe schlechter wird als die erste) hat in der That und mit ihrem Schaden erfahren jene Wittib und wohlvermögliche Bäurin, von welcher Raulinus also schreibet. Als ein halbes Jahr nach ihres Manns Tod verrauschet, begäbe sich die Wittib zu ihrem Pfarr-Herren, begehrt von ihme ein guten Rath, was sie thun solle? weilen sie ein grosses Haußwesen zuführen, werde wohl widerum einen Mann zum Gehülffen haben müssen, allein alles zu versehen, wurde ihr in der Länge zu schwär werden. Sagte auch, mein Herr Pfarrer, ich habe bishero einen Knecht gehabt, der hat sich wohl angelassen; wär auch ein feiner gesunder Mensch, arbeitet gern und bleibt beim Hauß, wan auf dem Feld nicht zu thun ist. Was rathet ihr mir? soll ichs mit ihm wagen? Mein gute Bäurin, wan deme so ist, spricht der Pfarr-Herr, wie ihr vorgebet, daß ihr allein der Haußwürthschafft nicht könnet vorstehen, und also widerum eines Manns bedürfftig seyet, so rathe ich euch, daß ihr euch widerum verheyrathen sollet. Was aber den Knecht anbelanget, zu welchem ihr schier Lust habet, weüen er fleissig sich erzeiget, dißfalls wäre mein Rath, daß ihr wohl bedachtsam seyn sollet. Es möchte geschehen, daß ihr mit dem Knecht zur Kirchen gienget, hemach aber mit dem Herrn müsset nach Hauß gehen, daß der Knecht über euch gar zu herrisch wurde. Können also eins thun und acht haben auf das Läuten der Glogen, auf den Glogen-Klang, was diser wird sprechen, dises möget ihr thun. Die gute Bäurin war mit diesem Rath zufriden, gehet zum Meßner und mit Versprechung eines guten Trinck-Gelts begehrt sie, daß er Abends, wan er Feyrabend läuten wird, er fein munter zusam läuten solle, welches auch geschehen, die Glogen klingten frisch, kling, kling, klang, klang, kling, kling, klang, klang. Die Bäurin verstünde, die Glogen sagten, nihm hin den Knecht, nihm hin den Knecht. Folget also diser Einbildung und machte mit dem Knecht ein lustige Hochzeit. Es ist aber nicht lang angestanden, da hat sie erfahren, daß sie auß einer Frauen ein Magd, ja nicht nur ein Magd, sonder gar ein Fußhader worden, die Schlüssel wurden ihr abgenommen, Kisten und Kästen wurden versperret: der Mann frasse Fleisch, sie mußte mit fünff Finger-Kraut vorlieb nehmen und durffte nicht Mau darzu sagen. Sie wolte dan für ein Confect den Oxen-Zäm verkosten. Die Bäurin käme abermahl zum Pfarr-Herrn, klagte ihr Not mit vilen Weinen: verfluchte auch den Tag und Stund, daß sie nach seinem Rath auf den Glogen-Klang acht geben, disem gefolget und den Knecht geheyrathet habe. Der Pfarr-Herr aber entschuldigte sich gar manirlich, sagt: Mein liebe Bäurin, mir ist leid, daß euer andere Ehestand also übel ist gerathen: allein sollet ihr niemand anderen die Schuld zumuthen als euch selbsten, weilen ihr die Gloggen nicht recht verstanden habet. Dan dise haben gesprochen: Nihm nit den Knecht, nihm nit den Knecht. Mußte also die elende Tröpfin das Gespött zum Schaden haben, welches doch nicht geschehen wäre, wan die Frau allein geblieben und den Knecht einen guten Knecht hätte seyn lassen. O wie

Vom Glockenklang falsch beraten — Bauer beim Barbier

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offt thut sich dergleichen begeben! wie vil solche Exempel waiß man! aber: Nach der That, nach der That, ist die Reu vil zu s p a t . . .

65. E i n B a u r w i r d v o n d e m B a r b i r e r r e i n

abgeschoren

Zu Enckhausen Ayr-Marckt wohnte vor disem ein Barbierer. In der heiligen Char-Wochen hat es sich begeben, daß ein guter einfältiger Baurs-Mann mit einem Körble voll Ayr und Milch-Flaschen auch auf den Marek kommen ist, die Frau deß Barbierers, bey dero Hauß-Thür er sich hatte nidergesetzt, handlet mit ihm umb die Ayr, kunten aber deß Kauffs nit einig werden. Der Barbierer käme ungefehr darzu, und den Kauff zu machen sagt er: Sihe mein guter Freund, wie heßlich du an Haaren und Bart überwachsen bist, du sihest ja gantz verwildet auß, ich halte darfür, daß du ein gantzes Jahr nit geschoren worden, weilen du auch nit alle Wochen Zeit hast hieher zu kommen, und jetzt die H. Oster-Zeit vor der Thür ist, so komme herein; wann du zu friden wilst seyn, gibe meinem Weib die Ayr und Milch, was sie dir zu wenig bezahlt, will ich darfür dich barbieren. So seys halt (sagt der Baur) wer weiß, wann i mehr in d'Stadt kum, ihr müßt mi aber fein abschern. Ey sey nur zu friden, und ohn Sorg, ich will dich scheren, das du solst einem jungen Gesellen gleich sehen. Das Barbieren gienge an, er saiffnete ihn ein umb den Kopff und das Maul, Haar und Bart, hebt ihm alsdann einen Spiegel vor, zu sehen, wie sehr er das Scheren vonnöthen hätte. Pfui Duifl, sagt der Baur, wie wild sich ich auß? solt einer mayne, ihr hat mi mit lauter Milch-Romm überschmiert. Hab nur gedult mein Baur, bald solst du ein anders und bessere Außsehen bekommen, schert ihm alsdann alle Haar vom Kopff und Maul gantz rein ab und glatt hinweg. Laßt ihn alsdann widerumb in den Spiegel sehen. Da er sich nun also kahl und bluth am Kopff und umb das Maul gesehen, sagte er: Rain genug, rain genug! Main Ayd, wann ich nit wust, daß ich der Sturm-Hanß wär, so kennte ich mich selbst nit. Also geschoren käme er Abend spath nach Hauß; sein Weib aber wolt ihn nit erkennen, du bist nit mein Mann, sagt sie, du magst der Teuffei seyn, der meins Manns Sprach hast angenommen. Du hast in meinem Hauß nichts zu thun, scher dich nur fort, schlagt also die Thür zu, der gute Sturm-Hanß muste also fein rain geschom die gantze Nacht hinter dem Zaun ligen, bis gleichwol deß anderen Tags sein Weib sich besser hat berichten lassen.

66. E i n V o l l g e s o f f e n e r v e r m e i n t e , d e r B a d e r s c h e r e ihm den B a r t , als ein S c h w e i n ihn a b s c h l e c k t e Auß vielen nur eines zu gedencken, wird erzehlet, daß einstens ein solcher Luderer deß Bier-Trancks im Würths-Hauß so vil zu sich genommen und also darmit sich überladen hat, daß er nit nur das Trandc, sonder auch seine Füß

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Leo Wolff

ihn selbst nicht mehr nach Hauß tragen kunnten, ist also nächst dem TungHauffen ligen verbliben, und hat allda die gantze Nacht auf den Sau-Federn geschlafen. Zu Morgens Frühe, als man die Schwein zum Außtreiben auß den Ställen heraußgelassen, ist deren eine gleich auf den Tung-Haufen, reverendo, zugeloffen. So bald sie den lieblichen Geruch, sculicer, von disem vollgesoffenen Luderer, der umb das Maul herumb, Haar und Bart gantz verspyen wäre, gespieret, erbarmete die Schwein sich über ihren vollen Bruder, und butzte mit ihrer Zungen ihn sauber ab, gäbe ihm aber mit ihrem harten Rüssel einen solchen harten Stoß, daß er es wohl empfinden thäte. Jedoch vermeinte er in diser Trunckenheit, es wäre allda der Meister Hans, sein ZechBruder und Dorff-Bader, welcher ihm den Bart Schoren thäte, sagte derohalben: E y Bruder Hans, schör mich nit so hart. Die Schwein aber wolte sich nit dazu verstehen, sonder fahrte fort so lang, bis der Luederer seine Augen eröffnet, und halb bey sich selbst erkennet hat, was für ein Bader ihn gebutzet habe und wessen Bruder er seye. Semper sui similis. Ein Volltrincker ist allzeit dem Schwein gleich. Lutum una voluptas. Im Wuest und Unflat ist all ihr Gutthat.

67. O s t e r - M ä h r v o n F r e y m u t h H ö l d e n r e i c h , der siben e r s c h l a g e n auf einen S t r e i c h Zu einer Zeit begäbe es sich, daß eine fürwitzige Jungfrau bey einer geschärtzigen Handwercks-Burst vorbey gienge, die tragte in einem Korb schöne Äpfel. Weil nun unter disen Gesellen einer wäre, der das Mägdlein wohl kennte und zimlich in sie verliebt wäre, also gäbe er ihr einen gar lieb- und freundlichen Anblick. Die Jungfrau wäre auch von keiner Holtz-böckischen Art, sondern zum Wahrzeichen, daß sie ihr disen holdseeligen Augenwanck und liebkosende Anschmötzlen gefallen liesse, nähme sie aus dem Korb einen schönen roten Apfel und warffe disen ihrem Galan, dem Handtwercks-Gesellen zu, den er mit höfflicher Danksagung empfienge, und gewaltig batzend sich erzeigte, daß er von diser Jungfrauen vor anderen solche E h r gehabt hatte. Nun wäre es eben umb Mittag-Zeit, da der gute Gesell beruffen wurde zum Mittag-Essen (Mit Suppen und Kraut zu füllen sein Haut). Den Apfel aber legte er an das Fenster, wo er unter Tags zu sitzen und zu arbeiten pflegte, des Willens, auf den Abend, an statt des Vesper-Truncks mit solchem Apfel zu erlaben und in Gesundheit seiner Rosimunda zu verzehren. Gar recht! Rosimunda soll leben, Jörg Freymod darneben. Also hieste der HandwercksGesell. Als diser von dem Essen ist aufgestanden und widerumb zu seiner Arbeit gehen wolte, sihet er, daß ein grosse Anzahl der Fliegen sich auf den Apfel gesetzt hatten, aus disem den Safft heraus zu saugen. Da wurde diser Gesell im Zorn erhitzet, die Lebens-Geister in seinem Hertzen fiengen an zu wallen; ergreiffet also sein schmutzige lederne Kappen und schmeist hin auf die Muggen mit solchem Grimm und Stärcke, daß ihrer siben auf einmahl ihr zartes Leben eingebiest haben, und todt gebliben seynd.

Sieben auf einen Streich

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Wie Jörg Freymod dises gesehen, daß er auf einen Streich hat siben Fliegen erschlagen, legte er seinen Handwercks-Zeug auf die Seiten, nimmt seinen Abschid. Behüt euch Gott, Meister und Gesellen; lasset ihm umb sein erworbenes starckes Wochen-Lohn einen schönen, wohlpolierten Brust-Harnisch machen, und mit güldenen Buchstaben dise Schrifft darauf setzen: Siben erschlagen auf einen Streich, Wer ist disem Kriegs-Mann gleich?

Mit disem Harnisch angethan begäbe sich Freymod auf die Reiß, sein Fortun und Heyl in der Frembde durch tapffere Heldenthaten zu versuchen. In wehrender diser Reiß käme er nahe an ein Fürstliches Schloß oder Lust-Wohnung, und weilen er zimlich müd wäre (dann der Harnisch wird vil schwerer seyn gewesen als sonst sein Wander-Bündel), also legte er sich nit weit vom Schloß nider in eine grüne Wisen, alldorten zu ruhen; welches auch geschehen. In diser Zeit hatte sich begeben, daß etliche Hoff-Bediente außspazierend, nahe zu dem schlaffenden Freymod seynd kommen, und weilen sein Harnisch von dem Sonnen-Glantz starck schimmerte, also giengen sie hinzu gantz still, zu sehen, was es bedeute. Da sie nun den Freymod also ligen sahen, mit außgestreckten Armen und Füssen, und die Schrifft auf dem Hämisch haben gelesen: Siben erschlagen auf einen Streich, wer ist disem Helden gleich? getrauten sie sich nicht, ihne aufzuwecken, sondern giengen gantz still widerumb zuruck, und eylends nach Hoff, referieren solches dem Fürsten, der alsbald befohlen hat, man solle acht haben, wann der Held aufwache, daß man ihn zu ihme mit aller Ehrenbietigkeit einlade. Werden also zwey aus den Hoff-Junckeren sambt ihren Dieneren abgeordnet, welche den Freymod, da er aus dem Schlaff sich aufgerichtet hat, gantz höfflich invitierten, er wolle ihm lassen belieben, den Fürstlichen Lust-Hoff zu besuchen, weilen der Fürst ein Verlangen hätte, mit ihme zu sprechen, es solle ihme auch alle Ehr erwisen werden. Freymod erzeigte sich Anfangs gantz ernsthafft, weilen er sich aber erinnerte, daß er unlängst bey einem vornehmen Herrn als ein Bedienter in der Arbeit gewesen und also erfahren hat, wie man mit dergleichen grossen Herren, auch mit dem Frauenzimmer conversieren müsse, also hat er die Einladung mit höfflicher Dandcsagung angenommen, und sich mit den Abgesandten nach Hof begeben, da er in ein schönes Zimmer geführt und gantz liebwerth ist tractieret worden. Keiner aber aus den Hoff-Herm wolte sich unterfangen ihne zu fragen, was die Schrifft auf seinem Harnisch bedeute: Siben erschlagen auf einen Streich, wer ist disem Kriegs-Mann gleich? Der Fürst aber, weilen er an disem vermeynten ernsthafften Helden ein sonderbahres Gefallen hatte, traget ihm Kriegs-Dienst an, daß wann er bey ihme verbleiben und auf begebende Occasion wider seine Feind sich wolle brauchen lassen, ihme seine Fürstliche Tochter solte vermählet werden. O dises Versprechen kützlete gewaltig das Helden-Hertz des Freymod! Aus Liebe zur Fürstlichen Prinzessin offerierte er seine Kriegs-Dienste,

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Leo Wolff

wünschte auch nur bald Gelegenheit zu haben, seine Tapfferkeit zu erweisen, westhalben ihme der Fürst seine Tochter würcklich zur Ehe geben hat. O glückseeliger Freymod! Weilen aber allezeit bey einem Engel ein Teuffei, sonderbahr der NeidTeuffel, also geschähe es da auch. Dann die fürstliche Tochter, aus Verhetzung etlicher Hof-Herrn, wäre ihm nicht so wohl gewogen, gleichwie ihr Herr Vatter, sonderbahr aus folgender Ursach: In einer Nacht in dem Schlaff käme dem Freymod Heldenreich vor, wie er neben anderen Gesellen sitzte bey der Arbeit und sähe, daß der Lehr-Jung zimlich langsam wäre, raffte derohalben überlaut auf: Hurtig Bub! hurtig! die Arbeit muß morgen fertig seyn, wann du es heim tragest, bekommest du ein gutes Trinck-Geld. Dises hörte sein junge Fürstliche Gemahlin, macht ihr hierüber selzame Gedancken, wolte ihn doch auß dem Schlaff nit auffwecken. Bald hernach raffte und schrye er abermahl im Schlaff: Du Heiter, arbeithe fort, es muß fertig werden! streckte zugleich seinen Arm auß, in Meynung, dem Lehr-Jungen eines an den faulen Kopff zu geben, traffe aber seine Liebste in das Angesicht, darüber sie gantz verbittert, solches am folgenden Tag ihrem Herrn Vattem erzehlet hat, mit demüthiger Bitt, er wolle doch diesen Heldenreich einmahl ein Prob seiner Tapfferkeit machen lassen, damit sie wissen, wessen sie sich seiner einest hätten zu versicheren. Ehe und zuvor kunte sie einmahl die rechte Lieb zu ihm nit haben. Nun hatte der Fürst selbiger Zeit in seinem Land und nit weit von disem Lust-Hoff ein wildes Einhorn, welches den Landreisenden Menschen grossen Schaden zufügte. Solches Übel ferner zu verhüten, lasset der Fürst den Freymod Heldenreich zu sich raffen, den er also angeredet: Lieber Aidam oder Tochter-Mann, wir zweifflen zwar nit an seiner Tapfferkeit, jedoch auf dise vertrauend ersuchen wir ihn, daß er auch solche wolle sehen lassen an dem wilden Einhorn, so in nechst gelegenem Wald sich pfleget aufzuhalten und grossen Schaden zufüget denen Wanders-Leuthen, deren es schon vil hat umbgebracht. Wann er dises wird übermeisteren, tod oder lebendig nacher Hoff lifferen, so wolle er ihn auch zum Erben des Lands einsetzen. Als Freymod deß Fürsten Verlangen hat vernommen, auch seine Liebste ihn desthalben bittlich ersucht hat, der Hoffnung aber, auf solche weiß seiner loß zu werden, begibet er sich in aller Frühe in den Wald, nimbt allein zu sich seinen Brast-Hamisch, sein Schwerdt und Strick. Als er nun in dem Wald ein Zeitlang herum gestrichen, sihet er von fern das Ainhorn wayden. Freymod hatte nit vil Zeit sich zu bedencken, sondern stellte sich nahe an einen dicken Baum, entblößt sein Schwerdt und machte ein grosses Geschrey. So bald das Ainhorn ihn hat ersehen, rennte es in völliger Furi auf ihn loß, mit dem Horn ihn zu durchstossen. Freymod aber, welcher hurtiger auf den Füssen wäre, spränge geschwind hinter den Baum. Ist also geschehen, daß das Ainhorn seiner verfehlet, und das Horn also tieff in den Baum hinein gestossen hat, daß es nit wider zuruck konte. Von disem stardcen Stoß und Knall ist zwar Freymod auch zu Boden ge-

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Kampf der Schneider gegen einen Riesen

fallen, hatte sich aber gar bald erhohlet, begibt sich mit Freuden herfür, bindet mit dem Strick dem Ainhorn die Läuff zusamm, daß es nit mehr weiters kunte. Er aber voller Freuden gehet nach Hoff, erzehlet dem Fürsten und seiner Liebsten, wie daß er das Ainhorn habe gefangen und bunden, solle also der Fürst Anstalt machen, solches lebendig herein zu bringen, welches auch mit höchster Verwunderung aller Vornehmen und umbligenden Underthanen under grossen Jubel- und Freuden-Geschrey auf einem Wagen ist eingeführt worden. Auf dise erhaltene Victori wurde Freymod Heldenreich für einen gewaltigen Helden und Kriegsmann gehalten, der Fürst hat ihme die LandsRegierung übergeben, auch seine Gemahlin hielte ihn hernach lieb und werth, mit welcher er ein zimliche Zeit in Frid und Ruhe gelebt hat, und wann sie nit gestorben wären, so lebten sie gewiß annoch. Aber zur Zeit ewigen Gedächtnuß ist ihm auf seinen Grab-Stein dise Schrifft zu Lob und Ehr beygesetzt worden: Hier ligt begraben Freymod Heldenreich, Der siben erschlagen auf einen Streich. E r hat erlegt das wilde Ainhorn, Ein Held vor allen auserkohrn. Hat vil errettet von dem Tod, Sprecht allesamt: Ach! Gnad ihm Gott.

68. O s t e r - M ä h r v o n e i n e m R i s e n 7000 Schneidern

und

Vor unerdencklichen Jahren und niemahls gewesenen Zeiten befände sich in den sibenzehn Niderländischen Provintzen ein ungeheurer Riß, für welchem sich fast alle Menschen selbiger Orthen aus grosser Forcht entsetzten, indem er ihnen grosse Schäden zufügte. Die Herren Staadten seynd destwegen zusammen kommen und hatten sich berathschlaget, wie diser grosse Boden-Last und schädliche Riß entweders zu tödten oder doch aus dem Land zu vertreiben seye. Der Rathschluß lieffe hinaus, daß man dises so hoch-angelegene Werde solle auftragen derjenigen Handtwercks-Zunfft, die sich am stärckisten zu seyn befinden wurde: und dise wäre die Zunfft der ehrsamen Schneider, die auch schon vorhero wegen unterschidlicher tapfferen Verrichtungen berühmt waren. Uber dise hochwichtige Sach zu deliberieren, wurden die vornehmste Meister aus allen Provintzen, gleichsam als auf einen Landtag zusammen beschriben, sich miteinander zu unterreden, wie sie sich bey so gefährlichem Handel zu verhalten hätten. Etliche wolten, daß man diese aufgetragene ansehnliche Charge nicht solle aus den Händen lassen, sintemahlen sie ihnen nicht nur die gewisse Victori versprechen können, sondern es werde auch solche Verrichtung ihnen, ihren Kindern und Kinds-Kindern, ja der gantzen Posteritaet und allen Handtwercks-Genossen einen unsterblichen Ruhm verursachen. Andere Ehrsame Meister aber, welche diser Sadi etwas tieffsinnigers nachdenkten, haben nicht

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weniger bedenckliche Ursachen eingewendet, so das Gegenspihl gerathen haben, sonderbahr in Bedenckung, wann sie disen grausamen Lands-Feind nicht erlegen solten, solches ihnen, neben dem Verlust und Schaden, den sie wurden erleyden müssen, auch einen ewigen Spott und Nachklang wurde bringen. Unter dessen aber, als dise Meister in ihrer Raths-Versammlung sich nicht vereinigen kunten, hat sichs zugetragen, daß der gedachte Riß kommen ist und seine Einkehr genommen hat bey einem Land- oder Gey-Wirth; umb das Geld, welches er mit Rauben erbeuthet hat, liesse er sich stattlich tractiren, gäbe auch dem Wirth ein Stüde Tuch, aus disem ihm ein Kleid machen zu lassen. Wurde also aus dem nädist-gelegenen Orth ein Schneider-Meister beruffen, dem Risen das Kleid anzumessen und zu schneiden. Als diser Ehrsame Meister ankommen, führet ihn der Wirth gleich in das Zimmer des Risens, welcher dazumahlen an der Wand sich anleinend geschlaffen hat und geschnarchet, daß die Fenster zitterten. Ihn aufzuwecken getrauete der Wirth nicht, der gute Meister wolte auch in die Länge nit warthen, dann als er den Risen nun angesehen, wäre ihme das Hertz schon in die Hosen gefallen. Der Wirth spricht ihm gleichwohl so kräfftig zu, daß der gute Meister sich hat unterfangen, das Maaß an dem schlaffenden Risen zu nemmen: damit er aber recht zukommen möchte, lasset er ihm ein Laiter bringen, dise lainete er sambt dem Wirth an die Wand neben den Risen, steiget hinauf, erstlich das Maaß umb den Hals zu nemmen, weilen er aber mit den Händen zitterte wie ein Sultz, hat der Riß solches empfunden, vermeynend, es wäre ein Muggen, greiffet also geschwind darnach, bekommet aber den Meister Schneider zwischen die Finger, den er auch nicht änderst, als wann nur ein Floh wäre, ein weil gewutzlet und endlich gar zerdrücket hat. Als solches denen versammleten Meistern auf dem Landtag ist zu wissen gemacht worden, ist alsbald einhellig beschlossen worden, den Todt dises lieben Meisters zu rächen, mit aller Macht wieder disen schädlichen Lands-Feind in das Feld zu ziehen. Liessen ihm derohalben den Krieg und blutigen Streit ankünden, durch den Wirth, bey welchem er sich noch hat aufgehalten, mit Vermelden: Es werden solche erfahrne Schneider kommen, welche ihm die Hosen nach Verlangen eng oder weit genug machen werden. Zu solchem Ende seynd die Herren Schneider, meistentheils wackere junge, muthige, geschertzige Gesellen, aus den Niderländischen Provintzen bey 7000 starck zusammen gezogen, alle wohl bewaffnet mit ihren scharff-geschliffenen, schön polierten Schären. Der Riß, welcher sich unterdessen gegen einem Wald zurude begeben hat, alldort seiner Feind zu erwarthen, hatte sich hinter einem dicken Gesträuß nidergelegt und geschlaffen. Das siben tausend Mann starcke Heer der Schneider käme auch angezogen in guter Ordnung, lägerten sich in dem ebenen Feld vor dem Wald; weilen sie aber den Feind nicht ersehen kunten, befalchen sie dem Trummel-Schlager, Lärmen zu machen. Sie aber tantzten herumb, jauchtzten und singten, hupfften und springten, als wanns lauter muthwillige,

Das Schneiderlein im Bauch, des Riesen

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geschärtzige Kützlein wären, also groß wäre bey ihnen die Hertzhaftigkeit, wider den Feind zu streitten. Als nun der Riß dises so grosse Getümmel und trutzige Zuschreyen hat vernommen, auch den zum Streit fordernden Trommel-Schlag hat gehöret, riditete er sich auf, wischete den Schlaff aus den Augen, begibet sich aus dem Gesträuß herfür, praesentierte sein ungeheure, grosse, starcke und fürchtige Persohn. Die Herren Schneider stellten sich in die Glider, entblösten ihre blitzende Schären. Der Riß aber ergreiffet sein Schwerdt, entblösset es, und gleich als wolte er einen Ameiß-Hauffen zerstöhren, wirfft er Anfangs mit der Scheiden unter die Schneider, mit einem solchen Gewalt, daß gleich 3000 der besten jungen Gesellen zu Boden gefallen und todt auf der Wahlstatt gebliben seynd. O wohl ein erschröckliche Niderlag! wie solte wohl den noch übrigen umb das Hertz gewesen seyn? wann diser Riß so vil ertödtet hat mit der Scheiden, was wird erst geschehen, wann er über sie kommen wird mit dem Schwerd? Ach des grossen Elends! die nodi übrige 4000 alle, weilen sie so geschwind nicht wüsten, wohin sie sich verstecken solten, schmückten sich und thäten alle, biß auf den Trommel-Schlager, hinein schlieffen in die Scheiden des Risens, der Trommelschlager, der sicli von der angehenckten Trommel nit gleich loß machen kunte, hatte sidi verkrochen unter ein Kraut-Blat, und allda wäre er sicher. Als nun der Riß vermeynt, er habe schon alle seine Feind mit dem einigen Wurff erlegt, gehet er hin, seine Scheid widerumb zu hohlen, und die Todte zu besichtigen. Wie er aber vermerckt, daß noch ein Hinderhalt von seinen Feinden in der Scheiden seye, steckte er das Schwerd mit grausamer Furi in die Scheid hinein, also daß durch disen eintzigen Stich alle tapfferen Helden ihr frisches Leben ist abgestochen worden. O wohl ein entsetzliches Blut-Bad! auf welches der Riß, da er niemand mehr von seinen Feinden gesehen, sich abermahl nidergelegt und eingeschlaffen hat. Nun liebste Zuhörer! was für Gedancken vermeynet ihr wohl, daß unter dessen der ehrliche Schneiders-Gesell, so unter dem grünen Kraut-Blat gestecket ist, ihme werde gemacht haben? Solte er bey so grosser Gefahr seines Lebens ihme nicht gewunschen haben, Haasen-Füß zu haben und also mit geschwinder Flucht sich zu salviren? Keines Weegs; sonder, damit man nicht sagen kunte, er habe außgerissen, resolvierte er sich, weilen der Riß schlaffet und schnarchet, seinen Vortheil zu ersehen, wie er sich alleinig an ihm (wie ein anderer David an dem Risen Goliath) und das edle Blut seiner so tapfferen Mit-Consorten rächen möge, oder auch Ritterlich zu sterben. Schleichet also in aller Stille hinzu, in der Meynung, mit seiner wohlgeschliffenen Schär dem Risen die Gurgel abzuzwicken. Indeme er nun allbereit wolte darein schneiden, geschähe es, daß der Riß einen so starcken Schnarcher gethan hat, daß die Erden dermassen mit Zitteren sich erschüttet hat, daß der gute Gesell gestürtzt und dem Risen in sein weit aufgerissenes Maul gefallen, und also lebendig von ihm ist verschlucket worden, mitsambt der Schär. Aber diser kecke WagHalß erholte sich gar bald, und erinnerte sich wo er wäre. Thut also mit seiner 12

Moser-Rath

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Leo Wolff

Schär also in des Risen Leib inwendig herumb schneiden, daß er ihm den Magen, Lung, Leber, das Hertz und Gedärm dergestalten hat zerfetzet, daß er endlich gar durch den Bauch des Risen sich hat heraus gearbeitet, und also über den Risen triumphierend lebendig aus ihme ist herfür kommen . . . Der glückseelige Obsiger henget sein blutige Schär widerumb an die Seiten, nimmet des Risen Schwerdt über die Schulteren und begibet sich in den nächst gelegenen Flecken, von dannen aus er den ältisten Meisteren einen schrifftlichen Bericht hat zugeschicket, wie der Streitt wider den allgemeinen LandFeind seye abgeloffen. Dise haben zwar hoch bedauret die grosse Niderlag so viler tapfferen Schneiders-Gesellen, gleichwohl aber auch erfreuet, weilen durch sie diser Feind des Vatterlands ist ertödtet worden. Lassen desthalben dem Obsiger entbieten, er wolle sich unterdessen in dem Flecken aufhalten, biß sie alle Anstalt werden gemacht haben, ihne triumphierlich einzuhohlen. Welches auch geschehen mit grossem Frolocken der versammleten Schneiders-Zunfft. In dem Sig-Fahnen ward gezeichnet die Bildnus des Risens, wie aus dessen aufgeschnittenen Bauch siegreich außgehet diser obsigende Held, mit einer blutigen Schär in der Hand: Ist auch von selbiger Zeit an dem gantzen Schneider-Handwerck vergünstiget worden, daß sie in ihren Schilden an statt des offenen Helms ein offene Schär führen därffen. Victoria! Victoria! Victoria!

Wolfgang Rauscher Er wurde im April 1641 zu Mühldorf am Inn geboren, trat am 29. September 1658 in den Jesuitenorden ein, studierte vermutlich in München und lehrte danach am Kollegium zu Freiburg im Breisgau Grammatik, die humanistischen Fächer und Philosophie. 1671 empfing er in Eichstätt die Priesterweihe. Achtundzwanzig Jahre lang übte er das Kanzelamt aus, in Amberg, Augsburg, Dillingen und vor allem als Domprediger bei U. L. Frau in München. 1700 stand er als Rektor dem Kollegium in Luzern vor. Er starb am 11. Juni 1709 in München. Außer seinen großen Foliobänden von Sonn- und Feiertagspredigten „Oel und Wein des mitleidigen Samaritans . . ." (1689, 1690, 1698) und „Marek der Cederbäum . . ." (1689, 1694) brachte er einen Zyklus von Passionspredigten „Trauben-Press biss auf den letzten Bluts-Tropffen . . ." (Dillingen 1689,1695), dann die für uns besonders ergiebige „Zugab Etwelcher Predigten von der guten und schlimmen Haushaltung . . ." (Dillingen 1695) mit den Ostermärlein, und eine Sammlung von Fastenpredigten „Blutiges und unblutiges Opfer Christi deß Erlösers . . ." (Dillingen 1698) zum Druck. Sämtliche Predigten erschienen 1728 in einer fünfbändigen Ausgabe. Ein Antiquariatskatalog von Rosenthal, München, aus dem Jahr 1873 verzeichnete einige Manuskripte Rauschers, eine „Urlaub-Predig, gehalten zu Landshut 1679", eine Sammlung von „Erzählungen", die in den Fastenpredigten zu Freiburg vorgetragen wurden (als Entwürfe von Fastenexempeln) von 1674 und 1676 u. a. Rauscher ist nicht zu Unrecht viele Jahre auf der vornehmsten Kanzel Bayerns gestanden. Man möchte ihn als den würdigsten dieser ganzen, um 1640 geborenen Predigergeneration bezeichnen. Während man manche Predigtwerke der Zeit nur auf ihren Quellenwert hin untersucht, findet man seine Kanzelreden über viele Seiten heute noch lesbar, klug, lebendig, glücklich ausgewogen in Ernst und Heiterkeit, sprachlich hervorragend. Aus vielen Bemerkungen wird ein nahes und warmherziges Verhältnis zum Kirchenvolk spürbar. Jedenfalls gehört Rauscher in die Reihe der bedeutenden Volksprediger des Jesuitenordens wie Scherer, Drexelius, Stengelius oder Hunolt. Auch als Erzähler fügt er sich in diese Tradition. Er hat das Ostermärlein mit aller Beredsamkeit verteidigt (vgl. oben S. 22 ff.) und selbst mit merklichem Behagen seine recht originell ausgewählten Geschichten vor der Zuhörerschaft ausgebreitet. Lit.: 12°

DE BACKER-SOMMERVOGEL 6 , S p .

1 4 9 4 f f . ; BRISCHAR 3 , I X

u.

161.

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Wolfgang Rauscher

69. E i n W u c h e r e r a u f f e i n e m s c h w a r t z e n zur H ö l l e n g e f ü h r t

Rappen

In dem Jahr nach Christi Geburth 1219 lebte ein reicher Bawr Godeschaldc mit Namen, ein Ertz Wucherer. Diser, wie Caesarius Haisterbachcensis und auß jhm Valentinus Leuchthius der H. Theologiae Doctor in seinem Königlichen Lustgarten bezeugen, als er nächtlicher Weil einmal ohngeschlaffen auff seinem Beth sich hin und her weltzte und mit seinen schächerischen Gedancken umbgienge, hörte er, daß alle Räder in der Mühl waren lauffend worden. Er rueffte seinem Knecht und befalche jhm hinzugehn und zusehen, wo es in der Mühl (die zu nächst an seinem Hauß stunde) etwan fehlen möchte. Der Knecht gehorsamet: war aber bald widerumb da mit Vermelden, wann jhm sein Herr tausent Thaler gebe, er nit einmal mehr dahin gehn wolte, also tobe und wütte es in der Mühl, als wann alle Teuffei darin wären. Der Bawr spottete nur seiner, als eines geschrickigen Hansens, stund selber auff und gieng in die Mühl hinein. Er eröffnete aber kaum die Thür, da traffe er zwen schwartze Rappen und einen Mohren darbey an, der ihm gleich bey der Hand erwischt und mit ernsthafften Angesicht und Trohworten befalche auffzusitzen und mit ihme zureitten. Das müsste nun kurtzumb seyn: Godeschaldc saß auff und käme in kurtzer Zeit für die Porten der Höllen. Als er nun in den tieffen Abgrund hinab sähe, wurde er gewar seines Vatters und Mutter, auch mitten in dem Fewr eines lähren Stuels. Warauff sich der Mohr zu jhm wendete und sagte: Dises Orth, besichtige es nur wol, warthet auff dich. Geh aber jetzt hin: nach drey Tagen wird du sterben und da sitzen in Ewigkeit. Darauff wurd er widerumb in die Mühl geliferet, wo jhn dann sein Weib deß anderen Tags halb todt angetroffen, und haimb tragen lassen. Nachdem er nun alles erzehlt, wie es ihm ergangen, wurd auch der Pfarrer berueffen, der ihm dann ernstlich zuesprach, zubeichten und sich zubekehren, mit Vermelden, wie daß dises nur ein Trohung wäre unter dem Beding, wann er nit wurde Büß thun, von ungerechten Wucher ablassen und das fremde Gut haimb stellen: Gott seye barmhertzig und wolle nit den Todt deß Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe; es seye noch Zeit, solte nur dise nit verabsäumen. Alles umbsonst: Godeschalck blib verstocket in seinen Sünden, vorwendend, es seye schon verhausst mit ihm. Und in solcher Verzweifflung verharrte er drey Tag, nach welchen er sein vermaledeyte Seel auffgeben und den jhme in den höllischen Flammen bestimmten Sitz richtig bezogen hat. Ist also für etliche Wucherer auch die Holl nit warm genug.

70. U n n ö t i g e s W a i n e n e i n e r M u t t e r ü b e r j h r e n v e r s t o r b n e n Sohn l e s c h t e ihm das F e g f e u r nit auß Thomas Cantipratanus schreibt von einer Wittib, daß sie gar zu unmässig ihren verstorbnen Sohn bewaint habe: der ihr aber einstens erschinen mit einem Gschirr voller Wasser auff dem Rücken, von dessen Schwäre er gleichsamb im

Der Wucherer in der Hölle — Das Tränenkrüglein—Die

Waldenburger Fasnadit

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gehn verhinderet wurde. Wie sie jhn nun in soldier Gestalt gesehen und erkannt, fragte sie gantz mitleidig, was dises bedeuttet? und ob sie ihm nicht helffen köndte? hierauff gab der Geist zur Antwort: mein Mutter, wann du mir helffen wilst, so höre auf wainen: dann dises Gschirr voller Wasser seynd deine Zäher, welche mir nichts nutzen; bette vilmehr für mich, gib Almosen und laß Meß lesen, daß wird mir weit ersprießlicher seyn. Und mit disem ist er verschwunden.

71. F a ß n a c h t - S p i e l b e y d e n W i n d - L i e c h t e r n kostet drei jungen Graffen das Leben Simon Majolus erzehlt ein trawiges Schaw- und Faßnachtspiel, welches drey Jüngling hochadelichen Geschlechts im Jahr 1470 zu Waidenberg auff dem Schloß eines ihres Bluts-Freunds angestellt haben. Dise nach eingenommener stattlicher Gasterey, dem anwesenden Frawenzimmer ein Kurtzweil zumachen, zohen wüste, zottete, von Bech und Hartz gantz abscheulich gemachte Faunus-Klayder an, und sprangen also vermummt gehling in das Zimmer hinein. Legten die Würffei auff den Tisch und schluegen ein jeder seiner liebsten ein Mumm-Schantz. Weil aber einem der Würffei undter den Tisch gefallen und der Bage mit der Fackel denselbigen was unbehutsams suchte, sprang ein Funcken darvon in das Klayd seines zu nechst stehenden Herrens: welches gar bald die Flamm fasste, und wegen tauglicher Materi gleich hell umb sich zugreiffen und auffzubrinnen anfienge. Disem wurde nit mehr, als daß er anfienge umb Hülff zuschreyen, sich auff der Erden umbzuweltzen, wo möglich, wenigist auff solche Weiß die haißbrennende Flammen zuerstecken. Die am Tisch sitzende mainten Anfangs änderst nit, als es wäre nur ein verstellte Weiß, das Frawenzimmer zuerschrecken, und das Fewr mit Fleiß also zugericht, daß es dem Leib nit schaden köndte. Wie sie aber den Ernst sahen, sprangen sie vom Tisch auff, und wolten den armseeligen erretten helffen; und weil auch die andere zwen vermummte unbehutsam zuegegriffen, wurden sie gleichfals vom Fewr angesteckt, und waren nun alle drey ein lautterer Brandt, und zugleich die gröste Gefahr, daß nit auch das Hauß angezindt wurde. Eberhardus (dann also hiesse der Herr deß Schloß), dem villeicht das Unglück vorgangen, und dise gefährliche Mascara mehr geschehen liesse, als gern sähe, hatte vorsichtiglich auff allen Fall an ein gewisses Orth einen grossen Zuber mit Wasser stöllen lassen: deme dann alle jetzt zueluffen mit den nechsten besten Gschirren, die sie ertappen kunten, aber fanden mit höchster Verwunderung keinen Tropfen darin. Andere eilten zu dem Bronnen: aber der erste, der wider zuruck käme, füelle auff dem oberisten Staffel der Stiegen, und schittete alles Wasser auß; der andere erwischte ein zerlechsnetes hültzenes Schäfflein, und eh er in das Zimmer hinein käme, wäre schon alles außgerunnen; ebenfals bemüheten sich andere vergebens. Die arme junge Herren aber undterdessen schrien, heulten, zableten, und weltzten sich mit unsäglichen Schmertzen in den Flammen drey Stund beyleuffig, und waren

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ohne einzige ersprießliche Hülff nach abgebrandtem Haar, Haut und Fleisch ein Leich: zum erbärmlichen Spectacul und Witzigung aller deren, die bey den Mummereyen in der Faßnacht etwan gar zu grossen Muthwillen treiben . . .

72. S c h u t z - E n g e l e r r e t t e t s e i n P f l e g k i n d w u n d e r l i c h auß den H ä n d e n seiner F e i n d e n Es wurde zu lang seyn, wann ich mich wolte mit Erzehlung absonderlicher Geschichten auffhalten, wie warhafftig den Mannsbilderen in allerhand Ständ und Aembteren die H. H. Schutz-Engel an die Hand gehn, und ihr Last-Schiff laitten helffen . . . Ein Wunder-Geschicht soll nit verschwigen bleiben, warauß erhellet, wie gegen dem männlichen Geschlecht der H. Schutz-Engel so wachtsamb und gutthätig seye. Hat sich begeben im Jahr 1604. Wird beschriben von unserem P. Alphonso Andrada und anderen mehr. In Hispania (der Statt und dem Geschlecht wird verschont) befände sich ein Vornehmer von Adel, der zu seinem H. Schutz-Engel von Kindheit auff sondere Liebs-Naigung truege, und ihn täglich mit einem Rosenkrantz verehrte. Diser Herr auß Höffligkeit, wann er bey einem gewissen Hauß vorüber gienge, und die Fraw unter dem Fenster antraffe, naigte er sich vor ihr, und begrüsste sie freundlich nach Lands-Art. Die Sach kam anfangs den Dieneren verdächtlich vor. Und wie der Argwohn ein Schelm ist, also kochte er da für gedachten adelichen Herrn nichts guts. Dann so bald die Sach dem Herrn deß Hauß kundt gethan ward, branne gleich die Eyffersucht in ihm auff, und entschlösse sich bey nechster Gelegenheit disen vermainten Ehebrecher auffzureiben. Zu welcher grausamen Mordthat folgende Anstalt gemacht wurde. Er liesse ein stattliche Mahlzeit auff einem seiner Mayrhöff zuebereiten und verfügte sich in der Still sambt seine Frawen Gemahl und allen Haußgenossnen dahin. Wie man auff dem Schloß ankommen, berueffte er die Fraw in ein absonderliches Zimmer, legte ihr Feder und Papyr vor, da solte sie sich niedersetzen und jenem bekannten Edelmann, ihrer Buhlschafft, einen Brieff schreiben, folgenden Inhalts: ihr Herr seye verrayst, sie allein da auf dem Schloß, da wolte sie seiner gewärthig seyn: er solte sich nit säumen und ihr die Weil kürtzen. Die gute Fraw erschracke häfftig ab diser falschen Inzücht, fieng an zuwainen, Gott und alle Heilige zu Zeugen ihrer Unschuld anzurueffen; weder er noch sie hetten jemahls was Böses im Sinn gehabt: sie hette allezeit eheliche Treu gehalten und wolte es noch thun etc. Aber es halff alles nichts. Ihr Herr setzte ihr den Dolchen an die Gurgel und troete ihr den Todt, dafern sie nit alsobald wurde gehorsamen. Schribe demnach die armseelige Fraw, was ihr in die Feder ihr Mann angabe, und wurde der Brieff stracks durch einen reittenden Botten dem Edelmann zuegefertiget: der nach dem er ihn erbrochen, sich höchlich verwunderet ab dem unverschämten Ansinnen diser Frawen, und lang im Zweiffei gestanden, ob er erscheinen solte, oder nit. Gleichwol, damit er wider das Gsatz der Höffligkeit und gute Polizey nit handlete, deren erste

Schutzengel bewahrt vor Ermordung

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Regel ist, dem Frawenzimmer nichts abzuschlagen, fertigte er den Botten mit einem Schreiben wider zuruck ab, deß Inhalts, daß er gegen den Abend sich richtig auff dem Schloß einfinden werde. Der Brieff wurde aber dem Herrn, nit der Frawen, eingehändiget. Der dann gleich alle Diener bewaffnete, mit Befelch auff gegebne Losung den Edelmann anzufallen, und zuentleiben. Gegen dem Abend setzte sich der Edelmann zu Pferdt, und ritte allein, unwissend, was für ein Blut-Bad auff ihne warthete, dem Schloß zue. Unter Wegs, als er bey einem Galgen vorbey ritte, rueffet ihm der daran Hangende mit heller Stimm: er solte still halten, ihm nit förchten, sonder dises Werde der Barmhertzigkeit an ihm üben und ihn loß machen, dann er lebe, und seye nit todt. Der Edelmann folgt, reitt hinzue, schneidt den Strick mit seinem Schwert ab, warauff der Malefiz auff das Pfert spränge, sich hindter ihn auffsetzte, und unter dem Fortreiten erzehlte, wo und warumb man ihm auffpasste. D a sie nun was nähers zur bestirnten Mördergruben kamen, befahl ihm der Geist abzusteigen, ihme seinen Mantel und Hut zu leihen, er aber solte sidi hinter einen Buschen verstecken und dem Außgang zusehen. Es geschieht: der Geist nunmehr in der Gestalt deß Edelmanns, reitt fort, und dem Schloß zue; er hatte aber kaum den ersten Tritt zum Thürgeschwell hinein gethan, da wurde er mit gewaffneter Hand angefallen, mit vil Wunden zu todt gestochen und der Leichnam in ein Gruben geworffen. Warauß aber der Todte widerumb auffgestanden, sich zu dem Edelmann verfügt, der den Tumult und Geschrey wol hören kunte, ihm die Wunden gezaigt, die ihme vermaint waren; darauf ritten sie, wie sie ankommen waren, widerumb dem Galgen zue: der Geist stig ab und entdeckte dem Edelmann, wie daß er nit der Geist deß gehenckten Malefizen, sonder sein Schutz-Engel wäre, gegen dem er dann Zeit seines Lebens sich ferners danckbar erzeigen solte. Dises geredt, hienge der Leib, wie zuvor, wieder an dem Galgen. Der Edelmann aber in höchster Verwunderung der Güte Gottes und der Liebe seines H. Schutz-Engels verfügte sich wider in die Statt. D e ß andern Tags käme eben der Diener von dem Schloß, der den Brief abgelegt hatte in die Behausung deß Edelmanns, ein wenig von den Dieneren außzuforschen, wie es umb ihren Herren stunde. Wie er nun vernamm, daß er eben in die Kirchen gangen, gestert aber spatt in der Nacht anheims frisch und gesund kommen wäre, der Diener ihn auch selbst in der Kirchen vor einem Crucifixbild bettend antraffe, ritte er Spornstraich widerumb zuruck und erzehlte alles seinem Herrn auff dem Schloß, was er gehört und mit seinen Augen gesehen hette: der dann ab so seltzamer Mär erstaunete, doch zugleich auch bald merckte, Gott müste bey diser Comoedi die Hand im Spiel gehabt haben: ertheilte hiervon auch seiner gantz Trostlosen, und wegen falschen Verdachts hart gehaltnen Frawen Bericht, und sie beyde eilten der Statt und der Behausung deß Edelmanns zue und nach verstandener Sach bekennte der Herr sein Schuld; batte umb Verzeihung und erhielts auch, und pflegte von diser Zeit an mit dem Edelmann beste Freundschafft, sein unschuldige Frau Gemahl aber hielte er noch in so hochem Werth.

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73. D e m E s e l s t e h t d a s S c h m e i c h l e n n i t a n Der Esel gedachte einsmals in seiner Streu zuruck, wo es doch möchte herkommen, daß er ohngeachtet seiner harten Arbeit und treugelaisten Dienst so gar bey der Herrschafft nichts gelte: da man doch den faulen PolsterHündlein die besten Bissen zuwurffe, es auff die Schoß nemme und ihm so schön thäte, als wer es das liebste Kind im Hauß. Fände letztlich, daß es müste daher rieren, dieweil er nit höflich gnug und nit gebührend auffwarthete. Beschlösse derohalben, andere Sitten an sich zu nemmen und dem Löwerlein hierinn nichts bevorzugeben. Als nun auff einen Tag der Herr in den Stall kam, spränge der Esel mit den forderen Füssen an ihm auff, fieng an mit dem Maul zu kirren und auf solche Weiß sich zuzumachen. Aber weil er dem Herren nur die Kleider besudlete, hat man disem groben Tölppel mit einem Stecken die schöne Hof-Weiß gar übel vergolten, und jhm gewisen, daß er ein plumper Esel seye, deme das Schmeichlen nit anstehe.

74. F a b e l v o m k r a n c k e n L ö w e n i n d e r

Koth-Lachen

Den Löwen stosste einsmals ein starkes hitziges Fieber an. Derohalben in etwas abzuküelen, legte er sicii in ein stindcende Pfitz oder Kottlachen hinein. Der erste auß seinen Nachtbauren, von denen er besucht wurde, war ein Bär: disen fragte der Krancke, ob es nit übel umb ihn herumb schmeckte? Der Bär, gleichwie er von Natur ein grober Socius, also wusste er auch da kein Höfligkeit zu brauchen: sagte ohne aintziges Umbschneiden der Wort die Wahrheit, wie es an ihm selber war, fein trucken herauß: es stincke unleidelich. Das verschmachte aber dem Löwen, der, so schwach er sonst wäre, sich schon auffrichtete, den Schimpff zu rächen: also daß der Bär kaum mit dem Leben darvon kommen. Den andern Tag kam ein Wolff daher, und als man gleidifals von jhm wissen wolte, wie es doch riechte? antwortet er: auff das köstlichiste, wie Bisam und Balsam. Aber auch dise Schmeichlerey wolte der Low nit leyden: namm es zu seiner Verspottung auff und zerriß den Wolff zu Stücken. Der Fuchs, der villeidit die Ohren hinter einem Hag herfür gespitzt, und von weitem, was sich mit dem Bären und dem Wolffen verloffen hat, ersehen, wolte etwas behutsamer darein gehn. Und weilen er den Krancken unbesucht nit wol lassen durffte, stölte er sich gantz hellschleichend den dritten Tag ein, machte ein langes Complement mit dem Schwaiff, und erzaigte grosses Mitleiden. Weil er aber auch unter werendem Gespräch der Ligerstatt und deß Geschmachens halbers befragt wurde, schnupffte er lang mit der Nasen hin und her und sagte endlich: man solte ihm verzeihen, er habe schon etlich Täg her einen starcken Cartarrh und könnte weder guten noch bösen Geruch unterschaiden. Und durch solche glümpfliche Antwort ist er den Straichen entgangen. Welche es also auß den Medicis mit ihren Krancken oder auß den Predigern mit ihren Zuhörern machen, thun jhr Ambt nit. Weder der Bär, noch Wolff, noch Fuchs müssen sie seyn. Nit zu vil schmeichlen, aber auch

Fabeln vom Esel, vom Löwen, von Adler, Katze und Wildschwein

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nit grob darein schneiden. Behutsam kan man gehn; aber keinen Catarrh muß der Prediger haben, sonder die Warheit herauß sagen mit Beschaidenheit, wie es vonnöthen ist. 75. S e l t z a m e N a c h b a r s c h a f f t e i n e s Katz und Wildschweins

Adlers,

Was aber dises Laster (der Verleumdung) billich verhaßt machet, ist dises, daß der Ohrenblaser unter dem Schein der Freundschafft daher komm und beynebens nur sein aignen Nutzen suche. Die gantze Sach stöllt nachfolgendes Gedicht wol für Augen. Es wohnten beysamb in einem holen Aichbaum drey unterschidliche Thier: ein Adler, ein Katz und ein Wildschwein. Wol ein seltzame Nachtbarschafft! Der Adler hatte sein Nest zu oberist auf dem Baumb, die Katz in der Mitt, und das Wildschwein zu unterist. Doch lebten sie lange Zeit fridlich untereinander, biß daß sie alle drey Junge überkamen; wie dann gemainklich der Kinder halber zwischen guten Nachbaren der Hagel das schön Wetter verdirbt Der Katz käme am allerersten jhren Nachtbaren Thun und Lassen verdächtlich vor: forchte, das Wildschwein möchte so lang unten wuellen, biß der Baumb umbfüelle, der Adler aber jhr gehling einmal in jhrer Abwesenheit über die Junge herwischen. Was Rath? Hört, Geliebte, was diser verschlagne Katzenbalg erdacht habe. Sie kroch in der Still zu dem Adler hinauff, unter dem Schein Ehrenthalber jhne zu besuchen, sagte jhme auch in Gehaimb und höchsten Verthrawen, was sie nit unlängst von dem Wildschwein vernommen: wie das nemblich selbiges dem gantzen Vogel-Geschlecht abhold wäre und nit gedulten kunte, daß eben der Adler das vornehmste Orth solte innhaben, da doch von Alters her dem Wildschwein das beste im Wald gebührte. Westwegen es nit nachlassen wolte, so lang mit Wuellen die Wurtzel zu untergraben, biß der Baum umbfalle und das Adler-Nest vernichtet werde. Ich solte mir gleich wol auch umb ein andere Herberg sehen, sie wolte hinfüran den Aichbaum allein inhaben. Ach mein liebe Fraw Nachtbarin, wie wird es uns und unseren Kinderen ergehn? Der Adler bedandcte sich umb dises trewe Freundtstuck, verspräche, sich hierüber zu bedencken und hernach jhr auch sein Gutbeduncken zuentdecken, wie man etwan dem Unhayl stewren möchte. Kaum wäre das arge Vieh die Katz von dem Adler hinweck, da maunlete sie auch in der Still zu dem Wildschwein hinab, grüsste dasselbige und sprach: mein liebe Nachtbarin, habt mirs halt nit fürübel, daß ich euch überlauff: ich waiß meinen Sachen weder Hülff noch Rath; so erbarmt auch jhr mir sambt den eweren. Dann hört, mein güldene Nachtbarin, was muß ich euch halt sagen? aber thuet bey Leib nit dergleichen. Ihr wüsst selbst wol, was es umb die Vögel für ein leichtfertiges und stoltzes Voldc seye, das alle andere Thier verachtet: das hab ich dise Täg an dem Adler handgreiflich spühren müssen, der ein langes Gspött und Glächter über meinen grawen Balg, eweren Rüssel, Borsten und kothige Füß getriben hat, endlich sich auch verlauten

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lassen, er wolle keine solche Nachtbarschafft länger neben sich mehr gedulden; ich könnte zwar noch ein Zeit lang da verharren, aber euch wolle er bey nächster Gelegenheit über die Junge wischen und euch schon zwingen, die Herberg zu räumen. Also schwetzte die lose Katz dem Wildschwein die Ohren voll an und richtete mit seinem lugenhafften Ohrenblasen so vil auß, daß jhm weder der Adler von dem Nest, noch das Wildschwein auß dem Loch herauß thrauete, sonder bayde sambt dem Jungen verhungeret, und der Katz zu einem Raub worden. Es hat aber dises schlauche Vieh den Rest auch bald überkommen und haben es über kurtze Zeit hernach die Jagdhund zu Stucken zerrissen. Das ist ein Fabel.

76. D i e S o n n i s t s t ä r k e r a l s d e r

Wind

Die Sonn und der Aeolus, ein Gott der Wind, wetteten auff ein Zeit miteinander, welcher auß ihnen beyden einen ohngefähr vorüberreisenden Wandersmann seiner Klayder am ehisten berauben köndte. Das wäre nun ein lustiges Gewett, und noch lustiger, dem Außgang zue zusehen. Das Loß füell auff den Aeolum, daß er solte den ersten Angriff thun. Diser saummete sich nit lang: schickte bald seine zwen pratschete Buben, den Zephyrum und Favonium auß: die fiengen an, beyde Backen auffzublasen, daß sie hetten zerschnellen mögen, und giengen also mundter auff den Wandersmann loß. Der Raisende, als er merckte, daß ein Wind komrnte, ließ sich nit vil irren, sonder huebe nur die Füß besser auff und gienge seinen Weg fort. Weil also diese erste zween vil zu schwach waren, sendete ihnen Aeolus den Africum, einen irdischen rauchen Wind zu Hülff: der dann änderst dem Wandersmann in die Woll griffe und bey einem Haar den Hut vom Kopfe und die Klayder vom Leib hinweck gerissen hette, wann ihm dieser nit noch vorkommen wäre und eben drumb den Hut besser an den Kopff truckte, die Klayder starck umb sich umbschluege und also möglichisten Widerstand laistete. Wie nun auch diser Succurs nichts erklecken wolte, thatte Aeolus alle seine löderne Sädc auff und liesse auff einmal alle Wind herauß, die mit gsambter Hand Sturm-weiß auff den guten Wandersmann zuetrangen, und ihm von allen Seyten zuesetzten. Der dann gnug zuschaffen überkam, so viller Feind sich zuerwehren: biß er nach langem Gefecht ein Wirthshauß erraicht, darein sich gelägert und der Gefahr entgangen ist. Wie nun der Wind sich gelegt, und der Aeolus mit Spott und Schand seine Trouppen abgeführt, machte sich der Wandersmann widerumb herfür, Willens, sein Raiß weiter fortzusetzen. Er hatte aber kaum den Fuß über das Thürgschwell hinauß gesetzt, da wischte die Sonne über ihn her, schösse ihm einen güldenen Pfeil über den andern auff den Buckel mit solchem Gewalt und Nachtruck, daß er sich ergeben musste, Hut und Wammes von sich warffe, und umb einen Schatten umbsahe, der unerträglichen Hitz zuentgehn. Warauff die Sonn als Uberwinder das Gewett eingezogen.

Wettstreit zwischen Sonne und Wind — Ein kluger Müller 77. E i n M ü h l e r w i r d e i n e m l i s t i g e n zu g s c h e i d

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Advocaten

Ein solcher sauberer Fischer (ein betrügerischer Advokat) befände sich vor Jahren in einer Reichs-Stadt, mit deme sich folgendes begeben: massen mir ein glaubwürdiger Zeug erzehlt hat, deme einer von den Partheyen gar wol bekant wäre. Nicht weit von gedachter Stadt hatten ihre Aecker beysammen ein Mühler und ein Baur, so nahe, daß nur ein kleine Wisen darzwischen läge, warauff deß Müllers Nußbaum stunde. Diser Mühler wäre ein so haußlicher Mann, auff den man das bekannte Teutsche Rätzel gar füglich deuten kunte. Rath: wer ist der? Rath: was ist das? Hat er eins, so trinckt er keins: Hat er keins, so trinckt er eins. Die Antwort fallet hierauff: ein solcher wunderlicher Trincker seye ein Mühler. Hat er Wasser, so trinckt er keins, dann er kan Tag und Nacht mahlen, und das tragt ihm so vil ein, daß er an statt deß Wassers Bier oder Wein trincken mag. H a t er aber kein Wasser, so kan er nit mahlen, und folgends treibt ihn die Noth, das Maul in den Wasserkrug zu reiben. Nun unser Mühler hatte Wasser genug, und ein starckes Gewerb, drumb Hesse er das Wasser wohl bleiben, und wann man ihn haben wolte, muste man ihn bey dem Bier oder Wein suchen. Dise Gelegenheit nahm der Baur sein Nachtbar wohl in acht, machte ein Furchen nach der anderen und ackerte unvermerckter Sachen mit der Weil so weit in die Wisen hinein, biß deß Mühlers Nußbaum auff seinen Grund und Boden kam. D a merckte der Mühler erst den Possen, kam dises unredlichen Stückleins halber den Bauren an, mit was F u g er ihn so vortheilhafftiger Weiß überackerte? Der Baur widersprach es, vorgebend, der Nußb a u m wäre jederzeit auff seinem Acker gestanden. D a spanne sich der Handel erst recht zwischen beyden an. Der Mühler trohete, die Sach für die Oberigkeit gelangen zu lassen, und ihn an gehörigem Orth zu klagen, verfügte sich auch nächster Tagen in obgemeldte Stadt und fragte gleich unter dem Thor nach dem besten Advocaten umb, den man ihm auch wise. Aber der Baur war ihm schon vorkommen. Gleichwol als der Advocat den gantzen Verlauff vernommen, sagte er: Lieber Mühler, ich wolte dir gern dienen; weil ich aber schon die andere Parthey angenommen, kan ich nit. Aber hab gut Hertz, du hast ein gerechte Sach, ich wil dir ein Vorschrifft an Herren Doctor N. geben, der versteht den Handel so wohl als ich, der wird dir auff mein Recommendation widerumb zu deinem Nußbaum helffen. Der Mühler nichts als froh, griff gleich nach dem Beutel, schoss ein halbs Thälerlein her; der Advocat machte ihm ein Vorschrifft in Lateinischer Sprach und fertigte ihn damit ab. Unter Weegs kam den Mühler ein Begird an, zu wissen, was doch in disem Zettel stunde und vielleicht hat er den Braten geschmeckt. Warthete also, biß unsere Studenten auß der Schul giengen, batte alsdann einen auß den grösten, er solte ihm doch sagen, was da geschrieben wäre. Der Student dollmetschte ihm alles redlich,

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dises Inhalts: Bonus Dies, Herr Bruder, etc. Mir ist gestert ein guter feister Vogel auffgesessen, da schick ich dir auch einen. Rupffst du den deinen, und ich den meinen, so können wir beyde mit einander zu Nachts essen. Warmit diser ehrliche Mann so vil zu verstehn geben, daß er nit nur ein guter Fischer, sondern auch ein guter Vogelfanger wäre. Wie der Mühler das hörte, wischte er den Bart, gieng darauff zum Bier, trandc ihm einen dicken Rausch an, tordelete alsdann die Gassen in der Stadt hinab, jauchtzete mit dem Zettel in der Hand und raffte überlaut: Nußbaum hin, Nußbaum her: den Handel laß ich fahren. Das ist etwas lächerliches, erkläret doch wohl, wie man mit den armen unverständigen Partheyen bißweilen umbgehe.

78. V o n z w e y w i d e r s p e n s t i g e n

Weibern

Aelianus schreibt von den Sacis, einem wilden Volck auß Scythia, daß sie folgender Gestalt zu heyrathen pflegen. Der Bräutigamb und die Braut müssen mit einander eins ringen, und wer deß anderen Meister wird und ihn eh zu Boden würfft, der hat hernach die Macht, dem andern zu gebietten. Gewinnts der Mann, so ist er Herr im Hauß, siegt das Weib ob, so gebührt ihr das Regiment und der Mann muß ihr thun, was sie will. Es scheint, bey manchen Christlichen Ehe-Leuthen währe diser Hauß-Krieg nit nur einen Tag, sondern vil Jahr, indem bald er, bald sie will Herr seyn und die Oberhand haben, und ist deß Katz-palgen kein End . . . Solchen Ehe-Leuthen, die also übel beseligt seynd, ist es nit für ungut zu haben, wann sie bey gesundem Leib das ZahnWehe oder das Seyten-stechen klagen. Ein übles Zahn-wehe ein bissiges zandrisches Weib. Ein hartes Seyten-wehe ein grober Mann am Tisch und Beth. Als einem die Zeitung gebracht wurde, wie daß sein Weib vertruncken wäre, loffe er eilends zum Gstatt hinauß, setzte sich auff ein Zillen und fuhr den Fluß auffwärts, sie zu suchen. Als man dessen lachte und ihn ermahnte, abwärts zu fahren, wann er den Leichnamb finden wolte, gab er zur Antwort: nein fürwar, ich kenn mein Weib besser dann ihr: sie ist allzeit, Gott tröst sie, zu Lebs-Zeiten eines widrigen Sinns gewesen, vielleicht ist sie auch nach ihrem Todt auffwärts geschwummen. Ein anderer betheurete seinen Nachbauren bey dem Trunck, wie daß er albereit zwantzig Jahr mit seinem Weib hause, seyen aber niemalen einerley Willens gewesen, ausser ein einziges mahl, da ihnen das Hauß brinnend worden, da, sagte er, seynd wir unter der Stuben-Thür zusammen kommen, und hat ein jedes wollen das erste hinauß seyn etc. Ewiger Gott, was für ein elendes Leben ist dises! Zwantzig Jahr im Ehestand mit einander hausen und nit besser zusammen sehen als der zweyköpffige Reichs-Adler, wo ein Kopff gen Orient, der andere gen Occident siht? Wie muß es nit so lustig hergehn, wann es heisst: Wil er Schwartz, so wil sie Weiß, Wil er Trandc, so wil sie Speiß, Sagt er Hui, so sagt sie Pfui! Sagt er Hi, so sagt sie He! Ist ja das ein feine Ehe!

Schwanke von streitbaren Eheleuten — Puteus 79. V o n e i n e m

liederlichen

Paar

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Ehevolck

In Wälschland in dem Groß-Hertzogthum Hetruria oder Toscana in der Statt Aretio oder Arezzo befände sich ein liederliches paar Ehevoldk. Der Mann, wie der Geschichtschreiber bezeugt, nemlich unser Pater Jacobus Masen in einem Büchlein, dessen Titul ist utilis curiositas, der nützliche Fürwitz, wäre schier alle Tage voll, und das Weib selten nüchter: tranck er gern, tranck sie gern, und neben dem Trunck über Tisch liessen die ihnen unter Tags zum öffteren eins einschencken; und wolten doch darfür nit angesehen seyn, als ob sie verschwänderisch hausseten. Vae tibi, tu, nigrae dicebat cacabus ollae: Pfui, russiger Kessel, wie sihst auß? helff dir Gott: ich main, man wird mit dem Feg-Pantzer über dich kommen, sprach die Pfann, und sähe doch eben so schwartz und schmutzig auß. Also auch da. Der Mann wolte das stette Lepperen ausser dem Hauß an seinem Weib nit leiden, und fuhr ihr deßhalber mit harten Worten und Straichen übel mit. Aber wann er einen Teuffei herauß schlueg, schlueg er sieben andere dargegen hinein. Sie schwige ihm kein Wort, wehrte sich, so gut sie kunte, und erhielt alle Zeit, wenigst mit dem Maul, die oberhand. So bald der Mann dem Hauß den Rucken kehrte, liesse auch sie den Spinnrocken und Näkiß stehn, und suchte ihr Nachbäurin und gute Bekante nach einander heim. Obs allzeit bey einem Mäßl bliben seye, waiß ich nit: zweiffle doch starck daran. Das setzte dann nun eine feine Haußhaltung ab. Bald kam er spätter nach Hauß, bald sie; aber beyde gemainiglich wohl bezecht. Solchen Unform nun gäntzlich auffzuheben, tröete der Mann, sie nit mehr einzulassen, im fahl sie noch einmahl sich verspätten solte. Sie aber lachte darzu, und hielte das nur für einen Blitz auß dem Hafen. Es war aber Ernst. Dann bald hernach, als es schon wohl fünster gegen der Nacht wäre, und dise Stirtzerin waiß nit wo noch umbfuhre, versperrte und verriglete der Mann das Hauß, tröete auch denen Ehehalten mit schwärer Straff, wofem sich jemand auß ihnen unterstehn wurde, auffzumachen, oder der Leyrerin einige Antwort zugeben. Also sasse man zum Nachtessen und erwarthete der Abgeschlossenen Ankunfft mit verlangen, damit man etwas zulachen hätte. Da es nun zimblich dahin fünster wäre, zottlete sie aisgemach daher: steckte den Schlüssel still an, und vermainte also unvermerckter Sachen hinein zu wischen. Aber der Schlüssel wolte nit auffmachen, dann der Rigel wäre für. So fienge sie derohalben an zu klopffen, an der Glocken zu reissen: umbsonst und vergebens. Sie rueffte dem Knecht; sie schrie der Magd: Andre! Ursul! aber auch diese waren erstummet. Weil sie also mit guten Worten nichts außrichtete, fienge sie an zu blitzen und zu donneren, mit groben Scheltworten zu zuwerfen, und diß und jenes zu trohen, wofern man nit alsobald wurde auffmachen. Nemo domi: helff dir Gott: ist niemand daheim. Endlich eröffnete der Mann das Fenster, hiesse sie ins Teuffels Namen weiter gehen: heut Nacht seye kein Herberg da für sie etc. Da stige ihr erst recht die Hitz in den Kopff. Wie? du mir den Spott anthun, und mich gar nit in mein Hauß lassen? Ey so will ich mich an dir

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Wolfgang

Rauscher

rächen, daß die gantze Welt davon zu singen und zu sagen haben solle, etc. das überige bolderen und lästeren lasse ich den Gedancken über. Wer einmahl gesehen hat, wie das wilde Feur krache, praschle und tobe, wann es ein altes Schindel-Tach ergriffen, der kan ihme leicht einbilden, wie dises Weib vor der Haußthür werde gewüttet haben. Der Mann aber Hesse sie bellen und wütten, und gäbe nichts drum. Nit weit von dem Hauß stunde ein Schöpff-Brunn. Zu disem verfügte sich das vor Gifft und Zohm brinnende Weib, und schrie ferners zum Fenster hinauff. Nun wohlan, weil es je muß gestorben seyn, so rueff ich Himmel und Erden als Zeugen wider dich an, du Mörder, daß du ein Ursach meines Todts seyest. Wirst du mir nit alsobald auffmachen, so will ich mich in disen Brunnen hinab stürtzen. Der Mann glaubte nit, daß es Ernst wäre; lachte darzu und sagte: das war recht, mein Brandwein-Fässel, so kuntest du dir einmahl gnug leschen. Wie also das Weib sähe, daß sie nichts außrichtete, erdachte sie nachfolgenden List. Neben dem Brunnen läge ein grosser schwärer Stain; den lupffte sie mit allen Kräfften auff den Ranfft deß Brunnens hinauff, und raffte über laut: Nun so will ich dann sterben! O Gott sey mir armen Sünderin gnädig! und zugleich warffe sie den Stain in den Brunnen hinab. Der Mann, der in der Fünster nit sehen kunte, was geschähe, mainte anders nit, weil er den Stain pflumpffen gehört, als sein Weib hätte sich wahrhafftiglich in den Brunnen gestürtzt, eilte die Stiegen herunter, Willens, ihr, wo möglich, zu hülff zu kommen; vergasse aber im Schrecken die Haußthür nach sich zu zuthun. Unterdessen duckte sich der arge Tigel, und in dem ihr Mann auff einer Seiten zum Brunnen sich nahete, und gantz kläglich hinab schrie: ach, mein Weib, was fängst an? heb dich in den Eymer ein, ich will dich wider herauff ziehen, schliche sie auff der anderen Seiten hinumb, gschwind zum Hauß hinein, die Thür zu, den Riegel für, die Stiegen hinauff, und unter das Fenster: fragte gleichfahls mit lachenden Mund und grossen Gespött: wie stehts, Domine? will der Herr herein? J a freylich, morgen frühe; aber heut nit mehr. Das wäre dann ein rechtes Faßnacht-Spiel, warüber der Mann hätte mögen rasend werden: müsste doch gleich wohl bekennen, daß ihme für dißmahl sein Weib zu gescheid worden, und ihn mit paarer Müntz bezahlt hatte. Etliche Nachbauren, welche heimlich bey dem Fenster der Comoedi zugesehen und zugehört, nammen sich endlich der Sachen an: gaben dem Weib gut Wort, biß sie auff gewisse Bedingnuß und gegebne Versicherung, daß ihr dises Possens halber kein Leyd widerfahren solte, das Hauß eröffnet: warauff sie dann sambtlich in die Stuben hinauff getretten, und nach beyder Seits angehörten Klagen die Sach zu einem gütlichen Vergleich vermittelten: Krafft dessen der Mann solte gehalten seyn, den Trunck zumässigen, und dem Weib im Hauß-Regiment einen grösseren Gewalt zulassen, als bißhero geschehen: sie hingegen solte das Hauß fleissiger hüten, und ihrem Mann gut Wort geben, so wurde es besser forthin mit ihnen stehn. Welches beyde angelobt und auch gehalten: haben auch von diser Zeit an wohl und fridlich mit einander gehausst.

Ostermärlein von einem einfältigen

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Ehemann

80. V e r k e h r t e H a u ß h a l t u n g , w o d a s über den Mann h e r r s c h e t

Weib

Auff einem gewissen Dorff befände sich wohnhafft ein nunmehr erwachßner Schüßling Blasius mit Namen, deme sein Vatter, ein Baur, ein namhafftes, Vermögen hinterlassen hatte; im überigen ein lauterer Limmel und Einfalt auff allen Vieren. Er hätte schon zu leben gehabt, und guter Täg können gemessen, wann er allein hätte wollen leben. Aber wie es halt geht: der gute Blasi ist etlich mahlt auff die Hochzeiten kommen und wolte jetzt kurtzumb auch ein Weib haben. Doch nit ein jede gefiel ihm: er forderte drey Eigenschafften von seiner künfftigen Braut: sie solte schön, sie solte reich, sie solte häußlich seyn, und damit ihm ein solche zu Theil wurde, hielte er lange Zeit inständig bey Gott durch das Gebett an. Gar recht, mein Blasi, aber schau, vergiß nichts. Allein welche Tochter, mit erst gedachten schönen Talenten begabt, solte sich wollen an einen solchen Gispel verheyrathen? wäre auch nicht rathsam. Gleichwohl das Gelt thut vil; der Blasi setzte nicht aus; und weil sich Jahr und Tag keine nach seinem Wunsch wolte anmelden, bettete er noch so inbrünstig, und gebrauchte unter anderen einsmahls folgende Wort: Mein Herr ein schöns Weib hätt ich gern, ein reichs Weib hätte ich gern, ein haußliches Weib hätt ich gern. Schau mein Herr begehr ich doch ja nichts Unrechts? Ach! erhöre mich nur dißmahl: ich wil dir hernach ein gantz Jahr kein Ungelegenheit mehr machen. Nun Gott erhörte ihn. Nicht lang hernach wurde ihm eine angetragen, Florentia mit Namen: die Bauren aber (wie sie es machen) kürtzen ihr den Namen ab und hiessen sie nur Rentza: und also muß sie uns hinfüran auch heissen. Dise Rentza hatte alle von dem Blasi erforderte Eigenschafften, sie war schön von Gestalt, als ein Bauren-Gret seyn kan; sie bracht ihm ein stattliches Heyrath-Gut zu und war auffs Haußwesen abgericht, nichts drüber. Die Hochzeit und Kuderwochen gieng lustig vorbey. Gleich darauff nahm sie sich ernstlich umbs Hausen an: sie trachtete nach Haar und Flachs, sähe zu den Kühen im Stall, molche sie fleißig deß Tags zweymahl, rührte aus, machte Butter und Schmaltz, hielte Endten und Gäns, gantze Steigen voll Hennen und Hünlein, damit sie zwey dreymal in der Wochen etwas in die Statt zu tragen hätte, und immerzu ein Geldlein lösete. In Summa sie war in allem beschaffen, wie ein haußliche Bäurin seyn solte, und hätte auch gar gern gesehen, daß ihr Mann eines gleichen Sinns gewesen wäre; aber er war, wie gesagt, ein lauterer Goff, und sauber nichts mit ihm gericht. Das vertroß dann die Rentza über die massen. Sie schändete und filtzte ihn des Tags wohl zwantzig mahl auß, doch halff alles nicht. Einsmahl als er weiß nicht was für ein Unschick begangen, ihme das Hertz zu benemmen, schmirrte sie ihn mit einem Besenstill fein sauber rein ab, und zwar so lang, biß er versprach, ihr das völlig Regiment zu überlassen, und alles zu thun, was sie ihm nur schaffen wurde. Ach! mein güldene Rentza, ruffte er, wil ich dir doch thun, was du wilst: da hast du den Schlüssel zum Geld, zu Truhen und Kasten, hör nur einmahl auff und schlage mich nicht zu todt.

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Das ließ ihr die Rentza gefallen. Nunmehr war sie Herr und Frau zugleich im Hauß. Kein Kind war verhanden, auch kein Knecht oder Magd, dann die Rentza forchte, es möchte ihr auff Kost und Lohn zu vil auffgehn: sondern der Blasi mußte Knecht und Magd zugleich seyn: die Stuben außkehren, Holtz und Wasser in die Kuchel tragen, Tisch decken, abspülen, Gersten klauben, Rüben schellen, Schnitz machen, den Kühen außmisten, Gäns und Hennen hüten, oder was ihm sonst sein Gestrenge Frau schaffte. Aber er griff alles gebisch an. Kehrte er aus, so machte er nur Strich, und der meiste Wust blibe ligen; schickte man ihn umb Wasser, so verschüttete er halbs, oder brach wohl gar den Krug; trug er Holtz, so verzetterte er da und dort ein Scheit; spülte er ab, so war das Geschirr darnach so unsauber als zuvor; klaubte er Gersten, so warffe er eben so vil gute Körnlein als Unkraut und Steinlein weck, schellte er Rüben, machte er Schnitz, so bliben Stingel und Butzen stehen, und das gute schnitte er hinwedc; mistete er heut aus (mit Gunst zu melden), so streuete er morgen das alte Stroh wider unter. Hütete er Gäns und Hennen, so verführe er gemeiniglich ein und das ander Stuck. Wo man ihn anstellte, besudelte er über all die Deichsel. Weßwegen er dann manche Flaschen und gute Ropff-Hauben von der Rentza überkommen hat. Gegen dem Sommer bekäme die Brut-Henn Junge, warab die Rentza grosse Freud erzaigte, und ihnen gar fleissig warthete. Sie liesse selbige bey warmer Sonnen sambt der Mutter in den Garten hinauß, gab ihnen deß Tags offt zu essen, also daß sie in kurtzer Zeit gar fein wurden, und bald zu verkauften waren. Weilen sie aber nicht stets dabey seyn kunte, sonder Geschafft halber in die Statt gehn muste, stellte sie den Blasi mit einem langen Stecken in der Hand zum Hütter, nebst ernstlicher Vermahnung und Betrohung einer wohl geschmaltznen Prügel-Suppen, gut acht zu haben, daß nicht etwan eins verlohren wurde. Der Blasi verspräche allen Fleiß anzuwenden. Aber so bald die Rentza aus den Augen, waren die Hünlein seine geringste Sorg. E r schliche in das Hauß hinein, und suchte etwas zu naschen, oder schnitte ihm seinem Kindischen Brauch nach ein Pfeiffen, oder fienge Fliegen an der Wand, oder luffe denen Zweifalteren nach, oder ritte wohl gar in dem Hoff auff dem Stecken herumb. Unterdessen bekäme der Stoßvogel gute Gelegenheit, zuckte ein Hünlein nach dem andern hinweck biß an drey. Letstlich auff vilfältiges glocktzgen und schreyen der Bruthennen luffe der kindische Blasi zu, und wurde deß Verlusts gewahr. Da war Jammer und Noth: er fieng an im Kopff zu kratzen, und seufftzen: O das Gott erbarm! wie wirds mir ergehn? Helff Gott meinen Schulteren und Rucken: o wehe! was heb ich an? In solcher Angst eilte er in die Cammer und verkröche sich aus Forcht der Streich hinter ein Bethstatt. Wie die Rentza anheims kam, luff ihr die Henn entgegen, aus dero Flügel-schlagen und kläglicher Stimm sie bald vermerckte, es müste in ihrer Abwesenheit nicht recht hergangen seyn: massen sie dann gleich mit grossen Schrecken den Augenschein selbst einnähme, und verspürte, daß alle Hünlein biß an drey hinwären. D a ist nicht zubeschreiben, wie dises Weib vor Zorn auffgebrunnen, wie sie im Hauß umb geblitzt und gedonneret habe: O du

Alle Hühnlein an einem Strick

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Schelm, du Dieb, O Blasi wo bist? Sie ruffte ihm, sie suchte ihn. Aber der Blasi wolte sich weder sehen noch hören lassen, sonder zitterte unter der Bethstatt, wie die Sau-Füß in einer Schüssel voll Sultz. Endlich käme sie an das Orth, wo der Ubelthäter verborgen läge: den zohe sie dann bey den Füssen herfür, und klopffte ihn neben tausenderley Scheltwort mit dem Stecken, womit er die Hünlein hätte hüten sollen, bald unten, bald oben, und auff allen Seiten so sauber auß, wie der Kürschner den Peltz. Der arme Blasi ruffte Himmel und Erden umb Beystand an, batte umb Gnad und Verzeihung, verspräche mit gebognen Knien und auffgereckten Händen sich zu besseren, biß gleichwol die gifftige Rentza zum Mitleyden bewegt wurde und dem Schlagen ein End machte. Dises scharffe zwagen hat bey dem Blasi ein Zeitlang so vil verfangen, daß er die drey noch überige Hünlin auff das fleissigiste gehüt, und lieber den Stecken in der Hand tragen, als auff dem Rucken also schmertzlich empfinden hat wollen. Empfienge derohalben die Rentza gute Hoffnung, es möchte ihme aisgemach durch disen höltzenen Schlüssel der Verstand seyn geöffnet worden. Drumb gienge sie bald hernach mit ringerer Sorg abermahls auff den Mardct, nachdem sie zuvor den Blasi seines Versprechens erinnert, und zum fleissigen auffsehen ermahnt hatte: widrigen Falls, solte er auch nur ein Hünlein verliehren, sie ihme Haar und Bart außrauffen und drauff zu todt schlagen wurde. Was geschieht? Der gute Blasi thate sein bestes: allein der Schlaff setzte ihm starck zu, daß er sich dessen kaum mehr erwehren kunte; botte also aller seiner Witz auff, und damit er sicher schlaffen könnte, erdachte er folgenden Fund. E r holte einen langen Spaget aus der Stuben herauß, bände ein Hünlein bey dem F u ß oben an einem End, das ander unten, das dritte in der Mitte, alle drey weit voneinander an: spränge alsdann vor Freuden auff und wünschte ihme selbst Glück eines so klugen Einfalls halber. Jetzt, du Hünl-Dieb, sprach er, kanst du mir nicht mehr schaden. Alle drey auff einmal kanst du nicht tragen, greiffst du dann eins an, so werden sich die andere zwey leicht erwehren, vorauß wann ihnen die Mutter zu Hülff kombt. Frisch auff, Blasi, d'Victori ist dein: schlaff dir den Rantzen voll und laß dir nichts böß träumen. Dises geredt legte er sich unter einem Baum ins Graß nider, und fienge an schlaffen. E r hatte aber kaum die Augen zugethan, fluchs war der Habbich da, führte einen Stoß auff das mittere Hünlein, fassts in seine Kreulen, und wischte sambt dem Spaget und den zween anderen daran hangenden armseeligen Gefangenen durch den Lufft auff und davon. Gleichwol wegen deß pippen der Jungen und kläglichen glocktzen der Bruthenn erwachte der Blasi über den Diebstall, sprang eilens auff, und weil er die Hünlein am Spaget herab hangen und noch zablen sähe, fienge er ein erbärmliches Geschrey an, warff mit dem Stecken und Steinen nach dem Dieb, ruffte den zwey Hünlein zu: ach gebt euch nicht, liebe Hünlein! habt ihr doch so wohl den Strick in der Hand als der Habbich: last euch nicht über sich ziehen, zieht ihr vilmehr unter sich, zieht! zieht! ach in Gottes Nam zieht! zween seynd ja stärcker als einer? zieht, zieht! und fliegt wieder zu mir herab. Alles umbsonst und vergebens. Die Hün13

Moser-Rath

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Wolfgang Rauscher

lein waren hin: dann der Stoßvogel flöge mit seiner Beuth dem Wald zu, setzte sich auff einen Baum und fißlete fein sauber eins nach dem anderen ab. O wehe! du eilender Tropff, wie wird es dir jetzt gehn? der Verlust bekümmerte ihn über die massen, und die Forcht der Streich erschreckte ihn noch mehr. Beschlösse derohalben bey sich selbst, lieber zu sterben, als der Rentza wieder Anheimbkunfft zu erwarthen. Es hatte dieses Haußweib ein Glaß voll Nüssen mit Hönig eingemacht, und auff das Gsimps in der Kammer hinauff gestellt, Sommers-Zeit für sich oder für Krancke in der Nachbarschafft ein Labung zu haben. Zu diser Arbeit, als ohn alle gefehr der Blasi kommen, damit die Nüssen vor seinem geschleckigen Maul sicher wären, machte sie ihm ein Blär und sprach: hüte dich, Blasi, daß du bey Leib nichts von disen schwartzen Brocken anrührest, dann es ist Gifft; wer etwas davon ißt, muß innerhalb einer viertl Stund sterben. Welches der einfältige Lapp geglaubt und wohl nichts davon versucht hat. Nun in seiner grösten Angst und eussersten Noth kam ihm das Glaß voll Gifft in den Sinn. So entschlösse er sich dann, dises Gifft jetzt zu gebraudien, und also fein durch einen hurtigen Todt von der Welt Urlaub zu nemmen. Stige derohalben auff die Banck hinauff, nahm das Glaß herab, machte es auff, tunckte den Finger ein und verkostete etwas darvon, und weil es ihn nicht böß bedunckte, fraß er fein sauber ein Nüssen nach der anderen sambt dem Hönig aus, biß nichts mehr verhanden war. O du süsses Gifft, sprach er, machs nur fein kurtz mit mir, eh die Rentza kommt: nur fein gschwind, ich bitte dich. Weil ich je sterben muß, wil ich ja lieber eines süssen, als bitteren Tods sterben. Drauff setzte er sich auff die Banck für die Haußthür hinauß und warthete also mit Verlangen auff den Todt. Aber an statt deß Tods ist die Rentza kommen. Wie sie den Blasi also müssig auff der Banck antraffe, gienge ihr gleich nichts guts vor. Die erste Frag war: wie stehts umb die Hünlein? Der erschrockne Blasi wüste nicht, was er antworten solte: erzehlte doch nach längs, wie es hergangen, und wolte sich noch rechtfertigen darzu, daß er ja die Sach gescheid angriffen hätte. Sie aber ließ ihn nicht halb außreden, fiell ihm in die Haar, zöge ihn auff dem Boden herumb, und wolte den Stockfisch erst recht klopffen. E r aber batte umb Stillstand und Gedult. Ach mein Weib, sprach er, was wilst du midi lang zu todt schlagen? muß ich doch ohne das sterben. Ich hab ja nichts übergelassen, ich hab das gantze Glaß voll schwartzen Giffts außgeessen: schau, schau, es rumppelt schon im Bauch, und wirds bald gar haben. Hin bin ich, sterben muß ich: das Gifft ist zu starck. Wie die Rentza hörte, daß ihre eingemachte gute Nüssen sambt den Hünlein abgeflogen, hätte sie vor Grimmen mögen bersten. Muste doch über ein Weil selbst deß Einfalts lachen; Hesse von Streichen ab, deß Vorsatz, disem Gimpel forthin gar nichts mehr von einiger Wichtigkeit anzuvertrauen. Biß hierher Bonciarius. Was hernach folgt, ist ein pur lauteres Gedicht, warzu der Blasius nur seinen Namen herleyhen muß. Der Rentza Zorn wäre nunmehr gestillt, aber gleichwohl damit dem Blasi der Schleck und blindes Ubersehen schon zum andern mahl nicht gar ungestrafft hingienge, sperrte sie ihn in die Hennensteigen ein, und gab ihm drey Täg nichts zu

Gift im Honigglas — Ein böses Weib die Hölle auf Erden

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essen, noch zu trincken, biß er das Gifft fein wohl verdeuet hätte. Ja was mehr ist, zu seinem ewigen Spott und Schand zeigte sie diesen seltzamen Vogel im Häusel auch anderen ihren Nachbaurinnen, lauter bösen Weibern, wie sie wäre, die dann ein grosses Gelächter darüber getrieben und die Geschieht durch das gantze Dorff außgebreitet haben. Dise Beschimpffung hat dem sonst wohl nicht hoffärtigen Blasi dermassen weh gethan, daß, so bald ihn die Rentza herauß gelassen, er hingangen und sich an den nechsten Baum erhenckt hat. Wie er in die Holl kommen, verwunderten sich vil, die ihn vor disem gekennt hatten, er aber legte die gantze Schuld auff sein Weib. Es seynd zwar dergleichen Klagen vor schon mehr von vilen Männern dem Lucifer vorkommen, welche für die eintzige Ursach ihrer Verdambnuß die Weiber angaben, wurden aber abgewisen mit vermelden: sie wüsten mit ihren Weibern nicht recht umb zugehen. Ein Weib, das man liebt und ehrt, mache ihrem Mann kein Ungelegenheit. Jetzt aber, wie auch der Blasi, diser fromme, einfältige Tropff, der sein Lebtag kein Kind beleydiget hat, wegen seines Weibs in die Holl kommen, strengten die Männer auff ein neues die Klag an: einer klagte, er hätte ein gar zu hoffärtiges Weib gehabt, und ihr nicht gnug neue Modi der Kleider können schaffen; der ander klagte über den Müssiggang, der dritte über den Stützkopff, der vierdte über das böse Maul seines Weibs, der fünffte sagte aus, sein Weib seye gar zu versoffen gewesen, habe fast alle Tag, Vormittag im Brandwein, Nachmittag im weissen Bier einen Rausch gehabt, der sechste brachte ein andere Beschwernuß vor, und so fort an. Das hätten sie nicht leyden könnnen; das habe sie zum schelten, fluchen, Gottslästeren, allerhand anderen Sünden, und endlich gar in die Holl gebracht; dessen alles diser neu ankommende Gast, der Blasi, ein Zeug seyn könte; wollten demnach umb Gnad und Ringerung der Peinen unterthänig gebetten haben. Der Lucifer, nachdem er der Gebühr nach den Blasi vernommen, fienge aisgemach an zu glauben, es müsse grundlose böse Weiber auff Erden abgeben. Machte demnach ein Decret, daß man ins künfftig die jenige Männer, welche wegen ihrer Weiber verdambt wurden, etwas gütigers und glimpflichers halten solte, in bedencken, ein böses Weib schon ein halbe Holl auff Erden wäre. Das ist das Ostermärlein.

81. H a u s - F r i d d u r c h d i e R e n t z a , e i n l o s e s a l t e s zerstört

Weib

Gleich zum Eingang muß ich den Männeren ein fröliche Zeitung bringen. Was da? die Rentza ist todt. Wie? die Rentza todt? das wär wohl eins. Ja, sie ist todt, sie ist gestorben, aber geht starck umb. Sie geht nemblich noch heut zu Tag etlichen bösen Weibern im Kopff umb; und könnens nit verkochen, daß ich vor einem Jahr der Rentza, einer losen stoltzen Bäurin, die Herr und Frau zugleich im Hauß seyn wolte, so übel gezwagen habe: Vermainen, die Laug seye ihnen gegossen worden. Aber die Mutter achts nit: sie fahrt im Zwagen fort, ob schon die Laug scharpff und das Kind waint; sonst wurde der 18*

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Grind und rufige Kopff niemahls heyl werden. Also soll es ein Prediger auch nit achten, ob schon etliche, die etwan getroffen worden, das Maul krümen, wann nur der mehrere Theil vernünfftig nichts darwider haben kan. Drumb fahr ich fort, wo ich es vor einem Jahr gelassen habe: dann es wär Schad, wann man nit wissen solte, was die Maisterlosigkeit der Rentza endlich für einen Außgang genommen. Damit ich aber recht anknipffe, und auch die jenige, so etwan das fertige Ostermärlein nit gehört, einen kurtzen Unterricht haben, ist zu wissen, daß die Florentia oder Rentza (wie sie die Bauren namsten) einen Mann gehabt, mit Namen Blasi, einen lauteren Simppel, den sie zum Hennen hüten angestellt, offt rein abgebleut, und letztlich gar in ein Hennen-Steigen eingesperrt hat: warauff der gute Blasi ferneren Schand zu entgehen, sich selbsten erhenckt. Ware also die Rentza ein Wittib: hätte zwar gern einen anderen Mann genommen, aber es wollte sich keiner mehr brennen. Mußte derohalben wider ihren Willen im Wittibstand die überige Zeit ihres Lebens zubringen; serbte vor Zohm, Gifft, Gall, Hoffart und Neid gantz und gar ab, und merckte selbsten wohl, daß sie bald verrecken wurde. Weilen sie aber ein feines Geltlein zusammen erspart, damit sie gleichwohl wenigist in ihrem hohen Alter und letzten Kranckheit ein bessere Warth hätte, ließ sie sich von dem Land in die Statt tragen, und kauffte sich in das Spitall ein. Dises wäre ein schönes herrliches Gebäu, mit Königlicher Munificenz und Freygebigkeit auffgericht, auch mit herrlichen Renten und Jahrlichen Einkunfften versehen. Sie hat aber allda einer schlechten Ruhe genossen, sonder ward nach etlich wenig Tagen ein Leuch. Die Seel führe hin, wo sie hin gehörte, nemlich zur Höllen. Wie sie sich aber bey dem Thor angemeldt, und das Geschray außkommen, die Rentza sey da, wurde gleich lärmen. Der Blasi, ihr Mann, besorgte sich sambt anderen Benachbarten auß ihrem Dorff, die sie zu Lebs-Zeiten gekennt hatten, sie möchten auch an disem Orth vor ihr keinen Frid haben. Luffen derohalben zu dem Lucifer hin und batten, man solte sie doch nit einlassen: sie wurde alles rebellisch machen, und er der König selbst deß Lebens nit sicher seyn. Erhielten auch so vil, daß der Lucifer vier Baum starcke grimmige Teuffei hinschickte, die ihr die Holl für ein und allemahl verbotten und sie mit feurigen Peitschen wider zuruck wLsen, wo sie herkommen. Also kehrte sie wider in das Spittal: fienge aber an erschrecklich umbzugehn, zu rumoren, zu bolderen, und alles hin und her zuwerffen: brachte alle Theil deß Hauß, die bißhero fridlich beysammen gewohnt, hinder einander; henckte ihnen ihren stoltzen, Ehrsüchtigen, herschgirigen Geist an: also daß die Stuben nichts mehr umb die Cammer, die Cammer nichts umb die Stuben gäbe; die stiegen höcher als das Tach, das Speiß-Gewelb über die Kuchel, der Camin vornehmer als das Fenster seyn wolte. Ware also ein lautterer Unfrid, Zanck, und Hader im Hauß: ein jeder wolte Herr seyn, und vor anderen den Vorzug haben. Die Haußthür vermainte, die praecedenz stunde ihr zu. Dann für wen wäre

Unfrieden im Haus

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das gantze Hauß, wann niemand weder auß noch ein kunte? man solte ja noch einmahl mainen die Pest regirte darinen? Sie hielte die Dieb Nächtlicher Weil ab, sie verursachte, daß die Herrschaft ruhig schlaffen könte, nach niemand frage man mehr als nach ihr: ob die Thür zu, wohl verschlossen, wohl verrigelt seye? etc. Die Stiegen wolte nicht weniger seyn. Was nutzte die Thür, sprach sie, wann kein Stiegen in die obere Zimmer wäre? müsste man ja herunden im Fletz mit gröster Ungelegenheit wohnen, und wie das Brodt an einem feichten Orth schimmlich werden? über ein Laitter hinauff steigen, seye für die Kinder gefährlich, für alte und Podagraische Füß gar nit, hingegen ihre breite und nit hohe Staffel jedermanniglich recht. Auff der Stiegen empfange man die liebste Gäste, über die Stiegen führe man sie höfflich hinauff, und dem man ein sondere Ehr zuerweisen gesinnt ist, dem gebe man freundlich das Gelait über die Stiegen hinab. Die Stuben machte hierzu ein saures Gesicht, und sagte: was wolt ihr seyn, du kothige Stiegen, und Wurmstichige Thür? die Bettler gehören auff d' Stiegen, oder für die Thür hinauß. Midi hat jedermann in Ehren. Den man bey der Hand in die Stuben hinein führt, der ist lieb und werth. In mir isst und trinckt man, stellt Mahlzeiten an, und macht sich lustig. Im Winter lasst man alles stehn, und eilet der Stuben zu. Das Fenster hielte Widerpart, und sprach: was wäre ein Stuben, ja das gantze Hauß ohne Fenster? Fürwahr ein wüste fünstere Reichen. Müsste ja jederman ersticken, und halb verblinden? Ich laß die Sonnen ein: ich theil das Liecht mit zur Arbeit, essen, lesen, schreiben etc. durch mich gehn die schlimme Dämpff hinauß, und der gesunde Lufft hinein, ich eröffne der Herrschafft und allen Haußgenossen ein freyes Außsehen auff die Gassen hinab. Ich bin ihr Durdileucht: mir gebühret der Vorzug. Die Cammer spreitzte sich auch und sagte: wann jederman mied und matt ist, sucht er bey mir sein Ruhe, und find sie auch durch einen süssen Schlaff. Herr und Frau tragen ihre Geschafft hinder den Wänden der Cammer aus. Ich bin der geheime Secretarius und Schatzmaister: die Schatztruhen, alles Gelt, und Silbergeschmeid, Kleidung und Leinwath ist bey mir in Verwahmuß etc. Die Kuchel schmotzte darzu, und sprach: Was wäret ihr alle auff ein Hauffen zusamb ohne mich? Hungers müsste die Herrschaft, Kinder und Ehehalten sterben, wann ich nit täglich zu seiner Zeit richtig die Speisen auff den Tisch lifferte. Ich bereite Bachstetten und Torten, gsottens und bratens, Schwartzund Feder-Wildbrät, oder wo sonst ein guter Bissen verhanden ist, auff das beste und wohlgeschmachiste zu. Wie so stoltz, russige Kuchel, wie so stoltz? fragte das Speiß-Gwelb. Was hast du guts, als von mir? Es müsste das Feur lang brinnen auff dem Herd, biß du auch nur mit einer groß-augigen Wasser-Suppen der Herrschafft köntest auffwarthen, wann ich dich nit mit allem Vorrath so reichlich versehe. Ayr, Schmaltz, Butter, Saltz, Mehl, roch und geselchtes Fleisch, und was halt den Namen einer Speiß tragt, muß ich herschaffen: du hast für dich nichts als

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schmutzige Häfen und Pfannen, etliche Kochlöffel, Rauch mehr, als dir lieb ist, und über das Schwaben, Grillen, Ratzen und Mäuß zu Kostgängeren. Pfui! wie magst du so vil auß dir machen? Als das Tach merckte, daß es umb den Primat oder Ober-Herrschafft zu thun wäre, namm es sich ernstlich der Sach an, mit Vermelden: jederman wohne unter seinem Schutz: daß es nit einregne, nit einschneie, die Sonn den Leuthen nit zu starck auff den Kopff steche, der Schaur und Hagel niemand treffe, habe man dem Tach zudancken. Und seye unerhört, daß der Obere seinen Unterthanen solte nachgehn. Derohalben, wer sich noch länger seines Schirms zu bedienen gedacht seye, sollte sich zum Gehorsamb bequemmen, oder heut noch das Hauß räumen. Was? sprach der Camin: ich dein Unterthan seyn? bin ein höcherer Oberer als du. Ich brauch weder Fach noch Tach; stehe da frey in dem Lufft, und laß den Rauch hinauß, wovon sonst mäniglich versticken müsste. Also strichen auch andere Theil deß Hauß ihre schöne Qualitäten und hohe Verdienst hervor, und wolte ein jeder der vornehmst seyn. So gar der gstumpffte Besen bedunckte sich nit nichts, weil er das Hauß sauber hielte. Uber solches Geschrey und Tumult, weil es schine, es därffte gar zur Auffruhr kommen und alles unter übersieh gehn, ersuchte der Herr Spittl-Pfleger etliche Benachbarte umb Beystand; welche dann bald verhanden waren, und ihr bestes thatten, Frid zumachen. Aber kein Partey wolte weichen, noch das geringste von seinem vermaintem Recht vergeben: biß sie nach langem Gezänck letstlich so weit der Sachen ains worden, daß sie auff einen auß den Benachbarten, der sie der klugiste zu seyn bedunckte, ein Compromiss machten, das ist, angelobten, für recht und billich zu erkennen, was diser nach erkantner Sach sprechen wurde: die andere solten dessen Zeugen seyn. So setzte man sich dann nider, und in Beyseyn deß Herrn Pflegers wurden die Partheyen verhört, gütlich zur Einigkeit vermahnt, und zu gleich einem jeden streitenden Theil ein und der ander Fehler angedeut, der ihn zum Regiment untüchtig machte. Man fieng an vor der Hausthür, und gab ihr zu verstehn: sie seye zu fast partheyisch, und nit fleissig gnug in ihrem Ampt: schliesse zwar die Dieb auß; aber die Buler, Schmarotzer, Spillumpper und anders schlimmes Gesindlein nit: stehe offt vil Stund im Angel offen, wo sie billich solte zu seyn, damit die Bettler nit also gleich könten hineinlauffen. Der Stiegen wurde bedeutet: es schicke sich doch gar nicht, daß sie ihr von einer Oberschafft solte träumen lassen, als sie von allen Maurern und Zimmerleuthen unter die Füß verdammt wäre. Zu dem seye sie offt gar fünster und schlipferig, und allzeit ein Gefahr, daß frembde Leuth nit fallen und Händ und Füß abbrechen, bevorab wann etliche mit einem guten Tumpff im Kopff gar zu spat haimb gehn. Die freundliche Ceremonien und Complementen, die man auff der Stiegen machte, giengen sie nichts an. Es seye dem Haußherrn nit allzeit Emst, sondern heisse, so bald mancher nur den Rucken gekehrt: bhütt dich Gott draussen, herin ist dir nichts geschehen. Der Stuben wurde gesagt: sie seye zwar ein feins Zimmer, aber wisse kein

Streit um den Vorrang im Haus entschieden

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Temperatur zu braudien; bald sey sie zu kalt, bald zu warm; gebe denen Fliegen und Schnacken, welche den Inwohneren sehr überlästig fallen, und alle Wänd besudlen, einen Unterschlupff; stincke offt überlaut, wie ein Baur zwischen den Zehen, steippere die faule Knecht und Mägd nit hinder dem Ofen herfür etc. Dem Fenster wurde verwisen, daß es das gröste Übel einer Haußgemeinde gestatte, nemlich den Müssiggang: in dem mancher und manche gantze Stund müssig unter dem Fenster liege und die edle Zeit mit Fürwitzen übel zubringe; sdiliesse sich auch nit allzeit recht zu, sonder wecke durch das Schetteren seiner lucken Scheiben, wann ein Wind geht, die Leuth auß dem Schlaff auf. Daß es sich des Fürsten Tituls Ihr Durchleucht anmasse, seye ein grosse Frechheit: gebühre auch einem staubigen Glaß durch auß nit, man wünschte, daß es nit so durchleucht, oder durchsichtig wäre, sonder mehr gantze Scheiben hätte. Der Cammer gestünde man, daß sie ein geheimer Secretarius endlich seyn könte; aber es mangle ihr an der Gerechtigkeit, und anderen einem Regenten höchst nothwendigen Tugenden. Sie verhüle gar offt frembdes gestolnes Gut, gebe der Hurerey, Ehebrüch und allen Lastern einen Unterschluff. Was ein Oberigkeit oder Herrschafft an seinen Untergebnen straffen soll, müsse sie nit selbst thun. Kein Blinder führe den anderen und kein Verwundter lege dem anderen ein Pflaster auff, sonder ein Artzt. Könte man also der Cammer das Hauß-Regiment nit anvertrauen. Der Kuchel wurde kurtz abgedanckt, mit Vermelden: wann die schmutzige Häfen, russige Kessel, Pfannen und Dryfuß einmahl ein Oberigkeit verlangten, möchte sie zukommen, vor nit. Das Speiß-Gwelb wurde belobt wegen der Vorsichtigkeit und gemachten guten Anstalt an allerhand Vorrath ins Haußwesen, und ihm die nächste ledige Stell deß Kuchelmaister Ampts versprochen, aber von der Ober-Herrschafft solte es ihm nichts träumen lassen: es schmecke gar zu übel von Inslat und Schmer; wie die schmutzige Hosen eines Sudelkochs, der eben vom Bratwürst machen daher kommt, und die Händ daran abgewischt hat. Dem Tach zaigte man den Unterschid zwischen dem Hut und dem Kopf. Der Hut stehe zwar auch hoch oben: könte aber drumb auß Mangel der Witz das Haupt anderer Glider nit seyn. Mancher habe einen feinen Hut, aber wenig Hirn darunter. Zwischen Ziegelstainen und Edelgestainen wäre noch ein grosser Unterschid. Wann ein Hauß zu Grund gehn wolle, fienge dessen Ruin gemeiniglich von dem Tach an, das sich nit über all recht sdiliesse, sonder da und dort den Regen freyen Paß gestatte; wo von nothwendig hernach die Baldcen faulen, und das Hauß einfallen müste. Der Camin bekäme einen starcken Verweiß seines Ehrgeitz halber: daß er, ein armer Lufftschlucker, ein Rauchfang, ein außwendig abgeweist und inwendig von Ruß schwartzer Gleissner, der so offt deß Fegens vonnöthen habe, sich eines Regiments anmassen dörffte. Er laiste der Herrschafft so grossen Dienst nit, ob er schon den Rauch hinaus lasse. Welches doch auch liederlich

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gnug geschehe, massen die rote Augen der Köchin bezeugten. Dann eben drumb gebe er einen Verräther ab: in dem die Benachbarte auß dem Rauch abnemmen könten, ob es ein kalte oder fette Kuchel absetze, warnach sich auch die Schmarotzer und Tellerlecker zurichten wüsten. Im übrigen, wann der das Regiment führen solt, der am höchsten oben steht, so müsten alle Wächter auff dem T h u m König seyn. Letstlich den besten Butzer bekäme der gstumpfte Besen wegen seiner unleidenlichen Hoffart. Was? spräche der Herr Commissarius, du liederlicher, kothiger, gstumpfter, zerlumppter Besen: darffst du dir einen Gedancken von einer Herrligkeit machen? Gschwind bade dich in einen Winckel, und sey nichts als fro, wann dich nit heut noch das Kuchel-Mensch ins Ofenloch schiebt. Also wurden die streitende Partheyen verhört, also verbscheydt, alle zu Frid und Einigkeit ermahnt: es solte ein jeder auff sich und sein Ampt gut acht haben, nach keiner höheren Ehrenstell trachten, warzu er doch nit tauglich seyn wurde, sonder mit seinem Stand zu friden seyn, und dem jenigen Reissig nach kommen, warzu er gleich Anfangs bey Auffrichtung dises ansehlichen Spittais von denen Baumaisteren verordnet worden, so wurde es mit ihnen allen wohl stehn, welches sie dann auch zuthun angelobten. Der Herr Pfleger erzaigte sonders Vergnügen hierob: bedanckte sich freundlichist wegen der Nachbarlichen Lieb und Beystands, deß Erbiettens, solches bey einer anderen Gelegenheit zuerwidrigen; und wolte diese schon albereit widerum nach Hauß kehren. Aber wie sie die Stiegen hinab giengen, bey dem Keller fürüber, spränge ein Raiff am F a ß mit so lautem Schnall, daß der Pfleger eilends zuluffe, zusehen, ob nit ein Schad geschehen wäre. Die Benachbarte folgten hinnach; fanden aber weiter nichts, sonder der Pfleger liesse ein Glaß voll deß besten Weins heraus und brachte seinen Schidmänneren eins zu. Sie thatten beschayd; lobten den Trunck und der Pfleger sagte ferners, wie das er hierumb seinem guten Keller zu dancken hätte: im Sommer seye er eißkalt, im Winter warm; und also könte er allzeit einen frischen Trunck haben; auch das Ops, RosenMarin und andere Kräuter-Stock, biß die rauche Kälte fürüber, sicher allda auffbehalten, daß sie nit verfrüren. Setzte noch hinzu, wie daß man nit unlängst eben in disem Keller einen Schatz gefunden, den aber der Grund-Herr zu sich genommen hätte. Die Benachbarte verwunderten sich hierüber und einer sprach (seines Handwercks ein Gärtner): Herr Pfleger, wann je ein Theil deß Hauß (da doch allen zusammen gebürth) solte die Oberhand haben und Herr seyn, gebe ich dem Keller wegen seiner Wärme im Winter mein Stimm. Und ich gleichfals, sprach der ander, ein Geitzhals, dann ich mir noch wohl einen Schatz zu finden getraute. Und ich ohn allen Zweiffei, sagte der dritte (der ein zimblich kupffeme Nasen hatte), zohe ihn wegen seines guten Weins jederman vor. E y ist ja halt ein edles Tranck! es rinnt ja so lieblich hinab. Kein Spinnrädl zieht den Faden so geschwind ein, als mein Gurgel den Rebensafft. Dessen musten alle lachen. Als man aber den Keller selbsten fragte: ob er nit Lust hätte, höher promovirt zu werden? schittlete er den

Der Blinde, der Lahme und der Nackte

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Kopf und gäbe zu verstehn: wie das er nichts, als das unterste Orth suchte, welche Demuth dann alle sonders vergnügte, und achteten ihn eben drumb der Ehren würdig, weil er alle Ehr so großmüthig verachtete. Mit hin wolten die Benachbarte Urlaub nemmen, da sagte noch einer zum Beschluß: Herr Pfleger, die Auffruhr, Gott Lob, ist nunmehr gestillt. Aber gleich wie ein verständiger Medicus nit zufriden ist, daß er den Schaden von aussen geheylet, sonder er siht zu der Wurtzel, sonst samblet sich bald widerumb ein schlimme Feuchtigkeit, und ist übler hemach als zuvor: also kleckt es nit, daß wir dißmahl den Zanck in seinem Hauß beygelegt, sonder es war gut, daß man den Ursprung, den Anhetzer und Redelführer wüste, grösserem Übel künfftig vorzubiegen. So sag der Herr dann her, hat er vor disem schon einmahl einen solchen Lärmen in dem Spittal verspürt? und wer mag wohl dessen Urheber gewesen seyn? Der Pfleger beteurte bey seinen Ehren, daß er nit das geringste jemahlen vermerckt habe, als erst vor einer kurtzen Zeit her, da ein altes Mütterlein von dem Land herein kranck in das Spittal kommen; welches auch erst gestert gestorben und noch auff den Schrägen lege, die er nach wenig Stunden wolte begraben lassen. Als man nun fragte, wer sie wäre? und wie sie hiesse? sagte der Pfleger, sie seye ein reiche Bäurin gewesen, ein Wittib, mit Namen Rentza. Wie die Benachbarte den Namen Rentza hörten, verwunderte sich niemand mehr, weil sie ihnen allen bekant wäre, wie der böß Pfenning; gaben ihr die spöttlichiste Namen, die ich gar nit sagen darff, und missriethen dem Pfleger, er solte sie bey Leib in kein geweyhts Erdreich auff dem Gottsacker legen lassen, zumahlen so gar die Todte vor ihr keinen Friden haben wurden; sondern nennten ein gewisse Pfitzen nit weit von der Statt, warein er sie solt werffen lassen: und nammen darauff gut Nacht. Der Pfleger käme dem guten Rath nach: schickte stracks nach dem Schinder, der dann auch mit seinem Karren bald verhanden wäre. Ladete also ohne weitere Ceremoni die Rentza wie ein todte Kuhe auff, führte sie mit seinem alten Schimmel hinaus, und schittete sie mit dem auffgestürtzten Karren in das Moß hinein. Aber sihe Wunder! so bald sie nur das Wasser beriert, ist sie widerumb lebendig, und ein gifftige grosse Krott darauß worden. Und wie sie vor auff dem Dorff in ihrem Hauß und hemach in dem Spittal herumb turnirt, also hat sie die Frosch alle rebellisch gemacht, die dann noch heut zu Tag umb ihr Obrigkeit, den Storchen nichts geben, ob er schon da einem, dort wider einem die grüne Höselein abzieht, sonder die gantze Nacht im Sommer hindurch quacktzgen und schreyen, daß es ein Schand ist. Wer derohalben im Sommer vor solchem Frosch-Geschrey nit schlaffen kan, muß der Rentza die Schuld geben. Das ist das Ostermärlein. 82. O s t e r m ä r l e i n v o n e i n e m einem Krummen und einem

Blinden, Nackten

Zu Uranopel, ein Stadt, die grösser ist als ein Land, hielte man einen Jahrmarckt, warauf von allen Orten und Enden (wie es zu geschehen pflegt)

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unterschidliche Kauff-Leuth und Fremdling zuzogen. Neben anderen hätten auch ihr Absehen dahin drey alte Lumppen-Krämmer, ich wil sagen, drey gewanderte, abgeführte, gewixte Stiegel- und Steig-Bettler, der gäntzlichen Hoffnung, allda keinen kalten Marckt zu haben. Einer war blind, der andere krumm, der dritt halb nadcend und bloß. Unterwegs troschen sie ihre Händel miteinander ab, wie sie ein und das ander angehn wolten. Und was ihnen gleidi anfangs gute Vertröstung gab, wäre ein unversehnes Glück, daß ihnen den ersten Tag ihrer Raiß zu handen stosste. Dann wie sie auß dem Wald auf ein schöne grüne Wisen kamen, hat der Blind einen Haasen ersehen, der Krumm hat ihn erloffen und der Nackend in Busen geschoben. Solcher guten Beut waren sie mehr dann froh: ruckten mit ihren Krücken, Grallen, Karren und Stuelen fort und schlugen ihr Lager bey einer Brucken, warüber alle musten, so auf den Marckt gen Uranopel wolten, deren sie dann wol keinen unangebackt vorbey passiren Hessen, der ihnen das Bruck-Geld nit redlich bezahlen muste, wolte er änderst ihren bissigen Mäuleren und Klämpperlein entgehen. Dise Brucken war sehr gefährlich, über einen tieffen reissenden Fluß geschlagen: lang, aber schmal, von denen stets Fürüberraisenden gantz abgenutzt. Dahero auch vil mit Kutschen und Pferdten in Unglück gerathen: je schwärer der Wagen beladen war, je härter kam man hinüber. Westwegen die maiste Roß und Wagen am Gestatt stehn liessen und zu F u ß mit einem schlechten Räntzelein auf dem Rucken hinüber giengen. Gehling kam ein Sturm-Wind daher, der hebte alle Bretter und Strah-Bäum auf, deckte die gantze Brucken ab und wurff alles, was er darauf antraff, in das Wasser. Es wurde zu lang werden und für die Oesterliche Zeit ein gar zu klägliche Abhandlung seyn, wann ich alle Unglücks-Fäll, so die Raisende an disem Orth getroffen und maistentheils, wann sie gen Uranopel auf den Marckt wolten, erzehlen wurde. Komme also widerumb zu unsem drey Bettleren, welche der erste Stain des Anstossens waren, und manchen Fürüberraisenden einen Possen rissen, aber letztlich auch wol außgezahlt seynd worden. Unter anderen, so dem Marckt zueilten, ritte auf einem dollen Pfert sambt etlichen Dieneren daher ein dem Ansehen nacii reicher Kauffmann; deme auch ein schwär beladener Wagen folgte, war aber in der Sach selbst nur ein Gaudder auß Aethiopia. Den überfielen die drey Bettler mit gesambter Hand, legten ihr elende Wahr vor ihm auß als Krücken, Raffel, hültzene Schüssel, halb-bedeckte Schinbayn, krumme Arm und was dergleichen nothhafftes Wesen mehr wäre, so ja einen Stain zum Mitleyden hätte bewegen sollen. Nichts aber wäre über ihr zerlumpte Klaydung, wardurch ihr Armuth und Boßheit zugleich schine: dann man sähe, daß ihre Küttel außgestudirt und mit Fleiß also zusammen gestickt waren, damit allzeit ein Fleck neben dem Loch käme. In solchem kläglichen Aufzug luffen sie gedachtem Gauckler den Weg ab, hatten mit erbärmlichen Winßlen und Heulen um ein Almosen. Der Gauckler merckte bald, wo es disen Kundten fehlte: nemlich unter den Jexen, daß sie nit arbeiten möchten. Sprach demnach zu ihnen: Wolan, wie ich sihe, so seyd

Wettstreit der Faulheit

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ihr drey saubere Gsellen zusammen, die sich zu todt feueren, und eben so gern arbeiten, als die Katzen Hächel lecken. Was wolt ihr lang laugnen? ich kenn die Bettler nur gar zu wol. So sey es dann hiemit euch versprochen: welcher auß euch dreyen der fauliste ist, dem wil ich ein reichliches Almosen geben. Wo habt ihr euere Patenten, lasst sehen, wie lauten sie. Das war nun ein seltzamiste Bedingnuß. Die Bettler sahen einander an und gedachten haimblich: diser Herr müste eines lustigen Humors und etwan ein Barbierer seyn, der gleich auff den ersten Griff so fein ihnen die Puls-Ader erwischt und das Lebendig getroffen hätte. Weilen sie aber auch auf kühle Possen gewixt waren, wurden sie bald eins miteinander, und sprach der Krumm, der im Maul gantz und gar nit lamm wäre, an statt der anderen: EdelGestrenger Herr, wir haben zwar unserer Kunst halber keine Patenten noch Lehr-Brieff aufzuweisen: vermainen doch auch solches unnöthig zu seyn, weil uns sonst männiglich gern glaubt. Wann es euch derohalben also beliebet und ihr unser Mühewaltung mit einem guten Almosen zu belohnen gedacht, wollen wir uns gleich mündlich erklären, welcher der fauliste auß uns seye. So sagt dann an, sprach der Gauckler, ihr solt es zu entgelten haben. Es wolt aber keiner anfangen. Nit der Blind. Dann, sprach er, es ist unerhört, daß die Blinde voran gehn: wollen also heut auch keinen neuen Brauch aufbringen. Und es ist gleichfalls unerhört, versetzte der Krumme dargegen, daß die Krumme die erste seyen: ist genug, wann sie aisgemach hinnach hincken. Und der Halbnackende sprach: Die Nackende können sich auch nit übereilen: dann biß sie ihre Klayder alle zusammen suchen, geht es lang her. Doch, wann mans also haben wil, so wil ich gleich der erst seyn: Gwinn ich nichts, so hab ich doch auch nit viel zu verliehren. So sey es dann hiemit, mein Herr, wan ihr je mein Natur und gute Talent zu wissen verlangt. Ich bin so faul, daß wann ich im kältisten Winter den gantzen Tag drauß im Schnee, also bloß, wie ich jetzt bin, knockt wäre, und gwiß wüste, daß ich die Nacht hindurch verfrüren muste, ich doch nit wolte einen Fuß aufheben, in ein warmes Stübelein zu kriechen, wann ich schon eins haben köndte. Eh wolt ich zum Stein verfrüren, als mich rieren. Du bist ein fauler Tropf, sprach der Gauckler: Aber was du, mein Krummer? Ihr Ehrnvest, antwortete der Krumm, jetzt kan der Blind gehn, weil ihm schon einer ist vorgangen, ich wil hernachkommen. Gar gern, mein Krummer Heuter, sprach der Blind, folgt drumb nit drauß, daß der letzt allzeit der best seye. In medio consistit virtus: Die Tugend halt das Mittel. Und auch mein Tugend in der Faulheit ist so groß, daß wann ich fünff Täg nichts getruncken hätt und deßwegen vor Durst hin und wider nach einem Brunnen rueffte, endlich einer sich meiner erbarmte und mich zu einem Röhr-Kasten hinzu führte, den Canal auch schon in der Hand hätte, also daß es mehr nit bedärffte, als das Maul aufthun und trincken, so bin ich doch so faul, daß ich ehe verdürsten wolte, als das Maul nur ein wenig aufthun. Bist fürwahr auch ein recht fauler Gsell, sagte der Gauckler. Und ich, Ihr Weißheit, sprach der Krumme, bin so faul, daß, wann ich in

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einem Beth lege, und mir von einer zu nechst brinnenden Kertzen ein Funcken auf das Deck-Beth fiele, warauß ein Brunst entstehn und ich sambt den Beth und gantzen Hauß verbrinnen solte, bin ich doch so faul, daß, ob ich schon mit einem aintzigen Finger den Feuer-Funcken köndte außlöschen, ich mich doch nit so weit bemühen wolte: ja, wann das Feuer aisgemach angieng, wolte ich mich erst auf die ander Seiten umbkehm, und wann alles schon in vollen Flammen stunde, getraute ich mir erst recht einzuschlaffen, und mir träumen zu lassen, ich lege in einem kühlen Tau auf lauter Rosen und wolriechenden Blumen. Ey du krummer Mauß-Kopff, sprach der Gauckler, hab mein Lebtag gehört: je krümpper, je dimpper. Du hast es gewonnen, deins gleichen ist auf Erden nit, du kanst mit allen Ratzen und Murmelthierlein in die Wett schlaffen. Warffe ihm darauf einen funckel-neuen Telppel-Thaler zu. Die andere zween Bettler schryen aber auch, sie hätten etwas verdient, und hielten so lang mit Ungestimme an, biß der Gaudder sich erbitten und von seinem Wagen ein Truhen eröffnen ließ, darauß er beyden etwas geschendct: dem Blinden in einer Gstattel, dem Nackenden in einem Papier eingewicklet, doch mit dem Geding, daß sie es erst eröffnen solten, wan sie ihn nit mehr sehen wurden. Das sie dann gar gern zu thun versprachen. Kaumb war ihnen der Gauckler auß dem Gesicht (der neben der Brucken hin einen hochen Berg anritte) da rutschten die Zween zusammen und kuntens vor Freuden und Begierd kaumb erwarthen, was doch ihnen diser so freygebige Herr ewiglich schöns werde geschenckt haben. Wie ein jeder das seine auffthate, fände der Blinde in der Gstattel einen von bestem Glaß hellen Spiegel, der Nackende aber in dem Papier eingewicklet ein Sayffenkugel, warmit man die Fleck auß den Klayderen außwascht. Da war Feuer im Tach, und merckten wohl, daß der vermainte Kauffmann ihrer nur gespottet hätte. Was muß ich mit dem Spiegel thun, sprach der Blind? sih ich doch nichts. Und wie wird ich, sagte der Nackend, mit diser Kugel die Masen und Fleck auß dem Kleyd waschen? hab ich doch keins. Und weil sie der Krumme nur außlachte und mit ihnen den Telppel-Thaler nit theilen wolte, wurden sie uneins, geriethen anfangs mit Worten, schelten und fluchen, letstlich mit Straichen hintereinander, und warff der Nackend dem Krummen die Saiffen ins Gsicht, der Blind zerschlueg ihm den Spiegel am Kopff und also waren beyde hin. Es kunten aber die Fürüberreisende dise Gugelfuhr und ungestümmes Anforderen diser Bettler länger nicht leiden; verklagten sie bey der Oberigkeit zu Uranopel: die dann ihre Schergen außschickte, mit Befelch, dise lose Schelmen in Band und Eisen zu schlagen und auff die Galeere zu liefferen. Wie der Nackende dise Jagdhund daher kommen sähe, sprang er ins Wasser und wolt über den Fluß schwimmen, ist aber versoffen; der Blind, weil er niemand hatte, der ihm den Weeg zeigte und dennoch fliehen wolte, fiell in ein Gruben und brach den Halß; der Krumm mit seiner Steltzen wolt über einen Zaun springen und dem Wald zu, ist aber im hinüberspringen an einem Zaunstecken behangen und ertappt worden, dem man dann den Kittel wohl außgestaubt; und weil man neben dem Thaler, den ihm der Gauckler geschendct,

Das Testament der Königin von Schlaraffenland

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auch sonst hin und wider groß Geld bey ihm eingenähet gefunden, hielt man ihn Anfangs f ü r einen Dieb. Hemach, weil das Geld nit gut war, f ü r einen falschen Müntzer, schlug ihm ein Schellen an den Fuß, warff ihn auff einen Karren, und wischte mit ihm dem Meerhafen zu, allwo er zu anderen seines gleichen Mauß-Köpffen an die Ruder-Bande geschmiedet wurde. Und hiermit wurd das Land von disem Unziefer geräumt.

83. D e r P h i l a u t i a e , K ö n i g i n v o n T e s t a m e n t s - W ei ß v e r m a c h t e s

Schlaraffenland Erb-Geschenk

Utopia oder Schlaraffen-Land, aller Narren Vatterland, ist ein Orth, wo Treu u n d E h r ein E n d hat. Dises Königreich beherrschte vil Jahr Philautia, ein arges, verschlagnes, aigennütziges Weib: führte beyneben ein so prächtiges, wollüstiges Leben, daß, wo nur was köstlichs zu finden, oder seltzames zuerdencken war, selbigs man ihr mit grossen Kosten müsste heranschaffen. Gleichwohl gegen ihren Unterthanen verführe sie zimblicher massen glimpfflich, dieweil sie auch wenig antraffe, die sich zu ihrem Dienst nit willig und bereit erzaigten. Wolte sich aber einer widersetzen, oder ihren bißweilen wunderseltzamen Befehlen nit alsobald nachkommen, waren gleich Feur, Schwerdt, Galgen, Rad und glüende Zangen da. Sie hatte drey Söhn, lauter frische, wackere Prinzen, die sich in den Humor ihrer Frau Mutter maisterlich wussten zu schicken, und ihr in allem nachschlugen. Auß ihren Bluts-Freunden wäre ein eintzige Schwester noch verhanden; aber ein lautere Andächtlerin: mit der wischte man fein bey Zeiten ins Closter, damit sie den überigen Hoff an seinem guten Muth, kostbaren Panqueten, Täntzen, Comoedien, Jagden, und anderen Kurtzweilen, womit sich Philautia täglich erlustigte, nit irr machte. Unter dessen ruckte das Alter, sambt dem Alter das E n d deß Lebens der Philautiae herbey. Ein schwäre Kranckheit warffe sie in das Beth: u n d was man immer f ü r Mittel brauchte, wolte doch das Trucken der Brust und Seitenstechen nit nachlassen. W a r ihr auch gar hart mit einiger Medicin beyzukommen, weil sie auß Natürlichem Abscheuhen kein eintziges bitteres Tranck, oder andere Artzney wollte brauchen. D r u m b kam es auch gar bald mit ihr auff die Neig. Wie sie nun sähe, daß sie sterben müsste, machte sie ein Testament: berueffte ihre Söhn u n d Hoff-Herren f ü r das Beth, und redete sie folgender Gestalt an. Liebste Söhn und getreue Diener: In was f ü r ein Meer der Schmertzen mich das neidige Glück vermittelst schwärer Kranckheiten gestürtzt habe, seht ihr mit Augen. Diejenige, die ihr bißher als ein Königin verehrt, als ein Göttin angebettet habt, empfindt anjetzo nur gar zu wohl, daß sie sterblich seye, und kan vor Angst u n d Wehethum kaum mehr so vil Athem ziehen, ihren liebsten Kinderen und getreuisten Unterthanen abzugnaden. Jedoch, was der Mund nit kan außsprechen, sollen die Seufftzer ersetzen. Euch meine Printzen erkläre ich hiemit f ü r rechtmässige Erben meines Reichs u n d Länder; was aber für ein Provintz einem jeden bestimmt seye, wird gegenwertiges Testament, daß

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alsobald nach meinem Todt solte eröffnet werden, klar geben. So bin ich auch euer, meine Hoff-Herren, sambt und sonders fleissig eingedenck gewesen, und wird mir der Gespärigkeit halber keiner in das Grab schnaltzen. Eins ist, das ich noch an euch vor meinem End begehre, und dessen mich gäntzlich zu euch versihe, wann ihr änderst noch gegen unser Person einige Lieb und schuldigen Respect tragt. Die junge Printzen antworteten mit Zäher vollen Augen: wie das gegenwertiger Zustand ihrer liebsten Frau Mutter ihnen sehr schmertzlich fiele; und wann sie, mit was Verlust es immer wäre, ihr das Leben fristen könten, sie gewißlich nichts wurden ihres Theils erwinden lassen. Im überigen möchte man nur befehlen, sie und alle anwesende stehen bereit, den Befelch auff das Nägelein zu vollbringen: gelobten ihr auch solches mit einem teueren Ayd an, warüber dann die Königin ein sonders Vergnügen erzaigte. Zohe darauff ein schönes mit Gold und Silber reichlich geziertes Schatz-Trüchelein herfür und überraichte solches sambt dem Testament ihrem ältesten Herrn Sohn: ersuchte auch die anwesende Hoff-Herren, ihme bey Vollziehung ihres letsten Willens mit Rath und That an die Hand zu gehn. Dises Trüchelein, sagte sie femers, hab ich einer in dem Testament ernannten gewissen Person vermacht als ein legatum oder Erb-Geschenck: das soll ihr also uneröffnet, wie es da ist, eingehändiget werden. Nach Empfang dessen haltet sie an, selbiges in eurer Gegenwarth zueröffnen, und was sie darin finden wird, lasst sie ungehindert davon tragen, da habt ihr den Schlüssel darzu. Hieran vollziehet ihr unseren gnädigsten Willen. Lebt wohl. Die Printzen gantz bestürzt kussten der Frau Mutter die Hand; die Hoff-Herren naigten das Haupt, und versicherten sich noch einmahl ihrer auffrichtigen Treu; dargegen wurde die Königin je länger je schwächer; griff in die Züg und starb. Nach dem die Königliche Leich beygesetzt worden, wäre deß Utopianischen Hoffs erste Bemühung, das Testament zu erbrechen, und dem letsten Willen der Philautiae gemäß selbiges zuvollziehen. Alle fanden ein sattes Vergnügen und konten die recht Königliche Freygebigkeit ihrer verstorbnen Frauen nit gnugsamb preisen. Wie sie aber auff das legatum oder obgedachtes Erbgeschenk kam, wurden sie gewar, daß diß schöne Schatz-Trühelein vermacht wäre dem grösten Narren von der Welt. Sie verwunderten sich über die massen: einer schaute den anderen an, keiner aber wolte Erb seyn. Und eraignete sich ein neue Beschwärnuß, wo man unter so vil Narren eben den grösten finden müsste, zumahlen in dem Testament weiter kein Specification oder Erleuterung verhanden wäre. Als man sich nun hierüber mit einander unterredt, und die Frag herumb gehn lassen, kam durch die mehrere Stimmen der Schluß herauß: man müsste gewisse und hierzu taugliche Herren Commissarios verordnen; welche durch die gantze Welt reisen, auff der Leuth thun und lassen gut acht geben, und etliche vornehme Narrenstuck auffzaichnen solten, alsdann kunte leicht ein Uberschlag gemacht, und wem das Trüchelein vermaint wäre, ohnschwär ein Urtheil abgefasst werden. Diser Vorschlag wurde für genehm gehalten; die Com-

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missarij auch alsobald ernannt, lautter gewixte außgestochne Gesellen, welche einem gleich an der Nasen ansahen, wann er umb einen Straidi zu vil, oder zu wenig hatte. Allein der Zeit halber, wann die Raiß solte angehn, kunten sie nit aller dings eins werden. Einer schlug die Faßnacht vor, mit Vermelden: Narren zu suchen wäre diese die Bequemmste Zeit, weil man sie gleich alle beysammen ober einem Hauffen antreffe. Derne hielt aber ein anderer Widerpart, und sprach: Meines Bedunckens fügt sich zu unserem Vorhaben kein Zeit im Jahr weniger, als die Faßnacht: dann ob man schon die Narren alsdann beysammen antrifft, seynd doch bißweilen die gscheidiste Leuth in der Faßnacht die gröste Narren, könte man also die rechte von den Vermummten schwärlich unterscheiden. Wann werden wir dann reisen, sagte der dritte? in der Fasten gewißlich auch nit, wo gar übel zehren ist, sonderbar in Catholischen Länderen. Dann ob schon in grossen Stätten (weil vil auß den Burgeren ohne Erlaubnuß heimlich Fleisch essen) die Fisch wohlfail zubekommen, geht es doch gar hungerig her auff dem Geu: wo einer auch umb sein Gelt bißweilen keinen guten Trunck Pier findt, wil gsdiweigen was anders. Seynd auch über das etliche Würth so vorteilhafftig, daß, wann ihnen gähling ein Gast auffsitzt, der wohl Batzen hat, sie ihm der massen die Zech machen, daß sein Beutl das gantze Jahr deß Scherens nit mehr bedarff. Was dises betrifft, versetzte der Vierdte hinwider, hätte ich wenig bedencken. Ein geitziger Wirth tragt das Schermesser allzeit bey sich, und scheret einen am Fleischtag so wohl, als am Fasttag. Aber einer anderen Ursach halber finde ich die Fasten Zeit zu unserer Reiß untüchtig: seitemahlen, wann wir zu diser Zeit etliche ihrer begangnen Narrenstuck halber auffzaichnen solten, durfften sie sich villeicht außreden, und den Stockfisch, den manche mit Leffel gefressen haben, die Schuld geben; als welche Speiß gar zu hart zuverdeuen, und gemeiniglich das Him und Geblüt mit groben Cruditatibus, oder schwärmüthigen Dämpfen und Feichtigkeiten anfüllt. Derohalben, wann ich gut zum Rath bin, laß man ihme Osteren belieben: umb dise Zeit wegen der langwirigen Fasten seynd die Leuth fein nüchter, und im Kopff wohl auffgeraumt, dermassen und Gestalt, daß einer wohl ein guts Talent von Natur haben muß, der frisch nach der Fasten gleich zu Osteren ein Narrenstuck begeht. Alle fielen diser Mainung bey: und wurd von den Herren Abgeordneten die Reiß gleich den OsterMontag noch selbiges Jahr angestellt. Den ersten Tag traffen sie nichts an, daß in ihr Cramm taugte, weil sie noch auff dem Grund und Boden ihres weisen Schlaraffenlands ritten. Aber gleich den anderen Tag, Morgens frühe, da die Sonn eben auffgehn wolte, ersahen sie einen Botten auff einer Stigel sitzen, und rasten: den grüsten sie freundlich, und fragten: woher so stracks? Der Bott schnauffend und schwitzend sagte: wie daß er schon etlich Tag und Nächt luffe, und gar ein wichtiges Geschafft von einem grossen Herren (den er auch nennte) außzurichten hätte. Als aber die Herren Abgesandte zu wissen begerten: wohin sein Reiß dann gienge? wischte er mit der Hand die Stirn und den Bart, und sprach: Potz Blunder! tausend gute Jahr: ich hab vergessen zu fragen, wohin. Kehrte darauff

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Wolfgang Rauscher

stracks wider umb nach Hauß, sich an zu fragen, wohin und wo er die Schreiben ablegen solle? Disen Borten schribe man auff, als einen rechten Stocknarren, der Tag und Nacht mit seinem Spießlein auff der Achsel und Räntzlein auff dem Buckel umbluffe, und nit wüste, wohin. Den dritten Tag nit weit von einer Statt, begegnete ihnen ein Baur, der kam eben von einer Hochzeit daher, jauchtzte und wäre guts Muths: saß aber beynebens auff einer gsottwamppeten Gurn, welche so ellendiglich daher gieng, daß einer alle Augenblick mainte, sie wurde zu Boden fallen, und Roß und Mann beysamb bleiben; bevorab weil der Reitter eben so fast wacklete, als das Roß. Disen Spänischen Reitter, weil sie sahen, daß er nit wie andere die Sporn an den Stiffeln, sonder auff dem Hut trüge, redeten die Utopianische Gesandtschaft: auch an, und fragte, was Ritter Ordens er wäre? Der Baur, so bezecht er wäre, gäbe doch Antwort: was müst ich für ein Ritter seyn, meine Herren? lieber Gott, ich bin halt ein Ritter, der seinem Edelmann gar offt in die Scharwerck reitten muß. Warumb trägst du aber die Sporn auff dem Hut? fragten die Commissarij weiter. Ey Herren, antwortete der Baur: seht ihr dann nit, was ich für ein schwachs Roß hab? Wann ich die Sporn solt brauchen, wurds gerad gar in der Mitt voneinander fallen: hät a so zthun, daß hebt, biß ich haimb komm. Weil ich aber die Sporn auff dem Hut trag, waiß ich gewiß, daß ich ihm kein Schaden thu etc. Diser Baur wurd auch auffgeschriben, als der mit dem Sporn nit recht umb zugehn wüste. Etliche Täg hernach gab es nichts, als etliche kleine Närrlein, die man aber nit sonders achtete, drumb setzten die Abgeordnete ihr Reiß fort über Berg und Thal, durch Felder und Wälder, biß sie ein schönes grosses Dorff erraichten. Sie merckten bald auß dem außgesteckten Fähnlein auff dem Thum, es müste allda Kirchtag seyn: dann ihnen der Catholischen Ceremoni und Gebrauch nit gar unbekannt waren. Stunden demnach ab, giengen in die Kirchen hinein, zuerfahren, wie doch die Leuth an den hohen Festen sich bey dem Gotts-Dienst einzustellen pflegten, traffen aber keinen Menschen als den Messner an, der eben mit einer Burd-Schlüssel in der Hand auß der Sacristey daher kam, Willens, die Kirchen zusperren. Disen rafften sie zu sich, und fragten, ob es nit heut da Kirchtag wäre? Ja, sagte der Messner, es ist Kirchtag. Und sie fragten weiter: ob man dann kein Vesper halten werde, weil es eben umb Vesper Zeit wäre? Ja wohl Vesper, antwortete der Messner, wo denckt ihr hin, meine Herren, der Tag ist vil zu heilig: man hat heut kein Vesper. Die Bauren gehn jetzt zum Pier, die Knecht zum Tantz, für wen müst man die Vesper haben? Diser Messner wurd auch der Abgesandten Schreibtäffelein einverleibt, weilen er vermainte, eben drumb, weil der Tag so heilig, solte man kein Vesper haben. Uber etlich Wochen ritten sie einer Statt zu und fanden vor dem Thor bey der Brucken einen zimblich erwachsnen Schüßling an dem Gestatt deß Fluß stehn, und anglen. Als sie nun disen fragten, wie das fischen von statt gehe? bekamen sie zur Antwort: es gehe gar schlecht her, er habe heut noch keinen aintzigen Fisch gefangen, und stehe doch schon vier Stund da. Wie so? fragten

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die Commissarij weiter: ist vielleicht das Wasser nit Fischreich? Musten aber das Widerspil vernemmen: wie das nemlich das gantze Land auß disem Fluß allein mit Fischen gnugsamb versehen wurde, also daß man vor Mänge vil tausend müste auffselchen und an frembde Orth tragen. Da merckten die Herren Commissarij dann bald, wo es disem Angler fehlen möchte: begerten also, er solte ihnen weisen, was er ankederte. Da nun der Bub die Ruten über sich zohe, fanden sie nichts daran als den blossen Angel ohne aintziges Keder. Sie stellten ihn hierüber zured, was für ein künstlicher Fischer er wäre: ob er dann mainte, die Fisch werden ihme anbeissen, wann er den Angel nit mit einer Leber, Regen-Wurm oder Heuschrecken verdecken werde? Der Fischer Bub gab zur Antwort: meine Herren, verzeicht mirs, ihr versteht den Handel nit. Ist mein Vatter ein Fischer, und gibt seinen Fischen auch nichts, die er daheimb im Kalter hat: müssen fro seyn, daß er ihnen die Herberg so lang vergont: wollen sie zufressen haben, mögen sie ihr Kost selbst mit sich bringen: ist ja gnug, daß ich sie anbeissen laß? Wer das Wasser nur trüb gnug, was gilts, sie wurden schon anbeissen. Diser Fischer Jung muste denen Herrn Utopianern auch ins Narren-Register, daß er mit der Angel ohne Keder Fisch zufangen vermainte. Noch lächerlicher ist, was ihnen nit lang hernach in einem kleinen Stättlein begegnet, dessen Nam mit fleiß verschwigen wird. Es wäre schon umb die zwelffte Stund, als sie allda angelangt, Willens zu Mittag Zuspeisen. Die Wirthin bewillkommte ihre Herren Gäst gar freundlich, entschuldigte aber zugleich ihren Mann, daß er nit könte auffwarten: er seye Burgermaister, und sitze sambt anderen, ohneracht es Sonntag, von siben Uhr an im Rath: hoffte doch, er werde bald da seyn. Unter dessen, weil man das Essen bereitete, kam auch der Wirth und bediente seine Herren Gäst mit sonderer Freundlichkeit: welches dann vor einem Wirthshauß der beste Schild ist, frembde Gäst an sich zuziehen; weil jederman gern bey der ainfachen Kreiden einkehrt, wo man umb einen leidelichen Preiß die Gäst mit freundlichen Gesichtern neben einem freundlichen Trunck, und ein und anderen guten Rieht abspeist. Die Herren Abgesandte fragten den Wirth, was für ein wichtiges Geschäfft vorgefallen wäre, daß sie sich an einem Feyrtag so lang auff dem Rath-Hauß auffgehalten hätten? Gnädige Großgünstl. Herren, antwortete der Wirth, gar etwas wichtigs. Ist zwar nichts geheims, darffs wohl sagen, weil es überall schon bekannt ist. Zu dem machen wir Rathsverwandte allhier weiter kein grosse Reflexion auffs stillschweigen: sonder, was Vormittag im Rath abgehandelt worden, das erzehlen wir hernach zu Hauß über Tisch, so geht uns fein nit vil auff die Land-Botten. Ein geschwetziges Weib ist über alle PostPferd. Was sie heut von ihrem Mann hört, waiß Morgen die gantze Stadt, übermorgen das gantze Land. Was aber heint uns auff dem Rath-Hauß vil zuschaffen geben, ist dises. Wir haben die fordere Wochen einen hencken lassen: heut seynd wir zusamb getretten, uns ein wenig mit einander zuberathschlagen, ob ers aber verdient habe, oder nit? und ist per majora, durch die mehrere Stimmen die Sach herauß kommen, daß er einmahl unschuldig ge14

Moser-Rath

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wesen. Trost ihn Gott: hab ihm wohl auch einen guten Schub in Himmel geben. Das liessen ihnen die Herren Commissarij gefallen, und fanden für Gut, Burgermaister und Rath nacher Schlaraffenland zu citieren, als taugliche Subjecta, die vielleicht den nächsten Zuspruch zu den Königlichen Erbgeschenk bekommen möchten. Nach etlich Wochen kamen sie an eine See-Statt oder Meer-Hafen an, und hielten sich ein geraume Zeit allda auff. Was sie alles von grossen und kleinen Narren-Stücken darinen angetroffen, wär vil davon zu melden: ich muß aber eilen, und wil nur eines aintzigen noch gedencken. Diser wäre ein Holländischer Schiff-Knecht, der eben von dem Stockfisch-Fang daher käme. Nachdem das Schiff angelendt, und er sambt anderen dahin vom außtragen mied und fertig wäre, sähe er ihm umb ein Orth zum schlaffen umb. Er warffe sich aber den geraden Weeg nider auff den Boden, und legte an Statt deß Bolsters ein lärs Fäßlein unter den Kopf: streckte alle viere von sich und fieng schon aisgemach dahin an zuschlaffen und Bretter zu schneiden. Einer auß den anderen BotzKnechten sein guter Bekanter, gieng hinzu, gab ihm mit dem Fuß eins in die Seiten, weckte ihn auff und sprach: Narr, was thust? hast du nie ghört, wer ihm wohl beth, der ligt wohl? Ist doch Stro gnug da: warumb legst dir nit ein und den anderen Schäb unter? Wirst zehen mahl besser ligen. Der faule Tropf ließ ihm disen Rath gefallen; und nach dem er sich ein und das andermahl gerantzt, wie ein fauler Hund hinder dem Ofen, stund er auff: nam zween Schäb-Stro, legte sie unter das Fäßl, und den Kopf wider auff das Fäßl hinauff, der Hoffnung, nunmehr sanffter zuligen. Wie er aber nichts spüren kunte, sonder sein Polster eben so hart war, wie zuvor, ward er gantz zornig, und sagte: bin ich nit ein Narr? Waiß ich dann nimmer, wie man die Strosädc einfület? das Stro muß man hinein schieben, was solts gelten, es wird linder werden. Schob darauff alles Stro in das Fäßlein hinein, und legte sich in Gottes Namen widerumb auf das Fäßlein nider, als wann er ihm nun auff das beste gebethet hätte. Die Herren Commissarij, solches ersehend, gschwind mit ihrem Schreib-Täffelein heraus, zaichneten alles gar fleissig auff, und bestimmten ihm einen gewissen Tag, an dem er sich in Schlaraffenland wurde ein zustellen haben. Stigen darauff in ein Schiff, das eben nacher Utopiam abzusegeln in Bereitschafft stunde, und langten bey gutem Wind inerhalb einer Monaths-Frist glücklich widerum in ihrem Vatterland an. Sie verfuhren kein Zeit; sonder erstatteten dem König und dem gesambten Rath ihrer Legation halber schuldigen Bericht. In gleichem stellten sich die beschribene Candidati oder Mitwerber zu bestimmter Zeit ein. Als man nun alle fleissig besichtiget, und mit sonderen Lust eines jeden verübtes Narrenstuck vernommen, wurden zwar alle ihrer trefflichen Talent halber gelobt und die Vertröstung gegeben, ihrer zu seiner Zeit in Gnaden zugedencken; dermahl aber durch die mehrer Stimmen wurde das Königliche Erbgeschenck, das Schatztrühelein, obgedachten Wirth zuerkennt: dieweil er. als Burgermaister, ein so weises Directorium im Rath geführt, das gleich wohl eines beklagten Unschuld noch an Tag kommen, nach dem er schon am Galgen gehangen. Die

Der Narren Erbteil

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andere alle hiesse man abtretten, und den Weeg weiter nemmen. Niemand war froher als diser Wirth, als ihm das so kostbare Schatztrühelein sambt dem Schlüssel eingelifert wurde: er bedanckte sich auffs höchste, deß erbiettens, die überaus grosse Munificenz der verstorbnen Königin Philautiae Zeit seines Lebens anzurühmen. Wolte auch schon mit dem Trühelein unter dem Mantel zur Stuben hinaus, wurde aber angehalten Vermög deß Testaments, das Trühelein in Gegenwarth deß Utopianischen Hoffs zueröffnen, damit die Munificenz und sonders grosse Freygebigkeit der Philautiae männiglich kund wurde. So steckte er dann den Schlüssel an und machte das Trühelein auff. Aber sihe! kaum hat er das Schloß, welches wie ein Feurrohr zugericht war, ein wenig verruckt, da gab es Feur; und das angezindte Pulver, womit allein das Trühelein gefüllt gewesen, fuhr dem armen Wirth mit einem lautten Knall ins Angesicht heraus, verbrennte ihme Haar und Bart, machte ihn Koll schwartz, und erschreckte ihn noch darzu dermassen, daß er vor Dunst und Schrecken Rücklings auff die Erden niderfiel, und wüst, wie ein Teuffei, aussahe. Inwendig auff dem Luck des Trüheleins, das gleichfals zu Stucken zersprungen, stunden dise zwey Wort: Haereditas Stultorum: das ist der Narren Erbtheil. Der gute Wirth, der kaum mehr den Hut zufinden wüste, will gschweigen den Kopf, beschwärte sich hart über disen groben Possen, als er seinem Beduncken nach einen anderen Danck umb den Utopianischen Hoff verdient hätte; aber wurde nur außgelacht, und sich zu trollen befohlen, wolte er nit eines grösseren Unglimpfs gewärtig seyn: die Philautia lohne keinen änderst: für solche Narren gehöre ein solcher Kolb. Müste also der eilende Mensch seinen Weeg weiter nemmen, und wüste doch nit, wohin: sonder mit Schand und Spott, in Hunger und Kummer, darzu noch mit grossen Schmertzen wegen deß Brands im Angesicht stig er in den Wälderen und auff dem Gebürg herumb und klagte den herumbstehenden Felsen sein Noth. Gott schickte es aber wunderlich, daß ihn endlich ein Hirt seuffzen und weheklagen gehört; und nach dem er den gantzen Verlauff der Sachen verstanden, tröstete er ihn nebst angehenckter Ermahnung, forthin kluger zu handien und dem Utopianischen Hoff nit mehr zutrauen. Uber das zaigte ihme der Hirt einen Brunnen; bey deme als der verwundte Tropf den Wust deß Angesichts und der Kleider abgewaschen, griff er in sein Taschen hinein, zohe ein Salben heraus, mit welcher er seinem Vorgeben nach die Schadhaffte und räudige Schaff zuheylen pflegte, überschmirte ihme das Angesicht, wovon er also bald ein Linderung empfunden, und endlich in kurtzer Zeit gantz und gar gesund worden. Wie nun solches geschehen, zaigte ihme der Hirten den Weeg aus dem Wald hinaus: gab ihm noch ein und das andere Anzaigen, wo er vorbey müste, also das er nit wohl mehr irren kunte, sonder nach wenig Tagen wider zu Hauß seyn wurde, welches dann auch geschehen. Westwegen dann der nunmehr aller Gefahr befreyte Wirth dem barmhertzigen Hirten nit gnug dancken kunte: erzehlte seinem Weib und Kinderen alles, was sich mit ihme in Schlaraffenland verloffen; verfluchten sambtlich die betrügerische Königin Philautia sambt dem gantzen Utopischen Hoff, und er beschlösse. 14"

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hinfüran kein solcher Narr mehr zu seyn und so bald nit mehr zutrauen. Da haben E ( u e r ) L ( i e b ) und A(ndacJit) das Ostermärlein. Jetzt von der Nußschalen zu dem Kern, von der Fabel zu der Außlegung und sittlichen Lehr.

Andreas Strobl Er ist im gleichen Jahr wie Wolfgang Rauscher in Tittmoning a. d. Salzach, also in allernächster Nachbarschaft, geboren, als Sohn des dort ansässigen Weißgerbers Georg Strobl und dessen aus Laufen stammenden Frau Sara. Am 30. August 1641 wurde er von Andreas Pernhartinger aus der Taufe gehoben und erhielt traditionsgemäß den Namen seines Paten. Unterm 27. Oktober 1660 ist er als „Logicus" in den Matrikeln der Salzburger Benediktineruniversität (nr. 3314) verzeichnet. 1666 begann er als Kooperator zu Waging seine priesterliche Laufbahn, 1673 trat er in das Salzburger Kollegiatstift Laufen ein und wirkte laut verschiedenen Einträgen in den Rechnungsbüchern als Seelsorger in Stadt und Umgebung. In einem Visitationsprotokoll wird er als „fromm, gelehrt und exemplarisch" bezeichnet. 1695 kam er als Pfarrherr nach Buchbach, einem Markt bei Mühldorf. Etliche Schriftstücke im Buchbacher Pfarrarchiv tragen seine Unterschrift; ein Eintrag im Pfarrbuch rühmt ihn als Verfasser zahlreicher Bücher. Tatsächlich dürfte er die meisten seiner Werke während der Buchbacher Jahre verfaßt haben. Er starb dort am 15. Oktober 1706. Für einen Landgeistlichen, der kaum über seine engere Heimat hinausgekommen ist, war Strobl wirklich erstaunlich fruchtbar. Von 1691 an brachte er nahezu Jahr für Jahr einen Band von etlichen hundert Seiten zum Druck. Nach seinem Erbauungsbuch, dem „Geistlichen Karten-Spihl" (1691, 2. Aufl. 1693) 1694 den ersten Teil des „Ovum Paschale Novum", 1695 den Dominicalund Festivalzyklus „Geistliches Fisch-Netz" (2. Aufl. 1697) und die kleine Sammlung von Kirchweihpredigten „Geistliche Kurtzweil" (2. Aufl. 1701), 1696 einen mir nicht zugänglichen Band aszetischer Betrachtungen „Geistliche Sonnenuhr", 1698 den zweiten Teil des „Ovum Paschale", 1701 den Predigtzyklus „Geistlicher Artzney-Schatz"; aus seinem Nachlaß erschien 1708 noch der „Ausgemachte Schlüssel zum geistlichen Karten-Spill" und der dritte Teil des „Ovum Paschale", 1709 das „Himmlische Predig-Buch" und ein marianisches Erbauungsbuch, 1710 schließlich eine Gesamtausgabe des „Ovum Paschale". Strobl hatte offensichtlich eine recht reichhaltige Handbibliothek. Mit Vorliebe hielt er sich an die Jesuiten; Drexelius, Bidermann, Stengelius, Engelgrave, Pexenfelder oder Kybler findet man bei ihm besonders häufig zitiert, von Stengelius übernahm er übrigens die Titel „Ovum Paschale" und „Geistliches Fisch-Netz". Dazu aber kannte er auch die neueste zeitgenössische Literatur wie etwa „Judas der Ertz-Schelm" von Abraham a S. Clara, dem er sich offenbar

Andreas Strobl

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geistig verwandt fühlte. Im Aesop, im Schildbürgerbuch und in zeitgenössischer Schwankliteratur hat er mit spürbarem Vergnügen gelesen. Sein Vorrat an Exempeln, Fabeln und Schwänken aus diesen und anderen Quellen war geradezu unerschöpflich, er hatte einen sicheren Griff in der Auswahl der besten und wirksamsten Geschichten — viele seiner Märlein findet man bei keinem anderen Prediger wieder — und er hat sie in unnachahmlicher Weise wiedergegeben. Natürlich machte auch er Anleihen und scheute sich nicht, da und dort wörtlich abzuschreiben, doch fällt das bei dieser Fülle übersprudelnder Erzählerfreude kaum ins Gewicht. „Selbst ausgedacht", wie Lohmeier meint, dürften die wenigsten von Strobls Geschichten sein. E r steht mitten im Strom der Überlieferung. Seine Werke waren auch wiederum eine Fundgrube für andere, für Amtsbrüder, die sich den Vorrat an Ostermärlein zunutze machten, aber auch für geschäftstüchtige Kompilatoren wie Conlin oder den Verfasser des „Centifolium stultorum" oder der „Mala gallina", die man zu Unrecht Abraham a S. Clara zugeschrieben hat. Schließlich haben sogar die Brüder Grimm an Strobls Geschichten, die ihnen wohl in einzelnen Abschriften zufällig in die Hände gekommen waren, Gefallen gefunden und den Schwank von der genäschigen Köchin als „Das kluge Greil" und die Kümmernislegende, geringfügig stilisiert, in ihre „Kinder- und Hausmärchen" aufgenommen. Lit.:

Pfarrer Andreas Strobl von Buchbach, in: BayerJbfVk 1 9 5 3 , 1 4 9 ff. (mit weiteren Nachweisen); DERS., Das Geistliche Kartenspiel des Andreas Strobl, ebda. 1955, 201 ff.

ROBERT BÖCK,

84. D e r

Haar

oder Flachs beklagt Marter und Peyn

all

sein

Ein frommer Einsidl gienge einsmahls über Land Kirchfahrten, die Heil. Oerther zu besuchen. Unterweegs hört er auff einem Acker, wo der Harr oder Flachs angebaut war, etwas seufftzen und klagen. E r stehet still, vermainte, es wär etwann ein arme Seel, die Hülff begehren wolte, spricht es derowegen an und fraget, wer bist du, der du also klagest und traurest? die Stimm gibt ihm Antwort: Ach solt ich nit klagen, solt ich nit wainen über mein Elend? wer bist du dann? Ich sagt die Stimm, bin halt der arme Flax da auff dem Acker, wie du vor Augen sihest. Warumb wainst du dann, was ist dir geschehen? Ach! spricht der Haar-Saamen, deßwegen traure und waine ich, weil man so hartiglich und unbarmhertzig mit mir umbgehet, dann ich sihe schon alles vor hinein, was ich ins künfftig für Peyn und Marter wird außstehen müssen, es ist fast kein Ding auff der Welt, das mehr muß leyden als ich, von Jugend auff hebt sich schon mein Marter an. Dann erstlich, als ich noch ein kleines Haar-Kernl wäre, hat man mich unter die Erd vergraben, als wann ich nicht würdig wäre die Sonn anzuschauen. Jetzt, da ich mich wider erschwungen, ein wenig auffgangen bin und den Kopff erst ein wenig herfür recke, da hab ich schon allerley harte Anstoß, Sturmwind, kalte Regen und

Der Flachs beklagt seine Marter

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Haglwetter zugewarten, ich muß Tag und Nacht unter haiterem Himmel, in Regen und Wind da stehen, von Jedermann verlassen. Wann ich nun aber höcher erwachse, im besten Flor mich befinde, und zeitig wird, da kombt das grobe Baurn-Gsind über mich, reissen mich mit Gewalt von der Erden auß, versencken mich ins Wasser, in ein tieffe Gruben, da muß ich ein gute Weil ligen, mit Steinern zugedeckt, daß ich nur nicht herauß mag. Komme ich auß disem Vollbad herauß, und hab mich ertrücknet, da wischen sie mit höltzenen Schlöglen und Trischlen über mich, schlagen auff midi, was geist was hast, daß mir die Seel möchte außgehen. Komme ich da darvon, so muß ich hernach in die Brechel, als wie ein Ehebrecher, da ziehet man mir die Haut gar ab, und bleibt das Haar allein übrig, kein Pfleger schindet die Baurn so hart, als man mit mir umbgehet. Aber, mein Marter hat noch kein End, wann man mich gnug gebrechlet, gezwickt und geschwungen, da muß ich erst über die Hächel, so gar die alte Weiber, welche kein Zahn mehr im Maul haben, zeigen mir die spitzige eyserne Zähn, und ziehen mich durch die Hächel, daß es ein Elend ist. Wann nun ein schöner Haar auß mir wird, winden sie mich zusammen, machen Ridlen darauß, streichen mich mit ihren Händen, als wann sie mich gar lieb hätten, speyen mir doch zugleich ins Angesicht. Legen mich hernach in ein Truchen oder Kisten, schwären mich mit Steinern, oder pressen mich so hart, daß ich möchte Mordio schreyen. Uber ein Zeit ziechen sie mich wider herfür, lösen mich voneinander, binden mich mit einem Striekel an den Rocken oder Gunckel an, als wann ich ein Schelm oder Dieb wäre. Endlich muß ich gar auffs Rad, als wann ich Vatter oder Mutter hätte umbgebracht. Wann ich nun also an dem Rad lange Zait herumb geloffen und abgespunnen worden, so würfft man mich in ein siedhaissen Kessel hinein, besträet mich mit Aschen, das ist wahrhafftig ein haisses Bad. Komme ich wider herauß, so thut man mir den Kopff noch einmahl waschen, und henget mich auff biß ich trucken worden, alsdann wischen sie wider mit höltzenen Hämmern über mich, zerklopffen und zerpenglen mich dermassen, nicht änderst als einen Stockfisch, darff doch kein Wort darwider sagen. Diß gienge dannoch letztlich hin, aber so bald mich der Weber in die Händ bekombt, da hengt er mich zwischen die Bäumer in seinem Weberstuel auff, als hätte ich den Galgen verdient, gibt mir alsdann manche harte Stoß, Creutzweiß durcheinander, biß ich gar außgewürcket, und zu einer Leinwath wird. Entrinne ich nun dem Weber, und komme auß seinen Händen, so gerathe ich hernach unter die Wäscherinnen, die zwagen mir offt mit scharffer Laugen, trähen und reiben mir den Halß umb, daß mir die Zäher häuffig über die Wangen herunder rinnen und ich mein Elend nicht gnug bewainen kan. Endlich kombt der Schneider, oder die Naderin, die schneiden, die stechen, die strecken und klopffen mich so offt und vilmahl, das ich nicht außsprechen kan. Solt ich dann mein lieber Einsidel nit Ursachen haben über diß so grosse Elend, so ich ins künfftig wird außstehen müssen, zu trauren und zu wainen? ja freylich, spricht der Einsidel, ich muß selbst bekennen, daß dise so grosse Peyn und Marter seynd, als kaum einem heiligen Märtyrer angethan werden. Doch aber, sey

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Andreas Strobl

getrost, mein armes Waisel, gedencke, daß dir dise Trübsal, dises Leyden nur zu guten und zu grossen Ehren geraichet, dann hierdurch wird aus dir, nach und nach, die schönste und weisseste Leinwath zugerichtet, welche allen anderen Kleydungen von Sammet und Seiden den Vorzug, solche auch Christus der ewige Sohn Gottes selbst in Ehren gehalten und gebrauchet hat. 85. G l e i ß n e r i s c h e B ü ß d e s

Fuchsen

Man sagt, der arge Fudis und der schwartze diebische Rab haben auff ein Zeit ein Contract auffgericht, und mit einander ein Pact eingegangen, daß sie hinfüro den Raub zugleich theilen wollen, was der Fuchs in der Nidere bekombt von Hüner-Geflügel, Gäntz, Enden und dergleichen, das soll er dem Raben getreulich mittheilen, und was der Rab etwan in der Höhe, in Lufften oder in Bäumen aufftreibt und fanget, das soll er dem Fuchsen auch nit verhalten, sonder darzu einladen. Was geschieht? Bald darauff hat sich zugetragen, daß sie beyde nichts zu essen hatten, konnte keiner dem anderen nicht helffen. In dieser äusseristen Noth, Hunger und Armuth erdenckt sich der Fuchs diesen List: E r ziehet ein härmen Sack oder Buß-Kleid an, setzt sich dort im Wald nider auff die Erden, stellet vor sich ein Bettbuch, die vordere zween F ü ß oder Läuff hebt er an statt der H ä n d in die Höhe, schawet den Himmel an, thut ein Seufftzer über den andern, schlagt an sein Brust, bittet den Himmel, er woll ihm sein begangene Missethaten, Mord und Diebstall vergeben, es sey ihme hertzlich leyd darfür, er wolle hinfürter ein besseres Leben führen, niemand mehr betriegen, w a n n er nur dißmahl noch Gnad erlangen könte. Der Rab aber (also vom Fuchsen angewisen) fliegt hin zu dem Bawren-Hauß, wo er ein gantze Schaar junge Hennlein bey einander gesehen, erzehlt denselben nach der Länge von der Andacht u n d Bekehrung deß Fuchsen, wie er anjetzo so andächtig, so fromm, so heilig sey, den alten schlimmen Balg weggelegt u n d sich gantz bekehret habe; ich hett es mein Lebtag nit glaubt, daß er ein so fromm und Bußfertiges Leben führen könte, wann ihr meine liebe Hennlein meinen Worten nit glauben wollet, so könnet ihr den Augenschein selber einnehmen, geht nur ein kleins wenig hinauß in das nechst gelegene Wäldlein, da werd ihr ihn sehen in seiner Einsidlerey, mit einem härmen Buß-Kleid angethan, da knyen, und mit auffgereckten Händen in Himmel betten, ans Hertz klopffen, und Leyd tragen über seine Sünd. Die einfältige Hennlein hören ihm zu, lassen sich überreden, machen sich auff, u n d wollen dahin gehen, den Augenschein einzunehmen. Als solches der Hahn, so von weitem zugelost, ersehen, schreyt er ihnen u n d ruffts wider zurück: O ihr einfältige Hennen, sagt er, wollet ihr dann eurem Unglück selbst nachgehen, kennet ihr den Fuchsen nit? Astuta ingenuum vulpes imitata Leonem. Er stöllet sich zwar äusserlich fromb wie ein Lämblein, einwendig ist er wie ein reissender Low. Sein Andacht ist ein lautere Gleißnerey, trawet dem arglistigen Hennendieb nit, all sein T h u n und Lassen ist nur dahin gericht, andere zu betriegen, und ins Verderben zustirtzen. Welchem guten Rath die gehorsambe Hiendlein nachkommen, und sich wider zuruck gewendet.

Der Fuchs als Büßer predigt Frieden unter den Tieren

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Bald hernadi, weilen der Fuchs gesehen, daß ihme sein Anschlag zu Wasser worden, gedacht er, die Hennen haimblich zu überschleichen, ziehet derowegen den härmen Sack auß, mauset in der Still hin dem Baum-Hoff zu, der Hoffnung, er wurd wenigist ain oder zwey Hennen erschnappen, aber der Han hat ihn alsobald vermerckt, u n d schon von weiten daher schleichen sehen, mahnet derowegen die Hennen, sie sollen sich bey zeiten retiriren, u n d auff den nechsten Baum hinauff fliegen. Was geschieht? kaum hat sich der H a n mit den Hennen auff den Baum geschwungen, da war der Holtzvetter verbanden, gehet hinzu, fragt sie, warumb sie, wie die Vögel, auff die Bäum sitzen? deßwegen, sagt der Hann, weil wir da vor dir sicher seynd, dann weilen ich waiß, daß du gar gern Hennenfleisch issest, so hab ich mich sambt meinen Hennen allda (in) mein Zufluchthauß (begeben), dan, weilen du keine Federn hast, kanst zu uns nit kommen, weiche nur von dannen, wir trauren dir nit, dann du bist ein arger Lauer, u n d unser abgesagter Feind. Ey, spricht der Fuchs, wer müste mich also verschwätzt haben? gesetzt, daß es einmahl geschehen, daß ich in höchster Hungersnoth ein tödtige Henn, die sonst nit lang mehr hette leben können, oder den Zipff gehabt hat, zu mir genommen, so folgt darumben nicht, daß ich ewer abgesagter Feind bin, wist ihr dann nicht den Rathschluß, welcher erst neulich von den gesambten Thieren, da sie im ReichsT a g versamblet waren, gehalten worden, in welchem der Sententz ergangen, daß hinfüran kein Thier dem andern mehr schaden, sondern vielmehr desselben Nutz b e f ü r d e m solte. Derohalben ich auch allen Grollen auff die Seithen setzen, euch kein Schaden mehr zufügen, sondern vielmehr befleissen wird, alle Freundschafft zu erweisen, steiget derowegen vom Baum herab, wollen ein ewigen Friden miteinander schliessen. Der H a h n hörte lang zu, glaubte aber dem Fuchsen kein eintziges Wort. Endlich als er ab solchem Geschwätz ein Verdruß empfangen, röckt er den Halß auff die Höhe, u n d sihet hin und wider. Der Fuchs fragt, was er sehe, daß er den Halß so über sich rocket? Ich sihe, spricht der Han, zween H u n d daher lauffen mit offnen Rachen. Kaum hat der Fuchs diese Wort gehört, wendet er sich, macht sich auß dem Staub, fliehet davon. Der H a h n aber schreyet ihm nach, er solt da bleiben, lacht ihn auß und sagt, hast du doch erst außgeben, es seye ein allgemainer Stillstand und Fridenschluß zwischen allen Thieren geschlossen worden, warumb fliehestu dann davon? widersetzet der Fuchs, ich waiß aber nit, ob dise 2 H u n d auch in dem Rathschluß gewest seynd, und davon Wissenschafft gehabt haben. Sehet, wie der arge Schalck seine Boßheit so schön vermäntlen können, hat er doch mit all seiner Arglistigkeit und gleißnerischen Worten nichts außgericht, sondern mit lährem Bauch und hungrigen Magen abziehen müssen.

86. D e r d i e b i s c h e F u c h s w i r d z u m S t r a n g

verurteilt

Es war auff ein Zeit ein so raucher Winter und füll so urplitzliche grosse Kälten ein, daß die alte Weiber ihre Böltz mit Gwalt herfürgesucht, sich hinter den Offen retiriert und mit gebratnen Apffeln erquicket. Unterdessen

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Andreas Strobl

wäre auch dem armen Fuchsen nicht wol, es thät ihm der Magen sehr wehe, u m b daß er schon lange kein Hennen-Fleisch gessen, und wüste nicht, wie er sich weiter erhalten, zugleich auch seine Jungen ernähren konte. Als er derowegen umb die Baurn-Häuser etliche Nächt gantz hungerig herumb gemaust, hat er letztlich sein Vortl ersehen, und bey einem wolhäbigen Baurn, welcher selbige Nacht die Trischlig gehalten, die Hauß-Thür offen gefunden, ist derowegen in der Finster gschwind hineingeschlichen, sich in ein haimblichen Winckel versteckt, und gewart, biß alles schlaffen gangen. D a er nun vermaint, es wären alle im besten Schlaff, mauset er haimblich herfür u n d hinein in die Stuben, beist etliche Sprißl von der Hennen-Steigen ab und her über die Hennen, nimbt sie beym Kragen und erwirgt etliche darauß. Potz tausend Allimodi, sagt er bey sich selbst, da hats mir einmahl gerathen. Ju hej! jetzt will ich einmahl mein Hunger stillen mit frölichem Muth, das Hennen-Fleisch ist gut, es macht gesundes Blut etc. Unterdessen stehet der Bauer vom Beth auff, welcher von dem vilen flodern und schreyen der Hennen erwachet, geht von der Cammer hinab über die Stiegen, zu sehen, ob nicht etwann ein Dieb eingebrochen, laufft hin in die Stuben, und als er den HoltzVettern gesehen, ha ha, sagt er, wie bist du herein kommen, du schelm-vieh, sucht alsbald umb ein knopffeten Prigl, ihme den Wilkomb zugeben, denckt ihm doch letztlich, er woll ihn lebendig fangen und als ein Ubl-Thäter dem Gericht anzaigen. Zu disem E n d e vermachet er alle Thür und Thor, daß der Hennen-Dieb nimmer auß konte, und sobald nur der Tag angebrochen, geht er hin, zaigts der Obrigkeit an, was massen er den allgemainen Strassen-Rauber und Hennen-Mörder gefangen, u n d fragt sich an, was ferner zu thun, oder zu lassen sey? der Dorff-Richter befilcht dem Ambtmann, er soll eyllends hingehen, den Ubl-Thäter gefangen nehmen und zur strengen Frag bey Gericht vorstellen. Es geschieht. Sobald nun solches unter den Bauren ruchtbar worden, daß der von Fuchsenhausen gefangen, da kamen tausenderley Klagen wider ihn ein. Diser bracht für, was massen diser Ertz-Schelm ihme nächtlicher Weil in den Gänß-Stall gebrochen, und 12 gemäste Gänß, unter welchen auch 3 Zehent-Gänß, welche er seinem Gnädigen Herrn dem Edlmann wär schuldig gewesen, hinweck geraubt. Ein anderer sagte, wie daß diser Rauber auch bey öffentlichen Tag die Leuth überforde, und nicht längst einem kleinen Baurn-Bübl, welcher in einem Kerbl Fleisch für den heiligen Weynacht-Tag haimbtragen, das Fleisch hinweck-geraubt, und das Bübl in den F u ß gebissen, daß der Bader gar zu ihm gehen muß. D a kombt ein Bäurin u n d verklagt ihn, daß er ihr die Henn auß dem Nest hinweckgerissen, und 12 junge Hiendl gefressen. Vil andere sagten, wie daß nichts von ihm sicher sey, weder Gänß, noch Aenten, noch Hennen, noch Indianische-Stückl, und hab ihnen schon so vil Hennen umbbracht, daß sie zu Michaeli die Stüfft nicht geben können. Ja, was noch mehr, er greifft so gar auch die Kirchen und Gotts-Häuser an, man soll nur den Mesner fragen, der wirds sagn, daß diser Kirchen-Rauber erst vor ainem Jahr, weil er gewust, daß man in das Gotts-Hauß Gott zu ehren, etliche Hennen

Der schlaue Fuchs löst sich vom Galgen

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und junge Hiendl geopffert, welche der Mesner dort in der Kirchen in ein Steigen zusammen gesperrt, hat sich diser Ertz-Vogel unter dem Schein der Andacht, bey öffentlichen Tag hinein-practicirt und die Hennen alle erbissen, warüber der Mesner, weil er nicht besser auff das Gotts-Hauß achtung hat geben, ein guten Filtz von dem Pfarrer bekommen und die Hennen alle bezahlen muß, dergleichen Diebsstückel er ohne Zahl begangen und den Todt tausendmahl verdient hat. Uber welches sich der arge Fuchs zwar entschuldigen und hinaußliegen wolte, aber vilfältig überwisen wurde. Disemnach föllet der Richter das Urtheil, und bricht den Staab über ihn, daß er von Leben zum Todt soll hingericht und an dem liechten Galgen alsobald soll auffgehenckt werden. Bald darauff ward er hinaußgeführt zur Richtstatt mit grossen Zuelauff deß Volcks, jedermann wolte den Fuchsen richten sehen, ein jeder erfreute sich und frolockete, daß nur einmal diser Rauber von Fuchshausen auß dem Weg geraumbt wurde, der traurige Fuchs gab sich aber willig in den Todt. Als er nun die Laiter hinauffstige, wendet er sich noch umb, namme Urlaub von dem gesambten Hennen-Voldc, nun, sagt er, jetzt schayd ich von euch, meine liebe Hennen, lebt wol, und sagt mir nichts Böß nach, ich hab offt ein Ansprach mit enck gehabt, wann ihr beyeinander auff dem Haanbaum gesessen, und ist mir nie wöller gewesen, als wann ich euch gesehen hab, aber jetzt muß ich von euch schayden, und auch auff den Haanbaum steigen, mein Leben allda auffzugeben. Hernach wendet er sich zu dem Richter, und fragt, ist dann kein Gnad mehr verhanden? nein, hats ghaissen, du hast kein Gnad verdient, es ist auß mit dir. Weil ich dann sterben muß, spricht er, so bitte ich gleichwol mir noch ein andere Gnad zu thun, was da? fragt der Banrichter, diß allein bitt ich noch, sagt er, man wolle mir mein Räntzl herbringen, welches ich dort im Baurn-Hauß versteckt, wo ich gefangen worden, sucht nur, ihr werds schon finden, in demselben hab ich ein Pfeiffl, damit ich noch zu meinem Trost ains auff-pfeiffen konte. Nun es geschehe, sagt der Banrichter, man bringt ihm sein Räntzl, der Fuchs ziecht sein Pfeiffei herauß, fangt an zu pfeiffen, und so bald er hat angefangen zu pfeiffen, da secht, hat jedermann anfangen zu dantzen, Mann und Weib, Jung und Alt, der Hencker selbst, alles hupffte und spränge herumb, als wann sie von der vergifften Schlangen Tarantula wären geheckt worden, der Fuchs aber gschwind von der Laiter herab, macht sich auß dem Staub, und entranne auß ihren Händen. Wer war froher als der Holtz-Vetter, daß er seinen Beltz noch gantz davon gebracht. Laufft derowegen dem nechsten Wäldlein zu, und suchet wo er sich mit einem guten Schlecker-Bissel wider erquicken möchte. In dem er also hin- und wider schauet, sieht er bey dem nechsten Baurn-Hauß ein Scharr junge Hindi sambt der Bruet-Henn hin und her spatziren, kunt sich derowegen nicht enthalten, schiesset alsobald darauff ab, und erwirgt etliche darauß, welches der Bauer zu allem Glück ersehen, ergreifft derowegen ein zähen Prigl, laufft dem Fuchsen nach, hat ihn auch letztlich, weil er vor Mattigkeit und Hunger nicht mehr recht lauffen konte, erwischt und zu todt geschlagen.

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Andreas

Strobl

87. D e r a r g e F u c h s w i l l d i e H e n n ü b e r r e d e n , d a ß s i e i h r e H ü n n d l zu ihm in d i e S c h u e l l s c h i c k e n soll Der Fuchs spatzierte einsmahls umb die Felder und Bauren-Einöden herum, suechend, wo er etwann ein guts Schlecker-Bißl oder ein Wildbrät erhaschen möchte. In dem er also hin und wider schauet, sihet er bey einem BaurenHauß in dem Garten, auff einem Weixlbaum ein Henn, mit sambt ihren jungen Hüennlein sitzen, gehet derowegen hinzu, grüst sie gantz freundlich, Glick zu Mutter sagt er, was machst da mit deinen lieben Jungen? warumb fliegst damit auff den Baum, wär ja herunten in der nider im grünen Graß vil lustiger für solche klaine Kinder, die nur gern umblauffen und schertzen? Die Henn gibt ihm zur Antwort: willstu wissen warumb? Darumb thue ichs, damit ich sie beyzeiten abrichte, daß sie das Fliegen lehrnen, und sich in die Hoch auffschwingen könen, thut doch der hochverständige Adler, aller Vögel König, seine jungen auch also in ihrer Jugend zum Flug abrichten. Das gfallet mir wol, widersetzt der Fuchs, wann die Eltern sorgfältig seynd für ihre Kinder, und sie fein beyzeiten was lehmen, dann was man in der Jugend nit lehmet, das lehrnet man hernach im Alter nimmer. Weil du dann so sorgfältig bist und gern sihest, daß deine Junge etwas lehrnen, und sie, wie ich siehe, gar gelirnige Köpff haben, so rathe ich dir, daß du sie fein auch beyzeiten last in die Schuell gehen, damit sie Lesen und Schreiben lehrnen, dann wer waiß, wo sie etwann Heunt oder Morgen hinkommen, da ihnen solche Kunst sehr nutzlich und vonnöthen seyn möchte. Wanns dir gefällig, und willst sie zu mir in die Schuell schicken, so will ich allen Fleiß anwenden, daß sie beyzeiten den Druck lesen können, und in wenig Tagen gar außlehrnen, begehre auch darfür kein Schuell-Geld, oder grossen Lohn, sonder nur das allein, daß du mich hingegen auch etwas lehrnest, was ich nit kan, und welches mir sehr anständig und hoch vonnöthen wär. Was da, fragt die Henn, was begehrest du dann zu lehrnen von mir? das, antwortet der Fuchs, daß ich auch Ayr legen und fliegen kont, als wie du, dann wolte ich hernach ein Ayrtrager abgeben, so kont ich fein gschwind hin und wider kommen, und mich reichlich ernähren. Wann du nichts anders begehrest fürs Schull-Geld, so bin ich zufriden, spricht die Henn, dise zwey Stuck will ich dich schon lehmen, aber es wird lange Zeit dazu erfordert, sag mir nur, widerhollt der Fuchs, was ich thun soll, ich will alles gern thun, wann ich nur diese zwey Künstl ergreiffen konte. Wann du Ayr legen wullst, sagt die Henn, so mustu, ich sag dir vor hinein, ein halbs Jahr hinumb nichts essen als Ayrschallen, Heublumen, unter ein wenigen Taig vermischt, und zuweilen ein wenigen Habern, dann diß seynd lauter ringe Speisen, must dich hingegen enthalten von Fleisch und Fliglwerch, absonderlich von dem Hennen Fleisch, welches du mir bey deinem Ayd versprechen must, Ayr-Schallen und Heublumen will ich dir durch meine Jungen gnug zuschicken, wann sie in die Schull gehen, wann du nur das Ayr legen kanst, so will ich dich auch das Fliegen lehrnen, schau nur unterdessen, daß du zwey Fügen bekombst von einem Hiennl

Der Fuchs will Schulmeister werden — Fuchs und Kranich

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Geyer. Es bleibt darbey, sagt der Holtzvötter, ich will diß alles gern thun, nun so steig herab von Baum, damit wir die Händ einander geben und disen Pact nimmer umbstossen. Nein antwortet die Henn, hiemit bleiben wir da auff dem Baum, Morgen komb in aller Früh in mein Hauß, so will ich meinen Jungen zuvor ein Frühstück geben, ehe sie in die Schull gehen, und will dir zugleich auch ein Körbl voll neu gelegte Ayr mitgeben. Muste also der Fuchs mit hungerigen Bauch wider abziehen, und ist dißfahls von der Henn überlüstet, den andern Tag von dem Baurn, als er die Hiennl hat abhollen wollen, unter der Haußthür mit einem knopffeten Prigl empfangen und zu tod geschlagen worden.

88. D e r F u c h s l a d e t d e n K r a n i c h - V o g e l z u r M i 11 a g - S u p p e n e i n Der alte bekannte Hennen-Dieb, der verribne Fuchs, nachdem er einen guten Vorrath von jungen Heimeilen, Gänß und Aenten sambt anderen Schnabel-Bisslen zusammen geraubt, hat er ein lustiges Graßmahl und Panquet angestelt, auch neben anderen Gästen den Kranich-Vogl eingeladen, nicht zu dem Ende, ihne zu ehren, sonder zu beschimpften und den anderen Gästen ein Gelächter zumachen. Als derowegen der Kranichvogl mit seinem langen Schnabel ersthinen, sich mit anderen Thieren zur Tafel gesetzt, und die erste Speiß, die Suppen auffgetragen worden, auch andere Thier die Brüe auß der Schüssel mit der Zungen hinaußgeschlampt, der Kranich aber nicht daran wolte, weil ihn nemblich sein langer Schnabel verhinderte, spricht ihm der Fuchs zu, und spricht mit lächlenden Worten: nun wohlauff Herr Nachbar, warumb issest du nicht? laß dirs schmäcken, versuch es gleichwol, es wird schon was bessers hernach kommen. Der Kranich aber bedanckt sich und sagt, er habe kein Appetit zum essen, er sehe zwar wohl, daß diß ein gute Rieht seye, es wäre ihm aber heut bey der Nacht ein grosser Cathär gefallen, nichtsdestoweniger bedancke mich, sagt er, der freundlichen Einladung halber, und damit ich mich wider danckbar einstelle, bitte ich, der Herr Nachbauer wolle übermorgen, zu mir auff ein weniges Mittagmahl kommen. E y spricht der Fuchs, es ist dahin nicht angesehen, mache dir keine Unkosten wegen meiner. Es wird wenig Unkosten machen, widersetzet der Kranich, ich bitte, man wolle mir den Korb nicht geben, ich hoffe, alle die Gäste, so da beysamben seynd, und ich hiemit bittlich einlade, werden gewiß erscheinen. Nun, so sey es, spricht der Fuchs, weil du gern Ungelegenheit hast, so wollen wir halt kommen. Ist gut, die Kranich gehet alsbald hin, bereitet zu Hauß ein Glaß mit einem sehr langen engen Halß, nemblich ein Angster, und thut die beste Schlecker-Bissel in einer Suppen hinein legen auff den Boden deß Glaß, daß der Fuchs selbige mit seiner Goschen nicht erraichen, oder hinein konte. Als nun die Gäst erschinen, und dise gute Bißl in dem Angster-Glaß auffgetragen worden, da konte weder der Fuchs, noch andere Thier etwas darvon gemessen, als allein der Kranich und die 2 Storchen, die auch zu Tisch da waren, dise

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Andreas Strobl

langten mit ihrem langen Schnabel hinab in das enge Glaß, und assen eines nach dem andern herauß; der Holtz-Vötter muste sindlich zuschauen. Der Kranich spricht ihm zu, er solte auch zulangen, und etwas herauß nehmen, solte ihms schmecken lassen. Der Fuchs aber schüttlet die Achsel, sagend: ich habe heut einen Fasttag, bedanckt sich deß guten Willens, nichtsdestoweniger, wann du meiner alten Mutter woltest ein Bschaid-Essen schicken, so wird ihr und mir ein grosses Gefallen geschehen. Die Kranich aber stellte sich, als ob sie dise Wort nicht verstanden, derowegen der hungerige Fuchs voller Unmuth von der Tafel auffgestanden und mit lärem Magen hat abziehen müssen. Also ist List mit List bezahlt, und dem verschlagnen Fuchsen mit eben der Maß, mit welcher er der Kranich gemessen, wider außgemessen worden.

89. D e r S t o r c h z i e h e t d e m F u c h s e n ein B e i n aus dem R a c h e n Einsmahls, umb Martini-Zeit liesse der Winter seine Vorbotten, die rauhe Schneewind voran fliegen, welche so grossen Frost verursacht, daß die alte Weiber ihre Beltz wider herfür gesucht, sich über Halß und Kopff hinder den Ofen retirirt, und mit gebratenen Aepffeln gelabet. Deßgleichen haben sie auch ihre Henn in der warmen Stuben, in die Steigen eingeschlossen, daß also der Holtz-Vötter, weil er auf öffentlichen Feld und auch in Höltzeren kein Schnabl-Waid mehr angetroffen, und in grosse Hungersnoth gerathen, gezwungen worden, zu den Baumhäusern nähender hinzu zu gehen, in die Gänß- und Aenten-Ställ einzubrechen. Massen es ihme dann einsmahl gerathen, daß er umb Mitternacht, da die Leuth am besten schlüeffen, in ein Gänßstall kommen, ein gute gemäste Ganß herauß gerissen, geropfft und so begierig hinein gefressen, daß ihm ein Bain in dem Raachen stecken bliben, welches er, obwohl er sich äusserist bemühet, weder hinder sich, noch für sich bringen konte, derowegen gantz kleinmüthig hin und wider mausete, und ihm nichts anders einbildete als sein Untergang und letztes End. Unterdessen ersihet er von fern einen Storchen dort auff einem hohen Hauß-Tach sitzen, gehet derowegen hinzu, klagt ihm sein Noth, O mein lieber Freund, sagt er, ich kan nit unterlassen, die grosse Noth tringt mich, dich umb Hülff anzuruffen. Was da? fragt der Storch, was ist dir widerfahren? Ach, widerhollet der Fuchs, es ist mir halt unter dem Essen etwas im Halß stecken bliben, das kan ich nimmer weder herauff, noch hinab bringen, und muß letztlich daran ersticken, auch eines müheseeligen Todts sterben, wann du mir nicht zu Hülff kommest. Bitte dich derowegen auffs aller freundlichist, thue dodi diese Barmhertzigkeit an mir, dann du kanst es thun, du kanst mir das Bain herauß ziehen, weil du ein langen und künstlichen Schnabel hast, und also in meinen Hals weit hinein langen kanst, so wirst du das Bain gar leicht, ja vil leichter, als ein Balbierer mit seinem Instrument herauß ziehen, für welche

Fuchs und Storch — Die Schildbürger bauen ein Rathaus

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erzaigte Gutthat ich mich gegen dir auff ewig obligire u n d verbünde, begehre auch von mir, was du willst, alles, was ich in meinem Vermögen hab, das will ich dir geben, verlaß midi nur dißmal nicht etc. Ey, antwort der Storch, ist dem also? warumb frissest du so begierig hinein? Das ist die rechte Straff auff dich, der du nur immerzu von gestohlnem Gut und Raub lebest, weder Hennen, noch Aenten, noch Gänß seynd vor dir sicher, ja dessentwegen thue ich mein Nöst nur auff hohe Gebäu, auf Schlösser u n d Kirchen-Tächer pflantzen, wo du nit hin kanst, sonst wären auch meine Jungen nit sicher vor dir. Gehe nur fort, hast dir gut eingebrockt, so isse es gut auß, ich kan dir jetzt nicht helffen. O mein guldener Storch, replicirt der Fuchs, ach! Wann du mir nicht hilffst, so ists auß mit meinem Leben, er verspricht dem Storchen güldene Berg, und gibt so vil gute Wort auß, daß sich der mitleydige Storch letztlich über ihn erbarmet, fliegt herab und ziehet ihm das Bain herauß auß dem Hals, begehrt darauf den versprochnen Lohn, wenigist verhofft er, der Fuchs werde ihm zu Füssen fallen, u n d f ü r so grosse Gutthat Danck sagen. Der undanckbare Fuchs aber nimbt den Storchen bey der Mitt, beißt ihm den Kopff ab, und bringt ihn umbs Leben, der ihn vom Todt errettet hat. Ist das nit ein grosse Undanckbarkeit?

90. W a s d i e S c h i l t b ü r g e r o d e r L a p p - L ä n d e r für ein schönes R a t h - H a u ß e r b a u e t Was solte ich aber f ü r ein Oster-Märl erzehlen, da stehe ich an. Ich will E ( u e r ) L ( i e b ) und Andacht etliche närrische Stückel erzehlen, welche die Schiltbürger oder Lappländer, ein Volck in Mißnopotamia im Utopischen Reich begangen, und solche hernach zu geistlichem Verstand und Unterweisung ziehen. Dise Leuth giengen einsmahls zu Rath zusammen unter einem Linden-Baum, u n d beschlossen einhellig, zu Vergrösserung oder Erhöhung ihres Namens ein stattliches Rath-Hauß auffzubauen, und gleich den folgenden Tag den Anfang zu machen. Dieweilen aber Stein und Holtz mangleten, gedachten sie umb einen künstlichen Geiger oder Pfeiffer umbzusehen, welcher mit seinem lieblichen Pfeifflein Stein und Holtz zusammen lockete, da mit solche von selbst herzugehen, und ohne Handanlegung einiges Menschens, sich selbst ordentlich auffeinander richten thäten, und also der grosse Unkosten wegen der faullen Maurer und Zimmerleuth ersparret wurde. Weilen sie aber solchen künstlichen Orpheum oder Spillmann nach langem Nachsuchen nicht antreffen konten, gedachten sie miteinander insgemein Hand anzulegen und das Werde anzugreiffen. Ziehen derowegen miteinander in den Wald, das Bau-Holtz zu fällen: bringten auch Stein, Kalch und Sand zuwegen, fangen bald darauff an zu bauen, wie sie dann das Werck in kurtzer Zeit auffgeführet und unter das Tach gebracht. Als sie nun nach Vollendern Werck in diß ihr verfertigtes Rath-Hauß gangen, willens, das erstemahl darin Rath zu halten, da merckten sie erst, daß sie die Fenster darein zu machen vergessen, daß das Haus stock-

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Andreas Strobl

finster, also, daß einer den andern auß den weisen und großgünstigen Herren nicht sehen könte. Welches sie nit ein wenig verdrossen, kratzten sich derowegen im Haar und wüsten nicht, wie sie solchen Fähler und Mangel ersetzen, mithin machen könten, daß die Liechten in das Raths-Hauß käme, oder das Sonnen-Liecht hinein scheinete, und die Finstemuß vertribe. Thäten derowegen eins, und als die Sonn einest Nachmittag sehr hell und klar angefangen zu scheinen, liesse der Schultheiß die Trummel rühren, und allen Einsässen oder Bürgern der Statt Mesnopotamia bey hocher Straff auffbieten, ohne Verzug bey dem neuen Rath-Hauß zu erscheinen. Sihe! da kamen eylends daher geloffen Mann und Weib, Alt und Jung dem Rath-Hauß zu, an das Orth, wo die Sonn am besten hingeschinen, etliche mit kupffernen Keßlen, Schäffern, Häfen und Zubern, andere mit langen Säcken, Hessen die Sonn ein Weil darein scheinen biß auff den Boden, bunden hemach die Säck eylends zu, und überdeckten die Schäffer. Vil nammen gar Maußfallen mit Thürlen gemacht, Hessen die Sonn darein scheinen, thäten hernach das Thürl geschwind zu, und trugens hernach in aller Eyl in das Rath-Hauß, alldort thäten sie die Maußfallen wider auff, und die Säck aufflösen, daß die Sonn möchte herauß fahren, und das Rath-Hauß erleuchten. Aber alles umbsonst: das Rath-Hauß war darnach so finster, als zuvor. Wolten sie darin zu Rath sitzen, so musten sie allzeit ein Liecht anzünden, ihre Torrheit besser zu sehen. Bald darnach hat es sich zugetragen, daß Ihr Kayserl. Majestät alldort vorüber reysete, als solches die weise und vorsichtige Herren auß Meßnopotamia vernommen, gedachten sie Denselben ihrer Schuldigkeit gemäß, höfflich zu empfangen, und in ihrem neuen Rat-Hauß, welches seiner Kayserl. Majestät nicht übel gefallen werde, mit einem herrlichen Panquet zu tractiren. Wolt ihr aber wissen, welches in diser Mahlzeit die vornehmste Speiß gewesen? Antwort: ein gute Schüssel voll Butter-Milch, in welche sie zweyerley Brocken, nemblich Semmel und schwartzes Brodt eingebrocket. Die weisse kehrten für den Kayser, die schwartze für den Schultheiß, und die weißgünstige Herren, so mit dem Kayser zu Tisch sassen. Unter währendem Essen begab es sich, daß, indem sie also miteinander in die Schüssel fahreten, daß einer auß den Schiltburgern einen weissen Brocken auff seinem Löffel ertappet und ins Maul geschoben. Als solches ein anderer wahrgenommen, schlug er ihn alsbald mit seinem Löffel auff die Hand und schier gar ins Angesicht, sagend: O du Grobianus, solst du dem Kayser seine Brocken nehmen? das heist das Brodt vor dem Maul abschneiden, was gilts, was gilts, es wird dir nicht Rosen tragen; der erschricket darüber, weilen er aber den Brocken noch nicht hinunter geschlunden, sondern noch im Maul hatte, namme er ihn widerumb herauß, warff denselben widerumb in die Schüssel, sagend: Sö hin, da hast du ihn wider: der ander nicht faul, namme die Putz-Schär von dem Leichter, und laitete darmit den weissen Brocken vor deß Kaysers Orth. Der Kayser aber wischet seinen Löffel, stunde von der Tafel auff, und liesse die weise Herren gleichwol miteinander die stattliche Mahlzeit vollenden.

Die Schildbürger wollen einen dürren Baum wässern

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91. G e w i s s e N a c h b a r s - L e u t h g e h e n z u R a t h , w i e s i e einem grossen Aychbaum widerum auffhelfen sollen E h e daß ich von dem Frid und Unfrid anfange zu reden, muß ich E ( u e r ) L ( i e b ) und Andacht ein kurtzes Oster-Märl erzehlen. Es haben sich auff ein Zeit ihrer etliche Nachbaurn hinauß begeben in ein Gehöltz, oder Wald, alldort den Augenschein einzunehmen über einen grossen und hohen Aychbaum, welcher ihnen sambtlich oder insgemein zuständig und sehr fruchtbar gewesen, nun aber allgemach anfienge zu verdorren, und kein Frucht mehr zu bringen. In deme sie nun denselben besichtiget, fanden sie, daß er von oben an, an dem Gipffei seine Blätter verlohre, und außdorrete. Giengen derowegen zu Rath, wie allem weiterem Übel vorzukommen, und dem Baum auffzuhelffen, daß er wider anfienge zu grünen und Frucht zu tragen. Kommen auch in dem Übereins, man solle ihn gutting mit Wasser begiessen, damit er genug Feuchtigkeit hätte. Doch stunden sie an, wo man das Wasser zugiessen soll, bey der Wurtzel oder auff dem Gipffei? Etliche waren der Meynung, man soll die Wurtzel wol begiessen, damit sie safftig werde: andere aber sagten, diß seye weit gefählt, man müsse den Baum obenher an demselben Orth begiessen, wo er anfange zu dorren, nemblich am Gipffei, dann dort seye es am besten vonnöthen, gleichwie ein Artzt oder Balbierer dem Krancken das Pflaster aufleget, wo er den grösten Schmertzen empfindet. Dise Meynung gefielle den anderen auch. Haben derowegen einhellig beschlossen, man solle alsobald Wasser herbringen, solches ins Werde zu richten. Aber hoc opus, hic labor est, sie stehen auff ein neues an, und kratzen sich am Kopff, weil sie nicht wüsten, wie sie das Wasser sollen auff den Baum hinauff bringen? An einem Zug oder Sail hinauff ziehen, war nit rathsamb, möchte bald der Gipffei, so ohne das schon dürr, gar abbrechen. An einer Laiter hinauff steigen, wär am füglichsten, kondten aber kein so hohe bekommen, so gar hinauff langet. Thäten derowegen eines, sie stigen einer dem andern auf die Achseln, und hielten einander die Füß, so lang und vil, biß letztlichen einer gar zu höchst hinauff kommen, und den Gipffei deß Baums hat erreichen können, disem reichten sie etliche Krüg voll Wasser hinauff, den Baum darmit zu begiessen. Sehet aber, da er mit dem dritten Krug Wasser den Baum wolte zu trincken geben, da bricht urplötzlich der Ast, warauff er sich mit dem lincken Armb angelainet, wurtz ab, er fallet herab, und schlaget denjenigen, so ihn gehalten, auch herab, und also einer den andern, burtzlen also miteinander von dem Baum herunter. Da ligen sie untereinander, wie die Aepffel, so von dem Aepffel-Baum abgeschütt worden, und kuglen untereinander, doch ohne Schaden. Allein diß, daß sie sich mit den Füssen also verwiddet, als sie von der Erden widerumb aufstehen wolten, haben sie ihre eigene F ü ß nimmer von einander unterscheiden, vil weniger erkennen können. Dahero unter ihnen ein grosser Streit und Zwytracht entstanden, in dem einer deß andern F ü ß hat angesprochen, für die seinige angesehen und haben wollen. Ja sie kamen so starck aneinander, daß es gar zu Streichen 15

Moser-Rath

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Andreas Strobl

kommen, vil verwundt, und mit blutigen Köpffen dort lagen auff der Erden. Zu allem Glück ist ungefähr ein reisender Wanders-Mann darzu kommen, diser als er diesen närrischen Streitt vernommen, gehet er hinzu, redet sie an, wolt ihr, spricht er, daß ich ein Vergleich mache, und einem jeden seine Füß zustelle? ja, ja, sagen sie, das war unser Verlangen. Er nicht faul, schlaget mit seinem bey sich tragenden knopffeten Stecken mitten darein, wie die Trescher mit ihren Trischlen ins Korn, und trifft einen an Fuß, gleich auff das Schinbein, daß er vor Schmertzen auffgeschryen: Auweh! Auweh! Ach! Ach mein Fuß! dem der Wanders-Mann alsbald geantwortet: Freund diser Fuß ist dein, nimb ihn zu dir, stehe auf, und lauff damit davon. Nachdem diser auffgestanden, schlagt er widerumb mit seinem Stecken darunter, trifft abermahl ein anderen an Fuß, gleich ans Knöpffei, der meldt sich auch geschwind, Ach Mordio! mein Fuß. Diser Fuß gehört dir zu, spricht der Frembdling, nimb ihn zu dir, stehe auff, und gehe hin im Friden. Also und auff dise Weiß hat er es auch mit den übrigen gemacht, daß nach und nach ein jeder seine Füß erkennt, mithin aller Streit und Uneinigkeit auffgehebt worden.

92. Z u M e s n o p o t a m i a z u N a r r e n h a u s e n w i r d ein Krebs für ein Basilisk, ein F u h r m a n n , ein S c h n e i d e r - B ü r s c h l angesehen In Mesnopotamia hinter Calecut ligt ein kleines Märcktlein, mit Namen Narren-Hausen. Dort trüge ein Fischer in einer Zistl etliche grosse Krebsen vorbey, solche einem gewissen Edelmann, so draussen 3 Stund von disem Marckt in einem schönen Schloß wohnte, zu bringen. Im durchgehen aber kröche ihm ohngefähr einer auß den grösten Krebsen herauß, und fielle auff die Erden, gienge also die gantze Nacht in der Finster umb. Deß andern Tags, als ihn einer auß den Burgern ersehen, ist er dermassen darüber erschrocken, daß er an Händ und Füß zitierend, alsbald der Obrigkeit zugeloffen und angezeigt, was massen er dort auff dem Platz ein seltzambes und abscheuliches Thier mit vilen Füssen angetroffen, unwissend, wo solches müsse herkommen seyn. Der Schultes oder Marckt-Richter säumet sich nicht, machet sich sambt den Aeltesten selbigen Orths auff, den Augenschein einzunehmen, und diß frembde Thier zu besichtigen. Sie sehen und nehmen wahr, daß dasselbe sehr vil Füß hätte, hinder sich und für sich gehen kunte, mit den Augen dickisch hinschauete, vornher 2 runde und lange Schnierl, auff rechter und lincker Seyten 2 spitzige Schäm hätte. Erschracken dermassen darob (weilen sie dergleichen vormahls nie gesehen) daß sie gar die Sturm-Glocken angeschlagen und die gantze Gemain zusammen beruffen, über dises Abentheuer zu berathschlagen. Da kamen verschidene Mainungen herauß. Etliche vermainten, es wäre ein vergiffter Basilisck. Andere sagten, es wäre ein Art der Meer-Hirschen, weilen er Hörner hat. Einer, der sich gar gescheid zu seyn gedunckte, tröstet sie, sagend, man habe sich vor disem nichts zu förchten, es seye kein vergifftoder wildes Thier, sondern entweders ein Fuhrmann oder ein Sailer, weilen er

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Die Schildbürger und der Krebs

2 Sdinierl oder Geißlen bey sich habe: Dann gleichwie der Schmidt den Hammer, der Zimmermann die Hacken, der Schreiber die Feder, also trage diser auch die Schnierl oder Striekel bey sich. Letztlich tritt einer mit einem langen eyßgrauen Bart herfür, nein, sagt er, ihr Herrn, ich kan euchs wol sagen, diß ist niemand anderer, als ein verloffenes Schneider-Bürschl, weilen er die Schäm mit sich tragt, und allem Ansehen nach, muß er seiner Kunst wol erfahren seyn. Dise Mainung gefielle den anderen allen. Beschlossen derowegen, das Probstudc zu nehmen, und legten ihm ein gantzes Stuck deß besten Engeländischen Tuchs vor, setzten disen frembden Schneider-Knecht darauff, und wo derselbe hingekrochen, oder seine Schären gewendet, da muste ihm einer auß ihren besten Meisteren mit seiner Schär nachschneiden, der gäntzlichen Hoffnung, hiervon ein schönes Maisterstuck zuzuschneiden, und mit solchem rären Kleyd ihren Fürsten zu Calecut zu regaliren. Es spitzten sich auch schon etliche witzige Burgers-Töchter darauff, nemblich, wann dieses Maisterstuck gerathe, sie ihnen alsdann auch die schönste Mietter, Röck, und Mody-Wammeser anfrimmen wolten. Aber das Kleyd ist dermassen zerschnitten, das Tuch verpitzlet worden, daß sie die Stuck zu nichts anders mehr, als zu Strimpff dopplen gebrauchen kunten. Weilen sie nun gesehen und gnugsamb erfahren, daß sie in ihrer Mainung betrogen, und diß kein Schneider seyn muste, raffet einer auß den Umbstehenden seinen Sohn, welcher weit und breit herumb, auff zwey Meyl Weegs die Länder passiret, vil gesehen und erfahren in anderthalb Jahren. Komme her, sagt er, Antoni, schaue, was sagst du zu disem Thier? Ja, sagt er, was wolt ich sagen, ich sage und halte darfür, es seye der Anti-Christ, von dem man so vil sagt, und prediget, daß er die Leuth so jämmerlich betrügt und verführet. Disem aber widersetzet sich ein anderer, mit nichten, sagt er, ist es der AntiChrist: Ich halte darfür, es seye sonst ein Gespenst, von dem man sich wol zu hüten hat. Derowegen der beste Rath, daß man solches alsbald auß dem Weeg räume, und lebendig verbrenne. Derne sie auch fleissig nachkommen, haben derowegen ein grosses Feuer auffgemacht und den Krebsen darein geworffen, zu Staub und Aschen verbrennet. Also sehet, hat das unschuldige Thier umb sein Leben kommen und den Todt außstehen müssen.

93. D i e N a r r e n v o n A r c a d i a l a s s e n B e u t e 1 s c hn ei d e r l a u f f e n

einen

In der Landschaft Arcadia, wo die Narren ausgebachen werden und aller unverständigen Eseln Stammhauß ist, ligt eine Stadt mit Namen Heptapylos, weilen es sieben Porten oder Stadt Thor hat, und von sieben unweisen Meistern oder Rathsherrn regiert wird. Alldort ist auf eine Zeit ein Ubelthäter einkommen, ein s v ( e n i a ) ausgemachter, abgeführter, arglistiger Dieb oder Beutelschneider, mit Namen Argus, in Holland gebürtig, welcher mit seiner Arglistigkeit und Diebs-Kunst alle andere übertroffen, und seinesgleichen weit und breit nicht gehabt hat. Dieser, nachdem er viel Geld und Gut entfrembdet, 15®

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Andreas Strobl

auch so gar das Vieh aus den Ställen bey nächtlicher Weil hinweg getrieben, ist er letztlich (wie dann alles nur auf eine Weil hingehet und Gott in die Läng nicht mehr zusihet) ertappt, ergriffen und eingezogen, an Händ und Füssen angeschmidt worden. Bald darauff wird er vor Gericht gestellt, auf die strenge Frag geführt, und grausam gereckt, auszusagen, was er allenthalben für Angriff und Diebstähl begangen, deren er so viel und mannichfaltig gewürckt, daß ers nicht gar alle zehlen oder außsprechen könte; thäte also nur überhaubt erzehlen, was er gethan, und spricht: Alles, was ich nur mit Augen gesehen, mit den Fingern erlangen, mit den Händen ertappen, auf dem Rücken tragen können, das hab ich mit mir gehen lassen, das hab ich gestohlen und geraubt, ist mir auch nichts weder zu klein, noch zu groß, nichts zu wenig oder zu viel, nichts zu köstlich oder zu schön gewesen. Auf diese Aussag gehen die sieben Herrn zu Rath, was sie mit diesem Dieb anfangen sollten? was er für ein Urtheil verdient und für einen Tod verwürcket habe? Die Umfrag geht herumb: Der Erste und vornehmste unter ihnen gibt sein sentiment oder Meynung und sagt: An Galgen mit ihm, er hat nichts bessers verdient, dann dem gemeinen Sprichwort nach: Latronum finis, funis. Mors ultima merces. Furca capit fures, hinc puto, nomen habet. At multi evasere? dabit DEUS his quoque funem Rarus funesto für sine fune perit. So wenig last der Hund sein Belln, So wenig last der Dieb sein Stehln. Aber was ist sein Lohn einsmahls? Was anders? dann ein Strick an Hals. Wann er schon kommt davon einmahl, Wird er doch g'henckt ein andermahl. Dann wer an Galgen g'hört hinan, Derselb nicht leicht ertrincken kan.

Fort derowegen mit ihm, und nur fein bald. Dieser Meynung stimmen auch die andere sechs Herrn mit bey, es bleibt darbey, er soll auffgehenckt und in 3 Rammen eingefasst werden, weilen er so arglistig und vielfältige Diebstähl begangen hat. Der Bannrichter bricht den Stab über ihn, der arme Argus wird zum Tod hinaus geführt. Unterdessen ist der Scharffrichter mit seinen Knechten schon zuvor hinaus geritten, haben den Richtplatz zugericht, die Laiter angelaint, den Strick bereitet und mit Verlangen auf den ankommenden Gast gewartet. W i e diesem Ubelthäter zu Gemüth gewesen seye, kan ein jeder leicht erachten, dann in Betrachtung des schon herbey nahenden Tods, thät er nichts als seufftzen, weinen und heulen, er sähe einem todten Menschen viel gleicher als einem lebendigen. Vor ihm und neben ihm und hinter ihm lieffe daher ein grosse Menge Volcks, wie es zu geschehen pflegt, diesem traurigen Spectacul zuzusehen. Es trösteten ihn zwar die Herrn Geistliche, so ihn begleitet haben, bester massen, und sprachen ihm zu, daß er nunmehr zwar dem zeitlichen Tod zugehe, beynebens aber auch dem ewigen Leben zureise, wann er sich nur mit

Die Narren von Arcadia lassen einen Dieb

laufen

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willig und aufrichtiger Meynung in den Willen Gottes ergebe, so könne er anjetzo für die zergängliche und eitle Freuden dieser Welt die ewige Glückseeligkeit im Himmel einhandeln. Sie konten aber seine Traurigkeit nicht vertreiben, er weinte so bitterlich, daß ein Zeher den andern schlüge: und wanns an seiner Wahl gelegen gewesen wäre, wünschte er noch länger die Welt zu gemessen, als durch den schmählichen Tod der Ewigkeit zuzureisen. Man käme nun allbereit zu dem Richtplatz und grausamlichen Galgen, welcher sehr unweißlich, nemlich gantz nahend bey den Traidfeldern aufgerichtet stunde, und wäre damahlen gleich das Monat Junii, in welchem Korn und Waitz beginnen gelb und zeitig zu werden. Der unglückseelige Argus stiege die Laiter an, voller Zittern und Schrecken, und käme allgemach auf den letzten Sprissel, da fiel ihm erst recht die Tods-Forcht an, die Knye schlugen zusammen, die Augen brachen ein, ja er konte vor lauter Betrübnuß kaum den Mund mehr aufthun, doch nähme er noch Urlaub von der Welt und schauete den Himmel an. Der Scharffrichter legt ihm den Strick um den Hals und war das nächste, daß er ihn von der Laiter hinaus schützte und erhenckte. Sehet! da ward erst ein rechter Zulauff und Gedräng vom Volck, jung und alt, groß und klein, Mann und Weib, lauffeten zu, mitten durch das Getraid, ein jedes wolte das erste seyn, verwirreten also die aufstehende Aeher, zertretten das liebe Getraid, Kom und Waitzen, so schon allbereit zeitig waren zum Schnitt. Als solches der Stadt-Magistrat, die sieben gesamte Herren mit Augen angesehen, schreyet einer aus denselben auf und redet den Hencker an: Halt inn, halt inn! Sie wincken, sie deuten, sie schaffen den Leuten, seyd still, merckt auf! Als nun alles still worden, da fangt jener aus den 7 Rathsherrn an zu reden und gehet mit den andern seinen Mitverwandten zu Rath: Ihr Herrn, spricht er, was gedunckt euch, was ist anheut zu thun? ein schwere Sach! Ihr sehet, wie das liebe Getraid von dem zulauffenden Pöfel zertretten und verwüstet wird, was sollen wir dann anfangen? Sollen wir mit dem Prozeß verfahren oder nicht? Sollen wir dem Ubelthäter sein Recht anthun, und aufknüpffen lassen oder nit? Dann, lassen wir ihn wieder loß, so sündigen wir wider die heilige Gerechtigkeit: lassen wir ihn aber nicht loß, sondern über die Laiter hinauswerffen, so sündigen wir wider die Ehrenbietigkeit gegen dem liebseeligen Brod und liebe Feldfrüchten, so von dem zulauffenden Volck mit Füssen zertretten und verderbt werden. Und wird hierdurch dieser eintzige Dieb mit seinem Tod viel tausend Menschen tödten. Dann wan die Feldfrüchten also zu Grund gehen, so wird ohnfehlbar ein grosse Hungers-Noth auskommen, nach Hunger folgt die Pest und viel andere grosse Übel mehr. Was ist dann in dieser Sach zu thun? Da schauen die sieben Herrn einer den andern an, kratzen im Haar, wissen nicht, was sie sollen darauf antworten? Letztlichen steht einer unter ihnen auf, mir, spricht er, ist ein überaus guter Anschlag eingefallen. Was da? fragen die andern, das nemlichen, es soll auch solches in keine Vergessenheit gestellet, sondern in Cederholtz und Marmelstein auf ewige Zeiten eingeschrieben werden, merckt derowegen auf, das ist mein Gutachten: Weilen die Gelehrte sagen, aus zweyen Übeln soll man allzeit

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Andreas Strobl

das kleinere erwählen, wo man alle beyde nicht vermeyden kan, so ist demnach mein hodiweises Gutachten, man soll diesen Ubelthäter für dißmahl das Leben nicht nehmen, damit das Getrayd nicht zertretten werde, und andere grosse Übel daraus entstehen, sondern man solle ihm den Strick vom Hals wider ablösen, ihn loß und ledig wieder in sein Vatterland hinreisen und so lang Lufft lassen, biß daß die Erndzeit vorüber, das Getrayd und andere Feldfrüchten eingefext seynd, alsdann soll er sich wieder allda einstellen. Unterdessen solle ihm die lincke Hand zu einem Kennzeichen auf den Rucken gebunden, die recht aber loß gelassen werden, und damit er disen Pact unverbrüchlich halte, soll er vorher die Finger aufrecken, ein leiblichen Eyd ablegen, und sich verbinden, daß er auf vorgesetzten termin sich wieder allda einstellen und in unsere Stadt verfügen wolle. Die andere Herrn, als sie solchen Anschlag angehört, verwunderten sich über die grosse Weißheit, stehen derowegen auf, loben und gratuliren diesem ihren Rathsverwandten wegen seiner Klugheit, reiffen Verstand und spitzfindigen Anschlag. O! sagen sie, das ist ein trefflich guter Rath, kein besseren Ausspruch konte der weise Cato, ja der Apollo selbst nicht geben: Es bleibt darbey, das soll geschehen. Derowegen befehlen sie, der Scharffrichter soll ihm den Strick alsbald wieder ablösen und die rechte Hand loß lassen, es geschieht. Argus steigt wieder von der Laiter herunter, stellt sich für den Bannrichter, er haltet ihm erstlich für die Ursach seiner Entlassung, und spricht: weilen anietzo die Emdzeit vorhanden, damit das liebe Getraid nicht verderbt, und mit Füssen zertretten werde, ist man gedacht, dich auf eine gewisse Zeit loß zu lassen, doch aber mit diesem Geding, daß du dich auf den gesetzten termin wieder stellest. Willst du es thun? Ja, von Hertzen gern. So mustu die Finger aufrecken, und ein E y d darauf thun, daß du wieder kommen willst. Das will ich thun. So sprich mir nach, sagt der Bannrichter, der Dieb recket die Finger auf und spricht ihm nach: Ich, ich, versprich, versprich, und verbind mich, und verbind mich, mit einem leiblichen Eyd, mit einem leiblichen Eyd, daß ich, daß ich, so bald die Feldfrüchten, so bald die Feldfrüchten, eingebracht worden, eingebracht worden, mich wieder da stellen, mich wieder da stellen, und in die Stadt kommen will, und in die Stadt kommen will. Nachdem nun Argus wieder entlassen worden, gehen die Herren und der zugeloffne Pöfel des Volcks wieder nach Hauß, der Dieb aber eilet dem nechsten Wald zu. Bald darnach gehet der Kornschnitt an, Korn und Waitzen, Haber und Gersten, alles wird abgeschnitten oder gemähet, Felder und Aecker stehen nun leer, und wäre nichts mehr da zu sehen, als der hohe Galgen und der daran hangende Kragen oder Strick, so Tag und Nacht auf den verreisten Gast wartete, welches der arglistige Argus wol in acht genommen, er wolte aber lieber mit blossen Hals umgehen, als ein so rauhes Halßband aufsetzen. Doch wolte er des getroffnen Pacts und Versprechens nicht gar vergessen, thut derowegen eins und gehet um Mitternacht hin für die Stadt, siehet das Thor gesperrt, die Brucken, so über den Wassergraben war, aufgezogen, und daß also niemand hinein könne. Das ist gut für mich, denckt er, ich begehr

Eine Bäuerin baut

Luftschlösser

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mich nicht hinein. Er schreyt doch von weitem: macht auf, er wirfft mit Steinen an die Brucken, wecket die Wächter auf, man sollt ihn einlassen. Sie fragen, wer da? wer er sey, von wannen er komme? was er wolle? Er antwortet, ich hab bey euren vorgesetzten Herrn und Stadt-Magistrat etwas abzulegen, dann ich bin neulich in gewissen Geschafften halber verschickt worden, und seither, als ein Abgesandter, da und dort herumb gereist, jetzt komm ich wieder zuruck, die Post abzulegen, macht derowegen geschwind auf, ich muß hinein. Die Wacht schreyet hingegen, heut ists schon zu spat, komm morgen, heut macht man nimmer auf. Ey, sagt Argus hinwieder, zu gnädigen Geschafften ists niemahl zu spat, macht auf, ich muß hinein. Du must wol ein Narr seyn, spricht die Wacht, komm morgen, so wirstu eingelassen. Heut will ichs haben, replicirt der Dieb, morgen wär ich ein Narr, wann ich hinein gieng. Wer bistu dann? wie heistu? Wie ich heiß? Ich wills kürtzlich sagen, ich bin halt der Argus, der Ubelthäter, der neulich vom Galgen herabgelassen und auf gewisse Condition, mich wieder da zu stellen, bin entlassen worden. Nun komme ich meinem Versprechen nach und bezahle, was ich schuldig bin, weil ihr mich aber nicht einlasset, so bin ich meiner Schuld entbunden. Gott siehts, Gott weiß, daß ihr mich nicht habt eingelassen. Als solches die Wacht vernommen, schryen sie, wart, wart nun ein kleines wenig, wir wollen gleich aufmachen und dich herein lassen. Aber der arglistige Argus wolte das Aufsperren nicht erwarten, eilet alsbald wieder davon, macht sich aus dem Staub, und lauffet dem Hochgericht zu, hefftet alldort an den Galgen ein Zettele an, worinnen diese Wort geschrieben waren: Dem Hochweisen Rath zu Heptapylos, schreibt diese wenige Wort, der noch weisere Argus. Uberleget solche fein wol, und behaltets in eurer Gedächtnuß ihr unweise Herren. Es seynd nun drey Monat verflossen, da ich an Händ und Füssen gebunden, bey Euch in Verhafft gelegen, ich hätt auch schon längst am Galgen hencken müssen, aber ihr meine Herren habt mich verschont und auff ein gewissen termin wider allhero zu kommen befohlen, das hab ich auch gethan, wie ich versprochen, so bald das Kom und Waitzen abgeschnitten waren, bin ich wieder daher kommen, hab in die Stadt gehen und in die Gefängnuß mich einstellen wollen, so hat man mich aber nicht eingelassen, ja noch darzu mit schlimmen Worten fortgeschickt. Für welches ich tausendfältigen Danck sage, an statt meiner aber, laß ich diß Brieflein, euch zu Schand und Spott, allda hencken, mit diesem Zusatz, daß anheuer zwar alle Früchten als Kom, Waitz, H a b e m und Gersten, Arbeis und Bohnen, Brem und Linset zeitig worden, allein der Hanff ist nicht zeitig worden, daraus ein Strick für meinen Hals wär gemacht worden. Lebt wohl. 94. E i n B ä u r i n m a c h t i h r s e l b s t g r o s s e H o f f n u n g , in dem sie Ayr gen M a r c k t g e t r a g e n Eine arme Tröpffin hatte 2 Hennen, welche ihr die Wochen hindurch etliche Ayr gelegt, hernach legt sie solche zusammen in ein Kerbl, tragts in die Stadt

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Andreas Strobl

zu verkauffen. Auff dem Weeg macht sie ihr verschiedene gute Gedancken und schöne Concept, ein reiche Bäurin zu werden, sprach derowegen bey ihr selbsten: Nun Gott lob, so hab ich jetzt ein gutes Kerbl voll Ayr, will schawen, daß ichs verkauffe, und umb diß Geld will ich mir mehrer Hennen kauffen, so legen sie mir ein gantzen Hauffen Ayr, und kan zugleich auch junge Hiendl ziehen, laß solche auffwachsen, damit ich noch mehr Hennen bekomme, lege etlichen die Ayr unter, damit ich viel junge Hiendl zusammen bringe; hernach verkauff ich etliche von der Schaar und kauff mir umb diß Geld ein Gaiß, die gibt mir alle Tag Milch, das Milch-Geld will ich zusammen spahren, und hernach die Gaiß verkauffen, und umb diß alles ein Kuh kauffen; die Kuh gibt mir noch mehr Milch, und bringt mir alle Jahr ein junges Kalb. Das Kalb thue ich wider verkauffen, und umb das Milch-Geld kauff ich mehrer Kühe, jede Kuh bringt mir alle Jahr ein Kälblein, hab auch die tägliche Milch von diesen Kühen. Also will ich allezeit Kälber und Milch verkauffen, so lang und viel, biß ich ein gantze Senden, so von 24 guten Kühen besteht, nach und nach erwerben thue. Demnach verkauff ich von den 24 Kühen alle biß auff vier und umb diß Geld kauff ich mir einen kleinen Baurenhoff, denselben kan ich ein Zeit nutzen, grossen Gewinn davon haben, und mit der Zeit wider verkauffen, und tracht mir umb ein grossen Bauren-Hoff, halte Knecht und Mägd darauff, setz mich zu Ruhe, unnd laß mir wol seyn. Nach deme sie nun alle Consequenzen nacheinander gemacht, und alles glüddich abzugehen ihr eingebildet, sagt sie zu der letzt: Also hab ich Aecker und Wisen, ein schönen Hoff und alles, konte sich vor Frewden nicht enthalten, thut ein Sprung in die Höhe und schreyt: Ju Hey! So bin ich ein reiche Bäurin, und schwinget zugleich das Kerbl voll Ayr umb den Kopff herumb, weilen aber der Sprung gar zu hoch und ungeschickt gewesen, sprungen ihr die Ayr, so sie gen Marckt tragen wolt, alle miteinander auß dem Kerbl herauß, und fielen zu Boden, da lag ihr gantzer Reichthumb, Aecker und Wisen, der schöne Hoff und Bauren-Gut vor ihren Füssen beysammen.

95. E i n e i n f ä l l t i g e s H a u ß - Z w e r g e l e w i r d von s e i n e m H e r r n mit einem K ö r b e l voll F e i g e n zu e i n e m g u t e n F r e u n d g e s c h i c k t Ein Hauß-Knechtl oder Hauß-Läppel, Simplicissimus genannt, wäre ein kleines Zwergl, schier so dick als lang, buckelt, an beyden Füssen kräschindcend, wacklete daher wie die Aendten, an beyden Augen schilchend, hatte beynebens ein stammlende Zung, gigitzte mit der Stimm, bald zwickte und schlickete er die Wort hinab: bald zöge ers schier Ellen lang hinauß, und konts nicht herauß bringen. Wie jener Bader, der Maister Hannß genannt, zu disem käme einsmahls ein Student, der ebenfahls mit der Sprach stammlete, redt ihn an, sagend: Mai-Mais-Maister Hannß, ich ließ mich gern Ba-ba-baba-butzen. Der Bader vermeint, der Studios spotte seiner, suchte umb, umb einen Carbätsch, oder Besen-Still, wa-wa-wart ein klein wenig, ich will dich

Ein närrischer Bote nascht Feigen

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gern Ba-ba-ba-ba-ba-ba-ba-butzen. Der Student aber wolte und verlangte solches Scherr-Messer nicht, eylte zur Stuben-Thür hinauß und machete sich davon. Dergleichen stacklete Zung hatte auch diß Zwergl, und wäre sonst gantz einfälltig und angebrennt, mit einem Wort, ein gar possierliches Närrl. Dises schickte sein Herr einsmahls mit einem Kerbl voll frischer Feigen hin zu einem seinem guten Freund, sambt einem Brieff in welchem da begriffen war die Anzahl der überschickten Früchten. Auf dem Weeg sticht ihm der Vorwitz, er möchte wol wissen, was in disem Körbl wär. E r thuts auf, guckt hinein, sihet erstlich die grüne Blätter, darnach auch die Däschl oder Feigen herfür glantzen. Was ist das? denckt er bey ihm selbst (dann er hatte zuvor sein Lebenlang dergleichen nit gesehn) mein, was muß doch in disen kleinen Beutelen verschlossen seyn? E r thut eine auß den Feigen nehmen, ziechts in der Mitt voneinander, nimbts ins Maul und kosts. Potz alle Karten! denckt er, wie gut, wie süß seynd dise Zucker-Beutele! Ach, es wässeren ihm halt die Zähn darnach, er möchte das gantze Körbl voll außessen, er reibet die Achselen, er thäte gern noch einen Griff in das Körbl, aber er förcht, er förcht, der Brieff, so dort bey den Feigen gelegen, der möchte ihn verrathen. E r wagts doch letztlich, nimbt noch ein, sdiilchet zugleich den Brieff an und legts widerumb hinein, nimbts wider herauß, der Lust und Gust ist so groß, er konte sich nicht enthalten, noch eine zu essen. E r nimbt auch die dritte, die vierdte, die fünffte. J a je mehr er asse, destomehr locket ihn der Fraß, Brieff hin, Brieff her, er nimbt alle beyde Händ, und klaubet ins Maul hinein, was geist was hast, schiebt so vil hinein, biß er gnug hatte. Schliest hernach das Körbl wider zu und tragts an gehöriges Orth, nemblich zu einem Edelmann, wohin es sein Herr befolchen hatte. Der, so bald er das Körbl eröffnet, und gesehen, daß solches zimblich lär, hingegen auß dem Schreiben vernommen, daß selbiges voll und drey hundert Feigen darinnen enthalten seynd, was ist das? sagt er, mein Simplicissime, wo seynd die andere Feigen hinkommen? wer hat dirs erlaubet den Zehend davon zu nehmen? du hast es zimlicher massen geleutert? was? I-I-Ich davon ge-ge-gessen haben? Ja, ja, sagt der Edelmann, du hast so und so vil davon ins Maul geschoben, thue es nur nicht laugnen. Wer I-I-Ich? we-we-wer sagts? der Brieff sagts, der Brieff hat dich verrathen. Der Brieff? kan er doch nit reden, und hat keine Augen, und solt mich gesehen haben? Ja, ja, der Brieff hat dich gesehen, spricht der Edelmann, und konte sich deß Lachens kaum enthalten. Schickt ihm hernach mit lärem Korb wider zuruck, mit einem Danck-Schreiben zu seinem Herrn, für das geschickte Praesent, und gute Affection, doch mit kurtzem Bericht, daß das Körbl zimblich lär gewesen, und von dem Zwergl visitiret worden, auch wie sich derselbe verantwortet habe. Der Herr dissimulirt es, last sich nichts mercken, und schicket ihn über etliche Täg mit einem anderen Körbel voll Feigen dahin zu dem vorigen Edelmann, sambt einem Schreiben, und tragt dem Zwergl ernstlich auff, er soll alles fleissig überlifferen und bey Leib nichts davon essen. Was geschidit? kaum als er auff halben Weeg kommen, da sticht ihn widerumb der Lust Feigen zu essen. Er schauet hinumb, und herumb,

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Andreas Strobl

er schauet auffwerts und abwerts, ob niemand zugegen? E r wisdiete gern über das Körbl, und trauete sich doch nicht, auß Forcht, er möchte verrathen werden. E r guckt wol 30mahl hinein, und wolt einen Griff thun, ziehet doch die Hand allzeit wider zurudc. Es stechen ihn aber die zuckersüsse Beutele so mächtig in die Augen, er denckt auff die gute Schlecker-Bißl, die er neulich genossen, er hupffet vor Freuden, und kratzet die Händ, er vermeint, er esse schon daran, aber der Brieff, so dabey lag, der machet ihm nit wenig angst, er denckt zuruck, was er deßwegen so grosse Gefahr außgestanden, er förchtet widerumb verrathen zu werden. Wüste derowegen nit, was er solt anfangen, hatte Freud und Leyd miteinander. Letztlich fallt ihm ein und denckt, ha, ha, ich will dem Häckel schon einen Still finden, ich will eins thun, will den Brieff verbergen, und unter einen Stein legen, daß er mich nicht sihet, also kan ich mir den Bauch voll Feigen anessen, isset und schlicket die Feigen, als wann er Kerschen essen thäte, die rechte und lincke Hand stritten miteinander, welche ehender zum Maul käme: wäre doch darbey gantz Mäußl still, daß ihn der Brieff nicht hören solt, und würfft die Stingl heimblich hinweck. Als er nun seinen Lust wol gebüst, und das Körbl guting ringer gemacht, stehet er auff, wischet das Maul, putzet den Bart, lecket die Finger ab, nimbt den Brieff unter dem Stein widerumb herfür, machet sich auff den Weeg, und gehet deß Edelmanns Gschloß zu, thut ihm das Körbl einhändigen. Der liset den Brieff, sihet abermahl das Körbl schier gantz lär, und nur etliche Uberwürtl noch darinnen, thut doch nichts dergleichen, lobet das Männl, daß es so fleissig Überantwort, gibt ihm hernach widerumb ein Schreiben an seinen Herrn, mit Bericht, daß der Zwerg die Feigen abermal gemaust, und schier alle außgessen. Welches als sein Herr vernommen, fahrt er ihn mit rauhen Worten an, wer hat dirs erlaubt, sagt er, die Feigen zu fressen, weist nit, was ich dir gesagt hab? solst du so keck seyn, und solches Diebstuck begehen? gelt, jetzt must du gehenckt werden. Was? I-I-Ich Feigen gestohln? Nai-Nai-Nains, mein Herrl, ni-nichts gstohln ich, thie-thie-thiet mir unrecht, I-I-Ich könt drauf schwörn, de-de-de-der Brieff thut mich an-anliegen. Gehe her du Feigen-Fresser, ich will schon machen, daß du die Warheit bekennest. W o seyet ihr Diener und Lagey? kommet her, ziehet ihm die Kleyder ab biß auff die Mitte, entblöst ihm den Rucken, bindet ihm die Händ, und hauet ihn mit Ruten, biß er seine Schuld bekennet. Sie fiengen aber kaum an ihm die Ruthen zu verkosten zu geben, da schrye er Mordio, Auweh! Auweh! Ja, Ja, mein Herr, I-Ich habs wol gessen, a-a-aber da-da-da thut mir der Brieff unrecht, und lügt mich an, daß er mich gsehen oder gehört hat die Feigen essen. Warumb? fragt der Herr, wie hast du es dann angangen? I-I-Ich hab halt den Brieff unter ein grossen Stein gelegt und bin drauff gsessen, daß er mir nit hat können zuschauen: und hab gantz haimblich geessen, daß er mich nit hat hören können. Der Herr kundte sich deß lachens nicht enthalten, und vermeinte, es wurde ihm der Bauch zerschnellen vor lauter Gelächter, über die grosse Einfallt seines Zwergeis. So vil von der Einfälltigkeit, und solche werden die einfälltige Narren genennt.

Von einem abergläubischen und einem betrunkenen Weiblein 96. E i n W e i b

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wird durch ein F i e b e r - Z e t e l e i n zuschanden gemacht

Von einem Weib hab ich diese nachfolgende Geschieht erzehlen gehört. Dieses hatte ein langwieriges Fieber, hatte auch da und dort Mittl gesucht und probiert, nichts aber wolte helffen. Endlich kam sie zu ihrer Nachbaurin, diese sagt ihr, sie wisse einen Mann, der gar gute FieberzeÜ ausgibt. Mein, spricht die Kranke, ich bitt dich gar schön, bring mir doch ein solche Zetl zuwegen. Es geschieht, sie hängt die Zetl an Halß, hilfft an der Stadt. Derowegen sie voller Freuden, solches dem Geistlichen, welcher sie in ihrer Kranckheit heimgesucht, erzehlend gesagt: Sie wäre nunmehr gantz gesund und vom Fieber erlediget. Der fragt sie, wie oder wann? was sie gebraucht? sie erzehlt ihm alles nacheinander her. E r fragt weiter, was diß für ein Zetel sey, ich möchts wohl sehen, sagt er, was darin stunde. Das Weib wolte es nicht hergeben, sagend, es seye ihr starck verbotn worden, solche Zetl nicht aufzuthuen. Der Geistliche spricht hinwider, entweders ist es etwas guts, oder nicht? Ists etwas guts, so schads nicht, wann ichs schon aufthue: Ists etwas letz? so solt ihrs nicht tragen. Das Weib last sich bereden, gibt die Zetl her, der Pfarrer thuts auf, findet darin geschrieben diese Wort: O mein liebe Alte, Das ist gut fürs Kalte. Hilffts dir nicht, So schads doch nicht. O mein liebe Alte, Das ist gut fürs Kalte. 97. E i n v e r t r u n c k e n e s M ü t t e r l am O e l b e r g , er w o l l e i h r o e i n

ersuchet den Engel Mässel einschenken

In einer gewissen Stadt befände sich ein sonst zwar ehrlich und tugendsames altes Mütterl, Bibiana mit Namen, welche der Andacht und Gottesforcht gantz ergeben, und vil andere schöne Tugenden: beynebens aber auch disen Fähler oder Untugend an sich hatte, daß sie dem Trunck gar ergeben, und gleich wäre einer abgebrodeten Rosen oder Tulipane, welche gleich verwelcken, wann sie nit immerzu im Wasser stehen, und das Krügl bey sich haben, thäte also immerzu das Krügl mit Wein anfüllen, und den Halß anfeuchten, daß er nit einschnurffe. Einsmahls hat es sich begeben, daß sie zu ihrer vertrauten Nachbarin in die Klöpffel-Nacht gangen, und mit derselben biß in die halbe Nacht hinein gemässelt. D e ß anderen Tags war ihr noch der Tummel im Kopff, stehet dannoch auff, gehet ihrer Gewonheit nach der Kirchen zu. Als sie nun auff den Kirch-Hoff kommen und alldorten nicht weit von einer Begräbnuß den Oelberg ersehen, knyet sie alsbald nider, betrachtet den Engel mit dem bitteren Kölch, redet darauff den Himmlischen Botten an: Ach freygebiger Engel, wie magst du mit disem Becher meinen lieben Christum also plagen? ich kans nicht mehr gedulten, daß er so lang leyden soll. Lieber Engel schencke

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Andreas Strobl

mir ein Mässel ein, ich will den Becher für ihn außtrincken, und solt er gestrichen voll seyn. Dieweilen aber der Englische Mundschenck nicht hören und dem durstigen Weibl nicht antworten wolte, ward ihr die Weil lang, gehet derowegen in die Kirchen, als man zu einer H. Meß leutete, und so bald nur der Meßner, da er die Opffer Kändele mit Wein und Wasser herauß gebracht, den Rucken gewendt, ist sie alsbald hinzu geloffen, und hat in der Eyl das Käntel mit dem grossen A, nemblich das Wasser-Kändel erwischet, und solches in einem Hui außgestürzt. Da sie aber vermerckt, daß sie an statt deß Weins- das Wasser-Kändl ertappet, und der Priester schon dem Altar zugienge, fiell sie auff ihr Angesicht gantz schwach darnider, daß der Ministrant oder Altar-Diener auß Mitleyden hinzu geloffen, halffe dem schwachen Mütterlein auff von der Erden, sie aber deutet mit einem grossen Seufftzer hin auff das Opffer-Kändel mit dem grossen V allwo der Wein war, daß ihr solches gereicht wurde, welches sie mit begierigen Händen genommen, völlig außgesoffen und sich darauff wohl befunden hat. Der Ministrant holet ein andern Wein auß der Sacristey, und verricht sein Dienst beym Altar, wie aber der Ehrwürdige Priester zum ersten Einschencken kommen, und der Ministrant das Wasser-Kändel eröffnet, fände er dasselbe gantz lähr: der Mesner wundert sich hierüber, wüste gar wohl, daß er Wein und Wasser miteinander hatte hinauß getragen, merckte also den Possen, wolt doch auß Freundschafft darzu stillschweigen: aber der Ministranten-Bub macht die Sach offenbar, und so bekannt, daß bald jedes Kind diesem alten Mütterl auff der Gassen nachgeschryen: Opffer-Kändel, Opffer-Kändel, trincks gar auß, trincks gar auß. Sie muste disen Namen haben biß in ihr Grab. Von einer andern dergleichen habe ich mir sagen lassen, daß sie einsmahls auff einer Kirchfahrt unterweegs zu tieff in die Wein-Kandel hinein geschaut, daß ihr also der Tummel in Kopff, und der Tremulant in die Füß kommen. Als sie nun der Kirchen und unser lieben Frauen Gotts-Hauß hinzugenahet, befände sich dort auff der Freythoff-Mauren ein Pfau, welcher mit seinen außgebreiteten schönen Spiegl-Federn, so von den hellen Sonnenstrahlen bescheint wurden, grossen Glantz von sich gab, welchen die trunckene Wallfahrterin für unser liebe Frau ansahe, brache derowegen in dise lächerliche Wort herauß, und redete den Pfauen also an: O mein H. Mutter Gottes, ich bins ja nit würdig, es ist ja gar zu vil, O seeligiste Himmel-Königin (und klopffet zugleich an das Hertz) daß du mir entgegen gehest, und mit deinem Glantz erscheinest, ich hab vermeint, ich woll zu dir gehen, und dich grüssen, so gehest aber zuvor zu mir, und heist mich willkomb seyn. Das last mir andächtige Weibsbilder seyn?

98. H o f n a r r e i n e s F ü r s t e n s v e r w u n d e r t s i c h über die lange Nase eines E d e l m a n n s Ubermäßige grosse und lange Nasen stehen weder Mann noch Weibern wohl an. Dergleichen grosse und dicke lange Nasen hat gehabt jener Edel-

Der Schatz unter dem Hausaltar

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mann, welcher von seinem Fürsten neben anderen Hof-Herrn zur angestellten Mahlzeit eingeladen worden. Diesen, als der Hoff-Narr des Fürstens unter anderen Gästen dort bey der Taffei sitzen gesehen, und dessen grosse und pfündige rote Nasen erblicket, hat er sich lächlend darüber verwundert, sagend: Das ist ein Nasen! potz tausend allemodi! das ist ein Nasen! über welches der Edelmann sich von Hertzen gesdiämbt. Der Fürst aber schaffet den Narren gleich von Stund an hinweck. Uber ein Weil aber kombt der Narr wieder, wolte die alte Scharten ausschleiffen, und, weilen er gehört, daß er wegen Meldung der grossen Nasen bey seinem Fürsten ziemlich eingebiest, stehet er vor dem Tisch und sagt: E y das ist ein schöns Näsel, ein schöns kleines Näsel! der Edelmann wurde noch mehr hierdurch disgustirt. Der Narr muste sich wiederumb fortpacken. Kombt doch bald wiederumb und gedenckt bey sich selbst, ich hab grob eingebiest, da ich gesagt, er hab ein grosse Nasen, und hab nicht recht geredt, da ich gesagt, er hab ein kleine Nasen, was muß ich dann thuen? steht derowegen vor den Tisch, deutet auf den Edelmann, sagend: Der hat gar kein Nasen. Worüber grosses Gelächter entstanden, und der gute Edelmann ziemlicher massen beschimpfft worden.

99. E i n

reicher Geitzhals verbirget seinen unter sein Hauß-Altärlein

Schatz

Lächerlich ist anzuhören, was einstmahls einem reichen Geitzhalß widerfahren. Dieser Gelt-Limmel hatte nach und nach einen grossen Schatz von Talleren und Dugaten zusammen geschunden, und war sein gröste Freud auff der Welt. Nun stunde er aber in Sorgen, und wüste nicht, wo er diß sein Gelt solte hinlegen, oder eingraben, daß ihm niemand darüber käme, weilen er wüste, daß auch offtermahl dem Haußgesind und nächsten Verwandten nicht zu trauen, auch kein Gschloß so starck und gut, welches nicht könne zerbrochen, oder auffgesperret werden. Spintisierte derowegen Tag und Nacht darüber, und machte ihm vil hundert Mucken, wo er doch seinen Schatz solte hinlegen. Endlich fallet ihm ein, und resolviret sich solchen an ein so vortheilhafftiges Orth zu tun, allwo es kein Mensch entrauen, oder argwohnen möchte, daß ein Gelt darin verborgen wär. E r hatte in seinem Hauß ein kleines andächtiges Capellel und Hauß-Altärlein, dahinein gedacht er will ich meinen Schatz verbergen. Zu disem Zihl und End last er alldort das Grab Christi zurichten, nach dem Modell und Form deß wahren H. Grabs, in welchem Christus der süsseste Heyland gelegen ist, da, gedacht er bey sich selbst, wird mein Gelt am sichersten seyn. Thut darauff ein Truchen voller Gold und Silber dort hinein setzen, und damit niemand einigen Argwohn eines verborgenens Schatzes haben solte, Hesse er aussen her an diß Grab Altar hinan schreiben: Hic jacet Christus sepultus. Da liget Christus begraben. Dises Grab thäte der reiche Hudler den Tag hinumb vil öffter als vormahlen mehr goldselig als gottselig besuchen, welches einer auß seinen Dieneren vermercket. Diser gienge einsmahls dahin für selbige Cammer-Thier, hielte die Ohren heimblich hinzu,

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Andreas Strobl

schauet auch zum Schlissel-Loch hinein, höret das Gelt klingen, u n d sihet, daß er an statt der Better-Grällel Dugaten und Taller durch die Händ lauffen lasse. Schöpffet darauff den Argwohn, daß er gewiß da sein Schatz verborgen habe, gehet derowegen, als sein Herr einsmahls außgereyst, hinein, durchsuchet den Altar, und das Grab und findet alldort die Schatz-Truchen. Entdecket solches hernach den anderen Dienern seinen Cameraden, berathschlaget sich mit ihnen, was zu thun? wurden aber bald eins, eröffnen die Cammer und das Grab sambt der Truchen, nehmen alles Gelt herauß, löschen hernach den vorigen Grab-Titul auß, schreiben an statt der vorigen, dise Wort hinan: Surrexit, non est hic. Er ist aufferstanden u n d ist nicht hier.

100. D r e y S t u d e n t e n z a h l e n e i n e n mit dem blinden Kätzl

Wirth

Ein Gey-Wirth wüste mit der Kreyden gewaltig umbzuspringen, unnd darmit den Gästen ein solche Zech herzuraiten, daß ihnen die Augen möchten übergehen. Einsmahls kehreten bey ihm 3 Studenten ein, welche in die Hunds-Täg geraist, und frimmen ein ehrliches Mittag-Essen an. Der Wirth gar hurtig, laufft alsobald der Kudiel zu, lasset ein Mittagmahl zurichten, bestehend in disen 8 Speisen. Erstlich ein Suppen, Voressen, Rindfleisch sambt dem Kraut, ein kälberen Schlägl sambt einem frischen Antifi-Salat, ein Schüssel voll Kramet-Vögl, unnd zu letzt ein Gersten. Dieweilen er aber Geschafft halber in die Statt gehen muste, gibt er unterdessen dem Kellner Gewalt und Befelch den Gästen, wann sie vor seiner Zurückkunfft auffbrechen u n d weiter reisen wolten, die Zech zu machen, aber weniger nicht, weilen sie den besten Wein auffzutragen begehrt, als 10 Reichs-Thaller einzuforderen. Als sie nun die Mallzeit vollendt, wol geessen und getruncken, begehren sie an dem Kellner, die Rechnung zu machen. Der nimbt die Kreiden, summirt, multiplizirt unnd macht die Zech, sagend: Die Herren seynd 10 Thaler schuldig, haben aber noch ein Viertl Wein darin. Die Gäst verwunderten sich über diese Forderung, in deme sie nur zwey Viertl Wein getruncken, thäten doch nichts dergleichen. Unterreden sich aber auff Lateinisch, wie sie auß diesem Wirths-Hauß sich hinausziehen und mit schmutzigem Maul, ohne Unkosten oder Bezahlung davon wischen könten. Fangen demnach abgeredter massen zu streitten an, u n d stellen sich an, als wann einer den anderen nichts geben lassen, ein jeder wolte die völlige Zech bezahlen. Endlich werden sie eins, daß sie blinde Kätzl, oder wie manns zu nennen pflegt, blinde Nädl fangen, dem Kellner die Augen vermachen wollen, unnd welchen derselbe am ersten ertappen werd, der soll die völlige Zech bezahlen. Dem Kellner gefiele der Anschlag wol, last ihm die Augen verbinden, springt in der Stuben hin und wider, streckt beede Armb auß, rennt bald da an ein Mauer an, dort an den Ofen, ergreifft jetzt die Schüssel-Rahm, ein andermahl ein Sessel, in der Meinung, er habe den Bezahler schon in Händen. Die Studenten aber zogen sich fein gemächlich einer nach dem andern auß der

Drei schlaue Zechpreller •— Ein Student als Zauberer

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Stuben und wischten davon. Unterdessen käme der Wirth nach Hauß, gehet alsobald in die Stuben hinein, den Gästen zuzusprechen, sähe aber niemand als den Kellner mit verbundenen Augen, außgestredcten Händen in dem Zimmer herumb springen, welchen der Kellner alsobald erwischt, mit beyden Händen fest gehalten, unnd geschreyen: Der zahlt die Zech! welches er auch errathen. Dann der Wirth kein Pfenning an der Zech bekommen, hats aber der Kellner mit seinem Buckel treulich bezahlen und büssen müssen.

101. E i n S t u d e n t b r i n g t e i n e m E d e l m a n n d u r c h v e r b o r g e n e W i s s e n s c h a f t vil S p e i s e n auf den T i s c h Es wohnte ein reicher Edelmann, deme nit vorlängst sein Frau gestorben und er also im Wittibstand lebte, daraussen ein gute Stund vor der Stadt auff seiner Herrschafft. Diser raisete einsmahls, gewisser Verrichtung halber über Land, namb nur ein eintzigen Diener mit sich, und liesse die anderen zu Hauß, mit ernstlichen Befelch, daß sie in Abwesenheit seiner fleissig Haußhalten sollen, innerhalb 3 oder 4 Tägen wolle er schon widerumb kommen. Was geschieht? so bald nur der Herr den Rucken gekehrt und davon geraist, haben sich die übrige Diener sambt der Köchin und gantzen Haußgesind fein lustig gemacht und Fastnacht gehalten. Da gieng es an und hatten die Menscher gnug zu thun die Hüner abstechen, Hasen und Königl abschlagen, Vögel ropffen, Dorten und Bastetten zurichten, die Köchin beraittet ein stattliche Mahlzeit zu, warzu sie auch ein gewissen Schreiber, welcher dem gantzen Haußgsind wol bekant war, eingeladen. Der kombt, wird freundlich empfangen. Die Tafel wird gedeckt, und mit lauter guten Speisen und Schleckerbißlein ubersetz, der beste Wein eingeschenckt; ein jeder last ihms wol schmecken, trincken ein Becher voll nach dem andern herum, in gsund ihres Herrn, daß er fein lang außbleibe. Da es nun Abend worden und die Sonn schon dahin gehen wolte, kam ein armer Student für das Hauß, bettet umb Gottes Willen umb ein warme Suppen und die Nachtherberig, wird aber mit rauchen Worten abgewisen, und ihme die Thür vor der Nasen zugeschlagen; der arme Tropff batte inständig, man woll ihn doch underkommen lassen, er müsse sonst auff freyer Gassen ligen und bey so kalten Wetter halb erfrieren, aber der Diener gibt ihm trutzig zur Antwort: er soll sich fortbacken, oder woll ihme den Weg waiter zeigen. Der Student schaut hin und her, besinnt sich, wo er hingehen soll. In dem höret er darinn im Hauß jubilieren und frolocken und schreyen, die Kanten auff und zuschlagen, in Gesundheit und Bruderschafft zu trincken. Holla! denckt er ihm, der Herr dieses Schlosses ist gwiß nicht zu Hauß, die Pursch macht sich lustig auß deß Herrn Zöhxgaden. Gieng derowegen umb das Hauß herumb in der Hoffnung, etwan ein Loch zu finden, wo er hinein zu schliffen und selbige Nacht wenigst im Stroh ligen konte; trifft auch ein alte Scheurn an, in dieselbe macht er sich hinein, damit er under dem Dach ligen kont. Kaum aber hat er sich nidergelegt, da höret er widerumb das Getimmel, das schreyen und juhitzen, das springen und tantzen,

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das jubiliren und frolocken; ward derowegen auß Fürwitz angetriben, gar ins Hauß hinein zu schleichen, und zusehen, was dises bedeutete? kröche haimlich zu einer verborgenen Wand und fände allda ein Klumpsen, durch welche er völlig in die Kuchel, ja gar in die Stuben auff die Mahlzeit hinein und mit Verwunderung gesehen den Tisch mit allerhand köstlichen Speisen besetzt, daß sich das Gesind mit ihres Herrn Sachen lustig und schon die Anstalt machen, wie sie deß andern Tags ihren guten Muth fortsetzen wolten. Da nun aber alles in vollem Sauß und Prauß, jederman lustig und guter Ding war, höreten sie unversehens jemand auff der Gassen reitten und das Pferd richeln. Der Edelmann war wider da von seiner Raiß, er hält vor dem Hauß, sie achtens nit, er klopfft an, sie hörens nicht. Endlichen, als er so starck an die Glocken kommen, risse ein Diener das Fenster auff und schreyet, in Maynung, der Student möchte wider da seyn, er solt sich fort scheren, oder er woll ihm mit einem Prügl das Glaitt geben. Aber an statt deß Studenten meldet sich der Herr, und befilcht, sie sollen geschwind auffmachen. Als sie solches vernommen, da erschracken sie, springen alle vom Tisch und laufft einer da, der ander dorthin. Die Diener rennen mit den Kanten voll Wein die Stuben auff und ab, wüsten in der Eyl nit wo auß, Versteckens endlich under ein Kasten. Die Köchin nimbt die Schüsseln mit den Speisen, lauffet der Kuchel zu, verbirgts theils in die Kuchelkasten, theils auff dem Schaitenhauffen, und räumen allso den Tisch sauber ab, löschen die Liechter auß. Nachdem nun alles weckgeraumet, lauffet einer auß den Dienern zu der Porten, lasset den Herrn ein. Dem Schreiber wurde underdessen sehr bang, wüste nicht, wo auß oder ein, schluff in der finster geschwind under ein Böthstat und hielt sich Mäusel still. Als nun die Thür eröffnet worden, gehet der Herr in die Stuben hinein, mit zornigen Worten fragend, was die Ursach dises so langsamen auffmachens seye, was der Geschmack bedeute? dann der Geruch von Speisen und vergossnen Wein war noch völlig in der Stuben. Sie aber reimen ihm alles hinauß und kamen mit solchen verlognen Entschuldigungen auffgezogen, daß ers glauben must. Befilcht darauff der Köchin ihme etwas zum Nachtessen zuzurichten. Underdessen macht sich der Student wider herfür, klopffet an der Thür, und bittet umb Gottes willen, als ein armer Schuler umb ein Naditherberig. Der Herr befilcht alsobald, daß man ihn einlasse, und der Student mit ihm das Nachtmahl einbringe. Wie nun der Studios in die Stuben kommen, fragt ihn der Herr, von wannen er seye? was er gstudiret und in Schulen gelehrnet hab? darauff er geantwort: er sey sonst von adelichen Eltern auß Teutschland gebohren, aber vergangne KriegsLäuff umb das seinige kommen, alsdan hab er Franckreich, Niderland und Italiam durchraist, die Philosophiam gestudirt, allerhand schöne und verwunderliche Künsten erlehrnet. Weil du, spricht der Edelmann, doch so grosser Ding außthuest, und allerhand Künsten berühmest, so thue ein Probstuck, laß dein Kunst sehen, und schaff uns was zuessen, dan du sihest wol, daß die Köchin so lang mit dem Nachtessen umbgehet, daß einem der Appetit vergehen möchte. Der Student antwortet, diß seye ein grosses Begehren, und

Er schafft Speisen herbei und beschwört den Teufel

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nit ohne Gefahr, doch weilen er also schaffet, so wolle er bald etwas zu essen bringen, aber mit disem Beding, daß der Herr da sitzen bleib, und nicht vom Tisch auffstehe. Die Diener stehen herumb, spreitzen die Mäuler auff, schauen den Studenten an und konten ihnen nit einbilden, was diser frembde Gast anfangen werde. Der Studios aber tritt mitten in die Stuben, macht vil Khribes, Khrabes, vil hundert Creutz und Segen, und stellt sich, als wan er den Teuffei beschwören wolt: Mischimaschi, Vin in Flaschi, furi multi, cibi occulti, in camini & culini &c. Befilcht darauff dem Diener, welcher mit dem Herr über Land gewest, und umb die vergangne Sachen nichts gewust, daß er in die Kuchel gehen, dortt auff dem Schaittenhauffell die vorhandne und mit einem Tischtuch zugedeckte Speisen von Gänsen, Hünern, Fisch und Hasen herein tragen soll. Der Diener geht, findt alles, und tragts auff den Tisch; der Student machte abermahl seine Gaucklereyen und sagt zum Diener, gehe hin in die nächste Kammer, under einer Bande wirstu einen gantzen gebratnen Capaun, samt einer Schüssel voll Vögel finden, trags auff und zett nit. Under dem Kasten nechst bey der Kuchel steht ein Flaschen mit rothem Wein, und zwey Kanten voll Malvasier, brings alsobald herein, so auch geschehen, also, daß der Tisch mit allerhand guten Schleckerbißlein besetzt worden, und der arme Schuler ein gutes Nachtmahl bekommen, er asse wacker darauff, in Ansehung der Diener, so dise Schnablwaid für sie selbst zugericht hatten, doch achteten sie solches so hoch nit, wann sie nur der Untreu halber bey ihrem Herrn nicht verrathen wurden, maistentheils aber sorgten sie sich für den Schreiber, der noch under deß Herrn Bettstatt knockete, und die Nacht hindurch mit einem eintzigen Huster sich selbsten leicht verrathen konte. Als nun der Edelmann schier gar abgespeist, kombt ihn ein Vorwitz an, und sagt zum Studenten, weil er so viel Künsten erlernet, soll er ihm, wanns änderst von Gott zulässig und ohne Lebens-Gefahr seyn könnt, den Teuffei zaigen, er möcht ihn wol sehen. Der Student widersetzt, daß sey ein gefährliche Sach voller Schrecken und Abscheuens, hierinnfalls könne er ihm nicht willfahren, dann der Teuffei ist so schwartz, so abscheulich, das, wann er ihn sehen wurd, wie er an ihm selbst ist, er ohnfehlbar vor lauter Schrecken in die Ohnmacht dahin fallen, ja gar sterben muste. Der Edelmann fragt, ob es dann gar nit seyn kont, daß er ihm den Teuffei in Menschen Gestalt zaigete, weil ohne das bekannt und sich vielmahl zugetragen hat, daß der laydige Geist allerhand Menschliche als Männer, Weiber, Engel Gestalt an sich genommen, und wann ihr mir, spricht er zum Studenten, solches thun und den Teuffei in Menschlicher Gestalt zaigen könt, wolt ich mich gegen euch mit einem guten Recompens einstellen. Der Studiosus verwilligt endlich darein, doch mit diesem Beding, daß der Herr hinfüro nichts anders mehr von ihm begehren wolle, stehet darauff vom Tisch auff, geht mitten in die Stuben, macht seine vorige kribes krabes und Gauckelwerk, reisset das Maul in alle weiten auff, als wann er den Teuffei beschwören thät, und redet mit lateinischen Worten (welch der Schreiber wol, aber der Edelmann nicht verstanden) den Schreiber under der Bethstatt also an: 16

Moser-Rath

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Andreas Strobl In Polyphemi diversorium incidisti Scriba, ut ulysse tibi opus sit, cujus solertia evadas, me ausculta. Remuge interdum, tumultua, & lectum tremefac. Deinde magno aestu in dioetam erumpe, & ter quaterque in orbem circumactus cum insano fremitu, te de triclinio ejice, ac eodem impetu per scalas, januamque in tu tum evade. Zu Teutsch: In deß Polyphem grausambsten Tyranns Herberig bist du gerathen mein Schreiber, also, daß du eines guten Patrons vonnöthen hast, so dir herauß helffe, derowegen mercke was du thun must: Grolle und bromme zuweilen, wüt, tob und erschütte die Bethstatt, hemach rumple mit einem grossen Getümmel herfür, und nachdem du drey oder vier Rädl gemacht, spring mit unsinniger Fun und Getöß durch die Thür, über die Stiegen zum Hauß hinauß, und mach dich auß dem Staub.

Der Herr, weil er ihm kräfftiglich eingebildt, der Student beschwöre mit seiner tieff-gezognen Stimm in lateinischer Sprach den Teuffei, zitterte schon an H ä n d u n d Füssen, und machte viel hundert Creutz für sich. Die Bethstatt fangt an zu krachen, der Schreiber, als der vermainte Teuffei grollt und murrt bald wie ein Beer, u n d hönt bald wie ein Hund, thät alles, was nur erschrödclich seyn möchte. Letzlich aber macht er sich herfür, lauffet auff Händen und Füssen zwey oder dreymahl wie ein Gespänst mit abscheulichen Gesichtern und Verstellung der Augen in der Stuben herumb, und rumpelt urplötzlich durch die Thür über die Stiegen, zum H a u ß hinauß. Der Herr war froh, daß der Teuffei verschwunden, dann er wüste vor Forcht nit, wo er war; als ihm aber der Schrecken und Zaghafftigkeit vergangen, sagt er zum Studenten: hat nit dieser Teuffei unserem Schreiber so gleich gesehen!

102. E i n B a u e r n k n e c h t t h u t s i c h f ü r e i n außgeben

Bischoff

Ein gewisser Landstreicher, so sich für einen alten Edelmann außgabe, Nahmens Gusmann, auch vil verschidene Städt und Länder durchraiset, die Leuth allenthalben mit seinen Falschheiten und Betriegereyen hinder das Liecht geführt, der gedachte sich in die berühmte Stadt Cosmopolis, allwo ein grosser Jahrmarckt gehalten wurde, zu verfügen. Zu disem Zihl und Ende entlehnet er ein Carossen mit 6 Pferden, hencket etliche Gesellen seines Geliffters an sich, so sich für seine Diener außgaben, und macht sich auff die Raiß, fahret dahin, bemeltem Jahrmarckt zu. Underweegs trifft er einen jungen Baurnknecht an, welcher mit dem Pflueg gen Acker gefahren, den griesset er, u n d fragt, wie er haisse? Der Knecht antwortet, Georg oder Jodl, wie man mich nennen will. Der Edlmann sagt, mein Jodl, wie magst du dich doch da auff dem Acker, wie ein wildes Vieh ein gantzen Tag umbschleppen? ist schad f ü r dich, bist ein schöner prafer Mensch, ich waiß, daß du auch ein guten Kopff hettest, konst heunt oder morgen noch ein grosser Herr werden, mein, nimb dich umb ein andern Handl an, verlaß dise grobe Baum-Arbeit und viehische Dienstbarkeit, raiß mit mir, ich will ein grossen Herrn auß dir machen, essen

Ein Bauernknecht als Bischof ausgegeben

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und trincken wirstu dein Lebtag gnug bey mir haben, ja nur das allerbest, darneben kanstu auch nach deinem Gefallen spatziren gehen, reiten, in der Gutschen fahren und andere Wollüst nach Genügen haben, darffst kein Straich mehr arbeiten. Mit diesem und dergleichen süssen Worten überredt er ihn, daß er den Pflug sambt Roß und Geschirr auff dem Acker stehen lassen, dem Herrn nachgefolgt. So bald sie nun in das nächste Wäldlein kommen, last ihm der Edelmann seine Baurn-Kleyder auß und darfür köstliche anziehen, wie einen Bischoff ankleyden, Haar und Bart sauber balbiren, und ein Platten scheeren; underricht ihn hernach, wie er sich zu verhalten, daß er nemblidi wie die Fürsten und grosse Potentaten im Brauch haben, wenig reden, beförderist aber wol in acht nehmen solle, daß er für sich selbst nicht abhandlen, sondern alles ihme als seinem Hoffmaister zuschicken solle, er wolle in allem Red und Antwort für ihn geben, handien und wandlen, und aller Orthen Spenditor seyn, daß er also umb nichts zu sorgen habe. Diser Handel gefiel dem Bauren-Knecht wohl, setzte sich in seinem Bischofflichen Habit zu dem Edelmann in die Gutschen, und fahren also fort der Stadt zu. Der Edelmann aber schickt einen reitenden Botten voran, und last in dem vornehmsten Wirthshauß ein stattliches Mittag-Mahl anfrimben, und dem Wirth bedeuten, es werde ein vornehmer Bischoff, welcher allerhand Kirchen-Ornat in der Dult einzukauffen Vorhabens sey, bey ihm einkehren. Als sie nun dort ankommen, war der Wirth voller Geschafft, empfing den Bischoff mit grosser Reverentz, losirt ihn in einem stattlich außtapezirten Zimmer, lauffet hernach in die Kuchel und schafft der Wirthin, sie solle die Mahlzeit beschleunigen und bald anrichten, der Fürst möchte müd seyn von der Raiß. Bald darnach werden die Speisen auffgetragen, der Bischoff setzt sich zur Tafel. Der Edelmann, als Hoffmeister, sambt anderen Hof-Gesind warten ihm auff den Dienst, wechselten mit höfflicher Reverentz die Teller, schenckten ihm mit tieffen Knyenbucken die Gläser mit Wein ein. Jederman war auff seine Augen-Wincker gehorsamb. Der Bawren-Knecht ließ ihm wol seyn, aß und tranck lustig, und schmeckten ihm die marbe Pasteten und faiste Capaunen viel besser, als die harte rockene Nudel, die ihm sein Bäurin fürgesetzt, wann er ein gantzen Tag Stroh geschnitten. D a er nun also 2 Tag im Wirthshauß zugebracht, gehet sein Hoffmaister der Gusmann auff den Marckt, kaufft von köstlichen Meßgewandtern, Silberund Goldstucken, von vergoldten Kelchen ein grossen Vorrath ein, trifft ein ordentlichen Kauff mit den Kauffleuthen, und laßt die erkaufften Sachen, biß er selbige deß anderen Tags für seinen Fürsten abholle, underdessen in denen Kauffmanns-Laden auff ein Seithen legen, und damit er ihme grössers Credit machte, ladete er etliche vornemme Herren zu Gast, und liesse ein recht Fürstliche Mahlzeit zurichten. Damit man aber den Betrug nit mörckte, bawete dieser arglistige Fuchs überall vor, sagte den Gasten in gehaimb, daß der Bischoff ein stiller Herr sey, pflegte schier nichts zu reden, sie sollen sich aber nicht daran kehren, sonder lustig und frölich seyn. Als sie nun zu der Taffei gesessen, und die Speisen auffgesetzt worden, da sahen 16»

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Andreas Strobl

die Herren mit Verwunderung an, wie dieser Bischoff gantze Schüssel voll außlährete, es war nur schueb schueb ins Maul, sagt darneben kein eintziges Wort, als Ja und Nain: Wann er umb etwas gefragt wurde, deuttete er mit der Hand und lendete alles auff sein Hoffmaister, welcher alles künstlich zu beantwortten und hindurch zu bringen wüste. Wie man nun das Confect auffgetragen, namb dieser vermainte Bischoff gantze Händ voll Zucker und schubs ins Maul. Nach vollendter Mallzeit verfügt sich der Hoffmaister auff den Marckt, hollet die gekauffte Wahren von den Kauffleuthen ab, und bittet, sie wollen unbeschwärt mit ihme ins Wirtshauß gehen, sein gnädigster Bischoff werde sie alsobald mit paarem Gelt befridigen. Wie sie nun ins Wirthshauß kommen, raittet er mit ihnen zusammen, und befände, daß die Schuld über 800 Gulden betreffe. Fragte darauff, ob sie Silber oder Gold, Thaller oder Ducaten verlangen, ihm seye es ain Ding. Sie antworten, sie wollen theils Thaller, theils Ducaten haben. Darauff gehet der betrügerische Hoffmaister in aller still zu deß Bischoffs Cabinet, hebt das Ohr zu der Thör, und loset, ob er nicht jemand gehen oder reispern hörte, wendet sich darauff zu den Kauffleuthen, sagend: er wolle alsobald mit dem Geld herauß kommen, tritt zugleich ins Zimmer, gehet aber gleich wider herauß, sagend: er wecke den Bischoff vom Schlaff nit gern auff, dann er von gehaltener Gasterey etwas bezöcht worden, und sey entschlaffen, er dörffte auch ohne sein Vorwissen die Geld-Truchen nit eröffnen, wisse wol, daß er bald wider auffwachen werde. Derowegen mögen sie nach Belieben, entweders hier in dem Wirthshauß ein paar Stund verziehen, oder in einer solchen Zeit widerumb zurück kehren. Die Kauffleuth glaubens und sagen, sie wollen, weilen sie heunt anderer Geschäfft halber nit leicht können, Morgens frühe wider kommen, da der Bischoff unfehlbar auffgewacht und nüchter seyn wird. Was geschieht? Kaum hatten sie den Fuß für das Wirthshauß hinauß gesetzt, da eylete der betrogene Hoffmaister, ließ alles geschwind auff die Gutschen bringen, und macht sich unverwörckter Sachen davon. Deß andern Tags kamen die Kauffleuth ins Wirthshauß, suchten den Hoffmaister, fanden ihn aber nicht. Sie reisperten sich vor deß Bischoffs Zimmer, klopfften letztlich gar an, niemand wolt sie hören, niemand wolt auffmachen. Endlich gehen sie gar hinein, machen eine tieffe Reverentz, batten den Bischoff umb die Bezahlung, der gibt ihnen zur Antwort, sie solten nur zum Hoffmaister gehen, der werde ihnen Red und Antwort geben und alles bezahlen. Sie suchten noch einmahl im Hauß hin und her, konnten aber weder Hoffmaister, noch Laggeyen mehr ansichtig werden. Sie fragen den Wirth, wo sie hingangen, der schüttelt den Kopff, wolte auch nichts darumb wissen, gehet derentwegen in Stall, und als er weder Pferd noch Kutschen mehr gesehen, erschrock er darüber und gieng ihm mittlerweil das Liecht auff, der Hoffmaister habe sich unsichtig gemacht. Bricht demnach mit sambt den Kauffleuthen sein Schlaffkammer auff, finden aber weder den Gusmann noch umb eintzigen Kreutzer wehrt darinnen, darauß sie augenscheinlich abnemmen können, daß der Dieb flüchtig worden, alle Sachen mitgenommen und den Bischoff im Stich gelassen.

Ein Wirt von drei Dieben

heimgesucht

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Lauffen derohalben deß Bischofs Losament zu, begehren von ihm mit Ernst die Bezahlung. Der haltet sich bey der Instruction, so ihm der Hoffmaister geben, sie solten nur zu seinem Verwalther gehn, nachdem ihm aber die Kauffleuth geantwortet, daß der Hoffmaister heimblich davon geflohen, Kutschen und Pferd verschwunden, daß er so gar die Wahren auff die 800 Gulden werth auff Ihr Fürstl. Gnaden außgenommen, mit sich davon geführt, thäte der Bawren-Bischoff einen tieffen Seufftzer und merckte, wie viel es geschlagen, daß er nemblich da für ein Borgen im Stich gelassen und nur auff ein Schein so stattlich bedienet worden, auch seine wenige gute Täg und gute Bissel an dem Galgen werde büssen müssen. Fieng darauff an zu wainen, die Bischoffs-Kleider von sich zu werffen, im Kopff zu kratzen und auffzuschreyen, er seye unschuldig, er hab umb diese Sach nichts gewust, er seye ein einfältiger Bawren-Knecht und seye nur von diesem Betrüger dahin beredt worden. Die Kauffleuth aber gantz unwillig und zornig, glaubten ihm nit ein Wort, sondern Hessen ihn durch die Schergen in Eisen und Band schlagen, in die Gefängnuß fort schleppen, darauff ward er den dritten Tag zum Todt verurtheilt, und an den liechten Galgen auffgehenckt, mit der Uberschrifft: Luit laqueo, qui pagnavit dolo. An Stridc allda muß hangen, Der mit List ist umbgangen.

103. L ä c h e r l i c h e G e s c h i e h t v o n e i n e m g e i t z i g e n und dreyen Beutelschneidern

Wirth

. . . Es ist nicht gnug für solches ungerechtes Gut, Allmusen geben, sondern es muß seinem rechtmäßigen Herrn zugestellt werden: So fern solches nicht geschieht, wird es sehr schräddich hergehen an jenem letzten Gerichts-Tag. Ich will solches allda erklären mit einem annehmlichen Ostermärl, oder Geschieht, so sich mit einem alten reichen Geitzhalß hat zugetragen. Beschreibt solches P. Jacobus Bidermannus S. J. von einem Würth, der hatte auf seiner Tafern oder Würthshauß viel Geld und Gut zusammengebracht, und gienge ihm von aller zeitlicher Wohlfarth und Glückseligkeit nichts ab, als sein liebe Haußfrau, die ihm der Todt nicht längst entzuckt hatte. Weilen er nun schon ein alter Greiß, mit dem einen Fuß schon im Grab, gedachte er, seine noch übrige Jährlein in Ruhe und Wittibstand zuzubringen, und die Tafem sambt allen Gütern seinen lieben Kindern, deren er ein gute Schaar hatte, aufzubehalten. Einsmahls kehrten bey ihm ein drey verwegne Gesellen oder Beutelschneider, sprechen ihn um die Nachtherberg an, mit Bitt, er woll ihnen ein eignes Zimmer eingeben, sie wolten sich etliche Täg da aufhalten. Frimmen braf an, sagend, er solt nur wacker auftragen und hergeben, was nur zubekommen, zahlten auch alle Mahlzeiten mit guter Müntz von Thalern und Ducaten aus. Der Würth gedenckt bey sich selbst, solche Gäst taugen für mich, sie müssen gewiß vornehme Edelleuth oder Graffen seyn, massen sie stadtlich bekleid, und mit Geld so wohl versehen seynd, wartet ihnen derowegen

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Andreas Strobl

möglichist auf, läst sich weder Mühe noch Fleiß reuen, führt sie auch gantz höfflich in seinem Hauß hin und wieder, von einem Gast-Zimmer ins ander und zeigt ihnen alles, was zuzeigen war. Sie aber, als abgeführte und wohlgeübte Practicanten geben auf alles wohl acht, besichtigen des Alten sein Schlaffkammer und Schatzkasten, wie auch die Kammerthür, wie solche verwahrt, mit Schloß und Band versehen, wie oder auf (was) Weiß man hineinkommen und den alten Kautz überfallen möchte. Gehen darauf zum Nachtessen, lassen ihnen wohl seyn, und das Beste aufftragen, der Wirth begibt sich zur Ruhe, die Gäst aber trincken noch ein gute Weil, seynd lustig und allegro. Stellen sich hernach, als wolten sie auch die Ruh nemmen, lassen die Aufwarter abtreten, unterreden sich heimlich, wie sie diesen Alten überfallen und den Schatz von ihm bekommen möchten? und kommen übereins, daß sie sich alle drey verkleiden wolten, wie sie dann auch gethan. Als nun der Würth im besten Schlaff begriffen, und Ronchen gezogen, gehen sie hin für sein Schlaff-Kammer, eröffnen die Thür. Der erste, mit Nahmen Andreas hat sich in weiß bekleidt, stellet sich, als wär er der allgemeine Menschen-Fresser, der grimmige Todt, hatte über das Angesicht eine traurige Todten-Larven, über den gantzen Leib biß auf die Fußsolen hinab ein langes schneeweisses Leylach, in der rechten Hand ein Pfütschipfeil, in der Lindcen ein Reiß-Uhr. In diesem Aufzug geht er hin vor das Bett, red den Schlaffenden an, mit verkehrter Stimm, mit tieffgezognen rauhen Worten, sagend: Wache auf, richte dich zum Sterben, die Uhr ist nunmehr ausgeloffen, die Stund ist vorhanden, auf und mit mir davon! schüttlet zugleich die Bettstadt gantz grimmig, daß der Würth vom Schlaff erwacht. So bald er nun die Augen nur ein wenig eröffnet, sihet er vor ihm da stehen den erschrecklichen Todt, fängt darauf an, am gantzen Leib zu zittern, heulet, bittet umb Früstung des Lebens, letztlich nur umb ein eintzigen Tag. Der Todt aber schüttlet den Kopff, spannet den Bogen, legt den Pfeil auf, sagt mit tieff in Paß gezogenen Worten: Haec regios elusit hasta Spiritus, Hic mucro Principes viros, hic Caesares Ictu potente fodit. Idem pauperes evitat, Idem divites. Dum sanguine promiscuo laetatur. Hoc telo & tuum denique caput petetur. I morere Senex. Kein Riß, kein Held, auf dieser Welt, Ist mir bißher entgangen. Vermeynst, ich werd in meim Gezelt Mit dir allein viel Prangen?

Siehst du diesen Spitz? mit diesem hab ich schon viel tausenten den Garaus gemacht. Ich verschon keinen, auch König und Kayser müssen pariren, Arm oder Reich gilt mir alles gleich. Fort mit dir, nimb hin den Tupff, und letzten Schupff, aus ists mit deinem Leben. Kaum hatte der Todt diß außgeredt, da kam der ander Beutelschneider, Matthias genannt, und hatte die Gestalt des leidigen Teuffels an sich genommen, der nurret und murret, rauschet mit einer dicken langen Ketten daher,

Die Diebe als Tod, Teufel und Engel

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wo ist, sagt er mit rauhen Worten, der alte Kautz? hui auf mit dir davon! kein Stund ist mehr übrig, der Ofen ist schon geheitzt, da kanst du dich wärmen, fort mit dir ins höllisdie Feuer, du hast nichts anders verdient mit deinem sündhafften Leben. Wie viel Geld hast du wohl zusam geschachert? wie viel andern abgetruckt, und unrecht eingenommen? wie offt hast du das Wein-Faß mit der Wasser-Kandel heimgesucht? wie offt doppelte Kreiden gebraucht? wo kehren dergleichen Gesellen hin, als in die Holl? ergreifft zugleich, den vor Schrecken halbtodten Mann und will ihn zu sich reissen. Der aber schreyet und bittet zu Gott, rufft alle Heylige an umb Hülff, verspricht alles sein Gelt und Gut da und dort in die Kirchen, und unter die arme Leuth auszutheilen, wann er nur dißmahl aus der Gefahr wäre. Diß alles hat wohl vorgesehen Conrad der dritte Beutelabschneider, so vor der Thür draussen unterdessen Achtung gegeben, die Gestalt und Kleidung des Schutz-Engels an sich genommen. Dieser eröffnet die Cammer-Thür, stellet sich mit gantz liebreichen Angesicht hin vor das Bett des Alten, jagt zugleich den Todt und den Teuffei hinweg, tröstet den alten Greissen, so gut er kont. Als solches der Todtschwache gesehen, weinet er vor lauter Freuden, bittet den Schutz-Engel, er wolle ihn doch nicht verlassen in dieser eusseristen Noth, er wolle alles gern thuen, was er ihm auftragen würde. Der Engel däschlet den Alten mit freundlichen Gebärden auf die Achsel, gibt ihm ein kleinen Verweiß, doch mit gelinden Worten, daß er dem Zeitlichen zuviel nachgestrebt, fragt ihn darauf, ob er aber willens sey, sein Leben zubessern, und das ungerechte Gut wieder zugeben? Ja freylich, antwortet der Alte, von Hertzen gern, gibt darauf dem Schutz-Engel die Schlüssel zu allen Küsten und Kästen, sagt, er wolle die Schatz-Truhen eröffnen, und das Gelt herausnehmen. Als solches Conradus der falsche Schutz-Engel vernommen, wendet er sich zu seinen 2 Camraden, dem Teuffei und Todt, schafft, sie solten sich fortpacken aus der Kammer, der gute Mann habe zwar viel ungerechtes Gut auf sich gehabt, sich aber nun gebessert, er werde nicht allein das ungerechte Gelt wiedergeben, sonder über das ein reichliches Allmussen herschiessen, mithin seine Sünd ablösen. Der Teuffei und der Todt wolten nicht weichen, schreyend, ja wohl! er wird diß in Ewigkeit nicht thuen, es mag nichts mehr von ihm, darumb wollen sie ihm den Garaus machen. Ey ja wohl, replicirt der SchutzEngel, er wird solches gleich diese Stund thuen, in Gegenwart meiner, und damit ihr sehet, daß diesem also, so will ich, weilen er mir die Schlüssel zu dem End übergeben, das Gelt herausnehmen. Gehet darauf mit Verwilligung des Alten hin, sperret alle Truchen und Kästen auf, nimbt heraus, was er von Gold und Silber angetroffen, so viel er tragen konte. Deßgleichen thäten auch der Todt und der Teuffei, rennen in der Finster hin und wieder, raffen das Gelt zusammen. Der Alte merdcte nicht viel darauf, war froh, daß er der Gefahr entgangen. Diß ist zwar nur ein Fabel-Werck und Schimpff. Diese 3 Gesellen, der Todt, der Teuffei und der Schutz-Engel haben mit diesem Alten nur ein Comödi oder Haintzel gespielt, damit sie das Gelt von ihm bekommen

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möchten. Aber, aber, ach leyder! es wird einmal die Zeit kommen, daß der Todt u n d Teuffei nimmer schertzen, kein Comödi, sonder ein traurige Tragoedi mit manchem vornemmen werden . . .

104. E i n M ü l l n e r b e t r i e g t e i n e n mittels seiner Katzen

Bauren

Zu einem Müllner kam ein Bauer mit einem Malter Korn, weilen aber der Müllner zimlich verdächtig, wolte er so lang in der Mühl bleiben, biß das Traid alles abgemahlen, auff daß er wissen kont, wie vil er Mehl von einem Malter Korn hätte. Als er nun dem Müllner das Korn überliefert, der Müllner aber deß Bauren sein Vorhaben vermördct, gedacht er bey sich selbst, wie er ihn hinder das Liecht führen und betriegen möcht, zaigt derowegen dem Bauren auff sein Katz, so da in der Mühl auff dem Beutl-Kasten lag; schau, sagt er, wie ich da ein brave Katz hab, die kan nit allein Mäuß, sondern auch Fisch fangen, obwohlen sonst die Katzen zwar gern Fisch essen, aber die F ü ß nit gern netzen, so ist doch dise Katz also begierig, daß sie sich nit scheuet in das Wasser zu springen, und den Fischen nach zu jagen, glaubst du es? Nein, spricht der Bauer, wan ichs sieh, so glaub ichs, sonst nicht. Nun, sagt der Müllner, wannst mit mir willst gehen, so wirstu es mit Augen sehen, nimbt zugleich die Katz auff den Arm, geht auß der Mühl, u n d sagt dem Bauren, er soll mit ihm gehen, und nur sehen, wie bald die Katz ein Essen Fisch fangen wird, führet demnach den Bauren hinauß, setzt die Katz nider, und ließ den guten Einfalt auff dem Wahn, als wurde die Katz bald ihr Probstück thun. Underdessen stig der Mühlknecht (welcher deß Müllners Meynung schon wüste), durch das haimbliche Steglein in die Mühl, nahm ein guten Theyl vom Korn, u n d verkroch sidi wider. D a nun der Bauer sambt dem Müllner lange zeit bey dem Wasser gestanden, und die Katz nicht in Wasser springen wolt, spricht er zum Müllner, ich glaub nicht, daß heunt dein Katz was fangen werd, es hat kein Ansehen, wollen also wider in die Mühl gehen, worauff der Müllner: So sey es halt, fangt die Katz nichts, so fangt dodi ein anderer (vermeynte den Mühlkneciit, so underdessen auß dem Traidt Sadc gefangen), der gute Bauer verstünde es aber nit, verwunderte sich zwar, daß sein Korn so gar nicht außgeben hätt, muste doch den Müllner f ü r redlich erkennen.

105. E i n g e s c h l e c k i g e K ö c h i n w i l l i h r e n H e r r n b e r e d e n , daß die Kranich von Natur nit mehr als ein Fuß haben Ein vornehmer Edelmann hatte ein grosses Panquet oder Mahlzeit angestellt und darzue seine beste Bekannten eingeladen. Unter andern köstlichen Speisen und Federwildbrät hatte er auch 3 Kranich-Vögl erst neulich bekommen, und solche seiner Köchin zu bratten anbefohlen. Die Frisigunda, also war ihr Nahm, bereitet die Vögel auff das beste, mit gutem Gewürtz, steckt

Ein betrügerischer Müller — Eine schlaue Köchin — Drei Prahlhansen

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sie an Spiß und brattet es fein sittlich. Als sie nun wol gebratten, und im besten Safft, kam sie ein Lust an, dachte bey ihr selbst, ich muß es dannoch gehn kosten, ob sie recht zugericht, nit zu sauer oder zu süß seyn, sonst ich möcht ein scharpffen Außputzer für mein Trinckgelt bekommen, sonderlich, weil ich dergleichen Vögel niemahlen unter mein Hand gebracht, möchte wol wissen, was sie f ü r ein Geschmack haben. Sie streichet erstlich mit dem Finger den Safft herab, dacht ihr aber, sie müsse etwas vom Fleisch versuchen, sonst könne sie kein rechtes Urtheil davon fehlen. Thut derowegen eins, wagts, und schneidt dem einen Kranich den lincken F u ß ab, kostet ihn, und schmäckt ihr herrlich wol, daß sie ihren Lust damit nit genug thun könte, sonder den andern 2 Kranichen auch einem jeden den linken F u ß abgeschnitten und geessen. Nun wäre die Zeit vorhanden, die Speiß auff die Taffei zu geben, thut derowegen die Vögl vom Spiß, macht ein gute Brühe oder Pfeffer darüber, u n d tragets hinein. Der Herr, als er die Kranich trenschiren und vorlegen wolte, sähe, daß sie nur ein F u ß haben, last die Köchin f ü r sich kommen, fragt sie, Frisigunda, wie ist den Voglen geschehen? warumb, Herr, seynd sie nicht recht zugericht? darumb, spricht der Herr, weil sie nur ein F u ß haben, wie ist dem andern Fuss geschehen? hast gewiß du gefressen? was? sagt die Köchin, ich h a b nichts davon geessen, hat der Herr einmahl gesehen, daß die Kranich 2 F ü ß haben? sie stehen allzeit nur auff eim Fuß. Gut, gut, spricht der Herr, geh nur hin. D e ß anderen Tags in aller Frühe macht er sich auff, begibt sich hinauß auff den Mayrhoff, dann er wolte darauß zu Mittag gastiren, last derowegen auch die Köchin hinnach gehen. Underwegs last sich ein grosse Menge Kränich-Vögel sehen, die stunden alle da auff einem Fuß. Die Köchin dachte, das ist gut f ü r mich, schaut Herr, sagt sie, ob die Vögl 2 F ü ß haben? Ha, ha, spricht er, wart du Schleckerin, sie werden bald 2 F ü ß bekommen. H e b t darauff seine beyde H ä n d auff, schlagts zusammen und schreyt Gschä! gschä! d a ß sich die Kranich in die Flucht begeben. Sobald sie sich von Boden erhebt u n d auffgeflogen, reckten sie samblich ein jeder 2 F u ß hinauß und flogen davon. Darauff der Herr zu der Köchin: Schau mein schöne Frisigunda, ob die Kränich nit 2 F ü ß haben? die Köchin ward bald gefast mit schöner Entschuldigung: das nimbt mich nit Wunder, sagt sie, mein Herr, hätt ich gestert, wie ich die gebrattne Kranich auffgetragen, auch die H ä n d zusammen geduscht und geschryen: Gschä! gschä! u n d hätt die Vögl auß der Schüssel verjagt, so wurden sie uns auch vielleicht 2 F ü ß gezeigt haben.

106. D r e y

Söhn liegen ihrem Vatter vor, was grosse Künsten sie erlernt

für

Ein Vatter hat schon drey gewachsene Söhn, diese, weilen sie daheim nichts lehrnen wolten, nur dem schlentzen und müssig gehen ergeben waren, schickt er sie alle drey miteinander fort in die frembde Land, sagend: Weil ihr doch so gar kein gut thun und mir nit folgen wollet, so erkenne ich euch nit f ü r meine

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Andreas Strobl

Kinder, so lang und vil, biß ihr andere Sitten an euch nehmet und ein ehrliche Kunst oder Handwerck erlehrnet, warmit ihr euch selbst hindurch bringen und euer Stuck Brodt gewinnen mödit. Gehet also hin, wo ihr wölt, ziehet oben oder unten auß, und kombt mir nimmer unter mein Gesicht, biß ihr in der Frembd wol etwas gelehrnet. Wan ich dan euren Gehorsam und Fleiß verspühret, mithin sehen werd, daß ihr euch umb ein ehrliche Kunst oder Handwerck angenommen, so will ich mich gegen euch ein getreuen Vatter erzeigen, und meine Haab und Güter, so mir der gütige Gott bescherret, zugleich unter euch außtheilen. Mit disem Bescheid nahmen sie von dem Vatter Urlaub, gehen dahin, reisen ein gute Weil in der Frembd herumb. Aber es heisse bey ihnen: Was der Hänßl nit lehrnt, daß lehrnt der Hanß nimmer. Sie durchwanderten zwar vil und vornehme Stätt, giengen aber nur müssig herumb, sambleten von Hauß zu Hauß ein Weeg-Zehrung, und was sie Pfenningweiß zusammengebracht, das versuffen sie miteinander auff einmahl, hielten sich also meistentheils auff in Frißland zu Langen-Kandl, und lehrneten nicht anders, als was der ungerathene Sohn Luc. am 15. Capitl gekönt. Als nun allbereit 3 Jahr verstrichen, gedachten sie widerumb in ihr Vatterland zu reisen, kamen auch in wenig Tagen an, grüsten ihren alten Vatter, der last sie willkommen seyn und erfreuet sich von Hertzen, daß seine 3 Söhn alle zugleich frisch und gesund ankommen, fragt sie, wie die Reiß abgeloffen? wie es ihnen ergangen und in der Frembd gefallen? und was sie guts gelehrnet? Der erste spricht: Vatter, ich bin ein Hueffschmid, und hab mein Handwerck so trefflich gelehrnt, daß ich mir getrau einem Pferd in völligem Lauff oder Callopiren die Eysen abzunehmen und wider aufzuschlagen. Nun spricht der Vatter, ist gut. Was kanst dan du, spricht er zu dem andern: Ich, sagt er, bin ein Balbirer, bin so fix mit dem Balbirmesser, daß ich einen Hasen, so flüchtig er auch ist, im völligen Lauff so sauber balbiren und den Barth abscheren will, als wan er stock still vor mir da sitzte. Der dritte spricht: Mein Vatter, ich hab ein Lust zum Fechten gehabt und hab mich in diser Kunst so wol geübet, und practicirt gemacht, daß mir im Fechten keiner zu listig worden, oder auff die Hauben kommen wird. Ja, wans so starck regnen thät, als ob man mit Schäffern gusse, so wolt ich mich mit einem Rappier also künstlich verwenden, daß mich kein Tropffen berühren soll. Ey, spricht der Vatter, ihr seyt alle drey galante Kerl, weil ihr euer Kunst so trefflich gelehrnet, so habt ihr meiner Hülff nit mehr vonnöthen, ziehet nur wider hin euer Profession nach, ihr könt euch reichlich ernähren, seyt meines Gelt und Guts nit bedürfftig, und hat sie also alle 3 von dem Erbtheil außgeschlossen.

107.

Ein Diener lieget seinem Herrn und braites vor

ein

langes

Ein Edelmann ritte mit seinem Diener über Land, da sie nun hinauß kommen auff die Landstraß, da sprang auß einem Gepüsch herfür ein schöner grosser Fuchs, und lauffte in den Wald hinein. Der Herr sprach zum Diener:

Der Lügenfluß

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ist nit das ein schöner galanter Fuchs! was wolts umb disen Fuchsen seyn, antwort der Diener mit stoltzen Gebärden, in meinem Vatterland gibt es wol grössere Fuchsen. W o bist du dann zu Hauß? In Dennemarck. Da hab ich so grosse Fuchsen gesehen, als da seyn möcht ein gemäster Ochs. Der Edelmann pfeiffet ein lauten Pfeiffer, das heist aufgeschnitten, sagt er lachend, das ist wol über die Schnur gehauet. Nun, Eur Gnaden mögens glauben oder nit, ist halt dannoch wahr. Der Herr dissimulirts, lasts darbey bewenden, reittet fort. Uber ein gute Weil ziehet er sein Huet ab, nimbt ihn under den lincken Armb, ziehet seinen Rosenkrantz herauß und bettet gar andächtig und beständig fort. Der Diener wundert sich der grossen ungewöhnlichen Andacht seines Herrens, kont sich nit enthalten, fragt ihn: Eur Gnaden wollen mirs gnädig vergeben, daß ich frag, es gehet mich zwar nichts an, aber ich möcht wol wissen, was es bedeute, oder warumb Eur Gnaden so eyfferig betten? kans wol sagen, so lang ich bey Eur Gnaden bedient bin, hab sie niemahl so eyfferig betten sehen. Ja, mein Kerl, sagt der Edelmann, wilst wissen was? Die Gefahr und die Forcht lehrnet einen schon betten. W i e da? wir werden heunt zu einem gewissen Bach kommen, da müssen wir hinüber setzen, nit ohne Lebengefahr, dann er hat diese Eigenschafft an sich, daß er die jenige, welche mit Lugen und Unwarheit umbgehen, gemainiglich stürtzet, träncket und versencket. Dann obwohlen ich mich in meinem Gewissen keiner Unwarheit schuldig waiß, so kan ich halt dannoch nicht ohne Forcht seyn. Was geschieht? bald darauff kamen sie zu einem Fluß, da schautterte dem Diener schon das Hertz, fragt den Herrn, Herr ist diß der gefährliche Bach? da schau du zu, sagt der Herr, laß midi jetzt betten, ich schau auff mein Schantz. Mein Herr, replicirt der Laggey, daß ich recht sage, die Füchs in meinem Vatterland seynd nit so groß, wie ich gesagt hab, sonder in der Groß eines gewachsenen Kalbs. Ist gut. Der Edelmann reittet das Wasser an und kombt mit sambt dem Diener glücklich hindurch, sey Gott Lob, spricht der Diener, daß wir nur da herüber kommen seynd. J a Kerl, widersetzt der Herr, wir haben noch den rechten Bach nit vor unser, wird noch wol anders hergehen. Bald hernach kamen sie zu einem anderen Fluß. D a fiele dem Laggey wider das Hertz hinab, kratzt sich im Haar, Herr, sagt er, ist das der gefährliche Bach? du wirst es schon erfahren, antwort der Edelmann, bist du unschuldig, so darffest dir nichts förchten, schau gleichwol was du thust. Der Diener förchtet seiner Haut, Gnädiger Herr, spricht er, ich hab mich geirrt, die Füchs in meinem Vatterland seyn auch so groß nit als ein Kalb, aber wol wie ein Gastraun oder ein Schaff. Das wär ein anders, mein Pirschl, sagt der Edelmann und reittet über den Bach, der Diener deßgleichen, ohne eintzigen Anstoß oder Gefahr. Indeme sie also fortreiteten, kommen sie zum dritten und grösten Wasser. D a stehet aber der Edelmann gar ab vom Pferd, knyet nider und bettet gantz andächtig, ein Seufftzer über den andern. Der Diener bildet ihm ein, diß muß der jenige Bach seyn, von dem mir mein Herr so offt gesagt hat, und weilen er ihme also förchtet, so muß ich auch wol in mich selbsten gehen, daß kein eintzige Unwarheit in mir zu finden seye. Bittet derowegen seinen

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Andreas Strobl

Herrn umb Vergebung, daß er ihme in dem Gebett einrede, ich kans nit umbgehen, spricht er, wann ich die Sach recht beym Liecht beschau und überlege, so muß ich bekennen, daß die Füchs in meinem Vatterland auch nicht grösser seynd, als allhie, es ist ain gröst. Ist gut, spricht der Herr, weil du dannoch dein Lug bekennest, wisse derowegen, dieser Bach, diß Wasser, ist halt auch wie ein anders Wasser, und wird dir hoffentlich kein Schaden bringen. Aber du sey ein anders mahl behutsamber im reden, wirff das Beul nit zu weit, sonst will ich. dir Bastoni über den Buckel geben.

108. E i n S c h n e i d e r s i e h e t i n e i n e m G e s i c h t e i n e n F a h n von a l l e r l e y F l e c k l e n Ich muß E ( u e r ) L ( i e b ) und Andacht anfänglich ein kurtzweiliges Oster-Märl oder Geschieht erzehlen, welche sich mit einem Schneider zugetragen. In einer gewissen und vornehmen Reichs-Statt befände sich ein gewisser Schneider, genannt der Maister Nickel, der gar wol umbzuspringen wüste mit dem Zwickel, also wol erfahren und abgericht im Zuschneiden, daß auch ihme allzeit ein guter Fleck überblib, und zu theil wurde. Diser käme einsmahls in aller frühe daher geloffen in die Kirchen zitterend und fiberend, wie ein Espes Laub, für den Beichtstuel, bittet den Beichtvatter, er wolle nun bald sein Beicht anhören, und ihn nicht lang warten lassen. Der Pater kunte sich nicht gnug verwunderen über solche unversehene Metamorphosin oder Verstellung, hört ihn Beicht, und fragt ihn erstlich, mein sagt er, wie kommet es, mein Maister Nickel, was ist die Ursach, daß ihr also zitteret und wider euer Gewonheit so frühe dem Beichtstuel zueylet! was ist euch widerfahren? O mein Pater, sagt er, und thut einen grossen Seufftzer, O was für ein erschröckliche Erscheinung hab ich die heutige Nacht gehabt! was da? Ach, es ist mir halt im Schlaff der laidige Teuffei vorkommen, gantz kohlschwartz, führte in der lincken Hand ein Schär, wie ein Schneider, in der rechten einen grossen Fahn, wie ein Fähndrich, welchen er ohne Unterlaß mit Freuden über meinen Kopff herumb geschwungen, was etwann bedeuten wird. Mein, repliciret der Beichtvatter, wisset ihr nit, was ists für ein Fahn gewesen, von was für Zeig, oder Matery, wie hat er außgesehen? Mein Herr, spricht der Maister, es ist halt ein geflickter Fahn gewesen, und hat mich geduncket, es seynd alle die Fleckel darin von Seiden und Sammet, die ich nach und nach unter den Stuel geworffen, und entragen hab. O wann das ist, widersetzet der geistliche Vatter, so dörfft ihr euch nicht verwunderen mein Maister Nickel, und habt wol Zeit gehabt euch zu bekehren, der Teuffei hat den Fahn nicht umb sonst über euch geschwungen, dann hierdurch hat er andeuten wollen, daß er über euch schon obgesiget, und euch in seinen Gewalt bekommen hat. O wie recht habt ihr gethan, daß ihr so geschwind gebeichtet, und zu Gott bekehret habt: aber last euchs ein Witzigung seyn, hütet euch, daß ihr hinfüro keine Fleckel mehr stellet, gebt fein einem jedem, was seyn ist, damit ihr aber solche mein Ermahnung in kein Vergessenheit stellet, sondern immerzu in der Gedächtnuß be-

Des Schneiders Traum. — Eine Sau für den Teufel

gehalten

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haltet, so gib ich euch zur Bueß auff, daß, so bald ihr haimb kommet, ihr euren Lehr-Buben aufftragt und befelchet, hörst Bub, wann ich hinfüran ein Kleyd, etwann einen Rock oder Mantel, oder für das Frau-Zimmer von Atlaß, vom blumten Brocat, oder Carmesin-rothen Damasck, oder anderer Matery was zuschneide, so mahne mich allzeit, zopffe mich und sag: Maister gedencket an den Fahn. Der Lehr-Jung kommet diesen Rath fleissig nach, und hat der Maister erfahren, daß ihm solches Mittel offt und vil geholffen, daß er lange Zeit keinen Fleck mehr unsichtbar gemacht. Einsmahls aber hat es sich begeben, daß man disem Maister Schneide-Win einen sehr köstlichen Zeig und güldenes Stuck zugeschicket, umb auß demselben einen Kirchen-Ornat, nemblich ein Meß-Gewandt und Leviten-Röck und was etwann noch sonst darauß werden könte, zu Kelch-Tüchlein etc. zu machen. Legt derowegen diß Stüde hin auff einen besonderen grossen Tisch, nimmet seinen Elen-Stab, machet darmit seine Spring, nimmet zugleich die Kreyden in die Hand, ziehet damit die Linien, machet darmit seine Riß und Verzaichnungen, wie ein Mahler, mummelet bey sich selbst, daß taugt dahin, das dorthin, das gehört zu disem, das zu jenem, das vor mich, ergreifft darnach die Schär zum zuschneiden. Der Lehr-Bub der Michele blenkitzet immerzu mit den Augen auff den Maister, die Sach käme ihm suspect vor, springt derowegen gähling auff von seinem Stuel, nimmet ihn bey den Ohren und schreyet ihm zu, Maister denckt auff den Fahn. Der Maister wolte nicht hören, schneid nur fort, was geist was hast. Der Michele nicht faul, reibt ihm das Ohr besser umb, wie der Kellner die Pippen im Bier-Vaß, wanns verschwollen ist, schreyet über laut, Maister dencket an Fahn. Warüber der Maister hefftig ergrimmet, schlagt den Michele mit der Schär auffs Maul, was waist du darumb, du Leckerl, laß mich schneiden, sagt er, ich weiß schon was ich thun soll, ich hab zwar allerley Fleck in dem Fahn gesehen, aber kein so schönen, von einem güldenen Stuck hab ich darin nicht gesehen. Namme also einen guten Theil von dem güldenen Stuck, behielts für sich, und handelte wie vor und ehe. Disem Maister wäre nicht vil ungleich jener Schneider-Gesell, welcher seinem Maister einen grossen Fleck bey dritthalb Elen Engeländischen Tuchs entfrembdt. Der Maister suchte solche allenthalben auff dem Tisch, unter dem Tisch, auff der Bande, unter der Bande, da und dort, in allen Windclen, konte es doch nicht finden. Er fragt: Weib, waist du es nit? nein. Gesell waist du es nit? nein, auff mein Ayd nit. Kinder wisset ihre nit? nein Vatter. Lehr-Bub waist du es nit? nein Maister. Menscher, wisset ihrs nit? nein. Ey, ey, wo muß der Fleck hinkommen seyn. Er kratzet sich wol im Haar, konte ihn aber auch nicht herauß kratzen. Endlich nach langem und vilem Suchen fast er den Argwohn, der Gesell hätte einen Griff gewagt, und weil ihn der Zorn übergangen, also hat er das Stückl austrucklich von ihm begehrt, sagend, du und kein anderer muß den Fleck haben. Warauff der Gesell geschworen, der Teuffei solle ihn von der Banck hinunter führen, wann er einen Faden entfrembdet hat. Was geschieht? bald hernach leutet jemand an, und weil das Glödeel nahend bey dem Fenster, allwo der Gesell gesessen, also öffnet er das Gudeerl zu

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Andreas

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schauen, und zu fragen, wer leute? dazumahl hatte gleich der s(alva) v(enia) Sau-Hirt sein Heerd eingetriben, unnd als bey dem Hauß deß obbenannten Maisters ein grosse Schwein sich an der Mauer geriben, hat sie ohngefähr das Striekel zum Glöckel angezogen. Wie nun der Schneider-Gesell gähling hinab geschauet, und er die grosse Sau wahrgenommen, gedacht er alsbald an seinen Schwur, der und der soll ihn holen, und glaubte, jetzt seye der schwartze Casperl umb ihn da, springt derowegen gantz bleich von der Banck herunter, fallet seinem Maister zu Füssen, und bitt ihn mit auffgehebten Armben umb Verzeyhung, und bekennet freymüthig, daß er den Diebstall begangen, auch urbietig seye alles widerumb fleissig zu erstatten.

109. O s t e r - M ä r l v o n e i n e r k a r g e n S c h n e i d e r i n und ihrem Lehr-Buben In einer gewissen Stadt befände sich ein wohlhäbiger, vermöglicher Schneider, welcher sich auff sein Handwerch gar wol verstundte, allerhand schöne Modi-Kleyder machen konte, derowegen ein grossen Zugang, und vil Arbeit, auch zu dem Ende stäts drey oder vier Schneider-Knecht hatte, welchen er auch ein gutes Wochen-Lohn raichte, und zuweilen ein gute Zech Bier hinabzahlte, weilen er ganz gut und freygebig war. Sein Weib hingegen war ein sehr karger Filtz, welche den Gesellen gar schlechte Tafel gehalten, daß sie niemal gnug zu essen hatten, sonder allzeit hungerig vom Tisch auffstehen musten, derentwegen keiner lang bey dem Meister verbliben. Jedannoch muste der Lehr-Bub wol patientiren und verlieb nehmen, wolte er änderst seine Lehr-Jahr erstrecken und außlehrnen. Diser aber war ein außgemachter, verschlagner Vogel, und obwohlen er noch erst ein Lehr-Jung, war er doch in der Schalckheit ein ausgemachter Maister. Einsmahls hat sichs zu getragen, daß der Maister auff dem Ostertag, auff den Abend, seine liebe Gfattersleuth durch den Lehr-Buben einladen lassen zu dem Geweychten, auff ein Salätl und ein Brättl, welche auch gewiß zukommen zugesagt. Zu disem Ende hat die Maisterin in der Küchel gute Vorberaitung gemacht, Kiechel angemacht, ein guten grossen Niem-Braten angesteckt und andere Zuspeißlen gerichtet, ihre Gäst zu tractiren. Welches dem Lehr-Buben grosse Freud gemacht. Juhey! gedenckt er bey sich selbst, heunt wird ich ja auch einmahl ein gutes Bißl auff mein Schnabel bekommen, ist doch heunt der Heil. Ostertag, da alle Bauren Fleisch und Kiechel essen, und ich solte lär außgehen? Es wird mir ja auch wenigist ein Stuck Brätl, sambt einem Kiechl zuthail werden? Aber die Hoffnung wär ihm bald in den Brunn gefallen, wann er nit ein Vorthel gebraucht hette, wie er dann ein außgemachter Ertz-Vogel gewesen ist. Was geschieht? Nun die geladene Gäst kommen daher, man sitzet zu Tisch, tragt ihnen Gesottnes und Bratnes auff, die Gesellen sowohl als auch der Lehr-Bub wurden zwar auch an Tisch gesetzt, musten aber sparmuntes halten, die Maisterin legt ihnen nur auff einem Schaitl jedem was wenigs vor, sonderlich dem Lehr-Buben, dem

Ein Lehrbub schneidet tapfer auf

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gab sie ein Bröckel Fleisch auff sein Däller, nit grösser, als etwann ein Welsche Nuß. Worüber der Bueb anfangen zu wainen, hat beyde Händ darüber gehalten, und überlaut auffgeschryen: Auwel Auwe! die gegenwärtige Gäst erschricken nit ein wenig darüber, wie auch die Maisterin, welche dann alsobald gefragt: was ist dir, du Rotzmaul, was ist dir geschehen? O mein Maisterin, spricht er, es ist ein grosser Webs daher geflogen, dessentwegen hab ich also geschryen, weil ich geforchten, er möcht mir mein Stuck Fleisch vom Däller hinweck nehmen. Das war ein subtiler Nadl-Stich, den die Maisterin wol konte verstehen: Doch thäte sie nichts dergleichen, daß sie dem Buben etwas mehrers vorlegte. Derowegen er noch ein anderen Fund erdacht. Hat sich gantz lustig und frölich erzaigt, auch angefangen auffzuschneiden. Maisterin, sagt er, weil ich noch dahaimb bey meinem Vatter gewesen, und der Schuester auff der Stehr bey uns gearbeitet hat, hab ich ihm ein grossen Knollen Schuester-Bech gestohlen, und in Sack geschoben, wie mich nachmahlen mein Vatter über Land außgeschickt, und ich ohn gefehr einen Haasen hab lauffen gesehen, da hab ich den Bech-Schrollen ihm an den Kopff geworffen, und weil durch solches Getöß ein anderer Haaß auffgestanden und beede mit den Köpffen zusammen geloffen, da seynd sie also der gestalten zusammen gepickt, daß ich sie über die Achsel genommen, einen vor, den andern hinten her, und folgsamb alle beede lebendig nach Hauß gebracht. E y so lieg, sagt die Maisterin, du B e m heuter, so lieg! Frau, sagt der Bub, wann das nit wahr ist, so stoß mir diser Bissen (nimbt ihr zugleich ein Stuck Brätl von dem Däller) über 100 Jahr das Hertz ab: das hat ihm wol geschmeckt. Bald darnach fangt er abermahl an auffzuschneiden: Frau, mein Vatter hat mirs erzehlt, nicht nur einmahl, weil er selbst darbey gewest, wie die Kayserische die Hauptstadt Ofen in Ungarn belägert, so ist einem Musquetirer mit einer Stuck-Kugel der rechte F u ß wurtz abgeschossen worden, auff dises ist der Kerl dermassen erschrocken, daß er alsobald mit dem lincken F u ß darvon, und zwar drey gute teutsche Meil geloffen, und hat vor Schröcken nit einmahl gewust, daß er nur ein F u ß habe. E y so lieg, sagt die Maisterin du Schelm, lieg! Frau, widersetzt er, wann das nit wahr ist, so soll diß (nimbt ihr zugleich ein guten Kiechel vom Däller) mein letzter Bissen seyn. Dem Buben grausete gar nit vor solchem Bißl. E r führe noch weiter fort und erzehlt, daß seiner Vatters Nachbauer einen Raaben gehabt, der gantz haimblich gewest, dieser, sagt er, hat mit dem Schnabel, trutz einem Schreiber mit der Feder, schön schreiben können: doch ließ er beynebens sein diebische Natur nicht, sonder hat alles und jedes gestohlen, ja so gar hat er einem Metzger einen Ochsen auß der Fleischbanck hinweck geraubt, und solchen gar auff den Kirchenthurn hinauffgetragen. Hör auff zu liegen, schreyt die Schneiderin, du Auffschneider, du Tausendlugner. Frau, widerhollet er, wann daß nit wahr ist, so soll diß (nimbt zugleich ein groß Glaß voll Wein der Maisterin hinweck) mein letzter Trunck seyn. Der Bueb hat niemahl so gut gelebt, als dißmahl. Die Maisterin aber wurde hierüber zornig, schlagt den Buben ins Gesicht, sprechend: auff ein Lug gehört ein Maultaschen. Der Bueb nicht faul, gibt dem nechsten Gesellen auch ein Ohr-

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feigen, mit disem Zusatz, last herumb gehen, so kombts auff die Maisterin auch. Welches der Schneider-Gesell auch nit widerredt, sonder er und seine Cameraden ein jeder die Maul-Schellen gern angenommen, und hinumb gehen lassen, damit sie sich einmahl an der kargen Maisterin rächen könten.

110. V o n e i n e m S c h n e i d e r - G s ö 11 e n , w e l c h e r s e i n e m kargen Maister ein gestessnes z u g e r i c h t In einer gewissen Stadt in Teutschland befände sich ein Schneider, Maister Gebhard genannt, der hatte einen sehr fleissigen, arbeitsammen Gesellen mit Namen Peter, deme er aber doch gar ein geringes Wochenlohn und schlechte Kost gegeben, wenig auff die Schüssel geschlagen, nur Suppen und Kraut auffgesetzt und ein dinnes Schnidl Brodt vorgeschniden, mit disen muste er gnug haben, biß auff den spaten Abend. Als nun diser gute Schneider-Knecht, vierzehen Täg bey disem hungerigen Maister in strenger Arbeit zugebracht, ward er letztlich so matt, und vor lauter Hunger so schwach, daß er einsmahls unter Tags in die Ohnmächten gefallen und von dem Schneiderstuell auf den Boden hinab gesuncken. Der Maister erschrickt, und vermainte, er wär etwann in die Fraiß gefallen, schreyet seinem Weib, sie soll geschwind umb ein Fraiß oder Krafft-Wasser umbschauen. Der Schneiderknecht aber, so sich unterdessen wider erhollet, als man ihm ein Löffel voll Schlagwasser eingeben, und das Angesicht, Schiäff und Nasen damit waschen wolte, deutet mit dem Finger hin auff den Laib Brodt, so im Stuben-Kästl gelegen, als wolt er sagen, gebt mir ein guten Schertz Brodt, so ist mir schon geholffen, und brauchte kein andere Labnuß, stunde hernach wider auff zu der Arbeit. Nit lang darnach, als diser Maister Gebhard gar gnädige Arbeit und vornehme Klagkleyder zumachen hatte, wolte er was freygebiger seyn und weilen der Schneiderknecht offt in die tieffe Nacht hinein zu arbeiten hatte, liesse er grosse auffgangne Nudl machen, zwar gut, aber gantz wenig, daß solche einer allein gar leicht hätt essen mögen, also das sie darmit in Schnapps fertig worden, als sie nun auff den Boden kommen, sähe der Maister noch 2 Nudl in der Pfannen ligen, und aneinander geklebet waren, greifft derowegen gschwind hinein, daß ihm der Knecht nit vorkäme, in die Pfann, und als er gesehen, daß die Nudeln etwas aneinander klebeten, ziehet er alle beede auff sein Däller hinauß. sagend: ich habs mein Lebtag gehört, was unser Herr zusammen schafft, soll S. Peter nit voneinander scheiden, isset also alle beede Nudl, und last dem Schneiderknecht nichts. Welcher es aber sehr hart empfunden, stunde derowegen hungerig auff vom Tisch, denckte aber bey sich selbst, ha, ha, wart nur mein Maister, ich will dich schon zahlen. Was geschieht? Einsmahls kombt ein Soldat, ein Corporal zu selbigem Schneidermaister ins Hauß, tragt ein Stückl blaues Tuch unter den Armben. Der Knecht fragt, was er wolle? Er antwortet: ich wolte mir gern einen Rock lassen zuschneiden. Ja mein guter Freund, spricht der Schneiderknecht, der Maister ist jetzt nicht zu Hauß, er sitzet mehr im Würthshauß, müst nur ein anders mahl kommen, könnt das

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Noch zwei Geschichten von hungrigen Schneidern

Tuech dieweil da lassen. Ey, antwort der Soldat, ich wills schon erwarten, biß er nach Hauß kombt, last ihn nur bald hollen. Ja, widersetzt der SchneiderGesell, mein guter Freund, wist ihr was? mein Maister bringt gemeiniglich ein guten Rausch haimb, wann er zecht, und fangt darnach gern Händl an: so merckt nur auff, wann ihr doch auff ihn warten wollet, will gleich umb ihn schicken, gebt aber acht, wann er den Rock zueschneidt, und schlagt mit der Hand auff den Tisch, so schaut wol zu, er thut euch gwiß angreiffen. Als nun der Maister wol bezecht nach Hauß kommen, und das Tuch von dem Soldaten empfangen, auch das Maß seiner Statur, die Länge, die Braite und anders genommen und den Rock gemessen, legt er das Tuch auff dem Tisch voneinander, schneidet den Rod? zue, legt die gehörige Stuck zusammen, unterdessen als er die Schär verlegt, schlagt er mit der Faust auff den Tisch, daß sich die Schär solt hören lassen, wo sie liget. Der Soldat nicht faul, fallet dem Maister ins Haar, was? sagt er, du Schurgg, willst du mit mir Händl anfangen? wirfft ihn zu Boden, mäßt ihm mit seinem Corporal-Stab den Buggel ab, und zerknifelt ihn guting mit der Faust. In dem sie also beede einander in Haaren ligen und der Maister Gebhard gesehen, daß er übermaistert, auch deß gestessens genug hatte, schreyet er dem Knecht: Peter, hilff mir! Peter schaide! nein, nein, sagt der Knecht, ich habs mein Lebtag gehört, was unser Herr zusammen hat geschaffen, soll S. Peter nit schaiden, habt ihr die zwey Nudl in der Pfann nit voneinander geschaidt, so thue ich euch auch nicht voneinander schaiden, habt ihr die Nudl gern allein geessen, so esset das Gestessens auch allein. Also sehet, hat diser Maister Schneider büssen müssen, daß er seinen getreuen Knecht nicht besser belohnt hat.

111. E i n n o t h i g e r

B au e r n - S c h n e i d e r u n d Lehr-Jung

sein

In einem gewissen Dorff in dem Bintzgau, befände sich ein armer und nothiger Gey-Schneider, mit Namen Maister Kilian Ißgem. Der hatte einen jungen Lehr-Buben, Bärthl genannt, welchen er überall hin mit sich auff die Stehr genommen, damit er ihm zu Hauß von dem Brodt käme, welches dem Buben gar wohl bedient war, weilen er anderstwo vil mehr und besser zu essen hatte, dann zu Hauß bey dem Maister gäbe es gar schmale Suppen ab und konte sein Hunger nit stillen, freyet sich derowegen von Hertzen, wann ihm der Maister von einer Stehr sagte. Einsmahls kamen sie im Winter umb die H. Weyhnachtzeit zu einem wolhäbigen Baurn auff die Stehr, arbeiteten etliche Täg, und nachdem sie allerley Gwand, als Rock und Hosen, auch anders außgemacht, schafft der Maister dem Lehr-Buben, geh hin Bärthel in die Kuchel, jetzt wird schon ein gute Gluet oder Feuer darauß seyn, dann es wird schon dahin Nacht, leg das Pögel-Eysen in die Gluet auff den Herd oder in den Ofen, daß ich das Gewand außpöglen kann. Der Bub laufft alsbald hin, legt das Eysen ins Feur, setzt sich hernach wider auff sein Stiellel. Uber ein gute weil schafft ihm der Maister widerumb, geh, Bärthel, schau, ob das 17

Moser-Rath

Andreas Strobl

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Pögl-Eysen haiß genug sey. E r gehet hin, und sihet in der Kuchel, daß die Bäurin ein gutes Brett voll Nudl angemacht und schon allbereit in die Pfann gelegt. Er nimbt das Pögeleysen herauß, laufft dem Maister mit Freuden zu, Maister, sagt er, ich hab etwas gesehen, was? Potz tausend Alleluja, heunt haben wir gute Nudel zu essen, die Bäurin kocht auffgangene, gute, schmaltzige und pflämige Nudel, ich main, ich iß schon daran. Ists wahr? sagt der Maister, ey, wanns nur bald Nacht wär und Zeit zum Essen, es wässern mir schon die Zähn darnach. Ich förcht nur, widerhollet der Lehr-Bub, ich kan mir nit gnug essen, der Baur hat gar vil Knedit und Dirnen, die haben grosse Mäuler, als wie ein Kuhe, und schieben schier ein gantzen Nudl auff einmahl hinein, also werden sie mich, und euch, Maister, übereylen, daß wir zu kurtz kommen. O! Widersetzt der Meister, disem Häckel will ich schon ein Stihl finden, wär ich doch sonst kein Schneider, wann ich nit spitzfindig wär, als wie ein Nadel, wir wollen schon schauen, mein Bärthl, daß wir sonst haimblich etliche Nudl bekommen. Ja, spricht der Lehrbueb, wie kans sein, wie müssen wirs angehen? Schau, mein Bärthl, ein so müssen wirs machen, wann wir zu Nachts essen und die Nudl auff den Tisch kommen, so will idi midi stöllen, als wann ich das Liecht butzen wolte, will den Putzer nemmen und das Liecht mit Fleiß abputzen. Unterdessen, weil sie umb ein anders Liecht gehen, so greiff in der Finster, haimblich, mit beeden Händen geschwind in die Schüssel und stihl etliche Nudl herauß, Geschwindigkeit ist kein Zauberey, schiebs in dein Busen, dahaimb wollen wirs schon miteinander essen. Ja, Maister, sagt der Bärthel, das will ich thuen. Was geschieht? Als nun die finstere Nacht angebrochen, und die Zeit zum Essen vorhanden war, da tragt die Bäurin erstlich die Suppen, hernach gesottene Bayrische Riebel und nach solchen die Nudel auff den Tisch. Kaum aber, als man etliche davon geessen, da ziehet der Maister Kilian den Leichter zu sich, nimbt den Putzer und putzet das Liecht mit Fleiß ab, stellt sich, als wann er solches nit gern gethan hätte. Als diß der Lehrbub gesehen, fragt er alsbald den Maister in der Still: Maister, sagt er, m u ß ich jetzt die Nudl stehlen? Welches aber der Baur dannoch gehört, u n d wohl verstanden. Was? sagt er, du Lecker, wollest du Nudl stehlen? gehe her, ich will dir gern Nudl zu essen geben, nimbt ein Brigel, und pört ihm den Buggel guting ab, daß ihm der Lust zum Essen gantz vergangen, also hat er an statt der schmaltzigen Nudl ein gestessnes bekommen.

112. E i n

alter Baursmann ropffet Indianischen Hahn

einen

Im Pintzgey war ein vermöglicher Bauersmann, ein Wittiber. Diser, weilen er keine Kinder hatte, welche ihm hausen helffeten, tratte zur anderen Ehe, und nähme seines Nachbauren Tochter, so ein feines, tugentsames, haußliches Mensch war, stellte sich gleich nach der Hochzeit gar embsig, gehorsam und fleissig, daß der alte Mann ein Freud darob hatte und Gott Danck sagte, sagend: O mein Herr! hast mir halt ein gutes Weib geschickt, hätte ja auß dem

Eine Frau schickt den Tod zu ihrem Mann

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Glüdcs-Hafen kein bessere ertappen mögen. Was geschieht? bald darnach erkranckt der Mann und hatte einen gefährlichen Zustand, gedachte derowegen mit seinen zeitlichen Haab und Güteren eine zeitliche Disposition zu machen, damit etwan nach seinem Abieiben unter den Bluts-Freunden kein Streitigkeit entstünde. In dieser währenden Kranckheit hatte sein Weib ein hertzliches Mitleyden mit ihm, heulte und weinte vor dem Beth, sagend: O mein Mann, wan du nur nit stürbest, du bist mir ja so lieb, daß ich auff der gantzen Welt kein anderen Trost hab, als dich. Aber wan ich nur so glückseelig wär, daß ich vor deiner sterben thät! dan wan du vor mir sterben soltest, so wissete ich vor lauter Leyd nicht wohin, ich müsset gleich zu dir ins Grab springen, dan was für Freud, was für Zuflucht wurd ich mehr haben auff der Welt? ich kont mein Leben nimmer frölich seyn, soll mir auch mein Lebtag keiner mehr auff mein Seiten kommen. O mein Riepl, wan du nur für dißmahl besser wurdest, ich will Tag und Nacht für dich betten. Uber wenig Tag hernach steht der Mann von seiner Kranckheit auff, das Weib erzeigt sich gantz frölich, wartet ihm fleissigist auff den Dienst (weil sie in der Hoffnung stund, all sein Gut zu erben) fragt ihn zu öfftermahlen, mein Schatz, mein Kind, was wilst essen? magst das und das? sags nur, will dirs gern alles kochen, soll mir nichts zu theur seyn, weil du nur wider auffkombst. Sie gibt ihm so vil süsse Wort, daß der Mann bey sich gedacht, möcht doch wol wissen, obs meinem Weib umbs Hertz auch also, wie umbs Maul wäre, und als sie ihm bald darnach wider also liebkosete, sagend: Mein Mann, wär mir wol hertzlich leyd gewesen, wan du gestorben wärst, sprach er darauff: O mein liebes Weib! machs Gott, wie es ihm gefallt, ich fördit wol, eins auß uns beyden muß in wenig Tagen sterben. Warumb mein Kind, sagt das Weib, darumb, antwortet er, ich hab den Todt, aber erschrick nit, schon öfften gesehen in unserem Hauß bey nächtlicher Weil hin und hergehen und umbschauen, als ob er etwas suchete, und gemeiniglich geschieht solches in Loß-Nächten, ich förcht, wan er mich oder dich oder alle beyde ersiehet, so wird er uns zu sich nehmen, da müssen wir ins Grab und voneinander gescheiden werden. O das wolt Gott nit! spricht das Weib. Ich weiß, was wir thun wollen, sagt der Mann darauff, wir wollen uns heunt, und allezeit auff den Abend, wan er zu kommen pflegt, beyde verbergen, ich will unter die Kraut-Poding schlieffen, du verbirg dich hin, wo du wilst, daß er uns nicht findet. Nachdem sie sich also unterredet, geht der Mann hin in ein besondere Kammer, ropffet einem Indianischen Hahn die Federn alle miteinander auß, schneid ihm den Kamm ab, daß er also gantz nackend und bloß war, auff den Abend, da niemand umb die Weeg war, last er ihn auß, verbirgt sich unter die Kraut-Poding, und loset, was sich darmit zutragen werde. Der Indianische Hahn, obwohlen gantz bloß, spatzet auff dem Fletz auff und nider, mit hohen und langen Schritten, reibt sein Kopff hin und her, als ob er etwas suchete. Unterdessen lauffet die Bäurin herauß auß der Stuben, gedachte, es kombt die Nacht herzu, ich will mich gehen verbergen, und in dem Keller verstecken, daß mich der Todt nit findet, und als sie den nackenden 17®

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Hahn von weitem gesehen, erschrickt sie darob, vermeinte, diß wär der Todt, fast ihr doch ein Hertz und fragt ihn, was wilst da bey uns? und als er nichts sagen wolte, spricht sie: Du suchst gewiß mein Mann? schau, dort draussen unter der Kraut-Poding wird er ligen, es wär ihm wol gar noth sterben, er hat schon lange Zeit ein Anligen und grobe Husten, nimb ihn nur zu dir, aber mich laß noch länger leben. Der Mann hörte alles und konte sich kaum deß Lachens enthalten, war froh, daß er gleichwol erfahren, wie er seinem Weib so lieb sey.

113. E i n K e r b i m a c h e r

schlagt sein

Weib

In einer gewissen Statt war ein feiner Gottsförchtiger Mann, seiner Profession nach ein Körbimacher, welcher kein anders Einkommen oder Mittel hatte, als was er durch das Körblmachen gewänne, darvon muste er sich und sein Hausung hindurch bringen, wäre demnach mit seiner Handtierung gar wol zufriden, Gott gäbe ihm den Seegen, daß ihm alles wol ersprossen. Dahero unterliesse er auch nicht, allzeit, wann er ein Körbl fertig gemacht, Gott darumb zu dandcen und zu sagen: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Und dieweilen sich der Seegen Gottes bey ihme täglich vermehrt, tribe er auch sein Weib an, wie billich, und ermahnte sie, sie soll ebenfalls, wie er, Gott loben und Danck sagen, und wann ein Körbl fertig worden, sagen: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Das Weib aber wolt nit daran, und schüttelt den Kopff und murret darwider. Der gute Körbimacher hatte ein grosses Mißfallen ab dieser Halßstärrigkeit, und weilen er mit gutem nichts außrichten konte, wolt er mit Schärpff verfahren. Derowegen, als er einsmahls ein absonderlich schönes Körbl verfertiget, spricht er: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Zeigts hernach seinem Weib und ermahnt sie, Gott darumb zu loben und spricht, sag fein, wie ich, daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Sie wolts aber nicht sagen. Der Mann wird darüber zornig, schreyt ihr zu, wilsts nit sagen. Nein, ich sags nit, was geht mich dein Körbl an, sagst dus nit? replicirt er, so komb ich dir übern Kopff. Komb nur her, spricht sie, was frag ich nach deinem Körbl. Der Mann voller Unwillen, nimbt das Körbl, schlägts dem Weib übern Kopff, daß die Trümmer davon springen, und trücknets hernach erst mit den Fäusten gutding ab, schlagt in sie was er kont und schrye zugleich: S'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht. Das Ragell war kaum fürüber, hats gleich der Bürgermeister innen worden, der erzehlts seiner Frawen, daß der Körbimacher sein Weib geschlagen, weil sie dem Mann nit nachsagen wollen: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Dessentwegen schlagen? ist dann das ein Ursach? ich sagets halt auch nit, hat recht than. Wie? spricht der Herr, wolst du es auch nit sagen? Nein, spricht die Fraw, ich sagets auch nit. Der Herr erzürnt sich darüber und schlagt die Fraw zum öfftern umb den Kopff, sagend zugleich: S'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht. Unterdessen ist die Körblmacherin zu Gericht geloffen und hat ihren Mann verklagt, daß er

Der Korbmacher und sein Weib — Heilmittel für die böse Frau

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sie also tractire und schlage umb die schlechtiste Sach. Der Herr Statt-Richter fragt, was sie dann gethan? Nichts, sagt sie, als daß sie ihm nit hab nachsagen wollen, wie er den Korb außgemacht, daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Der Statt-Richter lacht darüber, sagt zu ihr, sie sollen sich nur wider vergleichen. Nachdem die Körblmacherin abgetretten, fragt die Fraw StattRichterin ihren Herrn, was das Weib gewölt, wen sie verklagt hat? sie hat halt ihren Mann verklagt, sagt er, daß ers so bitter geschlagen. Was hats dan gethan? das hat sie ihm gethan, daß sie ihm nicht hat nachsagen wollen: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht. Warumb schlagt ers um ein so schlechtes Ding, spricht die Frau, ists der Mühe werth? sie hat recht than, ich sagets selbst auch nit. Nit? spricht der Herr, wan ichs aber haben wolt? Nein, ich sagets dannoch nit. Der Herr ergrimmet sich über die Fraw, durchschlägt sie, und bohrt ihr den Kopff ab, wie ein Buttertaig, sagend zugleich: s'Körbl ist gemadvt, s'Körbl ist gemacht. Der Schreiber hat solches gehört, und durch das Schlüssel-Loch zugesehen, laufft alsobald in die Kuchel, sagts der Köchin. Was ich euch sagen muß, der Herr hat die Frau geschlagen. Warumb? deßwegen, weil sie nit sagen wolt: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gemacht, und erzehlet ihr zugleich den gantzen Verlauff. Hat recht dan, sagt die Köchin, ich sagets auch nit. Wan ich euer Mann war, replicirt der Schreiber, so müsset ihrs wol sagen. Ich ließ aber wol bleiben, spricht die Köchin, Mann hin, Mann her. Der Schreiber nit faul, schlagt die Köchin umbs Maul, geht ihr mit der Faust umb den Kopff herumb, wie der Binder umbs Vaß, und sagt: s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gemacht. Und raufften also in der Kuchel ein gute Röck miteinander, biß letzlichen der Gerichts-Procurator kommen und sie voneinander gebracht. Diser, wie er nach Hauß kommen, sagts seinem Weib, was sich zugetragen, wie der Oberschreiber die Köchin abgeprüglet, weil sie nit sagen wollen: Daß Gott sey Lob, das Körbl ist gmacht. O recht hats than, spricht sein Weib, was hat er mit der Köchin zu schaffen? Ich sagets selbst auch nit. Wolst du auch so stützig seyn? sagt der Procurator, und nur geschwind mit den Ochsenzöhn her, messet ihr den Buckel damit ab und schlagt ihr den Staub auß, sagend: s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gmacht, s'Körbl ist gemacht, s'Körbl ist gmacht.

114. E i n e i n f ä l l t i g e s B ä u r l b e g e h r t e i n für die Boßheit seines Weibs

Rezept

Zu Augspurg in der berühmten Reichs-Statt wohnte ein sehr berühmter Doctor der Artzney, welcher sehr vilen Presthafften auffgeholffen, und allerhand schwäre Kranckheiten gehailet, derowegen dann ihme die Leuth von verschidenen und weitentlegenen Ländern, Stätt und Märckten häuffig zugeloffen, bey ihme Rath und Hülff gesuchet haben. Weilen aber der Zulauff je länger je mehr wurde, thäte der Doctor eins, und benennete etliche gewisse Stunden, in welchen er alle Tag hindurch den Leuthen Audienz geben, nicht allein den Reichen und Vornehmen, sondern auch den armen, schlechten

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Leuthen ein Rezept und Artzney vorschreiben wolte. Damit aber unter so vil hundert Personen als täglich da ankommen, ein jeder zur Audienz gelangen möchte, sein Noth oder Anligen vorzubringen, stunden die Diener vor der Porten mit Helleparten und anderen Waffen versehen, zu disem Zil und Ende, damit die Leuth nit schockenweiß und mit Gewalt zu dem Artzt hinein tringen oder andere Ungelegenheiten anfangen möchten. Sie liessen auch keinen mit ihrem Herrn lang reden oder Gespräch halten, sondern ein jeder, wann er sein Noth vorgebracht, Rath eingehollet oder ein Recept empfangen, muste widerumb abtretten, oder sie rissen einen solchen mit Gewalt wider herauß, und liessen einen anderen zur Audienz. Unter andern käme auff ein Zeit ein gutes, frommes, einfälltiges Bäuerl daher, mit Namen Menalcas, als er vor den Doctor vorgelassen worden, machte er seine gewöhnliche Hoffweiß, reispert sich zuvor guting auß, strecket den rechten Fuß Klaffter weit hindann auß. Der Artzt fragt ihn, was wölt ihr mein guter Freund? was ist euer Begehren? was ligt euch an? O mein Herr, sagt er, ich hab halt gar ein grauß Creutz, und ein mächtiges grauß Anligen. Was ists dann? ich hab halt ein grundlauß böß Weib, sie kan nichts als greinen und zancken ein gantzen Tag, wie ein Ketten-Hund, habe Tag und Nacht kein Frid, sie schreyet mir den Kopff so voll an, daß ich nit waiß, wo ich bin, was ich anfangen solt, bin gantz kleinmüthig, und schmecket mir weder Essen noch Trindcen mehr. So wolt ich euch halt umb einen Rath fragen, was ich doch thun solt, was ich brauchen solt. Der Artzt gibt ihm diß kurtze Recept, und schreibt ihm dises Mittel vor, sagend: Schauet mein lieber Vatter, dem ist gar wol zu helffen: In verbis, herbis & lapidibus latet magna virtus. ]Das ist* Gib süsse Wort, braudi Kräuter gut, Wann du wilst werden wolgemuth. Wann diß nidit hülfft, braudi gschwind die Stein, Wüst kommen ab der Weiber-Peyn.

Der gute Menalcas wolte den Artzten weiter fragen, was er für Kräuter nehmen, oder wie ers brauchen solte? was für Stein gut seyn, und was er damit anfangen solte? aber die Diener liessen ihn nicht länger Weil, sondern zogen ihn wider durch die Stuben-Thür herauß, und liessen einen andern vor. Also mußte der arme Menalcas seinen Weeg weiter fortgehen: Er dendcte aber unter währendem Gehen disen Worten ohne Unterlaß nach, spintisiret darüber, und gedacht bey sich selbst alle dise 3 Stuck zu probiren: und zwar zum ersten gute süsse Wort. Als er nun wider nach Hauß käme, war das zornige Weib schon da mit vollem Maul, wartet ihm auff mit einem knopffeten Prügel, wo bist mehr so lang gewesen, sagt sie, du Schliffel, du Faullentzer, ist heut Feyrtag, daß du also dahin gehest, sagst mir nichts darvon, hättest so wohl Arbeit auff dem Feld, und last alles ligen. Der Mann gab ihr die süssesten Wort, O mein liebes Weib, sagt er, seye nicht böß, bin nur ein Bißl in der Statt gewesen, ja, er fallet gar auff die Knye und bitt, sie wolle nit zornig seyn, er woll es nimmer thun. Alles umbsonst, er kunte sich so vil nicht auß-

,/n verbis, herbis b- lapidibus latet magna virtus"

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reden, und so güldene Wort geben, daß sie ihm mit dem Prügel nit über den Rucken kommen und Bastoni gegeben hätte. Holla! dencket der Mann, weil die Wort nicht helffen, so will ich das andere Mittel vor die Hand nehmen, und ein andersmahl die Kräuter brauchen, vielleicht haben dise ein bessere Krafft als die Wort. Zu disem Zihl und End gehet er hin auf den KräuterMarckt, allwo man in einer gewissen Gassen lauter Kräutelwerck fail hatte, kauffet umb 3 Groschen allerhand Kräutel, als Roßmarin, Majoran, Spicanard, Lavendel, und dergleichen wohlschmeckende Kräuter mehr, jedes in ein Büschel besonders zusammen gebunden, nimbt solche in den Armb, und tragts mit sich nach Hauß. Da er zum Hauß eingieng, da stund sein frommes Weib gleich auff dem Gang, die geschwind herab über die Stiegen, wie der Plitz, fienge an zu haderen, und ihn auffs ärgest außzumachen: was bedeut diß, sagt sie, zu wem must die Kräuter? kanst das Geld sonst nicht anwerden, als umb diß Narrenwerch? du Schwendter, du Tölpel, du Narr, stosset ihm zugleich die Faust unter die Nasen. Der Mann erwischet in der Eyl das Büschel Roßmarin, hebt ihr solchen für die Nasen, wolt aber nichts verfangen, sie kollert, sie donnert, sie plitzet, und schreyet je länger je mehr, reist ihm den Roßmarin auß der Hand, und würffet den zu Boden. Der Mann aber nicht faul, nimmet die anderen Kräuter auch, stosset ihr ein Büschel nach dem andern guting vor die Nasen, aber alles umbsonst. Sie wurd nur zorniger, und gantz wild wie ein Wald-Ochs, nimbt die Burd Schlüssel, so sie an der Seyten hatte, und schlägt ihn auff den Kopff, daß das Blut herauß gespritzet, und 2 grosse Beulen auffgefahren. Auweh! Auweh! O! denckt der Mann, der Doctor hat mich betrogen, oder es ist schon zu spatt mit diser Artzney. Doch ich will noch auch das letzte Mittel probiren, sagt man doch im Sprüchwort: Das Letzt das best, hülffts nicht, so schad es nicht. Gehet derowegen hin zu einem Bach, klaubt etliche Kißlingstein herauß, wie vor Zeiten der David, als er wider den großkopffeten Welt-Trutzer den Goliath, streiten wolte, schiebt solche in seinen Buesen, und füllet beyde Hosen-Säck voll an, mit solchen, als bewährten Pillulen seinem Weib das Grimmen zu vertreiben. So bald er aber haimb gangen, und ihn sein Weib ersehen, O! da hätt einer die Comedy ansehen sollen, wie sie ihn empfangen und tractirt hat. Wo bist mehr gewesen, du Stockfisch? zu wem wilst dise Stein? du Stock-Narr, mein was speyet dir der Fänckerl noch ein? ich muß dir nur ein Narren-Häußl darmit auffbauen lassen, daß man dich darein sperret, sonst gibts doch keinen Frid. O daß ich dich nit gleich an der statt erschlag. Der Mann nur geschwind, wie der Wind, nimbt einen grossen Stein auß dem Buesen, würfft solchen dem Weib an das Hertz, daß sie schier zu Boden fiell. Als sie sich widerumb erhollet, fieng sie an zu schreyen: Du Mörder, du Puffer, du Weiber-Schinder, du Tyrann, du Bestia, bring mich gar umb, so bin ich ein Martyrin. Der Mann nit faul, nimbt auch die anderen Stein einen nach dem anderen auß dem Buesen, und HosenSäcken herauß, würffts auff sie ab: das Weib aber gibt sich in die Flucht: Er hindennach, was geist, was hast, würfft auff sie eines werffens, und höret nicht auff, biß sie zu Boden gefallen. Und den Mann mit außgestreckten

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Armben gebetten, er solle auffhören zu werffen, sie wolle sich besseren, frömmer werden u n d fridsamb seyn. Warauff er sich mit ihr wider verglichen, und hatten hernach erst einen ruhigen Ehestand, lebten miteinander in gutem Frid u n d Einigkeit. D a gedacht der Mann, der Doctor ist kein Narr, hat mir geschwind einen guten Rath geben, aber die Stein haben mehrer Krafft, als die Wort u n d die Kräuter.

115. E i n W e i b l ä ß t i h r e m v e r s o f f e n e n ein N a r r e n k l e i d a n l e g e n

Mann

Ein gewisses Burgers-Weib in einer Stadt hatte einen überauß versoffnen Mann, ein rechten Wein-Egel, der fast alle Tag in das Würths-Hauß, wie die Kinder in die Schul gangen, allwo er aber nichts anders gelehrnet, als panquaediren, fressen und trüncken, die Arbeit aber zu H a u ß an ein Nagel gehenckt, und ihme darfür gute Tag auffgethan, offtermahls Gesottnes und Bratnes aufftragen lassen, und sich so voll angesoffen, daß er sich nimmer verwist, u n d einem unvernünfftigen Vieh gleich worden. Das Weib, so daheimb mit ihren Kindern muste grosse Noth leyden, denckt hin und her, auff Mittl und Weeg, wie sie doch diser Wein-Gurgel das Luederleben abgewöhnen und auff ein besseren Weeg bringen möchte, dann mit greinen und Bitzen konte sie nichts außrichten, es halfen weder gute noch böse Wort an ihm. Einsmahls als er gantz sternvoll von dem Würths-Hauß in sein Haus heimb gepacklet, u n d zwar bey eitler Nacht, da hat sie eins gethan und ihn weder in die Stuben, noch Cammer eingelassen, sonder muste der volle Zapffen im Vorhaus bleiben, konte auch alldorten kein andere Ligerstatt haben, als auff einer langen Hennensteigen, in der allerley Gefligelwerch, Hennen, Gänß und Aenten begriffen waren. Nichts destoweniger hat er auff disem Beth gar wol geschlaffen, in vollem Rausch gar süess geruhet, bis auff Mitternacht. Hernach aber, als ihm der Tumel vergangen, da empfunde ers erst, und thäte ihm der Rucken so wehe, als wann man Waitzen darauff getroschen hette. Zu Morgens frühe fragt ihn sein Weib, nun wie hast du geschlaffen? ach! Blutübel, sagt er, es thut mir der Rucken so wehe, als wann man mich gutding überpriglet hett. Ey, widersetzt sie, du bildts dirs nur ein, du bist ja so hart nicht gelegen, hast doch lauter linde Federn von Gänßen und Aenten unter dir gehabt. Ja freylich, sagt er, seynd lauter gute Federn unter mir gewesen, aber der Hencker holl das Leylach, daß entzwischen gewest, und mich so hart getruckt hat (er verstünde die harte Sprissel der Hennen-Steigen, auff welchen er gelegen), gschicht dir recht du Weinpippen, sagt sie, du Luderer, du Prasser, auff ein solchen Gast gehört ein solches Böth, u n d sagte ihm die Wahrheit gutding zum Hauß. Diß aber halffe alles nicht, er liesse ihm das Sauffen und Panquetiren nicht abziechen. Endlich fallt ihr noch ein anders Mittel ein, sie ließ ein hüpsches Narren-Kleyd verfertigen, solchen umb- und umb mit allerley Schellen, grossen, mittelmäßigen und kleinen besetzen. D a er nun einmahls seinem Brauch nach Sau-voll nach H a u ß kommen, und sie ihm, mit harter Mühe die

Der Säufer im Narrengewand — Einer der alles doppelt

gesehen

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Kleyder vom Leib gebracht, hat er darauff so starck eingeschlaffen, daß ihn auch ein Dutzet Trompeter nicht hetten auffwecken können. Dahero sie ihm, bey so guter Gelegenheit, das Narren-Kleyd, welches sie vorher innwendig mit Roß-Staub wol besträuet, auff den blossen Leib angezogen, ohne daß er das wenigiste empfunden, hernachmahls von dem Bader an Haar und Bart, wie einen Narren scheren lassen: die andere seine Kleyder hat sie alle auß dem Hauß getragen. Nach Mitternacht, als er ein wenig außgenüchtert, hat er erst empfunden, daß ihn sein Haut erbärmlich beisse (vom Roß-Staub) fangte derowegen an sich starck zu kratzen, und in dem er sich also bewegt, von einer Seiten auf die andere waltzet, da fangten die Schellen an zu klingen, über welches er sich nicht wenig alterirt. Allmächtiger Gott, denckt er, soll dann heut der Nicola einlegen? oder hat es etwann ein dicken Schnee geworfen, daß man schon in Rennschlitten fahret? in disen Gedancken schlafft er wider ein, es wäret aber kaum ein Viertl-Stund, da beist ihn der Buggl schon widerumb, er kratzt und wendt sich hin- und wider, daß sich die Schellen wider starck haben hören lassen. Endlich, nachdem der Tag angebrochen, mordet und sieht er, daß er mitten im Narren-Kleyd stecke. E r steht auff, schauet im Spiegl, und sieht ein Narrn herauß schauen, konte ihm nicht einbilden, wie daß er also verstellet worden. E r wollte zur Cammer-Thür hinauß, die war aber aussenher verriglet: das Weib daraussen rumplet auß dem Böth, stölt sich als hett sie das Sdiell-Kleyd erschröckt, fangt an zu schreyen, worüber die Leuth häufig zugeloffen, zu schauen, was ihr widerfahren wär. Als sie in das Hauß hinein kommen, sahen sie den Mann in seinem NarmKleyd da umb spatziren, toben und wüten, konten ihnen nicht einbilden, was die Ursach wär dises wunderlichen Auffzugs? die Sach kombt vor den Richter, der last disen neuen Schalcks-Narren durch den Schergen für Gericht citiren. Der Mann wolte seine rechte Kleyder anlegen, könnt sie aber nicht finden, muste also in disem Auffzug und Narren-Kleyd für den Richter erscheinen. Welcher ihn, zur Straff seines Vollsauffens und Lueder-Lebens, drey Tag und Nacht ins öffentliche Narren-Häußl hat einsperren lassen etc.

116. E i n v e r s o f f e n e r welcher alles für doppelt

Mann, angesehen

Ein liederlicher Mann befände sich in einer gewissen Statt, Maister Stephan, ins gemain der vertrunckene Stephl genannt, der mehr verthate, als er gewann, massen er fast alle Tag im Luder läge. Es war kein Wirths-Hauß in der gantzen Statt, wo er nit auff der Tafel stunde angeschriben. So bald er vom Schlaff auffstunde, wir diß sein Morgen-Gebett: O Wein, du edler Safft, Du bist mein Trost, mein Frölidikeit, Du gibts mir all mein Krafft.

Dahero hatte er schon sein gewisse und tägliche Hauß-Regel: Vormittag nit nüchter, zu Mittag einen Rausch, auff die Nacht sternvoll. Doch war diß bey

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ihm das beste, daß, obwohlen er sonst nicht vil im H a u ß hatte, ihme dannoch, wann er also voll haimb käme, alles doppelt vorkäme. Dahero, als er einsmahls sternvoll nach H a u ß kehrete, sein Weib spinnen und das Liecht auff dem Tisch brinnen sähe, schnarchte er sie an mit rauhen Worten: hast nit gnug an einem Liecht? du Schwenderin, must gar zwey Liechter auffstecken? Hernach gieng er auch in die Kuchen, u n d sähe ein Höffen mit Fleisch bey dem Feur: gedunckt ihm auch, es wären 2 Höffen. Fragt sein Weib, was hastu im andern Höffen? sie antwortet: ein gute faiste Henn hätte sie gesotten. Ist dem also, spricht der Mann, ey so wollen wir heut wol leben, er lobet u n d preyset sein Weib, die Apperl genannt, daß sie so vorsichtig, u n d ihme so gutes Nachtmahl zugericht hätte, es wässeren ihm schon die Zähn, bittet, sie wolle anrichten, hat mich schon lang gelüstet umb ein Hennen-Fleisch, spricht er, heut ist mir einmahl eines beschaffen. Nun wolan, sagt das Weib, weil du das HennenFleisch so gern issest, so will ich das erste Höffen nehmen u n d das Fleisch essen, nimme du das andere Höffen vom Feuer: der Stöffel wolt das andere Höffen mit der Henn nehmen, fände aber nichts, sondern verbrennte die H ä n d in dem Feuer, und muste also mit Spott davon gehen. Diß seye f ü r ein OsterMärl gesagt.

117. Z w e y v e r s o f f n e W e i b e r t r i n c k e n a l l e ein Leykauff

Tag

Ingleichen ist auch dem Mann ein versoffnes Weib ein schwehres SeitenWehe, wie jene gewesen, welche mit ihrer Nachbäurin täglich gemässlet, und sich gantz räuschig angelutzelt, der Mann muste hart arbeiten, sie liesse ihr wol seyn, was er gewonnen, das ist alles durch ihre Gurgel gerannen. Sie verschonte auch den Haußrath nicht, thäte eins ums ander versetzen u n d verkauffen u n d sich damit vollsauffen. Derowegen sie der Mann letzlich bey der Obrigkeit verklagt, sagend: E r könne auf solche Weiß nicht länger mit ihr haussen. Der Richter citierte sie vor Gericht, tragt ihr emstlich u n d bey schwehrer Straff auf, sie solte sich hinfüran des Truncks enthalten. Sie verspricht und gelobt darauf an, solches gehorsamlich zu halten, u n d wills gern halten, sagt sie, wann mir nur dannoch erlaubt wäre, einen Trunck zu thun, wann ich etwas kauffe oder verkauffe, dann da m u ß man, wie gebräuchlich, einen Leykauff trincken, damit der Kauff wol gerathe. Nun diß kan letzlidi passirt werden, sagt der Richter. Was geschieht? das Weib hatte daheim eine Gaiß, diese verkaufft sie heut ihrer Gespännin, morgen kaufft sie ihre wiederum ab, und diß trieben sie alle Tag: also hatten sie alle Tag ein Leykauff zu trincken.

118. E i n B a u r s - M a n n l e g t A y r w i e e i n

Henn

In einer gewissen Dorffschafft beklagte sich ein armes Baurenweib gegen ihrer Nachbäurin, wie daß sie in ein großes Unglück kommen. Mein liebe

Täglich Leihkauf

getrunken — Ein Mann legt Eier

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Nachbäurin, sagt sie, was ich. dir klagen muß, meine Hennen legen kein eintziges Ayr mehr, daß ich nit waiß, was ich anfangen solt, dan bißhero hab ich (weil wir sonst nit vil Gewingnuß) von den Aym und jungen Hiendlen mein Hausung außgehalten, und ein zimbliches Geld darauß gelöst, nun aber habe ich kein Einkommen mehr und muß, wans nit bald änderst wird, den Bettlsack anhengen. Wanns zu Winters-Zeit wäre, nämbs midi nit wunder, daß sie zu legen auffhörten. Aber mitten im Sommer, da die Hennen ihren besten Außgang haben, und doch alle zugleich auffgehört zu legen, das kombt mir verdächtig für, ich förcht, ich förcht, es sey ein Schelmerey daran, es muß mirs etwer auß Neyd also verhext haben, bitte dich gar schön, mein Nachbäurine, gib mir doch ein Rath, was ich anfangen soll. Mein liebe Cameradin, spricht die ander, schweig, ich will dir etwas geben, komb Morgen wider zu mir her, will schon etwas richten. Deß andern Tags in aller frühe macht sich das Weib auff, laufft zu ihrer Nachbarin ins Hauß, bittet gantz freundlich, sie woll ihr halt etwas geben, daß die Hennen wider Ayr legen. Die Bäurin gibt ihr nichts anders, als ein Stuck Brod, gehe hin, sagt sie, thue den Hennen diß Brod klein für mudlen und breßlen, sie werden bald wider Ayr legen in grosser Anzahl. Das Weib gehet mit Freuden dahin, tragt das Brod haimb; dieweilen sie aber andere wichtige Geschafft hatte, legt sie solches dieweil in die Schublad deß Tisch, und gienge hin andere Haußgeschafft zu verrichten. Underdessen kombt der Mann, so darauß auff der Feldarbeit war, nach Hauß, aller hungerig, wolte gschwind den Laib Brod haimbsuchen, zieht die Schublad herauß, sihet das Stuck Brod da ligen, nimbts derowegen zu sich, und ists mit grossem Lust. Was geschieht? Sehet Wunder! den anderen Tag darauff fangt der Mann an zu gagatzen, wie ein Henn. Sein Weib vermainte, er wär von Verstand kommen, oder es stosse ihn etwan ein ungarisches Fieber an, legt ihn ins Böth, gibt ihm darauff ein Messerspitz voll Tyriackes, sagt, er soll den Kopff under die Ducket stecken und ein Stund schwitzen; sie aber gehet dahin ihre Haußarbeit zu verrichten. Nach verflossner Stund kombt sie wider, schaut zu ihrem Mann. Bärthl sagt sie, wie gehts dir? hast gschwitzt? O mein Weib, sagt er, ich bin gantz kranck, es seynd grosse Stein von mir kommen. Wie? mein Mann, spricht das Weib, laß schauen. Hebt zugleich die Ducket auff, suchet die Stain, findet aber etliche grosse Hennen-Ayr. Sie erschrickt darüber, mein Mann, sagt sie, und zaigt ihm das Ayr, wan solche Stein von dir kommen, so will ich dir alle Tag ein Tyriadces eingeben; O mein Mann, du bist mir lieber als alle meine Hennen. Der Mann kont sich nit gnug über diß verwunderen, wo es doch herkommen müsse? schämte sich von Hertzen, das Ayr gelegt, mein Weib, spricht er, bitt dich gar schön, thuts gleichwol niemand sagen, daß ich die Ayr gelegt, ich müste mich zu todt schämen, wan mans wissete. L a ß fein bey dir bleiben. Nain, nain, mein Bärthl, sagt sie, du bist schon sicher, wirds wol kein Mensch innen werden, was müsset ich lang an dem Ding sagen? da sey ohne Sorg, wirds wol niemand von mir hören. Was geschieht? den dritten Tag darauff, als am Sonntag da der Mann in die Kirchen zum Gottesdienst gehen wolte, da wüste es schon jederman, dan sein Weib

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hatte gar ein kurtzen Halß und hat es nit länger verschweigen können, als ein eintzige Viertelstund. Die Buben auff der Gassen laufften zusammen, deuteten mit Fingern auff ihn, sagend: Schau, da ist der Bärthl, der Ayr legen thut, schimpfften und verspotteten ihn, daß er vor lauter Schamhafftigkeit nit gewust, was er anfangen solt, ist also wider zuruck gangen, hat die Meeß und Predig underlassen, sein Weib daheimb mit rauhen Worten angefahren, sagend: Hast dus schon jederman an die Zähn streichen müssen, du Schwätzerin, daß ich Ayr gelegt hab, hab wol gwist, du kanst es nit verschweigen. O mein Mann, habs wol niemand gesagt als der Gvätterin, und habs aber gebetten, sie solts niemand sagen, dieselbig hats das gantze Dorff außgetragen.

119. E i n v e r s t ä n d i g e W i t t f r a u trähet ihren 3 u n g e s t i m m e n Buhlern ein

Nasen

Obwohlen zwar die Weibsbilder wegen ihrer vielfältigen List ins gemein getadelt werden, sollen sie doch geadelt und geprisen werden, wann sie solch ihren Witz und Verstand nicht zum Bösen, sondern zu guten und zu Erhaltung ihrer Ehren gebrauchen. Eine dergleichen kluge und listige Matron wäre die jenige in Welschland, wunderschöne, beynebens aber sehr keusche Wittfrau. Diese hielte sich zwar nach ihres Manns Absterben fleissig zu Hauß, kam gar wenig under die Leuth, konte aber doch nit unangefochten bleiben, bald kam dieser, bald jener für die Thür und begehrte sie zur Ehe, und obwohlen sie vorschützte und bäte, man wolle sie in disem ihrem Trawerstand zu friden lassen, sie habe biß dato noch nie im Sinn gehabt, ihren Stand zu veränderen, halffe doch alles nichts, und gieng ihr fast wie der Penelope, welche alle ihre Buhler mit einem Stüde Geweb zwantzig Jahr lang auffhielte. Es waren ihrer Drey, welche vor anderen ein absonderliches Absehen auff sie hatten, und ihnen selbst grosse Hoffnung machten, suchten auch alle Mittel und Weeg, dero Gegen-Lieb zu gewinnen. Diß verdrösse die keusche Fraw nit wenig, wüste auch nit, was sie thun oder lassen solte; ihnen mit Gewalt zu widerstehen, wäre in ihren Kräfften nit, sie aber gerichtlich zu verklagen, unnd durch die Obrigkeit ihnen das Hauß verbieten zu lassen, war ihr verdächtlich, erdachte sich derowegen diesen List: Sie wohnte gar nahend an dem Frewdhoff, machte derowegen mit dem Todtengraber ein Contract, daß er bey eytler Nacht heimlich ein Grab auffmachen solte. Der Todtengraber, weil er deßwegen doppelte Besoldung einzunehmen hatte, war willig und bereit, verfertigt das Grab in kurtzer Zeit. Underdessen hatte sie den einen Buhler Abends umb 10, den anderen umb 11, den dritten umb 12 Uhr zu sich in ihr Hauß beschieden, also daß einer von dem anderen nichts gewust, und ein jeder vermaint, er würde endlich einmahl zu seinem Intent gelangen, warteten mit Verlangen, biß die außgesteckte Stund herbey kommen. Der Erst stellt sich umb 10 Uhr ein, klopffet gar sittsam an der Haußthür an, er wird alsobald eingelassen. Die Frau stellt ihm vor, wie daß sie mit einer gewissen Person umb tausend Cronen gewett, sie wolt einen lebendig in ein Todten-Grab

Eine Witwe narrt ihre Buhler

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hineinbringen, wann ihr mir zu lieb (spricht sie) euch dazu wolt gebrauchen lassen, so würdet ihr mir dardurch ein grosses Gefallen thun, und midi vor anderen zur Ehe bekommen. Der narrische Phantast, ob er zwar nit viel Lust hatte, mit gesundem Leib in ein Todten-Grab sich hinein zu legen, sonderlich bey nächtlicher Weil, liesse sich doch umb guter Hoffnung willen letzlich überreden, zöge derowegen seine schöne Kleider auß, legte ein weisses Todten-Kleid an, gehet in Begleitung der Frawen hin und steigt hinein in das Grab, strecket die F ü ß von sich, legt die Händ Creutzweiß übereinander, als wann er wahrhafftig gestorben im Grab da legete. Mittler weil, und so bald dieser zur Erden bestattet, erschiene umb die bestimbte Zeit der Ander, kommet vor die Thür, wird auch alsobald eingelassen, und freundlich empfangen. Die Fraw führet ihn hinauff in das Zimmer, verspricht ihm güldene Berg, wann er ihrem Begehren ein Gnügen thun wolte. E r verspricht alles, so es nur möglich zu thun, was sie gebieten wurde, wartet mit Verlangen, was sie anbringen wolte. D a sagt sie, es ist mir leyder mein nächster Befreundter verstorben, auch schon in das geweichte Erdreich gelegt, aber auß gewissen Ursachen noch nit gar begraben, das Grab stehet noch offen, wann ihr mir so viel zu Dienst seyn und nur diese eintzige Nacht bey dem Grab in eines Engels Gestalt und Kleidung mit einer brinnenden Kertzen stehen und Wacht halten wollet, wurdet ihr mir ein grossen Favor erweisen und mich hoch obligirt machen. Wer war williger als er? J a freylich, freylich spricht er, warumb nit, mein hochgeehrte Fraw? von Hertzen gern, sie hat nit zu bitten, sonderen zu schaffen, legt zugleich seinen Rock von sich, ziehet ein schneeweisses Hembd an, sambt einem geblümten Engel-Röckl, nimbt die brinnende Kertz in die Hand und stellt sich hin zum Grab. Nachdem auch dieser abgefertigt, kam der Dritte zu bestimbter Stund daher, und begehret eingelassen zu werden; die Fraw empfangt ihn mit höchster Höfflichkeit, und bittet ihn umb Vergebung, daß sie ihme bey eytler Nacht Ungelegenheit verursacht, sagend, sie hätte an ihn noch gar ein grosse Bitte, wann er diese nit abschlagen thäte, so würde er sie vor allen andern zur E h e bekommen, allein förchte sie, er möchte etwan diß zu thun sich entsetzen. Der Gast fragt, was es dann wär? sie solt es nur kecklich heraußsagen, einem Verliebten ist nichts zu schwer. Es ist halt das, spricht sie, daß euch in eines Teuffels Gestalt kleiden und hin auff den Kirchhoff gehen, all dort auß einem noch offnen Grab den Todten-Cörper, so erst diese Nacht hinein gelegt worden, erheben und zu mir herbringen solt, weil ich etwas absonderliches damit vorhab. Dem Herren stunden die Haar gen Berg über solches Begehren, wolte nit daran, weiln aber die Fraw nit außsetzte, last er sich letzlich dahin bereden, ziecht ein schwartze Pilger-Kutten an, nimbt ein Teuffels-Larven fürs Gesicht, und gehet also dem Grab zu, den Leichnamb herauß zu nehmen. Als ihn aber der Engel, welcher mit brinnendem Liecht dort Wacht hielte, ersehen, widersetzt er sich, so gut er kont, wolt ihn zum Grab durchauß nit hinzu lassen, stoste ihm die brinnende Fackel ins Gesicht, und wolt ihn mit Gewalt abtreiben, aber es halff alles nicht, fielen derowegen einander in die Haar und raufften beym Grab

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Andreas

Strobl

eine gute lange Reckh, und gab einer dem andern gute Stoß. Dem, so im Grab läge, fangte an zu grausen, förchtete, es möcht über ihn auch kommen, erhebt sich derowegen in der Still, und springt urplötzlich auß dem Grab. Da solches der Teuffei und der Engel ersehen, vermainten sie, der Todte war wider lebendig worden, und wolt über sie her, lieffen beyde voller Schrecken davon, einer da, der ander dort auß, und befunden, daß sie alle drey von einem Weib spöttlich betrogen worden, liessen sie aber hernach mit Ruhe. 120. E i n H u e f f - S c h m i d t b e t r ü g t d e n und den Teuffei

Todt

Man sagt, der heydnische Gott Jupiter seye einsmahls mit seinem vertrauten Mercurio, als seinem Cämmerling, über Land geraist. Auff dem Weeg kamen sie gar spatt zu einem Schmidt, sprechen ihn an umb Nachtherberig. Der empfangt sie gar freundlich, führet sie alsbald in sein Behausung, lasset auch von Stund an ein gutes Nacht-Essen zurichten, tractiret sie sehr wol, also, daß sie ein groß Gefallen daran hatten. Nach vollendtem Mahl führt er sie hinauff in die Schlaff-Cammer, damit sie in etwas außruhen möchten. Deß andern Tags, so bald die Morgen-Röth sich blicken liesse, stunden sie beyde auff, machen sich auff die Reyß. Deßgleichen war auch der Schmidt schon in seiner Werckstatt, stund dort bey dem Amboß aller lustig und frölich. Der Cämmerling Mercurius fragt ihn, was sie schuldig wären vor die Nachtherberig und gestrige Mahlzeit, er solle die Zech machen. Ey spricht der Schmidt, mein Herr, was sagts von der Zech? Ihr seyet da nichts schuldig, nehmets halt vor lieb, ihr wisset wol, wie es bey einem armen Handwercksmann zugehet. Seye vergwist mein Schmidt, sagt Mercurius, du hast bey meinem gnädigen Herrn ein grosse Ehr auffgehebt, weil du aber vor die Zech nichts annimmest, so begehre ein Gnad, besinne dich, was dir am meisten vonnöthen ist, was du am liebsten gern hättest, ich weiß, er wird dirs nicht abschlagen. Der Schmidt besinnet sich hin und her, mein Herr, sagt er, wann ichs wagen dörffte, ich wolte umb 3 Gnaden bitten, was da? zum ersten wär ich bittens halber f ü r diß kleine Schämel oder Banck, so da draussen stehet, wie ihr sehet vor meinem Hauß, daß, wer sich darauf setzet, derselbe immer sitzen bleiben müsse, und nimmer auffstehen könne, biß daß ich ihms schaffe oder erlaube. Zum andern hab ich draussen in meinem Gärtl einen grossen Kersch-Baum, da wär ich wol auch bitten halber, wann mir die Gnad geschähe, daß so wol Winter als Sommer frische Kerschen daran wachsen, und damit solche desto sicherer wären, wünschte ich, daß der jenige, so hinauff steiget, nimmer herab steigen kunte, biß daß ich ihms zulasse. Drittens hab ich ein grosse Noth mit dem Unziffer s. h. mit den Mäusen und Ratzen, dise schlieffen alleweil in den Kohl-Sack hinein, wann ich umb einen Kohl hinein greiffe, so schiessen sie gegen mir herauß, springen mir ins Angesicht, geschehe mir also auch dißfahls ein grosse Gnad, wann mir der Gott Jupiter nur diß nicht versaget, daß nemblich alles, was in Sack hinein schlieffet, darin verbleiben und knocken

Ein Schmied narrt Tod und

Teufel

271

müsse, biß daß ich ihme Erlaubnuß gebe herauß zu gehen. O du närrischer Schmidt, versetzet Mercurius, das ist lauter Kinderwerck, begehre etwas Rechtschaffenes, begehre, was König Midas von dem Gott Bachus für ein Recompens (weil er ihn auch gar herrlich gastirt) bekommen, daß nemblich alles, was du anrührest, in lauter pures Gold verkehret werde, das wär ein Gaab für dich, alsdann wurdest du auß einem armen Hueff-Schmidt ein reicher Gold-Schmidt, alle deine Eysen-Stangen, Amboß, Hammer, Zangen und alles was du hast, wurde in Gold verändert werden, begehre es keck, mein Herr der Jupiter wird dirs nicht abschlagen. Nein, nein, antwortet der Schmidt, ich bedancke mich diser Gnad, möchte bald auch Esels-Ohren bekommen, wie der thorrechte König Midas, ich begehre so vil nicht, laß mich mit wenigen beschlagen: Wann ich nur meiner 3 begehrten Bitten gewähret wird, bin ich gantz wol content und zufriden. Nun, es geschieht, Mercurius der Kämmerling erhaltet von dem Jupiter alle dise 3 Gnaden. Was geschieht? über ein geraume Zeit darnach kombt einmahls daher der langfussende Todt, tritt mit langen Schritten, schnurgrad dem Schmidt für sein Schmidten, redt ihn an: Nun Schmidt, sagt er, auff mit dir, du must mit mir, dein Leben ist auß, mach dich auff die Reyß. Ha, ha, sagt der Schmidt, laß weil, ich hab jetzt nicht Zeit, sihest es wol, das ich gar nothwendige Arbeit hab. Arbeit hin, Arbeit her, widersetzt der Todt, du must einmahl fort, es muß seyn. E y Warthe doch ein wenig, antwortet der Schmidt, laß midi zuvor das Huffeysen gar außmachen, ich muß gehen eylends dem Fuhrmann das Roß beschlagen, unterdessen setze dich da nider auff dieses Bändcel, darnach will ich mich gleich anlegen und mit dir gehen. Nun ist gut, der Todt setzet sich nider auff das Bänckel, wolte erwarthen, biß das Pferd beschlagen wurde. Aber der Schmidt namme gleich ein andere Arbeit vor sicli, zucket geschwind ein glüende Eysen-Stang auß dem Feuer, legts auff den Amboß, schlagt darauff, daß die Flammen davon Sprüngen, und treibts so lang, biß dem Todt die Weil zu lang geworden. Nun, spricht er, die Zeit ist auß, auff mit dir! jetzt must mit mir davon, ich warthe dir nimmer länger zue. Ha! widerruffet der Schmidt, willst nicht warthen, so lauff hin, hab nicht umb dich geschickt. Der Todt wolt von der Banck auffstehn, und den Schmidt mit Gewalt zu sich nehmen, konte aber nicht, dann er wäre so vest angeklebt, als wann er angenaglet wäre, er wendt sich hin, er wendt sich her, bemühet sich nach allen seinen Kräfften, kunte doch nicht ledig werden, und muste dort sitzen bleiben; batte derowegen den Schmidt, er wolle ihn doch von diser Banck ledig machen. Ja, antwortet der Schmidt, ich will dich ledig machen, wann du mir versprichest, mich hinfüro unbekümmert zu lassen und in Ewigkeit nimmer daher zu kommen. Weilen nun der dürre Todt gesehen, daß er auff disem Kirchtag nichts außgericht, thut er eins, und schicket über ein Zeit seinen Knecht, mit Befelch, er solle hingehen zu ermeltem Schmidt, und ihme das Leben abkündten, und ihne gleich von Stund an mit sich führen. Der Knecht gehet hin, kombt für die Schmidten, da der Schmidt gleich am besten in der Arbeit war, kündet ihm das Leben ab: Nun hei, auff mit dir, sagt er, du must mit mir

272

Andreas Strobl

darvon, mache dich auff die Reyß ect. Wie, antwort der Schmidt, auff die Reyß, was f ü r ein Reyß? frag nit lang, du must von diser Welt in die andere reysen, mache nur nit vil Kribes Krabes, es muß doch seyn. Ha, ha, schreyet der russige Schmidt, laß weil, sihest wol, daß ich am gnädigsten in der Arbeit bin, ich kan nicht gleidi darvon, wie du mainest: wann du es nicht erwarthen kanst, so gehe hin wo du herkommen bist, hab nicht u m b dich geschickt: oder wann du nicht verziehen wilst, so setze dich dieweil auff diß Bändkel nider, darnach will ich schon mit dir gehen. Nein, nein, spricht der Knecht, ich traue disem Schämel nicht, mein Herr hat mir schon gesagt darvon, will lieber stehen als sitzen, nun wann nicht sitzen wilst, spricht der Schmidt hinwider, so gehe unter dessen hinauß in meinen Garten spatzieren, dort wirst du einen KerschBaum antreffen, der tragt überauß süsse schwartze Kerschen, Winter und Sommer, steige hinauff und isse dir ein gutes Gnügen, entzwischen wird ich mit meiner Arbeit fertig. Der Knecht thuts, gehet mit Freuden hin in Garten, steiget auff den Kersch-Baum, isset ihm die Haut voll an. Als er aber nun gnug geessen, u n d wider herunter wolt steigen, kunte er keinen Fuß, weder biegen noch rucken. E r schreyet dem Schmidt, mein Schmidt, hülff mir doch, ich kan nimmer vom Baum hinab. Der Schmidt wolt ihm aber kein Gehör geben, gibt ihm doch letztlich disen Beschaid: lasse dir nur den herab helffen, der dich zu mir geschidcet hat, hast nichts zu thun herunden, komme bald mehr, und sag mir das Leben ab. O mein Schmidt, ich will mein Lebtag nimmer zu dir kommen, bist schon sicher, hülff mir nur dißmahl auß, ich wolte, du thätest 1000 Jahr und 10 darüber leben. Wohlan! fragt der Schmidt, wilst mirs versprechen bey einem Eyd, daß nimmer zu mir wilst kommen? ja ich versprichs, ich wills halten; darauff last ihn der Schmidt wider herab steigen, und seinen Weeg weiter gehen. Was geschieht? da nun diser deß Tods Abgesandter unverrichter Sachen wider zuruck kommen u n d der Todt gesehen, daß ihm der listige Schmidt abermahl entgangen, holla! denckt er, was gilts, ich will einen schicken, der ihm zu listig wird, und den er förchten muß. Thut derowegen eins, gehet hin, spricht den Lucifer selbst an, er wolle doch schauen, wie er disen argen Vogel überforden und zu handen bringen könne. Der Teuffei macht sich alsbald auff, eylet mit Freuden dem Schmidt zu, und trifft ihn gleich eben in der Werkstatt an, da er sambt seinem Knecht ein glüendes Eysen auff dem Amboß hatte. Holla Schmidt, schreyet er. Wer da? ich bin da. W e r bist du dann? ich bin der Obrist der Teufflen, und bin daher gesandt von dem Todt, dir das Leben abzukündten, und dich mit mir zu führen. O mein Teuffei, antwortet der Schmidt, du kombst nicht recht, hab nie so gnädige Arbeit gehabt als jetzt, ich muß eylends meinem Gfattem, so auff München mit Traid fahren will, 4 neue Wagen-Räder beschlagen. Arbeit hin, Arbeit her, jetzt must mit mir, es muß seyn. Es muß aber nicht seyn, widersetzet der Schmidt, und kan nicht seyn und soll nicht seyn und wird nicht seyn, hab nichts zu thun mit dir, gehe du hin in dein höllische Schmidten, und lasse mich unbekummeret. Wilst nit? spricht der Sathan, so nimme ich dich mit Gewalt, und f ü r dich mit mir.

273

Gevatter Tod

Das Gott erbarm, sdireyet der Schmidt, gehet dann Gewalt für recht? wann es dann nicht änderst seyn kan, so Warthe dannoch so lang, biß ich mein Arbeit gar außgemacht, darnach will ich meine schöne Hosen anlegen, und mit dir gehen: unterdessen aber schlieffe dieweil hinein in disen Kohl-Sack, und verbirge dich, damit dich mein Weib nicht sehe, und die Reyß nicht verhinderet werde. Der Fänckerl thuts, schliefft hinein in den Kohl-Sack, so bald er aber darein geschloffen, ist der Schmidt da, bindet den Sack zu, und legt den Gefangenen auff den Amboß, schlagt mit sambt seinem Knecht darauff, mit seinem schwären Hammer, was geist, was hast, daß der arme Teuffei schier seinen Geist auffgeben hätte: stunde derowegen zum Gebett, und batte den listigen Schmidt, er wolle ihn doch wider ledig lassen. Der Schmidt aber schlug eines schlagen darauff, mehr als auff einen Stock-Fisch, biß ihm der Teuffei versprochen, nimmer zu ihm zu kommen. Worauff er den Kohl-Sack wider auffgelöset und der Teuffei wie ein Blitz herauß geschossen ist. Also sehet, hat der Schmidt den Todt dreymahl überlistet und überwunden. Letztlich aber, weilen kein Mensch ewig zu leben hat auff diser Welt, ist er von einem hitzigen Fieber ergriffen worden, welches ihm bald den Garauß gemachet hat.

121. E i n

armes Bäuerlein nimmt zu s e i n e m G e v a t t e r n

den

Tod

Ein armes Bäuerlein, seinem Wandel nach ein einfältiger, demüthiger und frommer Mann, gienge über Land, willens, um einen Gevattern umzusehen, dann sein Weib wäre schon groß schwanger und hoffte, innerhalb 3 Wochen Kinds-Mutter zu werden. Indem er also in seinen Gedanken dahingeht, da begegnet ihm unser lieber Herr und S. Peter. Christus der Herr grüst ihn, sey gegrüst, sagt Er, wo wilst aus, mein guter Freund? Sag euch Danck der Frag, meine liebe Herrn, antwort das Bäuerlein, ich gehe halt dahin, weiß selbst nicht, wo aus, um ein Gevattern umzuschauen, mein Weib thut schon immerzu kreisten, ich förcht, es möcht gähling zu Trümmern gehen, damit das Kind gleichwol einen Götten hat. Wann dem also, sagt unser lieber Herrgott, darffst du nicht weit gehen, will ich dein Gevatter werden, wannst mich haben wilst, darffest dir um kein andern umfragen. Schau, du thätst kein bösen Handel, ich könnt dir mit Rath und That an die Hand gehen, dann ich bin sehr reich und vermöglich, kan dir unter die Arm greiffen, dir aus all deiner Armuth helffen. Wann du das Vertrauen zu mir hast, siehe, da hast du mein Hand drauf, ich will dein Gevatter werden. Wer bist du dann, fragt der Bauer, mein Herr? Ich bin halt Christus. O mein Herr, schertzt der einfaltige Tropff, dich will ich nicht. Warum? Du wärest mir viel zu gut, mein Herr, der Bauer fallet zugleich nieder auf seine Knie, klopfft an das Hertz, sagend, was Petrus vor Zeiten gesagt hat: Exi a me Domine, quia homo peccator sum. Gehe hinweg von mir, dann ich bin ein sündiger Mensch, ich bin deiner nicht würdig, 18

Moser-Rath

274

Andreas Strobl

ich muß nur meines gleichen suchen, du wärest mir viel zu gut. Gehet mit diesen Worten fort und bald danach begegnet ihm der leidige Teuffei in Gestalt eines Jägers. Der fragt ihn auch: Wo willst du aus? Da und dahin, schauen, wo ich einen Gevattern überkommen und erbitten möchte, dann mein Weib ist schon gantz auf der Zeit. Ists wahr? sagt der Jäger, bitt mich, ich wird gleich dein Gevatter, darffst um kein andern mehr umschauen. Wer bist dann? fragt der Ackers-Mann. Ich bin halt der Teuffei. Was? sagt der Bauer, dich zu einem Gevattern bitten? Ey behüt mich Gott vor dir, und macht ein Ellen-langes Creutz, ich mag mit dir nichts zu schaffen haben, wolte auch mit ihm nicht viel wörtlen, eylet geschwind fort, und da er über zwey FeldWeeg kommen, da begegnet ihm einer in einem ganz weissen Kleid, bekleidt wie ein Müllner, der grust und fragt ihn auch, woaus, woaus guter Freund? Da und dorthin, sagt das Bäuerlein, ich weiß selbst schier nicht, ich will halt schauen, wo ich ein Gevatter bekomme, der mir mein Kind aus der Taufe hebe. Was willst lang hin und her lauffen? spricht der Müllner, wann ich dir gut genug bin, ich will dir den Dienst gern thun. Wer bist du dann oder wo bist du her? sagt das Bäuerlein. Ich bin halt von Beinhausen, ich bin der Tod. Bist du der Tod? du wärest mir schier recht zu einem Gevattern, dann du bist auch fein schlecht, bist überall veracht, als wie ich, also taugen wir uns wohl zusammen. So seys halt, es bleibt dabey, du solst mein Gevatter seyn und mir das Kind auß der Tauff heben, und giebt ihm die Hand darauff. Der Tod hingegen erbiet sich ihm gantz willfährig, ey, spricht er, laß dichs nur nicht reuen, daß du mich zu einem Gevatter auserkiesen, dann obwohl ich zwar selbst Blutarm bin, weder Silber noch Gold, weder Haus noch Hof habe und dir also wenig verehren kann, wie ein Gevattern den andern beschencken solt, so will ich dir dannoch etwas Geheimes vertrauen und offenbahren, welches dir vil Geld eintragen und nutzen wird. Was ists dann, fragt der Bauer? Siehe, weilen die Menschen nichts mehr förchten als den Tod, und deßwegen alle Mittel und Artzney brauchen, keinen Unkosten spahren, wiederum gesund zu werden und dem Tod zu entgehen, sie essen gantze Apothecken aus, wenden viel Geld auf die Aertzt und Doctores, aber offtermals alles umsonst und vergebens, warm ihre Stund aus ist, so müssen sie mit mir auf und davon. So will ich dir ein gewisses Zeichen geben, woraus du erkennen kanst, dieser oder jener Krancke wird wieder aufkommen, jener aber ohnfehlbar sterben und ins Gras beissen müssen. Derowegen, wann du zu einem Krancken kommst, so gieb wol Achtung auf sein Bett oder Lieger-Statt. Wann du siehest, daß ich dem Krancken bey dem Haupt stehe, so kanst du ihn gewiß vertrösten, daß er für dißmahl nicht sterbe, thue ihm zugleichen Artzney-Mittel vorschreiben, wormit du viel Geld und Gut wirst erlangen, ein jeder wird sich gegen dir mit einem Stuck Geld einstellen. Wann du aber siehest, daß ich dem Krancken bey den Füssen stehe, so darffst du dir änderst nicht einbilden, als daß ich ihn bald bey den Füssen zur Stuben-Thür hinaus ziehen und ins Grab legen werde, derenthalben, damit die Leut mehr auf dich glauben, kanst du ihnen vorsagen, daß

Gevatter

Tod

275

sie zu Ersparung der Unkosten keine Mittel mehr brauchen, und den Krancken Gott befelchen sollen, wordurch du ebenfalls bey manchen, sonderlich bey denen Bluts-Freunden, welche schon auf das zukünfftige Erbtheil passen, grosse Ehr einlegen und guten Recompens davon tragen wirst. Was geschieht? Das Bäuerlein läßt ihm solches gefallen, fanget darnach an zu practiciren, besuchet die Krancken da und dort, bedienet sich der von dem Tod vorgeschriebenen Regel, verordnet ihnen allerhand Artzney-Mittel, tröstet sie und verspricht ihnen, daß sie in kurtzer Zeit zur erwünschten Gesundheit gelangen werden, wordurch er dann ein schöne Summe Geld in wenig Wochen zusammengebracht. Unter anderen wird er einsmals auch zu einem sehr reichen Kauffmann beruffen und gebetten, er wolle doch einen Rath ertheilen, ein Mittel vorschreiben und sagen, ob ihme noch zu helffen oder nicht? Der Bauer kommt, schauet in der Kammer hin und her, greiffet des Krandcen seinen Pulß, gehet ein wenig auf und ab, als wann er sich etwas besinnete, unterdessen aber gab er wohl Acht, ob sein Herr Gevatter der Tod nicht vorhanden wäre. Als er ihn aber erblicket und gesehen bey des Krandcen Füssen stehen, da wendet er sich alsbald zu den Umstehenden, als des Kaufmanns liebe Haus-Frau und nächsten Befreundten: Ach, spricht er, mein liebe Leut, ich kan kein Mittel mehr verschreiben, diese Krandcheit hat schon überhand genommen, alle Artzney ist vergebens, es ist leider um ihn geschehen, thut ihn nur Gott befelchen. Als solches die Frau gehört, fangt sie an bitterlich zu weinen, die Haar auszureissen und gantz kleinmüthig zu werden. Ach! schreyt sie, solt dann gar kein Mittel vorhanden seyn, ich bitt um Gottes Willen, besinnt euch noch besser und schauet, wo ihr ein Mittel finden möcht, ich will euch ein Verehrung thun, daß ihr wol zufrieden seyn werdet, hundert Reichsthaler gib ich euch, wann ihr ein Mittel zur Besserung vorschreibt. Der gute Ackers-Mann Hesse die 100 Reichsthaler nicht gern fahren, besinnt sich hin und wider, wüste doch kein Mittel, weil er den Tod schon bey den Füssen gesehen. Letzlich fällt ihm ein, diß Mittel, sagt er, weiß ich noch und wird hoffentlich das Beste seyn, wendet die Bettstatt samt dem Krancken um, wann diß nicht hilfft, so hilfft nichts mehr. Sie thuns, wenden es alsobald um, das Ober herab, das Unter hinauf, also daß der Tod nicht mehr bey den Füssen, sondern bey dem Haupt des Krancken gestanden, und konnte er vermög seiner gegebenen Parola dem Krancken das Leben nicht nehmen, massen dann der Kauff-Herr von Tag zu Tag besser worden und dem Bäuerlein die hundert Reichsthaler selber eingehändiget hat. Als aber der Bauer mit dem Geld aus dem Haus gangen, da begegnet ihm der bleiche Tod mit einem abgebrochnen Pfeil in der Hand, redet ihn an und sagt: Gevatter, für dißmahl will ich euchs noch hingehen lassen, daß ihr mich also hinterlistet, hinfüro laß ich es nimmer geschehen und hebe die Gevatterschafft wieder auf.

18°

Conrad Purselt Die Ordensliteratur gibt nur wenige Daten seines Lebenslaufs. Demnach ist er am 26. April 1644 zu Pottenstein in Oberfranken geboren und am 20. Oktober 1662 in die Gesellschaft Jesu eingetreten. Insgesamt 26 Jahre emsiger Kanzelarbeit werden ihm nachgerühmt, zunächst in Fulda, 1700 ist auf dem Titelblatt seines ersten großen Sonn- und Feiertagszyklus „Fons aquae triplici . . . " vermerkt: „. . . des Kayserlichen Hohen Dohm-Stiffts Bamberg dermaligen in das Siebende Jahr Predigern", und es heißt auch, daß mit diesen Predigten „ein Christ-Catholisches Voldc in der Hochfürstlichen Residentz-Stadt Bamberg . . . zum ewigen Leben geleit und angefrischet worden". Zuletzt wirkte Purselt in Mainz, wo er am 17. November 1706 auch gestorben ist. 1698 waren bei Johann Caspar Bencard in Dillingen zwei Einzelpredigten, „Lob- und Dank-Predig, welche wegen der herrlichen Victori, so die Kayserlidie Armee wider den Erbfeind in Ungarn den 11. September des verstrichenen 1697 Jahrs erhalten . . ." (2°, 11 S.) und „Lob- und Dank-Predig wegen des zwischen Ihro Kayserlichen Majestät und der Cron Frankreich aufgerichteten Friedens . . ." (2°, 10 S.) erschienen, dann 1700—1702 der genannte dreibändige Zyklus in Folio, und 1707, also schon posthum, eine ebenso angelegte Sammlung von Kanzelreden „Tres propagines Evangelicae veritatis . . . " Purselt war ein Meister der Sprache, hatte immer Sprichwörter, Redensarten und bildhafte Wendungen zur Hand und übermittelt höchst anschauliche Kulturbilder seiner Zeit. Mit dem Predigtmärlein geht er relativ sparsam um, Exempel fehlen fast völlig, Fabeln und Schwänke erwähnt er oft nur beiläufig, die dankbare Geschichte vom Bauern als König beispielsweise (vgl. nr. 256) bewältigt er auf einer Viertelseite, und gibt auch sonst meist knappe Fassungen. Ein völlig anderer Erzählertyp also als etwa die Altbayern Selhamer, Rauscher oder Strobl, aber eben wegen dieser, vielleicht auch herkunftsmäßig bedingten Gegensätzlichkeit interessant. Lit.:

DE BACKER-SOMMERVOGEL 6 , 1 3 0 7

abgedruckt).

f.:

BRISCHAR 3 , 3 1 9

ff. (dort neun Predigten

122. S c h i l d - K r o t t v o m A d l e r i n d i e H ö h e

getragen

Ich bitt euch, mir zu verzeihen, daß euch ein Fabel soll witzig machen. Es begehrte einsmahl ein Schild-Krott von einem Adler, er sollte sie auch einmahl

Schildkröte und Adler — Der Hirsch im Stall

277

in die Höh führen, daß sie die Welt ein wenig beschauen könne, sie krieche nur allein in finsteren Löchern herum: der Adler war zufrieden, hiese sie auf seinen Rucken sitzen, führte sie biß an die Wolken, trug sie in der Welt herum, dan schwindelte der Krott, bettete den Adler, weil sie nun gnug gesehen, soll er sie wieder hinab tragen, aber der Adler sagte, das hast du im Anfang nicht begehrt; flog auf einen Felsen, wandte sich um, wurffe die Schild-Krott auf den Felsen, daß sie zu tausend Stücken zersprungen. Ach! so närrische Begierden haben wir Menschen wie die Schild-Krott . . .

123. F a b e l v o n e i n e m H i r s c h u n d

Maul-Esel

Den Leuten einen blauen Dunst für die Augen machen und ein Fell überziehen, ist ein leichter Handel, aber die Augen Gottes zu betrügen, hat noch kein Kunst vermögt, solches geben die Alten durch diese Fabel zu verstehen: Auf eine Zeit jagten die Jäger einem Hirschen nach, und damit er ihnen entlauffen mögte, hat er sich aus Forcht in einen Stall versteckt, in diesem hat er einen Maul-Esel gebetten, er wolle ihn Flüchtigen doch nur so lang beherbergen, bis die Jäger, so ihn verfolgt, vorüber wären. Dem gab der Maul-Esel zur Antwort, hie kanst du nit sicher und verborgen seyn, dann bald wird mein Herr und sein Knecht hieher kommen. Der Hirsch bliebe auf seiner Meynung beständig und sagte: Ich will sdion sehen, wie ich mich in meiner Flucht verberge, wann du nur mich nicht verrathest. Kaum hatte sich der Hirsch verborgen, da kam der Knecht geloffen in den Stall hinein, dieweil sich aber der Hirsch tief in den Heustock gesteckt, hat er seiner nicht wahr genommen, und ist wieder hinweg gangen, der Hirsch erfreute sich von Hertzen, daß er des Knechts Augen entgangen, vermeynte, es wäre nunmehro alles gewonnen, und legte alle Forcht der Gefahr hinweg. Darauf sprach der Maul-Esel: Mein Bruder, es ist kein Kunst, sondern ein Glück gewesen, daß du diesen plumpen und blinden Tölpel betrogen hast, aber helff dir Gott, wann mein Herr kommen wird, er hat Luchsen-Augen, wann du diesen betriegen wirst, so kanst du wohl Juch schreyen. Bald hernacher kam auch der Herr in Stall, indem er genau hin und her sähe, merckte er, daß unter dem Heu ein Hirschzinck herfür guckte, merckte den flüchtigen Gast, ruffte alsobald mit zusammen geschlagenen Händen seine Knecht zusammen. Da sähe allererst der arme Hirsch, daß diß sein Gefängnus gewesen, was er vor ein freye Herberg gehalten. Dieses ist der Fabel Bedeutung, die Knecht seynd alle Menschen auff Erden, so da leben und sterben, ihr aller Herr ist Gott allein. Dieser Knecht Augen betrügen ist gar ein leicht Kunst, es seynd tausend Larven, tausend und tausend Schembärt, damit man einem Menschen ein Verblendung machen kan, Gott den Herrn aber, der ein pulauteres Aug ist, hat niemand jemahls betrogen.

278

Conrad

Purselt

124. E s e l v o n L ö w e n u n d W o l f f

zerrissen

Es wird erzehlet in den Fabulen, daß auf ein Zeit ein Esel bey einem Fluß sey auf die Weyd geführet worden, allwo sich auch ungefehr ein Low und ein Wolff eingefunden, die einander gebeicht, und einer dem andern der Läng nach seine Diebstahl und Mordthaten erzehlt, aber es hat ein jeder seine Stücklein so trefflich zu entschuldigen und vermänteln gewust, daß sie einander mit geringer Büß die Absolution ertheilt. Der einfältige Esel, welcher die wilde Natur dieser Thieren nicht erkennt, wurde auch von ihnen angestrengt zu beichten, der arme Tropf besinnete sich ein weil, fing an zu erkennen und zu bekennen, er sey bißweilen über seinen frommen, redlichen und ehrlichen Müller ungedultig gewesen, wann er ihn zu schwehr mit Säcken beladen, er hab zum öfftern sein lange Ohren und Maul lassen hangen über die Arbeit: Er hab offt gemurrt wider das Futter, und sich damit nicht wollen vergnügen lassen, und einsmahl, sagt er, da ich hungerig war, und die Schuh meines Meister mit Stroh angefüllt sah, hab ich ihm das Stroh aus den Schuhen heraus gefressen. Aha! sagten diese zween saubere Gesellen, der Low und der Wolff, itzt seind wir aus unserem Traum kommen, wir haben bißhero nicht gewust, warum Gott so schwehre Straff über Land und Leut, über Wild und Thier geschidct, itzt haben wir die Ursach und Laster gefunden, welche den Zorn Gottes vom Himmel herab gezogen auf die Erden, so hören wir wohl, du bist das gottlose Thier, indem du deinem eigenen Meister das Stroh aus den Schuhen heraus gefressen; haben ihn derowegen alsbald zum Tod verurtheilt, zerrissen und gefressen.

125. V i t a l i s

Undanckbarkeit

wider

seinen

Erlöser

Höret was Mattheus Paris in seiner Engeländischen Histori schreibt von einem Venetianisdien Edelmann mit Nahmen Vitalis. Dieser verirrete sich auf ein Zeit in einem finstern Wald, und fiele unversehens in einen tieffen Graben oder Gruben, allwo er einen erschröcklichen Löwen und ein überaus gifftige Schlangen angetroffen. Er zeichnete sich mit dem Zeichen des heiligen Creutzes, fing an zu weinen, zu heulen, zu schreyen und umb Hülff anzuruffen Gott und die Menschen, da hätte ihm Vitalis wol einen Habacuc wünschen sollen, welcher dem Daniel in der Löwen-Gruben zu Hülff kommen, aber anstatt dessen hörte das Geschrey ein Kohlen-Brenner Nahmens Sylvanus, ging nach dem Geschrey, kam zu der Gruben, fand den armen Gefangenen in der Gruben; da bäte ihn der Edelmann vor und nach Gott, ihn aus solcher Noth zu erretten, mit eydlichem Versprechen, ihm zur Recompens an Geld 500 Talent zu geben. Sylvanus, von so unverhofftem Glück reich zu werden gantz fröhlich, laufft nacher Haus, höhlet ein Laiter, lasst sich hinunter in die Gruben, da dann gleich die Schlang die erst sich eingefunden und empor geschwungen hat, der Low war der nechste, endlich kletterte auch Vitalis herauf, dem Sylvanus den

Des Esels Beichte — Dankbare Tiere — Undank der Welt

279

Weeg zeichte nach Venedig, und nochmahl in die Hand versprochen worden innerhalb 4 oder 5 Tagen die zugesagte 500 Talent selbsten zu lieffern, oder zu hohlen, wormit er nahm seinen Abschied und nacher Haus ging. Kaum saß er zu Tisch, sihe da kam der Low und bracht ihm mit Wädeln seines Schwantz, wie Tobias Hündlein, zum Zeichen seiner Danckbarkeit, einen feisten Hirschen. Hernach kam die Schlang, und bracht ein sehr köstliches Edelgestein, windete und schwunge sich hin und her, als erfreuete sie sich, daß sie ihre Schuldigkeit abgelegt, der eintzige Vitalis aber blieb aus, und bey Anforderung des versprochenen Gelds laugnete er alles, hätt auch nichts erhalten, wann nicht Vitalis von der Obrigkeit darzu wäre angehalten und gezwungen worden. O undanckbare grobe Besti! ja undanckbarer als die grobe Bestien! . . . nichts schlimmers noch ärgers tragt und bringt der Erdboden als einen Menschen, der undandcbar i s t . . .

126. D a s i s t d e r M e n s c h e n

Danck

Undanckbarkeit ist nicht allein gegen Gott, sondern auch insgemein gegen jedermann unerträglich. Das wird durch ein schönes Gedicht erklärt. Bidermannus erzehlt, es sey ein Drach in eine tieffe Holen gefallen, der habe jämmerlich geheulet, einen vorübergehenden Baur vor und nach Gott gebetten, er wollte ihm doch aus diesem Loch helffen, mit versprechen, ihm allezeit wie ein Mensch danckbar zu seyn. Der gute Tropf ließ sich überreden, und zöge ihn herauß: Wie sich nun dieser in der Freyheit befand, stellte er sich, als wann er den Baurn mit Gewalt wollt umbringen und verschlingen. Holla, schrye der Baur, was ist das? soll das mein Belohnung seyn umb so grosse Gutthat? ist das der Menschen Danck? ja sagt er, die Menschen geben kein anderen Danck, er wolle mit ihm vor unterschiedliche Richter gehen, er würde es gewiß gewinnen: begaben sich demnach beyde auf den Weeg, und traffen bald einen alten räudigen Schimmel an, der auf dreyen Beinen daher steltzt. Willkomm Schimmele! Willkomm! wie gehts? wie stehts? Ach mein Herr! schlecht genug. Gott lob, ich hab meinen Juncker erstlich über Berg und Thal, über Wasser und Graben getragen, und aus mancher Gefahr errettet: Ich hab viel Jahr lang den Pflug, den Wagen, die Kutschen gezogen, und nichts als Streich und Schlag, als Geissei und Spohren, nichts als ein wenig stinckendes Heu und ausgefressenen Haber bekommen: Itzt aber will er mich nicht mehr im Stall leiden, jagt mich hinaus auf die Weid, da soll ich auf dem Feld verrecken, und dem Schinder zu Theil werden. Sihestu es Baur! sagt der Drach, hastu es vernommen? das ist der Menschen Danck. Allo! itzt bring ich dich umb! Gemach, sagt der Baur, gemach, die Sach muß durch einen allein nicht geschlicht werden, wann mehr dieses Urtheil werden fällen, so will ich Bauer ein Lauer seyn, wann ich mich nicht willig werd darein ergeben. Darauff beurlauben sie sich bey dem Schimmel und setzten fort ihre Reiß, bald traffen sie einen alten kahlen Hund an, welcher mit einem alten Strick

280

Conrad. Purselt

an einen Zaun angebunden: Willkomm Herr Philax! was machen wir hier? da sprach er, ich hab meinem Herrn in der Jugend gefangen Endten und Gäns, zugetragen Hasen und Hüner, bewahret sein Hauß bey Tag und bey Nacht, vor Mördern und Dieben, itzt aber, da ich ein alter Schindhund worden bin, hat er mir schier eingestossen die Rippen, eingeschlagen die Lenden, gejagt aus dem Haus, damit ich ihm nicht umbfall in seinem Stall, mich lassen binden an diesen Zaun, damit mich die Wölff mögen zerreissen. Allo! Bauer, sagt der Drach, sihestu, das ist der Menschen Danck, geb her deinen Strudelkopf, dein Handel ist nun verlohren, bey zweyen hastu schon unrecht gefunden. Ey nicht zu jäh mein Drach, dafern der dritt auch solcher Meinung wird seyn, so will ich dann mich schicken drein. In währendem Zanck last sich ein Fuchs sehen: Venez icy, herbey Füchslein, herbey, sagt der Drach, du sollst Richter seyn zwischen mir und diesem rothbärtigen Baur. Sehr gut, sehr gut: Allein ich muß den Bauer erst ein wenig auf die Seiten führen und mit ihm allein reden: hierauf fragt er den Baur, ob er zu Hauß viel Hüner im Stall habe, und wie viel er ihm spendiren woll, wann er ihn aus dieser äusseristen Lebens-Gefahr salvirte: Hüner genug, antwortete der Baur, Hüner genug du rothes Füchslein, alle will ich dir schencken, du güldenes Kind! Hierüber fing der Fuchs an: damit keiner zu kurtz käm, müste man den Augenschein einnehmen, wie sich der Handel zugetragen: begaben sich derowegen alle drey zur Holen: der Fuchs sihet sie an, schüttelt den Kopf und last sich verlauten, als käme es ihm unmöglich vor, daß der Drach in einem solchen engen Loch hätte können stecken: Mein Drach komm her und zeig mirs, wie bistu darinnen gewesen? Kriech noch einmahl in dieses Loch, damit ich sehen kan, wie dich der Bauer heraus gezogen: der Drach schlieft hinein, der Bauer nicht faul, wältzelt geschwind einen grossen Stein darüber. Der Fuchs fragt mehrmahl: mein Drach, ists also gewesen? Ja, ja, gantz natürlich ist es also gewesen. Nun nun, antwortet der arge Fuchs, ist es also gewesen, so soll es also verbleiben. Auf solche Weise war der Bauer aus seiner Gefahr errett, und den Fuchs gebetten, er wole morgens früh bey Aufgang der Sonnen erscheinen in seinem Hof bey einem guten Hüner-Brühlein, und abholen, was er ihm versprochen. So bald zu Hauß angelangt der Bauer, sagt er: o liebe Frau! wann du sollst wissen wie mirs ergangen, du würdest mit mir ein hertzliches Mitleiden haben: Mein güldene Ursel, du hättest bey einem Haar deinen Mann verlohren: Gedenck was mir vor ein Unstern begegnet, in augenscheinlicher LebensGefahr bin ich gewesen. Erzehlt alles der Länge und Breite nach; da hat mir Gott zu allem Glück noch einen ehrlichen Fuchsen beschehrt, der hat mich durch seinen List und Witz wunderbarlich erlöst, deswegen ich ihm zur schuldigsten Dancksagung alle unsere Hüner versprochen: schick dich darzu, Morgens wills Gott in aller frühe wird er kommen dieselbige abzuhohlen, laß ihm alle Thür und Thor zum Hauß und Ställen offen, dann ihm hab ichs zu dancken, daß ich noch beym Leben.

Kalt und warm aus einem Mund — Den Wolf nicht nennen — Doktor auf dem Esel

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Was? holen, sagt sie, was? Hüner holen? Meine Hüner holen? hol dich der Teuffei, was gehet dich mein Feder-Vihe an, du Schmarotzer? wer wird dir nadigehends die Eyer legen, du Bengel? komme mir nur der Fuchs, ich will ihm schon den Hülzernen vergelts-Gott zu versuchen geben. Der arme Fuchs wüste umb allen diesen Lermen nichts: daher ist er in aller frühe ohne Furcht und Scheu in den Hof gangen, visitirt die Stall, sich umbgesehen nach den besten Hünern. Aber indeme er an nichts böses gedacht, ist geloffen kommen die Bäuerin, und mit einem Scheitholtz ihm den Rucken eingeschlagen, daß also der arme Fuchs in disen seinen Tods-Nöthen nichts mehrs bedauerte als die Undandcbarkeit der Mensclien, welche das Gute mit dem Bösen so vielfältig vergelten.

127. S t u d e n t w u r d f o r t g e j a g t , d i e w e i l e r k a l t u n d aus seinem Mund geblasen

warm

Ein Student ist auf eine Zeit im Winter bey einem Bauern eingekehrt, da stellete er sich zum Ofen und blasete in die Händ, da fragte der Bauer, warum er das thäte? er antwortete, damit ich mit dem Athem meine Händ erwärmen möge. Der Bauer ließ den armen Schlucker und Hungerleider mit zu Tisch sitzen, da bließ der Student die Suppen: hierauf fragte der Bauer, warum er dies thäte? da antwortete er, damit der Athem die Suppe kalt mache. O ho! sagt der Bauer, bist du der Haar, daß du kalt und warm aus einem Mund blasest, so pack dich fort, ich habe als von meinem Vatter gehört, ich sol mich vor denen hüten, die kalt und warm aus einem Mund blasen.

128. E i n B a u e r w o l l t d e n W o l f f n i c h t

nennen

Auf eine Zeit zwischen Weyhnadit und drey Königen Tag, welche Zeit man sonst auch pflegt zu nennen die zwölff heilige Nächt, zu welcher die Wölff am meisten lauffen, kam ein Bauer zu seinem Herrn Vogt, welcher Wolff hieß und sprach: Guten Morgen, guten Morgen, Herr Hecken-Hanns! was hör ich, mein Gegentheil hat ziemlich gute Audienz bey euch? aber audi, audi partandi, wolt sagen, audi & alteram partem, hör doch auch den andern Theil an. Was, sagt der Vogt, du leichtfertiger Vogel, weist du meinen Nahmen nicht? weist du nicht, daß ich Wolff heiß? ach lieber Herr Hecken-Hanß, ich weiß es nur gar zu wohl, aber wir haben jetzt die zwölff Nächt, ich darff den Schelmen nicht nennen, versteht mich recht, Herr Vogt, ich darff den Schelmen nicht nennen. 129. D e r M e d i c o a u f d e m

Esel

Den Zechbrüdern ergehet es wie jenem Medico oder Doctor der Artzney, von welchem Pisa erzehlet, daß zu Palermo in Sicilia einst ein Doctor Medi-

282

Conrad Turseit

cinae oder Artzney gehabt ein ansehnliches und tummelhafftes Maulthier, wie dann selbiger Orthen die Pferd gar rar seynd, solches wohl halten und füttern lassen im Stall, also daß es nicht allein von überigem Futter satt, sondern auch muthwillig und muthig worden; auf eine Zeit wollte der Doctor seine Patienten und Krancke hin und wieder besuchen, ließ ihm sein Maulthier sattlen, sasse auf und ritte vom Losament aus, aber kaum kam er vom Hauß gegen dem Marek, da fieng der Esel an zu gumpen, zu toben und zu wüten, sprung bald auf diese, bald auf jene Seiten, der gute lateinische Reuter wollte in solcher Gefahr durch starcke Anhaltung des Zaums dem muthigen Esel das Springen verbieten, aber es geschähe noch ein grösseres Unglück, dann der Zaum zerisse, der Esel merckt, daß er des Zaums befreyet, sprang mit seinem Doctor hin und wieder, auf und nieder von einer Gassen zu der andern, über Stock und Blöde, über Stein und Graben, als aber die Burger und Inwohner solche abentheuerische Reuterey gesehen, vermeynten sie, der Doctor wäre ein Narr worden, schnellen ihm hauffenweiß zu: Domine Doctor quo itur, quo itur? Herr Doctor wohinaus? Herr Doctor, wohin so schnell auf der Esels-Post? zu was vor Patienten so spornstreichs? nescitur, nescitur, pepite a mulo, ich weiß nicht, ich weiß nicht, fragt meinen Esel darum.

130. E h e l e u t b e f i n d e n e i n a n d e r

untreu

So trösteten sich vor Zeiten jene zwey junge Eheleut, als sie einsmahls gantz vertraulich miteinander redeten, sprach der junge Mann, liebstes Schätzlein, ich hab ein Tochter, sie ist nun übers Jahr mir zu gefallen, wirstu es ja auch lieb haben, als wann es dein Kind wäre? eben recht, sagt die junge Frau, mein güldener Schatz, und ich hab einen jungen Sohn ungefehr vor anderthalb Jahren, das kan zu seiner Zeit ein schöncs Pärlein geben zusammen, der junge Mann erschrack darüber, beklagt sich bey dem Schwehr-Vatter, wie er ihn mit seiner Tochter angeführt. Ey Geck, sagt der Schwehr-Vatter, mein Tochter wird nur vexirt haben. Ach Nein! antwort der Tochter-Mann, es war ihr gründlicher Ernst. Nun sagt der Vatter, soll mich Gott auch hinter die Wahrheit führen, ich will ihr die Mutter über den Halß schicken, die soll sie fragen, und wir beede wollen hinter der Thür lauschen, was sie hierzu sagen wird; solches nahm der Tochter-Mann vor bekandt an. Die Mutter fragt die Tochter, ob sie ihrer Red geständig? ob sie ein Kind hab? freylich, freylich, Mutter, und zwar ein schönes Söhnlein. E y du Närrin, warumb hastu es dann deinem Mann gesagt? was ist es nunmehr, hat er mir doch auch gesagt, daß er ein schönes Töchterlein hab. Da sprach die Mutter, ich hatte wol drey Kinder gehabt, ehe ich deinen Vatter nahm, und habs ihm doch mein Lebtag nicht auf die Nasen gebunden. Da die, so vor der Thür stunden, solches hörten, sagt der Vatter zum Tochter-Mann: was wollen wir daraus machen, wir müssen uns halt gedulten.

Geständige und streitbare Eheleute — Witwe von Ephesus 131. E h e l e u t

s t r e i t e n um ein

283

Nichts

( I n einem Diskurs über die Beschwernisse des Ehestands) Jene ist gehorsam, dieweil der Mann drauf klopfft mit den Händen, und stost mit den Füssen, welche im geistlichen Stand ohne Schläg hätt gehorsamet vernünfftig und mit Gedult, jetzt aber so pariren muß, daß sie das Schwartze muß weiß und das Weisse schwartz heissen, wie Jene bekennt, welcher ihr Mann am heiligen Neuen Jahrs-Tag gebracht etliche Ambsel, sprechend: Heut solst du mir diese Kramets-Vögel zu Mittag zubereiten. Wie? sollen das Kramets-Vögel seyn? siehest du nicht, daß es Ambsel? Was? Weib? seyn das Ambsel? und siehe unversehens zog er ihr etliche Ohrfeigen, weil sie ihn überstreiten wolt, daß sie die gantze Nachbarschafft mit ihrem Geschrey thät herbey locken zu diesen Vogel-Streit. Als nun über ein Jahr der heilige Neue Jahrstag wieder kam, lagen dem Weib die alte Ambsel noch im Magen, und fragte, weist du nocli, was du vor einem Jahr an diesem Tag für ein Neues Jahr geben? weist du noch wie du mich tractirt hast? Wie soll ich dich tractirt haben? ich hab dir halt KrametsVögel gebracht. Mir Kramets-Vögel? du Narr, es waren Ambsel, bartus hat sie wiederumb Ohrfeigen, wie vor einem Jahr. Du Strahl-Hur, solst du sagen, daß es Ambsel gewesen? schlüge sie so lang, biß sie sagte, daß es keine Ambsel, sondern Kramets-Vögel gewesen.

132. W i t t i b g r a b t i h r e n t o d t e n M a n n und h e n c k t ihn an G a l g e n

aus

Es gibt bisweilen Wittweiber, die nicht allein frohe seyn, daß ihre Männer gestorben, sondern auch, damit sie bald einen andern mögen bekommen, so gar ihren todten Männern unter der Erden nicht verschonen. Es wird erzehlt von einem Soldaten, daß ihm bey Leib- und Lebens-Straff anbefohlen gewesen, zu wachen bey einem vornehmen Herrn, der aufgehendet worden an einen Galgen, so nicht unweit von einem Gotts-Acker aufgericiit gewesen, allwo einer Wittib verstorbener Mann begraben läge. Diese kam nach der Begräbnus etliche Nächt nacheinander zum Grab, heulete und beweinte erbärmlich den Tod ihres Manns. Der Soldat hörte das Geschrey, kam sie zu trösten, bey seiner Ruckkehr aber befände er, daß ihm sein Aufgehenckter, den er bewachen sollte, gestohlen worden. O Unglück! geschwind lieff er zuruck und sagt: O was Raths, du fromme Wittib! indem ich dich getrost, ist mir mein Dieb vom Galgen gestohlen worden, nun muß ich für ihn hencken. Sey getrost Soldat, wilst mich heyrathen, wann ich dir aus der Noth hilff? Freylich, da hast die Hand darauf. Geschwind hilff mir, wir wollen meinen gestorbenen Mann ausgraben und ihn an statt des gestohlenen an Galgen hencken. E r hilfft, der Todte wird ausgegraben, aber der Soldat sagt, er siehet dem gestohlenen nicht gleich, dann er hat gar zu lange Zähn. O dem ist bald geholffen sprach die Wittfrau, nahm darauff einen Stein, schlug ihrem

284

Conrad Purselt

todten Mann die Zähn ein und halff ihn aufhencken. Nachdem begehrt sie, wie er versprochen, sie zu heyrathen: Nein sagt der Soldat, ich mag und nehm dich nicht, nehm dich der Teuffei, gehest du also mit deinem todten Mann umb, wie würdest du mit mir lebendigen erst umbgehen?

133. J u n g f r a u e n

von Adel E i n g a n g

in e i n

Closter

Wie freudig ist nicht der Mensch, wann Gott ihm einen Kürbes gibt? wann er ihn erhebt zu grossen Würden und Ehren? wann er ihn segnet mit Geld und Gut? Kommt aber der Wurm der falschen Ankläger, frisst der Wurm des Unglücks die Reichthumb auf, da wird er verbittert über Gott, und will lieber todt und beym Teuffei, als lebendig in solchem Unglück länger bey Gott seyn. . . Solche Leuth kommen mir vor wie jene adeliche Jungfrau, welche bey ihren Eltern inständig angehalten umb Erlaubnuß ins Closter zu gehen, und geistlich zu werden, sie erhielt es nach vielen bitten und betten, fuhr mit Kutschen und Pferden, in Begleitung der Elteren und Freunden, in das Kloster. Nachdem nun die Elteren mit den Freunden sich von ihr beurlaubet, und wiederumb zuruck kehren wollen, hat sie sich gegen allen höchlich bedanckt, und einem jeden ein Denckzeichen mitgeben, auch endlich von dem Knecht begehrt zu wissen, weil er sie so glücklich geführt ins Closter, was sie ihm doch zu guter letzt verehren solte oder könnte? darauf der Knecht geantwortet: Gnädiges Fräulein! Ich heiß Peter, Peter heiß ich. Das weiß ich wohl Peter, allein begehr etwas von mir, daß ich dir schencken soll. Gnädiges Fräulein ich heiß Peter, ich heiß Peter. Das ist nichts neues, sondern ein altes, antwortet das Fräulein, aber sag an Peter, warumb wilstu nichts von mir begehren? Gnädiges Fräulein, hört ihrs dann nicht, ich heiß Peter, ich heiß Peter, und begehre nichts änderst, als daß ihr nur meinen Namen nicht vergesset, dann ich förcht, es mögt einmahl die Zeit kommen, daß ihr werdet sagen, nicht der Peter, sondern der Teuffei hat mich ins Closter geführt, darumb bitte ich, ihr wollet mir nur meinen Nahmen nicht veränderen, ich heiß einmahl Peter und nicht Teuffei.

Ignatius Erti Er entstammt einer angesehenen und offensichtlich vielseitig begabten bayerischen Beamtenfamilie. Als ältester Sohn des Hofgerichtsadvokaten Johann Ertl wurde er am 26. August 1645 in Ingolstadt geboren. Zwei Jahre später übersiedelte die Familie nach München. Ignaz besuchte gleich zweien seiner Brüder, dem späteren Kapuzinerprediger Johann Franz (mit Klosternamen Joseph Maria Monacensis) und dem nachmals als Rechtsgelehrten und Geographen bekannt gewordenen Anton Wilhelm das Jesuitengymnasium, das er 1661 absolvierte. Wann er in den Orden der Augustinereremiten eingetreten ist, war bisher nicht zu ermitteln. In einem Sciiriftstück vom 12. Januar 1684 nennt der Vater von seinen Söhnen zwei als Angehörige dieses Ordens, von denen der ältere „Prediger allhier" sei. Ignaz muß sidi zu dieser Zeit schon einen Namen gemacht haben, da er im gleichen Jahr als Festprediger zum Jubiläum des Franziskanerklosters in München bestellt wurde, was auch bei anderen feierlichen Anlässen nicht selten der Fall war. So sagt er selbst in der Widmung seines Festivals an den Propst des Augustinerklosters Au bei Haag: „Wie offt bin ich Unwürdiger gewürdiget worden, durch Ihro Hochwürden und Gnaden gnädige Einberuffung an den vornehmsten Neuen-Jahrs- und Kirdiweyhungs-Festivitäten auf Dero ansehnlicher Stifft- und Closter-Cantzel die solenne Predigen abzulegen." Audi in den benachbarten Augustinerklöstem Ramsau und Gars ist er des öfteren auf der Kanzel gestanden. Sonst aber war er „ordinari Prediger zu München"; von seinen Roratepredigten sagt er ausdrücklich, daß er sie in München gehalten habe. In späteren Jahren versah er das Predigtamt im Frauenkloster NiederViehbach. Seinen Lebensabend verbrachte er im Kloster Schönthal in der Oberpfalz, wo er am 20. September 1713 gestorben ist. Ertls Hauptwerk ist der große Jahreszyklus „Sonn- und Feiertägliches Tolle Lege . . ." (1698—1702, weitere Auflagen 1708 u. 1715), zwei Quartbände von jeweils rund 1000 Seiten, die ihn als einen ernsthaft-beflissenen, aber dennoch immer lebendigen, volksnahen und oft genug auch humorvollen Kanzelredner mit allen guten Gaben barocker Ausdruckskraft erweisen. 1700 erschien die für unsere Zwecke weniger ergiebige Sammlung von Adventpredigten „Rorantis coeli . . .", 1705 ein Band von Passionspredigten „Amara dulcis . . ." (2. Aufl. 1712) mit 36 sehr breit ausgeführten Fastenexempeln; aus dem Nachlaß kam 1711 ein zweites Dominieale „Promontorium Bonae Spei, Oder: Himmlisches Vorgebürg der guten Hoffnung" zum Druck, zuletzt ein Sammelband von Gelegenheitspredigten „Miscellanea Conciones . . ." (Augs-

286

Ignatius

Erti

bürg 1715, 336 S.). Die einzeln gedruckten Festpredigten sind zumeist in die Sammelbände aufgenommen worden. Ertls Quellennachweise zeugen von einer beachtlich vielseitigen Belesenheit in historisch-chronikalischen Literaturbereichen, in naturkundlichen und geographisch-völkerkundlichen Werken seiner Zeit und in der didaktischen Unterhaltungsliteratur. Dementsprechend ist er auch in der Auswahl seiner mit Talent und spürbarer Freude vorgebrachten Erzählungen zuweilen durchaus originell. Lit.: J. F. OSSINGER, Bibliotheca Augustiniana histórica, coitica & chronologica . . . Ingolstadtii 1776, 3 1 6 F . ; BAADER 1/1, Sp. 3 0 4 ; KOBOLT I, 2 0 9 ; E.MOSER-RATH,

Münchener Volksprediger der Barockzeit, in: BayerJbfVk 1958, 93 ff. (mit weiteren Angaben).

134. E i n N a c h t i g a l b r i n g t e i n e n R e l i g i ö s e n in e i n 3 0 0 j ä h r i g e V e r z ü c k u n g . . . Wie ergienge es jenem frommen Religiösen, von welchem Joannes Major schreibet; dieser spatzierte nach der Metten in das nechst-gelegene Wäldlein für das Closter hinaus, setzte sich unter einen Baum nieder, und betrachtete was tieffer bey sich jene Psalmisten-Wort: Mille anni ante oculos tuos, sicut dies hestema, quae praeteriit. Tausend Jahr seynd von deinen Augen, wie der gestrige Tag, so fürüber gangen ist. Indessen hörete er eine Nachtigal schlagen mit so ungewöhnlicher Lieblichkeit, daß er vor Freud nicht mehr wüste, ob er noch lebe oder nicht lebe, ob er im Himmel oder auf Erden seye. Bliebe demnach in dem Wäldlein sitzen, und wurde daselbsten durch wunderbarliche Schickung Gottes drey hundert Jahr lang in stäter Verzückung und süssesten Schlaff erhalten. Hierauf erwachete er wiederum, vermeinend, er seye nur eine Stund-lang im Wald gesessen, kehret nach dem Closter zuruck, da wolt ihne aber niemand erkennen und aufnehmen, er gäbe sich zwar mit seinem Namen an, wer er seye, wie er heisse, wie er erst vor einer Stund in den Wald hinaus gangen und allda entschlaffen seye, niemand aber wolte von dergleichen Religiösen was wissen. Er kunte sich nicht genugsam verwunderen, wie das geschehe! daß er keinen in dem Closter und ihne keiner von den Closter-Mönchen mehr erkennen solte, es war ein frembder Portner und unbekannter Prälat vorhanden, wäre auch das gantze Closter mit einem neuen höheren Gebäu verändert. Hierauf schlüge man nach, und fände in einem alten Buch, daß vor dreyhundert Jahren ein Religiös mit solchem Namen, wie er hiesse, in den nechsten Wald seye hinaus gangen, und daselbst ohne weitere Zuruckkunfft verlohren worden. Woraus man erkannte, daß ihne Gott in Anhörung dieser himmlischen Nachtigal oder singenden Engels dreyhundert Jahr für eine kurtze Stund habe vorkommen lassen, um weilen er nicht glauben wolte, daß tausend Jahr vor Gott wie ein Tag seyn solten.

Möndi und Vöglein — Kuckucksorakel — Der unschuldige Jakobspilger 135. E i n

Wald-Bruder

höret

einen

Gugguzer

287

schreyen

Es schreibet Caesarius von einem jungen Waldbruder, der hörete einstens, von seiner Clausen aus, einen im Wald schreyenden Gugguzer, und zwar mit einem zwey und zwantzigmal wiederholten Guggu. Holla! gedenckt ihme der Einsidel, diser Gugguzer ist mein Glücks-Vogel, zwey und zwantzigmal rufft er mir Guggu, zwey und zwantzig Jahr h a b ich noch zu leben. Was mache ich dann so lang in meiner Clausen hier? warum will ich mich selbsten noch vor der Zeit also lebendig vergraben? Ey, kehre ich in die Welt zuruck, lasse mir die zwantzig Jahr hindurch wohl geschehen, verkoste ich auch, was andere Welt-Kinder mit frölichen Wohlleben geniessen: Die letzte zwey Jahr meines Lebens kan ich schon wiederumen in strengister Büß zubringen, und alles ersetzen und einbringen, was ich die zwantzig Jahr in der Welt gestifftet. Diß redend, verlaßt er die Einöde, begibt sich in die Welt, und in das weltliche freye Leben: aber wie lang? Zwantzig Jahr? Ach nein! der Teufflische Gugguzer hat ihn schändlichist betrogen, zwey Jährlein tumulierte er sich in der Welt herum, da ist er, dem Leib nach, elend gestorben, u n d sammt der Seelen ewig verdorben. Also ergeht es, wann man so abergläubisch dem eitlen Zeichen eines betrügerischen Vogel Geschreys will nachgehen und folgen.

136. S. J a c o b u s e r r e t t e t e i n e n u m gehenckten Jüngling

Unschuld

Ein frommes paar Eheleuth reiseten mit ihrem liebsten Sohn Pilgram-weiß nach Compostel in Gallicien, zu dem Welt-berühmten Grab des H. Apostels Jacobus hinein. Unterwegs kehreten sie in einem Wirthshaus ein, da vergaffete sich des Wirths leichtfertige Tochter in den schönen unschuldigen Jüngling, u n d reitzete selben gantz frech und unverschambt zur Unzucht an, alldieweilen er ihr aber solche Schand-That rund abschlüge, verkehret sie das Hönig in Gall, Feuer in Wasser, und ihre Liebe in den ärgisten Haß, versteckt aus Rachgier dem Jüngling vor seiner Abreiß ein silberne Schalen oder Trinck-Geschirr heimlich in seinem Rantzen, u n d lasset ihn reisen. Kaum wäre er aber mit seinen Eltern aus dem Haus hinweg, macht sie einen grossen Rumor und Geschrey, jammert und klaget ihrem Vatter, es seye das silberne Pocal gestohlen worden, niemand müsse es gethan haben, als die drey abreisende Pilgram, Vatter, Mutter und Sohn. Der Wirth voll Zorns glaubet seiner Tochter, schicket alsobald Scherganten auf dem Weeg nach, lasset alle drey aussuchen und da wird leider! der Becher in des Sohns Rantzen erfunden, er erschrickt hierob, betheuret vor Gott und aller Welt, er habe ihn nicht gestohlen: Zumahlen er aber seine Unschuld mit weiterer Prob nicht darthun kunte, also gienge Gewalt f ü r Recht, wurde f ü r Gericht geführt, mit kurtzen Process zum Tod verdammt und noch selben Tag, als ein Becher-Dieb, an offenen Galgen aufgeknüpfft. Die Hertz-betrübteste Eltern wüsten ihres Leids kein Ende, klagen ihre Noth dem H. Apostel Jacob, reisen zu dessen

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Ignatius Erti

Grab hin, legen daselbst ihr Gelübd ab und befelchen (wie sie vermeinten) die abgeleibte Seel ihres erhendcten Sohns, in dessen Hülff und Fürbitt. Und höret, O grosses Wunder! als sie beede nach vollbrachter Walfahrt von Compostel den alten Weeg wieder zuruck kehreten, kunte die betrübtiste Mutter nicht enthalten, daß sie nicht noch einmahlen zu dem Hochgericht hingienge, ihren todten und vielleicht schon-faulenden Sohn (wie sie glaubte) das letztemahlen anzusehen. Aber O Freud! über alle Freud! da eröffnet der da hängende Sohn seine Augen und Mund und redet die Mutter mit diesen Worten an: Siehe, O Mutter! spräche er, ich lebe noch, Gott und der H. Apostel Jacobus haben meine Unschuld beschützt und mich vor dem Tod bewahret, gehe hin und zeige solches dem Richter an, der mich ungerechter Weis hie aufhängen lassen. Die Mutter Freuden-voll, lauffet zum Richter hin und zeiget das Wunder ihres noch am Galgen lebenden Sohns an. Der Richter, so eben am Tisch sasse und einen gebratenen Hahn und Hennen in der Schüssel hatte, verlachet Schertz-weiß diese Zeitung und bricht mit diesen höhnischen Worten heraus: So wenig, spräche er, lebet dein gehendcter Sohn, O närrisches Weib, am Galgen daraus, als Hahn und Henne in meiner Schüssel leben. Und sehet, O neues Wunder! das Wort des Richters und das Leben des gebrattenen Geflügels wäre ein Ding, im Augenblick schwingen sich beede, der gebrattene Hahn und Henne in der Schüssel über sich, der Hahn fanget an zu krähen und die Henne zu gaggötzen, wie sie im Leben gethan. Hierob erschridcet der ungläubige Richter, erkennet des gehendeten Jünglings Unschuld, schicket hin, lasset ihn vom Galgen herabnehmen und mit Freuden seinen Eltern zustellen. Erwähnter Marinaeus bezeuget, daß dieses Geschlecht des gebratenen und wiederum lebendig wordenen Hahnen und Henne biß auf heutigen Tag nicht abgehe: Es bleibet immerdar vom selben ein weisser Hahn und Henne zu Compostel übrig, alle sieben Jahr legen sie 2 neue E y und brütten aus selben frische Jungen aus, und von diesem Hahn- und Hennen-Geschlecht giebt man denen Walfartern, so nach Compostel reisen, zum Wahrzeichen dieses Wunderwerck, ein oder das andere Hennen-Federlein mit, massen diese Federlein niemahlens abnehmen und weniger werden, wie solche Marinaeus mit Augen gesehen und selbsten mit Händen empfangen hat.

137. J e s u s - K i n d i m

Kripplein

bekehrt

einen

Türcken

Es schreibet P. Stengelius S. J., es habe sich zu unseren Zeiten in dem Jahr Christi 1641 zu Neapel im Welschland begeben, da käme zu dieser H. Weynacht-Zeit unter anderen eifferigen Christen-Volck ein Türckischer Sclav in eine Kirchen, das alldorten aufgerichtete Kripplein aus Vorwitz zu besichtigen, und als er nun seine Vorwitz-begierige Augen auf das liebreichste Christ-Kindlein hinwarffe, seht, O Wunder-Ding! da bewegt sich lebhafft das geschnitzlete Jesu-Kind in der Heu-Krippen, und schauet mit einem anmüthigen Blick den Türcken an, deutet ihme so gar mit seinem Fingerlein, er solle zu ihme kommen, weilen sich aber der Türck ab diesem Wunder in etwas entsetzte,

Jesuskind bekehrt einen Türken — Himmelszeichen

und Drachen

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ruffet ihme das Christ-Kindlein mit hellen Worten in Anhörung alles anwesenden Volcks zu, catechisirt und unterweiset ihn in den vornehmsten Glaubens-Articulen, befihlt ihme eilends den H. Tauff anzunehmen, dann er werde nach wenigen Tagen sterben und bey ihme im Himmel seyn. Der arme Sclav über diese Wort gantz erleuchtet, geht Freuden-voll hin, lasset sich tauffen, erkrancket tödtlich, empfanget die letzte Weeg-Zehrung, und stirbt bald hierauf eines seeligen Todts. 138. V o n e r s c h r ö c k l i c h e n L u f f t - Z e i c h e n am H i m m e l s - C r e i ß Die curiose Natur-Erforscher erheben . . . die Anfrag, was es seye, woher es komme, was es ausdeute, daß so offt und vielmalens in der obern Lufft-Refier diese und jene gantz entsetzlich, ungewöhnlich- und erschröddiche LufftZeichen und Lufft-Bilder sich hervorzeigen und sehen lassen? wie offt erscheinen am Himmels-Creiß mehrerSonnen als eine? Also seynd im Jahr Christi 1514 zu Nürnberg ober der Stadt drey Sonnen am hellen Mittag erschienen, deren zwey Blut-färbig, und die dritte schneeweiß aussahe. Also seynd im Jahr Christi 1660 zu Dantzig um Mittere Nacht drey Mond erschienen, deren der Mittere mit einer Königlichen Cron gezieret war. Wie offt erscheinen in dem heiteren Lufft-Gezirck langschweiffige Comet oder Stern-Ruthe, die gemeiniglich einer Stadt, Land und Volck grosses Unwesen und Übel vorbedeuten. Wie offt erscheinen im Lufft feurige Säulen, feurige Balcken, feurige Kugel, Drachen und Schlangen? Also ist im Jahr Christi 1352 den 11. Augusti über die Stadt Florentz bey nächtlicher Weil ein feurige Schlangen geflogen. Also ist im Jahr Christi 1619 in der Schweitz unweit dem Pilatus-See ein feuerspeyender Drach mit erschröddich langen Schweiff ersehen worden. Weiters, wie offt erscheinen in Lüffte heßliche Todten-Köpff, schwartze Todten-Bahr, Türckische Säbel, Schwerdter, Bogen und Pfeil? wie offt hört man in Lüfften schiessen, als gebe man Salve, als spiele man mit Stucken gegeneinander? Wie offt siehet man gantze Reutereyen und Kriegs-Heer widereinander streitten und kämpffen? Also erschienen im Jahr Christi 1646 zu Gloggau in Schlesien zu Anfang des Winter-Monats zwey im Lufft gegeneinander streittende Armeen, und erschallete ein so ungeheures Geschrey, als wären viel tausend Mann im Feld beysammen. Ingleichen erschiene in dem Jahr 1665 zu Stralsund in Pommern eine grosse See-Schlacht in Lüfften, und hörte man von beyden Seiten schiessen und Feuer geben.

139. V o n

der Natur der

Drachen

. . . Suche ich in H. Schrifft nach, so ist der Teuffei ein obgesiegter Drach. Er ist jener Drach, der, nach Zeugnus Davids, uns Menschen zum Spiel ausgesetzet worden . . . Suche ich in denen Prophan- und Weltlichen Geschichten 19 Moser-Rath

290

Ignatius Erti

nach, so gleichet der Teuffei in Warheit vielen in der Fabel obgesigten Drachen. Suche ich in den Lebens-Geschichten der Heiligen Gottes nach, wie offt haben diese wider den höllischen Drachen Kopff turnieret, selben gedemmt, ausgereuttet und obsieget? . . . Noch heutigen Tags gibt es in den Indianischen Landschafften ungeheure Drachen, so nicht allein Ochs und Hirschen, sondern auch großleibige Elephanten-Thier heiß-hungerig angreiffen, erwürgen und auffressen. Zu geschweigen, wie man längstens da und dort zu gewissen Zeiten und Orten eine gewisse Anzahl der Menschen denen hungerigen Drachen zur Speiß hat müssen zuführen und aufopffem . . . Einer seltzamen Natur wäre zwar jener Drach, der sich unweit der Stadt Mayland aufgehalten: Dieser würgete die Menschen ohne Unterschied, ausgenommen die schwachen Weibsbilder hat er verschonet, und selbe unbeschädiget gelassen. Diesem Ungeheuer hatte der tapffere Engelländer, Mariangelus genannt, durch Beihülff seines Dieners, mit einer grossen Axt den Kopff zerspalten . . . 140. E i n S c h a t z g r ä b e r z u B a s e l w i r d betrogen

schändlich

Es schreibet Stumfius neben anderen bewährten Historiéis, daß zu Basel ein gewisses Orth und ein tieffe Höhle in die Erd hinein gehe, worvon der gemeine Ruff lautete, daß darinn ein großer Schatz verborgen liege. Nun begäbe sichs im Jahr Christi 1520, daß von ermeldter Stadt Basel ein junger Schneiders-Sohn sich kecklich mit einem geweyten Liecht in gemeldte Höhle hinein gewagt, der zuversichtlichen Hoffnung, den darinn vergrabenen Schatz zu erfinden, und erstlich käme er zu einer eisernen Porten, so sich gleich selbst geöffnet, hierdurch gienge er weiters, und käme in einen schönsten Elisischen Lust-Garten, in dessen Mitte stunde ein prächtiger Pallast, aus deme tratte hervor ein wohlgestaltete Jungfrau, diese trüge auf dem Haubt eine königliche Krön, und an dem Hals ein große Bürd Schlüssel, jedoch, welches entsetzlich anzusehen wäre, sähe sie mit dem oberen Leib einem Menschen, mit dem unteren einer Schlangen gleich: Diese also verstalte Jungfrau gruste den Jüngling sehr freundlich, nimmt ihne bey der Hand und führt selben in ein geheimes Zimmer, darinn läge ein große eiserne Truhen mit Gold erfüllet, darauf sassen zwey schwartze Hund mit Feuer-blitzenden Augen, die grausam belleten, und mit allem Gewalt die Truhen bewahreten; der Jüngling erschricket, die Jungfrau tröstet ihn, er solle sich keines Leids befürchten, jetzt seye die Zeit seines höchsten Glücks verhanden, so er änderst dasselbe gebrauchen wolle, hierauf jagt sie die Hund hinweg, schliesset die Truhen auf, und verehret dem Jüngling eine Hand voll der schönsten Gold-Müntzen, mit Verheissung, ihme den gantzen hier inliegenden Schatz einzuliefern, so fern er sie von ihrem unglückseligen Stand und viehischer Leibs-Gestalt erlösen werde: Dann, spräche sie, ich wäre weiland eine Königliche Prinzessin in diesem Pallast wohnhaft, bin aber durch zauberische Verhetzung, wie du mich siehest, in diese Schlangen-

Die Schlangenjungfrau

in der Schatzhöhle — Der tote Riese

291

gestalt verflucht und verwandlet worden, jedoch kan ich wiederum darvon erlöset werden, so mich ein keuscher unbefleckter Jüngling zu dreymalen küssen wird . . . Der Jüngling auf diese Wort gantz ermuthiget, waget kecklich sein Glück, giebt dieser Schlangen-Jungfrau oder verstalter Teufflin zween Kuß, und als er ihr schon den dritten auch geben wolte, da überfällt ihne, nicht ohne sondere Gnad Gottes, ein grosser Schauder und Schrecken, und weilen sich zugleich dieses Schlangen-Weib mit gantzen Leib erschröcklich aufbäumete, als wolle sie ihn augenblicklich verschlucken, also fürchtete er seiner Haut, beflhlt sich in den Schutz Gottes, nimmt eilfertig die Flucht, laufft, was er lauffen kan, aus dem Schloß, aus dem Garten, aus der Höhle heraus, und ist also mit erhaltenem Leben noch glücklich darvon kommen. Nach einiger Zeit wagt sich ein anderer armer Bürger von Basel vor Geld-Begierde in diese Höhle hinein, fände aber weder Jungfrau noch einigen Schatz, sondern häuffig herumliegende Todten-Aas und Menschen-Gebeiner, woraus er erkannte, daß dieses keine Schatz-Gruben, sondern eine Mörder-Gruben des leydigen Teuffels wäre, worüber er also erschrocken, daß er den dritten Tag hierauf gantz rasend und unsinnig den Geist hat aufgeben.

141. S i z i 1 i a n i s c h e B a u r e n f ö r c h t e n todten Riesen

einen

Im Königreiche Sicilien liegt ein grosser Berg, und in dem Berg eine tieffe Hole. Einstens wagten sich etliche Gesellen in diese Hole, um zu sehen, wie selbe innerlich beschaffen seye, ob kein heimlicher Schatz darinn vergraben liege. Als sie hinein kommen, sehen sie zu innerist in der Hole einen ungeheuren Riesen gantz aufrecht vom Leib da stehen, in der einen Hand hielte er einen metallinen Schild, in der anderen einen Spieß wie einen Wisbaum dick, sie erschrecken, nehmen eilfertig die Flucht, verkündigen dieses WunderGesicht der herumliegenden Gemeine des Volcks, mit Bitt, man wolle mit gesamter Hand diesem Riesen begegnen und selben erlegen helffen. Die Bauren lauffen zusamm mit grossen Tremmlen, Knittlen und langen Spiesen, mit allerhand Gewehr und Waffen, es schiene, als wollte ein gantzes Kriegs-Heer wider diesen einigen Riesen zu Feld ziehen: Da erfüllte sich aber jene Fabel, wie einsmal sieben forchtsame Schwaben mit einem Spieß seynd ausgangen, einen im Gebüsch verborgenen Haasen aufzujagen, und um sein Leben zu bringen. Gleichermassen wollte die gantze Mannschafft dieser Sicilianer wider den einigen Riesen sich aufmachen, selben zu tödten. Aber, O eitle Forchtl Sie zitterten von Forcht, da keine Forcht vorhanden wäre. Kaum gucketen sie in die Hole hinein, kaum hielten sie dem Riesen ihre Spieß vor, selben an der Statt zu erstechen, da vermerckten sie, daß der Rieß keine Augen eröffnet, gantz unbeweglich da stehet und sich weder rühret noch bieget, fangen hierauf an zu lachen und ihren eigenen Fehler zu erkennen, daß sie wider einen todten Riesen zum Streit waren ausgezogen, greiffen mithin keck den Riesen an, diser aber gantz ermodert, ist augenblicklich mit seinem Leib zu Staub und 19*

292

Ignatius

Erti

Aschen verfallen, woraus sie wahrgenommen, daß dieser Rieß ans dem alten Riesen-Geschlecht gewesen, der vor etlich hundert Jahren in dieser Hole gewohnt, und darinn also aufrecht stehend gestorben ist.

142. E i n B u r g e r t r a u m e t e v o n e i n e m g r o s s e n

Schatz

Jenem armen mit Schulden beladenen Burger zu Dordrecht in Holland traumete, er solle nacher Kempten reisen, daselbsten werde er einen grossen Schatz auf der Brucken finden, er thuts, reiset hin, gehet die Brucken auf und ab, aber ohne Schatz-Fund, er wird was unwirsch, klaget seinen eitlen verführerischen Traum einem dastehenden Bettler, der verlachet ihn höchlich, mit gleicher Erzehlung, wie ihme längstens getraumet, er werde zu Dordrecht in diesem und jenem Garten unter dem Dornsträuß einen Schatz erfinden, seye aber so närrisch nicht, daß er selbem viel nachlauffen möge. Hieraus erkennte der andere, daß es eben der Garten seines verstorbenen Vatters seye, kehret stillschweigend nach Dordrecht zuruck, suchet nach, und findet warhafft den unter dem Dornstrauß verborgenen Schatz liegend. Also wird uns Menschen zum öffteren durch keinen eitlen und leeren, sondern durch einen von Gott erleuchtetem Traum der heimliche Schatz entdecket.

143. G ö t t l i c h e S t r a f f e n d e r

Tantzern

Was Göttliche Straff und Räch ist nicht denen leichtfertigen Tantzern da und dort wiederfahren? Es tantzeten zu Utrecht auf der Brüdcen viel verwögene Männer und Weibs-Persohnen, ein Priester trüge eben das hochwürdigiste Gut vorbey, sie achteten es nicht, erzeigten selbigem kein einige Reverentz und Ehrenbietung, tantzeten fort ohne einigen Respect des höchsten Guts, und seht, es stunde keine Stund an, da ist die Brucken unter den Füssen eingefallen, und seynd dieser tantzenden und anderen zusehenden bey zweyhundert Menschen elendig im Wasser ersoffen . . . ( 2 ) Wie geschähe jenen Tantzern in Sachsen? Es schreibet oberwehnter Krantzius und andere Scribenten mehr, es habe sich unter dem Kayser Henrico II., unweit Halberstatt in Sachsen begeben, da celebrirte ein frommer Priester Rupertus, in der Vigil oder Vornacht der Freudenreichen Geburt Christi in der Kirchen des H. Märtyrers Magni sein heiliges Meß-Opffer, unter währender Meß unterstunde sich ein frecher Gesell, Otbertus genannt, mit anderen 15 Männern und dreyen Weibs-Persohnen auf dem heraussern Freythof einen frölichen Tantz anzustellen. Dem frommen Priester thate diese Unbild und Schändung des heiligen Orts wehe, schicket seinen Meßner hinaus, mit ernstlichem Befehl, den Tantz zu unterlassen, weiln sie aber seiner nur spotteten, und zum mehreren Trutz fort tantzeten, verflucht sie der Priester bey dem Altar, bittet Gott umb sein gerechte Straff, er wolle diese leichtfertige Bursch ein gantzes Jahr also fort tantzen lassen, massen auch geschehen

Traum vom Schatz — Bestrafte Tänzer — Der Kaiser errettet

293

ist, es ist keines von diesen tantzenden Personen von dem Freythof mehr hinweg kommen, sie haben ein gantzes Jahr fort getantzet, und seynd niemalens ermüdet, es hat sie weder gehungert noch gedürstet, es ist weder Thau noch Regen über sie gefallen, so seynd auch ihre Kleider am Leib nicht zerrissen worden, bis sie letztlichen nach vollendten Jahr von dem H. Heriberto, Bischoffen zu Cöln, von ihrem Geistlichen Bann und Excommunication seynd aufgelöset und absolviret worden: Etliche darvon seynd gleich gestorben, andere haben noch eine Zeitlang mit strengister Büß, Forcht und Zittern ihr Leben geführt, bis sie seelig verschieden seynd. 144. M a x i m i l i a n I. I m p e r a t o r v e r s t e i g e t s i c h im T y r o l i s c h e n G e b ü r g u n d w i r d d u r c h e i n e n E n g e l herab geführt Ein einiges Exempel der Schutz-Englischen Weeg-weisung seye jene Geschieht, die sich mit Maximiliano I. Römischen Kayser zugetragen hat. Dieser, noch als ein junger Printz und Herzog, jagte einst auf dem hohen Tyrolisdien Gebürg, nedist Insprugg, gar zu hoch und hitzig denen Gemsen nach, wordurch verstiege er sich dermassen auf einen Klippen des Bergs hinauf, daß er weder unter sich noch für sich zu kommen wüste. Da stunde er dann zwey gantzer Täg auf diesem Felsen oben, zwischen Leben und Tod, im Hunger und Durst verharrend, keine menschliche Hülff wäre vorhanden, ihn herab zu bringen, wendete sich demnach zu der höheren Hülff Gottes, befiehlt sich eiferigst Gott, Mariae und seinem Heil. Schutz-Engel, und damit er nicht des Hungers auf diesem Felsen sterben muste, gibt er seinen Jägern und anderen zulauffendem Volck, so unten in dem Thal stunden, und mit weinenden Augen ihn ansahen, ein Zeichen mit der Hand, man solle ihm noch einmaln das hochwürdige Sacrament des Altars vor seine Augen halten und bringen, und die letzte Benediction geben. Als diß geschehen, gibt er noch ein anderes Zeichen, man solle mit Büchsen auf ihn zielen, und gar todt von dem Berg herab schiessen. Ehevor man aber dieses vornehmen, und sich hierzu auch keiner gern unterfangen wollte, sehet, da kommet der wunderbarliche Gott mit seiner Hülff entzwischen, schicket ihm einen Weegweiser, seinen Heil. SchutzEngel, in menschlicher Gestalt eines schönen Hirten-Jungens, zu, der krappelte den gähen Felsen hinauf, tröstet den schon halb-todten Herzog mit freundlichen Worten, er soll sich nicht förchten und ihm keck nachfolgen, er wolle ihn bald wiederum den Felsen hinab führen und auf sicheren Fuß stellen. Hierauf nimmt er ihn bey der Hand und bringet ihn in kurtzer Zeit von der erschrödclichen Berg-Höhe gantz glücklich und unverletzt auf die Ebene hinab: Als sich der errettete Herzog ausser aller Gefahr sähe, wollte er sich schuldig gegen seinem Weegweiser bedancken, und selben mit einer Verehrung belohnen, aber da verschwände augenblicklich dieser Hirten-Jung vor seinem Angesicht und gäbe ein klares Kennzeichen von sich, daß er der von Gott ihm zugesandte Schutz-Engel gewesen seye.

294

Ignatius Erti

145. Z e r b r o c h e n , a b e r n i c h t g e b o g e n m a g d e r Eichbaum werden . . . Also erzehlet Aesopus in seinen Fabel-Gedichten: wie einstens ein schwaches Mos-Rohr einen starckmüthigen Eichbaum befraget, weßwegen ihme der Wind also schade, und gar aus dem Erdreich ausreisse? hierauf gäbe der Eichbaum zur Antwort: wisse, mein liebes Rohr, daß ich mich keinem Sturmwind ergebe, bälder wird ich mich mit gantzem Stammen brechen und von der Wurtzel ausreissen lassen, als daß ich mich gegen einigen Wind biegen wollte, ich erhalte meine Standhafftigkeit, du hingegen schmeichlest, biegest und neigest dich nach jedem Wind herum, wie er dich anblaset, und darum schadet dir kein Wind-Brausen, du thust, was der Wind haben will.

146. E i n E s e l b e k l a g e t s i c h s e i n e s h a r t e n

Dienstes

Thue in Warheit, was jener Esel in der Fabel solle gethan haben. Dieser diente lange Zeit einem Müllner, weilen ihme aber das tägliche Säck-Tragen zu schwehr fallete, bäte er den allgewaltigen Gott Jupiter, er wolle ihne zu einen andern und bessern Herren im Dienst bringen. Es geschieht, er kommt von dem Müllner zu einem Haffner, weilen er aber bey selbem den schwehristen Laim tragen, und noch darzu harte Stoß und Schläg einnehmen muste, wolte ihm auch dieser Dienst nicht schmecken, käme hierauf zu den dritten Herrn, einem Weißgerber, und als er eines Tags allerhand Haut demselben zuführte, fragte er den Lehr-Jung, was das für Häut wären? der antwortet, das seynd Ochsen-Häut, Kühe-Häut, Kälber-Häut, und das ist ein Esel-Haut, dein Vorfahrer hat meinem Meister lang gedienet, letztlich, als er vor Alters wegen nicht mehr fort kunte, liesse er ihne zum Kopff schlagen und ausschinden, und das ist sein Haut, die man jetzund gärben und ausarbeiten wird. Als diß der Esel vernähme, fienge er hierüber an zu seufftzen, und in diese Klag-Wort aufzuruffen: O mich armes Thierlein! wäre ich bey meinem ersten Herrn geblieben, so wäre mir besser geschehen, hier muß ich gar meine Haut und Leben verliehren.

147. Z w e y F r e u n d b e g e g n e n e i n e m

Beeren

Mancher Mensch hat Freund genug, aber lautere Maul-Freund, WortFreund, Tisch-Freund, Keller-Freund, Teller-Freund, Geld-Freund, die einem so lang lieben und anhangen, schmeicheln und heuchlen, solang es einem wohl gehet . . . Aber wanns zum Brechen kommt, wann die Noth einfallet, wann sich diese oder jene Gefahr ereignet, da lassen sie einem allein stecken und am Creutz hangen. Da weichen dergleichen Freund von einem ab, wie die Schwalben zu kalter Herbst-Zeit, da gehen dergleichen Freund 25, ja wol gar 72 auf ein Loth, probatum est, das ist von viel tausenden probirt und wahr

295

Äsopische Fabeln und Vita Aesopi

erfunden worden. Jener reisete über Land aus, hatte bey sich (seinem Geduncken nach) den allergetreuesten Mit-Gesellen, sie kommen in einen finsteren Wald, da lauffet ein wilder Bär hervor, und will sie beede anfallen: Der untreue Mit-Gespan rumplet geschwind auf einen Baum hinauf, sein Leben zu salviren, der andere gute Tropff, in dieser äusseristen Gefahr, leget sich auf die Erden hernieder, und stellet sich, als wäre er Mauß-todt: Der Bär brummet ihm um den Kopff herum, weiln er aber kein Leben spührete, lässet er ihn unverletzt liegen, und lauffet wiederumen seinem Wald zu. Da die Gefahr vorbey wäre, steiget der andere von dem Baum herab, gehet hin und fraget seinen daliegenden und vor Schreck schier entseelten Cameraden: Bruder, mein! was hat dir der Bär in das Ohr gesagt? Nichts anders, spräche dieser, als ich soll mich Lebens-Zeit vor dir hüten, daß ich dich für keinen redlichen Freund mehr erkenne, der du midi so untreu und schelmisch in meiner Noth verlassen hast.

148. A e s o p u s

erwählet ihme die schwerere zu t r a g e n

Butten

Wie ist es aber diesem Apostolischen Diener Christi Matthiae ergangen? Nicht änderst (in der Gleichnuß zu reden) als wie dem Schertz-weisen Aesopo mit seiner Butten widerfahren ist. Dieser hatte sich zu einem reichen KauffHerrn in Dienst verdinget: Einstens reisete sein Herr über Land aus, dem mussten seine Diener mit von Gütern schwehr-beladenen Butten nachfolgen. Aesopus keck und geschwind, erwehlte für seinen Puckel die allerschwehriste Butten, so mit Proviant, Speiß undTranck angefüllt wäre; den anderen Dienern liesse er die ringere Butten mit Waaren tragen, die ihne zwar auslacheten, daß er ihme selbsten den schwehristen Last auferlegt habe, aber es zerranne ihnen das Gelächter bald im Busen; es stunde nicht lang an, da hielte man Unterwegs still, sich mit Speiß und Tranck zu laben, deßwegen grieffe man tapffer des Aesopi Butten an, und diß geschähe nicht einmahl, sondern öffters, man Früstückete, man Mittagmahlete, man Nachtessete so lang aus des Aesopi Butten, biß selbe gantz geringeret und ausgeläret wurde. Hierauf erkannten die andere Diener ihre eigene Thorheit und des Aesopi Weißheit, als der nicht ohne Ursach ihm selbst Anfangs die schwere Butten auferladen, die ihm doch nach und nach also erleichteret worden.

149. A e s o p u s w e i ß n i c h t , w o h i n e r

gehe

Das Abentheur der allerschönsten Weisheit, der Sinn- und Lehr-reiche Fabulant Aesopus, wurde eines Tags, wie Maximus Planudes in seinem Leben schreibet, von seinem Kauff-Herrn Xantho in gewissen Haus-Geschäfften ausgeschicket. Unterweegs begegnete ihme der Stadt-Richter, und fragete gleich stoltz-müthig, wohin er gehe. Aesopus stutzete nicht lang über diese Frag

Ignatius Erti

296

und gibt ein kurtze Antwort: Nescio quo vadam, ich weiß selbsten nicht, wohin ich gehe. Der Richter vermeinte, Aesopus wollte mit ihm trutzen und spöttlen, fraget wiederholter, wo gehest du hin Aesope? Dieser gibt ihm abermahlens fein keck Antwort: Nescio quo vadam, ich habe es schon gesagt, ich weiß nicht, wohin ich gehe. Hierauf erzömet sich der Richter, und befilcht also gleich diesen, seinem Geduncken nach, alberen Menschen in die Gefängnuß zu führen. Aesopus gantz unerschrocken, wendet sich um und wirfft dem Richter noch einmahlen diese Wort in Bart: Hie siehest du, o Richter, wie wahr ich geredt habe, dann ich wüste nicht, daß ich dir auf dem Weeg begegnen und aus deinem Befelch in die Gefängnus abgeführt werden solle: Vado igitur quo. nescivi, so gehe ich dann hin, wohin ich zu gehen weder gewust, noch gedacht habe. 150. E i n B a u e r w o l l t d a s W e t t e r

machen

Höre man, wie jenem unverständigen Bauern geschehen seye! Dieser hatte im Anfang einen groben Stütz, er vermeinte, er verstehe das Wetter besser, als Gott im Himmel, batte demnach den allmächtigen Gott, er wolle ihm das Wetter nach seinem Belieben machen lassen, er wolle alles schon recht anordnen und richten, Gott verwilliget ihm sein Bitt, last ihn das Wetter nach eignem Wunsch machen; und was geschieht? D a machte der Bauer bald das allerschönste Wetter, bald machte er ihme Regen, es muste ihm nur immerdar alles nach seinem Wunsch und Begehren auf seinem Acker gehen u n d stehen; aber zu seinem Schaden. Dann es wachseten ihme die Aeher zwar über die Massen schön und hoch auf, waren aber allerseits leer und ohne Körnlein. Der Bauer voll Verwunderung fragte hierüber Gott, wie das geschehe? u n d bekäme zur Antwort: Propria culpa haec acciderunt, schau, sprach Gott, du bist selbsten hieran schuldig, du hast des Winds zu deinem Trayd vergessen, auch dieser ist vonnöthen, damit sich die Aeher schwingen, den Safft der Erden desto besser anziehen und zeitigen können. So bald der Bauer das hörete, giebt er sich schuldig, bekennt und erkennt seinen Fehler: No, no, spricht er, so siehe ich wol, du O Gott verstehest den Handel besser als ich, so mache dann weiters das Wetter, wie du willst, du bist schon ein alter Haus-Vatter in der Welt, begehre dir ferners in deinem Regiment nicht einzureden.

151. W i e e i n

M e s n e r a m A s c h e r - M i 11 w o c h d i e eingeäschert

Leut

. . . Höre auf die zwey traurige Geschichten eine lächerliche Histori . . . Ein alter, zu Bett liegender, podagraischer Herr Pfarrer spräche seinem Messner an, er solle f ü r ihn an Ascher-Mittwoch die Leut einäschern, er darff solches schon thun, weiln die Einäscherung nur eine blosse Ceremonie und kein Sacrament seye, schicke sich auch die Einäscherung schon f ü r seine Person, weiln er

Bauer als Wettermacher—Der

dumme Mesner—Der

glückliche Handwerksbursdi

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ohne das, neben dem Messner-Ambt, die Stell eines Todten-Grabers vertrette. Der einfältige Messner lasset sich überreden, fraget allein um die Weise und Form der Worten, die er bey der Einäscherung gebrauchen solle. Merdce es wohl, sprach der Pfarrer, wann du den Aschen auf den Kopff sträuest, so sage diese Wort darbey: Gedencke Mensch, du seyest Staub, und wirst zu Staub werden, sage es nur also Teutsch, Lateinisch kanst du es doch nicht vorbringen, sonst möchten die Bauern meynen, du wollest wetzen. Ist schon recht, antwortet der Messner, will alles schon fleißig mercken und verrichten, gehet hierauf hin, spindisiret und phantasiret die gantze Nacht über diese Wort, am Ascher-Mittwoch, in der Frühe, lauffet er abermalens zum Pfarrer hin, und fraget ihn über die Form der Worten, worüber der gute Herr Pfarrer auch in seinem grossen Podagrä-Schmertzen hertzlich lachen muste: Gehe hin, sprach er zum Messner, es ist halt wahr, du bist ein Narr und bleibst ein Narr. Wohl, wohl, antwortet der Messner, jetzt hab ich schon alles gefasset, lauffet mithin der Kirchen zu, nimmt seinen Chor-Rock und das Teller mit den schon geweyhten Aschen, gehet herum und streuet denen da knienden Bauren und Bäurinnen den Aschen mit diesen Worten auf den Kopff: Du bist ein Narr und bleibst ein Narr, und bist ein Närrin und bleibst ein Närrin. Die Bauren reissen über diese Wort die Augen Angelweit auf, wissen nicht, was das bedeute, daß ihnen der Messner samt dem aufgestreuten Aschen die NarrenKappen wollen aufsetzen. Ist also aus dieser unförmlichen Einäscherung ein lächerlicher Faßnacht-Possen worden.

152. E i n W i r t h s c h l a g e t e i n e n H a n d w e r c k s - G e s e l l e n , macht ihn aber damit reich Ein rasiger Handwercks-Gesell nähme ein Nacht-Herberg bey einem Gewissen-losen Dorff-Wirth, und liesse ihm mehr nicht als ein Stücklein Fleisch und Suppen, mit einer Maas Bier und Brod auftragen, weiln ihm aber über diese so kleine und schlechte Tractation jedannoch der Wirth mit seiner weissen Kreiden die Zech zu braun machte, redete ihm hierum der Handwercks-Gesell keck zu, wo er hin gedencke, er solle sein Gewissen beobachten, Brod, Fleisch und Bier werde ja so theuer nicht hinein lauffen, wolle er reiche Gäst hart scheren, solle er doch seiner, als eines armen Drahtziehers, verschonen, sein Beuthel ertrage keine so schwehre Contribution zu geben. Uber diese Wort wurde der Wirth gantz erbittert: Wie! Was! sprach er, du Laus-Knittel, willst du mich nicht zahlen, so schlag ich dir die Zech am Kopff herab, was hast du mir in meinem Wirths-Haus viel einzureden, und das Gewissen zu beschwehren, mithin versetzte er ihm solche drey Maul-Taschen, daß ihme der Kopff an die Wand geprället. Was wollte der arme Tropff thun, wider diesen DorffKönig sich weiters wehren, war er zu schwach, ziehet derowegen geschwind sein kleines Beutelein heraus, zahlet dem Wirth seine Zech und lässet ihn mit diesem Blut-Geld gehen. Er hierauf, weilen er gantz matt und zerschlagen wäre, legte sich auf die nechste Loder-Banck, als einer harten Lieger-Statt hin,

Ignatius Erti

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des Willens, andern Tags in aller Frühe wieder auf zu seyn, und den Weeg weiters aus diesem ungestümmen Wirths-Haus zu nehmen. Zumalen er aber auf dieser Loder-Banck lang nicht einschlaffen kunnte, fallete ihm ein, was Massen er, so offt ihm der Wirth den Kopff an die W a n d geschlagen, einen Klang wahrgenommen habe, daß die W a n d (oder Maur) inwendig müsse hohl seyn, und wer weiß, gedachte er ihme, ob nicht hinter dieser hohlen Mauer ein heimlicher Schatz verborgen liege? Die Sach lässet sich probiren, ich bin allein in der Stuben, niemand siehet und höret mich, bekomme ich einen Schatz, so will ich die empfangene Maul-Taschen gern verschmertzen. Ziehet demnach sein grosses Taschen-Messer hervor, setzt an, hebt einen Ziegel aus der Mauer, und findet wahrhafft in dem hohlen Ort einen versteckten Beutel mit Geld, über die tausend Gulden werth, wer wäre froher, als dieser arme Handwercks-Gesell? Nimmt hurtig den Beutel aus der Wand, und machet sich noch selbe Nacht, in höchster Stille aus dem Wirthshaus hinweg, gantz wolvergnüget, daß er f ü r die Bley-sdrwehre Goschen so viel güldene Groschen empfangen habe.

153. E i n

Wirth betrieget einen mit einem Spiegel

Spanier

Hie fallet mir bey jene lächerliche Geschieht, so sich mit einem Spanischen Edelmann begeben, dieser nähme seine Nacht-Herberg bey einem diebischen Wirth, und weilen er zum Kennzeichen seines Ritter-Stands eine grosse güldene Ketten am Halß trüge, stäche diese Ketten den vom Geitz verblendeten Wirth starck in die Augen, gar dieselbe zu rauben, war gefährlich, gebrauchete mithin diesen List, er schliche bey nächtlicher Weil heimlich in das Zimmer, worinn die Ketten auf dem Tisch läge, zwackte mit einem sondern Instrument oder Zänglein etliche Glieder von der Ketten hinweg, daß selbe u m ein gutes ringer u n d enger wurde. Dannenhero, als den andern Tag hierauf der Spaniol seine güldene Ketten wiederum an Halß hängen wollte, kunte er sie nicht mehr über den Kopf bringen, er erzörnet sich, fordert den Wirth, fraget ihn ernstlich, was er f ü r Dieb im H a u ß habe, die ihme seine Ketten gestutzet haben, er begehre den Diebstahl zu rächen. Der schlaue Ertz-Vogel, der Wirth, kommet auf diesen Ruff, erstaunet aber gleich bey Eingang des Zimmers u n d reisst mit verwunderlichen Gebärden und lachendem Mund ein grosses paar Augen auf: Ey, ey, spricht er, gnädiger Herr, wie ist ihnen heut Nacht geschehen? Wie groß ist ihnen ihr Kopf aufgeschwollen? Wunder u n d Wunder! es muß ein gifftiger böser L u f f t zum offenen Fenster herein kommen seyn, der ihnen ihren Kopf aufgebläet hat: Was solte es W u n d e r seyn, wann die Ketten nicht an Kopf gehet? Das ist ja ein Kopf wie ein Rier-Kibel! will der gnädige Herr meinen Worten nicht glauben, so beschauen sie sich im Spiegel, da werden sie den klaren Augenschein zu Gnügen einnehmen. Mithin lauffet der listige Wirth eilends hin u n d bringet Speculum concavum oder einen solchen Spiegel herbey, welcher die Gestalt des darein schauenden noch so

Ein Spanier mit einem Spiegel betrogen — Die verschenkte Gans

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groß repraesentirt, als sie an sich selbsten ist. Der Edelmann, so vielleicht mehrers Geld im Beutel, als Hirn imKopff hatte, glaubte diesem betrügerischen Vexier-Spiegel, ersiehet seinen grossen Büffels-Kopf, sdiämet sich hierob, zahlet geschwind die Zech aus und machet sich noch vor anbrechendem Tag, ehe ihne die Leuth mehrers sehen und auslachen kunten, aus dem Wirthhaus hinweg. Eben so falsch und hinderlistig handlet die Welt mit uns Menschen: Wie offt zeiget sie uns einen betrügerischen Spiegel vor die Augen, wordurch wir uns als grosse Paruquen-Hansen, grosse Herren und aufgebüffte Frauen-Bilder, einen grossen Kopf, ein aufgeschwollnes Ansehen zu haben blenderischer Weis einbilden? hiermit zwacket sie uns, wie ein anderer schelmischer Wirth dem Spanier, die güldene Tugend-Ketten der Christlichen Demut, die güldene Ketten der Gnad Gottes, alles Glücks und ewigen Heils hinweg, und schicket uns mit ewigem Verlust von sich darvon. O schalckhaffter Wirth die hintergehende Welt! wer solle dieser viel trauen und glauben? 154. E i n J u d f ü l l e t e i n e G a n s m i t

Ducaten

Es schreibet P. Ambrosius Schonhart, es habe sich in der Stadt Augspurg dieser lächerliche Casus begeben: Ein gewisser Jud füllete eine Gans mit Ducaten und schickte selbe einem bekannten Kauffmann für eine Verehrung, der Kauff-Herr diß wenige Praesent nicht achtend und verachtend, weilen er um das Einverborgene nichts wüste, schencket diese Gans seinem nächsten Nachbarn, so ein armer Schuster wäre. Der nimmt die Gans mit Freuden an, trägt sie nach Haus und lasst ihm selbe wohl braten. Sobald die Gans auf den Tisch kommet, machet sich der Schuster mit aller Begierde darüber, zerschneidet und tränschiert die Gans so gut er kunnte. Aber O glückseeliger Schnitt! da fallen aus der Gans in grosser Anzahl, anstatt der eingelegten Birn schöne rothe Ducaten heraus. Wer wäre Freuden-voller als der Schuster? Er hatte Lebens-Zeit kein so wohl gemäste und Geld-feiste Gans genossen, als diese. Nimmt gleich das güldene Ingeweyd dieser Gans zu sich und wendet es bester Massen zu seiner Haus-Nothdurfft an. Bald hierauf kommet der Jud zum Kauffmann und fraget ihn freundlich, wie ihme die Gans geschmeckt, ob sie wohl ausgebraten worden, wie das Ingeweyd ausgesehen habe? Nehme ihn Wunder, daß er ihme hierum keinen Danck vermelde. Der Kauffmann entschuldiget sich, er acht dergleichen zähes Gans-Fleisch nicht, seine Zähne wässern ihme nach einem andern Feder-Wildpret, Gäns seyen ein gemeine Bauern-Speiß, könne sie der Burger offt hart verdäuen, habe also diese ihm zugeschickte Gans seinem Nachbarn dem Meister Schuster geschenkt, die werde ihm schon über seinen Laist und starcken Magen recht gewesen seyn. Der Jud kratzet über die Erzehlung im Kopff, bekennt rund heraus, er habe ihm kein gemeine und leere, sondern ein feiste mit Gold gemäste Gans zugeschickt, die habe an statt ihres Ingeweyds so viel und so viel inliegende Ducaten gehabt, die ihm gewißlich ein gutes Schnapp-Bißlein abgeben hätten. Wie diß

300

Ignatius

Erti

der Kauffmann vernimmt, schickt er alsogleich zu dem Schuster und begehret den güldenen Gans-Magen zuruck, er habe ihm nur die Gans, aber nicht das inliegende Gold geschenckt. Der Schuster weigerte sich einen Heller mehr herzugeben, vorwendend, er habe ihm die Gans ohne Ausnahm geschenckt, diese Ducaten seyen ihme von Gott beschehrtes Glück-Geld worden, er habe hierum frisches Leder einkauffet, darvon wolle er ihme ein gutes paar Schuh zum Danck verehren. Der Kauffmann wollte nicht aussetzen, verklaget den Schuster für öffentlichen Rath, wurde aber mit Spott abgewiesen und dem Schuster die verehrte Gans mit allem Fleisch und güldenem Ingeweyd für recht und völlig zuerkennt. 155. E i n

Äff

betrüget

lächerlich

die

Menschen

Ich erzehle Euer Lieb und Andacht, an statt des gewöhnlichen OsterMährleins, eine nicht ungereimte Affen-Geschicht, diese beschreibet Reverendissimus Dominus Joan. Adamus Weberus mit folgendem Verlauff. Ludovicus Sfortia, regierender Herzog zu Mayland, unterhielte unter andern Thieren einen sehr possierlichen Affen, diesen Affen, weiln er von Natur nicht wild, sondern gantz heimisch und geschertzig wäre, liebte ihn der Herzog über die Massen und gestatte ihm freyen Paß und Repaß in dem Schloß, wie auch in der Stadt Mayland herumzulauffen, und aller Orthen einzukehren. Forderist suchte dieser kurtzweilige Äff seine öfftere Einkehr und Unterschluff bey einer alten, sehr reichen Wittfrau, ihres Namens Nonna, zu dieser kommete der Äff gar offt in Heingarten, aus Ursach, weiln sie vielleicht mit süssen Zudcerwerck (oder Zuckerbachen) umgienge, und darmit ihm sein Lecker-Maul schmirbete, dessentwegen dem Affen kein Mensch lieber, als die Frau Nonna wäre, mit dieser vertriebe er seine mehriste Kurtzweil, und schmeichlete ihr auf alle Weise: Als endlichen diese gute und fromme Matron Nonna tödtlich erkranckete und nach wenigen Tagen stürbe, ist nicht zu beschreiben, wie traurig und betrübt sich der Äff ab dero Hinscheiden gebärdet habe (massen öffters auch die unvernünfftige Thier den Tod eines lieben, gutthätigen Menschen empfinden und bedauren) er besuchete sie in ihrer letzten Kranckheit täglich, wiche nicht mehr von ihrem Tod-Bett, und gäbe letztlichen Acht, wie man ihren entseelten Cörper, ihrem Stand gemäß, wiederum mit neuen Kleidern anzöge, und in die Todten-Bahr legete. Diß alles fassete der Äff in seiner närrischen Phantasey, und spielete hierauf diesen lächerlichen Possen. Am Tag der Begräbnuß, als männiglich von dem Haus-Gesind bey der LeichBesingnuß in der Kirchen sich einfunde, marschirte der Äff abermalens herbey, und besuchte das bekandte Zimmer, wo seine liebe Frau Nonna mit Tod wäre abgangen: Da stunde der Tisch mit allerhand Specereyen und Artzneyen bedecket, da köstliche Säfft und Perlein-Wasser, da kräfftige Lattwergen und Magen-Stritzel, da gantze Degel und Gläser voll Schleckereyen. Das wäre dem Affen ein Gefräß über alles Gefräß, man hätte ihm keine liebere Mahlzeit zubereiten können, als er damalens genossen: Er frasse fein sauber, bey Butzen

Der Affe im Bett der Verstorbenen

301

und Stengel, alle Gläser und Degel aus, daß er vor Völle hätte zerspringen mögen. Hemach käme dem Herrn Affen ein süsses Schläfflein an, geht zu dem Bett der verstorbenen Frauen Nonnae, und findet daselbst ihren HauptSchleyer, Haar-Locken und andere Kleidung, so sie in ihrem Leben angetragen. Nun weiß man, daß die Affen alles, was sie sehen, dem Menschen nachthun, und ist kein so närrisches Thier unter der Sonne, welches den Menschen mehrers nachähmet, als ein Äff, zumaln diesem Affen in seiner viehischen Phantasey vorkäme, daß seine liebe Frau Nonna dergleichen Aufzug gebrauchet, als wollte er derselben nachfolgen: Ziehet mithin ihre daliegende Kleider an, bedecket seinen Kopff mit den frembden Haar-Locken, Schleyer und Haubt-Zierrath, legt sich hierauf in das Bett hinein, deckt sich warm zu, kehret sein holdseeliges Affen-Gesicht zu der Wand hin und schlaffet gantz süssiglich ein, nicht änderst, als wäre die noch lebende Frau im Bett darinn. Entzwischen wurde die Leich-Begängnuß in der Kirchen vollendet. Als nun beede Herren Söhn, Anselm und Asdrubal, als Haubtkläger, nach Haus zuruck kamen, gehet eine der Haus-Mägden in die Schlaff-Kammer der verstorbenen Frauen hinauf, etwas daraus zu holen. Und sehet! da erblicket sie den verstellten Affen im Bett, und weilen sie nicht änderst vermeynte, als der Geist ihrer Frauen seye vorhanden, macht sie vor Schrecken viel Creutz vor sich, lauffet eilens zuruck, und kündiget denen zweyen Söhnen an, ihre Frau Mutter seye schon wiederum aus der andren Welt zuruck kommen und liege in ihrer gewöhnlichen Kleidung im Bett. Diese erschraken hierob so sehr, daß sie fast ohnmächtig zu Boden suncken. Voll Angst und Forcht gehen sie doch hin, und finden die Sach in gleichem Augenschein, als ihnen die Magd ausgesagt hatte, und weiln keiner aus ihnen das Hertz fassete, den Geist zu beschwören, also schicken sie eilfertig um den Herrn Stadt-Pfarrer, mit höchster Bitt, er wolle ihnen mit geistlichen Mittlen zu Hülff kommen, ihre verstorbene Mutter seye schon wiederum vom Tod erstanden, und liege angekleidter in ihrem Bett. Der gute Herr Stadt-Pfarrer, ein frommer geistlicher Mann, glaubet diesen Worten, kommet also gleich, sammt seinem Mösner in die Behausung, tröstet die beede Söhn in ihrem grossen Leyd, sie sollen gute Hoffnung schöpffen, ihre Frau Mutter sey eine gottsförchtige Matron gewesen, jedoch weiln die Urtheil Gottes unergründlich und man nicht wisse, was man auch um kleine Sündlein in der andern Welt zu leiden habe, also wolle er hiemit den Geist beschwören und um seinen Stand befragen. Gehet hierauf hin, stehet vor die offene Schlaff-Kammer, wo der vermeynte Geist im Bett läge, brauchet seinen starcken Exorcismum, betet den Todten-Psalm: De profundis &c. redet den da-liegenden faulen Affen-Geist keck an, was er hie mache, was sein Begehren seye, was er in jener Welt zu leiden habe, ob man ihn als einen guten Geist erlösen möge etc. Weiln aber der Geist keine Antwort gäbe, nimmt er den Weyh-Wadel von dem Messner, und spritzet ihn mit allem Gewalt in das Bett hinein. Dieses asperges me weckte endlichen den schlaffenden Affen auf, er kehret sein Angesicht herum, und weilen er förchtete, der Pfarrer wolle den Weyh-Wadel auf ihn werffen, machete er ein so erschröck-

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Ignatius

Erti

liches Gefriß, mit gantz feurigen Augen, Maul-Krümmen und Zähn-Blecken, daß er wie ein lebendiger Teuffei aussahe, worauf wurden alle vor der Thürstehende dermassen erschröckt, daß sie sammentlich die eilfertige Flucht nahmen, beede Söhn sprungen mit gleichen Füssen die Stiegen hinab, der Messner fallete ihme ein grosses Loch in den Kopff, Herr Pfarrer wollte auch der Letzte nicht seyn, mit einem Wort, dieser verstellte von dem Bett aufspringende, nachlauffende Äff machte in den gantzen Haus einen solchen Lermen, daß niemand vor Schrecken wüste, wohin er sich salviren und diesem höllischen Geist entfliehen kunnte. Endlichen doch, als ihnen der Äff zu nahend unter das Angesicht käme, erkannten sie seine viehische Gestalt, und so Schrecken-voll sie anvor gewesen, musten sie doch hierauf von Hertzen lachen, und sich selbsten schämen, daß sie von diesem närrischen Affen-Geist also spöttisch verblendet und betrogen worden.

156. E i n j u n g e B ä u r i n k o c h t S c h m a l t z - N u d e l , i h r e n a l t b e t a g t e n M a n n b l i n d zu m a c h e n Es war ein alt-betagter Bauer, der hatte unlängsten eine schöne junge Dim, mit Namen Durl, geheurath, diese Durl (oder Dorothe) hausete kaum zwey Monat mit ihme, da wurde sie ihres alten Glatz- oder Schaaf-Kopffs gantz überdrüssig, sie wünschete, sie hätte Lebens-Zeit ihren Mann mit keinem Aug gesehen. Er wäre ein lauterer Grunser und Greiner, gantz unfreundlich, still und stockmäuserisch, sähe immerdar mit seinem sauren Angesicht wie ein alter Essig-Krug aus. Sie hingegen wäre frisch, frölich, liebreich und freundlich, und darum trüge sie hertzlichen Verdruß, daß sie einen so alten Gecken geheurath habe, mit deme sie ihre junge Täg in aller Langweil verzehren müste. Diß alles vermerckte der alte Pamperlon gar wohl, er sähe mit Augen, daß ihn sein junges Durl nicht liebe und achte, weder Freud noch Lust bey ihm suche, lieber mit dem Knecht und andern Jungengesellen lache und schertze, das wäre ihm dann ein Spieß in den Augen und ein Dorn in seinem eiffersüchtigen Hertzen. Einsmahlen, vor Unlust und Unwillen, spatzieret er in das nechst-gelegene Wirths-Haus, da trifft er einen durchreisenden Artzten an, der befragte ihn, wie er so melancholisch aussehe, er müsse ein heimliches Anliegen haben, solle ihms keck bekennen, was ihme fehle, er wolle ihm von seinem Zustand aufhelffen. O mein Herr Artzt, sprach der Bauer, freylich gruslet mir was um mein Hertz, ich möchte mich grad gar zu todt grämen, ich hab erst kürtzlich geheurath, ich hab zuvor gar ein gutes Weib gehabt, die jetzige ist ein lauterer Fezl, ein junges schlimmes Schelm-Bein, sie hat meiner schon genug, sehe mich lieber heut als morgen sterben. Mein erstes Weib (vergelte ihrs Gott in jener Welt) hat mir offt eine gute Suppen, und faiste Schmaltz-Nudl gekocht, jetzt han ich kaum das saure Kraut zu fressen, und soll mir das nicht mein Hertz abkümmern? No, mein alter Vatter, sprach der Artzt, ich trage Mitleiden mit dir, deinen Ehstand kan ich dir zwar nicht verbessern, wie du dir gebettet hast, also must du liegen, der Heurath ist eine

Eine junge Bäuerin will ihren alten Mann blind machen

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geschehene Sach, die sich nicht ändern lässet. Jedoch will ich dir zu einer besseren Suppen, und den verlangten Schmaltz-Nudlen verhülfflich seyn. Folge meinem Rath (du must mich aber nicht verrathen), stelle dich blind, wische und blintzle mit den Augen, als wann dir allgemach dein Gesicht vergienge, so offt dir dein Weib faiste Suppen und Schmaltz-Nudl wird aufsetzen. Ja, mein Herr Artzt, antwortete der Bauer, das will ich gern thun, stellen will ich mich, trutz einem blinden Bettler, so ich nur eine bessere Kuchel von meinem Weib überkomme. Der Artzt lacht seiner Worten, gehe hin, spricht er, es wird dir geholffen werden. Was geschieht! über wenig Tagen kommet der Artzt (oder Marckschreyer) in eben das Dorff an, wo der Bauer wohnete, haltet daselbst (weiln eben Kirch-Tag einfallete) bey grossem Zulauff des Volcks seinen offenen Stand, jedermann zu sich ladend und einruffend: Seht ihr Herren (oder Bauren) habt ihr eine enge Brust, und verschleimten schwachen Magen, da nehmet von dem Pülverlein des Theophrasti Paracelsi zwey- oder dreymal in der Suppen ein. Probatum est, es wird euch geholffen werden. Habt ihr ein großes Sausen in Ohren, lasset von meinem Chymischen Balsam etliche Tropffen darein fliessen, es wird euch das verlohrene Gehör wieder bringen. Habt ihr dunckle, blöde Augen, will euch das Liecht in den Augen erlöschen und der blinde Star ansetzen, schmirbet eure Augen mit diesem köstlichen Wasser, Morgens und Abends, es wird euch das Gesicht erhalten, stärcken, erfrischen und alles Fell vertreiben. Jedoch, NB, fahrete er weiter fort, ist zur Erhaltung des menschlichen Geschlechts {wohl irrtümlich für: Gesichts) nichts mehrers vonnöthen (sonderbar bey denen alten Leuten), als daß man sich von allen faisten Speisen, geschmaltzenen Suppen und Nudlen, enthalten muß, nichts stürtzet den Menschen ehender in die elende Blindheit, als wann er sich mit faisten geschmaltzenen Speisen zu sehr anschoppet, dann dergleichen Fette, mit seinem schädlichen Dampff, alsobald in das Hirn steiget und das Gesicht verduncklet. Diß redete der Artzt mit einem solchen Nachtruck der Worten, als wann er die ewige Warheit vorbrächte. Jedermann aus dem anwesenden Bauern-Volck losete und hörete seiner Red fleissig zu, sonderbar wollten solche Lehr-Wort der eben unter andern fürwitzigen Weibern dastehenden Durl gefallen. Diese spitzete ihre Ohren, was! dachte sie, ich hab einen alten Mann, umbringen darff ich ihn nicht, das weiß ich wohl, ich will ihn halt blind machen, Schmaltz hin, Schmaltz her, gereuet mich kein Unkosten, so ich nur einen blinden Mann im Haus habe, der mir auf meine FußTritt nicht mehr aufsiehet, so bin ich und mein Hänsel Knecht, der kraußkopffete Bub, Frau und Herr im Haus, wir wollen den blinden Gecken schon hinter dem Ofen sitzen lassen und ihme den Stam mit dem Esel stechen. Diß in ihrem Weiber-listigen Hertzen beschliessend, verkehret sie gleich hierauf ihre äusserliche Person, kommt nacher Haus, gibt ihrem Mann die beste Wort, und fraget ihn sehr freundlich, wie er lebe, mein alter Jörg (spräche sie, und nennete ihn beym Namen) wie bist mehr so muffisch, still und langweilig? Was fehlt dir? Bist ja nicht kranck? Sag mirs, gelüstet dich vielleicht eine sonderbare Speise? Mögst keine Schmaltz-Nudl essen, ich will dirs gleich

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Ignatius Erti

kochen? No, dencket der Alte, wie ist mein Weib so gut, hat ihr gewiß der Artzt auf das Deller geredt, kocht sie mir Schmaltz-Nudl, so will ich meine blinde Person redlich bey ihr vertretten. O mein Weib, antwortet er, ich weiß grad selbsten nicht, wie mir seye, es verdrüsset mich alles Essen und Trincken, ich siehe wohl, ich leb nicht lang mehr, es ist schon aus mit mir, doch wann du mir zur Letze noch gute Schmaltz-Nudl machest, will ich halt sehen, wie ich selbe über mein Hertz bringe. Ey freylich, mein lieber Mann, will dirs gleich machen, laufft mithin in die Kuchel, dummlet sich, als wollte sie auf eine frische Hochzeit kochen, und bringet die Nudl bald auf den Tisch. Seh hin, spricht sie, mein lieber Mann, da hast du die verlangte Nudl, isse dich voll darein, gsegne dirs Gott ins Hertz hinein (das sprach sie äusserlich mit Worten, innerlich dachte sie ihr: Ey? Daß du bald erblindest, du alter Geck, daß dir die Nudl das Hertz abstossen), hingegen lachte auch heimlich das Hertz dem Alten, dancke dir Gott, mein Durl, spricht er, um deine gute Nudl, hab die Zeit meines Lebens nichts bessers geessen, mache mir bald widerum solche Nudl. Warum nicht, antwortet sie, mein lieber Jörg, morgen sollst du wiederum solche gemessen, reuet mich kein Schmaltz, und soll der gantze Kübel darauf gehen, wann ich nur dich in guter Gesundheit erhalten mag (ey du verlogene Höppin, daß dich das Mäußl auf deine Zunge beisse). Den andern Tag, wie auch dritten und vierten, alle Tag machete sie ihm frische Schmaltz-Nudl, mit kräfftiger Hoffnung, seine Augen bald blind zu machen, massen bald hierauf geschehen ist. Den fünfften Tag, nach so vielfacher Nudel-Speis, stellte sich der alte Geck meisterlich mit seiner blinden Person, dappt in der Stuben hin und her, an den Tisch, Stühl, Bänck und Kachel-Ofen, wischet die Augen, nicht änderst, wie einer, dem sein Gesicht vergehen will, was ist das, spricht das Weib mit gantz kläglicher Stimm, da ihr doch vor Freud das Hertz im Leib ist aufgesprungen, was ist das, mein alter Jörg! wirst mir ja nicht blind werden? O mein Weib, war seine Antwort, ich förchte leyder, ich seye schon blind, ich siehe mir nicht mehr genug, es ist ein gantz finsterer Nebel vor meinen Augen. Ey behüt uns Gott, spricht die Durl, und schlagt die Händ am Kopff zusamm, was müste ich mit einem blinden Mann anfangen, O mein Mann, thu die Augen auf, und werde nicht blind. Er aber verharret auf seiner Red und Aussag, mein Weib, spricht er, ich bin schon blind, das Gott erbarm, jetzt bin ich ein dreyfach alter, armer und blinder Mann. Mithin setzt er sich hinter den Ofen und bleibet daselbst, wie ein blinder knocken. Das wäre dem Weib eine gemähte Wiesen, wer war froher, als sie? Jetzt, denckt sie, hab ich den gantzen Handel gewunnen, rundirt in dem gantzen Haus herum, ist frölich und lustig mit dem Knecht, lachend und schertzend, ja sie wäre so keck, sie stunde vor ihrem blinden Mann und zeiget ihme die Faust keck in das Angesicht hin, mit Frag: Mann, siehest du mich? O nein, spricht der verstellte blinde Jörg, mein Weib, ich siehe dich nicht, hierauf währete dann dieser gute Muth und blindes Katzen-Spiel der Durl so lang, biß endlich der so lang gedultige Jörg dem Spaß sein End machete. Eines Tags, in aller Früh, ruffet er sein Weib zu sich, und redet sie mit diesen Worten an: mein liebe Durl, du siehest,

Jncidit in foream, quam, fecit

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was für ein elender, armer Tropff ich seye? Ich kan unserm Hauß-Wesen nicht mehr vorstehen, du würdest samt mir ins Verderben gerathen. Ich hab gantz keinen Lust und Freud mehr in dieser Welt zu leben, ich muß mir gerad selbst, vor Traurigkeit meiner Blindheit, den Tod anthun, oder welches mir das liebste wär, thue du mir den Tod an, dann ich förchte, meine Natur würde sich widersetzen und wehren, wann ich mir den Tod anthäte, ich will ihn lieber von dir leiden. Ey, spradi das heuchlerische Weib, das sey weit von mir, mein lieber Jörg, daß ich dich umbringen sollte, ich will mir lieber selbst den Tod anthun und für dich sterben. Weiln ihr aber der Alte nicht aussetzete und sie je länger je mehr bäte, lässt sie sich endlich gar gutwillig überreden, fragete allein, wes Tods er sterben wollte? Mein Weib, spricht der blinde Jörg, laß uns zuvor den Knecht aus dem Haus schicken, damit er weder mich noch dich an meinem Tod hindere. Ist der Knecht hin? Ja Mann, er ist hin, und in die Stadt hinein gangen. Jetzt bin nur ich und du im Haus allein. Ist alles recht: Jetzt, mein Weib, führe mich zu unserm nächsten Weyer hinaus, und stosse mich mit allem Gewalt hinein, da werd ich gar bald verzählen und ertrincken. Sie hurtig und geschwind, ohne weitere Weigerung, nimmt ihn bey der Hand und führt ihn zum Weyer hin. Halt, spricht er, jetzt, meine Durl, stehe du etliche Schritt weit hinter mich, und lauffe dann mit allen Kräfften auf mich zu, so wirst du mich fein tieff und weit hinein stossen, und mir bald den Garaus geben, sie thuts, stehet zurudc, speyet darauf in ihre Händ und lauffet mit aller Furie auf ihren blinden Mann hin, wohl vermeynend, sie wolle ihrem Mann den letzten gesegn Gottes im Wasser geben, aber nein, ihre List wurde mit List betrogen. Urplötzlich springt der Mann auf die Seiten, und sie platschete mit allen Vieren in den Weyer hinein, daß das Wasser ob ihr zusammen geschlagen, sie schreyet und bittet um Hülff, Mann, hülff mir, ich muß ertrincken, ja, meine Durl, spricht er, bin ich doch ein blinder Mann, ich siehe dich nicht, ey helff dir Gott, viel Glück in die andere Welt, und solcher Gestalten ist das schalckhaffte Weib im Wasser ersoffen: Incidit in foveam, quam fecit, der alte Bauer und Lauer aber mit sehenden Augen darvon gangen.

20

Moser-Rath

Mauritius Natten husanus Unter dem bürgerlichen Namen Johann Christoph Schmid wurde er 1652 zu Nattenhausen bei Memmingen im bayerischen Schwaben geboren. Der Eintritt in den Kapuzinerorden erfolgte am 14. September 1674; gleich Athanasius von Dillingen und Heribert von Salurn gehörte er zur tirolischen Provinz und wird in der Ordensliteratur als besonders begabter Prediger gepriesen, zuweilen auch mit Abraham a S. Clara verglichen. 26 Jahre lang versah er die ersten Kanzeln der Provinz, die längste Zeit die zu St. Ulrich und Afra in Augsburg. Er starb am 12. November 1715 in Meran. Seine gesammelten Predigten brachte er in zwei stattlichen Dominical- und Festivalzyklen von zusammen über 3000 Seiten zum Druck (1. Jahrgang 1701, 3. Aufl. 1708; 2. Jahrgang 1711, 3. Aufl. 1721), wovon mir das zweite Festivale leider nicht zugänglich war, dazu im Anhang zum 1. Jahrgang eine Sammlung von Kirchweihpredigten und im Anhang zum 2. Festivale „Neue Predigen von den fremden Sünden". Mit dem allen Bänden gemeinsamen Titel „Homo simplex et rectus, oder Der alte redliche Teutsche Michel . . . " folgt Mauritius einem beliebten, gegen das Alamodewesen gerichteten Schlagwort seiner Zeit. Die eigene Charakterisierung seiner Predigten in der Vorrede ist typisch für seine Ausdrucksweise: „Gehe demnach hin, mein lieber alter teutscher Michel und grüsse mir alle aufrecht und redliche Hertzen, so der Christlichen Einfalt Liebhaber seyn, befihle mich auch allen, respective zu denen du gelangen wirst, förchte dir auch beynebens nit, wann schon bisweilen die Suppen zimlich versaltzen, und nit jedem geschmecken wolte, indem ich, liebster Leser, in dieser meiner Ezechielischen Speis kein pure Schneider-Suppen gekocht, wo keine Schnittel oder Brocken darinn waren, das ist: wann sie allein mit den leeren Prüen der subtilen Concept solte aufziehen, so nur die Ohren kitzlen und den geistlichen Hunger nit sättigen; sonder ich habe mich auch bemühet, gute Moralia, das ist gute ergibige Brocken einzumischen, daran mancher wird gnug zu schlucken haben . . ." Seine „gute Moralia" hat er gern mit „anmuthigen Historien", aber auch mit Fabeln, Schwanken und Witzen exemplifiziert. Er erzählt eher knapp, mit bildhaft drastischen Wendungen, immer lebendig und treffend. Lit.:

BERNARDO 1 8 9 ; HOHENEGGER 1 , 5 4 0 ; N E U N E R 1 0 4 ;

Lexicon Cappucinum Sp. 1 0 8 1 f.

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Der Advokat und der Teufel 157. D e r

Teuffei

führet

einen

falschen

Advocaten

hin

O lieber Gott, O barmhertziger Gott! . . . wieviel Kästen, wieviel Garnier, wieviel Archiv mit Schriften, die wider Gott und Gewissen seyn, angefüllt werden, wie mancher geht im Bettel herumb, der sein rechten Handel gehabt, aber das verfluchte Tibi dabo umb das seinige gebracht. O wehe solchen und immer wehe! das hat erfahren jener ungerechte Advocat, so einer ungerechten Parthey wegen des Tibi dabo einen ungerechten Handel gewunnen und ein armes Bäuerl umb sein Armüthlein gebracht. Diser saubere Gesell (ich rede von disem allein, halte andere für gerecht und gewissenhafft), dieser, sage ich, wollte einest einen Spatzier-Gang in ein nächstgelegenes Dorff thun, darin derjenige Baur wäre, den er wider Recht und Billichkeit umb das seinige gebracht. Unter Weegs aber gesellte sich ein wunderlicher Gesell zu diesem Advocaten. Er fragte ihn, wer er seye? Er antwortet: Ich bin der Teuffei. Wem wäre ängster und banger als dem Gewissen-losen Advocaten. Doch fragt er den Teuffei, wo er hin wolle, was er da zu thun habe? Er antwortet: Sein obrister Lucifer habe ihn außgesandt, heut ein Seel mit sich in die Holl zu führen. Ach Gott, gedacht der Advocat, wär ich doch nur einmal von diesem meinem Reiß-Gespahnen ledig! Aber der Teuffei wolte sich nicht vertreiben lassen. Als sie ein wenig fortgangen, begegnete ihnen ein s. v. Sautreiber. Und weilen die Schwein ihme nicht wolt parieren, sagte der Sautreiber voller Zorn: Du Teuffeis-Vieh, geh fort, daß dich der Teuffei hinführ! Hörsts, sagt der Advocat zum Teuffei, da nimm die Sau, welche dir dieser Hirt anwünschet. Mein, sagt der Teuffei, bist ein wunderlicher Mann, was müst ich mit der Sau in der Höllen thun, wir Teuffei seynd gut Jüdisch, wir essen kein Schweinen Fleisch. Als sie beede zu dem ersten Hauß deß Dorffs kommen, so wäre ein Weib unter der Hauß-Thür, so ihrem kleinen Kind kamplen thäte, weil aber das Kind etwa einen randigen Kopff hatte, wolte es nicht halten, schrye und weinete. Die Mutter voller Ungedult, sagte zum Kind: Halt du Fratz, daß dich der Teuffei hohl. Hörsts, sagt wieder der Advocat zum Teuffei, da nimm dises Kind, welches die Mutter dir anwünschet. Nein, sagte der Teuffei, es ist ihr nicht ernst, ist gleich ein Mutter-Fluch, geht ihr nicht von Hertzen. Endlich kamen sie miteinander auf den Platz des Dorffs allwo, weil es Sonntag wäre, etliche Bauren beysammen stunden, da sagt von ihnen einer zu dem, welchen der Advocat zuvor ungerechter Weis geschoren: Schau Nachbaur, da geht der Advocat, der dich umb das deinige gebracht. Ey, sagt der Baur, ich wolt, daß der Teuffei den Schelmen über neun Berg mit Leib und Seel hinweg führte. Hörsts, sagt hinnach der Teuffei zum Advocaten, was der sagt: Ey, antwortet der Advocat, es ist ihm nicht ernst. Ja, ja, sagt der Teuffei, es ist ihm ernst, es geht ihm von Hertzen, und du hast es verschuldet. Nimbt ihne in der Mitten, führt ihn durch die Lüffte mit Leib und Seel der Höllen zu.

20*

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Mauritius

Nattenhusanus

158. E i n K o h l b r e n n e r c o n f u n d i r t d e n mit Disputiren

Teuffei

(Von der Unzulänglichkeit des Teufels) Ja, so gar ein schwartzer, schmutziger, russiger, einfältiger Kohl-Brenner hat einest disen armen Teuffei für ein Feitel gehalten, indeme diser Versucher zu dem Kohlbrenner in sein armes Hüttlein in dem Wald bey seinem KohlHauffen kommen, mit disem in Glaubens-Sachen zu disputiren: Das muß wohl ein überauß hochverständiger Teuffei gewesen seyn, daß er sich hinder einen Kohl-Brenner gewagt. Aber sollte diser Kohlbrenner noch so einfältig gewesen seyn, hat er doch disen Versucher leicht überwunden, mit Sdiand und Spott weiter geschickt. Vernehmen sie die schöne Disputation. Der Teuffei fragt erstens den Kohlbrenner: Was glaubst du? Diser antwortete geschwind, ich glaub, was die Römische Catholische Kirchen glaubt. Was glaubt dann die Römische Catholische Kirchen? fragt der Teuffei widerumb. Der Kohlbrenner antwortet: Sie glaubt, was ich glaub. Was glaubst dann du? fragt wider der Teuffei; ich glaub, was die Römisch Catholische Kirch glaubt, versetzt ihme der Kohlbrenner und sie glaubt, was ich glaub, und ich glaub, was sie glaubt. Darmit confundirte er und machte den armen Teuffei zu Schanden, schlüge ihme noch darzu seinen feurigen Schier-Hacken steiff zwischen die Ohren, und muste dieser arme Teuffei die Stoß sambt dem Spott haben.

159. E r s c h r ö c k l i c h e

Geschieht

von einem

Fasnachtspil

Anno 1602 seegelten vil muthwillige Soldaten von Ostende auf Edam zu. Als dise liederliche Pursch zu Faßnacht-Zeit allda zu Land getretten, haben sie, der Catholischen Religion zu einem Schimpff und Spott, folgende Masquerade angestellt. Sie zogen alle weisse Hembder über ihre Kleider an, als wären es Priesterliche Chor-Röck. Einer, so der Ehrvergeßniste, zöge noch ein Meßgewand darüber, welcher ein Monstrantz mit einer gemachten Hostien darinnen sportlich dem Volck fürweiste. Ein anderer, so disem in Boßheit nichts wolte nachgeben, trug einen großen Kössel mit Wasser, tunckte mit einem Kehrbesen darein und sprengte, als ein Weyh-Wasser, solches auß. Mit dieser sauberen Procession giengen sie der Kirchen zu, schrieen oder plerreten vilmehr, mit großen Gelächter das Dominus vobiscum. Im Geschluß dieses Teuflischen Aufzugs wäre einer in Catholischen Priesterlidien Kleideren verstellter Schalck, auf welchen die anderen mit blind-geladenen Musqueten geschossen, als hätten sie ihm getödtet, welchen sie auch schertzweis begraben, gleich wider aber auß dem Grab herfürgezogen und in die Kirchen geführt, allwo ihnen, disen LottersBuben, die Herren Burgermeister der Stadt, als hätten sie weiß nicht was für ein hodhsinnige Sach gespihlt, zur Vergeltung vier grosse Geschirr voller Biers in die Kirchen geschickt, mancher selbsten kommen und steiff mit gesoffen. Den andern Tag fuhren sie in disem ihren leichtfertigen Faßnacht-Gspihl fort. Kleideten einen an, wie einen Bischoff, setzten ihm ein grosses, stardees

Köhlerglaube

— Ketzerisches Fasnachtspiel — Ita von Toggenburg

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paar Brillen oder Augen-Gläser auf die Nasen und gaben ihm ein brennende Kertzen in die Hand, verspotteten ihne als einen Blinden. Diser verstellte Bischoff aber, sich gleichsamb beklagend, sagte: Was helffen mich meine Brillen und Kertzen, wann ich selbsten nichts sehen will? Als wollte er die Blindheit der Catholischen dardurch andeuten. O ihr blinde Narren, ihr seydt selbsten blind, wolt andere verführen und fallt selbsten in die Gruben. Aber Gott, nachdem Er disem leichtfertigen Ehr- und Gotts-vergessenen TeuffelsGspihl lang genug zugesehen, wolte er einest disen muthwilligen FaßnaditGästen die Zech, wiewohl theur genug machen. Dann Morgens früh um 4 Uhr den 24. Hornung schlägt der Donner und wilde Feur in dise Kirchen, der Teuffei führe in sichtbarlicher Gestalt, als wie ein große entsetzliche Schlangen daher, umbwindet mit seinem feurigen Schweiff den Thum, speyet Feuer von sich, und setzt gleich die vier Häuser nächst der Kirchen in Brand, widerhohlte der Gottlosen Lästern (weil solches Lumpengesindel nichts kan als lästern, liegen und läugnen), darumb pfiffe die Schlang das Dominus vobiscum. Mußte also der Thum, wie auch die Kirchen, sambt noch andern 60 Häusern der Stadt in die Aschen gelegt werden. O ihr blinde, ihr thorrechte Narren, machet hinfüran Gott wider blind, als wann Er eure Bubenstuck nicht sehe, höre und wisse. 160. I t t a

von

Doggenburg

Dise herrliche und tapffere Tugend aber der Gedult befindet sich nicht allein bey dem Mannlichen, sondern auch Weiblichen Geschlecht, und zwar öffters: Dessen will ich ihnen ein Beyspiel und Exempel vorstellen an der gottseligen, frommen und Heiligen Gräffin Itta, welche ein Spiegel der Gedult zu nennen. Dise Itta wäre aus dem Hoch-Gräfflichen Geschlecht von Kirberg gebürtig und nachdem sie zu verheyrathen wäre, ist sie Anno 1129 zur Ehe gegeben worden einem Graffen von Dockenburg, Heinrich genannt, welcher das Closter Fisching gestifftet hat: Diese Zwey Hochgräffliche Eheleuth hauseten etlich Jahr miteinander in gröster Lieb und Einigkeit, alleinig wäre ihr Ehestand in disem unglückseelig, daß sie kein Leibs-Frucht bekommen möchten. Was stifftet aber der höllische Feind nit an, disen so frommen und Heil. Ehestand zu zerstöhren? Einesmahls, als diese heußliche und vorsichtige Gräffin ihre schönste Kleider und Geschmuck in der Sonnen etwas wolte auslüfften lassen, flieget heimblicher Weiß ein verstohlner Vogel, ein schwartzer Raab hinzu, stihlet mit seinem Schnabel der Frau Gräffin ihren Gemahl-Ring hinweg, und tragt disen Raub in sein Raaben-Nest. Uber ein Zeit kommet einer deß Herrn Grafen Jägeren über dises Vogel-Nest, solches auszunemmen, und findet in disem seiner Frau Gräffin verlohrnen Gemahl-Ring, welchen er nit erkennend, solchen angestecket und den andern Bedienten diesen seinen Fund gezeiget. Unter andern erkennte der Kammer-Diener deß Graffen diesen Ring, und weilen er der Frau Gräffin aufsätzig, wäre dises ihme ein gemehte Wiesen, die Frau Gräffin bey ihrem Ehe-Herren in einen bösen Verdacht

310

Mauritius

Nattenhusanus

mit dem Jäger zu bringen. Erzehlet dem Graffen den gantzen Handel, welcher gantz rasend wütend und tobend den Jäger für sich fordern lassen, fragte ihne, wo er disen Ring bekommen? welcher ihme die gründliche Warheit, wie daß er ihne in einem Raaben-Nest gefunden, entdecket. Dieses aber hielte der Graff für ein erdichtes Wesen, liesse alsobalden disen Jäger einem Pferdt an den Schweiff binden, jämmerlich über Stein, Hecken, Stauden und Gestreuß schleiffen, biß er elendiglich gestorben. Sein Frau Gemahl aber, die unschuldige Gräffin, nimmt er in der Mitten, wirfft sie zu dem Fenster, über einen Felsen 400 Elenbogen hoch, hinunter, daß, wofern nit Gott der Unschuld seine Göttliche Händ unterhebt, sie in viel tausend Stucken hätte müssen zerfallen. Blibe also dise unschuldige Seel an ihrem Leib gantz unverletzet in dem Gesträuß, biß es begunte die Nacht anzubrechen, alsdann machte sie sich herfür, gienge gantz alleinig, ohne alle menschliche Hülff in dem Wald hin und her, biß sie ein taugliches Orth gefunden, allwo sie aus Baum-Nästen ein schlechtes Hüttlein auffgebauet, Gott in höchster Strenge, nur mit Kräutern und Wasser vergnüget, sibenzehen gantzer Jahr gedienet. Nach verflossener dieser langen Zeit hat es sich begeben, daß ein Jäger von disem Graff Henrico in dem Wald, wo Itta wohnete, mit seinem Jag-Hund einem Gewild nachsuchte, dieser Hund aber mit seinem Bellen führet den Jäger zu dem armen Hüttlein, worinnen Itta wohnete, welche der Jäger aus dem Angesicht, wiewohlen es von Fasten und strengen Leben gantz verstaltet, doch für seine Frau Gräffin erkennete: Eylete alsobalden mit diser fröhlichen und neuen Zeitung dem Schloß von Doggenburg, seinem Herrn Graffen zu, erzehlet ihme, was er in dem Wald gesehen, welcher nichts weniger, als dieses fassen kunte, indeme er sein Ittam, von disem grausamen Fall, wie er sie hinunter gestürzt, tausendmahl für Todt gehalten. Nichts destoweniger begibt er sich mit sambt dem Jäger zu dem Orth, findet alldorten sein liebste Ittam, welche er alsobalden erkennete, fallet ihr demüthig zu Füssen, bekennet seine gegen ihr verübte Grausamkeit, bittet, sie wolle mit ihm in sein Schloß sich verfügen, er wolle die Zeit seines Lebens sich gegen ihr als ein getreuer Eheherr erzeigen. Itta aber, welche mehr mit Gott, als dem Hoffleben gewohnet umbzugehen, bedandcet sich dieser grossen Gnad, und bittet, daß er ihr ein schlechtes Häußlein, nicht weit von dem Closter Fischorn, erbaue, so der Graff auch gar gern gethan. Itta lebte darinnen noch viel Jahr von dem ersammleten Allmosen in grosser Heiligkeit: Allein wäre dises wunderlich, daß, so offt sie bey nächtlicher Weis in dieses Closter der Mettin beyzuwohnen gangen, ihr allzeit ein Hirsch, welcher 12 Liechtlein an seinen Gewichtern hatte, diser heiligen Itta den Weeg weisete, und als ein Trabant vorgeleuchtet, biß sie in grosser Heiligkeit in diesem Closter verschieden. 161. F a b e l v o n d e m H a h n , H u n d u n d

Fuchsen

Es reisete der Goggelhahn und der Hund einest miteinander über Land, wurden aber in einem dicken Wald von der Nacht überfallen. Der Hahn sagte

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Hahn, Hund und Fuchs — Ein Hirt verrät den Wolf

zu dem Hund: liebster Reiß-gespahn, es hilfft nichts dafür, wir müssen hier in diesem finstern Wald uns um ein Nacht-Herberg umschauen, sihe, sagt er zu dem Hund, da ist ein grosser, dicker Aich-Baum, ich will zu oberist auf die Aest hinauf fliegen, du aber verkrieche dich in diese Höhle deß Baums, ich will fleissig Wacht halten, wann ich ein Thier sehe, das uns schaden wolt, will ich gleich krähen, du aber lasse niemand hinein, verwahre fleissig die Thür. Zu Morgens bey anbrechendem Tag kam der Fuchs daher, sähe den Hahnen auf dem Baum, nach diesem Wildbrätt wässerten ihm gleich die Zähn, sagt von weitem, stehend: Ach du schöner, ach du edler, O du Zierd aller Voglen, wie habe ich dich so lang gesucht, ach wäre ich nur würdig deine F ü ß zu küssen, O wie hochnothwendige Sachen hätte ich mit dir in höchster Geheim zu reden. Diesen Betrug u n d Falschheit deß Fuchsen merckte der H a h n gar wohl, sagt zu ihme: Mein Lieber Fuchs, ich bedancke mich der höfflichen Complimenten, ich wolte gern zu dir, alleinig kan ich nicht zu der Thür deß Baums hinauß, wanns beliebt, komme nur u n d klopffe an der Thür an, daß der Thorwartel aufmache. O Fuchs, jetzt brauch dein Verstand, traue nicht, der Thorwartel ist nicht dein guter Freund; aber der Fuchs platzte zu unbesonnen darein, schnarcht und winselt bey dem Loch, worinnen der H u n d verborgen, so lang, biß er ihne von dem Schlaf aufgeweckt, heraus gesprungen und den Fuchs erwürget und gefressen. Das ist ein Fabel und leeres Gedicht, lehret aber uns nicht wenig, wie auch die Gescheide verständige Leuth sollen ihnen nicht zu viel trauen, sondern alles zuvor wohl auf die Gold-Waag deß wahren Verstands legen, das E n d und Außgang betrachten, es möchte ihnen sonsten die Witz entrinnen u n d gehen wie dem Fuchsen . . .

162. F a b e l v o n e i n e m W o l f f u n d e i n e m

Hirten

Der Fabeldichter sagt, daß einest der Jäger in dem Wald einen Wolff gejagt, der Wolff aber entrunne ihme und käme zu einer Höhlen eines SchaffHirten, den bathe er ganz demüthig, er wolle ihm in sein Höhle lassen u n d vor dem Jäger verbergen, u n d wann der Jäger käme, ihme nachfragte, solle er sagen, er seye vorbey geloffen, er wolle ihme zu Lohn kein Schäfflein mehr fressen. Der Hirt last ihn ein, der Jäger kombt, fragt den Hirt, ob nit ein Wolff daher kommen, der Hirt sprach zwar mit lauter Stimm und deutete mit der Hand, daß der Wolff schon vorbey geloffen, mit den Augen aber winckte er dem Jäger, und zeigte darmit auf die Höhlen, daß er darinnen seye. Das sähe der Wolff, weilen aber der Jäger nit auf deß Hirten AugenWincken achtung gäbe, und wo er ihm mit der H a n d hindeutete, fort geloffen, ist der Wolff in Sicherheit gebliben. Hernacher sprach der Hirt zum Wolff: Nun hab ich dich nit braff beschützet? Ja, sagt der Wolff, deiner Zungen sage ich großen Dank, aber dein Schelmische Augen sollen am Galgen verfaulen. Er wollte sagen: Dein Mund und dein Augen haben nit überein

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Mauritius

Nattenhusanus

gestimbt, eines war gut, das andere schelmisch. Also geht es auch jetzt bey dem schelmischen Welt-Politico zu.

163. F a b e l v o m L ö w e n , E s e l u n d F u c h s e n Hier, weil ich deß Esels zured werd, fallt mir bey jener lächerliche und beynebens nutzliche Apologus und Fabel, welche unsere Catholische Scribenten und Expositores anziehen. Wie nemblich einsmals der Low, der Fuchs und der Esel in ein Verbündnuß zusammen getretten. Sie wolten miteinander auf das Gejägd oder vilmehr Raub, außziehen. Was sie bekämen, wolten sie hernacher miteinander theilen. Ihre Aembter und Verrichtungen wurden also unter ihnen außgetheilt: Als nemblich der Low solte sich mit seiner Stärdce an die grosse Thier und Vieh wagen. Der Fuchs aber, als ein arglistiges und verschlagenes Vieh, soll sich hinter das Geflügel, Hennen, Gänß machen. Der Esel letzlich solle seinen starcken Buckel herleyhen, disen Raub heimb zu tragen. Als sie nun ein zimliche Beuth bekommen, muste der Esel die Kälber, Schaf, Gänß, Hennen nach Hauß tragen. Hernacher befahle der Low dem Esel, er solle nun den Raub in drey Theil außtheilen. Aber der plumpe Esel, weilen er ein schlechter Politicus und Hofmann wäre, theüte den Raub in drey gleiche Theil auß, gäbe einem so vil alß dem andern: welches dem Löwen über die massen in die Nasen gerochen, sich über den Esel erzürnet und gesagt: Du grober unverständiger Esel, du weist, daß du so ungeschickt, daß du nicht ein eintziges armes Thierlein hast überlisten und fangen können. Sondern dein gantze Verrichtung bestünde in dem, daß du die von uns so herrlich eroberte Beuth auf deinem faulen Rucken nach Hauß trügest: Jetzt wüst du so vil haben als ich und der Fuchs! Ergrimmt über den Esel, fallt ihn an und zerrisse ihn zu kleinen Stücklein. Hernacher wendete er sich zu dem Fuchsen und sprach: Weilen er das seinige auch treulich bey dem Fang gethan, so solle er sein Theil darvon nehmen. Der arglistige Fuchs entschuldigte sich auf alle Weis: Ihr Majestät, sagt er, mir gebührt nichts, es stehet alles zu Diensten, sie sind vollmächtiger Herr über den völligen Raub. Wann endlich etliche Beinlein überbliben, seye dises noch zuvil für ihne. Als aber der Low ihme das völlig Vertrauen gegeben, nach Belieben zu nehmen, greifft der Fux mit höchster Discretion nach einem armen dürren Hünlein, macht ein tieffe Reverentz, und bedanckt sich dessen gegen dem Löwen. Uber welche Höflichkeit sich der Low nicht genugsamb verwundem kundte; hat derowegen den Fuchs gefragt, wer ihne dise Höflichkeit gelernet hätte. Calamitas aseni, antwortet der Fuchs. Wo solt ich es gelernet haben? Deß armen Esels Unglück hat michs gelernet. Ich hab gesehen, wie es ihme ergangen: Mit seinem Schaden bin ich witzig worden. O mein Fuchs, dir ists gerathen: Gscheid gehandelt, felix quem faciunt aliena pericula cantum! Glückseelig ist derjenige, so durch anderer Schaden witzig.

Teilung der Jagdbeute

164. D e m o s t h e n e s

— Des Esels Schatten — Asinus vulgi

p r e d i g t den Raths-Herrn

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Atheniensischen

(Von Leuten, die „den Fabel-Hansen, den Ohren-Kitzleren" zulaufen) Dise machen es als wie die Atheniensische Raths-Herrn, vor welchen einest der Wohlredner Demosthenes wegen wichtiger Händlen, so gantz Griechenland betraffen, perotierte, und sein Sach beweglich vorbrachte, weilen aber die Raths-Herren darunter schwätzten und wenig auffmerckten, fangt Demosthenes, sie zu schänden zu machen, einen andern Discurs an und sagte: Ein wichtige Sach, ihr Herren, habe ich vorzubringen. Es hat ein Eseltreiber einem Bauren sein Esel um ein gewisses Geld verliehen, seinen Karren in die Mühl zu führen, unterwegs, weilen die Hitz groß wäre, und die Sonnen-Strahlen häfftig stachen, stehet der Baur in des Esels Schatten, den er machte, das wolte der Eseltreiber, so ihme den Esel verdingte, nit leiden, sprechend: Er habe ihme nur den Esel, nit aber den Schatten verlihen. Wer hat recht, ihr Herren, unter disen zweyen? Indem er dise Fabel erzehlte, waren die RathsHerren gantz still, merckten fleissig auf, keiner redete ein Wort. Darauf Demosthenes gesprochen: Ecce, de umbra asini audire cupitis & de Graeciae salute audire non vultis. Secht, was ihr für wunderliche Herren seyt: Von dem Schatten des Esels wolt ihr gern discurieren und reden hören, da merckt ihr fleissig auf, aber was den gemeinen Nutzen und Heyl deß gantzen Griechenlands betrift, von dem wolt ihr nichts hören.

165. L ä c h e r l i c h e B e g e b e n h e i t m i t e i n e m

Esel

Manchem Mann ergeht es mit seinem Murmel-Thier und kurrischen Weib, welcher er nichts recht thun kan, wie einest ergangen einem Vatter und seinem jungen Sohn. Dise zwey reiseten einsmahls mit einander auff einen JahrMarckt, dise zwey aber haben nur einen eintzigen Esel mit ihnen, wie sie nun von Hauß hinweg reiseten, sitzet erstens der Vatter, als dem der Vorzug gebührete, auf den Esel, der junge Knabe lieffe zu Fuß nebenher. Als sie kaum ein Stuck weegs also fort kamen, begegneten ihnen etliche Leuth, ciarunder solche mürrische Schnacken waren, die fiengen alsobalden an zu murren und sagten: secht, umb Gottes Willen, was diser Vatter für ein unbarmhertziger, grober Knopff seye, indem er auff dem Esel sitzet, und das arme Kind lasset im Koth daher lauffen. Als dises der Vatter gehört, gedenckte er, disen seinen Fehler zu verbesseren, steigt von dem Esel ab und last den Sohn hinauff sitzen, er aber lieffe zu Fuß. Sie kamen aber nit weit, begegneten ihnen widerumb ein andere Troppen, bey welchen das Murren noch ärger angienge, als bey den ersteren. Das laß mir ein Verstand seyn, sagten sie, o umbgekehrte Welt! der junge Lecker sitzt auf dem Esel und last seinen alten Vatter zu Fuß lauffen, wie weit kombt es nit noch auf der Welt! Dises Murren hörete auch der Vatter, nun mein Kind, so sprach er, den ersteren ist es nit recht gewesen, daß ich geritten und du zu Fuß gangen, jetzt ist disen

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nit recht, daß du reitest und ich gehe, wie müssen wir doch den Leuten recht thun? Halt, wie wollen beede aufsitzen. Also ritten sie beede auf dem Esel. Aber nicht weit da ihnen widerumb ein Hauffen Leuth begegnet, dise mit offnem Maul fiengen schon von weitem an zu murren: schaut, schaut, was das für ein Reiterey seye, sitzen alle beede Lappen auf einem Esel, sie müssen ihne ja zu Todt reitten. Das Gott erbarm! sagte der Vatter, mein Sohn, das ist auch nicht recht, daß wir jetzt beede reitten, so seyß, wir wollen beede absitzen und den Esel leer gehen lassen. Das thaten sie, aber nicht weit wanderten sie also fort, käme schon widerumben ein Schaar solcher murreten Schnacken daher, welche über laut anfiengen zu lachen und zu murren, sprechend: das seynd zwey Fantasten, lassen den Esel leer gehen, sitzt keiner auff, hat einer einmal ein solche Comoedi gesehen. Nun sprach endlich der Vatter, was müssen wir dodi anfangen, mein Kind, daß wir den Leuthen können recht thun? Zuvor seyn wir beede aufgesessen, haben sie darüber gemurrt, jetzt, da wir beede zu Fuß gehen, murren sie wider, wir wollen noch das letzte Mittel ergreiffen. Binden also dem Esel alle vier Füß zusammen und trugen ihn über die Achsel. Mit disem Auf-Zug begegneten sie einer anderen Parthey, welche sie noch mehr als alle verlacht: secht, secht, was für ein paar Narren tragen den Esel über die Achsel, warumb reitten sie nit darauff? O mein Sohn, spräche der Vatter, jetzt haben wir alles angefangen, so hat man aber je und allzeit über uns gemurret, weilen wir aber den Menschen nit können recht machen, thun wir, wie es uns gefällt, reiten oder gehen, wie es uns beliebt und lassen die Leuth murren und knurren, so lang sie wollen. 166. F o r c h t v e r u r s a c h e t o f f t l ä c h e r l i c h e

Sachen

Es ist um die Forcht nicht eine geringe passion und Gemüths-Neigung, und erstredet sich soweit, daß offtermahlen lächerliche Sachen herauß kommen: Also ergienge es jenem Bauren-Knecht und Jungen gesellen, welcher über Land zu einem seiner Befreundten auf die Kirch-weyhe gienge, als dieser wiederum gegen Abends-Zeit seinen Ruckweg nacher Hauß nehmen wolte, hatte ihm seine liebe Baß ein Körbel voller grosse Nüssen heim zu tragen mitgegeben, mit welchen er beyde seine Hosensädc biß oben angefüllt; was aber das übelste wäre, hatte einer dieser Säcken ein Loch. Was aber den hemach-folgenden Schröcken vermehrete, wäre dieses, daß ihm die Befreundte ermahneten, er solte sich noch bey Zeiten auf den Weg machen, es seye bey nächtlicher Weil auf der Strassen von Geistern und Gespenstern etwas unsichere, solte doch nur steiff fortlauffen und wann ihme schon etwas begegnen oder widerfahren würde, solte er sich nichts irren lassen, und bey leib nicht umschauen. Von diesen Reden bekäme der arme Tropff den Haasen schon in den Busen, machte sich nichts destoweniger auf den Weg. Und als er etwas stärckers anfienge zu gehen, da wurde das Loch in dem Hosensack erweitert, und fiehle ihm eine Nuß nach der andern hinten auf den Fuß.

Gespensterfurcht — Prahhucht eines Edelmanns — Doppelt bestochener Richter

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O lieber Gott, wem wäre ängster, als disem armen Tropffen, er getraute sich nicht umzusehen, gäntzlich vermeynend, es stehe das Gespenst oder Geist ihme auf dem Rucken und schlage ihn mit einem kleinen Rüthlein auf die Füß. Es lieffe an ihme der kalte Angst-Schweiß über den ganzen Leib herunter, fienge darauf starck an zu lauffen, und je stärcker er geloffen, je mehr die Nüssen durchpassiret und ihme seine närrische Forcht vermehret. Wie aber dieser flüchtige Haaß nicht mehr lauffen kunte und ihme der Athem wolte mangeln, steht er endlichen still und sagt: Teuffei, hohl mich, oder hohl mich nicht, ich kan einmal nicht mehr lauffen, vermerckte beynebens, daß ihm ein Hosensack gantz ring worden und schier keine eintzige Nuß mehr darinnen, fände also, daß er den Geist, der ihn also gejagt, mit sich in dem Hosensack getragen habe. Was vermag nicht die eitle lehre Forcht?

167. E i n a r m e r E d e l m a n n p r o g l e t s i c h S t i f e l u n d S p o r n , w i e w o l er k e i n P f e r d

mit hatte

Ein jeder will hoch angesehen seyn, wie jener arme von Adel zu Straßburg. Dieser arme Tropff, obwohlen er bettelarm, wolte doch hoch angesehen seyn. Dieser wohnte in einem Dorff, nächst bey Straßburg, und käme täglich in die Stadt hinein, in welcher er mit Stifel und Sporn herumb spatzierte, hatte doch dameben kein Pferd nicht. Die Herren des Raths der Stadt Straßburg entschlossen sich, mit disem Progier und armen Tropffen einen lächerlichen Possen anzufangen: Unterredeten sich, sie sollen ihne bezüchtigen, er seye anklagt worden, als hätte er vor der Stadt draussen, mit dem Pferdt ein Kind zu todt geritten. Sie lassen ihne citieren, das Verbrechen wird ihme fürgehalten, wie daß er mit seinem Pferdt ein Kind zertretten. E r laugnet dise Bezüchtigung so gut er kann, bezeugt mit Verpfändung seiner Ehr und Treu, daß er an diser That unschuldig, er wisse nichts darumb. Die Herren des Rathes replicierten: E r möcht laugnen, so vil er wolle, die That seye mehr als zu vil bekandt. Endlich muste der arme Tropff gleichwol sagen, was ihme nicht Lieb: Ihr Herren, sagte er, es weiß Gott im Himmel, daß ich kein Kind zu todt geritten, indem ich bey meinen Ehren schwöre, daß ich in zehen Jahren nie auf kein Pferdt kommen. Also gienge die Sach mit einem Gelächter auß, und wurde der arme Tropff mit seinen Stifeln und Sporn confundiert und käme an Tag, daß er im Kopff den grösten Sporn habe, nichts hinter ihm seye, als ein lautere Progier- und Prahlerey.

168. G e s c h i e h t

von e i n e m

Bauren,

Kürsner

und

Richter

Also ist es ergangen jenem Richter, vor welchem ein Baur mit einem Kirßner ein Rechtshandel hatte: Der Baur, damit sein Handel ihm zum Favor möcht außschlagen, schmirbet den Richter mit einem guten, feisten Kalb. Der Kirßner aber verehrte deß Richters Frauen einen schönen neuen Beltz. Wie nun dise

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Mauritius

Nattenhusanus

zwey streitende Partheyen vor dem Richter erschinen, wolte der Sentenz dem Bauren zuwider lauffen. Diser vermercket den Handel, und weilen er schon Nachricht hatte, daß der Kirßner, sein Gegensatz, die Frau mit einem neuen Beltz geschmirbet, bittet er den Richter, er solle ihm sein Kälblein noch einmal fürführen. Als solches geschah, sprach der Baur zu dem Thierlein: Mein Kälbl, es geht mir nit gar wohl, plerr, mein Kälble, plerr! Als aber das Kälblein nicht plerren wollte, eröffnet der Baur ihme das Maul: O mein Kälble! sagt er, jetzt nimmt mich nicht wunder, daß du nit plerren kanst, es steckt dir ein Beltz im Halß.

169. V o n e i n e m , d e r h u n d e r t H a s e n

gesehen

. . . (viele sagen), das habe ich hören sagen. Wann man aber der Sachen genauer und recht nachforschet, ist es ein Lary Fary. Und kombt endlich die Sach herauß wie bey jenem, welcher zu seinem Mitgespan gesagt: Bruder, gestern habe ich hundert Haasen hinter einer Stauden gesehen. Mein lieber Bruder, sagt der andere, das ist schier zu viel, laß ein wenig mit dir handeln, gib ein wenig nach, 100 Haasen seynd einmal zu viel. Ja, antwortet der ander, seynds nicht hundert, so seynds wenigst fünffzig gewesen. Fünfftzig Haasen seynd noch zu vil, spricht der andere, laß noch etwas nach. Nun, so seynds aufs wenigst fünff und zwantzig gewesen. Diser marckte noch weiter herunder, endlich kam es herauß, daß er etwas hinter der Stauden habe hören rauschen.

170. S t o ß g e b e t l e i n e i n e s

Ehemanns

Eine solche Bett-Schwester hatte einsmahls ein armer Wittiber in der Kirchen angetroffen, welche zugleich auch ein Wittib wäre. Nun gedenkt der Mann, dise werd hoffentlich frömmer seyn, als seyn vorige, sie muß ja halb heilig seyn. Versprechen sich also beede zu der Ehe: Aber die Heiligkeit verschwunde bald, und befände sich der arme Mann betrogen, da sie nit diejenige innerlich, die sie sich äusserlich gestellt hatte. Mit einem Wort: Der arme Tropff hat erfahren wahr zu seyn jenes Sprüch-Wort, so wir Teutsche haben: es kombt selten etwas besser hernacher. Diser in seiner höchsten Noth weiß nit, was ihme zu thun wäre, wo auß wo an, gedenckte endlich, er wolle sich auch in der Kirchen so fromm, andächtig und heilig stellen, wie sein Weib. Das thate er. Nun gut, gedenckt das Weib, ich habe wohl einen guten, frommen, einfältigen Döstel bekommen, jetzt bin ich Herr. Fragt einsmals den Mann im Vertrauen, was er für schöne Andachten und Gebettel habe? Ach! sagt er, mein liebes Weib, ich bett allzeit nur ein Gebettel, zu dem ich ein absonderliche Andacht trage, bitte Gott dardurch nur umb ein einzige Gnad, wann er mich erhöhrt, so bin ich an Seel und Leib wohl getrost. Lehr es mich auch, mein lieber Mann. Nein, sagt er, es ist mein Geheimbnuß, ich lehr es niemand. Das muß wohl ein schönes Gebettel seyn, sagt das Weib. Ja meyn wohl auch.

Aufschneiderei — Totbeten — Alles nach dem Kopf der Frau

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Nun mein lieber Mann, wann mich lieb hast, so bett mirs aufs wenigist vor. Das will ich dir endlich wohl zu lieb thun, sprach er. Knyet also vor einem Crucifix nieder, fangt mit ausgespannten Armben an zu betten: Ach Herr Jesu Christ! Ein Creutz-Weib hast geben mir! Nims Creutz von mir und s' Weib zu dir, so ist geholffen mir und dir. Das ist mein Andacht und Gebettlein, das ich täglich bette: darauß dann das Weib erkennen müssen, daß der Mann auch nit derjenige seye, der er sich äusserlich stellte, weil er nit umb ihr Leben, sondern umb ihren Tod bette.

171. E i n W e i b v e r m e i n t , ihrem Kopff

es s o l l a l l e s gehen

nach

Ich hoffe heut bey denen Weiberen ein Ehr einzulegen, wie jener Prediger NB., welcher an dem heutigen H. Oster-Fest von Frid und Einigkeit geprediget, unter anderen Ständen hat er auch von der Lieb und Einigkeit des H. Ehe-Standes gemeldet, dise Liebe aber und Einigkeit zwischen denen Ehe-Leuthen zu erhalten, müsse auch der Mann zu Zeiten dem Weib etwas nachgeben, sie auch was gelten und nach ihrem Kopff hinaus gehen lassen (wie ich es auch rathe). Dise Predig gefiele den Weiberen über die Massen wohl und regalierten disen Prediger mit den schönsten Oster-Ayern. Ein gewisses Weib aber, die mißbrauchte dise Höflichkeit und Discretion dises Predigers, und wolte die Hosen gar haben, hudelte und kahlmäusete ihren Mann entsetzlich. Wann der Simpel etwas sagte, rupffte sie ihm geschwind die Predig herfür: hasts nicht gehört, was der Prediger gesagt hat! Ey, nach meinem Kopff muß es hinausgehen, der Prediger taugt für uns Weiber, die andere seynd nur lauter Kahlmäuser, wann sie nichts studieren, so beschnarchen sie die arme Weiber. Gelt, der Prediger kans euch Männer recht sagen; es bleibt darbey, nach meinem Kopff muß es gehen. Dises Predigen und Pochen seines Weibs wurde dem guten Mann schier zu lang. Einesmals, als es schon Zeit zum Essen wäre, das Weib aber nicht die Speisen wolte auftragen, sprach der Mann, Weib, rieht an, es ist Zeit. Ist noch nicht Zeit, sprach sie, weiß schon, wanns Zeit ist, ich rieht nach meinem Kopff an. Als sie endlich zu dem Essen kamen, wäre die Suppen versaltzen, das Fleisch nur halb gesotten, das Kraut verbrennt. Weib, sprach der Mann, was ist das für ein Kocherey: Die Suppen ist versaltzen, das Fleisch nicht halb gesotten, das Kraut verbrannt. Wilst nicht fressen, laß stehen, sagt das Weib, ich kochs nach meinem Kopff, nach meinem Kopff muß gehen. Nun, spricht der Mann, so muß dann dise Kocherey als nach deinem Kopff gehen? Ja, sprach sie. Nun, so seys, nimmt darauf die Suppen, wirfft sie ihr an den Kopff: es gehe dann die Suppen nach deinem Kopff, es gehe dann das Fleisch und Kraut nach deinem Kopff! Hier hat der Mann und das Weib den Prediger nicht recht verstanden, ich rede von keinen solchen Weibern, sondern von frommen . . .

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Mauritius

172. D e r

Nattenhusanus

T e u f f e i soll zwey W e i b e r nemmen

auff

einmal

Ein neuer und gewisser Author schreibet, daß einest ein junger tapfferer vom Adel von seinem Herrn Vatter eine absonderliche Gnad begehret, nemlichen, er solle ihme vergünstigen, zwey Weiber auf einmahl zu nehmen. Ein wunderliches Begehren: Bilde mir ein, der gute Mensch werde ihm selbsten die Rechnung und Gedancken gemacht haben, ich will nicht vergebens zwey zusammen nehmen, dann ob schon eine böß, zänckerisch, polderisch, widerspännig ist, möchte doch die andere etwann desto frömmer seyn. Ach du einfältiger Tropff, nehme nur gar ein Dutzent zusammen, wirst dannoch zu thun haben, daß du eine Fromme bekommst (schreibet der Author, ich sags nicht). Sein Vatter gestattet ihme endlichen diese Bitt, daß er zwey Weiber zusammen genommen: Eine hiesse Caia, die andre Greina; kaum wäre der ander Tag nach der Hochzeit vorüber, da gienge schon bey dem armen Tropffen die MarterWochen an, eine jede dieser seiner zwey Weibern verrichteten ihrem Namen gemäß ihre Aembter auf das beste. Die Caia keite, plagte und hudlete den armen Juncker Tag und Nacht. Die Greina greinete, murrte, kurrte, grumbste, sumbste, als wie eine Finger-lange Hurnauß. O midi armen Mann, O mich betrübten, O mich gecreutzigeten, O mich geplagten Tropffen, was muß ich thun? was muß ich mit diesen meinen zwey Weibern anfangen? Es wäre kein Wunder, ich legte mir einen Strick an Halß, thäte mich selbsten erhencken. Geschieht dir recht, mein strenger Herr Juncker, warumb nimbst du zwey Weiber zusammen, hat mancher an einer zuviel. Underdessen hatte der leidige Teuffei in selber Gegend, auß lauter teufflischem Neid und Haß, den Innwohnern umb diese Revier unter den Schaafen und anderm Vieh viel Schaden zugefügt, das Vieh zerrissen und ligen lassen. Die Nachbauren kommen zusammen, wie doch disem Übel abzuhelffen, gruben endlichen (wie gebräuchlich) eine tieffe Gruben in die Erden, den Wolff darinnen zu fangen, wie er ihnen auch eingangen und dieser verstellte Wolff in der Gruben verarrestiret wurde. Da kamen nun die Bauren der Nachbaurschafft, wie auch dieser junge Edelmann, zusammen, votirten und beratschlagten sich, was diesem Wolff wegen verübten Boßheit und zugefügten Schaden für ein Pein, Marter und Todt solte angethan werden? Einer sagte: Man solle ihm alle Zähn zuvor in seinen gefrässigen Rachen hinein schlagen. Ein anderer, man solte ihm beyde Augen außstechen. Ein anderer, man solle ihm alle vier Füß abhacken. Ein anderer, man solle ihme die Haut lebendig über die Ohren abziehen. Ein anderer, man solle ihne andern Wölffen zum Exempel, lebendig an einem Galgen aufhencken. Endlichen aber gäbe auch der Juncker, so gegenwärtig wäre, seinen Sententz, und sagt: Meine liebe Leuth und Nachbauren, diese Straffen, so ihr diesem gefrässigen Thier wolt anthun, seynd seinem Verbrechen gemäß, viel zu gering. Hört mein Urtheil und Sententz, ich sententzire und verdamme ihn, daß er zwey Weiber nehmen sollte, so ist er sein Lebtag geschlagen genug, und ein armer Wolff. Ein

Zwei Weiber die ärgste Pein — Des Teufels

Heirat

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wunderliches Urtheil, welches zweiffels ohne dieser Edelmann über diesen Wolff gefället, weil er selbsten im Werck erfahren, wie es ihme mit seinen zwey Weibern ergangen. Als aber dieser verstelte Wolff sein Urtheil vernommen, wirfft er sich auf die Knie zitierend, bathe er mit weinenden Augen um ein gnädigers Urtheil, alle vorige Pein und Marter wolle er gern außstehen, habe alles wohl verschuld, man solle ihm nur nicht zwey Weiber geben, er wolle lieber tausendmahl in die Holl und alldorten gern der allermindeste Teuffei seyn, als zwey Weiber nehmen. O du schwacher, O du armer Teuffei, da gibst dich zu erkennen, was für ein zaghaffter Haaß und Letfeigen seyest, daß du dir vor zwey Weibern fürchtest! J a sagt er: Ich habe Ursach mich zu fürchten, dann ich bin noch gar wohl ingedenck, wie übel es mir mit einer ergangen: wie dann? So erzehle es zu deiner grössern confusion, Schand und Spott. Ach, bittet er mich, ich solle nur dieses nicht von ihme begehren, dann es gereiche ihme zu grossem Spott, und den Weibern zu einer grossen Ehr. Aber nein, eben darumb must du mir erzehlen, wie es dir ergangen. Weil du aber je dein Schand und Spott nicht erkennen wilst, als ein Vatter der Hoffart, so will ich es dir zur Schand, und den Weibern zu einem Ruhm, oder villeicht gar für ein Oster-Mährlein erzehlen . . . 173.

Der T e u f f e i von einem bösen rechtschaffen getrillt

Weib

. . . Dieser arme Teuffei wäre ein ungeschickter, plumper Schelm, mit welchem der Lucifer nichts kunte außrichten, es wäre alles hinterfür, was er angriffe, derowegen jagte ihn Lucifer darvon auß der Höllen, sagte, weil je nichts an ihm helffe, noch Gutes, noch Böses, so solle er sich gleichwohl auf die Welt herauf schehren und ein Weib nehmen, die ihne vielleicht besser werde können hoblen und abrichten, als er. Diesem kommet dieser einfältige, plumpe Teuffei nach, bekommet aber eine, nicht viel ungleich den zwey obigen, mit welchen der Juncker begabt worden, nemlich mit einem bösen Fegeysen, welche den armen Feitel, ihren Mann, diesen einfältigen Teuffei also gehudlet, also gewaschen, also gezwagt, daß der arme Schelm nicht mehr bey ihr bleiben, sonder einsmahls auß Kleinmüthigkeit und Verzweifflung darvon geloffen. Aber sein böses Murmelthier eilte ihme mit einem brennenden Scheit nach und hätte ihn schier erwischt, wann nicht der arme Teuffei wäre über einen hohen Spelten-Zaun hinüber entrannen, aber eben bey diesem Zaun wäre es ihme schier am allerüblesten ergangen, indeme er mit den Hosen an einem spitzigen Spelten behangen blieben, und ihme nicht mehr helffen konte. Zu allem Glück aber gienge da ein fahrender Schüler vorbey, diesen bäte der Teuffei umb Gottes willen, er solte doch sich seiner erbarmen und von dem spitzigen Zaunstecken ledig machen, sonsten erwische ihn sein Weib, er seye der Teuffei, und wolle ihme diese Gnad gewiß vergelten, und einen reichen Mann auß

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Mauritius Nattenhusanus

ihme machen. Der fahrende Schüler erlediget ihne von dieser seiner höchsten Gefahr, marschieren also beyde miteinander einem schönen Schloß zu, in welchem ein fürnehmer Graf wohnete, der eine eintzige schöne, gewachsene Tochter hatte. Nun, sagte der einfältige Teuffei zu seinem Erlöser, dem fahrenden Schüler: liebester Bruder, ich bin dir umb dieser grossen Wohlthat, so du an mir erwiesen, und von dem Zaun ledig gemacht, daß mich mein Weib nicht verwischt, hoch obligiret, derowegen mich danckbar einzustellen, will ich in die Tochter dises Grafens hinein fahren, und du, halte dich nicht weit daherumb auf, wann man mich hernacher wird fragen und beschwöhren, wer mich könte außtreiben, will ich sagen, das vermöge kein anderer Mensch als eben du, werde dich auch bey den Nahmen nennen, darzue auch sagen, man solle dir so und so viel tausend Gulden geben, alsdann will ich außfahren, und du wirst ein reicher Mann. Gut, wer wäre froher als dieser fahrende Schüler, der Handel gienge anfänglich ziemlich wohl von statten, allein der Teuffei wolte auf den Befelch deß fahrenden Schülers nicht außfahren, sonder verlachte und verspottete ihne nur, sagend: Er habe ein gutes Orth, er weiche ihme nicht. Wem wäre da ängster als diesem Schüler, endlichen erdachte er einen Fund: holla Bruder, was gilts, ich will dich lernen außfahren: Läst in der Kirchen ein hohes Gerüst oder Bühnen aufmachen, publicirte auch, daß er allda diesen Teuffei öffentlich wolle außtreiben, bestellet auch hinter einem Teppich viel Trompeter und Heerpaucker, sagte, wann er ihnen mit dem Facelet ein Zeichen gebe, sollen sie alle zusammen blasen, und die Heerpaucken darein schlagen. Alles wäre zugericht, eine grosse Mänge Volcks erschiene, er führte diese besessene Tochter auf die Schau-Bühne, beschwöhrt und befihlt dem Teuffei, außzufahren: Aber alles vergebens, dieser verlachte ihn, wie zuvor; worauf der fahrende Schüler, den Trompetern und Heerpauckern das Zeichen gegeben, fiengen alsobalden alle zusammen zu blasen, und die Heerpaucken zu schlagen, daß die Kirchen möchte einfallen; ab diesem Getöß erschrack der Teuffei und fragte den fahrenden Schüler, was dieses bedeute? Ja, sagt er, was müst es bedeuten, sihest du nicht, dein Weib kommt zu der Kirchenthür herein, jetzt thut man ihr einblasen: So, sagt der Teufel, kommt mein Weib? ja sie kommt; behüt mich Gott, so bleib ich nicht mehr da, wann sie kommt: fähret also auß, auf und darvon . . .

Placidus Taller Er wurde am 24. November 1655 zu Rott am Inn geboren, gleichsam im Schatten des dortigen, bis zur Säkularisation recht bedeutsamen Benediktinerklosters, wo er auch am 24. Oktober 1679 seine Ordensgelübde ablegte. Zum Studium der Theologie und der Rechte ging er nach Ingolstadt, danach betätigte er sich in seinem Heimatkloster als Bibliothekar und Ökonomieverwalter, zugleich aber auch als Prediger für seine Mitbrüder und die Landgemeinden der Umgebung. Der praktische Seelsorgedienst scheint ihm besonders gelegen zu sein. Um die Mitte der 90er Jahre übernahm er die Pfarre zu Kötzting im Bayerischen Wald. Nach den dortigen Pfarrbüchern hat er im Dezember 1695 zum erstenmal ein Kind aus der Taufe gehoben und am 27. Januar 1697 im Auftrag des Regensburger Domkapitels die Kirche St. Veit zu Kötzting geweiht. Gleichzeitig versah er das Amt des Administrators zu Grafenwiesen. Er starb am 14.12. 1721. Außer den hier verwendeten Predigtsammlungen, einem Dominieale „Einfältiger doch wohlmeinender Bauernprediger . . . " (1716, neue Aufl. 1726) und einem über 1300 Seiten umfassenden Band von Kirchweihpredigten, „Neueröffneter, mit allerhand raren, neuen und seltsamen Waaren wohleingerichter . . . Geistlicher Kram-Laden . . ." (1721) verzeichnet Baader ein „Mariale oder Marianische Festtag-, Lob- und Ehrenpredigen" (Regensburg 1720, weitere Auflagen 1725/26) und ein posthum erschienenes Festivale (1723, weitere Aufl. 1733). In Tallers durchwegs ernsthaft-verhaltenen Predigten überwiegen die Exempel. Außer den geläufigen mittelalterlichen Sammlungen hat er mit Vorliebe die Traktatliteratur der Jesuiten herangezogen, vor allem Delrio, Stengelius und Engelgrave, auch für seine mit Bedacht ausgewählten heitereren Geschichten. Auf lautes Gelächter unter seiner Kanzel war er offensichtlich nicht aus. Und sein Erzählstil ist ebenso wohltemperiert. Lit.:

BAADER 1/2, 254; für freundliche Auskünfte aus dem Kötztinger Pfarrarchiv habe ich Herrn Pfarrer Augustin zu danken.

174. D e r T e u f f e i h o l t e i n e n

Spieler

In einer gewissen Stadt des Ertz-Bisthums Cölln befand sich ein Spieler Thyemo mit Nahmen, welcher so glückseelig in dem Würffel-Spiel, daß er niemals verspielet, allezeit gewonnen, und vielen den Beutel ausgeleert, also 21

Moser-Rath

Placidus Taller

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daß sich keiner mehr an ihm wagen wollen, wohlwissend, daß er ohne grossen Verlust nicht werde davon kommen. Nun begab es sich, daß der Teufel in menschlicher Gestalt in dessen H a u ß kommen, sich für einen Spieler ausgegeben, u n d mit ihme zu spielen sich offerirt, welchen dann auch gleich geholffen war. Wird dahero alsbald Anstalt gemacht, setzen sich beede zu Tiscii, und fangen zu paschen an. Es wäre aber jener nicht mehr glüdcseelig, sondern gantz unglücklich, also, daß er alles verspielet u n d kein Geld mehr hatte zu setzen. Wird dahero unwillig, und sagt aus Zorn: Ich glaub, du seyest der Teufel! worauf dieser ja, du hast es errathen, und weilen es nimmehr zimlich spat, so ist es Zeit, daß wir voneinander gehen: nimmt zugleich diesen armseeligen Menschen und führet ihn mit sich durch das Hauß-Dach hinaus, daß man andern Tags von seinem Leib nichts mehr gefunden, als die Unterlassenen Gedärm, abscheulich auf dem Dach liegen.

175. E i n j u n g e r E i n s i d l e r s i e h e t e i n für ein G a n ß an

Weib

Engelgrav schreibet von einem jungen Einsidler, welcher mit seinem Altvatter in die nächste Stadt gangen. Auf dem Weg erblidcet er gähling ein schönes Weibs-Bild, weil er aber vorhero sein Lebtag keines gesehen, ja gar nicht wüste, was ein Weib seye, fragt er den Alten, was dieses f ü r ein Thier? Ein Ganß ist es, folgete zur Antwort. Als beede anheim kommen, fangete dieser junge Noviz an bitterlich zu weinen, und wolt doch mit der Ursach dessen nicht hervor, biß er endlich mit allem Ernst gefragt wurde? da sagt er mit den Poeten: Nescio, quid teneros oculos mihi fascinat ambos. Ich weiß nicht, was meine Augen also haben eingenommen: an gestern habe ich in der Stadt ein Ganß gesehen, diese gefällt mir so wohl, und liegt mir jetzt stets im Sinn, daß ich heut wiederum eine sehen möchte: ach liebster Vatter, ein Ganß, ein Ganß möcht ich haben. E r bekam aber hierauf einen guten Verweiß und emsthafft Verboth, seine Augen hinfüran besser innen zu halten und dergleichen Gänß nicht mehr anzusehen.

176. E i n G e i t z h a l s

i s s e t sein G e l d im

Haber-Muß

Joannes Nider schreibt, daß ein Burger zu Costanz am Bodensee ein zimliches Stuck-Geld erhauset, wolte doch niemand darum wissen lassen, sondern als ein armer und Mittelloser Mensch bittet er in das Spital unter die armen Pfründner aufgenommen zu werden, welches ihm auch vergönnet worden. D a wolte dann dieser Geitzhalß bey dem Wasser und spißigen Haber-Muß sein Leben zubringen, ehe er seinen Schatz angriffe, und ihm eine bessere Nahrung schaffte. Endlich ist er in seine letzte Kranckheit gefallen und vermerckte bald, daß sein Ende des Lebens vorhanden. W a r dahero sehr sorgfältig, wie er seinen Schatz mit sich in die andere Welt kunte mitnehmen:

Ein Mönchsmärlein — Geizhälse — Die Hexensalbe — Ein Dieb verrät sich

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begehrt dahero mit grosser Ungedult, man solt ihm geschwind ein Haber-Muß kochen: als ihm nun dieses für das Bett gebracht worden, und er vermeynte, niemand zugegen zuseyn, hat er sich von dem Bett so gut er kunte, aufgehebt, das Muß vor sich gesetzt, den Geld-Säckel unter dem Polster hervor genommen, die Groschen, Funffzehner und alle andere Geld-Sorten, wie Brocken Brod in das Muß geworffen und dieselben gantz begierig mit sammt dem Muß, solang und viel hinein geschluckt, biß er gantz unglückseelig daran erstickt ist. So schreibet auch Stengelius von einem andern dergleichen Geld-Narren: Dem als die Seel, wie man zureden pfleget, schon auf der Zungen läge, wolte er nichts von einer Beicht, Reu und Leid, nichts von einer Bekehrung hören: sondern, nachdem er die Geistlichen von sich gejagt, hat er seinem Weib befohlen, sie solte ihm eine grosse Schüssel voll Ducaten vor das Bett bringen, in diese ist er hernach mit allen vieren hinein geplatzt, die rothe Fuxen, als wie auf einen Renn-Platz herumgetummelt, und seufftzete beynebens eines seufftzens: Tu meum numen es, tu spes mea, tu vera voluptas; quicquid deblaberent sacerdotes, a te uno opem exspecto. Endlich fahret der unseelige Mann mit dem gantzen Kopff hinein, als wann er einen jeden Ducaten küssen wolte, biß ihm endlich seine verruchte Seele aus dem verdammten Rachen heraus und in dem Abgrund der Höllen denen Teufeln zugefahren. 177. M i t e i n e r Z a u b e r - S a l b e n

einen Wagen

geschmiert

Wann man schmiert, so gehets, das weiß der Baur, wann er vor die Obrigkeit muß, das weiß der Fuhr-Mann auf dem Lande, das wissen die Hexen bey ihrer Schwartz-Kunst. Und von diesen letzten allein zu reden, schreibt Delrio, daß der böse Feind die Zauberer unter andern Sachen auch lehre aus dem Marek der umgebrachten kleinen Kinder eine Salben zu machen, mit der, was sie immer anschmieren, alles gering und leicht mache. Wie dann in den Traur-Geschichten des Rosetti zu lesen ist von einem Knecht, dessen Frau eine Zauberin war, und in einer Büchsen dergleichen Salben, darneben auch in einer andern Büchsen Schmeer hatte. Als nun einsmahl der Knecht den Wagen zu schmieren von der Frau das Schmeer begehrte, und sie ihm selbiges aus der Büchsen zu nehmen schaffte, ergrieffe er unbedachtsahmer Weise an statt der Schmeer-Büchsen die andere Büchsen mit der ZauberSalben. Kaum aber daß er den Wagen damit an den 4 Achsen geschmiert, wurde der sonst so schwere Wagen so ring, daß er sidi von der Erden in die Höhe erhoben, auf und davon fliegen wolte, also daß der Knedit mit aller Macht ihn bey der Deichsel zuruck halten und ziehen muste. 178. E i n S c h n e i d e r k o m m t m i t s e i n e m wunderlich auf

Diebstahl

Stengelius schreibt, es hab ihm einer erzehlet, daß er in Österreich einen Schneider gekennt, welcher in seinen jungen Jahren dem Meister 50 fl. entfrembdet, und sich damit aus dem Staub gemacht; er wanderte seinem Hand21*

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Placidus Taller

werck nach unterschiedliche Länder durch, und kein Hahn krähete mehr nach diesen Diebstahl, blieb aller Orthen verborgen. Endlich hat sich dieser Schneider-Gesell in einer gewissen Stadt des besagten Österreichs nieder gelassen und sich ansässig gemacht, wurde alldort Meister, und triebe das Handwerck in die 50 Jahr, biß in das hohe Alter hinein. Einsmahls hat sich dieser alte Meister, der schon zimlich kindisch war, denen Kindern, da sie eben aus der Schul giengen, auf der Gassen zugesellet und mit ihnen kurtzweilet. Unter andern nahm er einem das Täfelein aus der Hand, fangt an mit der Kreiden, die er bey sich hatte, etliche Buchstaben auf das Täfelein mehr zu sudeln, als zu schreiben, dann er kunte weder lesen noch schreiben: brachte doch endlich so viel Buchstaben zusammen, daß etliche aus den Kindern dieselbe gantz deutlich lesen können, und zwar dieses Inhalts: Ich bin ein Dieb. Den Kindern wäre mit diesem erst recht geholfen, fangten an den Schneider auf öffentlicher Gassen für einen Dieb auszuschreyen, so lang biß es endlich gar der Obrigkeit zu Ohren kommen, welche gleich nach dem Schneider geschickt, ihn examiniert, ob dem also, was die Kinder von ihm aussagen? es müsse was an der Sache seyn, dann die Kinder und Narren sagen die Wahrheit, auf welches dann der Schneider, theils vor Forcht, theils von dem bösen Gewissen angetrieben, gleich alles redlich bekennt, daß er vor 50 Jahren einen Diebstahl begangen, und seinem Meister 50 fl. entfremdt habe. Auf welche gütlich und freywillige Bekanntnuß ihm alsobald der Process gemacht, daß er innerhalb wenig Tagen an den lichten Galgen aufgehenckt worden. Dieser hat freylich vermeint, er habe in der Diebs-Kunst ausgelernt, aber auch nach 50 Jahren seines gemachten Meister-Stucks, muste er noch in seinem hohen Alter ein hohen Galgen-Schwengel abgeben. 179. E i n s t e r b e n d e r B a u e r v e r m a c h t einen Weinberg

seinen

Kindern

Reich werden gehet langsam her, braucht Zeit und Weil, kost Schwitzen, Sorgen, Mühe und Arbeit. Man erzehlet von einem Bauern, der mehr Kinder als Kreutzer in dem Vermögen hatte. Als dieser in das Todt-Bett kommen, und allgemach sterben wolt, rufft er all seine Kinder zu sich, und redet sie also an: Liebste Kinderl, es ist nunmehr die Zeit kommen, daß ich von diesem mühsamen Leben zu der ewigen Ruh, wie ich verhoffe, werde abgefodert, und mich von euch scheiden muß, kein Erbtheil kan ich euch hinterlassen, ihr wisset mein Armuth, der eintzige Weinberg ist übrig, von dem wir uns bißhero ernähret und erhalten haben, diesen vermach ich euch; entdecke euch zugleich, das was ich jederzeit in geheim gehalten und keinem Menschen geoffenbahret, daß nemblich in diesem Weinberg ein nahmhaffter Schatz verborgen ligt, grabet also in der Still fleissig nach, so werdet ihr denselben finden, und sammentlich bald reich werden. Als er dieses ausgeredt, griffe er in die Zügen, und ist gottseelig entschlaffen. Diese letztere Wort ihres sterbenden Vatters haben ihnen die Kinder lassen gesagt seyn, fiengen gleich an in dem Weinberg

Der Schatz im Weinberg

— Von der Titelsucht — Maler und Kaufmann

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zu graben, und nicht aufzuhören, biß sie den gantzen Weinberg aller Orthen durchgraben und umgerissen. Sie haben aber nichts von einem Schatz gefunden, sondern dieses Grundstuck durch das Graben also gut und fruchtbar gemacht, daß es überaus reich und schöne Trauben gebracht. Und eben dieses hat der Bauer verstehen wollen, da er seinen Kindern von einen verborgenen Schatz geredt hat, daß nemlich, wann sie in diesem Weinberg unverdrossen graben und arbeiten werden, so werden sie denselben zu einer solchen Fruchtbahrlichkeit bringen, daß sie eben so reichlich ihre Lebens-Mittel haben solten, als hätten sie einen Schatz gefunden . . .

180. E i n B a u e r h e i s s e t s e i n e n L a n d s - F ü r s t e n Jesus Christus Lächerlich ist, was ich liese von einem Bauern, der sein Häußl nicht weit von einem Wald hatte. Als einsmahls der Land-Fürst in selbiger Revier auf einer Jagd begriffen, und kein andere Gelegenheit hatte, das Mittagmahl einzunehmen, gab er Befelch, solches bey gedachtem Bauern zuzurichten. Indem nun die Hof-Bursch voran kommen und der Bauer gehört, daß ein Kuchel-Bub den andern, ein Stall-Knecht den andern einen Herrn scheitete, wie man diesen Ihro Gestreng, jenen Ihro Gnaden, den dritten Ihro Excellenz hiesse, gedenckt er bey sich selbst: Mein Gott! seyn dieses nicht grosse und hohe Titl, was werd ich wohl dem Fürsten selber, wann er ankommt, für einen geben müssen, wann seine Diener mit so hohen Praedicaten prangen? ich weiß, was ich thun will, unser Herr Gott ist auch ein grosser Herr, kan nicht fehlen, wann ich dem Fürsten unsers lieben Herrns Nahm gibe, besser zuviel als zu wenig. Da der Bauer mit sich also Rath pflegte, kommt der Fürst daher geritten, empfangt den Bauern mit diesem Gruß: Grüß Dich Gott Bauer, worauf dieser mit seiner Resolution hervorruckt und geantwortet: Danck euch Gott, Herr Jesus Christus.

181. E i n g e i t z i g e r K a u f f m a n n v o n e i n e m lächerlich ausgezahlt

Mahler

Stengelius schreibt von einem reichen Kauffmann, der bey einem Mahler sein Contrefait angefrümmt, und pactieret, ihm ein solche Bezahlung zu geben, daß er könne zufrieden seyn, wann er ihn ad vivum exprimiren werde. Der Mahler thut das Seinige, ergreifft den Pensei, tragt auf die Farben, fangt an zu mahlen, und hat in kurtzer Zeit das Bild verfertigt, daß jedermann, der es gesehen, bekennen müssen, ja, dieses sey der andere Kauffmann. Als aber das Bild dem Kauffmann eingehändiget und die Bezahlung gefodert worden, reuete diesen Geitzhalß das Geld. Damit er sich der Bezahlung befreyen möcht, gibt er vor: es sehe ihm nicht gleich, das Contrefait sey nicht wohl exprimirt, habe sein Gesicht, seine Gestalt nicht, treffe mit dem Original

326

Placidus Taller

nicht übereins, erkenne es also keineswegs für sein Contrefait, und mithin sich zu keinem Schuldner, solte dahero das Bild wieder zurudc nehmen und dasselbige gleichwohl verhandlen, wie er könn und möge. Der Mahler diesen Geitzhalß auszuzahlen, nimmt das Gemähl mit sich, tragts nach, hauß, mahlet demselben ein Narren-Kappen auf den Kopf, zugleich auch lange Esel-Ohren, mit grossen Schellen behengt, und hanget es also zum Fenster aus, jederman vor die Augen. Ein jeder, der es ersehen, stunde vor selbigen still, sich verwunderent, daß sich der Mahler unterstanden, diesen guten Herrn so spöttlich zu entwerffen, und aus einem so vornehmen Kauffmann ein Narrn zu machen. Dieses Gericht ( = Gerücht) ist durch die gantze Stadt Antorff auskommen, daß man in allen Gässen singte und sagte: wie schön dieser Kauffmann bey dem Mahler mit seiner Narr-Kappen prangte. Das Geschrey kommt endlich auch zu dem Kauffmann selber, der sich dann alsbald zu dem Mahler begeben, sich hoch beschwehrt, was er ihm da für ein öffentlichen Affront anthue. Dieser entschuldigte sich, sprechend: der Herr werd sich noch wohl zu erinnern wissen, wie daß mir derselbe dieses sein Contrefait heimgeschlagen, mit vermelden, daß selbiges ihme keineswegs gleich sehe, folgends sein Contrefait nicht seye, da es doch jedermann dafür erkennen müssen: Nun hab ich damit nichts anders anzufangen gewust, als das Bild in solche Gestalt zu setzen, in welcher es am besten zuverkauffen wär, geschieht also dem Herrn kein Unbild, weil dieses nach selbst eigner Bekanntnuß sein Contrefait nicht ist. Mit diesem must sich der Kauffmann abfertigen lassen, und wolte er in dieser Bildnuß nicht länger verspott werden, muste er den Mahler bezahlen, die Taffei mit sich und den Leuthen aus den Augen nehmen.

182. E i n W i r t h m i s c h e t W a s s e r u n t e r d e n

Wein

Es ist nicht gut zehrn in solchen Wirthshäusern, wo man den Wein mit der Wasserstang schlagt und das Tranck verfälscht. Wie gewest ist jener Wirth, bey dem sich ein Weinhandler von Ulm hat angemeldt, ob er keinen Wein kauffe? praesentiert zugleich den Kost-Wein, so dem Wirth gleich geschmäckt, und alsbald um etlich Eimer des Kauffs eins worden, den er auch baar ausgezahlt. Ehe aber der Weinhändler Abschied genommen, fragt ihn der Wirth, was er vermeinte, wieviel er Wasser unter den Wein schütten dörffte, daß dieser gleichwohl noch gut verbleibe? dieser versichert, daß ein jeder Eimer 7 Maß Wasser wohl leide, also daß die 24 Eimer (dann so vil seyn erkaufft worden) 168 Maß ausmachen. Das wäre dem Wirth ein gute Zeitung, wischet alsbald über das Vaß her, giesset die 168 Maß hinein, und macht den Spund wieder zu. Nach etlichen Tagen kostet der Wirth den Wein, findet aber, daß dieser völlig verderbt und die Wassersucht im höchsten Grad bekommen habe. Beklagt sich dahero bey dem Weinhandler, daß er ihm ein so üblen Rath gegeben, so schändlich angeführt und gesagt, daß von seinem Wein jeder 7 Maß Wasser ertrage. Nun hab er gefolgt, und den Wein gantz und gar verderbt. Guter Freund, sagt hierauf der Weinhandler, ihr müst mich

Den Wein zweimal gewässert —• Von einem einfältigen Doktor

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recht verstehen: ich hab gesagt, daß jeder Eimer Wein 7 Maß Wasser leide, und das ist wahr, sage es noch, habe aber niemahl gesagt, daß ein Eimer 14 Maß ertragen soll. Ihr sollet wissen, daß ich zuvor, als ich euch den Wein eingehändiget, denselben schon getaufft habe, und auf jeden Eimer 7 Maß Wasser in das Wein-Vaß gegossen, und daß es gelitten, ihr solt aber kein Wiedertauffer gewest seyn, und das andermahl 168 Maß darein gegossen haben, das ist zuviel, 14 Maß Wasser kan der Eimer Wein nicht gedulten, gebet dahero nur euch selber die Schuld, daß ihr den Wein verderbt h a b t . . . 183. E i n u n g e s c h i c k t e r D o c t o r s p r i c h t e i n e m das L e b e n ab

Bauern

Ein junger Doctor, der mehr Stroh als H i m unter der Paruquen hatte, da er gesehen, daß ihm der Herr Medicus, bey dem er practicirte, bey jederman einen sehr grossen Ruhm gemacht, dieweil derselbe von solcher Erfahrenheit, daß er durch das blosse Greiffen der Pulß-Ader dem Krancken allzeit zusagen gewust, was er für eine Speise genossen, und folgends, ob ihm zu helffen oder nicht? da wolte der junge Practicant dieses Geheimnuß auch wissen: hielte dahero bittlich an, mit Versprechung eines schönen Recompens, und ewiger Geheimhaltung, ihme dasselbige zu offenbahren. Der Herr Doctor, nicht wissend, ob dieses Begehren mit Ernst oder Schimpff beschehen, lächelt hierzu und sagt: er nehme diese Gefahr des Krancken keines wegs ab aus der Pulß, sondern wann ihm auf dem Boden unter der Bettstatt Schelffen von Mellonen oder Kürbiß, von Aepffeln oder Bim und dergleichen ungesunden Schleckwerck in die Augen kommen, könne er leichtlich erachten, daß der ligerhaffte Mensch etwas solches geessen, und also sein Übel vermehret hätte. Das junge Herrl war mit diesem Bescheid zufrieden, vermeinte, was er für ein Geheimnuß erlernt habe, und als er bald darauf zu einem Bauern beruffen worden, der an der Gelbsucht kranck läge, greiffet er gleich nach der Pulß, sähe aber unter dessen auf den Boden, und erblickte unter der Bettstatt einen alten Fuhr-Sattel. Gleich brach dieser ungeschickte Leib-Artzt hervor: dem Krancken wäre nicht mehr zu helffen, er werde von disem Geliger nicht mehr aufstehen, sondern bald sterben. Die Umstehende verwunderten sich an diesem so schnellen Urtheil des Tods, als sie vermeynten, die Gefahr noch so groß nicht zu seyn, und wolten die Ursach wissen, warum er doch dem Patienten das Leben so frühzeitig abspreche? darauf antwortete der Herr Medicus, der Krancke habe sich mit einer Speiß überladen, die da unverdaulich, und ihme gar gewiß in gantz kurtzer Zeit das Hertz abdrucken werde. Dieses kunten die Leute noch weniger fassen, und verlangten begierig zu wissen, was doch der arme Tropff müsse geessen haben, daß ihm so schädlich seyn solte? sie wüsten nichts dergleichen in dem Hauß zu finden, welches so vergifft wäre und einen in Gefahr des Lebens setzen möchte. Damit derohalben die Anwesende aus dem Wunder möchten kommen, sagte der ungeschickte Doctor zu ihnen: Ob es dann nicht wahr seye, daß der Bauer ein

328

Placidus

Taller

gantzes Roß gefressen habe? Uber diese Rede erhebte sich bey allen ein grosses Gelächter, und begehrte jederman mit grossen Verlangen den Ausspruch zuvernehmen: warum der Herr Doctor eine so spitzfindige Antwort auf ihr fürwitzige Frage geben hätte? darauf dann dieser mit zusammen gezogener Stirn gantz hochmüthig in seinem Sinn die weise Rede mit diesen kurtzen Worten an die umstehende verfaste: Ihr habt keineswegs Ursach midi auszulachen, als der ich die Medicin bestens verstehe, und schon lang mit höchstem Ruhm practicire, auch den Statum Morbi dieses Krancken von dem Fundament aus erkenne; recht hab ich geredt, daß der Patient ein Roß gefressen, dann ich siehe noch den Sattel von selbigem unter seiner Bettstatt liegen, den er übrig gelassen, und welchen er eben sowohl mit sammt den Roß hineingeschluckt hätte, wenn ihm derselbe nicht zu zäh und hart wäre gewest. Ist dahero kein Wunder, wann schon diesem Menschen von so ungewöhnlich grober Speise der Magen zerschnellete. Also endete er seine Rede, und kunte damit die Schellen unter dem Doctor-Hütel nicht länger verbergen.

184. E i n p r a h l e r i s c h e r

Doktor

zuschanden

gemacht

. . . Schweiget stille, spreche ich noch einmal, ihr leere Prahler, haltet das Maul, sonst werden andere redend und machen euch vor allen zuschanden. Wie es ergangen ist jenem aufgeblasnen Doctor zu Wien, von welchem Drexelius schreibet, daß er hochmüthig vorgeben, er sey in allen Sprachen aufs vollkommenste erfahren. Diesen zu confundieren besuchte ihn ein Pater der löblichen Societät, sagend: Er habe in einem Buch einen Text gelesen einer sehr fremden Sprache, bittend, er wolle ihm denselben verteutschen. Gibt ihm zugleich den Text auf ein Papier geschrieben, und lautet also: Sufrab neheg sneg, lhist leffel mural muril. Kaum hat der stoltze Doctor diese Wort gelesen, alsbald kam er mit der Dolmetschung hervor und saget: Dieses sey eine Arabische Sprache. Der Pater lächelt hierauf und saget, ihm seine prahlerische Ignoranz zu zeigen, er wolle diese Wort zurück lesen, so heissen sie also: Lirum Larum Leffel Stihl, Gänß gehen Barfuß. Wormit der weise Herr zuschanden worden.

185. E i n A d v o c a t n i m m t S c h m i r a l i e n

ein

Ich lese von einem Bauern, der ihm rathen lassen, daß wann er wolte seinen Handel gewinnen, solle er nur dem Doctor die Hände schmieren. Diesem Rath zufolgen, nimmt der Einfalt einen Krug voll Oel, gehet damit in des Doctors Hauß, und giesset ihm selbiges über die Hände ab. Als dieses die Frau sähe, und des Bauern Intent wohl merckte, lächelte sie und sprach.: Er habe zwar sehr weißlich gethan, daß er ihrem Herrn die Hände geschmieret, allein es wäre gut, daß er auch ein Stüde Leinwand brächte, um damit die schmutzige Hände abtrucknen zu können, so er auch fleißig gethan.

Der Sprachgelehrte — „Schmieren" wörtlich genommen — Der alte Brautwerber 186. E i n A l t e r w i r b t u m e i n j u n g e s

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Mägdlein

Unser hodiwürdiger P. Ignatius Trauner in seinem ersten Dominical erzehlet von einem alten 90jährigen Dätl, der zwar von grossen Mitteln, doch wegen des leidigen Podagra sich stets des Betts bedienen müssen. Diesen kam einstens ein Lust an, sich mit einem jungen Mägdlein zu verehligen: schickt dahero seinen Kammer-Diener aus, alle Mägdlein, wann sie an einem Feyertag aus der Predigt giengen, wohl zu beobachten, und die schönste, wann sie auch schon keinen Heller hätte, anzureden und selbiger die Heyrath anzutragen. Der Kammer-Diener kommt diesem Befehl nach, findet aus allen Jungfrauen eines armen Zimmermanns Tochter die schönste und Holdseeligste zu seyn. Dieser eröffnet er das Hertz und Gemüth seines Herrn, begehrt sie für ihn zu einer Braut und künfftigen Hauß-Frauen, schwätzet auch derselben wohl vor von den grossen Reichthumen und Vermögen, dessen sie ein eintzige und völlige Erbin seyn wurd, wann ihr angehender Ehe-Herr, der schon bey hohen Alter, das Zeitliche seegnen solte; und so fern sie seinen Worten nicht glauben wolle, ihr nur belieben zu lassen, selbsten von allen den Augenschein einzuhohlen. Das Mägdlein kunt sich um dieses so groß und unverhoffte Glüdc nicht genugsam bedancken, folgt dem Diener auf dem Fuß nach in die Behausung seines Herrns. Er eröffnet ihr anfänglich den Wein-Keller, der mit so häuffig und kostbaresten Wein angefüllet war, daß das Mägdlein glaubte, kein Gastgeb in der gantzen Stadt sey also reichlich mit Wein versehen. Es sagt ihr aber der Kammer-Diener: Meine Jungfrau, glaubet mir, dieses ist noch nichts. Nicht weit von dem Keller war ein Gewelb, in welchem stunden 30 grosse Kübl mit Schmaltz; da ist gut hausen, gedenckte bey ihr selbst die Zimmermanns-Tochter, da kann man ein geschmaltzene Suppen haben; muste aber widerum von dem Diener hören: Jungfrau, das ist nichts. Sie gehen miteinander die Stiegen hinauf, da stunden schon alle Zimmer offen, mit den kostbaresten Tapezereyen und Mobilien ausgeziert, daß dem Mägdlein hierüber das Hertz lachte. Der Laquey aber sagt: Jungfrau, das ist nichts. Er eröffnet ihr etliche Truhen mit schönster und klarester Leinwand gefüllt, worüber sich die Jungfrau hertzlich erfreuet und gedenckt, hier könnt sie dem Bräutigam ein stattliches Braut-Bett und Braut-Hemmet nach genügen machen. Der Kammer-Diener aber sagt abermahl: Jungfrau, das ist nichts. Er weiset ihr den Silber- und Geld-Kasten, über welches sich das Mensch wiederum nicht gnug verwundern können; muste aber endlich auch diesesmal hören: Jungfrau, das ist nichts. Endlich kommen sie in das Wohnzimmer, allwo die Tafel mit dem besten Confect übersetzt war. In der Kammer läge der krancke Herr zu Bett und kunte in die Länge das Husten-Aechtzen nicht mehr verhalten. Die Jungfrau fragte den Diener, wer dieser sey? kommt aber bald die Antwort: Jungfrau, das ist eben der Herr, den ihr heyrathen sollet, aber glaubet, das ist nichts, heut ist er gantz wohl auf, es gehet oft viel änderst mit ihm her. O mein Gott! sagt hierauf die Jungfrau, wann das nichts ist, so ist auch unsere Heyrath nichts, behüt mich Gott. Also sagte sie und gieng zur Thür hinaus.

330

Placidus Taller 187. S c h e r t z - u n d

Schwanck-Lugen

( 1 ) Ein Lügner ist gewesen jener, welcher sich gerühmet, wie er einsmahls neben einen Fluß geritten, und als er ein grosses Fisch-Garn mit Fischen angefüllt gesehen, hab er ein solche Lust zu den Fischen bekommen, daß er mit dem Pferd in das Wasser gesprengt, etliche Fisch zu fangen, sey aber durch Unglück von einem grossen Fisch sammt dem Pferdt und Sattel verschluckt worden. Lange Zeit hernach haben etliche Fischer diesen Fisch gefangen, und wie sie denselben aufgemacht, exenteriret, und den Kopf gespalt, da sey er in dieses Fisches Kopf noch zu Pferd gesessen, und h a b e dem Pferd die Sporn gegeben, daß er Spomstreich herausgesprengt und den geraden Weg frisch und gesund nach H a u ß geritten. Dieser Fisch muß ja freylich grösser gewesen seyn, als des Jonä, weil er einen so ungeheuren Stock-Fisch verschlucken können. Sey ihm aber, wie ihm wolle, so ist es doch wahr, daß dieser lauter faule Fische in ihm gehabt. ( 2 ) Ein anderer hat f ü r eine gewisse Wahrheit ausgeben, daß er einsmahls in Westphalen die Nacht-Herberg in einem Wirthshauß genommen, worinnen auch 2 Metzger waren, welche in dem Bett liegend in dem Schlaff also geschnarcht, daß einer mit dem Schnarchen die Kammer-Thür aufgezogen, und der andere wiederum zu; daß also die Thür die gantze Nacht auf- u n d zugangen. ( 3 ) Ein anderer hat ausgeben, wie daß er auf dem Meer einen Schiffbruch erlitten, wo alles zu Grund gangen, ausser er, des Schwimmens wohl erfahren, sey 5 Wellische Meil wegs unter dem Wasser geschwummen, auch inzwischen 3 Pfeiff Toback getruncken, so behutsam, daß ihm der brennende Lunden unter dem Wasser nicht ausgelöscht. ( 4 ) Abermahl ein anderer hat aufgeschnitten, wie er im hohen Sommer über das grosse Gebürg Bononiae gereist, habe daselbst einen Fehltritt gethan, daß er eine gute Teutsche Meil wegs hinunter gefallen, unter währendem Fall sich 2413 mal umgekehrt (dann er habs fleißig gezehlt) und doch nicht ein eintziges Venetianisches Glaß, deren er 36 in der Rantzen hatte, gebrochen. ( 5 ) Diesem hat im lügen nichts wollen nachgeben derjenige, welcher erzehlet: es habe ihm einsmahls im Böhmischen Wald ein Wild-Schwein solcher massen nachgestellt, daß er endlich gezwungen worden, hinter einen Baum zufliehen, daß Wild aber sey so starck den Baum angeloffen, daß es mit den Zähnen oder auf Waidmännisch zu reden, mit den W a f f e n durch und durch gedrungen: und weil er eben einen Neiger oder Bohrer bey sich gehabt, hab er geschwind mit solchen durch die Zähn gebohrt, ein Loch gemacht, einen starcken Nagel darein geschlagen, und also das Schwein angehefft, daß es sich hab müssen gefangen geben. ( 6 ) Schier noch besser aufgeschnitten haben jene zwey, deren einer erzehlet: er hab in Indien eine Kraut-Stauden gesehen, welche so groß war, daß 300 Mann darunter stehen können: Ich aber, sagt der andere, hab in Britamen gesehen ein kupffern Kessel machen, woran 200 Gesellen gearbeitet, die so weit voneinander gewest, daß keiner den andern klopffen gehört. Als sich der

Pfeif, das heißt

aufgeschnitten

331

erstere über die Grösse dieses Kessels verwunderte und fragte: zu wem er doch müsse angesehen seyn? sagte dieser: die Kraut-Stauden, so du gesehen hast, darinnen zu kochen. ( 7 ) So seyn auch ihrer drey gewest, die in die Wett gestritten, welcher in der Geschwindigkeit den andern übertreffe? der erste sagte: ich bin so geschwind, daß ich einen Haasen im völligen Lauff alle Haar könne abschneiden, und scheeren wie ein Schaff. Der andere rühmet sidi: daß er schon vielmahls einem Pferd unter währendem Calopp ein Hufeisen aufgeschlagen. Der dritte war ein Fechter, erzehlet: wie er einsmahls zu Winter-Zeit unter währendem Schneyen, da häufiger Schnee gefallen, unter freyem Himmel mit einem gefochten, also schnell und behend das Gewehr hin und wieder geschwungen, daß nicht ein einiger Schnee-Flocicen auf ihm gefallen. Welcher unter diesen dreyen der geschwindeste, weiß ich nicht, dieses weiß ich wohl, daß alle drey ausgemachte Lugner gewest. Dergleichen Schertz- und Schwandc-Lugen höret man aller Orthen . . .

Marcellianus Dalhofer Er war Franziskaner, nach dem Jahr seiner Approbation 1677 zu schließen, etwa um 1655 in München geboren. 1678 trat er in Regensburg sein Predigtamt an, ging zwei Jahre später nach Landshut, 1684 zum erstenmal für kurze Zeit nach München. Von 1685 an versah er elf Jahre lang die Domkanzel zu Freising, 1696 wurde er als Guardian nach Ingolstadt berufen, ab 1698 war er wieder für längere Zeit in München. Daß er als Kanzelredner besonders geschätzt war, beweisen die vielen Gelegenheitspredigten zu festlichen Anlässen, Leichenbegängnissen hochgestellter Persönlichkeiten usw. 1705 wurde er zum Concionator generalis erhoben. Zwei Jahre darauf, am 6. März 1707, ist er in Landshut gestorben. Es wird von ihm berichtet, er sei von solcher Frömmigkeit erfüllt gewesen, daß ihm jedesmal die Tränen in die Augen traten, wenn er von einem Verbrechen hörte. Größten Widerwillen habe er „gegen die laszive Kleidertracht der Frauenwelt" gehabt, „ja einmal einer Frauensperson, die ein weitausgeschnittenes Kleid trug, von der Kanzel herunter sein Sacktuch zugeworfen mit der Aufforderung, sie möge sich bedecken". Dalhofers Hauptwerk ist ein Sonn- und Feiertagszyklus in zwei Bänden von zusammen über 2000 Seiten, „Areolae oder Garten-Bethlein, bestehend aus unterschiedlichen Blumen . . ." (1687—89). Außerdem brachte er, neben zahlreichen Einzelpredigten, eine kleinere Sammlung von Marienpredigten, „Virgo Nazarea oder die Jungfrau von Nazareth, bestehend in ain und zwantzig Fest-täglichen Marianischen Lobreden . . ." (München 1695, XII u. 376 S.) zum Druck, schließlich 1701 seine „Miscellanea", einen wiederum recht stattlichen, zweiteiligen Band gesammelter Gelegenheitspredigten, darunter auch die „Joco-Seria oder Schimpff und Ernst", die speziell „pro die Lunae post Pascha" bestimmt waren und im Dom zu Freising auch gehalten worden sind. Dies ist bemerkenswert, da Dalhofer gemeinhin einen ernsthaft-getragenen Predigtstil pflegt und weder sprachlich noch stofflich Konzessionen an das Kirchenvolk macht. Nur in seinen Ostermontagpredigten bekennt er sich zum Gebrauch des Märleins. Da entfaltet er allerdings ein Erzählertalent von skurrilem Humor und spart nicht mit witzigen Details und deftigen Ausdrücken. Lit.:

BAADER 1 / 1 , 2 1 0 ; KOBOLT I, 1 4 9 ; MINGES 1 4 6 ; BERNARDIN LINS, G e s c h i c h t e d e s

ehem. Augustiner- und jetzigen Franziskaner-Klosters in Ingolstadt, Ingolstadt 1920, 110f. (mit Bibliographie); DERS., Scriptores provinciae bavariae fratrum minorum 1625—1803, Florenz 1954; E. MOSER-RATH, Münchner Volksprediger der Barockzeit, in: BayerJbfVk 1958, 90 ff.

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Fuchs und Wolf: Der Fuchs stellt sich tot

188. O s t e r - M ä h r l

von e i n e m s c h l a u h e n und einem W o l f f

Füchslein

Es fienge einest um aller Heiligen Tag schon an zu winteren, eine Zeit, wo die Gänse zum besten auff die Tische gebrattener auffgesetzt werden; da dann ein Baur, neben anderen, ein halb duzet Gänse auff seinem Wagen in die nägste Statt, auff den Marckt führte; disen sähe von weitem ein Fuchs, und bekäme Lust zu solcher Leckerey, umb diß destomehrer, weil er diese Vögel schon berupfft zu seyn vermerckte. Für ein solches Frühe-Stuck wagt er ein Stücke!, so nit jedem zu rathen. Er luffe dem Bauren den Weeg ab, und legte sich mitten auff die Strassen, worüber die Fahrt geschehen muste. Der Baur, weiln er zimblich nahend zu disem Sebalde gekommen, in Meinung er schlieffe, fangt an, mit seiner Gaisel ain oder anderen Streich, auff den Beltz ihme zu geben; welches er aber, mit einer resolvierten Gedult, außgedaurt, also, daß der Baur in den Wahn geratten, der Fuchs müsse für Kälte und Hunger verreckt seyn, dessen Balg ihme gleichwohl zu Nutzen bekommen möchte. Dahero stige er von dem Pferdt, ergriffe den Fuchs und schwänge ihn auff den Wagen, guter Hoffnung, es werde der Kirschner auff Mittag ein faiste Suppen ihme zahlen müssen. Der Fuchs unterdessen gebrauchte sich der Gelegenheit, unnd liesse ihm die Gänse wol schmecken. Hinten auff dem Wagen läge ein Kalb, so sehr stardc anfienge zu blähren, und den Bauren zum absteigen genöthiget, welches der schlauhe Fuchs wol beobachtet und 2 der übrigen Gänsen in die Schnautzen gefasset, ohne danck dir Gott von dem Wagen gesprungen und außgerissen. Der Baur sähe dises Spill alsobald und schrye: Fuchs Fuchs! er verluffe sich aber, ohne eintzige Antwort, und eylte mit diser Beutte in seine Höhle. Wie ihm der Baur disen Bissen werde gesegnet haben, ist leicht zu erachten. Der Fuchs hatte unterdessen abgeladen, und gieng, Lust halber, auff das Feld, da er dann einen gantz Zaun-dürren unnd außgehungerten Wolff angetroffen, so dem schlauhen Füchslein seine Noth gantz wehmüthig geklaget. Der Fuchs lächlete mit vermelden, es geschehe ihme sciion recht: warumb er nit auch seine Witze und List gebrauche? ihne belangend, habe er ein wohl gutes Frühemaal heunt eingebracht. Und erzehlte ihme den vorigen Verlauff, mit Rath, er wolle ihme belieben lassen, auch ein Stückel zu wagen: zu welchem End er ihme den Bauren zeigte, mit Versicherung, er habe die beste Gelegenheit, neben den übergeblibnen Ganß-Bißlein auch wol deß Kalbes Herr zu werden. Durch sothane Striche ward der Wolff überredet, rennt dem Bauren vor, unnd lägerte sich in einem Hol-Weeg, durch welchen der Baur seine Fahrt nemmen müssen. Da läge dann der Zaun-dürre und schwache Wolff, mit allen Vieren außgestreckt, ähnlicher einem Todten als Lebendigen. Der Fuchs striche hinten nach, umb dises Spills ein Zuschauer zu seyn. Kaum bekamme der entrüste Baur disen Gast in die Augen, da grieste er denselben auff gut Bäurisch; dessen doch der Wolff nichts sich anfechten ließ. Der gewitzigte Baur stige behend vom Pferdt, kehrte die

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Marcellianus

Dalhofer

Gaisel umb, und schlüge den Wolff zwischen der Ohren, daß ihm das Gesicht darob vergangen; gleichwol hielte der Wolff den ersten Sturm auß. Ha, Wolff! sprach der Baur, du Teuffei, willst mich auch für einen Narren haben, wie der Fuchs; daß ihms der Teuffei gseng! Mit disen erhebte er abermal seinen Gaisel-Stab und pauste nach aller Schwäre auff den Kopff zu, daß man die Gebain hätte krachen hören mögen. Er hielte bißhero, doch mit einer eysener Gedult; jedoch, weiln er Lebendig auff den Wagen zu kommen verzweifflete, auch dergleichen Schlappen bereits nur gar zu gnug hatte, also gedachte er, das beste zu seyn, wann er den Außriß, gleichbald, ergreiffen und sich dises groben Baurens wurde loß lauffen; so er auch mit wehmüthigem Geheule gethan; doch kaum, weiln ihme allzustardc der Kopff täumlete, ins Werck setzen mögen, dem aber der erzühmte Fuhrmann mit etlichen, in der Eyl erhebten Steinen und tausend Fluchworten das Geleit gegeben, und einige so wol an die dürre Rippen glücklich angebracht, daß der arme Schlucker bald auff dem Platz geblieben. Er luffe so gut als ers möchte, der Baur folgte, und verluffe sich dergestalten, daß dem Fuchsen jetzt ein unverhoffte Gelegenheit zustusse, die übrige Gänß-Reliquien zu erhaschen. Nemblich, Duobus litigantibus, tertius gaudet. Also auch da. Der Fuchs wagt ein Sprung auff die alte Tafel, schlickt, nach aller Eyl, so lang ihm das Tempo favierte, da er noch zum Glück ein paar getigenes Fleisch-Scheitter erblickt, und mit denselbigen, weil der Baur den Wolff verjagt, und gantz erzürnet, zurudc, gescholten unnd dem Wagen nahend gekommen, Angesichts des Baurens außgerissen. Wie dem Bauren zu Hertzen gewesen, ist leicht zu ermessen: nichts mehr reuete ihn, als daß er auch ainmal von dem Pferdt abgestigen und mit seinen Wagen-Rädern dises paar Gänß-Dieb auff der Statt nit gerädert hatte; so hätte er ja seine Gänsel behalten. Nach etlichen Tagen stusse Fuchs und Wolff abermal zusamen, der dann jenem sein unglückseliges Fouragieren wie nit weniger die unerleydentlich Kopff-Stöß wehmütig geklaget unnd umb Rath sich bey dem Fuchs befraget, so ihme folgendes, dem Ansehen nach gar wol gemeint, eingerathen. Der Baur hat, sprach der Fuchs, ein Weib, so ein gar böses Kind hat; ich hab sie offt, da ich die Gänß- unnd Hennen-Steige visitierte, sprechen hören: Schweig Görgel, oder ich laß dich den Wolff fressen! Da du dann, wann du mir folgst, und dich dahin bemühen willst, ein gutes Bissel erhaschen kanst. Da er ankamme, war eben der kleine Görgel sehr ungestüm, also, daß ihme die Mutter mit dem Wolff getrohet; der dann schon gegenwährtig und bey der Stelle wäre. Als er aber vermerckte, daß die Mutter mit dem Buben Freund worden, auch deß Wolfis keine Meldung mehr beschahe, also gedachte er, mit Gelegenheit, in den Wald zu kehren. Als er aber zu lang verweylte, ist der Baur auß der Statt gekommen, unnd den Gast erblicket, kam er in aller Still mit einem Tremmel und bewillkommte disen Gesellen dergestalt kräftig, daß er, weiln er die Hand schon kannte, unnd selbige jetzt nit mehr nur mit einem Gaisel-Stecken, sondern groben Schlögel bewaffnet sähe, ohne Erwahrtung besserer Gelegenheit, sich eylfehrtig, halb lahm geschlagen, sal-

Der Wolf geht fischen

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viert hat. Der Baur betheuerte seinem Weib, daß dieses der jenige Wolff gewesen, der nägstens schon Lust an das Kalbe gehabt habe; er werde jhm so bald nit mehr kommen. Die Bäurin sagte, sie wollte lieber dise Stösse dem Fuchs gewunschen haben, als welcher Zweiffels ohne in disem Spill, absonderlich in den Feder- und Gänß-Gefecht, durch List den Meister gespült, unnd das beste, nemblich ihre Gänsel darvon getragen. Der Baur erwiderte: Halt, ich will es ihm ein andermal, wan er sich wider in den Weeg legt, besser gesegnen! Die Bäurin sprach: er wird dir auff solche Weiß nit mehr kommen. Wer wird der Fuchsen Betrüg zu gescheid werden? Oder der Weiber Listen, sprach der Baur; Und der Bauren Schaldcheit, sprach die Bäurin. Der Wolff käme noch einmal zu dem listigen Fuchsen, unnd suchte Hülff. Der ihme dann brüderlich gerathen, er wolle sich hinfüran deß Hennen- und Ganß-Fangs enthalten, weiln er zimlich, durch so vil Stösse unnd lang erlittenen Hunger geschwächet seye: wann ihm aber ein Essen Kärpffen schmödce, so wolle er ihn fischen lehren, so ihme leicht zu thun seyn werde, angemerdct der Wolff mit einer kräfftigen Angel-Schnur (vermainte deß Wolfis Schweiff) von Natur versehen. Besagter Baur, sagte er weiters, hat in der Nähe einen Weyer, so jetzt zwar zugefrohren; doch hat er an mehr Orthen eine Oeffnung, den Fischen zum Lufft-Fang und Besten, außgehauen, um welche sich die allerschönste dreypfündige Karpffen enthalten. In dise Eyß-Ritzen dann, bey Nächtlicher Stille, wirffe deinen Schweiff, und beharre, biß ein Fisch beisset, alsdann ziehe was du magst; so wirst dein Conteno erhalten. Schau aber, daß du dises Secret bey dir dein Leb-Tag behaltest; dann dises Stückel ein Fuchsen-Stückel, unnd wenigen anderen bekannt ist. So gienge nun der blinde Wolff zu Nachts-Zeit auff das fischen auß. Aber Gott gesegne dirs Bad, mein Wolff! dann sihe! er würfft den Angel ins Wasser; weiln ihm aber nach langer Gedult kein Fisch wolte beissen, beynebens auch die Trescher mit ihren Trischlen in höchster Frühe begunten Lärmen zu machen, also gedauchte ihn, Sicherheit halber, allda nit mehr Stand zu halten, sonder auff künfftige Nacht in Hoffnung bessers Glücks seine Fischerey auffzuschieben: will also eylends darvon, aber diser Abzug ward ihm wenigstens gestattet. Dann die Schnuer (der Wolffs-Schwaiff) wäre dergestalt bey nächtlicher Kälte in dem Wasser eingehärtet und verfrohren, daß er denselbigen außzuschlingen wie hoch er sich bemühete, nit vermöchte. Es gedauchte ihn, es müssen in disem Weyer mehr als dreypfündige Kärpffen zu finden seyn, weiln ein so grosser, dem Ansehen nach, muß angebissen haben und an der Schnuer hangen gebliben, daß er ihne außzuziehen nit genug Kräfften habe, der doch, bey jüngeren Jahren, auch wol ein grosses Schaaf oder Kalbe zu tragen vermöchte. Unterdessen werden die Dorff-Hunde auch munter, so den Wolffs-Geruch spührende, dem Fisch-Dieb zugeeylet, und mit ihren gesambten Gebüll so lang zugesetzet, biß die Trescher Fürwitz halber auß der Treme geloffen und den Augenschein einnehmmende, dem Bauren schleunigen Nachricht ertheilet. Welcher dann mit dem alten Tremmel zugeloffen und so lang auff den Wolffs-Kopff geklopffet, biß er ihme die Seele außgeklopffet.

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Marcellianus

Dalhofer

189. D e r e i n f ä l t i g e E s e l von dem a r g l i s t i g e n F u c h s e n b e t r o g e n Der Fuchs, als das listigiste Thier, sollte, auß Königlichem Gehaiß und Ordre, dem Löwen als einem König aller Thieren einen Esel nach Hof bringen, durch dessen Todt und genossenes Hirn der kranddigende König, auff Mainung seiner Hof-Grossen, müste curiert werden. Der Fuchs begibt sich auff dise Rayß, findt einen Esel auff der Wisen, und sprach zu ihm: Mein Herr Esel, was machst du da? warumb begehst du dich nit nach Hof? Die Antwort folgte: Ich behelffe mich auff diser Wisen, so gut als ich kan, und weiß nit, was der Hof ist, und begehr auch nit zu wissen. Der Fuchs sprach: Nichts wissen ist nit gut, aber nichts begehren zu wissen, ist noch vil ärger. Warumb verwiderst du dich, an das Orth zu ziehen, wo die Thiere verständig werden, da man grosse Ehr und Gut erlangt? Der Esel widerspräche zwar eine Zeit; doch warde das lustige Hof-Leben so listig von dem schlauhen Fuchs vorgebildet, daß er seiner Wisen gute Nacht sagte, unnd mit dem Fuchs nach Hof angelanget. Weiln nun jhme allerhand Complimenten von den Hoffherren erwisen wurden, der König selbst auch mit einem lieblichen Blick jhne begrüsste, als(o) bekäme er Lust, in disem Herren-Orth auff ewiglich sich zu setzen. Weiln aber er, nach kurtzer Zeit merckte, daß der König immerdar tückisch und auff der Seyten ihn ansahe, als(o) bildete er sich nichts guts ein. Namme in der Stille sein Abschid, unnd rennte, in vollem Trab, nach seyner alten Wisen. Man merckte den Außriß deß Esels gar bald; also must der Fuchs noch einmahl die Mühe auff sich nemmen und einen Versuch auff den Esel wagen; so ihme Anfangs gar nit glücken wollte; weiln er doch, bey Fuchs-Versicherung den Edelmann-Titul für sich unnd das gesambte ehrbare Esels-Geschlecht dem Esel versprochen, also hat er sich überreden lassen unnd ist das andere mahl nach Hof gezogen. Da dann der Low nit mehr so lang mit der Execution und würcklicher Fürnehmung zu harren, sonder alsobald mit dem Esel zu verfahren gedachte; welche Mainung und endliches Außsehen deß tückischen Löwens von dem Esel bemerckt, absonderlich da der Low mit seinen Klauen ihme zu nahend kommen, derentwegen ihne zu einer eylfertigen Flucht anspornet, und auf seine alte Wisen geführet. Der Low war dessen gar übel zufriden; langte noch einmahl bey dem Fuchsen an, zu sehen, wie er den plumpen Esel auch das dritte mahl nach Hof zu kehren bereden möchte. Der Fuchs vermeynte zwar, durch allerhand List und Stricke auß disem Negotio sich außzuschlingen, doch wegen Beförchtung Königlicher Ungnad inuste er sich noch einmal brauchen lassen, so auch geschehen. Der Esel wolte im wenigsten diesem Schleicher mehr Antwort, vil weniger die Folge geben, also, daß dem listigen Fuchs selbsten bey dem Handel angst wurde. Es Warden die Abschläge so vest gestellt, als der Vortrag der Listen deß anderen immerzu gedopplet. Welcher Gefahr der unbeglückte Esel leicht sich hätte entreissen können, wann er disem Lugner auff sothane Gestalt

Der Esel bei Hof — Verkehrte Welt

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das Gehör verweigeret, wie er gekehret hat dem König und dem Hof vormals den Rucken. Die gemachte Hoffnung eines fürnehmen Dienst hat endlichen bey disem Langohr fürgetrungen, unnd ihne, wider alle Gefahr, das dritte mal, nach Hof und so dan in den schleunigen Tode verreitzet. Was mach ich vil? der listige Fuchs käme, mit Aller Verwunderung, mit dem Esel nach Hof. Er wäre aber nit so bald erschinen, sihe, da berennte der Low denselbigen und würgte ihn, ohne alle vorgehende Warnung und Barmbhertzigkeit. Dem getreuen Fuchsen ward unterdessen das Ende dises hohen Geschäfftes anbevoldien: er sollte den Esel außweyden und das Esel-Hirn sambt dem Hertzen Ihro Majestet dem König überbringen. Es käme aber den Fuchs selbsten eine Lüste an, dise Speiß zu kosten, so ihme so wol geschmeckt, daß er Hirn und Hertz gefressen, den krancken König audi beredet, als habe der Esel weder Hertz noch Hirn bey sidi gehabt, mit vermelden, daß, wann er audi auß beyden nur aines gehabt hätte, so hätte er sich auß Ehrgeitz und Begirlichkeit zu grösserem Glück nit bereden lassen, zum drittenmal, bey Vorsehung seines erfolgenden Untergangs nach Hof sidi zu erheben. Seythero liset man nit, daß ein Esel, auffs wenigst ohne Müntz, alldorthin zu kommen mehr Lust gehabt habe.

190. U m b k e h r t e

Welt

Die Welt ist umbkehrt. Vor disem, fablet jener, hatte der Baur seinen Wohnsitz im Dorff; jetzt sitzt das Dorff im Bauren. Bey alten Zeiten waren die Städel in dem Heumonat voller Heu; jetzt ist das Heu voller Städel. Vor diesem hat man auß Milch den Käß gemacht; jetzt macht man auß dem Käß die Milch. Vor disem hat man mit Tröschlen die Garben getroschen; jetzt tröschet man mit Garben die Tröschel. Mit welcher Weiß zu reden diser ohne Zweyffel so vil wollen anfügen, daß die Welt umbgekehrt, und man heunt zu Tag mit jenem billig auffschreyen möge: O Tempora! O mores! Ein anderer Spitz-Verständiger und Klügler sagt: er wisse eine Stadt, in welcher die Mauren fallen, und die Wässer sich in die Höhe, und in die Lüffte sich auffstrecken; Die Thüme, wie Wasser fliessen, und die Schiff wie Thürne stehen; Die Krancke auff den Gassen sich erspatzieren und die Herren Medici kranck in dem Beth darnider ligen; Die Bäder erkaltet und die Garten schwitzen; Die Lebendige versauffen und die Todte, nach der Schwimm-Kunst einher schwimmen; Die Kauffleuth die Mußquetten tragen, die Soldaten den Ehlen-Stab; Die Alte den Ballen schlagen und die Junge hinter den Ofen hocken; Die Weiber im Feld den Männeren en chef das Commando ertheilen, die Männer aber bey der Kunckel und bey dem Spinn-Rad sitzen; Die Kinder ihren Elteren den Gehorsam befelchen und die Eltern gehorsamen; Die Diener und Diernen, oder Mägde im Hauß den Meister spillen, der Herr aber und Frau unterthänig auffwarten. O Umbkehrte Welt! 22

Moser-Rath

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Marcellianus

Dalhofer

191. D r e y S ö h n i n i h r e r F a u l k e i t

examiniert

Es mag wol ein Gedicht seyn, daß ein Vatter demjenigen auß seinen drey Söhnen das Erbtheil hinterlassen, welcher aus ihnen für den Faulsten wurde erkennet werden. Der erste sprach: Ich bin so faul, daß, wann ich meinen Fuß auff lauter glühenden Kohlen hätte, ich dannoch, auß lauter Faulkeit, denselbigen nit zucken wolte, unnd solte er auff das schmertzlichst verbrennet werden. Der ander sprach: Ich bin so faul, daß, wann ich den Würg-Stridc umb den Halß hätte, micii auch mit einem eintzigen Messer-Schnit vom Todt kundte los schneiden, ich dannoch, auß lauter Faulkeit, die Händ nit möchte umb das Messer zu ergreiffen, in den Hosen-Sack einschieben. Der dritte wollte das Prae in der Faulkeit haben und sagte: Ich bin so faul, daß, wann ich Rücklings zur Erden läge unnd die Augen offen hätte, es auch spitzige Nadlen regnete, ich dannoch die Augen nit wolte zuschliessen . . . 192. W i e e i n g e i t z i g e s W e i b das T e s t a m e n t i h r e s M a n n s a u s g e l e g t Ein Mann befahle seinem Hauß-Creutz, daß sie, nach seinem Hinscheiden, den Ochsen im Stall verkauffen und das erlöste Geld den Armen zukommen lassen sollte. In allweg, O mein hertzliebster Hans! sprach (sie) weinend, und versprach seine Appel. In allweg. Da er nun verschiden, führet sie den Ochsen nach Marckt, und ihre Katz mit ihm. Aber es hiesse: keines vom andern! Wer den Ochsen haben will, der muß auch die Katz kauffen. Sie botte den Ochsen feil umb einen Pfennig, die Katz umb eine grosse Summa. Nachdem nun endlich in solchen lächerlichen Contract sich ein Kauffer eingelassen, hat sie mit vor Geitz zitternden Händen und ungern den Pfennig Allmosen gegeben, die übrige Summa in den Beuttel für sich auff ein neue Hochzeit geschoben. 193. E i n

Jungfrau

zahlt

lächerlich

einen

Nacht-Vogel

Man sagt für gewiß, daß in einer hochfürnehmen Statt unsers oberen Teutschlands, nit längst, folgende possierliche List bey und an einer ehrlichen Jungfrauen vernommen und gerühmet worden. Ein kottiger Keffer verlangte die Tulipanen-Weisse dero Reinigkeit zu beschimpffen; dem sie, nach vilen Abschlägen, disen Vorschlag gegeben, mit vermelden: er werde sein endtliches Zill nit sicherer mögen erraichen, als wann er zu Nacht hinter deß Hauses über die Mauer wurde steigen: da sie dann seiner wahrten und ihne Liebhaber in einer Krätzen oder Korb bey dem Auffzug in ihre Schlaff-Cammer aufzuziehen fehrtig seyn wurde. In welchen Vorschlag der plumppe Unflat, in dem Sud seiner garstigen Passion, leicht eingewilliget. Der Hammer hatte bereits zehen Uhr geschlagen, da wäre diser schon über die Garten-Mauer, Mäuseistill, hinübergekrochen; die Jungfrau auch, mit ihrem Zug-Sail unnd Krätzen, von

Faulheitswettbewerb

— Das Testament — Freierkorb — Die Speckseite am Stadttor 339

oben herab gelassen, fehrtig. Der Handel und Einsitz, auch Zug gehet an unnd gewinnet seinen Pass: da er aber nunmehr, ihrem Bedundcen nach, die Mitte deß Luffts erraichet, sperret sie den Wind-Baum, unnd lasset ihn in seinem Krätzen mitten in der Luffte hangen. Er Lufft-Fahrer wußte nit die Ursach diser Sperr, schreyet also gantz still: Schatz, ziehe, ich bin jetzt gleich oben. Aber es liesse sich niemand hören. Da er dann lauter intonierte: Ursel ziehe! es ist der Handel gleich auß; aber alles war still. Auff welches er dann noch vernemblicher schrye: Närrin, zieh! um Gottes Willen, ziehe! alles umsonst; biß er endtlichen deß Betrugs merckend, seinen Krätzen voller Sacramenten eingescholten unnd die Herrschafft auß dem Schlaff erwecket hat: selbige schickte alsobalden umb den Gerichts-Vogt, so bald mit den Seinigen angekommen unnd disen Krätzen-Reitter mit Gelächter von dem Lufft auff die lang verlangte liebe Erden und sodann in das unbeliebte Stockhauß, umb ihme wegen seiner angemaßten nächtlicher Krätzen-Fahrt einen lächerlichen Process zu machen, übernommen. Dises Exempel ist possierlich und seilten. Jetzt seynd die Diennlein änderst gesittet; sie ziglen und ziehen ihre Ehren-Schänder gar hinauf . . .

194. E i n B a u r g i b t v o r , d e r H e r r i n s e i n e m H a u ß z u s e y n Sehr possirlich hat einest in einer Stadt ein Spöttler solches unter über sich belachet, indem er ein grosse Seyten Specks an das Stadt-Thor hat angeschlagen, mit folgendem Zettel und Worten: Wer im Hauß Meister und kein Sie-Mann, der nemme die Speck-Seyten hinweg! Vil Täge waren bereits verstrichen, da der Speck unberühret hangen blieben. Endlich kam ein Baur eylend angeloffen, erwischte die Speck-Seyten und wolte mit darvon. Aber hola Baur! wo willst du mit dem Speck hin? Weißt du nit, daß selbige dem jenigen zugehörig allein seye, welcher Herr in seinem Hauß ist? Freylich, antwortete der Baur, weiß ich es; dahero, weil ich im Hauß Herr bin, so gebühret der Speck mir. Man sagte ihm aber, daß wann disem also, so solle er ihne gleichwol hinweg nemmen, doch aber, daß er ihm nit etwann genommen wurde, unter dem Kittel verbergen. Da versdinadcelte sich der Baur sprechend: Behütte mich Gott! ich möchte das Hembt darmit schmutzen, was wurd mein Bäurin darzu sagen? Es hiesse aber gleich geschwind Baur, geschwind Baur, geschwind mit der Speck-Seyten her! und henck sie wider an ihr Orth! du mußt nit Herr in deinem Hauß seyn. Der gute Corydon hoffte mit disem Speck auff ein lange Zeit sein Kraut und Rüben zu schmaltzen; aber er mußte ihn wider hin hencken, wo er ihn genommen. Die Speck-Seyten soll noch hencken. Haec vir & hic Mulier, &c.

195. E i n b ö s e s W e i b

wird lächerlich

gebessert

Ein gewisser N. hatte an sich ehelich gebracht eine, dem Schein nach, nit weniger tugendsame, als auch fürnehme Fräule. Er glaubte auch glückseelig 22*

340

Marcellianus

Dalhofer

zu seyn, weilen dise Ehegattin die fünf P. P. P. P. P. an sich zu haben versichertes Muthmassen gegeben hat. — Teneat P. quinque puella. Sit Pia, sit Prudens, Pulchra, Pudica, Potens &c. Sothane fünf P. haben gleichwohl unseren N. ut octo schlimm betrogen. Was von einem bösen Weib bißhero angebracht worden, mag wohl dieser Caja sich, par tout, gesamblet haben. Man suchte nach allen möglichen und höfflichsten Hilffs-Mitteln einmahl von solchem Creutz sich loß zu reissen. W i e ? Der Patron liesse währendes Mittag-Mahls einen Schreiner ruffen, und befahle ihm eine Wiegen zu verfertigen, welche gleichwol 3 Ehlen lang und 1 Ehlen breit seyn solte. O Narr (vergebet mir! spräche Caja) zu was eine solche abentheurische Wiegen? Solte ich Kinds-Mutter gewerden, zu was eine solche Wiegen? Mit sothanen, wie wohl in etwas durch ihre Parenthesin und zwischen-Rede corrigierte Worten, spränge sie von der Taffei hinweg, und fienge an gegen die Wiegen zu strepitieren . . . Unser Caja murmelte in ihrem Cabinet wider die Wiegen. Es wäre ja! besser ein Wiegel als ein Wiegen? Warumb ein Wiegen? und zwar 3 Ehlen lang und 1 breit? Diß muß ein Narr seyn. Der Herr mußte sich billig schämen, wegen deß annoch gegenwärthigen Schreiners, (dann der Cajae Wort wurden wohl-hörlich vernommen) und spräche: O du böses Weib! Meister Schreiner macht mir die Wiegen! Was? replicierte die Madame. Was? was? ich soll ein böses W e i b seyn? Ich? ich? daß ihr es wisset; ich bin in 14 Bruderschafften eingesciiriben. Ich? ich? ein böses Weib? Wer sihet dich an einem Werdetag in einer Meß? Mich wohl, dich niemand. Ich beichte schon 7 mahl N. zu Ehren deß N. Was thust du Partiten-macher! Was? Ich ein böses Weib? Ich bin von so gutem Geschlecht als du nimmer. Deines Vatters Vatter hat manchem ehrlichen Cavallier sein Pferd beschlagen, als ein Schmidt. Meine VorEltern seynd Doctor-mässig, und nachgehends geadelt worden vor mehr als 99 Jahren . . . D u bist mir wohl ein Rath. Zu was ein Wiegen 3 Ehlen lang? und 1 Ehlen breit? O närrisch. Der ehrliche Herr dissimulierte und schickte dem Schreiner einen Lackeyen nach, mit Ersuchen, morgens die Wiegen fertig zu haben, und umb paares Geld in das Schloß zu liffern. Darauff legte sich unser Gecreutzigte schlaffen. Aber sein Creutz stürmbte in ihrem Cabinet auff und ab. Was? Ich? O Narr! eine Wiegen 3 Ehlen lang und 1 Ehlen breit. Dises wäre solches bösen Weibs ihr Metten und nocturna biß nach der Terz, nach welcher der Meister Schreiner mit seinen Gesellen in das Schloß angekommen und redlich alles gelifferet. Die Beschliesserin ward unterdessen befohlen, den Strohsack, Windeln, Fätschen, die Ober-Decke, sambt anderen in parato zu halten: Nach welchem der Herr sein böses Weib in besagte Wiegen legen, ja, schliessen liesse. Der gröbiste Bauren-Knecht in der gantzen Herrschafft warde befelcht, solches abentheurische Kind zu wiegen. Das Wiegen-Band wäre ein grosses WagenSail. E r hatte bey Stockschlagen gemessene Ordre, unauffhörlich, wie die Jodeln pflegen, das bekannte Puppeja, Mereja! disem ehlichen und zwaintzigjährigen Kind anzusingen. Schad war es, daß man den Knecht nit recht hat

Die böse Frau in der Wiege — Hl. Jungfrauen

prügeln einen Ehemann

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hören mögen, dieweilen das Kind in der Wiegen weit, weit, sothanen Coridon und Bauren-Limmel überscholten und überschryen. Ja! biß solcher Mopsus sein Eia Puppeja, wills Kindel nit schweigen! zu Ende gebracht, warden von dem unruhigen Kind 29 mahl Eja mein Schelm, ich will dich schon finden, lebendig will ich dich lassen schinden, widerhollet. Die alte Köchin Dorothe kahme mit einem Muß-Pfändel und Koch-Löffel, so dem Pfändel gleich. Das Kuchen-Mensch wahrtete auff mit einem Schnuller. Aber bis dato wäre das Kind noch nit gescheid worden. Helff dir Gott mein Dorothe! Helff dir Gott mein Kuchel-Mensch, wann das Kind zu seinen Jahren wird kommen und gescheider werden! Der Herr wolte sein Liebste noch mehr beschämen, also lüde er auff ein Mittag-Süppel seine und der Frauen Befreundte, ergriffe unter wehrender Maal-Zeit ein hohes Glas mit Wein und bracht es einem anderen zu in Gesundheit seiner Hirn-Krancken und damider ligenden Krancken. Kaum hatte er das Glaß angesetzt, da ward die Cammer-Thür geöffnet, und liesse sich die grosse Wiegen sambt dem eingepuppelten Kind sehen. Der BaurenKnecht mit seinem grossen Wiegen-Band zuge seinen Feder-Kercker mit solcher Ungestimme, als thäte er Sturm leitten, und sänge darinn seine obiges Puppeja! Eja Puppeja! Wills Kindl nit schweigen, ich will dir jetzt bringen Zucker und Feigen, Puppeja, Mareja! Die alte Dorothe wartet auch auff mit ihrer Muß-Pfannen und Koch-Löffel, das Kuchel-Mensch deßgleichen stunde mit ihrem Schnuller. Was dises für eine Comoedy werde gewesen seyn, kan sich ein jeder besser einbilden, als ich da außdrudcen. Sie wurde auch ihres Arrests nit ehender entlassen, als biß sie alle Besserung versprochen. Der Herr auch im Beyseyn ihrer und seiner Befreundten betrohete seine Frau, daß sothane Wiegen hinfüran das Zucht-Hauß seyn werde, so offt sie wider einen Rumor und Zanck anzufangen sich vermessen werde, denen Dienern warde gleichfalls befolchen, daß, so offt er schreyen werde Kerls zur Wiegen! sie ungesaumbt und gesambter Hand seine Zanckerin greiffen und in die alte Wiegen schliessen solten. Aber es wäre nit mehr vonnöthen. Angemerckt, sie Engel-fromm mit allen, und zu forderist mit ihrem Herrn sich accommodiert hat. Da habt ihr die Kunst, wie ihr ohne Prigl und Stoß auß euren bösen Weiberen könnet fromme Engelein machen. Die Wiegen hat solche Krafft. Probatum est.

196. K u n s t a u ß b ö s e n M ä n n e r n E n g e l z u m a c h e n Folgendes Joco-Serium habe ich bey einem gelehrten Italiener (aber mercke, daß ich Miscellanea schreibe!) gelesen. Ein Jüngling, Nahmens Mulart, so mehr Falschheit auff der Zungen, als auffrichtige Liebe in seinem JudenHertzen geheget, hatte sich nach langer Auffwart, Liebkosung und Versprechen der schönsten Jungfern eine mit Nahmen Philirose ihme eigen gemacht. Philirose vor disem, als eine Göttin angebetet, must bald nach ihrer Ehe-Stifftung an ihrem Mulart einen wilden Minotaurus erfahren. O Wetter-Haan! er er-

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zeigte sich gegen diesem schönen Bild einen Schlegel-Zweig, ja! AmboßBruder. Wann ich ihn nenne einen Werff-Narren, einen Schlag-Narren und Stoß-Narren, so hab ich diesen Mulart ein wenig abgepemselt. Wie die natürliche Rosen nechst an dem Knopff, so wäre Philirose bey einem Ertz-Knopff. Wann er nit Mulart hiesse, möchte man ihn wol Pontius Pilatus heissen, unter welchen dise schöne Creatur gelitten und gecreutziget worden ist. Pfuy Mulart schäme dich! ist Philirose deine vorige Göttin, so du also creutzigest? Das zarte Velum ihres Angesichts hast du vilmahl zerrissen und beyde Luminaria und Augen so offt verfinsteret und verfensteret? Gib acht, daß nit einstens die Todten aufferstehen und dich also abknitlen, daß man nit ehender als vor 6 Wochen sagen darff: Surrexit. Pfuy Mulart, schäme dich! . . . Was solte man nun von dem Mulart sagen, und wie ihne betitlen, welcher die Ellende und überall Verlassene nit nur einmahl sonder öffter mit aller Feindseeligkeit abgetroschen. Jenes Vexier-Liedel, so ein eingeschworner Weiber-Feind und dem ungehobleten Mulart gantz ähnlich, wider alle schuldige Liebe, nach der Melodey: Komm heiliger Geist mit deiner Gnad! componiert hat, wäre die Regul sothanes Unmenschens, nach welcher er sich verhielt, sänge und den Tact mit seinen Bauren-Fäusten darein gäbe. Aber weiter! Die Nachbarschafft wäre sothanes immerwehrenden Gepolders und Hülff-schreyens urdrüssig und untersagte ihme den Unfug; aber man verschlimmerte diesen Handel nur mehrers. Er rühmete sich und sagte, er schlage sein Weib nur mit seinem Rosenkrantz; aber danck ihms der Hencker! Er hat keinen anderen Rosenkrantz als seine Fäust, dann er bettet seine Sach durchgehends an den Fingeren. Gleichwohl haben einest einige gewise behertzte und stardce Jungfrauen, drey an der Zahl, theils auß Eyffer und Liebe gegen dem Geschlecht, theils auß Haß sothanes groben Verfahrens getriben ein lächerliches Hülff-Mittel außgedacht, zu der Philirose sich heimblich verfüget, solches mitleydig vorgetragen. Liebste Frau Nachbarin, sprach die ältere, wir haben ein hertzliches Mitleyden mit eurem Hauß-Creutz und hassen billig und weh-kläglich die unzimmende Tyranney eures unbarmhertzigen Wütterichs. Wann ihr nit Philirose euch nennen thätet, solte man euch nit ohne Fug den Nahmen Margareta geben können, weilen ihr ein so gifftigen Lind-Wurm an der Seyten führet. Folgt unserem Rath, und wann er heunt seinem Gebrauch nach wohlräuschig nach Hauß gewacklet, last uns dreyen die Thür offen, so bald er nun seine Tröscherey wird anfangen, so legt euch zu Füssen, und schreyet den Himmel umb Hülff an. Schreyet: OHeil. Catharina erbarme dich einer so Ellenden und mehr als Sclavin. O H. Agatha, eyle mir zu helffen! O H. Dorothea, höre mein Wehklagen, und erledige mich einmahl von disem Creutz! Lasset hernach nur mich und meine Schwesteren den Handel außführen. Bey disem hat es nun sein Verbleiben. Spat in der Nacht packlet und juchtzget Mulart nach Hauß, in welchem voller Sorg die Philirose auffgewartet. Allwo bald Lärmen geworden und unsere 3 Amazones ad arma forderte, welche mit knospeten Prüglen armiert

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Ostermärlein vom betrogenen Hühnermann

und in Gestalt obiger 3 HH. Jungfrauen verkleydet sich eingefunden, und Posto gefasset. Haben auch nach kurtzer Wart zu den Streichen kommen können. Mulart schlagt jetzt schon um, daß das Feuer auß den Augen spritzt mit den Thränen. O H. Catharina schreyet sie, erbarme dich einer so Ellenden und mehr als Sclavin! O Heil. Dorothea! O H. Agatha helfft! Da dann vorige 3 Jungfrauen in weissen Röcken und Schlaiern verkleydet und verdeckt in das Zimmer behertzt eingefallen, den groben Minotaurus Mulart bey den Haaren zu Boden gerissen. Zwey hielten den Feind, die dritte fulminierte Bastoni, und so lang auff ein Orth, biß daß sie Blut sähe. Die übrige Zwey feyrten auch nit, sondern jede mit ihrer ledigen Hand schlüge, stoßte auff die Nasen, auffs Maul, risse das Haar auß. O weh den armen Mulart. E r schrye und batte umb Verzeyhung. O HH. Jungfrauen! Auweh! Gnad! Gnad! Ich bedancke mich diser Heimbsuchung! Auweh! Gnad! von keinem andern litte ich es per Dio! nit. Ach! umb Gottes Willen, H. Catharina, hilff! ich nimme es für bekannt an. Aber es halffe nichts. Jetzt kehren sie ihn umb, und schmeissen ihm den gantzen Ruckgrad mit vilen widerholten Schlägen an. Ach ist dann keine Gnade bey euch zu hoffen! Auweh, auweh! ich will gut thun. Schencket, auweh! schencket mirs, auweh! auweh! schencket mirs nur dißmahl. Die beyde Waden an den Füssen werden endlich auch Blau geklopffet. Behüte dich Gott, mein Philirose! jetzt wird ich dich nit mehr schlagen. Behüte dich Gott, mein Schatz, auweh! ich stirbe. Ach! darauff hat sich dises Frauen-Zimmer in aller Still verlohren. Das Wunderlichst ist, daß Zeit solcher Execution durch keine auß den Dreyen, weder einen Lacher, weder einiges Wort verlohren hat. Mulart vermöchte sich nit von Boden auffzuheben, sondern spräche: O mein H. Weib! O daß ich dich nicht ehender für heilig hab gehalten! O du mußt vil bey der H. Catharina gelten! O komm mein Schatz, laß dir die Füsse küssen! O ich sag dir Danck, daß du nit gar die H. Ursula mit ihren 11 000 Jungfrauen zur Hülff geschrien! Sie wären ohnfählbar kommen. Ich hätt müssen auf dem Platz bleiben. Mein Lebtag, mein Lebtag bin ich niemahl also gepriglet worden. Die Groß-Heilige hat Händ wie Bley. Mein Lebtag! Mein Lebtag! Mein Schatz, sags halt nit auß, es tranck mein Lebtag kein ehrlicher Mann kein Gläsel Wein mehr mit mir. Philirose gebraucht sich auch deß Tempo, und bedrohet ihn, bey nächsten Ruhr und seinem Ubelverhalten St. Ursula mit ihrem gantzen Jungfrauen-Heer über ihn herab zu fordern. Auff solche Weiß ist dieser Mulart auß einem Minotaurus ein Engel worden und also geblieben. Vil Glück, Philirose! der Handel hat gerathen. Der Mulart war ein Engel. Nach 6 Wochen ist er das erste mahl wider an Tag kommen, sagend und klagend: es hab ihn der Gewalt Gottes troffen.

197. O s t e r - M ä h r l

von

einem

betrognen

Hünermann

Cappus ein Haubt-Kerrel und Ertz-Vogel, mir best bekandter Freund, hat unlängst einen Hünermann (einen, so sein Gewerb mit Hünern treibt) Namens Simpulum haubtsächlich ertappt, gespassig überlistet, und aller Hennen vast

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Marcellianus Dalhofer

auff einmahl beraubet. Cappus verfügte sich zu einem Oberen eines mir bekandten Closters, ihme bedeutend, wie das sein Vötter Simpulus lange Zeit in einem sehr üblen Stand sich befunden, nit gebeichtet und der Höllen eben darumb stracks in den Rachen geloffen. Nun so hab er, mit der Gnad Gottes, so vil bey ihm außgewürckt, daß er sein sündiges Leben zu besseren und so gar ein General-Beicht abzulegen, Gott seye Danck! sich resolviert habe. Also seye er Cappus da Bittens, Ihro Hochwürden möchte so gütig seyn, sich dises irrigen Schäffels vätterlich anzunemmen. Morgen will ich ihne meinen Vöttern in die Closter-Kirchen lifferen, auff daß er seine Sarcina einest ablegen und sich mit seinem liebsten G O T T rechtschaffen außsöhnen möge. Unmaßgeblich aber wäre sein, deß Cappi Rath, wann Ihro Hochwürden ihne seinen Vötter im Closter Beicht hören wollte, theils wegen vermuthlicher Länge der Beicht, anderen, so etwann auch zu beichten Willens, nit überlästig zu seyn, theils, damit selbe durch eyfferige Ermahnung ihme nachtrücklicher zu zusprechen bessere Gelegenheit haben möchte. In allweg, replicierte der Obere. Ich will ihn so gar in meine Cellen führen, und meiner Seiths nichts ermanglen lassen. Auff welche Vertröstung sich Cappus demüthigst bedanckt und nächst Kussung deß Scapuliers deß Oberen Abschid genommen. Kaum wäre der morgige Tag angebrochen, da fände sich Cappus mit einigen Trägern bey dem Meyrhoff deß Simpuli, sagt ihm an statt deß obgedachten Oberen einen guten Tage, wie auch, daß er ein paar 100 Hennen für ein nächst künfftiges hoches Fest vonnöthen habe, welche er Simpulus, ihme Cappo, als deß Closters Schaffner behändigen solle, umb durch gegenwärthige Träger an ihr Orth gleich lifferen zu können. Simpulus soll mit ihme nach dem Closter sich verfügen, und die paare Bezahlung jetzt gleich für 200 Stucke abhollen. Wer wäre frölicher, als eben der gute Simpulus. 200 Hühner Warden jetzt schon in die Steigen geschlagen und dem bewußten Closter zugetragen, welche Cappus und Simpulus unter allerhand Reden begleitheten. Vor der Kirch-Thür macht Cappus die Träger halten, weilen sich nit gezimmet, so vil Hennen in das Gotts-Hauß hinein zu tragen. Ihro Hochwürden sein Herr werde alsbaldige Anschaffung verfügen, daß sie an das gehörige Orth übernommen wurden. Kaum waren dise letztere Wort dem Simpulum in das Ohr gesprochen, da er ihne mit vermelden daß seine Hochwürden vermuthlich jetzt Beicht sitze, mit sich in die Kirchen hineingeführt. Cappus nahet sich andächtig zum Beichtstuel und bedeutet dem Herren Oberen seines Vöttern Gegenwart, welcher sich alsobald auß dem Beichtstuel erhoben unnd ihne Hennen-Mann Simpulum freundlichst nach sich in seine Cellen eingeladen, so gleich gefolgt, guter Hoffnung, die Bezahlung seiner 200 Hennen abzuhollen. Nach welchem Cappus auß der Kirchen entschlichen, und die Hennen allzugleich in ein Orth tragen lassen, wo man weder ihne noch die Hennen mehr erfragt hat. Dises alles hat mir der Lustmann Cappus, wie ihr da angehört, selbst erzehlet. Sehet was die Lugen für reich erspriessende Effecten nach sich ziehen! Aber höret, wie es dem Simpulo in der Cellen deß gedachten Herren Oberen ergangen, wie mir, als ein Evangelium, erzehlet worden ist.

Ostermärlein vom betrogenen

Hühnermann

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Der Herr Obere ward nun mit dem Simpulus in die gestriges Tags abgeredte Cellen gekommen, allwo er sich in einen Sessel darnider gesetzt und dem Simpulo nider zu knien befolchen hat, mit Freund-Vätterlichen Vermelden: wiewol er Simpulus gethan, daß er nach so lang übel geführten Leben durch die Gnad Gottes in sich selbsten gangen und sich zu einer rechtschaffenen Beicht entschlossen habe. Kniet nur nider, mein guter Freund! Was? replizierte der Hennenmann, was? ich beichten? wer ich? ich soll ein sündiges Leben geführt haben? ich Pater? was ich? ich bin ein ehrlicher Mann. Ich handle mit Hennen. Ich will mein Geld für meine Hennen, so euer Schaffner heunt hat abgehollt. Ich bin ein ehrlicher Mann. Mithin luffe er die Cellen auff und ab und widerhollte öffters: was ich Pater, ich führe kein böses Leben. Was ich, Pater? der Pater antwortete und sprach: ey Sohn, seyd gebenedeyet und kniet: wie? habt ihr so geschwind euere gute Fürsätze über Hauffen geworffen: kniet und beichtet. So ich euch was schuldig bin, will ich nach der Beicht schon mit euch zu recht kommen. O liebster Sohn, lasst euch vom Teuffei nit betrügen, gehorchet der Stimme des Herren, so euch gnädiglich daher geruffen hat. Was Büß, erwiderte der Hennenmann? Ich suche mein Geld für meine Hennen. Wann zahlt man mich einmahl? O Pater, ihr ärgert mich! Ich sage es noch einmahl, ihr ärgert mich! Ja wohl nit, antwortete der Obere, ihr, liebster Sohn ärgeret mich, weilen ihr euch vom Teuffei lasst übermeistern und ihm Glauben gebt, als wär ich euch schuldig. Ist es dann jetzt Zeit, da, wo ihr zu beichten gekommen, die Schulden zu forderen? O liebster Sohn . . . kniet und beichtet! ich will euch alle Liebseligkeit erzeigen. Der Hennenmann käme wider zur Rede und sprach: für wen, Pater, haltet ihr mich? für wen, frag ich? Ich bin der Hennenmann, so euch meine Hennen verkaufft, und will mein Geld haben. Darauff ergriff der Obere ein Crucifix und sagte voller Eyffer: ich beschwöhre dich durch Christum den gecreutzigten, daß du die Gelegenheit, dich zu GOTT zu bekehren, nit mehr ausser acht lassest! und dir vermaledeyter Teuffei, der du solchen Gewalt brauchest über dise arme Seele, daß sie so ellendiglich aberwitzet, und durch das eytle Interesse gantz unsinnig geworden, dir, O vermaledeyter Teuffei, befilche ich, daß du alsobald abweichest. Vicit Leo de tribu Juda: fugita partes adversae! Ach mich Unglückseligen! schrie der Hennenmann weinend auf. Ich suche mein Geld und soll vom Teuffei besessen seyn: O mich Unseligen! Ich glaub vilmehr, der Teuffei habe meine Hennen hin. Aber sagt mir Pater, habt ihr nit euren Schaffner zu mir geschickt, so 200 Hennen von mir musste abforderen für euer Closter? eben diser hat mich zu euch in die Kirchen geführt und euch meine Ankunfft bedeuttet. Er versicherte mich der Pater werde mich mit sich in die Cellen führen und alldort die Hennen bezahlen. O nein, antwortete der Herr Obere! mein Freund, gestert kam der verlogene Lecker zu mir, mit Vermelden, wie daß sein Vetter in üblen Stande sich befinde und sich zu einer wahren Beicht resolviert habe, mit Bitte, ob ich ihne als heunt möchte unter mich nemmen und die Beicht innerhalb meines Closters anhören. O! jetzt mercke ich, daß er ein Betrüger seye. Mein Freund, mir ist leyd umb euch: ich sorge, diser

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Vogel hat alle eure Hüner hinweg. W o hat er sie hingeliefferet? der Simpulus replicierte, er hat selbige bis zur Kirchen tragen lassen, mich in die Kirche eingeführt, umb daß ich möchte alsobald bezahlt werden. O weh meiner Hennen! Ach 200 Hüner! jetzt bin ich schon am Bettel-Stab. Ich will sehen, ob ich den Betrüger etwan erfrage. Aber er fragt noch darnach . . .

Johann Laurenz Heibig Er war Weltgeistlicher, geboren am 12. März 1662 zu Bischofsheim (Rhön), studierte in Fulda und Würzburg und begann 1685 mit dem Titel eines Lizentiaten der Theologie seine Laufbahn als Kaplan in Dettelbach. 1688—90 war er Pfarrer zu Geiselwind, danach kurze Zeit in Hüttenheim, dann zu Marktseinsheim und Iphofen. 1700 wurde er schließlich als Stadtpfarrer von Kissingen und Dechant des Landkapitels Münnerstadt für mehr als 18 Jahre seßhaft, nun bereits Doktor der Theologie und ein offensichtlich angesehener Mann, da er zum hochfürstlichen Würzburger Geistlichen Rat erhoben wurde. 1718 übernahm er die Pfarrei Haßfurt und das Dekanat des Landkapitels Gerolzhofen. Er starb am 24. Juni 1721. Heibig hat eine Reihe umfangreicher Predigtwerke hinterlassen. 1700 erschien ein mir bisher nicht erreichbarer Sonn- und Feiertagszyklus „Weiß und Schwarz, Zu jedes besserer Erkandtnus zusammengesetzt . . . " (Nürnberg 1700, 4°, 392, 311 S.), 1704 die Sammlung von Leidipredigten „Traurige Gedanken zur Nützlichen Zeitvertreibung, oder Hundert Discursen von den vier letzten Dingen . . . " , 1714 das große Foliowerk „Alveare catholicum . . . " , ein Festivale, das nach dem Vorbild des „Bonum universale de apibus" von Thomas Cantipratanus die Wunder des Bienenstaats zum Vorwurf der einzelnen Diskurse nimmt, 1720 ein weiterer Dominical- und Festivalzyklus „Anatomia Canis Mystica et Moralis . . . " , in dem in für unsere Begriffe merkwürdiger Symbolik gute und böse Eigenschaften des Hundes jeweils das Stichwort für die Predigt geben. Im Pfarramt Münnerstadt finden sich außerdem einige theologische Schriften aus den Jahren 1713—18. Beträchtliches Aufsehen erregt hat die kleine, in der Einleitung schon erwähnte Schrift Helbigs über die „12 Haupt-Beschwernus eines Pfarrers" (vgl. S. 79). Sie war anonym erschienen, doch wurde Heibig von seinem Kaplan verraten. Die kirchliche Obrigkeit war über diese Häufung teüs recht drastisch vorgebrachter, vermutlich nicht unberechtigter Klagen wenig erbaut und verurteilte Heibig wahlweise zum Verlust seiner Geistlichen Rats-Insignien oder zu 100 Taler Geldbuße. Heibig zog es vor zu zahlen. Hier sei nur noch der Seufzer über den Tageslauf des geplagten Pfarrherrn wiedergegeben, der doch recht persönlich klingt: „Der Saufaus kann hinter dem Pflug pfeiffen und singen, und wann er in der Scheuer den Flegel in der Hand hat, treibt er allerhand Possen, da ich über den Büchern sitzen, studieren, schreiben und beten muß, wobei ich oft dermaßen melancholisch werde, daß mir kein Essen noch Trinken schmeckt.

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Johann Laurenz Heibig

Kommt der Sonntag . . . so habe ich zwei Stund zu beten, zwei Stund Ambt und Predig zu halten, anderthalb Stund Christenlehr und Vesper zu halten, und warm es in der Filial geschehen muß, so habe ich 2 Stund hin und her zu gehen, kommt ein oder mehrere Kinder-Tauff, so gehet auch ein halbe Stund drauf, und wenn ich meine Predig zu memorieren nur eine Stund nehme, so seynd es sieben Stund, die ich in aufmerksamer Okkupation zubringen muß . . . Mein heiliger Namenspatron Petrus hat besser Glück und Gnad gehabt als ich, indem ihm die Wissenschaft und Wohlredenheit ist natürlich eingössen worden, aber ich muß studieren und meinen Kopff daran stecken." Seine Mühen haben sich jedoch auch gelohnt. Seine Kanzelreden spiegeln recht deutlich Belesenheit und Wissen und das ernsthafte Bestreben, Predigtstoff und Belehrung in immer neuer Weise dem Kirchenvolk mundgerecht zu machen. In seinem Festivale bringt er z. B. zwölf völlig verschiedene Martinspredigten, darunter natürlich auch die bei allen Volkspredigern der Zeit so beliebte symbolische Verteilung des Gänsebratens (vgl. oben S. 15). Seine Erzählungen sind aus vielerlei Quellen zusammengetragen, im Ganzen eher ernster als heiterer Art. Bemerkenswert sind seine weitausgesponnenen Fabelkontaminationen aus teils geläufigen, teils auch für seine moralisierenden Zwecke zurechtgebogenen Motiven. Lit.: C. BRAUN, Geschichte der Heranbildung des Klerus in der Diözese Würzburg, Bd. 2 , Würzburg 1 8 9 7 , 2 0 8 f.; W A L T E R MAHR, Geschichte der Stadt Bad Kissingen, Kissingen 1959, 123 f. (mit weiteren Literaturangaben). Für freundliche Hinweise habe ich dem Stadtpfarramt Münnerstadt herzlich zu danken.

198. E i n E n g e l

zählet

alle Schritt

eines

Einsiedlers

Ein Alter wohnete in der Einöde, der muste das Wasser bey zwölff tausend Schritt weit her zu seiner Zellen hohlen. Da er einst gienge Wasser zu schöpffen, ist er auff dem Weeg erlegen. Ist derohalben etwas unschlinniges worden, und hat zu ihm selber gesprochen: Was ist vonnöthen, daß ich mich also frette, und das Wasser mit sothaner Mühe so weiten Weeg herhohle? Will ich wohl mein Zellen nechst zum Brunnen bauen und meinen Wohn-Sitz allda nehmen. D a er dieses geredt, wendet er sich um und siehet einen Jüngling ihm folgen, und alle seine Schritt zehlen. Der Alte fragte: Wer bist du? Und was thust da? E r antwort: Ich bin ein Engel von Gott dem Herrn allhero gesandt, alle und jede deine Tritt zu zehlen. Und Gott der Herr will dir alle und jede belohnen, wofern du diese Mühwaltung um seinetwillen mit Gedult übertragest, und ihm deine Tritt aufopfferest. Hierob ist der Alte wohl getröstet und gestärcket worden, hat seine Zellen noch weiter vom Brunnen hinaus gebaut, damit er mehr Schritt thäte, und folgends grössere Belohnung im Himmel empfienge.

Engel zählt Schritte — Tiere ehren das Sakrament — Hostie im Bienenstock

199. D i e u n v e r n ü n f f t i g e T h i e r e h r e n d a s

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Sacrament

Die unvernünfftige Thier seynd offt erkänntlicher als der Mensch. Christum in der Krippen hat der Ochs und der Esel erkennet, aber das Volck Israel hat ihn nicht erkennen und annehmen wollen. Wie es Christo in der Krippen ergangen, also ergehet es ihm annoch in dem heiligen Abendmahl; allerhand tumme Ochsen, Esel und andere Vernunfftlose Thier betten ihn an mit unterthänigsten Gebärden . . . Es ist fast keine Arth, zum wenigsten der zahmen Thier, welches dem Sacrament des Altars nicht einige Anbettungs-Gebärthen erzeigt . . . ( 1 ) Ein Pfarrer Laurentius zu Salzamum trug das Hochwürdige über das Feld zum Krancken, und hatte niemand bey sich als einen Knaben; einige Esel giengen auf der Weyd; als sie des Priesters ansichtig wurden, lieffen sie hinzu, begleiteten ihn auf beyden Seiten bis zu dem Haus des Kranckens, blieben allda bis nach empfangenen Seegen, alsdann kehreten sie wieder zuruck . . . ( 2 ) Es ist merdcwürdig, was sich bey Ingolstadt zugetragen. Ein frommer Hirt weydete allda das Vieh, weilen er aber mehrentheils auf Sonn- und Feyertag keine Meß hören konnte, nähme er das Hochwürdige, machte ein Loch in seinen Stecken, und verwahrte es dahinein. Den Stock steckte er in die Erden, und wann in der Kirchen der Gottes-Dienst gehalten wurde, knyete er darfür nieder und verrichtete sein Gebett. Als sich einsmahls das Vieh auseinander zerstreuete, wurffe er mit einem anderen Stock nach demselbigen, traffe unversehens den anderen Stock, wo die Particul darinnen war, daß er zur Erden fiele. Der gute Mann erschracke hierüber, lieffe hinzu und wollte den Stock aufheben, konnte es aber nicht, auch nach angewendten allen Kräfften, hierüber erstaunte er, und um so viel mehr, als er gewahr wurde, daß alles Vieh rings herum auf seinen Knyen läge. Er hinterbrachte es dem Pfarrer, dieser dem Bischoff, welcher die Hostien mit einer Procession abholte, an welchem Orth dermahlen eine Kirdien ad S. Salvatorem stehet . . . ( 3 ) Ein Kirchen-Dieb hatte das Ciborium mit der Hostien gestohlen; als er aber auf dem Feld durch unsichtbarliciie Hand, femer zu entweichen, aufgehalten wurde, sdiüttete er die Hostien, deren fünff waren, in ein Loch, welches die Kleinlein oder Haasen-Kühlein gemacht hatten, nach einigen Tagen wurde er wegen anderen Diebstählen eingezogen, und zum Galgen verurtheilet, als er die Laiter hinauf gestiegen wäre und ihm der Strick um den Hals sollte gelegt werden, offenbahrte er obige Verunehrung der Particul. Man gienge an das Orth und funde solche ausser dem Loch liegen und die Haasen-Kühlein rings herum knyend und anbettend. 200. B i e n l e i n b a u e n ü b e r d e r H o s t i e n e i n von W a c h s

Kirchlein

Vor allen anderen Thieren haben die Bienlein in der Verehr- und Anbettung des Hochwürdigen Guts den Vorzug. Etliche Nacht-Dieb hatten aus der

Johann Laurenz Heibig

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Kirchen die Capsel mit dem Hochwürdigen gestohlen, dieses aber hinter einen Bien-Korb geworffen. Der Herr der Bienen nähme wahr, daß diese des Tags siebenmahl, dann auch des Nachts mit einer angenehmen Bienen-Music an diesem Ort herum schwärmeten, er zeigte es dem Bischoff an, welcher mit der vornehmsten Clerisey dahin kam, und funde mitten in dem Bien-Stock ein von dem zartesten und weissesten Wachs durch die Bienen auf das künstlichst verfertigtes Gefäß, worinn der Particul läge. Ein Priester, welcher das Hochwürdige trug, fiele darmit und verschüttete die Particul: Es käme aber alsobald ein Bienschwarm, welcher der verlohrnen Particul ein weisses wachsenes Gefäß zubereitete und hinein legte, welches der Priester mit dem versammleten Volck in die Kirchen trüge. Das allerverwunderlichste ist, was Caesarius von einem Weib erzehlet, welche viel Bien, aber schlechtes Glück darzu hatte; auf eingehohlten Rath gienge sie in die Kirchen, communicirte, nähme die Hostien mit nacher Haus und steckte sie in ein Bien-Vaß. Nach einiger Zeit sähe das Weib nach dem Bien-Korb, und wurde eines von Wachs gemachten Kirdileins darinnen gewahr, lieffe zum Pfarrer, bekennte ihm alles, was sie gethan und gefunden; dieser verfügte sich mit seinen Pfarr-Kinderen zu dem Bien-Haus, und funde, daß die Bienen von dem zartesten und reinesten Hönig eine Capellen mit aller Zugehör verfertiget. D a sähe man die vier Wände, die Fenster, die Thür, das Glocken-Thürlein, und inwendig ein Altärlein, auf welches die Bienen die heilige Particul gelegt hatten.

201. E i n

Closter-Jungfrau sticht die A u g e n aus

ihr

selbst

Der berühmte Cardinal Jacobus de Vitriaco erzehlet von einer ClosterJungfrau, daß sie mit so hellen und liebreichen Augen seye begabt gewesen, daß sich ein Fürst dermassen in sie verliebt, daß er nicht habe ablassen wollen, bis sie sich mit ihm wurde vertrauet haben; damit aber die keusche Jungfrau ihre und deß Fürsten Seel erhalte vor dem ewigen Untergang, hat sie sich selbsten ihre Augen außgestodien, dem Fürsten geschickt und diese Wort dazu entbotten: E c c e sagittae, quae Cor tuum sauciarunt. Siehe die Pfeil, welche dein Hertz verwundt.

202.

Crucifix-Bild erschreckt einen B r u d e r im C h o r

lachenden

Es erzehlet Lucas Vadingus, daß, als einsmahl die Brüder in dem Chor versammlet gewesen, das Completorium zu betten, habe sich etwas zugetragen, welches ihnen lächerlich vorgekommen, darumb sich auch einige auß ihnen deß Lachens nicht enthalten können, über dem Eingang in dem Chor seye ein Crucifix-Bild gestanden, welches mit erschröcklichen Krachen und

Lucien-Motiv — Kruzifix erschreckt lachende Mönche — Der Student im Faß

351

Bolleren sich gegen die Lacher gewendet, und sie mit einem trutzigen Angesicht angeschauet, welches sie also erschreckt, daß sie wenige Tag darnach gestorben. Dises war nur ein von Holtz geschnitztes Bild, hat doch die Verunehrer der Kirchen zu tod erschrecket. Wie viel ein mächtigeren TodtenSchrecken wird das erzürnte Angesicht deß lebendigen Sohns Gottes denen Bösen einjagen. 203. E i n S t u d e n t w i r d w u n d e r l i c h a u s g r o ß e r errettet

Gefahr

Ein Student reisete nacher Hauß zu seinen Elteren, welche nicht von geringen Mittelen und Stand waren. Er hatte keinen Weeg-Gefährden, fehlete den rechten Weeg, geriethe in einen grossen ungeheuren Wald, irrete in demselbigen herum, biß in die spate Nacht voller Forcht und Angst. Endlich ersähe er von fernen ein Liecht, diesem eilete er zu, und da er dahin käme, traffe er ein schlechte Hütten an. Er vermeinte, es müsten sich Hirten darinnen aufhalten, er klopffte an, da kam ein altes Weib heraus zu ihm, diese bäte er um die Nacht-Herberg, welche sie ihm aber abschlüge. Er erbotte sich auf einem Büschel Strohe oder Heu zu schlaffen, und mit einer schlechten Herberg für Lieb zu nehmen, wann sie ihm auch eine warme Suppen geben würde, so wollte er alles danckbahr und treulich zahlen. Ach nein, mein lieber Sohn, sprach die Alte, darum ist es nicht zu thun! Du bildest dir ein, du seyest zu einer Hirten-Hütten kommen, du bist aber in deiner Meinung sehr betrogen, diese ist ein rechte Mörder-Gruben, dein Glück ist, daß die Mörder nicht zu Hauß seynd, dann einer unter ihnen hatte einen reich-beladenen Fuhrmann ausgekundtschafftet, diesen suchen sie auf, ihn zu ermorden, und was er bey sich hat, zu nehmen. Ich rathe dir, du sollst dich in die Flucht begeben, und dich vorsehen, so gut du kanst. Hierauf zeigte sie ihm einen Abweeg, den er auch mehr flöge als lieffe, er eilte aber unwissend denen Mörderen in die Hand, dann er käme eben an das Ort, wo sie den von ihnen ermordeten Fuhrmann begruben, und seine Sach mit sich fortschleppen wollten, sie ergriffen ihn geschwind, und berathschlageten sich, was sie mit ihm anfangen wollten. O wie bang wird diesem jungen Menschen gewesen seyn? Er batte um Gnad, schützte seine Armuth, seine Unschuld, seine Jugend, seine ehrliche Eltern und Freundschafft vor, funde aber kein Gehör. Einer unter ihnen gab den Vorschlag, man sollte ihn in ein leeres Faß, so zugegen war, einspünden, biß sie ihren Raub nacher Hauß gebracht haben, da sie inzwischen Rath pflegen könnten, was mit ihm anzufangen seye. Dieses geschähe, sie sperrten ihn in das Faß und giengen darvon. In diesem höltzernen Kercker hatte er viel heilsamere Gedancken als der Diogenes in seinem Wohn-Faß. Er thäte ein Gelübdnuß, daß wann ihn GOTT aus dieser grossen Gefahr erretten werde, so wolle er in das nechste Collegium der Jesuiter gehen, und anhalten, auf daß er in die Societät aufgenommen werde. Es wäre dazumal Mondschein, und weilen das Spundloch in dem Faß offen war, diente es ihm an statt eines Fensters, nach

Johann Laurenz Heibig

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gethanem Gelübd empfunde er in seinem Hertzen einigen Trost und Erleichterung des Gemüths. Es stunde gar nicht lang an, da kamen etliche Wölff, giengen um das F a ß herum, steckten ihre Nasen zu dem Spundloch, um zu erfahren, was darinnen seye. Da kam den Gefangenen eine neue Forcht an, doch wäre ihm damals der Kercker lieber als die freye Lufft. D a die Wölff eine Zeitlang um das F a ß herumgiengen, käme einer unter den Wölffen mit seinem Schweiff zu dem Spundloch, den er ein wenig hinein hangen liesse. Der Arrestirte ergriffe ihn, zöge ihn geschwind und mit aller Stärcke zu sich, und hielte ihn so vest, als er immer konte, da hatte ein Gefangener den anderen gefangen. Der Wolff voller Forcht, fienge an zu heulen, da begaben sich die übrige Wölff alle in die Flucht. Dieser aber wollte auch darvon lauffen, und sich ledig machen, konte es aber nicht, schlepte aber doch gleichwol das F a ß mit sich fort über Stein und Klippen. Das war ein seltsames Fuhrwerck. Es hatte aber nicht lang Bestand, dann das F a ß schlug von einem Stein wider den anderen, biß daß es endlich in einem Fall von einer Stein-Klippen herab zerbrache, da dann der Jüngling den Wolff loß ließ, welcher in aller Eil und voller Angst die Flucht nahm. Der Student, welcher ohnedem diesen Fuhrmann nicht mehr nöthig hatte, liesse ihn gantz gern lauffen, kröche auß dem zerbrochenen F a ß heraus, fieng ebenfalls an zulauffen, deme dann Hoffnung und Forcht geschwinde F ü ß machten, biß Morgens frühe der Tag anbrache, also daß diese gefährliche Tragödi den guten Menschen die gantze Nacht in der Todesforcht gehalten. Was werden die Strassen-Rauber für wunderbahrliche Concepten gemacht haben, als sie weder F a ß noch Gefangenen gefunden haben? Sie werden ihn gesucht, aber nicht gefunden haben, dann ihn nun nicht mehr das Faß, sondern die Barmhertzigkeit umgeben hatte. Der Erledigte verfügte sich ungesäumt in das nechste Jesuiter Collegium, begehrte zu Erfüllung seines Gelübds aufgenommen zu werden, welches auch geschehen.

204. E i n e

M u t t e r e r m o r d e t aus ihren eigenen Sohn

Geitz

Es ist entsetzlich zu lesen, was . . . sich in Pohlen zugetragen hat: Ein junger Mensch zu Pultovia, einer Stadt in der Provintz Moscovia gebürtig, begäbe sich in den Krieg, und hatte das Glück, daß er eine grosse Summam Gelds zusammen gebracht. Nach vielen Jahren, da er in dem Krieg reich gnug geworden zu seyn vermeinte, verließ er den Krieg, und zöge wiederum nacher Haus. E r hatte sich die Zeit über im Krieg gantz vergestaltet, wie es bey den Soldaten zu geschehen pflegt, weilen sie mehren Theils unter freyem Himmel in der Sonnen-Hitz, Wind, Regen etc. sich aufhalten, unerdencklich Essen und Trincken, auch vom Feind Blessuren bekommen, also wäre auch dieser Soldat ihm endlich gar nicht mehr gleich. D a er nun auf der Reiß begriffen und nicht mehr weit von seinem Heimath wäre, begegnete ihm eine Weibs-Person, welche aus Pultovia kam, welche als er gegrüßt und von ihr verstanden, wo sie

Der Mord am eigenen Sohn

353

herkäme und hinwollte, fragte er, ob der Wirth und sein Weib, (welche er mit Namen nennete und seine Elteren waren, er aber dem Weib nicht offenbarte) noch lebten und gesund wären? antwortete das Weib, sie wären noch frisch und gesund, und seye ihr an deren Wolfahrt auch gelegen. Warum? sagte jener; sie: weilen es meine Eltern seynd. D a wurde der Soldat hertzlidi frohe, gäbe sich doch seiner Schwester nicht zu erkennen, und fragte, ob sie sonst keine Geschwister mehr hätte? sie sagte: Ich hab noch einen Bruder gehabt, weldier vor vielen Jahren in den Krieg gezogen, wir haben aber die gantze Zeit nichts von ihme gehöret, wissen also nicht, ob er noch lebt oder todt ist. D a konnte sich der Soldat nicht länger halten, sondern sagte: Der bin ich, dein Bruder und du meine Schwester. Das Weib sähe ihn mit Verwunderung an, zweiffeite, obs wahr seye, weilen er sich im Angesicht und Statur gantz verändert hatte und von etlichen Masen aus erlittenen Wunden verstellet war. Ihr den Zweiffei zu benehmen entblöste er den Arm und zeigte ihr ein Muttermahl, welches er mit auf die Welt gebracht hatte, aus welchem sie ihn erkennet und als einen Bruder für Lieb und Freuden umhalsete; da sie dann nach einem liebreichen Gespräch sich beurlaubten, und die Schwester nichts mehrs wünschte, als daß sie ihre Geschäffte in dem anderen Ort bald verrichtet hätte, welche sie aber verhinderten, daß sie selbigen Abend nicht nacher Haus kommen konte. Der Bruder ritte mit Freud nacher Pultovia und kehrte bey seinem Vatter, als einem Wirth ein, wüste sich aber also zu mässigen, daß er nicht erkant wurde. Dieser unbekannte Gast Hesse nicht allein seinem Pferd ein gutes Futter geben, sondern bestellte sich auch ein gute Abendmahl-Zeit, und weilen der Wirth aus seinem Aufzug, schöner Montour wohl abnehmen konte, daß dieser sein Gast auch Geld haben müste, wäre er desto unverdrossener ihn zu bedienen, und als die Abendmahlzeit bereitet war, wollte der Gast haben, der Wirth und die Wirthin sollte mit ihm speisen, er wollte eines wegs alles danckbar zahlen, worzu sie sich dann bald verstunden; dann also machen es die vorteilhafftige Wirth, sie essen und trincken mit ihren Gästen, diese müssen nichts destoweniger die völlige Zech zahlen. Man setzte sich zu Tisch, asse wohl und truncke nicht übel, und der Soldat wüste seine Person trefflich wohl zu verbergen, und da man sich nun zur Ruhe begeben wollte, brachte er einen Beutel mit dreyhundert Goldgulden angefüllet herbey, und gäbe solchen seinem Wirth aufzuheben. Dieser und sein Weib berathschlagten sich, wie sie diesen Beutel voller Gold an sich bringen möchten, und gienge der Rath-Schluß endlich dahin, sie wollten ihn ermorden, da sie dann nebst dem Geld auch die übrige Habschafft ihres Gasts überkommen würden. Der Mann wäre zu zaghafft diese grausame That zu vollbringen, aber das Weib viel geldgieriger und unbarmhertziger, ergreifft ein Messer und schneidet dem sanfftschlaffenden Gast die Gurgel ab. . . . Der Soldat wurde aus dem Bett in ein hierzu gemachtes Loch in die Erden begraben und verborgen, waren also seine Eltern vorher seine Gast-Geber, seine Gäst, seine Mörder, seine Todten-Gräber, seine Erben oder vielmehr 23

Moser-Rath

Johann Laurenz Heibig

354

mörderische Raub-Vögel. Unterdessen käme der Tag heran und seine Schwester hatte sich frühzeitig auf den Weeg begeben, eylfertig und begierig bald zu ihrem Bruder zu kommen. Kaum käme sie ins Haus, fragte sie nach ihrem Bruder, wo er seye? die Eltern wollten von keinem Bruder wissen, als aber die Tochter beständig darauf verharrte, ihr Bruder müsse in dem Haus seyn, und wann sie etwann verneinten durch dessen Verlaugnung einen Spaß mit ihr zu haben, so würden sie sich darmit vergebens aufhalten, dann er habe schon gestern auf dem Weeg mit ihr geredt, und da sie es nicht glauben wollen, das Muttermal am Arm zum Wahrzeichen gewiesen, beschriebe anbey seinen Aufzug, also daß die Eltern aus allem zur Gnüge erkennen musten, daß sie ihren eigenen Sohn mörderischer Weis ums Leben gebracht. Es wäre nicht anders, als wann die Wort der Tochter Donner-Keil wären, und auf sie treffen, sie heulten und weynten, schlugen die Händ zusammen, riessen ihnen die Haar aus, machten ein jämmerliches Weheklagen, gestunden ihre Missethat und geriethen endlidi vor Angst in Verzweifflung. Der Vatter gienge selbige Nacht aus der Stadt und henckte sich an den offenen Galgen. Die Mutter ergrieffe das Messer, mit welchem sie den Sohn getödtet und schnitte sich selbsten die Kehl ab. Als die Tochter diese grausame Mordthaten sähe, stürtzte sie sich in einen tieffen Bronnen, also hat die leydige Geldgier vier erschröckliche Mordthaten verursachet, welches der gerechte Gott also verhänget, anderen Geitzhälsen zu einem Schrecken und Abscheuen.

205.

Historie

von

dem

Podagra

Nach dem Ableben eines edlen reichen Herrns, der mit dem Zipperlein oder Podagra behafftet war, muste das Podagra seine vorige Herberg und Sitz, den es in den Füssen besagten Herrns gehabt, verlassen, verfügte sich dannenhero auf den offenen Marckt und lagerte sich an ein Eckhauß, zu beobachten, wo es einen anderen Herrn und Wohnung bekommen möchte. Eben zu selbiger Zeit wäre einem Armen sein Hauß, samt einer grossen Meng Mucken, ausser einer, die dem Brand entgangen war, darinnen verbrennet, und die Ubergebliebene käme ebenfalls auf den Marckt, sich um ein andere Herberg umzusehen, traffe allda das Podagra an, welche einander ihr Unglück erzehlten, und endlich den Schluß machten, weilen sie derenmal Herren-loß und gantz verlassen wären, wollten sei eine Wahlfahrt miteinander verrichten. Der Herr des Eckhauses, wo diese beyde ihren Rath hielten, schauete zum Fenster heraus und hörte dieses alles mit an, und dachte bey sich, also machen es auch unter den Menschen die Faulentzer und das Herr-loß Gesindlein, solche müssige Bursch, weilen sie keine Hand mögen regen und anlegen, und ihr Brod mit der Arbeit verdienen, legen sie einen Pilgrams-Rock an, lauffen in der Welt herum, nacher Rom, nach S. Jacob, nach Maria Loreto und andere H. Ort, nicht wohl aus Andacht, als damit sie sich durch Bettlen ernähren mögen.

Fabel von Mücke und Podagra

355

Ich komme aber wieder zu dem Podagra und der Mucken, diese tratten die Reiß an, und kamen um den Abend zu einem Dorff. Das Podagra wäre mächtig abgemattet, u n d nähme seine Herberg gleich bey Eingang des Dorffs in dem nechsten Hirten-Häußlein, die Mudcen hingegen flog in das Schloß, wo der Herr selbigen Dorffs wohnte, dann sie bildete sich ein, allda eine gute NachtHerberg und stattliches Abendmal zu geniessen, ehe sie aber von einander abscheideten, hielten sie die Abred, wo sie des anderen Tags wieder zusammen kommen und ihre Reiß fortsetzen wollten. Sobald nun das Podagra in das Hirten-Hauß käme, machte es sich gute Hoffnung zu einer ruhigen NachtHerberg, dann es traffe allda einen frembden armen Bettler an, welchen der Hirt, vermög des Orts Gebrauch, über Nacht herbergen muste, deme er dann alle Lieb erwiese, und um ein warme Suppen seine Frau ins Schloß geschicket hatte, allwo, weilen eine stattliche Mahlzeit gehalten wurde etlichen frembden Dames und Cavaliers, hoffte der Hirt, etwas Speiß und Tranck, so übergeblieben, für seinen krancken Bettler zu bekommen. Diese des Hirten Mitleiden, Sorg und Barmhertzigkeit für den Bettler gefiele dem Podagra über alle massen wohl. O, sagte es bey sich, wie seynd die Arme und Unvermögliche gegen einander viel barmhertziger und liebreicher als die Reiche gegen die Armen! Ich bin lange Zeit bey meinem verstorbenen Herrn, welcher von einem grossen Vermögen u n d stattlichen Mitteln war, gewesen, hab aber dergleichen Lieb und Mitleiden niemal gesehen; hat sich wohl, sollte man einen Bettler in die Stuben gelassen haben; lang genug haben die Arme bey der Thür warten müssen, biß man ihnen, und zwar mit grosser Ungedult, ein Stücklein schwartzes Hundsbrod gegeben. Es nähme hierauf das Podagra seine Einkehr in den Füssen des Hirtens, ob diesem nun schon daraus einige Schmertzen zugewachsen, achtete er es doch nicht hoch, das Podagra verwunderte sich über die Gedult des Hirtens, O sagte es, wie seynd die grosse Herren nicht so heicklet, kaum habe ich mich bey meinem Herrn seliger ein wenig angemeldt, da wäre er voller Ungedult, O wie hat er manchesmal nicht lamentirt! kein Mensch hat ihm recht können aufwarten, Tag u n d Nacht musten die Medici und Bediente um ihn seyn, jedermann muste sich anstellen, als habe er ein hertzliches Mitleiden und Betauren mit ihme, und dieser gute Hirt acht es so gar nichts. So ists, wann grosse Herren und Frauen ein Flohe gestochen, seynd sie kräncker, brauchen mehr Medicin und Aufwartens, als wann ein Armer die peinlichste Kranckheiten hat. Unterdessen asse der Hirt ein ziemliches Stuck schwartzes Brod, legte sich darauf auf die harte Banck, weilen er den krancken Bettler in sein Beth gelegt hatte, das Podagra wäre mit dieser harten Liegerstatt nicht zufrieden. Der Hirt wäre zugleich Nacht-Wächter, kaum hatte er eine Stund geruhet, da nähme er sein Horn, lieffe darmit in dem Dorff herum, schrye die Uhr aus und achtete es wenig, wann er sich schon zuweilen an einem Stein anstiesse, oder gar über den Hauffen fiele, und weilen dieses die gantze Nacht durch alle Stund geschähe, hat das Podagra eine sehr unruhige Nacht gehabt, 23°

356

Johann Laurenz Heibig

so bald es nun Tag worden, asse der Hirt abermal ein Stüde Brod, lieffe in dem Dorff herum und berieffe durch sein Horn das Viehe zusammen, solches in den Wald auf die Waid zu treiben. Ach, sagte das Podagra, da ist meines bleibens nicht, verfügte sich an den bestimmten Ort, allda seinen Weggefährten, die Mucken, zu erwarten, und bildete sich ein, diese würde ein viel besseres Nacht-Quartier in dem Schloß gehabt haben, weilen absonderlich eine Mahlzeit gehalten worden, wo vieles Confect (welches der Mucken delicatesse ist) aufgetragen wird. Aber da das Podagra an den bestimmten Ort käme, war die Mucken schon da, wartete seiner und erzehlte ihm lamentirlich, wie es ihr in dem Schloß ergangen, mit diesen Worten: Als ich in das Schloß hinein flöge, da stunde des Hirten Frau mit einem Häfelein bey der Thür, und supplicirte um etwas Essen für eine krancke Person. Es wollte sie aber niemand anhören. Ich verfügte mich in die Tafel-Stuben, wo ich meines gleichens noch viele antraffe, die Dames und Cavaliers dantzten darum, biß man die Tafel deckte, flöge ich hin und wider in dem Schloß, es waren aber alle Speiß so wohl verwahret, daß ich nichts zu essen bekommen konte, und gäbe auch dieses mir ein übles Omen, dann die gute Hirtin stunde über eine Stund bey der Thür, bekäme nicht einen Löffel voller Suppen, sonderen wurde mit Kolleren und Polleren abgewiesen. Da soltestu gehört haben (sagte die Mucken) mit was für rauhen Worten die Diener und Mägd diese gute Frau angefahren und weilen sie nicht abweichen wollte, käme endlich die gnädige Frau selbsten (ja wohl gnädige Frau?), die machte der Hirtin ein Gesicht wie ein höllische Furia, pack dich fort, sagte sie, du Fettel, man hat jetzund mehr zu thun, als mit dir umzugehen, ich hätte viel zu thun, wann ich alle Bettler und LumpenGesind wollte satt machen, troll dich, oder ich lasse dich zum Hof hinaus prügelen. Dieses (sagte die Mucken) hat mich jammerend gemacht. O wie seynd die Reiche so unbarmhertzig gegen die Armen, Hund und Katzen, ja Maus und Ratten gemessen dieser Mahlzeit, und einem armen Krancken versagt man ein wenig warme Suppen. Unterdessen vernähme ich, daß das Essen aufgetragen war. Wir Mucken machten uns auch zum Tisch, es wäre ein grosser Uberfluß allda an allerhand Speisen und Confecturen. Wir Mucken wollten uns auch bey dem Tisch einfinden, es konte aber kein eintzige darzu kommen, dann es stunden zwey Diener bey dem Tisch, welche uns mit ihrem Mucken-Wedelen abtreiben musten, da hab ich dann ungessener abweichen und mit leeren Magen an dem bestimmten Ort, allwo ich mich Nachts um 12 Uhr übernachtet. Unter währendem diesem Discurs kamen die 2 Reisende um halb 11 Uhr wieder zu einem Dorff, beschlossen allda ihr Mittagmahl zu halten, dann für Mattigkeit konten sie ferner nicht fortreisen. Sie berathschlagten sich miteinander, wo sie ihre Einkehr nehmen wollten. Das Podagra sagte, ich traue mich nicht mehr in das Hirten-Hauß, und ich, sprach die Mucken, nicht mehr ins Schloß, wohlan wir wollen es umkehren, ich gehe zum Hirten, du Podagra, kanst dein Einkehr im Schloß nehmen, und praecise um 12 Uhr wollen wir wieder zusammen kommen und unsere Wallfahrt fortsetzen.

357

Fabel von Hund und Hahn, Knecht und Magd

Sobald die Mucken in des Hirten H a u ß kommen war, stunde es ihr über alle massen wohlan, dann die Haußmutter hatte denen Kinderen eine Schüssel voller kalten Milch an statt des Mittagmahls angerichtet, worbey sich viele Mucken einfunden, denen sich die Pilgramin zugesellte, u n d weilen niemand war, der sie abtriebe, befunde sie sich sehr wohl bey diesem Tractament, u n d als sie sich gesättiget hatte u n d der Schmauß vollendet war, fieng sie mit ihren Gesellen eine Tafel-Music an, brummte so gut sie konte; vergasse ihr Wallfahrt, und nähme sich vor beständig bey dieser guten Waid zu verbleiben. Unterdessen käme das Podagra auch in dem Schloß an, da dann der Herr erst von dem Schlaff aufgestanden war, und noch nicht angekleidt, sondern im Schlaff-Rock herumgienge, darum auch das Podagra um so viel ungehinderter bey dessen blossen Füssen seine Einkehr nehmen konte. Kaum hatte es Possession genommen, wurde es über alle massen höflich bewillkommet. Der Herr legte sich alsobald wieder in das Bett, geschwind muste ein Diener mit dem Pferd zu dem Doctor reiten, unterdessen wurden die F ü ß in sanffte Küßlein eingewickelt und aufs allerzärtlichst bedienet. Wohlan dachte das Podagra, da bringen mich kein 10 Doctores hinweg, da hab ich wieder ein gutes Quartier gefunden, wo mir wohl geschieht; bey diesem Herrn bleib ich, so lang er lebt, also wäre auch bey dem Podagra das Wallfahrt gehen vergessen.

206. A p o l o g u s

vom

Hund, Hauß-Hahn, und Magd

Knecht

Der Hauß-Hund und der Guckel-Hahn hatten sich zusammen auf die Misten gelagert, kamen miteinander in ein Gespräch: Der Guckel-Hahn beklagte sich, daß er so schlecht gefüttert werde, er bekäme wenig und schlechten Haber, darum muste er, sich seinen Hunger zu stillen, u m andere Speisen auf der Mistung und dem Hof bewerben, und thue doch so treue Diensten. E r gäbe einen Nachtwächter ab, und verkündige allen Haußgenossen die Zeit an, kommt ein frembder H a h n in den Hof, müsse er ihn verjagen, da es dann mannichmal ein blutiges Duell oder Zweykampff abgebe; so stehe er auch seinen Hüneren treulich vor, wie dann ohne ihn die Hauß-Mutter wenig oder gar keine Eyer in denen Nesteren finden wurde, aber dieses alles wurde ihm schlecht gedancket. Mir, sagte der H u n d (seines Nahmens Wachauf) gehet es noch viel schlimmer; meine Kost bestehet in einem abgenagten Pein oder Stuck schwartzen hartem Brod, und dieses nicht zur Genüge. Wann mich der Hunger plagt, und ich etwan bey dem Tisch einen Brocken verlange, da ist schon ein Peitsche in Bereitschafft, mit welcher man mich zur Stuben hinaus treibt, der ich doch das gantze H a u ß bewachen und bewahren muß, da ich dann offtmahlens in Leibund Lebens-Gefahr gerathe. Viel andere Dienst zu geschweigen, so muß ich mit meinem Herren hinreisen, wo er hin will, ihn zu beschützen, wo mir manche

358

Johann Laurenz

Heibig

Gefahr auffstosset, muß doch darbey Hunger, Kummer, Kält und Wärm, wie es die Zeit mit sich bringt, ausstehen. Hierauf fasseten sie den Schluß, sie wollten sich hinweg begeben, und einen anderen Herren suchen, doch sollte der Hund den Knecht, der Hahn die Magd um einen guten Rath fragen. Der Knecht sagte, mein lieber Wachauf, du tust wohl daran, wann du dich um einen anderen Herren umsiehest, dann bey diesem ist nicht zu bleiben, ich will dir bald nachfolgen, ich hab genug zu arbeiten, aber nicht zu essen. Nehme ich die Sonn- und Feyertäg aus, so bekomme ich die Wochen hindurch gar selten ein Stüde Fleisch: Nichts als Erbes, Kraut, Linsen, Klöß, Brey, Milch, Salat und dergleichen liederliche Speisen giebt man mir zu essen. Das Brod ist ziemlich schwartz; so habe ich auch nicht allemal den Käß darzu. Es sollte mir Wohlgefallen, wann ich zuweilen einen Trunck Wein oder Bier bekäme, aber da wird nichts daraus, als auf die Sonn- und Feyertäg, darum will ich mich nächstens um einen anderen Herren umsehen. Potz Schlapperbenck, ich bin ein rechtschaffener Kerl, und lasse mich so nicht abspeisen. Mein Herr will mir auch viel daher schnurren, wann ich nicht allzeit zu Hauß bleibe wie eine Schneck, und des Nachts spatziren gehe, ich bin wahrhafftig kein Bub! so muß man mit einem rechtschaffenen Kerl nicht umgehen. Eben auf solche Weis antwortete die Magd dem Hahnen, und beklagte sich über die Strengigkeit ihrer Frau, sonderbahr die sie nicht leiden wollte, daß sie des Nachts spat heim käme, oder mit dem Knecht auf eine Kirchweyhe, Jahrmarckt zum Tantz gienge, ich bin ja keine Nonnen in dem Kloster sagte sie, darum seye sie gewillet, nächster Tagen ihren Weeg weiter zu nehmen. Dieses erzehlet der Hund und Hahn einander, und beschlossen unter sich nach dem Abend-Essen sich hinweg zu begeben. Sie tratten ihre Reiß an, kamen um den Abend in einen Wald, übernachteten, und zwar der Hund in einem hohlen Eichbaum, und der Hahn auf einem Ast selbigen Baums. Der Hahn liesse sich seiner Gewohnheit nach etliche mahl hören, und gegen den Morgen krähete er Hertzenhafftig. Das hörte ein Fuchs in dem Wald, der käme ungesäumt zu dem Baum, wünschte gar freundlich und höfflich dem Hahnen einen guten Morgen, nennte ihn: Durchlauchtigster Herr! Wie so? sprach der Hahn: Warum giebst du mir ein so vornehmes Praedicat? Weilen es Euer Durchlauchtigkeit also gebühret, antwortete der Fuchs, dann die Cron, die ihnen die Natur auf das Haupt gesetzet, bezeuget genug, daß sie vom Königlichen Geblüt herstammen, so sihet man auch an ihren Sporen, an den Stieffeien, was für ritterliche Thaten sie zu solcher hohen Würde erhoben. Ich habe auch gehöret, mit was heller und lieblicher Stimm sie Victoria geruffen, ich hab die Nacht hin vermeint, es müsse ein wachtsamer Kriegsmann seyn . . . Aber a propos, Ihr Durchleucht! wo stehet die Reiß hin? Der Hahn: Ich suche einen anderen Herren, weilen mir bey dem vorigen nicht zum besten ist aufgewart worden. Der Fuchs: da thuen sie wohl daran, sie gehören ihrer Tugend und Stammens halber nicht auf einen Bauren-, sondern Königl. Hof, wann sie mir folgen wollen, so will ich sie dahin führen, wo sie Groß-Hof-

Hahn, Hund und Fuchs — Der furchtsame Löwe

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meister über alles geflügelte Viehe werden sollen. Kommen sie nur fein geschwind von dem Baum herunter, damit wir die Reiß antretten. Der Hahn merckte die Possen, wie neinlich der Fuchs gern ein Frühstück hätte, wüste auch gar wohl, daß er ein falscher Schmeichler seye, änderst rede, und änderst meine; dergleichen Gesellen nicht allein nicht zu getrauen seye, sonderen ihre Boßheit müsse auch gezüchtiget werden, wann und wo es nur seyn könnte; doch weilen er es mit einem schlauen Fuchsen zu thun habe, müsse er es wohl versehen, und ja nicht zu viel getrauen, könte er ihm auch einen Duck beweisen, so würde es ihm desto rühmlicher seyn, weilen dieser hinterlistige Gesell sonsten jedermann anzuführen wüste, darum sagte er ihm, er habe noch einen Weggefährten bey sich, welcher in dem gelöcherten Baum annoch schlaffe; er sollte ihn aufwecken, wollten alsdann ihre Reiß miteinander antretten. Der Fuchs vermeinte, es müste etwann eine Henne seyn, gienge hin zu dem Loch, rieffe: Wach auf, wir müssen reisen. So bald der Hund seinen Nahmen hörte, Sprunge er aus seiner Höhlen heraus, und da er den Fuchsen wahrnahme, fiele er ihn alsobald an, zerrisse ihm das Fell, daß er sein Leben darüber lassen muste. Der Hahn sagte seinem Erretter Danck, und setzten hierauf ihre Reiß fort, um den Mittag hätten sie beyde gern etwas gessen, hatten aber nichts, waren beynebens müd und matt, weilen ohnedas die Sonn hitzig brennte, der Hund käme zu einer Höhlen, bäte den Hahnen, er möchte auf dem Baum ein wachtsames Aug halten, er wollte inzwischen in dieser kühlen Höhlen eines Weils ausruhen. Er genösse die Ruhe gar nicht lang, da rieffe ihm der Hahn zu: Lieber Wachauf, es kommt ein grosses zorniges Thier dorther gegangen, ich glaub, es muß ein Low seyn, welcher anhero zu seiner Gruben gehet. O wehe mir! seuffzete der Hund, du allerliebster Weeggefährt weist, wie ich dich heut aus der Gefahr des Fuchsens errettet habe, nun thue auch du das beste und helffe mir; es ist ja ein Dienst des anderen werth. Der Low kan den Hahnenschrey nicht dulten, darum ruffe was du raffen kanst, damit er von dannen weiche. Dieses thäte der Hahn, da lieffe der Low aus Schrecken und Verwirrung seiner Graben zu, sich zu verbergen, funde aber einen ungeladenen Gast, den er aus Verstöhrung und Grimm zu Stucken zerrisse. Diesem entsetzlichen Spectacul sähe der Hahn mit Zitteren und voller Angst zu, lamentirte: O wehe mir verlassenen Vogel! einer Gefahr bin ich entgangen. Aber mein lieber Camerad nicht, ich besorge, leider! es werde bald ein Geyer oder anderer Stoß-Vogel kommen, und mir den Garaus machen. O was hab ich gethan, daß ich meinen Herren verlassen habe! wir beyde haben einander verführet. Der Hund hat seine Straff darfür ausgestanden, meine stehet mir noch bevor. O mich elenden Vogel! Was Raths? Ich will wieder zurack nach Hauß gehen. Ach wann ich nur sicher dahin käme! Es flöge der Hahne von einem Baum zu dem anderen, und trauete sich nicht herab auf die Erden zu lassen, er wurde aber gar müd, dann der Hunger entk r ä f t e t e ihn, darumb blieb er endlich auf einem Ast sitzen, da hörte er etliche Leuth schwätzen und daher kommen, dessen wäre er über die massen frohe,

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Heibig

und was ihn noch mehr tröstete, es wäre eben der Knecht und die Magd, welche mit ihm in einem Hauß gedienet und nun flüchtig giengen. Sobald sie zusammen kamen, grüsseten sie einander, und bevor sich der Hahn in ein mehreres Gespräch einliesse, bäte er, sie möchten ihm doch ein Brod klein schneiden, damit er sich sättige, dann er könne vor Hunger und Mattigkeit nichts reden, als er gessen hatte, setzte er sich wiederum auf einen Ast, und erzehlte alles, was sich mit ihm und dem Hund zugetragen hatte, gäbe ihnen auch die treue Warnung, sie sollten ja nur wiederum zuruck zu ihren Herren und Frauen gehen, es dörffte ihnen ebenfalls nicht wohl ausschlagen. Er habe mehrmahlen, so wohl Tags als Nachts in obacht genommen, daß sie zusammen geschlupfft, und ungebührlich mit einander gelebt, worbey es sich nicht fehlet, daß sie ihrem Herren und Frauen werden untreu gewesen seyn, an Speiß und Tranck und anderen Haußgeräthel abgetragen, ihre Arbeit der Gebühr nach nit verrichtet, des Nachts miteinander geschertzet, des Tags, wo sie ausser den Augen ihres Herren und Frauen gewesen, geschlaffen; die Arbeit unterlassen oder obenhin, und nicht der Gebühr nach verrichtet; das Viehe vernachlässiget, und sonsten Schaden zugefügt haben; nun aber seyen sie der Gedandcen, sich zusammen zu verheyrathen, er wolle ihnen aber vor sagen, daß es ein übeles Aussehen mit ihnen gewinnen werde, dann die Untreu werde mit Armuth gestrafft werden. Was sie unrechtmässiger Weis an sich gezogen, werde nichts fruchten, sonderen wie der Rauch verschwinden, und was sie in ihrem Dienst aus Nachlässigkeit verabsäumet und hierdurch Schaden gebracht, dieses werde mit Schaden vergolten, und sie dem Unglück so lang ausgesetzt bleiben, biß sie darunter erliegen werden. Ihre unkeusche Lieb und Gemeinschafft werde sich in einen Haß, Streit und Uneinigkeit verwechselen, und dieses aus himmlischer Verhängnuß ihnen zur Straff. Machts, als wie es die Agar gemacht hat, welche, als sie von Gefahr und Unglück überfallen wäre, gienge sie zuruck zu ihrer Frauen der Sara, und wäre ihr unterthänig. Dieser auf einem grünenden Predigstuhl so ernstliche Prediger wollte ihnen gar nicht gefallen, dann er sagte ihnen die Warheit zu kecic und klar heraus, darum giengen sie ohne Abschied unwillig fort, sie waren aber kaum fünffzig Schritt fortgangen, da hörte der Hahn ein Geschrey, er besorgte diese zwey Leuth dörfften seiner Red wegen uneinig worden seyn, und einander schlagen, darum machte er sich ungesäumt hinzu, sähe aber, daß sie von etlichen Strassen-Rauberen überfallen waren, welche ihnen alles nahmen, was sie hatten, so gar auch die Kleidung von dem Leib, schlugen sie unbarmhertzig, drohete ihnen so gar auch den Tod, wann sie sich nicht alsobald wurden fortpacken. Sie giengen wiederum zuruck unbekleidet und am Leib mächtig zerschlagen. Der Hahn folgte ihnen, und hörte zu, wie sie unter sich zandceten, eins dem anderen die Schuld dieses Unglücks beymessete. Die Magd sagte: der Knecht habe sie verführet; der Knecht schiebte es auf die Magd, endlich wurden sie also zwiträchtig, daß sie einander verliessen; der Knecht liesse sich verlauten, er wollte ein Soldat werden, gienge darmit fort. Die Magd jammerte und bekennte dem

Der Hahn ah Prediger

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Hahn, daß sie schwanger seye, wüste also nichts anzufangen, als herum zu gehen und zu bettlen. Der Hahn setzte seine Ruckreiß nacher Hauß fort, käme endlich zu dem Hof, setzte sich auf den Zaun, und für Freuden thate er einen hellen Schrey oder Kräher. Die Hüner kennten seine Stimm, lieffen hinzu, erfreuten sich seiner glücklichen Ankunfft, und wollten wissen, wo er zeithero gewesen seye? E r erzehlte ihnen alles der Länge nach, was sich zugetragen hatte. Mahnte sie zur Treu und Beständigkeit, versprach bey ihnen zu verbleiben biß an sein End, machte also den Zaun zu einem Predigstuhl, wie vorhero den Eichbaum. Es sagten ihm aber die Hüner ein unangenehme Zeitung, wie nemlich in seiner Abwesenheit ein anderer Hauß-Hahn seye beygeschafft worden. Diese Zeitung wäre ihm gar nicht angenehm. Inzwischen hörten sie die Stimm der Haußmagd, welche ihnen zu fressen geben wollte, sie lieffen hinzu, der Hahn hinten nach, dann er wäre sehr müd, da er zum Hauffen kam, kündigte ihm der neue Hahn alsobald einen Kampff an, weilen er aber von der Reiß müd, hungerig, traurig und zaghafft wäre, muste er bald den Ausreiß nehmen, und wurde in dem Hof herum gejagt. Dieses nähme die Hauß-Mutter wahr, befahl der neuen Magd, sie sollte den alten Hahnen fangen und würgen, weilen ihm der Neue überlegen und mehr behertzt seye, so besorgte sie sich auch, weilen er einmal meineydig worden, so dörffte er es auch das anderemal nicht unterlassen, dann einen untreuen Knecht oder Magd solle man ja nicht das anderemal wieder in Diensten annehmen. Wären sie das erstemal nit treu gewesen, so würden sie das anderemal gewiß untreu werden. Der Hahn hörte dieses alles, seuffzete, weheklagte und bereute seinen begangenen Fehler. Als die Hüner gefressen hatten, verliessen sie den Neuen und versammleten sich zu dem alten Hahnen, der sie also anredete: Liebste Schwesterlein! Ihr habt das Todes Urtheil, so über mich ergangen ist, gehöret, ich bekenne meine Schuld und bereue sie hertzinniglich: Unser Ur-Groß-Vatter hat dem Heil. Petro die Büß geprediget, welche er auch weinend verrichtet, darum Nachlaß und Verzeihung erhalten, ich bilde mir ein, ich höre diesen unseren Vor-Vatter, deme Zufolg ich meinen Fehler reumüthig bekenne und beweine. Ich bitt euch, helffet mir aus diesem mir angedroheten Untergang. Dieses köntet ihr bewerkstelligen, wann ihr den neuen Hahnen verläst und bey mir verbleibet, damit wann die Magd mich fangen will, ihr das Wort vor mich thut, und wann mich der neue Hahn abermal bekriegt, ihr mir beystehet. Etliche aus denen Hüneren sagten ihm zu, das beste zu seiner Wohlfahrt beyzutragen. Andere aber giengen fort und murreten, und zwar die Aelteste unter ihnen sagte: Was werden wir für ein E h r darvon haben, wann wir uns dieses Mamelucken viel wollen annehmen. E r ist ein meineydiger Gesell, hat seinen Herren und uns verlassen. Wer weiß wo er dem liederlichen Leben nachgangen, und ein Ehebrecher worden ist. Als dieses die andere Hünner hörten, liessen sie sich auch abwendig machen. Da sasse dann der gute Hahn von jedermann verlassen, wie einer, der bald zum Tod sollte geführet werden. E r reti-

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rirte sich hinauf auf das Dach des Hüner-Hauß, damit er so leichtlich nidht konte ergriffen werden, allwo er auch übernachtete, und folgende Anred an sich selbsten thäte. O ich unglücklicher und bethörter Vogel! wie hab ich vormahlen so gute Tag genossen! Es ist aber auch bey mir wahr worden, was man insgemein sagt: Man kan alles übertragen, aber die gute Tag nicht. Mir wäre zu wohl, darum habe ich solche ungeschickte Händel angefangen, welche mich in viele Lebens-Gefahr gebracht haben. O wie unrecht thun die Bedienten daran, welche, wann ihnen nicht alles nach ihrem Wunsch und Begehren gehet, wann ihnen der Herr oder die Frau ein rauhes Wort giebt oder den Tisch nicht voll mit Speisen auftragt. Alsobald strampffen als wie ein satter Esel, sie beklagen sich über die viele Arbeit und stätes aufwarten, sie möchten gern ein eigenes sanfftes Sesselein haben und in selbem gut herrlich sitzen und ruhen. Wann sie in der Gesind-Stuben zusammen kommen, so weiß einer dieses, der andere etwas änderst wider seinen Herren und Frauen zu klagen, darum verführen sie einander, seynd untreu, tretten vor der Zeit aus ihrem Dienst, da ergehet es ihnen, wie unserem vormahligen Knecht und Magd, unserem Wachauf und mir selbsten. Meine Untreu hat mir nicht allein viele Gefahr zugezogen, sonderen ich habe auch alle Gemüther von mir abgewendet, also daß mich sogar meine liebe Weiblein die Hünner verlassen, worbey ich auch mit dem Solon sterbend lerne, wie veränderlich die Gemüther, und wie unbeständig die Freund seyen, sobald man von dem Glück, eben sobald wird man auch von seinen Freunden verlassen. Ich sitze hier in der Erfahrnuß, ich wollte, daß ich Zuhörer hätte, so sollte auch dieses Hünner-Hauß mir zu einem Predigstuhl dienen, und wollte ich noch ein mehreres vortragen denen Dienstbotten zu einer Lehr und Warnung, wie sie ihrem Herren treu, fleissig, fromm und aufrichtig seyn sollen, und wie sie im widrigen der Straff Gottes nicht entgehen werden, ich wollte ihnen den Schluß meiner Warnung mit einem bekandten Vers machen: Felix, quem faciunt aliena pericula cautum. Seelig, welchen anderer Leuth / Gefahr und Unglück macht gescheidt. Kaum hatte er diese wehemüthige Reden geendiget, da ergrieffe ihn ein hinzu geschlichener Ratz, und wollte ihm den Garaus machen: Allein der neu-angenommene Hund, Nahmens Treuthier, hatte den wehe-klagenden Hahnen mit grossem Vergnügen zugehöret, und dachte bey sich: Ein guter Prediger und treuer Rathgeber ist aller Ehren werth. Mancher wurde sich in grosses Hertzenleid stürtzen und den Weeg des Verderbens gehen, wann ihn der Prediger nicht abhielte, darum halte ich einen solchen für den besten Freund auf der Welt, deme man mehr zu dancken schuldig ist, als je einem anderen Gutthäter, als welchem man alle seine Wohlfahrt zuzuschreiben hat. Einen solchen Nacht-Prediger habe ich an dem Hahnen gehabt, welcher mir viel schöne Lehrstück gegeben hat, darum will ich mich auch danckbar gegen ihn bezeugen. Bellete hierauf den Ratz also hefftig an, daß, als er kaum den Hahnen erwischt hatte, selbigen aus Forcht fallen ließ, und die Flucht ergriffe. Der Hahn fiel von dem Dach herab auf die Misten, und sagte seinem Erlöser tausendfältigen Danck, eröffnete ihm aber

Zusammenkunft

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beynebens, wie ihm noch ein anderes Unglück bevorstehe, und wie die Magd befelicht seye, ihn zu würgen. Förchte dich nicht, sagte der Hund, ich will dein Beschützer seyn, gehe du inzwischen ein wenig beyseits, verberge dich, biß daß ich dir Morgens frühe ruffe, alsdann komme unerschrocken hervor. Als des Morgens die Magd das Hünner-Hauß eröffnete, denen Hünneren Fressen vorwurffe, und hinweg gienge, ergriffe der Hund den neuen Hahnen, biesse ihm ein Bein entzwey, thäte einen Ruffer, und legte sich auf die Misten, als seye er sich nichts Böses bewust. Der alte Hahn käme aus seiner verborgenen Ecken hervor, sähe seinen Feind blessirt und lahm, und erkennete gar bald das treue Freundstuck, welches ihm der Hund bewiesen, die Hauß-Mutter sähe den beschädigten Hahnen und sagte: Gott lob, daß der alte Hahn nicht gefangen und gewürgt worden, denn ich müste abermahl einen anderen kauffen, befähle den Lahmen zu ergreiffen, zu tödten und zu kochen. Wer war froher als der alte Hahn, daß er aus so vielen Gefahren erlediget und in seine vorige Stell eingesetzt worden. Nachdem er sich satt gefressen hatte, führete er seine Hüner beyseits hinter die Scheuer, setzte sich auf ein Hollerstauden, und thäte folgende Anred zu ihnen: Ich weiß nicht, wie ich Gott genug dancken soll, welcher mich aus so manigfältiger Gefahr, und erst diese Nacht errettet hat, ich will ihm Tag und Nacht sein Lob psalliren . . . Nebst Gott ist man auch schuldig denen zu dancken, welche von Gott als Werckzeug zu der Errettung gebraucht worden, welche dann auch das Ihrige beygetragen, einen solchen Schutzmann habe ich an unserem neuen Hund, dem Treuthier gefunden, deme ich dann Zeitlebens verbunden bin, und ihm alle Freundschafft erweisen werde. Aber wie habe ich es mit euch, ihr treulose Weiblein zu halten? Wir haben so lange Zeit in guter Verständnuß miteinander gelebt, da mich aber das Unglück betroffen, seyd ihr von mir abgewichen, ja in Feind verändert worden, wie ich dann in meinem traurigen Zustand gifftige und bissige Red habe einfressen müssen, welches mir um so viel schmertzlicher gefallen, weilen ich ohnedem von jedermann verlassen wäre, und dem Betrübten Betrübnuß zugemehret wurde, wider jenen alten Spruch: Afflicto non est addenda afflictio. Da habe ich erfahren, daß wahr seye: Freund in der Noth gehen 50 auf ein Loth. Nun bin ich wiederum in den Stand gesetzt, daß ihr mir untergeben seyd, wobey ich die schönste Gelegenheit habe, eure Untreu und Falschheit zu züchtigen, weilen es aber nicht wohl stehet, in seiner eigenen Sach einen Richter abzugeben, mir auch für eine Rachgier könte ausgelegt werden, so solle alles vorhergegangene abgethan und in ewige Vergessenheit gestellt seyn. Hiermit endigte er die Predig, und beschlösse sie mit seinem gewöhnlichem Gesang, dem der gantze Chor der Hüner beystimmete, und zwar jenes Lied: Gelobt seye Gott der Vatter. 207. F a b e l

von der Z u s a m m e n k u n f f t

der

Thier

Es kamen unterschiedliche Thier eins nach dem anderen zu ihrem König dem Löwen und beklagten sich, daß ihnen der Fuchs so grosse Schaden

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zufüge, er raube ihnen ihre Jungen hinweg, und halte delicate Mahlzeit mit diesem zarten Wildprädt. Als nun der Klagen gar zu viel kamen, beschlösse der König einen Reichstag zu halten, alle Thier zusammen zu raffen und sich mit ihnen zu berathschlagen, was hierin falls zu thun, und wie diesem Übel abzuhelffen seye. Dem Hund wurde die Commission aufgetragen, eylfertig in denen Wälderen herumzulauffen und durch seinen Ruff die Tag-Satzung bekandt zu machen. An bestimmten Tag funden sich alle Thier bey der Höhlen des Löwens, als einem Pallast ihres Königs ein; der Fuchs wäre der einige, welchem sein böses Gewissen das Ausbleiben einriethe. Inzwischen da die andere Thier in der Anticamera ihres Königs versammleter auf die Ankunfft des Fuchsens warteten, wäre unter ihnen ein mächtiges Murmelen über den Fuchs, ein jeder wüste mit grosser Verbitterung ein seinem Geschlecht von dem Fuchs erwiesene Unbild, Diebstahl und Mord zu erzehlen. Diese geschähe mit solchem Geschrey und Tumult, daß es der König in seinem Gemach hörte und vermeinte, es seye ein Aufruhr entstanden, tratte also hervor, solchen zu stillen. Die Thier erzehlten ihm alles, was sie untereinander discuriret, gaben auch den Vorschlag, man solle dem Wolff und dem Hund Befehl geben, daß dieser den falschen Fuchs aufsuchen und jener ihn zerreissen solle; allein der Low wollte dieses gar nicht gut sprechen, dann ein gerechter Richter könne keinen zum Tod verurtheilen, er habe ihn dann zuvor gehört, sonderbar wann die Ankläger mit einer Passion und Haß überfallen seynd; sie sollten unter sich einen aussehen, welchen sie für den tauglichsten hielten, denselben wollte er als einen Gesandten zu dem Fuchs abspedieren, da war aber kein Thier zu finden, welches diese Gesandtschaft auf sich nehmen wollte, dann ein jedes besorgte sich, der schlauhe falsche Fuchs möchte es anführen. Der Bär sagte: Ich bin ein langsames dickes Thier, kan nicht wohl fortkommen. Du hast recht, sprach der Löwe, dann zu Gesandtschaften muß man keine plumpe, faule Gesellen brauchen, welche lang darmit umgehen, grosse Kosten verursachen und doch nichts ausmachen. Das Tygerthier sagte: ich bin ein grimmiges arges Thier und kan meinen Zorn nit abbrechen, wann ich nun den Fuchs solte antreffen und mich erinneren, was grossen Schaden er mir zugefügt, würde mich der Zorn überfallen, daß ich ihn auf der Stelle zerreissete. Du hast recht, sprach der Löwe. Hitzige Köpff machen nichts Gutes aus. Ein Gesandter muß mehr Callidus als Calidus seyn, mehr Witz als Hitz haben. Der Hirsch sagte: Ich wollte diese Commission gern auf mich nehmen und solche in aller Eyl verrichten, allein die Zeit lässet es nicht zu, dann es ist jetzunder die Hirsch-Brunst, da habe ich sonsten zu thun. Du hast recht, sprach der Low, du gibst mir fast eine Antwort, wie jener grobe ungeladene Gast deme, der ihn zum grossen Abendmahl eingeladen hatte: Uxorem duxi, & ideo non possum venire. Ich hab ein Weib genommen und darumb kan ich nicht kommen. Luc. 14 v. 20. Ich lasse deine Entschuldigung gelten, dann welche der Geilheit ergeben seynd, denen stehet aller Sinn und Gedancken zu den Weiberen und verrichten ihre Commissiones als wie der Raab, welchen

Eigenschaften der Tiere

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der Noe als einen Gesandten ausgeschickt, welcher aber ausblieben und sich bey einem Luder aufgehalten. Der Wolff sagte: Ich bin ein fressiges Thier, wann ich nun den Fuchs suchete, würde ich sehr hungerig werden, den Fuchs anfallen und fressen. Du hast recht, sprach der Low. Ein Gesandter muß massig und nüchtern seyn, dann wenn er dem Fressen und Sauffen ergeben ist, wird er die Zeit, das Geld und den Verstand mit Fressen und Sauffen verliehren, man wird bey ihm das dicke Corpus Juris wenig sehen, wohl aber das dicke Corpus Ventris. E r wird kein dickes Buch, sonderen ein dicken Bauch vor sich haben. Das wilde Schwein sagte: Wann Euer Majestät mich zum Gesandten machen, werden sie eine Sau mit mir aufheben, dann ich hab keine Höfflichkeit gelernet. Du hast recht, sprach der Low. Ein Gesandter muß höfflieh seyn, wann er grob ist, so ziehet er sich und seinem Herrn Verachtung zu. Der Äff sagte: wie würde das stehen, wann man sagte: der Thieren König hat einen Maulaffen zum Gesandten. Du hast recht, sprach der Low. Ein Gesandter muß ernstlich und kein Possen-Reisser seyn, die Marcktschreyer, Bruchschneider und Landfahrer führen Affen mit sich, welche den Leuten ein Gelächter machen, aber zu wichtigen Dingen schicken sie diese nicht. Von den wilden Thieren käme die Reyhe auf die zahme Thier. Das Pferdt sagte: Es ist nicht ohn, ich bin ein Thier, welches König und Fürsten dienet, keines ist unter allen Thieren, welches so nahe um den König ist und seiner Person so angenehme Dienst thut. Ich führe ihn in der Chaise, oder trage ihn auf meinem Rucken, da ich dann ein lebendiger und wandernder Königlicher und Kayserlicher Thron bin; weilen ich nun ein so vornehmer Kayserlicher Minister bin, wie würde es sich reimen, wann ich zu einer solchen verächtlichen Commission an einen Fuchs, welcher weit geringer ist als ich, sollte gebraucht werden. Der Fuchs würde sich dieser Ehr übernehmen, und noch hochmüthiger werden. Du hast recht, sprach der Low, du besorgst, der Fuchs möchte hoffärtig werden, ich glaube, er könnte es von dir erlernen, deine eigene Wort geben deinem Hochmuth das Zeugnuß. Solche großsprechende Hansen schicken sich zu keiner Legation, dann man achtet sie an keinem Orth höher als zu Haus, wo sie bey Hoff zu befehlen haben, wo der Hoffarth ein Hoff Arth ist. Der Esel sagte: Ich schickte mich zu einer Gesandtschaft: Sicut asinus ad Lyram, gleichwie der Esel zum Lauten schlagen. Still, still, sagte der Low, du hast recht, und noch wohl etwas übrig, es wäre mir ewig nachtheilig, wann man sagte: des Königs Gesandter ist ein Esel. Wann ein König oder anderer Regent Esel voran setzet, und ihnen die Aembter aufträgt, so muß das gemeine Wesen zu Grund gehen. Der Ochs sagte: Zu solcher Verrichtung bin ich viel zu dumm, ich bin der schwehren Arbeit gewohnt, und will lieber das Joch auf dem Kopff tragen, als selbige mit vielen Dichten und Nachsinnen beschwehren. Du hast recht, sprach der Low. Du gehörst an den Pflug und Wagen, welche der schwehren Arbeit von Jugend gewohnt seynd, müssen darbey bleiben, und Regierungs-

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Gedancken mit Frieden lassen, dann wann Baueren regieren, so bleiben die Felder öd liegen und Hunger kommt ins Land. Der Hund sagte: Zu dieser Gesandtschafft schickte sich keiner besser als ich, wollte solche auch hertzlich gern auf mich nehmen, so traue es mir aber selbsten nicht zu, dann ich und der Fuchs haben einander die Zähn schon so gar offt geblöcket, und den Beiz zerrissen, es trauet weder der Fuchs mir noch ich ihme. Du hast reciit, sprach der Low, wo kein Vertrauen zwischen zweyen ist, da wird auch in Ewigkeit nicht Gutes von ihnen ausgemacht. Sage mir aber, wem soll ich endlich zu dieser Gesandtschafft brauchen? gebe mir einen guten Vorschlag? Dieses gefiele dem Hund, daß er ein geheimer Rath des Königs worden, bediente sich dieser Stell zu Unterdrückung seines Feinds, brachte die Katz in Vorschlag, in Hoffnung, durch diese Gelegenheit seinem Feind eins anzuhencken. Hierauf gäbe er seine Raison: Wann man zu dem Fuchs ein vornehmers Thier schickt, als er ist, so ist es wider die StaatsRegul gefehlt. O wie würde sich der Fuchs auffwerffen, wann er bey dem König und der gantzen Thier-Versammlung also hoch sollte angesehen seyn, der Bott muß etwas geringer seyn als der Fuchs, aber doch auch nicht geringer als die Katz, dann es wäre der Königlichen Majestät nachtheilig, wann sie einen so verwürfflichen Gesandten hätten. So weiß man ja auch, daß zwischen der Katz und dem Fuchs keine sonderbahre Feindschafft, im Gegentheil auch keine grosse Bekandt- und Gemeinschafft seye, weldie beyde einer Gesandtschafft hinderlich seynd, so kan auch die Katz ihre Reiß ohne Gefahr und grosse Unkosten verrichten, sollte ihr eine Gefahr aufstossen, so kan sie sich gar leichtlich auf einen Baum salvieren, auf dem Weeg und in der Herberg kan sie die Mäuß fangen und sidi darmit emehren, wird also überall Willkomm seyn. Die Katz machte einen Buckel, und liesse sich diese Ehr gefallen, und nahm diese Verrichtung auf sich, alle Thier wünschten ihr Glück, welches sie noch aufgeblasener machte, maumtzte etliche mahl aus Freuden und tratte mithin ihre Reiß an. Allem diesem, was bishero vorgangen, hat ein Geyer oder Habich auf einem Baum mit zugehört, und dachte bey sich: mit einem Fuchs zu thun haben, ist ein gefährlicherer Handel, da hab ich dann mit Verwunderung gehört, wie manierlich und aufs schönste ein jedes Thier seine Einwendung thun, sich entschuldigen und diese gefährliche Verrichtung von sich ablehnen können. Wann man dem König Löwen etliche Bien-Körb voller Hönig als ein Confect hätte hohlen sollen, da würde der Bär wohl kein anderes Thier zu dieser Commission gelassen, sondern selbsten solche verrichtet, und den halben Theil an statt der Commissions-Unkosten verzehret haben. Wäre es eine Commission, ein anderes Thier zu zerreissen, da würde sich das Tyger-Thier bald eingefunden haben. Wäre es eine Commission, eine Heerd Schaaf-Beuth zu machen, würde der Wolff sich darum zancken. Wäre es eine Commission, die EychelMastung betreffend, da würde die wilde Sau sich rühmen, es wüste kein anderes das jus legendarum glandium besser als sie zu manuteniren. Wäre ein Schalcks-Narr oder Tisch-Narr an einen frembden Hof zu schicken, da würde

Gesandtschaft der Katze

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der Äff allen anderen vorthun wollen. Wäre ein Streit-Sach mit einem ObristStall-Meister auszumachen, so würde sich das Pferdt solche ausgebetten haben. Wann ein Müller mit seinem Esel sich in einen Streit verfallen und einen Schieds-Mann vonnöthen hätte, so würde der Esel, in Hoffnung ein gutes Futter davon zu tragen, sich zu dieser Commission fähig profitieren. Wann wegen der Huth und guter Herbst-Weyd einige Strittigkeit beyzulegen wäre, so würde der Ochs deputirt werden wollen. Wegen der Jag-Gerechtigkeit haben die Edelleuth beständige Streit-Händel, wann nun der Obrist-Jäger-Meister den einen Theil sein Recht mit Zeugen zu belegen auftragte, so würde der Hund gar gern einen Zeugen abgeben, dieweil er seinem Herrn gejagt habe, dann dieses würde ihm ein Schüssel voller verdorbenen Wildbräts eintragen, da er aber ein verdrießliches gefährliches Werde antrifft, da ist niemand zu Haus, das soll die Katz dem Fuchs die Schell anhencken. Inzwischen da der Habich seinen Gedancken diese Audientz gibt, kommt die Katz bey ein Dorff, und ersiehet den Fuchs hinter eines Bauers seinem Stadel durch einen Ritz hinein schauen, die Hüner und Gäns betrachtend, bevor die Katz den Fuchs anredete, verfügte sie sich auf einen nahe stehenden Baum, damit sie ihre Commission in der Sicherheit ablegen könnte, da sie sich mm postiret hatte, rieffe sie dem Fuchs einen Gruß zu, dieser sdiauete in der Eil zuruck, die Katz brachte ihm vor, daß sie von dem Löwen in commissis habe, ihn zu dem Thier-Congress zu beruffen, denen vorseyenden Reiß-Affairen mit beyzuwohnen. Der Fuchs sagte Danck, versprach den Gehorsam, doch de mane consilium, weilen es nun spath am Tage seye, wollten sie ihre Abreiß biß auf den Morgen aufschieben. Immittels könnte die Katz in der Scheuer ein sicheres Nacht-Quartier und sanffte Ruhe-Statt haben, weilen sich auch viele Mäuß in der Scheuer aufhielten, könnte sie ein gutes Abendmahl und Frühe-Stüde allda nehmen. Die Katz liesse sich diesen guten Anschlag gefallen, und verfügte sich ungesäumbt in die Scheuer, legte sich eines weils auf das Hey auszuruhen, weilen sie von der Reiß sehr müd wäre, unterdessen kam die Nacht heran, und der Hunger weckte die Katz von dem Schlaff auf, und wartete auf Mäuß, der Fuchs stunde hinter der Scheuer, und schauete zum Deichsel-Loch hinein, zu sehen, wie diese Jagt ablauffen werde. Der Fuchs wäre mehrmalen zu diesem Loch hinein gewischt, und von dar durch die Scheuer in den Gäns-Stall und Hühner-Haus gekrochen, und seine Beuth abgehohlt, der Bauer wüste dieses, darum hat er einige Schlingen in die Scheuer und selbiger Orten gelegt, an solche eine Schelle gehendet im Fall der Fuchs sich sollte gefangen haben, er durch Bewegung der Schnur die Schellen zu einem Anzug regte, und sich selbsten verrathete. Der Fuchs hatte diese ihm gelegte Schlingen wohl in Acht genommen, und nähme sich vor ihnen wohl in Obacht. Die Katz wüste hievon nichts, als sie nun einer Mauß nachsprunge, und sich selbsten einschlingte, sich von der Schlingen zu lösen hin und her zöge, regte sie die Schellen dergestalt hefftig, daß der Bauer und sein gantz Hausgesind solches hörten und vermeinten, sie hätten den Hühner- und Gäns-Dieb, den Fuchs gefangen, lieffen sambtlich der Scheuer zu, ein jeder wollte der erste

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seyn, den Fuciis todt zu schlagen, der Haus-Vatter nähme seinen knöpffigten dicken Stock, das Weib die Ofen-Gabel, der Sohn das Beil, die Tochter das Mange-Holtz, der Knecht den Tresch-Flegel, die Magd die Misthacken, der Bub die Peitschen, das Mägdlein den Ruhr-Löffel. Diese also gewaffnete kleine Armee lieffe also eylfertig der Scheuer zu, daß sie des Liechts vergessen, ein jeder schlug blind darein, wo er vermeinte, daß sich der Gefangene aufhielte und schlugen die Katz zu todt, der Fuchs vorm Loch hörte diese Comödi mit Freuden an, und dachte bey sich, also ergeht es denjenigen, welche Commissiones auf sich nehmen, und doch nicht verstehen. Einen solchen unglücklichen Ausgang gibt es, wann Ungeschickt, Unerfahrne zu Gesandtschaften gebraucht werden. 208. H i s t o r i e v o n d e n

Eulenspiegel

Es will sich zwar nicht wohl geziemen, daß ich in eine ernstliche Red den Eulen-Spiegel mit einbringe, weilen es sich aber zu meinem Vorhaben wohl schicket, was von ihm gedieht wird, erzehle ich es kurtz, nehmlich wann er einen Berg steigen müssen, seye er gutes Muths und wohl aufgereimt gewesen, sich tröstend, daß er nach müheseeliger Besteigung des Bergs, bald darauf den Berg ab ohne sondere Mühe gehen werde; gienge er aber von einem Berg herab, seye er traurig und Trostloß gewesen, vorsehend, daß ihm nun bald ein anderer Berg zu besteigen vorstehe. Es haben sich die Heilige Gottes mehr erfreuet in ihren Trübsal und Widerwärtigkeit, also eben in ihrem Glück und Wohlfahrt, dann in jener haben sie dieses gehofft und in diesem haben sie jene besorgt. 209. L ü g e n e i n e s a b g e d a n c k t e n

Soldaten

Es ist so weit kommen, daß es ihrer viele für eine Klugheit und Geschicklichkeit halten, wann sie also lügen können, daß es andere glauben, und wann sie einen angeführt, oder wie man zu sagen pflegt, einen Beeren auffgebunden haben, so haben sie die gröste Freud daran . . . Andere lügen, nicht, daß sie die Wahrheit gesagt zu haben wollen gehalten seyn, sondern damit sie einen Spaß und Gelächter erwecken . . . Einige lügen auß einer bösen Gewohnheit, als da seynd die alte abgedanckte Soldaten, oder welche sonst weit in der Welt herumgeloffen. Ein solcher war jener, welcher gantz Handgreiffliche Lügen zu erzehlen wüste, und wann mans ihm nit glauben wolte, mußte es ihm sein Knecht der Hanß, der mit ihm gereist war, bejahen und bestätigen. Einsmahls erzehlte er, wie er auff einen Schuß und mit einer Kugel einen Vogel, einen Fisch und einen Hirsch durch den hinderen Lauff und das ein Ohr geschossen habe. Die Zuhörer widersprachen es ihm, da sagte er: Hanß, ist es nicht wahr, du wärest ja darbey. Ja, sprach Hanß, es hat sich aber gar wunderlich zugetragen. Mein Herr stunde bey dem Fluß hierüber und der Hirsch darüber, und da der looß brennte, flog eben ein Schwalb ober dem Wasser und ein

Lachend bergauf, weinend bergab — Lügengeschichten — Ein Faulpelz

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Fisch hüpfte auß demselben hervor und eben zugleich krepte sich der Hirsch mit der hinderen Klauen hinder dem Ohr, wo ein Websen saß, da hat er unversehens diese allzugleich getroffen. Nachmahlen als sie miteinander nacher Hauß kamen, sagte Hanß: Herr Juncker, macht eure Sach ein andersmahl behutsamer, sonst kan ich euch wahrhafftig ein anders mahl nicht mehr darauß helffen. Ist gut, sagte der Herr, wenn ich wieder einmal anfang aufzuschneiden und du vermeinst, es seye genug, so stosse mich, damit ichs unterbreche und nicht zu tieff hineinkomme, es bleibt darbey, sprach der Hanß, auff solche weiß wollen wir unser Sach anstellen. Bey nächster Mahlzeit fienge Juncker Sigismund wieder an, mächtig auffzuschneiden, unter anderen sagte er: In Welschland habe ich ein Kirchen gesehen, die ist zehen tausend Schritt lang. Hanß gäbe seinem Herren alsobald einen Stoß, diser erschrak und führe in die unbesonnene Wort auß: Und zwey Schritt breit. Alle Anwesende fiengen überlaut an zu lachen, aber Herr Sigismund entschuldigte sich mit diesen Worten: Wann du Bemhäuter mich nicht hättest gestossen, so wolte ich diese Kirchen nach der Proportion, der Läng schon breit genug gemacht haben.

210. V o n d r e y e n

Ertz-Lügnern

Es waren einstens drey Ertz-Lügner beysammen, und als sie miteinander umb die Wett dieses Hand-Werck betrieben, hörte ihnen der vierdte eine Zeitlang zu, endlich sagte er: welcher unter euch die gröste und Handgreiflichste Lügen thun wird, dem will ich einen Krug Wein bezahlen. Der erste machte das Fenster auff, deutete auff einen sehr hohen Berg und sagte: Dort auff dem Berg beissen zwei Mucken einander. Der andere eilete hinzu und sprach: ja, es ist wahr, eben jetzt beist eine der anderen das rechte Aug auß. Der dritte schwiege hiezu still. Als er ermahnet wurde, auch seine Lügen beyzubringen: Ach! sprach er, ich kan gar nichts lügen, welches ein grössere Lug als die vorige war. Auf solche Weis gilts Wettung und Belohnung . . . 211. V o n e i n e m

Faulen

Jener thorechte, als man ihn ermahnte fleißig zu betten, damit er einsmahls in den Himmel komme, welcher, weilen es in dem Winter wäre und eben damahl ein dicker Schnee herabfiele, gäbe er auß Einfalt und Unverstand die Antwort: E r mögte nicht in den Himmel, dann den gantzen Sommer über müsse man beständig Schnee flocken und solchen in dem Winter herabwerffen. Dieser Narr besorgte, man müsse in dem Himmel arbeiten . . .

212. E i n P f a r r e r d r o h t e i n e m mit einem

Ehebrecher

Stein

Es wird von einem Pfarrer erzehlt oder vielmehr gedichtet, daß er auf der Cantzel vorgebracht, wie daß ein Ehebrecher unter seinen Pfarr-Kindern 24

Moser-Rath

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Johann Laurenz

Heibig

seye, welchen er hiermit wolle ermahnet haben, von diesem schändlichen Laster abzustehen, falls er sich innerhalb acht Tagen nicht werde besseren, wolle er ihn nechsten Sonntag öffentlich auf der Cantzel nennen, und vor allem Volck zu Schanden machen. Der Sonntag kam heran, der Pfarrer stieg auf die Cantzel, sagte, der Ehebrecher habe sich nicht gebessert, er wolle auch dieses mahl seiner verschonen, über acht Tag wolle er einen Stein mit auf die Cantzel bringen, und solchen den Ehebrecher auf den Kopff werffen. Nach acht Tagen war ein häuffiger Zulauff des Volcks in die Kirchen, welcher aus Vorwitz zu sehen, wie es werde ausgehen, sich einfunde. Der Pfarrer kam mit dem Stein auf die Cantzel und sagte: weilen sich der Ehebrecher bißhero nicht gebessert, so wolle er seinem Versprechen hiemit nachkommen, und dem Ehebrecher den Stein auff den Kopff werffen, hiermit zuckte er den Armb mit dem Stein, als wann er werffen wolte, behielte aber doch den Stein in der Hand, als er aber den Stein mit dem Armb an einen gewissen Ort, wo die Männer sassen, schwunge und zielte, budcten sich alle in selbiger Gegend, aus Beysorg, sie möchten getroffen werden. Holla, sprach der Pfarrer, ich hab vermeint, ich hätte nur einen Ehebrecher in meiner Kirchen, so sehe ich aber, daß sich ihrer mehrere hierinfalls nichts guts bewust seynd und ein jeder sich besorgt, er seye derjenige, den ich treffen wolle.

213. E i n F u h r m a n n d r o h t e i n e m

anderen

In einem Hohl-Weeg begegnete ein Fuhrmann dem anderen, also daß nothwendig einer außweichen und zurückkehren muste, der eine fuhr den anderen mit so ungestümen Worten an, er solte ihm alsobald außweichen und zurückkehren oder er wollte es mit ihm machen, wie er es mit dem vorigen gemacht, der ihm in dem Hohl-Weeg begegnet. Der andere besorgte sich, es möchte an ein Schlagen gehen, und dörffte er Stoß davon tragen, darumb wiche er gantz willig aus. Da nun alles vorbey wäre, fragte er den ungestümmen Fuhrmann, wann er ihm nicht ausgewichen wäre, was er ihm dann hätte thuen wollen? und was er dem andern gethan hätte? Da antwortete er mit lächeltem Mund: Er wollte mir nicht ausweichen, so bin ich ihm außgewichen. Das hätte ich dir auch getan, endigte also der gantze Handel in einem Gelächter.

214. A l t e W e i b e r j u n g z u

machen

Es wird von einem Landfahrer erzehlet, daß er auf einem Jahr-Marckt, auf seine Bühne getretten, und dem zulauffenden Volck die Versicherung gegeben, daß er die alte Leuth wieder könne jung machen, welche derowegen ihre junge Jahr und Kräfften wiederumb verlangten, die sollten miteinander zu ihm in sein Logiment oder Herberg kommen, wann sie dann nun alle werden beysammen seyn, da wollte er sein Prob-Stück thun. Es funden sich viele alte Weiberlein ein, denen er dann den Vortrag thäte: daß die Aeltiste unter ihnen

Pfarrer und Ehebrecher — Des Fuhrmanns Drohung — Verjüngungskur

371

müste verbrennet werden, und welche nachgehends ein gewisse Quantität von der Aschen würden in einem warmen Wein einnehmen, dieselbige würden wieder gantz jung werden, weilen sich nun ein jede besorgte, dieses grosse Unglück der Verbrennung mögte sie betreffen, wollte keine die Aeltiste seyn: Er machte den Anfang zu fragen von deren, welche ihm die Aeltiste schiene, wie alt sie seye? Sie gäbe zur Antwort dreysig Jahr, weilen nun keine älter seyn wollte als 30 Jahr, so sagte der Marcktschreyer, ein Weib von 30 Jahr seye nicht alt sondern jung, so seyn sie nunmehr alle wiederum jung worden, und sollten ihren alten Männern junge 30jährige Weiber heimbringen.

24*

Albertus Steffan Über ihn war nicht mehr zu erfahren, als die Ordensliteratur knapp genug verzeichnet. Er war von Würzburg gebürtig, um 1685 in das dortige Dominikanerkloster eingetreten, hat von 1687 bis 1690 in Wien studiert, im gleichen Jahr schon zu Bamberg selbst Moraltheologie gelehrt. 1704 wirkte er einige Wochen offenbar vertretungsweise als Prior in Würzburg; am 6. September dieses Jahres wurde er „ob sua in scholis merita" zum „S. Theologiae Praesentatus" erhoben. Auf dem Titelblatt seines Dominical- und Festivalzyklus „Tubae sonitus . . . oder Geistlicher Posaunen-Schall . . ." (1715) ist er außerdem als „in decimum Annum Professor Ordinarius" und ,,p(ro) t(empore) Prior Herbipolensis" bezeichnet. Er scheint in diesen Jahren vorwiegend im Unterfränkischen gewirkt haben, da er zu einer Predigt über Papst Pius V. (Fest. 284) vermerkte: „Habita in Ecclesia Parochiali Civitatis Mergentheimensis 20. Novembris 1712". 1730 dürfte er gestorben sein; jedenfalls wurde am 13. dieses Jahres sein Nachfolger in der Würde des Praesentatus eingesetzt. Außer dem hier verwendeten Foliowerk von Sonn- und Feiertagspredigten hat Steffan noch einen dritten Band „Außerordentlicher Geistlicher PosaunenSchall, Das ist: Extraordinari Lobreden jener fürnehmen Heiligen, Deren Festtag in verschiedenen Ordens- u. a. Kirchen begangen werden . . . " (Augsburg 1720, 2°, 226 S.) zum Drude gebracht. Eine Gesamtausgabe seiner Predigten, drei Teile in einem Band, erschien 1729. Steffan ist bei aller Gelehrsamkeit ein sehr lebendiger Prediger mit einer bilderreichen Sprache und vielerlei Beziehungen zum Volksleben. So hat er etwa auf unnachahmliche Weise die „Kirbe", die fränkische Kirchweih, beschrieben (Fest. 268 ff.). Seine Fabeln (vgl. etwa nr. 226) hat er in geradezu kindertümlichem Ton erzählen können. Er ist nicht immer ganz originell. Man findet zuweilen deutliche Übereinstimmungen mit Abraham a S. Clara, zwei heitere Säufergeschichten von Leo Wolff hat er fast wörtlich in seine Kirchweihpredigt übernommen (vgl. nr. 60, 66). Lit.: Scriptores Ordinis Praedicatorum, recensiti notis historicis et criticis illustrati, autoribus F R . JACOBO Q U E T T E et F R . JACOBO ECHARD, Editio altera, Paris 1 9 1 0 , S. 500 f.

Der Schuß auf den toten König — Der undankbare

Gehenkte

373

215. D r e y S ö h n s c h i e s s e n m i t P f e i l e n nach ihrem todten Vatter Diodorus Siculus lib. 2 schreibt, daß ein König drey Söhn hinterlassen habe, weilen sie aber wegen deß Reichs und der Regierung miteinander seynd strittig worden (dann ein jeder wäre gern König gewesen) und konten sich nicht miteinander vergleichen, wer es seyn solle, also haben sie einen Richter begehrt, dessen Sententz und Außspruch sie wolten folgen; darzu ist dann erwählt worden Ariopharnes der Tracier König: Diser Hesse den schon begrabenen Leichnam des verstorbenen Königs, als deß Vatters diser drey Söhnen wieder ausgraben, und auff freyem Feld an einem Baum binden, befahle darauff denen Söhnen mit ihren Pfeilen darnach zu schiessen, also zwar, daß, wer aus ihnen mit seinem Pfeil das Hertz des Vatters treffen werde, diser solte den Vorzug haben, solte König seyn und das Land regieren. Der ErstGebohrne nimmt seinen Bogen, spannt, legt den Pfeil auff, zielt, truckt ab, und trifft den Vatter in die Gurgel, daß der Pfeil darin stecken geblieben. Der Zweit-Gebohrne Sohn sehend, daß sein Bruder das Hertz nicht getroffen, machte sich Hoffnung zum Königreich, ergreifft seinen Bogen, schiesset den Pfeil ab, und trifft den Vatter auch, nicht zwar in das Hertz, sondern in die Brust. Beyde hatten nun den Zweck verfählt, und wäre noch übrig der dritte und jüngste Sohn; man gibt ihm Bogen und Pfeil, man gratulirt ihm gleichsam schon zur Krön, er solle nur wohl zielen und behertzt schiessen. Was thut diser Sohn? Er nimmt Bogen und Pfeil, zerbricht, und wirfft sie weit von sich, und sagt: Es sey fern von mir, daß ich eine solche Boßheit, eine so entsetzliche Missethat an meinem Vatter begehe: Solte ich so gottloß gegen meinem Vatter seyn, von deme ich nach GOTT das Leben habe? solte ich midi unterstehen dessen Hertz zu verwunden, der mich von Hertzen geliebt hat? Nein, es soll nicht seyn, es regiere wer wolle, auff solche Weiß will ich nicht regieren und König seyn. Als der bestellte Richter dises gesehen und gehöret, da hat er den Ausspruch gethan, daß diser jüngere Sohn solte König seyn und die Regierung antretten: Die andere zwey aber hat er Verstössen und in das Elend verjagt.

216. E i n u n d a n c k b a r e r D i e b w i r d d a s gehenckt

zweytemal

In dem Cöllner Bistumb ist einstens ein Dieb wegen seiner verübten DiebsStucken zum Galgen verdammt und gehenckt worden: nicht lang hernach ritte ein Bedienter bey dem Galgen vorbey, in dem nächsten Dorff seine Geschafften zu verrichten; da er nun den Gehenckten betrachtete, merckte er, daß er noch lebe, steigt vom Pferd herab, bindet es an den Galgen, schneidet den Strick ab und macht den Gehenckten loß, holet einen Hut voll Wasser, bestreichet ihn damit im Gesicht, daß er wieder zu sich kommen. Was thäte nun dieser vom Todt erledigte Ubelthäter gegen seinem Gutthäter? ohne

374

Albertus

Stefan

Zweifel, gedenckt ihr vielleicht, wird er ihm zu Füssen gefallen seyn, oder die H ä n d und F ü ß geküsset u n d ihm möglichsten und schuldigsten Danck gesagt haben f ü r diese so große Gutthat, und ihme versprochen haben, sich hinfüro vor dem Galgen zu hüten, weil er nunmehro wüste, wie das Hencken thue, und dieses Glück wieder abgeschnitten zu werden, nicht mehr haben werde etc. Freilich hätte er dieses alles t h u n sollen, aber höret ein unerhörte Undanckbarkeit: Als der Bediente wieder zu Pferdt sitzen wollte, ergriffe diser undanckbare Gesell ihn bey dem Halß, in Meynung ihn zu würgen und mit dem Pferd durchzugehen. Die Bauren des Dorffs, aus welchem der Dieb ist gehenckt worden, sahen, daß bey dem Galgen ihrer zwey einander wollten erwürgen, lieffen hinzu, und erkenneten bald, daß ihr gehendct-gewesener Dieb gegen seinen Erlediger aufs neue wieder ein solche unerhörte Boßheit begangen: nahmen ihn gebunden, führten ihn wiederumb in die Gefängnuß; und ist er das zweyte mahl gehendet und nimmer loß worden.

217. E i n S p i e l m a n n l ä s t e r t

Gott

und wird

verdammt

Cantipratanus erzehlt dessen eine Histori von einem Spielmann in Flandern, welcher bey denen Kirben und andern Zusammenkünften sich meisterlich wissen zu gebrauchen, seine Zotten und Possen zu reissen, wie es gemeiniglich dergleichen Spielleut können. Als er nun einsmahl dieses saubere Handwerdc wieder getrieben, und an einem Fest-Tag die junge Leut mit pfeiffen u n d unzüchtigen Liedern zum Tantzen u n d allerley Muthwillen angereitzt, da ist die Straff Gottes über ihn kommen, u n d hat ihn durch einen erschröcklichen Donnerstreich zu Boden geworffen, unnd den rechten Armb von dem Leib gäntzlich abgetrennt; worauf alsobald zwey Kohl-schwartze H u n d herzu geloffen und den Armb mit sich hinweg geschleppt. Der Leib ist zwar, wiewohl wider den Willen des Pfarrers, auf einen geweihten Orth begraben worden, aber alsobald wurde er von einer unsichtbaren H a n d wieder hinweg genommen, daß man hernach nichts als das leere Grab gefunden; nemlich G O T T wolte auch kein ehrliche Begräbnuß gönnen diesem vermessenen Gesellen, dessen Seel schon gebrunnen in der Höllen.

218. H l . A n d r e a s k o m m t a l s e i n P i l g r a m b vor den P a l l a s t eines B i s c h o f f s Es wäre ein geistreicher Bischoff, welcher den H. Andream absonderlich verehrte und in allen seinen Werken sagte er: In honorem Dei & beati Andreae. Zu Ehren Gottes und deß Heil. Andreae. Diese Andacht konte der leidige Teuffei nicht leyden, verstellt sich derowegen, und nimmt die Gestalt eines schönen Weibsbilds an, kommt zu dem Pallast deß Bischoffs und verlangt mit ihm in geheim zu reden, weilen sie dieses sonst niemand vertrauen dörffte: der fromme Bischoff lasset sie vor sich kommen, alsdann fienge sie also an zu

Gotteslästerer bestraft •— Hl. Andreas bewahrt vor dem Teufel

375

reden: ich bitte dich mein Herr, erbarme dich meiner, ich bin noch in blühender Jugend, und bin gebohren von Königlichem Stammen, mein Herr Vatter wolte mich mit Gewalt zwingen zum heyrathen, weilen ich aber mein Keuschheit Christo meinem Bräutigam versprochen, habe ich mich aus Forcht heimlich darvon gemacht; hätte ich dieses nicht gethan, so müste ich entweder meinem Herrn Vatter deßfalls Gehorsam leisten, oder aber hätte nichts als Schläg, Qual und Plag zu gewarten, will also lieber im Elend herum ziehen, als meine Christo versprochene Keuschheit in Gefahr setzen: Bitte also dich, mir ein ruhiges und einsames Ort zu verschaffen, wo ich meinem Gott und Herrn dienen möge. Der Bischoff verwundert sich über diese heroische Resolution dieser Königlichen Persohn, verspricht ihr einen Wohn-Platz zu verschaffen, unterdessen solle sie heut mit ihm zu Mittag speisen, sie weigerte sich dessen und sagte: mein Herr, muthet mir das nicht zu, es möchte ein böser Argwohn daraus entstehen, und möchte die Ehr darunter leyden müssen: es hat. kein Gefahr, sagt der Bischoff, es werden unser mehrer bey dem Tisch seyn, also kan niemand was Böses argwohnen. Als sie zur Tafel giengen, setzte sie sich gegen dem Bischoff hinüber, und die andere Gäst sassen darzwischen; unter dem Essen w u r f f e der Bischoff öffters seine Augen auf diese Persohn, betrachtete ihre Schönheit etwas genauer; da dieses der verstellte Teuffei merckte, da machte er sich allzeit schöner und schöner, wordurch der Bischoff dergestalten in fleischliche Gedancken gerathen, daß er allbereit sich verwilligen wolte mit dieser Persohn sich in die Sünd einzulassen, wann er Gelegenheit hätte. Unterdessen klopfft man starck an der Thür deß Pallasts, u n d wäre ein fremder Mensch da, der mit grosser Ungestümme verlangte hinein gelassen zu werden: der Bischoff fragte diese Weibs-Persohn, so bey ihm am Tisch sasse, ob man ihn solle herein lassen? sie antwortete, man sollte ihm vorhero ein schwere Frag aufgeben, wann er sie auflöse, so solle man ihn hereinlassen, wofern aber nicht, solle man ihn als einen Idioten abweisen, der nicht würdig sey vor einem Bischoff zu erscheinen; weilen aber unter allen Gästen sich keiner unterstehen wollte, dergleichen Frag aufzugeben, hat solches der Bischoff dieser Weibs-Persohn aufgetragen; sie schickte alsobald einen von denen Bedienten zu dem Pilger, liesse ihn fragen, welches das größte Miracul sey, so Gott in einer kleinen Sach gewürckt habe? der Pilger liesse die Antwort sagen, es sey der Unterschied in den Angesichtern deren Menschen: dann kaum zwey Menschen gefunden werden, die in dem Gesicht einander gantz gleich seynd; zudeme, hat Gott auch in dem eintzigen Gesicht u n d Kopff deß Menschen alle Sinn gesetzet. Diese Antwort hat allen Gästen gefallen. Die Weibs-Persohn schickte noch einmahl hin, durch eine schwere Frag ihn zu probiren, sagte, man solte ihn fragen, wo die Erd höher sey als der Himmel? der Pilgram antwortete: in dem Himmel, wo der Leib Christi ist; dann weilen Christus einen menschlichen Leib angenommen, und der menschliche Leib von der Erden ist formirt worden, so folgt dann, daß die E r d höher sey als der Himmel, Christus super omnes coelos ascendit: die Antwort wurde mit Verwunderung aller Anwesenden überbracht. Das Weibsbild lasset ihn das

376

Albertus Steffan

drittemahl fragen diese schwere, geheime und verborgene Frag aufzulösen, nemlich, wie weit es vom Himmel biß auf die Erd sey? der Pilgram sagte zu dem ihm geschickten Bedienten: gehe hin mein Sohn und sage derjenigen Persohn, die dich zu mir schickt, sie könne diese Frag am besten auflösen, weilen sie, als sie vom Himmel wegen ihrer Hoffart Verstössen worden, den Weeg in dem herunterfallen gemessen, dann sie ist kein Weib, sondern der leidige Teuffei; als dieses der Bediente dem Bischoff und sämtlichen Gästen hinterbracht, ist das vermeynte Weibsbild (welche der Teuffei wäre) augenblicklich verschwunden. Der Bischoff wolte gern wissen, wer dann dieser Frembdling sey, liesse ihn suchen, aber niemand konte ihn finden, er liesse das Volck zusammenruffen, er erzehlte den gantzen Verlauff der Sadi und befihlt allen Gott zu bitten, damit er doch möchte offenbahren, wer dieser Pilgram gewesen: und sihe, dieselbe Nacht wird ihm von Gott offenbahret, daß es der H. Andreas gewesen sey, worauf er den H. Andream Zeit Lebens mehr als vorhero verehret.

219. D e r T e u f f e i g i b t e i n e m B a u r e n - M e n s c h e n ein Maultaschen Nit allein aber der gute Engel, sonder auch sogar der böse Engel ermahnet zu Zeiten die unbehutsambe Menschen, wohl zu überlegen, wo sie hingehen. Discipulus schreibt von einem gemeinen Bauren-Menschen, daß sie sich unbesonnener Weiß auß ihres Vatters Hauß begeben, und auff ein gewisses Schloß gangen, alldorten sich zu verdingen, unterweegs begegnete ihr der böse Feind, in Gestalt eines reisenden Menschen, fragte dises Mägdlein: quo vadis? wo gehest du hin? sie sagte, ich bin gesinnet in das negste Schloß zu gehen, alldorten umb gebührenden Lohn zu dienen. Der verstellte Teuffei sagte: ich rathe dir, gehe nit hin, du bist jung und Wohlgestalt, es wird dich reuen. Die Person achtet dise Ermahnung nit, geht fort, steht in den Dienst ein: es stunde aber nit lang an, da ist sie grob gestolpert, umb ihr Ehr kommen und groß Leibes worden. Als die gnädige Herrschafft solches erfahren, wäre gleich der ernstliche Befehl disen Schlepp-Sack (wie billich) hinweg zu schaffen. W i e sie nun ihren Bündel zusammen gemacht, umb nacher Hauß zu gehen, begegnet ihr an eben demselbigen Orth wiederumb der Sathan in einer andern Gestalt eines reisenden Menschen, fragte sie: quo vadis? wo gehst du hin? nacher Hauß, sagte sie, wo bist du dann gewest? da in disem Schloß bin ich gewesen, es hat mich ein leichtfertiger Kerl verführt und umb mein Ehr gebracht, es hat mich wohl der Teuffei dorthin geführt. Kaum hatte sie dises gesagt, da hat ihr der verstellte Teuffei eine solche Maultaschen versetzt, daß sie sich umb und umbgedrähet, und zu ihr gesagt: du unverschämbter SchleppSack, du lügst in deinen Halß hinein, ich bin der Teuffei, und hab dir zu diser und diser Zeit eben an disem Orth widerrathen, du solst nit in obenbenanndtes Schloß gehen, also bin ich nit Schuld daran, daß du also in die

Der Teufel warnt ein Mädchen, entführt eine Braut — Der Galgen zu Hirschau

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Schand kommen, sondern, du selbst bist schuld daran, weilen du so unbesonnen bist darein gangen, die Sacii nit wohl überleget, das E n d nit wohl b e t r a c h t e t . . .

220.

D e r T e u f f e i h o l e t e i n e B r a u t an d e m

Hochzeit-Tag

Höre, wie es ergangen jener jungen und reichen Tochter in Sachsen: dise hatte sich verliebt in einen feinen und wackeren, jedoch nit sehr reichen Jüngling, und hat ihm auch die E h e versprochen, der Jüngling erfreute sich dessen bestermassen, jedoch sagte er zu ihr, sie solle ihre Wort fein halten und nit wider, wie es die Mägdlein im Brauch haben, so geschwind wanckelmüthig werden, da sagte sie: wie? für wen siht er mich an? meint er dann, ich seye so wanckelmüthig und leichtsinnig? da hat er meine Hand, wann ich einen andern nimme als ihn, so holle mich der Teuffei am Hochzeit-Tag. Was geschieht? es verlaufft eine oder die andere Wochen, sie kommt zu einer Gesellschafft, ersihet einen anderen, der hüpsch und fein, und zugleich bey guten Mittlen wäre, sie ändert ihren Sinn, und gibt ihm das Jawort; der erste ermahnt sie öffters, sie solle sich ihres Versprechens und harten Schwurs erinneren etc. ungeachtet dises, mußte der erste mit dem Korb zufriden seyn und sehen, daß der andere die Braut heimführe: Der Ehrentag wird gehalten, man ißt und trindet, die Gäst seynd lustig, die Spihlleut lassen sich hören, die Gemüther waren fröhlich, allein die Braut wäre etwas traurig, man suchte zwar auf alle Weiß, selbige aufzumuntern, aber umbsonst, unterdessen kamen zwey, dem Ansehen nach jung edle Herren in das Zimmer, sie werden höfflichst empfangen, zur Tafel gesetzt, und freueten sich alle, daß sie solche Gäst bey ihnen hätten. Nach der Tafel gienge der gewöhnliche Tantz an, man trüge einem auß disen Herren Ehrenhalber die Braut an, daß er den ersten Tantz mit ihr möge thun, er nimmt solches mit aller Höfflichkeit an, nimmt die Braut bey der Hand und tantzt wacker und hurtig, mit Vergnügung aller Zuseher, zweymahl mit ihr herumb, da er nun das drittemahl solte anfangen zu tantzen, da hat er in Gegenwart der Eltern, Befreunde, Benachbarten und anderen Gästen die Braut mit einem erschröcklichen Geschrey in die Lufft geführet und verschwunden: Ist also aus der lustigen Comoedi eine traurige Tragoedi worden. Als nun den anderen Tag die Eltern ihre Tochter, und der Bräutigam seine Braut suchte, da seynd ihnen eben die gestrigen zwey Herrn begegnet, ihnen der Braut ihre Kleyder, güldene Ketten, Ring etc. eingehändiget mit disen Worten: In solchen Sachen haben wir von Gott keinen Gewalt gehabt, aber wohl in die Braut . . .

221. E i n D i e b k o m m t a n d e n G a l g e n w e g e n gestohlnen Taschen- Messers

eines

Hier fallt mir bey, was ich einstens gelesen von einem, der gern wollte reich werden, aber ohne Arbeit, fallt ihm derowegen ein, daß sich niemand leichter erhalte, als ein Dieb, allein es schröckte ihn das Halßband, so der

378

Albertus S teffan

Hencker dergleichen pflegt anzulegen; gehet demnach zu einem Zauberer, von ihm die Kunst zu lehrnen, wie er doch praff möchte stehlen, und doch nit gehenckt werden; der Hexenmeister befiehlt ihm, nächsten Sonntag bey der Nacht hinaus zu dem Galgen zu gehen, und den daselbst aufgehendeten Cörper also anzureden: Höre du dürrer Bruder, steig herab, dann diser Galgen gehört vor mich; der gehet hinaus, begrüsset diesen Aufgehenckten mit obgesagten Worten, bekäme aber keine Antwort; er gehet widerumb zu dem Hexenmeister, und sagt ihm, was geschehen, diser sagte ihm, er müsse noch 2 Sonntäg hinaus, alsdann werde er die Antwort bekommen, er folgt, und endlich gäbe ihm der Gehenckte zur Antwort: Diser Galgen gehört vor mich, vor dich aber gehört der Galgen zu Hirschau; solche Antwort hatte er dem Zauberer vorgetragen, welcher ihm dann eine ernstliche Ermahnung geben, zu Hirschau von dem Stehlen sich zu hüten, im übrigen seye er von allen andern Galgen frey; dise saubere Lehr hat er fleißig in Obacht genommen, er hatte aller Orthen gestohlen und ist niemahl erdappt worden, bey allen Jahr-Märcken, Kirben etc. hatte er sein sauberes Hand-Werde ohne Scheu getrieben, jedoch hat er sich allezeit vor der Stadt Hirschau gehütet. Endlich nach vilen begangenen Diebstählen erfahrt er, daß in der Stadt Hirschau ein Jahr-Marek gehalten werde, es sticht ihn der Fürwitz, solchen Jahr-Marck zu sehen, jedoch mit kräfftigem Vorsatz, sich gantz behutsamb zu halten und nit das geringste zu entfrembden. Nun sehet, was der stumme Teuffei, die Gelegenheit thut; kaum ist er auf den Marckt kommen, da sihet er, wie ein Baur ein sauberes Daschenmesser umb 6 Kreutzer kaufft, in der Hand etlichmahl probirt und endlich in den Sack steckt, der Dieb wolte gern das Messer haben, greifft dem Baurn in den Sack, aber unglücklich, dann der Baur erwischte die Hand, haltet sie fest in dem Sack, und rufft eines ruffens: Dieb, Dieb, bis die bestellte Wacht darzu kommen, und den Messer-Dieb in Verhafft genommen, allwo er scharpff examinirt und gefoltert worden und alle seine Diebs-Stückle bekennt, und ist hernach an denjenigen Galgen kommen, welcher ihm schon längst ist vorgesagt worden. Also gehets den jenigen, welche sich frey- und muthwillig in die Gelegenheit begeben.

222. E i n V a t t e r e r m o r d e t s e i n e n S o h n i m

Zorn

Viler Exempel zu geschweigen, hören sie A. A. was für ein trauriger Casus sich zugetragen mit jenem Bauers-Mann. Dieser ginge einstens mit seinem Sohn hinaus auf den Acker zu schneiden, da sie nun im Schnitt begriffen waren, schickte der Baur seinen Sohn nacher Hauß, etwas zu hollen, so er vorhero mitzunemmen vergessen hatte: der Sohn aber hat sich, weiß nit aus was Ursach, etwas länger unterweegs verweilet, als er nun wider auf das Feld kommen, hat sich der Vatter dergestalt über ihn erzürnet, daß er voller Zorn den Sohn mit einem Erdschollen also stardc und gewaltig an den Kopff geworffen, daß er Maußtodt zu Boden gefallen. Da der Vatter seinen Sohn

Eine Familientragödie — Äsop im Bad — Maus und Frosch

379

todt da liegen gesehen, ist er in eine solche Verzweifflung gerathen, daß er seinen todten Sohn mit Garben zugedeckt, nacher Hauß geeylet und sich selbst in seiner Scheuren an einen Balcken aufgehenckt. O verfluchter Zorn, durch welchen Vatter und Sohn zugleich umbs Leben kommen. Ist noch nit genug. Als seine Frau, welche eben damahls ein saugendes Kind im Baad, hatte solches erfahren, laufft sie eylends der Scheuren zu, das traurige Spectacul zu sehen, unterdessen ertrinckt das arme Kind in dem Baad-Zuber, wie die Frau wider in die Stuben kombt und findet ihr Kind todt, kehrt sie widerumb in die Scheuren und erhenckt sich auch an denselben Balcken neben ihrem Mann. 223. A e s o p u s s i e h e t v i e l e B a d - G ä s t g e h e n und über einen Stein stolpern Aesopus wäre der äusserlichen Gestalt nach ein recht wilder und abscheulicher Mensch, beynebens aber sehr spitzfindig und verständig. Als sein Herr Xantus einstens wolte in das Bad gehen, schickte er disen seinen Diener Aesopum vorhero, zu sehen, ob vil oder wenig Leuth darinnen wären, dann Xantus, der Herr, wolte gern das Baad gebraudien, wann nit gar vil Leuth darinnen wären. Aesopus gienge hin zur gewöhnlichen Zeit, da die Leuth pflegten ins Baad zu gehen, und nähme alle die Hineingehende in Obacht, und observirte, daß fast alle an einen grossen Stein, der am Weeg läge, sich angestossen haben, und wäre doch keiner, der den Stein hätte hinweg gethan, bis endlichen einer gar darüber gefallen, welcher, da er aufgestanden, den Stein auf die Seiten gethan. D a nun Aesopus dises gesehen, gienge er nacher Hauß, und sagte seinem Herrn, es seye nur ein eintziger Mensch im Baad; der Herr befilcht alsobald Aesopo, alles Nothwenige ins Baad mitzunehmen, welches aucli geschehen; da er aber dahin kommen, und gesehen, daß die Baad-Stuben voller Leuth, wurde er zornig über Aesopum, daß er vorgeben hätte, es seye nur ein eintziger Mensch im Baad: Aesopus bliebe beständig auf seiner Red, sagte, ja Herr, es ist nur ein eintziger Mensch da, und diser (zeigte mit dem Finger auf ihn) ist es, welcher sich alldorten waschet. Warumb diser, sagte der Herr, und nit die andere? Aesopus antwortet, und sagt: alle andere, so ich habe gesehen herein gehen, haben sich an einem harten Stein gestossen, und wäre keiner so gescheid, daß er den Stein aus dem Weeg geraumbt hätte, als diser allein, und disen acht ich allein für einen rechtvernünfftigen Menschen. Recht wohl ad propo.

224. F a b e l

von e i n e r

Mauß

und einem

Frosch

Es stunde einstens ein Mauß am Ufer des Wassers und wäre gern auf der andern Seiten gewesen. Ein Frosch bietet sich an als ein erfahrner Schiffmann sie hinüber zu führen. Wie solle aber dises geschehen? fragt die Mauß. Der

380

Albertus

Steffan

Frosch antwortet: wir wollen uns aneinander binden und also will ich dich hinüber ziehen. Sie wurden der Sache eins, knüpfften sich aneinander und begaben sich auf das Wasser. Als sie mitten darauf waren, entstünde unter ihnen ein Zanck, der Frosch zöge unter sich und die Mauß über sich und wolte keiner dem andern nachgeben: Als sie in diesem Zanck begriffen waren, ersiehet solches der Stoß-Vogel, fliegt hinunter und nähme beyde miteinander hinweg. 225. F a b e l v o n e i n e m W o l f f u n d

Lämmlein

Ein Wolff hatte einsmahls einen grossen Appetit, sich mit gutem Lambfleisch nach Genügen zu ersättigen, seinen Appetit vermehrte das, weil er nicht gar fern von ihm ein Lamb gantz allein sähe. Er geht mit sich selbst zu Rath, wie doch die Sach anzustellen: solten mich, denckt er, die Leuth sehen, und in der That erdappen, wie dann Häcken und Sträussen nicht zu trauen ist, so mache ich mich suspect, man wird mir aufpassen, und möchte es gar meinen Beltz kosten. Aber wie wäre es, sagt er bey sich selbsten, wann ich eine Ausred und Entschuldigung könnte finden? Conclusum est, ja es bleibt darbey, er sieht ein Lämblein unterhalb deß abrinnenden Bachs mit zwey Füssen im Wasser stehen, so allda getrundeen, der Wolff saumbt nicht lang, laufft hinzu, ergreifft das arme Schäfflein mit gröster Furi, zerreist es und verzehrt es völlig. Was wäre dann die Ausred und Entschuldigung? Keine andere als dise, weil nemblich das Lämblein ihme das Wasser trüb gemacht, indeme doch das Lämblein unten, und der Wolff weit oberhalb deß Bachs gestanden. Es wäre nichts änderst als ein Deckmantel seinen falschen Wolffstuck damit zu vertuschen.

226. F a b e l v o n e i n e m F u c h s e n

und

Hahnen

Der Fuchs hatte einstens einen grossen appetit, sich mit Hüener-Fleisch nach Genügen zu ersättigen, kombt vor den Hüener-Stall, verlangt von dem Haanen, der die Wacht gehabt, hinein gelassen zu werden. Man last niemand hinein, hat es geheissen, die Thür ist schon versperrt; muste also der Fuchs für dißmahl mit hungerigem Bauch darvon gehen. Deß andern Tags kombt er widerumb, und verlangt hinein, wurde aber wider abgewisen; da er nun hinweg geht, berathschlagt er sich mit sich selbsten: quid faciam? zweymahl bin ich schon abgewisen worden, Hüener-Fleisch möchte ich doch gern essen, die Thür ist versperrt, was ist dann zu thun? wie stelle ich mein Sach an? indeme er also speculirt, da ersihet er neben dem Hüener-Stall ein Loch, laufft alsobald hinzu, und will hinein schlieffen, das Loch aber wäre zu eng, und der Fuchs wäre zu dick! Quid faciam? das Concept geht nit an, was solle ich dan jetzt thun? scio quid faciam, ich weiß, was ich thun will, 3 Tag will ich gar nichts essen, damit ich gantz geschmeidig werde, alsdann kan ich

Vom Wolf und Lämmlein, vom Fuchs im Stall etc. — Dr. Faust zaubert Weintrauben 381 hineinschlieffen und mich recht satt essen: er fastet 3 Tag, und nach dem kombt er in den Stall; guten Morgen Herr Haan, sagt er, grossen Danck Herr Fuchs, wo her? was bringt er guts neues? Es ist schon ein altes, sagt der Fuchs, ich möchte mich gern einmahl rechtschaffen mit Hüener-Fleisch sättigen. Thue nur das nit, sagt der Haan, sonst kostets dich deinen Balg: auf dise Gefahr will ich braf Hüner fressen, sagt der Fuchs, schnapt nach einer Henne, rupfft und frist sie. Der Haan sagt mehrmalen: lasse meine Hüener zufriden, sonst gilt es dir den Balg: auf dise Gefahr, sagt der Fuchs, will ich noch einmahl darüber, er erwischt die zweyte Henne, frist und verzehrt sie. Ich sage dirs zum drittenmahl, sagt der Haan, lasse mir meine Hennen mit Ruhe, sonst must du es mit der Haut bezahlen; auf dise Gefahr (aller guten Dinge seynd drey) will ichs das drittemahl wagen; als er nun die dritte Henne erwischt, da hat der Haan erbärmlich anfangen zuschreyen, worüber die Bäurin alsobald zum Stall geloffen, zusehen, was da zu thun seye: sobald der Fuchs die Bäurin gesehen, name er alsobald die Flucht, und wolte zu dem Loch wo er hineingeschloffen, wider hinaus, weil er aber von dem Hüener-Fleisch zu sehr angeschopt wäre, konnte er durch das enge Loch nit mehr hinaußschlieffen, worauf ihm dann die Bäurin mit einem Scheidt-Holtz den garauß gemacht; ehe er aber gestorben hat er nichts mehrers lamentirt, als daß er dem treuen und dreyfachen Rath des Haanen nicht gefolgt. 227.

Von

einem E s e l , der mit zweyerley ins W a s s e r g a n g e n

Säck

Solche kommen mir nicht änderst vor als wie jener Esel, diesem wurde einestens ein zimlich grosser und schwerer Sack mit Saltz aufgeladen, solchen an ein gewisses Orth zu tragen, er muste aber eine Weil nahe an einem Fluß gehen, da stolperte er ungefehr und fiele mit seinem Pack in das Wasser, worvon alles Saltz verschmoltzen ist: der Esel merckend, daß er durch disen Unglücks-Fall von seinem Last befreyet worden, erfreuete sich sehr darüber, und lieffe eines Lauffens seinem Stall zu. Ein andersmal wurden ihm Säck mit Wollen angefüllt aufgeladen, als er nun wieder zu dem Fluß kommen, meinte er, weil ihm der neuliche Unglücks-Fall so wohl gerathen und er dardurch seines Lasts befreyet worden, es werde ihm die Sach auch angehen, wann er freywillig in das Wasser gehe: er probirts, geht und tunckt sich mit den Säcken in den Fluß, aber zu seinem Schaden, dann die Wollen hat das Wasser an sich gezogen und hinein getruncken, daß die Säck viel schwerer worden und den armen Esel schier gar zu Boden getruckt hätten . . .

228. W e i n t r a u b e n

m a c h t Dr. F a u s t m i t t e n im

Winter

Von dem bekandten Zauberer Doctor Faust lese ich, daß er einsmahls ungefehr in ein Hauß kommen, allwo dazumahl eine stattliche Mahlzeit wäre, und weilen die Gäst schon ziemlich getruncken hatten, haben sie ihn mit offt

382

Albertus Steffan

wiederholtem Bitten ersucht, daß er ihnen für einen Spaß etwas von seinen Stücklen solte sehen lassen. Doctor Faust zwar wolte lang nicht dran, jedoch auf so inständiges Verlangen wolte er dieser nassen Compagnie solches nicht abschlagen, fragt demnach, was ihnen möchte beliebig seyn? sie kamen einhellig in disem überein, daß er ihnen an Statt eines Confects solle frische Weintrauben aufsetzen; Doctor Faust, unangesehen es damahls der rauhe Winter wäre, versprichts ihnen, aber mit dem Beding, daß niemand ein Wort solle reden, biß er ihnen werde befehlen, die Weintrauben abzuschneiden; wofern aber einer das geringste Wort solle hören lassen, so möchte es seinen Hals gelten. W i e sie nun solches zu halten versprochen, hat er diese bezechte Bursch dergestalt verblendet, daß ein jeder vermeynt, es stehe vor ihm der schönste Weinstode mit zeitigen Trauben, worauff dann ein jeder das Messer ergriffen und auf die Weintrauben gehalten, gantz begierig erwartend die Erlaubnuß abzuschneiden. D a er sie eine gute Weil in diser Verblendung gelassen, ist augenblicklich alles verschwunden; und hat ein jeder das Messer auf seiner Nasen gehalten, daß, wofern er den Befelch nicht hätte eingehalten, ein jeder sich selbst die Nasen hätte abgeschnitten.

229. E i n h o f f ä r t i g e r M o n s i e u r w i r d v o n Bauren zuschanden gemacht

einem

Hier fallt mir bey, was ich einstens gelesen von einem hochmüthigen Monsieur, wie er von einem Bauren zuschanden gemacht worden. Diser Baur trüge eine ziembliche Bürde Holtz auf dem Rucken in eine Stadt, selbiges alldort zu verkauffen; damit er aber desto sicherer möchte durchkommen und niemand anstoßen, raffte er immerzu: auf die Seiten, auf die Seiten. Ein junger allemodi-Hanß, der etwann ein Viertel-Jahr die Jura gehört, prangte auf der Gasser daher, wie ein Vice-König in Spanien, meinte wider seinen Respect zu seyn, disem Bauren auszuweichen. Indessen gehet der Baur seines Weegs, und stosset diesen stoltzen Pracht-Hansen über einen Hauffen, daß ihm die Baruquen vom Kopf gefallen und er deßwegen von jedermann ausgelacht worden. Diser voller Zorn, daß ihm diser Affront geschehen, laufft unverzüglich hin, verklagt mit gantz hitzigen Worten den Bauren und verlangt Satisfaction, der Baur wird citiert, sich zu verantworten. E r stunde aber vor Gericht, redete kein eintziges Wort, sondern stellet sich als wäre er stumm, und wann sie ihn etwas fragten, deutet er bald hinauf, bald hinunter, bald rechts, bald lincks, daß die Obrigkeit dem Kläger sagte, man könne dißfahls kein Satisfaction geben, sonder seye vilmehr eine Erbarmnuß mit dem armen Bauren zu haben, weil er stumm seye und sich nit könne verantworten. Was? sagt der stoltze Feder-Hanß, der Baur solle stumm seyn? Ein Schelm ist er. Hast du nit (sagt er zum dem Bauren) auf der Gassen immerzu geruffen: auf die Seiten, auf die Seiten? ha, hal sagt der Richter, hat er das geruffen und der Herr ist ihm nicht ausgewichen, nit auff die Seiten gangen, so muß er sich

383

Ein Bauer stellt sich taub — Streitbare Eheleute

selbst die Schuld geben, worauf er nit ohne seine eigene Schand und grossen Gelächter der Anwesenden müssen darvongehen.

230. E h e l e u t s c h l a g e n

einander

vor dem

Essen

O wohl ein armseeliger u n d unglückseeliger Stand, wo bey den Eheleuten es fast täglich donnert und einschlagt, wie es bey jenen geschehen, die alle Tag einander in den Haaren lagen: Als einestens das Essen schon auf dem Tisch gestanden, fragte der Mann sein Frau: Nun Frau, wollen wir vor oder nach dem Tisch einander braff herumb schlagen? D a antwortete die Frau, ich meyne, es sey besser vor dem Tisch, so können wir darnach mit Ruhe essen: Nur her! und schlugen an statt des Tisch-Gebetts einander die Haut braff voll.

231. E i n z o r n i g e s W e i b d i e n e t i h r e m f ü r e i n e n B e i ch t-S p i e g e1

Mann

Dises wüste wohl jener Ehe-Mann, so offt ein fürnemmes Fest kommen, wo die meiste pflegen ihr Gewissen durch eine reumüthige Beicht zu reinigen, hatte dieser allzeit den Abend vorhero sein zorniges u n d unbändiges Weib braff abgebrüglet, nit ohne Verwunderung der Nachbarn, indeme er vilmehro mit selbiger sich zu besserer Vorbereitung zur Beicht hätte sollen versöhnen u n d vereinigen. Als er nun dessen Ursach befragt wurde, sagte er mit lachendem Mund: ihr liebe Nachbarn, ich beichte etwann das Jahr durch viermahl, wann ich aber beichten will, da kan ich mich nit gleich besinnen, was ich gethan habe, ich habe eine schwache Gedächtnuß, zu dem habe ich auch keinen BeichtSpigel, wo ich mich darinn ersehen kann, deßwegen schlage ich allzeit am Abend vorhero meine Frau braff, dann sie sagt und wirfft mir alles vor, was ich im gantzen Jahr gethan, auch das, was ich ihr in Vertrauen gesagt habe, auf solche Weiß weiß ich gleich, was ich zu beichten habe und darff mich nit vil besinnen. Foedita vomit: das Meer den Unflath wirfft heraus, der Zorn sich gleichfalls giesset aus.

232. E i n W e i b

tantzt

vor

Zorn

Auf gleiche Weiß hat gethan jener verständige Hauß-Vatter mit seinem zornigen Ehe-Weib, von welchem bekandt wäre, daß er ein sanfftmüthiger Mann, seine Frau aber ein böses und tobendes Zorn-Meer seye. E r hatte einstens etliche seiner guten Freunden gebetten, zu ihm zu kommen, u n d mit ihm bey dem Abend-Essen eine Diversion zu machen, mit Versicherung, es werde sie nit reuen, er wolle eine artliche Comoedi anstellen, seine Frau müsse ihm heut noch eines tantzen. Das wäre eins, sagten die gute Freund,

384

Albertus Steffan

dann sie wüsten, was für ein wilder Teuffel sie seye, ja, ja, sagt der HaußHerr, und wettet mit ihnen umb ein nahmhaffte Summa Gelds, das Gewett geschieht, und werden auch Zeugen bestellt, die der Sach von weitem solten zusehen. D a es nun Zeit zum Abend-Essen wäre, kamen die gute Freund, mehr aus Fürwitz, den Tantz zu sehen, als aus Hunger, das Abend-Mahl einzunehmen. Der Tisch wäre gedeckt, und die Frau wäre beschäfftiget in der Kuchen, die Gläser waren geschwänckt, der Wein stunde in Bereitschafft, allein man sähe keine Spil-Leuth, es wäre gar keine Anstalt zum Tantz, da befihlt der Mann seiner Frau, die Gäst seynd beysammen, sie solle anrichten. Was? anrichten? sagt sie, du kanst warten. E r dissimulirt und wartet ein wenig, über eine Weil sagt er mehrmalen, Frau richte an, die Gäst warten. Was Gäst? sagt sie, Schmarotzer seynd es, du must wohl warten, es ist mir noch nit gelegen. Ich sage es zum drittenmahl, Frau richte an, oder du must tantzen. Was? ich tantzen, du Narr, sagt die Frau. Alsobald stellt der Mann seine beede Armb an die Seiten, fangt an zu tantzen und singt darbey: so bin ich doch der Herr im Hauß, so bin ich doch der Herr im Hauß: die Frau voller Zorn, laufft von der Kuchen in die Stuben, stellt auch die Armb an die Seiten, tantzt die Stuben auf und ab und singt: so bist du doch der Narr im Hauß, so bist du doch der Narr im Hauß, worüber dann alle lachen müssen und dem Hauß-Patron das Gewett zugesprochen, und ist er doch Herr im Hauß und sie Narr im Hauß geblieben.

Petrus Hehel Ein „Kurtzer Lebens-Begriff R. P. Petri Hehel e Soc. J E S U " wurde seinen posthum erschienenen Werken „von einem andern Priestern und Predigern aus der Gesellschafft J E S U " beigefügt. Es wird dort (Glaubens-Lehr I, 5 ff.) von seiner Kindheit berichtet: „Wien, die Geburts-Stadt grosser Seelen, gäbe Joanni Petro Josepho erstes Tag-Liecht im Jahr 1679 den 6ten Julii; er wäre kaum 6 Wochen alt, als seine tugentsame Frau Mutter ihn in der Lauretanischen Capellen der Hof-Kirchen dem heiligen Vatter Ignatio zu Ehren mit einen geweyhten Röcklein erstens schwartz bekleidet und zugleich die grosse Himmels-Königin mit folgenden Wunsch für ihr kleines Söhnlein angeruffen: Solte es zur Ehr Gottes seyn, wäre ihr flehentliches Begehren, daß, gleich wie dem Kind anjezo dises Kleid das erste werd, also auch dermahlen das Letzte im Leben seye. Und es scheinte, als wäre Petrus von Kindheit an zu dem geistlichen Stand auferzogen worden, also der Eingezogenheit, Andacht und frommen Sitten wäre er stäts ergeben, befordersamst mit kindlichen Vertrauen Mariae der Jungfräulichen Mutter zugethan: er hatte in einen Garten aus dem Kehrich ein verworffenes Frauen-Bild gefunden, selbes gesäubert und gleich einem kostbahren Schatz in beständigen Ehren gehalten, auch nachmahls öffters betheuret, daß ihm darfür verschidene Gnaden worden seyen, absonderlich der glückliche Fortgang und Zunahm in denen Wissenschaften, welche er als ein neunjähriger Knab im Jahr 1688 zu erlehrnen auff der Universität angefangen und mit solchen Eyfer und Zeugnussen wackerer Fähigkeit fortgeführet, daß ihm nach gehörter Logica der Eintritt in die Gesellschaft Jesu zu Trenschin den 9ten October 1695 vergönnet worden." Nach zwei Probejahren legte er am 10. Oktober 1697 die Ordensgelübde ab, verbrachte ein weiteres Studienjahr im Probhaus St. Anna und trieb drei Jahre „weltliche Studien" in Graz. Danach unterrichtete er die Schuljugend in Krems, Passau, Linz und Klagenfurt in Dichtkunst und Wohlredenheit, „allenthalben alles mit solchen Rufnahm seiner Lehrlingen, daß man ihme an keinem benanter Orten sonder Wehe und Betrübnuß verlihren wolte". 1711 wirkte er als Lektor der Rhetorik zu Laibach, dann als Feiertagsprediger in Leoben. 1713 wurde er im Kolleg zu Wien zum Doktor der Philosophie promoviert und versah im Profeßhaus die Kanzel, darauf fungierte er für weitere fünfzehn Jahre als Früh-Prediger der Hof-Kirche S. Aegidi zu Graz, bis zu seinem Tod am 2. Oktober 1728. „So klein und schwach den Leib nach P. Petrus gewesen, so grossen Geist und mannliche Tugend wäre allenthalben an ihme zu mercken." 25

Moser-Rath

Petrus Hehel

386

Emsige Tätigkeit als Seelsorger und Feiertagsprediger wird ihm nachgerühmt. Außerdem verfügte er über künstlerische Gaben. „Kein feyerliches EhrenGebäu in der Kirchen, auf denen Schau-Bienen, in Theatris wäre zu sehen, das nicht Patrem Petrum als Meister gehabt, sein stattliche Kunst in Erfindung und Vorzeichnen mußte vielen Künstlern einen Nahmen geben und das Gewerb befördern. Beruffe midi allda auff jene herrliche silberne und auch Gold-glitzemde Kirchen-Zirden, benenne alle Laverianische Andachts-Gerüste, alle geistliche Vorstellungen in der Char-Wochen, in denen HeiligsprechungsFesten denen zweyen Heiligen Aloysii und Stanislai, und so in alle übrigen Feyerlichkeiten wäre der erste und vornehmste Bau-Meister P. Petrus." Dazu war er aber auch ein fleißiger Predigtschriftsteller. Seine gesammelten Kanzelreden sind in zwei je dreiteiligen Sonn- und Feiertagszyklen, „Christliche Glaubens-Lehr . . ." (1735) und „Christliche Sitten-Lehr . . ." (1738) in Folio erschienen. E r pflegt einen herzhaft-volkstümlichen Predigtstil und scheut sich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. In seiner Beurteilung des Aberglaubens scheinen sich schon aufklärerische Gedanken abzuzeichnen (vgl. oben S. 54 f.). Als Erzähler tut er sich nur in seinen Oster- und Fasnachtpredigten hervor, wo er oft mehrere Märlein aneinanderreiht. E r hat dabei wörtliche Anleihen bei Stengelius und Abraham a S. Clara gemacht. Dennoch sind auch diese Zeugnisse für Verbreitung und Weiterleben wichtig, allein schon durch den Umstand, daß Predigten dieser Art zum Zeitpunkt der Herausgabe noch durchaus akzeptabel erschienen. Lit.:

DE BACKER-SOMMERVOGEL 4 , 2 0 6 f f .

233. D e r

höchste

Gott

Jupiter ertheilet ein G n a d

allen

Thieren

Jupiter war einstens in einem gar guten Zeichen, und hat sich entschlossen, allen seinen getreuen Unterthanen ein Gnad nach ihrem Wunsch zu ertheilen: beruffet also unter andern durch seinen Abgesandten alle Thier auf Erden, vom Größten biß zum Kleinsten, und fragte, was ein jedes haben wollte. Da käme alsobald der Low daher und begehrte die Stärcke, und ein solche Gurgel zum Brüllen, daß er mit seiner Stimm alle Thier und Menschen erschrocken sollte. Der Elephant verlangte die Gelihrnigkeit, dann wie Plinius sagt, ist er das weiseste und geschicklichste aus allen Thieren. Das Cameel bittet umb die Tauerhafftigkeit, weilen es vil tragen muß. Das Pferdt umb die Tapfferkeit. Der Hirsch umb die Flüchtigkeit. Der Hund umb den Geruch und Wachtbarkeit. Die Luxen umb scharffe Augen. Das Lamm die Sanfftmüthigkeit. Der Fuchs, weilen er gern Hiendel- und Hennenfleisch asse, bäte umb die Arglistigkeit solche zu stehlen und zu ertappen, und also fort. Endlich, da schon alle Thier das Fiat auf ihre Supplic erhalten, käme erst daher der langsame Schneck in seinem gewöhnlichen Post-Calopp gekrochen, und schliche

Jupiter und die Tiere — Der Wolf im Schafspelz — Wolfsbalg als Heilmittel

387

schier dem Jupiter unter sein Perruquen hinauf, bäte ihne aber umb nichts anders als umb dise Gnad, daß er sein Hauß allezeit mit sich kunte herumb tragen, die Ursach aber, warumb er dises begehre, gab er dise, damit, wann andere Thier einander neydig, häßig und aufsätzig werden, sich unter einander verfolgten und vertrieben, er mit seinem Hauß weiter reysen kunte, und darinnen mit Fried und Ruhe allein leben, und Jupiter seinem Herrn dienen. Das ist ein Oster-Märl, gut wärs, wann wir uns auch mit unsrigen so leicht wie der Schneck entziehen kunten vor allen schalckhafften, neydigen und häßigen Augen, die auf uns spannen, wann wir fromm leben wollen, und Gott nach Schuldigkeit dienen . . . 234. E i n W o l f f k l e i d e t s i c h i n e i n

Schaaf-Fell

. . . Dise Wort erinnern mich eines Lehrreichen Gedichts, welches, weilen der H. Gregorius in seinem Apologis selber beschreibet, sich auch darumen hören lasset, obschon ich sonsten dergleichen Fabel-werck auf der Cantzel, wo das Göttliche Wort verkündiget wird, gar nicht gern fürbringe. Ein haiß-hungriger Wolff seinen niemahls sättigen Magen zu erfüllen, dachte hin und her, wie er ein Schaaf oder Lämmlein rauben kunte: in disem Gedandcen, da er hin und her gienge, sähe er von fern, wie ein Fleischhacker ein Lämmlein ausziehet, und die Haut auf die Erden fallen liesse, das Fleisch aber mit sich in die Banck trüge: wohlan! dachte der Wolff, das wird mir taugen, laufft also eines Rennens der Banck zu, ergreiffet die Haut und eylet hiemit in den Wald, nicht seinen Fraß damit zu ersättigen, sondern einen listigen Handel darmit anzustellen: nehmlichen, er bedeckte sich mit besagtem Schaaf-Beltz, so gut und genau er kunte, in Meynung, er werde anjetzo sicher unter die Schaaf-Heerd sich eindringen können, vor ein Schaaf angesehen und also in Schaaf-Stall eingelassen werden. Dort, sagt er bey sich, da der Hirt bey eytler Nacht schlaffen wird, da will ich hernach einen lustigen Dantz mit den Schaafen anheben, und mir mein Genügen essen. Gut gemeynt, aber übel gerathen, dann kaum als der verstellte Schelm sich nahend bey der Heerd blicken liesse, ermahnte gleich die Natur das Vieh, daß alle Schaaf zugleich zu lauffen anfiengen: daraus erkennten die Hirten, was für ein Gast müsse ankommen, zogen also mit Hunden, Knitel und Prügeln gegen den verlarfften Wolff, schlugen ihm so lang den Balg voll an, biß er dise fallen liesse, und kaum mit eigener gantzer Haut darvon geloffen, mit grossem Rennen schryend und sagend: So kennet man den Wolff auch unter dem Schaaf-Beltz. 235. D e r W o l f f v e r s c h w ä t z t d e n F u c h s e n b e i d e m

Löwen

Was gewinnen aber dergleichen Neydhälß, die andere umb die Gnad Gottes beneyden und verfolgen? das, was von dem Wolff erzehlet wird, der einen sondern Pick, Haß und Neyd auf den Fuchsen hatte. 25'

388

Petrus Hehel

Der König aller vierfüßigen Thieren, der Low, wurd einsmahls ligerhafft und gefährlich kranck in seiner Höhle, da kamen alle Thier zu ihm aus dem Wald, ihr Condolenz oder Hertzenleid gegen ihren Herrn abzulegen nach schuldigster Höflichkeit und Gebühr, das Füdisel allein bliebe aus. Dises, als der Wolff vermerckte, glaubte er, daß er nunmehro die beste Gelegenheit hätte, den Fuchsen bey dem Löwen zu verschwärtzen, in Ungnad und Verdacht zu bringen: wollte also nicht lang warten, sondern hebt gleich an sein Klag mit folgenden Worten: Mein gnädigster Herr! wir alle Wald-Thier erscheinen vor euer Majestät in gröster Trauer wegen dero Unpäßlichkeit, und in Willen sie zu bedienen nach unserer Schuldigkeit; der Fuchs allein der Schelm bleibt aus, als achtete er seinen Herrn nicht und thäte ihne nicht erkennen, das ist ein grosse Undanckbarkeit, ein höchst straffmäßige Untreue, Crimen laesae Majestatis, das da verdienet exemplariter oder andern zum Exempel bestraffet zu werden. Unterdessen als der Wolff solche Klag vorbrachte, käme der Fuchs in aller Still daher geschlichen, spitzte seine Ohren und losete heimlich zu, bald aber trat er gantz unerschrocken hinein, maciit ein tieffes Compliment mit seinem Schweiff, heuchlet, schmeichlet und streichte darmit den Löwen so gut er kunte, weilen er aber merckte, daß ihne der Low gar finster angesehen und angebleckt, wollte er mit seiner Entschuldigung nicht lang warten, damit er nicht unversehens eines auf seinen Peltz kriege, daran er gnug haben sollte; hebt derowegen also zu reden an: Mein Herr und König! so bald ich vernommen hab, daß Euer Majestät sich unpäßlich befinden, durchstriche ich gleich alle Berg und Wälder mit höchster Gefahr, daß es nicht mein Balck koste, einigen bequemen Rath und Medicin vor Euer Majestät zu erkundigen, und nach langem Herumbziehen hörete ich auf einer Jagd zwey berühmte Königliche Medicos reden, das beste Mittel, wann ein Low erkrancke, seye ein frische und blutige Wolffs-Haut, wann man dise warm dem krancken Löwen auf das Hertz lege. Zu disem Zihl und End wollen Euer Majestät den Wolff fein bald schinden lassen und sich bey Zeiten dessen Balck gebrauchen, ehe das Übel überhand nehme. Also rathete und redete der arglistige Hennen-Dieb, und bewegte den Löwen so weit, daß er alsobald den Wolffen ergriffen, und mit seinen eigenen Tatzen die Haut über die Ohren hat abgezogen. Recht also vor disen Wald-Hund, der aus purem Neyd den Fuchsen wollte todt haben, da muste ers mit seiner eigenen Haut bezahlen, mit seinem Cörper aber jene Gruben erfüllen, die er dem andern gegraben hat.

236. H u n d A e s o p i v e r l i e r t s e i n

Bein

Bey uns Menschen fehlts zu meisten an der Erkanntnuß: Manche haben das schönste und beste Glück in Händen und erkennens nicht, trachten nach einem bessern und grössern, verschertzen aber darbey das, was sie schon haben, und bekommen das gleichwohl nicht, was sie haben wollen. Es gehet ihnen disemnach wie deß Aesopi seinem gestutzten Pudel, diser Hund ertapte einsmahls, weiß nicht wo, ein zimlich safftiges und grosses Schuncken-Bein, laufft

Der Hund Aesopi — Neidiger und Geiziger — Der Wettermacher

389

darmit eillens fort, mußte aber über einen kleinen Steeg bey einem Bach vorbey marschiren. Als nun der H u n d gantz sorgfältig herum gaffte, ob ihm keiner seinen Raub abzujagen nachsetzte, ersähe er sich selber in dem Wasser sammt seinem Schuncken, den er im Maul daher trüge; das verwirrte dem H u n d die Phantasey. E r meynte, es seye ein anderer seiner Cameraden zugegen, der noch einen bessern Bissen zu nagen hätte, wolte also auch um disen schnappen. Alsbald er aber die Goschen eröffnete, entfiel ihm das Brätel aus den Zähnen in das Wasser, und mußte der arme Narr mit wässerigen Zähnen und leerem Maul gantz hungrig abziehen. 237. E i n N e i d h a l ß l a s s e t s i c h e i n A u g

ausstechen

. . . manche Menschen seynd schon also beschaffen und vom Neyd verblendet, daß sie lieber ihren eigenen Schaden als anderer Glück sehen wollen, das probieret jenes, was von einem Geitzigen u n d Neydigen erdichtet wird: Apollo habe einmahls einem Geitzhalß und Neydhart angetragen, es sollte ein jeder begehren, was er wollte, doch mit disem Beding, daß der andere doppelt so vil bekommen sollte, als der erste begehren wurd. Das war ein grosse Gnad, die ihme doch keiner aus diesen Zweyen verlangte, dann keiner wollte der erste seyn im Begehren: Der Geitzige dachte, begehre ich zum ersten, so bekomme ich weniger als der andere, inmassen Apollo versprochen hat dem änderten doppelt so vil zu geben, als der erste begehren wird: Entgegen der Neydige dachte, begehre ich der erste, so bekommet der änderte mehr als ich, das kan und will ich nidit leiden: dahero dann schwiegen beyde still u n d wollt keiner der erste etwas begehren. Apollo aber war hiemit nicht zufrieden, sondern befahle austrücklich dem Neydigen, er solle geschwind sagen, was er verlange. Disem Befehl dann, weilen er nachkommen muste, dachte er hin u n d her, was er begehren sollte, daß ihne der andere nicht übertreffe, ich sagte er bey sich, wann ich tausend Thaler begehre, so bekommet der andere zwey tausend, begehre ich ein Hauß, so bekommet der andere ein Schloß, begehre ich ein Schloß, so bekommet der andere ein Stadt, das kan ich nicht leiden, will also lieber etwas mir schädliches begehren, damit der änderte einen doppelten Schaden habe, als etwas Nutzliches, weil der andere mich in diesem übertreffen sollte. Dahero dann (dencket was der Neyd machet) begehrte er nicht anderes von dem Gott Apollo, als daß man ihme ein Aug aussteche, damit der änderte alle zwey Augen verliehren muste und stockblind werden. Ob es aber also geschehen seye, das stehet weiter darbey nicht geschrieben.

238. E i n

Meßner

gibt

vor,

er k ö n n t

das Wetter

machen

Ein gewisser Schul-Maister und zugleich Meßner, anderstwo nennet man dergleichen Leut Küster, kunte mit seinen Jährlichen Einkommen nicht bestehen, Weib u n d Kinder, die er in der Anzahl hatte, zu erhalten, wolte also

Petrus Hehel

390

sein stückel Brod vergrösseren, und hielte demnach bey einer reichen Dorffschafft an um dem Meßner-Dienst, zu welchen, damit er leichter kommen kunte, gäbe er der Gemein vor, daß er könne schönes oder triebes Wetter, Regen oder Sonnenschein machen, wie mans haben wolt. Die Bauren waren mit disen Versprechen gar wohl zufriden, schafften also mit allen Gewalt ihren alten Schulmeister ab, u n d truzten den Pfarrer, daß ers müsse gelten lassen, nahmen aber darfür disen Praetendenten an und auff. Was geschidit? als nun ein geraume Zeit vorbey, und diser Kerl kein anderes Wetter machen kunte, als sich ohne dem begeben, stoßten die Bauren die Köpff zusammen, kommen mit Trischel und Knittel über den armen Mann angezogen u n d verwisen ihme mit allen Ernst, daß er sie betrogen hätte, sein Wort u n d Versprechen nicht hielte. Der gute Meßner sähe sich in der Gefahr zu seyn, daß er nicht von dem groben Gesünd anstatt des Lohns Püff und Schlag darvon trüge, gäbe also gute Wort aus und sagte zu denen groben Bauren, meine liebe Herren, ich kan einmahl nicht darvor, dann sich noch keiner aus euch bey mir angemeldet, was ihr f ü r ein Wetter haben wollet, hab also auch biß dato nichts besonderes gemacht, sondern alles gehen lassen, wie es hat gehen wollen: dahero kommt jezt unter einander über eins, und vergleichet euch insgemein, was ihr f ü r ein Wetter haben wolt, so will ichs machen, wie ihrs insgesamt haben wolt. Die Bauren Hessen sich mit disen beschlagen, ruften die gantze Gemeind zusammen, hielten Rath unter einander in Beyseyn des Schulmeisters, was er f ü r ein Wetter machen solte. Aber sehet: sie kunten in disen Punct untereinander nicht eins werden, dann einer wolte wegen Dirre seines Erdreichs naß haben und Regen, der andere aber, weilen sein Acker in einen mossigen, feichten Grund läge, schönes Wetter und Sonnenschein, diser so, der andere änderst, u n d wäre unter disen Gesündel der Disputat so häfftig, daß sie einander selber in die Haar u n d Faust lauffen. Der Meßner horchte dem Handel gantz mercksam zu, biß er sich endet, und weilen kein Theil dem andern weichen wolte undter den zanckenden Partheyen, sagte er gar gescheid: wohlan dann meine Herren Bauren! weil ihr euch selber nicht vergleichen könnet, so kan ich auch nicht einen jeden ein anderes und besonderes Wetter machen, habt also Gedult mit jenen Wetter, das Gott macht.

239. W i e

ein S t u d e n t

sein Faschings-Lust

übel

bezahlt

Was lustigs von der Fasching pflegt man zu sagen und will man auch haben: so sey es dann dem also, vernehmet hiemit kürtzlich ein artiges Geschieht, so sich der Zeit und Begebenheit nach trefflich vorm Fasching reimet. Auf einer berühmten Academi befunde sich unter anderen Studenten auch ein gewisses Pürschlein, so alldorten hin, etwas zu lehrnen gereiset ist, aber im übrigen nicht weit her wäre: zur lustigen Faschings-Zeit wolte diser Kund nicht alleinig gescheid bleiben, sonderen sambt anderen seines Glüchters auch Narr mit seyn: ja so gar seinem Geduncken nach vor allen in diser Zunft das Prae haben. Dises dann auszuwürcken verfügte er sich zu einem sonst wohl

Die gemalte

Faschingslarve

391

bekannten Mahler, und mit Versprechen einer ehrlichen discretion, spräche er ihn an; er wolle ihm sein Angesicht mit unterschidlichen Farben anstatt der Larven also verstellen, daß ihne kein Mensch in der Stadt ansehen kunte ohne Gelächter, und er vor allen dergleichen Faßnachts-Butzen seyn solte der lächerlichste anzusehen. Der gute und wohl auch spitzfindige Mahler sagte alsobald disem Herrn Studenten zu und verspräche ihm, er wolle sein Angesicht mit Farben also heraus butzen, daß er nicht allein dem allergrösten Narren, sondern auch dem Teuffei selbsten gleichen solte. Niemand wäre hier froher, als der posirliche Student: kunte kaum der Zeit erwarten, daß dises Kunststuck solte fertig werden. Der Mahler richtet und mischet alle Farben untereinander wie sichs gehöret, einen Narren auf das lebhafftest abzumahlen: vermahnet darauf den Herren Studenten, er solle sich recht nach der Hand schicken und richten, die Augen aber fein fest zutrucken, damit nicht die Schärffe der Farben ihme darein fliessen und verderben solte: unterdessen ergriffe der Mahler den Pemsel, aber Nota bene, anstatt daß er den Pemsel in ein Färb geduncket, hat er ihn mit lauter puren Wasser befeuchtet, und ist also dem feinen Herrn Studenten hin und wider mit wunderlichen Zügen über das Angesicht gefahren, daß alles mit Wasser eingefeuchtet dem plumpen Kerl vorgekommen ist, er seye ärger als alle Narren auf der Welt herausgebutzet. Ja der Herr Mahler kunte kaum selber das Lachen halten, brache also in helles Gelächter herauß, als sehe der Herr Student noch so lächerlich aus, und hätte er, weiß Gott, was vor ein Meisterstuck im Mahlen verfertiget, und schickte also disen einfältigen Tropffen, welcher weiter in keinen Spiegel geschauet, beym Hauß hinaus zu seinen Cameraden. Er betrate kaum mit einem Fuß die Gassen, da hebte er schon an sein Persohn, nemlich einen Fasching-Narren auf das trefflichste zu vertretten: sonderlich dieweilen der strohene Schellen-Hut und das gantze Kleid, so mit Schnäcken-Häußlen dick versetzet war, anzeigte, was vor ein Herr unter disem Tach und so vilen Häusern wohne. Es stellete sich keiner aus allen anderen verlarfften masquern so närrisch, als diser so kunstreich vermahlte Student, dieweilen er vermeinet, es kenne ihn niemand, und je mehr die Leut seiner lachten, desto läppischere Possen hat er angefangen, da doch jedermann mit Finger auf ihn deutete, daß er der Herr Hainz von Hainzhausen wäre, weilen schon alles Gemahlne abgeschwitzet wäre. Nun als er genug sein Mütl gelabet und glaubte seinen Ehren genug gethan zu haben, sihe, da wolt er erst selber über sich lachen, und betrachten, wie närrisch er habe ausgesehen. Laufft also zum Spiegl, schauet hinein, und ersihet gleich mit erstem Augenblick sein grosse verblendte Torheit, wie schändlich der Mahler ihne betrogen, ein Blaues vor die Augen gemahlet, das Gesicht aber nicht veränderet, daß gar bald ihne also ein jeder habe erkennen mögen, und auslachen: da hat er sich erst geschämet, da hat sich sein Angesicht selber gar geschwind verfärbet, bald Todten-bleich, bald Zunder-roth vor Gifft und Schamhafftigkeit, daß er sich als ein dopelter Narr vor der gantzen Stadt hat zu Schanden gemacht: möchte alsowohl aus der Haut springen, wann nur ein grösserer Narr darein schlieffen kunte.

392

Petrus Hehel 240. S a u f f - B r ü d e r s c h m ä h l e n

ihre

Weiber

Es traffen einmahls in einer Trinckstuben 4 gute Sauff-Brüder und BierGesellen zusammen, und wolten sich untereinander lustig machen; brachten also währender Zech allerhand Fabel, Gedicht, Lugen, Zotten und Possen vor, wie es in dergleichen Gelegenheit zugeschehen pflegt. Da der Bier-Dampff den Kopff schon neblich und dünstig gemacht, gienge das Schmählen an wider ihre Weiber und sogenante Hauß-Creutz. Der erste sagt, mein Weib dienet mir zu Hauß anstatt eines Ketten-Hunds, und kommet mir so bald keiner unangemelt in das Hauß; der änderte sagt, ich habe einen solchen wilden Mufti zu Hauß, der die gantze Zeit so finstere Gesichter schneidt, daß ich öffters bey hellen Tag muß in Zimmer ein Liecht anzinden. Der dritte spräche, mein Weib ist ein gute Köchin, dann ich schon öffters im Kraut anstatt einer Speckschwarten einen halben Spielhadern gefunden. Der vierte ächzte und seuffzete um sein Weib, daß er dises verlohren hätte, und sagt, er wäre einsmahls mit seiner alten Traudel über das Meer geschiffet, da hätte sich ein grosses Ungewitter und Sturm erhebet, also, daß das gantze Schiff in äusserster Gefahr stunde, mit allen, die darinnen waren, zu scheidtern: dahero der Schiff-Patron befohlen, wie es sonsten zu geschehen pflegt, es solle ein jeder deren schweresten Pack und Last, den er hat, aus dem Schiff in das Meer hinaus werffen, damit das Schiff erringert, sie nicht alle versincken müsten. Wohlan, jeder griffe gleich zur Sach, andere wurffen hinaus gantze Ballen, andere gantze Stuck und Bund, andere gantze Truhen, Kisten und Kästen, Fässer und Säck; ich aber ergriffe zum ersten mein liebes Weib, und stürzte sie in Gottes Nahm über den Kopff ins Meer hinaus, weilen ich nichts gehabt, so mir schwerer zu seyn vorkommen, als dises mein altes Mütterl: Gott trösts, sie ligt jezt tieff genug begraben, daß sie kein Hund kein Katz mehr ausscharren kan. Disen Diskurs horchete ein anderer dergleichen Kund auff der Seithen zu und liesse ihms gefallen, wolte also auch sein Häckel darzu werffen: meine Herren! sagt er, ich klag über mein Maizerl nicht, wir leben in guter Ruhe und Friden miteinander, dann sie immer einen Regenbogen in dem Gesicht herum traget, so ein Zeichen des Friedens ist, und wer solches nicht glauben will, der komme mit mir, und nehme den Augenschein ein. Wie sie ihme nun das Geleit nacher Hauß gaben, da fanden sie freylich wohl einen Regenbogen in Gesicht der armen Haut, dann sie wäre gantz grien, rott, gelb und blau um die Augen, als wäre sie mit trocknen Knitteln und Kolben gemahlen worden von dem frischen Schlägen, Stössen und Streichen, so sie von ihren feinen Mann täglich öfters bekommen hat.

241. O s t e r m ä h r l v o n d e s T e u f f e l s

Heyrath

Wolt ihr wissen, wie es dem armen Teuffei ergangen ist, da er die gröste Noth gelitten, so vernehmet folgende Geschieht. Will nicht disputiren, ob es

Übel traktierte Weiber — Des Teufels

Heirat

393

ein Fabel oder wahrhaffte Histori seye, dann kein Brieffei kan ich nicht aufweisen, aber wohl das Buch zeigen, in dem ichs gelesen hab. Der leidige Satan, als er gleichsam täglich ein grosse Anzahl der Männer in die Holl kommen sähe, welche sich über ihre verlassene böse Weiber sehr beklageten und zugleich die gantze Ursach ihres Unglücks und ewigen Verderbens ihren gehabten Weiberen zuschreibeten, käme der Fürwitz und Lust an, dises selber zu erfahren, ob es wahr seye, daß die Weiber noch schlimmer als die Männer seyn solten: Resolvirte sich derentwegen ein menschliche Haut anzunemmen, sich zu verheurathen, um zu sehen, ob er mit seiner Boßheit und Arglistigkeit ein Weib zäumen und bändigen in Forcht und heylsamer Sorg erhalten kunte. Dictum, factum. In einem Hui erschine der schwartze Teuffei wie ein schöner junger Cavallier, verfiegt sich in einer ansehnlichen Stadt in die Gesellschaft des adelichen Frauenzimmer, stellt sich alldorten so kurtzweilig, freundlich und hertzig, daß er bald mehr Bräuten überkommen hätte, als er verlangte, und mehr gefunden, als er gesucht. Doch wäre endlichen aus allen nur eine auserwählt, mit diser das Versprechen, Heyraths-Bund und Contract völlig beschlossen. In disem wolte der arglistige Teuffei gleich das erstemahl seiner Braut durch den Sinn fahren, und ihr gleichsam fein bey Zeiten den Wurm schneiden, der sonst die Weiber so böß, und denen Männern so grosse Ungelegenheit macht. Mein liebste Braut, sagte der Teuffei zu der Dame, sie begehre anheunt, was ihr Hertz verlangt von mir, wie vil Kleider, was für Färb, was vor Zeig und Materi, Spitz, Band und Borten, Berlen und Geschmudc, wie vil und wie kostbahr, was von Haußrath, was von Silber-Geschmeid, Tagund Nacht-Zeug, wo und wie sie wohnen will, alles und jedes solte sie nach Verlangen und zu Vergnügen haben; allein, das bitte ich mir auch von ihr aus, nach disen begehre sie von mir nichts mehr dergleichen, als nur allein was tägliche Nothdurfft erforderet. Da hast du dich schön aufgesehen mein Teuffei, O wie wird es dich bald reuen, daß du so vil gleich zum erstenmahl nachgegeben. Aber was geschieht: die junge Fräule war voller Freuden, gibt gleich das Wort und Hand darauf, begehret also so vil Kleider als Wochen im Jahr, und Feyertäg in jeder Wochen seynd, mehr Farben, als man ihr mahlen kunte, Perlen, Diamant, Kleinodien, Spitz und Bänder schier ohne Zahl, und alles, was sie begehrte, hat sie auch erhalten. Hiemit gehet der Heyrath aufs prächtigist von statten: beyder Theil in disen par Eheleuthen glaubte, nunmehro hab ers getroffen zum allerbesten. Aber wie lang wärte diese Freud? so lang als ein schönes Wetter im Aprill: nach wenig Tagen kommt in der Stadt ein neue Modi an und bringt ein neue Tracht hervor. Holla, das war schon ein rechter Speck auf die Fallen, mein neue Ehe-Frau wird bald anbeissen. Auwehe mein Kind! sagt sie ihrem Ehe-Herrn dem verstellten Teuffei, was hab ich heunt schönes gesehen, was vor ein innigliche schöne Modi hab ich heunt in diser Dame Kleid ersehen, ey wie fein, wie proper, wie gallend, wie hipsch, nett und fein stehet dise Fazon. Kaum hörte dises der Teuffei, da rnerckte er gleich, wie vil es geschlagen hat: fangt sich derentwegen an im Kopf zu kratzen, als wußte er nicht, was er

394

Petrus Hehel

antworten solte, daß er zugleich Frid von seinem Weib haben und zugleich sie nicht betrüben solte: gibt ihr also gleich wider nach, pfeifft mit ihr in ein Pfeiffen, lobt auch das, was sie gelobt, und ob er gleich sähe, daß ihr die Zähn nach disem Kleid wässerten, wolte er ihr das Maul zuvor wischen, ehe sie über ihn mit einem ungewaschenen Maul wische, sagte derentwegen gleich zu auf ihr Verlangen, doch vermahnet er sie darbey höfflich ihres gemachten Contracts und Versprechen, nichts mehr dergleichen zu begehren: Es verstrichen widerum nit vil Wochen sonderen gar wenig Tag, da läßt sich wider sehen ein frembde Dame, mit einem schönen Fantange und Haar-Kopf, gantz auf neue Art, gantz auf neue Modi zugerichtet, geflecht, gekraußt, gebudert, geschmückt, geziert. O Gott! das war schon wider ein neue Tortur vor unser neue Ehe-Frau, diser Schopff verwirrt ihr schier den Kopff, und stäche also in die Augen, daß sie darvon das Hertz-Klopffen und Grammen im Magen bekommen: Aber wie warumb? derentwegen, weilen sie schon wider gern dergleichen gehabt hätte, aber nicht begehren darffte, deßtwegen hebte sie an zu seufftzen, zu klagen, zu weinen, das Maul zu krampen, die Nasen zu rümpfen, ach mich unglüciseelige Creatur! ich bin kein Haußfrau, sonderen ein rechte Sclavin; darff nichts begehren, und muß nur mit dem zufriden seyn, was man mir gibt, mit alten Fetzen und Lumpen verlieb nehmen, da doch andere Weiber, die weit eines schlechteren Stands als ich seynd, so prächtig aufziehen, und alles darzu haben können, was ihr Hertz nur verlangen kan: Ach, ach ich muß mir noch die Augen ausweinen, die Haar ausrauffen, vor Leyd vergehen. Disem Jammer sähe unterdessen heimlich der Teuffei zu, stellte sich aber, als wußte er nichts, sonderen gantz sorgfältig und liebreich befragte er sein liebste Ehe-Gemahl, was Ursach ihres Leyds und Weinen seye? wer sie betrübt und was leyds gethan? aber mit disem käme er erst recht angestochen daher. Du, du bist jener, der mir das Hertz im Leib machst bluten, du Geitzhalß, du Habenfest, du harter Kißlingstein, du Zaundirrer Schwanen- und truckener Pimpsen-Stein, aus dem ich so gar nichts zu meinem Trost heraus pressen und trucken kan: heißt das mich als ein Ehe-Weib, als ein Dame, gemäß meines Stands, Geschlechts und Herkommen halten? ey schäme dich ins Hertz hinein, daß ich in der gantzen Stadt hören muß, ich hätte an dir keinen Mann, sonderen einen geitzigen Küssen-Pfennig und neidigen SparKrug. Dises Liedlein mußte der arme Mann alle Tag und Stund hören, daß ihme schon die Ohren darüber klingeten: es hulffe kein Ausreden, kein Entschuldigung, kein Vorhalten des gemachten Contracts, nichts, nichts, und wie nichts ist, gäbe alles aus, was er immer zu Trost anderes einwendete. Biß endlich der Teuffei darüber selber überdrüßig, unmöglich dises Klagen und Greinen mehr anhören kunte, seinem Hochzeit-Gevatter zu raffen, entgegen ihme auch seine Noth zu klagen, sein Stand zu offenbahren und ihme eine Ruh zu schaffen, wider von seinem Weib auf und darvon zu ziehen gezwungen wurde. Weilen aber der leidige Säten nicht gleich wider zurack in die Holl wolte, sonderen noch ein längere Remissari haben, verschwände er zwar aus jener Stadt, aber führe in ein andere dergleichen, und zwar in einen alldorten

Der Teufel flieht vor seinem

Weib

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wohnhafften jungen Printzen und Sohn des Stadt-Herrns. Nach wenig Tagen darauf kommt das Geschrey aus, der junge Printz wäre vom Teuffei besessen, der Vatter aber verspräche ein grosse Summa Geld jenem, der disen üblen und ungeladenen Gast aus seinem Quartier treiben wurde. Das Hesse ihm der Hochzeit-Gevatter des Teuffels, wie oben gemeld, gesagt seyn, merdcte gleich, daß eben da hier sein sauberer Herr Gevatter eingekehret, damit er von seinem Weib wolte ein Ruhe haben, derentwegen hoffte er hiemit einen grossen Gewinn zu erlangen, und ein leichte Kunst von ihm zu seyn, den Teuffei zu vertreiben; eylet alsobald zu dem Fürstlichen Herrn Vatter des besessenen Sohn. Mein Herr, sagt er, ich traue mir morgigen Tags euren Sohn seines Lasts wider zu entbinden, wann ihr mir neben dem versprochenen Geld auch Gewalt gebet, in eurem Nahmen anzubefehlen morgiges Tags auf mein Zeichen alle Glocken zu leiten, alle Stuck loß zu brinnen, und die gantze Burgerschafft darbey in guter Ordnung zu erscheinen. Welches alles von dem Vatter gleich bewilliget, und darzu alle Anstalt gemacht werden. Verfügte sich des änderten Tags frühe der Herr Gevatter zu dem jungen Printzen in sein Zimmer, wünscht ihm einen guten Morgen, aus welchem der Teuffei, so bald er seinen Herrn Gevatter erkennet, zu reden angefangen, und gefragt, woher und was Ursach er komme, was er hier verlange und begehre. Nichts anders antwortet diser, als daß ich dardurch dem Begehren deiner Frau genug thue; dise laßt sich dir durch mich höfflichst empfehlen und bitten, du wollest ihr nur dise Gnad wider erweisen und zu ihr zurück kehren, sie versichert und schwöret dir alle Treu und Lieb und Unterthänigkeit, und daß sie allemahl ingedenck ihres Versprechen, dich nimmermehr beleidigen wolle. Was, ich, antwortet der Teuffei, ich solte wider zu meinem Weib, behüte mich Gott darvor, in alle Ewigkeit nicht, lieber tausendmahl in der Holl biß über die Ohren will ich bleiben, als von einem Weib also mehr geplagt werden. Auf welche Antwort der Herr Gevatter das Zeichen gäbe, darauf gleich aller Orten die Glocken geklinget, die Stück geknallet, die Trummel gerühret, aller Orten das Volck zusammen geloffen; welches, als der Teuffei gehöret, fragte er gantz sorgfältig den Gevatter, was doch dises bedeute; diser antwortete: Mein lieber Herr Gevatter, was wirds anders bedeuten als die Ankunfft deines Weibs, dero Vorbott ich gewesen bin; dann sie dich hier suchen und selber abhollen wird, zu dero Ankunfft dises alles angesehen und angestellet worden. Ey sagte der Teuffei, wann mein Weib auch daher kommt, so solle sie mich auch da nicht finden: Adieu lieber wider in die Holl, als zu meinem Weib, und hiemit führe der Teuffei unter Leuten und Schiessen, Trummel und Pfeiffen in einem Augenblick zur Höllen.

Franz Anton Oberleitner Er war Zeit seines Lebens Dorfpfarrer und dürfte über die Grenzen des Inn-Salzachgaues kaum hinausgekommen sein. Als gebürtiger Salzburger scheint er am 11. November 1689 in den Matrikeln der dortigen BenediktinerUniversität auf, und zwar unter den Prinzipisten, d. h. der untersten Stufe des der Hochschule angeschlossenen akademischen Gymnasiums; er zahlte die für Söhne von Kleinbürgern und Handwerkern übliche Gebühr von 45 kr. Demnach ist er wohl aus dem Salzburger Mittelstand hervorgegangen und dürfte um 1680 geboren sein. Seine Laufbahn als Weltpriester begann er, soweit die Akten darüber Auskunft geben, als Kooperator, 1707 übernahm er das Vikariat Heiligen-Kreuz in der Pfarrer Feichten bei Trostberg, einem Dörflein von fünf Häusern und einer Kirche, wo der Benefiziat für seine Bauern auch braunes Bier ausschenkte. In einem an den Erzbischof von Salzburg gerichteten Bewerbungsschreiben um die Pfarrstelle in Grünthal bei Gars vom 28. Oktober 1713 beruft er sich auf diese „in die 12 Jahr gehabten Cooperatur und Vicariat" und auf sein „mehrmal underthenigist und flehentlichist Bitten", nachdem er, offensichtlich vergeblich, „bereits schon 4mal in drey concursen erschienen" und sich doch „hoffentlich in dieser Zeit eiferigst und ohne Klag verhalten habe". Er erhielt 1714 auch glücklich die Pfarrstelle zu Grünthal — der Salzburger Erzbischof hatte in dem ganzen Gebiet Besetzungsrecht — und wirkte dort nahezu 15 Jahre, bis zu seiner Versetzung nach dem nahegelegenen Obertaufkirchen bei Schwindegg im Jahre 1728. Dort ist er 1741 gestorben. 1733 erschien erstmals sein einziges, für einen Dorfpfarrer immerhin erstaunliches Werk „Simplicium Leges, Das ist: Geistliche und unfehlbare BaurenRegien . . ." (2. Ausg. 1748). Es war als eine Art Hauspostille gedacht, „für die Herren Land- und auch Stadtpfarrer, Prediger und Seelsorger, damit ihr liebe Pfarrkindern zu unterweisen . . . Dann auch für alle der Einsamkeit und Land-Leben Ergebne, Gelehrte und Ungelehrte, darmit zu gelegenen RuheStunden sich in Gott zu ergötzen . . ." (Titelblatt). Doch vermerkt der Autor in der Vorrede zum 2. Teil, seine „Bauren-Reglen seynd nichts anders als Zeit währender meiner Seelsorg auf unterschiedlichen Pfarr-Cantzlen gethane Predigen". Da er sein Leben lang vor Bauern gepredigt hatte, sind auch seine Diskurse vor allem an die Landbevölkerung gerichtet und befassen sich mit ihren Nöten, Beschwernissen und Lastern, bringen aber zugleich, der Zeittendenz entsprechend, ein Loblied auf den Bauernstand. Selhamers „Tuba rustica" und Tallers „Bauern-Prediger" dürften, nach manchen Uberstim-

Das Sündenregister auf der Kuhhaut

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mungen zu schließen, seine Vorbilder gewesen sein. Auch die reiche Auswahl seiner sehr lebendig und treffend erzählten Exempel, Legenden, Fabeln und Schwänke ist durchwegs auf die bäuerliche Thematik abgestellt. Lit.: REDLICH, Matrikel der Universität Salzburg 183, nr. 8778; J. KLÄMPFL, Topographisch-historische Beschreibung der Pfarrei Feichten, in: Oberbayer. Archiv f. vaterländ. Geschichte 14, 1853—54, 267; Archiv des Metropolitankapitels München, Pfarrakten Grünthal II/9 u. 10; BERNHARD ZÖPF, Geschichte der Pfarrei Obertaufkirchen, in: Oberbayer. Archiv f. vaterländ. Geschichte 21, 1859—61, 277 ff., bes. 284. — E. MOSER-RATH, Geistliche Bauernregeln. Ein Beitrag zum Volksglauben der Barockzeit, in: ZsfVk 55, 1959, 201 ff. (mit weiteren Nachweisen).

242. D e r

T e u f f e i s c h r e i b t alle Sünden so in d e r K i r c h g e s c h e h e n

auf,

Entsetzlich ist jene Begebenheit, so dem glorwürdigen Bischoff Martino von Turon begegnet ist. Als diser H. Mann in seiner Kirchen das Ampt hielte, fienge sein bey dem Altar stehender Diacon, Briccius mit Namen, dergestalten ein hell und lautes Gelächter an, daß sich Martinus darüber sehr verwunderte und nit fassen kunte, wie doch unter wehrendem Heil. Gottes-Dienst sein AltarsBedienter so frech sich könne erzeigen, nach geendigter Meß fragte er den Diacon gantz ernstlich um die Ursach seines ungereimten Gelächters zu einer solchen Zeit? Diser gäbe zur Antwort, daß er hinter dem Altar den höllischen Sathan gesehen habe, welcher mit grosser Eyl, weiß nit, was schriebe; diser da er kein Ort mehr fände, wo er noch ein Buchstaben auf die Pergamentene schon mit Schreiben angefüllte Haut hinsetzen kunte, und doch noch weiter zu schreiben sehr begierig wäre, hat er mit den Pratzen und Zähnen die Pergamentene Haut etwas länger zu machen, dergestalten auseinander gezogen, daß unter währendem disem Ziehen das Pergament von einander gebrochen und in der Mitte zerrissen, also zwar, daß diser Teuffei mit seinem Grind an die Maur hinter sich dermassen wohl empfindlich seye angebröllet, daß er hemach aus lauter Zorn und Grimmen sich selbst in die Bratzen gebissen. Nachdem der H. Bischoff dise lächerliche Begebenheit vernommen, fragte er den Diacon, an was für einem Orth der höllische Schreiber gewesen seye? da er vernommen, daß derselbe sich in einem gewisen Winckel hinter dem Altar aufgehalten habe, begaben sich beede also gleich dahin, und traffen den Höllen-Geist noch rasend an. Der H. Mann befahle ihm im Nahmen und Gewalt des Allerhöchsten, er solte bekennen, was er unter dem Hoch-Ampt auf das Pergament gesudelt und aufgeschoben habe? Durch disen Befehl wurde der Vatter der Lugen gezwungen, auch ein Warheit zu bekennen, und zu sagen, daß er die Fehler derjenigen aufgeschoben, welche mit unnützen Geschwätz, mit unverschambten Herumgaffen, mit ungebührlichen Stellungen des Leibs und anderen Straffwürdigen Unehrenbietigkeiten in der Kirchen dem H. Gottes-Dienst beywohneten. Es hat der Allerhöchste dises wunderbarliche

Franz Anton Oberleitner

398

Spectacul zugelassen, uns der Andacht und Ehrenbiethigkeit zu erinnern, mit welcher wir uns in dem H a u ß Gottes vor jenem grossen Gott sollen einfinden und einstellen.

243. D r e y

Bauren-Mägd hören Meß ungleicher Meynung

mit

Der geistreiche Gottschalcus erzehlet, daß auf ein Zeit drey Bauren-Töchter auf einen Kirchtag Gesellschafft halber miteinander gangen, und auch an demselben Ort Vormittag bey dem Gottes-Dienst verbliben, welchen ein sehr frommer und heiligmäßiger Priester gehalten; unter währendem H. MeßOpffer hat diser ein wunderliches Gesicht wahrgenommen, dan er sähe, wie ein Engel einer aus besagten Bauren-Töchtern einen wunder-schönen Krantz von rothen Rosen auf den Kopff gesetzt; nit lang hernach hat er mehrmahlen vermerckt, daß ein anderer Engel der andern aus disen einen Krantz von schönen weissen Rosen auf das Haupt gelegt; bald hernach hat er gesehen, daß nit ein Engel, sondern der Teuffei selbsten der dritten aus disen Dorff-Mägden einen neuen Beltz um das Maul geschlagen, und nachgehends ihr auf der Achsel mit der Sackpfeiffen einen Tantz aufgemachet. Nach vollbrachten Gottes-Dienst ruffte obernannter Seelsorger die drey Bauren-Töchter zu sich, und fragte, mit was für guter Meynung sie der H. Meß beygewohnet haben, u n d ob sie fleißig gebettet? Die Antwort wäre zwar bey allen dreyen ja; nun wohlan, was hat dan ein jede bey der H. Meß vor ihr gehabt? Ich, sagte die erste, habe betracht die Dörnere Cron, so unserm liebsten Herrn Jesu mit grösten Schmertzen ist auf das Haupt gesetzt worden; gar gut, sagte der Geistliche, dessenthalben hat dir Gott einen Krantz von rothen Rosen auf das Haupt gesetzt; was hast du zu derselbigen Zeit f ü r Gedancken gehabt? fragte er die andere: Ich, sagte sie, habe dazumahlen die liebreiche Kindheit unsers liebsten Jesus Kindlein bey mir erwöget, gar gut, sagte der fromme Geistliche, derenthalben hat dich Gott mit einem weissen Krantz von Rosen beehret; was seynd dan dir für Gedancken unter dem Gebett eingefallen? fragte er die dritte, mich, sagte sie gantz frey heraus, hat nit wenig verdrossen, daß ihr ein solcher Kertzenbrenner seyd, und den Gotts-Dienst so lang hinaus gezogen habt: Dan ich des Willens bin einen Beltz einzukauffen, und nachmahls, so es Zeit zulasset, den TantzBoden heimzusuchen; so ist dan auch, sagte der fromme Mann, dises dein Lohn, daß dir der Teuffei den Beltz umb das Maul geschlagen, u n d mit dem Tudelsack auf der Achsel gepfiffen.

244. Ü b e l

verwaltete

Seelsorg

bringt

ewige

Straff

Ein gewiser saumseeliger Seelsorger hat sich wenig umb die ihm anvertraute Seelen bekümmeret, und vilmehr all sein Sorg für sein Haußhaltung und Einkünfften angewendet, als er aber gestorben, haben bewährte Zeugen

Lohn der Meßandadit

•— Ein nachlässiger Seelsorger — Sonntagsfrevler

399

gesehen, daß seine vorige abgeleibte Pfarr-Kinder aus den Gräbern hervor kommen, ihn gesteiniget, und voller Grimmen und Zorn ihm vorgeworffen: Du Wolff und kein Hirt, dir seynd wir anbefohlen worden, aber du hast uns nit geweidet, sondern durch dein Saumseeligkeit Ursach gewesen unserer Verdammnus. Darum hast du wohl verdient, daß du mit uns ewig brennest und bratest; worauf sie ihn mit sich in den Abgrund der Höllen gerissen.

245. D e r

Sonntag

soll kein

Sünd-Tag

werden

Wie unterstehet sich mancher den jenigen Tag, so unserm Herren zu seinen Diensten gewidmet ist, zu mißbrauchen? Die Ehr, so Ihme an disem seinem Tag allein gebühret, dem leydigen Teuffei in Außübung unterschidlicher Bubenstuck aufzuopffern? Disen Tag durch Müßiggang sowohl als durch Sünd und Laster Gott gleichsam abzustehlen? Ich versichere dich, O undanckbar- und unerkantlicher Christ, Gott wird solchen freventlichen Diebstahl an dir rächen, und wo nit Ewig, wenigstens Zeitlich abstraffen. ( 1 ) Also hat Gott in Niderland jenen Bauren gestrafft, welcher an einem Sonntag das Getraid heimführen wolte, so bald er die erste Garben auf den Wagen geworffen, ist er alsobald des gähen Tods gestorben. ( 2 ) Ein anderer Baur auf einem abgelegenen Hof wohnend unterstunde sich einsmahls an einem Sonntag zu ackern, als er mit dem Beyl den Pflug richten wolte, ist ihm solches mit grössten Schmertzen in der rechten Hand anklebt, so lang, biß ihm endlich durch die grosse Fürbitt deß Heil. Martyrs Juliani geholffen worden. { 3 ) Es wolte ein gewises Weib zu Turon an einem Sonntag den Taig anmachen, in willens Brod zu bachen, als sie nun wollen die Laib in den Ofen schieben, bekommet sie an ihrer rechten Hand unleydentlichen Schmertzen, von einem verborgenen himmlischen Feur, also daß sie erbärmlich schrye, jämmerlich heulete und klagete; in diser Angst gehet sie in die Pfarr-Kirchen, bereuet ihren Fehler, thut vor dem Heiligthum deß H. Joannis deß Tauffers ein Gelübd, an keinem Sonn- oder Feyr-Tag nichts mehr zu thun oder zu arbeiten als betten und Gott loben, wan sie wider von Gott durch Vorbitt deß H. Joannis ihr Gesundheit erlangen werde. Zu disem End verschaffte sie ein Kertz in der Länge, behielte solche brennend die gantze Nacht in der Hand, und bettete inständig so lang, biß sie von Gott erhöret und ihrer Schmertzen ledig wurde. t. e i n B a s i l i s k , e i n F u h r m a n n , e i n S c h n e i d e r - B ü r s c h l J 1762.1.2 a n g e s e h e n (Ovum Paschale II, 64 ff.) Vermutlich nach dem Laiebuch, Kap. 41 ( = zit. Ausg. S. 134 ff.), das hauptsächlich auf Kirchhofs Wendunmuth 1, 276 fußt, jedoch mit eigenen Zutaten Strobls. Der Feuertod des Krebsen fügte sich wohl besser zur Applicatio moralis auf das Ende des sündigen Menschen. In einer zweiten Variante im Ovum Paschale II, 250 ff., die auf BISSELIUS, Deliciae Aestatis, S. 93 ff. zurückgehen dürfte, verfängt sich das rätselhafte Scherentier an der Nase des Schulzensöhnleins und niemand findet den Mut, es anzufassen. Schließlich wird der Krebs samt der Nase abgerissen und "als ein Malefitz-Person zum Todt ATh 1310 verurteilt", nämlich ins Wasser geworfen und dafür noch bedauert. Lit.: WESSELSKI zu Bebel 3, nr. 43 ( = 2 , 114); O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Wendunmuth 1, 276; K Ö H L E R , Kl. Schriften 1, 266; DÄHNHARD'T, Natursagen 4, 44; zur volkstümlichen Verbreitung vgl. auch LIUNGMAN 282 f. 93. D i e N a r r e n v o n A r c a d i a l a s s e n e i n e n B e u t e l s c h n e i d e r 1 a u f f e n (Fisch-Netz, Fest. 68 ff.) Qu.: JOHANNES BISSELIUS, Deliciae Aestatis . . ., Monachij 1644, lib. I, Elegia 9 = S. 48 ff. Var.: H E L B I G , Alveare 319 f. Es handelt sich um den Stoff zu dem bekannten Fasnachtspiel des H A N S SACHS "Der Roßdieb zu Finsing". Vgl. Sämmtliche Fastnachtspiele von Hans Sachs, hg. von E. Goetze, V. Bändchen, Halle 1884, nr. 59, dazu S. XII f. Vgl. auch B R O N N E R , Bayer. Schelmenbüchlein 102 f.; MERKENS 3, nr. 54 (aus Ostpreußen). 94. E i n B ä u r i n m a c h t i h r s e l b s t g r o s s e H o f f n u n g , i n d e m ATh 1430 s i e A y r g e n M a r c k t g e t r a g e n (Ovum Paschale I, 108) Vermutlich nach dem Laiebuch, Kap. 33 ( = zit. Ausg. S. 120 ff.) oder einer späteren Ausgabe der "Schiltbürger". Wörtlich nach Strobl übernommen in Mala gallina 141 f.

464

Kommentar Var.: HERBERGER, Buch Sirach 9 1 7 ; ebda. 4 9 6 die verwandte Erzählung von den Träumen eines Einsiedlers über einem Honigtopf; KOBOLT 1 2 0 . Lit.: CRANE ZU Jacques de Vitry nr. 5 1 ; B O L T E ZU Montanus 6 0 3 F F . und zu Pauli nr. 5 2 0 , dazu BP 3 , 2 6 7 ; WESSELSKI zu Sommers Emplastrum Cornelianum nr. 2 3 ; SCHUPPIUS, Schrifften 1 , 2 4 6 ; K Y B L E R II, 8 1 .

95. E i n e i n f ä l l t i g e s H a u ß - Z w e r g e l e w i r d v o n s e i n e m H e r r n m i t e i n e m K ö r b e l v o l l F e i g e n zu e i n e m g u t e n F r e u n d g e s c h i c k t (Ovum Paschale II, 277ff.) Übereinstimmend mit einer von ANTON BIRLINGER in dem selten gewordenen Kinderbüchlein "Nimm mich mit", Freiburg i. B. 1871, S. 279 ff. abgedruckten Fassung nach einem um 1691 erschienenen "Biblischen Bilderbanquet". MENOCHIO, Zeitvertreibung IV, 514 ff. erzählt die Geschichte von einem Indianer und einem europäischen Edelmann in Brasilien, datiert auf 1572, und nennt eine französische Quelle; JOH. P E T E R DE MEMEL, Lustige Gesellschaft nr. 743 (Krebse überbracht). Eine verwandte Erzählung (vielleicht nach Z I N K GREF-WEIDNER IV, 168) findet sich bei GANSLER II, 66: "Das Sprichwort sagt: Auf ein guten Bissen gehört ein guter Trunck, so sey es dann, geneygter Leser, ich muß dir etwas von den so genannten WeynachtZelten verzehlen, welche in Tyrol sehr aestimirt werden. Erstlich ist zu wissen, daß es in dem Tyrol gebräuchlich sey, von den Weynadit-Feyertägen an biß auf Liechtmessen einem guten Freund einen Weynacht-Zelten auffzusetzen. Zum andern, das gedachte Weynadit-Zelten in dem Etschland vil besser und kostbarer gemacht werden als in dem Yhnthal. Damit aber Etschland dem Yhntal kein Competenz mache, so will ich nachfolgende Begebenheit dem Ort nach in der Still halten, das Geschick aber, welches sich mit einem Weynacht-Zelten hat zugetragen, eben dieweil es mir einfallt, erzehlen. Es wohnte ein reicher vermöglicher Edelmann etliche Stund von einer gewissen Stadt, diser hatte hin und wider etliche Rechts-Händel, zu welchen er einen Doctor, ihm hierin zu dienen, gebrauchte. Auf ein Zeit kamen dem Edelmann etwelche Brieff und Acta von Gericht zu, als der nun solche überlesen, schickte er gedachte bey einem Unterthanen seinem Doctor zu und schrieb ihm sein bedencken darbey: Es wäre aber eben umb die Weynachtzeit, derohalben schickte der Edelmann dem Herrn Doctor zu einem freundlichen Gruß einen recht guten Weynacht-Zelten, mit angehängter Bitt, der Herr Doctor möchte darmit vorlieb nehmen. Als der Unterthan, welcher ein Baur wäre, auf dem Weg käme, gedachte er, ich habe mein Lebtag kein Weynacht-Zelten versuchet, dieweil aber der Weynacht-Zelten mich versuchet, so will ich ihn für ein Straff anschneiden und kosten. Aber das Kosten währte so lang, bis endlich nichts mehr vorhanden wäre: Nichts desto weniger gienge der Baur zum Doctor und überliefferte seinen Brieff mit einem gar schnellen Behüt-Gott. Der Baur schliche über die Stiegen hinab und käme in den Vorhoff, unter welchem Abmarche der Hr. Doctor den Brieff gelesen, doch aber von einem WeynachtZelten nichts erhalten hatte, ruffte also den Bauren und sprach: Baur, es steht auch von einem Weynacht-Zelten in dem Brieff, der Baur aber sagte: so hör ich wohl, mein Herr hat mir zwey Weynacht-Zelten auffgeben, aber für euch nur einen. Der Doctor sprach: Ich begehre nicht mehr als einen. Der Baur antwortet: Ich bin auch mit einem zufrieden, also behaltet ihr jenen, der in dem Brieff stehet, und ich den andern, der mir gar wohl geschmecket hat." Lit.: Verwandte Erzählungen bei PIETRO TOI.DO, Aus alten Novellen und Legenden/12: Moderne Parallelen zu mittelalterlichen Erzählungen, in: ZsfVk 16, 1906, 32ff.; vgl. auch MERKENS 3, nr. 209. Zum Eingangsmotiv vom stotternden Studenten beim stotternden Barbier: P E T E R DE M E M E L nr. 1 0 5 ; Hilarii Jocoserium Germanorum nr. 9 8 ; ABRAHAM A

465

Nr. 95—100

Narren-Nest (1703), zit. Ausg. ed. v. Bertsche 26 = Narren-Nest (1707) I, 18. S . CLARA,

96. E i n W e i b w i r d d u r c h e i n F i e b e r - Z e t e l e i n z u s c h a n d e n Mot.K 115.1 g e m a c h t (Schlüssel, Dom. 62) Var.: B R A U M I L L E R , GIüdcs-Hafen 53f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Judas IV, 188; S T R O B L , Karten-Spihl I I , 86; E R T L , Tolle Lege, Dom. 635; D I O N Y S I U S V. I N N S BRUCK, Dom. II, 387; von Augenzetteln: H E R I B E R T V. SALURN, Fest. II, 46; S T R O B L , Karten-Spihl II, 86 f.; DERS., Schlüssel, Dom. 61 f.; W O L F F , Dom. 969; ABRAHAM A S. C L A R A , Huy und Pfuy 514 f. (vgl. die Textbeispiele bei E . M O S E R RATH, Geistliche Bauernregeln, in: ZsfVk 55, 1959, 221 f.) Lit.: B O L T E ZU Pauli nr. 153 mit reichen Nachweisen von der ma. Exempelliteratur bis zur Schwankliteratur des 18. Jhts.; ÄGIDIUS ALBERTINUS, Lucifers Seelenjagd, zit. Ausg. 87 f.: F O R N E R U S , Panoplia 24 f.; Z I N K G R E F - W E I D N E R IV, 106; Democritus ridens 38; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 145 ff.; C O N L I N IV, 293ff.; Mala Gallina 3f. 97. E i n v e r t r u n c k e n e s M ü t t e r l e r s u c h e t d e n E n g e l a m O e l b e r g , e r w o l l e i h r o e i n M a s s e l e i n s c h e n k e n (Ovum Paschale II, 112) Teils wörtlich übereinstimmend: C O N L I N III, 1 2 9 ; zur letzten Episode: A B R A HAM A S. C L A R A , Judas I, 3 2 5 und II, 1 5 2 = Mala gallina 4 0 3 ; W O L F F , Dom. 348 (als Ostermärlein in Verbindung mit dem Motiv der Witwe von Ephesus, vgl. u. nr. 1 3 2 ) ; PRAMBHOFER, Hönig-Fladen 5 f. gibt folgende Version: "Kan nicht verhalten, was von einer solchen Potamiana gelesen, die Kirchfahren gangen, und unter Weegs das Maul mit Wein dergestalten außgeschwaibet, daß ihr der Tummel in Kopff und der Tremulant in die Fuß kommen. Wie diese Lutzl in eine Kirchen getretten und in Mitte derselben bey dem OpfferStock auf ihre Knie gefallen, hat ihr der Schwindel je länger je mehr das Hirn eingenommen, also zwar, daß sie geglaubt, der Altar gehe umb und umb: wessenthalten sie in dieses wol lächerliche Wort ausgebrochen: O mein H. Anna! Ich bins nicht werth, ich wolle umb dich herumb gehen, so sehe ich aber, du gehest umb mich herumb. Lasse mir diese ein andächtige Frau seyn." 98. H o f n a r r e i n e s F ü r s t e n v e r w u n d e r t s i c h ü b e r d i e l a n g e Mot.J 2512 N a s e e i n e s E d e l m a n n s (Schlüssel, Dom. 210) Zur Ausdeutung des Zitats aus dem Brautlied Salomonis: Nasis tuus sicut turris Libani, quae rescipit Damascum. Var.: S T R O B L , Ovum Paschale II, 3 3 2 (als Narrengeschichte im Rahmen der Narrensuche der Herren von Schlaraffenland, vgl. nr. 8 3 ) ; ABRAHAM A S. C L A R A , Gehab dich wohl 40. Lit.: B O L T E ZU Pauli nr. 41 mit zahlreichen Nachweisen aus der Schwankliteratur des 17. und 18. Jhts.; D R E X E L I U S , Zungenschleiffer I, 96 f. = Opera omnia I, 1521; D Ä H N H A R D T , Schwänke nr. 41; B Ü N K E R nr. 20. 99. E i n r e i c h e r G e i t z h a l s v e r b i r g e t s e i n e n s e i n H a u ß - A l t ä r l e i n (Ovum Paschale II, 123ff.)

Schatz

unter

ATh 1341B

Var.: WOLFF, D o m . 3 6 8 f .

Lit.: W E S S E L S K I , Mönchslatein nr. 33 (nach Etienne de Bourbon); Pauli nr. 74.

BOLTE

zu

100. D r e i S t u d e n t e n z a h l e n e i n e n W i r t h m i t d e m b l i n d e n K ä t z 1 (Ovum Paschale I , 383) = L O H M E I E R 1 9 2 ff. Vgl. W E S S E L S K I ZU Bebel II, nr. 1 1 1 . Auch in der Schwankliteratur des 1 7 . Jahrhunderts häufig belegt, vgl. etwa: T A L I T Z , Reißgespahn 260f.; Hilarii Joco30

Moser-Rath

Mot.K455.4

466

Kommentar

seria Germanorum nr. 2 8 1 ; Historienschreiber nr. 4 8 ; J O H . PETER DE MEMEL nr. 3 1 2 ; HARSDÖRFFER, Schauplatz II, Anhang nr. 2 3 7 ; H Ö R L , Bacchusia 4 1 5 ; GLEISSENBERG II nr. 3 = Carinthia 1 / 1 4 3 , 1 9 5 3 , 4 1 9 ; eine mündliche Version, auf Blindheim bei Hochstedt a. d. Donau lokalisiert bei BRONNER, Bayer. Schelmenbüchlein 98 f. (mit weiteren Nachweisen). — Zur Spielbezeichnung "blindes Kätzl" vgl. E . M O S E R - R A T H , Zeugnisse zum Kinderspiel der Barockzeit, in: JbdÖsterr. Volksliedwerkes 1962, 200 f. zu ATh 1725

101. E i n S t u d e n t b r i n g t e i n e m E d e l m a n n d u r c h v e r b o r g e n e W i s s e n s c h a f t v i l S p e i s e n a u f d e n T i s c h (Ovum Paschale I, 2 5 0 ff.) = LOHMEIER 1 7 0 FF.

ATh 1360 C

ATh 1526

Größtenteils wörtlich übereinstimmend mit der auf BIDERMANN, Utopia, lib. 3, c. 2 9 , S. 1 2 8 ff. zurückgehenden Version bei H Ö R L , Bacchusia 1 2 2 ff. — Vgl. BOLTE zu Montanus, Schwankbücher, 6 2 6 f. Die verwandte Erzählung von der ungetreuen Ehefrau, die ihrem Liebhaber gute Bissen auftischt, dabei aber von einem Studenten belauscht wird, der hernach dem heimgekehrten Ehemann die versteckten Speisen herbeizaubert, findet sich bei A B R A H A M A S. C L A R A , Judas IV, 484 ff. = Etwas für Alle III, 395 ff. = Mala gallina 92 ff., femer mit starken Übereinstimmungen bei P R A M B HOFER, Kirchtags-Süppel 547 ff. Vgl. B P 2, 18; WESSELSKI, Märdien des Mittelalters nr. 27; W. ANDERSON, Der Schwank vom alten Hildebrand, Tartu 1931; L. SCHMIDT, Das steirische Schwankspiel vom Bauern und seinem Weib, in: Festschrift f. Eduard Castle, Wien 1955, 13 ff. = SCHMIDT, Die Volkserzählung, 327 ff. 102. E i n B a u e r n k n e c h t t h u t s i c h f ü r e i n B i s c h o f f a u ß g e b e n (Ovum Paschale I , 2 2 7 ff.) = LOHMEIER 1 8 4 FF. Nach BIDERMANN, Utopia, lib. 5 , c. 4 7 , S. 2 7 1 ff. = H Ö R L , Bacchusia 2 7 1 ff.; die Fassung geht auf eine Episode des spanischen Schelmenromans "Guzman de Alfarche" ( 1 5 5 9 ) von M A T E O A L E MAN zurück, die AEGIDIUS ALBERTINUS 1 6 1 5 ins Deutsche übersetzt hat. Vgl. BP 3 , 3 9 4 ; K . RANKE, Der Bettler als Pfand, in: ZsfdPhil 7 6 , 1 9 5 7 , 149ff.; 358ff.; R Ö H R I C H , Erzählungen des späten Mittelalters 173 ff. u. 288ff. — Zur literarischen Uberlieferung des 17. Jahrhunderts noch: J O H . PETER DE MEMEL nr. 1 0 8 ; Hilarii Jocoseria Germanorum nr. 1 0 0 ; Historienschreiber nr. 61.

zuMot.K311 103. L ä c h e r l i c h e G e s c h i e h t v o n e i n e m g e i t z i g e n W i r t h u n d d r e y e n B e u t e l s c h n e i d e r n (Schlüssel, Dom. 179 ff.) Qu.: BIDERMANN, Utopia, lib. 5 , c. 3 9 , 2 5 9 ff. = H Ö R L , Bacchusia 2 5 7 ff. Var.: STROBL, Karten-Spihl, Anhang 5 3 F F . ; A B R A H A M A S. C L A R A , BescheidEssen 3 7 7 ; HEHEL, Glaubens-Lehr I , 3 8 1 f. erwähnt in Zusammenhang mit dem Gespensterglauben: "Man weiß wohl auch, was manniche vor Schelmmen seynd, die mit Fleiß sich für Geister ausgeben und verkleiden, andere zu schröcken, sie zu jagen und also zu stehlen und rauben, wie dann drey dergleichen auff einmal seynd auffgehendet worden, deren sich einer in einen Engel, der andere in einen Teufel, der dritte als wie der Todt gemahlen wird, verkleidet hat, waren aber lauter Dieb und giengen nur auffs stehlen loß." Lit.: GOETZE ZU Hans Sachs, Fabeln 1 , nr. 1 6 8 ; E R A S M U S F R A N C I S C I , Die lustige Schau-Bühne ( 1 6 6 9 ) , 9 4 0 ; J . MASENIUS, Familiarum argutiarum fontes 1 7 2 F . ; CASALICCHIO I , 5 3 7 f f . (ebenfalls nach Bidermann); Schau-Platz der Betrüger nr. 2 3 (alle drei gehenkt); BIRLINGER, Alemannia 1 0 , 7 9 zitiert eine Fassung nach dem "Neueröffneten Schau-Platz der Abgötterei und Aberglaubens der Menschen . . .", Lemgo 1 7 2 1 ; W E N Z , Exempel-Buch 4 8 2 (ebenso).

467

Nr. 101—107

104. E i n M ü l l n e r b e t r i e g t e i n e n B a u r e n m i t t e l s s e i n e r K a t z e n (Ovum Paschale I, 139 f.) Fast wörtlich übereinstimmend mit der Fassung bei T A L I T Z , Reißgespahn n r . 2 3 4 , S . 3 5 2 ff. =

CONLIN V ,

553.

Lit.: B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 623f.; vgl. auch 2, nr. 241, 3, nr. 198; Schau-Platz der Betrüger nr. 36.

H A N S SACHS,

Fabeln

105. E i n g e s c h l e c k i g e K ö c h i n w i l l i h r e n H e r r n b e r e d e n , d a ß ATh 785A d i e K r a n i c h v o n N a t u r n i t m e h r a l s e i n F u ß h a b e n (Ovum Paschale I, 335 ff.) Vermutlich nach BIDERMANN, Utopia, lib. 6, c. 1 8 , S. 323 = H Ö R L , Bacchusia 345 f. Strobls Fassung wörtlich bei C O N L I N VII, 1 1 2 ff. Lit.: B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 6 1 3 und zu Pauli nr. 5 7 mit reichen Nachweisen, auch aus der mündlichen Überlieferung; G E R L A C H , Nova Gnomotheca II, nr. 3 6 . Vgl. auch M E R K E N S 1 , nr. 7 7 ; Das deutsche Volkslied 8 , Wien 1 9 0 6 , 4 5 ; W . E . P E U C K E R T , Hochwies, Göttingen 1 9 5 9 , nr. 1 9 1 . 106. D r e y S ö h n l i e g e n i h r e m V a t t e r v o r , w a s f ü r g r o s s e K ü n - ATh 654 s t e n s i e e r l e h r n t (Ovum Paschale I, 346 f.) S T R O B L nennt keine Quelle, ATHANASIUS v. D I L L I N G E N (Weinberg, Dom. 437) bemerkte jedoch zur gleichen, allerdings unvollständig wiedergegebenen Geschichte: "Dieses erzählt ein Frantzoß Namens Philipp de Alcripe, als drey Meister-Stuck, so doch drey batzete Lugen seynd." Gemeint ist " L a Nouvelle Fabrique" des PHILIPPE D ' A L C R I P E , ein französisches Wunderbuch des späten 1 6 . Jahrhunderts. (Vgl. R U D O L F SCHENDA, Philippe le Picard und seine Nouvelle Fabrique, in: Zs. f. französische Sprache und Literatur 68, 1958, 43 ff., bes. 5 5 ) — ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I I I , 1 6 8 f. brachte eine gekürzte Version unter Hinweis auf Strobl. Lit.: M Ü L L E R - F R A U R E U T H , Lügendichtungen 65 u. 219; BP 3, 10 ff. zu KHM 124 "Die drei Brüder"; SCHMELLER, Die Mundarten Bayerns 434; R A N K E , Schleswig-Holsteinische Volksmärchen 2, 387 (mit weiteren Nachweisen). — Zu der in jener Zeit sehr behebten Wortspielerei mit Ortsnamen (Frissland, Langenkandl) einige Beispiele nach ABRAHAM A S. C L A R A : (Judas I I , 35) "Wann du ärger bist, schlimmer bist, lasterhafter bist als Holofernes von Buellersdorff, als Esau auss Friessland, als Saul von Neydlingen, als Herodes von Frauhofen, als Nabuchodonosor von Stoltzendorff, als Judas von Kauffbeuren, als der verlohrne Sohn von Schweinfurth, als der Nabel von Schleglleutten, als der Goliath von Großwardein, als der Pharao von Hartberg etc., nichts verzagt, kanst gar leicht nacher Heylbrunn kommen, gib Allmosen, das Heyl ist dir g e w i ß . . . " (ebda. I, 173) "Wann die Tochter schon einer alten Kupplerin den Topff und Kropff anfüllt, und solche sich nachmals für ein Postillion nach Mannhaimb brauchen l a s t . . . " (I, 188) "Aber mit der schönen Gestalt hat es weit andere Eigenschafft, dann man bleibt nit allweil zu Schönau, man kombt auch nacher Braunau, man bleibt nit immer zu Glatz in Schlesien, man kombt auch nacher Zwyfall in Schwaben . . . " usw. Vgl. auch PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 187 (Frauenhofen, Magdeburg), E R T L , Tolle Lege, Fest. 136, (Neyding im Schwaben-Land) u. a. 107. E i n H e r r n - D i e n e r l i e g e t s e i n e m H e r r n e i n l a n g e s u n d b r a i t e s v o r (Ovum Paschale I, 291 ff.) Qu.: G E O R G I I S T E N G E L I I Mundus Theoreticus divinorum judiciorum . . . Colon. Agripp. 1686, p. II, c. 9 = S . 40 f.; STEINHÖWELS Äsop, nr. XVII. ABRAHAM A S . C L A R A , Huy und Pfuy 64 u. Gehab dich wohl 86 f. erzählte vom Lügenfluß (bzw. -bach) nach CASALICCHIO I, 2 3 5 ff. 30'

468

Kommentar

Lit.:

Schriften I , 6 3 4 ; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 161; GLEISSEN= Carinthia 1/143, S. 418; allgemein: M Ü L L E R - F R A U R E U T H , Lügendichtungen 62 f. u. 210 mit weiteren Nachweisen. SCHUPPIUS,

BERG

ATh 1574

108. E i n S c h n e i d e r s i e h e t i n e i n e m G e s i c h t e i n e n F a h n v o n a l l e r l e y F l e c k l e n (Ovum Paschale II, 96ff.) Zur zweiten Episode von Schneiderburschen mit dem schlechten Gewissen: ABRAHAM A S . C L A R A , Bescheid-Essen 32f.; von einer verlogenen Dienstmagd. DERS., Gefl. Mercurius ( = ed. v. Bertsche 46). Lit.: Nachweise aus älterer Schwankliteratur und Volksüberlieferung bei BP 1, 3 4 3 ; Anm. 1; neue Aufzeichnungen: HENSSEN, Volk erzählt nr. 2 0 0 ; DERS., Überlieferung und Persönlichkeit nr. 7 5 (mit weiteren Angaben). —• H A R S DÖRFFER, Schauplatz I I , 152 bezeugt die sprichwörtlich gewordene Vorstellung vom diebischen Schneider: "Von seltzamen Sachen haben wir Teutsdie seltzame Sprichwörter: Es ist so seltzam, als ein weißer Floh, als die Faßnacht ohne Narren, als ein Kramer, der kein falsche Waar hat, . . . als ein Schneider, der alle Fleke wiedergiebt..." 109. O s t e r - M ä r l v o n e i n e r k a r g e n S c h n e i d e r i n u n d i h r e m L e h r - B u b e n (Ovum Paschale III, 57) Vgl. ABRAHAM A S. C L A R A , Der gefl. Mercurius, zit. Ausg. ed. v. Bertsche 29 ff. Wörtlich nach Strobl: CONLIN I , 162 ff. = Mala Gallina 191 ff.

ATh 1568° E

110. V o n e i n e m S c h n e i d e r - G s ö l l e n , w e l c h e r s e i n e m k a r g e n Meister ein gestessnes z u g e r i c h t (Ovum Paschale III, 74ff.) Wörtlich übereinstimmend bei C O N L I N I V , 3 8 7 = Etwas für Alle I I I , 5 1 2 ff. Lit.: OESTERLEY ZU Kirchhofs Wendunmuth 1, 2 3 3 ; Hilarii Jocoseria Germanorum nr. 4 4 ; J O H . P E T E R DE M E M E L , Lustige Gesellschaft nr. 49. 111. E i n n o t h i g e r B a u e r n - S c h n e i d e r u n d s e i n (Ovum Paschale III, 45 ff.) Vermutlich aus mündlicher Überlieferung.

ATh 1354

Lehr-Jung

112. E i n a l t e r B a u r s m a n n r o p f f e t e i n e n I n d i a n i s c h e n H a h n (Ovum Paschale I, 375 f.) Var.: WOLFF, Dom. 414 (verkleideter Student als Tod). Lit.: KIRCHHOFS Wendunmuth 1, 3 5 0 ; B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 5 7 9 , CASALICCHIO I I , n r . 4 ; CONLIN I , 2 7 0 .

113. E i n K e r b i m a c h e r s c h l a g t s e i n W e i b (Ovum Paschale I, 323ff.) = LOHMEIER 199 ff. Vermutlich nach T A L I T Z , Reyßgespahn 235 f. Lit.: B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 571; vgl. auch MERKENS 1, nr. 198; eine mundartliche Version aus Altbayern in FIRMENICHS Völkerstimmen 2, 698. Mot. T 251.5

114. E i n e i n f ä l t i g e s B ä u r l b e g e h r t e i n R e z e p t f ü r d i e B o ß h e i t s e i n e s W e i b s (Ovum Paschale II, 213ff.) Vgl. die Nachweise von B O L T E zu Pauli nr. 134. Dem streitsüchtigen Eheweib als Schweigemittel ein Schluck Wasser in den Mund zu nehmen empfohlen: S T R O B L , Ovum Paschale III, 314ff.; PFENDTNER 6; CLEMENS V. BURGHAUSEN, Fest. II, 57; W E N Z , Exempel-Buch 603f.; vermutlich nach D R E X E L I U S , Zungenschleiffer I, 375 = Opera omnia I, 1579 oder CASALICCHIO I , 6 0 ff. V g l . MERKENS 1 , n r . 2 9 6 .

zu ATh 835"

115. E i n W e i b l ä ß t i h r e m v e r s o f f n e n a n l e g e n (Ovum Paschale III, 344)

Mann ein

Narrenkleid

Nr. 108—118

469

ABRAHAM A S. CLARA, Bescheid-Essen 337 (die Frau läßt den Betrunkenen in einem Narrenkleid, "wie man in Fasching pflegt immer zu erdendien", ins Spital schaffen) unter Berufung auf ENGELGRAVE; teilweise übereinstimmend m i t STROBL: NEINER, T ä n d l - M a r c k t

290.

Eine verwandte Erzählung erwähnt STROBL im Predig-Buch 216: "Ein andere hat ihren Mann, der sich auch die Wochen durch offt gantz voll angezecht, als er einmahls gantz Stern-voll nach Hauß kommen und sich nimmer verwist, in ein Leylach eingenähet, als wann er schon gestorben wäre, und in ein TodtenBahr, welche sie schon vorhero hatte zurichten lassen, hineingelegt, auch ein Gschloß fürgeschlagen, daß er nicht heraus konte, beynebens ein brinnende Wachs-Kertz darzu gesetzt, ihn zugleich mit erdichten Zähren beweint, O mein Mann, O mein Mann, wie ists mir so leyd, daß du gestorben! Als er letztlich außgenüchtert und auffgewacht, klopffte er an die Todten-Bahr und bäte um Gottes Willen, man wolle ihn hinaußlassen. Als ihn nun sein Weib losgelassen, hat er gesehen, daß er für todt gehalten worden, wie deme auch nicht änderst ist, dann alle, die sich freywillig und freventlich voll ansauffen und ihres Verstands berauben, die seynd todt, weil sie ein Todt-Sünd begehen und in Gefahr seynd der ewigen Verdammnuß." Ebenso: CASALICCHIO I, 161 ff.; WENZ, Exempel-Buch 492. Vgl. oben S. 33 f. V g l . BOLTE zu P a u l i nr. 8 6 6 .

116. E i n v e r s o f f e n e r M a n n , w e l c h e r a l l e s f ü r d o p p e l t a n g e s e h e n (Ovum Paschale II, 52) Vgl. BOLTE zu Pauli nr. 140 mit Nachweisen aus der mittelalterlichen Exempelliteratur und aus Schwankbüchem des 17. und 18. Jahrhunderts.

Mot. J 1623

117. Z w e y v e r s o f f n e W e i b e r t r i n c k e n a l l e T a g e e i n L e y k a u f f (Artzney-Schatz, Dom. 66 f.) Vermutliche Quelle: STENGELIUS, De judiciis divinis, tom. 2, c. 30, S. 324 f.

Mot. K 236.2

V a r . : EUSEBIUS A S. TIBURTIO, A m a r a dulcis 7 5 7 . L i t . : BOLTE ZU P a u l i nr. 3 0 6 .

118. E i n B a u r s - M a n n l e g t A y r w i e e i n H e n n (Ovum Paschale I, 204 ff.) zu ATh 1434" =

LOHMEIER 1 8 2

ff.

Qu.: GEORGIUS STENGELIUS, Ova Paschalia, sacro emblemate inscripta descript a q u e . . . , Monachii 1634, S. 334, mit der Bemerkung: "Vix anni seni fluxere, cum Bonna a fide dignissimo viro scriptum et relatum est Ingolstadij litteris quas ipse v i d i . . . " , dazu ein Hinweis, daß man ähnliches auch aus Franken gehört habe. Var.: ABRAHAM A S.CLARA, Bescheid-Essen 2 0 f . (nach gleicher Quelle, kürzer g e f a ß t ) ; CONLIN I I I , 1 9 5 .

Lit.: BOLTE zu Montanus, Schwankbücher 592 zu nr. 6, wo das Eierlegen als ATh 1381 D angebliches Geheimnis des Mannes hingestellt wird; s. a. MOSCHEROSCH, Philander v. Sittewalt III, 376; Historienschreiber nr. 7 (angeblich Raben aus dem Leib des Mannes geflogen). Berichte von Männern, die nach dem Genuß von Hexenbrot Eier legen, sind jedoch auch mündlich überliefert, so auf die Jaxtheimer in Schwaben bezogen, denen darum der Spottnamen "Eierleger" anhaftet. Vgl. MORITZ BUSCH, Deutscher Volkshumor, Leipzig 1877, 69 f.; MERKENS 2, nr. 165; eine ähnliche Aufzeichnung bei M. WALTINGER, Niederbayerische Sagen, Straubing 1927, 63 (Das Hühnerbrot). Zur Geschwätzigkeit der Frauen bringt STROBL (Ovum Paschale I, 13 ff. = Mot. J 1546 CONLIN VII, 444 ff. = Mala Gallina 112 f.) noch das altbekannte Beispiel von dem römischen Jüngling Papirius und dem seiner neugierigen Mutter vorge-

Kommentar

470

täuschten Senatsbeschluß B O L T E , ebda. 592 f.

über bigamistische Absichten

der Männer.

Vgl.

Mot.K 1218.4

119. E i n v e r s t ä n d i g e W i t t f r a u t r ä h e t i h r e n 3 u n g e s t i m m t e n B u h l e r n e i n N a s e n (Ovum Paschale I, 111 ff.) Fast wörtlich übereinstimmend mit der Version im Kurtzweiligen Zeitvertreiber, zit. Ausg. 386 f. Var.: F A B E R , Historien-Prediger I, U L F . ; ABRAHAM A S. C L A R A , Judas III, 76ff., danach PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 2 0 2 f f . ; E R T L , Vorgebürg 3 7 0 f f . (als Ostermärlein, "wie Poiters in seinen strenis erzählet"); R U O F F , Lehrreicher Prediger II, 46 ff. (ebenfalls als Ostermärlein sehr launig über die ganze Predigt ausgedehnt). Lit.: B O L T E ZU Pauli nr. 2 2 0 und die Nachweise zu Hans Sachs, Fabeln 3, 2 5 2 nr. 1 1 9 u. 4 , 8 0 , nr. 2 8 9 ; Z I N K G R E F - W E I D N E R IV, 2 0 9 ; Schauplatz der Betrüger 115ff.; in der neueren Volksüberlieferung vor allem in Frankreich und in den Niederlanden verbreitet.

ATh 330

120. E i n H u e f f - S c h m i d t b e t r ü g t d e n T o d t u n d d e n T e u f f e i (Ovum Paschale I I , 4 ff.) = L O H M E I E R 165 ff. Im Register der Ostermärlein ist noch ein zum Typ gehöriges Motiv angekündigt: " . . . .und klopffet bey der Himmels-Porten an, wurde aber außgeschlossen und weiter gesandt." Dies hat Strobl aber in der Erzählung nicht angeführt, sei es aus Platzmangel, sei es, weil ihm die heiteren Episoden mit dem Schmied an der Himmelstür und vor der Höllenpforte zur folgenden "Applicatio moralis" über die Unabwendbarkeit des Todes doch nicht recht passend erschien. Für die Gabenspender hat er offenbar auch nur darum antike Götter eingesetzt, daß die sonst üblichen heiligen Wanderer, Christus und Petrus, aus dem Spiel bleiben konnten. — Eine mir im Original nicht zugängliche, vollständige Fassung (Schmied, Christus und Petrus; Birnbaum, Schmiedestodc, Feuerrohr; Tod und Teufel; Schmied an der Höllentür; Häublein in den Himmel geworfen) nach ATHANASIUS V. D I L L I N G E N abgedruckt bei BP 2, 171 f. Zur Volksüberlieferung vgl. BP 2, 158 ff. (zu KHM 81 u. 82) und die Ergänzungen von R A N K E , Schleswig-Holsteinische Volksmärchen 1, 245 ff. mit zahlreichen Nachweisen aus dem süddeutschen Raum; dazu: P A U L SCHLOSSER. Bachemsagen, Wien 1956, nr. 99 u. 100; E N D R Ö S - W E I T N A U E R , Allgäuer Sagen, 3. Aufl. Kempten 1956, 334 ff.

ATh 332

121. E i n a r m e s B ä u e r l e i n n i m m t d e n T o d z u s e i n e m G e v a t t e r n (Fisch-Netz, Dom. 2 4 4 ff.) = L O H M E I E R 1 9 5 FF. Wörtlich übereinstimmend mit der Fassung in A N T O N B I R L I N G E R S Kinderbüchlein "Nimm mich mit" 271 ff. nach dem "Biblischen Bilderbanquet" von ca. 1 6 9 1 (vgl. oben nr. 9 5 ) . STROBLS Version übernahm PACIFICUS A C R U C E , Fest. I I , 234 f., ebenfalls als Ostermärlein ("Herr Andreas Strobl erzehlet..."). Lit.: J. B O L T E , Das Märchen vom Gevatter Tod, in: ZsfVk 4 , 1 8 9 4 , S. 34ff., wo eine ähnliche Fassung nach Joh. Praetorius von 1669 zitiert ist; BP I, 377, dazu R A N K E , Schleswig-Holsteinische Volksmärchen 1 , 2 6 5 ; LIUNGMAN, Schwedische Volksmärchen S. 73 f. räumt der Version aus dem "Bilderbanquet" besondere Bedeutung ein, weil hier erstmals die Motive von der Gevattersuche und von der Uberlistung des Tods durch Umdrehen des Bettes verbunden sind. Nach einem Zeitungsbericht soll eine ähnliche Geschichte noch 1802 in der Nähe von München als Ostermärlein erzählt worden sein. Vgl. Einleitung S. 81.

Nr. 119—126

471

Conrad Purselt 122. S c h i l d - K r o t t v o m A d l e r i n d i e H ö h e g e t r a g e n (Fons aquae ATh 225A Fest. I, 25) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis = BABRIUS Fabulae Aesopicae, ed. v. O T T O CRUSIUS, 1897, 1 1 5 ; W I E N E R T E T 5 1 u. 9 8 ; vgl. M A D E R , Antike Fabeln 241. Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Gemisch-Gemasdi 214; T A L L E R , Bauemprediger 472 u. Kram-Laden 505 (kurz erwähnt). 123. F a b e l v o n e i n e m H i r s c h u n d e i n e m M a u l e s e l (ebda. Dom. III, 82) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis = PHAEDRUS, ed. Luc. Mueller, 1877, II, 8; vgl. M A D E R , Antike Fabeln 193; W I E N E R T E T 284. Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Huy und Pfuy 132. 124. D e r E s e l v o m L ö w e n u n d W o l f f z e r r i s s e n (ebda. Dom. I, 247 f.) Var.: ABRAHAM A S . CLARA, Judas IV, 152; MANINCOR, Geistl. Jahr-Marckt 122; H E R I B E R T V. SALURN, Dom. I I I , 3 9 9 ff.; S T R O B L , Ovum Paschale I , 280 ff.; H E L B I G , Traurige Gedanken 121 f.; PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 424f.; S T E F FAN, Fest. 205. Lit.: SEEMANN ZU Hugo v. Trimberg 129 ff. mit ausführlichem Exkurs über die mittelalterliche Tradition der Fabel; W E S S E L S K I ZU Bebel II, nr. 26 und Mönchslatein nr. 61; B O L T E zu Pauli nr. 350. 125. V i t a l i s U n d a n c k b a r k e i t w i d e r s e i n e E r l ö s e r (ebda. Dom. ATh 160 I, 230) Vermutliche Quelle: JACOBUS MASENIUS, Palaestra eloquentiae l i g a t i a e . . . pars III, Col. Agripp. 1607, 187 f., dieser nach M A T T H A E I PARISIENSIS Opera, Londini 1640, 179 f. Var.: ATHANASIUS V. DILLINGEN, Schiffart 4 6 7 f.; DERS., Weinberg, Dom. 4 3 0 (kurz erwähnt): W O L F F , Fest. II, 4 9 9 ; T A L L E R , Bauemprediger 5 5 9 ; H E L B I G , Anatomia II, 75 ff. Lit.: ALFONS H I L K A , Die Wanderung einer Tiernovelle, in: MittschlesGesfVk 17, 1915, 2 9 ff.; vor allem 6 7 ff.; BP 4, 1 3 9 f.; WESSELSKI, Märchen d. Mittelalters nr. 4 6 ; B O L T E ZU Pauli nr. 6 4 9 ; dazu K Y B L E R I , 2 6 5 ; K O B O L T , Schertz und Ernst 377 ff. 126. D a s i s t d e r M e n s c h e n D a n c k (ebda. Dom. II, 248 f.) ATh 155 Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis = ed. v. Halm nr. 9 7 ; W I E N E R T E T 2 9 3 ; die hier genannte, auch von anderen Predigern häufig zitierte Quelle: J A C O B BIDERMANN, Acroamatum academicorum libri tres, Lucemae 1 6 4 2 , 6 4 ff. u. Utopia, lib. I, 6 ff. Var.: H E R B E R G E R , Buch Sirach 4 3 5 nach "Mathesius in vita Lutheri" fol. 104 ( = SCHUPPIUS, Fabul-Hanß = Schrifften I , 8 3 6 f.) ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I , 4 6 8 ff. = Mala gallina 3 6 1 ff.; H E R I B E R T V. SALURN, Dom. 2 6 7 f . (als Ostermärlein, ohne den Schluß vom Tod des Fuchsen im Hühnerstall); STROBL, Ovum Paschale I , 5 3 ff. (nach BIDERMANN, Utopia 5 ff. bzw. H Ö R L , Bacchusia 4 ff.); WOLFF, Dom. 120ff. (mit mundartlichen Dialogen); TRAUNER, Brosamen I, 3 4 1 ff. (ausführlich als Ostermärlein); PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 604ff.; ABRAHAM A S. C L A R A , Gehab dich wohl, zit. Ausg. 2 3 8 f. (nur Bauer und Schlange); E L I A S A S. CATHARINA I, 3 4 5 (als Ostermärlein, nur Bauer und Schlange); R U O F F I I , 5 7 4 . Lit.: vgl. B O L T E ZU Pauli nr. 7 4 5 und die Nachweise bei ATh; dazu: C A S A -

472

Kommentar LICCHIO I I , 397ff.; C O N L I N V , 212; K O B O L T , Schertz und Ernst 312ff.; W E N Z , Exempel-Buch 709. Zur mündlichen Überlieferung: K. W I N K L E R , Oberpfälzische Sagen, Legenden und Schwanke, 2. Aufl. Kallmünz 1960, 170 ff.; W O S S I D L O HENSSEN nr. 18 (mit weiteren Nachweisen).

ATh 1342

127. E i n S t u d e n t w u r d f o r t g e j a g t , d i e w e i l e r k a l t u n d w a r m a u s s e i n e m M u n d g e b l a s e n (ebda. Dom. III, 118) Lit.: Aus dem äsopischen Fabelkreis = ed. v. Halm nr. 64. Var.: Gewöhnlich, wie in der alten Fabelüberlieferung, von einem Satyr erzählt, wie etwa in der folgenden Version bei ERTL, Tolle Lege, Dom. 575: "Es ergehet dergleichen lauen unbeständigen Achsel-Tragern wie jenem WandersMann, von welchem Aesopus in seinen Fablen dichtet. Dieser verirrte sich bey finsterer Nacht in einem Wald, käme zu der Hütten eines Satyri (oder WaldMännleins) und batte um die Nachtherberg. Satyrus nimbt ihn mitleidig zu sich auf, und weiln es kalter Winter wäre, also frierete den Wanders-Mann, blasete immerdar in seine Händ hinein: Hutsch hutsch. Satyrus fragte was dieses Blasen bedeute: ich will mich wärmen (antwortete der Wanders-Mann). Satyrus laufft hin, macht Feuer auf, kocht etlich wilde Speisen, und setzt sie dem Wanderer vor, dieser blaset abermahlens in die Speisen, dann sie waren brennheiß. Satyrus schaut ihn trutzig an, schüttlet den Kopff, was ist das, spricht er, du bist mir ein seltzamer Kerles, du kanst kalt und warm aus einem Mund heraus blasen, scherr dich hinaus aus meiner Hütten, ich leide keinen so kalten und warmen Bruder bey mir. Das ist ein Fabel, aber in Wahrheit nicht änderst ergeht es jenem unbeständigen Maul-Christen.. ." Vgl. femer H E R B E R G E R , Buch Sirach 7 9 0 ; H E R I B E R T v. SALURN, Fest. I I I , 3 4 0 f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Kramer-Laden I , 3 7 5 f.; DERS., Gehab dich wohl, zit. Ausg. 5 3 ; STEFFAN, Fest. 8 4 ; O B E R L E I T N E R 5 4 (der Waldmann, "halb Mensch halb Tier", nimmt den Wanderer mit heim zu seiner Frau). — B R I N Z I N G , Fest. I I , 5 4 erwähnt die Fabel redensartlich: " . . . allermassen es scheinet, ein Prediger, indeme er dises sich underwindet, wolle auß einem Mund warm und kalt herauß blasen . . ." Lit.:

Äsop, Anhang aus Avian nr. 22 = ed. v. Oesterley 286; Fabeln 2, 7 9 nr. 223; 3, 36 nr. 7 ; D R E X E L I U S , Zungenschleiffer I , 1 5 9 (von einem Waldmännle); CASALICCHIO I , 288; mündlich aus dem Bayerischen Wald: B R O N N E R , Schelmen-Büchlein 38 f. STEINHÖWELS

HANS SACHS,

zu Mot. C 433.2

128. E i n B a u e r w o l l t d e n W o l f f n i c h t n e n n e n (Fest. II, 4) Vermutlich nach dem Kurtzweiligen Zeitvertreiber 213. Lit.: Zum sprichwörtlichen Gebrauch "Man darf den Wolf nicht nennen . . ." vgl. GRIMM, Deutsches Wörterbuch 14/11, Sp. 1245; W A N D E R , Sprichwörterlexikon IV, Sp. 371; HANS SCHULZ, Frühneuhochdeutsche Euphemismen, in: Zs. f. deutsche Wortforschung 10, 1908/09, 167 ff. (mit zahlreichen Nachweisen aus dem 16. und 17. Jahrhundert); zum Namenstabu: HDA 9, 782 f.

Mot. J 1483.2

129. D e r M e d i c o a u f d e m E s e l (Dom. III, 96) Wörtlich übereinstimmend mit B R I N Z I N G , Dom. I , 154 f. Femer: Geistlicher Jahrmarckt 13; ERTL, Vorgebürg 435 f. Lit.: W E S S E L S K I zu Hodscha Nasreddin 2, 181 nr. 343. 130. E h e l e u t e f i n d e n s i c h u n t r e u (Dom. II, 39) Wörtlich nach dem Kurtzweiligen Zeitvertreiber 429 f. =

zu ATh 1365

CONLIN

131. E h e l e u t e s t r e i t e n u m e i n N i c h t s (Fest. II, 10) Vermutlich nach CASALICCHIO, zit. Ausg. I, 449 f. Var.: D A L H O F E R , Miscellanea I , 487 ff.

MANINCOR,

IV, 134.

Nr. 127—135

473

Lit.: GAETANO AMALFI, Eine Novelette des Vottiero in litterarischen und volkstümlichen Fassungen, in: ZfVk 5, 1895, 289 ff. (Der Streit geht meistens darum, ob die als Singvogel gekaufte Amsel ein Männchen oder ein Weibchen sei). Zur Version von Dalhofer: E. M O S E R - R A T H , Das streitsüchtige Eheweib, in: RheinJbfVk 10, 1959, 49 f. (mit Textwiedergabe). Vgl. Democritus ridens 241. 132. E i n W i t t i b g r a b t i h r e n t o d t e n M a n n a u s u n d h e n c k t ATh 1510 i h n an G a l g e n (Fest. II, 11) Var.: S T R O B L , Ovum Paschale I, 4 2 3 f.; W O L F F , Dom. 3 4 9 ff. (als Ostermärlein) Lit.: C R A N E ZU Jaques de Vitry nr. 2 3 2 ; B O L T E ZU Pauli nr. 7 5 2 ; zusammenfassend: K U R T R A N K E , Der "Hölzerne Johannes". Eine westeuropäische Redaktion der Matrone von Ephesus, in: RheinJbfVk 4 , 1 9 5 3 , 9 0 ff.; dazu: S T E N G E LIUS, De judiciis divinis, zit. Ausg. II, 466 (nur kurz erwähnt unter Berufung auf die antike Überlieferung von der Witwe von Ephesus); CASALICCHIO I, 189 ff. ("wie es R. P. Nierenbergius sambt andern Authoren beschreibet"); Schau-Platz der Betrüger nr. 9 9 ; C O N L I N VII, 4 0 0 ff. 133. E i n e r J u n g f r a u v o n A d e l E i n g a n g i n e i n C l o s t e r (Dom. II, 49) Var.: PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 2 1 1 f.; Mala gallina 1 5 9 f.

Ignatius Ertl 134. E i n N a c h t i g a l b r i n g t e i n e n R e l i g i ö s e n i n e i n 3 0 0 j ä h - ATh 471A r i g e V e r z ü c k u n g (Tolle Lege, Fest. 290) Qu.: Magnum speculum exemplorum, verbo Coelestis Gloria, ex. 14 = zit. Ausg. 112 Var.: ABRAHAM A S. CLARA in einer frühen Predigt an Christi Himmelfahrt, ed. v. Bertsche, in: Neun neue Predigten etc. S . 3; H E R I B E R T v. SALURN, Fest. I, 286 (kurz erwähnt); W O L F F , Redverfassungen 438; H E L B I G , Traurige Gedancken 374 f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Grammatica religiosa 651; DERS., Lauberhütt I, 457; PRAMBHOFER, Joseph 383 f.; EUSEBIUS A S. T I B U R T I O , Amara dulcis 194 Lit.: Textbeispiele und umfassende Nachweise bei R Ö H R I C H , Erzählungen des späten Mittelalters 124 ff., 274 ff.; dazu: J. BISSELIUS, Deliciae aestatis 24 ff.; W E N Z , Exempel-Buch 225 ff.; vgl. auch W . STAMMLER, Schrifttum und Bildkunst im deutschen Mittelalter, in: Deutsche Philologie im Aufriß 3, Berlin 1957, Sp. 795 f. 135. E i n W a l d - B r u d e r h ö r e t e i n e n G u g g u z e r s c h r e y e n (Tolle Lege, Fest. 999) Qu.: CAESARIUS v. H E I S T E R B A C H , Dialogus miraculorum, dist. V, nr. 1 7 ( = ed. v. Strange I, 295); Ertl gibt eine ziemlich genaue Übersetzung dieses Textes. Var.: H E R I B E R T v. SALURN, Fest. II, 4 ; RAUSCHER, Dom. I, 2 1 0 ; T A L L E R , BauemPrediger 1 8 7 ; S T R O B L , Karten-Spihl I, 1 1 8 erzählt von einem Jüngling, der auf die Kuckucksrufe vertraut, und bringt dazu den Vers: „Gugguzer im Seßl, Gib mir dein Geld z'Iesn, Will dir dein Geld widergeb'n, Sag mir, wie vil Jahr ich thu lebn." Lit.: W E S S E L S K I , Mönchslatein nr. 4 5 ; B O L T E ZU Pauli nr. 2 8 9 ; AEGIDIUS A L B E R TINUS, Lucifer, zit. Ausg. 8 6 ; zum Kuckucksorakel vgl. HDA 5 , 7 1 3 .

474

zu Mot. R 165.2

Kommentar

136. S. J a c o b u s e r r e t t e t e i n e n um U n s c h u l d gehenckten J ü n g l i n g (Tolle Lege, Fest. 487 f.) Qu.: Lucius MARINAEUS, De rebus Hispaniae memorabilibus, lib. 5 = Acta Sanctorum, Julius, tom. 6, p. 46; Textwiedergabe bei K Ö H L E R , KL. Schriften 3, 223 f. Var.: D E D I N G E R , Fest. 3 2 4 (sehr lebendige Fassung); SELHAMER, Tuba clementina, Fest. 351 ff. (mit zahlreichen weiteren Quellenangaben); STROBL, ArtzneySchatz, Fest. 2 5 8 ; das Hühnerwunder kurz erwähnt bei ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I, 434. Lit.: Im Jesuitenschrifttum (jeweils nach Marinaeus) STENGELIUS, De judiciis divinis, tom. III, c. 3 7 , zit. Ausg. 4 1 2 f.; PHILIPP D'OUTREMAN, Paedagogus Christianus 2 9 5 ; MENOCHIO, Zeitvertreibung XII, 3 6 0 ff.; ferner: SCHUPPIUS, Schriften II, 428; WENZ, Exempel-Budi 37 ff.; zur Jesuitenkomödie "Peregrinus Compostellanus" (Innsbruck 1624) vgl. MÜLLER, Jesuitendrama II, 121; zur Legendengeschidhte und zu Lokalisierungen in der Volksüberlieferung: L E O P O L D KRETZENBACHER, Heimfahrt von der Pilgerfahrt, in: Fabula 1, 1958, 2 1 4 ff. u. DERS., Pilgerfahrt nach Maria Luschari. Eine deutsch-slawische Legende aus der alten Untersteiermark, in: Südostdeutsches Archiv 3, 1960, 87 ff.; vgl. auch SCHÖPPNER, Bayerisches Sagenbuch 2, 4 1 6 ; über Bilddarstellungen im bayerischen Raum: F R A N Z W E B E R , Bildliche Darstellungen alter Volkssagen in Landkirchen und Kapellen, in: Bayer. Hefte f. Volkskunde 4, 1917, 231 ff.; ein vorzügliches Fresko mit Darstellung der Legende aus dem 15. Jahrhundert befindet sich in der Jacobskirche zu Überlingen. 137. J e s u s - K i n d i m K r i p p l e i n b e k e h r t e i n e n T ü r c k e n (Tolle Lege, Fest. 87) Qu.: STENGELIUS, De judiciis divinis, tom. I , c. 4 1 = zit. Ausg. S . 5 1 9 , mit der Bemerkung: "Also wäre der liebreiche Gott ein lautere Barmhertzigkeit gegen demjenigen Türcken, von welchem in dem tausend sechs hundert drey und viertzigsten Jahr von Rom nachher Dilling mit sehr glaubwürdigen Brieffen ist überschriben worden die nachfolgende wunderseltzame Geschieht und Bekehrung desselben, welche sich in gemelter Stadt zwey Jahr vorher mit ihm zugetragen hat." Var.: (nach gleicher Quelle) NEUBURGER, Fest. 36; T R A U N E R , Brosamen I , 243; B E N Z , D o m . 2 2 ; DIONYSIUS V. INNSBRUCK, D o m . I I , 3 8 f .

138. V o n e r s c h r ö c k l i c h e n L u f f t - Z e i c h e n a m H i m m e l s - C r e i ß (Tolle Lege, Dom. 1 f.) Als Quellen nennt Ertl "Erasmus Francisci, Weberus & alii", also zeitgenössische Autoren didaktischer Unterhaltungsliteratur. Ganze Listen solcher Wundererscheinungen verzeichneten auch die Prodigienbücher. Vgl. RUDOLF SCHENDA, Die deutschen Prodigiensammlungen des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Börsenblatt f. d. Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe, Nr. 77 a; 28. September 1961, S. 1635 ff., vor allem 1653 ff. Dergleichen wurde von den Predigern vielfach benützt; sie haben damit ohne Zweifel noch zur Verbreitung der Wunderberidite beigetragen. Vgl. etwa zum Schlachtengetümmel gespenstischer Heere HDA 3, 546 ff.; G. GRABER, Sagen aus Kärnten, Leipzig 1914, 87 f. u. a. Vom wilden Jäger ist in der Predigt meist nur in Zusammenhang mit einem Exempel des CAESARIUS VON HEISTERBACH, Dialogus miraculorum, dist. X I I , c. 20 von der Verfolgung eines liederlichen Frauenzimmers (Pfaffenkonkubine) die Rede, so bei DIONYSIUS v. INNSBRUCK, Fest. I , 3 1 1 f. — Ein vereinzeltes, offenbar aus mündlicher Uberlieferung geschöpftes Zeugnis findet sich bei ABRAHAM A S. C L A R A , Weinkeller 1 7 9 :

Nr. 136—139

475

"Zu Dillingen in Schwaben, wie mir glaubwürdig erzehlet worden, wäre ein Student, welcher sich öffters verlauten lassen, er fördite den Teuflel nicht: Einst, bey nächtlicher Weil haben sich die Gespenster in der nechst liegenden Au sehr starck hören lassen, welches zwar mehrmalen geschehen, diese machten ein Hetz oder Jagd mit grossem Getös, der Student war so freventlich, und schrie zum Fenster hinaus: Ho! hol sagt er, jagts nur wadcer drauf, aber spendirt mir auch ein Wildpret, ja, ja, gaben sie zur Antwort: Frühe Morgens hängt vor seinem Fenster ein todtes Aas, welches so abscheulich gestundcen, daß er den dritten Tag gestorben. Daß diese Gespenster böse Feind seyen gewest, ist daran kein einziger Zweiffei, nunmehro ist augenscheinlich, daß diesem Schelmen gar nicht zu trauen." 139. V o n d e r N a t u r d e r D r a c h e n (Tolle Lege, Fest. 259 ff.) Mot. B 1 1 . 1 . 4 Von den Drachen, die, noch ganz im Sinn der mittelalterlichen Tradition, dem Teufel gleichgesetzt werden, ist meist in den Predigten am Festtag des hl. Georg die Rede, häufig unter Berufung auf die Johanneische Apokalypse (so etwa bei CLEMENS v. BURGHAUSEN, Jäger-Horn, Fest. 1 9 1 : "Sihe! ein grosser rother Drach, der hatte 7 Köpff und 10 Hörner und auf seinen Köpffen waren 7 Cronen . . .") oder nach der alten Naturlehre, z. B. bei WOLFF, Fest. II, 408: "Plinius lib. 8, c. 14 schreibet von einem Dracken, der 128 Schuh lang gewest, und nicht änderst als wie eine Statt-Mauren mit Mauer-brechendem Zeug hat können erlegt werden. Setzet auch hinzu, daß selbige in Indien so groß gefunden werden, daß sie auf einmahl gantze Ochsen und Hirschen hinein schlucken und fressen kunten. Laesslaeus in seiner Scotia über das Jahr 1558 schreibet, daß bei Marchia ein Drach seye gefunden worden, welcher so starck Feuer hat außgespiehen, daß er darmit die schönste Feld-Früchten angezündet hat. Noch viel ein grösserer, gefrässiger und schädlicher Drach ist Lucifer . . . " Eine sehr anschauliche Schilderung des Drachen von Rhodos gibt BODLER, Wettrennen 413, der "ein ungeheures Unthier" sei, "in der Grösse einem nit hohen Pferdt zu vergleichen, ein Schlangen oder Dracken-Kopff, etlich Spann breiten Rachen, scharff-spitzige Zähn und feurige Augen möchten auch dem hertzhafftigsten Gegner ein Schauder einjagen: Ohren lang wie eines MaulEsels, Schueppen hart wie Schiltkrotten-Schaalen, Füß vier an der Zahl und nider wie der Crocodillen, Klauen geschärpfft wie deren Greiffen, sambt einem schlipfferigen Schlangen-Schwaiff, schinen dises Abentheyr, wie entsetzlich, also wider allen G'walt gnugsam bewaffnet zu haben; neben deme, daß mit zweyen kleinen Flüglen versehen diser Drack jedem geschwindisten Pferd zugleich konte lauffen, unerträglich der gantzen Insul, ja höchst schädlich, weil er Land und Lufft, Menschen und Thier alles vergifftete; was er möchte erwischen, verschluckte und die gantze Gegend mit erschröcklichem Zischen und Wisplen in immerwehrenden Schröcken gesetzt. Welcher ungeheyren Land-Plag jedoch endlich der Heldenmüthige Ritter Goso seye maister worden mit aignem Schwerdt . . . " Vgl. ferner PROKOP V. TEMPLIN, Triennale Dominieale Primum 2 7 7 ; PRAMBHOFER, Joseph 3 1 7 ; STEFFAN, Fest. 2 7 2 ; SCHMID, II, 8 8 f. u. a. Lit.: vgl. HDA 2, 368 ff.; PEUCKERT, Volksglauben des Spätmittelalters 19 ff. Auch das verwandte Teufelstier, der Basilisk, war den Predigern durchaus geläufig, und zwar mit allen bekannten Motiven von der Entstehung aus dem Hahnenei, der giftigen Wirkung seines Anblicks und seines Atemhauchs und der einzig wirksamen Waffe, dem vorgehaltenen Spiegel. Vgl. z. B. PROKOP v. TEMPLIN, Trienn. Dom. Prim. 272 ff. (unter dem Predigttitel: "Teuffels Versuchungen seynd Basiliscken-Pfeiffer"); STEFFAN, Fest. 23 (nach antiken Quellen); PRAMBHOFER, Joseph 6 9 9 (nach dem hl. Ambrosius); CLEMENS v. B U R G HAUSEN, Jäger-Horn, Dom. 1 6 9 ; eine bildliche Darstellung des Basilisken mit vorgehaltenem Spiegel auf dem Titelkupfer von GANSLER, Lugenschmid, Bd. I.

Kommentar

476

M o t . D 735.2

140. E i n S c h a t z g r ä b e r z u B a s e l w i r d s c h ä n d l i c h betrogen (Tolle Lege, Fest. 58 ff.) Die zumeist angegebene Quelle: J O H A N N S T U M P F , Sdiweytzer Chronik, D a s ist: Beschreibung Gemeiner loblicher Eydgenossenschafft . . . Zürich 1606 (1. Ausg. 1546), 691, gibt über die unterirdischen Gänge der alten Römersiedlung Augusta Rauracorum (Äugst ob Basel) folgenden durchaus realistischen Bericht: " D a s gemein landvolck haltet ein solche Fabel, daß in disen gewelben ein kostlicher schätz von den Römern verlassen, in einer truchen behalten, hinder einer eysenen thür verschlossen, durch ein grossen hund, als ein stäten wachter verhütet werde, da sey bißhör keiner also kün erfunden, der mit disem hund stritte. Ein höflichs märle. — Auff solch erdichte Fabel des pöfels hat sich, ungefarlich innert 40 oder etwas mehr jaren vergangen, ein armer Gesell, auß hungersnot und grossem mangel, so er in grausammester theure mit weyb und kindem lang geduldet, vermässen disen oberdichten schätz zusuchen, kroch in das loch. Und als er allein gar weyt hineyn kam, und lang in der hole herumb schloff, auch jetzund meint, er were schier zu dem gemach kommen, darin der schätz ruwete, befand er menschen gebein und andere erschrockenliche anzeigungen, darob er inmassen erschrack, daß er auß forcht und angst einem todten gleich hinsinckende, nichts mehr von jm selbs kam, kroch er gantz kranck und krafftlos aus dem Loch, kam halb tod zu hauß und starb in dreyen tagen. Dise Histori setzet Beatus Rhenanus Rer. Germ. lib. 3. E s ist wol möglich, daß disem guten gesellen vorhin grauset, ehe er ins loch gangen sey, und drüber desto größeren schröcken empfangen. Man sagt, das vil Schwartzkünstler und Teufelsbeschwerer (denen doch der Teufl jr kunst zu bewären billich platz geben solte) disen verwendten schätz vergebens gesucht und sich darob genarrt haben." Von der Schlangenjungfrau ist hier also nicht die Rede. Ertl zitiert außer Stumpf noch DELRIO, Disquisitionum magicarum libri sex, lib. II, q. XII = zit. Ausg. 169, wo die Schatzsuche ohne weitere Quellenangabe mit dem Schlangenjungfrau-Motiv verbunden ist. Var.:

GEMINIANUS

MONACENSIS,

D o m . 540;

V. S A L U R N ,

Dom. II, 356;

ABRAHAM

A

S.CLARA

IV,

510 f.;

Fisch-Netz, Fest. 195; T R A U N E R , Brosamen I, 222 f.; A T H A N A S I U S V. D I L L I N G E N , Campus 296. Lit.: G R I M M , Deutsche Sagen nr. 13 (mit anderen Quellennachweisen); H A R S DÖRFFER, Schauplatz V, 233 f. (nach Stumpf); W. E. P E U C K E R T , Die Sagen der Monathlichen Unterredungen Otto von Grabens zum Stein ( = Corpus Fabularum I), Berlin 1961, 306, wo die Basler Sage nach "Stumpfio" als Parallele zu einer ähnlichen Erzählung aus Klainvest in Krain (nr. 133) erwähnt ist. Zur Volksüberlieferung vgl. E M M A F R A N K , Der Schlangenkuß, Leipzig 1928; H D A 7, 1179 f. HERIBERT

STROBL,

141. S i z i 1 i a n i s c h e B a u r e n förchten einen todten Riesen (Tolle Lege, Dom. 190 f.) Mit der Bemerkung: " W i e disen Sicilianern mit ihrem Riesen geschehen, also widerfahret uns Menschen täglich mit dem Teuffei, wie offt vermeinen wir, der Teuffei seye weiß nicht was für ein grosser Rieß, der jederman fressen wolle. Aber nein, rühre man den Teuffei nur an, widersetz man sich ihme, halte man ihme Widerpart, so wird man bald sehen, wie er mit aller seiner Versuch- und Nachstellung werde obgesiegter zu Hauffen fallen." Q u . : J O H A N N E S J A H O D A S. J . , Adventus dei hominis, id est: Conciones in Dominicas adventus et considerationes sive: Discursus praedicabiles . . . Pragae 1675, 330. V a r . : RAUSCHER, D o m . I I I , 1 7 8 =

WENZ, E x e m p e l - B u c h 5 9 9 ; HEFFNER, D o m . I,

26. — Ähnlich berichtet MENOCHIO, Zeitvertreibung, cent. III, cap. 19 = zit. Aus. 513 ff., die Bauern von Trapani hätten "eine große Spelunck und darinn

Nr. 140—143

477

ein todten Risen gefunden, der saß aufrecht und hatte in seiner rechten Hand einen Brägel, der war grösser als ein Mastbaum in einem Schiff, und als der todte Leib zu Aschen zusammen gefallen, hab das Bley von selbigem Stecken oder Kolben über 1500 Pfund schwer gewogen." Beispiele von Männern mit Riesenkräften (Aenotherus, Polydamus, Fusius Salvius), z. T. nach STENGELIUS, De judiciis divinis II, 606, bringt TALLER, Kram-Laden 419; vgl. auch die Einleitung S. 48. 142. E i n B u r g e r t r a u m e t e v o n e i n e m g r o s s e n S c h a t z (Tolle ATh 1645 Lege, Fest. 57) Var.: ARAHAM A S . C L A R A , Judas I , 4 = S T R O B L , Artzney-Schatz, Fest. 9 8 f. = Mala gallina 343 f. Lit.: WESSELSKI, Mönchslatein nr. 1 0 1 , Anm. S. 2 3 5 ; J . B O L T E , Zur Sage vom Traum vom Schatz auf der Brücke, in: ZsfVk 19, 1909, 289 ff.; GRIMM, Deutsche Sagen nr. 212; Texte und Nachweise bei F. RANKE, Volkssage, 22 ff. 143. G ö t t l i c h e S t r a f f e n d e r T a n t z e r n (Tolle Lege, Dom.800f.) zuMot. Q38fi Qu.: A L B E R T I KRANTZII Rerum germanicarum historici clarissimi, Ecclesiastica historia sive Metropolis . . . Francofurti ad Moenum 1676, lib. VIII, c. 39 = S. 221; DERS., Rerum germanicarum historici clarissimi Saxonia, Francofurti ad Moenum 1580, S. 97 f. Var.: ad 1) D i e T ä n z e r a u f d e r B r ü c k e z u U t r e c h t STROBL, Fisch-Netz, Dom. 77 (dazu eine Reihe weiterer Beispiele "was für grosse Unheyl dazu aus dem Tantzen entspringen"); dieselbe Geschichte auf Freyberg bezogen: ABRAHAM A S . CLARA, Gemisch-Gemasch 4 7 1 ; PRAMBHOFER, Joseph 127f. u. 260f.; vgl. ZsfVk 24 (1914), 238f. ad 2) D i e T ä n z e r v o n K ö l b i g k Mot. C 94.1.1 GEMINIANUS MONACENSIS, Dom. 140 (nach Krantzius); NEUBURGER, Fest. 138 (nach Trithemius); LUCIANUS MONTIFONTANUS, Kinder-Spill III, 276; PRAMBHOFER, Joseph 827 ff. In Zusammenhang mit dem Veitstanz: S T R O B L , ArtzneySchatz, Fest. 209ff.: "Verschiedene Geschichten von Manns- und Weibs-Bildern, so lange Zeit Tag und Nacht getantzt haben". Lit.: B O L T E zu Pauli nr. 3 8 8 (mit reichen Nachweisen aus der mittelalterlichen Exempelliteratur); AUGUST S T I E R E N , Ursprung und Entwicklung der Tänzersage. Diss. Münster 1 9 2 5 , 15ff.; vgl. auch R O B E R T STUMPFL, Kultspiele der Germanen als Ursprung des mittelalterlichen Dramas, Berlin 1936, 170 ff. (mit Exkurs über die verschiedenen Meinungen zur Herkunft des Stoffes); weitere Belege: STENGELIUS, De judiciis divinis I I , 6 5 8 f.; Centifolium stultorum 2 3 0 ; KOBOLT, Schertz und Ernst 50. — GRIMM, Deutsche Sagen nr. 232. Ein offensichtlich aus der mündlichen Überlieferung übernommenes Beispiel von bestraften Tänzern bringt außerdem PRAMBHOFER, Joseph 8 2 8 : "Wer seinen Weeg nacher Saltzburg nimmt über den Wolffganger See, der wird von denen Leuthen daselbst dise glaubwürdige Geschieht vernehmen: Als einest wegen grosser Kälte gedachter See mit einem dicken Eiß überzogen worden, auch die Reisenden, wie öffters pflegt zu geschehen, mit Schlitten darüber gefahren, da zeigt man ein Orth und Hügel, allwo die Spihl-Leuth gestanden, auf den gefromem See aber die muthwillige junge Bursch einen Tantz gehalten, so zimliche Zeit gewähret. Weil nun bey dergleichen Tantz die Leichtfertigkeiten nicht ausbleiben, und bey solchem Springen mehrmal die Ehrbarkeit mit Füssen getretten wird, also hats auch dazumal nicht gemanglet. Es ist aber die Räch Gottes auch nicht ausgeblieben, sondern ohne alles Vermuthen in Mitte deß Tantz das Eiß gebrochen, daß alle elendiglich zu Grund gangen, ausser der Spihl-Leuth, welche auf dem Land in einer Höhe ihren Sitz gehabt. Dise, ob solchen traurigen Spectacul erschrocken, haben mit höchster Forcht

Kommentar

478

ihren Weeg nach Hauß genommen und ihnen die Gottesfordit lassen besser angelegen seyn." Mit gleicher Lokalisierung kurz erwähnt bei BRINZING, Fest. I I , 46. Vgl. ADALBERT DEPINY, Oberösterreichisches Sagenbuch, Linz 1932, S. 1 5 6 nr. 92. 144. M a x i m i l i a n I. I m p e r a t o r v e r s t e i g e t s i c h i m T y r o l i s c h e n G e b ü r g , u n d w i r d d u r c h e i n e n E n g e l h e r a b g e f ü h r t (Tolle Lege, Fest. 310 f.) Qu.: LAURENTIUS BEYERLINCK, Magnum Theatrum vitae humanae, tom. I I I , verbo Eucharistia = zit. Ausg. 443. Var.: W O L F F , Fest. I I , 3 0 4 ff.; B E N Z , 2. Kirchweihpredigt, 1 1 ; TRAUNER, Brosamen I I , 5 9 2 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Etwas f.Alle I , 118f.; DERS., GemischGemasch 1 9 8 ; HELBIG, Alveare 4 7 8 ; CLEMENS V. BURGHAUSEN, Jäger-Hom, Dom. 2 7 6 ; dazu: CONLIN I I I , 3 1 5 ; W E N Z , Exempel-Budi 294ff.; PRUGGER, ExempelBudi 1 6 4 ; KYBLER I, 5 4 0 , 9 9 0 . Lit.: IGNAZ v. ZINGERLE, Sagen aus Tirol, Innsbruck 1891, nr. 9 7 7 , mit Nachweisen aus dem 18. u. 19. Jahrhundert S. 692 f.; M. MAYR, Die geschichtlichen Grundlagen der Sage vom Kaiser Max auf der Martinswand, in: Forschungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs I, Innsbruck 1904, 6 6 ff., dazu Ergänzungen von REINHOLD V. ZINGERLE, ebda. II, 1905, 164 ff. ATh 298 C

145. Z e r b r o c h e n , a b e r n i c h t g e b o g e n m a g d e r Eichbaum w e r d e n (Tolle Lege, Dom. 15) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm 179); W I E N E R T E T 3 8 7 ; gewöhnlich mit umgekehrter Tendenz, daß nämlich das biegsame Rohr sich klüger verhalte. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I, 28f. (Eidie und Haselnußstaude); R A U SCHER, D o m .

III,

32;

WOLFF,

Dom.

254;

STROBL, K a r t e n - S p i h l

IV,

47f.

=

Schlüssel, Dom. 9 ; ABRAHAM A S. CLARA, Huy u. Pfuy 2 8 ; EUSEBIUS A S. T I B U R TIO, Fest. 7 2 9 spielt in einem Gleichnis auf die Fabel an; CLEMENS v. B U R G HAUSEN II, Fest. 5 7 f . (den Eheleuten als Ermahnung zur Nachgiebigkeit); dazu: CONLIN VI, 7 2 = Mala Gallina 4 5 1 ; W E N Z , Exempel-Buch 7 7 0 f. Lit.: GRAVI, Die Fabel vom Baum und dem Schilfrohr. Diss. Rostock 1911; B O L T E ZU Pauli nr. 174 mit zahlreichen Nachweisen aus der älteren Fabel- und Schwankliteratur; vgl. auch STENGELIUS, De judiciis divinis I, 32. 146. E i n E s e l b e k l a g e t s i c h s e i n e s h a r t e n D i e n s t e s (Tolle Lege, Fest. 134 f.) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 329); W I E N E R T E T 435. Var.: HERBERGER, Buch Sirach 151; STROBL, Fisch-Netz, Dom. 85; W O L F F , Fest. I, 550; ERTL, Tolle Lege, Dom. 236 f. (etwas ausführlicher). — Nach einei anderen Version bei STROBL, Ovum Paschale III, 148 ff. ist der Esel unzufrieden mit dem Winter, danach aber auch mit den übrigen Jahreszeiten, erbittet sich also wieder den Winter ( = Etwas f. Alle II, 557 ff.). ATh 179

147. Z w e y F r e u n d b e g e g n e n e i n e m B e e r e n (Tolle Lege, Fest. 418 f.) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 311); W I E N E R T E T 319; hier vielleicht auch BIDERMANN, Utopia, lib. IV, c. 40, S. 202 f. = H Ö R L , Bacchusia 189, oder KYBLER I, 1289. Var.: TRAUNER, Seelen-Jagd I , 805 = STROBL, Fisch-Netz, Fest. 298; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I I I , 412ff. = PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 340f.; W O L F F , Dom. 780; MANZ, Zeug-Hauß I, 250; ERTL, Vorgebürg 621 f.

Lit.: zusammenfassend B O L T E zu Pauli nr. 422; dazu: 495f.; KOBOLT, Schertz und Emst 374.

WENZ,

Exempel-Buch

479

Nr. 144—154 148. A e s o p u s e r w ä h l e t i h m d i e s c h w e r e r e B u t t e n (Tolle Lege, Fest. 133) Nadi der Vita Aesopi = S T E I N H Ö G L S Äsop, ed. v. Oesterley 43. Var.: E U S E B I U S A S . T I B U R T I O , Fest. 7 4 .

zu

tragen

149. A e s o p u s w e i ß n i c h t , w o h i n e r g e h e (Tolle Lege, Fest. 199) Nach der Vita Aesopi = S T E I N H Ö G L S Äsop, ed. v. Oesterley 5 6 f. Var.: HEHEL, S i t t e n - L e h r I, 106.

150. E i n B a u e r w o l l t d a s W e t t e r m a c h e n (Tolle Lege, Dom. 543) ATh 752 B Vgl. M E R K E N S 3 , nr. 7 2 (von Petrus). Vgl. R A N K E , Schleswig-Holsteinische Volksmärchen 3, 98 (mit weiteren deutschen Varianten). Als Predigtmärlein im protestantischen Bereich: vgl. oben S. 86. zu 151. W i e e i n M e s n e r a m A s c h e r - M i t t w o c h e n d i e L e u t e i n - ATh 1 8 2 5 B g e ä s c h e r t (Tolle Lege, Fest. 221) Als Ostermärlein, mit der Bemerkung: "Schaue, O Sünder und Sünderin, de te fabula narratus. Ob nicht dein Beichtvatter und Pfarrer zu dieser Oesterlichen Zeit einen gleichen Ausspruch von dir thun könne und gleichermaßen sprechen: Du bist ein Sünder und bleibst ein Sünder, der alte Wucherer und Geitz-Hals, Fresser und Sauffer, Fleisch-Pengel und Ehebrecher, der du zuvor gewesen bist? Pfuy der Schand!" Var.: S T R O B L , Ovum Paschale III, 6 ff. (noch breiter ausgemalt). Lit.: B O L T E ZU Freys Gartengesellschaft nr. 1 4 ; Historienschreiber, zit. Ausg. nr. 1 3 8 ; BP 2 , 4 1 3 ; mündlich aus Kärnten: P. Z A U N E R T , Märchen aus dem Donauland, 2. Aufl., Düsseldorf-Köln 1958, 208 FI. 152. E i n W i r t h s c h l a g e t e i n e n H a n d w e r c k s - G e s e l l e n , m a c h t i h n a b e r d a m i t r e i c h (Tolle Lege, F e s t . 2 0 6 F . ) = L O H M E I E R 9 0 F . In der Ostermontag-Predigt "Die grosse Welt-Herberg". Etwas kürzer gefaßt bei ABRAHAM A S . C L A R A , Judas II, 2 5 8 mit dem Dankvers des Burschen: "Hab Danck Herr Wirth umb die Flaschn ( = Ohrfeige) welche bereicht meine Taschn. In dem Hauß seynd theur die Goschen, Weil sie kosten vil tausend Groschen." 153. E i n W i r t h b e t r i e g e t e i n e n S p a n i e r m i t e i n e m S p i e g e l (Tolle Lege, Fest. 203 f.) = L O H M E I E R 87 f. In der gleichen Predigt; die Quelle ist vermutlich J A C O B BIDERMANNS Utopia, hb. 4, c. 43, S. 206 f. Var.: RAUSCHER, Fest. I , 2 3 8 = W E N Z , Exempel-Buch 5 8 3 ; dazu K O B O L T , Schertz und Ernst 1 5 7 . — Ein ähnliches Motiv bringt H E R B E R G E R , Buch Sirach 2 6 2 : " . . . Diese Leute seind wie jener Juncker Geme-Groß, der sich um ein gut Stück Geldes ließ bereden, er würde nach etlichen Salben im Bade grösser werden. Unterdessen Hessen ihm seine Betrüger die Strümpffe und das Wams enger machen: Der Geme-Groß glaubte reine weg, er wäre schon ein ziemlich Gemercke gequollen. Da aber die Gesellen das Gelt kriegten, sahen sie, wo das Thor ein Loch hatte." 154. E i n J u d f ü l l e t e i n e G a n s m i t D u c a t e n (Tolle Lege, Fest. 865) Als heitere Zutat zu einer sehr launigen Martinspredigt "Die übel verbratene Gans". Qu.: AMBROSIUS SCHÖNHARDT, Geistliche Vorraths-Kammer über alle Sonntage des Jahrs . . . (2. Aufl.), Sommer-Theil, Cölln 1700, S. 6.

480

Kommentar

Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Gemisch-Gemasch 87f. nach CASALICCHIO = zit. Ausg. I, 120 f. Lit.: Vgl. die Nachweise von W E S S E L S K I ZU Bebel I , nr. 1 3 1 ; kurz gefaßt, ebenfalls von der Martinsgans, bei HARSDÖRFFER, Schauplatz I, 359. MoLK 1839.2

155. E i n Ä f f b e t r ü g e t l ä c h e r l i c h d i e M e n s c h e n (Tolle Lege, Fest. 193 ff.) Qu.: J O H . ADAMUS W E B E R U S , Anderer Theil Der von allerhand Materien handelnden Unterredungs-Kunst... (Deutsche Übersetzung des lat. Werkes) Nürnberg 1676, 477 ff. Lit.: R O T U N D A , Italian Novella, Mot. K 1839. 2.

ATh 1380

156. E i n j u n g e B ä u r i n k o c h t S c h m a l t z - N u d e l , i h r e n a l t b e t a g t e n M a n n b l i n d z u m a c h e n (Tolle Lege, Fest. 222 f.) = LOHMEIER 9 8 ff.

Als "lustige Bauem-Geschicht" in der dritten Ostermontag-Predigt vorgebracht und auf die Verblendung Adams und Evas im Paradies, auf die Überwindung des Todes durch die Auferstehung Christi und die "Seitensprünge" rückfälliger Sünder ausgelegt. Lit.: B O L T E zu Montanus, Schwankbücher 5 1 7 und B P 3 , 1 2 4 ff.; M E R K E N S 3 , nr. 1 8 1 ; B U N K E R , Sagen, Märchen und Schwänke in heanzischer Mundart, Leipzig 1906, nr. 19; Deutsche Gaue 18, 1917, 21 f. (Aufzeichnung von 1870 aus Druisheim b. Donauwörth); zur Vorstellung, daß man von fetten Speisen blind werden könne: Sudetendeutsche Zeitschrift f. Volkskunde 8, 1935, 19 u. 9, 1 9 3 6 , 1 0 5 (Deutsch-Brodeker Sprachinsel, Mies) und daraus abgeleitete Schwänke S. 1 7 8 bzw. 1 0 4 . Vgl. auch HENSSEN, Volksschwänke 4 8 ff. und LIUNGMAN 2 9 1 f.

Mauritius Nattenhusanus ATh 1186

157. D e r T e u f f e i f ü h r e t e i n e n f a l s c h e n A d v o c a t e n h i n (Dom. I, 228 f.) Vermutlich nach CAESARIUS v. H E I S T E R B A C H , Libri VIII miraculorum ( = ed. v. H I L K A III, 1 0 6 f. nr. 2 5 ) = JOHANNES H E R O L T , Sermones discipuli de sanctis ( 1 4 8 4 ) ( = ed. v. Wesselski, Mönchslatein nr. 3 6 ) ; jedenfalls steht die Fassung innerhalb der Tradition der Exempelliteratur. Var.: T R A U N E R , Seelen-Jagd II, 9 9 5 f f . (sehr gute Fassung unter Hinweis auf Petrus Damianus u. Josephus Bellardinus, lib. 5 Hist. ex. 3 ) ; ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 2 7 5 f.; besonders breit und lebendig (nach K Y B L E R S Wunderspiegel II, 1175 ff., gleichfalls unter Hinweis auf die bei Trauner angeführten Quellen) erzählt SELHAMER, Tuba tragica, Dom. 2 9 2 f f . ; davon einige Textproben: " . . . Es begab sich eben im hohen Sommer, daß dieser Plutophilus zwo gute Stund für die Stadt hinaus reiten wolte, seinen Hof, den er über Zwerch auf den Gey erschnäcklt, zu besichtigen, als er schon ein graumen Weg fortgeritten, sah er von weiten ein andern auf ihn starck zureiten, der, seinem äusserlichen Schein nach fast auch wie ein Doctor gekleidt, sich für einen Rechts-Gelehrten ausgethan; stellte sich, als hätt er noch im Sinn weiter fortzureisen; . . . Plutophilus war froh, daß er einen seines gleichen bekommen, der ihm mit Zerflen und Wörden, seinem Brauch nach, Weil und Zeit vertreiben mögt; merckte bald aus allen seinen Reden, daß er wol ein abgribner Jurist, aber wol ein böser Christ, wie er, seyn müsse, weil ihm sein Zug wie ein Wind-Mühl immerzu fortgangen, auch nur von Lumpen-Händlen und Schaaf-scheeren, von Wagen-schmirben und Schrepffen, von Beutel-schneiden und dergleichen mehr Gericht-Schnacken geredt, daß Plutophilus gedacht, er

Nr. 155—159

481

hab nicht bald einen so verschmitzten Kopff angetroffen, so war auch er selbst der Plutophilus nidit lahm im Maul, erzehlete, wie toll er hin und her manchen Handel verdreht, und dabey seinen Beutel trefflich gespickt; diesen Beutel, sprach er weiter, hat schier wollen die Schwind-sucht ergreiffen, so bin ich aber diesem Unheil glücklich vorkommen, hab mich in aller Still hinter Menschen-Häut gemacht, hab sie wol ausgearbeit, daraus Riemen geschnitten, und damit meine Beuteln verbremt; diß hat ihnen eine solche Krafft geben, daß sie gantz wieder zum Fleisch kommen und nunmehr vor Feiste mehr strotzen als ein Weib, so schon 14 Tag zum Kind geht . . . (Und zum Erkennen des Teufels): siehe! da überfile ihn urplötzlich ein grausamer Schrecken, vor Furcht kirnt er lang nichts reden, vertuschts doch, so gut er kunt. Woher kam aber dieser Grausen? Wer hat ihm so schnell den Hasen in Busen gejagt? Weil sie ihre Possen machten, siehe, da erblickt gähling an seinem tollen Bruder der Plutophilus, wie ihm zum Kopff die Homer herfür stechen, wie sich die Augen verflammen, die Nasen in ein krummen Schnabel verwachsen will, und wie die Händ spitzige Klatten bekommen, unten auch zween grosse Geiß-Füß im Stegreiff stunden, heimlich machte er wohl das H. Creutz, weil er aber sich sonst geistlicher Sachen gar wenig geacht, auch nichts geweihts am Hals getragen, hat auch der Teuffei sich an sein Creutz-fuchtlen wenig gekehrt, rund und Trucken bekennt, er sey der T e u f f e i . . . " Weitere Fassungen: P U R S E L T , Fons aquae, Fest. I I I , 1 5 3 f.; SCHMID I V , 1 0 7 f.; L U C A S v. R O T T E N F E L S , Christus, Dom. 311.

Lit.: B O L T E ZU Pauli nr. 8 1 ; zusammenfassend: L U T Z R Ö H R I C H , Eine Teufelserzählung des 13. Jahrhunderts und ihr Weiterleben bis zur Gegenwart, in: Der Deutschunterricht 14, Heft 2, 1962, 49 ff. 158. E i n K o h l b r e n n e r c o n f u n d i r t d e n T e u f f e i m i t Disput i r e n (Fest. I, 328) Var.: W O L F F , Fest. I , 1 3 4 u. 1 4 3 ; E R T L , Tolle Lege, Dom. 4 1 4 f.; STEFFAN, Fest. 2 4 8 ; CLEMENS v. BURGHAUSEN, Jäger-Horn, Dom. 2 6 3 ; R U O F F I I , 8 5 9 ; nach S E L HAMER, Tuba tragica, Dom. 3 6 2 f. verteidigt sich auch ein gelehrter Doktor auf die gleiche Weise: " E r nahm für sein bestes Schußblatt den Koler-Glauben her, obwohl er hodi-gstudirt war, und antwortete dem Teuffei, was ihm dort der bekandte Kohlbrenner geantwort..." Der Nürnberger Protestant D I L H E R R , Sonn- und Feiertags-Arbeit 162, verwendet das Motiv polemisch: "Und ist dannenher der Papisten ihre Meinung in Grund untüchtig, welche fürgeben: man soll sich um den Glauben nicht groß bekümmern: es sey schon gnug, wenn man nur glaube, was die Römische Kirche (das ist der Papst) glaubt; es sey in der Bibel geschrieben oder nicht, wie sie ausdrücklich in ihrem Cathechismus lehren. Darum loben sie den Kolers-Glauben und erzählen hievon diese F a b e l . . . Welches der Cardinal Stanislaus Hosius sehr lobet und es für eine überaus gefährliche Sache hält, mit dem Satan aus der hl. Schrift streiten wollen." Mit dieser Tendenz geht die Geschichte durch die protestantische Literatur. Vgl. G R I M M , Deutsches Wörterbuch V, Sp. 1 5 9 1 f. ("Köhlerglaube") (mit zahlreichen Nachweisen vom 1 6 . — 1 8 . Jh.); W A N D E R , Sprichwörterlexikon II,

1416.

159. E r s c h r ö c k l i c h e G e s c h i e h t v o n e i n e m F a s n a c h t s p i l (Dom. I, 215) Qu.: JOANNES PELECYUS, Turris Babelonica universitas iniquitatis siue de mortifero linguae humanae veneno, eiusquem praesenti remedio libri duo, Monachii 1620, lib. 2, c. 16 = S. 351 ff. mit dem Randvermerk: Haec Tragoed. Bruxellis est impressa apud Rotger Velpium. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Gemisch-Gemasch 4 7 4 f f . ; E R T L , Vorgebürg 2 3 9 f . (hier der Hinweis auf die Quelle). 31

Moser-Rath

Kommentar

482

Lit.: Vgl. B E R N W A R D D E N E K E , Materialien aus dem Umkreis der Sage vom Überzähligen, in: ZsfVk 57, 1961, 208, der auf die Erzählung des Mauritius verweist. 160. I t t a v o n D o g g e n b u r g (Fest. I, 78ff.) Vermutlich nach PEXENFELDER, Concionator historicus I, nr. 3 9 = zit. Ausg. S . 3 8 0 , der als "verus autor" P . P E T R U S CANISIUS nennt. Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I , 5 6 2 (kurz erwähnt); H E R I B E R T v. SALURN, Dom. I , 5 1 f.; SELHAMER, Tuba tragica, Dom. 3 0 7 (nach Stengelius); S T R O B L , Artzney-Schatz, Dom. 9 4 ff.; H E L B I G , Anatomia I I , 9 2 ff.; J O R D A N v. W A S S E R BURG I , 5 2 7 .

Lit.:

De judiciis divinis, zit. Ausg. I, 2 7 3 u. 4 2 7 , II, 3 9 6 ; M A R T I N History-Buch I, 5 5 2 f f . (nach Pexenfelder); P R U G G E R , Exempel-Buch 1 1 4 ; zu den Jesuitenaufführungen des von J A K O B G R E T S E R bearbeiteten Stoffes (erstmals Luzern 1 5 8 7 , dann Ingolstadt 1 6 0 2 ) vgl. M Ü L L E R , Jesuitendrama I, 2 8 , II, 1 1 5 . STENGELIUS,

V.COCHEM,

Mot.K 579.8

161. F a b e l v o n d e m H a h n , H u n d u n d F u c h s e n (Fest. I, 824f.) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 225); W I E N E R T E T 120, 207. Vgl. CASALICCHIO I I , 3 5 9 f. — G R A F , Die Grundlagen des Reineke Fuchs 3 3 ff. Rotunda, Italian Novella, Mot. K 579. 8. Vgl. auch nr. 206.

ATh 161

162. F a b e l v o n e i n e m W o l f f u n d e i n e m H i r t e n (Dom. I, 417) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 35); W I E N E R T E T 324. Var.: T R A U N E R , Seelen-Jagd I, 800 (Fuchs und Müller); gleichfalls vom Fuchs: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I I I , 287f. = PRAMBHOFER, Joseph 558f.; H E L B I G , Anatomia I , 246; dazu: CASALICCHIO I , 571; K O B O L T , Schertz u. Ernst 248 f. Lit.: K Ö H L E R , KL. Schriften I, l f f . ; B P 4, 340 nr. 75 ; G E R L A C H , Nova Gnomotheca I, nr. 833; zur Volksüberlieferung auch W O S S I D L O - H E N S S E N nr. 20; L I U N G MAN 22 bemerkt, die Fabel scheine zu jenen zu gehören, die erst in der Neuzeit durch Übersetzungen der alten klassischen Fabeln ins Volk eingedrungen seien.

ATh 51

163. F a b e l v o m L ö w e n , E s e l u n d F u c h s e n (Teilung der Jagdbeute) (Dom. I, 121) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 2 6 0 ) ; W I E N E R T E T 2 1 3 ; MADER, Antike Fabeln 63. Var.: B R I N Z I N G , Dom. I , 393; J O R D A N ANNANIENSIS, Seelen-Eyffer 419. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 1 5 8 , S . 1 9 9 ff.; O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Weidunmuth 7, 24; BP 4, 337 nr. 52.

zu Mot. J 1169.7

164. D e m o s t h e n e s p r e d i g t d e n A t h e n i e n s i s c h e n RathsH e r r n (Dom. I, 572) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 339); M A D E R , Antike Fabeln 101. Var.: N E U B U R G E R , Dom. 227f.; T R A U N E R , Haus-Hahn 20; E R T L , Tolle Lege, Dom. 140; E U S E B I U S A S . T I B U R T I O , Amara Dulcis 25. Vom Altvater Nachetes, der die schläferigen Zuhörer mit der Ankündigung einer Fabel vom Fuchs und Affen zur Aufmerksamkeit bringt, berichtet S T R O B L in seiner den Gebrauch des Ostermärleins begründenden Einleitung zum Ovum Paschale I, vermutlich nach D R E X E L I U S , Zungenschleiffer II, 551, der beide Erzählungen zitiert. Lit.: KIRCHHOFS Wendunmuth 5 , 120; W E S S E L S K I zu Sommers Emplastrum Cornelianum nr. 12; Democritus ridens 32 f.; MASENIUS, Utilis curiositas 174; PHILIPP D ' O U T R E M A N , Paedagogus Christianus 385.

Nr. 160—168

483

165. L ä c h e r l i c h e B e g e b e n h e i t m i t e i n e m E s e l (Dom. I, 475) ATh 1215 Var.: E R T L , Tolle Lege, Dom. 5 9 3 f. (nach Gottschalcus Holen); S T E F F A N , Dom. 240. Lit.: K . G O E D E C K E , Asinus vulgi, in: Orient und Occident 1 , 1 8 6 2 , 5 3 1 ff., wobei die Erzählung den Ausgangspunkt für die Erschließung der mittelalterlichen Exempelliteratur bot; K Ö H L E R , KL. Schriften 2 , 5 7 1 ; B O L T E zu Pauli nr. 577 mit weiteren Nachweisen bis zur neueren Volksüberlieferung; dazu: Sdiola curiositatis 1 9 5 ; CASALICCHIO I , 2 1 3 ff. nr. 3 5 ; C O N L I N I , 3 4 9 ; W E N Z , Exempel-Buch 7 3 5 ff.; K O B O L T , Schertz und Ernst 5 0 9 ff. zu 166. F o r c h t v e r u r s a c h e t o f f t l ä c h e r l i c h e S a c h e n (Fest. I , 1 1 7 ) Mot. J 1 7 8 2 . 2 Vermutlich nach T A L I T Z , Reyßgespahn 2 0 8 f. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Narren-Nest ( 1 7 0 3 ) = ed. v. Bertsche 3 9 ( = NarrenNest 1707, 35) brachte die Geschichte auf die Umgebung von Wien lokalisiert: "Ein Handwerksbürschel ist von Wien nacher Neustadt gereist. Als er unweit einer Mühl gewest, so insgemein die Teufelsmühl genennet (vgl. dazu G U S T A V G U G I T Z , Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, Wien 1 9 5 2 , 5 0 ff., 1 7 7 f . ) und bei sich gedenckt, er habe einmal gehört, daß an diesem Ort ein lebendiger Teufel umgehe (es aber dem nicht also), (ist er) fast hierüber erschrokken, weil es sehr abends war, daß er angefangen zu lauffen, und weil er vorhin um etliche Kreutzer Nuß in den Sack geschoben, der Sack aber zerissen gewest, also ist ihm ein Nuß nach der andern auf die Fersen gefallen, dardurch er gänzlich vermeint, es trete ihm der Schwartze schon auf die Füß, ist endlich dergestalten geloffen und also matt worden, daß er zu Boden gefallen und geschrien: Teufel, holst mich oder holst mich nicht, ich kann wahrhaftig nicht mehr lauffen. O Narr!" Ebenso in: Abrahamisches Gehab dich wohl ( 1 7 2 9 ) = zit. Ausg. 1 2 0 f. Mündlich aus Köln: M E R K E N S 1 , nr. 1 3 2 . 167. E i n a r m e r E d e l m a n n p r o g l e t s i c h m i t S t i f e l u n d S p o r n , w i e w o l e r k e i n P f e r d h a t t e (Dom. I, 46 f.) Vermutlich nach D R E X E L I U S , Zungenschleiffer II, 697 ff. Var.: Kurz erwähnt bei ATHANASIUS V. D I L L I N G E N , Weinberg, Dom. 3 6 3 ; nach gleicher Quelle: C O N L I N I , 3 6 8 ; Etwas für Alle I I I , 6 9 3 f.; W E N Z , Exempel-Buch 595.

Lit.: O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Wendunmuth 1 , 7 5 , ergänzend dazu B O L T E zu Freys Gartengesellschaft nr. 56 und zu Pauli, Anhang nr. 13; Historienschreiber, zit. Ausg. nr. 134. 168. G e s c h i e h t von einem Bauren, Kürsner u n d R i c h t e r ATh 1861A (Dom. I, 153) Vermutlich aus der zeitgenössischen Schwankliteratur (s. u.) Var.: Übereinstimmend bei ATHANASIUS v. D I L L I N G E N , Weinberg, Dom. 1 0 2 . Eine andere Fassung bei SELHAMER, Tuba clementina, Fest. 443 f.: " W e r mer schmirbt, der hat ein gewunnen Handl. Mein Gott! jene Bäuerin gab der Frau Richterin ein halbs Jahr die Milch ins Hauß und ließ das gantz Milch-Geld fahren, in Mainung, also soll sie den Streit-Handl wider ihren Nachbaur gwinnen und einziehen. War auf ein arme Bäurin schon ein hipsche Schmirb; aber ihr Nachbaur zug vor, weil er die Kuh samt dem Kälbl ins Haus triben; wie sich die gut Bäurin dessen beklagt, hieß bey der strengen Frauen: Ja mein Bäurin, ich will euch wol sagen, wo es gfehlt: die gumpent Kuh hat euren Milch-Kübl umbstossen und zerheit." — CLEMENS V. BURGHAUSEN, JägerHorn, Dom. 328 gibt die Version nach Odo v. Cheriton, wonach der Ochse der einen Partei den Wagen der anderen aussticht; ähnlich E U S E B I U S A S. T I B U R T I O , Fest. 191 (Kutsche, Pferde). 31'

484

Kommentar

Lit.: B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 6 0 8 f. und zu Pauli nr. 125; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 131 f.; ölkrug und Schwein als Schmieralien: Hilarii Jocoseria Germanorum nr. 421; GERLACH, Eutrapeliae I , nr. 8; JOH. P E T E R DE M E M E L , nr. 487; GERLACH, Nova Gnomotheca II, nr. 8; Advokat (od. Richter), Kürschner und Metzger: Z I N K G R E F - W E I D N E R I , 253 u. IV, 211; GERLACH, Nova Gnomotheca I, nr. 903; CONLIN I, 63; übereinstimmend mit der Fassung des Mauritius: MERKENS 1, 288 (Altmark). Vgl. auch A. G Ö T Z E , Zum Schwank vom bestochenen Richter, in: Neue Jahrbücher für das klass. Altertum, Geschichte u. deutsche Literatur 20, 1917, 208 f. ATh 1348

169. V o n e i n e m , d e r h u n d e r t H a s e n g e s e h e n

(Dom. I, 22)

170. S t o ß g e b e t l e i n e i n e s E h e m a n n s (Anhang z. Dom. I, 51) Vgl. A . WESSELSKI, Erlesenes, Prag 1 9 2 8 , 1 3 2 ff.: "Das Totbeten", mit Hinweisen auf die ältesten Belege für das "Mortbeten" in den Predigten Bertholds v. Regensburg. 171. E i n W e i b v e r m e i n t , e s s o l l a l l e s n a c h i h r e m Kopff g e h e n (Dom. II, 285) Ähnlich: STROBL, Ovum Paschale III, 333 ff. = CONLIN I, 242 u. VI, 64; Centifolium stultorum 90; Mala gallina 447 (gekürzt), dazu die Abb. S. 63: vgl. oben nr. 58; ABRAHAM A S. C L A R A , Gehab dich wohl, zit. Ausg. 222. — EUSEBIUS A S. TIBURTIO, Amara Dulcis, Dom. 264 ermahnt die Ehefrauen zum Gehorsam mit dieser Anspielung: " . . . jedannoch (widerlegt manche), der Prediger sage, was er wolle, es muß doch alles nach meinem Kopff gehen! Liebe! es geschihet auch öffters, daß der Mann, ob es schon nicht löblich, Schissl, Däller, Kanden und was ihme an der Hand liget, nach dem Kopff wirffet; aber eben darumb wird der Hauß-Friden zu einem Hauß-Krieg, und setzet in dem Jahr mehr Charfreytäg ab, dann einen, wo man mit dem Klopff-Holtz zur Metten leutet. Du widersetzest noch einmahl, warumb ist er ein solcher Simpel? er wills selbst so haben? auf dises antworte ich nichts mehr, dann die Weiber müssen schon das letzte Wort haben." — Vgl. auch Schola curiositatis 162. ATh 1 6 5 B *

172. D e r T e u f f e i soll zwey W e i b e r auff einmal nemmen (Fest. I, 328) Die unmittelbare Quelle war bisher nicht zu ermitteln. DALHOFER, Miscellanea I , 4 9 8 f. bringt eine kürzere Fassung: "Es war einest ein junger Edel-Mann, so von seinem Vatter 2 Weiber begehrte, welche Bitte ihme der Vatter, doch mit Condition, verwilliget, daß er anfangs den schwären Handel mit einer allein versuchen möchte, falls er nur Lust haben wurde, wolte er ihm auch die andere folgen lassen. Aber das Unglüdc hat ihne mit einem auß den bösen Weibern gepaaret. Als er einest mit dem Vatter auff dem Wolff-Gejaid sich eingefunden, und ein Wolff, so grossen Schaden unter dem Viehe verursachet, in einer Gruben erwischet worden, die Bauren auch allerhand Vorschläge, wie man ihne peynlich hinrichten möcht, in die Mitte gebracht, fielle der Juncker ihnen in die Rede, sprechend: Ihr wisset nit, was ihr thuet! gebt ihm 2 Weiber, so ist er zahlt." Lit.: WESSELSKI ZU Bebel 3 , 1 5 , Anm. in zit. Ausg. 2 , 1 0 4 f. OESTERLEY zu Kirchhofs Wendunmuth 1 , 7 3 und B O L T E ZU Montanus, Schwankbücher 5 9 9 .

zu ATh 1164 + 1862 B

173. D e r T e u f f e i v o n e i n e m b ö s e n W e i b r e c h t s c h a f f e n g e t r i 111 (Fest. I, 331 f.) Als Ostermärlein unmittelbar an die vorige Erzählung anschließend; zum Typ

Nr. 169—175

485

vom Teufel Belfagor gehörig, hier vermutlich nach STENGELIUS, De judiciis divinis, zit. Ausg. II, 545 f. Var.: Eine besonders lustige Fassung bei STROBL, Ovum Paschale III, 171 ff., die, wohl nach dem Vorbild Stengels, die Hochzeit breiter ausmalt und in Bezug auf die Teufels- und Hexenvorstellungen von Interesse ist: "Man sagt, den Teuffei seye auff ein Zeit ein Lust ankommen, zu heurathen, hat sich derowegen da und dort beworben und zugemacht bey denen jungen Mägdlein, die haben ihm aber alle den Korb gegeben, weil er gantz alt, im Gesicht gantz ungestalt, wie ein Äff, Gaiß-Füß und Händ hatte wie ein schwartzer Datzbeer, mit langen Klauen, derowegen er gezwungen worden, ein altes, hinckendes rotziges, zahnloses und schiehes Weib zu nehmen, welche sonst auch kein andern Heurath gekommen hett, weil sie nicht allein sehr alt und ungestalt, sondern beynebens auch grundböß war, daß sich jedermann darvor geforchten. Die Hochzeit ist bey nächtlicher Weil, unter dem liechten Galgen, bey hellem Mondschein, in Beyseyn aller Zauberinen und Gabifahrerinen desselben gantzen Lands gehalten worden. Nach Vollender Mahlzeit, so Maistentheils in eingemachten Mäusen und gebratnen Ratzen, an statt deß Feder-Wildbräts, in Natern und Kröten sambt anderen unflätigen Sachen bestanden, seynd die Gäst, mit sambt dem Bräutigamb auffgestanden, ein Däntzl zu thun. Der Spillmann sasse zu oberist auff dem Galgen, pfiffe mit seinem Dudlsack allerhand Däntzl auff. Die Braut aber wolt sich nicht bewegen, sonder sasse nodh gantz still, weil sie ihr noch nicht genug geessen, so wohl schmeckte ihr das Sau-Confect, waigert sich also, und schlüge ihrem Bräutigam den Dantz ab. Derowegen schon am Hochzeit-Tag unter disem Paar ein grosser Widerwillen entstanden usw." Der fahrende Schüler ist hier als "Landfahrender Artzt" oder "Waldmändl, welcher dort Kräuter suechte, Salben darauß zu machen" bezeichnet. Weitere Fassungen: W O L F F , Fest. I, 553 f.; kürzer gefaßt bei E R T L , Tolle Lege, Dom. 68 f.; vgl. auch die stärker abweichende Version bei H E H E L , unten nr. 241. Lit.: STANISLAUS PRATO in: Revue des traditions populaires 4 , 1 8 8 9 , 1 7 1 ; BP 4, 176, Anm. 1; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 453 ff. ("Ein artliches Gedichte Nicolai Machiavelli vom Ertz-Teuffel Belfagor"); CASALICCHIO I , 2 4 3 ff.; C O N LIN V I , 1 3 .

Placidus Taller 174. D e r T e u f f e i h o l t e i n e n S p i e l e r (Kram-Laden 149f.) Qu.: CAESARIUS V. HEISTERBACH, Dialogus miraculorum, lib. 5 , c. 3 4 ( = ed. v. Strange I, 318) = Magnum speculum exemplorum, verbo Lusus, ex. VI, zit. Ausg. 505. Var.: (nach gleicher Quelle) HERIBERT v. SALURN, Dom. I, 6 6 ; ABRAHAM A S.CLARA, Judas III, 572); DERS., Gemisch-Gemasch 103 f. (dazu die Abb. S.97); SCHMID IV, 2 8 0 ; NEUMAYR, Fest. 9 9 ; OBERLEITNER 2 0 8 f. Lit.: HONDORFF, Promptuarium exemplorum, zit. Ausg. 6 4 a; MASENIUS, Familiarum argutiarum fontes 68. 175. E i n j u n g e r E i n s i d l e r s i e h e t e i n W e i b f ü r e i n G a n ß a n (Kram-Laden 158) Die älteste Version m. W. bei THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus = Magnum speculum exemplorum, verbo Castitas, ex. XI, zit. Ausg. 101; die betreffende Stelle bei ENGELGRAVE hat sich leider nicht ermitteln lassen. Var.: F A B E R , Historien-Prediger II, 2 4 6 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas IV, 4 1 7 ; W O L F F , Dom. 6 0 8 ; TRAUNER, Brosamen I, 1 2 3 2 ; ABRAHAM A S. CLARA, Wein-

486

Kommentar keller 321; Huy und Pfuy 38; STEFFAN, Dom. 106; Fest. 598. Lit.: C R A N E ZU Jaques de Vitry nr. 2 4 7 und B O L T E bücher 6 1 2 f.: G E R L A C H , Nova Gnomotheca I, nr. 6 3 1 ;

EUSEBIUS ZU

A S. TIBURTIO,

Montanus, SchwankIII, 3 9 1 .

CONLIN

Mot Q 272.3

176. E i n G e i t z h a l s i s s e t s e i n G e l d i m H a b e r - M u ß (Kram-Laden 126 f.) Qu.: Formicarius JOANNIS N Y D E R theologi profundissimi Dialogus ad vitam christianam . . . Argent. 1517, lib. 3, c. V, XLIIII B = STENGELIUS, De judiciis divinis, III, c. 73 - zit. Ausg. S. 83; die zweite Erzählung ebenda c. 8 = zit. Ausg. S. 96. Var.: C O N R A D V. SALZBURG I , 114; B O D L E R , Wett-Rennen 486; R A U S C H E R , Dom. I, 127; P U R S E L T , Fons aquae triplicae, Dom. I, 238; E R T L , Tolle Lege, Fest. 336; ABRAHAM A S. C L A R A , Lauber-Hütt III, 211 (nach Stengelius). Weitere Exempel von bestraften Geizigen vgl. z. B. ABRAHAM A S. C L A R A , Judas II, 285 ff.; T A L L E R , Bauern-Prediger 568.

Mot. G224.2

177. M i t e i n e r Z a u b e r - S a l b e n e i n e n W a g e n g e s c h m i e r t (Bauern-Prediger 593 f.) Qu.: M A R T I N U S D E L R I O , Disquisitionum magicarum libri sex, lib. 2, q. 16 = zit. Ausg. I, 185ff.; mit den "Traur-Gesdiichten des Rosetto" ist das "Theatrum Tragicum, Das ist: Newe Wahrhafftige traurig und klägliche . . . Geschichten, die . . . sich vor wenig Jahren mehrentheils in Franckreich zugetragen haben und anfangs von Herrn F R A N C I S C O VON R O S S E T in Frantzösischer Sprach beschrieben, hernach aber in die Teutsche Sprach kürtzlich transferirt . . . und vermehrt Durch M A R T I N U M ZEILLERUM Styrum, N. C.," (3. Edition, Tübingen 1628, S. 91) gemeint (dort in einer langen Reihe von Hexengeschichten angeführt). Var.: (nach gleicher Quelle fast wörtlich übereinstimmend) AMANDUS V . G R A Z , Seelen-Wayde I , 7 5 4 ; zur Zauberei mit Kindsknochen vgl. ABRAHAM A S. C L A R A , Weinkeller 235; s. a. oben nr. 16, zu sonstigen Hexenpraktiken nr. 28 u. 40. 178. E i n S c h n e i d e r k o m m t m i t s e i n e m D i e b s t a h l w u n d e r l i c h a u f (Kram-Laden 748 f.) Qu.: G E O R G I U S STENGELIUS, De judiciis divinis, lib. I, c. 2 5 = zit. Ausg. 3 1 1 , mit der Bemerkung: "Ich muß hieher setzen, was mir einer, der solches mit Augen gesehen, erzehlet hat." Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 3 8 6 = S T R O B L , Ovum Paschale I I , 1 2 8 f.; ABRAHAM A S . C L A R A , Etwas f. Alle I , 3 6 6 f. u. Bescheid-Essen 3 4 ; W E N Z , Exempel-Buch 250.

ATh 910 E

179. E i n s t e r b e n d e r B a u e r v e r m a c h t s e i n e n K i n d e r n e i n e n W e i n b e r g (Kram-Laden 707 f.) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 98); W I E N E R T E T 490. Var.: H E R B E R G E R , Buch Sirach 660; C O N R A D v. SALZBURG I , 100; H E R I B E R T v. SALURN, Dom. II, 358; S T R O B L , Predig-Buch, Dom. 112; O B E R L E I T N E R 102. Lit.: O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Wendunmuth I , 172; G E R L A C H , Eutrapeliae I , nr. 248; DERS., Nova Gnomotheca II, nr. 248; C O N L I N V, 488. 180. E i n B a u e r h e i s s e t s e i n e n L a n d s - F ü r s t e n J e s u s (Kram-Laden 583 f.) 181. E i n g e i t z i g e r K a u f f m a n n v o n e i n e m M a h l e r a u s g e z a h l t (Kram-Laden 541 f.)

Christus

lächerlich

Nr. 176—185

487

Qu.: GEORGIUS STENGELIUS, De judiciis divinis III, c. 44 = zit. Ausg. S. 476 f. Var.: D E D I N G E R , Dom. 147f. mit folgender Narrenbeschreibung: " . . . mahlet ihm auff den Kopff ein Narrenkappen mit grossen Knöpffen behängt, ein Pantalón und Kragen um den Halß und andere narrische Klayder, welche anjetzo die Narren pflegen zu tragen . . . " Bemerkenswert in dieser Hinsicht die Fassung bei TRAUNER, Seelen-Jagd I, 195: Der Maler " . . . mahlet disem edlen Contrafe ein Narrenkappen, umbgeben auff einer Seiten mit Nüssen, Zwetschken, Birn und Aepffel, dann dergleichen Waaren die herumb-lauffende Narren auff der Gassen pflegen aufzuwerffen, mehrers als Duggaten; auff der anderen Seiten der Narmkappen waren zusehen, Würffei, Karten, Spiegel und Venus-Bilder, dann der Faßnacht-Butz in allen Lasteren mehrers als die Schwein im Koth sich herumb wältzte . . . " Ferner: ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 41 (hier heißt es, die Leute hätten sich gewundert, "daß er dem Kauffmann sein Kopff mit Narren-Geleuth versehen, wie die Schlesinger und Obersteyrische Fuhrleuth ihre Pferd . . . " ) ; AMANDUS V. G R A Z , Fasten-Banquet III, 117f. (nach: "Libello intitulato Democritus ridens" s.u.); STROBL, Fisch-Netz, D o m . 153;

LUCIANUS

MONTIFONTANUS,

III,

2 3 7 f.;

DIONYSIUS

V. INNSBRUCK,

Dom. I, 229 f. Lit.: Democritus ridens 4 f.; ABELE, Metamorphosis Telae Judiciariae I, 6 f.; J O H . P E T E R DE M E M E L nr. 6 7 4 ; Hilarii Jocoseria Germanorum nr. 5 8 0 ; C A S A LICCHIO I, 1 4 5 ff.; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 3 0 2 ; C O N L I N I, 3 8 2 ; K O B O L T 4 8 9 f. 182. E i n W i r t h m i s c h e t W a s s e r u n t e r d e n W e i n (Kram-Laden 582 f.)

zu ATh 1555

Vgl. GERLACH, Eutrapeliae I, nr. 701 ( = GUMBEL, Alte Handwerkerschwänke 4 6 ) ; ZINKGREF-WEIDNER I , 2 5 6 u. I V , 8 0 .

183. E i n u n g e s c h i c k t e r D o c t o r s p r i c h t e i n e m B a u r e n d a s ATh 1862C L e b e n a b (Kram-Laden 312f.) Ausdeutung auf den geldgierigen Zachäus, dessen Krankheit an den in seinem Haus umherliegenden Geldsäcken zu erkennen sei. Qu.: GEORGIUS STENGELIUS, De judiciis divinis IV, c. 3 7 = zit. Ausg. S. 376. Lit.: Zu diesem vermutlich auf POGGIUS zurückgehenden Schwank vgl. B O L T E zu Pauli nr. 792 und DERS., Bildergeschichte des 17. Jahrhunderts, in: ZsfVk 15, 1905, 135 ff.; GERLACH, Nova Gnomotheca I, nr. 766. — Eine etwas abweichende Version bei W E S S E L S K I , Mönchslatein nr. 1 3 (nach Mensa philosophica). 184. E i n p r a h l e r i s c h e r D o c t o r z u s c h a n d e n g e m a c h t (BauemPrediger 526) Qu.: HIERIMIAS D R E X E L I U S , Zungenschleiffer I I , 6 3 7 nach einem Erlebnis des bekannten Jesuitenpredigers P. G E O R G SCHERER. Var.: T R A U N E R , Seelen-Jagd I , 3 6 0 ; S T R O B L , Ovum Paschale I , 3 4 4 ; M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. I, 4 9 u. II, 4 6 3 ; ferner: CONLIN I, 3 7 1 ; K O B O L T 134 f. 185. E i n A d v o c a t n i m m t S c h m i r a l i e n e i n (Kram-Laden 614) Var.: ATHANASIUS v. DILLINGEN, Weinberg, Dom. 103; SELHAMER, Tuba tragica, Fest. 525; PURSELT, Fons aquae, Fest. I I , 219; ABRAHAM A S. CLARA, BescheidEssen 44. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 3 8 = WESSELSKI, Mönchslatein nr. 5 6 ; B O L T E zu Pauli nr. 1 2 4 ; GERLACH, Eutrapeliae I, nr. 7 2 2 ; Z I N K G R E F - W E I D N E R IV, 1 8 5 ; J O H . P E T E R DE MEMEL nr. 9 2 2 ; Kurtzweiliger Zeitvertreiber 117.

Kommentar

488

186. E i n A l t e r w i r b t u m e i n j u n g e s M ä g d l e i n (Kram-Laden 483f.) Angegebene Qu.: IGNATIUS T R A U N E R , Seelen-Jagd I, 412 f. Var.: ERTL, Tolle Lege, Dom. 462 f. Lit.: Scala celi 126 b; WESSELSKI ZU Bebel 3, nr. 10; B O L T E ZU Pauli nr. 221; ZINKGREF-WEIDNER I V ,

139.

187. S c h e r t z - u n d S c h w a n c k - L u g e n (Kram-Laden 203 ff.) ATh 1960 + 1640/III b Ähnliche Ketten von Lügengeschichten, meist nur in anderer Reihenfolge, bei: + 654 ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 3 9 7 f. = Etwas f. Alle I I I , 4 6 6 ff. ( 1 , 2 , 3 , 5 , 4 , jeweils mit der Formel: Pfeiff, das haißt ausgeschnitten!); DALHOFER, Miscellanea II, 587 (6, 2, 7, 4 u. a.; vgl. E. MOSER-RATH, Münchner Volksprediger der Barockzeit, in: BayerJbfVk 1958, 9 1 ) ; MAURITIUS NATTENHUSANUS, Dom. I , 3 7 (6); DIONYSIUS V.INNSBRUCK, Dom. I I , 2 1 8 ( 2 , 6 u.a.); HELBIG, Anatomia I , 482 (6, vgl. auch unten nr. 209 u. 210). Zur Gefangennahme des Wildschweins vgl. oben nr. 67, zum Wettstreit der Geschwindesten nr. 106. Lit.: M Ü L L E R - F R A U R E U T H , Lügendichtungen, passim, mit weiteren Nachweisen; WESSELSKI ZU Bebel 2, nr. 113, 1 1 4 ; KIRCHHOFS Wendunmuth I, 2 5 6 , 2 6 0 ; zu Krautstaude und Kessel: WESSELSKI zu Hodscha Nasreddin 2 , 2 2 0 ; BP 2 , 5 1 5 f. Marcellianus Dalhofer ATh 1 + 75* + 2

188. O s t e r - M ä h r l v o n e i n e m s c h l a u h e n F ü c h s l e i n u n d e i n e m W o 1 f f (Areolae 440 ff.) In der Ostermontag-Predigt unter dem Titel "Drey geistliche Rayß-Gespähn", die sich während der Mahlzeit unterwegs mit allerlei Erzählungen die Zeit vertreiben: "Man befragte den Bruder Amadaeum, ob er nit auch etwas lustigeres zu erzehlen wisse? . . . Man setzte emstlich an jhne, also daß ers für einen Gehorsamb auffnahme, und ein einstens in einer Predig gehörtes Oster-Mährl, so jhme doch nit mehr völlig bey Gedächtnuß, mit folgendem zu erzehlen anfienge . . D i e s e Rahmenform hat Dalhofer vermutlich von BIDERMANN, Utopia, lib. I , c. 19, S. 2 6 ff. = H Ö R L , Bacdiusia 2 7 ff. übernommen. Var.: mit der Motiwerbindung ATh 1 + 2: STROBL, Ovum Paschale I, 77 ff.; damit z.T. wörtlich übereinstimmend: PRAMBHOFER, Kirchtags-Süppel 158ff.; ATh 1 als Einzelmotiv: ATHANASIUS V. DILLINGEN, Weinberg, Dom. 4 8 ; M A U R I TIUS NATTENHUSANUS, Fest. I, 2 4 4 ; PURSELT, Reben, Dom. I, 2 5 7 ; PFENDTNER 537; NEUMAYR, Dom. 435 f.; desgleichen wird das Motiv bei STROBL, Ovum Paschale II, 76 ff. unter den Verbrechen des vor Gericht gestellten Fuchses aufgezählt (vgl. oben Nr. 86). — Zu ATh 75" (Wolf und fluchende Mutter): ABRAHAM A S. C L A R A , Huy und Pfuy 42. Lit.: KAARLE KROHN, Bär (Wolf) und Fuchs. Journal de la Société finnoougrienne 6, 46 ff.; DÄHNHARDT, Natursagen 4, 225, 304; BP 2, 111 ff.; dort auch eine hs. bayerische Fassung vom Fischfang im Eis von vor 1822; GRAF, Die Grundlagen des Reineke Fuchs 58 ff.; zur Motiwerbindung in der neueren Volksüberlieferung vgl. WOSSIDLO-HENSSEN, Mecklenburger erzählen nr. 8, femer ANNELIESE AMEND, Deutsche volkstümliche Tiermärchen und ihre Zyklenbildung, Diss. Marburg 1955 (Maschinsdir.), 306 ff. — Zu ATh 75°: B O L T E ZU Pauli nr. 90 mit weiteren Nachweisen.

ATh52

189. D e r e i n f ä l t i g e E s e l v o n e i n e m a r g l i s t i g e n Fuchsen b e t r o g e n (Areolae427ff.) Vermutlich, da vielfach übereinstimmend, nach der bei RAUSCHER (s. U.) genannten Quelle: Ander Theil der güldenen Sendtschreiben deß . . . Herrn Antonij de Gueuara, Parfüsser Ordens, Keysers Caroli des V. Hofpredigers

Nr. 186—191

489

und Chronisten . . . Durch Aegidium Albertinum auß der Hispanischen in die Teutsche Sprach verwendt, Mündien 1600, 167 ff. Var.: S T R O B L , Ovum Paschale III, 2 3 2 ff.; RAUSCHER, Dom. II, 2 1 9 ff. (am Oster-Erchtag) = WENZ, Exempel-Buch 723 ff.; ebenfalls als Ostermärlein: JOSEPH A V I R G I N E M A R I A , Wollustgarten 132 f.; ADALBERTUS MONACENSIS Dom. 279. Lit.: W I E N E R T E T 8 5 ( = Halm nr. 129, Löwe, Fuchs u. Hirsch); G E O R G C . KEIDEL, Die Eselherz- (Hirsdiherz- u. Eberherz-)Fabel, in: ZsfvglLiteraturgeschichte N. F. VII, 1894, 264 ff. 190. U m b k e h r t e W e l t (Miscellanea I, 522) ATh 1935 Die beliebten Übertreibungen von der "verkehrten Welt", hier im Rahmen einer Ehestandspredigt verwendet, wurden auch sonst gern zur scherzhaften Charakterisierung einer verfehlten Hausordnung vorgebracht. So bei M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Fest. I , 8 4 6 f.: "Mein, was wurde man sagen, wann der Diener wurde zu Tisch sitzen, der Herr aber mußte vor ihm stehen und aufwarten . . . Was wurde das nicht für ein lächerliche Comödi seyn, wann die Cavalier und Damasen müßten die Gutschen ziehen und die Roß darinnen sassen? wie ungereimt wurde das heraus kommen, wann auf einem Gejaid die Füdis und Haasen die Hund jagen und fangen müßten . . . Wie läpisdi wurde es stehen, wann die Menschen die Schuh für den Hut an den Füssen hätten, närrischer wurde es herauskommen, wann sie gar auf den Köpften giengen und die Füß in die Höh redeten. Und letztlichen was für ein monstrose und abentheurische Sach wurde es seyn, wann der Mann oder Herr im Hauß bey der Gunggel sasse und spunne, bey dem Neh- oder Klöckel-Küssen knockte, das Weib aber in den Rath gienge oder gar mit Harnisch, Wehr und Waffen in das Feld zuge, mit dem Degen scharmizirte und wider die Feind stritte, dise und noch andere ungereimte Sachen mehr wurden uns anzeigen, daß es seye mundus inversus, ein umbgekehrte Welt. Daß es hergehe wie in deß Eulenspiegels seinem Haußwesen . . . " ABRAHAM A S. C L A R A , Judas III, 5 8 spielt in ähnlichem Zusammenhang aufs Narrenland an: "Wo gibt es dergleichen mehr solche wackere Dienstboten? wo? hinder Calecut, wo die Kühe Flügel haben? Wo findet man dergleichen mehr solche treue Leut? W o ? hinder Fopopolis, wo die Mäuß auf den Katzen reuthen." Und auf das Schlaraffenland (ebda. II, 417): "Ein Kind ATh 1930 gebohren im Löwen wird einer säubern Gestalt seyn und wird absonderliches Glück zu hoffen haben; wird vil seyn, wann ihm die Ochsen nit Kälber tragen, wann sich die Haasen nit selber jagen, wann sich der Acker nit selber baut und der Speck freywillig schließt in das Kraut." Auf die zeitgenössischen Quellen dieser Vorstellungsbilder verweist ganz unmittelbar JORDAN ANNANIENSIS, Ehren-Schall 639: "Ich zweifle nit, meine W(erten) Z(uhörer) werden villeicht schon zum öffteren die umgekehrte Welt in Kupffer abgebildet gesehen haben: Alldorten zeiget sich mit Verwunderung der Anschauenden ein gantz widrige Ordnung und Weis zu handien, als sonsten in der Welt üblich zu seyn pfleget. Alldorten wird der Baurs-Mann an Pflug gespannet, da der Ochs den Pflug haltet . . . usw." Lit.: M Ü L L E R - F R A U R E U T H , Lügendichtungen 19 f.; J. B O L T E , Bildergedichte des 17. Jahrhunderts 10: Die verkehrte Welt, in: ZsfVk 15, 1905, 158 ff.: BP 3, 2 4 4 ff., 2 5 4 ff.; W I E N E R T 4 4 ff.

191. D r e y S ö h n i n i h r e r F a u l k e i t e x a m i n i e r t (Areolae 547f.) ATh 1950 Jeweils mit den gleichen, schon mittelalterlich überlieferten Faulheitsproben bei ABRAHAM A S. CLARA, Judas I , 3 7 5 ; T R A U N E R , Krähender Haus-Hahn 2 7 5 ; ERTL, Tolle lege, Dom. 132; TALLER, Kram-Laden 564 mit der Bemerkung: "Welcher aus diesen dreyen der Fauleste gewesen, weiß ich nicht, haben um

490

Kommentar ihre Erbschafft zimlich gleich gestritten, das Beste war, daß dieses nur ein Gedicht gewesen."; ABRAHAM A S . CLARA, Bescheid-Essen 484; SCHMID I , 59 f. ("Es mag wol ein Gedicht oder Fabel seyn"). Vgl. auch oben nr. 82. Lit.: Gesta Romanorum, ed. v. OESTERLEY nr. 91, S. 418 mit Nachweisen S. 726 = WESSELSKI, Märchen des Mittelalters nr. 21; B O L T E ZU Pauli nr. 261 und im Nachtrag zu Schumanns Nachtbüchlein nr. 43 in Freys Gartengesellschaft 285; BP 3, 207 ff.; vgl. auch J. RÜHFEL, Volkskundliches aus der Augsburger Gegend, in: BayerHfVk 6, 1919, 200.

ATh 1553

192. W i e e i n g e i t z i g e s W e i b d a s T e s t a m e n t i h r e s M a n n e s a u s g e l e g t (Miscellanea I, 502) Var.: HERBERGER, Buch Sirach 7 8 0 (nach Geiler v. Kaisersberg). Lit.: B O L T E zu Pauli nr. 462; dazu CASALICCHIO I, 298 f.; CONLIN VII, 406; Centifolium stultorum 3 2 7 ; MERKENS 2 , nr. 1 9 6 .

Mot. K 1211

193. E i n J u n g f r a u z a h l t l ä c h e r l i c h e i n e n N a c h t - V o g e l (Areolae 528 f.) Var.: RAUSCHER, Dom. I , 2 6 4 mit ähnlicher Lokalisierung: "Also übel ist eingangen jener . . . junge Handwerchsgesell ohngefähr vor 30 Jahren in einer E(uer) L(ieb) und A(ndacht) wolbekannten Statt." Eine besonders lebendige Fassung findet sich bei ABRAHAM A S . C L A R A , Lauberhütt III, 2 1 6 f . : "Es hatte sich einer in der Pfaltz bey dem Tantz in ein ehrliches Mägdl, Nahmens Barbara verliebet, und hat dergestalten in der Lieb gebrunnen, daß er ohne Schaden kaum konnte bey einem Strohdach vorbey gehen, stellete derohalben auf allerley Weiß besagter Tochter nach, wäre überall hinter ihr, so gar ließ ihr der Plempl keinen Fried in dem heiligen Tempel, dieser importune Liebhaber fiele der Bärberl so verdrüßlich, daß sie endlich auf einen List gedachte, nur damit sie des Kerls los möcht werden, mithin hat sie ihm versprochen, er wolle sich nur belieben lassen und künfftige Nacht zu ihr kommen, oben wolle sie ihm zwar nicht die Hauß-Thür eröffnen, damit es die Eltern nicht mercken, sondern bey dem Zug hinauf ziehen; Ach! wer war froher als dieser Gesell? dahero er auch gar richtig um die bestimmte Stund erschienen, darauf lasset die Bärberl das Seil herunter, der Narr von Limmelshausen setzet sich auf dem Knöbel, die Bäberl fanget an zu ziehen, ziehet so lang, biß sie ihn auf den mitteren Gaden gebracht, alsdann bindet sie den Stridc fest und last den Tölpel reitten gantzer vier Stund, und zwar mitten im Winter! endlich schauete sie bey dem Guggerl heraus, um zu sehen, wie es mit der Knöbel-Post beschaffen, kaum als er sein vermeinte Liebste ersehen, da hat er alsobald aufgeschryen: Baberl! mein Engel! worauf sie mit lauter Stimm gesagt: Limmel! mein Pengel! O Schatzerle zieh auf! spricht er, O Narr! bleib unten, sprach sie, nicht so laut Baberle! um des Himmels willen nicht so laut! laß mich wenigstens hinunter! Flegel! reit wohin du willst, schrye sie, was sie aus vollen Halß gekönnt hat. Ach, liebste Baberl, nicht so laut! unterdessen hat das große Geschrey die Leuth in dem Hauß aufgeweckt, deßgleichen ist auch die Nachbarschafft zusammen geloffen, jedermann schauete nicht ohne grosses Gelächter diesen seltsamen Knöbel-Reitter an, wie er nun von allen gnugsam verspott und vexirt worden, da liesse sie den armen Tremulanten hinunter, bevor er aber von sein höltzernen Klepper abgestiegen, hat ihm der Hauß-Knecht von oben herab zugerufft: viel Glück auf die Reiß, und damit dir nichts Übels widerfahre, so hast du da einen Weybrunn, schüttete ihm zugleich ein gantzes Schaff Wasser über den Kopff, wordurch ihm die Lieb also erloschen, daß er keinen Funcken mehr davon hat spühien lassen: Ach! hätte dieser verliebte Limmel so viel gelitten vor dem Himmel wie vor

Nr. 192—197

491

sein Baberl, wurd er ihm sonder Zweiffei gar große Verdienst zu dem ewigen Leben gesamblet haben." Lit.: J. B O L T E , Bilderbogen des 16. u. 17. Jahrhunderts, in: ZsfVk 19, 1909, 51 ff.; H A N S SACHS, Fabeln 2, 224 nr. 264; das Motiv ist vermutlich seit dem 13. Jh. mit dem Sagenkreis um den Zauberer Virgil verbunden. Vgl. J. W. SPARGO, Virgil the Necromancer, Studies in Virgilian Legends ( = Havard Studies in Comparative Literature 10), Cambridge 1934, 145 ff. 194. E i n B a u r g i b t v o r , d e r H e r r i n s e i n e m H a u ß z u s e y n (Miscellanea I, 525) Die in Areolae 1176 wörtlich wiederholte Erzählung hat Dalhofer vermutlich aus Z I N K G R E F - W E I D N E R , Apophtegmata I V , 1 6 6 übernommen, da sie hier wie dort mit einer zweiten Ehemannsprobe mithilfe eines seltsamen Gemäldes verbunden ist. ABRAHAM A S. C L A R A , Gefl. Mercurius 5 6 ff. bringt die Geschichte mit einem Paar gewichster Stiefel (wie P A U L I nr. 7 5 3 , ebenso C O N L I N I , 2 5 f. = Mala gallina 37 f.) Lit.: Zur Speckseite am Stadttor: K Ö H L E R , KL. Sehr. 3, 610; zur Lokalisierung auf Wien: G . G U G I T Z , Die Sagen und Legenden der Stadt Wien, Wien 1952, nr. 131 u. S. 210 f.; s.a. M E R K E N S 1, nr. 194; W A N D E R , Sprichwörterlexikon 5, 1599.

Mot.T252.4

195. E i n b ö s e s W e i b w i r d l ä c h e r l i c h g e b e s s e r t (Miscellanea I, 505 ff.) Vermutlich nach MASENIUS, Utilis curiositas 340 f. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas II, 148 f.; S T R O B L , Ovum Paschale I, 34 ff.; W O L F F , Dom. 383 ff. (sehr ausführlich als Ostermärlein); H E F F N E R , Dom. II, 59; ebenfalls als Ostermärlein bei L U C A S V. R O T T E N F E L S , Christus, Fest. 94. Lit.: L A S S E N « Bürgerliche Reiß- und Tischreden 81 (kurz gefaßt); Altdeutscher Schwank und Scherz 120 f. (nach einem mir nicht erreichbaren Schwankbuch von HOFFMEISTER, Taudel- und zaudelhaftiger Spinnrocken, 1678). Über die verschiedenen Wiegenverse vgl. E. M O S E R - R A T H , Volkstümliches Liedgut in barocken Predigtwerken, in: JbdÖsterrVolksliedwerkes 8, 1959, 64 f.; über den in Oberösterreich tatsächlich geübten Dorfbrauch, zänkische Eheleute in eine große Wiege einzubinden, vgl. BayerJbfVk 1958, 92 u. Anm. 58. 196. K u n s t a u ß b ö s e n M ä n n e r n E n g e l z u m a c h e n (MiscellaneaI, 489 ff.). Mit dem Vermerk: "In Ecclesia Cathedrali Frisingensi." Vermutlich nach CASALICCHIO I, 416 ff. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 1 9 2 f. ( 6 hl. Jungfrauen zu Hilfe gerufen) = PRAMBHOFER, Joseph 9 4 f.; S T R O B L , Ovum Paschale I, 2 6 3 ; Etwas f. Alle III, 705 ff. = Mala gallina 319 f. Lit.: Vgl. die Nachweise zu H A N S SACHS, Fabeln 3 , nr. 1 8 5 ; zur Liedfassung ( E R K - B Ö H M E nr. 9 0 5 ) : J. B O L T E , Zum deutschen Volksliede nr. 9 , in: ZsfVk 1 2 , 1 9 0 2 , 3 4 3 ff.; dazu: K O B O L T , Schertz und Ernst 2 2 4 . 197. O s t e r - M ä h r l v o n e i n e m b e t r o g n e n H ü n e r m a n n (Miscella- Mot nea II, 580 ff.) K 455.4.1 Wiederum im Rahmen fingierter Gespräche dreier Wanderer (vgl. nr. 188): "Drey Reiß-Gespähne Lugen-Freunde; von Emmaus nach Jerusalem geführt." Die Erzählung vermutlich nach CASALICCHIO I, 9 5 ff. Lit.: R O T U N D A , Italian Novella, Mot. K 4 5 5 . 4 . 1 .

492

Kommentar Johann Laurenz Heibig

Mot. Q 34

198. E i n E n g e l z ä h l e t a l l e S c h r i t t e i n e s E i n s i e d l e r s (Anatomia I, 251) Qu.: In vitis PP. tract. 6, lib. 1, c. 11, num. 21 = Magnum speculum exemplorum, verbo Angelus, ex. IV, zit. Ausg. S. 31. Var.: ABRAHAM A S. CLARA, Judas IV, 1 6 5 ; E R T L , Tolle Lege, Fest. 6 5 1 ; T R A U N E R , Brosamen II, 2 6 ; SELHAMER, Tuba rustica I, 2 4 8 f.; E R T L , Vorgebürg 2 0 5 ; STEFFAN, Dom. 1 8 4 ; T A L L E R , Kram-Laden 7 1 6 f.; CLEMENS V. BURGHAUSEN II, Fest. 247. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 128; CAESARIUS V. HEISTERBACH, ed. v. Hilka 3, 219 f. nr. 105; PHILIPP D'OUTREMAN, Paed. Christ. I , 214; K Y B L E R I I , 6 7 4 ; CONLIN V , 4 5 7 .

Mot. V 35.1.1

199. D i e u n v e r n ü n f f t i g e T h i e r e h r e n d a s S a c r a m e n t (Alveare 417 f.) In einer Reihe ähnlicher Beispiele. Qu.: zu 1) NICOLAUS ORLANDINUS, Historia Societatis Jesu, Colon. Agripp. 1615, lib. 2, nr. 27 = S. 43; zu 2) L U C A PINELLI Brevi et divotissime Meditatione del Sanctissimo sacramento . . . Milano 1600, S. 191; zu 3) AUGUSTINUS WICHMANUS, Brabantia Mariana Tripartita . . . Antverpiae 1632, lib. 2, c. 52 = S. 490 f. ("De venerab. et miraculoso Sacramento, vulgo 'in de Hegge', prope Herendalium", dat. 1412). Weitere ähnliche Beispiele: ABRAHAM A S. C L A R A , Judas IV, 391 = PRAMBHOFER, Hönig-Fladen 226; SELHAMER, Tuba rustica I, 370; PFENDTNER 253 f.; H E H E L , Sitten-Lehr III, 115, u. a. m. Tiere ehren ein Muttergottesbild: A B R A HAM A S. CLARA, Weinkeller 97 f. Das Vorstellungsbild von den das Allerheiligste anbetenden Tieren kehrt gerade in jener Zeit in zahlreichen Wallfahrtsgründungslegenden und damit auch auf Andachtsbildern wieder. Vgl. R. KRISS, Die Volkskunde der altbayer. Gnadenstätten, Bd. 3, München-Pasing 1956, 120; s. a. W O L F G A N G B R Ü C K N E R , Sagenbildung und Tradition, in: ZsfVk 57, 1961, 26 ff., hier 53 f. Zur Verehrung des Sakraments bringen die Prediger sehr häufig auch das Beispiel von Rudolf v. Habsburg, der einem das Sakrament tragenden Priester sein Pferd überließ und zum Lohn kurz darauf von seiner Wahl zum Kaiser erfuhr ( = Magnum speculum exemplorum, verbo Eucharistia, ex. XXIV, zit. Ausg. S. 3 2 1 ) : K Y B L E R II, 5 0 4 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas IV, 1 4 3 ; AMANDUS v. G R A Z , Seelen-Wayde I, 5 0 6 ; MAURITIUS NATTENHUSANUS, Dom. I, 3 0 8 ; PRAMBHOFER, Hönig-Fladen 2 2 7 ; ADALBERTUS MONACENSIS, Dom. 4 0 3 ; E R T L , Vorgebürg 2 0 6 ; HELBIG, Alveare 479; PRUGCER, Exempel-Buch 165 f.

Mot. B 259.4

200. B i e n l e i n b a u e n ü b e r d e r H o s t i e n e i n K i r c h l e i n von W a c h s (Alveare 472 f.) Qu.: zu 1): THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus, lib. 2, c. 4 0 = van der Vet, Bienboec 2 3 7 ; zu 2 ) : JOANNES AEGIDIUS ( G O B I ) in Scala coeli = Klapper, Erzählungen d. Mittelalters 2 8 9 f.; zu 3 ) : P E T R U S VENERABILIS, lib. 1, Mirac. c. 1 = die älteste lateinische Version, abgedr. bei W O L F in ZsfdA 7, 1849, 533 f. Helbig vermerkt dazu: "Noch eine andere dergleichen Histori erzehlet S. Bemadinus Senensis serm. 20 de honore Ecclesiast. grad. art. 1, c. 20." Var.: HEFFNER, Fest. I, 147 (nach CAESARIUS V. HEISTERBACH, Dialogus miraculorum lib. 9., c. 8 = ed. v.Strange 2, 1 7 2 f); nach gleicher Quelle: AMANDUS v. G R A Z , Seelen-Wayde I, 5 0 8 ; ABRAHAM A S. CLARA, Huy und Pfuy 1 3 6 ; PURSELT, Dom. III, 1 1 0 ; PFENDTER 2 5 4 gibt wieder die ganze Uberlieferungskette: "Ich geschweige der Bienlein des Caesarii, der Bienlein des Cantipratani,

Nr. 198—203

493

der Bienlein Joannis Aegidii, der Bienlein Petri Venerabiiis, der Bienlein Bernardini Senensis . . . " ; H E L B I G , Anatomia I , 3 3 2 (nach Bernardinus); O B E R LEITNER 2 4 0 (nach Caesarius). Vgl. auch K Y B L E R I , 5 7 6 . Lit.: L. KRETZENBACHER, Die Legende von der Hostie im Bienenstock. Vom Predigtmärlein des Mittelalters zur lebendigen Volksüberlieferung, in: ZsfVk 56, 1960, 177 ff.; mit weiteren Nachweisen und Variantenlisten: W. B R Ü C K N E R , Sagenbildung und Tradition, in: ZsfVk 57, 1961, 26 ff. 201. E i n C l o s t e r - J u n g f r a u s t i c h t i h r s e l b s t d i e A u g e n a u s ATh 706 B (Anatomia I, 285) Qu.: JACQUES DE V I T R Y = ed. v. Crane nr. 57. Var.: B R I N Z I N G , Fest. I , 3 0 6 ; S T R O B L , Schlüssel, Dom. 4 6 2 (nach gleicher Quelle); P U R S E L T , Reben, Dom. I , 7 8 (von der hl. Lucia); ebenso: ABRAHAM A S. C L A R A , Mercurialis, 307. Lit.: B O L T E zu Pauli nr. 1 1 und W E S S E L S K I , Mönchslatein nr. 66; BP 1 , 3 0 3 ; von einem keuschen Mädchen zu Alexandrien berichtet: STENGEL, De judiciis divinis IV, c. 28/6 = zit. Ausg. 267. Über das Motiv in der Heiligenlegende vgl. L E O P O L D KRETZENBACHER, Santa Lucia und die Lutzelfrau ( = Südosteuropäische Arbeiten 53), München 1959, bes. S. 14 f. 202. C r u c i f i x - B i l d e r s c h r e c k t e i n e n l a c h e n d e n B r u d e r i m zu C h o r (Anatomia I, 25) Mot. Q 221.2 Qu.: L U C A S W A D D I N G U S , Annales Minorum in quibus Res omnes trium ordinem S. S. Francisco . . . Tom. I, Lugdun 1625, ad annum 1220 (nicht wie angegeben 1253), nr. LXIV = S. 246. Var.: Kruzifixus weckt einen Schläfer (nach CAESARIUS V. H E I S T E R B A C H , Dialogus miraculorum, dist. IV, c. 38 = ed. v. Strange I, 206): ABRAHAM A S. C L A R A , Judas III, 98 u. IV, 388; ein ähnliches Beispiel von einem den Gekreuzigten schmähenden Jüngling (nach K Y B L E R , Wunder-Spiegel III, 76): W O L F F , Dom. 70 f.; STEFFAN, Dom. 245. Vgl. auch oben nr. 6. 203. E i n S t u d e n t w i r d w u n d e r l i c h a u s g r o ß e r G e f a h r e r - ATh 1875 r e t t e t (Alveare 189 f.) Qu.: STENGELIUS, De judiciis divinis I, c. 23 zit. Ausg. 282 ff., der dazu folgenden "Wahrheitsbeweis" gibt: "Dise Geschieht hab ich von einem glaubwürdigen, frommen und gelehrten Ordens-Mann auß unserer Gesellschafft Jesu vernommen, von welchem . . . niemal ein Unwahrheit ist verspühret worden. Und kan also von mir für den besten Zeugen der folgenden Geschieht ohne alle Außnahm billich angezogen werden." Der Gewährsmann habe den Namen des Jünglings verschwiegen, Stengel vermutet, er wäre es selbst gewesen. Var.: (nach gleicher Quelle) ATHANASIUS v. D I L L I N C E N , Weinberg I , 237; STROBL, Predig-Buch, Dom. 14 ff. Ebenso: CASALICCHIO, I , 224 ff.; W E N Z , E X empel-Buch 100 ff. Lit.: Zum Abenteuer mit den Räubern und dem Wolf, das auf eine Novelle von F R A N C E S C O S A C C H E T T I (ed. v. Floerke, Bd. I, München 1907, nr. 17) zurückgeht, vgl. K Ö H L E R , Kl. Sehr. 1, 410 f. mit den Ergänzungen von B O L T E ; es wird auch von dem "märkischen Eulenspiegel" Hans Ciawert berichtet: vgl. M Ü L L E R - F R A U R E U T H , Lügendichtungen, S. 8 u. 68 f. F E L I X TIMMERMANS verwendete das Motiv in seiner Erzählung "Die unsichtbare Hand", in: Flandern erzählt. Ein Sammelband flämischer Dichter, hg. v. Karl Jacobs, München 1943, 116 ff.

494 ATh 939 A

Kommentar

204. E i n e M u t t e r e r m o r d e t a u s G e i t z i h r e n e i g e n e n S o h n (Alveare 1055 f.) Qu.: Gladius Israel, Das Schwerd Israel, Mitteidessen daß Volck Gottes Siben Völcker geschlagen und das gelobte Land erobert . . . Ingolstatt 1640, 54 ff. — Sonst meist nach PHILIPP D ' O U T R E M A N , Paedagogus Christianus 120 f. und den dort angegebenen Quellen (Antonius Balinghen, Stengelius u. a.). Var.: S T R O B L , Artzney-Schatz, Dom. 317 ff.; SELHAMER, Tuba tragica, Dom. 315ff.; ABRAHAM A S . C L A R A , Gemisch-Gemasch 43ff. ( = ZsfdA 30, 1856, 85 ff.); ERTL, Vorgebürg 7 4 5 ff.

Lit.: K Ö H L E R , KL. Schriften 3, 185 ff. "Über den Stoff von Zacharias Werners 'Vierundzwanzigsten Februar"'. Über das wiederholte Auftaudien der Geschichte in Zeitungsberichten: O. G Ö R N E R , Volkskunde u. Tageszeitung, in: MdBllfVk 8, 1933, 73 ff. K . HILLENBRAND, Der Mord am eigenen Sohn, in: Badische Heimat 39, 1959, 388 ff. Mot. J 612.1

205. H i s t o r i e v o n d e m P o d a g r a (Alveare 1014 f.) Als "Apologum oder sinnreich erdichtetes Gespräch" mit der Auslegung auf die Menschen, die nur in der Not fromm sein wollen. Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Gehab dich wohl, zit. Ausg. 15 ff. Lit.: C R A N E zu Jacques de Vitry nr. 5 9 = W E S S E L S K I , Mönchslatein nr. 7 5 ; weitere Nachweise zu der seit Paulus Diaconus über die ältere Exempelliteratur, Petrarca u. a. tradierten Erzählung vgl. R . G O T T S C H I C K , Quellen zu einigen Fabeln Boners, in: ZsfdPhil 11, 1880, 324 und B O L T E in ZsfVk 15, 1905, 105; zur mündlichen Überlieferung auch W O S S I D L O - H E N S S E N nr. 2 3 .

Mot. K 579.8

206. A p o l o g u s v o m H u n d , H a u ß - H a h n , K n e c h t u n d M a g d (Anatomia II, 235 ff.) Typisches Beispiel für Helbigs breit angelegte, beinahe die ganze Predigt erfüllende Fabelkontaminationen. Zur Episode Hahn, Hund und Fuchs vgl. oben nr. 1 6 1 ; zu Hahn und furchtsamer Löwe: H A L M nr. 2 6 1 ; W I E N E R T E T 4 2 8 .

zu

Mot. J

881.2

ATh53

207. F a b e l v o n d e r Z u s a m m e n k u n f t d e r T h i e r (Alveare 243ff.) Als Vorlage diente vermutlich die Rahmenerzählung des Reineke Fuchs. Vgl. GRAF, Die Grundlagen des R. F., 13 ff., über die Entsendung der Katze ebda. 103 ff. 208. H i s t o r i e v o n d e m E u l e n s p i e g e l (Alveare 53) Dasselbe erzählt man in Niederbayern von den Finsingern. Vgl. B R O N N E R , Bayer. Schelmenbüchlein 95. — Von einem Narren, der weint, wenn die Sonne scheint und lacht, wenn es regnet: M O N T A N U S Schwankbücher 5 9 0 .

ATh 1890 +

1920 D

209. L ü g e n e i n e s a b g e d a n c k t e n S o l d a t e n (Anatomia I, 482) Zum Jägerlatein: ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I , 3 8 u. Bescheid-Essen 3 5 8 ; zur Lüge über die Kirchenmaße: Etwas f. Alle III, 465. — Beide Motive sind in der zeitgenössischen Schwankliteratur häufig anzutreffen. Vgl. M Ü L L E R - F R A U REUTH, Lügendichtungen 4 0 f. u. Anm. 277.

ATh 1920 zu Mot. W i l l

210. V o n d r e y e n E r t z - L ü g n e r n Vgl. BP 2, 506 ff.

(Anatomia I, 483)

211. V o n e i n e m F a u l e n (Anatomia I, 271) 212. E i n P f a r r e r (Alveare 98)

droht

einem

Ehebrecher

mit

einem

Stein

Nr. 204—218

495

Als heitere Einleitung zur Predigt am Stephani-Tag, da der Prediger unter Anspielung auf das Martyrium des Heiligen die Sünder unter seiner Kanzel mit symbolischen Steinwürfen treffen will. — Vgl. WICKRAM, Rollwagenbüchlein nr. 26 mit Nachweisen von B O L T E S . 369; HANS SACHS, Fabeln 1, nr. 76 und 3, 170; KIRCHHOFS Wendunmuth 5, 234; PEUCKERT, Hochwies nr. 197. 213. E i n F u h r m a n n e r w e i s e t e i n e m a n d e r e n e i n e n l ä c h e r - ATh 1563* l i e h e n P o s s e n (Anatomia I, 128) Vgl. K U R T RANKE, Der Schwank von der schrecklichen Drohung, in: Humaniora. Honoring Archer Taylor on his 70th Birthday, Locust Valley 1960, 78 fl.; zur Überlieferung des 17. Jahrhunderts noch: GERLACH, Eutrapeliae II, nr. 645. 214. A l t e W e i b e r Ähnlich: CONLIN

j u n g z u m a c h e n (Alveare 159) vgl. auch MERKENS 3 , nr. 2 2 4 .

I, 39;

Albertus Steffan 215. D r e y S ö h n s c h i e s s e n V a t t e r (Dom. 244)

mit

Pfeilen

nach

ihrem

todten

ATh 920 C

Q u . : DIODORUS SICULUS, l i b . 2 . V a r . : BRAUMILLER I I I ,

101;

HERIBERT V. SALURN, D o m . I I ,

237;

WOLFF,

Dom.

Fons aquae I, 3 3 u. III, 2 8 ; E R T L , Wachtbares Hertzensaug 6 f.; Amara dulcis 4 7 1 ; SCHMID IV, 3 4 1 ; LUCAS V. ROTTENFELS, Christus,

6 9 ; PURSELT, DERS.,

Dom. 2 1 6 . Lit.: Gesta Romanorum nr. 4 5 , ed. v. OESTERLEY, 3 4 2 f. u. Anm. 7 1 9 ; B O L T E zu Pauli nr. 8 3 5 mit weiteren Nachweisen; neuere Literatur bei LEOPOLD SCHMIDT, Der Schuß auf den toten König, in: ÖZsfVk N. S. 9, 1955, 70 ff. = (erweitert) i n : SCHMIDT, D i e Volkserzählung, 6 3 ff.

216. E i n u n d a n c k b a r e i D i e b w i r d d a s z w e y t e m a l gehenckt (Dom. 221) Qu.: CAESARIUS V. HEISTERBACH, Dialogus miraculorum, dist. 6 , c. 2 4 = ed. v. Strange I, 377. Var.: ABRAHAM A S. CLARA, Judas I, 365; W O L F F , Dom. 124 f.; T A L L E R , Bauernprediger 552 (etwas abweichend nach MANCINUS, De Passio Domino . . . 454); PACIFICUS A C R U C E , Fest. I, 260; RUOFF II, 577. 217. E i n S p i e l m a n n l ä s t e r t G o t t u n d w i r d v e r d a m m t (Fest. 273) zu Mot. Q 221 Qu.: THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus, lib. 2 , c. 5 7 , § 4 ( = van der Vet, Bienboec 117) = STENGELIUS, De judieiis divinis II, c. 3 nr. 12, zit. Ausg. S. 27 f. Var.: STROBL, Fisch-Netz, Dom. 78 f.; T A L L E R , Bauernprediger 659; EUSEBIUS A S. TIBURTIO, Amara dulcis 755; ähnliche Beispiele: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I, 329 u. IV, 501 (der Schatten des gehenkten Lästerers auf der Stadtmauer läßt sich nicht mehr auslöschen); BENZ, Dom. 114; TALLER, Kram-Laden 150 (Lästerung der Muttergottes wird bestraft); CLEMENS V. BURGHAUSEN, Fest. V, 222 (ebenso). 218. H l . A n d r e a s k o m m t a l s e i n P i l g r a m b v o r d e n Pallast e i n e s B i s c h o f f s (Fest. 233) Qu.: JACOBUS DE VORAGINE, Legenda aurea c. 2/9 ( = ed. v. Benz 2 3 ff.) und THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus, lib. 2 , c. 5 3 § 5 (hier

496

Kommentar jedoch vom hl. Bartholomäus berichtet, vgl. van der Vet, Bienboec 163 ff.) = Magnum speculum exemplorum, verbo Foemina, ex. 8, zit. Ausg. 377. Var.: T R A U N E R , Brosamen II, 3 1 3 ; T A L L E R , Kram-Laden 2 1 4 f.; E U S E B I U S A S . T I B U R T I O , Fest. 6 4 6 . Lit.: K Ö H L E R , Kl. Sehr. 2, 14 ff.; B P 3, 15; dazu: PEXENFELDER, Concionator historicus nr. LXXIX = 2, 808 ff.; zu den Rätselfragen vgl. ANDERSON, Kaiser und Abt 353.

Mot. G 303.9.7.1

219. D e r T e u f f e i g i b t e i n e m B a u r e n - M e n s c h e n e i n M a u l t a s c h e n (Dom. I, 146 f.) Qu.: JOANNES H E R O L T , Sermones de tempore et de sanetis, Argentine 1490, 131 k. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I I I , 3 6 5 ; M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. I , 7 3 1 ; PRAMBHOFER, Kirditags-Süppel 5 1 7 f.; D I O N Y S I U S V. INNSBRUCK, Dom. I I , 1 0 2 ; T A L L E R , Bauernprediger 1 1 5 (von einem Mädchen, das zum Tanz geht); PRAMBHOFER, Joseph 3 2 9 f. Lit.: B O L T E zu Pauli nr. 8 4 mit Nachweisen von der mittelalterlichen Exempelliteratur bis zur neueren Volksüberlieferung. 220. D e r T e u f f e i h o l e t e i n e B r a u t a n d e m H o c h z e i t - T a g (Dom. 94 f) Qu.: M A R T I N D E L R I O , Disquisitionum magicarum libri sex, lib. III, p. I , q. VII, sect. I = zit. Ausg. II, 87 f. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas II, 2 2 9 f . ; S T R O B L , Karten-Spihl I, 1 9 6 f . = Fisch-Netz, Dom. 7 8 ; E R T L , Tolle Lege, Dom. 1 7 9 ; ABRAHAM A S. C L A R A , Gemisch-Gemasch 6 9 (mit Abb. S . 6 3 ) ; DERS., Huy u. Pfuy 2 7 ; S T R O B L , Schlüssel, Dom. 2 4 2 = Fest. 2 6 f.; T A L L E R , Bauernprediger 2 1 4 ; P H I L I P P N E R I SCHMID IV, 5 6 ; PRAMBHOFER, Joseph 8 1 6 ; CLEMENS V. BURGHAUSEN II, Fasten-Exempel 5 . Lit.: Das Exempel geht, immer unter Berufung auf Delrio, durch die Jesuitenliteratur: D R E X E L I U S , Zungenschleiffer II, 1 8 0 ; STENGELIUS, De judieiis divinis II, 3 0 4 ; P H I L I P P D ' O U T R E M A N , Paedagogus Christianus I, 5 2 ; W E N Z , ExempelBuch 9 2 ff. S. a. G E R L A C H , Nova Gnomotheca I, nr. 2 8 2 ; G R I M M , Deutsche Sagen nr. 2 0 9 (mit einer Quellenangabe von 1 5 9 2 ) . 221. E i n D i e b k o m m t a n d e n G a l g e n w e g e n e i n e s g e s t o h l n e n T a s c h e n - M e s s e r s (Dom. 107) Qu.: STENGELIUS, De judieiis divinis IV, c. 52 nr. 8 = zit. Ausg. 538 f. mit dem Hinweis: "Dise seltzambe Begebenheit wird in den geschribnen Jahr-Schrifften der Obem Pfaltz gefunden." Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 3 4 8 ( = abgedr. in: Die Oberpfalz 4 4 , 1 9 5 6 , 1 6 5 f.); T A L L E R , Kram-Laden 7 4 9 f. (der Dieb berät sich mit einem Teufelsbanner). 222. E i n V a t t e r e r m o r d e t s e i n e n S o h n i m Z o r n (Dom. 59) Qu.: PHILIPP D ' O U T R E M A N , Paedagogus Christianus I , c. 7 § 7 ( = zit. Ausg. =

KYBLER I I ,

Var.:

AMANDUS

LUCIANUS

147)

1199.

v.

GRAZ,

Seelen-Wayde

MONTIFONTANUS

III,

367;

I, 564;

ERTL,

OBERLEITNER

329;

Tolle Lege, Dom. ELIAS

472;

A S . CATHERINA

II, 87.

Lit.: Die Geschichte gleicht im Ablauf der altüberlieferten Familientragödie "Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben" (KHM 1812 nr. 22); vgl. B P 1, 202 ff. mit weiteren Nachweisen; B O L T E ZU Wickrams Rollwagenbüchlein nr. 74, S. 386; Schatzkammer Über Natürlicher . . . Geschichten . . . (1613), 224. Über die Entwicklung zur Zeitungssage: HERMANN BAUSINGER,

Nt. 219—226

497

Strukturen des alltäglichen Erzählens, in: Fabula I, 1957, 248 f. Das Predigtexempel fand sich fast völlig übereinstimmend als "Grausiges Gerücht" in der Schwäbischen Zeitung vom 27.1.1956 wieder. 223. A e s o p u s s i e h e t v i e l e B a d - G ä s t g e h e n u n d ü b e r e i n e n S t e i n s t o l p e r n (Dom. 22) Vgl. die Vita Aesopi in STEINHÖWELS Äsop, ed. v. O E S T E R L E Y 57; B O L T E ZU Pauli nr. 604.

Mot. J 753.1

224. F a b e l v o n e i n e r M a u s u n d e i n e m F r o s c h (Fest. 6) ATh 278 Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 298); W I E N E R T E T 93, 204. In etwas erweiterter Form bei S T R O B L , Ovum Paschale III, 289 ff. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 3 (mit zahlreichen mittelalterlichen Belegen); K O B O L T , Schertz und Emst 54. 225. F a b e l v o n e i n e m W o l f f u n d L ä m m l e i n (Dom. 163) ATh 111 A Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis (Phaedrus) ( = ed. v. Halm nr. 274); WIENERT E T

97.

Var.: T R A Ü N E R , Haus-Hahn 228 f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Auf, auf ihr Christen 23 u. Judas IV, 380; S T R O B L , Ovum Paschale II, 416; P U R S E L T , Fons aquae, Dom. I, 223 (kurz erwähnt); hier zum Vergleich die Fassung von S T R O B L : "Ehe daß ich die Predig anfange und mein Vorhaben probire, muß ich E. L. und Andacht erzehlen ein Gedicht und kurtzes Comoedy-Spill, welches auff ein Zeit der Wolff mit einem Lämbel gespillet hat. Die Schau-Bühn oder Theatrum diser Comoedy ist gewesen ein kleines rauschendes Bächlein, zu welchem der hitzige Wolff hinzu geloffen, seinen Durst zu löschen. Es stunde aber alldort, doch gar weit unterhalb ein kleines unschuldiges Lämblein, welches eben auß dem Bächlein getruncken und den Durst gelöschet. So bald als der Wolff solches ersehen, suchte er alsbald Gelegenheit und Ursach das unschuldige Thierl anzugreiffen. Fahret derowegen dasselbe mit rauhen Worten an: warumb, sagt er mit grimmigem Angesicht, thust du mir das Wasser also trüb machen? wie wärs, wann ich dich beym Kopff nähme, und dir deinen Beltz außzuge? das Lämblein erschracke ab disen Worten, gäbe gantz gelinde Antwort, schützte sein Unschuld vor, und sagt, mein Wolff, dem ist nit also, ich hab das Wasser nit trüb gemacht. Ja, wann ichs schon mit Fleiß wolte trüb machen, so könte ichs doch nit thun, dann das Bächel, wie du sihest, lauffet nit auffwerts, sondern abwerts, von dir zu mir herab, und nit von mir zu dir hinauff: bitte, du wollest keinen Zorn fassen, ich hab dir mein Lebtag kein Leyd gethan, und begehre auch noch keines anzuthun! was? spricht der Wolff, und erdichtet ein andere falsche Ursach, du hast mir Leyd gnug gethan, sagt er, da du mir vor einem halben Jahr übel nachgered, und mein Ehr abgeschnitten, O mein Wolff, excipiret das Lämbl, das kan garnit seyn, bin ich doch noch so alt nit, bin erst vor 10 Wochen auff die Welt kommen. Halt dein Maul, schreyet der Wolff, und wörtle nit vil mit mir, aufs wenigst hat mir dein Vatter übel nachgeredt. Fallt zugleich das Lämblein an, und zerreist es wider alle Unschuld und Gerechtigkeit." Lit.: CRANE ZU Jacques de Vitry nr. 1 3 5 ; STEINHÖWELS Äsop nr. 2 ; O E S T E R L E Y zu Kirchhofs Wendunmuth I, nr. 5 7 u. VII, nr. 3 7 ; D R E X E L , Zungenschleiffer II, 3 3 1 ; BIDERMANN, Utopia, lib. I, c. 2 4 , S . 3 4 f. 226. F a b e l v o n d e m F u c h s e n u n d d e m H a h n e n (Dom. 195f.) ATh 41 Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 3 1 ) ; W I E N E R T E T 2 2 6 . Var.: D E D I N G E R , Fest. 5 0 2 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas IV, 1 0 4 (Fuchs und Maus); E R T L , Tolle Lege, Dom. 8 1 9 f. (ebenso, sehr hübsche Fassung); T A L L E R , 32

Moser-Rath

Kommentar

498

Kram-Laden 317 f. (mit der Ausdeutung, man solle den Geldbeutel öffnen und den Armen geben); danach, da fast wörtlich übereinstimmend: OBERLEITNER 408; ABRAHAM A S. CLARA, Gehab dich wohl, zit. Ausg. 269. Lit.: DÄHNHARDT, Natursagen 4, 233; BP 2, 109 ff.; G R A F , Die Grundlagen des Reineke Fuchs 71; GERLACH, Nova Gnomotheca I, nr. 719; NEINER, TändlMarckt 165 f.; zur Volksüberlieferung nach älteren Sammlungen und hs. Aufzeichnungen des Archivs in Marburg vgl. A. AMEND, Deutsche volkstümliche Tiermärchen und ihre Zyklenbildung, Diss. Marburg 1955, 317 ff.; dazu noch LIUNGMAN 353 f. Vgl. auch HENSSEN-WOSSIDLO nr. 5 u. 14 u. Anm. S. 206. ATh 211

227. V o n e i n e m E s e l , d e r m i t z w e y e r l e y S a c k i n s W a s s e r g a n g e n (Fest. 71) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 322); WIENERT, ET 372. Var.: ABRAHAM A S. CLARA, Weinkeller 46. • 228. W e i n t r a u b e n m a c h t D r . F a u s t m i t t e n i m W i n t e r (Fest. 272) Eine Episode aus LERCHEIMERS Bedenken von Zauberei, cap. 8 (vgl. GRIMM, Deutsche Sagen nr. 253), die fast wörtlich in die vermehrte Ausgabe des Volksbuchs vom Dr. Faust (1591) übernommen wurde. Var.: BRINZING, Fest. II, 3 8 5 (kurz erwähnt); ABRAHAM A S . C L A R A , Judas IV, 9 9 ; JORDAN v . WASSERBURG I , 1 5 0 .

Lit.: SCHUPPIUS, Schrifften I, 82; J. SCHEIBLE, Die Sage vom Faust ( = Das Kloster V), 291; C. KIESEVETTER, Faust in der Geschichte und Tradition, Berlin 1921, 1,235 f.; zur mündlichen Überlieferung: L. BECHSTEIN, Thüringer Sagenbuch, 2. Aufl. Leipzig 1885, 2, 315 ff.; HDA 2, 1270, 1272. 229. E i n h o f f ä r t i g e r M o n s i e u r w i r d v o n e i n e m B a u r e n z u s c h ä n d e n g e m a c h t (Dom. 18) Aus der zeitgenössischen Schwankliteratur (s. u.), vielleicht auch nach ABRAHAM A S . CLARA.

Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas II, 362ff.; DERS., Narrennest (1703) = ed. v. Bertsche 47 = Narren-Nest (1707), 45; DERS., Lauberhütt III, 175 f. Lit.: B O L T E ZU Wickrams Rollwagenbüchlein nr. 35; J O H . P E T E R DE MEMEL, Lustige Gesellschaft nr. 519; Schola curiositatis 225 (lat.); Historienschreiber n r . 6 7 ; CONLIN I I , 9 3 .

230. E h e l e u t s c h l a g e n e i n a n d e r v o r d e m E s s e n (Fest. 9) Ähnlich: PURSELT, Fons aquae, Fest. I I , 1 0 ; vgl. LASSENII, Bürgerl. Reiß- und Tischreden (1664), 73. 231. E i n zorniges Weib dienet ihrem Mann für einen B e i c h t - S p i e g e l (Dom. 58) Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 34 f.; HERIBERT v. SALURN, Fest. I I , 3 0 8 (kurz erwähnt unter Berufung auf Drexel); R U O F F I I , 4 0 bezieht sich dabei auf das klassische Beispiel des Ehestreits: "Einen eintzigen Vortheil hatte Socrates bey diser Haus-Posaun, daß sie ihm bisweilen gedienet für einen BeichtSpiegel. Wollte Socrates beichten, damit er sich nit lang besinnen müßte, liesse er dem Maul seiner Hader-Katz völligen Lauft, da sie dann ihne in einem Athem nennete einen Schelmen, Dieb, Lügner, Verschwender, Spiler und Betrüger mit umständlicher Vorwerffung aller Gattungen und Anzahl der Sünden. Als solcher Gestalten das Sünden-Register gezogen wäre, konnte Socrates ohne lange Gewissens-Erforschung nach Befindung der Sachen seine Sünden herausnemmen und also zur Beicht gehen . . . " Lit.: Eine besonders drastische Fassung bei ABELE, Metamorphosis Telae

Nr. 227—233

499

Judiciariae I , 3 3 2 ; CONLIN VI, 8 1 u. 3 0 5 ; aus dem Volksmund aufgezeichnet von JOSEF LATZENHOFER, Märchen und Schwanke aus Österreich und Ungarn, in: Beiträge zur deutschen Volksdichtung, hg. v. E. K. Blümml, Wien 1908, S. 119 nr. 14 (in niederösterreichischer Mundart). 232. E i n W e i b t a n t z t v o r Z o r n (Dom. 58) Vermutlich aus der zeitgenössischen Schwankliteratur (s. u.). Var.: S T R O B L , Ovum Paschale I , 88 f.; ABRAHAM A S . C L A R A , Der gefl. Mercurius, ed. v. Bertsche 6 ff.; JAMAINGE I, 155; eine besonders drastische Fassung bei PURSELT, Fons aquae, Fest. III, 4 "Ehemann macht sein Weib tantzen": "Also hat insultirt jene, deren Mann vexirt worden, daß er ein so meisterloses Weib hätte, und ihr wegen ihres saueren Angesichts nichts dörffte befehlen. Wie? sollt ich das Hertz nicht haben? soll ich den Rode und sie die Hosen anhaben? was soll es gelten? ich wett umb einen welschen Hanen, sie wird mir gleich tantzen, wann ich nur will; bestellt nur Leut, die Achtung geben. Die Wettung wurd angenommen und beschlossen. E r begab sich mit einem und andern nacher Haus und sagt: Weib es wird mir ein Gast kommen, deck geschwind den Tisch, schick zum Pasteten-Becker, laß holen kleine Pastetlein und Hippen. Wie? ich dir den Tisch decken? ich wollt dir lieber das Maul auf den Tisch stossen. Ich dir bestellen Pastetlein? ich wollt dir lieber ins Gesicht werffen Kuhfladlein. Ich dir holen lassen Hippen? ich wollt dir lieber ein Stoß geben in die Rippen. Weiblein! silentium indicentis ut est, still mit solchen Worten, bin ich dann nit der Mann im Hauß? freylich, freylich bistu der Narr im Hauß. Solches faßte der Mann auf die Zähn, setzte beyde Händ in die Seiten, tantzte in der Stuben auf und ab, sung und sagt: so bin ich doch der Mann im Haus! die Frau nicht faul, sprung auf, setzte auch beyde Händ in die Seiten, tantzete ihm nach, sung und sagt: so bistu doch der Narr im Haus! so bistu doch der Narr im Haus! Sehet, sagt der Mann zu den Zweyen, so er mit sich nacher Haus gebracht, habe ich nicht mein Weib machen tantzen? Jo Victoria! der welsche Hahn ist gewonnen! Das Fleisch will ich essen, an den Beinen kiefe du kiefender Hund und böses TeufelsWeib!" Bei ABRAHAM A S . C L A R A , Mercurialis 2 1 3 f f . heißt es: ". . . der Mann fienge bald an in der Stuben auf und ab zu tantzen, auch ihm selbsten folgendes aufzuspielen: Ich bin der Herr und du bist Narr, Tantz auch mit, so ists ein paar, Wirff hinweg das Kunckel-Haar, Dann ich bin Herr und du bist Narr. Das Weib schauete ihm eine Zeitlang mit wunderseltzamen Angesicht zu, biß sie endlich voller Unmuth den Spinnrocken von sich geworffen, die Arme auf beede Seite setzend, gleich einem Essig-Krug auch herum gesprungen und dem Mann öffters unter die Nasen geschnaltzen, schreyend: Schau du Sau, ich bin Frau, Ey du Sau, ich bin doch Frau. Welches dann ein so lustiger Tantz gewesen, daß die vor dem Hauß von Hertzen angefangen zu lachen, der Mann aber aufgehört zu tantzen, und wäre ihm schon genug, daß das Weib seinen Willen erfüllet." Lit.: Kurtzweiliger Zeitvertreiber 2 4 0 f.; C O N L I N I , 3 0 2 ; K O B O L T 2 3 1 f. Petrus Hehel 233. D e r h ö c h s t e G o t t J u p i t e r G n a d (Sitten-Lehr II, 108) 32'

ertheilet

allen

Thieren

ein

500

Kommentar Als Ostermärlein. Fast wörtlich übereinstimmend: 395 f.

STROBL,

Ovum Pasdiale II,

ATh 123B

234. E i n W o l f f k l e i d e t s i c h i n e i n S c h a a f - F e l l (Glaubens-Lehr II, 204) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 3 7 6 ) ; W I E N E R T E T 3 5 und 3 2 5 . Var.: ERTL, Tolle Lege, Dom. 498. Lit.: J . A . H E R B E R T , Catalogue of Romances 3 , London 1 9 1 0 , 3 6 f f . und die Nachweise bei THOMPSON.

ATh 50

235. D e r W o l f f v e r s c h w ä t z t d e n F u c h s e n b e i d e m L ö w e n (Sitten-Lehr II, 108 f.) Eine bei den Predigern besonders beliebte, häufig wie hier als Ostermärlein verwendete Fabel nach Aesop = ed. v. Halm nr. 2 5 5 , W I E N E R T E T 1 0 2 ; hier vielleicht nach STENGELIUS, De judiciis divinis III, c. 48 nr. 3 = zit. Ausg. S. 5 0 4 f. Var.: B R I N Z I N G , Dom. I, 2 0 5 f.; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas II, 2 3 , III, 5 6 3 , IV, 2 8 2 u. 3 7 5 ; M A N I N C O R , Geistl. Jahrmarckt 6 4 f.; ATHANASIUS V. D I L L I N G E N , Campus Elysius 2 9 0 ; S T R O B L , Ovum Paschale II, 3 7 2 ff.; P U R S E L T , Fons aquae, Dom. I, 1 6 8 (kurz erwähnt); M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. II, 4 7 8 f.; LUCIANUS MONTIFONTANUS III, 5 5 2 ; SCHMID IV, 1 4 3 ; O B E R L E I T N E R 5 6 ; eine besonders hübsche Einleitung mit zeittypischer Versform bringt CLEMENS V. BURGHAUSEN, Jäger-Horn, Dom. 1 6 7 : "Angenehm in Ohren, lehrreich im Hertzen ist jene Fabel, so da beybringet, was massen der Low, der Wolff und der Fuchs zusammkommen. Der Low befände sich in seiner Höhlen etwas unpäßlich, mithin besuchten ihn alle andere vierfüßige Thier, ihme als ihren rechtmäßigen König ihre pflichtschuldige Unterthänigkeit zu beweisen. Daher dann Den Löwen zu ehren kamen die Bären, Die Daxen und Tiger auß ihrem Gelüger, Die Hirschen und Haasen verliessen den Wasen, Die Gamsen und Ygl mit ihrem Gezigel, Es kamen nit minder die Kälber und Rinder, Die Wölff und Luxen, nicht aber die Fuxen. Der Wolff demnach, als er sähe, daß der Fuchs allein seine Pflicht nit beobachtet, gedacht er bey sich, nun habe ich die beste Gelegenheit, dem Fuchsen eine gute Schmitzen zu versetzen und bey dem Löwen als einen Rebellen seiner Königlichen Hoheit anzugeben usw." Lit.: B O L T E zu Pauli nr. 4 9 4 u. BP 4 , 3 4 1 nr. 8 5 ; G E R L A C H , Nova Gnomotheca I , nr. 3 7 6 ; K O B O L T , Schertz und Emst 2 1 3 f.; W E N Z , Exempel-Buch 7 6 2 f. — K . K R O H N , Bär (Wolf) und Fuchs, in: Journal de la Société Finno-ougrienne 6, 21 ff.; GRAF, Die Grundlagen des Reineke Fuchs 15 ff., 20 ff.

ATh 34 A

236. H u n d A e s o p i v e r l i e r t s e i n B e i n (Glaubens-Lehr II, 366) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 2 3 3 ) ; W I E N E R T E T 270.

Var.: H E R B E R G E R , Buch Sirach 1 5 7 , 1 9 7 , 4 2 2 ; T R A U N E R , Seelen-Jagd II, 2 1 4 (zum Vergleich für Menschen, die sich vom Teufel blenden lassen); M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. I , 1 9 1 , II, 6 2 6 ; ABRAHAM A S. C L A R A , Bescheid-Essen 3 8 1 ; DERS., Huy und Pfuy 1 0 ; DERS., Mercurialis 1 0 4 ; CLEMENS V. BURGHAUSEN, Dom. III, 349 (als Beispiel für die Menschen, die das weltliche Leben dem Himmel vorziehen). Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 1 8 ; B O L T E ZU Pauli nr. 4 2 6 , über die Ver-

501

Nr. 234—242

wendung der Fabel bei Mathesius vgl. W O L F F , Das Predigtexempel im frühen Protestantismus, a. a. O. 357; nach AEGIDIUS ALBERTINUS, Der Teutschen recreation III, 1 0 3 0 hat Kaiser Rudolf v. Habsburg die Fabel gern erzählt; C A S A LICCHIO II, 453; N E I N E R , Tändl-Marckt 1 1 2 . 237. E i n N e i d h a l ß l a s s e t s i c h e i n A u g a u ß s t e c h e n (SittenLehr II, 109) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis (Avianus) = STEINHÖWELS Äsop nr. 131; W I E N E R T E T 4 4 6 ; hier nach STENGELIUS, De judiciis divinis I V , c. 2 2 nr. 4 = zit. Ausg. S. 199. Var.:

RAUSCHER,

D o m . I,

136;

WOLFF,

Dom. 820;

EUSEBIUS

A

ATh 1331

S. TIBURTIO,

Amara dulcis 753. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 196; B O L T E ZU Pauli nr. 647 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Z I N K G R E F - W E I D N E R IV, 498; BP 2, 219 u. 4, 339. 238. E i n M e ß n e r g i b t v o r , e r k ö n n t d a s W e t t e r m a c h e n (Glaubens-Lehr I, 99 f.) Vermutlich nach ABRAHAM A S . C L A R A , Huy und Pfuy 1 0 4 ; PRAMBHOFER, Joseph 3 8 8 . — Vgl. Z I N K G R E F - W E I D N E R III, 1 0 9 ; G E R L A C H , Nova Gnomotheca I, nr. 555 und die Nachweise von W E S S E L S K I , Hodscha Nasreddin I, 2 1 8 .

ATh 1830

239. W i e e i n S t u d e n t s e i n F a s c h i n g s - L u s t ü b e l b e z a h l t (Sitten-Lehr I, 42 f.) Beliebte Erzählung für den Sonntag Quinquagesima. Qu.: STENGELIUS, De judiciis divinis I, 107, mit starken Übereinstimmungen, vor allem in der Maskenbeschreibung. Var.: SCHÖNHARDT, Vorraths-Kammer II, 2 4 5 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I, 3 7 8 , danach S T R O B L , Fisch-Netz, Dom. 1 5 7 f. (als Kostüm erwähnt: "NarrenHosen und Wammes, Strimpff und Schuh" und "ein groß papiernes NarrenKröß", es solle "Narren-Bart und Larven" gemalt werden); M A U R I T I U S N A T T E N HUSANUS, Dom. I, 2 1 4 f.; STEFFAN, Dom. 8 8 ; T A L L E R , Bauernprediger 1 6 5 . — Vermutlich nach Abraham: C O N L I N IV, 5 0 1 . Lit.: Zur Maskenform vgl. L E O P O L D SCHMIDT, Die Schneckenmaskierung. Ein Beitrag zur Methode der volkskundlichen Maskenforschung, in: RheinJbfVk 2, 1951, 118 ff. 240. S a u f f - B r ü d e r s c h m ä h l e n i h r e W e i b e r (Glaubens-Lehr 1,102f.) Qu.: ABRAHAM A S. C L A R A , Huy und Pfuy 26. Lit.: zum Motiv Das Weib als größte Last ins Meer geworfen: W E S S E L S K I zu Bebel I, nr. 35 u. zu Sommers Emplastrum Comelianum nr. 75; B O L T E zu Pauli nr. 138; T A L I T Z , Reyßgespahn 107; Historien-Schreiber nr. 35; CONLIN VII, 309; Mala gallina 170; M E R K E N S 2, nr. 78. 241. O s t e r m ä h r l v o n d e s T e u f f e l s Vgl. oben nr. 173.

Heyrath

(Sittenlehr I, 86)

Mot. 251.1.5

T

ATh 1164 + 1862 B

Franz Anton Oberleitner 242. D e r T e u f f e i s c h r e i b t a l l e S ü n d e n a u f , s o i n d e r K i r c h g e s c h e h e n (159f.) Die angegebene Quelle "Nicolaus Lagus Mirac. S. S. Sacrament, tract. 6 de Miss. c. 115" hat sich nicht ermitteln lassen. Doch kommt die Verbindung der

ATh 826

502

Kommentar

Geschichte mit dem hl. Martin und seinem Diakon Briccius schon in einer hs. Predigtsammlung des schweizerischen Klosters Rheinau aus dem 15. Jh. und anderwärts vor: RÖHRICH, Erzählungen des späten Mittelalters 115 nr. 5 u. 271. Var.: HERIBERT V. SALURN, Fest. III, 222 (nach dem Magnum speculum exemplorum, verbo Ecclesia, ex. 5 = zit. Ausg. 294); E R T L , Vorgebürg 460; PRUGGER, Exempel-Buch 186. Lit.: Zusammenfassend: ROBERT WILDHABER, Das Sündenregister auf der Kuhhaut, in: F F C 163, Helsinki 1955, vor allem S. 1 9 ; vgl. auch WOLFGANG STAMMLER, Schrifttum und Bildkunst im deutschen Mittelalter, in: Deutsche Philologie im Aufriß 3, Berlin 1957, Sp. 7 9 6 und RÖHRICH, S. o. (mit reichen Nachweisen aus der Volksüberlieferung). 243. D r e y B a u r e n - M ä g d h ö r e n M e ß m i t u n g l e i c h e r M e y n u n g (154 f.) Qu.: GOTSCHALCUS H O L E N , Sermones dominicales super epistolas Pauli partis Estualis . . . 1519, serm. 100. Var.: SCHÖNHARDT, Dom. II, 8 9 ; ABRAHAM A S. C L A R A , Judas II, 5 3 6 f. = Etwas f. Alle II, 720; WENZ, Exempel-Buch 290 f. Mot. Q 2 2 3

244. Ü b e l v e r w a l t e t e S e e l s o r g b r i n g t e w i g e S t r a f f (12) Qu.: CAESARIUS V. HEISTERBACH, Dialogus miraculorum, dist. 12 nr. 6 ( = ed. v. Strange II, 322) = Magnum speculum exemplorum, verbo Praelatus, ex. 10, zit. Ausg. 679. Ziemlich genaue Übersetzung des lateinischen Textes.

zu Mot. C 58

245. D e r S o n n t a g s o l l k e i n S ü n d - T a g w e r d e n (200 ff.) Qu.: zu 1) THOMAS LE B L A N C , Psalmorum Davidicorum analysis, tom. 3, Coloniae Agrippinae 1697, Psalm 80, vers. 8 = S. 1003; zu 2): Divi GREGORII A R CHIEPISCOPI TURONENSIS De gloria Martyrum libri duo . . . Coloniae 1583, lib. 2 c. 11 = S. 156 f.; zu 3): ebda. lib. 1 c. 16 = S. 23 (Ähnliche Beispiele in den Opera Omnia des GREGOR V. T O U R S , Paris 1699, Sp. 857, 1083, 1085, 1096 ff., 1108f.); zu 4): Fast wörtlich nach ABRAHAM A S. CLARA, Gemisch-Gemasch 125 ("in vita S. Ottonis Episc."); zu 5): wohl aus lokaler Uberlieferung; zu 6): "In vita S. Germani". Ähnliche Beispiele: KYBLER I , 1 0 9 6 f . ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I I I , 152ff.; STROBL, Ovum Paschale I I I , 2 2 1 f.; PRAMBHOFER, Joseph 4 9 5 ff.; zu 5 ) : CLEMENS v. BURGHAUSEN, Jäger-Horn. Dom. 4 0 9 ("Ribadeneira in dem Leben deß heil. Leopoldi") Lit.: (ebenfalls Serien von Beispielen): PHILIPP D'OUTREMAN, Paedagogus Christianus, zit. Ausg. 275; KOBOLT, Schertz und Ernst 458 ff; zur mündlichen Überlieferung vgl. SCHÖPPNER 2, 5 3 (Brotbadcen am Leonhardstag); allgemein HDA 1, 5 6 8 ff.; 8, 104 ff. 246. K i r c h w e y h - R a u f f e r e r s c h r ö c k l i c h g e s t r a f f t (204f.) Wohl nach zeitgenössischen Berichten. Die genannten Orte: Telfs und Rietz bei Innsbruck, Tirol.

zu

Mot. Q 273

247. U n b a r m h e r t z i g e r

Wucherer

ladet ihm den Zorn

Gottes

u n d d e n T e u f f e i a u f d e n H a l s (397 f.) Qu.: MARTINUS D E L R I O , Disquisitionum magicarum libri sex, lib. 3, q. 7, sect. 2 = zit. Ausg. II, 89. Var.: HERIBERT V. SALURN, Dom. II, 513; SELHAMER, Tuba tragica, Dom. 196 ff.; W O L F F , D o m . 6 4 4 ff.

248. E i n a l t e H e x f ü h r t e i n e n B a u r e n a n (324f.) Qu.: MARTINUS D E L R I O , Disquisitionum magicarum libri sex, lib. 4, q. 6, sect. 1,

Nr. 243—252

503

zit. Ausg. II, 210 = B E Y E R L I N C K , Theatrum vitae humanae V, Lit. M, S. 411. Var.: GEMINIANUS MONACENSIS, Dom. 344. Bei D A L H O F E R , Miscellanea II, 594 f. sind die Praktiken der befragten "alten Trud" nodi näher ausgeführt: „Die Trud erzeigte sich willfährig; vorhero aber formierte sie mit der Kreide einen Kreis, in welchen sie den Bauren hinein gestellt, mit dem Verbott, sich darauß nit zu erheben. Darauff eylte sie in ihr Zimmer über ihren Kasten, der Baur aber haimblich ihr nach. Die Trud fragt ihren Teuffei mit folgenden Worten: Ein Mann hat Gelt verlohren, wer ist der, welcher solches gestohlen? Der Teuffei antwortete: Die Schwein hat solches in sich geschlickt, du aber sage: Die Haußfrau hab solches entnommen, um selbiges mit dem Pfarrherrn liederlich zu vergeuden. Die Trud sperrt ihren Kasten, der Baur stellt sich in seinen Kreis, jene eylt zu ihme und bedeutet ihm, wie daß die Haußfrau die D i e b i n . . . Aber der Baur glaubt der Luge keines Weegs . . u s w . Nach gleicher Quelle: Narren-Nest (1707) II, 120. 249. D a s f r o m m e B ä u r l e i n v o n V o b u r g (28ff.) Qu.: M A T T H E U S RADERUS, Bavaria sancta... IV, 1 6 2 8 , 1 1 2 ff.: "Voburgensis agricola anonymus", mit dem Randvermerk: "Tempus incertum. Ex monumentis Mynsteriensibus". Es handelt sich offensichtlich um einen jener lokalen Volksheiligen, der zeitweilig wallfahrtliche Verehrung fand. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I, 5 6 9 ff.; S T R O B L , Ovum Paschale II, 2 6 7 ff.; SELHAMER, Tuba rustica I, 2 9 6 ff. Lit.: (ebenfalls nach Raderus) STENGELIUS, De judiciis divinis I I I , c. 3 7 nr. 1 = zit. Ausg. 4 0 3 ff.; M A R T I N V . C O C H E M , Histori-Budi I , 2 9 ; P E X E N F E L D E R , Concionator historicus I , nr. 3 3 , S . 3 2 4 ff. — Vgl. auch SCHÖPPNER I , 4 7 8 nr. 4 6 4 (ebenfalls unter Berufung auf die Chronik des Klosters Münster). 250. F a b e l v o m F u c h s e n u n d I g e l (427) zu ATh 80 Var.: T R A U N E R , Seelen-Jagd II, 2 3 8 f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Judas IV, 2 2 6 = Etwas f. Alle II, 149 u. Mala gallina 106 f.; DERS., Grammatica religiosa 29; P U R S E L T , Fons aquae, Dom. III, 1 5 , 3 1 8 (Igel und Hase); M A U R I T I U S N A T T E N HUSANUS, Dom. I, 6 8 1 ; W O L F F , Dom. 8 4 6 ; J O R D A N V . W A S S E R B U R G , Fluenta Jordanis I, 581. Lit.: (von Hase und Igel) D R E X E L I U S , Opera omnia I, 1 8 2 6 ; zur mündlichen Überlieferung vgl. G. HENSSEN, Sagen, Märchen und Schwänke des jülicher Landes, Bonn 1955, nr. 442. 251. A p o l o g u s o d e r T h i e r - G e d i c h t v o n d e r F e l d - u n d S t a d t - ATh 112 M a u s (4ff.) Hier zum Preis des Landlebens vorgebracht nach AESOP ( = ed. v. Halm nr. 2 9 7 ) ; WIENERT E T

208.

Var.: H E R B E R G E R , Buch Sirach 4 6 6 (als bekannt erwähnt); S T R O B L , Ovum Pasdiale I I , 2 6 2 f f . ; ABRAHAM A S. C L A R A , Lauberhütt I , 1 0 und nach dem Manuskript ediert von B E R T S C H E in: Euphorion 2 9 , 1 9 2 8 , 3 5 5 ff. Lit.: C R A N E ZU Jacques de Vitry nr. 1 5 7 ; O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Wendunmuth 1 , 6 2 ; H A N S SACHS, Fabeln und Schwänke 2 , 1 1 ff.; L U D W I G K O H L E R , Die Fabel von der Stadt- und Feldmaus in der deutschen Literatur. Progr. MährischOstrau 1 9 0 9 ; zur volkstümlichen Verbreitung vgl. auch LIUNGMAN 1 6 .

252. E i n B a u r b r i n g t z u s e i n e r O b r i g k e i t z w e e n B e s e n (94) Zum Sprichwort "Kehr vor der eigenen Tür" vgl. W A N D E R , Sprichwörterlexikon 3 , 1 2 3 5 ; G R I M M , Deutsches Wörterbuch 5 , 4 0 7 .

504

Mot. K 439.3

Kommentar

253. E i n B a u r s t i e h l t v o n s e i n e m e i g e n e n T r a i d (369f.) Qu.: STENGELIUS, De judiciis divinis III, c. 44 nr. 7 = zit. Ausg. 478. Var.: ABRAHAM A S. CLARA, Judas IV, 210; DERS., Weinkeller 228; LARSON, Güldene Spangen 35. Lit.: HANS SACHS, Fabeln und Schwanke 4, 437 u. 3 0 0 . 254. E i n B a u e r i s s e t S c h n e g g e n (96) Qu.: DREXELIUS, Zungenschleiffer III, 239f. (mit einer Illustration dazu auf dem Titelblatt des Kapitels, S. 210) unter Berufung auf den berühmten tiroler Arzt Hippolyt Guarinoni. Var.: ABRAHAM A S . CLARA, Judas III, 1 0 9 f. = Etwas f. Alle III, 8 7 2 ; STROBL, Predig-Buch, Dom. 224f. (als "Oster-Märl, aber wahre Geschieht" bezeichnet); TALLER, Bauemprediger 157; von einer Bäuerin erzählt in: Mala gallina 401.

zu ATh 1354A*

ATh 1531

255. E i n s t e r b e n d e r B a u r i s t f r o h , d a ß s e i n H a u ß - C r e u t z e i n E n d n i m m t (318) Qu.: STENGELIUS, De judiciis divinis II, c. 43 nr. 3 = zit. Ausg. 473; fast übereinstimmend: TALLER, Bauernprediger 65. 256. K a y s e r C a r l d e r F ü n f f t e h a l t e t e i n possierliches S c h a u s p i h l m i t e i n e m v o l l e n B a u r e n (129ff.) Qu.: LAURENTIUS BEYERLINCK, Theatrum vitae humanae, verbo Ludicra = I V , 2 9 4 . Sonst meist nach BIDERMANN oder MASENIUS (S. U.) mit Philipp dem Guten verknüpft. Var.: AMANDUS v. G R A Z , Fasten-Banquet I , 2 2 ff.; BRINZING, Fest. I , 8 3 ( = abgedr. von ZINGERLE in ZsfdPhil 2 4 , 1 8 9 2 , 5 8 ff.) bezeichnet im Register diese "Historia lepidissima" als "ein gutes Ostermährl" und bringt ein Spottlied auf den Betrunkenen: "Sdiau, Hensa, schau! Bist Du nit ein Sau? Da trägt man d'Sau die Stieg'n auff, Wer sehen will, der schnauff und lauff, Schau, Hensa, sdiau." Femer: STROBL, Ovum Pasdhale I , 60ff. (nach Bidermann); PURSELT, Fons aquae, Fest. II, 127 (kurz gefaßt); ABRAHAM A S. CLARA, Weinkeller 71. Lit.: BIDERMANN, Utopia, lib. 4, zit. Ausg. 150 ff. = H Ö R L , Bacchusia 51 ff.; MASENIUS, Familiarum argutiarum . . . 387 (kurz gefaßt); zu dem auf Jesuitenbühnen vielgespielten "Rusticus imperans" des MASENIUS vgl. M Ü L L E R , Jesuitendrama 1, 44 f., 2, 30 f. u. 124; in der Schwankliteratur z. B.: HILARII Jocoseria Germanorum nr. 37; J O H . P E T E R DE MEMEL, Lustige Gesellschaft nr. 41; Historienschreiber nr. 56; GLEISSENBERG I , nr. 2 = Carinthia 1/143, 1953, 419.

Clemens von Burghausen Mot. H 1113.1 257. S. A u g u s t i n u s h a t e r f a h r e n , d a ß d a s G e h e i m n u s d e r D r e y f a l t i g k e i t u n e r g r ü n d l i c h s e y e (Jäger-Horn, Dom. 260) Qu.: Vermutlich THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus lib. 2 c. 48 § 3 (vgl. van der Vet 135 f.) = Magnum speculum exemplorum, verbo Puer, ex. 2, zit. Ausg. S. 700. Var.: SCHILLING, Ovum Paschale 7 2 ; GANSLER, Lugenschmid I , 4 ; HERIBERT v. SALURN, Dom. II, 3 2 6 ; E R T L , Tolle Lege, Dom. 4 1 4 ; SELHAMER, Tuba rustica I, 3 8 3 ; MAURITIUS NATTENHUSANUS, Fest. I , 4 0 9 ; JORDAN V. WASSERBURG, Fluenta Jordanis I, 87.

Nr. 253—260

505

Lit.: J . B O L T E , Die Legende von Augustinus und dem Knäblein am Meer, in: ZsfVk 16, 1906, 90 ff. (von der Liedfassung in: Des Knaben Wunderhorn III, 182 ausgehend); A. W E S S E L S K I , Klaret, S . 66 ff. mit weiteren Nachweisen. 258. E i n E h e b r e c h e r s c h r ö c k l i c h b e s t r a f f t (Jäger-Horn, Dom. 12) Besonders häufig zitiertes Beispiel nach THOMAS CANTIPRATANUS, Bonum universale de apibus, lib. 2, c. 30 § 40 = Magnum speculum exemplorum, verbo Adulterium, ex. 5, zit. Ausg. S. 12. Var.: SCHÖNHARDT, Dom. II, 2 4 3 ; F A B E R , Historien-Prediger II, 3 2 2 F . ; R A U SCHER, Dom. I, 1 1 6 ; H E F F N E R , Dom. II, 1 3 2 ; AMANDUS v. G R A Z , Fasten-Banquet III, 2 1 4 f . ; ABRAHAM A S . C L A R A , Judas III, 3 3 6 f.; B R A U M I L L E R , Geistl. Comödy 1 5 ; H E R I B E R T v. SALURN, Dom. II, 1 1 2 ; E R T L , Tolle Lege, Dom. 2 0 1 ; S T R O B L , Ovum Paschale II, 6 9 F . ; M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. I, 2 9 1 ; ABRAHAM A S . C L A R A , Bescheid-Essen 1 3 6 ; Etwas f. Alle II, 6 6 f . ; STEFFAN, Dom. 2 3 3 ; E U S E B I U S A S . T I B U R T I O , Amara dulcis 2 0 6 . 259. E i n S o l d a t w e g e n d e r A n d a c h t z u d e n a r m e n S e e l e n b e y m L e b e n e r h a l t e n (Arme Seelen 118) Qu.: Magnum speculum exemplorum, verbo Defuncti, ex. IV = Ausg. 1701, 192f. Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Lauberhütt I I I , 2 4 1 erwähnt die Geschichte als gleichsam allgemein bekannt nur kurz: "Wisset ihr euch dann nicht mehr zu erinnern, wie das einsmahl ein Soldat bey nächtlicher Weil auf den Freythoff von seinen Feinden angegriffen, aber durch viele Tode daselbst geschützt worden, aus Ursachen, weilen er zu Zeiten vor die Tode gebett, heisst das nicht danckbar seyn." Kurz gefaßt auch bei J O R D A N v. W A S S E R B U R G , Fluenta Jordanis I , 2 4 2 ; dazu: K O B O L T , Schertz und Ernst 3 6 8 ; P R U G G E R , Exempel-Buch 1 3 8 . Lit.: Zur mittelalterlichen Uberlieferung vgl. H I L K A zu Caesarius v. Heisterbach, Libri miraculorum I I = 3 , 1 4 0 nr. 1 8 ; O L O P H ODENIUS, De tacksamma döda, in: Saga och sed 1 9 5 3 , 37ff. und Arv 1 0 , 1 9 5 4 , 9 7 f f . ; M A T H I L D E H A I N , Arme Seelen und helfende Tote, in: RheinJbfVk 9, 1958, 54 ff. mit weiteren Nachweisen; zu bildlichen Darstellungen noch: W O L F G A N G STAMMLER, Schrifttum und Bildkunst im deutschen Mittelalter, in: Deutsche Philologie im Aufriß 3, Berlin 1957, Sp. 7 9 5 f . F R A N Z W E B E R , Uberreste alten Seelenglaubens, in: BayerHfVk 3 , 1 9 1 6 , 1 2 9 ; zur lokalen Sagentradition vgl. z. B. Bavaria I , 3 3 0 ; SCHÖPPNER I I I , 2 6 6 nr. 1 2 6 7 ; J. A N G E R E R , Die Volkssage im Berchtesgadner und Reichenhaller Land, Traunstein 1912, 37; P. LANG, Oberbayerische Sagen ( = Am Sagenbom des Bayerlandes I I I ) , Würzburg o. J. 2 3 , nr. 1 6 ; F. L Ü E R S , Bayerische Stammeskunde, Jena 1938, 173. 260. K l e i n e F e h l e r in dem F e g f e u r h a r t b e s t r a f f e t (Arme zu Mot. E 352 Seelen 56) Qu.: PHILIPPUS DE B E R L A Y M O N T , Paradisus puerorum in quo primaevae honestatis totiusqua pueritiae recte informatae reperiuntur exempla . . . Coloniae Agrippinae 1619, 776 f. (nach dem Speculum exemplorum, dist. 9 § 101). Var.: T R A U N E R , Seelen-Jagd II, 273; ABRAHAM A S. C L A R A , Judas IV, 325; W O L F F , Fest. II, 573; SELHAMER, Tuba rustica I , 447 gibt folgende höchst anschauliche Version: "Man schreibet von einem 10jährigen Buben, der anderen allerhand Sachen gefixlet, solche zu Geld gemacht und mehr andere Narrenteyen, als Bim und Aepflen, Nuß und Klucker, Bändlein und Maul-Trumlen, Pfeiffen und Brötzen, Spieglen und Messer darumb eingekrambt. Das waren 10 lauter kleine unachtsame Posten, aber jetzt secht, wie disen Buben der Griff Gottes gezüchtiget. Nach dem Todt erschien er seiner Mutter gantz feurig, die auch das Feuer am Sohn hat praschlen hören; batt sie weinend und seufftzend, sie wolle doch alles das, was er dem und der heimblich gezwackt, an statt

506

Kommentar seiner gut machen, sonst müß er 10 Jahr brennen und braten. Warumb eben 10 Jahr? weil alle 10 Stüde zusammen gereit 10 Kreutzer angetroffen. Also wurd von dem gerechten Gott auff ein jeden Kreutzer ein gantz Jahr geschlagen. Wie solches die Mutter völlig entricht, erschien er gantz schnee-weiß, bedancket sich gegen der Mutter und sprach: jetzt seye er völlig erlöst, und fahre dem Himmel zu." Dazu noch eine Variante bei H E H E L , Sitten-Lehr II, 247: "Ich hab noch jenen Herrn im Leben gekennet, der wegen zehen Kreuzer, so er einem Tagwerdcer aus Vergessenheit vor seinem Todt nicht bezahlet hat, siben gantzer Jahr schon im Feg-Feuer gelitten hat, und noch länger hätte leiden sollen, so fem er nicht durch eben einen seiner Dienstbothen wäre erlöset worden, die von ihrem eigenen Liedlohn so vil entziehen und dem Tagwerdcer an statt ihres Herrn hat geben müssen." — JORDAN ANNANIENSIS, Ehren-Schall 18. Lit.: BP 3, 235 zu KHM 154 "Der gestohlene Heller", mit weiteren Nachweisen; vgl. dazu auch P. SCHLOSSER, Bachemsagen, Wien 1 9 5 6 , nr. 8 9 .

Mot. V 4 1 . 1

261. A l l m o s e n f ü r d i e A r m e S e e l e n s p e i s e t e i n e n b e g r a b n e n K o h l e n - G r a b e r (Arme Seelen 97) Ohne nähere Quellenangabe. Der im Zusammenhang erwähnte Jesuit Marcus von Bonyers war nicht zu ermitteln. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Etwas f. Alle I, 209f. (nach Petrus [Venerabiiis] Cluniacensis). Lit.: A . F R A N Z , Die Messe im deutschen Mittelalter, Freiburg i. B. 1902, 8 f. mit Nachweisen der mittelalterlichen Überlieferung; PH. HALM, Ikonographische Studien zum Armeseelen-Kult, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 12, 1921, 3. Neuerdings ist um Uberlieferungsfragen des Stoffes eine lebhafte Diskussion entstanden. Vgl. S. KUBE, Die drei Bergleute. Eine Grimmsche Sage und ein Neuruppiner Bilderbogen, in: Festschrift f. W. Fraenger, Berlin 1960, 229ff.; dazu: W . B R Ü C K N E R , Zur Problematik der Bergmannssage. Kuttenberg und Daniel, in: Rhem.westfäl. ZsfVk 8, 1961, 175ff.; I. M. G R E V E RUS, Zur Problematik der Bergmannssage. Eine Erwiderung, ebda. 9, 1962, 77 ff.; W . BRÜCKNER, Zur Diskussion um eine Bergmannssage, ebda. 267 ff. 262. S . M a l a c h i a s b e f r e y t s e i n l e i b l i c h e S c h w e s t e r v o n d e m F e g f e u r (Arme Seelen 115) Qu.: LAURENTIUS SURIUS, D e probatis Sanctorum vitis VI, Coloniae Agrippinae 1618, in vita S. Malachiae (3. Nov.) = zit. Ausg. S. 29. Ein bezeichnendes Beispiel dafür, wie bestimmte Vorstellungsbilder der volkstümlichen Überlieferung, hier die Kennzeichnung der Erlösungsstadien mit schwarz-schwarzweiß-weiß (vgl. JOSEPH HANIKA, Der Wandel Schwarz-Weiß als Erzähl- und Brauchmotiv, in: BayerJbfVk 1961, 46 ff.), auch von der kirchlich-sanktionierten Legende her bekräftigt wurden.

ATh 762

263. M a n s o l l d e n e n B e t h e l - L e u t h e n n i c h t übelwünschen (Jäger-Horn, Dom. 402) Meist gleichzeitig mit der Weifensage zitiert wie etwa bei ATHANASIUS v. D I L LINGEN, Weinberg II, 12: "Irmentrudis Isenbardis eines Graffen von Altdorff Gemahl gebahre zur Straff eines falschen gefällten Urtheils auff einmahl zwölff Söhn, von da das Hoch-Adeliche Geschlecht der Wölffen herrühret, Margarita, ein Gräffin von Henneburg so vil als Tag im Jahr seyn, Knäblein und Mägdlein dreyhundert vier und sechzig an dem Charfreytag umb 9 Uhr Vormittag. Guido Bischoff zu Mastrich tauffte sie, die Büblein wurden Johannes, die Mägdlein Elisabeth genennt, starben bald hernach sambt der Mutter und wurden in ein Grab zusammen gelegt, die Kinder waren nit grösser als ein

Nr. 261—264 außgeschloffenes Hünlein." Ähnlich v. GRAZ, F a s t e n - B a n q u e t I I , 166.

HERBERGER,

507

Buch Sirach

593;

AMANDUS

Lit.: Berichte solcher Mehrlingsgeburten finden sich ohne Zahl in der Prodigienliteratur, vgl. z. B. in: Schatzkammer Über Natürlicher, Wunderbarer und Woldenckwürdiger Geschichten und fällen . . . Straßburg 1613, 426, wobei selten das Beispiel der holländischen Gräfin fehlt. Es wurde aber auch von seriösen Autoren gern zitiert. Vgl. AEGIDIUS ALBERTINUS, Teutsche Recreation III, 1043; DREXELIUS, Zungen-Schleiffer II, 152; STENGELIUS, De judiciis divinis II, 418 f.; MENOCHIO, Zeit-Vertreibung, 2. cent S. 39 ff. Dementsprechend schreibt HARSDÖRFFER, Schauplatz II, 134, in seinem Diskurs über den Kindersegen: "Was man von der Gräfin in Holland saget, daß sie so viel Kinder geboren, als Tage in dem Jahre sind, ist ein Lügen etlicher Mönichen, welchen es der Orten gar genau gegangen, und sich bey dieser erdichten Geschichte sehr wol befunden, massen solche in einem geschribenen Holländischen Jahrbuch umbständig zu lesen." (Zur Weifensage ebda. 132 f.). Zur volkstümlichen Uberlieferung vgl. z. B. GRIMM, Deutsche Sagen nr. 521; PANZER 1, 30; SCHÖPPNER 2, 477; über verschiedene Lokalisierungen der Sage im süddeutschen Bereich, so etwa auf Thierberg bei Kufstein, wo sich in der Kapelle ein Bild der Gräfin mit den 365 Kindern befindet, vgl. FRANZ W E B E R , Bildliche Darstellungen alter Volkssagen in Landkirchen und Kapellen, in: BayerHfVk 4, 1917, 225 ff. Weitere Nachweise bei ARCHER T A Y L O R , The Three Hundred and SixtyFive Children, in: Notes and Queries, 12th Ser., XII, 1923, 96. 264. W o d e r T e u f f e i n i c h t h i n k a n n , s c h i c k t e r e i n a l t e s ATh 1353 W e i b (Jäger-Hom, Dom. 420) Qu.: Scala coeli des JOANNES JUNIOR = Magnum speculum exemplorum, verbo Discordia, ex. 10, zit. Ausg. S. 285. Sonst wird zumeist die vollständigere Fassung (nach Stengelius, s. u.) gebracht, wonach der Teufel den vereinbarten Lohn, ein Paar rote Stiefel, aus Furcht vor der bösen Alten an einer Stange über einen Bach hinüberreicht. Var.: HERBERGER, Buch Sirach 2 8 1 (nach Luther: Der Mann ermordet sein Weib), 291 (das Schuhmotiv), 783 (die ganze Erzählung unter Berufung auf Geiler v. Kaisersberg, Naviculum stultorum, tuba 7 ) ; SCHILLING, Ovum Paschale 1 0 3 ff. (gute, vollständige Fassung); KNELLINGER, Lait- und Schrödc-Stern I, 208 ff. (als Fastenexempel); STROBL, Artzney-Schatz, Dom. 97 ff. (nach Drexelius: die Alte wird zu lebenslänglichem Kerker verurteilt); SELHAMER, Tuba rustica I, 5 1 (kurz nach dem Discipulus); MAURITIUS NATTENHUSANUS, Dom. II, 3 7 8 (nach der Scala coeli, s.o.); B E N Z , Dom. 3 4 : ABRAHAM A S . C L A R A , Gemisch-Gemasch 4 4 7 (nach Stengelius); E R T L , Vorgebürg 1 6 4 ff. (mit Schuhmotiv); STEFFAN, D o m . 66 (ebenso); SCHMID' I V , 1 6 2 f . ; HELBIG, Anatomia I I , 243.

Lit.: KÖHLER, Kl. Schriften 3 , 1 2 (mit Nachweisen v. Bolte); WESSELSKI, Mönchslatein nr. 22, S.27FF. und Märchen des Mittelalters nr. 5 u. Anm. S. 194 ff.; OESTERLEY ZU Kirchhofs Wendunmuth 1 , 3 6 6 ; dazu: STENGELIUS, De judiciis divinis II, c. 45 nr. 4 = zit. Ausg. 517 f., der sich hier merkwürdigerweise auf Luther beruft ("Wir wollen ein Geschieht anhören aus Luthero, welchen ich in diser Sach der Wahrheit halber noch in etwas will gelten lassen, in den Sitten- und Glaubens-Lehren ist er überall falsch und ein bekannter veruffner Ertz-Ketzer."); CASALICCHIO II, 2 4 9 = NEINER, Tändl-Marckt 1 5 8 f.; KOBOLT, Schertz und Emst 4 5 2 f. — Nach STANISLAUS PRATO, Vergleichende Mitteilungen zu Hans Sachs Fastnachtspiel "Der Teuffei mit dem alten Weib", in: ZsfVk 9, 1899, 189 ff. wurde die Geschichte noch 1839 in der Hauptkirche von Manduria in Italien als Predigtmärlein von der Kanzel aus vorgebracht. Zur mündlichen Überlieferang vgl. MERKENS 1 , 1 0 6 , LIUNGMAN 3 7 4 f. und 2 8 6 ff.; eine mundartliche Aufzeichnung aus Kirchdorf, Niederbayern bei M. W A L T I N -

508

Kommentar GER, Niederbayerische Sagen, 2. Aufl. Straubing 1927, 27 f. Weitere Literatur s. SCHMIDT, Die Volkserzählung, 70 ff.

ATh 888

265. A n s b e r t a e i n e F ü r s t i n e r l e d i g t e i h r e n G e m a h l d u r c h d a s H a r p f f e n - S c h l a g e n a u s d e r G e f a n g e n s c h a f f t (Arme Seelen 107) Verhältnismäßig knappe Fassung der sonst meist ausführlich wiedergegebenen Novelle nach BIDERMANN, Acroamatum academicorum lib. 2 c. I = zit. Ausg. S. 187 ff. Var.: ATHANASIUS V. D I L L I N G E N , Weinberg, Dom. 157 ff.; P U R S E L T , Fons aquae, Fest. I , 59 f.; T R A U N E R , Brosamen I , 448 f. (als Ostermärlein) und I I , 1008. Lit.: BP 3, 525 ff. zu KHM 218 "Die getreue Frau"; über die weite Verbreitung des spätmittelalterlichen Stoffes vgl. L E O P O L D KRETZENBACHER, Jesuitendrama im Volksmund. Zum Thema von der getreuen Frau in Ballade und Sage, auf dem Barocktheater und im Volksschauspiel, in: Volk und Heimat, Festschr. f. V. v. Geramb, Graz 1949, 133 ff.; HANS M O S E R , Ein Volksschauspiel von der getreuen Frau Ansberta, in: Blätter f. Heimatkunde 28, Graz 1954, 39 ff. •— Zur mündlichen Überlieferung s. a. RANKE, Schleswig-Holsteinische Volksmärchen 3, 229 ff.

ATh 50A

266. E i n L ö w i n h a t v i e l T h i e r i n i h r e K l a u e n g e b r a c h t , a b e r n i t d e n F u c h s e n (Jäger-Horn, Dom.150) Als Vergleich zum Hölleneingang. Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 246); W I E N E R T E T 131. Var.: H E R B E R G E R , Buch Sirach 4 5 6 (als bekannte Geschichte kurz erwähnt); B R I N Z I N G , Dom. I , 3 5 7 f.; ABRAHAM A S. C L A R A , Huy und Pfuy 1 3 8 ; ADALBERTUS MONACENSIS, Dom. 5 4 2 u. Fest. 4 5 6 ; W E N Z , Exempel-Buch 7 7 4 f. Lit.: O E S T E R L E Y ZU Kirchhofs Wendunmuth 7 , 2 5 .

ATh57

267. O s t e r m ä h r l v o n e i n e m F u c h s e n u n d e i n e m R a b e n (JägerHorn, Fest. 183) Qu.: Aus dem äsopischen Fabelkreis ( = ed. v. Halm nr. 204); W I E N E R T E T 121. Var.: ABRAHAM A S . C L A R A , Judas I , 145; BRAUMÜLLER I , 98; S T R O B L , Ovum Paschale II, 324 f.; P U R S E L T , Fons aquae, Fest. II, 238; SCHMID IV, 141; A B R A HAM A S. CLARA, L a u b e r h ü t t I , 72.

Lit.:

Jaques de Vitry nr. 9 1 ; O E S T E R L E Y zu Kirchhofs Wendunmuth 7 , I, 9 2 ff.; Centifolium stultorum 1 0 6 ; Etwas f. Alle II, 3 9 5 ; K O B O L T 2 0 1 . Zusammenfassend: M A X E W E R T , Über die Fabel Der Rabe und der Fuchs, Diss. Rostock 1892, dazu Ergänzungen der mittelalterlichen Überlieferung von SEEMANN ZU Hugo v. Trimberg 4 1 ff.; LIUNGMAN 1 1 f. und 3 5 4 . 30;

C R A N E ZU

CASALICCHIO

268. O s t e r m ä h r l e i n v o n d e m H u n d u n d d e r K a t z (Waldlerchlein, Fest. III, 150 f.) Zu W I E N E R T E T 133 ( = A E S O P , ed. v. Halm nr. 87, Wiesel und Mäuse). Var.: ABRAHAM A S. C L A R A , Judas I , 339 f. = (wörtlich) PRAMBHOFER, KirchtagsSüppel 270 f. Kurz gefaßt bei M A U R I T I U S NATTENHUSANUS, Dom. I , 603 (unter dem Motto: Die Katz läßt das Mausen nicht); s. a. Etwas f. Alle II, 164 ff. Mot. J 1831

269. E i n M e i s t e r w a r f f e d i e S c h i s s e l z u m F e n s t e r hinaus (Jäger-Horn, Dom. 159 f.) Vermutlich nach der zeitgenössischen Schwankliteratur (s. u.). Var.: Eine gute Fassung gibt H E R I B E R T V. SALURN, Fest. III, 1 5 2 in einem Diskurs über den Zorn: "Einen närrischen Wurm hat jener Meister gehabt, welcher (als er einsmahls mit seinen Leuthen bey dem Essen gesessen und

Nr.

265—270

509

sein Gesell ihm zu offt in die Schüssel gefahm und den Meister mit essen überfordet) für Zorn die Schüsslen sambt den Speisen zum Fenster hinauß geworffen hat, wie der Gesell dises vom Meister gesehen, nähme er das TischTuch, Däller und was noch auff dem Tisch war, und wurffe es auch zum Fenster hinauß, darauff griffe er nach dem Stuhl, auf dem er gesessen, und wolte ihme auch zum Fenster hinauß werffen; der Meister schauete den Gesellen starck an und sagte: Du Gispl, was thust du? ey Meister, antwortet der Gesell, weil ihr die Speisen habt zum Fenster hinauß geworffen, so hab ich vermeynt, wir wollen darunten auff der Gassen essen, derentwegen hab ich das Tisch-Tuch auch hinunter geworffen, daß wir darunten auf der Gassen können aufdecken, und hab den Stuhl auch wollen hinab werffen, damit bey dem essen ich kunte sitzen." Ähnlich: MAURITIUS NATTENHUSANUS, Fest. I, 14; PURSELT, Fons aquae, Dom. II, 200. Lit.: Vgl. WESSELSKI ZU Bebel I, nr. 65; BOLTE zu Freys Gartengesellschaft n r . 6 6 ; ZINKGREF-WEIDNER I V , 3 3 ; H Ö R L , B a c d i u s i a 3 4 4 .

270. E i n e i n f ä l t i g e r B a u e r r e i s e t i n d i e S t a d t (Waldlerchlein, Fest. II, 132 f.) Eine gewiß eigenständig zusammengefügte Schwankkette mit teils aus der zeitgenössischen Schwankliteratur, teils auch von anderen Predigern mehrfach zitierten Motiven. a) D e r B a u e r b e i m g r o b e n B a r b i e r : vgl. ZINKGREF-WEIDNER III, 1 5 6 ; I V , 1 1 9 f . ; J O H . P E T E R DE MEMEL, L u s t i g e G e s e l l s c h a f t n r . 3 2 6 ; HILARII J o -

coseria germanorum nr. 292. b) D i e u n g e r a t e n e n S ö h n e : vgl. Historienschreiber, zit. Ausg. nr. 24 (Der Lügner soll Prokurator, der Schmarotzer Wirt, der Dieb ein Müller werden). Zum Studenten, der die Spielkarten zum Schutz vor Mäusen neben das Buch legt: Kurtzweiliger Zeitvertreiber 285. c) D i e D a m e b e i m K i r s c h e n e s s e n : Als Quelle ist mehrfach CHERUBIN v. SPOLET, Sermones quadragesimales . . . Veneria 1502, genannt. Var.: TRAUNER, Haus-Hahn 635; ERTL, Tolle Lege, Dom. 592 (sehr lebendige Fassung, damit fast wörtlich übereinstimmend: CONLIN I, 360 = Mala gallina 8 9 f . ) ; WOLFF, F e s t . I , 5 1 5 ; PURSELT, F o n s a q u a e , D o m . I , 2 4 8 ; PRAMBHOFER,

Kirchtags-Süppel 426. d) D i e S c h w a n g e r e m i t d e n E i e r n : Qu.: STENGELIUS, Ova paschalia ( 1 6 3 5 ) , 5 3 4 , der sich a u f JOAN. RUDOLPHUS CAMERARIUS, S y l l o g e s M e m o r a b i l i u m

medicinae et mirabilium n a t u r a e . . . Augustae Trebicorum 1624, S. 94 (von einem Tübinger Professor namens Georgius Hambergius berichtet) beruft. Var.: BRINZING, Fest. I I I , 96 ff. ("ein warhaffte Geschieht und nicht wenig lächerliches F a c t u m " nach Camerarius); ABRAHAM A S.CLARA, Judas I, 5 6 f . ; AMANDUS V.GRAZ, F a s t e n - B a n q u e t I I I , 2 6 1 ; STROBL, O v u m Paschale I , 7 1 f . ;

ATHANASIUS V. DILLINGEN, Campus Elysius 504 ( " . . . und vermeint der Autor, es sey einem Lutherischen Praedicanten widerfahren."); PURSELT, Dom. I, 36; MAURITIUS NATTENHUSANUS, F e s t . I , 8 5 2 ; STEFFAN, D o m . 4 5 . V g l . a u c h

I V , 136.

CONLIN

ANHANG

Abkürzungen ATh = S T I T H T H O M P S O N , The Types of the Folktale. Antti Aarne's Verzeichnis der Märdientypen Translated and Enlarged, Second Edition ( = F F C 184), Helsinki 1961 BayerHfVk = Bayerische Hefte für Volkskunde, München BayerJbfVk = Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde, München B P = J. B O L T E und G. P O L I V K A , Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Leipzig 1913—32. 5 Bde. Dom = Dominieale (Sonntagspredigten) E T = Erzähltypen der Fabeln nach W I E N E R T (s. Literaturverzeichnis) Fest = Festivale (Feiertagspredigten) FFC = Folklore Fellow Communications, Helsinki HDA = Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Berlin 1927 ff. HDM = Handwörterbuch des deutschen Märchens, hg. v. L. Mackensen, Berlin 1931 ff. HessBllfVk = Hessische Blätter für Volkskunde, Gießen JbÖVlw = Jahrbuch des österreichischen Volksliedwerkes, Wien KHM = Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm LTHK = Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Aufl. Freiburg 1957 ff. MdBllfVk = Mitteldeutsche Blätter für Volkskunde MittSchlesGesfVk = Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde, Breslau MittGesfSbLandeskunde = Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Salzburg Mot = S T I T H T H O M P S O N , Motif-Index of Folk-Literature. Revised and enlarged edition. Copenhagen 1955—58, 6 Bde. ÖZsVk = Österreichische Zeitschrift für Volkskunde, Wien (Neue Serie) RDL = Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, 1. Aufl. Berlin 1924 ff., 2. Aufl. 1955 ff. RheinJbfVk = Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde, Bonn SAVk = Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Basel ZsfdA = Zeitschrift für deutsches Altertum, Leipzig ZsfdMyth = Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Göttingen ZsfdPhil = Zeitschrift für deutsche Philologie, Halle ZsföVk = Zeitschrift für österreichische Volkskunde, Wien ZsfVk = Zeitschrift für Volkskunde, bzw. (früher) Zeitschrift des Vereines für Volkskunde, Berlin, jetzt Stuttgart.

33

Moser-Rath

Quellen- und Literaturverzeichnis I. P r e d i g t w e r k e S. C L A R A , Auff auff ihr Christen! Das ist: Ein bewögliche Anfrischung der Christlichen Waffen wider den Türckischen B l u t - E g e l . . . Salzburg 1684. Grammatica religiosa Oder geistliche Tugendschul, in welcher ein Jeder . . . zur geistlichen Vollkommenheit unterwiesen w i r d . . . Köln 1699; (erste lateinische Ausgabe 1691). Judas der Ertz-Schelm für ehrliche Leuth, Oder: Eigentlicher Entwurff und Lebens-Beschreibung deß Iscariothischen Bößwidit . . . 4 Teile, Salzburg 1688, 1689, 1692, 1695. Continuation deß Geflügleten Mercurii . . . Augsburg 1702 = ed. v. Karl Bertsche: Der geflügelte Mercurius. Ein neuentdecktes Werk von A. a S. Cl., 2. Aufl. Saarlouis 1917 ( = Hausens Bücherei, Band 69). Wunderlicher Traum von einem großen Narren-Nest . . . Salzburg 1703 = Nach dem Urtext hg. von Karl Berts che, Leipzig 1923. Heilsames Gemisch-Gemasch, Das ist: Allerley seltsame und verwunderliche Geschichten, mit vielen Concepten und sittlichen Lehren unterspickt wie auch mit Kupffern vermengt . . . Nürnberg-Würzburg 1704. Huyl und Pfuy! der Welt. Huy oder Anfrischung zu allen schönen Tugenden: Pfuy oder Abschreckung von allen schändlichen Lastern. Durch underschiedliche sittliche Concept, Historien und Fabeln vorgestellt. Nürnberg-Würzburg 1707. Etwas für Alle, Das ist: Eine kürzte Beschreibung allerley Stands-, Ambt- und Gewerbs-Persohnen, mit beygedruckter Sittlicher Lehre und Biblischen Concepten . . . Nürnberg-Würzburg 1711 (1. Teil erstmals 1699, 2. u. 3. Teil vermutlich unecht: vgl. Horber, Echtheitsfragen 33 ff.). Abrahamisches Bescheid-Essen . . . Aus den ^unterlassenen Manuscriptis . . . statt einer Merenda oder Alabatritta der heißhungerigen Welt auf die Taffei des öffentlichen Drucks vorgesetzt und aufgetragen von P. Fr. Alexandra a Latere Christi... Wien-Brünn 1717. Abrahamische Lauber-Hütt, Ein Tisch mit Speisen in der Mitt, Welche Hütte nicht leeres Laub und Blat, sondern viel herrliche Früchte hat . . . mit vielen auserlesenen so wohl Biblischen als andern sinnreichen Concepten, Geschichten und Gedichten geziert . . . von hinterlassenen Schrifften . . . vorgestellet von weyland P. Fr. Alexandro a Latere . . . 3 Tie., Wien-Nürnberg 1721—23. Abrahamisches Gehab dich wohl . . . Nürnberg-Wien 1729; hier benützt in Bd. 11 der Gesamtausgabe von Passau 1835. Ein Kam voller Narren, Das ist: Etliche Blattei ohne Blatt fürs Maul, welche in Kürtze manche Thorheit der Menschen an Tag geben, nicht ohne sittliche Lehr. Für eine Neue Jahrs-Schanckung offerirt . . . Salzburg 1731. Mercurialis oder Winter-Grün, Das ist: Anmuthige und Kurtzweil-volle Geschichte und Gedichte . . . Nürnberg 1733. Dazu folgende mehrfach zitierte Ausgaben von K A R L B E R T S C H E : Schneckenprozession und andere Stücklein. München o. J. (1922).

ABRAHAM A

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Tredigtwerke

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—, Neun neue Predigten. Aus der Wiener Handschrift cod. 11571 ( = Neudrucke deutscher Literaturwerke nr. 278—281), Halle 1930. —, Werke. Aus dem handschriftlichen Nachlaß hg. von der Akademie der Wissenschaften in Wien. 3 Bde. Wien 1943—Í5. ADALBERTOS MONACENSLS, Thesaurus Absconditus oder Verborgner Schatz, Das ist: Sittliche Predigen auff alle Fest- und Feyrtäg deß gantzen Jahrs . . . Anderer Thail, München 1703. —, Thesaurus Absconditus Oder Verborgner Schatz und Annuale Secundum, Das ist: Sittliche Predigen auff alle Sonntag deß gantzen Jahrs. Erster Thail. München 1708. AMANDUS VON G R A Z , Seelen-Wayde der Christlichen Schäfflein, Das ist: OrdinariPredigen auff alle Sonn- und Feyer-Täg dess gantzen Jahrs gerichtet und in zween Theil abgetheilet . . . (Dominieale u. Festivale). Klagenfurt 1695—96. —Fasten-Banckets der Christlichen Seelen, Erste-Aufftracht von der Geistlichen Sdilaffsucht, worinnen die Menschliche Träg- und Schläffrigkeit umb das ewige Heyl . . . vorgestellt worden . . . Salzburg 1691; Änderte Speisen-Aufftracht von dem Gewissen und dessen Sorgfältiger Verwahrung... Graz 1702; Die Dritte Speisen-Aufftracht von der Menschlichen Seel . . . ebda. 1705. ARCHANGELUS A S. GEORGIO, Hundertfache Lob-Stimm, Das ist: Hundert Lob-Schuldige Ehren-Predigen über alle Feyr-Täg und andere Hoch-ansehnliche FestBegängnussen des gantzen Jahrs, welche . . . ehehin auf unterschiedlichen auch frembden vornehmen Cantzlen vorgebracht . . . Augsburg 1714. ATHANASIUS VON DILLINGEN, Argonautica Spiritu-Moralis . . . Geistliche und Sittliche Schiffart... Das ist: Einfältige doch nutzliche Predigen auff alle Sonn- und Feyrtäg . . . eingerichtet . . . Dillingen 1698. (Die mir erreichbaren Exemplare dieser Ausgabe aus der Bayerischen Staatsbibliothek und der Sammlung Robert Böck brechen mit S. 812 ab. Die von Neuner verzeichnete erste Ausgabe von 1689 umfaßte 1675 Seiten). —, Vinea Evangélica Praematuris & Exquisitis Concionum Dominicalium, Festivalium . . . Das ist: Evangelischer Weinberg mit wohlzeitigen und außerlesnen Trauben Sonntäglicher, Feyrtäglicher . . . Predigen angefüllet. . . Dillingen 1692. —, Campus Elysius Concionum Dominicalium & Festivalium Ferax: Auserlesenes und weitschüchtiges Feldt Sontäglicher und Feyertäglicher Predigen trachtbar . . . Sultzbach 1698. B E N Z , MICHAEL CHRISTOPH, Neu-Erklingender Freuden-voller Jubel-Schall, Das ist: Außerlesene, mit herrlichen Lehr-Stucken, Sinnreichen Gleichnussen, scharfsinnigen Sprüchen, Authorität der Heil. Göttlichen Schrifft und mit geistreichen Sententien der Heil. Vätter, raren Antiquitäten, schönen Symbolen, wie auch Kirchen- und prophan Historien vermischte trostreiche Predigen über alle Sonnund Festtag des gantzen Jahrs, Nebst einem guten Vorrath Kirchweyh-Predigen, Neu-Jahrs-Schenckungen, Oster-Mährlein . . . in den Druck verfertiget. Regensburg zu Statt am Hoff 1702. (Abschnitte einzeln paginiert). BISSELIUS, JOANNES, Incolarum alterius mundi phaenomena histórica, Das ist: Der Innwohneren der andern Welt sichtbarliche Erscheinungen . . . In Fasten-Exempeln zu Dillingen in der Academischen Kirchen der Societet Jesu Predigweiß fürgestellt und jetzo in Druck übergeben. Dillingen 1682. BODLER, JOANNES, Fest- und Feyr-täglicher Predigen Curs, Als in einem Wett-Rennen zu dem Ring der glückseeligen Ewigkeit nach Anstalt deß weiland maiststraittenden Adels . . . Ehehin ab denen Cantzlen mündlich fürgetragen und nun in den Truck gebracht . . . Dillingen 1683. BRAUMILLER, JOANNES, Lebhafftes Conterfey deß Sünders, Das ist: Sündige, aber hernach büssende Maria Magdalena, Welche Durch die H. Fasten-Zeit als am Montag, Mittwoch und Freytag in dem Hochwürdigen Gotts-Hauß der PP. Dominicanern zu Wien . . . Anno 1686 ist abgemahlet worden . . . Salzburg 1693. 33«

516

Quellen- und Literaturverzeichnis

—, Geistlicher Glücks-Hafen, Welcher Durch die H. Fasten-Zeit . . . (wie vorher) dem Sünder anfänglich zum Schrecken, hernach aber Mittels deß H. Creutzes zum Trost Anno 1687 ist auffgerichtet worden . . . Salzburg 1693. —, Geistliche Comödy, In welcher Der Sünder durch die H. F a s t e n - Z e i t . . . (wie vorher) Anno 1688 ist vorgestellet worden . . . Salzburg 1693. —, Geistliche Seelen-Cur, Welche dem Sünder durch die H. F a s t e n - Z e i t . . . Für unterschidliche Seelen-Kranckheiten... Anno 1689 gebrauchet worden. Salzburg 1695. BRINZING, JOHANN CAPISTRAN,

Candelabrum

Apocalypticum

Septem

Luminaribus

coruscans, Oder Apocalyptischer Leichter Mit siben Lichtern und Facklen flammendt, Das ist: Sibenfache Predigen durch siben Jahrgäng auff alle Sonn- und Feyr-Täg ieglichen gantzen Jahrs außgetheilt. Ersten Leichters oder Ersten Jahrs Dominical oder Sonntäglicher T h e i l . . . Kempten 1 6 7 7 , . . . Ersten Leichters oder Ersten Jahrs Festival oder Feiertäglicher T h e i l . . . ebda. 1681. —, Candelabri Apocalyptici: Oder deß Apocalyptischen Leuchters Anderer Theil, Das ist: Zweyte Verfassung aller deren Festival- oder Feyrtäglichen Predigen deß gantzen Jahrs . . . Auß seinen hinterlassenen SchrifFten mit allem Fleiß zusamen getragen . . . Kempten 1690. —, Candelabri Mariano-Apocalyptici: Oder deß Mariano-Apocalyptischen Leuchters Dritter Theil, Das ist: Dritte Verfassung aller deren Dominical oder Sonntäglichen (Festival- oder Feyrtäglichen) Predigen deß gantzen Jahrs . . . Kempten 1691. CLEMENS v. BURGHAUSEN, Seraphisch- Büß- und Lob-anstimmendes Wald-Lerchlein, Das ist: Hundert Sonn- und Feyr-Tags-Predigen, An sowohl höh- als niedere Stands-Persohnen, Stadt- und D o r f f s - L e u t h . . . Erster-Jahr-Gang, Zweyte E d i t i o n . . . Augsburg 1734; beigebunden: Zusatz Zweyer Octaven oder sedizehen Sermonen von denen Armen Seelen im Fegfeuer. —, (wie vorher) Zweyter J a h r - G a n g . . . Augsburg 1734; beigebunden: Zusatz vierzehen auserleßner Fasten-Exemplen oder Geschicht-Predigen. —, (wie vorher) Dritter J a h r - G a n g . . . Augsburg 1736; beigebunden: FastenExempel. —, (wie vorher) Vierter Jahr-Gang . . . Augsburg 1737. —, Seraphisches Jäger-Hom, Das ist: Hundert Sonn- und Feyrtags-Predigen, Eingerichtet für Stadt- und Dorff-Leuth . . . Fünfter Jahr-Gang . . . München 1740. CONRAD VON SALZBURG, Fidus Salutis Monitor Exterius rigans, Deo incrementum dante. Das ist: Treuer Heyls-Ermahner, So auß wendig begiesset und Gott inwendig wachsen macht, Oder Sehr nutzliche, Geistreiche und zumahlen mit beliebiger Kürze gemachte Predigen Auff alle Sonn- und Feyrtäg deß gantzen Jahrs . . . Erster Jahrgang auff die Sonntag . . . Salzburg 1683. DALHOFER, MARCELLIANUS, Areolae oder Garten-Bethlein, bestehend von unterschidlichen Blumen, Das ist: Geist- und Lehr-reichen Sprüchen, auß H. Schrifft und H. Vättern, wie auch auß den Theologis und andern bewehrten Scribenten . . . samt vielen H i s t o r i e n . . . auff die vornembste Fest-Täg deß Jahrs hindurch zusammen g e p f l a n z t . . . München 1689. —, Miscellanea oder Allerhand Bueß-, Passions-, Possessions-Nemmung-, Primizen-, Kirchtag-, Rosenkrantz-, Heiligen-, Joco-Serien- und Todten-Reden. Meisten Theils auff öffentlichen Cantzlen peroriert. Erster Theil. Ingolstatt-München 1700; Anderter Theil ebda. 1701. DEDINGER, JOANNES, Vinea Domini, Das ist: Ein neues Predig-Werck Son- und Feyr-täglicher Predigen deß gantzen Jahrs, Denen Eyfrigen Seelen-Sorgern und Predigern zur handsamen B e y h ü l f f . . . München 1677. DIONYSIUS VON INNSBRUCK, Piscina Spiritualis, Das ist: Geistlicher Schwemm-Teudi, in welchem die krancke, blinde, lahme und dürre S e e l e n . . . durch Eyfrige und

Predigtwerke

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wol-probierte Predigen auff alle Sonn- und F e y r - T ä g . . . geheilt w e r d e n . . . Erster Jahr-Gang, Augsburg 1711; Anderer Jahr-Gang ebda. 1716. ELIAS A S. CATHARINA, Agricultura spiritualis, Oder: Geistlicher Acker-Bau, Das ist: Ungefähr Zweyhundert für das gemeine Volck nützlich- und heylsame Predigen über alle Sonn- und Feyrtäg des gantzen Jahrs . . . zu einem Behülff deren auf dem Land wohnenden Herrn Pfarrern und Seel-Sorgern . . . Augsburg 1736. ERTL, IGNATIUS, Sonn- und Feyer-Tägliches Tolle Lege, Das ist: Geist- und Lehrreiche Predigen auf alle Sonn- und Feyer-Täg des gantzen Jahr-Lauffs einger i c h t e t . . . Dominical-Theil (2. Aufl.) Nürnberg 1708 (Approbation 1698); Festival-Theil (3. Aufl.) Nürnberg 1715 (Approb. 1702). —, Wachtbares Hertzens-Aug, Das ist: Schuldigste Lob- und Leich-Predig, welche dem Weyland'Hochwürdigen... Herrn Athanasio, deß weitberühmten loblichen Chor-Stiffts und Klosters Gars . . . zu Ehren an dem dreyssigsten Junij deß verwichenen 1698. Jahrs . . . vorgetragen . . . München 1699. —, Rorantis Coeli et amantis Dei Deliciae, Das ist: Auserlesene Rorate-Predigen, welche über das Gnadenreiche Geheimnus der heiligsten Menschwerdung unseres Erlösers C h r i s t i . . . vor den Engel-Aembtem in dem Löblichen Marianischen Gottes-Haus und Closter-Kirchen der Wohl-Ehrwürdigen P. P. Eremiten S. Augustini zu München vorgetragen . . . Nürnberg 1700. —, Promontorium Bonae Spei, Oder: Himmlisches Vorgebürg der guten Hoffnung Deren, welche das gepredigte Wort Gottes gern anhören und selbes behalten. Das ist: Neue geist- und lehrreiche Predigen auf alle Sonntag deß gantzen Jahrs . . . Augsburg 1711. —, Amara Dulcis, Das ist: Bitter-Süsses Buß-Kraut, Durch sechs und dreyssig, theils bittere, theils süsse Fasten-Exempel. Mit schönen Moralien und sittlichen LehrPuncten allen Sündern . . . vorgestellt und ausgelegt... Nürnberg 1712. —, Miscellaneae Conciones, Das ist: Unterschiedliche Trost-, Lob-, Lehr- und Büß-, Wie auch Kirchweih-, Primizen-, Einkleidung- und Professions-Predigen . . . Augsburg 1715. EUSEBIUS A S. TIBURTIO, Amara dulcis evangelica, Evangelisches Bitter-Süß oder Süß und saur Untereinander nach eines jeden Gust und Appetit. Das ist: DominicaIis tripartiti, Fünf und fünfzig außerlesene Lehr- und Sitten-reiche Predigen Auff alle Sonntag deß gantzen Jahrs, auch Kirchweyhen eingerichtet... Augsburg-Graz 1736. —, Dulc-Amara Panegyrica, Je länger je lieber, Lob- und Ruhm-erschallenden Anreden von denen Heiligen Gottes. Das ist: Festivalis tripartiti, Zwey und viertzig außerlesene Lob-, Lehr- und Ehren-Predigen auff alle Ordinari-FestTäg deß gantzen Jahrs eingerichtet... Augsburg-Graz 1736. FABER, VITUS, Zwey und Fünfzig Discursus oder Predigten über die Sonntag des gantzen Jahrs, nebst einer Passions-Predigt. Sulzbach 1677. —, Sechs und Vierzig Discursus oder Predigten über alle Feyertäg deß gantzen Jahrs . . . Sulzbach 1678. —, Teutscher Historien-Prediger, Das ist: Geistlich- und Weltliche Historien: Wie auch sittliche Fabeln und Poeten-Gedichte, Symbolen oder Sinnbilder nach dem A . B . C . . . . moralisiert und Geistlicher Weis ausgelegt... Würzburg 1684. FELSENECKER, SEBASTIAN, Etwas Allgemeines vor Vornehme und Gemeine, Das ist: Allgemeiner Christlich-Catholischer Catechismus, durch ordentliche Sonntägliche und Feyrtägliche Predigen deß gantzen Jahrs dem gemeinen Dorff-Volck auf öffentlicher Cantzel vorgetragen... Augsburg 1731. GANSLER, RUPERTUS, Lugenschmid, Das ist: Unter dem Schein der Warheit verborgener, anjetzo aber entdeckter Welt-Betrug. Dem günstigen Leser zu den Predig-Ambt mit Biblischen Historien, neuen C o n c e p t e n . . . mit einer angenehmen Schreib-Art vorgestellet. Augsburg-Dillingen 1697; Anderer Theil 1698.

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Quellen- und

Literaturverzeichnis

Weeg-Weiser gen Himmel, Das ist: Catholische Predigen über alle Sonn- und Feyertägliche Euangelia deß gantzen Jahrs nach Ordnung der heiligen Catholischen Kirche gerichtet... Von dem ersten Annal das Dominical . . . München 1667; Festival ebda. 1668; . . . Von dem andern Annal das noch außstehende Festival (wie vorher 1688). H E F F N E R , F R A N C I S C U S , Concionator extemporalis, Oder: Eilfertiger Prediger, Das ist: Kurtze Einfältige Predigen über alle Sonntäg des gantzen Jahrs gestellt... Nürnberg 1720 (Approbation 1690); . . . (wie vorher) über alle Feyertag deß gantzen Jahrs, ebda. 1720. —, Concionator Extemporalis Continuatus, Das ist: Fortgesetzter Eilfertiger Prediger . . . (wie vorher, Approbation 1698). H E H E L , P E T R U S , Christliche Glaubens-Lehr, Jedem leicht zu fassen, vorgetragen und wie darnach zu leben erkläret durch kurtze Predigen In drey Jahr-Gängen auf alle Sonn- und Feyertäg.. . Augsburg-Graz 1735. —, Christliche Sitten-Lehr, Jedem leicht zu fassen vorgetragen, und wie darnach zu leben erkläret durch kurtze Predigen In drey Jahr-Gäng auf alle Sonn- und Feyrtäg . . . Augsburg 1738. H E L B I G , J O H A N N L A U R E N Z , Traurige Gedandcen zur Nutzlichen Zeit-Vertreibung Oder: Hundert Discursen von den vier letzten Dingen des Menschens, Welche bey den Leich-Begängnussen als Predigen und zu Haus als BetrachtungsMateri dienen können . . . Dann Hundert Leidi-Predigten . . . Nürnberg 1704. —, Alveare Catholicum, Per Mysticas Apes Melle et C e r a . . . Das ist: Catholisches Bien-Haus Oder Die Kirch Christi auf E r d e n . . . Neu projectirte Concepten . . . als feyertägliche Predigen... Nürnberg 1715. —, Anatomia Canis Mystica et Moralis, Das ist: Die Eigenschafft Eines Hunds gut und böse Durch Sonntägliche Predig-Concept... gerichtet, daß auf jeden Sonntag das Erste Concept von einer Eigenschafft des Hunds den Eingang machet . . . Würzburg 1720. V A L E R I I H E R B E R G E R S , Predigers bey der Evangelischen Kirchen zu Frauenstadt in Pohlen, Erklärung des Haus- und Zucht-Buchs Jesus Sirach . . . Mit erwecklichen Eingängen, vielen denkwürdigen Historien, erbaulichen Sprüchen . . . ausgezieret. Mit einem ausführlichen... Register in diesem bequemen Format von neuen herausgegeben und mit einer Vorrede versehen von Johann Simon Buchka... Hof 1739. H E R I B E R T VON S A L U R N , Dominieale Concionum Pastoralium, Das ist: Sonntag-Predigen Für Die Seelsorger auf das gantze Jahr von nothwendiger Wissenschaft denen Christlichen Schäflen, absonderlich von denen zur Sacramentalischen Beicht gehörigen Stucken, durch alle Sonntäg der Fasten, von einem jeden Stüde absonderlich . . . Alles auf die Sonntägliche Evangelia gerichtet und auf unterschiedlichen Pfarr-Cantzlen in Städt und Dörffern mit grossen Nutzen der Seelen geprediget... Erster T h e i l . . . Salzburg 1705 (Approbation 1691); . . . Pars Secunda, Der Änderte Jahr-Gang (wie vorher)... Salzburg 1705 (1694); . . . Pars Tertia, Der Dritte Jahrgang . . . ebda. 1705 (1696). •—, Festivale Concionum Pastoralium, Das ist: Fest- und Feyrtag-Predigen Für die Seelsorger auf alle Fest- und Feyer-Täg des gantzen Jahrs von sehr nutzlichen Materien, tauglichen Concepten, Symbolis und Moralitäten in geliebter Kürtze zusammen gemacht und auf unterschiedlichen Pfarr-Cantzlen . . . geprediget... Salzburg 1705; . . . Der Änderte Jahr-Gang... ebda. 1705; Der dritte JahrGang . . . ebda. 1705. DE JAMAINGE, JOANNES E R N E S T U S , vulgo SCHEMANI, Himmlischer Ehren-Saal, Mit denen Aus Göttlicher Heiliger Schrillt gezogenen Figuren gezieret. Das ist: Uber alle Fest-Täg deß gantzen Jahrs, auch etwelchen Ordens- und Lands-Patronen verfasste . . . Lob- Ehr- und Lehr-Reden. Erster T h e i l . . . Bamberg 1695. J O R D A N ANNANIENSIS, Wohlmeynender Seelen-Eyffer Erzeiget in verfaßten Sitt-

GEMINIANUS M O N A C E N S I S ,

Predigtwerke

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liehen Predigen Für alle Sonntag deß Jahrs, Ehedessen dem Christlichen Voldc auf verschiedenen Cantzlen mit lebhaffter Stimm vorgetragen . . . Innsbruck und Augsburg 1724. —, Hell-klingender Ehren-Schall Preißwürdigster Heiligkeit... Das ist: Fest-Tägliche Predigen . . . Innsbruck und Augsburg 1724. JORDAN VON WASSERBURG, Fluenta Jordanis, Jordanische Flüß und Ausgüß. Das ist: Lob- und Ehr-, Geist- und Lehrreich fliessende Extraordinari Concept oder Ausser der Ordinari-Cantzel in verschiedenen Gottes-Häuseren bey sonderbahren Festivitäten und Zuhöreren vernommene Predigen... Stadt am Hof 1742. —, Fluenta Jordanis (wie vorher) . . . auserleßniste und mit raren Concepten wohl eingerichte Sonn- und Feyrtags-, Oelberg- und Exempel-Predigen . . . Ersten Jahr-Gangs Winter und Sommerteil... Stadt am Hof 1745. JOSEPH A VIRGINE MARIA, Der eröffnete himmlische Wollustgarten, Oder: Festivale und neue Feyertags-Predigen . . . Nürnberg 1711. KNELLINGER, BALTHASAR, Predigen auf alle Sonntag Deß gantzen Jahrs, Samt acht Kirchen-Gesprechen von dem hochwürdigesten Sacrament deß Altars. Erster Jahr-Gang . . . München 1691; Ander Jahr-Gang 1701. —, Predigen auf alle Fest-Täg Deß gantzen Jahrs, Samt einer Ehren-Saul so zu Lob etweldier Heiligen... ist aufgerichtet worden. Erster Jahr-Gang 1695. —, Lait- und Schrödc-Stern, Das ist: Geschicht-Predigen, In sith haltend Theils Folg- theils Haß-würdige Lebens-Thaten Hervorgegeben und in sieben Theil abgesönderet... samt beygesetzten Achten Theil Der zwölff Exhortationen . . . vom guten T o d t . . . Unter dem Titul: Seeliger Lebens-Beschluß . . . Augsburg 1737 (1. Ausg. München 1687—95). LARSON, VALENTIN, Acervus Tritici Vallatus Liliis, Waitz-Hauffen umbgeben mit Lilgen, Oder: Lehr- und Geistreiche Cantzel-Reden über die das Jahr hindurch zubegehen übliche Fest- und Feyrtäg . . . Augsburg-Graz 1716. —, Murenulae Aureae Vermiculatae Argento, Güldene Spangen mit Silber durchzohen... Das ist: Evangelische Wahrheit auf alle Sonntag des Jahrs vorgetragen . . . Augsburg-Graz 1716. LUCAS VON ROTTENFELSENSIS, Christus, Ein Feuer-heisses Wort Gottes Denen in Boßheiten erfrohmen Menschen vorgetragen. Das ist: Christliche Sonn- und Feyertägliche Predigen . . . Nürnberg 1721. LUCIANUS MONTIFONTANUS, Geistliches Kinder-Spill, Das ist: Dreyhundert Sechs und Zwaintzig Neue Predigen Uber den kleinen Catechismum R. P. Petri Canisii S. J. In vier Theil abgetheilet... Augsburg 1730 (Approbation 1704—07). MÄNHARD, SIMEON, Conciones oder Christliche Predigen über die Son- und Feyrtägliche Euangelia nach der Ordnung der Römischen Catholischen Kirchen . . . Auch allen Pfarrherrn und Predigern in einer Kirchen oder Cantzel auff vil Jahr underschidliche Predigen und Materien fürzubringen, zu gutem in Truck verfertiget . . . 4 Bde. Augsburg-Graz 1629—39. MANNINCOR, EDMUND, Fasciculus Sacer, Oder: Geistlicher Maybusch, Das ist: Lobund Ehren- wie auch Extraordinari-Fest-Predigen... Saltzburg 1681. —, Dominieale Auß Drey Jährigen Fasten-Predigen. Erster Theil: Nundine Sacra Oder Geistlicher Jahrmarckt. Ander Theil: Cura Sacra Oder Geistliche Apotheken. Dritter Theyl: Praeco Sacer Oder Geistlicher Prediger... Collen 1691. M A N Z , FRANCISCUS FRIDERICUS, Geistliches Zeug-Hauß, Das ist: Allzeit fertiger Prediger, Eingerichtet auf alle Sonn- und Feyer-Täge deß gantzen Jahrs . . . Sulzbach 1694. MAURITIUS NATTENHUSANUS, Homo Simplex et Rectus, Oder der alte redliche Teutsche Michel, Das ist: Sittliche, auß Göttl. H. Schrifft, mit anmuthigen Historien, schönen Gleichnussen . . . verfaßte Sonntägliche Predigen . . . Erster Theil ...Augsburg 1701 (mit einem Anhang Kirchweihpredigten);... (wie vorher)

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Quellen- und

Literaturverzeichnis

Anderer Jahrgang Über die Sonntag des gantzen Jahrs. Der dritte Druck . . . Augsburg 1721 (Approbation 1710). —, Homo Simplex et Rectus (wie vorher)... Erster Theil Über die Fest und und Feyrtäg des gantzen Jahrs . . . Augsburg 1701. M A U R U S VON GRIESSKIRCHEN, Horologium excitatorium Omnibus Lethargo Peccati mortalis oppressis instructum Oder: Geistliche Weckuhr Für alle in schweren Sünden entschlaffene Menschen. Das ist: Sonntägliche Predigen... Der Erste Jahrgang... Salzburg 1690; Der Änderte Jahrgang über die Sonntag, ebda. 1692; Der Erste Jahrgang über die Fest der HH. Gottes, ebda. 1691. M O L L , CASIMIR, Concionator Dominicaiis Catediismo-Moralis, Das ist: Der Glaubund Sittenlehrende Sonntags-Prediger. Der Erste Jahr-Gang . . . Augsburg und Graz 1736; Der Änderte Jahr-Gang, ebda. 1738. N E U B U R G E R , C H R I S T O P H U L R I C H , Conciones Rurales, Oder: Gantze doch Kurtze Predigen Auff alle Fest-Täg deß J a h r s . . . Salzburg 1660; . . . (wie vorher) Auff alle Sonn-Täg des Jahrs, ebda. NEUMAYR, J O S E P H , Funiculus Triplex, Das ist: Ein Dreyfadies Band, Mit welchem die Menschliche Hertzen von der Welt Boßheit ab- und zur Gottesforcht, Lieb und Tugend kräfftig gezogen werden, Vorgestellet in einem dreyfachen Jahrgang Sitten- und Lehr-reicher Predigen für alle Sonn- und Feyer-Täg... Erster Theil, Zweyter Druck . . . Augsburg-Graz 1721. O B E R L E I T N E R , F R A N Z A N T O N , Simplicium Leges, Das ist: Geistliche und unfehlbare Bauren-Reglen, Nadi der Christlichen Einfalt und Weißheit eingericht, welche unfehlbar eintreffen, nemlidi den jenigen, so sie treulich halten, gutes Wetter, angenehme Zeit und die glückseelige Ewigkeit bringen... Augsburg 1748 (1. Ausg. 1733) (2 Tie. durchpaginiert). PACIFICUS A C R U C E , Sylva spiritualis morum Oder: Geistlicher Sitten-Wald, Das ist: Hundert und neun Moral- und Sittliche Sonntags-Predigen durch das gantze Jahr . . . Augsburg 1719 (Approb. 1703). —, Sylva spiritualis florum Oder: Geistlicher Blumen-Wald, Das ist: Hundertsechsundviertzig Moral- und Sittliche Feyertags-Predigen durch das gantze J a h r . . . Augsburg 1719 (Approb. 1706). P F E N D T N E R , E M E R I C O , Dulia Austriaco-Viennensis. Das ist: Oesterreichisch-absonderlich Wiennerisch-Aller Heiligen Gewohnliche Verehrung und Andacht. Oder Sittliche Lob- u. Ehren-Predigen Von denen Heiligen und Außerwählten Gott e s . . . Augsburg 1714. PRAMBHOFER, JOANNES, Samsonischer Hönig-Fladen für die schleddge Adams-Kinder . . . Das ist: Uber Hönig süsses Wort Gottes, Wormit Ein Christ-Catholisches Voldc durch gegenwärtige, einfältige, jedoch mit seltsamen Concepten, theils Trost-, theils Schreckvollen Historien, annehmlichen Gedichten... wohlgezierte Feyertags-Predigen Das gantze Jahr hindurch geleitet und gespeiset werden.. . Augsburg 1703. —, Ungesaltzenes und ungeschmaltzenes Doch wolgeschmackes Kirchtag-Süppel, Bestehend in vier und dreyßig köstlichen Speisen und so vil raren BeschauEssen, Gekocht und vorgestellt den gefräßigen, sterblichen Adams-Kindern, ewig zu leben. Das ist: Vier und dreyßig einfältige, aber mit Biblischen Concepten, sittlichen Lehren, theils Folg-, theils Haßwürdigen Geschichten, lächerlichen Gedichten, schönen Gleichnussen reich gespickte Kirchweyh-Predigen . . . Augsburg 1710. —, Joseph, Vice-König in Egypten und Königlicher Tugend-Spiegel, Vorgestellet Einem Christ-Catholischen Voldc in einfältigen . . . Sonntags-Predigen, Die in sich begreiffen allerhand wunderliche Begebenheiten..., lustig- und traurige Geschieht und Gedicht. Nagelneues Werde, Nicht allein einem Prediger auf der Cantzl, sondern auch allerley Stands-Persohnen zu ersprießlichster Zeit-Vertreibung und gewünschten Seelen-Heyl sehr dienlich . . . München 1724.

Predigtwerke

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Encaeniale, Das ist: Hundert Kirch-Tag Predigen, In welchen das Menschliche Gemüth durch den Weeg der vielfaltigen edelsten Creaturen zu der Erkantnuß Gottes ihres Erschaffers . . . geleitet... Salzburg 1671. —, Triennale Dominicale Primum, Das ist: Auf ieden Sonntag durch das gantze Jahr Drey Gelehrte Geistreiche, M i t . . . annehmlichen . . . Concepten, auch mit der HH. Vättem Authoritet, alten und neuen Historien und Exempeln außgeführte . . . Discurs oder Predigen. . . . Salzburg 1676. PURSELT, CONRAD, Fons Aquae Triplici scaturigine salientis in vitam aeternam, Ein Brunn Des Mit dreyfacher Quellen springenden Wasser ins ewige Leben, Das ist: Heilsames Wort Gottes, Mit Welchem ein Christ-Catholisches Volck in der Hochfürstlichen Residentz-Stadt Bamberg Durch Dreyjährige Son- und Feyertägliche... Predigen zum ewigen Leben geleit und angefrischet worden . . . Augsburg-Dillingen 1700—1702 (3 Tie.). —, Tres propagines Evangelicae Veritatis . . . Das ist: Drey Reben Evangelischer Warheit Oder Drey-Jährige Sonn- und Feyertags-Predigen . . . Erste Reben oder Erster T h e i l . . . Augsburg-Dillingen 1707. RAUSCHER, WOLFGANG, Oel und Wein Deß Mitleidigen Samaritans Für die Wunden der Sünder. Das ist: Catholische, mit Christlichem Emst, Geist-reicher Schärpffe und Müdigkeit vermischte Predigen... (Dominicale). 3 Tie. Dillingen 1689, 1690, 1698; 2. Aufl. 1695—98. —, Trauben-Press biss auf den letzten Bluts-Tropffen, Das ist: . . . acht PassionPredigen . . . Dillingen 1689 (1695). •—, Marek Der Cederbäum, Das ist: Lobwürdige Thaten, unsträffliche Sitten, heiliger W a n d e l . . . Christi, deß Erlösers, Seiner werthisten Mutter und der vornemmsten Heiligen Gottes . . . In Lob- und Sittlichen Predigen Auff der Cantzel dem glaubigen Volck vorgetragen . . . (Festivale) 2 Tie. Dillingen 1689, 1694. —-, Zugab Etwelcher Predigen von der guten und schlimmen Haußhaltung, Von dem Testament der Philautiae oder eigenen Lieb, Von dem Zerrütten HaußFriden Durch drey lustige Sinn- und Lehrreiche Ostermärlein erklärt, sambt noch ein und anderer P r e d i g . . . Dillingen 1695. RUOFF, ANTONIUS, Der Gesellschafft Jesu Priestern, Lehr-Reiche und fast auf jeden Sonn- und Festtag des gantzen Jahrs hindurch vier bis fünff wohlausgearbeitete Predigen, In zwey Theile abgetheilet. . . Zweyte vermehrte und verbesserte Auflage. München 1752. SCHILLING, FLORENTIUS, Sonntägliche Predigen, Ovum Paschale, Oster-Ey, Das ist: Lehr- und Sittenreiche Predigen von dem heiligen Oster-Tag an biß Trinitatis oder den Ersten Sonntag nach Pfingsten. Aus . . . hinterlassenen Predig-Schrifften mit mühesamen Fleiß zusammengetragen Durch P. Don Constantium Arzoni... Sulzbach 1675. SCHMID, PHILIPP N E R I , Quadripartitum Concionum, Das ist: Predigen, In vier Theil abgefast. I. Für die Fest unsers Herrn J e s u . . . II. Von den Festen der Göttlichen Mutter und Jungfrau M a r i a . . . III. Für die Fest der lieben Heiligen G o t t e s . . . IV. Unterschidliche Sittliche Predigen, absonderlich vor die Sonntag. Mit nötigen Registern... wol versehen, Allwo bey dem Buchstaben H die Historien selbigen Theils umb leichtere Nachrichten zu geben bemerckt seynd . . . München 1719. SCHÖNHARDT, AMBROSIUS, Geistliche In sieben Abtheilungen bestehende VorrathsKammer Über alle Sonntag des Jahrs Auß Schönen in der H. Schlifft, H. H. Vättem und Commentatoren gegründeten Concepten, Emblematen, alt- und newen Historien, Gleichnussen, sittlichen Sprüchen . . . zu einem Lieb-meinenden Behülff denen entweder Bücher- oder aus vielen andern Geistlichen Verrichtungen Zeit-Mangel leidenden Predigern . . . Cölln am Rhein 1700 (Approbation 1681-82). SCRIVER, CHRISTIAN, Seelen-Schatz, Darinnen Von der menschlichen Seelen hohen PROKOP VON TEMPLIN,

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Würde, tieffen und kläglichen Sünden-Fall, Busse und Erneuerung durch Christum . . . erbaulich und tröstlich gehandelt wird . . . Fünff Theile . . . Magdeburg und Leipzig 1737 (I—III, IV—V jeweils durchpaginiert). SELHAMER, C H R I S T O P H , Tuba Analogica sive Conciones in Dominicas per annum Ex SS. Script. Literali sensu ad mores formandos accomodatae . . . Salisburgi 1678; . . . (wie vorher) Conciones in Festa per annum occurentia . . . 1683. —, Tuba Tragica, Das ist: Erschreckliche Trauer-Geschicht, So mit allerhand Sittenund Lebens-Lehr reichlich verfast Auf alle Sonntag des Jahrs Predig-weis gericht seyn . . . Nürnberg 1696; . . . (wie vorher) Auf alle Festtäg des Jahrs . . . ebda. 1696. —, Tuba Rustica, Das ist: Neue Gei-Predigen, Worinn auf alle Sonntag (Festtäg) deß Jahrs Wundersame Lieb- und Lebens-Thaten Deren so vor disem fromb und heilig auf dem lieben Gej gelebt . . . Predig-weiß verfasset, mit sittlicher Glaubens- und Lebens-Lehr reichlich eingericht, den lieben Bauren zu sonderbahrem Trost . . . ordentlich vorgetragen werden . . . Erster (Zweyter) Theil . . . Augsburg 1701. —, Tuba Clementina, Das ist: Milde und Gnaden-reiche Wunder-Geschicht, So mit allerhand Sitten- und Lebens-Lehr reichlich verfast auf alle Sontäg des Jahrs Predig-weiß gericht seyn . . . Nürnberg 1698; . . . (wie vorher) auf alle Festtäg des Jahrs . . . ebda. 1698. STAUDACHER, M I C H A E L , Geistliche und Sittliche Redverfassungen, Schriftlich aufgesetzt Wie auch Mündlich vorgetragen. Erster (Anderer) Theil. Innsbruck 1656. STEFFAN, A L B E R T U S , Tubae Sonitus Incitans & Excitans Justos & Peccatores, Illos ad Perseverentiam, Hos ad Poenitentiam, Geistlicher Posaunen-Schall, Durch welchen die Gerechte zu beharrlicher Tugend, die Sünder aber zu eyfriger Büß auffgemuntert, angefrischt und auffgewedct werden. Das ist: Sittliche Predigen für alle Sonntäg deß gantzen Jahrs . . . Augsburg 1715; . . . (wie vorher) Für die Feyrtäg des gantzen Jahrs . . . ebda. 1715. S T R O B L , ANDREAS, Das Geistliche Teutsche Karten-Spil, Das ist: Ausführliche Erzehlung, was massen das Israelitische Voldc im Alten Testament so wunderlich vermischt und hin und wieder getrieben worden; Auch was sich mit Demselben und Anderen im Alt- und Neuen Testament Merckwürdiges hat zugetragen. In Vier Thail . . . Zu besserem Gebrauch der Herren Prediger ist ein aignes Register- und Predig-Büchel hinzugesetzt worden. Sulzbach 1691. —, Der Änderte Theil oder Zusatz Deß Geistlichen Karten-Spills, In welchem Die übrige Bläter oder junge Karten . . . in Geistlichen Verstand, mit beygesetzter Moral- oder Sitten-Lehr außgetheilet, mit Geist- und Weltlichen Historien erkläret . . . Salzburg 1696. —, Ovum Paschale Novum Oder Neugefärbte Oster-Ayr, Das ist: . . . Geistliche Discurs auff den H. Ostertag und Ostermontag, Worinnen Verschiedene Geschieht und Gedicht oder Oster-Märl sampt denen hierauß gezognen SittenLehren . . . mit geistlichem Nutz können gebraucht werden . . . Zum andern Mahl auffgelegt. Salzburg 1700 (1. Aufl. 1694). —, Noch ein Körbel voll Oster-Ayr, Das ist: Ovi Paschalis Der Änderte Theil. Oder: Geistliche Discurs auff den Heil. Oster-Tag, Montag und Erchtag . . . Salzburg 1698. —, Ovum Paschale Novum Dritter Thail . . . Salzburg 1708. —, Geistliche Kurtzweil bey so Betrübt- und schwehren Zeiten mit der verkehrtin Sünden vertiefften Welt heilsamlidi anzustellen . . . Das ist: Acht wol-eingerichtete Predigen auf das Fest der Kirchweyhung . . . Nürnberg 1695. —, Geistliches Fisch-Netz, In dem Wort Gottes ausgeworlfen, Das ist: Gantz neu formirte und sehr nutzliche Predigen auff all und jede Sonntäg des gantzen Jahrs Mit mehr als 150 denkwürdigen Historien- und Geschichten . . . Zu be-

Predigtwerke

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liebiger Beyhülff der Herren Prediger und Seelen-Fischer herausgegeben . . . Sultzbach 1695. —, Festivale des Geistlichen Fisch-Netz, Das ist: Gantz neue formirte und sehr nutzliche Predigen auf die Fest-Täg des gantzen Jahrs . . . Nürnberg 1697. —, Geistlicher Artzney-Schatz der krancken und mit Sünden behafften Seelen, Das ist: Ein gantz neues und nutzliches Predig-Buch, Gestellt auf alle und jede Sonntag des ganzten Jahrs . . . Nürnberg 1 7 0 1 ; . . . (wie vorher) auff alle Festtäg des gantzen Jahrs . . . ebda. 1701. —, Außgemachter Schlüssel Zu dem Geistlichen Karten-Spihl. Das ist: Außgemachte Predigen auff alle und jede Sonntäg deß gantzen Jahrs, welche vorhero in dem Predig-Register über das genandte Geistliche Karten-Spihl nur obenhin angezeigt, nun aber . . . außgemacht und mit vielen Sachen vermehrt . . . Mit vielen schönen Historien, denckwürdigen Geschichten und Lehren der HH. Vätter versehen . . . Augsburg 1708. —, Das Festivale Zu dem außgemachten Schlüssel Deß Geistlichen Karten-Spihls. Das ist: Außgefertigte Predigen auf die Feyr- oder Fest-Täg . . . Augsburg 1708. —, Himmlisches Predig-Buch Oder Lust-Hauß Von Himmlischen Dingen, als von Sonn und Mond, Sternen und Planeten, von den 4 Elementen, Feuer, Lufft, Erd und Wasser . . . Mit schönen annehmlichen, himmlischen Concepten auf alle und jede Sonntäg, wie auch auf hohe Fest- und Feyertäg deß gantzen Jahrs eingericht, so nicht allein in den Städten, vor den verständigen Herrn und Burgers-Leuthen, sondern auch vor der Bauernschafft nutzlich auf der Cantzl fürzubringen und zugebrauchen seynd . . . Augsburg 1709 (Dominieale und Festivale). Im Anhang: Sinnbilder, Ehren-Titel und Lob-Sprüch Der Ubergebenedeyten Jungfrau und Mutter Gottes Mariae . . . Mit schönen tröstlichen Historien und Sitten-Lehren, zu Nutz aller Marianischen Liebhabern und beliebiger Bey-Hülff der Herrn Prediger gutmeynend in Drude gegeben . . . (wie vorher). TALLER, PLACIDUS, Einfältiger doch Wohlmeinender Bauem-Prediger, Das ist: Sonntägliche Predigen Auf das gantze Jahr. Mit zwar einfältigen Stylo und Concepten, doch wohlmeinend und Christlichen Eifer, sittlichen Lehren, schönen Sprüchen . . . , dann raren Geschichten und Historien gegründet . . . Regensburg 1716. —, Neu-eröffneter, Mit allerhand raren, neuen und seltsamen Waaren wohleingerichter Auch Auf alle Kirchweyh-Tag und Jahrmärckt aufgeschlagener Geistlicher Kram-Laden, Das ist: Dreyßig sonderbare Kirchweyh-Predigen, Von Unterschiedlich raren Concepten, annehmlichen Historien, seltsamen Geschichten und Gedichten, auserlesensten Texten . . . nicht allein auf alle KirchweyhFest, sondern auch das Jahr hindurch zugebrauchen . . . Regensburg 1721. TRAUNER, IGNATIUS, Geistliche Seelen-Jagd, Das ist: Erstes Dominieale Oder Sonntägliche . . . Predigen, Mit unterschidlichen . . . Concepten, annehmlichen neuen Historien und Gleichnussen, sittlichen Sprüchen und Lehren . . . Dillingen 1689 (Approbation 1685); . . . Anderes Dominieale (wie vorher) 1690. —, Gallus Cantans, Das ist: Kräender Haus-Hahn dem in Sünden-Schlaff ligenden Haus-Gesind des grossen Haus-Vatters Zum Aufferwecken bestelt und auffgesetzt in Bueß- und Passions-Predigen . . . Regensburg 1667. •—, Fragmenta Sacra, Das ist: überbliebene Geistliche Brosamen oder Sittliche Lobund Ehren-Predigen von dem unsträfflichen Wandel, außbündigen Tugenden und hohen Verdiensten Christi Jesu unsers gebenedeyten Heylands und Seeligmachers, Mariae seiner . . . Mutter, aller lieben Heiligen . . . Auß den nachgelaßnen Schriften zusammengetragen und in ein doppeltes Festival eingerichtet von R. D. P. Calcidonio Klain . . . Dillingen 1701 (1. Ausg. 1698); Anderer Theil . . . (wie vorher) Dillingen 1702.

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Quellen- und

Literaturverzeichnis

WOLFF, LEO, Rugitus Leonis, Geistliches Löwen-Brüllen, Das ist: Hertzbeweglicher Red-Verfassung Von dem bösen Sünden-Schlaff, von denen vier letzten Dingen des Menschen und von der Gnadenreichen Hülff der Allerseeligsten Jungfrauen und Mutter Gottes, Sechs Theil. Welche durch die H. Advent-Zeit um die Seelen der Menschen aus dem verdammlichen Sünden-Schlaff zur Besserung des Lebens aufzuwecken auf unterschiedlichen Cantzeln geprediget worden . . . Augsburg 1701. —, Rugitus Leonis, Geistliches Löwen-Brüllen, Das ist: Eingriffige Sonntags-Predigen Durch ein gantzes Jahr. Aus klaren Stellungen der H. Schrifft, Lehrreichen Sprüchen der H. H. Vätter, raren Antiquitäten, schönen Symbolischen Gleichnussen, bewehrten und beweglichen Historien etc. zum Schröcken und Trost der Sünder verfasset . . . Augsburg 1702. —, Rugitus Leonis, Geistliches Löwen-Brüllen, Das ist: Lob-schuldigste EhrenPredigen Auf alle Fest-Täg, So in der Römisch-Catholischen Kirchen durch das gantze Jahr feyerlich begangen werden . . . Mit klaren Stellen der H. Schrifft, Lehrreichen Sprüchen der H. H. Vätter, Raren Antiquitäten, schönen Symbolischen Gleichnussen, bewährten Historien wohl eingerichtet . . . Erster (Zweyter) oder Winter- (Sommer-) Theil . . . Augsburg 1705.

II.

Sonstige

Quellen

ABELE, MATTHIAS, Metamorphosis Telae Judiciariae Oder Erste (Dritte) Theil Seltzamer Gerichthändl und noch seltzamer hierauff gerichtlich erfolgten Außsprüch . . . Linz 1651-52. ALBERTINUS, AEGIDIUS, Lucifers Königreich und Seelengejaidt (1616), hg. von Rochus Freiherm v. Liliencron ( = Deutsche National-Litteratur Bd. 26), Berlin-Stuttgart o. J. —, Der Teutschen recreation oder Lusthauß, Darinnen das Leben der aller fürnembsten und dendcwürdigsten Mann- und Weibspersonen . . . begriffen. Rottwil 1619. PETRI ALFONSI Disciplina Clericalis (hg.) von Alfons Hilka und Werner Söderhjelm. I. Lateinischer Text ( = Acta Societatis Scientiarum Fennicae. Tom. X X X V I I I nr. 4) Helsingfors 1911. Altdeutscher Schwank und Scherz aus dem sechszehnten und siebenzehnten Jahrhunderte. Zusammengestellt vom Verfasser des "Altdeutscher Witz und Verstand". Bielefeld und Leipzig 1878. SANCTI ANTONINI Archiepiscopi Florentini Summa Theologica in quattuor partes distributa, Pars secunda, Veronae 1740. BÄCHTOLD, J., Ein Mundvoll kurzweiliger Schimpf- und Glimpfreden. Observiert anno 1651/52. Hg. Für Reinhold Köhler zum 24. Juni 1890 gedruckt. Frauenfeld. HEINRICH BEBELS Schwänke. Zum ersten Mal in vollständiger Übertragung herausgegeben von Albert Wesselski. 2 Bde. München-Leipzig 1907. BEYERLINCK, LAURENTIUS, Magnum Theatrum vitae humanae, hoc est Rerum divinarum humanar umque syntagma catholicum, philosophicum, historicum et dogmaticum . . . Coloniae Agrippinae 1631. BIDERMANN, JACOBUS, Utopia Didaci Bemardini . . . Dillingae 1640. —, Acroamatum Academicorum Libri tres. Lucemae Helvet. 1642. BISSELIUS, JOANNES, Deliciae Aestatis. Monachii 1644. BOVERIUS, ZACHARIAS, Annalium seu sacrarum historiarum ordinis minorum S. Francisci Qui Capucini nuncupantur. Tomus primus. Lugdun 1632. BUCHER, ANTON V., Sämmtliche Werke, gesammelt und herausgegeben von Joseph v. Kiessing. München 1835.

Sonstige

Quellen

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Quellen- und

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Literaturverzeichnis

—, Eutrapeliae Philologico-Historico-Ethico-Politico-Theologicae, Oder 2000 Schöne nützliche nachdenckliche vernünfftige Sinn- Lehr- und Geistreiche auch anmühtige Geschichten und Reden . . . Lübeck 1647. Gesta Romanorum, hg. von Hermann Oesterley. Berlin 1872. GLEISSENBERG, VIRGIL, S. Literaturverzeichnis u. Nußbaumer. Sancti Georgii Florentii GREGORII EPISCOPI TURONENSIS Opera Omnia... Luteciae Parisiorum 1699. GUMPPENBERG, GUILELMUS, Atlas Marianum . . . Ingolstadii 1657. H A L M , K . V., Aisopeion Mython Synagoge. Lipsiae 1852. HAMMERUS, MATTHAEUS, Rosetum historiarum, Das ist: Historischer Rosengarten, Darinnen aus vielen bewehrten Historici kurtze und denkwürdige Historien . . . Zwickau 1657. HARSDÖRFFER, G E O R G PHILIPP, Der Grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte. Mit vielen merckwürdigen Erzehlungen, klugen Lehren, verständigen Sprichwörtern . . . gezieret . . . Frandcfurt 1651. HILARII Jocoseria Germanorum. Das ist: Die Jüngst aufferbaute und letzt vermehrt wie auch Reformierte Lustige Gesellschaft. Sambt einem mit vielen Anmütigen Grillen außgezierten Anhang . . . o. 0.1659. H Ö R L , CHRISTOPH ANDREAE, Bacchusia Oder Faßnacht-Land, Allwo es drey Teutschen jungen Herren auff jhrer Raiß sehr übel ergangen, darbey allerhand kurtzweilige Geschichten eingemischt werden . . . München 1677. HONDORFF, ANDREAS, Promptuarium Exemplorum, Das ist: Historien- und Exempelbuch nach Ordnung und Disposition der heiligen zehen Gebot Gottes . . . (3. Aufl.) Frankfurt 1583. Der lustige und poßierliche Historienschreiber. Unterhaltend für Männer, Weiber, Jungfern und Junggesellen. 3. verbesserte Auflage. Bozen 1842. JACOBUS DE VORAGINE, Die Legenda aurea, aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz. Jena 1925. JACQUES DE V I T R Y , The exempla or illustrative stories from the sermones vulgares, ed. by Th. F. Crane ( = Publications of the Folklore Society XXVI) London 1890. KIRCHHOF, H . W., Wendunmuth, hg. v. H . Oesterley. 5 Bde. Tübingen 1865. KLAPPER, JOSEPH, Erzählungen des Mittelalters in deutscher Übersetzung und lateinischem Urtext hg. ( = Wort und Brauch 12) Breslau 1914. KOBOLT, W I L I B A L D , Schertz und Ernst beysammen, Das ist: Eine Abwechslung von hundert und achtzig kurtz- und curieusen Geschieht- und Fablen, mit beygefügter anständiger Sitten-Lehr . . . Augsburg 1747. K Y B L E R , BENIGNUS, Wunder-Spiegl Oder Göttliche Wunderwerck Auß dem Alt- und Neuen Testament, zu einem beyhülfflichen Vorrath allerhand Predigen, So wol für Sonntäg als andere Fest . . . 3 Tie. München 1678—1682. Das Laiebuch (1597) mit den Abweichungen und Erweiterungen der Schiltbürger (1598) und des Grillenvertreibers (1603) hg. von Karl v. Bahder ( = Neudrucke deutscher Litteraturwerke nr. 236—39) Halle a. S. 1914. J O H . LASSENII Bürgerliche Reiß- und Tischreden. In zwölff nützliche und anmuthige Gespräch abgetheilet . . . Nürnberg 1664. LONCIN S. Conlin. Geistlicher Lust- und Historien-Garten, von J. M. F. v. H. Innsbruck 1685. Magnum speculum exemplorum ex plusquam octoginta autoribus . . . ab Anonymo quodam, qui cireiter annum Domini 1480 vixisse deprehenditur . . . Studio & opera R. P. JOANNIS MAIORIS Societatis Jesu Theologi. Quarta editro... Duaci 1611.

Mala gallina, malum ovum, Das ist: Wie die Alten sungen, so zwitzern die Jungen. Im Zweyten Centi-Folio Hundert Ausbündiger Närrinnen . . . Nach voriger

Sonstige

Quellen

527

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Reyßgespan,

darinnen Schöne Schimpffliche Historien und Geschichten von allen ständten der Welt begriffen . . . Ulm 1663. THOMAE CANTIPRATANI . . . Bonum Universale De A p i b u s . . . Opera Georgii Colv e n e r i i . . . Duaci 1627. VAN DER VET, W. A., Het Bienboéc van Thomas van Cantimpré en zijn exempelen. 'S-Gravenhage 1902. WENZ, DOMINICUS, Lehrreiches Exempel-Buch, Das ist: Auserlesene, lehrreiche Fabeln, zur Aufmunterung Christ-Catholischer Jugend, wie auch denen Erwachsenen zu ihrer Seelen-Heil, ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Lesbuch. Augsburg 1757. WESSELSKI, ALBERT, Mönchslatein. Erzählungen aus geistlichen Schriften des 13. Jahrhunderts. Leipzig 1909. —, Der Hodscha Nasreddin. 2 Bde. Weimar 1911. —, Märchen des Mittelalters. Berlin 1925. s . a . HEINRICH B E B E L S S c h w a n k e ,

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JULIUS

WILHELM

und

WEIDNER,

JOHAN

LEONHARD,

Deutsche

Apoph-

thegmata, das ist: Der Teutschen Scharfsinnige kluge Sprüche . . . Amsterdam 1653—55. 5 Tie.

Literatur, Nachschlagewerke,

III. L i t e r a t u r ,

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Nachschlagewerke,

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34E'

Worterklärungen Abentheuer Ungeheuer abentheurisch häßlich abfißlen abnagen abschmieren schlagen, prügeln achetzen seufzen, ächzen änderschen den hl. Andreas anrufen anfrimmen bestellen Angster Flasche Antifi Endiviensalat Arbeis, Erbes Erbsen Auftradit Gang bei der Mahlzeit Ayer-Schmaltz Rührei Baruquen Perücke Befrainte, Befreundte Verwandte beschnarchen lästern, tadeln betrogen auch: betrügerisch Bettergrällel Perlen am Rosenkranz ein Blär (Plerr) machen schwindeln, etwas vormachen blenkitzen blinzeln Blitz im Hafen leere Drohung (wie: Sturm im Wasserglas) bösem verschlechtern Boss, Bossen, Possen Streich, Spaß, Witz Brein Hirsebrei, Mus Bretter schneiden schnarchen vom Brod helfen töten brüllen prellen buffen, abbuffen stoßen, schlagen den Buggel abmessen verprügeln Bursch, Burst Burschenschaft Butz Larve, Maskierter, kleine Person Carbatsdi Peitsche Cathär Katarrh, Schnupfen Dätl (Tätl) alter Mann dakratschen stibitzen, stehlen Volker Dummkopf, ungeschickte Person dickisch tückisch dimp, dimpper dumpf, düster, auch: dumm Docke Puppe, leichtfertiges Mädchen

Dolfuß Klumpfuß Dortschen (Tortzen) Pechfackel Ducket Duchent, Federbett Dult Jahrmarkt Ehalten, Ehehalten Dienstleute ehrabschneiden verleumden einiger einziger einschieben einstecken einschnaltzen grob abfertigen enck euch zu disem End zu diesem Zweck, darum etwer jemand Fänckerl Teufel Fatzmann Narr, Possenreißer Feitel Teufel filzen schelten, strafen Flaschen Ohrfeige Fletz Flur Fliglwerch Geflügel strenge Frag Verhör fretten reiben, sich plagen Freundtschaft Verwandtschaft für auch: vor fürrupffen vorhalten, vorwerfen Fund List, Einfall gähling jäh, schnell gebisch (gäbisch) linkisch, ungeschickt was geist, was hast was gibst was hast, mit aller Kraft, z. B. Hals über Kopf laufen Gejaid Jagd Geliger Lager, Krankenbett geschertzig lustig, herzhaft Geschmack Geruch, Gestank gesdiraufft geschraubt, hochtrabend Gespan(n) Gefährte, Geselle Gespinn, Gespünn Muttermilch Gespirr Spur gewachsen auch: erwachsen Geweychtes geweihte Osterspeisen

535

Worterklärungen gewichst, gewixt verschlagen, durchtrieben Gey, Gäu Land (im Gegensatz zur Stadt) gigitzen gicksen, stottern Gipffei Wipfel Gispel unbedachtsamer Mensch glocktzgen glucken, locken Glüchter Gelichter, Gesindel Goff Dummkopf Granitz Grenze Grasmahl Mahlzeit im Freien, Picknick Gspor Spur Gstattl Schachtel, Holzbüchse Guckezer Kuckuck Guglfuhr ausgelassenes Treiben Gugl (Kugl) Kapuze gumpen springen Gurn schlechte Stute, liederliche Weibsperson guting gut, gründlich Haar Flachs, auch: Teufel Haasen-Kühlein (-künlein) Kaninchen durch die Hüchel ziehen ausrichten, üble Nachrede halten dem Hädcel einen Stiel finden einen Ausweg finden Häfen, Hafen Topf haiggl heikel, wählerisch, empfindlich den Haintzel spielen zum Narren halten Heimgarten, heimgärtlen abendliche Zusammenkunft, Geselligkeit, besuchen Heuter schlechtes Pferd, Spottwort Holtz-Vetter Fuchs Hupfhaintzel Kinderspielzeug aus dem Brustbein der Gans Hurnauß Hornisse Inslat Unschlitt, Talg Inzicht Beschuldigung, Verleumdung itzt jetzt Jexen

Achsel

kläublen eine Kleinigkeit stehlen kleber schwach, zart Klucker Kugel(spiel) Klum(p)sen Spalt, Ritze knocken hocken, kauern Knöpfel Knöchel knöpfet dick, untersetzt Krätze Tragkorb Kribes Krabes Hokuspokus Kuderwochen Flitterwochen Kugel-(Gugl-)Mann Kapuzenmann Lapp, Läppel Dummkopf Lary Fary Unsinn lausern lauern, lauschen leßlen lössein, orakeln Lettfeigen ängstlicher Tropf, Feigling Leykauff Leihkauf, Trunk bei Geschäftsabschluß liegen auch: lügen liegerhafft bettlägrig, krank Linset Flachssamen Leyladi Bettuch Los, Loß Zeichen, Orakel Losament Wohnung losen horchen luff, geloffen lief, gelaufen lupfen heben, anheben männiglich jedermann mässeln eine Maß nach der andern trinken, zechen Maul-Trumlen Maultrommeln (Musikinstrument) maunlen schleichen mei(n)! verkürzter Partikel aus „mein Gott!", Ausruf des Erstaunens, des Erschreckens, Bekräftigung des Gesagten Mensch, Menscher Mädchen, Mägde Mumm-Schantz Mummenschanz, Masken treiben Muß, Mus Breispeise Ohrenblaser

kahlmäusen knausern, tadeln Kanden, Kanten Krug Reichen Gefängnis, Kerker keien plagen Kerzenbrenner Pfarrer, der lang predigt Kiechel Küchlein, Schmalzgebäck Kirbe Kirchweih Kleinlein, Kinigl(has) Kaninchen ein Klämperlein anhängen übel nachreden, zu Schaden bringen

Verleumder

pfiämig flaumig Ploderament Geschwätz, Plauderei Poding Bottich Pögel-Eysen Bügeleisen prangen prunken praschlen prasseln pratschet breit, dick, aufgedunsen proglen prahlen Purgatzen Abführmittel

Worterklärungen

536 quatzgen

quaken

Raffel verächtlich für Mund, Weib mit böser Zunge R a f f l s d i e i d böses Weib Raißgespan Reisegefährte rantzen raunzen, schmollen Ratsche, Rätsdien Lärminstrument, am Karfreitag gebraucht regalieren entlohnen, beschenken r(everendo) mit Verlaub Riebet, gesottne gekochte Ripperln Rippenstücke vom Schwein (?) ring gering, leicht, wenig rodlen rütteln Roller Fuhrmann, hier: Bursch beim Gasseigehen Rondien ziehen schnarchen Ropfhauben von rupfen: Schläge rufig räudig, voll Schorf Ruhr Arbeitsgang beim Dreschen Rumor Streit, Lärm rumoren lärmen Rungungel altes Weib s(alva) h(onore), s(alva) v(enia) mit Verlaub zu reden sammentlidi allesamt, gemeinsam schänden auch: schimpfen Sdiaitl Schneidbrett Scharwerk Fron, Dienstleistung für die Obrigkeit Sdielffen Schalen schlichen schielen Sdiimpff Scherz, Spott Schleppsack Hure S d i l u f f Durchlaß, Verstedc Sdimer Fett, Talg Sdirnerkappen lederne Scheitelkappe der Bauern schmieren, schmirben bestechen sdimitzen schmeißen, werfen in Schnaps im Nu Sdinardier Tadler Schnitz machen Spaß machen auf Schrauffen gestellte Wort hochtrabende Redeweise Sdiüßling junger Mensch schützen stoßen, werfen Schwehr-Vater Schwiegervater Schwein-Blatter Schweinsblase seite(sinte)malen zumal Serben abieben, welken

Söllner Besitzer eines Söldengutes, Kleinhäusler sorgfältig auch: besorgt Spaget Spagat, Bindfaden Ständerling Schwatz Staffel Stufe an der Statt auf der Stelle Stehr Störarbeit der Handwerker in den Häusern Steig-Bettler Bettler von Profession steippern stampern, fortjagen Stiellei Stühlchen, Schemel Stifft, Stüfft Zehent, Abgabe storchlen straucheln, stolpern Stucken Kanonen Stütz-Grind Trotzkopf stützig trotzig, widerspenstig stumpfiren spotten, bekritteln von Stundt an sogleich Tätl, Dätl alter Mann Telpel-Thaler ungültige Münze Thumkirchen Dom Tochtermann Schwiegersohn tordelen torkeln Tracht, Auf tracht Gang bei der Mahlzeit, Gericht Tractament Mahlzeit, Bewirtung tradieren behandeln, bewirten Traid Getreide Treme Tenne, wohl von Tremel, Knüppel Trisdil(en) Dreschflegel Trischlig von Dreschel-Lege, Dreschermahl trümeln taumeln Tummel im Kopf haben verwirrt sein Tumpff Rausch überfortlen übervorteilen Überwirlen Überbleibsel, Rest unfer nahe Unglimpff Ungebühr, Unrecht unkeut ungeschoren unsdilinnig von unschlündig: ungeduldig, verdrossen, mürrisch Unzifer Ungeziefer Vacanz Ferien verschmitzt schlau, gerissen verstalt verstellt, verkleidet vexieren verspotten, hänseln Vortl Vorteil

Worterklärungen wampet dickbäuchig Weingurgel Säufer widerspännig widerspenstig über jemand wischen jemand mit der Rute streichen Witz Klugheit wutzlen zwischen den Fingern reiben Zäher, Zären Tränen zaufen rückwärts gehen zerflen disputieren, zanken zerledisnet löcherig, gesprungen, durchlässig

zetten zetern, klagen ziglen bezichtigen, bezeihen Zipperlein Gicht, Podagra Zistl Korb Zoberle(i)n verächtliche Bezeichnung einer Person Zöhrgaden Speisekammer in die Züge greifen sterben zwacken stehlen zwagen mit Lauge waschen, vor allem den Kopf zwatzlen zappeln über Zwerch unrechtmäßig

537

Sach- und Motivregister Aberglauben 54 f., 437, 451 Adam benennt die Tiere 39 Adler, Katze und Wildschwein 185 f., 457, A. und Schildkröte 276, 471 Advokat 126, 187, 458, A. und Teufel 307, 480 f. Äsop 22, 24, 56 f., 75, 431, im Bad 379, 497, wählt die schwerste Last 295, 479, weiß nicht, wohin er geht 295 f., 479 Affe im Bett der Toten 301, 480, s.a. Teufel Almosen 433, 443 Alraune rät Gehorsam 164 f., 451 Alter und Tod 40 f. hl. Andreas bewahrt vor dem Teufel 374 ff., 495 f. Andreasnacht 162 ff., 451 Anekdote 3, 64, 73, 75 Anrollen 445 Ansberta 69, 419 f., 508 Applicatio moralis 3, 35, 69 f., 439, 442, 454, 460, 463, 470, 476, 479 f. Arche Noah 38 f. Arme Seele 47, 54, 82, 214, 399, 412, 416 f., 433, erlöst 416 f., 506, A. Sn. hilfreich 414 f., 505, A. Sn.-Brote nähren verschütteten Bergmann 416, 506 Armut macht fröhlich 94 f., 431 f. Arzt einfältig 327 f., 487 Aschermittwoch 151, 315, 447, 483 Asinus vulgi 313, 483 Aufhocker 55, 315, 483 Aufklärung 18, 79 ff., 386 Aufschneider 61, 250 f., 255, 316, 330 f., 488, 494 Augenwinken 311 f., 482 Augenzettel 465 Augustinereremit 18, 285 Augustinus und das Knäblein 412 f., 504 Aus trägler 123, 135 f., 405 Barockromane 76 f. Basilisk 47, 475 Hl. Bartholomäus 496

Bauer, Bär und Fuchs 127 ff., 442, B. beim Barbier 171, 424, 454, 509, bestiehlt sich selbst 407 f., 504, B. und Doktor 114, 437, B., Kürschner und Richter 315 f., 483 f., König für einen Tag 65, 276, 409 ff., 504, in der Stadt 424 f., stellt sich taub 382 f., 498, B. als Wettermacher 86, 296, 479 Bäuerlein von Vohburg 403 ff., 503 Bauern beten für Edelmanns Pferde 65 Bauernknecht als Bischof 242 ff., 466 Bauernpredigten 64, 133, 396 f. Bauernschinder 116, 438 Bauernsöhne als Studenten 152, 426, 448, 509 Beichtwitz 60, 383, 498 f. Belfagor 485 Benediktiner 18, 78, 321 Hl. Benno 449 Besen für die Obrigkeit 407, 503 Bestechung 60, 315 f., 328, 483 f., 487 Betschwester 52, 316 f. Bettstattreten 162 ff. Biblische Geschichten 38 f., 156 Bilderbogen 46, 82, 489 Blauer Montag 442 Blinder, Lahmer und Nackter 201 ff., 460 f. Blut aus dem Tischtuch gepreßt 159, 449, im Brot des Wucherers 449 Bode im Schrank 134, 152 ff., 448 Bodenfunde 48 Bote ohne Adresse unterwegs 207 f., 461, naschhaft 232 ff., 464 Brand beim Maskenfest 181 f., 455 f. Brauchjahr 15, 372 Brautwerber zu alt 329, 488 Brautwettlauf 68 Cenodoxus 433, s. a. Doktor von Paris Christophorusbilder 51 Christuskind im Schnee 158 f., 448 hl. Columban 149 f., 446 f. Cupido und Stultitia 37

Sach- und Dame beim Kirsdienessen 424 ff., 509 Dankbare Tiere, undankbarer Mensch 278, 471 David und Goliath 38, 263 Demosthenes predigt den Athenern 28, 313, 482 Dieb laufen lassen 227 ff., 463 Diebe als Engel, Teufel und Tod 55, 245 ff., 466 Diebsfinger 112 f., 437 Doktor Allwissend 68, D. auf dem Esel 281 f., 472, D. von Paris 99 f., 433 Dominikaner 18, 46, 372, 443 Drachen 47, 389 f., 475 Dummling soll schweigen 115 f., 438, tut Hausarbeit 192 ff., 460 Edelmann genarrt 116 ff., 438 Ehebrecher 369, 407, 413 f., 494, 505 Eheleute im brennenden Haus 188, 458, haben beide uneheliche Kinder 282, 472, schlagen sich vor dem Essen 383 Ehestandsschwänke 31, 65 ff., 130 ff., 164 ff., 188 ff., 258 ff., 283, 317 ff., 339 ff., 383 f., 392, 442, 451 ff., 458 ff., 468 f., 491, 498, 504 Eiche und Rohr 294, 478 Eigenschaften der Tiere 386 f. Eilen tut kein gut 60, 160, 449 Einleitungsformeln 44 Einsiedler und Engel 109 f., 435, E. und Honigtopf 464, junger E. sieht Frauen für Gänse an 322, 485, E. selbstgerecht 140 f., 444 Emausgehen 25, 34 Engel zählt Schritte 348, 492, als König verkleidet 118 ff., 438 f., als E. maskiert 247, 269, s. a. Schutzengel Erlebnisbericht 46 f., 71, 86, 440 Ertrunkene flußaufwärts gesucht 188, 458 Erzählform 17, 36 ff., 71, 94, 118, 134, 276, 306, 321, 332, 372, 443, 446, 494, 508 Erzählgemeinschaft 61, 67 f. Esel bei Hof 336 f., 448, beichtet 278, 471, soll nicht schmeicheln 184, 214, unzufrieden 294, 478, wässert seine Last 381, 498, E.sHerz 337,488, E.s Schatten 313, 482 Eulenspiegel 27, 29 f., 76 f., 368, 449, 489, 494 Exempel 3, 6, 15 f., 26 f., 30, 39, 45 ff., 70 ff., 94 ff., 108 ff., 119 ff., 133 ff., 156 ff., 180 ff., 214, 276, 286 ff., 307 ff.,

Motivregister

539

321 ff., 348 ff., 373 ff., 397 ff., 412 ff., 431 ff., 438 ff., 443, 448 f., 455 f., 473 f., 480 ff., 485 f., 492 ff., 495 f., 501 ff., 504 ff. Exempelsammlungen 4, 6 f., 45, 51, 70 f., 78, 321, 431, 448 Fabel 3, 6, 14 f., 18 ff., 21 ff., 28, 30, 36, 39 ff., 45, 55 ff., 70, 73, 75, 78, 86 f., 94, 108, 118, 127 ff., 156, 160 f., 184 ff., 214 ff., 276 ff., 294 ff., 306, 310 ff., 336 f., 348, 354 ff., 372, 379 ff., 387 ff., 397, 405 ff., 412, 420 ff., 431, 449 f., 456 ff., 461 f., 471 f., 478 f., 482 f., 488 f., 494, 497 f., 500 f., 503, 508, s. a. Tiermärchen Fabelkontamination 357 ff., 494 Familientragödie 378, 496 f. Fasnacht 15, 35, 59, 151 f., 181 f., 207, 239, 308 f., 390 f., 447, 469, 487, 501, zu Waldenburg 181, 455, s. a. Maskierung, Narren Faß als Ruhekissen 210, 461 Fastenpredigt (-exempel) 27, 30, 69, 71, 81 f., 118, 179, 285, 432, 435 Fastentuch 25 Faulheitswettbewerb 62, 75, 203, 338, 460, 489 f. Faulpelz fürchtet Arbeit im Himmel 211, 494 Faust zaubert Weintrauben 381 f., 498 Fegfeuer 416 f., 505 f. Feige (Spottgebärde) 33 Fensterin s. Gasseigehen Feurige Männer 47, 98 f., 432 f. Fieberzettel 235, 465 Finsinger 463, 494 Fischen ohne Köder 208 f. Flucher 47 Fortunatus 76 Franziskaner 18, 156, 332, 444 Frau als Beichtspiegel 383, 498 f., betrunken 167, 235 f., 266, 451, 465, 469, ins Faß gesteckt 33, 130 f., 442, ißt heimlich 168, F. die größte Last 392, 501, totgestellte F. zum Leben erweckt 165 f., 451, sperrt den Mann aus 189 ff., 458 ff., will Mann blind machen 302 ff., 480, zum Tanzen gebracht 383 f., 499, untreu 466, widerspenstig 75, 131, 188 f., 260 f., 283, 442, 458, böse F. durch Worte, Kräuter und Steine geheilt 261 ff., 468, in Wiege eingebunden 339 ff., 491

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Sach- und Motivregister

Frauen für Gänse gehalten 322, 485 Freierkorb 338 f., 490 f. Freisinger Fuß 159, 449 Freunde und der Bär 294 f., 478 Friede unter den Tieren 217, 462 Froscii hoffärtig, zerplatzt 160 f., 449 f. s. a. Maus Fuchs als Büßer 216 ff., 462, will Hühnlein unterrichten 220 f., 462, F. und Igel 405, 503, F. und Kranich 221 f., 462, F. und Rabe 420 f., 508, hat Schnupfen 184, 457, im Stall zu dick geworden 380 f., 497, stellt sich tot 333 f., 488, zum Strang verurteilt 217 ff., 462, F. und Wolf 333ff., 488, s.a. Hahn, Löwe, Reineke F., Storch Fuhrmannsdrohung 370, 495 Funktion des Predigtmärleins 3, 45 Fußspuren vor der Löwenhöhle 420, 508 Gasseigehen 60, 64, 144, 445 Gebärden 44 f. Gegenreformation 5 f., 56 Geizhals 46, 237 f., 322 f., 389, 465, 486, erhenkt sich 106 f., 434, versteckt Schatz unterm Altar 275 f., 465 Genesis 38 Genovefa 69, 74 Geschwätzigkeit der Frau 267 f., 469 f. Gesinde 360 f. Gespannwunder 124 f., 440 Gespenst 82, 144 Gespensterfurcht 54 f., 314 f., 483 Gesundtrinken 238, 452 Gevatter Tod 68, 81, 273 ff., 470 Geweichtes (Osterspeisen) 254, 438 Glaubwürdigkeit 30, 45ff., 55f., s.a. Wahrheitsbeweis Glockensprache 44, 170 f., 453 f. Goliath 48 Gotteslästerer 47, 374, 400, 495 Grenzfrevler 47, 98 f., 432 f. Griseldis 69, 74 Großvater und Enkel 123, 439 f. Gunkelstube s. Spinnstube Hahn, Hund und Fuchs 310, 357 f., 482, 494 Handwerkerspott 65, 454 Hans Ciawert 493 Hasenfang 117, 438, 460 Haube, schwäbische 160 Hauspostille 11 f., 79 f., 164, 396 Hausväterliteratur 461

Heiligenspott 58 f. Heilmittel für böse Frau 261 ff., 468 Heimgarten 145, 445 Herrschaftsstreit im Haus 195 ff., 460 Herz des Buhlers der Frau vorgesetzt 82 Hexen 51, 53 ff., 71, 144 ff., 323, 402 ff. Hexenbrot 267 f., 469, -mahlzeiten 54, 147, 441, 446, 485, -prozesse 41, 54, 445 f., 452, -ritt 54, 125, 440 f., -salbe 54, 323, 486, -tanz 54, 125, 440 f., 446, 485, -vaterunser 147 f. Hildebrand, der alte 466 Himmelszeichen 289, 474 Hinrichtung vor der Gerichtsverhandlung 209, 461 Hirsch im Stall versteckt 277, 471 Hirsdiauer Stüdd 463 Historie 47 f. Höllenfahrt Christi 31 Hostie im Bienenstock 349 f., 492 f. Hostienschänder 47 Hühnerhüter einfältig 192 ff., 490 Hühnermann betrogen 343 ff., 491 Hühnerwunder 288, 474 Hund verliert sein Bein 389 f., 500 f., H. und Katze 421 ff., 508, s. a. Hahn Immaculata 156 f. Ita von Toggenburg 69, 309 f., 482 Hl. Jacob rettet unschuldigen Compostellapilger 287 f., 474 Jägerlatein 330, 368 f., 494 Jahrhunderte wie ein Tag 121 f., 286 f. Jesuiten 5 f., 10, 18, 71 ff., 179, 213, 276, 321, 351, 385 f., 493 Jesuitendrama 5, 65, 69, 73 f., 433, 444, 474, 482, 504, 508 Johannisfeuer 15 Johannissegen 167 f., 451 f. Jovianus s. König im Bad Jungfernsprung 47 Jungfrau sticht sich die Augen aus 350, 493, geht ins Kloster 284, 473 Hl. Jungfrauen zu Hilfe gerufen 341 ff., 491 Kaiser und Abt 114 f., 437 Kalt und warm aus einem Mund 281, 472 Kapuziner 18, 21, 50, 74, 93, 108, 118, 285, 306, 412 Karmeliter 29, 51 Katze als Gesandte 367, geschwärtzt 422 Kinderreim rückwärts gelesen 328

Sach- und Motivregister Kinderlehr 78, 93 f. Kinderspiel 192, 238 f., 465 f. Kirchenlied 342, 363, 431 f. Kirchenschänder 47 Kirchenschlaf 5, 28 Kirchenväter 21, 23, 25, 48, 56, 492 Kirchweih 372, 400, 454, -predigten 35, 285, 372 Kirschholz statt Kirschwasser 167, 451 f. Klosterbibliotheken 69, 78, 82 ff. Kluge Gretel 7, 214 Köchin naschhaft 248, 467 Köhlerglaube 308, 481 König im Bad 118 ff., 438 f. Königswahl der Bäume 24, 56 Körbimacher schlagt sein Weib 260 f., 468 Kontrafaktur 342 Konzil von Trient 5 Konzilsbeschlüsse 20 Kranich einbeinig 248 f., 467, s. a. Fuchs Krautköpfe rollen bergab 59 Krebs unbekannt 226 f., 463, K. und Junge 41 ff., zur Strafe ins Wasser geworfen 463 Kreisstehen 146, 503 Kreuzzeichen vertreibt Teufelsspuk 104 f. Kröte im Gesicht getragen 134 ff., 443 Kruzifix straft Unehrerbietige 350 f., 493, verstopft sich die Ohren 101, 433, wirft Blut 433 f. Kuckucksorakel 287, 450 f., 473 Kümmernislegende 7, 214 Kunstreiche Brüder 249 f., 331, 467 Lachend bergauf, weinend bergab 368, 494 Laiebuch 63, 214, 462 f. Lausknicker 443 Lautmalerei 44, 156 Legende 3, 6, 45 f., 51, 70 f., 75, 81, 133, 159, 287 f., 374, 397, 403 ff., 443 f., 448, 492, 503 Leichenzug, den eigenen gesehen 47 Leihkauf täglich getrunken 266, 469 Leontius 141 ff., 444 f., s. a. Toter Gast Liebesorakel 162 ff., 451 Lössein 47, 162 ff., 451 Löwe furchtsam 359, 494, König der Tiere 363 ff., 494, krank 184, 387, 457, 500, L. und Maus 161, 450 Lokaltradition 47, 438, 445, 449, 454, 463, 475, 477 f., 507 Losnächte 259, 451 Loth und sein Weib 38

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Lügengeschichten 60 f., 255, 330 f., 368 f., 467, 488, 494 Lügenfluß 250 ff., 467 f. Lügenwette 61, 369, 494 Luftschlösser auf Eier gebaut 231 f., 463 f. Märchen 3, 48, 68 f., 86, 273 ff., s. a. Schwankmärchen, Tiermärchen Maibaum 15 Maler und Kaufmann 325 f., 486 f., M. und Teufel 156 f., 448 Mann legt Eier 267, 469, verrichtet Hausarbeit 191 ff., 460, in Hennensteige gesperrt 194 f., 460, s. a. Dummling, Ehebrecher, Frau, Säufer, Witwer Mantel für Meßbesuch eingetauscht 124, 440 Maria s. Immaculata, Muttergottes Marktschreier 46, 303 Marter des Flachses 214 ff., 461 Hl. Martin 449 Martinsgans 15, 348, 479 f. Maskierung 151, 181, 246 f., 269 f., 326, 390 f., 447, 455 f., 487, 501, s. a. Engel, Fasnacht, Narrenkappe, Schminkmaske, Teufel, Tod, Wilder Mann Maus und Frosch 379, 497, M. und Löwe 161, 450, M. in der Schüssel 75, U l f . , 435 Mäuse, Hund und Katze 421 ff., 508 Mäuseturm von Bingen 47 Maximilian I. in der Martinswand 293,478 Meerfräulein 24, 48 ff., 82 Mehrlingsgeburten 417, 506 f. Mesner am Aschermittwoch 296 f., 479, als Wettermacher 389 f., 501 Meßandacht belohnt 398, 502 Meßbesuch bewahrt vor Tod 101 f., 434 Meßwein ausgetrunken 235 f., 465 Midas goldsüchtig 37 f., 271 Milchhexe 125, 440 f. Milchwässern bestraft 140, 449 Mimik 44 Mirakelberichte 45 f., 71, 74, 82, 287 f., 404 f. Mißachtung der Predigt bestraft 100 f., 433 f. Mißgeburten 46, 103 Modewechsel 393 f. Mönch und Vöglein 286, 473 Mordeltern 352 ff., 495 Mücke und Podagra 354, 495 Müller 187,458, betrügerisch 248,462,467

542

Sadi- und

Mundartformen 13, 43, 134, 156, 168,171, 412 Mus mit glühendem Dreifuß geschmälzt 168 f., 452 Muttergottes bewahrt ihre Anbeter 126 f., 441, bittet ihren Sohn um Gnade 157 f., 448, rettet Maler 156 f., 448 Nachtgejaid 82 Narrengeschichten 62, 206 ff., 232 ff., 461, 465 Narrengewand 264 f., 469, -kappe 297, 326, 487, s. a. Maskierung Narrensuche 206 ff., 461 Nase eines Edelmanns verspottet 465 Naturkunde 48, 98, 433, 475 Natursage 47 ff., 386 f. Neidiger und Geiziger 389, 501 Neujahrsgeschenke 15 Nikolaus als Gabenbringer 15, 265 Novelle 3, 45, 69, 309 f., 417 ff., 482, 507 f. Ortsnamenscherze 68, 467 Ortsneckerei 64, 223 ff., 450, 462 ff., 469, 494 Osterbrauch 15, 317, 438 Ostergeläcliter 25, 31 Ostermärlein 12, 22 ff., 30 ff., 51 f., 56 f., 65, 68, 78, 80 f., 84, 108, 115 ff., 118, 127 ff., 172 ff., 179,189 ff., 214 ff., 300ff., 319, 332 ff., 386 f., 392 ff., 412, 420 ff., 435, 438, 442, 448, 454 f., 459 ff., 470 f., 479 f., 482, 484 f., 488 f., 500 f., 504, 508 Osterpredigt 12, 22 ff., 30, 68, 118, 332, 386, 448, 479 f. Paracelsus 303 Paulaner 74 Petrus Telonarius 443 f. Pfaffenkellnerin 51 ff., 474 Pfaffenspott 63 f. Pfarrer und Ehebrecher 369, 494 f. Pfarrhausbüchereien 78 f., 84 Pfeife macht tanzen 219, 462 Pilatussee 289 Pockenimpfung 81 Predigtdruck 6 f., 9 f., 77 Predigtforschung 7 f. Predigtinhalt 5 f., 12 ff., -stil 6, 12 f., 80, 179, 438 Predigtreform 5 Prodigienliteratur 48, 467, 474, 507 Protestantische Predigt 4 f., 85 f., 481

Motivregister Pumpermette 32, 131, 442, 484 Puteus 189 ff., 458 f. Quellenwerke der Prediger 69 ff. Quellenkritik 71, 455 f. Rätsel 58 f., 187, 437 Rätsellöser 114 f., 375, 437 f., 496 Ratschen 131 Rattenfänger von Hameln 30, 47, 112, 435 f. Redensart 15, 43 f., 64, 276, 442 Reformation 4 f. Reineke Fuchs 75, 367, 494 Reiseberichte 48 Reiter ohne Pferd 315, 483 Richter „schmieren" (bestechen) 60, 315 f., 328, 483 f., 487 Riese 24, 26, 47 f., 291 f., 476 f., R. und Schneider 175 ff., 454 f. Ritter in den Himmel entrückt 121 f., 439 Roratepredigten 285 Roßdieb zu Finsing 463 Rudolf von Habsburg ehrt das Sakrament 492 Säkularisation 78, 82 f. Sage 3, 6, 45, 47 ff., 71,112 f., 134,141 ff., 150 f., 289 ff., 435 f., 461, 474 ff. Salomon und Markolf 437 Sau scheren 59 Säufer 34, 47, in Narrenkleid gesteckt 264 f., 468, in Sarg gelegt 33 f., 469, vom Schwein barbiert 171 f., 454, sieht doppelt 265, 469 Säuferin s. Frau betrunken Schadenzauber 54, 125,147, 440 Schatz unterm Altar versteckt 275 f., 465, in Baum verborgen 106 f., 434, im Mauerloch 297, 479, Sch. im Weinberg 324 f., 486, s. a. Traum vom Schatz Schatzsage 47, 290 ff., 476 Schembart 277 Scherzfragen 58 Schildbürger 63, 161 f., 223 ff., 462 ff., wollen Baum wässern 225, 463, finden Füße nicht 226, 463, empfangen Kaiser 224, bauen Rathaus ohne Fenster 223, 462 f., kennen Krebs nicht 226 ff., 463 Schildkröte s. Adler Schlangenjungfrau 290 f., 476 Schlaraffenland 62, 205 ff., 461, 489 Schluck Wasser als Schweigemittel 468 Schlußformel 44

Sach- und Motivregister Schmied und Teufel 68, 270 ff., 470 Schmieren wörtlich genommen 328, 487 Schminkmaske 390 f., 501 Schnadahüpfl 426 Schnecke 233, 386, 449, 499, Sch.n gegessen 408, 504 Schneckenmaskierung 391, 501 Schneider geizig 256 ff., 468, Sch. und Riesen 175 ff., 454, Sch.s Traum von der Lappenfahne 252 f., 468, s. a. Tapferes Schneiderlein Schneidergesell diebisch 253 f., 468 Schneidermeisterin und Lehrbub 254 ff., 468 Schneiderspott 454 f. Schüsseln zum Fenster hinausgeworfen 423, 508 Schuhe über den Bach gereicht 507 Schuß auf den toten König 373, 495 Schutzengel als Galgenmann 71, 182 f., 456, rettet Kaiser Maximilian 293 Schwangerschaft währt 20 Wochen 60 Schwangerschaftsgelüst 426 f., 509 Sdiwanjungfrau 48 Schwank 3, 6, 16, 18 f., 27, 30, 39, 45, 58 ff., 73 f., 86 f., 108, 113 ff., 118, 134, 152 ff., 156, 162 ff., 214, 225 ff., 276, 281 ff., 296 ff., 306, 314 ff., 337 ff., 368 ff., 382 ff., 389 ff., 397, 407 ff., 423 ff., 437 f., 442 f., 447 f., 450 ff., 458 ff., 462 ff., 472, 479, 483 ff., 486 ff., 489 ff., 494 f., 498 f., 501, 504, 508 f. Schwankmärchen 58, 77, 172 ff., 270 ff., 470 Schwanksammlungen 75 ff., 448, 454 f., 524 ff. Schwein für Teufel gehalten 253 f., 468, verschluckt Geldbeutel 402 f., 502 Seele dem Teufel verkauft 30, 95 f., 432 Seelenwaage 137 ff., 443 f. Seelsorger nachlässig 398, 502 Sieben Schwaben 63, 291 Siemann 65 ff., 339 Siemanndlbruderschaft 66 Sohn undankbar 3 9 , 4 6 , 1 2 2 f., 134 ff., 439, 443 Sonntagsfrevler 47, 399 f., 502, -jäger 102 f., 434 Soziale Tendenzen 64 Speckseite am Stadttor 75, 339, 491 Speisen 168, 238, 243, 254, 258, 452, sollen blind machen 302 ff., 480 Spieler bestraft 46, 321 f., 485 Spielkarten neben dem Buch 425, 509

543

Spielmann gotteslästernd 374, 495 Spinnstube 21, 58, 68 Sporen auf dem Hut 208 Spottpredigt 461 Spottprozession 308 f., 481 f. Sprachgelehrter genarrt 328, 487 Sprichwort 15, 44, 59 f., 61, 64, 118, 263, 276, 305, 316, 449, 468, 503 Sprichwortgeschichten 59 f., 128, 160, 407, 449 Stadtmaus und Feldmaus 406 f., 503 Stadtsage 66, 491 Ständespott 63 ff., 454 f. Stecknadeln gesät 161 f., 450 Steinwurf erzeugt Unwetter 47 Sterbender will tanzen 408 f. Störarbeit 255, 257 f. Storch zieht dem Fuchs Bein aus dem Radien 222 f., 462 Stotterer beim Barbier 232 f., 464 f. Streit um Vogelgesang 162, 450 f., ob Amseln oder Kranichvögel 283, 472 Student im F a ß 351, 493, als Zauberer 239 ff., 466 Studenten spielen Blindekuh 238, 465, ungeraten 425, 509 Sündenregister auf der Kuhhaut 397 f., 501 f. Tänzersage 47, 292 f., 477 f. Tapferes Schneiderlein 40, 68, 172 ff., 454 Teilung der Jagdbeute 313, 482 Teller an den Kopf geworfen 1 6 4 , 3 1 7 , 4 8 4 Testament falsch ausgelegt 338, 490 Teufel 29, 51 ff., 105 f., 144, 241, 485, als Affe 126 f., 441, als Diener 441 f., als Drache 156 f., 475, als Ehestifter 81, als Geißbode 146 ff., als Jäger 51, 82, 274, als Prediger 110 f., 435, als Weib 374 f., als Wolf 318 f., T. geprellt 31, heiratet 318 ff., 392 ff., 484 f., 501, holt eine Braut 377, 496, dem T. eine Kerze aufgesteckt 116, 438, warnt ein Mädchen 376 f., 496, streiten um eine Seele 137 ff., 149 f., 444, ersehnt ewige Seligkeit 122,439, T. und Schmied 68,270 ff., T. und altes Weib 87, 417 ff., 507 f. Teufelsaustreibung 319, 394, -beschwörung 80, 83, 105 f., 146, 241, 395, 402, 434, 503, -bündnis 44, 54, 144 ff., 157, -konkubinat 54,147, -maske 245 ff., 269, 466, -mühle 483, -schloß 104 f. Tiere ehren das Sakrament 349 f., 493, s. a. Hostie im Bienenstock

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Sach- und

Tiermärchen 217 ff., 333 ff., 462, 488 Tierprozeß 217, 363, 462, 494 Titelsucht 325, 486 Tod zum alten Ehemann geschickt 259, 468, als T. verkleidet 247, 269, 466, 468, T. auf Bank und Kirschbaum gebannt 271 f., 470, s. a. Alter und Tod, Gevatter Tod Totbeten 316, 484 Toter Gast 30, 96 f., 141 f., 432, s. a. Leontius Tränenkrüglein 180, 455 Traktatsammlung 6, 11, 16, 48, 71 ff., 321 Traum vom Schatz auf der Brüdce 47, 292, 477 Trinklied 265 Türke bei der Fasnacht 151 f., 447, vom Jesuskind bekehrt 288 f., 474 Überzähliger 456 Undank ist der Welt Lohn 74, 279 ff., 471 f. Veitstanz 477 Verbote gegen Predigtmärlein 20 Verbreitung der Predigtwerke 7, 77 ff. Verjüngungskur 370 f., 495 Verkehrte Welt 62, 67, 337 f., 489 Verleger 9 f., 276 Verlöbnis 351 f. Viehzauber 125, 148, 267, 440 Virgil 491 Volksbuch 67, 74, 76 f. Volkslied 44, 432 Volksschauspiel 38, 68, 456, 508 Wahrheitsbeweis 46 ff., 443, 452, 474 Waldenburger Fasnacht 181 f., 455 Waldmann 472, 456, 485 Wallfahrt 159, 236, 287 f., 354, 449, 465, 474, 503 Wassergeister 47 ff. Weiber von Weinsberg 47, 150 f., 447 Weiberherrschaft 66 f. Weihnachtskrippe 15, -zelten 464 Wein zweimal gewässert 326 f., 487 Weifensage 506 f. Weltbild des Barock 14, 72

Motivregister Weltgeistliche 18, 133, 347, 396 Wetterzauber 54, 148 Wettstreit zwischen Sonne und Wind 26, 186, 457 f. Wiedergänger 47, 196 ff., 433 Wiegenlied 340 f., 491 Wiese geschoren, nicht gemäht 131 f., 442 f. Wilde Jagd 47, 474 Wilder Mann (Maske) 181, 455 f. Wildes Heer 289, 474 Wirkung der Märlein 20, 25, 27 ff., 77 ff., 87 f. Wirt betrügerisch 298, 479, um Zeche geprellt 238, 465 Wirtshausnamen 167, 459 Witwe am Begräbnistag gefreit 169, 453, narrt drei Buhler 268 ff., 470, W. von Ephesus 75, 283 f., 473, von Glocken beraten 170, 453 f., fürchtet Wiedererwachen des Mannes 452 f. Witwer fürchtet Wiedererwachen der Frau 169, 452 Wolf beichtet 442, verspricht Besserung 129 f., 442, als Fischer 335, 488, W. und Fuchs 333 ff., 488, W. und Hirt 311, 482, W. und Lämmlein 380, 497, W. im Schafspelz 387, 500, W. soll man nicht nennen 281, 472, mit zwei Weibern bestraft 318, 484 Wolfsbalg als Heilmittel 387 f., 500 Wortspiel 17, 27, 61, 156, 438, 467 Wucherer bestraft 46, 126 f., 180, 401 f., 440, 449, 455, 502 Wünsche der Armen und Reichen 86 Wundergläubigkeit 46 Wunderheilung 404 f.

Zahnlose nicht in die Hölle 113, 437 Zauberer 51, 53, 104, 240 ff., 378, 381 f., 486 Zauberjackel 446 Zauberstab des hl. Columban 149 f., 446 f. Zimmerische Chronik 31 Zusammenkunft der Tiere 363 ff., 494 Zwerg 47, 232 ff., 464 Zwölften 281

Typenregister Aarne-Thompson ( F F C 184) 1: nr. 188. — 2: nr. 188. — 34 A: nr. 236. — 41: nr. 226. — 50: nr. 235. — 50 A: nr. 266. — 51: nr. 163. — 51 A: nr. 74. — 52: nr. 189. — 53: nr. 86, 207. — 56 B : nr. 87. — 57: nr. 267. — 60: nr. 88. — 62: nr. 85. — 75: nr. 54. — 75°: nr. 188. — 76: nr. 89. — 80: nr. 250. — 111 A: nr. 225. — 112: nr. 251. — 123 B : nr. 234. — 154: nr. 30. — 155: nr. 126. — 160: nr. 125. — 161: nr. 162. — 165 B * : nr. 172. — 179: nr. 147. — 211: nr. 227. — 214: nr. 73. — 225 A: nr. 122. — 276: S. 41 ff. — 277 A: nr. 53. — 278: nr. 224. — 298: nr. 76. — 298 C: nr. 145. — 330: nr. 120. — 332: nr. 121. — 470: nr. 23. — 470 A: nr. 3, 38. — 471 A: nr. 134. — 592/III: nr. 86. — 654: nr. 106, 187. — 706 B : nr. 201. — 752 B : nr. 150. — 754: nr. 1. — 756 A: nr. 37. — 757: nr. 22. — 759: nr. 12. — 762: nr. 263. — 775: S. 37 f. — 785 A: nr. 105. — 826: nr. 242. — 835*: nr. 115, S. 33 f. — 845: S. 40 f. — 887: S. 69. — 888: nr. 265. — 910 E : nr. 179. — 920 C: nr. 215. — 921: nr. 18. — 922: nr. 19. — 939 A: nr. 204. — 980 A: nr. 25 b. — 980 C: nr. 25 a. — 980 D : nr. 34. — 1164: nr. 173, 241. — 1186: nr. 157. — 1215: nr. 165. — 1241:

nr. 91. — 1245: nr. 90. — 1250 A: nr. 91. — 1288: nr. 91. — 1310: S. 463. — 1313: nr. 80. — 1331: nr. 237. — 1341 B : nr. 99. — 1342: nr. 127. — 1 3 4 8 : nr. 169. — 1350: nr. 63. — 1353: nr. 264. — 1354: nr. 112. — 1354 A": nr. 255. — 1360 C: S. 466. — 1362 A * : S. 60. — 1 3 6 5 : nr. 131. — 1 3 6 5 A: nr. 78. — 1365 B : nr. 33. — 1365 C: S.443. — 1373 A: nr. 61. — 1377: nr. 79. — 1380: nr. 156. — 1 3 8 1 D : nr. 118. — 1 4 0 6 : S. 33 f. — 1408: nr. 80. — 1416: nr. 14. — 1419 A: nr. 80. — 1419 B : nr. 45. — 1430: nr. 94. — 1434°: nr. 118. — 1510: nr. 132. — 1511*: nr. 64. — 1526: nr. 102. — 1531: nr. 256. — 1531 A: nr. 65. — 1553: nr. 192. — 1555: nr. 182. — 1563": nr. 213. — 1 5 6 8 " : nr. 110. — 1574: nr. 108. — 1 6 4 0 : nr. 67. — 1 6 4 0 / I I I b : nr. 187. — 1641: S. 68. — 1645: nr. 142. — 1725: nr. 101. — 1825 B : nr. 151. — 1830: nr. 238. — 1861 A: nr. 168. — 1862 B : nr. 173, 241. — 1862 C: nr. 183. — 1875: nr. 203. — 1876: nr. 80. — 1890: nr. 209. — 1893: nr. 21. — 1920: nr. 210. — 1920 D : nr. 209. — 1930: S. 62, 489. — 1935: nr. 190. — 1950: nr. 191. — 1 9 6 0 : nr. 187. — 1965: nr. 82.

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Estnische Volkserzählungen Groß-Oktav. V I I I , 227 Seiten. 1959. Ganzleinen DM 35,— Band 1

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Volksmärchen aus dem Jeyporeland Mit Anmerkungen versehen von W. E. Roberts und W. Anderson Groß-Oktav. V I , 196 Seiten. 1959. Ganzleinen DM 30,— Band 2

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Jefet Schwili erzählt 169 jemenitische Volkserzählungen. Aufgezeichnet in Israel 1957—1960 Groß-Oktav. X I I , 376 Seiten mit 1 Tafel. 1963. Ganzleinen DM 58 — Band 4

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W A R R E N E. R O B E R T S

The Tale of the Kind and the Unkind Girls Aa-Th. 480 and related tales Groß-Oktav. VIII, 164 Seiten. 1958. DM 38,— Band 1

Internationaler Kongreß der Volkserzählforscher in Kiel und Kopenhagen (19. 8. — 29. 8. 1959) Vorträge und Referate Groß-Oktav. VIII, 474 Selten. 1961. DM 74,— Band 2 B. E. P E R R Y

The Origin of the Book of Sindbad Groß-Oktav. IV, 94 Seiten. 1960. DM 14 — (Sonderdruck aus Fabula, Band III, 1959)

FABULA ZEITSCHRIFT FÜR ERZÄHLFORSCHUNG / JOURNAL OF FOLKTALE STUDIES / REVUE DES ETUDES SUR LE CONTE POPULAIRE herausgegeben von Kurt Ranke unter besonderer Mitwirkung von Laurits Bodker • Reidar Th. Christiansen • Martti Haavio • Gyula Ortutay • Ardier Taylor • Stith Thompson Groß-Oktav. Jährlich 3 Hefte von etwa je 6 Bogen. Je Band DM 36,—

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CORPUS FABULARUM herausgegeben von Will-Erich Peuckert Groß-Oktav 1. Band: Die Sagen der Monathlichen Unterredungen Otto von Grabens zum Stein herausgegeben von Will-Erich Peuckert IXX, 327 Seiten. 1961. Ganzleinen DM 48,—

2. Band: In Vorbereitung

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Altdeutsche Zaubersprüche Klein-Oktav. VIII, 182 Seiten. 12 Tafeln. 1964. DM 38,—

Die literarhistorische Einordnung der Zaubersprüche ergibt sich aus ihrer Stellung im System der mittelalterlichen 'Artes', denn sie gehört zur Fach- und Gebrauchsliteratur. Die fortschreitende Erforschung dieser Fachprosa vermittelt Erkenntnisse, die für das Verständnis und die Interpretation der Literaturdenkmäler von größter Bedeutung sind. Professor Eis — einer der besten Kenner dieser Gebrauchsliteratur — legt mit diesem Band einige seiner kleineren Arbeiten über dieses Gebiet gesammelt vor. Sämtliche Aufsätze wurden sorgfältig überarbeitet und auf den heutigen Stand der Forschung gebracht, insbesondere die Literaturhinweise vermehrt und ein Namensverzeichnis hinzugefügt.

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